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2010-01-12 00:00:00
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Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 13. September 2010.#Hellenische Republik (T-415/05), Olympiakes Aerogrammes AE (T-416/05) und Olympiaki Aeroporia Ypiresies AE (T-423/05) gegen Europäische Kommission.#Staatliche Beihilfen - Luftverkehrssektor - Beihilfen für die Restrukturierung und die Privatisierung der staatlichen griechischen Fluggesellschaft - Entscheidung, mit der die Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden und ihre Rückforderung angeordnet wird - Wirtschaftliche Kontinuität zwischen zwei Gesellschaften - Bestimmung des tatsächlichen Empfängers einer Beihilfe zum Zweck ihrer Rückforderung - Kriterium des Privatunternehmers - Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt - Begründungspflicht.#Verbundene Rechtssachen T-415/05, T-416/05 und T-423/05.
62005TJ0415
ECLI:EU:T:2010:386
2010-09-13T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2010 II-04749
Verbundene Rechtssachen T-415/05, T-416/05 und T-423/05 Hellenische Republik u. a. gegen Europäische Kommission „Staatliche Beihilfen – Luftverkehrssektor – Beihilfen im Zusammenhang mit der Umstrukturierung und Privatisierung der staatlichen griechischen Fluggesellschaft – Entscheidung, mit der die Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden und ihre Rückforderung angeordnet wird – Wirtschaftliche Kontinuität zwischen zwei Gesellschaften – Bestimmung des tatsächlichen Begünstigten einer Beihilfe zum Zweck ihrer Rückforderung – Kriterium des privaten Wirtschaftsbeteiligten – Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt — Begründungspflicht“ Leitsätze des Urteils 1.      Verfahren – Streithilfe – Zulässigkeitsvoraussetzungen – Berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits – Begriff (Satzung des Gerichtshofs, Art. 40 Abs. 2) 2.      Staatliche Beihilfen – Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe – Bestimmung des Schuldners im Fall der Übertragung von Aktiva – Kriterium der „wirtschaftlichen Kontinuität“ des Unternehmens (Art. 88 Abs. 2 EG) 3.      Staatliche Beihilfen – Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe – Berechnung des zurückzufordernden Betrags und Ermittlung der Adressaten der Rückforderungsanordnungen – Schwierigkeiten des Mitgliedstaats – Pflicht zur Zusammenarbeit zwischen der Kommission und dem Mitgliedstaat (Art. 10 EG und 88 Abs. 2 EG) 4.      Staatliche Beihilfen – Begriff – Beurteilung nach dem Kriterium des privaten Kapitalgebers – Beurteilung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Aspekte des streitigen Vorgangs und seines Kontextes (Art. 87 Abs. 1 EG) 5.      Staatliche Beihilfen – Begriff – Den Empfängern einer staatlichen Beihilfe gewährter Vorteil – Notwendigkeit der Berücksichtigung der Auswirkungen einer Maßnahme, um den Vorteil des Empfängers zu bestimmen (Art. 87 Abs. 1 EG) 6.      Staatliche Beihilfen – Begriff – Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers – Beihilfen, die in der Zahlung von Mieten für die Untervermietung von Flugzeugen bestehen, die niedriger sind als diejenigen, die aufgrund der Hauptverträge gezahlt werden (Art. 87 Abs. 1 EG) 7.      Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Neue Beihilfen – Beweislast – Verteilung zwischen der Kommission und dem Mitgliedstaat – Voraussetzung – Beachtung der jeweiligen Verfahrenspflichten (Art. 10 EG, 87 Abs. 1 EG und 88 Abs. 2 und 3 EG) 8.      Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Sorgfältige und unvoreingenommene Prüfung – Möglichkeit, eine Entscheidung auf der Grundlage der verfügbaren Informationen zu erlassen – Voraussetzungen (Art. 10 EG, 87 Abs. 1 EG und 88 EG) 9.      Staatliche Beihilfen – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Liberalisierung eines Wirtschaftssektors auf Gemeinschaftsebene (Art. 87 Abs. 1 EG) 10.    Staatliche Beihilfen – Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe – Mögliches berechtigtes Vertrauen des Drittbeteiligten – Schutz – Voraussetzungen und Grenzen (Art. 88 Abs. 2 und 3 EG) 11.    Staatliche Beihilfen – Entscheidung der Kommission, mit der die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Begründungspflicht in Bezug auf die Berechnungsweise des zurückzufordernden Betrags 12.    Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Verteidigungsrechte – Geltung für Verwaltungsverfahren vor der Kommission – Umfang 1.      Wenn im Bereich der staatlichen Beihilfen ein unmittelbares und gegenwärtiges Interesse einer Streithelferin am Ausgang des Rechtsstreits im Sinne von Art. 40 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs anerkannt wurde, weil sie sich zum einen in einer Wettbewerbssituation mit den Empfängern der Beihilfen befunden und zum anderen aktiv an dem förmlichen Prüfverfahren teilgenommen hatte, das zum Erlass der Entscheidung, mit der die Unvereinbarkeit dieser Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird, geführt hat, die zu ihrem Vorteil ist, dann besteht für sie ein solches unmittelbares und gegenwärtiges Interesse, solange für die Empfänger der Beihilfen ein Interesse anerkannt wird, die Nichtigerklärung dieser Entscheidung zu beantragen. Für die Streithelferin besteht nämlich ein entsprechendes Interesse an der Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Kommission, um die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung zu verteidigen, und sei es auch nur zu dem Zweck, um basierend auf der rechtswidrigen Gewährung ihr zum Nachteil gereichender Beihilfen Schadensersatzansprüche geltend zu machen, in deren Folge eventuell Klage erhoben wird. (vgl. Randnr. 64) 2.      In einem Fall, in dem eine Beihilfe an eine sich in Schwierigkeiten befindende Gesellschaft gezahlt wurde, die gewisse Vermögenswerte an eine neue, aus der Spaltung ihrer Tätigkeiten hervorgegangene Gesellschaft übertragen hat, kann diese neue Gesellschaft als die tatsächliche Begünstigte der Beihilfen angesehen werden, wenn eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen diesen beiden Gesellschaften besteht. Wenn dagegen zwischen diesen beiden Gesellschaften keine wirtschaftliche Einheit vorliegt, können die streitigen Beihilfen, die der ursprünglichen Gesellschaft nach der Spaltung gewährt worden sind, nicht allein aus dem Grund von der neuen Gesellschaft zurückgefordert werden, dass diese daraus einen indirekten Vorteil ziehen würde. Für die Beurteilung, ob die Verpflichtung zur Rückzahlung der Beihilfe, die einer sich in Schwierigkeiten befindenden Gesellschaft gewährt worden ist, auf eine neue Gesellschaft, auf die die frühere Gesellschaft gewisse Vermögenswerte übertragen hat, ausgedehnt werden kann, wenn diese Übertragung die Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen beiden Gesellschaften erlaubt, können die folgenden Punkte berücksichtigt werden: der Gegenstand der Übertragung (Aktiva und Passiva, Fortbestand der Belegschaft, gebündelte Aktiva), der Übertragungspreis, die Identität der Aktionäre oder Eigentümer des erwerbenden und des ursprünglichen Unternehmens, der Zeitpunkt der Übertragung (nach Beginn der Untersuchung, der Verfahrenseinleitung oder der abschließenden Entscheidung) oder schließlich die ökonomische Folgerichtigkeit der Transaktion. Jedenfalls sind die Kriterien für die Feststellung des durch eine Beihilfe tatsächlichen Begünstigten objektiver Natur. Das Ziel der Verpflichtung zur Rückforderung einer Beihilfe besteht darin, die Wettbewerbssituation in dem betreffenden Wirtschaftssektor wiederherzustellen, und nicht darin, der staatlichen Stelle zu ermöglichen, ihre Forderungen beizutreiben. In diesem Sinn ist die wirtschaftliche Logik der Übertragung der Aktiva folglich unter dem Gesichtspunkt der Wiederherstellung der Wettbewerbssituation in dem betreffenden Sektor zu prüfen. (vgl. Randnrn. 104-106, 135, 146, 148) 3.      In einer Entscheidung, mit der die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt und ihre Rückforderung angeordnet wird, ist die Kommission nicht verpflichtet, näher auszuführen, in welchem Maße jedem einzelnen Empfängerunternehmen der Betrag der fraglichen Beihilfe zugute gekommen ist. Es ist Aufgabe des betreffenden Mitgliedstaats, den Betrag zu ermitteln, der von jedem dieser Unternehmen bei der Rückforderung der Beihilfe zurückzuzahlen ist. Es genügt, dass die Entscheidung der Kommission Angaben enthält, die es ihrem Adressaten ermöglichen, ohne übermäßige Schwierigkeiten diesen Betrag selbst zu bestimmen. Bei unvorhergesehenen Schwierigkeiten kann dieser Staat seine Schwierigkeiten der Kommission unterbreiten, und diese und der Staat müssen im Rahmen der u. a. in Art. 10 EG verankerten Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit redlich zusammenwirken, um diese Schwierigkeiten unter vollständiger Beachtung der Bestimmungen des Vertrags, insbesondere derjenigen über die staatlichen Beihilfen, zu überwinden. (vgl. Randnrn. 126, 315-318) 4.      Nach Art. 87 EG muss die Kommission immer alle maßgeblichen Aspekte des streitigen Vorgangs und seinen Kontext prüfen, insbesondere bei der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers. Die Kommission ist verpflichtet, im Hinblick auf alle maßgeblichen Aspekte zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 87 Abs. 1 EG gegeben sind. Zwar ist die Kommission berechtigt, den Kontext der streitigen Maßnahmen zu berücksichtigen, beispielsweise den Umstand, dass die Beihilfen im Rahmen einer Umstrukturierung und einer Privatisierung gewährt wurden, doch muss sie auch prüfen, ob die streitigen Maßnahmen im Hinblick auf das Kriterium des privaten Kapitalgebers normalen Handelsgeschäften in einer Marktwirtschaft entsprachen. Selbst wenn eine Maßnahme im Anschluss an Maßnahmen gleicher Art erfolgt, die als staatliche Beihilfen angesehen wurden, schließt dieser Umstand nicht a priori aus, dass diese Maßnahme das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers erfüllt. Es ist auf alle Fälle Sache des Unionsrichters, zu prüfen, ob diese Maßnahme unter Berücksichtigung der relevanten Merkmale vernünftigerweise von den vorausgehenden Beihilfen getrennt und im Hinblick auf die Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers als eigenständige Maßnahme angesehen werden kann. (vgl. Randnrn. 172-177) 5.      Aus Art. 87 Abs. 1 EG folgt, dass der Beihilfebegriff ein objektiver Begriff ist, der sich nur danach bestimmt, ob eine staatliche Maßnahme einem oder bestimmten Unternehmen einen Vorteil verschafft oder nicht. Insbesondere bei der Ermittlung, ob eine in Rede stehende Maßnahme eine staatliche Beihilfe sein kann, sind im Wesentlichen die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die begünstigten Unternehmen und nicht die Stellung der die Beihilfe gewährenden öffentlichen oder privaten Einrichtung zu berücksichtigen. (vgl. Randnrn. 211-212) 6.      Im Hinblick auf die Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers ist zu prüfen, ob durch die in Rede stehenden Maßnahmen dem begünstigten Unternehmen ein wirtschaftlicher Vorteil verschafft wird, den es unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte. Der Umstand, dass die Maßnahme für die Behörden oder das öffentliche Unternehmen, die die Beihilfe gewähren, sinnvoll ist, reicht nicht aus, damit dieses Verhalten dem Kriterium des privaten Kapitalgebers entspräche. In Bezug auf eine Beihilfe, die in Form von Mietpreisen für die Untervermietung von Flugzeugen gewährt wird, die unter den nach dem Hauptvertrag gezahlten Mieten liegen, ist es im Hinblick auf die Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers erforderlich, die streitigen Mieten mit den Marktmieten zu vergleichen. Die Kommission ist verpflichtet, gemäß dem Kriterium des privaten Kapitalgebers zu prüfen, ob die Mieten tatsächlich niedriger waren als diejenigen, die das untermietende Unternehmen unter normalen Marktbedingungen gezahlt hätte. (vgl. Randnrn. 213-214) 7.      Es obliegt der Kommission, den Nachweis der Gewährung neuer Beihilfen zu erbringen. Aus Art. 88 Abs. 2 und 3 EG folgt nämlich, dass die neuen Maßnahmen ohne einen solchen Nachweis nicht als staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 87 Abs. l EG angesehen werden können. Indessen ist die Anwendung dieser Beweislastregel abhängig von der Beachtung der jeweiligen Verfahrenspflichten durch die Kommission und den betreffenden Mitgliedstaat bei der Ausübung der Befugnis dieses Organs, den Mitgliedstaat zu veranlassen, ihm alle erforderlichen Angaben zu übermitteln. Dagegen trägt grundsätzlich der betreffende Mitgliedstaat die Beweislast dafür, dass eine Beihilfe abweichend von Art. 87 Abs. 1 EG mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist; dieser muss nachweisen, dass die Voraussetzungen für diese Ausnahme erfüllt sind. (vgl. Randnrn. 224-225, 329) 8.      Die Kommission ist berechtigt, eine Entscheidung auf der Grundlage der verfügbaren Informationen zu erlassen, wenn sich der Mitgliedstaat entgegen seiner Pflicht zur Zusammenarbeit mit der Kommission gemäß Art. 10 EG weigert, ihr die Informationen zu liefern, die sie verlangt hat, um entweder die Einstufung und die Vereinbarkeit einer neuen oder geänderten Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zu prüfen oder um die ordnungsgemäße Anwendung einer zuvor genehmigten Beihilfe nachzuprüfen. Vor dem Erlass einer solchen Entscheidung hat indessen die Kommission den Mitgliedstaat aufzufordern, ihr innerhalb der von ihr gesetzten Frist alle Unterlagen und Informationen zu übermitteln, die für ihre Kontrolle erforderlich sind. Erst wenn es der Mitgliedstaat trotz der Anordnung der Kommission unterlässt, die angeforderten Angaben zu übermitteln, ist diese befugt, das Verfahren abzuschließen und aufgrund der ihr zur Verfügung stehenden Informationen eine Entscheidung zu treffen. Diese Verfahrenspflichten obliegen dem betreffenden Mitgliedstaat und der Kommission, damit diese ihre Kontrolle auf der Grundlage hinreichend klarer und eindeutiger Informationen ausüben kann, wobei zugleich die Beachtung des Rechts des betreffenden Mitgliedstaats, gehört zu werden, sichergestellt werden muss. Die Wahrung der Verteidigungsrechte in einem Verfahren, das zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen kann, ist nämlich ein fundamentaler Grundsatz des Unionsrechts und daher auch dann sicherzustellen, wenn es keine einschlägigen Verfahrensregeln gibt. Dem Mitgliedstaat gegenüber kann nicht gerügt werden, er habe der Kommission keine ausreichenden Informationen vorgelegt, wenn eine Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens keine vorläufige Würdigung der streitigen Maßnahmen im Hinblick darauf enthält, ob sie ein Beihilfeelement aufweisen, und im Verwaltungsverfahren zum einen diese Maßnahmen nicht ausdrücklich in Frage gestellt wurden und zum anderen kein Auskunftsverlangen in Bezug auf die Übereinstimmung dieser Maßnahmen mit den Marktbedingungen gestellt wurde. In einem solchen Fall obliegt es der Kommission gemäß ihrer Pflicht zu einer sorgfältigen und unvoreingenommenen Prüfung im Interesse einer ordnungsgemäßen Anwendung der grundlegenden Vorschriften des Vertrags über staatliche Beihilfen, ihre Ermittlungen fortzusetzen und ihre Untersuchung zu erweitern, um festzustellen, ob die in Rede stehenden Maßnahmen dem Kriterium des privaten Wirtschaftsbeteiligten entsprachen. Zu diesem Zweck hat sie entweder eine Anordnung zur Erteilung weiterer Auskünfte an den Mitgliedstaat zu richten und dabei die angeforderten Auskünfte zu bezeichnen oder eine ergänzende Expertise erstellen zu lassen. (vgl. Randnrn. 226, 229, 240, 246, 248-249) 9.      Um die Einstufung einer Maßnahme als staatliche Beihilfe zu rechtfertigen, hat die Kommission gemäß Art. 87 Abs. 1 EG eine drohende Wettbewerbsverzerrung, nachzuweisen, was der Fall ist, wenn die genannte Maßnahme die Stellung des begünstigten Unternehmens gegenüber anderen Unternehmen stärkt, die mit ihr auf einem Wirtschaftssektor im Wettbewerb stehen, der auf Gemeinschaftsebene liberalisiert wurde. (vgl. Randnr. 312) 10.    Die Gewährung staatlicher Beihilfen, selbst in Form von Bürgschaften, kann nicht Grundlage für ein berechtigtes Vertrauen Dritter in die Rechtmäßigkeit dieser Bürgschaften sein, wenn sie unter Verstoß gegen Art. 88 Abs. 3 EG gewährt worden sind. Es ist nämlich Sache der beteiligten Dritten, die erforderliche Sorgfalt und Umsicht an den Tag zu legen und sich zu vergewissern, dass die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften im Bereich staatlicher Beihilfen eingehalten worden sind. (vgl. Randnr. 354) 11.    Eine Entscheidung, mit der die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird und die kein genaues Verzeichnis der in Rede stehenden Beihilfen enthält, aber dennoch auf der Grundlage ausreichend genauer Angaben in ihrer Begründung, die untrennbar mit ihrem verfügendem Teil verbunden ist, die Bezifferung der streitigen Beihilfen ermöglicht, kann nicht als unzureichend begründet angesehen werden. Die Bezifferung obliegt nämlich jedenfalls den Behörden des Mitgliedstaats im Rahmen der Durchführung der Entscheidung, mit der die Unvereinbarkeit der Beihilfe festgestellt wird, in loyaler Zusammenarbeit mit der Kommission. (vgl. Randnr. 388) 12.    Die Wahrung der Verteidigungsrechte in einem Verfahren, das zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen kann, ist ein fundamentaler Grundsatz des Unionsrechts und auch dann sicherzustellen, wenn es keine einschlägigen Verfahrensregeln gibt. Im Bereich der staatlichen Beihilfen kann sich die Kommission für die Beurteilung einer Maßnahme im Sinne von Art. 87 EG nur auf Informationen stützen, die sie bei Dritten eingeholt hat, nachdem sie dem betreffenden Staat Gelegenheit gegeben hat, zu diesen Informationen Stellung zu nehmen. Die Verteidigungsrechte eines Mitgliedstaats können nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass ihm ein Bericht nicht übermittelt wird, der sich ausschließlich auf Daten stützt, die von den Gutachtern der Kommission bei ihrer Vor-Ort-Prüfung bei den Empfängern der staatlichen Beihilfen erhoben worden sind, und der keine Tatsachenfeststellung enthält, die den Unternehmen, denen die streitigen Maßnahmen gewährt worden sind und die vollständig von dem Mitgliedstaat gehalten werden, nicht bekannt gewesen sind. (vgl. Randnrn. 399-401) URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer) 13. September 2010(*) „Staatliche Beihilfen – Luftfahrtsektor – Beihilfen im Zusammenhang mit der Umstrukturierung und Privatisierung der nationalen griechischen Fluggesellschaft – Entscheidung, mit der die Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden und ihre Rückforderung angeordnet wird – Wirtschaftliche Kontinuität zwischen zwei Gesellschaften – Feststellung des tatsächlichen Begünstigten einer Beihilfe zum Zweck ihrer Rückforderung – Kriterium des privaten Wirtschaftsbeteiligten – Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt – Begründungspflicht“ In den verbundenen Rechtssachen T‑415/05, T‑416/05 und T‑423/05 Hellenische Republik, vertreten durch A. Samoni-Rantou und P. Mylonopoulos als Bevollmächtigte, Klägerin in der Rechtssache T‑415/05, Olympiakes Aerogrammes AE mit Sitz in Kallithéa (Griechenland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt V. Christianos, Klägerin in der Rechtssache T‑416/05, Olympiaki Aeroporia Ypiresies AE mit Sitz in Athen (Griechenland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte P. Anestis und S. Mavroghenis, S. Jordan und M. T. Soames, Solicitors, sowie Rechtsanwalt D. Geradin, Klägerin in der Rechtssache T‑423/05, gegen Europäische Kommission, vertreten durch D. Triantafyllou und T. Scharf als Bevollmächtigte, Beklagte, unterstützt durch Aeroporia Aigaiou Aeroporiki AE mit Sitz in Athen, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt N. Keramidas sowie in der Rechtssache T‑416/05 auch Rechtsanwälte N. Korogiannakis, I. Dryllerakis und E. Dryllerakis, Streithelferin in den Rechtssachen T‑416/05 und T‑423/05, wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K(2005) 2706 endg. der Kommission vom 14. September 2005 über staatliche Beihilfen für Olympiaki Aeroporia Ypiresies AE (C 11/2004 [ex NN 4/2003] – Olympiaki Aeroporia – Umstrukturierung und Privatisierung), erlässt DAS GERICHT (Sechste Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten M. Jaeger sowie der Richter A. W. H. Meij (Berichterstatter) und L. Truchot, Kanzler: K. Pocheć, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2010 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1        Am 14. September 2005 erließ die Kommission die Entscheidung K(2005) 2706 endg. über staatliche Beihilfen für Olympiaki Aeroporia Ypiresies AE (C 11/2004 [ex NN 4/2003] – Olympiaki Aeroporia – Umstrukturierung und Privatisierung) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). 2        Um die Privatisierung der Fluggesellschaft Olympiaki Aeroporia AE (Olympic Airways), die sich vollständig im Besitz des Staates befand und ab Dezember 2003 den Namen Olympiaki Aeroporia Ypiresies (Olympic Airways Services) (im Folgenden: OA) trug, zu erleichtern, hatte Art. 27 („Umwandlung der Olympiaki-Aeroporia-Gruppe“) des griechischen Gesetzes Nr. 3185/2003 vom 9. September 2003 zur Änderung des Gesetzes Nr. 2668/1998, Harmonisierung mit der Richtlinie 2002/39/EG, Regelung von Aspekten im Zusammenhang mit der griechischen Post und anderer Bestimmungen (FEK A’ 229/26.9.2003, im Folgenden: Gesetz Nr. 3185/2003), u. a. vorgesehen, dass „die Unternehmen der Olympiaki-Aeroporia-Gruppe … durch Abspaltung der zum Flugbetrieb gehörenden Sparten, Abteilungen oder Dienste und der Fusion mit einem bestehenden Unternehmen des Konzerns oder durch Eingliederung in eines dieser Unternehmen umgewandelt [werden]“. 3        Gemäß Art. 27 des Gesetzes Nr. 3185/2003 wurde die Flugbetriebssparte von OA und ihrer Tochtergesellschaft Olympiaki Aeroploïa AE (Olympic Aviation) abgespalten und „durch Fusion“ in eine andere Tochtergesellschaft von OA, Makedonikes Aerogrammes AE (Macedonian Airways), die die Bezeichnung Olympiakes Aerogrammes AE (Olympic Airlines, im Folgenden: NOA) erhielt, eingegliedert. Den Akten ist zu entnehmen und es wurde von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass die neue Fluggesellschaft am 11. Dezember 2003 gegründet wurde und am 12. Dezember 2003 den Flugbetrieb aufnahm. Zu diesem Zeitpunkt stellte OA sämtliche Flugaktivitäten ein und führte weiterhin Bodenabfertigungsdienste, Instandhaltungsarbeiten und Schulungen durch. Das gesamte Kapital der neuen Fluggesellschaft wurde direkt der Hellenischen Republik übertragen. 4        Die wirtschaftliche Situation von OA und die dieser Gesellschaft sowie der neuen Fluggesellschaft NOA gewährten öffentlichen Finanzhilfen waren mehrfach Gegenstand von Entscheidungen der Kommission. Entscheidung 2003/372/EG 5        Am 11. Dezember 2002 erließ die Kommission die Entscheidung 2003/372/EG über Beihilfen Griechenlands zugunsten von OA (ABl. 2003, L 132, S. 1, im Folgenden: Entscheidung vom 11. Dezember 2002), in der sie die Umstrukturierungsbeihilfen für OA, die im Laufe der Jahre 1994, 1998 und 2000 genehmigt worden waren, sowie die neuen, rechtswidrigen Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärte. Hinsichtlich der Umstrukturierungsbeihilfen war diese Entscheidung u. a. auf die Feststellung gestützt, dass die meisten im Plan von 1998 zur Umstrukturierung von OA festgelegten Ziele, die mittelfristig und langfristig auf die Wiederherstellung der Lebensfähigkeit dieser Gesellschaft abzielten, nicht erreicht und die Bedingungen, mit denen die Genehmigungen verknüpft waren, nicht vollständig erfüllt worden waren. In Art. 3 der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 wurde die Hellenische Republik aufgefordert, einen Teil der gezahlten Umstrukturierungsbeihilfen, d. h. Beihilfen in Höhe von 41 Millionen Euro, sowie die neuen, rechtswidrig zur Verfügung gestellten Beihilfen, die für mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar erklärt worden waren, zurückzufordern. 6        In Art. 1 Abs. 1 Buchst. b der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 wurden die von der Hellenischen Republik an OA gewährten Umstrukturierungsbeihilfen in Form von neuen Darlehensbürgschaften in Höhe von 378 Millionen US-Dollar (USD) für Darlehen zur Beschaffung neuer Flugzeuge und für notwendige Investitionen im Zusammenhang mit ihrem Umzug zum neuen Flughafen Spata (Griechenland) als nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen. 7        Mit Urteil vom 12. Mai 2005, Kommission/Griechenland (C‑415/03, Slg. 2005, I‑3875, im Folgenden: Urteil vom 12. Mai 2005), stellte der Gerichtshof fest, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 verstoßen hat, dass sie nicht gemäß Art. 3 dieser Entscheidung alle Maßnahmen innerhalb der gesetzten Frist ergriffen hat, die zur Rückzahlung der für unvereinbar befundenen Beihilfen mit Ausnahme derjenigen, die Beiträge an die griechische Einrichtung der sozialen Sicherheit (IKA) betreffen, erforderlich sind. 8        In diesem Urteil (Randnrn. 32 bis 34) berücksichtigte der Gerichtshof u. a., dass den Angaben der Kommission, denen die griechische Regierung nicht widersprochen hatte, zu entnehmen war, dass die Hellenische Republik abweichend von den allgemeinrechtlichen Bestimmungen und handelsrechtlichen Verpflichtungen die rentabelsten Vermögensgegenstände von OA völlig schuldenfrei auf NOA übertragen hatte, die ebenfalls diesem Mitgliedstaat gehörte und einen besonderen Schutz gegenüber den Gläubigern genoss. Der Gerichtshof entschied u. a., dass diese rechtliche Konstruktion eine Rückforderung der gewährten Beihilfen nach nationalem Recht unmöglich machte und ein Hindernis für die tatsächliche Durchführung der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 und die Einziehung der Beihilfen errichtete. 9        Auf die von OA gegen die Entscheidung vom 11. Dezember 2002 erhobene Nichtigkeitsklage erklärte das Gericht mit Urteil vom 12. September 2007, Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission (T‑68/03, Slg. 2007, II‑2911), diese Entscheidung teilweise für nichtig, soweit sie die Duldung der anhaltenden Nichtzahlung einerseits von Flughafengebühren, die OA dem Internationalen Flughafen Athen (AIA) schuldete, sowie andererseits der Mehrwertsteuer betrafen, die OA auf Kraftstoff und Ersatzteile schuldete. Die Klage wurde in Bezug auf die anderen neuen rechtswidrigen Beihilfen und die Umstrukturierungsbeihilfen abgewiesen. 10      Da die Kommission der Ansicht war, dass die Hellenische Republik nicht die Maßnahmen ergriffen habe, die sich aus dem Urteil vom 12. Mai 2005 ergaben, erhob sie eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 228 EG. Mit Urteil vom 7. Juli 2009, Kommission/Griechenland (C‑369/07, Slg. 2009, I‑0000, Randnrn. 68, 72, 109, 143 und 145), hat der Gerichtshof anerkannt, dass die Rückforderung einer staatlichen Beihilfe grundsätzlich auch im Wege der Aufrechnung erfolgen kann, sofern diese im nationalen Recht als ein Mechanismus für das Erlöschen einer Verpflichtung vorgesehen ist. Außerdem hat er ausgeführt, dass unbeschadet der Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften zu staatlichen Beihilfen für die Zwecke des in Rede stehenden Vertragsverletzungsverfahrens festzustellen war, dass die Hellenische Republik nachgewiesen hatte, dass OA eine fällige Forderung in Höhe von 601 289 003 Euro hatte, die sich aus dem Schiedsspruch vom 6. Dezember 2006 ergab, in dem die Hellenische Republik zu mehreren Entschädigungsleistungen an OA verpflichtet worden war. Obwohl der Gerichtshof feststellte, dass dieser Betrag die Summe aller fraglichen Beihilfen überstieg, die in Ausführung der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 zurückzufordern waren, war er der Ansicht, dass die Hellenische Republik hinsichtlich eines Teils der in dieser Entscheidung genannten neuen rechtswidrigen Beihilfen nicht in rechtlich hinreichender Weise nachgewiesen hat, dass sie zurückgezahlt worden waren. Infolgedessen verhängte der Gerichtshof insoweit kumulativ ein Zwangsgeld und einen Pauschalbetrag. Angefochtene Entscheidung 11      Mit Schreiben vom 3. März 2003 informierten die griechischen Behörden die Kommission über den Stand des Verfahrens der Privatisierung von OA. Im Laufe des Jahres 2003 fand ein Briefwechsel zwischen diesen Behörden und der Kommission statt, der die Umstrukturierung der Fluggesellschaft OA zum Zweck ihrer Privatisierung betraf. 12      Da keine förmliche Anmeldung eventueller staatlicher Beihilfen vorlag, erließ die Kommission am 8. September 2003 eine Entscheidung, mit der sie der Hellenischen Republik aufgab, ihr alle Informationen vorzulegen, die zur Prüfung der mit der Umstrukturierung und Privatisierung der Fluggesellschaft OA zusammenhängenden Maßnahmen, die Elemente staatlicher Beihilfen enthalten könnten, im Hinblick auf die Bestimmungen von Art. 87 EG notwendig waren. 13      Am 25. September 2003 legte eine Wettbewerberin, die Luftfahrtgesellschaft Aeroporia Aigaiou Aeroporiki AE (Aegean Airlines, im Folgenden: Aeroporia Aigaiou oder Streithelferin), bei der Kommission eine Beschwerde betreffend das Verfahren der Privatisierung von OA ein. 14      Mit Schreiben vom 29. September 2003 übermittelten die griechischen Behörden der Kommission das Gesetz Nr. 3185/2003 sowie die Antwort auf die Anordnung der Vorlage von Informationen. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2003 wies die Kommission die griechischen Behörden darauf hin, dass noch verschiedene Angaben fehlten. 15      Mit Schreiben vom 15. Dezember 2003 wiederholte die Kommission ihr Informationsverlangen. Die Hellenische Republik legte die Informationen mit Schreiben vom 18. und 19. Dezember 2003 vor. Mit Schreiben vom 15. Januar 2004 verlangte die Kommission ergänzende Informationen von den griechischen Behörden, die mit zwei Schreiben vom 15. und 16. Januar 2004 antworteten. 16      Mit Entscheidung vom 16. März 2004 leitete die Kommission das förmliche Prüfverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG in Bezug auf Maßnahmen im Zusammenhang mit der Umstrukturierung und Privatisierung des Olympic-Airways-Konzerns ein, die nach dem Erlass der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 (ABl. C 192, S. 2) von der Hellenischen Republik gegenüber OA und NOA getroffen worden waren. 17      In dieser Entscheidung führte die Kommission u. a. aus, dass OA mit der Abspaltung der Flugbetriebssparte des Olympic-Airways-Konzerns und deren Eingliederung in die neue Gesellschaft NOA die Erbringung von Luftverkehrsdiensten beendet und Bodenabfertigungsdienste, Instandhaltungsarbeiten und Schulungen weiterhin durchgeführt habe. Die griechischen Behörden hätten zu dieser Zeit eine Liquidation von OA trotz des negativen Eigenkapitals im zweiten Jahr in Folge nicht beabsichtigt. Nach den Angaben der griechischen Behörden habe der im Dezember 2003 begonnene Umstrukturierungsprozess vier bis fünf Jahre dauern und ermöglichen sollen, einen großen Teil der Schulden von OA abzubauen, deren Liquidation durchgeführt werden sollte, wenn alle Abteilungen sowie die sonstigen Vermögenswerte wie Gebäude, Maschinen, Flugzeuge, die sich nicht mehr im Einsatz befänden, und sämtliche andere Ausrüstungsgegenstände verkauft worden seien. 18      Die Kommission führte in der Entscheidung vom 16. März 2004 aus, dass es sich bei einer Reihe von Vorteilen für OA um mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbare staatliche Beihilfen zu handeln scheine. Die Aktiva der Flugbetriebssparte des Olympic-Airways-Konzerns seien auf die neue Fluggesellschaft NOA übertragen worden, wobei die erheblichen Passiva bei OA verblieben seien, und kein Gläubiger von OA könne sich an NOA halten. Schließlich sei sie im Rahmen des eingeleiteten Prüfverfahrens von dem Grundsatz ausgegangen, dass es sich bei allen zum Konzern gehörenden Gesellschaften – einschließlich NOA – nur um ein und dasselbe Unternehmen handele. 19      Mit Schreiben vom 11. Juni 2004 übermittelte die Hellenische Republik der Kommission ihre Stellungnahme zur Entscheidung vom 16. März 2004. 20      Aeroporia Aigaiou legte ihre Stellungnahme nach Veröffentlichung der oben genannten Entscheidung im Amtsblatt der Europäischen Union innerhalb der betroffenen Dritten eingeräumten Frist vor. 21      Mit Schreiben vom 11. Oktober 2004 teilte die Kommission der Hellenischen Republik gemäß Art. 11 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG] (ABl. L 83, S. 1) ihre Absicht mit, eine Entscheidung zu erlassen, mit der ihr aufgegeben werde, alle Beihilfemaßnahmen auszusetzen, bis über deren Vereinbarkeit mit dem Vertrag entschieden werden könne. Die Hellenische Republik antwortete mit Schreiben vom 26. Oktober 2004. 22      Im Anschluss an diese Antwort informierten die griechischen Behörden die Kommission regelmäßig mit Schreiben oder bei Zusammenkünften über den Verlauf des Verfahrens der Privatisierung von NOA und OA. 23      Vom 9. bis 26. Mai 2005 führte eine Kanzlei der Beratungsfirma Moore Stephens im Auftrag der Kommission eine Prüfung in den Geschäftsräumen von OA und NOA durch. Ihr Bericht vom 19. Juli 2005 trägt die Überschrift „Prüfung der Umstrukturierung und der Privatisierung des Olympic-Airways/Olympic-Airlines-Konzerns“. Diesem Bericht ist zu entnehmen, dass diese Prüfung insbesondere die Frage beantworten sollte, ob die Umstrukturierung des Olympic-Airways-Konzerns und die Gründung von NOA nur eine rechtliche Konstruktion mit dem Zweck darstellten, die Vermögenswerte und die Tätigkeiten auf eine neue rechtliche Einheit zu übertragen und die Schulden bei der früheren rechtlichen Einheit zu belassen, und ob OA und NOA seit dieser Umstrukturierung unmittelbare oder mittelbare staatliche Beihilfen erhalten hatten. 24      Am 14. September 2005 erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung, in der festgestellt wurde, dass NOA eine staatliche Beihilfe in der Form gewährt wurde, dass ihre Miete für von OA oder der Hellenischen Republik an sie untervermietete Flugzeuge unter der von diesen aufgrund des Hauptmietvertrags gezahlten Mieten lag (Art. 1 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung). Weiter stellte die Kommission in dieser Entscheidung fest, dass OA drei Gruppen von staatlichen Beihilfen gewährt worden sind. Die erste betraf eine Vorauszahlung an OA in Höhe des Wertes der bei der Spaltung auf NOA übertragenen Aktiva der Flugbetriebssparte, der zu hoch eingeschätzt worden sein soll (Art. 1 Abs. 2 der angefochtenen Entscheidung). Bei der zweiten Gruppe handelt es sich um die Zahlung von 8,2 Millionen Euro an OA sowie um die Inanspruchnahme aus bestimmten Staatsbürgschaften, die in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 genannt wurden und die geändert worden sein sollen (Art. 1 Abs. 3 der angefochtenen Entscheidung). Die dritte Gruppe betraf schließlich die duldende Haltung der griechischen Behörden gegenüber der Nichtzahlung der Steuerschulden und der Sozialversicherungsbeiträge durch OA (Art. 1 Abs. 4 der angefochtenen Entscheidung). 25      Der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung lautet: „Artikel 1 (1) Die Tatsache, dass [OA] und [die Hellenische Republik] Flugzeug-Subleasing-Zahlungen von [NOA] akzeptierten, die unter den für das Hauptleasing gezahlten Beträgen lagen und zur Folge hatten, dass [NOA] 2004 Verluste in Höhe von 37 Millionen EUR und der griechische Staat bis Mai 2005 Verluste in Höhe von 2,75 Millionen EUR übernahmen, stellt eine mit dem EG-Vertrag unvereinbare rechtswidrige staatliche Beihilfe zugunsten von [NOA] dar. (2) Die [Hellenische Republik] hat [OA] rechtswidrige und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen gewährt, die dem Betrag entsprechen, um den die Aktiva von [NOA] zum Zeitpunkt der Gründung von [NOA] überbewertet wurden; dieser Betrag wird von der Kommission vorläufig auf rund 91,5 Millionen EUR geschätzt. (3) Die Zuwendungen des griechischen Staates in Höhe von insgesamt rund 8 Millionen EUR zugunsten von [OA] sowie die Zahlungen bestimmter Bankdarlehens- und Finanzierungsleasingraten, die der griechische Staat zwischen Mai 2004 und März 2005 anstelle von [OA] in einer Weise leistete, die nicht einer reinen Übernahme der in Artikel 1 Buchstabe b der Entscheidung 2003/372/EG genannten Bürgschaften und der Erfüllung der damit verbundenen Konditionen gleichkommt, ist eine mit dem EG-Vertrag unvereinbare rechtswidrige Beihilfe zugunsten von [OA]. (4) Die fortgesetzte duldende Haltung des griechischen Staates gegenüber [OA] in Bezug auf die zwischen Dezember 2002 und Dezember 2004 aufgelaufenen Steuer- und Sozialversicherungsschulden des Unternehmens gegenüber dem Staat in Höhe von rund 354 Millionen EUR sind mit dem EG-Vertrag unvereinbare rechtswidrige staatliche Beihilfen zugunsten von [OA]. Artikel 2 (1) Die [Hellenische Republik] fordert die in Artikel 1 genannten Beihilfen von den Begünstigten zurück. (2) Die Rückforderung der Beihilfen erfolgt unverzüglich nach den Verfahren des einzelstaatlichen Rechts, sofern diese eine sofortige, tatsächliche Vollstreckung der Entscheidung ermöglichen. Die zurückzufordernde Beihilfe umfasst Zinsen von dem Zeitpunkt an, ab dem die rechtswidrige Beihilfe dem Begünstigten zur Verfügung stand, bis zur tatsächlichen Rückzahlung der Beihilfe. Die Zinsen werden auf der Grundlage des für die Berechnung des Subventionsäquivalents von Regionalbeihilfen verwendeten Referenzzinssatzes berechnet. Artikel 3 [Die Hellenische Republik] stellt unverzüglich jede weitere Beihilfezahlung an [OA] und [NOA] ein. Artikel 4 [Die Hellenische Republik] teilt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach der Bekanntgabe dieser Entscheidung mit, welche Maßnahmen ergriffen wurden, um den Bestimmungen in den Artikeln 2 und 3 nachzukommen.“ 26      Die angefochtene Entscheidung wurde der Hellenischen Republik am 15. September 2005 zugestellt. 27      In seinem Urteil vom 14. Februar 2008, Kommission/Griechenland (C‑419/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), hat der Gerichtshof, der von der Kommission nach Art. 88 Abs. 2 EG angerufen worden war, festgestellt, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 2 bis 4 der angefochtenen Entscheidung verstoßen hatte, dass sie innerhalb der gesetzten Fristen nicht alle Maßnahmen ergriffen hat, die erforderlich waren, um die durch die angefochtene Entscheidung für rechtswidrig und unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärten Beihilfen zu beseitigen und von den Empfängern zurückzufordern. Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten 28      Mit Klageschriften, die am 25. November 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben die Klägerinnen, die Hellenische Republik sowie NOA und OA die vorliegenden Klagen erhoben. 29      In der Rechtsache T‑416/05 hat die Klägerin mit besonderem Schriftsatz, der am 4. Februar 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, einen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs von Art. 2 der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die in Art. 1 Abs. 1 dieser Entscheidung genannten Beihilfen gestellt. Mit Beschluss vom 26. Juni 2006, Olympiakes Aerogrammes/Kommission (T‑416/05 R, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), hat der Präsident des Gerichts diesen Antrag zurückgewiesen. 30      In der Rechtsache T‑423/05 hat die Klägerin mit besonderem Schriftsatz, der am 19. Juni 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, einen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs von Art. 2 der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die in Art. 1 Abs. 2 bis 4 dieser Entscheidung genannten Beihilfen gestellt. Mit Beschluss vom 29. Januar 2007, Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission (T‑423/05 R, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), hat der Präsident des Gerichts diesen Antrag zurückgewiesen. 31      Im Zuge einer Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Sechsten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegenden Rechtssachen deshalb zugewiesen worden sind. 32      In der Rechtssache T‑416/05 hat die Klägerin mit Antrag, der am 16. August 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, unter Berufung auf Art. 48 § 2 Abs. 1 und 2 der Verfahrensordnung des Gerichts die Unzulässigkeit neuer Verteidigungsmittel der Kommission, die in der Gegenerwiderung vorgetragen worden seien, geltend gemacht. Sie beantragt, diese Verteidigungsmittel für unzulässig zu erklären, hilfsweise, ihr eine zusätzliche Frist zu gewähren, um darauf zu antworten. Die Kommission hat zu diesem Antrag schriftlich Stellung genommen. 33      In der Rechtssache T‑416/05 hat Aeroporia Aigaiou mit Schriftsatz, der am 2. Mai 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. 34      Mit Schriftsatz vom 14. Juli 2006 hat NOA beantragt, diesen Antrag auf Zulassung als Streithelferin zurückzuweisen. Mit besonderem, am selben Tag eingereichten Schriftsatz hat sie einen Antrag auf vertrauliche Behandlung gegenüber Aeroporia Aigaiou hinsichtlich der gesamten Entscheidung gestellt, solange im Amtsblatt der Europäischen Union keine nicht vertrauliche Fassung dieser Entscheidung veröffentlicht worden sei, und hinsichtlich bestimmter Angaben in der Klageschrift, in der Erwiderung und in ihren Anlagen. 35      Mit Beschluss vom 6. Juni 2008 hat der Präsident der Sechsten Kammer Aeroporia Aigaiou als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen. Dieser Beschluss sah gemäß Art. 116 § 2 der Verfahrensordnung die Übermittlung der nicht vertraulichen Fassung der Verfahrensunterlagen an die Streithelferin und die Bestimmung einer Frist für die Einreichung eines Streithilfeschriftsatzes vor, unbeschadet der Möglichkeit, diesen später nach einer Entscheidung über die Begründetheit des Antrags auf vertrauliche Behandlung zu ergänzen. 36      Mit Schriftsatz, der am 25. Juni 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Streithelferin dem Antrag von NOA auf vertrauliche Behandlung widersprochen. Obwohl sie die vollständige Übermittlung aller Verfahrensunterlagen beantragt hat, hat sie darauf hingewiesen, dass sie beabsichtige, einen Streithilfeschriftsatz auf der Grundlage der ihr übermittelten, nicht vertraulichen Fassungen der Unterlagen einzureichen. Der Streithilfeschriftsatz ist am 22. Juli 2008 eingereicht worden. 37      In der Rechtssache T‑416/05 hat die Klägerin mit Schreiben, das am 8. März 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, auf die Fragen des Gerichts zu ihrem Antrag auf vertrauliche Behandlung geantwortet und diesen Antrag zurückgenommen, nachdem sie nach Abschluss des Privatisierungsverfahrens einer besonderen Abwicklungsregelung unterstellt worden war und alle Geschäftstätigkeiten eingestellt hatte. Die Streithelferin wurde zu einer ergänzenden Stellungnahme aufgefordert. 38      In der Rechtssache T‑423/05 hat Aeroporia Aigaiou mit Schriftsatz, der am 17. Mai 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Schriftsatz vom 28. Juli 2006 hat die Klägerin beantragt, diesen Antrag auf Zulassung als Streithelferin zurückzuweisen. Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag eingegangen ist, hat sie vertrauliche Behandlung gegenüber Aeroporia Aigaiou beantragt. 39      Mit Beschluss vom 6. Juni 2008 hat der Präsident der Sechsten Kammer Aeroporia Aigaiou als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission in der Rechtssache T‑423/05 zugelassen. Dieser Beschluss sah vor, der Streithelferin gemäß Art. 116 § 6 der Verfahrensordnung den Sitzungsbericht zu gegebener Zeit im Hinblick auf eine eventuelle Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung zu übermitteln. 40      In der Rechtssache T‑423/05 hat die Klägerin mit Schreiben, das am 10. Mai 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, auf die Fragen des Gerichts zu ihrem Antrag auf vertrauliche Behandlung geantwortet und diesen Antrag zurückgenommen, nachdem sie nach Abschluss des Privatisierungsverfahrens einer besonderen Abwicklungsregelung unterstellt worden war. 41      Mit Beschluss vom 18. Mai 2010 hat der Präsident der Sechsten Kammer nach Anhörung aller Verfahrensbeteiligten die Rechtssachen T‑415/05, T‑416/05 und T‑423/05 zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und gemeinsamer Entscheidung verbunden. 42      Da der Richter T. Tchipev an der Mitwirkung am Verfahren gehindert war, hat der Präsident des Gerichts gemäß Art. 32 § 3 der Verfahrensordnung beschlossen, in den vorliegenden Rechtssachen am Verfahren teilzunehmen, um die Kammer zu ergänzen. 43      In der Rechtssache T‑415/05 beantragt die Klägerin, –        die angefochtene Entscheidung vollständig oder teilweise für nichtig zu erklären; –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 44      In der Rechtssache T‑416/05 beantragt die Klägerin, –        Art. 1 Abs. 1 und 4 sowie Art. 2 der angefochtenen Entscheidung insoweit für nichtig zu erklären, als sie die Klägerin betreffen; –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 45      In der Rechtssache T‑423/05 beantragt die Klägerin, –        die angefochtene Entscheidung insgesamt oder teilweise für nichtig zu erklären, soweit sie Beihilfen betrifft, die ihr gewährt worden sein sollen; –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 46      Die Kommission, unterstützt von Aeroporia Aigaiou in den Rechtssachen T‑416/05 und T‑423/05, beantragt, –        die Klagen abzuweisen; –        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen. 47      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Sechste Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen sind die Verfahrensbeteiligten vom Gericht zur Beantwortung schriftlicher Fragen und zur Vorlage bestimmter Dokumente aufgefordert worden. Sie sind diesen Aufforderungen nachgekommen. 48      Die Parteien haben in der Sitzung vom 14. Juni 2010 mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet. 49      In der Rechtssache T‑415/05 hat die Hellenische Republik, die die Verweisung der Rechtssache an die Große Kammer beantragt hatte, in der mündlichen Verhandlung die Rücknahme dieses Antrags bestätigt. Rechtliche Würdigung A –   Zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses der Klägerinnen 1.     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 50      Als Antwort auf eine Frage des Gerichts hat die Kommission in ihrer schriftlichen Stellungnahme ein gegenwärtiges Rechtsschutzinteresse der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑416/05 und T‑423/05, NOA und OA, infolge ihrer Liquidation nach Abschluss des Privatisierungsverfahrens verneint. 51      Die Kommission hat auch vorgetragen, dass für die Hellenische Republik in der Rechtssache T‑415/05 infolge der Rückzahlung der in der angefochtenen Entscheidung bezeichneten Beihilfen kein Rechtsschutzinteresse mehr bestehe. 52      Die Kommission hat in dieser Hinsicht geltend gemacht, dass die Interessen der Hellenischen Republik, die Alleinaktionärin und wenn nicht die einzige, so doch zumindest die bei Weitem wichtigste Gläubigerin von NOA und OA sei, durch die Rückforderung der streitigen Beihilfen vollständig befriedigt worden seien. Die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung brächte somit keinen weiteren Nutzen. Insbesondere deute nichts darauf hin, dass, nachdem diese Unternehmen die bevorrechtigten Forderungen der Hellenischen Republik bezahlt hätten, noch eventuelle Forderungen anderer Gläubiger beglichen werden könnten. 53      Dieser Argumentation der Kommission haben die Hellenische Republik in der mündlichen Verhandlung sowie NOA und OA sowohl in ihren schriftlichen Antworten auf die Fragen des Gerichts als auch in der mündlichen Verhandlung widersprochen. Sie haben in der mündlichen Verhandlung insbesondere darauf hingewiesen, dass die Außenstände gegenüber dem Personal und die Hypothekenforderungen einen höheren Rang hätten als die Forderungen des Staates. 54      Schließlich hat die Streithelferin in den Rechtssachen T‑416/05 und T‑423/05 in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichts in der Rechtssache T‑416/05 und in der mündlichen Verhandlung in den beiden vorgenannten Rechtssachen ausgeführt, dass ihr Streithilfeinteresse zur Unterstützung der Anträge der Kommission auch nach der Liquidation der Klägerinnen fortbestehe. 55      Ein solches Interesse von Aeroporia Aigaiou an der Fortsetzung ihrer Streithilfe wurde von NOA in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichts und in der mündlichen Verhandlung sowie von OA in der mündlichen Verhandlung bestritten. 2.     Würdigung durch das Gericht 56      Die Zulässigkeitsvoraussetzungen gehören zu den unverzichtbaren Prozessvoraussetzungen, die das Gericht der Europäischen Union jederzeit von Amts wegen prüfen kann (vgl. Beschluss des Gerichts vom 10. März 2005, Gruppo ormeggiatori del porto di Venezia u. a./Kommission, T‑228/00, T‑229/00, T‑242/00, T‑243/00, T‑245/00 bis T‑248/00, T‑250/00, T‑252/00, T‑256/00 bis T‑259/00, T‑265/00, T‑267/00, T‑268/00, T‑271/00, T‑274/00 bis T‑276/00, T‑281/00, T‑287/00 und T‑296/00, Slg. 2005, II‑787, Randnr. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall ist im Hinblick auf das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zu prüfen, ob die Klägerinnen ihre Klagen im Anschluss an die Liquidation von NOA und OA sowie die geltend gemachte Rückzahlung der in Rede stehenden Beihilfen weiterverfolgen können. 57      Was erstens die behauptete Unzulässigkeit der Klage der Hellenischen Republik betrifft (Rechtssache T‑415/05), ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung Art. 230 EG deutlich zwischen dem Klagerecht der Gemeinschaftsorgane und der Mitgliedstaaten einerseits sowie dem natürlicher und juristischer Personen andererseits unterscheidet. Abs. 2 dieses Artikels räumt u. a. den Mitgliedstaaten die Befugnis ein, die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen der Kommission durch eine Nichtigkeitsklage anzufechten, ohne dass die Ausübung dieses Rechts davon abhängt, dass ein Rechtsschutzinteresse dargetan wird. Ein Mitgliedstaat muss für die Zulässigkeit seiner Klage daher nicht dartun, dass ein von ihm angefochtener Rechtsakt der Kommission ihm gegenüber rechtliche Wirkungen erzeugt. Ein Rechtsakt der Kommission kann jedoch nur dann mit der Nichtigkeitsklage angefochten werden, wenn er Rechtswirkungen erzeugen soll (Beschluss des Gerichtshofs vom 27. November 2001, Portugal/Kommission, C‑208/99, Slg. 2001, I‑9183, Randnrn. 22 bis 24; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 21. Mai 2010, Frankreich u. a./Kommission, T‑425/04, T‑444/04, T‑450/04 und T‑456/04, Slg. 2010, II‑0000, Randnrn. 118 bis 120). 58      Im vorliegenden Fall stuft die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die streitigen Maßnahmen zugunsten von NOA und OA als staatliche Beihilfen ein und erklärt sie für mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar. 59      Daraus ergibt sich, dass diese Entscheidung verbindliche Rechtswirkungen erzeugt und somit ein anfechtbarer Rechtsakt ist. 60      Deshalb ist die Hellenische Republik, die u. a. der Einstufung der streitigen Maßnahmen als staatliche Beihilfen widerspricht, schon allein aufgrund ihrer Eigenschaft als Mitgliedstaat befugt, eine Nichtigkeitsklage gegen die angefochtene Entscheidung zu erheben, und sie kann folglich allein aufgrund dieser Eigenschaft diese Klage weiterführen. 61      Was zweitens den Vorwurf des fehlenden Rechtsschutzinteresses von NOA (Rechtssache T‑416/05) und OA (Rechtssache T‑423/05) betrifft, ist festzustellen, dass nach der Rechtsprechung das Rechtsschutzinteresse des Klägers bis zum Erlass der gerichtlichen Entscheidung vorliegen muss. Über eine Klage ist nämlich nicht mehr zu entscheiden, wenn der Kläger wegen eines im Laufe des Verfahrens eingetretenen Ereignisses jedes persönliche Interesse an der Nichtigerklärung des angefochtenen Rechtsakts verloren hat und dieses Ereignis zur Folge hat, dass die Nichtigerklärung des Rechtsakts als solche keine Rechtswirkungen zugunsten des Klägers mehr haben kann (Urteile des Gerichts vom 9. Juli 2008, Alitalia/Kommission, T‑301/01, Slg. 2008, II‑1753, Randnr. 37, und vom 19. März 2010, Gollnisch/Parlament, T‑42/06, Slg. 2010, II‑0000, Randnr. 61). 62      Im vorliegenden Fall genügt es, festzustellen, dass die Klägerinnen – die in ihren Antworten auf die schriftlichen Fragen des Gerichts erklärt haben, sie hätten gemäß der angefochtenen Entscheidung die genannten Beihilfen vollständig zurückgezahlt – zu Recht geltend machen, sie hätten weiterhin ein persönliches und gegenwärtiges Interesse an der Fortführung ihrer Klagen, da die Hellenische Republik ihnen im Fall der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung die zurückgezahlten Beträge erstatten müsse; diese würden bei den Aktiva ihrer Liquidationsbilanzen verbucht. 63      Somit sind die vorliegenden Klagen zulässig. 64      Im Übrigen genügt in den Rechtssachen T‑416/05 und T‑423/05 hinsichtlich der Frage, ob Aeroporia Aigaiou weiterhin ein unmittelbares und gegenwärtiges Interesse am Ausgang des Rechtsstreits im Sinne von Art. 40 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs hat, der Hinweis, dass im Beschluss Olympiakes Aerogrammes/Kommission (Randnr. 28) und im Beschluss Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission (Randnr. 23), in denen Aeroporia Aigaiou als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen worden ist, ein solches unmittelbares und gegenwärtiges Interesse anerkannt wurde, weil sich die Streithelferin zum einen in einer Wettbewerbssituation mit OA und NOA, den Empfängerinnen der in der angefochtenen Entscheidung genannten Beihilfen, befunden und zum anderen aktiv an dem förmlichen Prüfverfahren teilgenommen hatte, das zum Erlass der angefochtenen Entscheidung geführt hat, die zu ihrem Vorteil ist. Solange aber für NOA und OA auch nach ihrer Liquidation ein Interesse anerkannt wird, die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zu beantragen, besteht für Aeroporia Aigaiou ein entsprechendes Interesse an der Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Kommission, um die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung zu verteidigen, und sei es auch nur zu dem Zweck, um basierend auf der rechtswidrigen Gewährung ihr zum Nachteil gereichender Beihilfen im oben genannten Wettbewerbszeitraum Schadensersatzansprüche geltend zu machen, in deren Folge eventuell Klage erhoben wird. 65      Es ist somit ein fortbestehendes Interesse von Aeroporia Aigaiou als Streithelferin am Ausgang der vorliegenden Rechtsstreitigkeiten anzuerkennen. B –  Zur Begründetheit 66      Die Klägerinnen bestreiten die Feststellungen der Kommission hinsichtlich erstens des Bestehens einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA zum Zweck der Rückforderung der Beihilfen (Rechtssachen T‑415/05 und T‑416/05), zweitens der Gewährung staatlicher Beihilfen an NOA (Rechtssachen T‑415/05 und T‑416/05) und drittens der Gewährung staatlicher Beihilfen an OA (Rechtssachen T‑415/05, T‑416/05 und T‑423/05). Außerdem berufen sie sich viertens auf einen Verstoß gegen das Recht des betroffenen Mitgliedstaats auf rechtliches Gehör (Rechtssachen T‑415/05 und T‑423/05), fünftens auf die Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Rechtssachen T‑415/05 und T‑416/05) und sechstens auf einen Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem (Rechtssachen T‑415/05 und T‑423/05). 67      Vor Prüfung dieser verschiedenen Rügen ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin in der Rechtssache T‑416/05, NOA, die Unzulässigkeit neuer Verteidigungsmittel der Kommission geltend gemacht hat (siehe oben, Randnr. 34). Die Zulässigkeit dieser Verteidigungsmittel wird bei der Prüfung der Klagegründe beurteilt, auf die sie sich beziehen (vgl. nachfolgende Randnrn. 116, 117, 129 bis 131, 208 und 409). 1.      Zur Berücksichtigung einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA zum Zweck der Rückforderung der Beihilfen (Rechtssachen T‑415/05 und T‑416/05) a)     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 68      Was die Bestimmung der Empfänger der in Rede stehenden Beihilfen zum Zweck der Rückforderung dieser Beihilfen betrifft, widersprechen die Hellenische Republik und NOA der Feststellung des Vorliegens einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA durch die Kommission, soweit diese Feststellung im Zusammenhang mit Art. 1 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 2 der angefochtenen Entscheidung dahin ausgelegt werden könnte, dass Beihilfen, die OA nach dem Erlass der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 und vor der Spaltung gewährt worden seien, von NOA zurückzufordern seien. 69      Die Klägerinnen sind erstens der Ansicht, dass ohne klare und präzise Anordnung zur Rückforderung in diesem Sinne gemäß Art. 88 EG und Art. 14 der Verordnung Nr. 659/1999 im verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung diese Entscheidung nicht die Verpflichtung zur Folge habe, solche Beihilfen von NOA zurückzufordern. 70      Die Hellenische Republik macht geltend, dass die Ungenauigkeit der Kommission sowohl in der angefochtenen Entscheidung als auch in ihren Schriftsätzen, die Widersprüche enthielten, zu der Frage führe, aus welchen Gründen die oben genannte Feststellung, NOA sei zum Zweck der Rückforderung der Beihilfen Nachfolgerin von OA, in die angefochtene Entscheidung (Erwägungsgründe 178 bis 183) aufgenommen worden sei und welche Bedeutung dieser Aufnahme zukomme, wo doch die Kommission in der Klagebeantwortung einräume, dass diese Feststellung ausschließlich die Entscheidung vom 11. Dezember 2002 betreffe und keine Rechtswirkungen habe, was die angefochtene Entscheidung anbelange, und geltend mache, sie habe zu diesem Punkt kein Rechtsschutzinteresse. 71      Es sei deshalb gemäß dem Grundsatz der Rechtssicherheit unerlässlich, zu klären, ob die angefochtene Entscheidung vorsehe, dass von NOA die Rückzahlung u. a. der in Art. 1 Abs. 4 der angefochtenen Entscheidung genannten Beihilfen gefordert werden könne, so dass die Frage der Nachfolge von NOA auf OA zum Zweck der Rückforderung der Beihilfen im Rahmen der vorliegenden Klage rechtzeitig der Kontrolle durch das Gericht unterstellt werde. 72      Zweitens tragen die Hellenische Republik und NOA vor, dass die Aussage der Kommission in der angefochtenen Entscheidung (183. Erwägungsgrund), NOA müsse zumindest zum Zweck der Rückforderung der Beihilfen, die vor der Abspaltung der Flugbetriebssparte gewährt worden seien, als Nachfolgerin von OA angesehen werden, mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet und unzureichend begründet sei. 73      Die Klägerinnen räumen ein, dass die Kommission nach der Rechtsprechung verpflichtet sein könne, zu verlangen, dass die Rückforderung sich nicht auf den ursprünglichen Empfänger der Beihilfe beschränke, sondern auf das Unternehmen ausgedehnt werde, das eventuell die Tätigkeit des ursprünglichen Unternehmens unter Einsatz der übertragenen Produktionsmittel fortsetze, wenn die wirtschaftlichen Verbindungen zwischen den beiden Unternehmen anhielten (Urteil des Gerichtshofs vom 8. Mai 2003, Italien und SIM 2 Multimedia/Kommission, C‑328/99 und C‑399/00, Slg. 2003, I‑4035, Randnr. 77). Aus dieser Rechtsprechung ergebe sich jedoch erstens, dass die Rückforderung der Beihilfe bei einem Dritten eine bloße Möglichkeit sei, und zweitens, dass ein Element einer wirtschaftlichen Kontinuität vorhanden sein müsse. 74      Insbesondere schlössen die Anforderungen hinsichtlich der Rückforderung von mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfen es nicht von vornherein aus, dass eine Gesellschaft, die sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinde, Maßnahmen zur Sanierung des Unternehmens treffen könne (Urteil Italien und SIM 2 Multimedia/Kommission, Randnr. 76). Entgegen dem Vorbringen der Kommission werde die Absicht, die Rückzahlungspflicht zu umgehen, bei der Prüfung der wirtschaftlichen Logik der Übertragung/Umwandlung berücksichtigt (Urteil Italien und SIM 2 Multimedia/Kommission, Randnr. 17, und Urteil des Gerichts vom 19. Oktober 2005, CDA Datenträger Albrechts/Kommission, T‑324/00, Slg. 2005, II‑4309, Randnrn. 102 bis 104). 75      Übertrage ein durch eine Beihilfe begünstigtes Unternehmen einen Teil seiner Vermögenswerte auf eine dritte Person, um ihr zu ermöglichen, sich geschützt vor den rechtlichen und wirtschaftlichen Ungewissheiten, die die Fortsetzung dieses Teils ihres Geschäftsbetriebs gefährdeten, zu entwickeln, so beweise dies als solches jedoch nicht die Absicht, die Wirkungen der Rückforderung zu umgehen (Urteil CDA Datenträger Albrechts/Kommission, Randnr. 98). 76      Im vorliegenden Fall sei nach der oben genannten Rechtsprechung das entscheidende Kriterium, dass die Umwandlung durch die wirtschaftliche Logik einer effizienteren Rückforderung auferlegt worden sei und nicht darauf abziele, die Wirkungen der Rückforderungsanordnung zu umgehen. 77      Die Abspaltung des Flugbetriebs im Rahmen eines umfassenden Umstrukturierungs- und Privatisierungsprogramms des Olympic-Airways-Konzerns sei in der Absicht erfolgt, diese Sparte mit dem größtmöglichen Gewinn zu verkaufen. Insbesondere übersteige der Wert der neuen Fluggesellschaft NOA die bloße Summe der übertragenen Vermögenswerte bei Weitem. Er werde durch das Vorhandensein einer zuverlässigen und flexiblen Flugzeugflotte, eines sehr gut ausgebildeten Personals, von Know-how und Erfahrung auf dem nationalen Markt, eines geschäftlichen Rufs und einer geschäftlichen Zuverlässigkeit, eines Mitarbeiternetzes sowie von Zusammenarbeitsverträgen und Zeitnischen erhöht. 78      Die Klägerinnen sind deshalb der Ansicht, dass die im Gesetz Nr. 3185/2003 vorgesehene Umwandlung gemäß dem Kriterium des privaten Kapitalgebers durch die wirtschaftliche Logik einer Privatisierung des Olympic-Airways-Konzerns im Hinblick auf eine effektivere Rückforderung der Beihilfen geboten gewesen sei und dass sie nicht mit dem Ziel durchgeführt worden sei, die Wirkungen der Rückforderungsanordnung zu umgehen. Die Hellenische Republik habe nach den erfolglosen Versuchen einer Privatisierung von OA die Aufteilung der verschiedenen Sparten des Konzerns gewählt, um sie mit einem maximalen Gewinn getrennt zu privatisieren. In dieser Hinsicht widerspricht NOA insbesondere den Ausführungen der Kommission in der angefochtenen Entscheidung (178. Erwägungsgrund), wonach die Hellenische Republik bei der Umwandlung dieses Konzerns die Absicht verfolgt habe, die Fortsetzung des Flugbetriebs zu ermöglichen. 79      Die Hellenische Republik und NOA argumentieren, dass im vorliegenden Fall, wie in der Rechtssache, in der das Urteil CDA Datenträger Albrechts/Kommission ergangen sei, das Vermögen der Gesellschaft, der ein Teil ihrer Aktiva genommen worden sei, im vorliegenden Fall OA, nicht geringer geworden sei, weil ein entsprechender Teil ihrer Verbindlichkeiten übertragen worden sei. Die Kommission habe im Übrigen eingeräumt, dass Verbindlichkeiten in Höhe von 145 Millionen Euro auf NOA übertragen worden seien (117. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 80      Ferner habe die Übertragung von Vermögenswerten von OA auf NOA entgegen den Ausführungen der Kommission in der angefochtenen Entscheidung (179. Erwägungsgrund) nicht zu einem Wegfall der Einnahmen von OA geführt. OA sei weiterhin in den Bereichen Bodenabfertigung, Wartung und Reparatur, Verpflegung, EDV und Lieferung von Treibstoff tätig. OA beziehe bedeutende Einkünfte von NOA auf der Grundlage kommerzieller Geschäftsbeziehungen. 81      Unter diesen Umständen sei die Behauptung der Kommission, dass die Gründung von NOA eine künstliche Umgestaltung innerhalb desselben Konzerns sei, falsch. Nach dem Gesetz Nr. 3185/2003 besitze die Hellenische Republik nämlich nur deshalb Aktien von NOA, um sie zu privatisieren. Da NOA ferner als Gesellschaft, die einen Teil der Aktiva von OA erworben habe, keinerlei Vorteil gehabt und OA den Betrieb fortgesetzt habe, liege keine wirtschaftliche Kontinuität zwischen den beiden Gesellschaften vor, die es rechtfertige, die Beihilfe, die OA erhalten habe, von NOA zurückzufordern (Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Deutschland/Kommission, C‑277/00, Slg. 2004, I‑3925, Randnr. 81). 82      Entgegen dem Vorbringen der Kommission habe die Hellenische Republik in ihrem Schreiben vom 2. Juni 2005 nicht anerkannt, dass NOA Nachfolgerin von OA geworden sei. Sie habe lediglich eingeräumt, falls die vollständige Rückforderung von OA nach Erschöpfung des Liquidationserlöses dieser Gesellschaft nicht möglich sei, könne die Rückzahlungsverpflichtung bei den Nachfolgegesellschaften von OA vollzogen werden, sofern die von der Gemeinschaftsrechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen in Bezug auf die Nachfolge in die Verpflichtung zur Rückzahlung staatlicher Beihilfen erfüllt seien. Dies sei aber nicht der Fall. Da die Privatisierung von NOA unmittelbar vor dem Abschluss gestanden habe, hätten sich die griechischen Behörden in dem oben genannten Schreiben ausdrücklich auf die Bedingung des Verkaufs zu einem angemessenen Marktpreis bezogen. 83      Indem sie in der Klagebeantwortung (Randnr. 76) geltend mache, dass die Umwandlung selbst nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung sei und deshalb keine detaillierte Analyse notwendig gemacht habe, um zu beurteilen, ob NOA Nachfolgerin von OA sei, räume die Kommission ein, dass sie das grundlegende Kriterium der wirtschaftlichen Logik dieser Umwandlung nicht berücksichtigt habe. 84      Infolgedessen sei die Begründung, auf die die Feststellung in der angefochtenen Entscheidung gestützt sei, dass NOA für die Zwecke der Rückforderung der Beihilfen Nachfolgerin von OA geworden sei, unzureichend, da die Kommission die wirtschaftliche Logik des Verfahrens der Gründung von NOA als Element der Restrukturierung/Privatisierung von OA in der Absicht, den höchst-möglichen Betrag der rechtswidrig gewährten Beihilfen zurückfordern zu können, nicht geprüft habe. 85      Schließlich widersprechen die Hellenische Republik und NOA der Auslegung des Urteils vom 12. Mai 2005, wie sie von der Kommission vertreten wird. Der Gerichtshof habe nur über die rechtlichen und finanziellen Auswirkungen des Gesetzes Nr. 3185/2003 auf den Vollzug der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 entschieden. Der Gerichtshof habe sich weder zu den Absichten geäußert, die dazu geführt hätten, eine Abspaltung der Flugbetriebssparte zu wählen, noch zur Vereinbarkeit dieser Umstrukturierung mit Art. 87 EG noch zur Frage, ob NOA für die Zwecke der Rückforderung der in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 genannten Beihilfen als Nachfolgerin von OA angesehen werden könne. Im Rahmen dieser Vertragsverletzungsklage habe der Gerichtshof im Übrigen nicht prüfen können, ob NOA für die Zwecke der Rückforderung der in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 genannten Beihilfen Nachfolgerin von OA geworden sei, da NOA bei Einreichung dieser Klage am 2. Oktober 2003 noch nicht existiert habe. 86      Im Urteil vom 12. Mai 2005 habe der Gerichtshof lediglich festgestellt, dass die Übertragung von Vermögenswerten von OA auf NOA zur Folge gehabt habe, dass es nach nationalem Recht unmöglich gemacht worden sei, die OA gewährten Beihilfen zurückzufordern. Zu diesem Schluss sei er jedoch nach der Erwägung gekommen, dass „alle Aktiva“ von OA „völlig schuldenfrei“ übertragen worden seien (Randnr. 33 des Urteils). Dies sei jedoch nicht der Fall, da die Kommission nun eingeräumt habe, dass OA bedeutende Vermögenswerte behalten und einen hohen Schuldenbetrag auf NOA übertragen habe. Die Kommission verzerre somit die Argumentation des Gerichtshofs im Urteil vom 12. Mai 2005 und verfälsche sie, indem sie ausführe, der Gerichtshof habe die Übertragung der rentabelsten Aktiva auf NOA festgestellt. 87      Nach alledem seien die Ausführungen der Kommission hinsichtlich der Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA rechtsfehlerhaft und unzureichend begründet. 88      Die Kommission stellt zunächst ihre Auslegung der angefochtenen Entscheidung dar. In den Klagebeantwortungen in den Rechtssachen T‑415/05 und T‑416/05 trägt sie zuerst vor, dass die angefochtene Entscheidung im Unterschied zum Urteil vom 12. Mai 2005 nicht die Frage der Rückforderung der an OA gezahlten Beihilfen von NOA behandele. Die Kommission schließt daraus, dass die Hellenische Republik und NOA kein gegenwärtiges Rechtschutzinteresse hinsichtlich der in dieser Entscheidung angeführten Gründe, NOA als Rechtsnachfolgerin von OA anzusehen, nachwiesen. 89      In den Gegenerwiderungen vertritt die Kommission jedoch den Standpunkt, dass Art. 2 der angefochtenen Entscheidung in Verbindung mit den Gründen dieser Entscheidung klar zu entnehmen sei, dass zumindest die OA vor der Abspaltung gewährten Beihilfen nicht nur von dieser sondern auch von NOA zurückzufordern seien. Somit räumt sie ein, dass ein Interesse der Hellenischen Republik und NOA daran besteht, eine Verpflichtung, die OA gewährten Beihilfen von NOA zurückzufordern, zu bestreiten. 90      Die Kommission nennt als Erklärung für diese Änderung ihres Standpunkts, dass sie vom genauen Zeitpunkt der Gründung von NOA erst dadurch Kenntnis erlangt habe, dass in der Erwiderung in der Rechtsache T‑416/05 der 13. Dezember 2003 als Zeitpunkt der Gründung und des Geschäftsbeginns dieser Gesellschaft genannt worden sei. 91      Der Beweis dieses genauen Zeitpunkts „aktiviere den Vorbehalt“, den die Kommission wiederholt hinsichtlich der Feststellung des tatsächlichen Empfängers der vor der Abspaltung gewährten Beihilfen gemacht habe. 92      Die streitigen Beihilfen, die nach der Abspaltung an OA gezahlt worden seien, könnten und müssten auch von NOA zurückgefordert werden, wenn bei der Durchführung der angefochtenen Entscheidung festgestellt werde, dass ihr Vorteil auf NOA übertragen worden sei. Die Kommission macht insoweit geltend, dass OA den Vorteil aus den ihr von der Hellenischen Republik gewährten Beihilfen auf NOA übertragen habe, indem sie an die neue Fluggesellschaft Flugzeuge zu einem Mietzins untervermietet habe, der unter dem liege, den sie selbst an die Hauptvermieter bezahle. 93      Die Kommission führt aus, dass die Aufteilung der Rückzahlungsverpflichtung zwischen OA und NOA bei der Durchführung der angefochtenen Entscheidung ermittelt werden müsse. 94      Als Zweites bestreitet die Kommission in den Rechtssachen T‑415/05 und T‑416/05 das Vorbringen der Klägerinnen, das beweisen soll, dass NOA nicht Nachfolgerin von OA für die Zwecke der Rückforderung der streitigen Beihilfen sei. Sie trägt vor, durch die Rückforderung der Beihilfen von der die wirtschaftliche Tätigkeit ausübenden Einrichtung, die den Vorteil erlangt habe, sollten die Voraussetzungen für einen gesunden Wettbewerb wiederhergestellt werden. 95      Aeroporia Aigaiou, Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission in der Rechtssache T‑416/05 führt aus, dass die Frage der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA durch das Urteil vom 12. Mai 2005 entschieden worden sei. b)     Würdigung durch das Gericht 96      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in ihrer Antwort auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung das Vorbringen von OA nicht bestätigt hat, das diese in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichts geäußert und in der mündlichen Verhandlung wiederholt hat, dass diese Gesellschaft die an sie gezahlten Beihilfen gemäß Art. 2 der angefochtenen Entscheidung einschließlich Zinsen vollständig zurückgezahlt habe. Die Kommission hat nämlich Vorbehalte hinsichtlich der vollständigen Rückzahlung dieser Beihilfen geltend gemacht und darauf hingewiesen, dass sie im Hinblick auf die Liquidation von OA und NOA von der Hellenischen Republik nicht verlange, dass sie die OA gewährten streitigen Beihilfen von NOA zurückfordere. 97      Die Hellenische Republik und NOA haben in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie ihre Rügen in Bezug darauf, NOA für die Zwecke der Rückforderung der an OA gezahlten Beihilfen als Nachfolgerin von OA anzusehen, aufrechterhielten. 98      Nachdem in diesem Kontext in einem ersten Schritt die Maßnahmen zugunsten von OA festgestellt worden sind, für die eine Verpflichtung bestehen kann, sie von NOA zurückzufordern, ist in einem zweiten Schritt die rechtliche Tragweite der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Feststellung zur Nachfolge von NOA auf OA für die Zwecke der Rückforderung der Beihilfe zu bestimmen, bevor in einem dritten Schritt die Richtigkeit der Erstreckung der Rückforderungspflicht auf NOA beurteilt wird. Zur Feststellung der Maßnahmen zugunsten von OA, für die eine Verpflichtung bestehen kann, sie von NOA zurückzufordern 99      Vorab ist, wie der Gerichtshof im Urteil vom 12. Mai 2005 (Randnr. 32) ausführt, die Prüfung der eigentlichen Umstrukturierungsmaßnahmen im Hinblick auf die Anwendungsvoraussetzungen von Art. 87 EG von der völlig eigenständigen Frage zu unterscheiden, ob NOA hinsichtlich der Rückforderung der Beihilfen, die OA vor der Abspaltung gewährt worden waren, als Nachfolgerin von OA in Bezug auf den Flugbetrieb angesehen werden kann. Im Rahmen der Vertragsverletzungsklage, die zu diesem Urteil geführt hat, ging es nur um die Beurteilung der rechtlichen und finanziellen Folgen dieser Umstrukturierungsmaßnahmen für die Durchführung der Entscheidung vom 11. Dezember 2002. 100    Aus der Aufforderung, Informationen vorzulegen, sowie aus der Entscheidung vom 16. März 2004 über die Eröffnung des Verfahrens nach Art. 88 Abs. 2 EG ergibt sich, dass sich die Untersuchungen der Kommission im vorliegenden Fall auf die Gesamtheit der mit der Umstrukturierung und Privatisierung des Olympic-Airways-Konzerns zusammenhängenden Maßnahmen, die Elemente staatlicher Beihilfen enthalten konnten, erstreckte (siehe oben, Randnrn. 12 und 16 bis 18). 101    In der angefochtenen Entscheidung werden die Umstrukturierungsmaßnahmen jedoch nicht als solche unter dem Gesichtspunkt ihrer Qualifikation im Hinblick auf die Anwendungsvoraussetzungen von Art. 87 Abs. 1 EG geprüft. Ihre Natur und insbesondere die Verbindung zwischen OA und NOA werden von der Kommission zum einen nur zum Nachweis des Vorliegens einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA für die Zwecke der Rückforderung der streitigen Beihilfen geprüft und zum anderen, um die geprüften Maßnahmen in ihrem Kontext einzustufen (siehe u. a. unten, Randnrn. 164 bis 178). 102    Was insbesondere die Rückforderung der Beihilfen anbelangt, oblag es der Kommission nur, in der angefochtenen Entscheidung die Frage der Nachfolge von NOA auf OA für die Zwecke der Rückforderung der in dieser Entscheidung genannten neuen Beihilfen für OA zu untersuchen. Die Bestimmung der tatsächlichen Begünstigten der in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 genannten Beihilfen zum Zweck der Durchführung der in dieser Entscheidung enthaltenen Rückforderungsanordnung ist durch das Urteil vom 12. Mai 2005 erfolgt (siehe oben, Randnrn. 7, 8 und 99). 103    Außerdem kann die Frage der Nachfolge von NOA auf OA für die Zwecke der Rückforderung der Beihilfen im vorliegenden Fall nur hinsichtlich der OA vor der Abspaltung der Flugbetriebssparte und der Gründung von NOA gewährten Beihilfen gestellt werden. 104    Besteht nämlich eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen diesen beiden Gesellschaften, kann NOA als die tatsächliche Begünstigte der Beihilfen angesehen werden, die der Flugbetriebssparte zugute gekommen sind und die der früheren Fluggesellschaft OA gewährt worden waren, bevor diese Sparte durch NOA übernommen wurde. 105    Dagegen können die streitigen Beihilfen, die OA nach der Spaltung gewährt worden sind, entgegen dem Vorbringen der Kommission in den Gegenerwiderungen (siehe oben, Randnr. 92) nicht allein aus dem Grund von NOA zurückgefordert werden, dass diese daraus einen indirekten Vorteil ziehen würde. Selbst wenn, wie die Kommission vorträgt, OA durch die staatlichen Beihilfen, die ihr nach der Spaltung gewährt worden sind, in die Lage versetzt worden sein sollte, ihrerseits der neuen Gesellschaft NOA Vergünstigungen zu gewähren, die diese unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte, was nicht bewiesen ist, erlaubt dieser Umstand allein es nicht, NOA als die tatsächliche Begünstigte der OA gewährten Beihilfen anzusehen. 106    Da nach der Spaltung zwischen den beiden Gesellschaften OA und NOA, deren rechtliche und finanzielle Selbständigkeit von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht bestritten wird, keine wirtschaftliche Einheit vorlag, oblag es nämlich auf alle Fälle der Kommission, den Vorteil, der NOA von OA gewährt worden sein soll, klar festzustellen und ihn getrennt von den Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 87 Abs. 1 EG zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 10. Januar 2006, Cassa di Risparmio di Firenze u. a., C‑222/04, Slg. 2006, I‑289, Randnrn. 112 bis 114, und des Gerichts vom 25. Juni 1998, British Airways u. a./Kommission, T‑371/94 und T‑394/94, Slg. 1998, II‑2405, Randnrn. 313 und 314). So ging die Kommission im Übrigen in der angefochtenen Entscheidung auch in Bezug auf die Beihilfe vor, die NOA in Form von niedrigen Mieten bei der Untervermietung von Flugzeugen (siehe unten, Randnrn. 154 bis 253) gewährt worden ist. 107    Somit wird im vorliegenden Fall, wie die Klägerinnen vortragen, die Frage, ob NOA für die Zwecke der Rückforderung der streitigen Beihilfen Nachfolgerin von OA ist, nur in Bezug auf die in Art. 1 Abs. 4 der angefochtenen Entscheidung genannte Beihilfe, die OA in Form der Duldung ihrer Nichtzahlung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen gewährt worden sein soll, gestellt, sofern diese Beihilfe in die Zeit vor der Spaltung fällt. Alle anderen in Art. 1 Abs. 2 und 3 dieser Entscheidung genannten Beihilfen zugunsten von OA sind nämlich nach der Spaltung gewährt worden. 108    In dieser Hinsicht ist bereits jetzt darauf hinzuweisen, dass die Klagegründe, die die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑415/05 und T‑423/05 für die Nichtigerklärung von Art. 1 Abs. 4 der angefochtenen Entscheidung geltend machen, zurückzuweisen sind, wie das Gericht im Folgenden feststellen wird (siehe unten, Randnrn. 378 bis 394). 109    Unter diesen Umständen ist die rechtliche Tragweite der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Feststellung, zwischen OA und NOA bestehe für die Zwecke der Rückforderung der in Art. 1 Abs. 4 dieser Entscheidung bezeichneten Beihilfe eine wirtschaftliche Kontinuität, sofern diese Beihilfe vor dem 11. Dezember 2003 gewährt worden sei, zu ermitteln. Zur rechtlichen Tragweite der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Feststellung, NOA sei für die Zwecke der Rückforderung der streitigen Beihilfe Nachfolgerin von OA 110    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission beim Erlass der angefochtenen Entscheidung am 14. September 2005 über alle notwendigen Informationen verfügte, um die Begünstigten, von denen die betreffenden Beihilfen zurückzufordern waren, in der Entscheidung selbst festzustellen. In dieser Hinsicht unterscheiden sich die im vorliegenden Fall in Rede stehenden Umstände von denjenigen, die die Kommission in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002, die zeitlich vor der Umstrukturierung des Olympic-Airways-Konzerns und der Gründung von NOA im Dezember 2003 erging, geprüft hat. 111    Im verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung stellt die Kommission NOA jedoch nicht ausdrücklich als tatsächliche Begünstigte eines Teils der OA gewährten Beihilfe, die in Art. 1 Abs. 4 dieser Entscheidung genannt ist, fest. 112    Die Kommission sieht in Art. 2 der angefochtenen Entscheidung nämlich nur vor, dass die Hellenische Republik die in Art. 1 dieser Entscheidung bezeichnete Beihilfe von den „Begünstigten“ zurückfordern wird. Art. 1 Abs. 4 der angefochtenen Entscheidung betrifft ausdrücklich die rechtswidrige Beihilfe, die OA in Form einer duldenden Haltung der Hellenischen Republik in Bezug auf Steuer- und Sozialversicherungsschulden dieser Gesellschaft gegenüber dem Staat gewährt wurde, und bezieht sich nicht auf NOA als von einem Teil dieser Beihilfe tatsächliche Begünstigte. 113    Im Urteil vom 14. Februar 2008, Kommission/Griechenland, in dem festgestellt wird, dass die Hellenische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus der angefochtenen Entscheidung verstoßen hat, hat der Gerichtshof es u. a. nicht als notwendig angesehen, zu prüfen, ob in dieser Entscheidung NOA für die Zwecke der Rückforderung der in Art. 1 Abs. 4 genannten streitigen Beihilfe als Nachfolgerin von OA bezeichnet wurde. Was diese Beihilfe betrifft, hat der Gerichtshof nur geprüft, ob die angefochtene Entscheidung Hinweise enthält, die es den betroffenen nationalen Behörden ermöglichen, die Höhe der zurückzufordernden Beträge ohne übermäßige Schwierigkeiten selbst zu bestimmen (Randnrn. 42 bis 44 des Urteils). 114    Vor diesem Hintergrund ist es Sache des Gerichts, wie die Klägerinnen geltend machen, den Inhalt der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf eine eventuelle Verpflichtung, die in Art. 1 Abs. 4 der angefochtenen Entscheidung genannte Beihilfe von NOA zurückzufordern, auszulegen. 115    Vorab ist zu bemerken, dass die Kommission in den Gegenerwiderungen in den Rechtssachen T‑415/05 und T‑416/05 ihre widersprüchlichen Stellungnahmen betreffend die Auslegung der angefochtenen Entscheidung mit ihrer Unsicherheit hinsichtlich des genauen Zeitpunkts der Gründung von NOA begründet hat (siehe oben, Randnr. 90). 116    In der Rechtssache T‑416/05 hat sich NOA darauf berufen, dass dieses Vorbringen einer Unsicherheit der Kommission in Bezug auf den genauen Zeitpunkt der Gründung von NOA neu und deshalb unzulässig sei (siehe oben, Randnr. 34). 117    Insoweit genügt der Hinweis, dass dieses Vorbringen der Kommission auf alle Fälle nicht erheblich ist. Welche Auslegungen im vorliegenden Fall von dem beklagten Organ auch immer nacheinander vorgetragen worden sind, es ist letztlich Sache des Gerichts, die angefochtene Entscheidung auszulegen. Infolgedessen sind die widersprüchlichen Stellungnahmen der Kommission in Bezug auf die Auslegung der angefochtenen Entscheidung und die Berufung auf die Unsicherheit in Bezug auf den genauen Zeitpunkt der Gründung von NOA als Erklärung der Entwicklung des Standpunkts der Kommission nicht erheblich und können die Verteidigungsrechte der Klägerinnen nicht beeinträchtigen (Urteil des Gerichts vom 7. Oktober 1999, Irish Sugar/Kommission, T‑228/97, Slg. 1999, II‑2969, Randnr. 30). Außerdem wird in der Entscheidung vom 16. März 2004 über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens (Randnr. 110) und in der angefochtenen Entscheidung (Randnr. 6) ausdrücklich angegeben, dass NOA am 12. Dezember 2003 gegründet worden ist. Die Klägerinnen haben in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass NOA den Flugbetrieb an diesem Tag aufgenommen hat. Vor diesem Hintergrund war, selbst wenn die Kommission im Verwaltungsverfahren nicht über den genauen Zeitpunkt der Gründung von NOA, den 11. Dezember 2003, informiert worden war, dieser Umstand nicht geeignet, sich auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung – und folglich auf ihre Auslegung –, was die eventuelle Bezeichnung von NOA als Nachfolgerin von OA für die Zwecke der Rückforderung der streitigen Beihilfe betrifft, auszuwirken. 118    Für die Auslegung von Art. 2 der angefochtenen Entscheidung ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung der verfügende Teil einer Entscheidung über staatliche Beihilfen nicht von deren Begründung getrennt werden kann, so dass er, sofern erforderlich, unter Berücksichtigung der Gründe auszulegen ist, die zum Erlass der Entscheidung geführt haben (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 15. Mai 1997, TWD/Kommission, C‑355/95 P, Slg. 1997, I‑2549, Randnr. 21, sowie Urteil vom 12. Mai 2005, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung). 119    Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob Art. 2 der angefochtenen Entscheidung im Licht der Gründe dieser Entscheidung dahin ausgelegt werden kann, dass unter „den Begünstigten der in Art. 1 genannten Beihilfe“ NOA als tatsächliche Begünstigte der in Art. 1 Abs. 4 der angefochtenen Entscheidung genannten Beihilfen zugunsten von OA betroffen ist. 120    In ihrer Prüfung der Art der Umstrukturierung des Olympic-Airways-Konzerns (Erwägungsgründe 178 bis 183 der angefochtenen Entscheidung), die im Rahmen der „[b]eihilferechtliche[n] Würdigung der Maßnahme“ (Abschnitt 6 der angefochtenen Entscheidung) durchgeführt wurde, hat die Kommission die Modalitäten der Umstrukturierung, die bereits vom Gerichtshof im Urteil vom 12. Mai 2005 berücksichtigt worden sind, genauer analysiert. Die Kommission hat sich auf dieses Urteil gestützt, um im 183. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu folgendem Schluss zu kommen: „Es ist deshalb klar, dass die Umstrukturierung von [OA] im Jahr 2003, in deren Rahmen zwar [NOA] gegründet und eine eigene juristische Person geschaffen wurde, dennoch darauf abzielte, die Beihilferückzahlung gemäß der Entscheidung [vom 11. Dezember] 2002 zu umgehen, und dass [NOA] zumindest für die Zwecke der Rückzahlung von staatlichen Beihilfen aus der Zeit vor der Teilung ein Nachfolgeunternehmen von [OA] ist.“ 121    Zum Nachweis dafür, dass NOA für die Zwecke der Rückforderung der streitigen, an OA gezahlten Beihilfe Nachfolgerin von OA geworden ist, hat sich die Kommission darauf beschränkt, die Punkte darzustellen, auf die der Gerichtshof in seinem Urteil vom 12. Mai 2005 seine Schlussfolgerung gestützt hat, dass zwischen OA und NOA für die Zwecke der Rückforderung der in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 genannten Beihilfen eine wirtschaftliche Kontinuität bestehe. Auf der Grundlage dieser Punkte kam die Kommission im 183. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich zu dem Schluss, dass die Verpflichtung zur Rückforderung auf NOA auszudehnen sei, insbesondere was die OA vor der Spaltung gewährte streitige Beihilfe betreffe. 122    Zudem hat die Kommission im Rahmen der Beurteilung der Vereinbarkeit der NOA gewährten Beihilfen in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 216 und 217) darauf hingewiesen, dass, soweit NOA zum Zweck der Rückforderung der Beihilfen Nachfolgerin von OA sei, die neue NOA gewährte Beihilfe nicht für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden könne, solange die Beihilfen aus der Zeit vor der Spaltung nicht zurückgefordert worden seien. 123    Aus dieser Prüfung der angefochtenen Entscheidung ergibt sich, dass es ohne Weiteres möglich ist – auch wenn die Kommission im verfügenden Teil dieser Entscheidung die Begünstigten, von denen die in Art. 1 Abs. 4 genannte Beihilfe aus der Zeit vor der Spaltung zurückzufordern war, leider nicht namentlich bezeichnet hat –, anhand der Begründung dieser Entscheidung festzustellen, dass NOA für die Zwecke der Rückforderung dieser Beihilfe als Nachfolgerin von OA anzusehen ist. 124    In diesem Zusammenhang ist Art. 2 der angefochtenen Entscheidung in Verbindung mit der vorstehend genannten Begründung dieser Entscheidung und insbesondere im Licht des Urteils vom 12. Mai 2005 eindeutig zu entnehmen, dass die Kommission der Hellenischen Republik die Verpflichtung auferlegt hat, die OA vor der Spaltung gewährte Beihilfe nicht nur von dieser Gesellschaft, sondern gegebenenfalls auch von NOA zurückzufordern. 125    Art. 2 der angefochtenen Entscheidung, der die Rückforderung der in Art. 1 dieser Entscheidung genannten Beihilfe vorsieht, ist folglich dahin auszulegen, dass er die Rückforderung der vor der Spaltung gewährten Beihilfe von OA oder NOA anordnet, wobei die Aufteilung der Rückzahlungsverpflichtung zwischen diesen beiden Gesellschaften bei der Durchführung der genannten Entscheidung festzulegen ist. 126    Was nämlich die Aufteilung der Rückzahlungsverpflichtung zwischen den Empfängern einer Beihilfe betrifft, ist festzustellen, dass in einer Entscheidung, mit der die Unvereinbarkeit einer Beihilfe festgestellt und ihre Rückforderung angeordnet wird, die Kommission nicht verpflichtet ist, näher auszuführen, in welchem Maß jedem einzelnen Empfängerunternehmen der Betrag der fraglichen Beihilfe zugute gekommen ist. Es ist Aufgabe des betreffenden Mitgliedstaats, den Betrag zu ermitteln, der von jedem dieser Unternehmen bei der Rückforderung der Beihilfe zurückzuzahlen ist. Bei unvorhergesehenen Schwierigkeiten kann dieser Staat seine Schwierigkeiten der Kommission unterbreiten, und diese und der Staat müssen im Rahmen der u. a. in Art. 10 EG verankerten Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit redlich zusammenwirken, um diese Schwierigkeiten zu überwinden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 11. Mai 2005, Saxonia Edelmetalle und ZEMAG/Kommission, T‑111/01 und T‑133/01, Slg. 2005, II‑1579, Randnr. 124). 127    Dieses Ergebnis wird durch das Urteil vom 12. Mai 2005 bestätigt, in dem der Gerichtshof das rein wirtschaftliche Kriterium der Wiederherstellung eines unverfälschten Wettbewerbs in dem betreffenden Sektor betont und implizit die Möglichkeit einer nur subsidiären Erstattungspflicht von NOA anerkennt. In diesem Urteil hat sich der Gerichtshof nämlich darauf beschränkt, die Pflichtverletzung festzustellen, und er hat es den zuständigen nationalen Behörden und der Kommission überlassen, im Rahmen ihrer gegenseitigen Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit die Aufteilung der Rückzahlungsverpflichtung zwischen OA und NOA hinsichtlich der in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 genannten Beihilfen festzulegen. 128    Im vorliegenden Fall sind im Hinblick auf die Auslegung der angefochtenen Entscheidung in den vorstehenden Randnrn. 123 bis 125 die Begründung und die Richtigkeit der Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA für die Zwecke der Rückforderung der in Art. 1 Abs. 4 der angefochtenen Entscheidung genannten Beihilfe vor der Spaltung zu prüfen. Zur Beurteilung der Begründung und der Richtigkeit der in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Feststellung, NOA sei für die Zwecke der Rückforderung der streitigen Beihilfe Nachfolgerin von OA 129    Vor der Prüfung der Begründetheit der Klagegründe, in denen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑415/05 und T‑416/05 eine unzureichende Begründung und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler rügen, ist der von NOA erhobene Vorwurf der Unzulässigkeit neuer Verteidigungsmittel der Kommission, die zum einen einen behaupteten Willen der Hellenischen Republik, die Rückforderungsverpflichtung zu umgehen, und zum anderen eine behauptete Rechtswidrigkeit der Existenz von NOA betreffen (siehe oben, Randnr. 34), zurückzuweisen. 130    Der Gegenerwiderung ist klar zu entnehmen, dass die Kommission kein neues Verteidigungsmittel in dem Sinne geltend macht, die Hellenische Republik habe die Rückforderungsverpflichtung durch Umstrukturierung des Olympic-Airways-Konzerns und die Gründung von NOA umgehen wollen. Sie führt vielmehr das von ihr bereits in der angefochtenen Entscheidung und in der Klagebeantwortung geltend gemachte Argument aus, dass das Vorbringen der Klägerin, die Hellenische Republik habe diese Verpflichtung nicht umgehen wollen, nicht erheblich sei, da die oben genannte Umstrukturierung der Rückforderung der Beihilfen entgegenstehe. 131    Was das Vorbringen der Kommission betrifft, das Urteil vom 12. Mai 2005 wirke sich auf das Bestehen selbst von NOA aus, indem es diese als rechtswidrig bezeichne, so fügt sich dieses in den Rahmen der Erörterungen der Beteiligten über die rechtliche Tragweite dieses Urteils betreffend die Feststellung des durch die streitige Beihilfe tatsächlichen Begünstigten ein. 132    Da sich die Kommission bei der Prüfung der zwischen OA und NOA bestehenden Verbindung für die Feststellung, dass „[NOA] zumindest für die Zwecke der Rückzahlung von staatlichen Beihilfen aus der Zeit vor der Teilung ein Nachfolgeunternehmen von [OA] ist“ (183. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), insbesondere auf die vom Gerichtshof im Urteil vom 12. Mai 2005 berücksichtigten Punkte stützt, ist zur Begründetheit vorab die rechtliche Tragweite dieses Urteils im vorliegenden Fall klarzustellen. 133    Entgegen dem Vorbringen der Kommission vor dem Gericht kann dieses Urteil nur Rechtskraft in Bezug auf die Rückforderung der in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 genannten Beihilfen entfalten, da die festgestellte Vertragsverletzung gerade die Nichtdurchführung dieser Entscheidung betraf. 134    Insbesondere was die Feststellung des Vorliegens einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA für die Zwecke der Rückforderung der streitigen Beihilfe aus der Zeit vor der Spaltung betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass nicht alle Punkte vollkommen identisch sind, selbst wenn die maßgeblichen Umstände, die berücksichtigt werden können, im Wesentlichen dieselben sind, ob es sich um die in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 angeordnete Rückzahlung von Beihilfen oder um die in der angefochtenen Entscheidung angeordnete Rückzahlung der OA gewährten Beihilfen aus der Zeit vor der Spaltung handelt. Der Unterschied besteht darin, dass die Übertragung der Aktiva von OA auf NOA im Sektor Flugbetrieb, die so ausgestaltet war, dass eine Rückforderung der OA gewährten Beihilfen von NOA nicht mehr möglich war, nach dem Erlass der Entscheidung vom 11. Dezember 2002, aber vor Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens, das zum Erlass der angefochtenen Entscheidung am 14. September 2005 geführt hat, erfolgt ist. 135    Der Zeitpunkt der Übertragung von Aktiva auf die neue Gesellschaft gehört aber zu den Kriterien, die je nach Fall mit unterschiedlichem Gewicht berücksichtigt werden können. Aus der Rechtsprechung ergibt sich nämlich, dass für die Beurteilung, ob die Verpflichtung zur Rückzahlung der Beihilfe, die einer sich in Schwierigkeiten befindenden Gesellschaft gewährt worden ist, auf eine neue Gesellschaft, auf die die frühere Gesellschaft gewisse Vermögenswerte übertragen hat, ausgedehnt werden kann, wenn diese Übertragung die Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen beiden Gesellschaften erlaubt, die folgenden Punkte berücksichtigt werden können: der Gegenstand der Übertragung (Aktiva und Passiva, Fortbestand der Belegschaft, gebündelte Aktiva), der Übertragungspreis, die Identität der Aktionäre oder Eigentümer des erwerbenden und des ursprünglichen Unternehmens, der Zeitpunkt der Übertragung (nach Beginn der Untersuchung, der Verfahrenseinleitung oder der abschließenden Entscheidung) oder schließlich die ökonomische Folgerichtigkeit der Transaktion (Urteil Italien und SIM 2 Multimedia/Kommission, Randnrn. 78, 80 und 85). 136    Im vorliegenden Fall ist deshalb zu prüfen, ob, unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände des vorliegenden Falls, die Kommission, ohne die Grenzen ihres Ermessens zu überschreiten, die Argumentation des Gerichtshofs in seinem Urteil vom 12. Mai 2005 in der angefochtenen Entscheidung übernehmen durfte, um zu dem Schluss zu kommen, dass zwischen OA und NOA für die Zwecke der Rückforderung der streitigen Beihilfe eine wirtschaftliche Kontinuität besteht. 137    Was insbesondere das Kriterium des Zeitpunkts der Übertragung der Aktiva betrifft, dessen Inhalt und Bedeutung später genauer dargestellt werden (siehe unten, Randnr. 146), genügt zu diesem Zeitpunkt der Hinweis, dass im Urteil vom 12. Mai 2005 die Übertragung von Vermögenswerten der sich in Schwierigkeiten befindenden Gesellschaft OA auf die neue Gesellschaft NOA, um die Rückforderung der in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 genannten Beihilfen von der früheren Gesellschaft unmöglich zu machen, nach dem Erlass dieser Entscheidung erfolgte (siehe oben, Randnr. 134). In den oben angeführten Urteilen Italien und SIM 2 Multimedia/Kommission (Randnr. 77) und Deutschland/Kommission (Randnr. 71), auf die die Untersuchung im Urteil vom 12. Mai 2005 implizit gestützt wird (vgl. unten, Randnrn. 143 und 144), waren die von der Kommission geltend gemachten „Umgehungsgeschäfte“ während des förmlichen Prüfverfahrens oder zu einem Zeitpunkt vorgenommen worden, zu dem die nationalen Behörden über die Absicht der Kommission, ein Untersuchungsverfahren einzuleiten, informiert waren. 138    Im vorliegenden Fall wurde der Hellenischen Republik bereits am 8. September 2003 die Anordnung erteilt, Informationen zu allen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Umstrukturierung und Privatisierung von OA vorzulegen, die Beihilfen enthalten könnten. Folglich musste der Hellenischen Republik und OA bei der Gründung von NOA umso mehr bewusst sein, dass die Maßnahmen zugunsten von OA in der Zeit vor der Spaltung Gegenstand der Untersuchung der Kommission sein könnten und dass sie eine Fortsetzung bestimmter früherer Beihilfen waren, die in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 genannt waren und die OA in Form einer Duldung der Nichtzahlung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen gewährt wurden. 139    Unter diesen Umständen gilt unter Berücksichtigung der Ähnlichkeit des sachlichen Hintergrundes die Analyse des Gerichtshofs im Urteil vom 12. Mai 2005, nach der für die Wiederherstellung eines unverfälschten Wettbewerbs in dem betreffenden Wirtschaftssektor die Verpflichtung zur Rückforderung der OA gewährten Beihilfen auf NOA ausgedehnt werden konnte, auf die die rentabelsten Produktionsaktivitäten übertragen worden waren, aus den gleichen Gründen auch für die im vorliegenden Fall in Rede stehenden Beihilfen aus der Zeit vor der Spaltung. 140    Dementsprechend ist die von den Klägerinnen vorgeschlagene Auslegung des Urteils vom 12. Mai 2005, dass der Gerichtshof NOA für die Zwecke der Rückforderung der Beihilfe nicht als Nachfolgerin von OA angesehen hat, zurückzuweisen. 141    Im Urteil vom 12. Mai 2005 (Randnrn. 33 und 34) ist der Gerichtshof nämlich dem Vorbringen der Kommission gefolgt, wonach dadurch, dass die Maßnahme, die darin bestanden habe, die Aktiva der Flugbetriebssparte der Gesellschaft OA völlig schuldenfrei auf NOA zu übertragen, so ausgestaltet gewesen sei, dass die Einziehung der gegen die frühere Gesellschaft OA bestehenden Forderungen von der neuen Gesellschaft NOA nach nationalem Recht nicht möglich gewesen sei, „ein Hindernis für die tatsächliche Durchführung der Entscheidung [vom 11. Dezember 2002] und die Einziehung der Beihilfen errichtet worden [war], mit denen [die Hellenische Republik] die wirtschaftlichen Tätigkeiten dieser Gesellschaft unterstützt hatte“, und „[d]adurch … die Erreichung des mit [dieser Entscheidung] verfolgten Zweckes, im Sektor der zivilen Luftfahrt einen unverfälschten Wettbewerb wiederherzustellen, ernsthaft in Frage gestellt worden [war]“. 142    Indem der Gerichtshof die Notwendigkeit betont hat, die Wettbewerbssituation im Sektor der zivilen Luftfahrt wiederherzustellen, hat er NOA implizit als die tatsächliche Begünstigte der OA gewährten und in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 genannten Beihilfen bezeichnet, da diese Beihilfen für die frühere Fluggesellschaft OA dem Sektor Flugbetrieb zugute gekommen waren, der auf NOA übertragen wurde. 143    Im Licht der Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed (Slg. 2005, I‑3878, Nrn. 28 bis 36) ist das Urteil vom 12. Mai 2005 so zu verstehen, dass es für die Zwecke der mit der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 angeordneten Rückzahlung eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen OA und NOA betreffend die Flugbetriebssparte feststellt. Folglich konnte gegen die neue Fluggesellschaft NOA in ihrer Eigenschaft als Unternehmen, dem diese Beihilfen tatsächlich zugute gekommen sind, auf nationaler Ebene ein Verfahren zur Rückforderung der in der oben genannten Entscheidung genannten Beihilfen durchgeführt werden, um in dem betreffenden Wirtschaftssektor einen unverfälschten Wettbewerb wiederherzustellen. 144    Generalanwalt Geelhoed hat seine Analyse insbesondere auf das Urteil Italien und SIM 2 Multimedia/Kommission gestützt, in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass, wenn man einem Unternehmen, das sich in Schwierigkeiten befindet, erlauben würde, während des formellen Untersuchungsverfahrens über die Beihilfen, die es erhalten hat, eine Tochtergesellschaft zu gründen, auf die es dann seine rentabelsten wirtschaftlichen Tätigkeiten übertragen würde, letztlich jeder Gesellschaft die Möglichkeit zugestanden wäre, diese Aktiva dem Vermögen der Muttergesellschaft bei der Rückforderung der Beihilfen zu entziehen, was mit der Gefahr verbunden wäre, dass die Rückforderung dieser Beihilfen ganz oder teilweise wirkungslos würde. Damit die Entscheidung nicht wirkungslos bleibt und die Wettbewerbsverzerrung nicht fortdauert, kann die Kommission verlangen, dass die Rückforderung nicht auf das ursprüngliche Unternehmen beschränkt bleibt, sondern auf das Unternehmen erstreckt wird, das die Tätigkeit des ursprünglichen Unternehmens unter Einsatz der übertragenen Produktionsmittel fortsetzt, wenn bestimmte Elemente der Übertragung die Feststellung erlauben, dass die wirtschaftlichen Verbindungen zwischen den beiden Unternehmen bestehen bleiben (Nr. 33 der Schlussanträge). 145    Im vorliegenden Fall geht das Vorbringen der Hellenischen Republik und von NOA, das im Wesentlichen darauf gerichtet ist, die Tatsache zu bestreiten, dass die wichtigsten Aktiva von OA – die zur Flugbetriebssparte gehörten – vom größten Teil der Passiva befreit und nach Modalitäten, die die Rückforderung von dieser Gesellschaft unmöglich machten, auf NOA übertragen wurden, in Wirklichkeit dahin, die Analyse, auf die sich der Gerichtshof in einem Urteil vom 12. Mai 2005 gestützt hat, in Frage zu stellen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen haben sich im vorliegenden Fall die relevanten wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Elemente, die in diesem Urteil bereits berücksichtigt wurden, nicht geändert. Insbesondere trifft es zwar zu, dass der Gerichtshof in diesem Urteil ausgeführt hat, dass die Aktiva des Flugbetriebssektors „völlig schuldenfrei“ auf NOA übertragen worden seien, doch diese Erwägung – gestützt auf Informationen, die ihm von den Parteien geliefert worden waren – ist mit der Tatsache zu erklären, dass der Gerichtshof im Rahmen der Vertragsverletzungsklage, mit der er befasst war, nicht alle Modalitäten der Umstrukturierung des Olympic-Airways-Konzerns im Einzelnen zu prüfen hatte, insbesondere was die Übertragung eines sehr geringen Teils der Schulden auf NOA betrifft, wobei die gesamten langfristigen Schulden und 90 % der kurzfristigen Schulden bei OA verblieben sind. In diesem Zusammenhang ist der von den Klägerinnen im vorliegenden Fall geltend gemachte Umstand, dass bei OA die Bodenabfertigung, die Wartung und die Schulung verblieben sind und 10 % ihrer kurzfristigen Verbindlichkeiten, d. h. die Verbindlichkeiten von unter einem Monat, auf NOA übertragen worden sind, wie sich aus dem Bericht von Moore Stephens ergibt, nicht geeignet, die Analyse, die sich aus dem Urteil vom 12. Mai 2005 ergibt, zu ändern. 146    Außerdem sind entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen die Kriterien der Rechtsprechung für die Feststellung des durch eine Beihilfe tatsächlichen Begünstigten objektiver Natur. Es ergibt sich nämlich aus der Rechtsprechung, dass das Vorliegen einer wirtschaftlichen Kontinuität für die Zwecke der Rückzahlung der Beihilfe auf der Grundlage verschiedener objektiver Merkmale ermittelt werden kann, wie der fehlenden Zahlung eines den Marktbedingungen entsprechenden Preises für die übertragenen Aktiva oder des objektiven Umstands, dass mit der Übertragung die Pflicht zur Rückerstattung der streitigen Beihilfe umgangen wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Deutschland/Kommission, Randnr. 86, Urteile vom 12. Mai 2005, Randnrn. 32 bis 34, und Italien und SIM 2 Multimedia/Kommission, Randnr. 78). In dieser Hinsicht ergibt sich entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen aus dem Urteil CDA Datenträger Albrechts/Kommission nicht, dass eine Absicht vorliegen muss, um festzustellen, dass die Rückzahlungsverpflichtung durch die Übertragung der Aktiva umgangen wird. Auch bei dem Kriterium des Zeitpunkts der Übertragung der Aktiva (siehe oben, Randnrn. 135 bis 138) handelt es sich um ein objektives Kriterium, und es setzt keinen Umgehungswillen voraus. Es ist so zu verstehen, dass der Zeitpunkt der Übertragung gegebenenfalls ein Hinweis auf eine tatsächliche Umgehung sein kann. 147    In diesem Zusammenhang kann das Vorbringen der Klägerinnen, dass die Umstrukturierung des Olympic-Airways-Konzerns und die Übertragung der Flugbetriebssparte auf NOA durch die wirtschaftliche Logik einer effizienteren Rückforderung der OA gewährten Beihilfe mithilfe der Privatisierung von NOA zwingend geboten gewesen sei, nicht durchgreifen. 148    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Ziel der Verpflichtung zur Rückforderung der Beihilfe darin besteht, die Wettbewerbssituation in dem betreffenden Wirtschaftssektor wiederherzustellen, und nicht darin, der staatlichen Stelle zu ermöglichen, ihre Forderungen beizutreiben (vgl. in diesem Sinne Urteil Deutschland/Kommission, Randnr. 76). Die wirtschaftliche Logik der Übertragung der Aktiva ist folglich unter dem Gesichtspunkt der Wiederherstellung der Wettbewerbssituation in dem betreffenden Sektor zu prüfen. 149    Daraus folgt, dass das von den Klägerinnen geltend gemachte subjektive Element einer Umstrukturierung des Olympic-Airways-Konzerns und der Gründung von NOA zur Ermöglichung der Privatisierung, insbesondere von NOA, zu den besten Bedingungen und mit dem größtmöglichen Gewinn mit dem Ziel, die Rückzahlung der Beihilfen insbesondere mithilfe des Privatisierungserlöses sicherzustellen, jedenfalls nicht erheblich ist. 150    Der vorliegende Rechtsstreit steht im Zusammenhang mit besonderen Umständen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Umstrukturierung von OA und die Gründung von NOA nur vorläufige Maßnahmen darstellten, um die Privatisierung zu erleichtern. Die Übertragung der Flugbetriebssparte des Olympic-Airways-Konzerns auf NOA erfolgte abweichend von den allgemeinrechtlichen Bestimmungen durch Gesetz, und das Gesamtkapital dieser neuen Gesellschaft wurde direkt auf die Hellenische Republik übertragen. Unter diesen Umständen war wegen des Fehlens der Zahlung einer Gegenleistung durch einen neuen Erwerber, solange die Privatisierung der Fluggesellschaft nicht erfolgreich abgeschlossen war, nicht zu prüfen, ob der Betrag der OA vor der Spaltung gewährten Beihilfe als in einem den Marktbedingungen entsprechenden Kaufpreis enthalten angesehen werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 20. September 2001, Banks, C‑390/98, Slg. 2001, I‑6117, Randnr. 77, und vom 13. November 2008, Kommission/Frankreich, C‑214/07, Slg. 2008, I‑8357, Randnrn. 57 und 58). 151    Nach alledem kann darin, dass die Kommission für die Zwecke der Rückforderung der OA vor der Spaltung gewährten streitigen Beihilfe eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen OA und NOA festgestellt hat, kein offensichtlicher Beurteilungsfehler gesehen werden. 152    Im Übrigen ist die angefochtene Entscheidung ausreichend begründet. Die Kommission hat nämlich im Rahmen der Prüfung der Verbindung zwischen OA und NOA in den Erwägungsgründen 178 bis 183 dieser Entscheidung klar dargelegt, weshalb sie der Ansicht war, dass insbesondere im Licht des Urteils vom 12. Mai 2005 eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen OA und NOA für die Zwecke der Rückforderung der Beihilfen aus der Zeit vor der Spaltung bestand. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen die Beurteilung der wirtschaftlichen Logik der Gründung von NOA, die die Kommission im vorliegenden Fall vorgenommen hat, um die tatsächlichen Begünstigten der Beihilfe aus der Zeit vor der Spaltung zu ermitteln, von der Prüfung der Vereinbarkeit der Umstrukturierung als solcher mit dem Gemeinsamen Markt zu unterscheiden ist (siehe oben, Randnr. 99). Das Nichtvorliegen einer solchen Prüfung durch die Kommission ist folglich kein Anhaltspunkt für eine unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung. 153    Infolgedessen sind die Klagegründe, mit denen ein offensichtlicher Beurteilungsfehler und eine unzureichende Begründung gerügt werden, als unbegründet zurückzuweisen. 2.     Zu der NOA gewährten Beihilfe (Art. 1 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung) (Rechtssachen T‑415/05 und T‑416/05) 154    Die Hellenische Republik und NOA beantragen die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, soweit die Kommission in Art. 1 Abs. 1 dieser Entscheidung feststellt, dass NOA eine rechtswidrige Beihilfe in der Form gewährt wurde, dass die Mieten für das Subleasing von Flugzeugen niedriger waren als die von OA und der Hellenischen Republik für das Hauptleasing gezahlten Beträge. Die Klägerinnen stützen sich insoweit auf zwei Klagegründe, mit denen sie einen Verstoß gegen Art. 87 Abs. 1 EG und eine unzureichende oder fehlende Begründung hinsichtlich der Prüfung der Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 87 Abs. 1 EG zum einen in Bezug auf die Gewährung eines Vorteils im Hinblick auf das Kriterium des privaten Kapitalgebers und zum anderen in Bezug auf die Frage rügen, ob das streitige Verhalten von OA der Hellenischen Republik zuzurechnen ist. 155    Zunächst wenden sich die Klägerinnen dagegen, dass die Kommission eine behauptete wirtschaftliche Kontinuität zwischen OA und NOA zum Zweck der Einstufung der streitigen Maßnahmen berücksichtigt. a)     Zur Berücksichtigung einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA zum Zweck der Einstufung der streitigen Maßnahmen Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 156    Die Hellenische Republik und NOA tragen zunächst vor, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung die Maßnahmen zugunsten von OA und NOA getrennt untersucht. Die Kommission versuche dadurch, dass sie sich in ihren Klagebeantwortungen auf eine behauptete wirtschaftliche Kontinuität zwischen OA und NOA stütze – die nach Ansicht der Kommission dazu führe, dass die gegenüber NOA getroffenen Maßnahmen zum Zweck ihrer Einstufung als staatliche Beihilfen nicht autonom beurteilt werden könnten –, die unzureichende und fehlerhafte Begründung der angefochtenen Entscheidung durch eine neue Begründung zu ersetzen. Diese neue Begründung sei folglich unzulässig. 157    Außerdem sei es aufgrund der Widersprüche zwischen der angefochtenen Entscheidung und dem Vorbringen der Kommission vor dem Gericht nicht möglich, die Begründung dieser Entscheidung zu verstehen. Diese Widersprüche verletzten somit die Verteidigungsrechte der Klägerinnen, die gezwungen seien, unklare und widersprüchliche Positionen zu widerlegen. 158    Auf alle Fälle werde das neue Vorbringen der Kommission durch keinen Beweis gestützt, der die Feststellung des Vorliegens einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA erlaube. 159    In diesem Zusammenhang sind die Hellenische Republik und NOA der Ansicht, dass die streitigen Maßnahmen getrennt unter Berücksichtigung der jeweiligen Empfänger und nicht auf der Grundlage einer behaupteten wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA untersucht werden müssten. 160    Die Kommission, die in der Rechtssache T‑416/05 von Aeroporia Aigaiou unterstützt wird, die sich ihrem Vorbringen anschließt, erklärt, sie habe die in Rede stehenden Maßnahmen in der angefochtenen Entscheidung individuell untersucht und sie dabei in den allgemeinen Zusammenhang der Umstrukturierung von OA, in deren Rahmen sie erfolgt seien, eingeordnet. 161    Der Gerichtshof habe im Urteil vom 12. Mai 2005 eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen OA und NOA festgestellt. Die Abspaltung der Flugbetriebssparte habe diese Sparte von hohen Mieten befreit, die sie belastet hätten. Der Flugbetrieb von NOA werde somit von OA subventioniert, deren Defizite letztendlich von der Hellenischen Republik durch die Duldung der Schulden von OA gegenüber dem Staat und durch Zahlungen auf das Sonderkonto ausgeglichen würden. Die in Rede stehenden Maßnahmen müssten deshalb in diesem wirtschaftlichen Zusammenhang beurteilt werden. 162    Insbesondere die trotz der förmlichen Umwandlung des Konzerns andauernden finanziellen Schwierigkeiten sowohl von OA als auch von NOA und die zeitliche Nähe der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 erlaubten die Annahme, dass die in Rede stehenden Maßnahmen die Fortsetzung des Betriebs der von ihnen Begünstigten sicherstellten und dasselbe Ziel verfolgten wie die vorausgehenden Beihilfen. 163    Die Streithelferin betont, dass die Beurteilung der Frage, ob die streitigen Maßnahmen den Kriterien des privaten Kapitalgebers entsprächen, unter Berücksichtigung der Vorlaufzeit der Rentabilität der Investition zu erfolgen habe. Es sei deshalb unerlässlich, den gesamten Verlauf der Gewährung staatlicher Beihilfen an den Olympic-Airways-Konzern zu berücksichtigen. Würdigung durch das Gericht 164    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zum einen das Vorliegen einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA zum Zweck der Rückforderung der vor der Spaltung gewährten Beihilfen festgestellt hat (siehe oben, Randnrn. 68 bis 153) und zum anderen einige Maßnahmen zugunsten von NOA oder OA, die die Umwandlung des Olympic-Airways-Konzerns durch das Gesetz Nr. 3185/2003 im Hinblick auf seine Privatisierung begleitet hätten, als staatliche Beihilfen eingestuft hat. 165    Diese beiden Fragen sind völlig verschieden, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt (vgl. u. a. oben, Randnrn. 99 bis 101). Die Schlussfolgerungen in Bezug auf die Frage, ob wegen der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA Letztere auch durch die an OA vor der Spaltung gezahlten Beihilfen begünstigt wurde und sie deshalb zu deren Rückzahlung verpflichtet werden kann, sind folglich in Bezug auf die Einstufung der unmittelbar an NOA nach ihrer Gründung gezahlten Beihilfe im Hinblick auf Art. 87 Abs. 1 EG unerheblich. 166    Die Frage der Einstufung der neuen, NOA begünstigenden Maßnahmen ist deshalb von der Frage der Rückforderung von Beihilfen zu unterscheiden, die z. B. im Urteil Deutschland/Kommission (Randnrn. 71, 87 und 88) untersucht wurde, in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass die bloße Tatsache, dass eine neu gegründete Tochtergesellschaft die Tätigkeiten der sich in Liquidation befindenden Muttergesellschaft durch Pachtung ihrer Einrichtungen fortgesetzt hat, obwohl die Kommission geltend machte, dass sie keine Informationen erhalten habe, die es ihr ermöglicht hätten, zu beurteilen, ob der Pachtzins den Marktbedingungen entsprochen habe, noch kein Beweis dafür ist, dass die Pächterin von dem Wettbewerbsvorteil profitierte, der mit den Beihilfen verbunden war, die die Verpächterin vor der Gründung der Pächterin erhalten hatte. 167    Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den NOA begünstigenden streitigen Maßnahmen um die niedrige Miete, die diese Gesellschaft an OA und die Hellenische Republik für das Subleasing von Flugzeugen gezahlt hat. Die Kommission trägt im Wesentlichen vor, dass der Kontext dieser Maßnahmen, für den die wirtschaftliche Kontinuität zwischen OA und NOA und die finanzielle Unterstützung der Hellenischen Republik für OA, um die Fortsetzung des Flugbetriebs zu gewährleisten, kennzeichnend sei, berücksichtigt werden könne, um anzunehmen, dass die neuen Maßnahmen zugunsten von NOA auch eine staatliche Beihilfe darstellten. 168    Insoweit zeigt die Prüfung der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission für eine Reihe spezifischer Maßnahmen zugunsten von OA oder NOA, darunter auch die Höhe der Mieten, die NOA für das Subleasing von Flugzeugen gezahlt hat, eine individuelle Prüfung der Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 87 EG vornimmt (Erwägungsgründe 56, 57, 155 bis 161, 186, 188, 191 und 193 der angefochtenen Entscheidung). Aus dieser Entscheidung ergibt sich jedoch, dass sich diese getrennte Prüfung der einzelnen in Rede stehenden Maßnahmen zum Zweck ihrer Einstufung zwangsläufig in den allgemeinen Kontext der Umwandlung des Olympic-Airways-Konzerns einfügt, der in der Abspaltung des Flugbetriebs und dessen Übernahme durch die neue Fluggesellschaft NOA gemäß den Modalitäten, die u. a. im Gesetz Nr. 3185/2003 vorgesehen sind, besteht. Die Kommission analysiert unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen ihrer Gutachter zur im Dezember 2003 erfolgten Umstrukturierung des Olympic-Airways-Konzerns (Erwägungsgründe 110 bis 126 der angefochtenen Entscheidung) die Natur dieser Umstrukturierung, ohne sie jedoch selbst als staatliche Beihilfe einzustufen (Erwägungsgründe 178 bis 183 der angefochtenen Entscheidung), wie bereits ausgeführt worden ist (siehe oben, Randnr. 101). 169    Die Kommission macht somit zu Recht geltend, aus der angefochtenen Entscheidung ergebe sich, dass sie die streitigen Maßnahmen zugunsten NOA individuell untersucht (vgl. insbesondere Erwägungsgründe 186 und 188) und dabei in den allgemeinen Zusammenhang der Umstrukturierung von OA, in dessen Rahmen sie erfolgt seien, eingeordnet habe. 170    Unter diesen Umständen ist das Vorbringen der Kommission, dass das Bestehen einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA zu berücksichtigen sei, um die streitigen Maßnahmen nach Art. 87 Abs. 1 EG einzustufen, entgegen den Ausführungen der Klägerinnen keine neue Begründung, die die Begründung in der angefochtenen Entscheidung ersetzen soll. Ein solches Vorbringen kann deshalb nicht für unzulässig erklärt werden. 171    Außerdem ist entgegen den Ausführungen der Klägerinnen die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA durch die Kommission nicht als solche ein Widerspruch zur individuellen Untersuchung der streitigen Maßnahmen und macht die Begründung der angefochtenen Entscheidung nicht unverständlich. 172    Was im Übrigen die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA im Rahmen der Einstufung der streitigen Maßnahmen nach Art. 87 EG betrifft, ist anzumerken, dass nach ständiger Rechtsprechung die Kommission immer alle maßgeblichen Aspekte des streitigen Vorgangs und seinen Kontext prüfen muss, insbesondere bei der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers (Urteil des Gerichts vom 6. März 2003, Westdeutsche Landesbank Girozentrale und Land Nordrhein-Westfalen/Kommission, T‑228/99 und T‑233/99, Slg. 2003, II‑435, Randnr. 270; vgl. auch Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 2008, Ryanair/Kommission, T‑196/04, Slg. 2008, II‑3643, Randnr. 59). 173    Im vorliegenden Fall folgt daraus, das die Berücksichtigung des Bestehens einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA die Kommission nicht von ihrer Pflicht befreite, im Hinblick auf alle maßgeblichen Aspekte zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 87 Abs. 1 EG gegeben waren. 174    Im vorliegenden Fall war die Kommission berechtigt, den Kontext der streitigen Maßnahmen zu berücksichtigen, der zum einen durch die Gewährung von Umstrukturierungsbeihilfen und illegalen Beihilfen an die ehemalige Fluggesellschaft OA, die die Fortsetzung ihres Flugbetriebs ermöglichen sollten, und zum anderen durch die Umstrukturierung des Olympic-Airways-Konzerns im Jahr 2003 zum Zweck seiner Privatisierung sowie durch die Natur der Verbindung zwischen OA und NOA gekennzeichnet war. Die Kommission musste jedoch auch prüfen, ob die streitigen Maßnahmen im Hinblick auf das Kriterium des privaten Kapitalgebers normalen Handelsgeschäften in einer Marktwirtschaft entsprachen und sich somit von den oben genannten rechtswidrigen Beihilfen unterschieden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 17. Oktober 2002, Linde/Kommission, T‑98/00, Slg. 2002, II‑3961, Randnrn. 43 bis 54). 175    Unter diesen Umständen ist es nicht möglich, aufgrund der Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA anzunehmen, dass im Hinblick auf die nach der Spaltung anhaltenden wirtschaftlichen Probleme dieser beiden Gesellschaften die neuen, NOA begünstigenden Maßnahmen, die in der angefochtenen Entscheidung untersucht wurden, die logische Fortsetzung der oben genannten früheren Beihilfen darstellen und folglich auch zur Kategorie der staatlichen Beihilfen gehören. 176    Insoweit kann dem Vorbringen der Kommission, das auf das Urteil des Gerichts vom 15. September 1998, BP Chemicals/Kommission (T‑11/95, Slg. 1995, II‑3235, Randnrn. 171 und 176), gestützt ist, nicht gefolgt werden. Im Gegensatz zu den Umständen in dieser Rechtssache, bei der die in Rede stehenden Maßnahmen eine Reihe von Kapitaleinlagen waren, die ein öffentliches Unternehmen nach und nach bei seiner Tochtergesellschaft eingebracht hat, unterscheiden sich im vorliegenden Fall die Beihilfen, die NOA von OA und der Hellenischen Republik in der Form von Mieten für das Subleasing von Flugzeugen, die erheblich niedriger waren als diejenigen, die OA und die Hellenische Republik aufgrund der Hauptverträge zahlten, gewährt worden sein sollen, schon durch ihren Zweck und ihre Natur vollkommen von den staatlichen Beihilfen für OA, die in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 in Rede standen, und haben keinen Zusammenhang mit den letztgenannten Beihilfen. 177    Im Übrigen ist vor allem hervorzuheben, dass, selbst wenn die in Rede stehende Maßnahme im Anschluss an Maßnahmen gleicher Art erfolgt, die als staatliche Beihilfen angesehen wurden, dieser Umstand nach dem Urteil BP Chemicals/Kommission (Randnr. 170) nicht a priori ausschließt, dass diese Maßnahme das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers erfüllt. Es ist auf alle Fälle Sache des Unionsrichters, zu prüfen, ob diese Maßnahme unter Berücksichtigung der relevanten Merkmale vernünftigerweise von den vorausgehenden Beihilfen getrennt und im Hinblick auf die Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers als eigenständige Maßnahme angesehen werden kann. 178    Im vorliegenden Fall war es somit Sache der Kommission, zu prüfen, ob die behaupteten Beihilfen für NOA die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 87 Abs. 1 EG erfüllten, und sich dabei nicht nur auf ihren Kontext, insbesondere die zeitliche Abfolge dieser Maßnahmen gegenüber den früheren Beihilfen für OA, und auf die andauernden wirtschaftlichen Schwierigkeiten der betroffenen Unternehmen zu stützen, sondern auf die Gesamtheit der tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte. b)     Zum Kriterium des privaten Kapitalgebers Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 179    Die Hellenische Republik und NOA berufen sich erstens auf einen offensichtlichen Beurteilungsfehler hinsichtlich der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers und zweitens auf einen Begründungsmangel der angefochtenen Entscheidung zu diesem Punkt. 180    Was den offensichtlichen Beurteilungsfehler betrifft, machen die Hellenische Republik und NOA geltend, die Untervermietung von Flugzeugen zu einem Mietzins, der niedriger war als die nach dem Hauptvertrag gezahlten Mieten, habe NOA keinerlei Vorteil verschafft, den dieses Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte. 181    Im vorliegenden Fall habe das Verhalten von OA dem eines privaten Wirtschaftsbeteiligten entsprochen, der – mit einem raschen Sinken der Mietpreise infolge der Krise auf dem internationalen Flugverkehrsmarkt nach den Ereignissen des 11. September 2001 konfrontiert und an die Verpflichtung gebunden, die in den Hauptverträgen geforderten Mieten zu zahlen, selbst wenn er diese Verträge einseitig kündigen würde – seine Verluste zu etwa 50 % reduziert hätte, indem er bereit gewesen wäre, seine Flugzeuge zu einem niedrigeren Preis als demjenigen, den er nach den vor der Krise bei einer anderen Wirtschaftslage geschlossenen Hauptverträgen gezahlt hätte, unterzuvermieten. 182    Außerdem hätte die Kommission zur Beurteilung der Frage, ob die Subleasing-Verträge NOA einen Vorteil verschafft hätten, alle zwischen OA und NOA geschlossenen Geschäftsvereinbarungen berücksichtigen müssen, was sie in der angefochtenen Entscheidung nicht gemacht habe. Aufgrund der in Rede stehenden Untervermietung sei OA von den Kosten für die Verwahrung, Wartung und Reparatur der Flugzeuge frei geworden. Ferner habe sie Wartungs- und Reparaturleistungen an Flugzeugen für NOA zu Marktpreisen ausgeführt (vgl. Erwägungsgründe 163 und 164 der Entscheidung). Von dem Gesamtbetrag von 99 Millionen Euro, den NOA im Jahr 2004 für Wartungsdienstleistungen an OA gezahlt habe, entfalle ein Betrag von 44 441 850 Euro auf 18 von OA an NOA untervermietete Flugzeuge. 183    Im Übrigen werfen die Klägerinnen der Kommission vor, sie habe die von NOA gezahlten Mieten nicht mit den Marktmieten verglichen. Ferner bestreiten sie die Behauptung der Kommission, NOA habe sehr wahrscheinlich zu Marktbedingungen keine Vermieter gefunden. Diese Behauptung werde durch keinen Beweis gestützt und durch die Umstände widerlegt. Insbesondere nach den Ereignissen des 11. September 2001 habe das Angebot an Flugzeugen die Nachfrage bei Weitem überstiegen, und die Mieten seien außergewöhnlich günstig gewesen. Ende 2003 sei die Nachfrage gleich null gewesen. Ab Mitte 2004 sei sie wieder angestiegen, was eine Erhöhung der Mieten bis zu 30 % am Ende des Jahres 2004 mit sich gebracht habe, ohne dass diese Mieten jedoch das Niveau von September 2001 erreicht hätten. Im vorliegenden Fall habe NOA im Übrigen im Juni 2004 einen Mietvertrag für ein Flugzeug des Typs B 737-300 mit einer marktüblichen Miete in Höhe von 130 000 USD für drei Jahre geschlossen. 184    Was die Leasingverträge für vier Flugzeuge Airbus A 340-300 betrifft, betonen die Hellenische Republik und NOA die Unterscheidung zwischen zum einen den Verträgen über die Untervermietung dieser Flugzeuge an NOA und zum anderen der Entscheidung der Hellenischen Republik, von ihrem Recht Gebrauch zu machen, im Rahmen dieser Verträge an die Stelle von OA zu treten, da die Kreditgeber damit gedroht hätten, die sofortige Inanspruchnahme der gesamten staatlichen Garantien in Höhe von 200 Millionen Euro zu fordern und da ein Risiko der Rückforderung der Flugzeuge durch die Leasinggeber bei OA bestanden habe. NOA habe keinen Vorteil daraus gezogen, dass die Hellenische Republik in den Leasingverträgen an die Stelle von OA getreten sei. 185    Die Kommission, die in der Rechtssache T‑416/05 von Aeroporia Aigaiou unterstützt wird, ist der Ansicht, dass nach der auf OA basierenden Gründung von NOA die Untervermietung von Flugzeugen durch OA an NOA zu erheblich niedrigeren Preisen als denjenigen, die nach den Hauptverträgen gezahlt worden seien, NOA von einem Teil ihrer Betriebskosten befreie, die somit von OA und letztendlich, wegen der Defizite von OA, von der Hellenischen Republik finanziert würden. Die angefochtene Entscheidung erwähne die hiermit OA und der Hellenischen Republik unmittelbar (186. Erwägungsgrund) und der Hellenischen Republik mittelbar (Erwägungsgründe 189 und 191) entstandenen Verluste. Demzufolge erfülle die streitige Maßnahme nicht das Kriterium des privaten Kapitalgebers. 186    Erstens berücksichtige das Kriterium des privaten Kapitalgebers nämlich die Wirkung der in Rede stehenden Maßnahmen auf den Begünstigten, indem es zu prüfen verlange, ob sie ihm nicht einen Vorteil verschafften, den er unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte. 187    Im vorliegenden Fall hätten die griechischen Behörden der Kommission im förmlichen Prüfverfahren nicht die nötigen Beweise übermittelt, obwohl diese angeordnet habe, alle Informationen vorzulegen, die für die Prüfung des Verfahrens der Umwandlung des Olympic-Airways-Konzerns sachdienlich seien. Dadurch, dass den griechischen Behörden diese Anordnung übermittelt worden sei, sei nach Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 die Beweislast auf sie übergegangen. Da die von den griechischen Behörden übermittelten Informationen sehr lückenhaft gewesen seien, habe die Kommission Gutachter mit der Durchführung von Kontrollen vor Ort beauftragt. Demzufolge kann nach Ansicht der Kommission die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nur aufgrund der Informationen, die ihr beim Erlass dieser Entscheidung vorgelegen hätten, beurteilt werden. 188    Zweitens führt die Kommission aus, dass, selbst wenn ihr die Informationen zu den auf dem Markt gezahlten Mieten rechtzeitig übermittelt worden wären, ein Vergleich der von NOA gezahlten Mieten mit den Marktmieten auf alle Fälle ohne Wirkung gewesen wäre. Es wäre nämlich nicht realistisch gewesen, einen solchen Vergleich vorzunehmen, da NOA sehr wahrscheinlich auf dem Markt keine anderen Vermieter gefunden hätte, die bereit gewesen wären, ihr ohne das Eingreifen der Hellenischen Republik Flugzeuge zu vermieten. 189    Diese Analyse werde dadurch untermauert, dass die Hauptvermieter, die wegen ihrer Forderungen gegenüber OA beunruhigt gewesen seien, gedroht hätten, die Verträge mit dieser Gesellschaft zu kündigen, die Flugzeuge zu verkaufen und die Sicherheiten sofort in Anspruch zu nehmen, und sie insoweit Bedingungen gestellt hätten, die mit höheren Kosten verbunden gewesen wären. Sie werde auch nicht durch den Umstand entkräftet, dass es NOA im Juni 2004 gelungen sei, einen operativen Mietvertrag zu schließen, da diese Gesellschaft unter dem „Schutz“ der Hellenischen Republik verblieben sei. 190    Dadurch, dass die Hellenische Republik in den vier Leasingverträgen die Rechtsstellung von OA übernommen und bei den Mietkosten eine Entlastung gewährt habe, habe sie die Fortsetzung der Mietverhältnisse und folglich die Aufrechterhaltung des Flugbetriebs ermöglicht. Es sei deshalb nicht erforderlich, die Differenz zwischen den hypothetischen Mieten und den von NOA an OA und die Hellenische Republik gezahlten Mieten zu berechnen. 191    Die Kommission betont außerdem, dass sie sich in der angefochtenen Entscheidung darauf beschränkt habe, die von OA und der Hellenischen Republik gewährte Entlastung bei den Kosten für die Miete von Flugzeugen als Beihilfe für NOA einzustufen, ohne diese Beihilfe ausdrücklich zu beziffern. 192    Unter diesen Umständen habe die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen insbesondere hinsichtlich der vier von der Hellenischen Republik an NOA untervermieteten Flugzeuge in der angefochtenen Entscheidung den Unterschied zwischen den in den Leasing- und Subleasingverträgen jeweils vorgesehenen Gegenleistungen nicht außer Acht gelassen. Diese Unterscheidung sei jedoch nur für die Berechnung der Höhe der Beihilfen relevant, und es sei nicht notwendig gewesen, sich darauf zu beziehen, um zu beweisen, dass ein Teil der Mieten vom Staat getragen worden sei. 193    Die Kommission präzisiert, dass die Beträge von 37 Millionen Euro und 2,75 Millionen Euro, die in Art. 1 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung genannt seien, nicht zwangsläufig der Beihilfe entsprächen, sondern die Höhe der von OA und der Hellenischen Republik jeweils erlittenen Verluste angäben. Die Höhe der Beihilfe müsse im Rahmen der Erörterungen zwischen der Kommission und den griechischen Behörden gemäß dem in Art. 10 EG verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit bestimmt werden. Es sei nicht ausgeschlossen, dass dieser Betrag höher als die oben genannten Verluste sei. 194    Unter Berücksichtigung all dieser Punkte sei die angefochtene Entscheidung in Bezug auf die Gewährung eines Vorteils an NOA, der sich aus der Miethöhe ergebe, ausreichend begründet (Erwägungsgründe 186 und 188). Es sei nicht erforderlich gewesen, die Beihilfe durch Vergleich der von NOA gezahlten Miete mit den Marktmieten zu beziffern. Jedenfalls hätten die griechischen Behörden der Kommission nicht die dafür erforderlichen Informationen geliefert. 195    In der Rechtssache T‑416/05 bestreitet Aeroporia Aigaiou als Streithelferin der Kommission aus zwei Gründen, dass das Verhalten von OA und der Hellenischen Republik dem Kriterium des privaten Wirtschaftsbeteiligten entspreche. Erstens hätte ein privater Kapitalgeber versucht, die Flugzeuge vorrangig an eine gesunde Fluggesellschaft zu vermieten und ihr dabei die auf dem Markt geltenden Bedingungen aufzuerlegen, um die rechtzeitige Zahlung der Mieten sicherzustellen, anstatt an NOA, gegenüber der es keinerlei Möglichkeit zur Zwangsvollstreckung gegeben habe. Schließlich nehme es kein privater Kapitalgeber hin, sich von seiner einzigen potenziell rentablen Betriebssparte zu trennen. 196    Zweitens trägt die Streithelferin vor, die Folgen des Fortbestehens eines Mietvertrags für Flugzeuge, der bei einer günstigen Wirtschaftslage zu einem hohen Mietpreis für einen langen Zeitraum geschlossen worden sei, gehörten zum üblichen Geschäftsrisiko von Fluggesellschaften. Folglich liege, soweit NOA Nachfolgerin von OA sei und demselben Konzern angehöre, allein deshalb, weil sie nicht die hohen Mieten tragen müsse, eine staatliche Beihilfe in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen den nach dem Hauptvertrag gezahlten Mieten und denjenigen, die im Rahmen der Untervermietung gezahlt wurden, vor, ohne dass die von NOA gezahlten Mieten mit dem Marktpreis zu vergleichen wären. 197    Außerdem bezweifelt Aeroporia Aigaiou, dass die von NOA gezahlten Mieten dem Marktpreis entsprächen. Sie weist darauf hin, dass sie im Rahmen eines Vertrags vom 14. Dezember 2006 700 000 Euro an eine Flugzeugvermietungsgesellschaft für die Miete eines Flugzeugs zahle, dessen Marktwert etwa 50 % unter dem eines Flugzeugs des von NOA gemieteten Typs liege. Würdigung durch das Gericht 198    Nachdem die streitige Beihilfe und die durch das Vorbringen der Parteien aufgeworfenen Fragen festgestellt worden sind, werden die im vorliegenden Fall für die Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers relevanten Punkte zu prüfen sein, bevor die Frage der Beweislastverteilung in Bezug auf die Einhaltung der Verfahrenspflichten im Verwaltungsverfahren durch die Parteien behandelt wird. –       Zur Feststellung der streitigen Beihilfe 199    Aus Art. 1 Abs. 1 und den Gründen der angefochtenen Entscheidung ergibt sich ausdrücklich, dass die Kommission nur festgestellt hat, dass es zum einen eine staatliche Beihilfe dargestellt habe, dass OA im Jahr 2004 für die Untervermietung von Flugzeugen an NOA Mieten akzeptiert habe, die niedriger gewesen seien als die von OA im Rahmen der operativen Hauptmietverträge gezahlten Mieten (vgl. insbesondere die Erwägungsgründe 158 und 186), und zum anderen, dass die Hellenische Republik ab dem Zeitpunkt ihrer Übernahme dieser Verträge von OA bis Mai 2005, dem Zeitpunkt der von den Gutachtern der Kommission vor Ort durchgeführten Kontrolle (vgl. u. a. die Erwägungsgründe 160 und 186), Mieten akzeptiert habe, die niedriger gewesen seien als diejenigen, die sie aufgrund der Leasingverträge gezahlt habe. Die angefochtene Entscheidung betrifft somit nicht ausdrücklich die Verluste, die OA aufgrund der Leasingverträge vor der Vertragsübernahme durch die Hellenische Republik sowie aufgrund der operativen Hauptmietverträge vom 12. bis 31. Dezember 2003 und vom 1. Januar bis 14. September 2005, dem Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung, entstanden sind. Sie bezieht sich auch nicht ausdrücklich auf die Verluste der Hellenischen Republik von Mai bis zum 14. September 2005. Diese Auslegung der angefochtenen Entscheidung wird durch das Urteil vom 14. Februar 2008, Kommission/Griechenland (Randnr. 42), bestätigt, in dem der Gerichtshof ausführt, dass die Beträge, „die die Zahlungen für die Untermiete von Flugzeugen … betreffen, in [Art. 1 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung] bestimmt sind“, der sich gerade auf die Verluste von OA im Jahr 2004 und diejenigen der Hellenischen Republik bis Mai 2005 bezieht. 200    In der angefochtenen Entscheidung (vgl. u. a. die Erwägungsgründe 186 und 188 sowie Art. 1 Abs. 1 des verfügenden Teils) stützte sich die Kommission unter Zugrundelegung des Berichts von Moore Stephens ausschließlich auf die Verluste, die OA und der Hellenischen Republik durch die Untervermietung von Flugzeugen an NOA zu einem Mietzins, der erheblich niedriger war als der aufgrund der Hauptverträge gezahlte Mietzins, entstanden sind. Insoweit bestreiten die Klägerinnen nicht, dass sich diese Verluste aus der Differenz zwischen den Hauptmieten und den von NOA gezahlten Mieten, was OA anbelangt, für die Untervermietung von Flugzeugen an NOA im Jahr 2004 auf einen Gesamtbetrag von 37,6 Millionen Euro beliefen, d. h. 55 % der Mieten, die aufgrund der Hauptverträge gezahlt wurden. Was die Verluste der Hellenischen Republik betrifft, so belaufen sich diese nach den Feststellungen der Gutachter der Kommission auf einen Betrag zwischen 250 000 Euro und 350 000 Euro monatlich für jedes der vier Flugzeuge, das sie an NOA untervermietete, nachdem sie in den Leasingverträgen an die Stelle von OA getreten war. Die Differenz zwischen der von NOA für diese vier Flugzeuge gezahlten Miete und derjenigen, die von der Hellenischen Republik aufgrund der Leasingverträge gezahlt wurde, belief sich nach den Angaben der Kommission bis Mai 2005 auf einen Gesamtbetrag von 2,75 Millionen Euro, der von den Klägerinnen nicht bestritten wird. 201    Was die Untervermietung von Flugzeugen durch OA an NOA betrifft, so ergibt sich aus dem Bericht von Moore Stephens und aus der angefochtenen Entscheidung (vgl. u. a. 155. Erwägungsgrund) und es wurde von NOA in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass diese Gesellschaft am Anfang, bei ihrer Gründung, 23 Flugzeuge von OA mietete. Diese Zahl verringerte sich dann auf 22, nachdem ein operativer Vertrag zwischen OA und dem Hauptvermieter bei Ablauf dieses Vertrags im März 2005 nicht mehr verlängert wurde. 202    Was die 22 oben genannten von OA an NOA untervermieteten Flugzeuge betrifft, ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung und dem Bericht von Moore Stephens und ist unstreitig, dass 18 dieser Flugzeuge von OA im Rahmen eines operativen Mietvertrags und vier im Rahmen von Leasingverträgen gehalten wurden. Aus dem oben genannten Bericht ergibt sich und es wurde von den Verfahrensbeteiligten in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass die Hellenische Republik am 17. Dezember 2004 bei zwei dieser Leasingverträge und im April 2005 bei den beiden anderen an die Stelle von OA getreten ist. –       Zur Bestimmung der streitigen Fragen im Hinblick auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung und auf das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 203    In diesem tatsächlichen Zusammenhang hat sich die Kommission darauf beschränkt, in der angefochtenen Entscheidung die von NOA für die Untervermietung der Flugzeuge gezahlten Mieten mit denjenigen zu vergleichen, die aufgrund der Hauptverträge gezahlt wurden. Das Fehlen eines Vergleichs zwischen den streitigen, von NOA gezahlten Mieten und den marktüblichen Mieten wird im Bericht von Moore Stephens bestätigt. In diesem Bericht, auf den sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung gestützt hat, weisen die Gutachter nämlich darauf hin, dass ihnen in der Zeit, die sie für ihre Arbeit zur Verfügung gehabt hätten, eine unabhängige Beurteilung der Höhe der Mieten auf dem Markt der Vermietung von Flugzeugen nicht möglich gewesen sei. 204    Vor dem Gericht räumt die Kommission jedoch ein, dass die Höhe der Beihilfen nicht den in Art. 1 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Verlusten von OA und der Hellenischen Republik entsprächen, sondern der Differenz zwischen der von NOA gezahlten Miete und den Marktmieten. 205    Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen und die Begründungspflicht verletzt zu haben, indem sie es u. a. unterlassen habe, im Rahmen der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers die von NOA gezahlte Miete mit den Marktmieten zu vergleichen. 206    Die Kommission bestreitet nicht, dass sich die Marktverhältnisse für die Vermietung von Flugzeugen zwischen dem Zeitpunkt des Abschlusses der Hauptverträge, der vor den Ereignissen des 11. September 2001 lag, und dem in der vorliegenden Rechtssache betrachteten Zeitraum beträchtlich geändert haben. Insoweit nimmt sie nicht zu dem Bericht „Studie über die Höhe der Marktmieten im Zusammenhang mit NOA“ vom 15. November 2005 Stellung, der von der Beraterfirma „Aviation Economics“ im Auftrag von NOA erstellt worden ist. Sie zieht auch nicht das Vorbringen der Klägerinnen in Zweifel, dass OA nach den Hauptverträgen verpflichtet gewesen wäre, bei einseitiger Kündigung dieser Verträge eine Entschädigung in Höhe der geforderten Mieten zu zahlen. 207    Nach Ansicht der Kommission kann im vorliegenden Fall durch die in der angefochtenen Entscheidung festgestellte Differenz zwischen den auf der Grundlage der Hauptverträge und den von NOA gezahlten Mieten deutlich gemacht werden, dass OA und die Hellenische Republik NOA eine Ermäßigung der Mietkosten für Flugzeuge gewährten. Der entscheidende Punkt sei die „Übernahme dieses Differenzbetrags der Mieten durch eine sich in Schwierigkeiten befindende Gesellschaft, die zur Rückzahlung der Beihilfen verpflichtet ist“. 208    Insoweit führt die Argumentation der Kommission, dass der Flugbetrieb von NOA durch OA subventioniert werde, deren Defizite letzten Endes von der Hellenischen Republik gedeckt würden, der somit ein mittelbarer Schaden entstehe, entgegen dem Vorbringen der Klägerin (siehe oben, Randnr. 34) nur die Ausführungen der Kommission in der Klagebeantwortung fort und kann nicht als neuer Klagegrund angesehen werden. 209    Außerdem macht die Kommission im Wesentlichen nur geltend, dass es nicht ihre Aufgabe gewesen sei, einen Vergleich zwischen den streitigen von NOA gezahlten Mieten und den Marktpreisen vorzunehmen, weil die griechischen Behörden trotz ihrer Anordnung, Informationen vorzulegen, nicht die erforderlichen Beweise übermittelt hätten. Außerdem gehe dieser Vergleich ins Leere, da NOA höchstwahrscheinlich ohne das Eingreifen der Hellenischen Republik keine anderen Vermieter gefunden hätte. 210    Im Hinblick auf dieses Vorbringen der Verfahrensbeteiligten sind die maßgeblichen Gesichtspunkte für die Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers in Bezug auf die streitigen Maßnahmen zu ermitteln, bevor die jeweiligen Verfahrenspflichten der Parteien im Verwaltungsverfahren und die Beweislastverteilung im vorliegenden Fall geprüft werden. –       Zu den im vorliegenden Fall für die Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers maßgeblichen Gesichtspunkten 211    Aus Art. 87 Abs. 1 EG folgt, dass der Beihilfebegriff ein objektiver Begriff ist, der sich nur danach bestimmt, ob eine staatliche Maßnahme einem oder bestimmten Unternehmen einen Vorteil verschafft oder nicht (Urteil des Gerichts vom 27. Januar 1998, Ladbroke Racing/Kommission, T‑67/94, Slg. 1998, II‑1, Randnr. 52). 212    Insbesondere bei der Ermittlung, ob die in Rede stehenden Maßnahmen staatliche Beihilfen sein können, sind im Wesentlichen die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die begünstigten Unternehmen und nicht die Stellung der die Beihilfe gewährenden öffentlichen oder privaten Einrichtung zu berücksichtigen (Urteil des Gerichtshofs vom 22. März 1977, Steinike & Weinlig, 78/76, Slg. 1977, 595, Randnr. 21). 213    Es ist daher zu prüfen, ob durch die in Rede stehenden Maßnahmen dem begünstigten Unternehmen ein wirtschaftlicher Vorteil verschafft wird, den es unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte (vgl. Urteile Linde/Kommission, Randnr. 39, und Westdeutsche Landesbank Girozentrale und Land Nordrhein-Westfalen/Kommission, Randnr. 207 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Umstand, dass die Maßnahme für die Behörden oder das öffentliche Unternehmen, die die Beihilfe gewähren, sinnvoll ist, befreit nicht davon, diese Prüfung durchzuführen (vgl. in diesem Sinne Urteil Westdeutsche Landesbank Girozentrale und Land Nordrhein-Westfalen/Kommission, Randnr. 315; vgl. auch in diesem Sinne Urteil Linde/Kommission, Randnrn. 48 bis 54). 214    Daraus ergibt sich, wie die Kommission geltend macht, dass, selbst wenn man einräumt, dass die „Übernahme der Mietpreisdifferenz“ vernünftiger war als die Kündigung der Hauptverträge, eine vernünftige finanzielle Verwaltung der Flugzeuge durch OA und die Hellenische Republik, bei der die Verluste mittels Untervermietung dieser Flugzeuge an NOA und der folgenden Erbringung von Dienstleistungen an diese Gesellschaft zu Marktbedingungen reduziert werden, nicht ausreichen würde, damit dieses Verhalten dem Kriterium des privaten Kapitalgebers entspräche. Somit kann im Kontext der vorliegenden Rechtssache entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen der bloße Umstand, dass die Kommission es in der angefochtenen Entscheidung unterlassen hat, die gesamten behaupteten Vorteile, die sich für OA aus der Untervermietung ihrer Flugzeuge an NOA ergeben, zu prüfen, nicht der Schluss gezogen werden, dass dieses Organ das Kriterium des privaten Kapitalgebers nicht beachtet hat. 215    Dagegen betonen die Hellenische Republik und NOA zu Recht, dass es nach der oben genannten Rechtsprechung für die Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers erforderlich sei, die von NOA an OA und die Hellenische Republik gezahlten streitigen Mieten mit den Marktmieten zu vergleichen. 216    In dieser Hinsicht ist das Vorbringen der Kommission und von Aeroporia Aigaiou, ein solcher Vergleich sei irrelevant, zurückzuweisen. Erstens wird nämlich sowohl aus den Gründen als auch aus Art. 1 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung deutlich, dass die von dieser Entscheidung erfasste Beihilfe nicht in der eigentlichen Untervermietung von Flugzeugen durch OA und die Hellenische Republik an NOA besteht, sondern darin, dass NOA niedrigere Mieten zahlte, als diese Vermieter aufgrund der Hauptmietverträge oder der Leasingverträge zahlten. Das Vorbringen der Kommission, für NOA wäre es nicht möglich gewesen, ohne Unterstützung der Hellenischen Republik auf dem Markt Flugzeuge zu mieten, ist somit im vorliegenden Fall unerheblich. 217    Unter diesem Aspekt stellen sich im vorliegenden Rechtsstreit andere Fragen als diejenigen, die z. B. im Urteil vom 5. Oktober 2000, Deutschland/Kommission (C‑288/96, Slg. 2000, I‑8237, Randnrn. 30 bis 32 und 41), geprüft wurden, in dem der Gerichtshof die Möglichkeiten des Empfängers einer staatlichen Bürgschaft, den Kredit auf dem Kapitalmarkt ohne diese Bürgschaft zu erhalten, als Kriterium heranzieht. In dieser Rechtssache stand nämlich die Gewährung der Bürgschaft in Rede, während in der angefochtenen Entscheidung die als Beihilfen eingestuften Maßnahmen ausschließlich die Höhe von NOA verlangten Mieten betrafen. 218    Im vorliegenden Fall stellt die Kommission im Rahmen der Beurteilung der streitigen Maßnahmen (Erwägungsgründe 186 und 188 der angefochtenen Entscheidung) nicht in Frage, dass OA und die Hellenische Republik von NOA für die Bereitschaft, Flugzeuge an sie unterzuvermieten, eventuell keine ausreichenden Zahlungssicherheiten verlangten. Sie rügt auch nicht, dass OA nicht die Hauptmietverträge gekündigt hat, anstatt die Flugzeuge an OA unterzuvermieten. 219    Zweitens macht die Kommission, die nicht die Umstrukturierung des Olympic-Airways-Konzerns als solche prüft (siehe oben, Randnr. 101), der Hellenischen Republik auch nicht zum Vorwurf, dass sie bei der Gründung von NOA nicht vorgesehen habe, dass die Hauptmietverträge und die Leasingverträge auf diese übertragen würden. Folglich ist das Vorbringen von Aeroporia Aigaiou, dass sich das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe zugunsten NOA aus der bloßen Tatsache ergebe, dass diese das gewöhnliche, mit der Weitergeltung der Hauptmietverträge verbundene Geschäftsrisiko nicht zu tragen habe, unerheblich. 220    Schließlich stellt die Kommission in ihrer Beurteilung der streitigen Maßnahmen im Hinblick auf das Kriterium des privaten Kapitalgebers die Entscheidung der Übernahme der vier Leasingverträge von OA durch die Hellenische Republik nicht in Frage. Sie weist darauf hin, dass sich aus dem Bericht von Moore Stephens ergebe, dass die Hellenische Republik diese Entscheidung getroffen habe, um sowohl für OA als auch für sich als Bürgen kostspieligere Konditionen, die von den betroffenen Finanzinstituten (Hauptvermieter) bei der Abspaltung wegen der Ungewissheit hinsichtlich der Zukunft von OA und NOA auferlegt worden waren, zu vermeiden. Die Kommission betont nur den Ausnahmecharakter dieser Entscheidung unter Hinweis darauf, dass nach den Ausführungen der Gutachter ein gesetzgeberisches Tätigwerden für die Durchführung dieser Aktion erforderlich gewesen sei (vgl. 159. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 221    Selbst wenn man annimmt, dass das Vorbringen der Kommission, wonach im Wesentlichen die Untervermietung von Flugzeugen an NOA zu einem niedrigeren Mietzins als demjenigen, der nach den Hauptverträgen gezahlt worden sei, nur durch die Unterstützung der Hellenischen Republik ermöglicht worden sei, begründet war, hätte dies nach alledem die Kommission nicht von der Verpflichtung befreit, gemäß dem Kriterium des privaten Kapitalgebers zu prüfen, ob die von NOA gezahlten Mieten tatsächlich niedriger waren als diejenigen, die sie unter normalen Marktbedingungen in dem betreffenden Zeitraum gezahlt hätte. 222    Die Modalitäten der Umstrukturierung und die verschiedenen von der Kommission aufgeführten Stützungsmaßnahmen, die als solche in der angefochtenen Entscheidung nicht als staatliche Beihilfen eingestuft werden (siehe oben, Randnr. 101), stellen nur den Kontext dar, in den sich die behauptete Beihilfe einfügt, die in Form von Mietpreisen für die Untervermietung von Flugzeugen gewährt wurde, die unter den nach dem Hauptvertrag gezahlten Mieten lagen. Allein aufgrund dieses Kontexts, ohne andere stichhaltige Beweise, kann nicht angenommen werden, dass die von NOA für die Untermiete von Flugzeugen gezahlten Mieten unter den marktüblichen Mieten lagen. 223    Daraus folgt, dass im vorliegenden Fall entgegen dem Vorbringen der Kommission das Kriterium des privaten Kapitalgebers die Prüfung erforderlich machte, ob die von NOA gezahlten streitigen Mieten den unter normalen Marktbedingungen in dem betreffenden Zeitraum gezahlten Mieten entsprachen. –       Zur Beweislastverteilung und den jeweiligen Verfahrenspflichten der Kommission und des betroffenen Mitgliedstaats 224    Nach der Rechtsprechung oblag es der Kommission, in der angefochtenen Entscheidung den Nachweis der Gewährung neuer Beihilfen durch Vergleich der von NOA im vorliegenden Fall gezahlten streitigen Mieten mit den Marktmieten zu erbringen. Aus Art. 88 Abs. 2 und 3 EG folgt nämlich, dass die in Rede stehenden neuen Maßnahmen ohne einen solchen Nachweis nicht als staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 87 Abs. l EG angesehen werden können (Urteil des Gerichtshofs vom 13. April 1994, Deutschland und Pleuger Worthington/Kommission, C‑324/90 und C‑342/90, Slg. 1994, I‑1173, Randnr. 23). 225    Indessen ist die Anwendung dieser Beweislastregel abhängig von der Beachtung der jeweiligen Verfahrenspflichten durch die Kommission und den betreffenden Mitgliedstaat bei der Ausübung der Befugnis dieses Organs, den Mitgliedstaat zu veranlassen, ihm alle erforderlichen Angaben zu übermitteln (Urteil Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission, Randnr. 35). 226    Insbesondere ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Kommission berechtigt ist, eine Entscheidung auf der Grundlage der verfügbaren Informationen zu erlassen, wenn sich der Mitgliedstaat entgegen seiner Pflicht zur Zusammenarbeit mit der Kommission gemäß Art. 10 EG weigert, ihr die Informationen zu liefern, die sie verlangt hat, um entweder die Einstufung und die Vereinbarkeit einer neuen oder geänderten Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zu prüfen oder um die ordnungsgemäße Anwendung einer zuvor genehmigten Beihilfe nachzuprüfen. Vor dem Erlass einer solchen Entscheidung hat indessen die Kommission den Mitgliedstaat aufzufordern, ihr innerhalb der von ihr gesetzten Frist alle Unterlagen und Informationen zu übermitteln, die für ihre Kontrolle erforderlich sind. Erst wenn es der Mitgliedstaat trotz der Anordnung der Kommission unterlässt, die angeforderten Angaben zu übermitteln, ist diese befugt, das Verfahren abzuschließen und aufgrund der ihr zur Verfügung stehenden Informationen je nach Einzelfall eine Entscheidung über das Vorliegen und die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt oder eine Entscheidung zu treffen, in der die ordnungsgemäße Verwendung einer zuvor genehmigten Beihilfe festgestellt wird (vgl. Urteil Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission, Randnr. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). 227    Die oben genannten Verfahrenspflichten sind in Art. 2 Abs. 2, Art. 5 Abs. 1 und 2, Art. 10 und Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 übernommen und konkretisiert worden. 228    Es ist auch daran zu erinnern, dass nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 „[d]ie Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens … eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der geplanten Maßnahme durch die Kommission und Ausführungen über ihre Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt [enthält]“. 229    Diese Verfahrenspflichten obliegen dem betreffenden Mitgliedstaat und der Kommission, damit diese ihre Kontrolle auf der Grundlage hinreichend klarer und eindeutiger Informationen ausüben kann, wobei zugleich die Beachtung des Rechts des betreffenden Mitgliedstaats, gehört zu werden, sichergestellt werden muss. Nach ständiger Rechtsprechung ist nämlich die Wahrung der Verteidigungsrechte in einem Verfahren, das zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen kann, ein fundamentaler Grundsatz des Unionsrechts und daher auch dann sicherzustellen, wenn es keine einschlägigen Verfahrensregeln gibt (vgl. Urteil Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission, Randnr. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung). 230    Im Licht dieser Verfahrensgrundsätze ist zu prüfen, ob die Kommission im vorliegenden Fall berechtigt war, wie sie im Wesentlichen geltend macht, auf der bloßen Grundlage der ihr vorliegenden Informationen das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe anzunehmen, oder ob sie in Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers verpflichtet war, ihre Untersuchung fortzusetzen, um die von NOA gezahlten streitigen Mieten mit denjenigen, die sie unter normalen Marktbedingungen gezahlt hätte, zu vergleichen. 231    Zu diesem Zweck ist der Inhalt der Anordnung zur Auskunftserteilung und der Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens sowie der Erklärungen, die die Hellenische Republik vor dem Gericht abgegeben hat, zu prüfen. 232    Erstens hat die Kommission in der Anordnung zur Auskunftserteilung vom 8. September 2003 in Anwendung der Art. 5 und 10 der Verordnung Nr. 659/1999 gefordert, dass ihr alle für die Prüfung der Maßnahmen im Zusammenhang mit der Umstrukturierung und Privatisierung der Fluggesellschaft OA notwendigen Informationen übermittelt werden. Sie hat insoweit darauf hingewiesen, dass sie bei der Prüfung der Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt alle wesentlichen Fragen berücksichtigen müsse, gegebenenfalls auch den bereits in einer früheren Entscheidung untersuchten Kontext. 233    Aus dieser Entscheidung ergibt sich somit, dass die Anordnung bei Nichtanmeldung des Verfahrens der Privatisierung und der neuen Maßnahmen zur Umstrukturierung von OA, um ihre Privatisierung zu erleichtern, alle Umstände im Zusammenhang mit dieser Umstrukturierung und der Privatisierung betraf, die Elemente staatlicher Beihilfen enthalten konnten. Die Kommission forderte insbesondere die Übermittlung des Unternehmensplans von NOA, der Aktionärsstruktur, detaillierter Angaben zu ihren Aktiva und zu ihrer Finanzierung, einschließlich der Schulden, ihrer Rechtsstellung und ihres Steuerstatus sowie genauer Informationen in Bezug auf die mögliche Liquidation von OA und ihren Tochtergesellschaften. 234    Zweitens prüfte die Kommission in ihrer Entscheidung vom 16. März 2004 über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens vorab die Finanzlage von OA in den Jahren 2001 und 2002 unter Berücksichtigung der Rechnungsprüfung für diese beiden Steuerjahre, die sie erst im September und Dezember 2003 erhalten hatte. Die Höhe der Verluste von OA bestätigte die Beurteilung der Kommission in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002, dass die Hellenische Republik de facto die wichtigste Finanzierungsquelle dieser Gesellschaft geworden sei, ohne deren Unterstützung die Gesellschaft höchstwahrscheinlich ihre Tätigkeiten hätte einstellen müssen (Randnrn. 17, 26 und 29). 235    Was die eventuellen neuen Beihilfen aus der Zeit nach dem 11. Dezember 2002 betrifft, die im vorliegenden Fall allein in Rede stehen, war die Kommission in der Entscheidung vom 16. März 2004 der Ansicht, dass es sich bei OA und NOA „nach den Gemeinschaftsvorschriften auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen um ein und dasselbe Unternehmen“ handelt (Randnrn. 106 und 108). 236    Was insbesondere die von NOA betriebenen Flugzeuge betrifft, hat die Kommission in ihrer detaillierten Sachverhaltsdarstellung lediglich ausgeführt, dass die Umwandlungsbilanz von NOA, die in Anwendung des Gesetzes Nr. 3185/2003 im Auftrag der griechischen Behörden von der Beratungsgesellschaft Deloitte & Touche erstellt worden sei, zeige, dass bei 18 Flugzeugen, die OA oder Olympic Aviation gehörten, das Eigentum auf NOA übertragen worden sei. Was außerdem die Untervermietung von Flugzeugen durch OA an NOA betrifft, wies die Kommission darauf hin, dass Deloitte & Touche erklärt hätten, diese Untervermietung bedeute, dass OA allein gegenüber dem Charterer verantwortlich bleibe, und dass sie es NOA ermögliche, wie die griechischen Behörden selbst betont hätten, Staatsbürgschaften für die Anmietung von Flugzeugen und andere vertragliche Verpflichtungen zu erhalten, insbesondere Darlehensbürgschaften für den Kauf neuer Flugzeuge und den Umzug zum neuen Flughafen Spata, die von der Kommission in den Jahren 1998 und 2000 als Umstrukturierungsbeihilfen gebilligt und mit der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt worden seien (Randnr. 54 der Entscheidung vom 16. März 2004; siehe auch oben, Randnr. 6). Die Kommission betonte, dass es nach Ansicht der Berater der Regierung, der Gesellschaft Kantor, wichtig gewesen sei, dass NOA ihre Tätigkeit schon Ende 2003 beginne, insbesondere „um von den niedrigen Sätzen für den Kauf und das Chartern von Flugzeugen zu profitieren, und somit die Verbesserung und Erneuerung der Flotte zu ermöglichen“, und weil OA „erhebliche Schwierigkeiten haben dürfte, die Wintersaison 2003/2004 zu überleben“ (Randnr. 57). 237    Außerdem erwähnte die Kommission in dieser Entscheidung vom 16. März 2004, Aeroporia Aigaiou habe in ihrer Beschwerde geltend gemacht, dass die Übertragung der Aktiva von OA auf NOA unter Belassung aller Verbindlichkeiten bei OA eine staatliche Beihilfe darstelle. Die Kommission wies ebenso darauf hin, dass nach Ansicht der klagenden Gesellschaft die Charterer und die Finanzinstitute zwar die Übertragung von Flugzeugen von OA auf NOA hinnähmen, dass sie dies aber sehr wahrscheinlich nur gegen eine Staatsbürgschaft machten, die eine staatliche Beihilfe darstelle (Randnr. 76). 238    Die Prüfung der Anordnung zur Auskunftserteilung und der Entscheidung vom 16. März 2004 zeigt somit, dass sich die Kommission in diesen Entscheidungen zu keinem Zeitpunkt, und sei es auch nur implizit, auf die Höhe der Mieten, die von NOA an OA für die Untervermietung von Flugzeugen gezahlt wurden, bezogen hat. Die Anordnung zur Auskunftserteilung bezieht sich nur sehr allgemein auf die Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Verfahren der Umstrukturierung und Privatisierung von OA, bei denen es sich um staatliche Beihilfen handeln könnte. Was die Entscheidung betrifft, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, bezieht sich diese in dem Teil, in dem die in Rede stehenden Maßnahmen beurteilt werden, ausschließlich auf die Maßnahmen zugunsten von OA sowie auf das Privatisierungsverfahren, das in der angefochtenen Entscheidung nicht geprüft worden ist, sondern Gegenstand eines gesonderten Verfahrens war, das zum Erlass der Entscheidung der Kommission vom 17. September 2008 geführt hat, in der der Privatisierungsplan gebilligt wurde. 239    Insbesondere wird die Untervermietung von Flugzeugen von OA an NOA nur im beschreibenden Teil der Entscheidung vom 16. März 2004 unter dem Aspekt des Vorteils erwähnt, der sich für NOA aus den Bürgschaften ergibt, die der Staat OA für das Anmieten von Flugzeugen gewährt hat und die in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 für unvereinbar erklärt wurden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass in diesem Zusammenhang die eigentliche Untervermietung von Flugzeugen an NOA in der angefochtenen Entscheidung, die nur die Höhe der Mieten betrifft, nicht als Beihilfe eingestuft wird. 240    Dementsprechend ist festzustellen, dass die Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens nicht, wie Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 fordert, eine vorläufige Würdigung der von dieser Gesellschaft gezahlten Mieten im Hinblick darauf enthält, ob sie ein Beihilfeelement aufweisen. 241    In ihrer Stellungnahme vom 11. Juni 2004 zu dieser Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens hat die Hellenische Republik jedoch u. a. präzisiert, dass die von OA gemieteten Flugzeuge wegen der Entschädigungen, die OA bei einer Kündigung der Hauptmietverträge vor deren Ablauf den Vermietern hätte zahlen müssen, zum Marktpreis an NOA untervermietet worden seien. Diese Untervermietungen seien nur eine kurzfristige Lösung gewesen, da alle Hauptmietverträge (mit Ausnahme einiger weniger, die bald abliefen) künftig von NOA übernommen werden sollten. Dagegen würden die vier geleasten Flugzeuge weiterhin zum Marktpreis an NOA untervermietet. 242    Ferner ergibt sich aus dem Bericht von Moore Stephens, dass die Geschäftsleitung von NOA bei den Prüfungen vor Ort gegenüber den Gutachtern der Kommission den Unterschied zwischen den von dieser Gesellschaft für die Untermiete von Flugzeugen gezahlten Mieten und den von OA nach den Hauptmietverträgen und von der Hellenischen Republik nach den Leasingverträgen gezahlten Mieten damit rechtfertigte, dass die Mieten für die Untervermietung den Marktpreisen entsprächen und dass NOA bei anderen Vermietern Flugzeuge mieten könne, wenn ihr diese Untermieten nicht zum Marktpreis angeboten würden. 243    Im Übrigen ist unstreitig, dass die Hellenische Republik alle notwendigen Informationen in Bezug auf die Hauptverträge und die in Rede stehenden Untermietverträge, insbesondere die geforderten Mieten, übermittelt hat. Sie hat nur keinerlei Beweise für die Höhe der Miete, die den normalen Marktbedingungen im maßgeblichen Zeitraum entsprach, vorgelegt. 244    Es ist aber weder der Anordnung auf Auskunftserteilung noch der Entscheidung vom 16. März 2004 oder dem sonstigen Akteninhalt zu entnehmen und wird im Übrigen von der Kommission auch nicht vorgetragen, dass sie im Verwaltungsverfahren die Höhe der von NOA gezahlten Mieten auf irgendeine Art und Weise im Hinblick auf die Marktbedingungen in Frage gestellt und die Hellenische Republik aufgefordert hat, insoweit ergänzende Informationen zu liefern. 245    Außerdem weist die Hellenische Republik in ihrer Stellungnahme vom 26. Oktober 2004 zur Anordnung, alle Beihilfemaßnahmen auszusetzen, darauf hin, dass sie seit ihrer Stellungnahme vom 11. Juni 2004 über keine neue Ermittlungsmaßnahme von Seiten der Kommission unterrichtet worden sei und kein ergänzendes Auskunftsverlangen betreffend diese Stellungnahmen erhalten habe. 246    Unter diesen Umständen kann, da im Verwaltungsverfahren zum einen die Höhe der von NOA gezahlten Mieten nicht ausdrücklich in Frage gestellt wurde und zum anderen kein Auskunftsverlangen in Bezug auf die Übereinstimmung dieser Mieten mit den Marktpreisen gestellt wurde, nicht gerügt werden, die Hellenische Republik habe der Kommission keine ausreichenden Informationen vorgelegt, um ihr die Beurteilung der streitigen Maßnahmen in Kenntnis der Sache zu ermöglichen. 247    Im Übrigen trägt die Kommission vor dem Gericht jedenfalls nicht vor, dass sich die fehlenden Informationen hauptsächlich im Besitz der Hellenischen Republik befunden hätten. Sie bezieht sich nur auf die Informationen über die Marktpreise, die sie sich ohne Schwierigkeiten durch Veranlassung einer einfachen Marktstudie für den maßgeblichen Zeitraum beschaffen konnte. 248    In diesem Zusammenhang konnte sich die Kommission nicht von ihrer Pflicht befreien, nachzuweisen, dass die in Rede stehenden Mieten, die von NOA für die Untermiete der Flugzeuge gezahlt wurden, nicht den Marktpreisen entsprachen. Sie hatte zumindest Indizien auf der Grundlage tatsächlicher Gesichtspunkte vorzulegen, die die Hellenische Republik zu ergänzenden Erläuterungen zwingen konnten (vgl. entsprechend, hinsichtlich des Nachweises der Teilnahme eines Unternehmens an einem Kartell, Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg 2004, I‑123, Randnrn. 78 und 79). 249    Infolgedessen oblag es der Kommission gemäß ihrer Pflicht zu einer sorgfältigen und unvoreingenommenen Prüfung im Interesse einer ordnungsgemäßen Anwendung der grundlegenden Vorschriften des Vertrags über staatliche Beihilfen im Anschluss an den Bericht von Moore Stephens, ihre Ermittlungen fortzusetzen und ihre Untersuchung zu erweitern, um festzustellen, ob die von NOA gezahlten Mieten dem Kriterium des privaten Wirtschaftsbeteiligten entsprachen. Zu diesem Zweck hatte sie entweder eine Anordnung zur Erteilung weiterer Auskünfte über die von NOA gezahlten Mieten an die Hellenische Republik zu richten und dabei gemäß Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 659/1999 die angeforderten Auskünfte zu bezeichnen oder eine ergänzende Expertise erstellen zu lassen, um die Höhe der streitigen Mieten mit den Marktpreisen vergleichen zu können. 250    Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Beachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör erfordert, dass nicht von den griechischen Behörden stammende Informationen, die die Kommission bei Dritten eingeholt hat, von ihr nur zur Stützung der Feststellung des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe berücksichtigt werden können, nachdem diesen Behörden Gelegenheit gegeben worden ist, zu diesen Informationen Stellung zu nehmen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 10. Juli 1986, Belgien/Kommission, 234/84, Slg. 1986, 2263, Randnrn. 27 bis 29, und vom 14. Februar 1990, Frankreich/Kommission, C‑301/87, Slg. 1990, I‑307, Randnrn. 29 und 30). 251    Nach alledem genügt somit im vorliegenden Fall die Feststellung, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht, wie es das Kriterium des privaten Wirtschaftsbeteiligten erfordert, geprüft hat, ob die streitigen Mieten niedriger waren als die Marktpreise. Die angefochtene Entscheidung enthält keine Erwägung, mit der der von der Klägerin im Verwaltungsverfahren dazu vertretene Standpunkt entkräftet werden soll (siehe oben, Randnr. 241). Außerdem wird in dem detaillierten Arbeitsplan der Gutachter, der in dem Bericht von Moore Stephens dargestellt ist, auf den sich die angefochtene Entscheidung stützt, ausgeführt, dass sich die Untersuchungen nur auf das Risiko einer Untervermietung der Flugzeuge an NOA „zu künstlich niedrigen Mieten (obwohl diese Mieten auch dem Marktpreis entsprechen könnten)“ bezogen hätten. Es ist insoweit aber darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission – ohne im Übrigen dazu verpflichtet zu sein – zwar der Hilfe externer Experten bedienen kann, doch entbindet sie dies nicht davon, deren Arbeit zu begutachten (Urteil des Gerichts vom 16. September 2004, Valmont/Kommission, T‑274/01, Slg. 2004, II‑3145, Randnr. 72). 252    Daraus folgt, dass die Kommission dadurch, dass sie sich nur auf den Unterschied zwischen den einerseits von OA und der Hellenischen Republik für die Miete der Flugzeuge gezahlten Mieten und den andererseits von NOA für die Untermiete dieser Flugzeuge gezahlten Mieten stützt, um festzustellen, dass dieser Gesellschaft ein Vorteil verschafft worden sei, den sie unter normalen Marktbedingungen nicht gehabt hätte, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler bei der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers begangen hat. 253    Daraus folgt, dass der Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 87 Abs. 1 EG gerügt wird, begründet ist. Art. 1 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung ist folglich für nichtig zu erklären, ohne dass die Prüfung der Klagegründe, mit denen ein Begründungsmangel und die Zurechenbarkeit der in Rede stehenden Maßnahmen an den Staat geltend gemacht werden, erforderlich ist. Infolgedessen ist auch Art. 2 dieser Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit er zur Rückforderung der in Art. 1 Abs. 1 genannten Beihilfen verpflichtet. 3.     Zu den Beihilfen für OA a)     Zur Vorauszahlung des Betrags, um den die von OA auf NOA übertragenen Aktiva zu hoch bewertet waren (Art. 1 Abs. 2 der angefochtenen Entscheidung) (Rechtssachen T‑415/05 und T‑423/05) 254    Die Hellenische Republik und OA widersprechen der angefochtenen Entscheidung insoweit, als die Kommission in Art. 1 Abs. 2 die Gewährung einer rechtswidrigen, mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbaren Beihilfe in Höhe des Betrags feststellt, der der Überbewertung der Aktiva von OA, die auf NOA übertragen wurden, als diese neue Fluggesellschaft gegründet wurde, entspricht. 255    Die Klägerinnen machen einen Verstoß gegen Art. 87 Abs. 1 EG und einen Begründungsmangel geltend. Hilfsweise trägt die Hellenische Republik vor, dass, selbst wenn die in Rede stehende Maßnahme als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG eingestuft werden könnte, was sie bestreite, diese Maßnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar hätte erklärt werden müssen. Die angefochtene Entscheidung sei insoweit auch mit einem Begründungsmangel behaftet. Zum Verstoß gegen Art. 87 Abs. 1 EG und zur fehlenden Begründung (Rechtssachen T‑415/05 und T‑423/05) –       Vorbringen der Parteien 256    Die Hellenische Republik und OA tragen vor, dass die Kommission und ihre Gutachter die wirtschaftliche Logik nicht beachtet hätten, die der Umwandlung des Olympic-Airways-Konzerns zugrunde gelegen habe, die sie als einfache interne Umstrukturierung behandelt hätten. Grundlage des Privatisierungsverfahrens, für das sich die Hellenische Republik von 2003 an entschieden habe, sei die Abtrennung des Flugbetriebs des Olympic-Airways-Konzerns und die Gründung einer neuen autonomen Gesellschaft, NOA, die außerhalb des Olympic-Airways-Konzerns stand, gewesen, mit dem Ziel, ihren Wert zu maximieren und sie unmittelbar zu verkaufen. Diese Umwandlung sollte der Hellenischen Republik ermöglichen, den größtmöglichen Teil ihrer Investition in OA, die in den letzten zehn Jahren in Form der Zahlung von Umstrukturierungsbeihilfen erfolgt sei, zurückzufordern. 257    In diesem Zusammenhang habe die Kommission das Kriterium des privaten Kapitalgebers mit demjenigen des privaten Gläubigers verwechselt. Ein privater Kapitalgeber bewerte nämlich die Aussichten einer Sanierung des Unternehmens und fordere nicht bei der ersten Störung die Einleitung eines Insolvenzverfahrens für das Unternehmen, ohne dessen längerfristiges Potenzial zu berücksichtigen. 258    Auf der Basis der Umwandlungsbilanzen sei das Stammkapital von NOA auf ungefähr 130 Millionen Euro festgelegt worden. Die Hellenische Republik habe infolgedessen einen Betrag in dieser Höhe an OA gezahlt, von dem OA mehr als die Hälfte für die Zahlung von Abfindungen und zur Deckung von anderen Kosten im Zusammenhang mit der Entlassung von Arbeitnehmern infolge der Umwandlung verwendet habe. 259    Entgegen dem Vorbringen der Kommission sei OA durch diese vorweggenommene Zahlung kein Vorteil gewährt worden, weil sie nicht über den Wert der Vermögensgegenstände hinausgegangen sei, die dieser Gesellschaft entzogen worden seien. Weiter sei sie bis zum Erhalt des Betrags aus dem Verkauf von NOA und den anderen aus dem Olympic-Airways-Konzern hervorgegangenen Unternehmen vorläufiger Natur gewesen. 260    Demzufolge sei die angefochtene Entscheidung, was die Gewährung eines Vorteils an OA und die Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers betrifft, mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler und einem Begründungsmangel behaftet. 261    Die Klägerinnen machen geltend, im Zusammenhang mit der Umwandlung des Olympic-Airways-Konzerns müssten die auf NOA übertragenen Aktiva zu ihrem Marktwert bewertet werden. Sie betonen in dieser Hinsicht, dass, während der Wert der auf NOA übertragenen Aktiva von den Gutachtern der Kommission auf 38,5 Millionen Euro geschätzt worden sei, der Wert allein der Flugzeuge, die OA entzogen worden seien, auf der Grundlage eines Berichts von Airclaims mit mehr als 120 Millionen Euro bewertet worden sei. 262    Außerdem bestreiten die Klägerinnen, dass OA keinerlei Entschädigungsanspruch für ihre gesamten Rechte an Zeitnischen auf verschiedenen Flughäfen, insbesondere Heathrow (London, Vereinigtes Königreich), habe, wo der Verkauf von Rechten durch Fluggesellschaften diesen ungefähr 7 oder 8 Millionen Euro pro Zeitnische eingebracht habe, für die bilateralen Verträge, die sie geschlossen habe, sowie für ihre allgemein bekannte Handelsmarke und ihr Logo. 263    Insoweit führt OA aus, dass der in der Umwandlungsbilanz von OA eingetragene Goodwill von 30 Millionen Euro im Rahmen der Fusion durch die Übernahme des Flugbetriebs von OA und ihrer Tochtergesellschaft Olympic Aviation durch Macedonian Airways, jetzt NOA, gemäß dem griechischen Gesetz Nr. 2190/1920 über die Aktiengesellschaften in der Fassung des königlichen Dekrets Nr. 174/1963 (FEK A 37, im Folgenden: Gesetz Nr. 2190/1920) und dem Gesetz Nr. 3185/2003 sowie dem internationalen Rechnungslegungsstandard Nr. 3 „Unternehmensverbindungen“ (im Folgenden: IFRS 3) verbucht worden sei. Insbesondere nach Art. 43 Abs. 4 Buchst. b des Gesetzes Nr. 2190/1920 wird der „Geschäftswert des Unternehmens (Goodwill), der bei der Übernahme oder Fusion einer ganzen wirtschaftlichen Einheit geschaffen wird und der der Differenz zwischen dem Gesamtkaufpreis und dem tatsächlichen Wert der Aktiva entspricht, in das Konto ‚Geschäftswert des Unternehmens‘ der immateriellen Anlagewerte eingetragen und entweder pauschal oder gestuft zu gleichen Sätzen über mehrere Geschäftsjahre amortisiert, wobei die Dauer der Abschreibung fünf Jahre nicht überschreiten kann“. Darüber hinaus ergebe sich aus der griechischen Gesetzgebung, dass die in eine Aktiengesellschaft eingebrachten Sacheinlagen zu ihrem tatsächlichen Wert bewertet werden müssten und nicht zu den ursprünglichen Anschaffungskosten. 264    OA führt ergänzend aus, dass zwar die Bestimmung des Werts der auf NOA übertragenen Aktiva nicht dem Marktpreis dieser Aktiva entsprochen habe, aber der Verkauf von NOA zu einem niedrigeren Preis als dem Marktpreis eine staatliche Beihilfe für die potenziellen Käufer von NOA gewesen wäre und die Rechte der Gläubiger von OA verletzt hätte. 265    Bei einem Versuch, NOA zu privatisieren, der zu der Unterzeichnung eines Protokolls über ein Abkommen vom 5. August 2005 geführt habe, sei der Wert von NOA von einem privaten Kapitalgeber auf über 100 Millionen Euro geschätzt worden, was der buchmäßigen Bewertung vom 12. Dezember 2003 nach Abzug der Verluste von NOA entsprochen habe. 266    OA bestreitet das Vorbringen der Kommission in Bezug auf das Fehlen einer unabhängigen Rechnungsprüfung der Umwandlungsbilanzen. Diese Bilanzen seien gemäß dem Gesetz Nr. 3185/2003 vollständig von einem vereidigten Buchprüfer erstellt worden. 267    Hinsichtlich der Bewertung der Forderungen von NOA führt OA aus, der begleitende Bericht zur Eröffnungsbilanz von NOA weise darauf hin, dass jede Differenz zwischen den in der Eröffnungsbilanz aufgeführten Forderungen dieser neuen Fluggesellschaft und den letztlich beigetriebenen Beträgen den Konten von OA und Olympic Aviation gutgeschrieben oder belastet würde, so dass keine Auswirkungen auf das Nettovermögen von NOA vorlägen. Außerdem werfen die Klägerinnen der Kommission vor, die erwarteten Einnahmen aus dem künftigen Verkauf von zwei Flugzeugen, die noch in der Bilanz von OA eingetragen seien, nicht berücksichtigt zu haben. 268    Hinsichtlich der Behauptung der Kommission, die angefochtene Entscheidung lasse es zur Diskussion im Rahmen der loyalen Zusammenarbeit nach Art. 10 EG offen, in welcher Höhe die auf OA übertragenen Vermögensgegenstände überbewertet seien, weisen die Hellenische Republik und OA auf die Schwierigkeiten hin, die sich dabei ergeben hätten, die behauptete Beihilfe zu beziffern, um sie zurückzufordern. Sie verweisen darauf, dass nach griechischem Recht eine Forderung, wenn sie nicht bestimmt und beziffert sei, nicht einklagbar sei. Sie werfen der Kommission vor, nicht auf die Informationen geantwortet zu haben, die die griechischen Behörden ihr mit Schreiben vom 16. November 2005 übermittelt hätten, unter denen sich auch der Bericht von Deloitte & Touche vom 27. Oktober 2005 befunden habe, der eine Vielzahl von fehlerhaften Bewertungen von Seiten der Gutachter der Kommission in Bezug auf die Bezifferung der auf NOA übertragenen Vermögensgegenstände aufweise. Nach diesem Bericht von Deloitte & Touche spiegelten die von der Kommission vorgenommenen Anpassungen nicht die tatsächliche Vermögensstruktur und die finanzielle Situation von NOA nach der Umwandlung wieder, was im Widerspruch zu dem Gesetz Nr. 2190/1920 stehe, das eine Abweichung von seinen Bestimmungen erlaube, um ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild von der Lage eines Unternehmens zu geben. Die Gutachter der Kommission wiesen selbst darauf hin, dass „nicht alle Anpassungen vorgenommen worden seien, die bei einer Rechnungsprüfung erforderlich gewesen wären“ (Fn. 10 der angefochtenen Entscheidung). 269    Außerdem wirft OA der Kommission vor, es unterlassen zu haben, die relevanten Märkte zu bestimmen und die Wettbewerbsbedingungen auf diesen Märkten zu analysieren. Die Schlussfolgerung, die streitige Maßnahme verfälsche den Wettbewerb, sei nicht nur ohne Begründung, sondern auch falsch. 33 von 38 griechischen Flughäfen würden von OA auf der Grundlage von Gemeinwohlverpflichtungen bedient, und zwar ohne irgendeine Konkurrenz, und circa 30 dieser Flughäfen hätten kein geschäftliches Interesse. 270    Nach Ansicht der Kommission stellt die streitige Vorauszahlung als solche eine staatliche Beihilfe dar. Die Klägerinnen trügen keinen einzigen stichhaltigen Grund vor, auf den ein privater Kapitalgeber in Anbetracht der besonders schwierigen Situation von OA, die gekennzeichnet sei durch die jahrelange Beihilfegewährung an diese Gesellschaft, das Fehlschlagen der Umstrukturierungs- und Verkaufsversuche, die anhaltenden negativen Resultate und die Häufung von Schulden und Verlusten, eine ernsthafte und realistische Hoffnung stützen könne, aus dieser Vorauszahlung eine zufriedenstellende Rendite erzielen zu können. Die Privatgläubiger von OA wie die Flugzeugverleiher sowie die Banken ABN Amro und Crédit Lyonnais hätten sich eifrig darum bemüht, Sicherheiten von der Hellenischen Republik zu erhalten. Außerdem ergebe sich aus dem Bericht von Moore Stephens, dass die streitige Vorauszahlung dazu verwendet worden sei, Betriebskosten zu finanzieren, wie die Miete der an NOA untervermieteten Flugzeuge. 271    Die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung nur hilfsweise geprüft, ob die streitige Zahlung als eine Form der OA vom Staat gewährten Entschädigung für die auf NOA übertragenen Aktiva angesehen werden könne. 272    In dieser Hinsicht hätten die Gutachter der Kommission festgestellt, dass der streitige Betrag in Höhe von 130 Millionen Euro auf der Basis von Angaben ermittelt worden sei, die die Geschäftsleitung von OA an Deloitte & Touche übermittelt habe, ohne dass sie von unabhängigen Prüfern beurteilt worden seien. In ihrem Bericht über die finanzielle Lage von NOA für das Geschäftsjahr, das am 31. Dezember 2003 zu Ende gegangen sei, hätten die von den griechischen Behörden bestellten Buchprüfer ihre Vorbehalte zu den Eröffnungsbilanzen der Gesellschaft zum Ausdruck gebracht. 273    Die Gutachter der Kommission hätten den Wert des auf NOA übertragenen Nettovermögens nach einer unter Vorbehalt erfolgten Anpassung der Bilanz der Flugbetriebssparte auf 38,5 Millionen Euro geschätzt. Sie hätten sich auf die von den griechischen Behörden vorgelegten Buchhaltungsdaten gestützt und anerkannte Rechnungslegungsverfahren angewandt, insbesondere indem sie uneinbringliche Forderungen, den Erlös aus künftigen Verkäufen von Flugzeugen sowie den Geschäftswert abgezogen und den Gesamtbetrag der Verbindlichkeiten, die Abschreibung der Kosten der Flugzeuge sowie Prognosen hinsichtlich bestimmter Einnahmen und Ausgaben, insbesondere im Bereich der Steuern, berücksichtigt hätten. 274    Die Kommission, die von der Streithelferin unterstützt wird, bestreitet, dass die Umwandlung des Olympic-Airways-Konzerns einen eigenen Buchwert besitze. Die Klägerinnen würden die Definition des Begriffs „Geschäftswert“ in den Rechnungslegungsstandards verkennen. Gemäß dem Standard IFRS 3 Paragraf 51 sei der Geschäfts- oder Firmenwert der Unterschiedsbetrag zwischen den Anschaffungskosten eines Unternehmenserwerbs und dem Anteil des Erwerbers an den beizulegenden Zeitwerten der erworbenen identifizierbaren Vermögenswerte und Schulden. Man könne somit ohne freie Transaktion nicht objektiv vom Geschäftswert sprechen, wenn es sich wie im vorliegenden Fall nach Ansicht der Kommission um eine bloße interne Umstrukturierung des Olympic-Airways-Konzerns durch die Hellenische Republik handele. Insbesondere habe entgegen dem Vorbringen von OA weder eine wirkliche Fusion noch eine Übernahme vorgelegen, da es keinen Marktpreis gegeben habe, was eine notwendige Voraussetzung für das Vorliegen eines Geschäftswerts sei. 275    Außerdem erlaubten die Rechnungslegungsvorschriften nicht, immaterielle Vermögensgegenstände, deren tatsächlicher Wert nicht zuverlässig geschätzt werden könne, zu verbuchen. Insbesondere sei es beim Vorliegen einer künstlichen Umwandlungsbilanz auf der Grundlage bloßer Schätzungen der Geschäftsleitung von OA nicht möglich, das „tatsächliche Bild der Umwandlung“ zu bestimmen. 276    In der Gegenerwiderung in der Rechtssache T‑423/05 macht die Kommission geltend, OA erkläre in der Erwiderung erstmals, dass der Geschäftswert aus der Gesamtheit der immateriellen Wirtschaftsgüter (Firma, Zeitnischen) bestehe, was sich völlig von der Definition, die in dem Standard IFRS 3 Paragraf 51 und in den von OA geltend gemachten griechischen Rechtsvorschriften enthalten sei, unterscheide. Dieses Vorbringen sei somit verspätet. 277    Was den von OA geltend gemachten Verkaufspreis von NOA betrifft, ist die Kommission der Ansicht, es sei angemessener, wenn dieser sich nach einem tatsächlichen Verkauf richte anstatt nach willkürlichen Schätzungen ohne gesicherte Grundlage, und zwar unabhängig vom Wert der Flugzeuge, die nur ein Punkt in der Bilanz seien. 278    Schließlich sei die angefochtene Entscheidung ausreichend begründet. Alle Punkte, die die Gutachter der Kommission gemäß den Regeln für eine sachgerechte und vernünftige Verwaltung berücksichtigt hätten, seien in der Tabelle im 120. Erwägungsgrund dieser Entscheidung aufgeführt. Diesen Punkten seien Kommentare beigefügt (Erwägungsgründe 110 bis 126) ebenso wie eine rechtliche Bewertung der Kommission (Erwägungsgründe 197 bis 201). –       Würdigung durch das Gericht 279    Es ist unstreitig, dass die Hellenische Republik in Anwendung von Art. 27 des Gesetzes Nr. 3185/2003 zugunsten OA eine Vorauszahlung in Höhe eines Gesamtbetrags von ungefähr 130 Millionen Euro in mehreren Teilbeträgen von Dezember 2003 bis Mai 2004 von einem Sonderkonto vorgenommen hat; dieser Gesamtbetrag entsprach nach den Angaben der griechischen Behörden dem Wert der auf NOA übertragenen Aktiva bei der Gründung dieser neuen Gesellschaft. 280    Art. 27 Abs. 1 und 5 des Gesetzes Nr. 3185/2003 sah nämlich vor, dass alle Aktien der aus der Umwandlung des Olympic-Airways-Konzerns hervorgegangenen Gesellschaften im Hinblick auf die Privatisierung dieser Gesellschaften ohne Gegenleistung auf die Hellenische Republik übergingen und dass einem Sonderkonto der Hellenischen Republik mit der Bezeichnung „Griechischer Staat – Privatisierungskonto des Olympic-Airways-Konzerns“ der Erlös aus dem Verkauf der privatisierten Gesellschaften des Konzerns gutgeschrieben würden. Gemäß diesem Artikel werde, um die während des Umwandlungs- und Liquidationszeitraums für die Entlassung von Personal und zur Deckung der finanziellen Verpflichtungen von OA und Olympic Aviation erforderlichen Ausgaben tragen zu können, das Sonderkonto mit Vorauszahlungen des Staates bis zu einem Betrag in der Höhe des Nominalwerts der auf die Hellenische Republik übergegangenen Aktien der neuen, aus der Umwandlung hervorgegangenen Gesellschaft belastet. 281    Im vorliegenden Fall ist Art. 1 Abs. 2 der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich zu entnehmen, dass es sich bei der streitigen Beihilfe nach Ansicht der Kommission nur um die Überbewertung der auf NOA bei ihrer Gründung übertragenen Aktiva handelt. Die Kommission schätzt die Höhe der Beihilfe vorläufig auf 91,5 Millionen Euro. Im verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung stellt sie somit den eigentlichen Grundsatz einer Vorauszahlung an OA in Höhe des Wertes der gesamten auf NOA übertragenen Aktiva nicht in Frage. 282    Es trifft zu, dass die Kommission im 196. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausführt, die Zahlung eines Vorschusses von ungefähr 130 Millionen Euro an ein Unternehmen wie OA, das sich in einer besonders schwierigen wirtschaftlichen Lage befinde und sich darüber hinaus kurz zuvor von seiner Flugbetriebssparte habe trennen müssen und das Ende 2003 der Hellenischen Republik Steuern und Sozialversicherungsabgaben in Höhe von 522 Millionen Euro geschuldet habe, während diese Schulden weiter anwüchsen und die zur Tilgung dieser Schulden geeigneten Vermögenswerte schwänden, widerspreche dem Kriterium des privaten Kapitalgebers. Insoweit betont die Kommission unter Berufung auf die Schlussanträge des Generalanwalts Mischo in der Rechtssache Spanien/Kommission (Urteil vom 12. Oktober 2000, C‑480/98, Slg. 2000, I‑8717, I‑8720, Randnrn. 32 bis 43), dass in einem solchen Kontext ein Privatgläubiger, der im vorliegenden Fall auch Hauptgläubiger von OA wäre und geringe realistische Chancen hätte, die Zahlung für seine gegenüber OA bestehenden Forderungen zu erhalten, alle legalen Mittel ergriffen hätte, um die Begleichung der fälligen Forderungen oder die Verwertung seiner Sicherheiten zu erreichen. 283    Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Entscheidung der Hellenischen Republik, den Olympic-Airways-Konzern umzuwandeln, um seine Privatisierung zu erleichtern, und dabei die Aktiva seiner Flugbetriebssparte auf NOA zu übertragen und insbesondere die Vorauszahlung für OA vorzusehen, anstatt die sofortige Einleitung eines Insolvenzverfahrens gegen OA zu verlangen, um zumindest einen Teil ihrer Forderungen gegenüber dieser Gesellschaft beitreiben zu können (siehe oben, Randnrn. 101 und 281), nicht in Frage stellt. Die Kommission stellt nur fest, dass ohne die langfristige Perspektive einer Rentabilität von OA ein privater Kapitalgeber einem Finanzvorschuss, wie er an diese Gesellschaft gezahlt worden sei, nicht zugestimmt hätte. Die Kommission stuft jedoch die vorweggenommene Ausgleichszahlung als solche in den Gründen oder im verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung nicht als staatliche Beihilfe ein. 284    Dagegen ergibt sich ausdrücklich aus dem 197. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission die Zahlung des streitigen Vorschusses als staatliche Beihilfe einstuft, sofern dessen Höhe nach ihrer Ansicht den Wert der auf NOA übertragenen Aktiva übersteigt und infolgedessen nicht als Ausgleich angesehen werden kann, den die Hellenische Republik an OA für diese Übertragung zahlt. 285    Insbesondere räumt die Kommission im 197. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich ein, dass der Betrag von 130 312 459 Euro, der von der Hellenischen Republik auf das Sonderkonto gezahlt worden sei, keine staatliche Beihilfe enthielte, wenn er dem Wert der Aktiva von OA entspräche, die auf NOA übertragen worden seien. 286    Im Hinblick auf den klaren Inhalt von Art. 1 Abs. 2 des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung, der durch die Gründe dieser Entscheidung gestützt wird, ist es Sache des Gerichts, über das Vorbringen zur Bewertung der auf NOA übertragenen Aktiva zu entscheiden, um die Höhe der Kompensation zu berechnen. 287    Insoweit ist zu prüfen, ob die Schlussfolgerung der Kommission in der angefochtenen Entscheidung, die auf NOA übertragenen Aktiva seien überbewertet, ausreichend begründet und nicht mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet ist. 288    Die Berichte von Deloitte & Touche vom 29. November 2003, die der Eröffnungsbilanz von NOA und den Umwandlungsbilanzen von OA und Olympic Aviation als Anlage beigefügt waren, weisen gemäß Art. 27 des Gesetzes Nr. 3185/2003 darauf hin, dass diese Bilanzen – die von dieser in Anwendung des genannten Art. 27 bestellten Beratungsgesellschaft als vereidigte Rechnungsprüferin erstellt worden seien – in Übereinstimmung mit den griechischen Rechnungslegungsvorschriften, einschließlich des Anschaffungskostenprinzips, angefertigt worden seien; ausgenommen sei zum einen die Bewertung der Flugzeuge und der Motoren, die Eigentum der von OA und Olympic Aviation abgespaltenen Zweige gewesen seien, die von der spezialisierten Gesellschaft Airclaims zu ihrem Marktpreis am 1. Oktober 2003 bewertet worden seien, und zum anderen die Bewertung des Geschäftswerts. Nach diesen Berichten von Deloitte & Touche sei der Geschäftswert nämlich von der Geschäftsleitung von OA gemäß den internationalen Gepflogenheiten auf der Grundlage der Bruttoeinnahmen dieser Gesellschaft, ihrer aktuellen Resultate und des bei den Verfahren zu ihrer Privatisierung bekundeten Interesses bewertet worden. 289    Dagegen nahm die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (vgl. u. a. Erwägungsgründe 120, 199 und 200) unter Berufung auf den Bericht von Moore Stephens Anpassungen vor, die auf den Schätzungen ihrer Gutachter beruhten, die bei den Flugzeugen nur den Nettobuchwert berücksichtigt hatten und im Übrigen von der Berechnung des Ausgleichs u. a. den Betrag in Höhe des Wertes der immateriellen Vermögensgegenstände, der von den griechischen Behörden für den Geschäftswert berücksichtigt worden war, sowie die uneinbringlichen Forderungen und die Forderung aus dem künftigen Verkauf von zwei Flugzeugen, die noch in der Bilanz von OA enthalten waren, herausgenommen hatten. 290    In dieser Hinsicht werfen die Klägerinnen der Kommission insbesondere vor, zum einen die Notwendigkeit, die Flugzeuge zu ihrem Marktwert zu bewerten, und zum anderen den Geschäftswert, der bei der Gründung von NOA geschaffen worden sei, sowie die erwarteten Einnahmen aus dem künftigen Verkauf von zwei Flugzeugen für die Ermittlung der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation von NOA nicht berücksichtigt zu haben. Sie widersprechen auch den Anpassungen, die die Kommission in Bezug auf die uneinbringlichen Forderungen vorgenommen hat. 291    Anders als die in der angefochtenen Entscheidung (124. Erwägungsgrund) aufgeführten Schlussfolgerungen der Gutachter der Kommission nahezulegen scheinen, kann aufgrund des Umstands, dass Art. 27 des Gesetzes Nr. 3185/2003 die Vorauszahlung der streitigen Entschädigung bis zur Höhe des dem Nominalwert der Aktien von NOA entsprechenden Betrags vorsah, nicht angenommen werden, dass die Gesellschaftskapitaleinlagen, bestehend aus der Übertragung der Aktiva der Flugbetriebssparte der Olympic Airways Group, überbewertet wurden, um OA, die sich in großen finanziellen Schwierigkeiten befand, im Umwandlungs- und Liquidationsverfahren zu unterstützen. Außerdem war dieser Umstand bei der Festlegung des Gesellschaftskapitals von NOA kein Hindernis dafür, dass der Marktwert der übertragenen Flugzeuge und der Wert der immateriellen Vermögensgegenstände, die im vorliegenden Fall in der Umwandlungsbilanz von OA und der Eröffnungsbilanz von NOA als Geschäftswert eingetragen wurden, gemäß den anwendbaren Rechnungslegungsvorschriften berücksichtigt werden, da dieser Wert verlässlich ermittelt werden konnte. 292    In diesem Zusammenhang sind die streitigen Anpassungen, die die Kommission vorgenommen hat und die erstens den Ausschluss bestimmter immaterieller Vermögensgegenstände von der Berechnung der Entschädigung, zweitens ihren Widerspruch gegen die Berücksichtigung des Marktwerts der Flugzeuge und drittens den Ausschluss der Einnahmen aus einem künftigen Verkauf von zwei Flugzeugen betreffen, im Hinblick auf das Kriterium des privaten Wirtschaftsbeteiligten zu untersuchen. 293    Was erstens die verschiedenen immateriellen Vermögensgegenstände betrifft, die bis zu einer Höhe von 30 Millionen Euro in der Umwandlungsbilanz von OA und der Eröffnungsbilanz von NOA als Geschäftswert berücksichtigt wurden, ist der Einwand der Unzulässigkeit bestimmter Argumente der Klägerin, den die Kommission in der Rechtssache T‑423/05 erhebt (siehe oben, Randnr. 276), vorab zurückzuweisen. 294    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Berichte vom 29. November 2003, die den Umwandlungsbilanzen von OA und Olympic Aviation und der Eröffnungsbilanz von NOA als Anlage beigefügt waren, die immateriellen Vermögensgegenstände, die für den Geschäftswert berücksichtigt wurden, aufzählen (siehe nachfolgend, Randnr. 296). Im Übrigen wird in der angefochtenen Entscheidung (110. Erwägungsgrund) ausdrücklich ausgeführt, dass nach den Feststellungen der Gutachter der Kommission der Betrag in Höhe von 30 Millionen Euro, der in der Umwandlungsbilanz von OA als immaterielles Anlagevermögen eingetragen sei, auf der Bewertung des Firmennamens, des Logos (olympische Ringe) der Marke Olympic, der Zeitnischen und der bilateralen Verträge durch die Geschäftsleitung von OA beruhe. In der Entscheidung über die Eröffnung des formellen Prüfverfahrens (Randnr. 59) hat die Kommission im Übrigen ausgeführt, dass nach den den oben genannten Bilanzen beigefügten Berichten von Deloitte & Touche dieser Geschäftswert, „d. h. ein immaterielles Anlagevermögen, das aus dem Firmennamen, den Zeitnischen, dem Marktanteil entstanden ist“, von der Geschäftsleitung von OA berechnet worden sei und mehr als 20 % des Anlagevermögens des Unternehmens ausmache. 295    Demgemäß kann es entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht als neuer Klagegrund angesehen werden, wenn OA sich in der Erwiderung in der Rechtssache T‑423/05 auf Zeitnischen, Logo, Marke oder Firmennamen als für den Geschäftswert berücksichtigte Elemente beruft. Es gehört offensichtlich zur Fortsetzung der vom Stadium des Verwaltungsverfahrens an geführten Debatte zwischen den Verfahrensbeteiligten sowie des Vorbringens von OA in der Klageschrift betreffend die Notwendigkeit, den Geschäftswert zu berücksichtigen. 296    In der Sache ergibt sich aus den oben genannten Berichten von Deloitte & Touche, die der Eröffnungsbilanz von NOA und der Umwandlungsbilanz von OA als Anlage beigefügt waren, dass die Vermögensgegenstände, die von der Geschäftsleitung von OA für den Geschäftswert berücksichtigt worden sind, aus dem Handelsnamen und der Marke Olympic, dem Logo (den olympischen Ringen), den Zeitnischen, die OA in verschiedenen Flughäfen besaß, den bilateralen Abkommen – die mit Staaten geschlossen wurden, die keine Mitgliedstaaten der Europäischen Union waren, und die Flugrechte betrafen, wie die Klägerinnen in Beantwortung einer Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung bestätigten –, dem Ansehen von OA und ihrem Marktanteil bestanden. 297    In dieser Hinsicht kann bei den oben genannten immateriellen Vermögensgegenständen unterschieden werden zwischen zum einen den trennbaren Vermögensgegenständen, die von der übertragenen Einheit abgetrennt und entweder einzeln oder gleichzeitig mit einem Vertrag, einem verbundenen Vermögensgegenstand oder einer verbundenen Verbindlichkeit verkauft oder abgetreten werden können und deren Wert unabhängig vom Ausgang der geplanten Privatisierung verlässlich festgestellt werden kann, wie die Zeitnischen, und zum anderen den nicht trennbaren immateriellen Vermögensgegenständen, deren Marktwert mangels Transaktion nicht zuverlässig festgestellt werden kann, wie das Ansehen oder die Marktanteile, die einem Geschäftswert entsprechen, der beim Rückkauf eines Unternehmens oder der Fusion mit einem anderen Unternehmen entsteht. 298    Es ist festzustellen, dass die Kommission, die in der angefochtenen Entscheidung (vgl. u. a. Erwägungsgründe 110 und 199) die Feststellungen im Bericht von Moore Stephens „nach von Griechenland sowie international anerkannten Rechnungsprüfungstechniken und ‑standards“ übernimmt, es abgelehnt hat, die Gesamtheit der vorgenannten verschiedenen immateriellen Vermögensgegenstände, die auf NOA übertragen worden sind, zu berücksichtigen, und nur festgestellt hat, dass „[w]eder nach den griechischen noch nach den internationalen [allgemein anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen] … selbst geschaffene immaterielle Anlagegüter in der Bilanz angesetzt werden“ durften. 299    Die Kommission bestreitet aber nicht, dass der auf Unternehmenszusammenschlüsse anwendbare, im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 2236/2004 der Kommission vom 29. Dezember 2004 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend „International Financial Reporting Standards“ (IFRS) Nr. 1, 3 bis 5, „International Accounting Standards“ (IAS) Nr. 1, 10, 12, 14, 16 bis 19, 22, 27, 28, 31 bis 41 und die Interpretationen des „Standard Interpretation Committee“ (SIC) Nr. 9, 22, 28 und 32 (ABl. L 392, S. 1) genannte Standard IFRS 3, auf den sich die Verfahrensbeteiligten vor dem Gericht beziehen und der seit dem 31. März 2004 anwendbar ist (IFRS 3 Paragraf 78) und unter bestimmten Voraussetzungen Gegenstand einer „rückwirkenden Anwendung“ sein konnte (IFRS 3 Paragraf 85), dem Erwerber erlaubte, die identifizierbaren immateriellen Vermögenswerte des erworbenen Unternehmens oder der erworbenen Einheit getrennt anzusetzen, wenn ihr beizulegender Zeitwert – d. h. im Wesentlichen der Betrag, zu dem zwischen sachverständigen Geschäftspartnern unter marktüblichen Bedingungen ein Vermögenswert getauscht werden könnte – zum Erwerbszeitpunkt verlässlich bewertet werden kann (Paragrafen 37, 45 und 46 IFRS 3). Ferner kann nach dem International Accounting Standard 38 „Immaterielle Vermögenswerte“, in der im Anschluss an den Erlass des Standards IFRS 3 geänderten Fassung (IAS 38), der beizulegende Zeitwert immaterieller Vermögenswerte, die bei einem Unternehmenszusammenschluss erworben wurden, normalerweise ausreichend verlässlich bewertet werden, um gesondert vom Geschäfts- oder Firmenwert angesetzt zu werden. Außerdem sah der International Accounting Standard 22 „Unternehmenszusammenschlüsse“ in der im Anhang zur Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 der Kommission vom 29. September 2003 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 261, S. 1) ausgeführten Fassung, der durch den Standard IFRS 3 ersetzt worden ist, bereits vor, dass identifizierbare immaterielle Vermögenswerte, deren beizulegender Zeitwert verlässlich ermittelt werden konnte, zum Zeitpunkt des Erwerbs einer Einheit einzeln anzusetzen sind. 300    Darüber hinaus bezweifelt die Kommission nicht, dass die griechischen Rechnungslegungsstandards dem Erwerber erlaubten, immaterielle Vermögenswerte, die von der erworbenen Einheit getrennt werden können, wie die Zeitnischen, gesondert vom Geschäftswert anzusetzen, wenn ihr Wert verlässlich ermittelt werden konnte. 301    Was die nicht trennbaren immateriellen Vermögenswerte betrifft, deren beizulegender Zeitwert ohne tatsächliche Transaktion im vorliegenden Fall nicht verlässlich ermittelt werden konnte, da sich bei Zahlung des streitigen Vorschusses noch keine konkrete Aussicht auf eine Übernahme von NOA durch einen privaten Kapitalgeber abzeichnete, ist dem Standpunkt der Kommission zuzustimmen, wonach bei Fehlen einer Transaktion die Übertragung der mit der Flugbetriebssparte in Zusammenhang stehenden Aktiva auf NOA begleitet von dem Übergang der Aktien dieser Gesellschaft auf die Hellenische Republik ohne Gegenleistung im Hinblick auf die künftige Privatisierung dieser Gesellschaft nicht einer Übernahme oder einer Fusion, die einen Geschäftswert begründen könnten, gleichgesetzt werden könne (siehe oben, Randnr. 297). Ohne eine genaue und konkrete Aussicht auf eine Transaktion zu diesem Zeitpunkt ändert der von OA geltend gemachte Umstand, dass NOA durch Fusion und Übernahme des Flugbetriebs der Gesellschaften OA und Olympic Aviation durch die ehemalige Tochtergesellschaft Macedonian Airways, die nach dieser Umwandlung NOA genannt wurde, gegründet worden sei, nichts an dieser Analyse. 302    In diesem Zusammenhang war es unter Berücksichtigung u. a. des Standards IFRS 3, der von den Verfahrensbeteiligten geltend gemacht wird (siehe oben, Randnr. 299), Sache der Kommission, die verschiedenen Elemente der in Rede stehenden immateriellen Vermögenswerte zu untersuchen und dabei zu prüfen, ob sie unterschieden werden konnten und ob der beizulegende Zeitwert verlässlich ermittelt werden konnte und, gegebenenfalls, ob sie im Hinblick auf das Kriterium des privaten Kapitalgebers von der Berechnung der an OA gezahlten Entschädigung ausgenommen werden müssen. 303    Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich aber, dass die Kommission – die im Übrigen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, dass bestimmte immaterielle Vermögenswerte, wie die Zeitnischen, gesondert verkauft werden könnten und einen eigenen Marktwert hätten – es versäumt hat, die in Rede stehenden immateriellen Vermögenswerte individuell zu untersuchen und in der angefochtenen Entscheidung die Gründe darzulegen, aus denen sie der Ansicht war, das Kriterium des privaten Kapitalgebers stehe im vorliegenden Fall dem entgegen, dass die immateriellen Vermögenswerte, die unabhängig von jeder Veräußerung oder Fusion verlässlich bewertet werden könnten, bis zur Höhe des ihnen beizulegenden Zeitwerts für die Berechnung der Höhe der an OA gezahlten Entschädigung berücksichtigt würden. Infolgedessen ist die angefochtene Entscheidung mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet. 304    Außerdem oblag es der Kommission im Zusammenhang mit der Gründung einer neuen, rechtlich eigenständigen Fluggesellschaft, auf die alle zur Flugbetriebssparte der Olympic Airways Group gehörenden Aktiva übertragen wurden, und soweit sie in der angefochtenen Entscheidung die Vorauszahlung einer finanziellen Entschädigung an OA für die Übertragung der immateriellen Vermögenswerte an NOA als solche nicht als staatliche Beihilfe angesehen hat, ihre Weigerung, alle Elemente der immateriellen Vermögenswerte für die Berechnung der Entschädigung zu berücksichtigen, zumindest im Hinblick auf das Kriterium des privaten Kapitalgebers zu begründen. 305    Selbst wenn die Kommission von der Prämisse ausgegangen ist, dass die Abspaltung der Flugbetriebssparte und die Übertragung der entsprechenden Aktiva auf NOA als einfache interne Umstrukturierung der Olympic Airways Group zu behandeln seien, oblag es ihr insbesondere im oben genannten Zusammenhang auf alle Fälle, im Hinblick auf das Kriterium des privaten Kapitalgebers klar und verständlich die Wahl der Rechnungslegungsvorschriften zu begründen, auf die sie sich gestützt hatte, um die streitigen immateriellen Vermögenswerte von der Berechnung der an OA gezahlten Entschädigung auszuschließen. 306    Während sich die Kommission aber vor dem Gericht insbesondere auf den Standard IFRS 3 beruft – der die Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen nach der Erwerbsmethode vorsieht, nach der der Erwerber insbesondere die erworbenen Vermögenswerte ansetzt, einschließlich derjenigen, die das erworbene Unternehmen vorher nicht angesetzt hat (IFRS 3 Paragraf 15) –, hat sie sich in der angefochtenen Entscheidung dagegen ausschließlich auf den Rechnungslegungsgrundsatz gestützt, der es einem Unternehmen verbietet, in seiner Bilanz den selbst geschaffenen Geschäfts- oder Firmenwert als Vermögenswert anzusetzen (Standard IAS 38), und hat es dabei unterlassen, den oder die zugrunde gelegten Standards näher zu bezeichnen. 307    Die Kommission hat somit in der angefochtenen Entscheidung insbesondere im Hinblick auf die auf Unternehmenszusammenschlüsse anwendbaren Standards nicht die Gründe dargelegt, aus denen sie sich – obwohl es darum ging, die in Rede stehenden Vermögenswerte zu bewerten, und zwar nicht zum Zweck ihrer Eintragung in die Gewinn- und Verlustrechnung von OA, sondern zur Ermittlung des Betrags, der an dieses Unternehmen als Entschädigung für den Verlust der gesamten Flugbetriebssparte und der entsprechenden Vermögenswerte, von denen einige hätten einzeln verkauft werden können, zu zahlen ist – auf die Regeln über die Bilanzierung dieser immateriellen Vermögenswerte durch das erworbene Unternehmen gestützt hat. 308    Zweitens ist in dem oben genannten Kontext aus entsprechenden Gründen (siehe oben, Randnr. 305) davon auszugehen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (vgl. u. a. Erwägungsgründe 111 und 199) – unter Billigung der Feststellungen, die in dieser Hinsicht in dem Bericht von Moore Stephens getroffen wurden, der allgemein auf die griechischen Rechnungslegungsgrundsätze und die allgemein anerkannten internationalen Rechnungslegungsgrundsätze Bezug nahm – im Hinblick auf das Kriterium des privaten Kapitalgebers rechtlich nicht ausreichend begründet hat, dass zur Berechnung der Höhe der Entschädigung der Nettobuchwert der Flugzeuge, deren Eigentum auf NOA übertragen wurde, anstelle ihres Marktwerts zum 1. Oktober 2003 berücksichtigt wird, der nach dem Bericht von Airclaims zu einer Erhöhung des geschätzten Werts dieser Flugzeuge von ungefähr 43,2 Millionen Euro gegenüber dem Nettobuchwert geführt hat. 309    Drittens stellt der Umstand, dass sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung auf die griechischen und die allgemein anerkannten internationalen Rechnungslegungsgrundsätze beruft (vgl. u. a. die Erwägungsgründe 114 und 199), die in den Jahresabschlüssen eines Unternehmens die Eintragung von Einnahmen aus noch nicht durchgeführten Verkäufen eines Gegenstands des immateriellen Anlagevermögens, der diesem Unternehmen nicht gehört, ausschließen, keine ausreichende Begründung dafür dar, dass dieses Organ zum Zweck der Berechnung der Höhe der Entschädigung die Nettoeinnahmen berücksichtigt, die aus dem laufenden Verkauf von zwei bis zum Abschluss des Verkaufsgeschäfts in der Bilanz von OA verbleibenden Flugzeugen des Typs A 300-600 erwartet werden. Soweit die Kommission nämlich die Übertragung aller Aktiva von OA in Bezug auf den Flugbetrieb auf NOA und die entsprechende Vorauszahlung einer Entschädigung nicht in Frage gestellt hat, oblag es ihr, im Hinblick auf das Kriterium des privaten Kapitalgebers zu rechtfertigen, dass die erwarteten Einnahmen aus dem Verkauf der beiden oben genannten Flugzeuge in Höhe von 24,4 Millionen Euro aus der Berechnung der Höhe der Entschädigung ausgeschlossen wurden. 310    Nach alledem müssen die Klagegründe, mit denen ein offensichtlicher Beurteilungsfehler und ein Begründungsmangel der angefochtenen Entscheidung gerügt werden, als begründet angesehen werden, soweit die Kommission alle Elemente des immateriellen Anlagevermögens, die von der Geschäftsleitung von OA als Geschäftswert berücksichtigt worden waren, von der Berechnung der Entschädigung ausgeschlossen hat. Außerdem ist die angefochtene Entscheidung mit einem Begründungsmangel behaftet, soweit die Kommission die erwarteten Einnahmen aus dem Verkauf von zwei Flugzeugen, die noch in der Bilanz von OA eingetragen waren, von dieser Berechnung ausgeschlossen hat und soweit sie die Schätzung der 18 Flugzeuge, deren Eigentum auf NOA übertragen worden ist, zu ihrem aktuellen Marktwert abgelehnt hat. 311    Sodann ist hinsichtlich der uneinbringlichen Forderungen festzustellen, dass die Kommission ihren Ausschluss oder ihre Anpassung für die Berechnung der Höhe der an OA gezahlten Entschädigung in der angefochtenen Entscheidung ausreichend begründet hat (vgl. u. a. die Erwägungsgründe 112, 120 und 199), indem sie sich auf die Schlussfolgerungen der Gutachter stützte, die insbesondere betonten, dass es bei fehlender Deckung dieser Forderungen in der Eröffnungsbilanz von NOA unvorsichtig sei, solche Forderungen bei den Aktiva von NOA einzutragen. Außerdem ist es aufgrund des nicht belegten Vorbringens der Klägerinnen, dass die streitigen Forderungen sicher seien, nicht möglich, davon auszugehen, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie davon ausging, dass der Wert dieser Elemente nicht berücksichtigt werden dürfe oder dass er zu hoch eingeschätzt worden sei. Selbst wenn ferner, wie OA geltend macht (siehe oben, Randnr. 267), die Zahlung der streitigen Forderungsbeträge gegenüber NOA gewährleistet war, ist dieser Umstand hinsichtlich der Bewertung der Höhe dieser Forderungen, deren Rückzahlung vernünftigerweise erwartet werden konnte, als diese Forderungen als mit der Flugbetriebssparte zusammenhängende Aktiva auf NOA übertragen wurden, unerheblich. 312    Außerdem ist die angefochtene Entscheidung entgegen dem Vorbringen von OA in Bezug auf die Feststellung, dass die Vorauszahlung einer Entschädigung, die zu hoch eingeschätzt sei, den Wettbewerb verfälsche oder zu verfälschen drohe, weder mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler noch mit einem Begründungsmangel behaftet. Die Kommission hat nämlich in der angefochtenen Entscheidung (35. Erwägungsgrund) darauf hingewiesen, dass OA in den Sparten Bodenabfertigung, Instandhaltung und Technik tätig war und dass sie auf dem Markt der betreffenden Dienstleistungstätigkeiten operiert habe. In diesem Zusammenhang betonte sie, dass die Gewährung der streitigen Beihilfe geeignet sei, den Wettbewerb mit anderen Unternehmen der Union zu verfälschen, insbesondere seit der Deregulierung der Bodenabfertigung im Jahr 1996 (202. Erwägungsgrund). Die Kommission hat somit gemäß Art. 87 Abs. 1 EG eine drohende Wettbewerbsverzerrung, die die Einstufung als staatliche Beihilfe rechtfertigt, rechtlich hinreichend nachgewiesen, da die in Rede stehende Maßnahme die Stellung des begünstigten Unternehmens gegenüber anderen Unternehmen stärkt. Insbesondere ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass der Umstand, dass ein Wirtschaftssektor auf Gemeinschaftsebene liberalisiert wurde, geeignet ist, eine tatsächliche oder potenzielle Auswirkung der Beihilfen auf den Wettbewerb sowie ihre Auswirkung zwischen Mitgliedstaaten zu begründen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 15. Dezember 2005, Unicredito Italiano, C‑148/04, Slg. 2005, I‑11137, Randnrn. 56 und 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). Weiter ist entgegen dem Vorbringen von OA der Umstand, dass 33 von 38 griechischen Flughäfen von dieser Gesellschaft auf der Grundlage von Gemeinwohlverpflichtungen bedient würden, nicht geeignet, eine Wettbewerbssituation auszuschließen. 313    Was darüber hinaus die Gesamtheit der auf NOA übertragenen Aktiva betrifft, die von der Kommission herausgenommen oder angepasst wurden und bei denen es sich nicht um die immateriellen Vermögenswerte, die für den Geschäftswert berücksichtigt wurden, die oben genannten 18 Flugzeuge und die Forderung in Bezug auf den künftigen Verkauf von zwei Flugzeugen, die noch in der Bilanz von OA aufgeführt waren (siehe oben, Randnr. 311), handelt, muss die Höhe der Vorauszahlung, die OA als Entschädigung für diese Vermögenswerte gewährt werden konnte, im Rahmen des Verfahrens der Rückforderung der Beihilfe und gemäß der Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit auf der Grundlage der geprüften Konten bestimmt werden, wie die Kommission geltend macht. 314    Die Kommission räumt nämlich ein, dass die von ihren Gutachtern vorgenommenen Anpassungen später im Rahmen der loyalen Zusammenarbeit diskutiert werden könnten. Nach Ansicht der Kommission ist es Aufgabe von OA, eine Buchprüfung der betreffenden Vermögenswerte unter der Aufsicht der griechischen Behörden durchzuführen und eine konkrete Schätzung der auf NOA übertragenen Vermögenswerte vorzunehmen. 315    Insoweit ist daran zu erinnern, dass keine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts fordert, dass die Kommission bei der Anordnung der Wiedereinziehung einer mit dem Gemeinsamen Markt für unvereinbar erklärten Beihilfe den genauen Betrag der zu erstattenden Beihilfe festsetzt. Es genügt, dass die Entscheidung der Kommission Angaben enthält, die es ihrem Adressaten ermöglichen, ohne übermäßige Schwierigkeiten diesen Betrag selbst zu bestimmen (Urteile Spanien/Kommission, Randnr. 25, und vom 14. Februar 2008, Kommission/Griechenland, Randnr. 44). 316    Außerdem hat der Gerichtshof im Urteil vom 14. Februar 2008, Kommission/Griechenland, festgestellt, dass die Hellenische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 2 bis 4 der angefochtenen Entscheidung verstoßen hat, und er hat das Vorbringen zurückgewiesen, die Kommission habe keine verlässliche Berechnungsmethode genannt, um die Höhe der zurückzuzahlenden Beihilfe ermitteln zu können (Randnrn. 42 ff. des Urteils). 317    Was insbesondere die Überbewertung der auf NOA übertragenen Aktiva betrifft, hat der Gerichtshof im Urteil vom 14. Februar 2008, Kommission/Griechenland, festgestellt, dass der Umstand, dass die Höhe dieser Überbewertung, die in Art. 1 Abs. 2 der angefochtenen Entscheidung festgelegt wurde, mit dem Hinweis verbunden ist, dass es sich insoweit um eine vorläufige Schätzung handele, nicht dahin ausgelegt werden kann, dass der angefochtenen Entscheidung die für ihre Durchführung erforderliche Genauigkeit fehlt (Randnr. 43). 318    Demzufolge ist die Berufung der Hellenischen Republik auf interne Schwierigkeiten, die die Rückforderung der streitigen Beihilfe bereitet habe (siehe oben, Randnr. 268), ebenfalls zurückzuweisen. In dieser Hinsicht ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass, wenn der Durchführung einer Rückforderungsanordnung eine Reihe von Schwierigkeiten innerstaatlicher Natur entgegenstehen, die Kommission und der Mitgliedstaat gemäß dem Grundsatz, dass den Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsorganen gegenseitige Pflichten zur loyalen Zusammenarbeit obliegen, wie er namentlich Art. 10 EG zugrunde liegt, redlich zusammenwirken müssen, um die Schwierigkeiten unter vollständiger Beachtung der Bestimmungen des Vertrags, insbesondere derjenigen über die staatlichen Beihilfen, zu überwinden (Urteile des Gerichtshofs vom 4. April 1995, Kommission/Italien, C‑348/93, Slg. 1995, I‑673, Randnr. 17, vom 22. März 2001, Kommission/Frankreich, C‑261/99, Slg. 2001, I‑2537, Randnr. 24, und Urteil vom 12. Mai 2005, Randnr. 42). 319    Daraus ergibt sich, dass die angefochtene Entscheidung teilweise für nichtig erklärt werden muss, und zwar wegen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers und eines Begründungsmangels, soweit sie ausschließt, dass alle immateriellen Vermögenswerte für den Geschäftswert berücksichtigt werden, wegen eines Begründungsmangels, soweit sie ausschließt, dass die erwarteten Einnahmen aus dem Verkauf der oben genannten beiden Flugzeuge berücksichtigt werden, und soweit sie nur die Berücksichtigung des Nettobuchwerts der übertragenen Flugzeuge anstelle des aktuellen Marktwerts zulässt. Im Übrigen sind die Klagegründe, mit denen ein offensichtlicher Beurteilungsfehler und ein Begründungsmangel gerügt werden, zurückzuweisen. Zum Verstoß gegen Art. 87 Abs. 3 EG und zum Begründungsmangel (Rechtssache T‑415/05) –       Vorbringen der Parteien 320    Die Hellenische Republik trägt hilfsweise vor, die behauptete Beihilfe sei auf alle Fälle eine mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare Rettungsbeihilfe. Sie erfülle nämlich alle kumulativen Voraussetzungen, oder hätte diese leicht erfüllen können, von denen die Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. 1999, C 288, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 1999) die Feststellung der Vereinbarkeit einer solchen Beihilfe abhängig machen. 321    Die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 231 und 232) einen offensichtlichen Beurteilungsfehler in Bezug auf die ersten beiden in den Leitlinien von 1999 definierten Vereinbarkeitsvoraussetzungen begangen. 322    Was die erste der vorgenannten Voraussetzungen betreffe, sei es möglich, die streitige Vorauszahlung als „Kredit“ anzusehen, der zurückgezahlt werden müsse. Die Hellenische Republik räumt ein, dass ursprünglich keine Zinsen für diesen Kredit vorgesehen gewesen seien. Sie hätten jedoch leicht vorgesehen werden können, wenn die Kommission die Hellenische Republik während des förmlichen Verfahrens, wie es ihrer Pflicht entsprochen hätte, über ihre Absicht informiert hätte, die Vereinbarkeit der streitigen Vorauszahlung mit Art. 87 Abs. 3 EG aus dem Blickwinkel der Leitlinien von 1999 zu prüfen, nachdem die griechischen Behörden in ihrem Schreiben vom 11. Juni 2004 hilfsweise einen Antrag in diesem Sinne an sie gerichtet hätten, der in ihrem Schreiben vom 3. November 2004 wiederholt worden sei. 323    Was die zweite Bedingung betrifft, weist die Hellenische Republik darauf hin, dass in Randnr. 24 der Leitlinien von 1999 ausgeführt wird: „Die anfängliche Genehmigung der Rettungsbeihilfe gilt für einen Zeitraum von längstens sechs Monaten oder, falls der Mitgliedstaat innerhalb dieser Frist einen Umstrukturierungsplan vorgesehen hat, so lange, bis die Kommission über diesen Plan entscheidet. Nach der ersten Genehmigung kann die Kommission in hinreichend begründeten Ausnahmefällen auf Antrag des Mitgliedstaates eine Verlängerung der ursprünglichen Frist um sechs Monate genehmigen.“ 324    In ihrem Schreiben vom 11. Juni 2004 (Absatz 5.21) an die Kommission hätten die griechischen Behörden aber darauf hingewiesen, dass, wenn die Kommission anerkenne, dass der an OA als Vorauszahlung entrichtete Betrag eine Rettungsbeihilfe darstellen könnte, sie nachweisen würden, dass die vorgesehenen Umstrukturierungsmaßnahmen den Leitlinien von 1999 entsprächen. 325    Im vorliegenden Fall trägt die Hellenische Republik infolgedessen vor, dass die in den Leitlinien von 1999 festgelegten Fristen verlängert worden seien, da die Kommission nicht rechtzeitig auf diesen Antrag geantwortet habe und so die griechischen Behörden daran gehindert habe, diese Fristen einzuhalten. 326    Außerdem habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (235. Erwägungsgrund) die Verpflichtung der griechischen Behörden, OA keine zusätzlichen Beihilfen zu gewähren, die in der Entscheidung 94/696/EG der Kommission vom 7. Oktober 1994 über die dem Unternehmen Olympic Airways vom griechischen Staat gewährten Beihilfen (ABl. L 273, S. 23), mit der die Umstrukturierungsbehilfen gebilligt wurden (siehe oben, Randnr. 5), angenommen wurde, falsch ausgelegt. Diese Verpflichtung sei nämlich nur auf Umstrukturierungsbeihilfen gerichtet gewesen und nicht auf Rettungsbeihilfen. Überdies müsse nunmehr die Beurteilung auf der Grundlage des neuen Rahmens erfolgen, der durch die Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. 2004, C 244, S. 2) festgelegt worden sei, die unter bestimmten Voraussetzungen die Gewährung neuer Umstrukturierungsbeihilfen erlaubten. Die Kommission habe sich somit auf eine falsche Rechtsgrundlage gestützt. 327    Schließlich habe die Kommission die Begründungspflicht missachtet, indem sie es unterlassen habe, in der angefochtenen Entscheidung die drei anderen Voraussetzungen zu prüfen, die nach den Leitlinien von 1999 vorliegen müssten, um die Vereinbarkeit einer Rettungsbeihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zuzulassen. 328    Die Kommission, unterstützt von der Streithelferin, bestreitet dieses Vorbringen. –       Würdigung durch das Gericht 329    Es ist daran zu erinnern, dass grundsätzlich der betreffende Mitgliedstaat die Beweislast dafür trägt, dass eine Beihilfe abweichend von Art. 87 Abs. 1 EG mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist; dieser muss nachweisen, dass die Voraussetzungen für diese Ausnahme erfüllt sind (Urteil Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission, Randnr. 34). Hierzu hat er der Kommission alle Angaben zu machen, die für den Nachweis der Vereinbarkeit der vorgesehenen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt notwendig sind (Urteil des Gerichtshofs vom 28. April 1993, Italien/Kommission, C‑364/90, Slg.1993, I‑2097, Randnr. 20). 330    Im vorliegenden Fall steht fest, dass der streitige Vorschuss im Zeitraum Dezember 2003 bis Mai 2004 in Teilbeträgen gezahlt worden ist. Folglich musste die Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt, soweit sie als staatliche Beihilfe eingestuft wurde, unter Berücksichtigung der Voraussetzungen für die Genehmigung von Rettungsbeihilfen geprüft werden, die in Randnr. 23 der Leitlinien von 1999 genannt wurden, die bis zum 9. Oktober 2004 anwendbar waren, da die neuen Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten von 2004 erst ab dem 10. Oktober 2004 anwendbar waren. 331    Insoweit ist festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin nicht den Nachweis erlaubt, dass die erste der in Randnr. 23 der Leitlinien von 1999 definierten Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt ist. Die Klägerin weist nämlich nicht nach, dass der streitige Vorschuss ein Kredit war, der, wie nach der genannten Randnr. 23 erforderlich, einem Zinssatz unterlag, der mindestens den Zinssätzen vergleichbar war, die für Darlehen an gesunde Unternehmen zu beobachten waren, speziell den von der Kommission festgelegten Referenzzinssätzen. Insbesondere trägt sie keinen stichhaltigen Grund vor, der die Annahme ermöglicht, dass OA den Vorschuss, zuzüglich Zinsen, bis zur Höhe eines Betrags, der den Erlös aus dem Verkauf von OA übersteigt, nach der Privatisierung zurückzahlen musste (siehe oben, Randnr. 280). Ihr Vorbringen bestätigt vielmehr, dass es sich nicht um einen Kredit im Sinne dieser Vorschrift handelte, weil nicht vorgesehen war, dass Zinsen gezahlt werden. 332    Da die Klägerin mithin nicht nachgewiesen hat, dass eine der kumulativen Voraussetzungen erfüllt ist, von denen nach Randnr. 23 der Leitlinien von 1999 die Befugnis der Kommission abhängt, die Rettungsbeihilfen für mit dem Markt vereinbar zu erklären, ist ihre Rüge, dass ein offensichtlicher Beurteilungsfehler vorliege, soweit die Kommission feststelle, dass der streitige Vorschuss mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei, unabhängig von der Frage zurückzuweisen, ob zum einen die anderen Voraussetzungen nach der genannten Randnr. 23 erfüllt sind und ob zum anderen die Hellenische Republik die Verpflichtungen aus der Entscheidung 94/696 eingehalten hat. 333    Folglich hat die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerin ihre Begründungspflicht nicht dadurch verletzt, dass sie in der angefochtenen Entscheidung nicht alle in Randnr. 23 der Leitlinien von 1999 genannten kumulativen Voraussetzungen geprüft hat. 334    Somit sind die Klagegründe, mit denen ein Verstoß gegen Art. 87 Abs. 3 EG und eine unzureichende Begründung gerügt werden, als unbegründet zurückzuweisen. b)     Zur Inanspruchnahme bestimmter Staatsbürgschaften (Art. 1 Abs. 3 der angefochtenen Entscheidung) (Rechtssachen T‑415/05 und T‑423/05) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 335    Die Hellenische Republik und OA wenden sich gegen die Einstufung der Zahlungen, die der Staat aus Bürgschaftsverpflichtungen geleistet hat und bei denen es sich erstens um drei Teilzahlungen zur Rückzahlung des Darlehens, das OA von der ABN-Amro-Bank gewährt worden war (36,9 Milllionen Euro), zweitens um die Zahlung eines Halbjahresbetrags der Leasingraten, die OA für zwei Airbus A 340-300 schuldete (11,7 Millionen Euro), fällig am 29. Juli 2004, und drittens um eine OA gewährte Direktfinanzierung (8,2 Millionen Euro) handelte, als neue Beihilfen. 336    Die Klägerinnen bestreiten insoweit die Auslegung von Art. 1 der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 durch die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (238. Erwägungsgrund), wonach die streitigen Garantien als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfen angesehen worden seien. Sie tragen vor, dass, wenn dies der Fall gewesen wäre, die Kommission in dieser Entscheidung ausdrücklich die Rückforderung der Garantien angeordnet hätte. Außerdem werde die Aufrechterhaltung der streitigen Garantieverpflichtungen durch die Tatsache belegt, dass die Kommission weder im Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG, das zum Urteil vom 12. Mai 2005 geführt habe, noch in ihren auf das Urteil folgenden Schreiben die Frage einer fehlerhaften Durchführung der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 in Bezug auf die Garantien aufgeworfen habe. Schließlich ist OA der Ansicht, dass die angefochtene Entscheidung, was die Behauptung betreffe, dass die Entscheidung vom 11. Dezember 2002 eine Änderung der sich aus den streitigen Garantien ergebenden Rechtspflichten zur Folge gehabt habe, unzureichend begründet sei. 337    Selbst wenn man einräume, dass die Entscheidung vom 11. Dezember 2002 dahin auszulegen sei, dass die OA betreffenden streitigen Garantien eine Änderung erfahren hätten, rechtfertige das Unvermögen der Kommission, dies in dieser Entscheidung und im gesamten sich anschließenden Verfahren eindeutig anzugeben, die berechtigte Erwartung der Hellenischen Republik und der beteiligten Dritten, die geglaubt hätten, dass diese Garantien weiterhin rechtmäßig die vertraglich vereinbarten Wirkungen hätten. Die Klägerinnen betonen insoweit die Notwendigkeit, dass der Staat die Garantieverpflichtungen, die er übernommen habe, erfülle. 338    Da im vorliegenden Fall die Inanspruchnahme der streitigen Garantien nach dem Vorbringen der Klägerinnen gemäß den ursprünglichen, in den Garantieverträgen aufgestellten Bedingungen erfolgt sei, sei die angefochtene Entscheidung mit offensichtlichen Beurteilungsfehlern und einem Begründungsmangel behaftet, soweit die Kommission die vorgenannten streitigen Zahlungen als staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG einstufe. 339    Was erstens das Darlehen betrifft, das OA im Februar 2001 von ABN Amro zur Deckung der Kosten für ihre vorzeitige Verweisung vom Flughafen Hellinikon in Athen (Griechenland) und für ihren Umzug zum neuen Flughafen Spata erhalten hat, tragen die Klägerinnen vor, dass OA eine Bürgschaft der Hellenischen Republik entsprechend den Genehmigungsentscheidungen der Kommission von 1994, 1998 und 2000 erhalten habe. Die Vertragsbedingungen für das Darlehen und für die Staatsbürgschaft seien seit 2001 nicht geändert worden. Der Staat habe im Mai und Oktober 2004 sowie im März 2005 die drei Teilrückzahlungen vorgenommen, nachdem er von der Gläubigerbank aufgefordert worden sei, diese Zahlungen in seiner Eigenschaft als Bürge vorzunehmen, da sich gezeigt habe, dass OA nicht in der Lage sei, diese Zahlungen in den betreffenden Zeiträumen zu leisten. Im Übrigen ergebe sich aus der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 135 bis 139), dass die Kommission gewusst habe, dass der Staat die streitigen Zahlungen entsprechend den ursprünglichen Bürgschaftsbedingungen geleistet habe und dass nach diesen Zahlungen gemäß den allgemeinen Vorschriften des Gesetzes über die Rückforderungen griechischer Staatsgelder entsprechende individuelle Schuldbescheinigungen und Zahlungsaufforderungen gegen OA ausgestellt worden seien. 340    Zweitens weisen die Hellenische Republik und OA hinsichtlich der Bürgschaft für die von OA aus zwei Leasingverträgen über Flugzeuge des Typs Airbus A 340-300 geschuldeten Mieten darauf hin, dass, nachdem sie von Crédit Lyonnais zu dieser Zahlung aufgefordert worden seien, die Hellenische Republik am 29. Juli 2004 als Bürgin für OA den von dieser geschuldeten Halbjahresbetrag an Crédit Lyonnais gezahlt habe. Die Hellenische Republik habe sich nämlich gemäß den von der Kommission 1994, 1998 und 2000 erlassenen Genehmigungsentscheidungen verpflichtet, die Verbindlichkeiten von OA aus den Leasingverträgen teilweise zu übernehmen. Diese Bürgschaft sei bis zu einem Gesamtbetrag von 200 Millionen Euro gewährt worden, während die Gesamtfinanzierung bei über 350 Millionen Euro gelegen habe. 341    Der angefochtenen Entscheidung sei zu entnehmen (Erwägungsgründe 140 und 141), dass die Kommission gewusst habe, dass die streitige Zahlung gemäß den Bürgschaftsbedingungen vorgenommen worden sei und dass der entsprechende von OA geschuldete Betrag von den zuständigen Behörden zurückgefordert worden sei. 342    Ferner betont OA, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, indem sie die Rechtswidrigkeit der einzigen Bürgschaftszahlung, die von der Hellenischen Republik im August 2004 vorgenommen worden sei, auf die Änderungen dieser Bürgschaften nach der Übernahme der Leasingverträge von OA durch die Hellenische Republik gestützt habe (240. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Diese Übernahme sei nämlich mehrere Monate nach der streitigen Bürgschaftszahlung erfolgt. Die Kommission sei mit E-Mails vom 22. Dezember 2004 und 4. April 2005 darüber informiert worden, dass die Hellenische Republik am 17. Dezember 2004 die Leasingverträge für zwei der Flugzeuge und am 4. April 2005 die Leasingverträge für die anderen beiden Flugzeuge von OA übernommen habe. 343    Darüber hinaus tragen die Klägerinnen vor, dass die angefochtene Entscheidung insoweit keine Begründung enthalte, als die Kommission nicht prüfe, ob die in Rede stehende Maßnahme das Kriterium des privaten Kapitalgebers oder Bürgen erfülle, der sich in der gleichen Lage befinde und es vorziehe, schrittweise den geschuldeten Betrag bis zum Ablauf des Leasingvertrags zu zahlen, anstatt den Gesamtbetrag der in Anspruch genommenen Bürgschaften bis zu einem Betrag von 200 Millionen Euro unmittelbar zu entrichten. 344    Was drittens die Direktzahlung von 8,2 Millionen Euro an OA betrifft, erklärt die Hellenische Republik, OA habe, um gemäß den Leasingverträgen die vorherige Zustimmung der Hauptvermieter zur Untervermietung der Flugzeuge an NOA zu erlangen, im August 2004 akzeptieren müssen, dass ein ihr gehörender Betrag von 8,2 Millionen Euro auf einem gesperrten Konto von Crédit Lyonnais hinterlegt werde. Als die Hellenische Republik in den oben genannten Verträgen an die Stelle von OA getreten sei, habe sie beschlossen, diesen Betrag freizugeben. Jedoch habe der Staat zur Vereinfachung des Verfahrens eine dem gesperrten Betrag von 8,2 Millionen Euro entsprechende Summe an OA gezahlt im Gegenzug für die Abtretung des hinterlegten ursprünglichen Betrags von 8,2 Millionen Euro zuzüglich Zinsen durch OA an den Staat; dieser Betrag würde mit der Durchführung der Übernahmevereinbarungen freigegeben. 345    OA räumt ein, dass sie unter Verstoß gegen ihre Abtretungspflicht den Betrag von 8,2 Millionen Euro und die Zinsen behalten habe, als das gesperrte Konto im Dezember 2004 freigegeben wurde. Sie macht geltend, dass sie versucht habe, so einen Ausgleich für ihre eigenen Forderungen gegenüber der Hellenischen Republik zu erhalten, wie es jeder kluge Wirtschaftsbeteiligte gemacht hätte. 346    Die Klägerinnen erklären, dass der streitige Betrag gemäß dem anwendbaren nationalen Recht im Hinblick auf seine Rückzahlung mit Zinsen als Schuld gegenüber der Hellenischen Republik bescheinigt worden sei. 347    Die Kommission, unterstützt von der Streithelferin, bestreitet dieses Vorbringen in seiner Gesamtheit. Würdigung durch das Gericht 348    Es ist darauf hinzuweisen, dass in Art. 1 Abs. 1 Buchst. b der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 die von der Hellenischen Republik an OA gewährte Umstrukturierungsbeihilfe in Form von neuen Darlehensbürgschaften für Darlehen zur Beschaffung neuer Flugzeuge und für notwendige Investitionen im Zusammenhang mit ihrem Umzug zum neuen Flughafen Spata für nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen wird (siehe oben, Randnr. 6). 349    Die Kommission führt somit zu Recht aus, dass, wenn die streitigen Bürgschaftszahlungen die bloße Ausführung der ursprünglichen Bürgschaften seien, die in Art. 1 Abs. 1 Buchst. b der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt worden seien, diese Zahlungen dann nach der genannten Entscheidung ebenfalls als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen angesehen werden müssten. Außerdem ergibt sich aus der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 – mit der die Rückforderung aller untersuchten Beihilfen, die nach dem 14. August 1998 gezahlt worden sind, angeordnet wird –, dass die Kommission die Rückforderung der streitigen Bürgschaftszahlungen nicht vorgesehen hat, weil sie noch nicht geleistet worden waren. In diesem Fall war es Sache des betroffenen Mitgliedstaats, in Durchführung der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 gemäß Art. 88 Abs. 3 EG davon abzusehen, diese Zahlungen auszuführen. In diesem Zusammenhang wurde die Frage der Vertragsverletzung der Hellenischen Republik wegen Nicht-Rückforderung dieser Beträge von der Kommission auch nicht in der Rechtssache, in der das Urteil vom 12. Mai 2005 ergangen ist, aufgeworfen, weil die streitigen Bürgschaften noch nicht in Anspruch genommen worden waren. Schließlich konnte das von der Kommission nach Art. 228 Abs. 2 EG eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren wegen Nicht-Durchführung dieses Urteils die Grenzen der Rechtskraft dieses Urteils nicht überschreiten. 350    Wenn, wie die Klägerinnen vortragen, die streitigen Zahlungen gemäß den ursprünglichen Bürgschaften vorgenommen wurden, hat Art. 1 Abs. 3 der angefochtenen Entscheidung demzufolge einen rein feststellenden Charakter und erzeugt keine selbständigen Rechtswirkungen. Im Übrigen ist die Anordnung der Rückforderung der entsprechenden Beträge in Art. 2 der angefochtenen Entscheidung in Verbindung mit deren Art. 1 Abs. 3 die logische Folge der Unvereinbarkeitserklärung in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002. 351    Somit müsste in dem Fall, dass die streitigen Bürgschaften nicht geändert worden sind, der Antrag auf Nichtigerklärung der Feststellung der Unvereinbarkeit dieser Bürgschaften wegen der Bestandskraft der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 für unzulässig erklärt werden. Dagegen müsste der Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 2 in Verbindung mit diesem Art. 1 Abs. 3 der angefochtenen Entscheidung für zulässig erklärt werden, weil die Anordnung der Rückforderung in Art. 2 die Klägerin beschwert. 352    Selbst wenn man annimmt, dass die streitigen Bürgschaften nicht geändert worden sind – was nicht erwiesen ist –, muss unter diesen Umständen der Antrag auf Nichtigerklärung von Art. 2 der angefochtenen Entscheidung in Verbindung mit ihrem Art. 1 Abs. 3 im vorliegenden Fall als unbegründet zurückgewiesen werden, weil die Kommission nur die Folgen aus der Erklärung der Unvereinbarkeit gezogen hat, die schon in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 ausgesprochen wurde, die bestandskräftig ist. 353    Außerdem macht die Kommission jedenfalls auch zu Recht geltend, die streitigen Bürgschaftszahlungen seien – wenn sie nicht bloße Leistungen aus den oben genannten ursprünglichen Bürgschaften seien – ebenfalls rechtswidrige und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfen. 354    Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen kann die Gewährung staatlicher Beihilfen, selbst in Form von Bürgschaften, nicht Grundlage für ein berechtigtes Vertrauen Dritter in die Rechtmäßigkeit dieser Bürgschaften sein, wenn sie unter Verstoß gegen Art. 88 Abs. 3 EG gewährt worden sind. Es ist nämlich Sache der beteiligten Dritten, die erforderliche Sorgfalt und Umsicht an den Tag zu legen und sich zu vergewissern, dass die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften im Bereich staatlicher Beihilfen eingehalten worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juni 2000, EPAC/Kommission, T‑204/97 und T‑270/97, Slg. 2000, II‑2267, Randnr. 144). 355    Wie die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (239. Erwägungsgrund) unter Hinweis auf ihre Mitteilung über die Anwendung der Art. 87 [EG] und 88 [EG] auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (ABl. 2000, C 71, S. 14, Abs. 5.3) in Erinnerung ruft, wird, wenn der betreffende Mitgliedstaat unter anderen Voraussetzungen als ursprünglich vorgesehen eine Garantiezahlung vornimmt, diese Zahlung so angesehen, dass dadurch eine neue Garantie entsteht, die der Anmeldepflicht nach Art. 88 Abs. 3 EG unterliegt. 356    Außerdem hat der betreffende Mitgliedstaat nach der Rechtsprechung, im Rahmen der Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und Organen, wie sie sich aus Art. 10 EG ergibt, der Kommission alle Informationen zu liefern, die ihr die Beurteilung ermöglichen, ob eine Maßnahme die Voraussetzungen für eine Ausnahme nach Art 87 Abs. 3 EG erfüllt (Urteil Italien/Kommission, Randnr. 20). 357    Im vorliegenden Fall wirft die Kommission den griechischen Behörden u. a. vor, nicht die Informationen vorgelegt zu haben, die die Prüfung ermöglichen, ob die streitigen Zahlungen die bloße Ausführung der ursprünglichen Garantien darstellten. Unter Berücksichtigung der verfügbaren Informationen vertritt sie in der angefochtenen Entscheidung (240. Erwägungsgrund) die Ansicht, die streitigen Maßnahmen stellten neue Garantien dar. 358    Insoweit wird unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien und des Akteninhalts deutlich, dass die griechischen Behörden im Verwaltungsverfahren trotz der an sie gerichteten Anordnung der Kommission zur Auskunftserteilung keine Informationen in Bezug auf die genauen Bedingungen der Bürgschaftsverträge, den Ablauf der festgelegten Fristen, vorausgehende Zahlungsaufforderungen der Gläubigerbanken und den Zeitpunkt der Zahlung der streitigen Beträge vorgelegt haben. Außerdem haben sie eventuelle Änderungen der ursprünglichen Garantien nicht angemeldet, um gegebenenfalls die Genehmigung für solche geänderten Bürgschaften zu erhalten. 359    Selbst wenn man annimmt, dass die ursprünglichen Bürgschaften, die in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt worden waren, geändert wurden, genügt unter diesen Umständen die Feststellung, dass die Kommission auf alle Fälle die Grenzen ihres Ermessens nicht dadurch überschritten hat, dass sie in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 204 und 241) die Ansicht vertreten hat, diese streitigen neuen Bürgschaften, die von der Hellenischen Republik gewährt worden waren, stellten im Hinblick auf das Kriterium des privaten Kapitalgebers unter Berücksichtigung der wachsenden Verschuldung und der allgemeinen Zahlungsunfähigkeit von OA umso mehr ebenfalls rechtswidrige Beihilfen dar. In dieser Hinsicht führt die Kommission u. a. zutreffend aus, dass das Verhalten der Privatgläubiger, die beim Abschluss der Verträge über die Untervermietung von Flugzeugen durch OA an NOA strengere Bedingungen durchsetzen wollten und die sich nur damit zufriedengaben, dass der Staat in den Leasingverträgen an die Stelle von OA tritt, die fehlende Glaubwürdigkeit von OA und NOA und die Zurückhaltung der Privatgläubiger, ihnen gegenüber das geringste Risiko einzugehen, bestätigt. 360    Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Einstufung der streitigen Zahlungen, die die Hellenische Republik in Ausführung bestimmter Bürgschaften vorgenommen hat, als staatliche Beihilfen nicht mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet und ausreichend begründet. 361    Hinsichtlich der Direktzahlung von 8,2 Millionen Euro an OA, die die Hellenische Republik am 9. August 2004 als Vorschuss für die Beträge vornahm, die OA als Sicherheit für von ihr aus Leasingverträgen für zwei Flugzeuge Airbus A 340-300 geschuldete Zahlungen auf ein Sperrkonto eingezahlt hatte, ergibt sich aus dem Bericht von Moore Stephens, dass diese streitige Zahlung selbst durch keine Sicherheit gedeckt war, wie die Klägerinnen im Übrigen eingeräumt haben. Außerdem ist unstreitig, dass bei der Freigabe des oben genannten Betrags durch Crédit Lyonnais OA diesen Betrag zuzüglich Zinsen der Hellenischen Republik nicht zurückgezahlt hat (siehe oben, Randnrn. 345 und 346). Demzufolge hat die Kommission die Grenzen ihres Ermessens nicht überschritten, und sie hat die angefochtene Entscheidung ausreichend begründet, indem sie ausgeführt hat, dass, selbst wenn die griechischen Behörden die streitige Zahlung als eine Verbindlichkeit von OA ihnen gegenüber ansehen würden, diese Zahlung angesichts der geringen Wahrscheinlichkeit der Rückzahlung dieses Betrags durch OA nach dem Kriterium des privaten Kapitalgebers eine neue Beihilfe darstellen würde (204. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 362    Nach alledem sind die Klagegründe, mit denen ein offensichtlicher Beurteilungsfehler und eine unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Durchführung der streitigen staatlichen Bürgschaften und die Direktzahlung eines Betrags von 8,2 Millionen Euro gerügt werden, daher als unbegründet zurückzuweisen. c)     Zur Duldung der Nichtzahlung geschuldeter Steuern und Sozialversicherungsabgaben (Art. 1 Abs. 4 der angefochtenen Entscheidung) (Rechtssachen T‑415/05, T‑416/05 und T‑423/05) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 363    Die Klägerinnen bestreiten die Feststellungen der Kommission in Bezug auf eine behauptete Duldung der Nichtzahlung von Steuerschulden und Sozialversicherungsabgaben durch OA. Die griechischen Behörden hätten bereits in ihrer Stellungnahme vom 11. Juni 2004 hervorgehoben, dass die von der Kommission in ihrer Entscheidung vom 16. März 2004 über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens in dieser Hinsicht formulierten Rügen ungenau und nicht belegt seien. Das einzige konkrete Beispiel, das in dieser Entscheidung genannt werde, betreffe die Nichtzahlung eines Betrags von 26 Millionen Euro für eine „Spatosimo“ genannte Steuer, die von der Hellenischen Republik auf Flugtickets erhoben werde, um den Ausbau der Flughäfen zu finanzieren. 364    Die Klägerinnen machen geltend, dass Verspätungsschulden gegenüber dem Staat nicht automatisch staatliche Beihilfen darstellten. Nur der Betrag in Höhe des Vorteils, der dem Schuldner vom nicht als Privatgläubiger handelnden staatlichen Gläubiger gewährt werde, könne als Beihilfe angesehen werden. Die Feststellung des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe gemäß dem Kriterium des privaten Gläubigers erfordere eine anhaltende Duldung der Nichtzahlung und somit eine Bezifferung dieser Duldung. Die Beweislast hierfür liege bei der Kommission. 365    Im vorliegenden Fall habe die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen und die Begründungspflicht verletzt, indem sie ausgeführt habe, dass nur das staatliche Eingreifen OA ermöglicht habe, ihre Tätigkeiten fortzusetzen, ohne die Duldung des Staates unter dem Blickwinkel des Kriteriums des privaten Gläubigers zu beurteilen. 366    Die Kommission habe nämlich in Bezug auf die Beitreibung der ausstehenden Schulden weder nachgewiesen, dass die behauptete Duldung der Hellenischen Republik von Dauer gewesen sei, noch, dass OA gegenüber ihren Wettbewerbern ein Vorteil verschafft worden sei. 367    Insbesondere habe die Kommission keine konkreten Umstände genannt, die zeigten, dass ein privater Gläubiger die streitigen Maßnahmen nicht getroffen hätte. Sie habe es u. a. unterlassen, zu prüfen, ob die behauptete Duldung der Hellenischen Republik im Hinblick auf die Schulden die Folge einer Vereinbarung über die Begleichung der Schulden gewesen sei, zu welchen Bedingungen eine solche Vereinbarung geschlossen worden sei, ob es für die Schulden von OA eine Bescheinigung gebe und ob ihre Beitreibung erfolgt sei. 368    Im vorliegenden Fall berufe sich die Kommission auf eine anhaltende Duldung, während sie in der Rechtssache, in der das Urteil vom 12. Mai 2005 ergangen sei, für geschuldete Sozialversicherungsbeiträge selbst eingeräumt habe, dass es in der Zeit vor Dezember 2002 keine solche Duldung gegeben habe. 369    Außerdem rügen die Klägerinnen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung keine ausreichenden Hinweise gegeben habe, die es nicht nur dem betreffenden Mitgliedstaat, sondern auch allen Beteiligten ermöglicht hätten, die für unvereinbar erklärte Beihilfe genau festzustellen und ohne übermäßige Schwierigkeiten deren Höhe zu bestimmen. 370    Die Klägerinnen schließen daraus, dass die angefochtene Entscheidung mit einem Begründungsmangel behaftet sei. Sie werfen der Kommission vor, nur einen Gesamtbetrag „von rund“ 354 Millionen Euro genannt und es den griechischen Behörden überlassen zu haben, den tatsächlichen Vorteil, der OA zugute gekommen sei, zu beziffern. Da die Kommission aber die Angaben unterlassen habe, die ein privater Gläubiger gemacht hätte, sei es nicht möglich, die Art der von der Kommission festgestellten Beihilfe, den Zeitraum der Gewährung dieser Beihilfe und ihre Höhe genau zu bestimmen. 371    Insbesondere habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht klargestellt, ob der oben genannte zurückzufordernde Betrag von 354 Millionen Euro nur das geschuldete Kapital umfasse oder auch geschuldete Zinsen und Geldbußen. In dieser Hinsicht weisen die Klägerinnen darauf hin, dass nach dem Gesetz zur Einziehung öffentlicher Forderungen eine Bescheinigung der Schulden gegenüber dem Staat durch die zuständige Finanzabteilung ein vollstreckbarer Titel für die Rückforderung sei. Zu den bescheinigten Schulden kämen erhebliche Zinsen hinzu, und Zahlungsrückstände würden mit Geldbußen geahndet. Für die Vollstreckung aus den Bescheinigungen der Schulden würden individuelle Zahlungsaufforderungen ausgegeben, in denen die betreffende Gesellschaft aufgefordert werde, die geschuldeten Beträge zu zahlen. 372    Nach Ansicht von OA wird der offensichtliche Beurteilungsfehler der Kommission in Bezug auf Geldbußen und nationale Zinsen durch die Tatsache bestätigt, dass Art. 2 Abs. 2 der angefochtenen Entscheidung die Erhebung von Gemeinschaftszinsen auf den Gesamtbetrag der Steuerschulden einschließlich der Geldbußen und nationalen Zinsen anordnet. 373    Die Kommission sei aber darüber informiert worden, dass bei den Kontrollen, die ihre Gutachter im Mai 2005 durchgeführt hätten, 90 % der Schulden von OA im Bereich Steuern und Sozialversicherungsabgaben bescheinigt und mit Zinsen und Geldbußen belegt gewesen seien. Da das Verfahren der Beitreibung von gegenüber dem Staat bestehenden Schulden und von zu erstattenden staatlichen Beihilfen genau gleich sei, müsse man folglich prüfen, wie sich die Einstufung der gesamten Schulden als staatliche Beihilfen auf die Beitreibung auswirke. 374    Im Übrigen tragen die Klägerinnen vor, die angefochtene Entscheidung sei unzureichend begründet, was die Möglichkeit betreffe, Handlungen des nationalen Sozialversicherungsträgers der Hellenischen Republik zuzurechnen. 375    Schließlich fragt sich OA, ob die AIA geschuldeten Abgaben in dem Betrag der streitigen Schulden enthalten sind. 376    Die Kommission, unterstützt von der Streithelferin, bestreitet das Vorbringen der Klägerinnen. Sie beruft sich u. a. darauf, dass die griechischen Behörden in der Lage seien, die streitigen Schulden genau zu beziffern, was im Übrigen durch die Bescheinigung von 90 % dieser Schulden bestätigt werde. Würdigung durch das Gericht 377    Es ist zu prüfen, ob die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die Hellenische Republik nach der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 in der Zeit zwischen Dezember 2002 und Dezember 2004 weiterhin geduldet hat, dass OA ihre Steuerschulden und Sozialversicherungsabgaben nicht zahlt. 378    Dazu ist zunächst festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen die bloße Bescheinigung der Schulden von OA gegenüber der Hellenischen Republik nicht ihre Rückzahlung gewährleisten kann (vgl. in diesem Sinne Beschluss Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission, Randnr. 94). Wenn infolgedessen ohne berechtigten Grund den Schuldbescheinigungen keine Zahlungsaufforderungen und gegebenenfalls bei Nichtzahlung Zwangsvollstreckungsmaßnahmen folgen, wird die Nichtzahlung der in Rede stehenden Schulden weiterhin von der Hellenischen Republik geduldet. Insoweit ist der von der Hellenischen Republik erwähnte Umstand, dass das Rückforderungsverfahren für Forderungen des Staates und für staatliche Beihilfen identisch sei, für die Beurteilung des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe in Form einer solchen Duldung unerheblich. 379    Im vorliegenden Fall haben die Klägerinnen weder darauf hingewiesen, noch eine Zahlungsaufforderung vorgelegt oder behauptet, dass Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchgeführt worden seien, um die Erstattung der streitigen Forderungen gegenüber OA zu erhalten. 380    Ferner hat OA in Beantwortung einer Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung präzisiert, dass Vereinbarungen über die Begleichung der Schulden nur mit der IKA getroffen worden seien. In dieser Hinsicht ist der angefochtenen Entscheidung (128. Erwägungsgrund) zu entnehmen, dass die Gutachter der Kommission festgestellt haben, dass Zahlungen in Höhe von 7,7 Millionen Euro an die IKA „aufgrund einer Vergleichsvereinbarung für die Jahre bis 2003“ vorgenommen worden seien. Aus den Akten und dem Vorbringen der Verfahrensbeteiligten ergibt sich, dass, was die Sozialversicherungsschulden – die im Bericht von Moore Stephens auf 148 Millionen Euro für das Jahr 2003 und auf 196 Millionen Euro für das Jahr 2004 geschätzt wurden – und die Steuerschulden in Höhe von 374 Millionen Euro im Jahr 2003 und 431 Millionen Euro im Jahr 2004 betrifft, nach den Feststellungen, die in diesem Bericht auf der Grundlage von Jahresabschlüssen und Rechnungslegungsunterlagen von OA getroffen wurden, die griechischen Behörden und OA der Kommission im Verwaltungsverfahren keine Nachweise über den Abschluss und den genauen Inhalt eventueller Vereinbarungen über die Begleichung der von OA dem Staat im betreffenden Zeitraum geschuldeten Steuern und Sozialversicherungsabgaben und über die Durchführung dieser eventuellen Vereinbarungen vorgelegt haben. 381    Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, keine ausreichend gründliche Untersuchung durchgeführt zu haben. Insbesondere befreite unter den Umständen des vorliegenden Falles die Ungenauigkeit der Rügen der Kommission in der Entscheidung vom 16. März 2004 über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens die Hellenische Republik und OA nicht davon, der Kommission alle von ihnen für erheblich gehaltenen Informationen betreffend die Begleichung der in Rede stehenden Schulden durch OA zu liefern. Es trifft zu, dass sich die Kommission in dieser Entscheidung (Randnr. 82) nur auf die „Nichtbezahlung der Steuerschulden“ bezogen und die Duldung der Nichtbezahlung der Sozialversicherungsschulden nicht ausdrücklich erwähnt hat. Die Rügen der Kommission müssen jedoch im Kontext mit der von ihr – parallel zur Fortsetzung der Durchführung der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 – eingeleiteten Untersuchung der Gesamtheit der nach dieser Entscheidung ergangenen Maßnahmen gesehen werden, die mit der Umstrukturierung des Olympic-Airways-Konzerns in Zusammenhang stehen und staatliche Beihilfen enthalten können. Vor diesem Hintergrund erheblicher finanzieller Schwierigkeiten von OA, die bereits früher in den Genuss ähnlicher Maßnahmen in Form der Duldung der Nichtbezahlung ihrer Steuer- und Sozialversicherungsschulden gekommen ist, die in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 festgestellt worden waren, hat die Hellenische Republik im Übrigen in ihrer Stellungnahme vom 11. Juni 2004 betont, dass der Begriff „Steuerschulden“ nicht klar sei. Sie hat in dieser Hinsicht im Wesentlichen ausgeführt, dass, wenn die Kommission davon auszugehen beabsichtige, dass die griechischen Behörden OA unterstützt hätten, indem sie die Nichtbegleichung bestimmter Schulden geduldet hätten, und zwar nicht nur der Steuerschulden, sie den Beweis für eine solche Duldung zu erbringen habe. 382    Im vorliegenden Fall haben die Klägerinnen keinen konkreten Umstand vorgetragen, der die duldende Haltung der Hellenischen Republik gegenüber der Nichtbegleichung der streitigen Schulden im betreffenden Zeitraum erklären könnte. 383    Unter diesen Umständen kann nicht gerügt werden, die Kommission habe die Beweislast umgekehrt, indem sie das Vorliegen einer andauernden duldenden Haltung des Staates gegenüber den Schulden von OA angenommen habe, die ein privater Gläubiger in einer vergleichbaren Situation nicht eingenommen hätte. 384    In dieser Hinsicht haben die Klägerinnen nicht nachgewiesen, dass die Kommission die Grenzen ihres Ermessens überschritten hat, indem sie befand, dass es zwar zutreffe, dass der Staat, wie jeder private Gläubiger, seinen Schuldnern einen Zahlungsaufschub für die Begleichung ihrer Schulden gewähren könne, wenn eine reelle Aussicht bestehe, dass ein Teil der Schulden in absehbarer Zeit zurückgezahlt werde, dass im vorliegenden Fall eine solche Aussicht wegen einer fehlenden Sanierung von OA, wie die Anhäufung ihrer Schulden belege, aber nicht plausibel erscheine. Außerdem ist die angefochtene Entscheidung (vgl. u. a. Erwägungsgründe 203 und 205), in der die Kommission den Akzent insbesondere auf die Anhäufung der – bereits Ende 2002 erheblichen – Steuer- und Sozialversicherungsschulden von OA im betreffenden Zeitraum legt, in diesem Punkt ausreichend begründet. 385    Insbesondere wurde das Risiko für einen Gläubiger, zusätzliche Verluste zu erleiden, durch die Tatsache untermauert, dass die streitigen Maßnahmen im Anschluss an bestimmte Maßnahmen gleicher Art erfolgten, bei denen es sich um die duldende Haltung gegenüber der fortwährenden Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern, wie der „Spatosimo“-Steuer, handelte, die bereits in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 als staatliche Beihilfen eingestuft worden waren. Nachdem die Klägerinnen nichts vortragen, das erlaubt, die streitigen Maßnahmen von den entsprechenden vorausgehenden Maßnahmen zu trennen, kann der Umstand, dass solche Maßnahmen die logische Fortsetzung dieser vorausgehenden Beihilfen darstellten, als Bestätigung dafür angesehen werden, dass sie in die Kategorie der staatlichen Beihilfen gehörten (Urteil BP Chemicals/Kommission, Randnrn. 171 und 176). Diese Einschätzung wird nicht durch den Umstand widerlegt – der sich nur auf die Vollstreckung der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 bezieht und folglich im vorliegenden Fall unerheblich ist –, dass die Kommission in ihrer Vertragsverletzungsklage, die zum Urteil vom 12. Mai 2005 geführt hat, die Sozialversicherungsbeiträge aus ihrem Antrag auf Feststellung, dass die Hellenische Republik nicht alle Maßnahmen ergriffen hat, die zur Rückzahlung der in der Entscheidung vom 11. Dezember 2002 genannten Beihilfen erforderlich waren, ausgenommen hatte, nachdem zwischen OA und der IKA eine Vereinbarung getroffen und ein Teil der in dieser Entscheidung genannten Sozialversicherungsschulden bezahlt worden war, wie Randnr. 10 dieses Urteils zu entnehmen ist. 386    Im vorliegenden Fall hat die Kommission im Übrigen insoweit erklärt, dass sie bereit wäre, die kleinste konkrete Maßnahme, wenn sie zur Sicherung der Forderungen des Staates vorgesehen wäre, bei der Vollstreckung der angefochtenen Entscheidung zu prüfen. 387    Was die Rüge der Klägerinnen betrifft, die streitigen Beihilfen seien nur annäherungsweise beziffert, genügt der Hinweis, dass der Gerichtshof diese Rüge in seinem Urteil vom 14. Februar 2008, Kommission/Griechenland (Randnr. 42), bereits mit der Feststellung zurückgewiesen hat, dass die Beträge der nicht erhaltenen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung festgesetzt worden seien. 388    Insbesondere wird eine Bezifferung der streitigen Beihilfen auf der Grundlage ausreichend genauer Angaben in der Begründung der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 128 bis 130 und 205), die untrennbar mit ihrem verfügenden Teil verbunden ist, nicht dadurch unmöglich gemacht, dass es kein über die Unterscheidung zwischen Steuerschulden und Sozialversicherungsschulden hinausgehendes genaues Verzeichnis der Schulden von OA gegenüber dem griechischen Staat gibt. Die angefochtene Entscheidung kann somit nicht als in diesem Punkt unzureichend begründet angesehen werden. Die Bezifferung obliegt jedenfalls den griechischen Behörden im Rahmen der Durchführung der angefochtenen Entscheidung in loyaler Zusammenarbeit mit der Kommission (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 2008, Kommission/Griechenland, Randnrn. 43 und 44). 389    Im Übrigen hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (206. Erwägungsgrund) rechtlich hinreichend begründet, dass die streitige Maßnahme dem Staat zurechenbar ist, indem sie insbesondere ausgeführt hat, dass die IKA eine griechische öffentliche Einrichtung sei, deren Aufgabe es sei, unter Aufsicht des Staates das griechische Sozialversicherungssystem zu verwalten und die obligatorischen Sozialversicherungsbeiträge einzuziehen. 390    Schließlich ist entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen die Anordnung der Zahlung von Gemeinschaftszinsen auf den Betrag der streitigen Beihilfe, dem bereits die nationalen Zinsen hinzugerechnet worden sind, in Art. 2 der angefochtenen Entscheidung kein Beweis für einen offensichtlichen Beurteilungsfehler in der Analyse der Kommission, da diese unterschiedlichen Zinsen spezifische Zwecke erfüllen (siehe unten, Randnrn. 417 und 418). 391    Was insbesondere die „Spatosimo“-Steuer betrifft, legen die Klägerinnen nicht dar, dass der Kommission ein Zahlungsnachweis vorgelegt wurde. Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass, wenn eine Schuld zum Teil beglichen worden ist, dies bei der Vollstreckung der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt werden müsste, wie die Kommission betont. 392    Was die Zweifel betrifft, die OA in Bezug auf die Einstufung der duldenden Haltung gegenüber der Nichtzahlung der Abgaben an AIA als Beihilfe äußert, genügt der Hinweis, dass die Kommission diese Maßnahme nicht als solche im Hinblick auf eine eventuelle Einstufung als staatliche Beihilfe prüft. Sie beschränkt sich nämlich im 179. Erwägungsgrund darauf, im Rahmen der Prüfung der Natur der Umstrukturierung zu erwähnen, dass bei der Abspaltung die Verbindlichkeiten von OA gegenüber AIA nicht übergegangen seien. Vielmehr hat die Kommission die Verbindlichkeiten von NOA gegenüber AIA geprüft. In dieser Hinsicht hat sie ausgeführt, dass sie nicht endgültig feststellen könne, dass die Maßnahmen von AIA dem Staat zuzurechnen seien. 393    Nach alledem sind die Klagegründe, mit denen ein offensichtlicher Beurteilungsfehler und eine fehlende Begründung gerügt werden, als unbegründet zurückzuweisen. 4.      Zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Rechtssachen T‑415/05 und T‑423/05) a)     Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 394    Die Hellenische Republik und OA tragen vor, dass die Kommission die Verteidigungsrechte des betreffenden Mitgliedstaats verletzt habe, indem sie es abgelehnt habe, ihm den Bericht von Moore Stephens vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung zu übermitteln, trotz ihrer Anträge, die sie u. a. in ihrem Schreiben vom 26. Oktober 2005 an die Kommission wiederholt habe. Dieser Bericht sei den griechischen Behörden entgegen der Praxis der Kommission bei den staatlichen Beihilfen im Flugverkehrssektor, z. B. in der die Gesellschaft Alitalia betreffenden Rechtssache, erst Ende des Jahres 2005 übersandt worden. Außerdem beruft sich die Hellenische Republik auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung. 395    Die Klägerinnen machen der Kommission zum Vorwurf, sie habe in der angefochtenen Entscheidung in dem oben genannten Bericht enthaltene Feststellungen wiedergegeben, ohne dass es den griechischen Behörden ermöglicht worden wäre, rechtzeitig zu den Schwächen dieses Berichts betreffend die Prüfung der Untervermietung von Flugzeugen an NOA, die Bewertung der Höhe der von OA auf NOA übertragenen Aktiva und die verschiedenen Direktbeihilfen, die OA gewährt worden sein sollen, Stellung zu nehmen. 396    OA trägt vor, die Verletzung des Rechts der Hellenischen Republik auf rechtliches Gehör habe eine unmittelbare negative Auswirkung auf die Möglichkeit der Begünstigten der angeblichen Beihilfe gehabt, ihre Interessen zu verteidigen. OA sei somit im weiteren Sinne ihres Rechts beraubt worden, zur Richtigkeit und Stichhaltigkeit der im Bericht Moore Stephens dargelegten Umstände gehört zu werden. 397    Wenn die griechischen Behörden und damit OA Einsicht in diesen Bericht hätten nehmen können, hätten sie eine große Zahl von Missverständnissen vor Erlass der angefochtenen Entscheidung aufklären können. Die Verletzung des Rechts der Hellenischen Republik auf rechtliches Gehör rechtfertige somit die Nichtigerklärung dieser Entscheidung. 398    Die Kommission, unterstützt von der Streithelferin, bestreitet dieses Vorbringen. Sie stellt klar, dass sie vor der Entscheidung betreffend die Gesellschaft Alitalia auch keinen Bericht an die italienischen Behörden geschickt habe. b)     Würdigung durch das Gericht 399    Die Wahrung der Verteidigungsrechte in einem Verfahren, das zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen kann, ist ein fundamentaler Grundsatz des Unionsrechts und daher auch dann sicherzustellen, wenn es keine einschlägigen Verfahrensregeln gibt, wie schon oben in Randnr. 229 erwähnt wurde. 400    Insbesondere kann sich die Kommission im Bereich der staatlichen Beihilfen für die Beurteilung einer Maßnahme im Sinne von Art. 87 EG nur auf Informationen stützen, die sie bei Dritten eingeholt hat, nachdem sie dem betreffenden Staat Gelegenheit gegeben hat, zu diesen Informationen Stellung zu nehmen (siehe oben, Randnr. 250). 401    Da sich im vorliegenden Fall der Bericht von Moore Stephens ausschließlich auf Daten stützt, die von den Gutachtern der Kommission bei ihrer Vor-Ort-Prüfung bei OA und NOA erhoben worden sind, und er somit keine Tatsachenfeststellung enthält, die den Unternehmen, denen die streitigen Maßnahmen gewährt worden sind und die vollständig vom griechischen Staat gehalten werden, nicht bekannt gewesen sind, kann das Unterlassen der Übermittlung dieses Berichts an die Hellenische Republik die Verteidigungsrechte dieses Mitgliedstaats nicht beeinträchtigen. 402    Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass in der Rechtssache T‑415/05 in Bezug auf die streitigen Maßnahmen zugunsten von NOA bereits entschieden worden ist, dass die Kommission gegen Art. 87 Abs. 1 EG verstoßen hat, indem sie nicht nachgeprüft hat, ob die von dieser Gesellschaft an OA und die Hellenische Republik für die Untervermietung von Flugzeugen gezahlten Mieten unter den Marktmieten lagen (siehe oben, Randnrn. 248 bis 253), so dass es im vorliegenden Fall nicht erforderlich ist, die Auswirkung der fehlenden Übermittlung des Berichts von Moore Stephens an die griechischen Behörden auf den Ausgang des Verfahrens zu untersuchen. 403    Was in den Rechtssachen T‑415/05 und T‑423/05 die streitigen Maßnahmen zugunsten von OA betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen keinen konkreten Umstand geltend machen, der die Annahme erlaubt, dass die griechischen Behörden, wenn sie vor Erlass der angefochtenen Entscheidung den Bericht von Moore Stephens zur Verfügung gehabt hätten, Argumente hätten vortragen können, die den Ausgang des Verfahrens hätten beeinflussen können. 404    Der Klagegrund einer Verletzung der Verteidigungsrechte ist somit als unbegründet zurückzuweisen. Da die Klägerinnen außerdem keine spezifischen Angaben zur Stützung des Klagegrundes machen, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung gerügt wird (siehe oben, Randnr. 394), ist er ebenso zurückzuweisen wie der Klagegrund, mit dem eine Verletzung der Verteidigungsrechte gerügt wird. 5.     Zum Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (T‑415/05 und T‑416/05) a)     Vorbringen der Parteien 405    In der Rechtssache T‑415/05 trägt die Hellenische Republik vor, dass, falls die angefochtene Entscheidung dahin auszulegen wäre, dass beim Vollzug von Art. 2 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung auch NOA zur Rückzahlung der an OA gezahlten Beihilfen verpflichtet wäre, was sie bestreite, es unverhältnismäßig wäre, eine Rückforderung, insbesondere des Betrags von 354 Millionen Euro, der in Art. 1 Abs. 4 dieser Entscheidung genannt sei, von NOA zu verlangen, obwohl diese Gesellschaft ihre Tätigkeit erst ab dem 12. Dezember 2003 ausgeübt habe und die Kommission keine Beihilfe in Form einer duldenden Haltung gegenüber der Nichtzahlung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen zu ihren Gunsten festgestellt habe. 406    In der Erwiderung führt die Hellenische Republik weiter aus, dass ein solches Erfordernis die in Art. 10 EG verankerte Pflicht zur Zusammenarbeit im guten Glauben verletze. 407    In der Rechtssache T‑416/05 macht NOA geltend, dass die Pflicht, die in Art. 1 Abs. 4 der angefochtenen Entscheidung genannten, vor der Spaltung gewährten Beihilfen von ihr zurückzufordern, gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoße, wenn sie die Beihilfen beträfe, die in all den Sparten gewährt worden seien, in denen OA tätig sei. 408    Die Kommission, unterstützt durch die Streithelferin, bestreitet dieses Vorbringen. b)     Würdigung durch das Gericht 409    In der Rechtssache T‑416/05 ist nicht über den – im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes im Übrigen nur hilfsweise vorgetragenen – Einwand der Klägerin, die Argumentation betreffend die Unsicherheit der Kommission über den genauen Zeitpunkt der Gründung von NOA sei unzulässig, zu entscheiden; diese Argumentation ist auf alle Fälle unerheblich, wie bereits entschieden worden ist (siehe oben, Randnr. 117). 410    In der Sache genügt der Hinweis, dass der Gerichtshof im Urteil vom 14. Februar 2008, Kommission/Griechenland (Randnr. 53), den Klagegrund einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, den die Hellenische Republik in dem Verfahren vor ihm geltend gemacht hatte, mit der Begründung zurückgewiesen hat, dass die Beseitigung einer rechtswidrigen Beihilfe im Wege der Rückforderung die logische Folge der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit sei und dass die Verpflichtung des Staates, eine von der Kommission als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar angesehene Beihilfe zurückzunehmen, auf die Wiederherstellung der vorherigen Situation gerichtet sei. 411    Mithin kann, da festgestellt worden ist, dass NOA für die Rückforderung der streitigen Beihilfe als Rechtsnachfolgerin von OA angesehen werden kann (siehe oben, Randnrn. 148 bis 151), die Rückforderung dieser Beihilfe von NOA nicht als Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz angesehen werden. 412    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Frage der Aufteilung der Erstattungspflicht zwischen OA und NOA im Urteil vom 12. Mai 2005 nicht entschieden und von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht geprüft worden ist. Es ist somit Sache der Parteien, sie im Rahmen des nationalen Verfahrens der Durchführung der angefochtenen Entscheidung gemäß ihrer gegenseitigen Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit zu regeln (siehe oben, Randnrn. 125 bis 127). 413    Nach alledem sind der Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geltend gemacht wird, und die Rüge einer Verletzung der Pflicht zur Zusammenarbeit, die durch kein spezifisches Vorbringen belegt wird, als unbegründet zurückzuweisen. 6.     Zum Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem (Rechtssachen T‑415/05 und T‑423/05) 414    Die Hellenische Republik und OA tragen vor, dass, soweit in dem in Art. 1 Abs. 4 der angefochtenen Entscheidung genannten Betrag von 354 Millionen Euro ein Betrag von ungefähr 136 Millionen Euro für nach nationalem Recht vorgesehene Zinsen und Geldbußen enthalten sei, die in Art. 2 Abs. 2 der angefochtenen Entscheidung vorgesehene Verpflichtung, die zurückzufordernden Beträge mit dem Referenzzinssatz der Gemeinschaft zu belegen, gegen den Grundsatz ne bis in idem verstoße. 415    Es ist zu betonen, dass die Gemeinschaftszinsen, die nach Art. 2 Abs. 2 der angefochtenen Entscheidung von den Unternehmen zu entrichten sind, die die streitigen Beihilfen erhalten haben, keinen Sanktionscharakter haben, sondern darauf abzielen, den Wettbewerb mittels Rückzahlung des Vorteils, den diese Empfänger ab dem Zeitpunkt der Beihilfengewährung erhalten haben, in vollem Umfang wiederherzustellen. 416    Da im vorliegenden Fall die Duldung der Nichtzahlung verschiedener nach griechischem Recht vorgesehener Verzugszinsen und Zuschläge auch eine staatliche Beihilfe darstellt, macht die Kommission zu Recht geltend, dass die angefochtene Entscheidung dahin auszulegen sei, dass die in Art. 2 Abs. 2 der angefochtenen Entscheidung genannten Zinsen auch auf diese Beträge ab dem Zeitpunkt ihrer Fälligkeit anwendbar seien. Außerdem würden die Modalitäten der Kapitalisierung der Zinsen bei der Durchführung der angefochtenen Entscheidung festgelegt, wie die Kommission vor dem Gericht erläutert hat. 417    Da die im nationalen Recht vorgesehenen Verzugszinsen und Geldbußen einerseits und die in der angefochtenen Entscheidung zur Wiederherstellung des Wettbewerbs vorgesehenen Zinsen andererseits somit verschiedenen Zwecken dienen, verletzt die Auferlegung von Gemeinschaftszinsen auf den um die nationalen Zinsen und Geldbußen erhöhten Gesamtbetrag der Beihilfe nicht den Grundsatz ne bis in idem. 418    Somit ist der Klagegrund, mit dem eine Verletzung des Grundsatzes ne bis in idem gerügt wird, als unbegründet zurückzuweisen. 419    Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung insoweit für nichtig zu erklären, als die Kommission die NOA gewährte Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt (Art. 1 Abs. 1), als sie die OA gewährte Beihilfe, die in Art. 1 Abs. 2 der angefochtenen Entscheidung genannt ist, für unvereinbar erklärt, soweit es sich um den Betrag, der dem Wert aller immateriellen Vermögensgegenstände entspricht, die als Geschäftswert eingetragen sind, um den Wert der auf NOA übertragenen Flugzeuge sowie um die erwarteten Einnahmen aus dem Verkauf von zwei Flugzeugen handelt, und als sie schließlich die Rückforderung dieser Beihilfen verlangt (Art. 2). Kosten 420    Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt und teils unterliegt. Das Gericht kann nach Art. 87 § 4 Abs. 3 der Verfahrensordnung entscheiden, dass ein anderer Streithelfer als ein Mitgliedstaat seine eigenen Kosten trägt. 421    Da in den drei verbundenen Rechtssachen alle Parteien mit ihrem Vorbringen teilweise unterlegen sind, sind jeder Partei ihre eigenen Kosten einschließlich der Kosten der Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in den Rechtssachen T‑416/05 und T‑423/05 aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Sechste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Art. 1 Abs. 1 der Entscheidung K(2005) 2706 endg. der Kommission vom 14. September 2005 über staatliche Beihilfen für die Olympiaki Aeroporia Ypiresies AE (C 11/2004 [ex NN 4/2003] – Olympiaki Aeroporia – Umstrukturierung und Privatisierung) wird für nichtig erklärt. 2.      Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung K(2005) 2706 endg. wird insoweit teilweise für nichtig erklärt, als er den Betrag, der dem Wert aller immateriellen Vermögensgegenstände entspricht, die in der Umwandlungsbilanz von Olympiaki Aeroporia Ypiresies als Geschäftswert erfasst sind, den Wert der auf Olympiakes Aerogrammes AE übertragenen Flugzeuge und die erwarteten Einnahmen aus dem Verkauf von zwei noch in der Bilanz von Olympiaki Aeroporia Ypiresies erfassten Flugzeugen betrifft. 3.      Art. 2 der Entscheidung K(2005) 2706 endg. wird insoweit für nichtig erklärt, als er die Maßnahmen betrifft, die in Art. 1 Abs. 1 und 2 in Rede stehen, soweit diese Bestimmungen für nichtig erklärt werden. 4.      Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen. 5.      Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten einschließlich der Kosten, die im Rahmen der Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstanden sind. Jaeger Meij Truchot Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. September 2010. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits Entscheidung 2003/372/EG Angefochtene Entscheidung Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten Rechtliche Würdigung A –  Zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses der Klägerinnen 1.  Vorbringen der Verfahrensbeteiligten 2.  Würdigung durch das Gericht B –  Zur Begründetheit 1.  Zur Berücksichtigung einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA zum Zweck der Rückforderung der Beihilfen (Rechtssachen T‑415/05 und T‑416/05) a)  Vorbringen der Verfahrensbeteiligten b)  Würdigung durch das Gericht Zur Feststellung der Maßnahmen zugunsten von OA, für die eine Verpflichtung bestehen kann, sie von NOA zurückzufordern Zur rechtlichen Tragweite der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Feststellung, NOA sei für die Zwecke der Rückforderung der streitigen Beihilfe Nachfolgerin von OA Zur Beurteilung der Begründung und der Richtigkeit der in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Feststellung, NOA sei für die Zwecke der Rückforderung der streitigen Beihilfe Nachfolgerin von OA 2.  Zu der NOA gewährten Beihilfe (Art. 1 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung) (Rechtssachen T‑415/05 und T‑416/05) a)  Zur Berücksichtigung einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen OA und NOA zum Zweck der Einstufung der streitigen Maßnahmen Vorbringen der Verfahrensbeteiligten Würdigung durch das Gericht b)  Zum Kriterium des privaten Kapitalgebers Vorbringen der Verfahrensbeteiligten Würdigung durch das Gericht –  Zur Feststellung der streitigen Beihilfe –  Zur Bestimmung der streitigen Fragen im Hinblick auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung und auf das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten –  Zu den im vorliegenden Fall für die Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers maßgeblichen Gesichtspunkten –  Zur Beweislastverteilung und den jeweiligen Verfahrenspflichten der Kommission und des betroffenen Mitgliedstaats 3.  Zu den Beihilfen für OA a)  Zur Vorauszahlung des Betrags, um den die von OA auf NOA übertragenen Aktiva zu hoch bewertet waren (Art. 1 Abs. 2 der angefochtenen Entscheidung) (Rechtssachen T‑415/05 und T‑423/05) Zum Verstoß gegen Art. 87 Abs. 1 EG und zur fehlenden Begründung (Rechtssachen T‑415/05 und T‑423/05) –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum Verstoß gegen Art. 87 Abs. 3 EG und zum Begründungsmangel (Rechtssache T‑415/05) –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht b)  Zur Inanspruchnahme bestimmter Staatsbürgschaften (Art. 1 Abs. 3 der angefochtenen Entscheidung) (Rechtssachen T‑415/05 und T‑423/05) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten Würdigung durch das Gericht c)  Zur Duldung der Nichtzahlung geschuldeter Steuern und Sozialversicherungsabgaben (Art. 1 Abs. 4 der angefochtenen Entscheidung) (Rechtssachen T‑415/05, T‑416/05 und T‑423/05) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten Würdigung durch das Gericht 4.  Zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Rechtssachen T‑415/05 und T‑423/05) a)  Vorbringen der Verfahrensbeteiligten b)  Würdigung durch das Gericht 5.  Zum Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (T‑415/05 und T‑416/05) a)  Vorbringen der Parteien b)  Würdigung durch das Gericht 6.  Zum Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem (Rechtssachen T‑415/05 und T‑423/05) Kosten * Verfahrenssprache: Griechisch.
Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 2. April 2025.#Giuliani SpA gegen Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum.#Rechtssache T-442/23.
62023TJ0442
ECLI:EU:T:2025:354
2025-04-02T00:00:00
Gericht
EUR-Lex - CELEX:62023TJ0442 - EN - EUR-Lex × Skip to main content Log in My EUR-Lex My EUR-Lex Sign in Register My recent searches (0) English English Select your language Official EU languages: bg български es Español cs Čeština da Dansk de Deutsch et Eesti keel el Ελληνικά en English fr Français ga Gaeilge hr Hrvatski it Italiano lv Latviešu valoda lt Lietuvių kalba hu Magyar mt Malti nl Nederlands pl Polski pt Português ro Română sk Slovenčina sl Slovenščina fi Suomi sv Svenska EUR-Lex Access to European Union law <a href="https://eur-lex.europa.eu/content/help/eurlex-content/experimental-features.html" target="_blank">More about the experimental features corner</a> Experimental features × Choose the experimental features you want to try Do you want to help improving EUR-Lex ? This is a list of experimental features that you can enable. These features are still under development; they are not fully tested, and might reduce EUR-Lex stability. Don't forget to give your feedback! Warning! Experimental feature conflicts detected. Replacement of CELEX identifiers by short titles - experimental feature. It replaces clickable CELEX identifiers of treaties and case-law by short titles. Visualisation of document relationships. It displays a dynamic graph with relations between the act and related documents. It is currently only available for legal acts. Deep linking. It enables links to other legal acts referred to within the documents. It is currently only available for documents smaller than 900 KB. Apply EUR-Lex Access to European Union law This document is an excerpt from the EUR-Lex website You are here EUROPA EUR-Lex home EUR-Lex - CELEX:62023TJ0442 - EN Help Print Menu EU law Treaties Treaties currently in force Founding treaties Accession Treaties Other treaties and protocols Chronological overview Legal acts Consolidated texts International agreements Preparatory documents EFTA documents Lawmaking procedures Summaries of EU legislation Browse by EU institutions European Parliament European Council Council of the European Union European Commission Court of Justice of the European Union European Central Bank European Court of Auditors European Economic and Social Committee European Committee of the Regions Browse by EuroVoc EU case-law Case-law Reports of cases Directory of case-law Official Journal Access to the Official Journal Official Journal L series daily view Official Journal C series daily view Browse the Official Journal Legally binding printed editions Special edition National law and case-law National transposition National case-law JURE case-law Information Themes in focus EUR-Lex developments Statistics ELI register About ELI Technical information ELI implementation overview Resources for implementing ELI ELI highlights ELI testimonials Legislation in schema.org EU budget online Quick search Use quotation marks to search for an "exact phrase". Append an asterisk (* ) to a search term to find variations of it (transp * , 32019R * ). Use a question mark (? ) instead of a single character in your search term to find variations of it (ca ? e finds case, cane, care). Search tips Need more search options? Use the Advanced search Document 62023TJ0442 Help Print The requested document does not exist. This site is managed by the Publications Office of the European Union Need help? Help pages Contact Sitemap Follow us X Legal Legal notice Cookies policy Accessibility Privacy statement Information About EUR-Lex Newsletter Useful links Other services European Data EU tenders EU research results EU Whoiswho EU publications N-Lex EU Law in Force EU Law Tracker Discover more on europa.eu Contact the EU Call us 00 800 6 7 8 9 10 11 Use other telephone options Write to us via our contact form Meet us at one of the EU centres Social media Search for EU social media channels Legal Languages on our websites Privacy policy Legal notice Cookies EU institutions European Parliament European Council Council of the European Union European Commission Court of Justice of the European Union (CJEU) European Central Bank (ECB) European Court of Auditors European External Action Service (EEAS) European Economic and Social Committee European Committee of Regions (CoR) European Investment Bank European Ombudsman European Data Protection Supervisor (EDPS) European Data Protection Board European Personnel Selection Office Publications Office of the European Union Agencies Switch to mobile Switch to desktop
Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 7. März 2024.#Autorità di Regolazione per Energia Reti e Ambiente (ARERA) gegen Fallimento Esperia SpA und Gestore dei Servizi Energetici SpA - GSE.#Vorabentscheidungsersuchen des Consiglio di Stato.#Vorlage zur Vorabentscheidung – Nationale Förderregelung, die die Zuteilung handelbarer grüner Zertifikate an nationale Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Quellen vorsieht – Einfuhr von Strom, der aus erneuerbaren Quellen in einem anderen Mitgliedstaat stammt – Verpflichtung zum Erwerb grüner Zertifikate – Sanktion – Befreiung – Richtlinie 2001/77/EG – Richtlinie 2009/28/EG – Förderregelung – Herkunftsnachweise – Freier Warenverkehr – Art. 18, 28, 30, 34 und 110 AEUV – Staatliche Beihilfen – Art. 107 und 108 AEUV – Staatliche Mittel – Selektiver Vorteil.#Rechtssache C-558/22.
62022CJ0558
ECLI:EU:C:2024:209
2024-03-07T00:00:00
Gerichtshof, Campos Sánchez-Bordona
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62022CJ0558 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer) 7. März 2024 (*1) „Vorlage zur Vorabentscheidung – Nationale Förderregelung, die die Zuteilung handelbarer grüner Zertifikate an nationale Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Quellen vorsieht – Einfuhr von Strom, der aus erneuerbaren Quellen in einem anderen Mitgliedstaat stammt – Verpflichtung zum Erwerb grüner Zertifikate – Sanktion – Befreiung – Richtlinie 2001/77/EG – Richtlinie 2009/28/EG – Förderregelung – Herkunftsnachweise – Freier Warenverkehr – Art. 18, 28, 30, 34 und 110 AEUV – Staatliche Beihilfen – Art. 107 und 108 AEUV – Staatliche Mittel – Selektiver Vorteil“ In der Rechtssache C‑558/22 betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidung vom 16. August 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 19. August 2022, in dem Verfahren Autorità di Regolazione per Energia Reti e Ambiente (ARERA) gegen Fallimento Esperia SpA, Gestore dei Servizi Energetici SpA – GSE erlässt DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer) unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal (Berichterstatterin), der Richter F. Biltgen, N. Wahl und J. Passer sowie der Richterin M. L. Arastey Sahún, Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona, Kanzler: A. Calot Escobar, aufgrund des schriftlichen Verfahrens, unter Berücksichtigung der Erklärungen – der Fallimento Esperia SpA, vertreten durch U. Grella und F. M. Salerno, Avvocati, – der Gestore dei Servizi Energetici SpA – GSE, vertreten durch S. Fidanzia und A. Gigliola, Avvocati, – der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von D. Del Gaizo und F. Tortora, Avvocati dello Stato, – der Europäischen Kommission, vertreten durch B. De Meester, G. Gattinara und F. Tomat als Bevollmächtigte, aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden, folgendes Urteil 1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 18, 28, 30, 34, 107, 108 und 110 AEUV sowie der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG (ABl. 2009, L 140, S. 6). 2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Autorità di Regolazione per Energia Reti e Ambiente (ARERA) (Regulierungsbehörde für Energie, Netze und Umwelt, Italien) (im Folgenden: ARERA) auf der einen Seite und der Fallimento Esperia SpA, einer zahlungsunfähigen Gesellschaft, sowie der Gestore dei Servizi Energetici SpA – GSE (im Folgenden: GSE) auf der anderen Seite über die Verhängung einer Geldbuße gegen Fallimento Esperia wegen Verstoßes gegen die Verpflichtung, für den im Jahr 2010 nach Italien eingeführten Strom Zertifikate über den Herkunftsnachweis aus erneuerbaren Quellen (im Folgenden: grüne Zertifikate) zu erwerben. Rechtlicher Rahmen Unionsrecht Richtlinie 2001/77/EG 3 Die Richtlinie 2001/77/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. 2001, L 283, S. 33) wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2012 durch die Richtlinie 2009/28 aufgehoben. Die Richtlinie 2009/28 wurde ihrerseits mit Wirkung vom 1. Juli 2021 durch die Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (ABl. 2018, L 328, S. 82) aufgehoben. 4 Die Erwägungsgründe 10, 11, 14 und 15 der Richtlinie 2001/77 lauteten: „(10) Diese Richtlinie verlangt zwar von den Mitgliedstaaten nicht, den Ankauf eines Herkunftsnachweises von anderen Mitgliedstaaten oder die entsprechende Abnahme von Strom als Beitrag zur Verwirklichung einer einzelstaatlichen Quotenverpflichtung anzuerkennen. Zur Förderung des Handels mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen und zur Verbesserung der Transparenz bei der Wahl des Verbrauchers zwischen Strom aus nicht erneuerbaren und aus erneuerbaren Energiequellen ist jedoch ein Herkunftsnachweis für diesen Strom notwendig. Regelungen für den Herkunftsnachweis implizieren als solche noch nicht ein Recht auf Inanspruchnahme der in den einzelnen Mitgliedstaaten geschaffenen nationalen Fördermechanismen. Es ist wichtig, dass Strom aus erneuerbaren Energiequellen in jeglicher Form von solchen Herkunftsnachweisen erfasst wird. (11) Es ist wichtig, klar zwischen Herkunftsnachweisen und handelbaren grünen Zertifikaten zu unterscheiden. … (14) Die Mitgliedstaaten praktizieren auf nationaler Ebene unterschiedliche Systeme zur Unterstützung erneuerbarer Energiequellen; hierzu zählen grüne Zertifikate, Investitionsbeihilfen, Steuerbefreiungen oder ‑erleichterungen, Steuererstattungen und direkte Preisstützungssysteme. Ein wichtiges Element zur Verwirklichung des Ziels dieser Richtlinie besteht darin, das ungestörte Funktionieren dieser Systeme zu gewährleisten, damit das Vertrauen der Investoren erhalten bleibt, bis ein Gemeinschaftsrahmen zur Anwendung gelangt ist. (15) Für die Entscheidung über einen Gemeinschaftsrahmen für Förderregelungen ist es in Anbetracht der begrenzten Erfahrung mit den einzelstaatlichen Systemen und des gegenwärtig relativ geringen Anteils subventionierten Stroms aus erneuerbaren Energiequellen in der Gemeinschaft noch zu früh.“ 5 Art. 1 („Zweck“) der Richtlinie 2001/77 sah vor: „Mit dieser Richtlinie wird bezweckt, eine Steigerung des Anteils erneuerbarer Energiequellen an der Stromerzeugung im Elektrizitätsbinnenmarkt zu fördern und eine Grundlage für einen entsprechenden künftigen Gemeinschaftsrahmen zu schaffen.“ 6 Art. 3 („Nationale Richtziele“) Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2001/77 bestimmte: „(1)   Die Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen, um die Steigerung des Verbrauchs von Strom aus erneuerbaren Energiequellen entsprechend den in Absatz 2 genannten nationalen Richtzielen zu fördern. Diese Maßnahmen müssen in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Ziel stehen. (2)   Die Mitgliedstaaten erstellen und veröffentlichen bis zum 27. Oktober 2002 und danach alle fünf Jahre einen Bericht, in dem die nationalen Richtziele für den künftigen Verbrauch von Strom aus erneuerbaren Energiequellen als Prozentsatz des Stromverbrauchs für die nächsten zehn Jahre festgelegt werden. Ferner sind in dem Bericht die Maßnahmen darzulegen, die zur Verwirklichung dieser nationalen Richtziele auf nationaler Ebene ergriffen wurden oder geplant sind. Zur Festlegung dieser Ziele bis zum Jahr 2010 haben die Mitgliedstaaten – die im Anhang vorgesehenen Referenzwerte zu berücksichtigen; – dafür zu sorgen, dass diese Ziele mit allen einzelstaatlichen Verpflichtungen im Rahmen der Klimaschutzverpflichtungen, die die Gemeinschaft in dem Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen eingegangen ist, vereinbar sind.“ 7 In Art. 4 („Förderregelungen“) Abs. 1 der Richtlinie 2001/77 hieß es: „Unbeschadet der Artikel 87 und 88 des Vertrags [(jetzt Art. 107 und 108 AEUV)] bewertet die [Europäische] Kommission die Anwendung der in den Mitgliedstaaten genutzten Mechanismen, durch die ein Stromerzeuger aufgrund von Regelungen, die von öffentlichen Stellen erlassen worden sind, direkt oder indirekt unterstützt wird und die eine Beschränkung des Handels zur Folge haben könnten, wobei davon auszugehen ist, dass sie zur Verwirklichung der Ziele der Artikel 6 und 174 des Vertrags beitragen.“ 8 Art. 5 („Herkunftsnachweis für Strom aus erneuerbaren Energiequellen“) Abs. 1 bis 5 der Richtlinie 2001/77 sah vor: „(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass spätestens zum 27. Oktober 2003 die Herkunft des aus erneuerbaren Energiequellen erzeugten Stroms als [solche] im Sinne dieser Richtlinie nach von den einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien garantiert werden kann. Sie sorgen dafür, dass zu diesem Zweck auf Antrag ein Herkunftsnachweis ausgestellt wird. (2)   Die Mitgliedstaaten können eine oder mehrere in Bezug auf die Stromerzeugung und ‑verteilung unabhängige und fachlich befähigte Stellen benennen, die die Ausstellung der Herkunftsnachweise überwachen. (3)   Die Herkunftsnachweise – müssen Angaben zur Energiequelle, aus der der Strom erzeugt wurde, zu Zeitpunkt und Ort der Erzeugung sowie bei Wasserkraftanlagen die Angabe der Leistung enthalten; – müssen Erzeugern von Strom aus erneuerbaren Energiequellen den Nachweis ermöglichen, dass der von ihnen verkaufte Strom aus erneuerbaren Energiequellen im Sinne dieser Richtlinie stammt. (4)   Die gemäß Absatz 2 ausgestellten Herkunftsnachweise sollten von den Mitgliedstaaten ausschließlich als Nachweis der in Absatz 3 genannten Punkte gegenseitig anerkannt werden. Eine Verweigerung der Anerkennung eines Herkunftsnachweises als derartiger Nachweis, insbesondere aus Gründen, die mit der Betrugsbekämpfung in Zusammenhang stehen, muss sich auf objektive, transparente und nichtdiskriminierende Kriterien stützen. Wird die Anerkennung eines Herkunftsnachweises verweigert, so kann die Kommission die verweigernde Seite insbesondere aufgrund objektiver, transparenter und nichtdiskriminierender Kriterien, auf die sich diese Anerkennung stützt, zur Anerkennung verpflichten. (5)   Die Mitgliedstaaten oder die zuständigen Stellen schaffen geeignete Mechanismen, um die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Herkunftsnachweise sicherzustellen, und beschreiben in dem Bericht nach Artikel 3 Absatz 3 die Maßnahmen, die ergriffen wurden, um die Zuverlässigkeit des Nachweissystems zu gewährleisten.“ Richtlinie 2009/28 9 In den Erwägungsgründen 25, 52 und 56 der Richtlinie 2009/28 hieß es: „(25) Die Mitgliedstaaten haben unterschiedliche Potenziale im Bereich der erneuerbaren Energie und wenden auf nationaler Ebene unterschiedliche Regelungen zur Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen an. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten wendet Förderregelungen an, bei denen Vorteile ausschließlich für in ihrem Hoheitsgebiet erzeugte Energie aus erneuerbaren Quellen gewährt werden. Damit nationale Förderregelungen ungestört funktionieren können, müssen die Mitgliedstaaten deren Wirkung und Kosten entsprechend ihrem jeweiligen Potenzial kontrollieren können. Ein wichtiger Faktor bei der Verwirklichung des Ziels dieser Richtlinie besteht darin, das ungestörte Funktionieren der nationalen Förderregelungen, wie nach der Richtlinie [2001/77], zu gewährleisten, damit das Vertrauen der Investoren erhalten bleibt und die Mitgliedstaaten wirksame nationale Maßnahmen im Hinblick auf die Erfüllung der Ziele konzipieren können. Diese Richtlinie zielt darauf ab, die grenzüberschreitende Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen zu erleichtern, ohne die nationalen Förderregelungen zu beeinträchtigen. Sie führt wahlweise Mechanismen der Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten ein, in deren Rahmen die Mitgliedstaaten vereinbaren können, in welchem Maße ein Mitgliedstaat die Energieerzeugung in einem anderen Mitgliedstaat fördert und in welchem Umfang die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen auf die nationalen Gesamtziele des einen oder des anderen Mitgliedstaats angerechnet wird. Um die Wirksamkeit der beiden Maßnahmen zur Zielerfüllung, also der nationalen Förderregelungen und der Mechanismen der Zusammenarbeit, zu gewährleisten, ist es unbedingt notwendig, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang ihre nationalen Förderregelungen für in anderen Mitgliedstaaten erzeugte Energie aus erneuerbaren Quellen gelten, und sich durch die Anwendung der in der vorliegenden Richtlinie vorgesehenen Mechanismen der Zusammenarbeit darüber zu einigen. … (52) Herkunftsnachweise, die für die Zwecke dieser Richtlinie ausgestellt werden, dienen ausschließlich dazu, einem Endkunden gegenüber nachzuweisen, dass ein bestimmter Anteil oder eine bestimmte Menge an Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugt wurde. … Es ist wichtig, dass zwischen grünen Zertifikaten, die für Fördersysteme genutzt werden, und Herkunftsnachweisen unterschieden wird. … (56) Herkunftsnachweise begründen nicht an sich ein Recht auf Inanspruchnahme nationaler Förderregelungen.“ 10 Art. 1 („Gegenstand und Anwendungsbereich“) der Richtlinie 2009/28 lautete: „Mit dieser Richtlinie wird ein gemeinsamer Rahmen für die Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen vorgeschrieben. In ihr werden verbindliche nationale Ziele für den Gesamtanteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch und für den Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen im Verkehrssektor festgelegt. Gleichzeitig werden Regeln für statistische Transfers zwischen Mitgliedstaaten, gemeinsame Projekte zwischen Mitgliedstaaten und mit Drittländern, Herkunftsnachweise, administrative Verfahren, Informationen und Ausbildung und Zugang zum Elektrizitätsnetz für Energie aus erneuerbaren Quellen aufgestellt. Ferner werden Kriterien für die Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen und flüssigen Biobrennstoffen vorgeschrieben.“ 11 Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie 2009/28 sah vor: „Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten die Begriffsbestimmungen der Richtlinie 2003/54/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG (ABl. 2003, L 176, S. 37)]. Ferner gelten die folgenden Begriffsbestimmungen. Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck … j) ‚Herkunftsnachweis‘ ein elektronisches Dokument, das gemäß den Anforderungen von Artikel 3 Absatz 6 der Richtlinie [2003/54] ausschließlich als Nachweis gegenüber einem Endkunden dafür dient, dass ein bestimmter Anteil oder eine bestimmte Menge an Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugt wurde; k) ‚Förderregelung‘ ein Instrument, eine Regelung oder einen Mechanismus, das bzw. die bzw. der von einem Mitgliedstaat oder einer Gruppe von Mitgliedstaaten angewendet wird und die Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen dadurch fördert, dass die Kosten dieser Energie gesenkt werden, ihr Verkaufspreis erhöht wird oder ihre Absatzmenge durch eine Verpflichtung zur Nutzung erneuerbarer Energie oder auf andere Weise gesteigert wird. Dazu zählen unter anderem Investitionsbeihilfen, Steuerbefreiungen oder ‑erleichterungen, Steuererstattungen, Förderregelungen, die zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen verpflichten, einschließlich solcher, bei denen grüne Zertifikate verwendet werden, sowie direkte Preisstützungssysteme einschließlich Einspeisetarife und Prämienzahlungen; l) ‚Verpflichtung zur Nutzung erneuerbarer Energie‘ eine nationale Förderregelung, durch die Energieproduzenten dazu verpflichtet werden, ihre Erzeugung zu einem bestimmten Anteil durch Energie aus erneuerbaren Quellen zu decken, durch die Energieversorger dazu verpflichtet werden, ihre Versorgung zu einem bestimmten Anteil durch Energie aus erneuerbaren Quellen zu decken, oder durch die Energieverbraucher dazu verpflichtet werden, ihren Verbrauch zu einem bestimmten Anteil durch Energie aus erneuerbaren Quellen zu decken. Dazu zählen auch Regelungen, bei denen derartige Verpflichtungen durch Verwendung grüner Zertifikate erfüllt werden können; …“ 12 Art. 3 („Verbindliche nationale Gesamtziele und Maßnahmen auf dem Gebiet der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen“) Abs. 1 bis 4 der Richtlinie 2009/28 bestimmte: „(1)   Jeder Mitgliedstaat sorgt dafür, dass sein gemäß den Artikeln 5 bis 11 berechneter Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch im Jahr 2020 mindestens seinem nationalen Gesamtziel für den Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen in diesem Jahr gemäß der dritten Spalte der Tabelle in Anhang I Teil A entspricht. Diese verbindlichen nationalen Gesamtziele müssen mit dem Ziel in Einklang stehen, bis 2020 mindestens 20 % des Bruttoendenergieverbrauchs der Gemeinschaft durch Energie aus erneuerbaren Quellen zu decken. Um die in diesem Artikel aufgestellten Ziele leichter erreichen zu können, fördern die Mitgliedstaaten Energieeffizienz und Energieeinsparungen. (2)   Die Mitgliedstaaten treffen Maßnahmen, um effektiv zu gewährleisten, dass ihr Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen den im indikativen Zielpfad in Anhang I Teil B angegebenen Anteil erreicht oder übersteigt. (3)   Zur Erfüllung der in den Absätzen 1 und 2 genannten Ziele können die Mitgliedstaaten unter anderem folgende Maßnahmen anwenden: a) Förderregelungen; b) Maßnahmen zur Kooperation zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten und mit Drittländern im Hinblick auf die Erfüllung ihrer nationalen Gesamtziele gemäß den Artikeln 5 bis 11. Unbeschadet der Artikel 87 und 88 des Vertrags [(jetzt Art. 107 und 108 AEUV)] haben die Mitgliedstaaten das Recht, gemäß den Artikeln 5 bis 11 dieser Richtlinie zu entscheiden, in welchem Umfang sie die in einem anderen Mitgliedstaat erzeugte Energie aus erneuerbaren Quellen fördern wollen. (4)   Jeder Mitgliedstaat gewährleistet, dass sein Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen bei allen Verkehrsträgern im Jahr 2020 mindestens 10 % seines Endenergieverbrauchs im Verkehrssektor entspricht.“ 13 Art. 15 („Herkunftsnachweis für Elektrizität, Wärme und Kälte, die aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt werden“) Abs. 1 und 9 der Richtlinie 2009/28 sah vor: „(1)   Zum Zweck des Nachweises gegenüber den Endkunden darüber, welchen Anteil Energie aus erneuerbaren Quellen im Energiemix eines Energieversorgers ausmacht oder in welcher Menge sie darin enthalten ist, der gemäß Artikel 3 Absatz 6 der Richtlinie [2003/54] zu erbringen ist, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Herkunft von aus erneuerbaren Energiequellen erzeugter Elektrizität als solche im Sinne dieser Richtlinie gemäß objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien garantiert werden kann. … (9)   Die Mitgliedstaaten erkennen die von anderen Mitgliedstaaten gemäß dieser Richtlinie ausgestellten Herkunftsnachweise ausschließlich als Nachweis der in Absatz 1 und Absatz 6 Buchstaben a bis f genannten Angaben an. …“ 14 In Art. 26 („Änderungen und Aufhebung“) der Richtlinie 2009/28 hieß es: „(1)   In der Richtlinie [2001/77] werden Artikel 2, Artikel 3 Absatz 2 und die Artikel 4 bis 8 mit Wirkung vom 1. April 2010 aufgehoben. … (3)   Die Richtlinie [2001/77] und die Richtlinie 2003/30/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2003 zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor (ABl. 2003, L 123, S. 42)] werden mit Wirkung vom 1. Januar 2012 aufgehoben.“ 15 Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28 bestimmte: „Unbeschadet des Artikels 4 Absätze 1, 2 und 3 setzen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, um dieser Richtlinie bis zum 5. Dezember 2010 nachzukommen.“ Italienisches Recht Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 79/1999 16 Um die Nutzung von aus erneuerbaren Quellen erzeugtem Strom (im Folgenden: grüner Strom) zu fördern, erließ die Italienische Republik das Decreto legislativo n. 79 – Attuazione della direttiva 96/92/CE recante norme comuni per il mercato interno dell’energia elettrica (Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 79 zur Umsetzung der Richtlinie 96/92/EG betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt) vom 16. März 1999 (GURI Nr. 75 vom 31. März 1999, S. 8, im Folgenden: Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 79/1999). 17 Mit dem Gesetzesvertretenden Dekret Nr. 79/1999 wurde eine Regelung zur Förderung der Erzeugung von grünem Strom eingeführt, die u. a. auf der kostenlosen Zuteilung grüner Zertifikate an alle italienischen Erzeuger von grünem Strom entsprechend der Menge an erzeugtem grünen Strom beruht. 18 Art. 11 des Gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 79/1999 sah vor: „1.   Um einen Anreiz für die Nutzung erneuerbarer Energien, die Einsparung von Energie, die Reduzierung des Ausstoßes von Kohlendioxid und die Verwendung nationaler Energiequellen zu schaffen, sind die Einführer und die Betreiber von Anlagen, die jedes Jahr Strom aus nicht erneuerbaren Quellen einführen oder erzeugen, ab dem Jahr 2001 verpflichtet, im darauffolgenden Jahr in das nationale Stromnetz eine Quote aus in Betrieb gegangenen Anlagen oder Anlagen, die ihre Erzeugung gesteigert haben, einzuspeisen, begrenzt auf die zusätzlichen Erzeugungskapazitäten nach dem Inkrafttreten dieses Dekrets. 2.   Die in Abs. 1 vorgesehene Verpflichtung gilt für die Stromeinfuhr und ‑erzeugung; darin nicht eingeschlossen sind die Kraft-Wärme-Kopplung, der Kraftwerkseigenverbrauch und die Ausfuhren von mehr als 100 GWh; die in Abs. 1 genannte Quote wird zu Anfang auf 2 % des 100 GWh überschreitenden Stroms festgelegt. 3.   Die Unternehmen können dieser Verpflichtung auch dadurch nachkommen, dass sie die entsprechende Quote oder die damit verbundenen Rechte ganz oder teilweise bei anderen Erzeugern, sofern sie die Energie aus erneuerbaren Quellen in das nationale Stromnetz einspeisen, oder beim [Gestore della rete di trasmissione nazionale (Betreiber des nationalen Übertragungsnetzes, Italien), jetzt GSE] erwerben. … Um jährliche Erzeugungsschwankungen oder ein unzureichendes Angebot auszugleichen, kann [GSE] unabhängig von der tatsächlichen Verfügbarkeit Rechte zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen kaufen oder verkaufen, wobei sie verpflichtet ist, gegebenenfalls ausgegebene Rechte bei fehlender Verfügbarkeit alle drei Jahre auszugleichen.“ 19 Der Erwerb von Rechten zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen, auch „grüne Zertifikate“ genannt, durch GSE erfolgte unter Verwendung der Einnahmen aus dem den Stromverbrauchern in Rechnung gestellten Tarifbestandteil A3. Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 387/2003 20 Aus Art. 4 des Decreto legislativo n. 387 – Attuazione della direttiva 2001/77/CE relativa alla promozione dell’energia elettrica prodotta da fonti energetiche rinnovabili nel mercato interno dell’elletricità (Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 387 zur Umsetzung der Richtlinie 2001/77/EG zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt) vom 29. Dezember 2003 (Supplemento ordinario zur GURI Nr. 25 vom 31. Januar 2004, im Folgenden: Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 387/2003) ging hervor, dass es Sache des Betreibers des nationalen Übertragungsnetzes, jetzt GSE, war, die Einhaltung der in Art. 11 des Gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 79/1999 vorgesehenen Verpflichtung zu prüfen und der Autorità per l’energia elettrica, il gas e il sistema idrico (Behörde für elektrische Energie, Gas und das Wassersystem, Italien), jetzt der ARERA, die in einem solchen Fall für die Verhängung der in der Legge n. 481 – Norme per la concorrenza e la regolazione dei servizi di pubblica utilità. Istituzione delle Autorità di regolazione dei servizi di pubblica utilità (Gesetz Nr. 481 mit Vorschriften über den Wettbewerb und die Regulierung im Bereich der Gemeinwohldienstleistungen und zur Errichtung der Regulierungsbehörden für Gemeinwohldienstleistungen) vom 14. November 1995 (GURI Nr. 270 vom 18. November 1995, Supplemento ordinario Nr. 136) vorgesehenen Sanktionen zuständig war, etwaige Verstöße zu melden. 21 In Art. 11 Abs. 6 des Gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 387/2003 hieß es: „Der Herkunftsnachweis gibt den Standort der Anlage, die erneuerbare Energiequelle, aus der der Strom erzeugt wurde, die verwendete Technologie, die Nennleistung der Anlage, die Nettostromerzeugung oder bei Hybridkraftwerken die anrechenbare Erzeugung für jedes Kalenderjahr an. …“ 22 Art. 20 Abs. 3 des Gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 387/2003 bestimmte: „Die Unternehmen, die in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erzeugten Strom einführen und der Verpflichtung nach Art. 11 des Gesetzesvertretenden Dekrets [Nr. 79/1999] unterliegen, können beim Netzbetreiber für den aus erneuerbaren Quellen erzeugten Teil des eingeführten Stroms eine Befreiung von dieser Verpflichtung beantragen. Dem Antrag ist mindestens eine beglaubigte Abschrift des Herkunftsnachweises beizufügen, der gemäß Art. 5 der Richtlinie [2001/77] in dem Staat ausgestellt wurde, in dem sich die Erzeugungsanlage befindet. …“ Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage 23 Die Esperia SpA war eine Gesellschaft, die Strom zum Zweck des Verkaufs im Groß- und Einzelhandel nach Italien einführte. 24 Mit Bescheid vom 28. Juni 2016 verhängte die ARERA gegen Esperia eine Geldbuße in Höhe von 2803500 Euro wegen Verstoßes gegen ihre Verpflichtung, für von ihr im Jahr 2010 nach Italien eingeführten Strom 17753 grüne Zertifikate zu erwerben. 25 Esperia focht diese Geldbuße beim Tribunale amministrativo regionale per la Lombardia (Regionales Verwaltungsgericht Lombardei, Italien) an. Nach Klageerhebung wurde über das Vermögen dieser Gesellschaft der Konkurs eröffnet, sie trägt seitdem die Bezeichnung Fallimento Esperia. Der Konkursverwalter von Fallimento Esperia betrieb die Klage beim Tribunale amministrativo regionale per la Lombardia (Regionales Verwaltungsgericht Lombardei) indessen weiter. 26 Mit Urteil vom 8. August 2018 gab das Tribunale amministrativo regionale per la Lombardia (Regionales Verwaltungsgericht Lombardei) der Klage von Fallimento Esperia mit der Begründung teilweise statt, dass die gegen sie verhängte Geldbuße zu hoch sei. Die ARERA und Fallimento Esperia legten gegen dieses Urteil bei dem vorlegenden Gericht, dem Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien), Berufung ein. 27 Das vor dem vorlegenden Gericht anhängige Verfahren wurde ausgesetzt, nachdem es am 3. September 2019 in der Rechtssache Axpo Trading, mit der dieses Gericht ebenfalls befasst war, dem Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt hatte. Dieses Ersuchen wurde unter dem Aktenzeichen C‑705/19 in das Register bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingetragen. 28 Nach Vorlage der Schlussanträge des Generalanwalts Campos Sánchez-Bordona in der Rechtssache Axpo Trading (C‑705/19, EU:C:2020:989) am 3. Dezember 2020 nahm Axpo Trading die vor dem vorlegenden Gericht eingelegte Berufung zurück, woraufhin diese Rechtssache mit Beschluss vom 9. September 2021, Axpo Trading (C‑705/19, EU:C:2021:755), im Register gestrichen wurde. 29 Im Ausgangsverfahren wurde das Verfahren vor dem vorlegenden Gericht infolgedessen wieder aufgenommen. 30 Vor dem vorlegenden Gericht äußerte Fallimento Esperia Zweifel, ob die italienischen Rechtsvorschriften, die Unternehmen, die ohne Vorlage von Herkunftsnachweisen Strom einführten, unter Androhung einer Geldbuße die Verpflichtung auferlegten, grünen Strom oder grüne Zertifikate zu erwerben, mit dem Unionsrecht vereinbar seien, wobei diese Verpflichtung für inländische Erzeuger dieses Stroms nicht gelte. Fallimento Esperia zufolge können diese Rechtsvorschriften als staatliche Beihilfe zugunsten in Italien tätiger Erzeuger grünen Stroms, als Abgabe zollgleicher Wirkung und als Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung angesehen werden. GSE hingegen ist der Ansicht, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden italienischen Rechtsvorschriften mit der Richtlinie 2001/77 vereinbar seien. 31 Das vorlegende Gericht bezieht sich auf die Schlussanträge des Generalanwalts Campos Sánchez-Bordona in der Rechtssache Axpo Trading (C‑705/19, EU:C:2020:989) und auf sein Vorabentscheidungsersuchen in jener Rechtssache. 32 In jenem Ersuchen führte es u. a. aus, dass es die italienische Regelung zur Förderung grünen Stroms für mit den Vorschriften des AEU‑Vertrags über staatliche Beihilfen vereinbar halte. Durch diese Regelung würden nämlich keine staatlichen Mittel eingesetzt. Es liege keine unmittelbare oder mittelbare Übertragung öffentlicher Mittel zugunsten in Italien tätiger Erzeuger grünen Stroms vor. Jedenfalls stehe diese Regelung sowohl mit der Richtlinie 2009/28, die nationale Ziele für grünen Strom festlege und Maßnahmen der Mitgliedstaaten fördere, die ausschließlich die in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen Stromerzeuger unterstützten, als auch mit dem Ziel des Umweltschutzes im Einklang. Ferner könne die streitige Fördermaßnahme nicht als selektiv angesehen werden, weil das mit der Richtlinie 2009/28 eingeführte Bezugssystem an sich und bewusst selektiv sei, da es darauf abziele, in den jeweiligen Mitgliedstaaten der Erzeugung grünen Stroms den Vorrang einzuräumen. 33 In Anbetracht dieses Ziels der Richtlinie 2009/28 führe diese Regelung, indem sie Einführern von im Ausland erzeugtem Strom den Erwerb grüner Zertifikate auferlege, außerdem weder eine Abgabe zollgleicher Wirkung noch eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung ein. Um die verbindlichen nationalen Ziele für den in der Richtlinie 2009/28 festgelegten Anteil von Strom aus erneuerbaren Quellen am Endverbrauch einzuhalten, behalte die Regelung die Inanspruchnahme einer Förderung in Italien tätigen Unternehmen vor, ohne dass den Einführern von in einem anderen Mitgliedstaat erzeugtem Strom eine Verpflichtung auferlegt oder Hemmnisse bereitet würden. 34 Schließlich ist das vorlegende Gericht der Ansicht, dass diese Regelung mit den Art. 18 und 110 AEUV vereinbar sei, da sie alle im Stromsektor tätigen Unternehmen gleichbehandele, die Strom in das nationale Netz einspeisten, der nicht aus einer erneuerbaren Quelle in Italien gewonnen worden sei. 35 Nichtsdestoweniger hat der Consiglio di Stato (Staatsrat) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen: Stehen – Art. 18 AEUV, soweit danach im Anwendungsbereich der Verträge jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten ist, – die Art. 28 und 30 AEUV, soweit danach die Abschaffung von Einfuhrzöllen und Maßnahmen gleicher Wirkung vorgesehen ist, – Art. 110 AEUV, soweit danach höhere Einfuhrabgaben, als gleichartige inländische Waren unmittelbar oder mittelbar zu tragen haben, verboten sind, – Art. 34 AEUV, soweit danach der Erlass von Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen verboten ist, – die Art. 107 und 108 AEUV, soweit es danach untersagt ist, eine der Kommission nicht mitgeteilte und mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfemaßnahme durchzuführen, – die Richtlinie 2009/28, soweit danach der innergemeinschaftliche Handel mit grünem Strom auch dadurch gefördert werden soll, dass der Ausbau der Erzeugungskapazitäten der einzelnen Mitgliedstaaten gefördert wird, einem nationalen Gesetz wie dem in dem Vorabentscheidungsersuchen beschriebenen entgegen, das den Einführern von grünem Strom eine finanzielle Belastung auferlegt, die für die inländischen Erzeuger desselben Erzeugnisses nicht gilt? Zur Vorlagefrage Einleitende Bemerkungen 36 Erstens ist darauf hinzuweisen, dass das auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbare italienische Recht eine Maßnahme nach Art. 11 des Gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 79/1999 vorsah, mit dem die Einführer von Strom aus einem anderen Mitgliedstaat, die nicht durch die Vorlage von Herkunftsnachweisen belegen konnten, dass es sich um grünen Strom handelte, dazu verpflichtet wurden, von nationalen Erzeugern nach Maßgabe der von ihnen eingeführten Strommenge grünen Strom oder grüne Zertifikate zu erwerben, wobei andernfalls eine Sanktion gegen sie verhängt werden konnte. 37 Zweitens fügt sich diese Maßnahme, um die es in der vorliegenden Vorlagefrage geht, in eine nationale Regelung zur Förderung der Erzeugung von grünem Strom ein, die die Einführer und die Betreiber von Anlagen, die Strom aus nicht erneuerbaren Energiequellen einführen oder erzeugen, verpflichtet, jährlich eine Quote grünen Stroms in das nationale Stromnetz einzuspeisen. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung sieht diese Regelung vor, dass diese Einführer bzw. Betreiber entweder selbst grünen Strom erzeugen oder bei inländischen Erzeugern grünen Strom bzw. grüne Zertifikate erwerben können. Außerdem teilen die nationalen Behörden ebenfalls nach dieser Regelung den nationalen Erzeugern von grünem Strom nach Maßgabe der von ihnen erzeugten Menge grünen Stroms diese Zertifikate kostenlos zu, damit sie sie an Erzeuger und Einführer, die dieser Verpflichtung unterliegen, weiterverkaufen können. 38 Drittens ist weiter darauf hinzuweisen, dass die Stromeinfuhren, die Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits sind, im Lauf des Jahres 2010 getätigt wurden, so dass sie sowohl unter die Richtlinie 2001/77 als auch unter die Richtlinie 2009/28 fallen können. Wie nämlich aus Art. 26 der Richtlinie 2009/28 hervorgeht, wurden Art. 2, Art. 3 Abs. 2 und die Art. 4 bis 8 der Richtlinie 2001/77 mit Wirkung vom 1. April 2010 aufgehoben, die anderen Bestimmungen dieser Richtlinie dagegen mit der Aufhebung der Richtlinie, die mit Wirkung vom 1. Januar 2012 erfolgte. Außerdem war die Richtlinie 2009/28 nach ihrem Art. 27 Abs. 1 bis zum 5. Dezember 2010 umzusetzen. 39 Viertens kann nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs Art. 18 AEUV, der den allgemeinen Grundsatz des Verbots jeder Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit aufstellt, eigenständig nur bei unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen zur Anwendung kommen, für die der AEU‑Vertrag keine besonderen Diskriminierungsverbote vorsieht (Urteil vom 10. Oktober 2019, Krah, C‑703/17, EU:C:2019:850, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Bereich des freien Warenverkehrs wird das Diskriminierungsverbot indessen durch die Art. 28, 30, 34 und 110 AEUV umgesetzt. Zudem hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass Elektrizität eine Ware im Sinne der Bestimmungen des AEU‑Vertrags ist (Urteil vom 17. Juli 2008, Essent Netwerk Noord u. a., C‑206/06, EU:C:2008:413, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daher ist Art. 18 AEUV im Kontext einer Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht anzuwenden. 40 Nach alledem ist die Frage des vorlegenden Gerichts so zu verstehen, dass mit ihr im Wesentlichen geklärt werden soll, ob die Richtlinien 2001/77 und 2009/28 sowie die Art. 28, 30, 34, 107, 108 und 110 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Maßnahme entgegenstehen, die zum einen die Einführer von aus einem anderen Mitgliedstaat stammendem Strom, die nicht durch die Vorlage von Herkunftsnachweisen belegen, dass dieser Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird, verpflichtet, entsprechend der von ihnen eingeführten Strommenge von nationalen Erzeugern grüne Zertifikate oder grünen Strom zu erwerben, und zum anderen für den Fall der Nichteinhaltung dieser Verpflichtung die Verhängung einer Sanktion vorsieht, wohingegen die nationalen Erzeuger von grünem Strom keiner solchen Verpflichtung zum Erwerb unterliegen. Zu den Richtlinien 2001/77 und 2009/28 Zur Richtlinie 2001/77 41 Zur Frage, ob die Richtlinie 2001/77 dahin auszulegen ist, dass sie einer Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegensteht, ist darauf hinzuweisen, dass diese Richtlinie, wie sich aus ihrem Art. 1 ergibt, bezweckt, eine Steigerung des Anteils erneuerbarer Energiequellen an der Stromerzeugung im Elektrizitätsbinnenmarkt zu fördern und eine Grundlage für einen entsprechenden künftigen Gemeinschaftsrahmen zu schaffen. 42 Außerdem geht aus Art. 4 der Richtlinie 2001/77 in Verbindung mit ihrem 14. Erwägungsgrund hervor, dass ein wichtiges Element zur Verwirklichung des Ziels dieser Richtlinie darin besteht, das ungestörte Funktionieren der unterschiedlichen Mechanismen zur Unterstützung erneuerbarer Energiequellen, zu denen der Mechanismus der grünen Zertifikate gehört, auf nationaler Ebene zu gewährleisten, bis ein Gemeinschaftsrahmen zur Anwendung gelangt ist. 43 Zu diesen Fördermechanismen hat der Gerichtshof im Hinblick auf Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/77 bereits entschieden, dass diese Richtlinie den Mitgliedstaaten einen weiten Wertungsspielraum beim Erlass und bei der Durchführung solcher Mechanismen zugunsten der Erzeuger von grünem Strom einräumt (Urteil vom 29. September 2016, Essent Belgium, C‑492/14, EU:C:2016:732, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung). 44 Diese Mechanismen müssen jedoch, wie sich aus Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2001/77 ergibt, geeignet sein, um zur Erreichung der nationalen Richtziele für den künftigen Verbrauch von grünem Strom durch die Mitgliedstaaten beizutragen. Sie müssen daher grundsätzlich zu einer Steigerung der inländischen Erzeugung von grünem Strom führen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. September 2016, Essent Belgium, C‑492/14, EU:C:2016:732, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung). Außerdem müssen diese Mechanismen nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/77 in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Ziel stehen. 45 Ferner hat der Gerichtshof im Hinblick auf die Erwägungsgründe 10 und 11 sowie auf Art. 5 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 2001/77 entschieden, dass der Unionsgesetzgeber nicht die Absicht hatte, den Mitgliedstaaten, die sich für eine Förderregelung unter Verwendung grüner Zertifikate entschieden haben, vorzuschreiben, die Förderung nach dieser Regelung auf grünen Strom zu erstrecken, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats erzeugt worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. September 2014, Essent Belgium, C‑204/12 bis C‑208/12, EU:C:2014:2192, Rn. 66). 46 Daraus folgt, dass die Richtlinie 2001/77 zu keiner abschließenden Harmonisierung des von ihr geregelten Bereichs geführt hat, so dass die nationalen Regelungen zur Förderung der Erzeugung von grünem Strom im Sinne von Art. 4 dieser Richtlinie den Anforderungen genügen müssen, die sich aus den Art. 34 und 36 AEUV ergeben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. September 2016, Essent Belgium, C‑492/14, EU:C:2016:732, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung). 47 Im vorliegenden Fall – und vorbehaltlich der Beurteilung durch das vorlegende Gericht – scheint die im Ausgangsverfahren streitige Maßnahme zur Erreichung des Ziels der Richtlinie 2001/77 beizutragen, indem sie für die Einführer von Strom, die nicht durch die Vorlage von Herkunftsnachweisen belegt haben, dass es sich um grünen Strom handelt, eine Verpflichtung vorsieht, bei nationalen Stromerzeugern grünen Strom oder grüne Zertifikate zu erwerben. Denn durch die Steigerung der Nachfrage nach diesem Strom oder durch die Ermöglichung zusätzlicher Einnahmen für nationale Erzeuger dieses Stroms aus dem Verkauf grüner Zertifikate kann eine solche Verpflichtung einen Anreiz für die nationale Erzeugung von grünem Strom schaffen. 48 Demnach ist die im Ausgangsverfahren streitige Maßnahme, da sie die Einspeisung einer Quote grünen Stroms in das nationale Netz vorschreibt, geeignet, die Steigerung des Verbrauchs dieses Stroms zu fördern. Was die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme betrifft, wird das vorlegende Gericht die in den Rn. 110 bis 122 des vorliegenden Urteils dargelegten Erwägungen zur Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Rahmen der Auslegung der Art. 34 und 36 AEUV zu berücksichtigen haben. 49 Nach alledem – und vorbehaltlich dieser letztgenannten Beurteilung – ist die Richtlinie 2001/77 dahin auszulegen, dass sie einer Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegensteht. Zur Richtlinie 2009/28 50 Zur Frage, ob die Richtlinie 2009/28 dahin auszulegen ist, dass sie einer Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegensteht, ist darauf hinzuweisen, dass mit dieser Richtlinie, wie sich aus ihrem Art. 1 ergibt, ein gemeinsamer Rahmen für die Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen vorgeschrieben wird, indem u. a. verbindliche nationale Ziele für den Gesamtanteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch festgelegt werden. 51 So sind die Mitgliedstaaten gemäß Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2009/28 verpflichtet, zum einen dafür zu sorgen, dass ihr Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch im Jahr 2020 mindestens dem in Anhang I Teil A dieser Richtlinie festgelegten nationalen Gesamtziel entspricht, und zum anderen Maßnahmen zu treffen, um zu gewährleisten, dass ihr Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen den im „indikativen Zielpfad“ in Anhang I Teil B der Richtlinie angegebenen Anteil erreicht oder übersteigt. 52 Der Gerichtshof hat ferner klargestellt, dass aus dem 25. Erwägungsgrund sowie aus Art. 1, Art. 2 Abs. 2 Buchst. k und Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2009/28 hervorgeht, dass der Unionsgesetzgeber in der Richtlinie keine abschließende Harmonisierung der nationalen Regelungen zur Förderung der Erzeugung grüner Energie vornehmen wollte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft, C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 59 bis 63). 53 Vielmehr ergibt sich, wie der Gerichtshof entschieden hat, bereits aus dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2009/28, wonach die Mitgliedstaaten u. a. Förderregelungen anwenden „können“, dass die Mitgliedstaaten hinsichtlich der Maßnahmen, die sie zur Erreichung der in Art. 3 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie festgelegten Ziele erlassen können, über einen weiten Wertungsspielraum verfügen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. März 2021, Promociones Oliva Park, C‑220/19, EU:C:2021:163, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insbesondere können die Mitgliedstaaten im Rahmen dieses Wertungsspielraums Beihilferegelungen wählen, die sich auf die Verpflichtung zum Erwerb grünen Stroms oder grüner Zertifikate stützen. Art. 2 Abs. 2 Buchst. k und l der Richtlinie definiert den Begriff „Förderregelung“ nämlich dahin, dass er sich speziell auf nationale Förderregelungen bezieht, die mit der Verpflichtung zur Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen verknüpft sind, einschließlich solcher, bei denen grüne Zertifikate verwendet werden. 54 Die Richtlinie 2009/28 steht auch einer Förderregelung nicht entgegen, die ausschließlich die nationale Erzeugung von grünem Strom begünstigt. Der Gerichtshof hat nämlich im Hinblick auf die Erwägungsgründe 25, 52 und 56 sowie die Art. 2, 3 und 15 dieser Richtlinie bereits entschieden, dass der Unionsgesetzgeber nicht die Absicht hatte, den Mitgliedstaaten, die sich für eine Förderregelung unter Verwendung grüner Zertifikate entschieden haben, vorzuschreiben, die Förderung nach dieser Regelung auf grünen Strom zu erstrecken, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats erzeugt worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft, C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 49 bis 53). 55 Im vorliegenden Fall scheint die im Ausgangsverfahren streitige Maßnahme aus den in Rn. 47 des vorliegenden Urteils genannten Gründen zur Verwirklichung des mit der Richtlinie 2009/28 angestrebten Ziels beizutragen und a priori geeignet zu sein, die Steigerung des Verbrauchs von grünem Strom zu fördern. 56 Die Mitgliedstaaten haben allerdings, wenn sie in dieser Weise Maßnahmen zur Umsetzung des Unionsrechts erlassen, die allgemeinen Rechtsgrundsätze einzuhalten, zu denen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zählt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2019, Agrenergy und Fusignano Due, C‑180/18, C‑286/18 und C‑287/18, EU:C:2019:605, Rn. 28). Es ist daher Sache des vorlegenden Gerichts, die Vereinbarkeit der im Ausgangsverfahren streitigen Maßnahme mit diesem Grundsatz unter Berücksichtigung der in den Rn. 110 bis 122 des vorliegenden Urteils dargelegten Erwägungen zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit der Auslegung der Art. 34 und 36 AEUV zu beurteilen. 57 Vorbehaltlich dieser Beurteilung durch das vorlegende Gericht ist die Richtlinie 2009/28 daher dahin auszulegen, dass sie einer Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegensteht. 58 Da ferner, wie aus den Rn. 46 und 52 des vorliegenden Urteils hervorgeht, weder die Richtlinie 2001/77 noch die Richtlinie 2009/28 zu einer abschließenden Harmonisierung des von ihnen geregelten Bereichs geführt haben, ist zu prüfen, inwieweit das vom vorlegenden Gericht angeführte Primärrecht zum Tragen kommt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft, C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zu den Vorschriften über staatliche Beihilfen 59 In Bezug auf die vom vorlegenden Gericht angeführten Bestimmungen des Primärrechts ist zuerst zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren streitige Maßnahme unter die Art. 107 und 108 AEUV fallen kann. 60 Nach dem durch diese Bestimmungen geschaffenen System der Kontrolle staatlicher Beihilfen sind nämlich sowohl die nationalen Gerichte als auch die Kommission befugt, das Vorliegen einer Beihilferegelung oder einer Beihilfemaßnahme im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV festzustellen. Da es Sache des Gerichtshofs ist, diesen Gerichten alle Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts zu geben, die es diesen ermöglichen, für die Entscheidung der bei ihnen anhängigen Rechtssache über die Frage der Vereinbarkeit einer nationalen Regelung oder Maßnahme mit diesem Recht zu befinden, kann er den vorlegenden Gerichten die Hinweise zur Auslegung geben, die es ihnen ermöglichen, festzustellen, ob eine nationale Regelung oder Maßnahme als „staatliche Beihilfe“ im Sinne des Unionsrechts angesehen werden kann. Demgegenüber ist für die Beurteilung der Vereinbarkeit dieser Regelung bzw. dieser Maßnahme mit dem Binnenmarkt ausschließlich die Kommission zuständig, die dabei der Kontrolle des Unionsrichters unterliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Januar 2022, Fondul Proprietatea, C‑179/20, EU:C:2022:58, Rn. 83 und 84 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 61 Daraus folgt, dass ein nationales Gericht, wenn es das Vorliegen einer Beihilferegelung feststellt, nicht dafür zuständig ist, die Vereinbarkeit der Modalitäten dieser Regelung mit anderen Bestimmungen des AEU‑Vertrags mit unmittelbarer Wirkung als denjenigen über staatliche Beihilfen zu beurteilen, falls diese Modalitäten untrennbar mit dem eigentlichen Zweck der Beihilfe verbunden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Mai 2019, A-Fonds, C‑598/17, EU:C:2019:352, Rn. 46 bis 49 und die dort angeführte Rechtsprechung). 62 Was die mögliche Einstufung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Maßnahme als „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV durch das vorlegende Gericht betrifft, ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass eine solche Einstufung verlangt, dass alle nachstehend genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens muss es sich um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln. Zweitens muss sie geeignet sein, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Drittens muss dem Begünstigten durch sie ein selektiver Vorteil verschafft werden. Viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (Urteil vom 27. Januar 2022, Fondul Proprietatea, C‑179/20, EU:C:2022:58, Rn. 86 und die dort angeführte Rechtsprechung). 63 Bevor dem vorlegenden Gericht Auslegungshinweise für jede dieser vier Voraussetzungen gegeben werden, ist darauf hinzuweisen, dass die im Ausgangsverfahren streitige Regelung, so wie sie in Rn. 37 des vorliegenden Urteils beschrieben wurde, italienischen Erzeugern von grünem Strom a priori zwei wirtschaftliche Vorteile verschaffen kann, nämlich zum einen den Vorteil, ihren Strom verkaufen zu können, ohne grünen Strom oder grüne Zertifikate erwerben zu müssen, und zum anderen den Vorteil, die grünen Zertifikate, die sie unentgeltlich entsprechend dem von ihnen erzeugten grünen Strom erhalten haben, an Erzeuger oder Einführer von aus nicht erneuerbaren Quellen erzeugtem Strom verkaufen zu können. Zur Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten und des Wettbewerbs 64 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs bedarf es für die Qualifizierung einer nationalen Maßnahme als „staatliche Beihilfe“ nicht des Nachweises einer tatsächlichen Auswirkung der Beihilfe auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten und einer tatsächlichen Wettbewerbsverzerrung, sondern nur der Prüfung, ob die Beihilfe geeignet ist, diesen Handel zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen (Urteil vom 27. Januar 2022, Fondul Proprietatea, C‑179/20, EU:C:2022:58, Rn. 100 und die dort angeführte Rechtsprechung). 65 Im vorliegenden Fall sind die Stromeinführer und ‑erzeuger auf einem Strommarkt tätig, der nach seiner Liberalisierung dem Wettbewerb offensteht. Die Gewährung der in Rn. 63 des vorliegenden Urteils genannten Vorteile an nationale Erzeuger von grünem Strom ist daher geeignet, den Wettbewerb zwischen diesen nationalen Erzeugern und Einführern von Strom, denen keine Befreiung von der Verpflichtung zum Erwerb grünen Stroms oder grüner Zertifikate gewährt wurde, zu beeinträchtigen. Außerdem ist diese Verpflichtung zum Erwerb, da sie Einführer von Strom trifft, die keine Befreiung erhalten haben, überdies geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. 66 Daher ist eine Maßnahme wie die im Ausgangsverfahren streitige geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen. Zum Vorliegen einer staatlichen Maßnahme oder einer Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel 67 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs müssen Vorteile, damit sie als „Beihilfen“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV eingestuft werden können, zum einen unmittelbar oder mittelbar unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel gewährt werden und zum anderen dem Staat zuzurechnen sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Januar 2023, DOBELES HES, C‑702/20 und C‑17/21, EU:C:2023:1, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung). 68 Was als Erstes die Beurteilung angeht, ob die Maßnahme dem Staat zuzurechnen ist, ist zu prüfen, ob die öffentlichen Stellen auf die eine oder andere Weise am Erlass der betreffenden Maßnahme beteiligt waren (Urteil vom 21. Oktober 2020, Eco TLC, C‑556/19, EU:C:2020:844, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung). 69 Im vorliegenden Fall wurden sowohl die im Ausgangsverfahren streitige Maßnahme als auch die Förderregelung, unter die sie fällt, vom Gesetzgeber eingeführt, nämlich durch das Gesetzesvertretende Dekret Nr. 79/1999 und durch das Gesetzesvertretende Dekret Nr. 387/2003. Diese Maßnahme und diese Regelung sind daher als dem Staat im Sinne der in der vorstehenden Randnummer genannten Rechtsprechung zurechenbar anzusehen. 70 Als Zweites ist für die Feststellung, ob die Beihilfe unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt wurde, darauf hinzuweisen, dass die in Art. 107 Abs. 1 AEUV getroffene Unterscheidung zwischen „staatlichen“ und „aus staatlichen Mitteln gewährten“ Beihilfen nicht bedeutet, dass alle von einem Mitgliedstaat gewährten Vorteile unabhängig davon Beihilfen darstellen, ob sie aus staatlichen Mitteln finanziert werden oder nicht. Diese Unterscheidung soll lediglich verhindern, dass die Vorschriften über staatliche Beihilfen allein dadurch umgangen werden können, dass unabhängige Einrichtungen geschaffen werden, denen die Verteilung von Beihilfen übertragen wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. März 2019, Deutschland/Kommission, C‑405/16 P, EU:C:2019:268, Rn. 53 und 54 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 71 So erfassen die Mittel, auf die das Verbot in Art. 107 Abs. 1 AEUV abzielt, sämtliche Geldmittel, die die öffentlichen Stellen tatsächlich zur Unterstützung der Unternehmen verwenden können, ohne dass es darauf ankommt, ob diese Mittel dauerhaft zum Vermögen des Staates gehören (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. März 2019, Deutschland/Kommission, C‑405/16 P, EU:C:2019:268, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). 72 Sie umfassen zum einen solche Mittel, die unmittelbar unter staatlicher Kontrolle stehen, d. h. sämtliche Mittel, die zum Vermögen des Staates gehören, und zum anderen solche Mittel, die mittelbar unter staatlicher Kontrolle stehen, da sie aus dem Vermögen öffentlicher oder privater Einrichtungen stammen, die der Staat zur Verwaltung der Beihilfen errichtet oder bestimmt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Mai 2019, Achema u. a., C‑706/17, EU:C:2019:407, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). Mittel öffentlicher Unternehmen können somit als staatliche Mittel angesehen werden, wenn der Staat durch die Ausübung seines beherrschenden Einflusses in der Lage ist, ihre Verwendung zu steuern, um Vorteile zugunsten anderer Unternehmen zu finanzieren (Urteil vom 13. September 2017, ENEA, C‑329/15, EU:C:2017:671, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung). In gleicher Weise können, wenn nicht staatliche Organe, die gemäß den Rechtsvorschriften eines Staates Mittel verwalten und verteilen, die durch mittels dieser Rechtsvorschriften auferlegte Pflichtbeiträge gespeist werden, diese Mittel als staatliche Mittel angesehen werden, wenn diese Organe vom Staat mit der Verwaltung dieser Mittel beauftragt und nicht bloß zur Abnahme unter Einsatz ihrer eigenen Mittel verpflichtet sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. März 2019, Deutschland/Kommission, C‑405/16 P, EU:C:2019:268, Rn. 58 und 59, sowie vom 15. Mai 2019, Achema u. a., C‑706/17, EU:C:2019:407, Rn. 54 und 55 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 73 Das Erfordernis, dass die Beihilfen unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden, bedeutet indessen, dass sich ihre Gewährung auf diese Mittel auswirken muss. Es muss also ein hinreichend enger Zusammenhang zwischen dem durch die Beihilfen gewährten Vorteil einerseits und der Verringerung eines Postens des Staatshaushalts oder einem hinreichend konkreten wirtschaftlichen Risiko für dessen Belastung andererseits bestehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. März 2019, Deutschland/Kommission, C‑405/16 P, EU:C:2019:268, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung). So hat der Gerichtshof entschieden, dass ein solcher Zusammenhang in einem Fall fehlte, in dem die Inanspruchnahme staatlicher Mittel durch eine Maßnahme, mit der private Stromversorgungsunternehmen verpflichtet wurden, aus erneuerbaren Energiequellen erzeugten Strom zu festgelegten Mindestpreisen abzunehmen, lediglich in einer Verringerung der Steuereinnahmen des Staates aufgrund der negativen Auswirkungen dieser Verpflichtung auf das wirtschaftliche Ergebnis der Unternehmen bestand, die dieser Pflicht unterlagen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. März 2001, PreussenElektra, C‑379/98, EU:C:2001:160, Rn. 62). 74 Im Licht der vorstehenden Rechtsprechung ist es Sache des vorlegenden Gerichts, insbesondere erstens zu beurteilen, ob die kostenlose Zurverfügungstellung grüner Zertifikate an nationale Erzeuger von grünem Strom sich als Einsatz staatlicher Mittel darstellt. Insofern scheint diese Zurverfügungstellung auf den ersten Blick nicht zu einer Übertragung staatlich kontrollierter Mittel auf die italienischen Erzeuger von grünem Strom zu führen. Denn aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht nicht hervor, dass die Zurverfügungstellung mit irgendeiner Bewirtschaftung seitens dem Staat zuzuordnender Stellen einhergehen würde. Der wirtschaftliche Wert der grünen Zertifikate beruht offenbar allein auf der gesetzlichen Verpflichtung bestimmter Erzeuger und Einführer, diese Zertifikate zu erwerben. Kommen diese Erzeuger und Einführer dieser Verpflichtung nach, indem sie die Zertifikate bei den Erzeugern von grünem Strom erwerben, scheinen die von diesen Erzeugern vereinnahmten Beträge nicht unter der Kontrolle des Staates im Sinne der in den Rn. 71 und 72 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung zu stehen, da die finanzielle Umverteilung im Ausgangsverfahren offenbar ohne zusätzliches Tätigwerden des Staates von einer privaten Stelle an eine andere erfolgt. Der Vorteil, den die Zuteilung dieser Zertifikate an nationale Erzeuger von grünem Strom darstellt, scheint somit ausschließlich aus Mitteln von zum Erwerb dieser Zertifikate verpflichteten Erzeugern oder Einführern finanziert zu werden, ohne dass eine staatliche Kontrolle über diese Mittel besteht. 75 Zweitens wird das vorlegende Gericht zu beurteilen haben, ob der Mechanismus, den die im Ausgangsverfahren streitige Regelung zur Sicherstellung eines bestimmten Werts der grünen Zertifikate vorsieht, staatliche Mittel einbezieht. In dieser Hinsicht zeigt sich, dass diese Regelung nicht nur Erzeuger konventionellen Stroms und Einführer verpflichtet, diese Zertifikate zu erwerben, wenn sie zur Erreichung der Quote grünen Stroms, den sie in das nationale Netz einspeisen müssen, grünen Strom weder erzeugen noch erwerben. Art. 11 Abs. 3 des Gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 79/1999 sowie Angaben des vorlegenden Gerichts und der Parteien des Ausgangsverfahrens lassen auch darauf schließen, dass diese Regelung zugunsten der italienischen Erzeuger von grünem Strom einen wirtschaftlichen Mindestwert für diese grünen Zertifikate garantiert. Diese Bestimmung scheint nämlich GSE, einer vom italienischen Ministerium für Wirtschaft und Finanzen kontrollierten Einrichtung, den Erwerb grüner Zertifikate vorzuschreiben, sollten diese den Bedarf der Zertifikate für die zum Erwerb verpflichteten Unternehmen überschreiten. Das mögliche Tätigwerden von GSE verhindert somit, dass ein Überangebot an grünen Zertifikaten die Unterstützung nationaler Erzeuger von grünem Strom beeinträchtigen könnte. 76 Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten geht hervor, dass die Mittel, über die GSE für den Erwerb der überschüssigen grünen Zertifikate verfügt, aus den Einnahmen aufgrund des Tarifbestandteils A3 stammen, d. h. einer finanziellen Belastung, die italienischen Stromverbrauchern durch die italienischen Rechtsvorschriften auferlegt und den Konten von GSE gutgeschrieben wird, um ihr diesen Erwerb zu ermöglichen. Somit steht eine Verringerung der unter staatlicher Kontrolle stehenden Mittel aufgrund des Erwerbs überschüssiger grüner Zertifikate durch GSE offensichtlich in einem hinreichend unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vorteil der kostenlosen Zuteilung dieser grünen Zertifikate an nationale Erzeuger von grünem Strom, damit sie diese auf dem Markt weiterverkaufen können. 77 Vorbehaltlich einer Prüfung durch das vorlegende Gericht erfolgt der Erwerb der überschüssigen grünen Zertifikate demnach offenbar von einer dem Staat zuzuordnenden Einrichtung, und zwar auf der Grundlage des ihr durch die italienischen Rechtsvorschriften erteilten Auftrags und mittels Einnahmen aus einem von den Verbrauchern zu diesem Zweck gezahlten Tarifbestandteil. 78 Auf dieser Grundlage – und soweit GSE, wie Fallimento Esperia in ihren schriftlichen Erklärungen vorträgt, solche Käufe im Lauf des Jahres 2010 tatsächlich getätigt haben sollte – ist festzustellen, dass die Förderregelung, zu der die im Ausgangsverfahren streitige Maßnahme gehört, eine Übertragung staatlicher Mittel im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV beinhaltet. 79 Folglich scheint diese Maßnahme dem italienischen Staat zurechenbar und scheinen die Vorteile, die sie gewährt, mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt zu werden. Zur Selektivität des Vorteils 80 Was die Voraussetzung der Gewährung eines selektiven Vorteils betrifft, erfordert die Beurteilung dieser Voraussetzung nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Feststellung, ob eine nationale Maßnahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung geeignet ist, „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ gegenüber anderen zu begünstigen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden und somit eine unterschiedliche Behandlung erfahren, die im Wesentlichen als diskriminierend eingestuft werden kann (Urteile vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck, C‑524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 41, sowie vom 15. Mai 2019, Achema u. a., C‑706/17, EU:C:2019:407, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung). 81 Da die Prüfung der Selektivität „im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung“ zu erfolgen hat, impliziert dies grundsätzlich die vorherige Bestimmung des Bezugsrahmens, in den sich die betreffende Maßnahme einfügt, wobei diese Vorgehensweise nicht der Prüfung steuerlicher Maßnahmen vorbehalten ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck, C‑524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 54 und 55). 82 Der Bezugsrahmen ergibt sich aus dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats. Er muss sich aus Rechtsnormen zusammensetzen, die zu einem auf der Ebene des Unionsrechts nicht abschließend harmonisierten Bereich gehören, und diese Normen müssen ein mit diesem Recht vereinbares Ziel verfolgen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. März 2021, Kommission/Ungarn, C‑596/19 P, EU:C:2021:202, Rn. 44). 83 Außerdem darf dieser Bezugsrahmen seinerseits nicht mit dem Unionsrecht im Bereich der staatlichen Beihilfen unvereinbar sein, das darauf abzielt, das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts der Union sicherzustellen, indem es gewährleistet, dass die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zugunsten von Unternehmen den Wettbewerb auf diesem Markt nicht verfälschen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. März 2018, Kommission/FIH Holding und FIH Erhvervsbank, C‑579/16 P, EU:C:2018:159, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung). 84 Die Bestimmung dieses Bezugsrahmens muss sich aus einer objektiven Prüfung des Inhalts, des Zusammenhangs und der konkreten Wirkungen der nach dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats anwendbaren Vorschriften ergeben (Urteil vom 8. November 2022, Fiat Chrysler Finance Europe/Kommission, C‑885/19 P und C‑898/19 P, EU:C:2022:859, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der infolge dieser Prüfung bestimmte Bezugsrahmen muss eine eigenständige rechtliche Logik mit einem eigenen Ziel aufweisen und darf nicht mit einer kohärenten Gesamtheit von Vorschriften außerhalb dieses Bezugsrahmens verknüpft werden können. Lässt sich eine Maßnahme eindeutig von einem allgemeinen System trennen, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der zu berücksichtigende Bezugsrahmen enger ist oder sogar mit der Maßnahme selbst identisch ist, wenn sich diese als eine Norm mit eigenständiger rechtlicher Logik darstellt und es nicht möglich ist, eine kohärente Gesamtheit von Vorschriften außerhalb dieser Maßnahme zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2021, Banco Santander u. a./Kommission, C‑53/19 P und C‑65/19 P, EU:C:2021:795, Rn. 63). 85 Die Bestimmung dieses Bezugsrahmens erfolgt grundsätzlich unabhängig von dem Ziel, das die nationale Behörde mit dem Erlass der anhand der Vorschriften über staatliche Beihilfen geprüften Maßnahme verfolgt. Ferner ist die vom nationalen Gesetzgeber für diese Bestimmung verwendete Regelungstechnik nicht ausschlaggebend. Schließlich darf die genannte Bestimmung nicht zu einem Bezugsrahmen führen, der aus einigen Bestimmungen besteht, die künstlich aus einem breiteren rechtlichen Rahmen herausgelöst wurden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2021, Banco Santander u. a./Kommission, C‑53/19 P und C‑65/19 P, EU:C:2021:795, Rn. 62, 65 und 94 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 86 Nach ständiger Rechtsprechung werden ferner staatliche Maßnahmen, die eine Unterscheidung zwischen Unternehmen vornehmen und damit a priori selektiv sind, dann nicht vom Begriff „staatliche Beihilfe“ erfasst, wenn sich diese Unterscheidung aus der Natur oder der Struktur des Systems ergibt, in das sie sich einfügen (Urteile vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck, C‑524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 41, sowie vom 26. April 2018, ANGED, C‑234/16 und C‑235/16, EU:C:2018:281, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung). 87 Allerdings hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass die mit staatlichen Maßnahmen verfolgten Ziele nicht genügen, um diese von vornherein von der Einordnung als „Beihilfen“ im Sinne von Art. 107 AEUV auszunehmen (Urteil vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, EU:C:2008:757, Rn. 84). Er hat namentlich ausgeführt, dass, auch wenn der Umweltschutz eines der wesentlichen Ziele der Union ist, die Notwendigkeit, dieses Ziel zu berücksichtigen, nicht den Ausschluss selektiver Maßnahmen vom Anwendungsbereich von Art. 107 Abs. 1 AEUV rechtfertigt (Urteil vom 8. September 2011, Kommission/Niederlande, C‑279/08 P, EU:C:2011:551, Rn. 75). Im Übrigen hat er ausgeschlossen, dass unter diese Ausnahme eine Maßnahme fallen kann, die eine Unterscheidung zwischen Unternehmen vornimmt, die zwar auf einem objektiven Kriterium beruht, aber im Verhältnis zu dem System, in das sie sich einfügt, inkohärent ist und daher nicht durch dessen Natur und Struktur gerechtfertigt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2001, Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke, C‑143/99, EU:C:2001:598, Rn. 48 bis 55). 88 Im vorliegenden Fall gehören, wie sich aus der Auslegung der Richtlinien 2001/77 und 2009/28 in den Rn. 41 bis 58 des vorliegenden Urteils ergibt, die in den Gesetzesvertretenden Dekreten Nr. 79/1999 und Nr. 387/2003 aufgestellten Normen zu einem Bereich, der auf der Ebene des Unionsrechts nicht harmonisiert ist, und verfolgen das im Hinblick auf dieses Recht legitime Ziel, die Erzeugung und die Nutzung erneuerbarer Energien zu fördern. 89 Es ist allerdings Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob diese Normen sich als eine kohärente und selbständige Gesamtheit von Vorschriften auffassen lassen, die einen Bezugsrahmen bilden können. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass diese Normen die Erzeugung und das Inverkehrbringen von grünem Strom zur Förderung des Verbrauchs von Energie aus erneuerbaren Quellen betreffen. Somit ist zu prüfen, ob sich die Normen auf alle Vorschriften über die Erzeugung, die Verteilung und die Vermarktung von Strom beziehen können, die zum Ziel haben, ein angemessenes Funktionieren eines wettbewerbsorientierten Strommarkts zu schaffen und zu gewährleisten. 90 Sollte das vorlegende Gericht zu dem Ergebnis gelangen, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Bezugsrahmen das allgemeine System ist, das die Erzeugung, die Vermarktung und den Verbrauch von Strom in Italien regelt, wäre festzustellen, dass die im Ausgangsverfahren streitige Maßnahme nationalen Erzeugern von grünem Strom a priori einen selektiven Vorteil verschafft. Im Hinblick auf das mit diesem Rechtsrahmen verfolgte Ziel, einen wettbewerbsorientierten Strommarkt zu schaffen und zu gewährleisten, befinden sich diese Erzeuger nämlich in einer rechtlichen und tatsächlichen Situation, die mit derjenigen der Einführer von Strom vergleichbar ist, die nicht belegt haben, dass es sich bei dem von ihnen eingeführten Strom um grünen Strom handelt, da alle diese Akteure auf dem italienischen Strommarkt Strom verkaufen. Sie tragen somit zur Erreichung des Ziels bei, in Italien über einen Strommarkt zu verfügen, der dem Gesetz von Angebot und Nachfrage unterliegt. 91 Wie sich jedoch aus Rn. 86 des vorliegenden Urteils ergibt, stellen a priori selektive Maßnahmen keine staatlichen Beihilfen dar, wenn sich die durch staatliche Maßnahmen eingeführte Unterscheidung zwischen Unternehmen aus der Natur oder der Struktur des Systems ergibt, in das sie sich einfügen. 92 Sofern sich im vorliegenden Fall zeigt, dass es ohne die im Ausgangsverfahren streitige Förderregelung auf dem italienischen Strommarkt kein Angebot an grünem Strom geben könnte, dann lässt sich die vorgenommene Unterscheidung zwischen Erzeugern von grünem Strom sowie Erzeugern und Einführern von Strom aus nicht erneuerbaren Quellen durch die Natur und die Struktur des allgemeinen Systems, das die Erzeugung, die Vermarktung und den Verbrauch von Strom in Italien regelt, rechtfertigen. Das angemessene Funktionieren eines wettbewerbsorientierten Strommarkts in Italien, das mit diesem allgemeinen System verfolgt wird, kann es nämlich erfordern, dass auf diesem Markt ein wettbewerbsfähiges Angebot an grünem Strom besteht. Was unter einem angemessenen Funktionieren des Marktes zu verstehen ist, kann vom italienischen Gesetzgeber unter Berücksichtigung des Erfordernisses, für den Umweltschutz Sorge zu tragen, festgelegt werden. 93 Sollte sich herausstellen, dass die höheren Kosten für die Erzeugung von grünem Strom im Vergleich zu denen bei Strom aus nicht erneuerbaren Quellen einem wettbewerbsfähigen Angebot dieser Ware auf dem Markt entgegenstehen, könnte die durch die im Ausgangsverfahren streitige Regelung geschaffene unterschiedliche Behandlung der Erzeuger von grünem Strom sowie der Erzeuger und Einführer von Strom aus nicht erneuerbaren Quellen durch das Erfordernis gerechtfertigt sein, dieses Marktversagen zu beheben. Eine solche Rechtfertigung wäre jedoch nur unter der Voraussetzung möglich, dass die durch diese Regelung gewährte Unterstützung strikt auf das beschränkt ist, was zur Behebung dieses Marktversagens erforderlich ist, und dass sie völlig kohärent im Hinblick auf das im Ausgangsverfahren in Rede stehende allgemeine System gewährt wird. 94 Ließe sich die im Ausgangsverfahren streitige Maßnahme nicht mit der Natur und der Struktur des Bezugssystems, in das sie sich einfügt, rechtfertigen, würde die fehlende Anmeldung dieser Maßnahme und ihre Durchführung vor der Entscheidung der Kommission über ihre Vereinbarkeit einen Verstoß gegen Art. 108 AEUV darstellen. In einem solchen Fall obläge es dem vorlegenden Gericht, alle Konsequenzen aus der Verletzung dieser Bestimmung zu ziehen und Gegenmaßnahmen zur Durchführung der Beihilfen zu treffen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Dezember 2019, Arriva Italia u. a., C‑385/18, EU:C:2019:1121, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Übrigen zöge die Rechtswidrigkeit der betreffenden Beihilferegelung die Rechtswidrigkeit der Sanktion nach sich, die zur Gewährleistung der Durchführung dieser Regelung vorgesehen ist (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 11. Januar 2024, Prezes Urzędu Regulacji Energetyki, C‑220/23, EU:C:2024:34, Rn. 31 und 32 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 95 Sollte das vorlegende Gericht zu dem Ergebnis gelangen, dass der Vorteil, der den Erzeugern von grünem Strom durch die im Ausgangsverfahren streitige Maßnahme gewährt wird, durch die Natur und die Struktur des Bezugssystems, in das sie sich einfügt, gerechtfertigt ist, so sind die Art. 107 und 108 AEUV demnach dahin auszulegen, dass sie einer solchen Maßnahme nicht entgegenstehen. Zu den Vorschriften über den freien Warenverkehr 96 Wie sich aus Rn. 61 des vorliegenden Urteils ergibt, wird das vorlegende Gericht, sollte es zu dem Ergebnis gelangen, dass die im Ausgangsverfahren streitige Maßnahme nicht unter eine Regelung über staatliche Beihilfen fällt oder sich von den anderen Bestimmungen dieser Regelung trennen lässt, ferner die Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit den Unionsvorschriften auf dem Gebiet der Zollunion und des freien Warenverkehrs zu beurteilen haben. 97 Insoweit wird es zunächst zu beurteilen haben, ob diese Maßnahme gegen die Art. 28, 30 und 110 AEUV verstoßen kann, und sodann, ob sie Art. 34 AEUV zuwiderlaufen kann. Der Anwendungsbereich von Art. 34 AEUV erfasst nämlich solche Beeinträchtigungen nicht, für die sonstige spezifische Vorschriften gelten, und die in den Art. 28, 30 und 110 AEUV bezeichneten Beeinträchtigungen fiskalischer Art oder mit zollgleicher Wirkung unterliegen nicht dem Verbot von Art. 34 AEUV (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Januar 2007, Brzeziński, C‑313/05, EU:C:2007:33, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zum Verbot der Erhebung von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung 98 Die Art. 28 und 30 AEUV verbieten die Erhebung von Ein- und Ausfuhrzöllen und Abgaben gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten. Ein Zoll im Sinne dieser Bestimmungen ist eine Abgabe, die ein Mitgliedstaat auf eine Ware erhebt, wenn diese seine Grenze überschreitet. Außerdem stellt nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs jede noch so geringe einseitig auferlegte finanzielle Belastung von Waren aufgrund ihres Grenzübertritts unabhängig von ihrer Bezeichnung und der Art ihrer Erhebung eine Abgabe zollgleicher Wirkung dar, wenn sie kein Zoll im eigentlichen Sinne ist (Urteil vom 6. Dezember 2018, FENS, C‑305/17, EU:C:2018:986, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung). 99 Eine Maßnahme wie die im Ausgangsverfahren streitige, die die Strom einführenden Unternehmen zum Erwerb grüner Zertifikate verpflichtet, lässt sich nicht als Zoll einstufen, da es sich bei ihr weder um eine von den nationalen Behörden erhobene Abgabe noch um eine Abgabe handelt, die erhoben wird, wenn der im Ausland erzeugte Strom die nationale Grenze überschreitet. Eine solche Verpflichtung lässt sich auch nicht als Abgabe zollgleicher Wirkung auffassen, da sie Strom nicht deshalb zu betreffen scheint, weil er eine nationale Grenze überschreitet. 100 Daraus folgt, dass die Art. 28 und 30 AEUV einer Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegenstehen. Zum Verbot der Einführung diskriminierender inländischer Abgaben 101 Was das in Art. 110 AEUV aufgestellte Verbot für die Mitgliedstaaten betrifft, diskriminierende inländische Abgaben zu erheben, fallen finanzielle Belastungen unter diese Bestimmung, wenn sie zu einem allgemeinen inländischen Abgabensystem gehören, das Erzeugnisgruppen systematisch nach objektiven Kriterien unabhängig vom Ursprung oder der Bestimmung dieser Erzeugnisse erfasst (Urteil vom 6. Dezember 2018, FENS, C‑305/17, EU:C:2018:986, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung). 102 Im vorliegenden Fall scheint die durch die im Ausgangsverfahren streitige Maßnahme auferlegte Verpflichtung zum Erwerb grüner Zertifikate bzw. grünen Stroms keine finanzielle Belastung zu sein, die zu einem allgemeinen inländischen Abgabensystem gehört. Vorbehaltlich einer Prüfung durch das vorlegende Gericht ist eine solche Verpflichtung nämlich weder fiskalischer noch parafiskalischer Art und fällt daher nicht unter das Verbot von Art. 110 AEUV. 103 Art. 110 AEUV ist daher dahin auszulegen, dass er einer Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegensteht. Zum Verbot des Erlasses mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen 104 Der freie Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten ist ein grundlegendes Prinzip des AEU‑Vertrags, das seinen Ausdruck in Art. 34 AEUV findet (Urteil vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft, C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung), der es den Mitgliedstaaten verbietet, untereinander mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zu erlassen. 105 Nach ständiger Rechtsprechung erfasst diese Bestimmung alle nationalen Maßnahmen, die geeignet sind, den Handel innerhalb der Union unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern (Urteil vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft, C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung). 106 Im vorliegenden Fall kann die im Ausgangsverfahren streitige Maßnahme Stromeinfuhren nach Italien in zweifacher Hinsicht behindern. Zum einen bewirkt sie eine solche Behinderung, indem sie den Einführern, die eine Befreiung in Anspruch nehmen wollen, die Verpflichtung auferlegt, deren Inanspruchnahme zu beantragen und zu diesem Zweck Herkunftsnachweise vorzulegen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass eine nationale Maßnahme nicht bereits deshalb dem Verbot nach Art. 34 AEUV entgeht, weil die Behinderung der Einfuhr geringfügig ist und noch andere Möglichkeiten des Vertriebs der eingeführten Erzeugnisse bestehen (Urteil vom 29. September 2016, Essent Belgium, C‑492/14, EU:C:2016:732, Rn. 99 und die dort angeführte Rechtsprechung). Eine solche Behinderung bewirkt sie zum anderen dadurch, dass sie die Einführer, die keine solche Befreiung beantragen, unter Androhung einer Sanktion dazu verpflichtet, grüne Zertifikate oder grünen Strom zu erwerben. 107 Eine nationale Regelung oder Praxis, die eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen darstellt, kann jedoch durch einen der in Art. 36 AEUV genannten Gründe des Allgemeininteresses oder nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs durch zwingende Erfordernisse gerechtfertigt sein. In beiden Fällen muss die nationale Maßnahme nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geeignet sein, die Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was zu seiner Erreichung erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft, C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 76, sowie vom 17. Dezember 2020, Onofrei, C‑218/19, EU:C:2020:1034, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung). 108 Hierzu hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass nationale Maßnahmen, die geeignet sind, den Handel innerhalb der Union zu behindern, durch zwingende Erfordernisse des Umweltschutzes, insbesondere durch das Bemühen, eine vermehrte Nutzung erneuerbarer Energiequellen zur Stromerzeugung zu fördern, gerechtfertigt sein können, da eine solche vermehrte Nutzung dem Umweltschutz dient und zugleich den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen bezweckt, die in Art. 36 AEUV unter den Gründen des Allgemeininteresses aufgeführt sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. September 2016, Essent Belgium, C‑492/14, EU:C:2016:732, Rn. 101, und vom 4. Oktober 2018, L.E.G.O., C‑242/17, EU:C:2018:804, Rn. 64 und 65 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 109 Sowohl die Verpflichtung der Einführer, grüne Zertifikate oder grünen Strom zu erwerben, um ihren Strom einführen zu dürfen, als auch die Verpflichtung zur Vorlage von Herkunftsnachweisen, um eine Befreiung von dieser Verpflichtung zum Erwerb in Anspruch zu nehmen, sofern es sich bei dem eingeführten Strom um grünen Strom handelt, können im vorliegenden Fall durch die Förderung der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen gerechtfertigt werden. Der Umstand, dass die im Ausgangsverfahren streitige Förderregelung so ausgestaltet ist, dass sie unmittelbar die Erzeugung von grünem Strom und nicht dessen bloßen Verbrauch begünstigt, lässt sich u. a. dadurch erklären, dass Strom nur aufgrund der Art seiner Herstellung als grün bezeichnet werden kann und dass somit die mit der Verringerung der Treibhausgasemissionen verbundenen Umweltziele in erster Linie im Stadium der Erzeugung wirksam verfolgt werden können (vgl. entsprechend Urteil vom 29. September 2016, Essent Belgium, C‑492/14, EU:C:2016:732, Rn. 105 und die dort angeführte Rechtsprechung). 110 Es bleibt jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Beschränkungen mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang stehen. 111 Zur Verpflichtung, eine Befreiung zu beantragen und zu diesem Zweck Herkunftsnachweise vorzulegen, ist festzustellen, dass sich nach der Einspeisung des grünen Stroms in ein Übertragungs- oder Verteilernetz seine Herkunft und insbesondere die Energiequelle, aus der er gewonnen wurde, kaum noch bestimmen lässt (Urteil vom 20. April 2023, EEW Energy from Waste, C‑580/21, EU:C:2023:304, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung). Angesichts dieser Schwierigkeit verpflichteten Art. 5 der Richtlinie 2001/77 und sodann Art. 15 der Richtlinie 2009/28 die Mitgliedstaaten, eine Regelung für Herkunftsnachweise einzuführen und zu überwachen, damit die Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energiequellen nachweisen konnten, dass der von ihnen verkaufte Strom aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen wurde. 112 Durch die Verpflichtung, eine Befreiung unter Vorlage grüner Zertifikate zu beantragen, lässt sich im Hinblick auf den Schutz der Umwelt sowie der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen offensichtlich sicherstellen, dass es sich bei dem eingeführten Strom tatsächlich um grünen Strom handelt und er somit zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen beiträgt. Ferner scheint diese Verpflichtung erforderlich, da es in Anbetracht der Fungibilität des grünen Stroms in einem späteren Stadium der Verteilung oder des Verbrauchs nicht möglich wäre, die Energiequelle, aus der er erzeugt wurde, zu bestimmen, und die Herkunftsnachweise Teil eines einheitlichen Mechanismus sind, um nachzuweisen, dass der Strom aus erneuerbaren Quellen gewonnen wurde. 113 Die Verpflichtung der Einführer von grünem Strom, bei der Einführung dieses Stroms Herkunftsnachweise vorzulegen, um von der Verpflichtung zum Erwerb grüner Zertifikate oder grünen Stroms befreit zu werden, verstößt demnach nicht gegen Art. 34 AEUV. 114 Zur Verpflichtung der Einführer von Strom, grüne Zertifikate oder grünen Strom zu erwerben, sofern sie keine Herkunftsnachweise für den von ihnen eingeführten Strom vorlegen, hat der Gerichtshof im Zusammenhang mit nationalen Förderregelungen, bei denen der Mechanismus der sogenannten „grünen Zertifikate“ zur Anwendung kommt, bereits entschieden, dass die Verpflichtung der Stromlieferanten, von den Erzeugern von grünem Strom eine bestimmte Menge solcher Zertifikate zu beziehen, insbesondere dazu dient, diesen Erzeugern eine Nachfrage für die ihnen zugeteilten Zertifikate zu sichern und auf diese Weise den Absatz der grünen Energie zu erleichtern, die sie zu einem Preis erzeugen, der über dem Marktpreis herkömmlicher Energie liegt (Urteil vom 29. September 2016, Essent Belgium, C‑492/14, EU:C:2016:732, Rn. 109). 115 Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang insbesondere hervorgehoben, dass der mit einer solchen Regelung für die Stromerzeuger im Allgemeinen verbundene Anreiz, mehr grünen Strom zu erzeugen, und folglich auch die Eignung dieser Regelung zur Erreichung des in diesem Fall verfolgten legitimen Ziels, die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zum Schutz der Umwelt sowie der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen zu fördern, außer Zweifel stehen dürfte. Solche Regelungen zur Förderung grüner Energie – deren Erzeugungskosten im Vergleich zu den Kosten von Strom aus nicht erneuerbaren Quellen noch immer recht hoch erscheinen – sollen im Wesentlichen langfristige Investitionen in neue Anlagen fördern, indem sie den Erzeugern gewisse Garantien hinsichtlich der künftigen Abnahme des von ihnen erzeugten grünen Stroms geben (Urteil vom 29. September 2016, Essent Belgium, C‑492/14, EU:C:2016:732, Rn. 109 und 110 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 116 Insofern hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass ein Mitgliedstaat nicht den Wertungsspielraum überschreitet, der ihm bei der Verfolgung des legitimen Ziels der Steigerung der Erzeugung von grünem Strom zusteht, indem er eine nationale Förderregelung erlässt, die, wie die im Ausgangsverfahren streitige, grüne Zertifikate verwendet, damit insbesondere die mit der Erzeugung von grünem Strom verbundenen Mehrkosten unmittelbar vom Markt, d. h. von den der Quotenpflicht unterworfenen Stromversorgern und ‑nutzern und letztlich den Verbrauchern, getragen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft, C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 109 und 110). 117 Das ungestörte Funktionieren einer solchen Regelung setzt jedoch voraus, dass Mechanismen eingerichtet werden, die die Schaffung eines echten Marktes für grüne Zertifikate sicherstellen, auf dem Angebot und Nachfrage wirkungsvoll aufeinandertreffen und ein Gleichgewicht anstreben können, so dass es den betroffenen Lieferanten und Nutzern tatsächlich möglich ist, sich unter fairen Bedingungen Zertifikate zu beschaffen (Urteil vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft, C‑573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 114). 118 Vor diesem Hintergrund stellt sich die im Ausgangsverfahren streitige Maßnahme, soweit sie den Einführern von Strom den Erwerb grüner Zertifikate oder grünen Stroms auferlegt, als geeignet dar, die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zum Schutz der Umwelt sowie der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen zu fördern. Ferner scheint es vorbehaltlich einer Überprüfung durch das nationale Gericht einen echten Markt für grüne Zertifikate zu geben, auf dem sich die Einführer diese beschaffen können und dessen Wirksamkeit durch das Tätigwerden von GSE gewährleistet zu sein scheint. Aus Art. 11 Abs. 3 des Gesetzesvertretenden Dekrets Nr. 79/1999 scheint nämlich hervorzugehen, dass GSE verpflichtet ist, grüne Zertifikate im Fall einer Verknappung auf den Markt zu bringen bzw. im Fall eines Überangebots aufzukaufen, was sowohl den Erzeugern von grünem Strom als auch den zum Erwerb verpflichteten Unternehmen garantiert, dass es einen Markt für grüne Zertifikate gibt. 119 Im Übrigen zeigt sich, dass die im Ausgangsverfahren streitige Maßnahme für die Regelung, unter die sie fällt, erforderlich ist. Denn wenn sich die Einführer von Strom, von dem nicht belegt ist, dass es sich um grünen Strom handelt, der Verpflichtung zum Erwerb grüner Zertifikate oder grünen Stroms entziehen könnten, würde dies die Wirksamkeit des Systems zur Förderung der nationalen Erzeugung und des Verbrauchs von grünem Strom in Frage stellen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten, wie sich aus den Rn. 41 bis 58 des vorliegenden Urteils ergibt, verpflichtet sind, über ihre Fördermechanismen die mit den Richtlinien 2001/77 und 2009/28 vorgegebenen nationalen Ziele zu erreichen, und dass durch das Unionsrecht keine Harmonisierung der nationalen Regelungen zur Förderung grünen Stroms erfolgt ist, so dass es den Mitgliedstaaten grundsätzlich freisteht, durch solche Regelungen nur die in ihrem Hoheitsgebiet stattfindende Erzeugung von grünem Strom zu fördern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. September 2016, Essent Belgium, C‑492/14, EU:C:2016:732, Rn. 106 und 107 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 120 Nach alledem scheint die Förderregelung, zu der die im Ausgangsverfahren streitige Maßnahme gehört, geeignet zu sein, in kohärenter und systematischer Weise die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zu gewährleisten, die ihrerseits zum Schutz der Umwelt sowie der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen beiträgt. Sie geht a priori nicht über das hinaus, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist. 121 Schließlich stellt sich die im Ausgangsverfahren streitige Regelung, soweit sie eine Sanktion für die Einführer von Strom vorsieht, die keine Herkunftsnachweise vorlegen und keinen grünen Strom oder keine grünen Zertifikate entsprechend ihren Einfuhren erwerben, aufgrund ihrer abschreckenden Wirkung als geeignet dar, die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zu fördern. Soweit sie geboten ist, um die Wirksamkeit des eingeführten Systems der grünen Zertifikate zu gewährleisten, kann sie außerdem als notwendig eingestuft werden. Die Modalitäten der Festsetzung und die Art dieser Sanktion dürfen jedoch nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um diese Wirksamkeit zu gewährleisten. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, diese Gesichtspunkte zu beurteilen. 122 Demnach kann, soweit die Verpflichtung zum Erwerb grüner Zertifikate für die Einführer von Strom, die keine Herkunftsnachweise vorlegen, erforderlich ist, um die Wirksamkeit der im Ausgangsverfahren streitigen Regelung zu gewährleisten, und sich herausstellt, dass es tatsächlich einen Markt für grüne Zertifikate gibt, nicht davon ausgegangen werden, dass diese Regelung über das hinausgeht, was zur Erreichung des Ziels, die Erzeugung grünen Stroms zu steigern, erforderlich ist. 123 Daher ist Art. 34 AEUV vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Prüfungen dahin auszulegen, dass er einer Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegensteht. 124 Nach alledem ist die Vorlagefrage wie folgt zu beantworten: – Die Art. 28, 30 und 110 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Maßnahme nicht entgegenstehen, die zum einen die Einführer von aus einem anderen Mitgliedstaat stammendem Strom, die nicht durch die Vorlage von Herkunftsnachweisen belegen, dass dieser Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird, verpflichtet, von nationalen Erzeugern entsprechend der von ihnen eingeführten Strommenge grüne Zertifikate oder grünen Strom zu erwerben, und zum anderen für den Fall der Nichteinhaltung dieser Verpflichtung die Verhängung einer Sanktion vorsieht, wohingegen die nationalen Erzeuger von grünem Strom keiner solchen Verpflichtung zum Erwerb unterliegen. – Art. 34 AEUV sowie die Richtlinien 2001/77 und 2009/28 sind dahin auszulegen, dass sie dieser nationalen Maßnahme nicht entgegenstehen, wenn feststeht, dass sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des Ziels, die Erzeugung grünen Stroms zu steigern, erforderlich ist. – Die Art. 107 und 108 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie dieser nationalen Maßnahme nicht entgegenstehen, sofern die unterschiedliche Behandlung der nationalen Erzeuger von grünem Strom und der Einführer von Strom, die keinen Herkunftsnachweis vorlegen, durch die Natur und die Struktur des Bezugssystems, in das sie sich einfügt, gerechtfertigt ist. Kosten 125 Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt: 1. Die Art. 28, 30 und 110 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Maßnahme nicht entgegenstehen, die zum einen die Einführer von aus einem anderen Mitgliedstaat stammendem Strom, die nicht durch die Vorlage von Herkunftsnachweisen belegen, dass dieser Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird, verpflichtet, von nationalen Erzeugern entsprechend der von ihnen eingeführten Strommenge Zertifikate über den Herkunftsnachweis aus erneuerbaren Quellen oder Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu erwerben, und zum anderen für den Fall der Nichteinhaltung dieser Verpflichtung die Verhängung einer Sanktion vorsieht, wohingegen die nationalen Erzeuger von aus erneuerbaren Quellen erzeugtem Strom keiner solchen Verpflichtung zum Erwerb unterliegen. 2. Art. 34 AEUV sowie die Richtlinie 2001/77/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt und die Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77 und 2003/30/EG sind dahin auszulegen, dass sie dieser nationalen Maßnahme nicht entgegenstehen, wenn feststeht, dass sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des Ziels, die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen zu steigern, erforderlich ist. 3. Die Art. 107 und 108 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie dieser nationalen Maßnahme nicht entgegenstehen, sofern die unterschiedliche Behandlung der nationalen Erzeuger von aus erneuerbaren Quellen erzeugtem Strom und der Einführer von Strom, die keinen Herkunftsnachweis vorlegen, durch die Natur und die Struktur des Bezugssystems, in das sie sich einfügt, gerechtfertigt ist. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Italienisch.
Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 21. Dezember 2023.#European Superleague Company SL gegen Fédération internationale de football association (FIFA) und Unión des associations européennes de football (UEFA).#Vorabentscheidungsersuchen des Juzgado de lo Mercantil de Madrid.#Vorlage zur Vorabentscheidung – Wettbewerb – Binnenmarkt – Von internationalen Sportverbänden eingeführte Regelungen – Profifußball – Privatrechtliche Einrichtungen, die mit Regelungs‑, Überwachungs‑, Entscheidungs- und Sanktionsbefugnissen ausgestattet sind – Regeln für die vorherige Genehmigung der Wettkämpfe, die Teilnahme der Fußballklubs und Spieler an diesen Wettkämpfen sowie die Verwertung der kommerziellen Rechte und Medienrechte an den Wettkämpfen – Parallele Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeiten – Organisation und Vermarktung von Wettkämpfen – Verwertung der entsprechenden kommerziellen Rechte und Medienrechte – Art. 101 Abs. 1 AEUV – Beschluss einer Unternehmensvereinigung, der den Wettbewerb beeinträchtigt – Begriffe wettbewerbswidriger ‚Zweck‘ und wettbewerbswidrige ‚Wirkung‘ – Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV – Voraussetzungen – Art. 102 AEUV – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Rechtfertigung – Voraussetzungen – Art. 56 AEUV – Behinderungen des freien Dienstleistungsverkehrs – Etwaige Rechtfertigung – Voraussetzungen – Beweislast.#Rechtssache C-333/21.
62021CJ0333
ECLI:EU:C:2023:1011
2023-12-21T00:00:00
Gerichtshof, Rantos
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein – Abschnitt „Informationen über nicht veröffentlichte Entscheidungen“
62021CJ0333 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer) 21. Dezember 2023 (*1) Inhaltsverzeichnis I. Rechtlicher Rahmen A. FIFA-Statuten B. FIFA-Reglement für internationale Spiele C. UEFA-Statuten II. Sachverhalt und Vorlagefragen A. Das Super-League-Projekt B. Ausgangsverfahren und Vorlagefragen III. Verfahren vor dem Gerichtshof IV. Zur Zulässigkeit A. Zu den verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für den Erlass der Vorlageentscheidung B. Zum Inhalt der Vorlageentscheidung C. Zu den Gegebenheiten des Rechtsstreits und zur Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen V. Zu den Vorlagefragen A. Einleitende Bemerkungen 1. Zum Gegenstand des Ausgangsverfahrens 2. Zur Anwendbarkeit des Unionsrechts auf den Sport und die Tätigkeit von Sportverbänden 3. Zu Art. 165 AEUV B. Zu den die Wettbewerbsregeln betreffenden Fragen 1 bis 5 1. Zur ersten Frage: Auslegung von Art. 102 AEUV bei Regeln über die vorherige Genehmigung von Interklub-Fußballwettbewerben sowie über die Teilnahme von Klubs und Sportlern an diesen Wettbewerben a) Zum Begriff „Missbrauch einer beherrschenden Stellung“ b) Zur Feststellung des Vorliegens eines Missbrauchs einer beherrschenden Stellung c) Zur Einstufung von Regeln über die vorherige Genehmigung von Interklub-Fußballwettbewerben und die Teilnahme von Klubs und Sportlern an diesen Wettbewerben als Missbrauch einer beherrschenden Stellung 2. Zur zweiten Frage: Auslegung von Art. 101 Abs. 1 AEUV bei Regeln über die vorherige Genehmigung von Interklub-Fußballwettbewerben sowie über die Teilnahme der Klubs und Sportler an diesen Wettbewerben a) Zum Begriff des Verhaltens, das eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs „bezweckt“ oder „bewirkt“, und zur Feststellung des Vorliegens eines solchen Verhaltens 1) Zur Feststellung des Vorliegens eines Verhaltens, das eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs „bezweckt“ 2) Zur Feststellung des Vorliegens eines Verhaltens, das eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs „bewirkt“ b) Zur Einstufung der Regeln über die vorherige Genehmigung der Interklub-Fußballwettbewerbe sowie über die Teilnahme von Klubs und Sportlern an ihnen als Beschluss einer Unternehmensvereinigung, der eine Beschränkung des Wettbewerbs „bezweckt“ 3. Zur dritten Frage: Auslegung von Art. 101 Abs. 1 und Art. 102 AEUV bei Verhaltensweisen, die darin bestehen, Klubs und Sportlern für den Fall ihrer Teilnahme an nicht genehmigten Wettbewerben mit Sanktionen zu drohen 4. Zur fünften Frage: Mögliche Rechtfertigung von Regeln über die vorherige Genehmigung von Wettbewerben sowie über die Teilnahme von Klubs und Sportlern an diesen Wettbewerben a) Zur Möglichkeit, bestimmte Verhaltensweisen als nicht von Art. 101 Abs. 1 und Art. 102 AEUV erfasst anzusehen b) Zur Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV c) Zur objektiven Rechtfertigung gemäß Art. 102 AEUV 5. Zur vierten Frage: Auslegung der Art. 101 und 102 AEUV bei Regeln über die Rechte an Sportwettbewerben a) Zum Eigentum an den Rechten, die an Sportwettbewerben bestehen b) Zur Nutzung der Rechte an Sportwettbewerben c) Zum Vorliegen einer möglichen Rechtfertigung C. Zur sechsten, die Verkehrsfreiheiten betreffenden Frage 1. Zur Bestimmung der einschlägigen Verkehrsfreiheit 2. Zum Vorliegen einer Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs 3. Zum Vorliegen einer möglichen Rechtfertigung Kosten „Vorlage zur Vorabentscheidung – Wettbewerb – Binnenmarkt – Von internationalen Sportverbänden eingeführte Regelungen – Profifußball – Privatrechtliche Einrichtungen, die mit Regelungs‑, Überwachungs‑, Entscheidungs- und Sanktionsbefugnissen ausgestattet sind – Regeln für die vorherige Genehmigung der Wettbewerbe, die Teilnahme der Fußballklubs und Spieler an diesen Wettbewerben sowie die Verwertung der kommerziellen Rechte und Medienrechte an den Wettbewerben – Parallele Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeiten – Organisation und Vermarktung von Wettbewerben – Verwertung der entsprechenden kommerziellen Rechte und Medienrechte – Art. 101 Abs. 1 AEUV – Beschluss einer Unternehmensvereinigung, der den Wettbewerb beeinträchtigt – Begriffe wettbewerbswidriger ‚Zweck‘ und wettbewerbswidrige ‚Wirkung‘ – Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV – Voraussetzungen – Art. 102 AEUV – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Rechtfertigung – Voraussetzungen – Art. 56 AEUV – Behinderungen des freien Dienstleistungsverkehrs – Etwaige Rechtfertigung – Voraussetzungen – Beweislast“ In der Rechtssache C‑333/21 betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Mercantil de Madrid (Handelsgericht Madrid, Spanien) mit Entscheidung vom 11. Mai 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Mai 2021, in dem Verfahren European Superleague Company SL gegen Fédération internationale de football association (FIFA), Union des associations européennes de football (UEFA), Beteiligte: A22 Sports Management SL, Real Federación Española de Fútbol (RFEF), Liga Nacional de Fútbol Profesional (LNFP), erlässt DER GERICHTSHOF (Große Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten L. Bay Larsen, des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, der Kammerpräsidentinnen A. Prechal, K. Jürimäe und O. Spineanu-Matei, der Richter J.‑C. Bonichot und M. Safjan, der Richterin L. S. Rossi sowie der Richter I. Jarukaitis, A. Kumin, N. Jääskinen, N. Wahl, J. Passer (Berichterstatter) und M. Gavalec, Generalanwalt: A. Rantos, Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. und 12. Juli 2022, unter Berücksichtigung der Erklärungen – der European Superleague Company SL, vertreten durch J.‑L. Dupont, Avocat, B. Irissarry Robina und M. Odriozola Alén, Abogados, – der Fédération internationale de football association (FIFA), vertreten durch J. M. Baño Fos, Abogado, M. Hoskins, Barrister, und A. Pascual Morcillo, Abogado, – der Union des associations européennes de football (UEFA), vertreten durch H. Brokelmann, Abogado, B. Keane, Avocat, S. Love, Barrister, D. Slater und D. Waelbroeck, Avocats, – der A22 Sports Management SL, vertreten durch L. A. Alonso Díez, F. Giménez‑Alvear Gutiérrez-Maturana, F. Irurzun Montoro, Abogados, und M. Sánchez-Puelles González-Carvajal, Procurador, – der Real Federación Española de Fútbol (RFEF), vertreten durch P. Callol García, Abogado, B. González Rivero, Procuradora, T. González Cueto und J. Manzarbeitia Pérez, Abogados, – der Liga Nacional de Fútbol Profesional (LNFP), vertreten durch D. Crespo Lasso de la Vega, Y. Martínez Mata, M. Pajares Villarroya, J. Ramos Rubio und S. Rating, Abogados, – der spanischen Regierung, vertreten durch L. Aguilera Ruiz und A. Gavela Llopis als Bevollmächtigte, – der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte, – der dänischen Regierung, vertreten durch J. Farver Kronborg, V. Pasternak Jørgensen, M. Søndahl Wolff und Y. Thyregod Kollberg als Bevollmächtigte, – der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller als Bevollmächtigten, – der estnischen Regierung, vertreten durch N. Grünberg als Bevollmächtigte, – Irlands, vertreten durch M. Browne, Chief State Solicitor, A. Joyce und M. Tierney als Bevollmächtigte im Beistand von S. Brittain, Barrister, – der griechischen Regierung, vertreten durch K. Boskovits als Bevollmächtigten, – der französischen Regierung, vertreten durch A.‑L. Desjonquères, P. Dodeller, T. Stehelin und N. Vincent als Bevollmächtigte, – der kroatischen Regierung, vertreten durch G. Vidović Mesarek als Bevollmächtigte, – der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von D. Del Gaizo und S. L. Vitale, Avvocati dello Stato, – der zyprischen Regierung, vertreten durch I. Neophytou als Bevollmächtigte, – der lettischen Regierung, vertreten durch J. Davidoviča, K. Pommere und I. Romanovska als Bevollmächtigte, – der luxemburgischen Regierung, vertreten durch A. Germeaux und T. Uri als Bevollmächtigte, – der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér, E. Gyarmati und K. Szíjjártó als Bevollmächtigte, – der maltesischen Regierung, vertreten durch A. Buhagiar als Bevollmächtigte, – der österreichischen Regierung, vertreten durch F. Koppensteiner als Bevollmächtigten, – der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna und M. Wiącek als Bevollmächtigte, – der portugiesischen Regierung, vertreten durch P. Barros da Costa, R. Capaz Coelho und C. Chambel Alves als Bevollmächtigte im Beistand von J. L. da Cruz Vilaça, Advogado, – der rumänischen Regierung, vertreten durch E. Gane, L. Liţu und A. Rotăreanu als Bevollmächtigte, – der slowenischen Regierung, vertreten durch A. Dežman Mušič und N. Pintar Gosenca als Bevollmächtigte, – der slowakischen Regierung, vertreten durch E. V. Drugda und B. Ricziová als Bevollmächtigte, – der schwedischen Regierung, vertreten durch O. Simonsson, M. Salborn Hodgson und H. Shev als Bevollmächtigte, – der isländischen Regierung, vertreten durch J. B. Bjarnadóttir als Bevollmächtigte im Beistand von G. Bergsteinsson, Avocat, – der norwegischen Regierung, vertreten durch F. Bersgø, L.‑M. Moen Jünge, O. S. Rathore und P. Wennerås als Bevollmächtigte, – der Europäischen Kommission, vertreten durch S. Baches Opi, M. Mataija, G. Meessen, C. Urraca Caviedes und H. van Vliet als Bevollmächtigte, nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Dezember 2022 folgendes Urteil 1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 101 und 102 AEUV sowie der Art. 45, 49, 56 und 63 AEUV. 2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der European Superleague Company SL (im Folgenden: ESLC) einerseits sowie der Fédération internationale de football association (FIFA) und der Union des associations européennes de football (UEFA) andererseits über einen Antrag auf Feststellung, dass die FIFA und die UEFA gegen die Art. 101 und 102 AEUV verstoßen haben, auf Anordnung der Abstellung dieser Zuwiderhandlungen und auf Erlass verschiedener an sie zu richtender Anordnungen. I. Rechtlicher Rahmen A. FIFA-Statuten 3 Die FIFA ist ein privatrechtlicher Verein mit Sitz in der Schweiz. Nach Art. 2 ihrer Statuten in der Fassung von September 2020, auf die sich die Vorlageentscheidung bezieht (im Folgenden: FIFA-Statuten), ist der Zweck der FIFA u. a. „das Organisieren eigener internationaler Wettbewerbe“, „der Erlass und die Durchsetzung von Vorschriften und Bestimmungen zur Regelung des Fußballs und damit verbundener Aspekte“ sowie „die Kontrolle des Association Football in all seinen Formen, indem alle notwendigen oder angezeigten Maßnahmen ergriffen werden, um die Verletzung der Statuten, Reglemente und Entscheide der FIFA sowie der Spielregeln zu verhindern“, und zwar weltweit. 4 Nach den Art. 11 und 14 der FIFA-Statuten kann in einem bestimmten Land jeder „für die Organisation und Kontrolle des Fußballs verantwortlich[e Verband]“ Mitgliedsverband der FIFA werden, sofern er u. a. derzeit Mitglied einer der sechs von der FIFA anerkannten und in Art. 22 ihrer Statuten genannten kontinentalen Konföderationen ist, zu denen die UEFA gehört, und sich zuvor verpflichtet, u. a. den Statuten, Reglements, Weisungen und Entscheiden der FIFA sowie der kontinentalen Konföderation, der dieser Verband bereits angehört, nachzukommen. Gegenwärtig sind mehr als 200 nationale Fußballverbände Mitglieder der FIFA. In dieser Eigenschaft haben sie nach den Art. 14 und 15 der FIFA-Statuten u. a. die Pflicht, ihre eigenen Mitglieder oder ihnen angeschlossene Vereinigungen zur Einhaltung der Statuten, Reglements, Weisungen und Entscheide der FIFA zu verpflichten und dafür zu sorgen, dass diese von allen maßgebenden Interessengruppen im Fußball, insbesondere von den Profiligen, den Vereinen und den Spielern, beachtet werden. 5 Art. 20 („Status von Klubs, Ligen und anderen Vereinigungen von Klubs“) Abs. 1 dieser Statuten bestimmt: „Klubs, Ligen oder andere Vereinigungen von Klubs, die einem Mitgliedsverband angeschlossen sind, sind diesem untergeordnet und müssen von diesem anerkannt werden. Die Statuten des Mitgliedsverbands legen die Zuständigkeiten sowie die Rechte und Pflichten dieser Vereinigungen fest. Statuten und Reglemente solcher Vereinigungen sind durch den Mitgliedsverband zu genehmigen.“ 6 Art. 22 („Konföderationen“) Abs. 1 und 3 der FIFA-Statuten bestimmt: „(1)   Die Mitgliedsverbände, die dem gleichen Kontinent angehören, haben sich zu folgenden von der FIFA anerkannten Konföderationen zusammengeschlossen: … c) Union des associations européennes de football – UEFA … Die Anerkennung der Konföderation durch die FIFA begründet die uneingeschränkte gegenseitige Achtung der jeweiligen Gewalt innerhalb der in diesen Statuten definierten institutionellen Zuständigkeiten. … (3)   Jede Konföderation hat folgende Rechte und Pflichten: a) die Statuten, Reglemente und Entscheide der FIFA zu befolgen und deren Befolgung durchzusetzen; b) mit der FIFA auf allen Gebieten eng zusammenzuarbeiten, die mit dem Erreichen des Zwecks gemäß Art. 2 und mit der Ausrichtung von internationalen Wettbewerben zusammenhängen; c) in Übereinstimmung mit dem internationalen Spielkalender eigene Interklub-Wettbewerbe zu organisieren; d) in Übereinstimmung mit dem internationalen Spielkalender alle eigenen internationalen Wettbewerbe auszurichten; e) dafür zu sorgen, dass es ohne ihr Einverständnis und die Einwilligung der FIFA nicht zur Bildung von internationalen Ligen oder anderen ähnlichen Zusammenschlüssen von Klubs oder Ligen kommt; …“ 7 Nach Art. 24 der FIFA-Statuten gehören zu ihren Organen u. a. ein „gesetzgebendes Organ“ mit der Bezeichnung „Kongress“, das ihr „oberstes Gremium“ darstellt, ein „Strategie- und Aufsichtsorgan“ mit der Bezeichnung „Rat“ sowie ein „exekutives, operatives und administratives Organ“ mit der Bezeichnung „Generalsekretariat“. 8 Art. 67 („Rechte an Wettbewerben und Veranstaltungen“) der Statuten lautet: „(1)   Die FIFA, ihre Mitgliedsverbände und die Konföderationen sind ohne inhaltliche, zeitliche, örtliche und rechtliche Einschränkung originäre Eigentümer aller Rechte, die an den Wettbewerben und sonstigen Veranstaltungen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, entstehen können. Zu diesen Rechten gehören insbesondere Vermögensrechte aller Art, audiovisuelle und hörfunktechnische Aufnahme‑, Wiedergabe- und Ausstrahlungsrechte, multimediale Rechte, Marketing- und Promotionsrechte und Immaterialgüterrechte wie Kennzeichen- und Urheberrechte. (2)   Der Rat entscheidet über die Art und Weise der Verwertung und über den Umfang der Nutzung dieser Rechte und erlässt zu diesem Zweck spezielle Bestimmungen. Der Rat entscheidet, ob er diese Rechte alleine, zusammen mit Dritten oder durch Dritte verwerten lassen will.“ 9 Art. 68 („Bewilligung zur Verbreitung“) Abs. 1 der Statuten lautet: „Die FIFA, ihre Mitgliedsverbände und die Konföderationen sind für Fußballspiele und Veranstaltungen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, ausschließlich zuständig, die Verbreitung mittels Bild- und Ton- und anderer Datenträger zu bewilligen, und dies ohne inhaltliche, zeitliche, örtliche, technische und rechtliche Beschränkungen der Verbreitung.“ 10 Art. 71 („Internationale Spiele und Wettbewerbe“) der FIFA-Statuten lautet: „(1)   Der Rat ist für den Erlass eines Reglements für die Organisation internationaler Spiele und Wettbewerbe zwischen Verbandsmannschaften und zwischen Ligen, Klub- und/oder Ad‑hoc-Mannschaften zuständig. Solche Spiele oder Wettbewerbe können nicht ohne vorangehende Zustimmung der FIFA, der Konföderationen und/oder der Mitgliedsverbände gemäß Reglement für internationale Spiele stattfinden. (2)   Der Rat kann weitere Bestimmungen für solche Spiele und Wettbewerbe erlassen. (3)   Der Rat legt die Kriterien für die Zulassung von Mannschaften fest, die nicht unter das Reglement für internationale Spiele fallen. (4)   Ungeachtet der im Reglement für internationale Spiele verankerten Zuständigkeiten kann die FIFA abschließend über die Bewilligung von internationalen Spielen und Wettbewerben entscheiden.“ 11 In Art. 72 („Kontakte“) Abs. 1 der Statuten heißt es: „Spieler und Mannschaften, die Mitgliedsverbänden oder provisorischen Mitgliedern der Konföderationen angehören, dürfen ohne die Erlaubnis der FIFA weder Spiele noch sportliche Kontakte mit Spielern oder Mannschaften haben, die keinem Mitgliedsverband angehören oder keine provisorischen Mitglieder der Konföderationen sind.“ 12 Art. 73 („Bewilligung“) der Statuten sieht vor: „Verbände, Ligen oder Klubs, die einem Mitgliedsverband angeschlossen sind, können sich nur unter außergewöhnlichen Umständen einem anderen Mitgliedsverband anschließen oder an Wettbewerben auf seinem Gebiet teilnehmen. In jedem Fall haben beide Mitgliedsverbände, die zuständige(n) Konföderation(en) und die FIFA ihre Erlaubnis zu erteilen.“ B. FIFA-Reglement für internationale Spiele 13 Das FIFA-Reglement für internationale Spiele in seiner seit dem 1. Mai 2014 geltenden Fassung regelt in seinem Art. 1 die Bewilligung, die Meldung und die weiteren Auflagen für die Organisation von Spielen oder Wettbewerben zwischen Mannschaften, die verschiedenen nationalen Mitgliedsverbänden der FIFA angehören, für die Organisation von Spielen oder Wettbewerben zwischen Mannschaften, die demselben nationalen Verband angehören, wenn diese in einem Drittland ausgetragen werden, sowie für die Organisation von Spielen oder Wettbewerben, an denen Spieler oder Mannschaften beteiligt sind, die keinem nationalen Verband angehören. 14 Nach Art. 2 dieses Reglements gilt es für alle internationalen Spiele und Wettbewerbe mit Ausnahme der Spiele im Rahmen von Wettbewerben, die von der FIFA oder einer der von ihr anerkannten kontinentalen Konföderationen organisiert werden. 15 Nach Art. 6 dieses Reglements müssen alle internationalen Spiele je nach Fall von der FIFA, der betreffenden kontinentalen Konföderation und/oder den nationalen Fußballverbänden bewilligt werden, die Mitglieder der FIFA sind und denen die teilnehmenden Mannschaften angehören oder in deren örtlichem Zuständigkeitsbereich die Spiele ausgetragen werden. 16 Nach den Art. 7 und 10 des FIFA-Reglements für internationale Spiele muss jedes „internationale Spiel der ersten Kategorie“, d. h. Spiele zwischen der ersten Verbandsmannschaft zweier nationaler Fußballverbände, die Mitglieder der FIFA sind, sowohl von der FIFA als auch von der maßgebenden kontinentalen Konföderation und den maßgebenden nationalen Verbänden bewilligt werden. Hingegen muss nach den Art. 8 und 11 dieses Reglements jedes „internationale Spiel der zweiten Kategorie“, d. h. Spiele, an denen die erste Verbandsmannschaft nur eines nationalen Verbands, eine andere Verbandsmannschaft eines solchen nationalen Verbands, eine aus Spielern, die bei mehreren Klubs desselben nationalen Verbands registriert sind, bestehende Mannschaft oder die erste Mannschaft eines Klubs, der in der höchsten Spielklasse eines nationalen Verbands spielt, beteiligt sind, nur von den betreffenden kontinentalen Konföderationen und nationalen Verbänden bewilligt werden. C. UEFA-Statuten 17 Die UEFA ist ebenfalls ein privatrechtlicher Verein mit Sitz in der Schweiz. 18 Nach Art. 2 Abs. 1 der UEFA-Statuten bezweckt die UEFA Folgendes: „a) Behandlung aller Fragen, die den europäischen Fußball betreffen; b) Förderung des Fußballs in Europa im Geiste des Friedens, der Verständigung und des Fairplay, ohne Diskriminierung aufgrund der politischen Haltung, des Geschlechts, der Religion, der Rasse oder aus anderen Gründen; c) Überwachung und Kontrolle der Entwicklung aller Formen des Fußballs in Europa; d) Organisation und Durchführung von internationalen Wettbewerben und Turnieren des europäischen Fußballs in all seinen Formen …; e) Verhinderung jeglicher Methoden und Praktiken, welche die Regularität der Spiele oder Wettbewerbe gefährden oder zum Missbrauch des Fußballs führen; f) Förderung und Schutz von ethischen Standards und Good Governance im europäischen Fußball; g) Sicherstellung, dass die sportlichen Grundwerte immer Vorrang gegenüber kommerziellen Interessen haben; h) Ausschüttung der Einnahmen aus dem Fußball nach dem Solidaritätsprinzip und Unterstützung von Investitionen zugunsten aller Ebenen und Bereiche des Fußballs, insbesondere des Breitenfußballs; i) Förderung der Einigkeit in Fragen des europäischen und des Weltfußballs unter den Mitgliedsverbänden; j) Wahrung der Gesamtinteressen der Verbände; k) Sicherstellung, dass Bedürfnisse der verschiedenen Interessengruppen des europäischen Fußballs (Ligen, Vereine, Spieler, Anhänger) angemessen berücksichtigt werden; l) Vertretung der ganzen europäischen Fußballfamilie; m) Pflege guter Beziehungen und Zusammenarbeit mit der FIFA und den anderen von ihr anerkannten Konföderationen; n) Sicherstellung, dass ihre Vertreter in der FIFA loyal im Geiste europäischer Solidarität handeln; o) Ausgleich der Interessen der Verbände, Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten untereinander sowie auf Antrag Hilfeleistung in allen Angelegenheiten.“ 19 Nach Art. 5 dieser Statuten kann jeder Verband, der seinen Sitz in einem europäischen Land hat, das von der Mehrheit der Mitglieder der Vereinten Nationen (UNO) als unabhängiger Staat anerkannt ist, und der im Gebiet seines Landes für die Durchführung des Fußballsports verantwortlich ist, Mitglied der UEFA werden. Gemäß Art. 7bis dieser Statuten schließt eine solche Eigenschaft für die betreffenden Verbände die Verpflichtung mit ein, die Statuten, Reglements und Beschlüsse der UEFA zu befolgen und sicherzustellen, dass sie in dem Land, dem sie angehören, von den ihnen unterstellten Profiligen sowie den Vereinen und den Spielern eingehalten werden. Gegenwärtig sind mehr als 50 nationale Fußballverbände Mitglieder der UEFA. 20 Nach den Art. 11 und 12 der UEFA-Statuten gehören zu den Organen der UEFA ein „oberstes Organ“, das als „Kongress“ bezeichnet wird, und ein „Exekutivkomitee“. 21 In Art. 49 („Wettbewerbe“) der UEFA-Statuten heißt es: „(1)   Die UEFA entscheidet allein über die Durchführung und Aufhebung internationaler Wettbewerbe in Europa, an denen Verbände und/oder deren Vereine teilnehmen. Davon sind FIFA-Wettbewerbe nicht betroffen. … (3)   Internationale Spiele, Wettbewerbe und Turniere, welche die UEFA nicht selbst durchführt, die aber auf UEFA-Gebiet ausgetragen werden, bedürfen einer vorgängigen Bewilligung der FIFA und/oder der UEFA und/oder der betreffenden Mitgliedsverbände in Übereinstimmung mit dem FIFA-Reglement für internationale Spiele sowie den zusätzlichen, vom UEFA-Exekutivkomitee verabschiedeten Ausführungsbestimmungen.“ 22 Art. 51 („Verbotene Beziehungen“) der UEFA-Statuten bestimmt: „(1)   Ohne Bewilligung der UEFA dürfen keine Vereinigungen oder Gruppierungen zwischen UEFA-Mitgliedsverbänden bzw. zwischen Ligen oder Klubs, die mittelbar oder unmittelbar verschiedenen UEFA-Mitgliedsverbänden angehören, gebildet werden. (2)   Mitglieder der UEFA oder deren zugehörige Ligen oder Klubs dürfen außerhalb ihres eigenen Verbandsgebiets ohne Bewilligung der entsprechenden UEFA-Mitgliedsverbände weder Spiele austragen noch organisieren.“ II. Sachverhalt und Vorlagefragen A. Das Super-League-Projekt 23 Die ESLC ist eine privatrechtliche Gesellschaft mit Sitz in Spanien. Sie wurde auf Initiative einer Gruppe von Profifußballklubs gegründet, die ihrerseits in Spanien (Club Atlético de Madrid, Fútbol Club Barcelona und Real Madrid Club de Fútbol), in Italien (Associazione Calcio Milan, Football Club Internazionale Milano und Juventus Football Club) und im Vereinigten Königreich (Arsenal Football Club, Chelsea Football Club, Liverpool Football Club, Manchester City Football Club, Manchester United Football Club und Tottenham Hotspur Football Club) ansässig sind. Nach den Angaben in der Vorlageentscheidung hat sie zum Ziel, ein Projekt für einen neuen internationalen Profifußballwettbewerb mit der Bezeichnung „Super League“ aufzustellen. Zu diesem Zweck gründete sie oder beabsichtigte sie die Gründung von drei weiteren Gesellschaften, von denen die erste mit dem Management der Super League in finanzieller, sportlicher und disziplinarischer Hinsicht nach ihrer Einrichtung betraut werden soll, die zweite mit der Verwertung der Medienrechte an diesem Wettbewerb und die dritte mit der Verwertung der sonstigen kommerziellen Vermögenswerte im Zusammenhang mit diesem Wettbewerb. 24 Die A22 Sports Management SL ist ebenfalls eine privatrechtliche Gesellschaft mit Sitz in Spanien. Sie nennt als ihren Zweck die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Einführung und dem Management von Profifußballwettbewerben, insbesondere des Super-League-Projekts. 25 Zum Start dieses Projekts geht aus der Vorlageentscheidung zunächst hervor, dass die Profifußballklubs, die die ESLC gegründet haben, einen neuen internationalen Fußballwettbewerb einrichten wollten, an dem zum einen zwölf bis 15 Profifußballklubs als „ständige Mitglieder“ beteiligt sind und zum anderen eine festzulegende Zahl von Profifußballklubs, die den Status von „qualifizierten Klubs“ haben und nach einem bestimmten Verfahren ausgewählt werden sollen. 26 Sodann stützte sich das Projekt auf eine Aktionärs- und Investitionsvereinbarung, die zum einen den Abschluss eines Vertragswerks vorsah, mit dem sich jeder Profifußballklub, der an der Super League teilnimmt oder für eine Teilnahme an ihr in Frage kommt, an die drei von der ESLC gegründeten oder zu gründenden Gesellschaften binden sollte und in dem u. a. die Modalitäten, nach denen die Klubs ihre Medien- oder kommerziellen Rechte an diesem Wettbewerb auf die ESLC übertragen, sowie die ihnen dafür gezahlte Vergütung festgelegt werden sollten. Zum anderen war der Abschluss eines Vertragswerks zwischen diesen drei Gesellschaften vorgesehen, um die Erbringung der erforderlichen Dienstleistungen für das Management der Super League, die Verwertung der auf die ESLC übertragenen Rechte und die Zuteilung der Mittel, die der ESLC zur Verfügung stehen, an die teilnehmenden Klubs zu koordinieren. Die Bereitstellung dieser Mittel selbst war in einem Schreiben vorgesehen, in dem sich die JP Morgan AG verpflichtete, der ESLC mit einem Überbrückungskredit in Höhe von bis zu 4 Mrd. Euro eine finanzielle Unterstützung und einen Infrastrukturzuschuss zu gewähren, die dazu bestimmt waren, die Einführung der Super League und deren vorläufige Finanzierung bis zu einer Emission von Anleihen auf den Kapitalmärkten zu ermöglichen. 27 Schließlich waren nach der fraglichen Aktionärs- und Investitionsvereinbarung die Einrichtung der Super League und die Bereitstellung der dafür erforderlichen Mittel von einer aufschiebenden Bedingung abhängig, die darin bestand, dass entweder die FIFA oder die UEFA diesen internationalen Wettbewerb und seine Vereinbarkeit mit den von ihnen aufgestellten Regeln anerkennen oder die zuständigen Verwaltungs- oder Justizbehörden rechtlichen Schutz gewähren, der den Profifußballklubs, die den Status von ständigen Mitgliedern des Wettbewerbs haben, die Teilnahme an ihm erlaubt, ohne dass dies ihre Mitgliedschaft in oder Beteiligung an den nationalen Fußballverbänden, den Profiligen oder den internationalen Wettbewerben, in die sie bis dahin involviert waren, beeinträchtigt. Zu diesem Zweck war in der Vereinbarung insbesondere vorgesehen, dass der FIFA und der UEFA das Super-League-Projekt zur Kenntnis gebracht werde. B. Ausgangsverfahren und Vorlagefragen 28 Dem Ausgangsverfahren liegt eine von der ESLC beim Juzgado de lo Mercantil de Madrid (Handelsgericht Madrid, Spanien) erhobene und mit einem Antrag auf Erlass von Sicherungsmaßnahmen ohne vorherige Anhörung des Antragsgegners (inaudita parte) verbundene handelsrechtliche Klage gegen die FIFA und die UEFA zugrunde. 29 Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts erfolgte die Klageerhebung im Anschluss an die Lancierung des Super-League-Projekts durch die ESLC und den Widerstand, auf den es bei der FIFA und der UEFA stieß. 30 Das vorlegende Gericht führt hierzu aus, die FIFA und die sechs von ihr anerkannten kontinentalen Konföderationen, darunter die UEFA, hätten am 21. Januar 2021 eine Verlautbarung veröffentlicht; darin hätten sie erstens ihre Weigerung zum Ausdruck gebracht, die Super League anzuerkennen, zweitens angekündigt, dass jeder Profifußballklub und jeder Spieler, der an diesem internationalen Wettbewerb teilnehme, von den von der FIFA und der UEFA organisierten Wettbewerben ausgeschlossen werde, und drittens hervorgehoben, dass alle internationalen Fußballwettbewerbe von den zuständigen, in den Statuten der FIFA und der kontinentalen Konföderationen genannten Einrichtungen organisiert oder genehmigt werden müssten. Diese Verlautbarung enthielt insbesondere folgende Passage: „Angesichts der jüngsten Medienspekulationen über die Einführung einer geschlossenen europäischen Super League durch einige europäische Vereine möchten die FIFA und die sechs Konföderationen … noch einmal mit Nachdruck betonen, dass ein solcher Wettbewerb weder von der FIFA noch von der jeweiligen Konföderation anerkannt würde. Vereine oder Spieler, die an einem solchen Wettbewerb teilnehmen würden, dürften folglich an keinem von der FIFA oder der jeweiligen Konföderation organisierten Wettbewerb teilnehmen. Gemäß den Statuten der FIFA und der Konföderationen sind sämtliche Wettbewerbe durch das zuständige Organ auf der jeweiligen Ebene, durch die zuständige Konföderation auf kontinentaler Ebene oder durch die FIFA auf globaler Ebene zu organisieren oder anzuerkennen.“ 31 Am 18. April 2021 wurde außerdem von der UEFA sowie vom englischen, vom spanischen und vom italienischen Fußballverband und von einigen ihnen unterstellten Profifußballligen ein Kommuniqué veröffentlicht, in dem es u. a. hieß, dass den betreffenden Klubs die Teilnahme an jedem anderen Wettbewerb auf nationaler oder europäischer Ebene oder weltweit verboten wird und ihren Spielern die Mitwirkung in ihrer Nationalmannschaft verweigert werden könnte. 32 Am 19. und 20. April 2021 entschied das vorlegende Gericht zunächst, dass die Klage der ESLC zulässig sei, und erließ sodann, ohne Anhörung des Antraggegners, eine Reihe von Sicherungsanordnungen, die im Wesentlichen dazu dienten, die FIFA und die UEFA und über sie ihre nationalen Mitgliedsverbände zu veranlassen, während der gesamten Dauer des Gerichtsverfahrens von jedem Verhalten, das geeignet ist, die Einführung der Super League und die Teilnahme der Profifußballklubs sowie der Spieler an ihr zu vereiteln oder zu behindern, und insbesondere von jeder Disziplinarmaßnahme, jeder Sanktion sowie jeder Drohung mit der Verhängung solcher Maßnahmen oder Sanktionen gegenüber Klubs oder Spielern abzusehen. 33 Zur Stützung seines Vorabentscheidungsersuchens weist das vorlegende Gericht im Wesentlichen erstens darauf hin, dass die sportliche Betätigung nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts nicht vom Anwendungsbereich der Bestimmungen des AEU-Vertrags über die Freizügigkeit (Urteile vom 15. Dezember 1995, Bosman, C‑415/93, EU:C:1995:463, sowie vom 13. Juni 2019, TopFit und Biffi, C‑22/18, EU:C:2019:497) und über die Wettbewerbsregeln (Urteile vom 1. Juli 2008, MOTOE, C‑49/07, EU:C:2008:376, und vom 26. Januar 2005, Piau/Kommission, T‑193/02, EU:T:2005:22) ausgenommen sei. 34 Zweitens handele es sich bei den beiden unterschiedlichen, aber einander ergänzenden wirtschaftlichen Tätigkeiten, die den im vorliegenden Fall betroffenen Markt bildeten, in materieller und geografischer Hinsicht einerseits um die Organisation und Vermarktung internationaler Klubfußballwettbewerbe im Unionsgebiet und andererseits um die Verwertung der verschiedenen Rechte an diesen Wettbewerben, seien es Vermögensrechte, audiovisuelle und hörfunktechnische Aufnahme‑, Wiedergabe- und Ausstrahlungsrechte, sonstige Medienrechte, kommerzielle Rechte oder Rechte des geistigen Eigentums. 35 Drittens hätten die FIFA und die UEFA seit Langem ein Wirtschafts- und Handelsmonopol und damit eine beherrschende Stellung auf dem betreffenden Markt inne, die es ihnen erlaube, sich dort unabhängig von jedem potenziellen Wettbewerb zu verhalten; dies mache sie zu zwangsläufigen Partnern für jede Einrichtung, die bereits auf diesem Markt tätig sei oder in der einen oder anderen Eigenschaft in ihn eintreten wolle, und erlege ihnen eine besondere Verantwortung für die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs auf. 36 Die beherrschende Stellung der FIFA und der UEFA belaste nicht nur die Unternehmen, die möglicherweise mit ihnen in Wettbewerb treten wollten, indem sie andere internationale Fußballwettbewerbe organisierten, sondern über ihre nationalen Mitgliedsverbände auch alle anderen Interessengruppen im Fußball wie Profifußballklubs oder Spieler, was das Gericht bereits anerkannt habe (Urteil vom 26. Januar 2005, Piau/Kommission, T‑193/02, EU:T:2005:22). Die beherrschende Stellung der FIFA und der UEFA auf dem im Ausgangsverfahren relevanten Markt beruhe nicht nur auf einem Wirtschafts- und Handelsmonopol, sondern auch und letztlich vor allem auf dem Bestehen von Regelungs‑, Kontroll‑, Entscheidungs- und Sanktionsbefugnissen, die es ihnen erlaubten, verbindlich und umfassend den Rahmen für die Bedingungen vorzugeben, unter denen alle anderen Akteure auf diesem Markt eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben könnten. Schließlich führe die Kombination aller dieser Elemente praktisch zu einer für die potenziellen Wettbewerber der FIFA und der UEFA unüberwindlichen Marktzugangsschranke. Die Wettbewerber seien insbesondere konfrontiert mit den für die Veranstaltung internationaler Fußballwettbewerbe und die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an ihnen geltenden Bestimmungen über die vorherige Genehmigung sowie mit den Bestimmungen über die ausschließliche Inanspruchnahme und Verwertung der verschiedenen an diesen Wettbewerben bestehenden Rechte. 37 Viertens könnte das Verhalten der FIFA und der UEFA in zweierlei Hinsicht einen nach Art. 102 AEUV verbotenen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellen. 38 Hierzu ergebe sich zum einen aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts (Urteile vom 1. Juli 2008, MOTOE, C‑49/07, EU:C:2008:376, Rn. 51 und 52, und vom 16. Dezember 2020, International Skating Union/Kommission, T‑93/18, EU:T:2020:610, Rn. 70), dass der Umstand, dass einem Sportverband, der eine wirtschaftliche Tätigkeit in Form der Veranstaltung und Vermarktung von Sportwettbewerben ausübe, durch Gesetz oder Verordnung die Befugnis übertragen werde, parallel de iure oder de facto zu bestimmen, welchen anderen Unternehmen die Ausrichtung solcher Wettbewerbe gestattet sei, ohne dass diese Befugnis angemessenen Beschränkungen, Bindungen und Kontrollen unterliege, diesem Sportverband einen offensichtlichen Vorteil gegenüber seinen Wettbewerbern verschaffe, indem es ihm ermöglicht werde, sie am Zugang zum Markt zu hindern und zugleich seine eigene wirtschaftliche Tätigkeit zu fördern. 39 In Anbetracht dieser Rechtsprechung sei im vorliegenden Fall möglicherweise davon auszugehen, dass die FIFA und die UEFA ihre beherrschende Stellung auf dem im Ausgangsverfahren relevanten Markt missbrauchten. Die Bestimmungen, die diese beiden Einrichtungen in ihrer Eigenschaft als Verbände aufgrund der ihnen übertragenen Regelungs- und Kontrollbefugnisse in Bezug auf die vorherige Genehmigung internationaler Fußballwettbewerbe erlassen hätten, ermöglichten es ihnen nämlich, den Zugang potenziell konkurrierender Unternehmen zu diesem Markt zu verhindern, zumal Entscheidungs- und Sanktionsbefugnisse hinzukämen, die ihnen die Möglichkeit eröffneten, sowohl ihre nationalen Mitgliedsverbände als auch die übrigen Interessengruppen im Fußball, insbesondere Profifußballklubs und Spieler, zu zwingen, ihr Monopol auf diesem Markt zu respektieren. Außerdem enthielten die Statuten der FIFA und der UEFA keine Vorschriften, die gewährleisteten, dass die Anwendung dieser Bestimmungen über die vorherige Genehmigung und, allgemeiner, der Entscheidungs- und Sanktionsbefugnisse, mit denen sie verbunden seien, ausschließlich an dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen ausgerichtet und nicht von kommerziellen oder finanziellen Interessen geleitet werde, die mit der von diesen beiden Einrichtungen parallel ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeit zusammenhingen. Schließlich seien diese Bestimmungen und Befugnisse nicht durch materielle Kriterien und Verfahrensmodalitäten begrenzt, die geeignet seien, ihre Transparenz, Objektivität, Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit in einer das Ermessen der FIFA und der UEFA beschränkenden Weise zu gewährleisten. Die von ihnen vorliegend nach der Lancierung des Super-League-Projekts angekündigten Maßnahmen veranschaulichten diese Situation. 40 Zum anderen sei fraglich, ob die FIFA und die UEFA nicht auch dadurch gegen die Art. 101 und 102 AEUV verstießen, dass sie sich in ihren Statuten sämtliche rechtlichen und wirtschaftlichen Rechte im Zusammenhang mit den im Unionsgebiet organisierten internationalen Fußballwettbewerben aneigneten und sich die ausschließliche Verwertung dieser Rechte vorbehielten. Die insoweit von der FIFA erlassenen Bestimmungen verliehen ihr, der UEFA und ihren nationalen Mitgliedsverbänden nämlich den Status von „originären Eigentümern“ dieser Rechte und entzögen folglich den Profifußballklubs, die an solchen Wettbewerben teilnähmen, das Eigentum daran oder verpflichteten sie, diese Rechte auf die beiden Einrichtungen zu übertragen. Außerdem träten zu diesen Vorschriften die Bestimmungen über die vorherige Genehmigung und, allgemeiner, die Regelungs‑, Kontroll‑, Entscheidungs- und Sanktionsbefugnisse hinzu, über die die FIFA und die UEFA außerdem verfügten, um den betreffenden Markt gegenüber allen potenziell konkurrierenden Unternehmen abzuschotten oder sie zumindest vom Eintritt in diesen Markt abzuhalten, indem sie ihre Möglichkeit einschränkten, die verschiedenen Rechte an den in Rede stehenden Wettbewerben zu nutzen. 41 Fünftens könnte das Verhalten der FIFA und der UEFA auch gegen das Kartellverbot des Art. 101 AEUV verstoßen. 42 Insoweit komme zum einen in den Art. 20, 22, 67, 68 und 71 bis 73 der FIFA-Statuten, den Art. 49 und 51 der UEFA-Statuten sowie den einschlägigen Artikeln des Reglements der FIFA für internationale Spiele die von jeder dieser beiden Unternehmensvereinigungen getroffene und u. a. im Unionsgebiet anwendbare Entscheidung zum Ausdruck, ihr Verhalten und das ihrer unmittelbaren oder mittelbaren Mitgliedsunternehmen auf dem Markt der Organisation und Vermarktung von Klubwettbewerben im Fußball und zur Nutzung der verschiedenen an ihnen bestehenden Rechte zu koordinieren, indem sie für dieses Verhalten bestimmte Regeln und bestimmte gemeinsame Bedingungen aufstellten. Denn unabhängig von den in diesen Artikeln enthaltenen Bestimmungen über die vorherige Genehmigung, über Entscheidungen und über Sanktionen enthielten sie nämlich verschiedene Bestimmungen, die sicherstellen sollten, dass sie sowohl von den nationalen Mitgliedsverbänden der FIFA und der UEFA eingehalten würden als auch von den Profifußballklubs, die Mitglieder dieser nationalen Verbände oder ihnen angeschlossen seien. 43 Zum anderen lasse die Prüfung des Inhalts der in Rede stehenden Bestimmungen, des wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhangs, in den sie sich einfügten, der mit ihnen verfolgten Ziele und der von der FIFA und der UEFA im vorliegenden Fall am 21. Januar und 18. April 2021 angekündigten Durchführungsmaßnahmen erkennen, dass diese Bestimmungen den Wettbewerb auf dem im Ausgangsverfahren relevanten Markt beschränken könnten. Allgemeiner ergebe sich aus sämtlichen bereits im Rahmen der Analyse von Art. 102 AEUV genannten Anhaltspunkten, dass das Wettbewerbsproblem, das sich hier stelle, letztlich daraus resultiere, dass die FIFA und die UEFA sowohl Unternehmen seien, die den Markt für die Organisation und die Vermarktung internationaler Fußball-Klubwettbewerbe, insbesondere im Unionsgebiet, sowie die Verwertung der verschiedenen Rechte an diesen Wettbewerben monopolisierten, als auch privatrechtliche Vereinigungen, die nach ihren eigenen Statuten über Regelungs‑, Kontroll‑, Entscheidungs- und Sanktionsbefugnisse in Bezug auf alle übrigen Interessengruppen im Fußball verfügten, unabhängig davon, ob es sich um Wirtschaftsteilnehmer oder Sportler handele. Da die FIFA und die UEFA damit zugleich „Gesetzgeber und Partei“ seien, befänden sie sich nämlich offensichtlich in einem Interessenkonflikt, der geeignet sei, sie dazu zu veranlassen, von ihren Befugnissen zur vorherigen Genehmigung und zur Verhängung von Sanktionen Gebrauch zu machen, um die Einführung internationaler Fußballwettbewerbe, die nicht zu ihrem System gehörten, zu verhindern und damit jeden potenziellen Wettbewerb auf dem Markt zu vereiteln. 44 Sechstens schließlich stelle sich die Frage, ob die von der FIFA und der UEFA erlassenen Bestimmungen über die vorherige Genehmigung und die Verhängung von Sanktionen sowie die im vorliegenden Fall von ihnen am 21. Januar und 18. April 2021 angekündigten Maßnahmen zugleich die Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Fall von Spielern beeinträchtigten, die bei Profifußballklubs, die an internationalen Fußballwettbewerben wie der Super League teilnehmen wollten, beschäftigt seien oder sein könnten, sowie den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassungsfreiheit, die sowohl diesen Klubs als auch den Unternehmen, die andere Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Organisation und Vermarktung solcher Wettbewerbe anböten, zugutekämen, und den freien Verkehr des für ihre Einführung benötigten Kapitals. 45 Insbesondere müsse nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Regelung öffentlichen oder privaten Ursprungs, mit der ein System der vorherigen Genehmigung eingeführt werde, nicht nur durch ein dem Gemeinwohl dienendes Ziel gerechtfertigt, sondern auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar sein, was u. a. bedeute, dass die Ausübung des Ermessens, über das die für die Erteilung einer solchen Genehmigung zuständige Einrichtung verfüge, durch transparente, objektive und nicht diskriminierende Kriterien begrenzt sei (Urteil vom 22. Januar 2002, Canal Satélite Digital, C‑390/99, EU:C:2002:34, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung). 46 Im vorliegenden Fall seien diese verschiedenen Erfordernisse nicht erfüllt, wie sich aus den verschiedenen Gesichtspunkten ergebe, auf die im Rahmen der in Bezug auf die Art. 101 und 102 AEUV vorgenommenen Prüfung hingewiesen worden sei. 47 Unter diesen Umständen hat der Juzgado de lo Mercantil de Madrid (Handelsgericht Madrid) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen: 1. Ist Art. 102 AEUV dahin auszulegen, dass er einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung verbietet, der darin besteht, dass die FIFA und die UEFA in ihren Statuten (insbesondere in den Art. 22 und 71 bis 73 der FIFA-Statuten, den Art. 49 und 51 der UEFA-Statuten sowie in jedem Artikel entsprechenden Inhalts der Statuten der Mitgliedsverbände und der nationalen Ligen) bestimmen, dass eine vorherige Genehmigung durch diese Körperschaften, die die ausschließliche Zuständigkeit für die Veranstaltung oder Genehmigung internationaler Wettbewerbe für Vereine in Europa beanspruchen, erforderlich ist, damit eine dritte Körperschaft einen neuen europaweiten Vereinswettbewerb wie die Superleague gründen kann, insbesondere wenn es kein auf der Grundlage objektiver, transparenter und nicht diskriminierender Kriterien geregeltes Verfahren gibt und der bei der FIFA und der UEFA gegebenenfalls vorliegende Interessenkonflikt berücksichtigt wird? 2. Ist Art. 101 AEUV dahin auszulegen, dass er es verbietet, dass die FIFA und die UEFA in ihren Statuten (insbesondere in den Art. 22 und 71 bis 73 der FIFA-Statuten, den Art. 49 und 51 der UEFA-Statuten sowie in jedem Artikel entsprechenden Inhalts der Statuten der Mitgliedsverbände und der nationalen Ligen) eine vorherige Genehmigung durch diese Körperschaften verlangen, die die ausschließliche Zuständigkeit für die Veranstaltung oder Genehmigung internationaler Klubwettbewerbe in Europa beanspruchen, damit eine dritte Körperschaft einen neuen europaweiten Vereinswettbewerb wie die Super League gründen kann, insbesondere wenn es kein auf der Grundlage objektiver, transparenter und nicht diskriminierender Kriterien geregeltes Verfahren gibt und der bei der FIFA und der UEFA gegebenenfalls vorliegende Interessenkonflikt berücksichtigt wird? 3. Sind die Art. 101 und 102 AEUV dahin auszulegen, dass sie ein Handeln der FIFA, der UEFA, ihrer Mitgliedsverbände oder ihrer nationalen Ligen, das darin besteht, die Verhängung von Sanktionen gegen an der Super League teilnehmende Vereine oder deren Spieler anzudrohen, wegen der Abschreckung verbieten, die dadurch erzeugt werden kann? Für den Fall, dass die Sanktionen des Ausschlusses von Wettbewerben oder des Verbots der Teilnahme an Spielen der Nationalmannschaft verhängt werden: Würden diese Sanktionen, ohne auf objektive, transparente und nicht diskriminierende Kriterien gestützt zu sein, einen Verstoß gegen die Art. 101 und 102 AEUV darstellen? 4. Sind die Art. 101 und 102 AEUV dahin auszulegen, dass sie den Art. 67 und 68 der FIFA-Statuten insoweit entgegenstehen, als darin die UEFA und ihre nationalen Mitgliedsverbände als „originäre Eigentümer aller Rechte, die an den Wettbewerben …, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, entstehen können“, bezeichnet werden und dadurch den an alternativen Wettbewerben teilnehmenden Klubs und deren Veranstaltern das originäre Eigentum an den genannten Rechten vorenthalten wird, so dass sich die UEFA und ihre Verbände die ausschließliche Zuständigkeit für deren Vermarktung anmaßen? 5. Wenn die FIFA und die UEFA als Körperschaften, die die ausschließliche Zuständigkeit für die Veranstaltung und Genehmigung internationaler Wettbewerbe für Fußballklubs in Europa beanspruchen, die Entwicklung der Super League auf der Grundlage der genannten Bestimmungen ihrer Statuten verbieten oder ablehnen: Ist Art. 101 AEUV dahin auszulegen, dass diese Wettbewerbsbeschränkungen unter die in dieser Vorschrift vorgesehene Ausnahmeregelung fallen können, da die Erzeugung erheblich eingeschränkt wird, die Einführung alternativer Produkte zu den von der FIFA und der UEFA auf dem Markt angebotenen Produkten verhindert wird und die Innovation durch Verhinderung anderer Formate und Gestaltungen beschränkt wird, wodurch der potenzielle Wettbewerb auf dem Markt ausgeschaltet und die Auswahl des Verbrauchers eingeschränkt werden? Gibt es für eine solche Beschränkung eine objektive Rechtfertigung, die die Annahme erlauben würde, dass kein Missbrauch einer beherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV vorliegt? 6. Sind die Art. 45, 49, 56 oder 63 AEUV dahin auszulegen, dass eine Bestimmung wie die in den FIFA- und UEFA-Statuten enthaltene (insbesondere in den Art. 22 und 71 bis 73 der FIFA-Statuten, den Art. 49 und 51 der UEFA-Statuten sowie in jedem Artikel entsprechenden Inhalts der Statuten der Mitgliedsverbände und der nationalen Ligen) eine Beschränkung darstellt, die gegen eine der in den genannten Vorschriften anerkannten Verkehrsfreiheiten verstößt, indem sie für die Gründung eines europaweiten Vereinswettbewerbs wie der Super League durch einen Wirtschaftsteilnehmer eines Mitgliedstaats eine vorherige Genehmigung durch die FIFA und die UEFA verlangt? III. Verfahren vor dem Gerichtshof 48 In seiner Vorlageentscheidung hat der Juzgado de lo Mercantil de Madrid (Handelsgericht Madrid) beantragt, die vorliegende Rechtssache dem beschleunigten Verfahren nach Art. 105 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs zu unterwerfen. Diesen Antrag hat er zum einen darauf gestützt, dass das Ausgangsverfahren und die dem Gerichtshof vorgelegten Fragen in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht wichtig und sensibel seien, da dieser Rechtsstreit und diese Fragen die Organisation von Fußballwettbewerben im Unionsgebiet sowie die Verwertung der verschiedenen Rechte an ihnen beträfen. Zum anderen würden die Fragen im Rahmen eines nationalen Gerichtsverfahrens gestellt, das bereits zum Erlass von Sicherungsmaßnahmen geführt habe und das in Anbetracht der Schäden, deren Vorliegen von den Profifußballklubs, die die ESLC gegründet hätten, geltend gemacht werde, und darüber hinaus der praktischen und finanziellen Folgen, die die Covid‑19-Pandemie für den Fußballsektor, insbesondere im Unionsgebiet, mit sich gebracht habe, eine gewisse Dringlichkeit aufweise. 49 Mit Beschluss vom 1. Juli 2021 hat der Präsident des Gerichtshofs diesen Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Umstände, auf die er gestützt werde, es für sich genommen nicht rechtfertigten, die vorliegende Rechtssache dem beschleunigten Verfahren zu unterwerfen. 50 Dabei handelt es sich nämlich um ein Verfahrensinstrument, mit dem auf eine außerordentliche Dringlichkeitssituation reagiert werden soll, deren Vorliegen anhand außergewöhnlicher Umstände der Rechtssache festzustellen ist, in deren Zusammenhang ein Antrag auf beschleunigtes Verfahren gestellt wird (Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 20. Dezember 2017, M. A. u. a., C‑661/17, EU:C:2017:1024, Rn. 17, und vom 25. Februar 2021, Sea Watch, C‑14/21 und C‑15/21, EU:C:2021:149, Rn. 22). 51 Ein von einem wirtschaftlichen und sozialen Standpunkt aus betrachtet wichtiger und sensibler Charakter eines Rechtsstreits und der dem Gerichtshof im Zusammenhang mit ihm in einem bestimmten Bereich des Unionsrechts vorgelegten Fragen kann jedoch das Vorliegen einer Situation außerordentlicher Dringlichkeit und folglich die Erforderlichkeit der Anwendung des beschleunigten Verfahrens nicht belegen (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 27. Februar 2019, M.V. u. a., C‑760/18, EU:C:2019:170, Rn. 18, und vom 25. Februar 2021, Sea Watch, C‑14/21 und C‑15/21, EU:C:2021:149, Rn. 24). 52 Außerdem rechtfertigt in Anbetracht des Zwecks dieses Verfahrens und der Voraussetzungen für dessen Durchführung der Umstand, dass ein Rechtsstreit dringlich ist und das zuständige Gericht alles für seine rasche Beilegung tun muss, für sich genommen nicht, dass der Gerichtshof das damit verbundene Vorabentscheidungsersuchen diesem Verfahren unterwirft (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 25. Februar 2021, Sea Watch, C‑14/21 und C‑15/21, EU:C:2021:149, Rn. 26 bis 29). Es obliegt nämlich in erster Linie dem mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gericht, das am besten in der Lage ist, zu beurteilen, was für die Parteien konkret auf dem Spiel steht, und das es für erforderlich erachtet, dem Gerichtshof Fragen vorzulegen, bis zu dessen Entscheidung alle angemessenen vorläufigen Maßnahmen anzuordnen, um die volle Wirksamkeit der von ihm zu erlassenden Entscheidung zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 25. Februar 2021, Sea Watch, C‑14/21 und C‑15/21, EU:C:2021:149, Rn. 33); dies hat das vorlegende Gericht hier im Übrigen getan. IV. Zur Zulässigkeit 53 Die Beklagten des Ausgangsverfahrens, einer der beiden sie unterstützenden Streithelfer des Ausgangsverfahrens, Irland sowie die französische und die slowakische Regierung haben die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens insgesamt in Frage gestellt. 54 Die Argumente, die sie hierzu vortragen, sind im Wesentlichen dreierlei Natur. Sie umfassen erstens verfahrensrechtliche Argumente, mit denen geltend gemacht wird, dass die Vorlageentscheidung ergangen sei, nachdem ohne streitige Erörterung Sicherungsmaßnahmen angeordnet worden seien, also ohne dass die Parteien des Ausgangsrechtsstreits zuvor gehört worden seien, obwohl dies nach den einschlägigen Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts erforderlich gewesen wäre, und ohne dass das vorlegende Gericht über den Antrag der Beklagten des Ausgangsverfahrens entschieden habe, sich zugunsten der Schweizer Gerichtsbarkeit für unzuständig zu erklären. Zweitens werden formale Argumente angeführt, wonach der Inhalt dieser Entscheidung nicht den Anforderungen von Art. 94 Buchst. a der Verfahrensordnung genüge, da der rechtliche und tatsächliche Rahmen, in dem das vorlegende Gericht den Gerichtshof befrage, nicht hinreichend genau und substantiiert dargestellt werde. Diese Situation sei in einer komplexen Rechtssache, in der es im Wesentlichen um die Auslegung und Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union gehe, besonders problematisch. Außerdem könnte sie die Betroffenen daran hindern, zu den zu behandelnden Fragen sachgerecht Stellung zu nehmen. Drittens werden inhaltliche Argumente vorgetragen: Das Vorabentscheidungsersuchen habe hypothetischen Charakter, da es keinen realen Rechtsstreit gebe, dessen Behandlung irgendeine Auslegungsentscheidung des Gerichtshofs erfordern könnte. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass bei der FIFA und der UEFA noch kein ordnungsgemäßer Antrag auf Genehmigung des Super-League-Projekts gestellt worden sei, und daraus, dass dieses Projekt sowohl zu dem Zeitpunkt, zu dem es angekündigt worden sei, als auch zu dem Zeitpunkt, zu dem die dem Ausgangsrechtsstreit zugrunde liegende Klage erhoben worden sei, noch unklar gewesen sei und sich in einem frühen Stadium befunden habe. 55 Darüber hinaus haben die französische, die ungarische und die rumänische Regierung die Zulässigkeit der Fragen 3 bis 6 des vorlegenden Gerichts aus Gründen in Zweifel gezogen, die im Wesentlichen denen entsprechen, die geltend gemacht worden sind, um die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens insgesamt in Frage zu stellen, nämlich, dass sie unzureichend substantiiert oder hypothetisch seien. Die wesentlichen Gesichtspunkte, die in diesem Zusammenhang angeführt werden, betreffen das Fehlen eines realen oder in der Vorlageentscheidung hinreichend klar erläuterten tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhangs zwischen dem Ausgangsrechtsstreit einerseits und den Regeln der FIFA über die Inanspruchnahme und Verwertung der verschiedenen Rechte an internationalen Fußballwettbewerben (vierte Frage) sowie den Bestimmungen des AEU-Vertrags über die Verkehrsfreiheiten (sechste Frage) andererseits. A. Zu den verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für den Erlass der Vorlageentscheidung 56 In einem Vorabentscheidungsverfahren ist der Gerichtshof angesichts der Verteilung der Aufgaben zwischen ihm und den nationalen Gerichten nicht befugt, nachzuprüfen, ob die Vorlageentscheidung den nationalen Vorschriften über die Gerichtsorganisation und das gerichtliche Verfahren entspricht. Außerdem ist der Gerichtshof an diese Entscheidung gebunden, solange sie nicht aufgrund eines im nationalen Recht eventuell vorgesehenen Rechtsbehelfs aufgehoben worden ist (Urteile vom 14. Januar 1982, Reina, 65/81, EU:C:1982:6, Rn. 7, und vom 29. März 2022, Getin Noble Bank, C‑132/20, EU:C:2022:235, Rn. 70). 57 Vorliegend hat der Gerichtshof daher weder zu klären, welchen Verfahrensvorschriften der Erlass einer Entscheidung wie der Vorlageentscheidung nach dem innerstaatlichen Recht unterliegt, wenn wie im vorliegenden Fall zuvor Sicherungsmaßnahmen ohne Anhörung des Antragsgegners angeordnet wurden, noch zu prüfen, ob die Entscheidung im Einklang mit diesen Vorschriften ergangen ist. 58 Zudem ist unter Berücksichtigung der von einigen Beklagten des Ausgangsverfahrens angeführten Argumente darauf hinzuweisen dass es einem einzelstaatlichen Gericht sowohl im Rahmen eines Dringlichkeitsverfahrens wie eines Verfahrens zum Erlass von Sicherungsmaßnahmen oder anderer vorläufiger Anordnungen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. Mai 1977, Hoffmann-La Roche, 107/76, EU:C:1977:89, Rn. 1 und 4, sowie vom 13. April 2000, Lehtonen und Castors Braine, C‑176/96, EU:C:2000:201, Rn. 20) als auch im Rahmen eines Verfahrens, das keinen streitigen Charakter hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Dezember 1971, Politi, 43/71, EU:C:1971:122, Rn. 4 und 5, sowie vom 2. September 2021, Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Münster, C‑66/20, EU:C:2021:670, Rn. 37), freisteht, den Gerichtshof um eine Vorabentscheidung zu ersuchen, sofern alle in Art. 267 AEUV genannten Voraussetzungen erfüllt sind und das Ersuchen alle für seine Form und seinen Inhalt geltenden Erfordernisse einhält (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juni 1998, Corsica Ferries France, C‑266/96, EU:C:1998:306, Rn. 23 und 24). B. Zum Inhalt der Vorlageentscheidung 59 Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV ist ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, mit dem der Gerichtshof diesen Gerichten Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts gibt, die sie zur Entscheidung des bei ihnen anhängigen Rechtsstreits benötigen. Nach ständiger Rechtsprechung, die nunmehr in Art. 94 Buchst. a und b der Verfahrensordnung Ausdruck gefunden hat, macht die Notwendigkeit, zu einer dem nationalen Gericht dienlichen Auslegung des Unionsrechts zu gelangen, es erforderlich, dass dieses Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in dem sich seine Fragen stellen, darlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen erläutert, auf denen die Fragen beruhen. Zudem ist es nach Art. 94 Buchst. c der Verfahrensordnung unerlässlich, dass das Vorabentscheidungsersuchen eine Darstellung der Gründe enthält, aus denen das vorlegende Gericht Zweifel bezüglich der Auslegung oder der Gültigkeit bestimmter Vorschriften des Unionsrechts hat, und den Zusammenhang angibt, den das vorlegende Gericht zwischen diesen Vorschriften und der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren nationalen Regelung herstellt. Diese Erfordernisse gelten ganz besonders in Bereichen, die wie der Bereich des Wettbewerbs durch komplexe tatsächliche und rechtliche Verhältnisse gekennzeichnet sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. November 2012, Pringle, C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 83, und vom 29. Juni 2023, Super Bock Bebidas, C‑211/22, EU:C:2023:529, Rn. 23 und 24). 60 Außerdem müssen die Angaben in der Vorlageentscheidung nicht nur dem Gerichtshof zweckdienliche Antworten ermöglichen, sondern auch den Regierungen der Mitgliedstaaten und den anderen Beteiligten die Möglichkeit geben, gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union Erklärungen abzugeben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 1. April 1982, Holdijk u. a., 141/81 bis 143/81, EU:C:1982:122, Rn. 7, und vom 11. April 2000, Deliège, C‑51/96 und C‑191/97, EU:C:2000:199, Rn. 31). 61 Im vorliegenden Fall genügt das Vorabentscheidungsersuchen den in den beiden vorstehenden Randnummern genannten Anforderungen. In der Vorlageentscheidung wird der tatsächliche und rechtliche Rahmen, in den sich die dem Gerichtshof vorgelegten Fragen einfügen, detailliert dargestellt. Sodann werden darin die tatsächlichen und rechtlichen Gründe, aufgrund deren das vorlegende Gericht es für erforderlich erachtet hat, diese Fragen zu stellen, und der Zusammenhang, den es im Licht der Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts zwischen den Art. 45, 49, 56, 63, 101 und 102 AEUV und dem Ausgangsrechtsstreit sieht, eingehend dargelegt. Schließlich gibt das vorlegende Gericht darin klar und präzise an, auf welche Gesichtspunkte es sich bei der eigenen Formulierung bestimmter tatsächlicher und rechtlicher Beurteilungen gestützt hat. 62 Insbesondere ermöglichen es die Beurteilungen des vorlegenden Gerichts, die sich zum einen auf den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Markt beziehen, der als Markt für die Organisation und Vermarktung von Fußball-Klubwettbewerben im Unionsgebiet sowie für die Verwertung der verschiedenen Rechte an diesen Wettbewerben definiert wird, und zum anderen auf die beherrschende Stellung, die die FIFA und die UEFA dort einnehmen, den tatsächlichen Zusammenhang zu erfassen, der in dem so definierten Rahmen zwischen dem Ausgangsverfahren und der vierten dem Gerichtshof vorgelegten Frage besteht, mit der das vorlegende Gericht wissen möchte, wie Art. 102 AEUV im Hinblick auf eine etwaige Anwendung dieses Artikels auf die Regeln der FIFA über die Inanspruchnahme und Verwertung der in Rede stehenden Rechte auszulegen ist. 63 Überdies zeigt der Inhalt der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen, dass deren Verfasser keinerlei Schwierigkeiten hatten, den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in den sich die Fragen des vorlegenden Gerichts einfügen, zu erfassen, den Sinn und die Tragweite der ihnen zugrunde liegenden tatsächlichen Angaben zu verstehen, die Gründe zu erfassen, aus denen das vorlegende Gericht ihre Vorlage für erforderlich gehalten hat, und letztlich hierzu umfassend und zweckdienlich Stellung zu nehmen. C. Zu den Gegebenheiten des Rechtsstreits und zur Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen 64 Es ist allein Sache des mit dem Ausgangsrechtsstreit befassten nationalen Gerichts, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, anhand der Besonderheiten dieses Rechtsstreits sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen zu beurteilen. Daraus folgt, dass für die von den nationalen Gerichten vorgelegten Fragen eine Vermutung der Entscheidungserheblichkeit gilt und dass der Gerichtshof ihre Beantwortung nur ablehnen kann, wenn die Auslegung, um die er ersucht wird, offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die für eine zweckdienliche Beantwortung dieser Fragen erforderlichen tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Dezember 1981, Foglia, 244/80, EU:C:1981:302, Rn. 15 und 18, sowie vom 7. Februar 2023, Confédération paysanne u. a. [In-vitro-Zufallsmutagenese], C‑688/21, EU:C:2023:75, Rn. 32 und 33). 65 Im vorliegenden Fall ist ergänzend zu den Ausführungen in Rn. 61 des vorliegenden Urteils festzustellen, dass die oben in den Rn. 28 bis 32 zusammengefassten Angaben des vorlegenden Gerichts belegen, dass das Ausgangsverfahren real ist. Außerdem ergibt sich aus eben diesen sowie den oben in den Rn. 33 bis 46 erwähnten Angaben, dass es nicht offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten und dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das vorlegende Gericht den Gerichtshof in diesem Rahmen nach der Auslegung der Art. 45 und 101 AEUV befragt. 66 Insbesondere besteht zwar zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens in der Tat Streit darüber, ob dieses Gericht in Anbetracht des Wortlauts der von der Klägerin des Ausgangsverfahrens bei ihm gestellten Anträge neben den Bestimmungen des AEU-Vertrags über die Wettbewerbsregeln der Union die Artikel über die Verkehrsfreiheiten anwenden kann, doch war das Gericht, worauf die spanische Regierung in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, in diesem Stadium offenbar der Auffassung, dass es hierzu befugt sei, wobei der Gerichtshof für die Prüfung der Begründetheit dieses Standpunkts nicht zuständig ist. 67 Das Vorabentscheidungsersuchen ist daher insgesamt zulässig. V. Zu den Vorlagefragen 68 Mit seinen ersten fünf Fragen ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um Auslegung der Art. 101 und 102 AEUV über das Verbot wettbewerbswidriger Kartelle und des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung, um über die Vereinbarkeit eines von der FIFA und der UEFA aufgestellten Regelwerks mit diesen beiden Artikeln zu entscheiden. 69 Mit seiner sechsten Frage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um Auslegung der Art. 45, 49, 56 und 63 AEUV über die unionsrechtlich garantierten Verkehrsfreiheiten und fragt gleichzeitig nach der Vereinbarkeit dieses Regelwerks mit den vier genannten Artikeln. 70 Der Rechtsstreit, in dessen Rahmen dem Gerichtshof diese Fragen vorgelegt werden, geht auf die Klage eines Unternehmens zurück, das im Kern beanstandet, dass die von der FIFA und der UEFA aufgestellten Regeln in Anbetracht ihrer Natur, ihres Inhalts, ihrer Ziele, des konkreten Zusammenhangs, in den sie sich einfügten, und ihrer möglichen Umsetzung den Wettbewerb auf dem Markt für die Organisation und Vermarktung von Fußball-Klubwettbewerben im Unionsgebiet sowie für die Verwertung der verschiedenen Rechte an ihnen verhinderten, einschränkten oder verfälschten. Genauer gesagt trägt dieses Unternehmen vor, dass die FIFA und die UEFA nach der Lancierung des Projekts eines neuen internationalen Fußballwettbewerbs, den es durchführen wolle, gegen die Art. 101 und 102 AEUV verstoßen hätten, indem sie darauf hingewiesen hätten, dass sie beabsichtigten, diese Regeln umzusetzen, und die konkreten Folgen hervorgehoben hätten, die ihre Umsetzung für den betreffenden Wettbewerb sowie für die an ihm teilnehmenden Klubs und Spieler haben könnte. 71 In Anbetracht sowohl des Inhalts der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen als auch der Natur des Rechtsstreits, in dessen Rahmen sie aufgeworfen werden, sind vor der Prüfung dieser Fragen drei Gruppen von einleitenden Bemerkungen angebracht. A. Einleitende Bemerkungen 1. Zum Gegenstand des Ausgangsverfahrens 72 Die Fragen des vorlegenden Gerichts betreffen ausschließlich eine Reihe von Regeln, mit denen die FIFA und die UEFA zum einen die vorherige Genehmigung bestimmter internationaler Fußballwettbewerbe sowie die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an ihnen und zum anderen die Verwertung der verschiedenen Rechte an diesen Wettbewerben regeln wollen. 73 Insoweit ergibt sich aus dem Wortlaut dieser Fragen zunächst, dass die betreffenden Regeln in den Art. 22, 67, 68 und 71 bis 73 der FIFA-Statuten sowie in den Art. 49 bis 51 der UEFA-Statuten enthalten sind. Wie jedoch aus den Angaben des vorlegenden Gerichts hervorgeht, sind diese Regeln im Ausgangsverfahren nur insoweit betroffen, als sie – nach der in Art. 71 Abs. 1 der FIFA-Statuten bzw. in Art. 49 Abs. 1 der UEFA-Statuten verwendeten Terminologie – für die internationalen Wettbewerbe „zwischen Klubs“ oder „an denen Klubs beteiligt sind“ gelten. Diese in Art. 22 Abs. 3 Buchst. c der FIFA-Statuten auch als „Interklub-Wettbewerbe“ eingestuften Wettbewerbe gehören zur umfassenderen Kategorie der sogenannten internationalen Fußballwettbewerbe der „zweiten Kategorie“ im Sinne der Art. 8 und 11 des FIFA-Reglements für internationale Spiele und fallen unter den Mechanismus der vorherigen Genehmigung, auf den diese Artikel Bezug nehmen. 74 Folglich geht es im Ausgangsverfahren und damit in der vorliegenden Rechtssache nicht um die von der FIFA und der UEFA aufgestellten Regeln über die vorherige Genehmigung anderer internationaler Fußballwettbewerbe wie derjenigen, an denen ausschließlich Mannschaften teilnehmen, die nationalen Mitgliedsverbänden der FIFA und der UEFA angehören, über die Teilnahme der Mannschaften oder Spieler an diesen Wettbewerben und über die Verwertung der verschiedenen Rechte an ihnen. 75 Erst recht geht es vorliegend weder um etwaige von der FIFA und der UEFA in Bezug auf andere Aktivitäten aufgestellte Regeln noch um die Bestimmungen ihrer Statuten, die die Arbeitsweise, die Organisation, die Ziele oder auch das Bestehen selbst dieser beiden Vereinigungen betreffen, wobei in dieser Hinsicht anzumerken ist, dass solche Vereinigungen, wie der Gerichtshof bereits ausgeführt hat, zwar über rechtliche Autonomie verfügen, die es ihnen gestattet, Regeln insbesondere zur Organisation von Wettbewerben in ihrer Sportart, zu deren geordnetem Ablauf und zur Teilnahme von Sportlern an ihnen zu treffen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. April 2000, Deliège, C‑51/96 und C‑191/97, EU:C:2000:199, Rn. 67 und 68, sowie vom 13. Juni 2019, TopFit und Biffi, C‑22/18, EU:C:2019:497, Rn. 60), dabei aber nicht die Ausübung der dem Einzelnen durch das Unionsrecht verliehenen Rechte und Freiheiten einschränken dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Dezember 1995, Bosman, C‑415/93, EU:C:1995:463, Rn. 81 und 83, sowie vom 13. Juni 2019, TopFit und Biffi, C‑22/18, EU:C:2019:497, Rn. 52). 76 Allerdings hindert die in der vorstehenden Randnummer getroffene Feststellung das vorlegende Gericht keineswegs daran, Vorschriften wie diejenigen über die Organisation oder die Arbeitsweise der FIFA und der UEFA im Rahmen der Prüfung, die es bei der Entscheidung des Ausgangsverfahrens vorzunehmen haben wird, zu berücksichtigen, soweit ihre Berücksichtigung gerechtfertigt ist, um die Artikel des AEU-Vertrags, zu denen es den Gerichtshof befragt, im Licht der im vorliegenden Urteil vorgenommenen Auslegung anzuwenden. 77 Sodann ist festzustellen, dass das Ausgangsverfahren zwar auf die Klage einer Gesellschaft zurückgeht, die den Start eines Projekts für einen neuen internationalen Fußballwettbewerb namens „Super League“ angekündigt hatte, und dass die dritte Frage des vorlegenden Gerichts speziell die konkreten Verhaltensweisen betrifft, mit denen die FIFA und die UEFA darauf reagiert haben, doch beziehen sich die fünf weiteren Fragen dieses Gerichts auf die Regeln der FIFA und der UEFA, auf die diese Verhaltensweisen gestützt wurden (nämlich die Regeln über die vorherige Genehmigung derartiger Wettbewerbe und die Teilnahme der Profifußballklubs oder Spieler an ihnen), sowie auf andere Regeln, die nach Ansicht des vorlegenden Gerichts einen Bezug zu dem betreffenden, von ihm definierten Markt aufweisen (d. h. die Regeln über die Inanspruchnahme und Verwertung der verschiedenen Rechte an diesen Wettbewerben). 78 Zusammen genommen sollen diese Fragen dem vorlegenden Gericht somit die Feststellung ermöglichen, ob diese verschiedenen Regeln, die auf jeden neuen, im Unionsgebiet organisierten oder geplanten Fußballwettbewerb wie den, dessen Lancierung dem Ausgangsverfahren zugrunde liegt, angewandt werden können, in Anbetracht ihrer Natur, ihres Inhalts, ihrer Ziele und des konkreten Zusammenhangs, in dem sie stehen, gegen die Art. 45, 49, 56, 63, 101 und 102 AEUV verstoßen. 79 Unter diesen Umständen wird der Gerichtshof im Rahmen seiner Antworten auf sämtliche ihm vorgelegte Fragen alle relevanten Merkmale der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln der FIFA und der UEFA berücksichtigen, wie sie in der Vorlageentscheidung angeführt und von allen Parteien des Ausgangsverfahrens wiedergegeben worden sind. 80 Schließlich ist festzustellen, dass das vorlegende Gericht den Gerichtshof hingegen nicht um die Auslegung der Art. 45, 49, 56, 63, 101 und 102 AEUV ersucht, damit es im einen oder anderen Sinne darüber befinden kann, ob das Super-League-Projekt selbst mit diesen Artikeln des AEU-Vertrags vereinbar ist. 81 Im Übrigen kommt den Merkmalen dieses Projekts im Rahmen der Antworten auf die Fragen 1, 2 und 4 bis 6 des vorlegenden Gerichts unter Berücksichtigung von deren Inhalt keine besondere Bedeutung zu. Außerdem wird sich der Gerichtshof, da diese Merkmale Gegenstand heftiger Debatten der Parteien des Ausgangsverfahrens sind, insoweit darauf beschränken, im erforderlichen Umfang klarzustellen, inwieweit sie vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Prüfungen relevant sein könnten. 2. Zur Anwendbarkeit des Unionsrechts auf den Sport und die Tätigkeit von Sportverbänden 82 Die dem Gerichtshof vorgelegten Fragen betreffen die Auslegung der Art. 45, 49, 56, 63, 101 und 102 AEUV im Kontext eines Rechtsstreits, in dem es um Regeln geht, die von zwei nach ihren jeweiligen Statuten für die Organisation und die Kontrolle des Fußballs weltweit und auf europäischer Ebene verantwortlichen Einrichtungen aufgestellt wurden und sich auf die vorherige Genehmigung der internationalen Fußball-Klubwettbewerbe sowie auf die Verwertung der verschiedenen Rechte an diesen Wettbewerben beziehen. 83 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Ausübung des Sports, soweit sie zum Wirtschaftsleben gehört, unter die für eine solche Aktivität geltenden Bestimmungen des Unionsrechts fällt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Dezember 1974, Walrave und Koch, 36/74, EU:C:1974:140, Rn. 4, und vom 16. März 2010, Olympique Lyonnais, C‑325/08, EU:C:2010:143, Rn. 27). 84 Nur bei bestimmten speziellen Regeln, die zum einen ausschließlich aus nichtwirtschaftlichen Gründen aufgestellt wurden und sich zum anderen auf Fragen beziehen, die nur den Sport als solchen betreffen, ist davon auszugehen, dass sie nichts mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit zu tun haben. Dies ist insbesondere der Fall bei Regeln über den Ausschluss ausländischer Spieler bei der Aufstellung von Mannschaften, die an Wettbewerben zwischen Mannschaften, die ihr Land vertreten, teilnehmen, oder bei Regeln über die Festlegung der Rangordnungskriterien, die bei der Auswahl der an Einzelwettbewerben teilnehmenden Sportler zum Einsatz kommen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Dezember 1974, Walrave und Koch, 36/74, EU:C:1974:140, Rn. 8, vom 15. Dezember 1995, Bosman, C‑415/93, EU:C:1995:463, Rn. 76 und 127, sowie vom 11. April 2000, Deliège, C‑51/96 und C‑191/97, EU:C:2000:199, Rn. 43, 44, 63, 64 und 69). 85 Mit Ausnahme dieser speziellen Regeln können Regeln, die von Sportverbänden in Bezug auf die unselbständige Arbeit oder die Erbringung von Dienstleistungen der Berufsspieler oder Halbprofis aufgestellt werden, und allgemeiner Regeln, die sich, auch wenn sie nicht förmlich für diese Arbeit oder diese Dienstleistungen gelten, unmittelbar auf sie auswirken, unter die Art. 45 und 56 AEUV fallen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Dezember 1974, Walrave und Koch, 36/74, EU:C:1974:140, Rn. 5, 17 bis 19 und 25, vom 15. Dezember 1995, Bosman, C‑415/93, EU:C:1995:463, Rn. 75, 82 bis 84 und 87, vom 12. April 2005, Simutenkov, C‑265/03, EU:C:2005:213, Rn. 32, und vom 16. März 2010, Olympique Lyonnais, C‑325/08, EU:C:2010:143, Rn. 28 und 30). 86 In gleicher Weise können die von solchen Verbänden aufgestellten Regeln unter Art. 49 AEUV (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2006, Meca-Medina und Majcen/Kommission, C‑519/04 P, EU:C:2006:492, Rn. 28) oder auch unter Art. 63 AEUV fallen. 87 Schließlich fallen diese Regeln und, allgemeiner, das Verhalten der Vereinigungen, die sie aufgestellt haben, unter die Vorschriften des AEU-Vertrags über das Wettbewerbsrecht, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Vorschriften erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2006, Meca-Medina und Majcen/Kommission, C‑519/04 P, EU:C:2006:492, Rn. 30 bis 33), was bedeutet, dass diese Vereinigungen als „Unternehmen“ im Sinne der Art. 101 und 102 AEUV eingestuft werden können oder dass die in Rede stehenden Regeln als „Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen“ im Sinne von Art. 101 AEUV eingestuft werden können. 88 Allgemeiner müssen solche Regeln, da sie somit unter die genannten Vorschriften des AEU-Vertrags fallen, unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts, insbesondere des Diskriminierungsverbots und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, abgefasst und angewandt werden, soweit sie Bestimmungen enthalten, die für den Einzelnen gelten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juni 2019, TopFit und Biffi, C‑22/18, EU:C:2019:497, Rn. 60, 65 und 66 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 89 Die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln, ob sie nun von der FIFA oder von der UEFA stammen, gehören nicht zu denen, auf die die in Rn. 84 des vorliegenden Urteils genannte Ausnahme angewandt werden könnte, die, wie der Gerichtshof wiederholt ausgeführt hat, auf ihren eigenen Zweck beschränkt bleiben muss und nicht herangezogen werden kann, um eine sportliche Tätigkeit im Ganzen vom Geltungsbereich der Bestimmungen des AEU-Vertrags über das Wirtschaftsrecht der Union auszuschließen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Juli 1976, Donà, 13/76, EU:C:1976:115, Rn. 14 und 15, sowie vom 18. Juli 2006, Meca-Medina und Majcen/Kommission, C‑519/04 P, EU:C:2006:492, Rn. 26). 90 Vielmehr fallen erstens die Regeln über die Ausübung von Befugnissen im Bereich der vorherigen Genehmigung von Sportwettbewerben – deren Organisation und Vermarktung, wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat, für die Unternehmen, die diese betreiben oder betreiben wollen, eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellen – durch einen Sportverband als solche in den Anwendungsbereich der Bestimmungen des AEU-Vertrags über das Wettbewerbsrecht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, MOTOE, C‑49/07, EU:C:2008:376, Rn. 28). Aus demselben Grund fallen sie auch in den Anwendungsbereich der Bestimmungen des AEU-Vertrags über die Verkehrsfreiheiten. 91 Zweitens fallen auch die von der FIFA und der UEFA aufgestellten Regeln über die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an internationalen Interklub-Fußballwettbewerben in den Anwendungsbereich dieser Bestimmungen. Denn auch wenn diese Regeln formal weder die Arbeits- oder Dienstleistungsbedingungen der Spieler noch die Bedingungen für die Erbringung von Dienstleistungen durch die Profifußballklubs oder, allgemeiner, für die Ausübung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit betreffen, ist davon auszugehen, dass sie sich je nach Fall auf diese Arbeit, diese Erbringung von Dienstleistungen oder die Ausübung dieser wirtschaftlichen Tätigkeit unmittelbar auswirken, da sie zwangsläufig die Möglichkeit der Spieler und der Vereine beeinflussen, an den betreffenden Wettbewerben teilzunehmen. 92 Drittens haben die von der FIFA aufgestellten Regeln für die Verwertung der verschiedenen Rechte an internationalen Fußballwettbewerben gerade den Zweck, die Bedingungen festzulegen, unter denen die Unternehmen, die Inhaber dieser Rechte sind, sie verwerten oder ihre Verwertung auf dritte Unternehmen übertragen können, wobei solche Tätigkeiten wirtschaftlichen Charakter haben. Darüber hinaus haben sie unmittelbare Auswirkungen auf die Bedingungen, unter denen diese dritten Unternehmen oder andere Unternehmen darauf hoffen können, die genannten Rechte zu verwerten oder sie – in welcher Form auch immer – übertragen oder lizensiert zu bekommen, um Vermittlungstätigkeiten (wie den Weiterverkauf der betreffenden Rechte an Fernsehveranstalter und andere Erbringer von Mediendiensten) oder finale Tätigkeiten (wie die Ausstrahlung oder Übertragung bestimmter Spiele im Fernsehen oder über das Internet) auszuüben, die ebenfalls wirtschaftlichen Charakter haben. 93 Diese verschiedenen wirtschaftlichen Tätigkeiten der Organisation von Sportwettbewerben, der Vermarktung des Sportevents, der Ausstrahlung des Events und der Platzierung von Werbung ergänzen sich im Übrigen oder greifen ineinander, wie der Gerichtshof bereits festgestellt hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. April 2000, Deliège, C‑51/96 und C‑191/97, EU:C:2000:199, Rn. 56 und 57, sowie vom 1. Juli 2008, MOTOE, C‑49/07, EU:C:2008:376, Rn. 33). 94 Daher fallen sämtliche Regeln der FIFA und der UEFA, zu denen das vorlegende Gericht den Gerichtshof befragt, in den Anwendungsbereich der Art. 45, 49, 56, 63, 101 und 102 AEUV. 3. Zu Art. 165 AEUV 95 Sämtliche Parteien des Ausgangsverfahrens und viele Regierungen, die sich am Verfahren vor dem Gerichtshof beteiligt haben, haben sich, in unterschiedlichem Sinn, zu den Folgen geäußert, die sich im Rahmen der Beantwortung der verschiedenen Fragen des vorlegenden Gerichts möglicherweise aus Art. 165 AEUV ergeben. 96 Hierzu ist erstens festzustellen, dass Art. 165 AEUV im Licht von Art. 6 Buchst. e AEUV zu sehen ist, wonach die Union für die Durchführung von Maßnahmen zur Unterstützung, Koordinierung oder Ergänzung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport zuständig ist. Denn Art. 165 AEUV konkretisiert diese Bestimmung, indem er sowohl die Ziele präzisiert, die der Tätigkeit der Union in den betreffenden Bereichen zugewiesen sind, als auch die Mittel, die eingesetzt werden können, um zur Erreichung dieser Ziele beizutragen. 97 So bestimmt Art. 165 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV in Bezug auf die mit der Tätigkeit der Union im Bereich des Sports verfolgten Ziele, dass die Union zur Förderung der europäischen Dimension des Sports beiträgt und dabei dessen besondere Merkmale, dessen auf freiwilligem Engagement basierende Strukturen sowie dessen soziale und erzieherische Funktion berücksichtigt, und in Abs. 2 letzter Gedankenstrich, dass die Tätigkeit der Union in diesem Bereich zur Entwicklung der europäischen Dimension des Sports durch Förderung der Fairness und der Offenheit von Sportwettkämpfen und der Zusammenarbeit zwischen den für den Sport verantwortlichen Organisationen sowie durch den Schutz der körperlichen und seelischen Unversehrtheit der Sportler, insbesondere der jüngeren Sportler, beitragen soll. 98 Hinsichtlich der Mittel, die eingesetzt werden können, um zur Verwirklichung dieser Ziele beizutragen, sieht Art. 165 AEUV in Abs. 3 vor, dass die Union die Zusammenarbeit mit dritten Ländern sowie mit den für den Sport zuständigen internationalen Organisationen fördert, und in Abs. 4, dass das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Fördermaßnahmen beschließen können oder der Rat allein auf Vorschlag der Kommission Empfehlungen erlassen kann. 99 Zweitens wollten die Verfasser der Verträge, wie sich aus dem Wortlaut sowohl von Art. 165 AEUV als auch von Art. 6 Buchst. e AEUV ergibt, der Union mit diesen Bestimmungen eine unterstützende Zuständigkeit verleihen, die es ihr ermöglicht, nicht eine „Politik“ zu verfolgen, wie dies in anderen Bestimmungen des AEU-Vertrags vorgesehen ist, sondern eine „Maßnahme“ in mehreren spezifischen Bereichen, u. a. dem Sport, zu treffen. Diese Bestimmungen stellen somit eine Rechtsgrundlage dar, die die Union ermächtigt, diese unterstützende Zuständigkeit unter den Bedingungen und innerhalb der Grenzen wahrzunehmen, die darin festgelegt sind; dazu gehört nach Art. 165 Abs. 4 erster Gedankenstrich AEUV der Ausschluss jeglicher Harmonisierung der auf nationaler Ebene erlassenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften. Außerdem ermöglicht es diese unterstützende Zuständigkeit gemäß Art. 6 AEUV der Union, Rechtsakte mit dem alleinigen Ziel zu erlassen, die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zu unterstützen, zu koordinieren oder zu ergänzen. 100 Dementsprechend stellt Art. 165 AEUV – wie sich auch aus seinem Kontext und insbesondere daraus ergibt, dass er in den Dritten Teil („Die internen Politiken und Maßnahmen der Union“) des AEU-Vertrags eingefügt worden ist und nicht in dessen Ersten Teil, der Grundsatzbestimmungen enthält, zu denen in Titel II „Allgemein geltende Bestimmungen“ gehören, die sich u. a. auf die Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, die Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes, die Bekämpfung von Diskriminierungen, den Umweltschutz oder den Verbraucherschutz beziehen – keine allgemein geltende Bestimmung mit Querschnittscharakter dar. 101 Auch wenn die zuständigen Unionsorgane die verschiedenen in Art. 165 AEUV aufgeführten Elemente und Ziele zu berücksichtigen haben, sofern sie auf der Grundlage dieses Artikels und unter den darin festgelegten Bedingungen Fördermaßnahmen oder Empfehlungen im Bereich des Sports erlassen, sind infolgedessen diese verschiedenen Elemente und Ziele sowie diese Fördermaßnahmen und Empfehlungen bei der Anwendung der Bestimmungen, nach deren Auslegung das vorlegende Gericht den Gerichtshof fragt, nicht zwingend einzubeziehen oder zu berücksichtigen, gleichgültig, ob sie die Freizügigkeit, den freien Dienstleistungs- und Kapitalverkehr (Art. 45, 49, 56 und 63 AEUV) oder die Wettbewerbsregeln (Art. 101 und 102 AEUV) betreffen. Allgemeiner kann in Art. 165 AEUV auch keine Sonderregel gesehen werden, die den Sport von allen anderen Bestimmungen des Primärrechts der Union, die auf ihn angewandt werden könnten, oder von einem Teil von ihnen ausnehmen würde oder die dazu verpflichten würde, ihn im Rahmen dieser Anwendung besonders zu behandeln. 102 Gleichwohl kommt drittens, wie der Gerichtshof mehrfach festgestellt hat, der sportlichen Tätigkeit eine sich nunmehr in Art. 165 AEUV widerspiegelnde beträchtliche soziale und erzieherische Bedeutung für die Union und ihre Bürger zu (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Dezember 1995, Bosman, C‑415/93, EU:C:1995:463, Rn. 106, und vom 13. Juni 2019, TopFit und Biffi, C‑22/18, EU:C:2019:497, Rn. 33 und 34). 103 Außerdem weist diese Tätigkeit nicht zu leugnende Besonderheiten auf, die sich, auch wenn sie speziell den Amateursport betreffen, auch bei der Ausübung des Sports als wirtschaftliche Tätigkeit wiederfinden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. April 2000, Lehtonen und Castors Braine, C‑176/96, EU:C:2000:201, Rn. 33). 104 Schließlich können solche Besonderheiten gegebenenfalls neben anderen Gesichtspunkten und, soweit sie relevant sind, bei der Anwendung der Art. 45 und 101 AEUV berücksichtigt werden, wobei ihre Berücksichtigung jedoch nur im Rahmen und unter Beachtung der in diesen Artikeln jeweils vorgesehenen Voraussetzungen und Anwendungskriterien erfolgen kann. Das Gleiche gilt für die Art. 49, 56, 63 und 102 AEUV. 105 Insbesondere muss sich, wenn vorgetragen wird, dass eine von einem Sportverband aufgestellte Regel ein Hindernis für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer oder ein wettbewerbswidriges Kartell darstelle, die Einstufung dieser Regel als Hindernis oder als wettbewerbswidriges Kartell jedenfalls auf eine konkrete Prüfung ihres Inhalts in dem tatsächlichen Zusammenhang stützen, in dem sie anzuwenden ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Dezember 1995, Bosman, C‑415/93, EU:C:1995:463, Rn. 98 bis 103, vom 11. April 2000, Deliège, C‑51/96 und C‑191/97, EU:C:2000:199, Rn. 61 bis 64, und vom 13. April 2000, Lehtonen und Castors Braine, C‑176/96, EU:C:2000:201, Rn. 48 bis 50). Eine solche Prüfung kann z. B. eine Berücksichtigung der Art, der Organisation oder der Funktionsweise des betreffenden Sports umfassen und insbesondere des Grades seiner Professionalisierung, der Form, in der er ausgeübt wird, der Art und Weise, in der die verschiedenen an ihm beteiligten Interessengruppen interagieren, sowie der Rolle, die die für ihn auf allen Ebenen verantwortlichen Strukturen oder Einrichtungen spielen, mit denen die Union gemäß Art. 165 Abs. 3 AEUV die Zusammenarbeit fördert. 106 Steht das Vorliegen einer Behinderung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer fest, hat außerdem der Verband, der die fragliche Regel aufgestellt hat, die Möglichkeit, nachzuweisen, dass sie im Hinblick auf bestimmte Zwecke, die als legitim angesehen werden können, gerechtfertigt, erforderlich und verhältnismäßig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Dezember 1995, Bosman, C‑415/93, EU:C:1995:463, Rn. 104), wobei diese Zwecke ihrerseits von den Besonderheiten des betreffenden Sports abhängen. 107 In Anbetracht sämtlicher vorstehender Erwägungen sind zunächst die Fragen des vorlegenden Gerichts zu den Wettbewerbsregeln und sodann die Fragen zu den Verkehrsfreiheiten zu untersuchen. B. Zu den die Wettbewerbsregeln betreffenden Fragen 1 bis 5 108 Die ersten beiden Fragen betreffen im Wesentlichen die Art und Weise, in der Regeln wie die der FIFA und der UEFA über die vorherige Genehmigung internationaler Interklub-Fußballwettbewerbe sowie über die Teilnahme von Profifußballklubs und Sportlern an diesen Wettbewerben zum einen im Hinblick auf Art. 102 AEUV und zum anderen im Hinblick auf Art. 101 Abs. 1 AEUV zu beurteilen sind. 109 Die dritte Frage betrifft die Art und Weise, in der die mittels der Verlautbarung und des Kommuniqués, die in den Rn. 30 und 31 des vorliegenden Urteils genannt sind, angekündigte Umsetzung dieser Regeln im Hinblick auf dieselben Artikel zu beurteilen ist. 110 Die vierte Frage betrifft die Art und Weise, in der die von der FIFA bezüglich der Verwertungsrechte an diesen Wettbewerben aufgestellten Regeln im Hinblick auf die genannten Artikel zu beurteilen sind. 111 Die fünfte Frage, die für den Fall gestellt wird, dass die in den drei vorstehenden Randnummern genannten Regeln als Missbrauch einer beherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV oder als ein nach Art. 101 Abs. 1 AEUV verbotenes wettbewerbswidriges Kartell anzusehen sind, soll es dem vorlegenden Gericht ermöglichen, zu bestimmen, ob diese Regeln im Licht der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 102 AEUV oder unter den in Art. 101 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Voraussetzungen dennoch zulässig sein können. 112 Angesichts der Tragweite dieser verschiedenen Fragen ist einleitend darauf hinzuweisen, dass die Art. 101 und 102 AEUV auf jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit Anwendung finden, die als solche als Unternehmen einzustufen ist, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 23. April 1991, Höfner und Elser, C‑41/90, EU:C:1991:161, Rn. 21, vom 11. Dezember 2007, ETI u. a., C‑280/06, EU:C:2007:775, Rn. 38, und vom 1. Juli 2008, MOTOE, C‑49/07, EU:C:2008:376, Rn. 20 und 21). 113 Folglich sind diese Artikel u. a. auf Einrichtungen, die in Form von Vereinen gegründet werden, deren Zweck nach ihren Statuten darin besteht, einen bestimmten Sport zu organisieren und zu kontrollieren, anwendbar, soweit sie eine wirtschaftliche Tätigkeit im Zusammenhang mit diesem Sport ausüben, indem sie Waren oder Dienstleistungen anbieten, und soweit sie als „Unternehmen“ einzustufen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, MOTOE, C‑49/07, EU:C:2008:376, Rn. 22, 23 und 26). 114 Im Übrigen ist Art. 101 AEUV auch auf Einrichtungen anwendbar, die, obwohl sie nicht notwendigerweise selbst Unternehmen darstellen, als „Unternehmensvereinigungen“ eingestuft werden können. 115 Im vorliegenden Fall ist unter Berücksichtigung des Gegenstands des Ausgangsverfahrens und der Angaben des vorlegenden Gerichts davon auszugehen, dass die Art. 101 und 102 AEUV auf die FIFA und die UEFA anwendbar sind, da diese beiden Verbände eine doppelte wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, die, wie sich aus den Rn. 34, 90 und 92 des vorliegenden Urteils ergibt, darin besteht, im Unionsgebiet Interklub-Fußballwettbewerbe zu organisieren und zu vermarkten sowie die verschiedenen Rechte an diesen Wettbewerben zu verwerten, und dass sie insoweit als „Unternehmen“ einzustufen sind. Darüber hinaus findet Art. 101 AEUV auf sie Anwendung, da ihnen nationale Fußballverbände angehören, die ihrerseits als „Unternehmen“ eingestuft werden können, da sie eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, die mit der Organisation und der Vermarktung von Interklub-Fußballwettbewerben auf nationaler Ebene sowie mit der Verwertung von Rechten an diesen verbunden ist, oder die selbst Mitglieder oder angeschlossene Einrichtungen haben, die als solche eingestuft werden können, wie die Fußballklubs. 116 Zweitens soll Art. 101 AEUV – im Unterschied zu Art. 102 AEUV, der nur einseitige Verhaltensweisen von Unternehmen betrifft, die einzeln oder gegebenenfalls gemeinsam eine beherrschende Stellung innehaben – verschiedene Verhaltensweisen erfassen, denen gemeinsam ist, dass sie sich aus dem Zusammenwirken mehrerer Unternehmen, d. h. aus „Vereinbarungen zwischen Unternehmen“, „abgestimmten Verhaltensweisen“ und „Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen“, ohne Berücksichtigung ihrer Marktstellung ergeben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. März 2000, Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission, C‑395/96 P und C‑396/96 P, EU:C:2000:132, Rn. 34 bis 36). 117 In der vorliegenden Rechtssache setzt die Anwendung von Art. 102 AEUV auf eine Einrichtung wie die FIFA oder die UEFA u. a. den Nachweis voraus, dass diese Einrichtung auf einem bestimmten Markt eine beherrschende Stellung einnimmt. Wie aus den Angaben des vorlegenden Gerichts hervorgeht, hat seiner Auffassung nach jede dieser beiden Einrichtungen im Unionsgebiet eine beherrschende Stellung auf dem Markt für die Organisation und die Vermarktung von Interklub-Fußballwettbewerben sowie für die Verwertung der verschiedenen Rechte an diesen Wettbewerben inne. Daher sind die Fragen des vorlegenden Gerichts nach der Auslegung von Art. 102 AEUV auf der Grundlage dieser tatsächlichen und rechtlichen Prämisse zu beantworten, die im Übrigen unbestreitbar ist, unter Berücksichtigung insbesondere des Umstands, dass die FIFA und die UEFA – im Unterschied zu der Situation bei anderen Sportarten – die einzigen Verbände sind, die weltweit und auf europäischer Ebene solche Wettbewerbe organisieren und vermarkten. 118 Die Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV setzt bei Einrichtungen wie der FIFA oder der UEFA den Nachweis voraus, dass eine „Vereinbarung“, eine „abgestimmte Verhaltensweise“ oder ein „Beschluss einer Unternehmensvereinigung“ vorliegt, die ihrerseits unterschiedlicher Art sein und verschiedene Formen annehmen können. Insbesondere kann der Beschluss einer Vereinigung, der darin besteht, eine Regelung zu erlassen oder umzusetzen, die sich unmittelbar auf die Bedingungen für die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit der ihr unmittelbar oder mittelbar angehörenden Unternehmen auswirkt, einen solchen „Beschluss einer Unternehmensvereinigung“ im Sinne dieser Bestimmung darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Februar 2002, Wouters u. a., C‑309/99, EU:C:2002:98, Rn. 64, und vom 28. Februar 2013, Ordem dos Técnicos Oficiais de Contas, C‑1/12, EU:C:2013:127, Rn. 42 bis 45). Im vorliegenden Fall fragt das vorlegende Gericht den Gerichtshof im Hinblick auf derartige Beschlüsse nach der Auslegung von Art. 101 Abs. 1 AEUV, und zwar von Beschlüssen, die darin bestehen, dass die FIFA und die UEFA Regeln über die vorherige Genehmigung internationaler Interklub-Fußballwettbewerbe, über die Kontrolle der Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an diesen Wettbewerben sowie über Sanktionen aufgestellt haben, die bei einem Verstoß gegen diese Regeln über die vorherige Genehmigung und die Teilnahme verhängt werden können. 119 Drittens schließlich ist, soweit sich die Fragen des vorlegenden Gerichts sowohl auf Art. 101 AEUV als auch auf Art. 102 AEUV beziehen, darauf hinzuweisen, dass ein und dasselbe Verhalten zu einer Zuwiderhandlung sowohl gegen den einen als auch gegen den anderen dieser beiden Artikel führen kann, auch wenn sie unterschiedliche Ziele verfolgen und einen unterschiedlichen Anwendungsbereich haben. Sie können daher gleichzeitig anwendbar sein, wenn die jeweiligen Voraussetzungen für ihre Anwendung erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. April 1989, Saeed Flugreisen und Silver Line Reisebüro, 66/86, EU:C:1989:140, Rn. 37, vom 16. März 2000, Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission, C‑395/96 P und C‑396/96 P, EU:C:2000:132, Rn. 33, und vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 146). Sie sind daher kohärent auszulegen und anzuwenden, wobei jedoch ihre jeweiligen Besonderheiten zu beachten sind. 1. Zur ersten Frage: Auslegung von Art. 102 AEUV bei Regeln über die vorherige Genehmigung von Interklub-Fußballwettbewerben sowie über die Teilnahme von Klubs und Sportlern an diesen Wettbewerben 120 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen in Erfahrung bringen, ob Art. 102 AEUV dahin auszulegen ist, dass es einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellt, wenn Verbände, die weltweit und auf europäischer Ebene für den Fußball verantwortlich sind und parallel verschiedene wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, die mit der Organisation von Wettbewerben in Zusammenhang stehen, Regeln aufgestellt haben und anwenden, nach denen die Gründung eines neuen Interklub-Fußballwettbewerbs im Unionsgebiet durch ein drittes Unternehmen von ihrer vorherigen Genehmigung abhängig ist, ohne dass diese Befugnis durch materielle Kriterien sowie durch Verfahrensmodalitäten begrenzt wäre, die geeignet sind, ihre Transparenz, Objektivität und Diskriminierungsfreiheit zu gewährleisten. 121 Wie sich sowohl aus dem Wortlaut der Regeln, auf die sich diese Frage bezieht, als auch aus den Angaben in der Vorlageentscheidung zu dieser Frage ergibt, betreffen die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln nicht nur die vorherige Genehmigung der internationalen Interklub-Fußballwettbewerbe, sondern auch die Möglichkeit für die Profifußballklubs und die Spieler, an solchen Wettbewerben teilzunehmen. Wie sich ferner aus diesen Angaben ergibt, ist die Nichtbeachtung der Regeln zudem mit Sanktionen für zuwiderhandelnde natürliche oder juristische Personen bewehrt. Diese Sanktionen umfassen, wie in der dritten Frage des vorlegenden Gerichts erwähnt wird und wie alle Parteien des Ausgangsverfahrens ausgeführt haben, den Ausschluss der Profifußballklubs von allen von der FIFA und der UEFA organisierten Wettbewerben, das Verbot für die Spieler, an Interklub-Fußballwettbewerben teilzunehmen, sowie das Verbot für die Spieler, an Begegnungen von Mannschaften teilzunehmen, die nationale Fußballverbände vertreten. 122 In Anbetracht dessen ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht mit seiner ersten Frage im Wesentlichen in Erfahrung bringen möchte, ob Art. 102 AEUV dahin auszulegen ist, dass es einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellt, wenn Verbände, die für den Fußball weltweit und auf europäischer Ebene verantwortlich sind und parallel dazu verschiedene wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, die mit der Organisation von Wettbewerben in Zusammenhang stehen, Regeln aufgestellt haben und umsetzen, nach denen ein neuer Interklub-Fußballwettbewerb, der im Unionsgebiet durch ein drittes Unternehmen veranstaltet wird, ihrer vorherigen Genehmigung bedarf und die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an einem solchen Wettbewerb einer Kontrolle unter Androhung von Sanktionen unterliegt, ohne dass diese verschiedenen Befugnisse durch materielle Kriterien und Verfahrensmodalitäten begrenzt wären, die geeignet sind, ihre Transparenz, Objektivität, Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten. a) Zum Begriff „Missbrauch einer beherrschenden Stellung“ 123 Nach Art. 102 AEUV ist mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. 124 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs soll dieser Artikel verhindern, dass der Wettbewerb zulasten des Allgemeininteresses, der einzelnen Unternehmen und der Verbraucher beeinträchtigt wird, indem Verhaltensweisen von Unternehmen in beherrschender Stellung geahndet werden, die den Leistungswettbewerb beschränken und somit geeignet sind, Letzteren einen unmittelbaren Schaden zuzufügen, oder die diesen Wettbewerb verhindern oder verfälschen und somit geeignet sind, ihnen einen mittelbaren Schaden zuzufügen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige, C‑52/09, EU:C:2011:83, Rn. 22 und 24, vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 20, und vom 12. Mai 2022, Servizio Elettrico Nazionale u. a., C‑377/20, EU:C:2022:379, Rn. 41 und 44). 125 Um solche Verhaltensweisen handelt es sich bei denjenigen, die auf einem Markt, auf dem der Grad des Wettbewerbs gerade wegen der Anwesenheit eines oder mehrerer Unternehmen in beherrschender Stellung bereits geschwächt ist, die Aufrechterhaltung des auf dem Markt noch bestehenden Grades oder die Entwicklung des Wettbewerbs durch den Einsatz anderer Mittel als denen eines Leistungswettbewerbs zwischen den Unternehmen behindern (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Oktober 2010, Deutsche Telekom/Kommission, C‑280/08 P, EU:C:2010:603, Rn. 174 und 177, vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 24, und vom 12. Mai 2022, Servizio Elettrico Nazionale u. a., C‑377/20, EU:C:2022:379, Rn. 68). 126 Dagegen soll Art. 102 AEUV weder verhindern, dass die Unternehmen auf einem oder mehreren Märkten durch eigene Leistung eine beherrschende Stellung erlangen, noch gewährleisten, dass sich Wettbewerber, die weniger effizient als die Unternehmen in beherrschender Stellung sind, weiterhin auf dem Markt halten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 21, vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 133, und vom 12. Mai 2022, Servizio Elettrico Nazionale u. a., C‑377/20, EU:C:2022:379, Rn. 73). 127 Im Gegenteil kann Leistungswettbewerb definitionsgemäß dazu führen, dass Wettbewerber, die weniger effizient und daher für die Verbraucher im Hinblick insbesondere auf Preise, Erzeugung, Auswahl, Qualität oder Innovation weniger interessant sind, verschwinden oder bedeutungslos werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 22, vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 134, und vom 12. Mai 2022, Servizio Elettrico Nazionale u. a., C‑377/20, EU:C:2022:379, Rn. 45). 128 Erst recht wird mit Art. 102 AEUV, auch wenn er den Unternehmen in beherrschender Stellung die besondere Verantwortung dafür auferlegt, durch ihr Verhalten nicht einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb auf dem Binnenmarkt zu beeinträchtigen, nicht das Vorliegen einer beherrschenden Stellung selbst beanstandet, sondern nur deren missbräuchliche Ausnutzung (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 23, und vom 6. Dezember 2012, AstraZeneca/Kommission, C‑457/10 P, EU:C:2012:770, Rn. 188). b) Zur Feststellung des Vorliegens eines Missbrauchs einer beherrschenden Stellung 129 Damit in einem konkreten Fall angenommen werden kann, dass ein Verhalten als „missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung“ einzustufen ist, bedarf es in der Regel des Nachweises, dass dieses Verhalten durch den Einsatz anderer Mittel als derjenigen eines Leistungswettbewerbs zwischen Unternehmen tatsächlich oder potenziell eine Einschränkung dieses Wettbewerbs bewirkt, indem ebenso leistungsfähige Wettbewerber von dem oder den betroffenen Märkten verdrängt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 25) oder indem ihre Entwicklung auf diesen Märkten verhindert wird, wobei es sich dabei sowohl um die Märkte handeln kann, auf denen die beherrschende Stellung eingenommen wird, als auch um verbundene oder benachbarte Märkte, auf denen dieses Verhalten seine aktuellen oder potenziellen Wirkungen hervorbringen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. November 1996, Tetra Pak/Kommission, C‑333/94 P, EU:C:1996:436, Rn. 25 bis 27, vom 17. Februar 2011, TeliaSonera Sverige, C‑52/09, EU:C:2011:83, Rn. 84 bis 86, und vom 12. Mai 2022, Servizio Elettrico Nazionale u. a., C‑377/20, EU:C:2022:379, Rn. 76). 130 Dieser Nachweis, der je nach der Art des Verhaltens, um das es in einem konkreten Fall geht, verschiedene Prüfungsschemata umfassen kann, muss jedoch stets unter Würdigung aller relevanten tatsächlichen Umstände geführt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. April 2012, Tomra Systems u. a./Kommission, C‑549/10 P, EU:C:2012:221, Rn. 18, und vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 40), unabhängig davon, ob sie dieses Verhalten selbst, den oder die relevanten Märkte oder das Funktionieren des Wettbewerbs auf dem oder den relevanten Märkten betreffen. Außerdem muss, gestützt auf genaue und konkrete Analyse- und Beweiselemente, der Nachweis dafür erbracht werden, dass das Verhalten zumindest geeignet ist, Verdrängungswirkungen zu erzeugen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Januar 2023, Unilever Italia Mkt. Operations, C‑680/20, EU:C:2023:33, Rn. 42, 51 und 52 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 131 Über reine Verhaltensweisen, die tatsächlich oder potenziell eine Beschränkung des Leistungswettbewerbs bewirken, indem ebenso leistungsfähige Wettbewerber von dem oder den betreffenden Märkten verdrängt werden, hinaus können als „missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung“ auch Verhaltensweisen eingestuft werden, die nachweislich entweder tatsächlich oder potenziell bewirken oder sogar bezwecken, potenziell im Wettbewerb stehende Unternehmen in einem Vorstadium durch die Schaffung von Zugangsschranken oder durch Rückgriff auf andere Abschottungsmaßnahmen oder andere Mittel als die eines Leistungswettbewerbs daran zu hindern, auch nur Zugang zu diesem Markt oder diesen Märkten zu erlangen, und damit die Entwicklung des Wettbewerbs auf den Märkten zum Nachteil der Verbraucher zu verhindern, indem sie dort die Produktion, die Entwicklung alternativer Produkte oder Dienstleistungen oder auch Innovationen beschränken (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 154 bis 157). 132 Daher ist es einem Mitgliedstaat zwar nicht als solches untersagt, einem Unternehmen durch Gesetz oder Verordnung ausschließliche oder besondere Rechte auf einem Markt einzuräumen, doch darf eine solche Situation nicht geeignet sein, diesem Unternehmen die missbräuchliche Ausnutzung der sich daraus ergebenden beherrschenden Stellung zu ermöglichen, indem es z. B. die fraglichen Rechte in einer Weise ausübt, die potenzielle Wettbewerber daran hindert, Zugang zum betreffenden Markt oder zu verbundenen oder benachbarten Märkten zu erlangen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. Dezember 1991, Merci convenzionali porto di Genova, C‑179/90, EU:C:1991:464, Rn. 14, und vom 13. Dezember 1991, GB‑Inno-BM, C‑18/88, EU:C:1991:474, Rn. 17 bis 19 und 24). Dieses Erfordernis gilt erst recht, wenn solche Rechte dem Unternehmen die Befugnis verleihen, zu bestimmen, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen andere Unternehmen ihre wirtschaftliche Tätigkeit ausüben dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, MOTOE, C‑49/07, EU:C:2008:376, Rn. 38 und 51). 133 Die unverfälschte Aufrechterhaltung oder Entwicklung des Wettbewerbs im Binnenmarkt kann nämlich nur gewährleistet werden, wenn die Chancengleichheit zwischen den Unternehmen sichergestellt ist. Ein Unternehmen, das eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit ausübt und dem die Befugnis verliehen wird, von Rechts wegen oder auch de facto zu entscheiden, welche anderen Unternehmen befugt sind, diese Tätigkeit ebenfalls auszuüben, sowie die Bedingungen festzulegen, unter denen sie ausgeübt werden kann, gerät dadurch in einen Interessenkonflikt und erhält einen eindeutigen Vorteil gegenüber seinen Wettbewerbern, indem es ihm ermöglicht wird, diese am Zugang zu dem betreffenden Markt zu hindern oder seine eigene Tätigkeit zu fördern (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Dezember 1991, GB‑Inno-BM, C‑18/88, EU:C:1991:474, Rn. 25, vom 12. Februar 1998, Raso u. a., C‑163/96, EU:C:1998:54, Rn. 28 und 29, sowie vom 1. Juli 2008, MOTOE, C‑49/07, EU:C:2008:376, Rn. 51 und 52) und damit die Entwicklung des Leistungswettbewerbs zum Nachteil der Verbraucher zu verhindern, indem es dort die Produktion, die Entwicklung alternativer Produkte oder Dienstleistungen oder auch Innovationen beschränkt. 134 Folglich muss die Gewährung ausschließlicher oder besonderer Rechte, die dem betreffenden Unternehmen eine solche Befugnis verleihen, oder das Bestehen einer entsprechenden Situation auf den relevanten Märkten mit Beschränkungen, Bindungen und einer Kontrolle verbunden sein, die geeignet sind, die Gefahr auszuschließen, dass es seine beherrschende Stellung missbräuchlich ausnutzt und damit gegen Art. 102 AEUV in Verbindung mit Art. 106 AEUV verstößt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, MOTOE, C‑49/07, EU:C:2008:376, Rn. 53). 135 Insbesondere muss, wenn das betreffende Unternehmen die Befugnis hat, die Bedingungen, unter denen potenziell miteinander im Wettbewerb stehende Unternehmen Zugang zum Markt erhalten können, zu bestimmen oder sich hierzu von Fall zu Fall durch die Erteilung oder Versagung der vorherigen Genehmigung eines solchen Zugangs zu äußern, diese Befugnis, um nicht schon durch ihre bloße Existenz gegen Art. 102 AEUV in Verbindung mit Art. 106 AEUV zu verstoßen, durch transparente, klare und genaue materielle Kriterien begrenzt sein (vgl. entsprechend Urteil vom 28. Februar 2013, Ordem dos Técnicos Oficiais de Contas, C‑1/12, EU:C:2013:127, Rn. 84 bis 86, 90, 91 und 99), mit denen verhindert werden kann, dass von ihr willkürlich Gebrauch gemacht wird. Diese Kriterien müssen geeignet sein, die diskriminierungsfreie Ausübung einer solchen Befugnis zu gewährleisten, und eine wirksame Kontrolle ermöglichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Februar 2013, Ordem dos Técnicos Oficiais de Contas, C‑1/12, EU:C:2013:127, Rn. 99). 136 Überdies muss die fragliche Befugnis durch transparente und nicht diskriminierende Verfahrensmodalitäten begrenzt werden, u. a. in Bezug auf die Fristen für die Stellung eines Antrags auf vorherige Genehmigung und den Erlass einer Entscheidung über ihn. Die festgelegten Fristen dürfen sich nicht zum Nachteil der potenziellen Wettbewerber auswirken, indem sie diese wirksam am Marktzugang hindern (vgl. entsprechend Urteil vom 28. Februar 2013, Ordem dos Técnicos Oficiais de Contas, C‑1/12, EU:C:2013:127, Rn. 86 und 92) und damit letztlich die Produktion, die Entwicklung alternativer Produkte oder Dienstleistungen und Innovationen beschränken. 137 Erfordernisse, die mit den in den drei vorstehenden Randnummern genannten identisch sind, sind umso mehr geboten, wenn sich ein Unternehmen in beherrschender Stellung aufgrund seines autonomen Verhaltens und nicht aufgrund der Gewährung ausschließlicher oder besonderer Rechte durch einen Mitgliedstaat selbst in die Lage versetzt, potenzielle Wettbewerber am Zugang zu einem bestimmten Markt hindern zu können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 1991, GB‑Inno-BM, C‑18/88, EU:C:1991:474, Rn. 20). Dies kann der Fall sein, wenn das Unternehmen über eine Regelungs‑, Kontroll- und Sanktionsbefugnis verfügt, die es ihm ermöglicht, diesen Zugang zu gewähren oder zu überwachen, und damit über ein anderes Mittel als diejenigen, auf die Unternehmen normalerweise zurückgreifen können und die für den Leistungswettbewerb zwischen ihnen kennzeichnend sind. 138 Eine solche Befugnis muss daher gleichermaßen mit Beschränkungen, Bindungen und einer Kontrolle versehen werden, die geeignet sind, die Gefahr der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung und damit einen Verstoß gegen Art. 102 AEUV auszuschließen. c) Zur Einstufung von Regeln über die vorherige Genehmigung von Interklub-Fußballwettbewerben und die Teilnahme von Klubs und Sportlern an diesen Wettbewerben als Missbrauch einer beherrschenden Stellung 139 Vorliegend geht aus den Angaben des vorlegenden Gerichts hervor, dass sowohl die FIFA als auch die UEFA eine wirtschaftliche Tätigkeit in Form der Organisation und Vermarktung internationaler Fußballwettbewerbe sowie der Verwertung der verschiedenen Rechte an diesen Wettbewerben ausüben. Beide Verbände stellen daher insoweit Unternehmen dar. Im Übrigen verfügen beide über eine beherrschende Stellung oder ein Monopol auf dem entsprechenden Markt. 140 Sodann ergibt sich aus den Angaben in der Vorlageentscheidung, dass die Regeln, zu denen das vorlegende Gericht den Gerichtshof befragt, in den Statuten enthalten sind, die von der FIFA und der UEFA in ihrer Verbandseigenschaft und aufgrund der Regelungs- und Kontrollbefugnisse erlassen wurden, die sie sich selbst verliehen haben, und dass diese Befugnisse sie nicht nur ermächtigen, die Gründung und die Organisation eines neuen Interklub-Fußballwettbewerbs im Unionsgebiet durch ein drittes Unternehmen zu genehmigen, sondern auch, die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an einem solchen Wettbewerb sanktionsbewehrt zu regeln. 141 Schließlich sind diese verschiedenen Befugnisse nach den Angaben des vorlegenden Gerichts weder durch materielle Kriterien noch durch Verfahrensmodalitäten begrenzt, die geeignet sind, ihre Transparenz, Objektivität und Diskriminierungsfreiheit zu gewährleisten. 142 Insoweit ergibt sich aus der in Rn. 75 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung, dass es Verbänden wie der FIFA und der UEFA, die für eine Sportart verantwortlich sind, freisteht, Regeln aufzustellen, anzuwenden und durchzusetzen, die nicht nur allgemein die Organisation und den Ablauf internationaler Wettbewerbe in dieser Sportart, im vorliegenden Fall dem Profifußball, betreffen, sondern auch speziell deren vorherige Genehmigung sowie die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an ihnen. 143 Dieser Sport, dem in der Union beträchtliche Bedeutung nicht nur in sozialer und kultureller Hinsicht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Dezember 1995, Bosman, C‑415/93, EU:C:1995:463, Rn. 106, und vom 16. März 2010, Olympique Lyonnais, C‑325/08, EU:C:2010:143, Rn. 40), sondern auch in medialer Hinsicht zukommt, ist nämlich neben anderen Besonderheiten dadurch gekennzeichnet, dass er Anlass zur Organisation zahlreicher Wettbewerbe sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene gibt, an denen sehr viele Klubs und sehr viele Spieler teilnehmen. Außerdem zeichnet er sich wie eine Reihe anderer Sportarten dadurch aus, dass die Teilnahme an diesen Wettbewerben Mannschaften vorbehalten ist, die bestimmte sportliche Ergebnisse erzielt haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Dezember 1995, Bosman, C‑415/93, EU:C:1995:463, Rn. 132), wobei der Ablauf der Wettbewerbe durch das Aufeinandertreffen und schrittweise Ausscheiden dieser Mannschaften bestimmt wird. Er beruht daher im Wesentlichen auf der sportlichen Leistung, die nur gewährleistet werden kann, wenn alle beteiligten Mannschaften unter einheitlichen rechtlichen und technischen Bedingungen aufeinandertreffen, die eine gewisse Chancengleichheit gewährleisten. 144 Diese verschiedenen Besonderheiten erlauben die Annahme, dass es legitim ist, die Organisation und den Ablauf internationaler Profifußballwettbewerbe gemeinsamen Regeln zu unterwerfen, die dazu dienen, die Homogenität und die Koordinierung dieser Wettbewerbe innerhalb eines Gesamtspielplans zu gewährleisten sowie, allgemeiner, die Abhaltung von auf Chancengleichheit und Leistung beruhenden Sportwettbewerben angemessen und wirksam zu fördern. Außerdem ist es legitim, die Einhaltung dieser gemeinsamen Regeln durch Regeln wie die sicherzustellen, die von der FIFA und der UEFA für die vorherige Genehmigung der Wettbewerbe sowie die Teilnahme von Klubs und Spielern an ihnen aufgestellt wurden. 145 Da solche Regeln über die vorherige Genehmigung und die Teilnahme somit im spezifischen Kontext des Profifußballs und der mit seiner Ausübung verbundenen wirtschaftlichen Tätigkeiten legitim sind, können weder ihr Erlass noch ihre Anwendung grundsätzlich und allgemein als „missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung“ eingestuft werden (vgl. entsprechend, zu einer Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit, Urteil vom 11. April 2000, Deliège, C‑51/96 und C‑191/97, EU:C:2000:199, Rn. 64). 146 Das Gleiche gilt für ergänzend zu diesen Regeln eingeführte Sanktionen, da solche Sanktionen grundsätzlich legitim sind, um die Wirksamkeit der Regeln zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2006, Meca-Medina et Majcen/Kommission, C‑519/04 P, EU:C:2006:492, Rn. 44). 147 Dagegen vermag keine der Besonderheiten, die für den Profifußball charakteristisch sind, den Erlass, geschweige denn die Anwendung von Regeln über die vorherige Genehmigung und die Teilnahme zu legitimieren, die allgemein nicht mit geeigneten Beschränkungen, Bindungen und Kontrollen versehen sind, um die Gefahr der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auszuschließen, und speziell nicht durch materielle Kriterien und Verfahrensmodalitäten begrenzt sind, die geeignet sind, ihre Transparenz, Objektivität, Genauigkeit und Diskriminierungsfreiheit zu gewährleisten, wenn sie der Einrichtung, die sie anzuwenden hat, die Befugnis verleihen, jeden Wettbewerber am Zugang zum Markt zu hindern. Bei solchen Regeln ist, wie sich aus den Rn. 134 bis 138 des vorliegenden Urteils ergibt, davon auszugehen, dass sie gegen Art. 102 AEUV verstoßen. 148 Ebenso ist mangels materieller Kriterien und Verfahrensmodalitäten, die die Transparenz, Objektivität, Genauigkeit, Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit der ergänzend zu diesen Regeln eingeführten Sanktionen gewährleisten, davon auszugehen, dass solche Sanktionen schon ihrem Wesen nach gegen Art. 102 AEUV verstoßen, da sie Ermessenscharakter haben. Denn in einer solchen Situation ist es unmöglich, in transparenter und objektiver Weise zu überprüfen, ob ihre Anwendung im Einzelfall angesichts der konkreten Merkmale des betreffenden Projekts eines internationalen Interklub-Fußballwettbewerbs gerechtfertigt und verhältnismäßig ist. 149 Dabei ist es unerheblich, dass die FIFA und die UEFA kein gesetzliches Monopol innehaben und dass konkurrierende Unternehmen theoretisch neue Wettbewerbe schaffen können, die nicht den von diesen beiden Verbänden aufgestellten und angewandten Regeln unterliegen. Wie sich nämlich aus den Angaben des vorlegenden Gerichts ergibt, ist die beherrschende Stellung der FIFA und der UEFA auf dem Markt der Organisation und der Vermarktung internationaler Interklub-Fußballwettbewerbe so beschaffen, dass es beim gegenwärtigen Stand unter Berücksichtigung der Kontrolle, die sie unmittelbar oder über ihre nationalen Mitgliedsverbände, die Klubs, die Spieler sowie andere Arten von Wettbewerben, wie die auf nationaler Ebene organisierten, ausüben, praktisch unmöglich ist, einen lebensfähigen Wettbewerb außerhalb ihres Ökosystems zu schaffen. 150 Im vorliegenden Fall ist es jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln im Hinblick auf Art. 102 AEUV einzustufen, nachdem es etwaige ihm erforderlich erscheinende zusätzliche Prüfungen vorgenommen hat. 151 Unter diesem Blickwinkel ist klarzustellen, dass nur dann davon ausgegangen werden kann, dass Regeln über die vorherige Genehmigung von Sportwettbewerben und die Teilnahme an ihnen, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen, durch transparente, objektive und genaue materielle Kriterien sowie durch transparente und nicht diskriminierende Verfahrensmodalitäten, die einen effektiven Marktzugang nicht behindern, begrenzt sind, wenn diese Kriterien und Modalitäten vor jeder Anwendung der genannten Regeln in zugänglicher Form aufgestellt worden sind. Damit diese Kriterien und Modalitäten als nicht diskriminierend angesehen werden können, ist es außerdem – insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass Einrichtungen wie die FIFA und die UEFA selbst verschiedene wirtschaftliche Tätigkeiten auf dem von ihren Regeln über die vorherige Genehmigung und die Teilnahme betroffenen Markt ausüben – erforderlich, dass diese Kriterien und Modalitäten die Organisation und Vermarktung von Drittwettbewerben sowie die Teilnahme von Klubs und Spielern an ihnen keinen Anforderungen unterwerfen, die sich entweder von den Anforderungen an die Wettbewerbe, die von der zur Entscheidung berufenen Einrichtung organisiert und vermarktet werden, unterscheiden oder die zwar identisch oder ähnlich sind, aber in der Praxis von einem Unternehmen, das kein solcher Verband ist oder nicht über die gleichen Befugnisse wie die betreffende Einrichtung verfügt und sich daher in einer anderen Lage als diese befindet, nicht oder äußerst schwer erfüllt werden können. Damit schließlich die Sanktionen, die ergänzend zu Regeln über die vorherige Genehmigung und die Teilnahme wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden eingeführt wurden, nicht willkürlich sind, müssen für sie Kriterien gelten, die nicht nur ebenfalls transparent, objektiv, genau und nicht diskriminierend sein, sondern auch gewährleisten müssen, dass die Sanktionen in jedem konkreten Fall unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit insbesondere anhand von Art, Dauer und Schwere des festgestellten Verstoßes festgelegt werden. 152 In Anbetracht all dieser Erwägungen ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 102 AEUV dahin auszulegen ist, dass es einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellt, wenn Verbände, die weltweit und auf europäischer Ebene für den Fußball verantwortlich sind und parallel verschiedene mit der Organisation von Wettbewerben verbundene wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, Regeln aufgestellt haben und anwenden, wonach die Schaffung eines neuen Interklub-Fußballwettbewerbs im Unionsgebiet durch ein drittes Unternehmen ihrer vorherigen Genehmigung bedarf und die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an einem solchen Wettbewerb unter Androhung von Sanktionen überwacht wird, ohne dass diese verschiedenen Befugnisse durch materielle Kriterien sowie durch Verfahrensmodalitäten begrenzt sind, die geeignet sind, ihre Transparenz, Objektivität, Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten. 2. Zur zweiten Frage: Auslegung von Art. 101 Abs. 1 AEUV bei Regeln über die vorherige Genehmigung von Interklub-Fußballwettbewerben sowie über die Teilnahme der Klubs und Sportler an diesen Wettbewerben 153 Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen in Erfahrung bringen, ob Art. 101 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass es einen Beschluss einer Unternehmensvereinigung, der die Verhinderung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt, darstellt, wenn Verbände, die weltweit und auf europäischer Ebene für den Fußball verantwortlich sind und parallel verschiedene mit der Organisation von Wettbewerben verbundene wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, unmittelbar oder über ihre nationalen Mitgliedsverbände Regeln aufgestellt haben und anwenden, wonach die Schaffung eines neuen Interklub-Fußballwettbewerbs im Unionsgebiet durch ein drittes Unternehmen von ihrer vorherigen Genehmigung abhängig ist, ohne dass diese Befugnis durch materielle Kriterien sowie durch Verfahrensmodalitäten begrenzt wäre, die geeignet sind, ihre Transparenz, Objektivität und Diskriminierungsfreiheit zu gewährleisten. 154 In Anbetracht der Ausführungen zu dieser Frage in der Vorlageentscheidung ist jedoch aus denselben wie den in Rn. 121 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht mit dieser Frage im Kern in Erfahrung bringen möchte, ob Art. 101 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass es einen Beschluss einer Unternehmensvereinigung darstellt, der eine Verhinderung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt, wenn Verbände, die weltweit und auf europäischer Ebene für den Fußball verantwortlich sind und parallel verschiedene mit der Organisation von Wettbewerben verbundene wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, unmittelbar oder über ihre nationalen Mitgliedsverbände Regeln aufgestellt haben und anwenden, wonach die Schaffung eines neuen Interklub-Fußballwettbewerbs im Unionsgebiet durch ein drittes Unternehmen ihrer vorherigen Genehmigung bedarf und die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an einem solchen Wettbewerb unter Androhung von Sanktionen überwacht wird, ohne dass diese verschiedenen Befugnisse durch materielle Kriterien sowie durch Verfahrensmodalitäten begrenzt sind, die geeignet sind, ihre Transparenz, Objektivität, Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten. a) Zum Begriff des Verhaltens, das eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs „bezweckt“ oder „bewirkt“, und zur Feststellung des Vorliegens eines solchen Verhaltens 155 Erstens sind nach Art. 101 Abs. 1 AEUV alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken, mit dem Binnenmarkt unvereinbar. 156 Das vorlegende Gericht möchte, wie sich aus dem Wortlaut der Frage ergibt, vom Gerichtshof vorliegend im Wesentlichen nur wissen, ob Art. 101 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen wie diejenigen, die in den Regeln der FIFA und der UEFA, auf die es sich bezieht, enthalten sind, eine „Verhinderung“ des Wettbewerbs „bezwecken oder bewirken“. 157 In der Vorlageentscheidung werden jedoch ebenso klar die Gründe herausgestellt, aus denen das vorlegende Gericht zu der Auffassung gelangt ist, dass diese Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen außerdem geeignet seien, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. 158 Zweitens kann in einem konkreten Fall bei einer Vereinbarung, einem Beschluss einer Unternehmensvereinigung oder einer abgestimmten Verhaltensweise schon nach dem Wortlaut von Art. 101 Abs. 1 AEUV nur dann davon ausgegangen werden, dass sie unter das darin aufgestellte Verbot fallen, wenn nachgewiesen wird, dass das Verhalten entweder eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder eine solche Wirkung hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. Juni 1966, LTM, 56/65, EU:C:1966:38, S. 303, und vom 29. Juni 2023, Super Bock Bebidas, C‑211/22, EU:C:2023:529, Rn. 31). 159 Dabei ist in einem ersten Schritt der Zweck des fraglichen Verhaltens zu prüfen. Stellt sich am Ende einer solchen Prüfung heraus, dass mit ihm ein wettbewerbswidriger Zweck verfolgt wird, braucht nicht geprüft zu werden, wie es sich auf den Wettbewerb auswirkt. Nur wenn nicht davon ausgegangen werden kann, dass mit ihm ein wettbewerbswidriger Zweck verfolgt wird, ist daher in einem zweiten Schritt seine Wirkung zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. Juni 1966, LTM, 56/65, EU:C:1966:38, S. 303, und vom 26. November 2015, Maxima Latvija, C‑345/14, EU:C:2015:784, Rn. 16 und 17). 160 Die vorzunehmende Prüfung hängt davon ab, ob das in Rede stehende Verhalten eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs „bezweckt“ oder „bewirkt“, da für jeden dieser beiden Begriffe gesonderte Rechts- und Beweisregeln gelten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 63). 1) Zur Feststellung des Vorliegens eines Verhaltens, das eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs „bezweckt“ 161 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs, wie sie insbesondere in den Urteilen vom 23. Januar 2018, F. Hoffmann-La Roche u. a. (C‑179/16, EU:C:2018:25, Rn. 78), und vom 30. Januar 2020, Generics (UK) u. a. (C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 67), rekapituliert wird, ist der Begriff des wettbewerbswidrigen „Zwecks“, auch wenn er, wie sich aus den Rn. 158 und 159 des vorliegenden Urteils ergibt, keine Ausnahme im Verhältnis zum Begriff der wettbewerbswidrigen „Wirkung“ darstellt, gleichwohl eng auszulegen. 162 Dieser Begriff ist so zu verstehen, dass er ausschließlich auf bestimmte Arten der Koordination zwischen Unternehmen verweist, die den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigen, um davon ausgehen zu können, dass eine Prüfung ihrer Wirkungen nicht notwendig ist. Bestimmte Formen der Koordination zwischen Unternehmen können nämlich schon ihrem Wesen nach als schädlich für das gute Funktionieren des normalen Wettbewerbs angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. Juni 1966, LTM, 56/65, EU:C:1966:38, S. 303, vom 23. Januar 2018, F. Hoffmann-La Roche u. a., C‑179/16, EU:C:2018:25, Rn. 78, und vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 67). 163 Zu den so einzustufenden Arten von Verhaltensweisen gehören in erster Linie bestimmte besonders wettbewerbsschädliche kollusive Verhaltensweisen wie horizontale Kartelle, die zur Festsetzung der Preise, zur Einschränkung der Produktionskapazitäten oder zur Aufteilung der Kundschaft führen. Derartige Verhaltensweisen sind nämlich geeignet, eine Erhöhung der Preise oder eine Verringerung der Produktion und damit des Angebots nach sich zu ziehen, was eine Fehlallokation von Ressourcen zum Nachteil der verbrauchenden Unternehmen und der Verbraucher zur Folge hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 20. November 2008, Beef Industry Development Society und Barry Brothers, C‑209/07, EU:C:2008:643, Rn. 17 und 33, vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 51, und vom 16. Juli 2015, ING Pensii, C‑172/14, EU:C:2015:484, Rn. 32). 164 Anderen Arten von Verhaltensweisen kann, ohne dass sie zwangsläufig ebenso wettbewerbsschädlich wären, in bestimmten Fällen ebenfalls ein wettbewerbswidriger Zweck beigemessen werden. Dies gilt etwa für bestimmte Arten anderer horizontaler Vereinbarungen als Kartelle, z. B. für diejenigen, die zum Ausschluss von Wettbewerbern vom Markt führen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 76, 77, 83 bis 87 und 101, sowie vom 25. März 2021, Lundbeck/Kommission, C‑591/16 P, EU:C:2021:243, Rn. 113 und 114), oder auch für bestimmte Arten von Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Januar 1987, Verband der Sachversicherer/Kommission, 45/85, EU:C:1987:34, Rn. 41). 165 Für die Feststellung, ob in einem konkreten Fall eine Vereinbarung, ein Beschluss einer Unternehmensvereinigung oder eine abgestimmte Verhaltensweise ihrem Wesen nach eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs aufweist, um davon ausgehen zu können, dass sie dessen Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung bezweckt, ist es erforderlich, erstens den Inhalt der Vereinbarung, des Beschlusses oder der Verhaltensweise, zweitens den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang, in dem sie stehen, und drittens die Ziele, die mit ihnen erreicht werden sollen, zu untersuchen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 53, und vom 23. Januar 2018, F. Hoffmann-La Roche u. a., C‑179/16, EU:C:2018:25, Rn. 79). 166 Insoweit sind zunächst in Bezug auf den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang, in dem das betreffende Verhalten steht, die Art der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sowie die tatsächlichen Bedingungen zu berücksichtigen, die die Struktur und das Funktionieren des oder der fraglichen Bereiche oder Märkte kennzeichnen (Urteile vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 53, und vom 23. Januar 2018, F. Hoffmann-La Roche u. a., C‑179/16, EU:C:2018:25, Rn. 80). Dagegen ist es, wie sich aus der in den Rn. 158 und 159 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergibt, nicht erforderlich, die Auswirkungen dieses Verhaltens auf den Wettbewerb, seien sie real oder potenziell und negativ oder positiv, zu prüfen, und sie müssen erst recht nicht nachgewiesen werden. 167 Sodann sind, was die mit dem fraglichen Verhalten verfolgten Ziele angeht, die objektiven Ziele zu bestimmen, die mit ihm in Bezug auf den Wettbewerb erreicht werden sollen. Dagegen sind der Umstand, dass die beteiligten Unternehmen ohne die subjektive Absicht, den Wettbewerb zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen, gehandelt haben, und die Tatsache, dass sie bestimmte legitime Zwecke verfolgt haben, für die Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht entscheidend (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. April 2006, General Motors/Kommission, C‑551/03 P, EU:C:2006:229, Rn. 64 und 77 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 20. November 2008, Beef Industry Development Society und Barry Brothers, C‑209/07, EU:C:2008:643, Rn. 21). 168 Schließlich muss die Berücksichtigung aller in den drei vorstehenden Randnummern genannten Umstände jedenfalls die genauen Gründe erkennen lassen, aus denen das fragliche Verhalten den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigt, um die Annahme zu rechtfertigen, dass es seine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung bezweckt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 69). 2) Zur Feststellung des Vorliegens eines Verhaltens, das eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs „bewirkt“ 169 Unter den Begriff des Verhaltens, das eine wettbewerbswidrige „Wirkung“ hat, fällt jedes Verhalten, dem kein wettbewerbswidriger „Zweck“ beigemessen werden kann, sofern nachgewiesen wird, dass es tatsächlich oder potenziell eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bewirkt, die spürbar sein muss (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Mai 1998, Deere/Kommission, C‑7/95 P, EU:C:1998:256, Rn. 77, und vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 117). 170 Hierfür ist es erforderlich, den Wettbewerb so zu betrachten, wie er ohne die betreffende Vereinbarung, den betreffenden Beschluss der Unternehmensvereinigung oder die betreffende abgestimmte Verhaltensweise bestehen würde (Urteile vom 30. Juni 1966, LTM, 56/65, EU:C:1966:38, S. 304, und vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 118), indem der oder die Märkte bestimmt werden, auf denen dieses Verhalten seine Wirkungen entfalten soll, und sodann diese Wirkungen, seien sie real oder potenziell, ermittelt werden. Dabei sind wiederum alle relevanten Umstände zu berücksichtigen. b) Zur Einstufung der Regeln über die vorherige Genehmigung der Interklub-Fußballwettbewerbe sowie über die Teilnahme von Klubs und Sportlern an ihnen als Beschluss einer Unternehmensvereinigung, der eine Beschränkung des Wettbewerbs „bezweckt“ 171 Vorliegend ergibt sich aus den Angaben in der Vorlageentscheidung zunächst, dass die Regeln der FIFA und der UEFA, zu denen das vorlegende Gericht den Gerichtshof befragt, diesen beiden Einrichtungen nicht nur die Befugnis verleihen, die Schaffung und Organisation jedes Fußballwettbewerbs im Unionsgebiet, somit insbesondere jedes neuen Interklub-Fußballwettbewerbs, der von einem dritten Unternehmen geplant würde, zu genehmigen, sondern auch die Befugnis, die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an einem solchen Wettbewerb unter Androhung von Sanktionen zu überwachen. 172 Speziell zum Inhalt der FIFA-Regeln geht aus den Angaben in der Vorlageentscheidung hervor, dass sie erstens vorsehen, dass keine internationale Liga oder ein entsprechender Zusammenschluss von Klubs oder Ligen ohne Zustimmung der FIFA und des oder der nationalen Fußballverbände, deren Mitglieder diese Klubs oder Ligen sind, gebildet werden kann. Zweitens kann ohne vorherige Genehmigung der FIFA, der UEFA und der betreffenden Verbände kein Spiel oder Wettbewerb stattfinden. Drittens kann kein Spieler und keine Mannschaft, die einem nationalen Fußballverband, der Mitglied der FIFA oder der UEFA ist, angeschlossen ist, ohne das Einverständnis der FIFA ein Spiel bestreiten oder sportlichen Kontakt zu einem anderen Spieler oder einer anderen nicht angeschlossenen Mannschaft haben. Viertens können sich die Verbände, Ligen oder Klubs, die einem nationalen Fußballverband, der Mitglied der FIFA ist, angehören, nur ausnahmsweise und mit Genehmigung der FIFA, der UEFA und der beiden betreffenden Verbände einem anderen Mitgliedsverband anschließen oder an Wettbewerben in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich teilnehmen. 173 Die Regeln der UEFA sehen nach den Angaben in der Vorlageentscheidung erstens vor, dass sie in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich allein über die Durchführung und Aufhebung internationaler Wettbewerbe, an denen ihre nationalen Mitgliedsverbände oder ihnen angeschlossene Klubs teilnehmen, entscheidet, mit Ausnahme der von der FIFA organisierten Wettbewerbe. Zweitens bedürfen internationale Spiele, Wettbewerbe oder Turniere, die nicht von der UEFA organisiert werden, aber in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich stattfinden, gemäß dem FIFA-Reglement für internationale Spiele der vorherigen Genehmigung der FIFA, der UEFA und/oder der betroffenen Mitgliedsverbände. Drittens darf ohne Genehmigung der UEFA weder ein Zusammenschluss noch eine Allianz von Ligen oder Vereinen gebildet werden, die unmittelbar oder mittelbar verschiedenen nationalen Mitgliedsverbänden der UEFA angehören. 174 Überdies wird nach den Angaben des vorlegenden Gerichts keine der Befugnisse, die der FIFA und der UEFA somit zustehen, durch materielle Kriterien und Verfahrensmodalitäten beschränkt, die wie die in Rn. 151 des vorliegenden Urteils genannten geeignet sind, ihre Transparenz, Objektivität und Diskriminierungsfreiheit zu gewährleisten. 175 Sodann ergibt sich aus den Rn. 142 bis 149 des vorliegenden Urteils, dass die spezifische Natur der internationalen Fußballwettbewerbe und die für die Struktur und das Funktionieren des Marktes für die Organisation und Vermarktung dieser Wettbewerbe im Unionsgebiet charakteristischen tatsächlichen Bedingungen es zwar ermöglichen, Regeln über eine vorherige Genehmigung wie die soeben angeführten grundsätzlich als legitim anzusehen, doch können diese kontextbezogenen Aspekte nicht das Fehlen von materiellen Kriterien und Verfahrensmodalitäten rechtfertigen, die geeignet sind, den transparenten, objektiven, genauen und nicht diskriminierenden Charakter solcher Regeln zu gewährleisten. 176 Selbst wenn schließlich die Aufstellung dieser Regeln über die vorherige Genehmigung durch die Verfolgung bestimmter legitimer Ziele wie desjenigen, die Wahrung der dem Profifußball zugrunde liegenden Grundsätze, Werte und Spielregeln durchzusetzen, motiviert sein mag, ändert dies nichts daran, dass nach diesen von den Einrichtungen in ihrer Eigenschaft als Unternehmensvereinigungen aufgestellten Regeln den Befugnissen zur vorherigen Genehmigung und zur Verhängung von Sanktionen die Organisation und Vermarktung jedes anderen als der von ihnen parallel im Rahmen der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit durchgeführten internationalen Fußballwettbewerbs unterworfen sind. Mithin sind die genannten Einrichtungen nach diesen Regeln befugt, den Zugang jedes auf dem betreffenden Markt potenziell konkurrierenden Unternehmens zu genehmigen, zu überwachen oder von Bedingungen abhängig zu machen und sowohl den Grad an Wettbewerb, der auf diesem Markt bestehen kann, als auch die Bedingungen festzulegen, unter denen ein etwaiger Wettbewerb stattfinden kann. Damit können diese Regeln es ermöglichen, jedes konkurrierende Unternehmen, sei es auch ebenso leistungsfähig, von diesem Markt auszuschließen oder zumindest die Gestaltung und Vermarktung von Wettbewerben, die aufgrund ihres Formats oder ihres Inhalts alternativ oder neu sind, zu beschränken. Außerdem sind sie geeignet, den Profifußballklubs und den Spielern jede Möglichkeit der Teilnahme an solchen Wettbewerben zu nehmen, obwohl diese z. B. unter Wahrung aller Grundsätze, Werte und Spielregeln, die dem Fußballsport zugrunde liegen, ein innovatives Format bieten könnten. Letztlich sind sie geeignet, den Zuschauern und Fernsehzuschauern jede Möglichkeit zu nehmen, den betreffenden Wettbewerben beizuwohnen oder ihre Ausstrahlung zu verfolgen. 177 Da die Regeln über die vorherige Genehmigung internationaler Interklub-Fußballwettbewerbe mit Regeln über die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an diesen Wettbewerben sowie über die mögliche Verhängung von Sanktionen im Fall der Teilnahme einhergehen, kommt noch hinzu, dass sie offensichtlich geeignet sind, den wettbewerbswidrigen Zweck zu verstärken, der jedem Mechanismus einer vorherigen Genehmigung innewohnt, für den es keine Beschränkungen, Bindungen und Kontrollen gibt, die geeignet sind, seine Transparenz, Objektivität, Genauigkeit und Diskriminierungsfreiheit zu gewährleisten. Sie verstärken nämlich die Zugangsbarriere, die sich aus einem solchen Mechanismus ergibt, indem sie jedes Unternehmen, das einen potenziell konkurrierenden Wettbewerb organisiert, daran hindern, in zweckdienlicher Weise die auf dem Markt verfügbaren Ressourcen, d. h. die Klubs und Spieler, in Anspruch zu nehmen, wobei sich Letztere im Fall der Teilnahme an einem Wettbewerb, der nicht die vorherige Genehmigung der FIFA und der UEFA erhalten hat, Sanktionen aussetzen, ohne dass diese, wie in Rn. 148 des vorliegenden Urteils ausgeführt, durch materielle Kriterien oder Verfahrensmodalitäten begrenzt sind, die geeignet wären, ihre Transparenz, Objektivität, Genauigkeit, Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten. 178 Aus all diesen Gründen ist davon auszugehen, dass Regeln über die vorherige Genehmigung, über die Teilnahme und über Sanktionen, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen, schon ihrem Wesen nach eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs aufweisen und folglich den Zweck haben, diesen zu verhindern, sofern sie nicht durch materielle Kriterien und Verfahrensmodalitäten begrenzt sind, die wie die in Rn. 151 des vorliegenden Urteils genannten geeignet sind, ihre Transparenz, Objektivität, Genauigkeit, Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten. Sie fallen daher unter das Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV, ohne dass ihre tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen geprüft zu werden brauchen. 179 In Anbetracht all dieser Erwägungen ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 101 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass es einen Beschluss einer Unternehmensvereinigung darstellt, der eine Verhinderung des Wettbewerbs bezweckt, wenn Verbände, die weltweit und auf europäischer Ebene für den Fußball verantwortlich sind und parallel verschiedene mit der Organisation von Wettbewerben verbundene wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, unmittelbar oder über die nationalen Fußballverbände, die ihre Mitglieder sind, Regeln aufgestellt haben und anwenden, wonach die Schaffung eines neuen Interklub-Fußballwettbewerbs im Unionsgebiet durch ein drittes Unternehmen ihrer vorherigen Genehmigung bedarf und die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an einem solchen Wettbewerb unter Androhung von Sanktionen überwacht wird, ohne dass diese verschiedenen Befugnisse durch materielle Kriterien sowie durch Verfahrensmodalitäten begrenzt sind, die geeignet sind, ihre Transparenz, Objektivität, Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten. 3. Zur dritten Frage: Auslegung von Art. 101 Abs. 1 und Art. 102 AEUV bei Verhaltensweisen, die darin bestehen, Klubs und Sportlern für den Fall ihrer Teilnahme an nicht genehmigten Wettbewerben mit Sanktionen zu drohen 180 Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen in Erfahrung bringen, ob Art. 101 Abs. 1 und Art. 102 AEUV dahin auszulegen sind, dass es einen wettbewerbswidrigen Beschluss einer Unternehmensvereinigung oder einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellt, wenn Einrichtungen wie die FIFA und die UEFA öffentlich ankündigen, dass gegen jeden Profifußballklub und jeden Spieler für den Fall ihrer Teilnahme an einem von ihnen nicht zuvor genehmigten Interklub-Fußballwettbewerb Sanktionen verhängt werden, sofern diese Sanktionen nicht durch materielle Kriterien sowie Verfahrensmodalitäten begrenzt sind, die geeignet sind, ihre Transparenz, Objektivität, Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten. 181 In Anbetracht der Antworten auf die beiden vorstehenden Fragen, insbesondere der Erwägungen in den Rn. 148 und 177 des vorliegenden Urteils, aus denen hervorgeht, dass eine solche öffentliche Ankündigung die Umsetzung von Regeln darstellt, die sowohl gegen Art. 102 AEUV als auch gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßen, und folglich ebenfalls unter die in diesen beiden Bestimmungen aufgestellten Verbote fällt, braucht die vorliegende Frage nicht eigens beantwortet zu werden. 4. Zur fünften Frage: Mögliche Rechtfertigung von Regeln über die vorherige Genehmigung von Wettbewerben sowie über die Teilnahme von Klubs und Sportlern an diesen Wettbewerben 182 Mit seiner fünften Frage, die vor der vierten Frage zu behandeln ist, da sie sich auf dieselben Regeln der FIFA und der UEFA bezieht wie diejenigen, auf die die ersten drei Fragen abzielen, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen in Erfahrung bringen, ob Art. 101 Abs. 3 AEUV und die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 102 AEUV dahin auszulegen sind, dass Regeln, mit denen Verbände, die weltweit und auf europäischer Ebene für den Fußball verantwortlich sind und parallel verschiedene wirtschaftliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Organisation von Wettbewerben ausüben, die Schaffung von Interklub-Fußballwettbewerben im Unionsgebiet durch ein drittes Unternehmen von ihrer vorherigen Genehmigung abhängig machen und unter Androhung von Sanktionen die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an solchen Wettbewerben überwachen, in den Genuss einer Freistellung kommen oder als gerechtfertigt angesehen werden können. a) Zur Möglichkeit, bestimmte Verhaltensweisen als nicht von Art. 101 Abs. 1 und Art. 102 AEUV erfasst anzusehen 183 Nach gefestigter Rechtsprechung des Gerichtshofs fällt nicht jede Vereinbarung zwischen Unternehmen oder jeder Beschluss einer Unternehmensvereinigung, durch die oder den die Handlungsfreiheit der Unternehmen, die Parteien dieser Vereinbarung sind oder sich an diesen Beschluss zu halten haben, beschränkt wird, zwangsläufig unter das Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV. Die Prüfung des wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhangs, in dem einige dieser Vereinbarungen und einige dieser Beschlüsse stehen, kann nämlich zu der Feststellung führen, dass sie erstens durch die Verfolgung eines oder mehrerer dem Gemeinwohl dienender legitimer Ziele gerechtfertigt sind, die als solche keinen wettbewerbswidrigen Charakter haben, dass zweitens die konkreten Mittel, die zur Verfolgung dieser Ziele eingesetzt werden, zu diesem Zweck tatsächlich erforderlich sind und dass drittens, selbst wenn sich herausstellt, dass diese Mittel inhärent – zumindest potenziell – eine Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bewirken, diese inhärente Wirkung nicht über das Erforderliche hinausgeht, insbesondere durch die Ausschaltung jedes Wettbewerbs. Diese Rechtsprechung kann insbesondere auf Vereinbarungen oder Beschlüsse in Form von Regeln Anwendung finden, die von einer Vereinigung, etwa einem Berufs- oder Sportverband, aufgestellt werden, um bestimmte ethische oder standesrechtliche Ziele zu verfolgen und, allgemeiner, um die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit zu regeln, wenn die betreffende Vereinigung nachweist, dass die vorstehend genannten Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Februar 2002, Wouters u. a., C‑309/99, EU:C:2002:98, Rn. 97, vom 18. Juli 2006, Meca-Medina und Majcen/Kommission, C‑519/04 P, EU:C:2006:492, Rn. 42 bis 48, und vom 28. Februar 2013, Ordem dos Técnicos Oficiais de Contas, C‑1/12, EU:C:2013:127, Rn. 93, 96 und 97). 184 Insbesondere im Sportbereich hat der Gerichtshof anhand der ihm vorliegenden Informationen festgestellt, dass die vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) erlassene Anti-Doping-Regelung nicht unter das Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV fällt, obwohl sie die Handlungsfreiheit der Sportler beschränkt und inhärent eine Beschränkung des potenziellen Wettbewerbs zwischen ihnen bewirkt, indem sie, um den fairen, ehrlichen und objektiven Ablauf der Sportwettkämpfe zu wahren, die Chancengleichheit der Sportler zu sichern, ihre Gesundheit zu schützen und die Einhaltung der ethischen Werte zu gewährleisten, die im Mittelpunkt des Sports stehen und zu denen die Leistungen gehören, eine Schwelle festlegt, bei deren Überschreitung das Vorhandensein von Nandrolon ein Doping darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2006, Meca-Medina und Majcen/Kommission, C‑519/04 P, EU:C:2006:492, Rn. 43 bis 55). 185 Dagegen kann die in Rn. 183 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung nicht auf Verhaltensweisen übertragen werden, die – unabhängig davon, ob sie von einer solchen Vereinigung ausgehen oder nicht und mit welchen legitimen Zielen des Allgemeininteresses sie zu erklären sein könnten – ihrem Wesen nach gegen Art. 102 AEUV verstoßen, wie sich im Übrigen bereits implizit, aber zwangsläufig aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, MOTOE, C‑49/07, EU:C:2008:376, Rn. 53). 186 Da zum einen auch das Fehlen einer subjektiven Absicht, den Wettbewerb zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen, und die Verfolgung möglicherweise legitimer Ziele für die Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht ausschlaggebend sind und zum anderen die Art. 101 und 102 AEUV kohärent ausgelegt und angewendet werden müssen, ist davon auszugehen, dass die in Rn. 183 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung ebenso wenig auf Verhaltensweisen Anwendung finden kann, die keineswegs allein in einer inhärenten „Wirkung“ in Form einer zumindest potenziellen Einschränkung des Wettbewerbs durch die Beschränkung der Handlungsfreiheit bestimmter Unternehmen bestehen, sondern diesen Wettbewerb hinreichend beeinträchtigen, um die Annahme zu rechtfertigen, dass sie dessen Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung gerade „bezwecken“. Daher ist nur dann, wenn sich am Ende der Prüfung des in einem bestimmten Fall in Rede stehenden Verhaltens herausstellt, dass dieses Verhalten keine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt, anschließend zu klären, ob es unter diese Rechtsprechung fallen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Februar 2013, Ordem dos Técnicos Oficiais de Contas, C‑1/12, EU:C:2013:127, Rn. 69, vom 4. September 2014, API u. a., C‑184/13 bis C‑187/13, C‑194/13, C‑195/13 und C‑208/13, EU:C:2014:2147, Rn. 49, und vom 23. November 2017, CHEZ Elektro Bulgaria und FrontEx International, C‑427/16 und C‑428/16, EU:C:2017:890, Rn. 51, 53, 56 und 57). 187 Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken, können daher nur in Anwendung von Art. 101 Abs. 3 AEUV und nur dann, wenn alle in dieser Bestimmung vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind, in den Genuss einer Freistellung vom Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV kommen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. November 2008, Beef Industry Development Society und Barry Brothers, C‑209/07, EU:C:2008:643, Rn. 21). 188 Im vorliegenden Fall ist unter Berücksichtigung der Angaben in der Vorlageentscheidung und der Antworten, die der Gerichtshof in Anbetracht dieser Angaben auf die ersten drei Fragen des vorlegenden Gerichts gegeben hat, davon auszugehen, dass die in Rn. 183 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung auf Regeln wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden keine Anwendung findet. b) Zur Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV 189 Schon aus dem Wortlaut von Art. 101 Abs. 3 AEUV ergibt sich, dass für Vereinbarungen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die, sei es wegen ihres wettbewerbswidrigen Zwecks oder ihrer wettbewerbswidrigen Wirkung, gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßen, eine Freistellung gewährt werden kann, wenn sämtliche dafür vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juli 1985, Remia u. a./Kommission, 42/84, EU:C:1985:327, Rn. 38, und vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 230), wobei diese Voraussetzungen strenger sind als die in Rn. 183 des vorliegenden Urteils genannten. 190 Nach Art. 101 Abs. 3 AEUV wird diese Freistellung im Einzelfall unter vier kumulativen Voraussetzungen gewährt. Erstens muss mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (Urteil vom 6. Oktober 2009, GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a., C‑501/06 P, C‑513/06 P, C‑515/06 P und C‑519/06 P, EU:C:2009:610, Rn. 95), dass die betreffenden Vereinbarungen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen oder abgestimmten Verhaltensweisen es ermöglichen sollen, Effizienzvorteile zu erzielen, indem sie entweder zur Verbesserung der Erzeugung oder Verteilung der betreffenden Waren oder Dienstleistungen oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen. Zweitens muss nach demselben Maßstab nachgewiesen sein, dass die Verbraucher an dem sich aus diesen Effizienzvorteilen ergebenden Gewinn angemessen beteiligt werden. Drittens dürfen den beteiligten Unternehmen mit den Vereinbarungen, Beschlüssen oder Verhaltensweisen keine Beschränkungen auferlegt werden, die für die Erzielung solcher Effizienzvorteile nicht unerlässlich sind. Viertens darf den beteiligten Unternehmen mit diesen Vereinbarungen, Beschlüssen oder Verhaltensweisen nicht die Möglichkeit eröffnet werden, jeglichen wirksamen Wettbewerb für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren oder Dienstleistungen auszuschalten. 191 Es obliegt der Partei, die sich auf eine solche Freistellung beruft, mit überzeugenden Argumenten und Beweisen darzutun, dass sämtliche Voraussetzungen für eine Freistellung erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juli 1985, Remia u. a./Kommission, 42/84, EU:C:1985:327, Rn. 45, und vom 6. Oktober 2009, GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a., C‑501/06 P, C‑513/06 P, C‑515/06 P und C‑519/06 P, EU:C:2009:610, Rn. 82). Falls diese Argumente und Beweise die andere Partei dazu zwingen können, sie überzeugend zu widerlegen, ist in Ermangelung einer solchen Widerlegung der Schluss zulässig, dass den Anforderungen an die von der Partei, die sich auf Art. 101 Abs. 3 AEUV beruft, zu tragende Beweislast genügt ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 79, und vom 6. Oktober 2009, GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a., C‑501/06 P, C‑513/06 P, C‑515/06 P und C‑519/06 P, EU:C:2009:610, Rn. 83). 192 Was insbesondere die erste in Rn. 190 des vorliegenden Urteils genannte Voraussetzung betrifft, entsprechen die Effizienzvorteile, die mit den Vereinbarungen, Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen oder abgestimmten Verhaltensweisen erzielt werden sollen, nicht jedem Vorteil, der sich aus diesen Vereinbarungen, Beschlüssen oder Verhaltensweisen für die beteiligten Unternehmen im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit ergibt, sondern nur den spürbaren objektiven Vorteilen, deren Erzielung die Vereinbarungen, Beschlüsse oder Verhaltensweisen bei spezifischer Betrachtung in dem oder den betreffenden Bereichen oder auf dem oder den betreffenden Märkten ermöglichen. Außerdem sind, damit diese erste Voraussetzung als erfüllt angesehen werden kann, nicht nur das tatsächliche Bestehen und der Umfang dieser Effizienzvorteile zu beweisen, sondern es ist auch darzutun, dass sie geeignet sind, die mit den fraglichen Vereinbarungen, Beschlüssen oder Verhaltensweisen verbundenen Nachteile für den Wettbewerb auszugleichen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Juli 1966, Consten und Grundig/Kommission, 56/64 und 58/64, EU:C:1966:41, S. 396 f., und vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 232, 234 und 236, sowie, entsprechend, vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 43). 193 Die zweite in Rn. 190 des vorliegenden Urteils genannte Voraussetzung setzt den Nachweis voraus, dass die Effizienzvorteile, die durch die betreffenden Vereinbarungen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen oder abgestimmten Verhaltensweisen erzielt werden sollen, günstige Auswirkungen auf alle Verbraucher, seien es Gewerbetreibende, Zwischenverbraucher oder Endverbraucher, in den betreffenden Bereichen oder auf den betreffenden Märkten haben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 23. November 2006, Asnef-Equifax und Administración del Estado, C‑238/05, EU:C:2006:734, Rn. 70, und vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 236 und 242). 194 Daraus folgt, dass in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, in der das gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßende Verhalten seinem Zweck nach wettbewerbswidrig ist, d. h., den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigt, und außerdem geeignet ist, verschiedene Gruppen von Nutzern oder Verbrauchern nachteilig zu betreffen, festgestellt werden muss, ob und gegebenenfalls inwieweit sich dieses Verhalten trotz seiner Schädlichkeit günstig auf jede dieser Gruppen auswirkt. 195 Im Ausgangsverfahren wird das vorlegende Gericht daher zu beurteilen haben, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln über die vorherige Genehmigung, die Teilnahme und die Sanktionen einen günstigen Einfluss auf die verschiedenen Gruppen von „Nutzern“ haben können, zu denen u. a. die nationalen Fußballverbände, die Profi- oder Amateurklubs, die Profi- oder Amateurspieler, die jungen Spieler und allgemeiner, die Verbraucher, seien es Zuschauer oder Fernsehzuschauer, gehören. 196 In dieser Hinsicht ist jedoch darauf hinzuweisen, dass solche Regeln dadurch, dass sie dazu beitragen, die Beachtung der Grundsätze, Werte und Spielregeln, auf denen der Profifußball beruht, zu gewährleisten, insbesondere den offenen und leistungsbezogenen Charakter der betreffenden Wettbewerbe, sowie eine gewisse Form solidarischer Ausschüttungen innerhalb des Fußballs zu sichern, zwar grundsätzlich als legitim erscheinen mögen, doch entbindet das Bestehen solcher Ziele, so löblich sie auch sein mögen, die Verbände, die diese Regeln aufgestellt haben, nicht von der Verpflichtung, vor dem vorlegenden Gericht zu beweisen, dass sich zum einen die Verfolgung dieser Ziele in realen und quantifizierbaren Effizienzvorteilen niederschlägt und diese zum anderen die nachteiligen Folgen ausgleichen, die sich aus den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln für den Wettbewerb ergeben. 197 Die dritte in Rn. 190 des vorliegenden Urteils genannte Voraussetzung der Unerlässlichkeit oder Erforderlichkeit des fraglichen Verhaltens verlangt eine Beurteilung und einen Vergleich der jeweiligen Auswirkung dieses Verhaltens und der tatsächlich in Betracht kommenden alternativen Maßnahmen, um festzustellen, ob die von diesem Verhalten erwarteten Effizienzvorteile durch Maßnahmen erzielt werden können, die den Wettbewerb weniger beschränken. Dagegen darf sie nicht dazu führen, dass zwischen diesem Verhalten und solchen alternativen Maßnahmen in dem Fall, dass sich Letztere nicht als für den Wettbewerb weniger beschränkend erweisen sollten, eine Wahl anhand von Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten getroffen wird. 198 Bei der vierten in Rn. 190 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzung sind zur Prüfung ihres Vorliegens in einem konkreten Fall die das Funktionieren des Wettbewerbs in den betroffenen Bereichen oder auf den betroffenen Märkten kennzeichnenden quantitativen und qualitativen Gesichtspunkte zu untersuchen, um festzustellen, ob die fraglichen Vereinbarungen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen oder abgestimmten Verhaltensweisen den beteiligten Unternehmen die Möglichkeit geben, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren oder Dienstleistungen jeglichen wirksamen Wettbewerb auszuschalten. Insbesondere kann bei Beschlüssen einer Unternehmensvereinigung oder bei Vereinbarungen, denen Unternehmen gemeinschaftlich beigetreten sind, der sehr bedeutende Marktanteil, der von ihnen gehalten wird, neben anderen relevanten Umständen im Rahmen ihrer umfassenden Analyse ein Indiz dafür sein, dass diese Beschlüsse oder Vereinbarungen in Anbetracht ihres Inhalts und ihres Zwecks oder ihrer Wirkung den beteiligten Unternehmen die Ausschaltung jeglichen wirksamen Wettbewerbs ermöglichen, wobei allein dies eine Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV ausschließt. Ein anderer Umstand kann darin bestehen, ob solche Beschlüsse oder Vereinbarungen, auch wenn sie eine Form wirksamen Wettbewerbs oder eine Form des Zugangs zum Markt beseitigen, andere bestehen lassen oder ob dies nicht der Fall ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Oktober 1986, Metro/Kommission, 75/84, EU:C:1986:399, Rn. 64, 65 und 88). 199 Um festzustellen, ob diese vierte Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt ist, wird das vorlegende Gericht in erster Linie zu berücksichtigen haben, dass, wie insbesondere in den Rn. 174 bis 179 des vorliegenden Urteils ausgeführt, die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln über die vorherige Genehmigung, die Teilnahme und die Sanktionen nicht durch materielle Kriterien und Verfahrensmodalitäten begrenzt sind, die geeignet sind, ihre Transparenz, Objektivität, Genauigkeit und Diskriminierungsfreiheit zu gewährleisten. Es ist davon auszugehen, dass eine solche Situation es den Einrichtungen, die diese Regeln aufgestellt haben, ermöglichen kann, jeglichen Wettbewerb auf dem Markt der Organisation und Vermarktung von Interklub-Fußballwettbewerben im Unionsgebiet zu verhindern. 200 Allgemeiner kann die in Rn. 190 des vorliegenden Urteils erwähnte Prüfung eine Berücksichtigung der Merkmale und Besonderheiten des oder der von den fraglichen Vereinbarungen, Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen betroffenen Bereiche erfordern, wenn diese Merkmale und Besonderheiten für das Ergebnis der Prüfung entscheidend sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Oktober 2009, GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a., C‑501/06 P, C‑513/06 P, C‑515/06 P und C‑519/06 P, EU:C:2009:610, Rn. 103, und vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 236). c) Zur objektiven Rechtfertigung gemäß Art. 102 AEUV 201 Im logischen Zusammenhang mit Art. 101 Abs. 3 AEUV ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 102 AEUV, dass ein Unternehmen in beherrschender Stellung Verhaltensweisen, die möglicherweise unter das in diesem Artikel niedergelegte Verbot fallen, rechtfertigen kann (Urteile vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 40, und vom 12. Mai 2022, Servizio Elettrico Nazionale u. a., C‑377/20, EU:C:2022:379, Rn. 46). 202 Ein solches Unternehmen kann dazu insbesondere den Nachweis erbringen, dass sein Verhalten objektiv notwendig ist oder dass die dadurch hervorgerufene Verdrängungswirkung durch Effizienzvorteile ausgeglichen oder sogar übertroffen werden kann, die auch den Verbrauchern zugutekommen (Urteile vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 41, und vom 12. Mai 2022, Servizio Elettrico Nazionale u. a., C‑377/20, EU:C:2022:379, Rn. 46 und 86). 203 Zum ersten Teil dieser Alternative ergibt sich aus Rn. 147 des vorliegenden Urteils, dass die Einführung dem freien Ermessen überlassener Regeln über die vorherige Genehmigung internationaler Interklub-Fußballwettbewerbe, über die Kontrolle der Teilnahme von Klubs und Spielern an ihnen und über die Sanktionen durch die FIFA und die UEFA gerade wegen dieses Ermessenscharakters keinesfalls als durch Erfordernisse technischer oder kommerzieller Art objektiv gerechtfertigt angesehen werden kann; etwas anderes könnte gelten, wenn diese Regeln durch materielle Kriterien und Verfahrensmodalitäten begrenzt wären, die den in diesem Bereich gebotenen Anforderungen an Transparenz, Klarheit, Genauigkeit, Neutralität und Verhältnismäßigkeit genügen. Daher ist davon auszugehen, dass mit diesen Regeln, Kontrollen und Sanktionen bei objektiver Betrachtung den betreffenden Einrichtungen die Organisation aller derartiger Wettbewerbe vorbehalten werden soll, auf die Gefahr hin, dass jeder Wettbewerb von Seiten eines dritten Unternehmens ausgeschaltet wird, so dass ein solches Verhalten einen nach Art. 102 AEUV verbotenen und nicht durch eine objektive Notwendigkeit gerechtfertigten Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellt. 204 Was den zweiten Teil dieser Alternative betrifft, hat das Unternehmen in beherrschender Stellung erstens nachzuweisen, dass durch sein Verhalten Effizienzvorteile erzielt werden können, indem es deren Vorhandensein und Umfang nachweist, zweitens, dass solche Effizienzvorteile die wahrscheinlichen negativen Auswirkungen dieses Verhaltens auf den Wettbewerb und die Interessen der Verbraucher auf dem oder den betroffenen Märkten ausgleichen, drittens, dass dieses Verhalten für das Erreichen der Effizienzvorteile notwendig ist, und viertens, dass es nicht einen wirksamen Wettbewerb ausschaltet, indem es alle oder die meisten bestehenden Quellen tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerbs zum Versiegen bringt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 42). 205 Ebenso wie bei der Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV erfordert diese Rechtfertigung, dass das Unternehmen, das sich auf sie beruft, mit überzeugenden Argumenten und Beweisen dartut, dass sämtliche Voraussetzungen für ihre Inanspruchnahme erfüllt sind. 206 Im vorliegenden Fall wird das vorlegende Gericht darüber zu entscheiden haben, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln alle Voraussetzungen erfüllen, die es ermöglichen, sie im Hinblick auf Art. 102 AEUV als gerechtfertigt anzusehen, nachdem es den Parteien Gelegenheit gegeben hat, ihrer in Rn. 191 des vorliegenden Urteils angesprochenen Beweislast Genüge zu tun. 207 Allerdings ist zur vierten dieser Voraussetzungen, die sowohl im Zusammenhang mit Art. 101 Abs. 3 AEUV als auch im Zusammenhang mit Art. 102 AEUV gelten, festzustellen, dass unter Berücksichtigung des Wesens dieser Regeln – nach denen die Organisation und Vermarktung jedes Interklub-Fußballwettbewerbs im Unionsgebiet der vorherigen Genehmigung durch die FIFA und die UEFA unterliegt, ohne dass diese Befugnis mit geeigneten materiellen Kriterien und Verfahrensmodalitäten verbunden wäre – und der beherrschenden, wenn nicht monopolistischen Stellung, die, wie das vorlegende Gericht hervorhebt, diese beiden Einrichtungen auf dem betreffenden Markt innehaben, davon auszugehen ist, dass diese Regeln es den genannten Einrichtungen ermöglichen, jeglichen Wettbewerb auf diesem Markt zu verhindern (siehe oben, Rn. 199). 208 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Nichterfüllung einer der vier in den Rn. 190 und 204 des vorliegenden Urteils genannten kumulativen Voraussetzungen genügt, um auszuschließen, dass für Regeln wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden eine Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV gewährt werden kann oder dass sie im Hinblick auf Art. 102 AEUV als gerechtfertigt angesehen werden können. 209 In Anbetracht all dieser Erwägungen ist auf die fünfte Frage zu antworten, dass Art. 101 Abs. 3 und Art. 102 AEUV dahin auszulegen sind, dass Regeln, mit denen Verbände, die weltweit und auf europäischer Ebene für den Fußball verantwortlich sind und parallel verschiedene mit der Organisation von Wettbewerben verbundene wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, die Schaffung von Interklub-Fußballwettbewerben im Unionsgebiet durch ein drittes Unternehmen von ihrer vorherigen Genehmigung abhängig machen und die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an solchen Wettbewerben unter Androhung von Sanktionen überwachen, nur dann von der Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV freigestellt oder im Hinblick auf Art. 102 AEUV als gerechtfertigt angesehen werden können, wenn mit überzeugenden Argumenten und Beweisen dargetan wird, dass alle hierfür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. 5. Zur vierten Frage: Auslegung der Art. 101 und 102 AEUV bei Regeln über die Rechte an Sportwettbewerben 210 Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen in Erfahrung bringen, ob die Art. 101 und 102 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie Regeln entgegenstehen, die von Verbänden, die weltweit und auf europäischer Ebene für den Fußball verantwortlich sind und parallel verschiedene mit der Organisation von Wettbewerben verbundene wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, aufgestellt wurden und in denen zum einen diese Verbände als originäre Eigentümer aller Rechte bezeichnet werden, die an den Wettbewerben, die in ihren „Zuständigkeitsbereich“ fallen, entstehen können, was die Rechte an einem von dritten Unternehmen organisierten Wettbewerb einschließt, und mit denen zum anderen diesen Verbänden eine ausschließliche Befugnis zur Vermarktung dieser Rechte übertragen wird. 211 Hierzu ist festzustellen, dass die FIFA und die UEFA in ihren schriftlichen und mündlichen Erklärungen vor dem Gerichtshof nachdrücklich geltend gemacht haben, dass die Bestimmungen des Schweizer Privatrechts, auf die sich das vorlegende Gericht beziehe – insbesondere Art. 67 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 der FIFA-Statuten –, soweit sie die Rechte beträfen, die an den Wettbewerben, den Spielen und den sonstigen Veranstaltungen, die in ihren „Zuständigkeitsbereich“ fielen, entstehen könnten, so zu verstehen seien, dass sie nicht für sämtliche Wettbewerbe gälten, die in den räumlichen Zuständigkeitsbereich und unter die jeweiligen Befugnisse dieser beiden Einrichtungen fielen, sondern nur für diejenigen dieser Wettbewerbe, die von den genannten Einrichtungen organisiert würden, und nicht für etwaige von dritten Einrichtungen oder Unternehmen organisierte Wettbewerbe. Nach ihrer eigenen Auslegung dieser Regeln könnten die FIFA und die UEFA somit keinesfalls behaupten, Inhaber der Rechte zu sein, die an den von solchen dritten Einrichtungen oder Unternehmen organisierten Wettbewerben entstehen können. 212 Unter diesen Umständen wird der Gerichtshof – wobei er den Ausführungen der Klägerin des Ausgangsverfahrens in der mündlichen Verhandlung vor ihm beipflichtet, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln unter Berücksichtigung der verschiedenen Bedeutungen, die der Begriff „Zuständigkeitsbereich“ haben kann, auch anders verstanden werden könnten und es daher von Vorteil wäre, wenn diese Regeln geändert würden, um jede insoweit mögliche Mehrdeutigkeit zu beseitigen – auf die vorliegende Frage antworten, indem er die in der vorstehenden Randnummer erwähnte Auslegung als Prämisse zugrunde legt und der Komplementarität zwischen den in Rede stehenden Regeln und den Regeln über die vorherige Genehmigung, die Teilnahme und die Sanktionen, die Gegenstand der vorangegangenen Fragen sind, Rechnung trägt. Diese Antwort erfolgt daher unbeschadet der Antwort, die auf die davon zu unterscheidende Frage gegeben werden könnte, ob die Art. 101 und 102 AEUV Regeln entgegenstehen, mit denen eine Einrichtung wie die FIFA sich selbst oder einer Einrichtung wie der UEFA das originäre Eigentum an allen etwaigen Rechten an Wettbewerben übertragen würde, die in ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich und unter ihre jeweiligen Befugnisse fallen, aber von dritten Einrichtungen oder Unternehmen organisiert werden. a) Zum Eigentum an den Rechten, die an Sportwettbewerben bestehen 213 Nach Art. 345 AEUV lassen der EU-Vertrag und der AEU-Vertrag die Eigentumsordnung in den verschiedenen Mitgliedstaaten unberührt. 214 Daraus folgt, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Art. 101 und 102 AEUV Regeln wie den Art. 67 und 68 der FIFA-Statuten grundsätzlich entgegenstehen, soweit darin die FIFA und die UEFA als originäre Eigentümerinnen aller Rechte bezeichnet werden, die an den Interklub-Fußballwettbewerben entstehen können, die sie im Unionsgebiet unter der unerlässlichen Mitwirkung der Profifußballklubs und Spieler, die an diesen Wettbewerben teilnehmen, organisieren. 215 Vielmehr muss bei der Auslegung der Art. 101 und 102 AEUV durch den Gerichtshof und ihrer Anwendung durch das vorlegende Gericht davon ausgegangen werden, dass die Eigentumsordnung der Rechte, auf die solche Regeln Anwendung finden, von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich sein kann und dass daher vor allem im Hinblick auf das im Bereich des Eigentums und des geistigen Eigentums geltende Recht zu prüfen ist, welche Bedeutung dem Begriff „originäres Eigentum“, auf den diese Regeln Bezug nehmen, beizumessen ist; dies haben eine Vielzahl von Regierungen, die sich am Verfahren vor dem Gerichtshof beteiligt haben, im Wesentlichen dargelegt. So haben einige von ihnen ausgeführt, soweit sie betroffen seien, müsse dieser Begriff, damit er mit den Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts im Bereich des Eigentums und des geistigen Eigentums vereinbar sei, in eine „freiwillige Abtretung“ oder eine „zwangsweise Abtretung“ von Rechten durch die Profifußballklubs an die nationalen Fußballverbände im Zeitpunkt ihres Anschlusses an diese Verbände aufgespalten werden, zu der eine weitere Übertragung der Rechte auf die FIFA und die UEFA im Zeitpunkt des Beitritts der Verbände zu ihnen hinzukomme. 216 In der vorliegenden Rechtssache geht es jedoch nicht um diese Frage, bei deren Prüfung auch Art. 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu berücksichtigen wäre, der eine Rechtsvorschrift darstellt, die den Einzelnen durch die Verankerung des Eigentumsrechts und des Rechts des geistigen Eigentums Rechte verleiht, ohne dass diese Rechte deswegen bedingungslos zu gewährleisten oder schrankenlos wären (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Juli 2019, Spiegel Online, C‑516/17, EU:C:2019:625, Rn. 56), wie der Gerichtshof in Bezug auf die speziellen hier in Rede stehenden Rechte bereits festgestellt hat (Urteile vom 18. Juli 2013, FIFA/Kommission, C‑204/11 P, EU:C:2013:477, Rn. 110, und vom 18. Juli 2013, UEFA/Kommission, C‑201/11 P, EU:C:2013:519, Rn. 102). b) Zur Nutzung der Rechte an Sportwettbewerben 217 Hinsichtlich der Frage, ob Art. 101 Abs. 1 und Art. 102 AEUV den Regeln, auf die das vorlegende Gericht Bezug nimmt, entgegenstehen, soweit diese nicht das originäre Eigentum an den Rechten betreffen, die an den von der FIFA und der UEFA organisierten Interklub-Fußballwettbewerben entstehen können, sondern die kommerzielle Nutzung dieser Rechte, ergibt sich zunächst aus den Rn. 115, 117, 118, 139 und 140 des vorliegenden Urteils, dass solche Regeln zugleich als „Beschluss einer Unternehmensvereinigung“ im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV und als Verhalten eines „Unternehmens“ in „beherrschender Stellung“, das aus der Ausübung einer Regelungsbefugnis resultiert, also aus einem Mittel, das nicht zu den Mitteln eines Leistungswettbewerbs zwischen Unternehmen gehört, angesehen werden können. 218 Sodann verbieten Art. 101 Abs. 1 Buchst. b und Art. 102 Buchst. b AEUV ausdrücklich Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und missbräuchliche Verhaltensweisen, die in der Verhinderung oder Einschränkung des Wettbewerbs durch die Einschränkung oder Kontrolle von, neben anderen Wettbewerbsparametern, Erzeugung und Absatz zum Schaden der Verbraucher bestehen. 219 Wie u. a. einige der Regierungen, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, und die Kommission ausgeführt haben, besteht das eigentliche mit den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln verfolgte Ziel, wie die Prüfung ihres Inhalts belegt, darin, einen zwingenden und umfassenden Mechanismus der ausschließlichen und kollektiven Verwertung sämtlicher Rechte, die an den von der FIFA und der UEFA organisierten Interklub-Fußballwettbewerben entstehen können, in allen ihren Formen an die Stelle jeder anderen Art der Verwertung zu setzen, die ohne diese Regeln von den Profifußballklubs, die an den im Rahmen dieser Wettbewerbe organisierten Spielen teilnehmen, frei gewählt werden könnte, sei es eine individuelle, bilaterale oder auch multilaterale Art der Verwertung. 220 Durch Regeln, wie sie in den Art. 67 und 68 der FIFA-Statuten enthalten sind, wird ihr nämlich in klarer und präziser Weise die ausschließliche Befugnis vorbehalten, in Form von Rechtsvorschriften die Bedingungen für die Verwertung und Nutzung dieser Rechte durch sie selbst oder einen Dritten festzulegen. Außerdem verleihen sie der FIFA und der UEFA die ausschließliche Befugnis, die Verbreitung von Fußballspielen oder Veranstaltungen, auch im Zusammenhang mit Interklub-Fußballwettbewerben, mittels Bild‑, Ton- oder anderer Datenträger zu bewilligen, ohne örtliche, inhaltliche, zeitliche oder technische Beschränkung. 221 Zudem unterwerfen diese Regeln alle derartigen Rechte – seien es Vermögensrechte, Rechte der audiovisuellen und hörfunktechnischen Aufnahme, Wiedergabe und Ausstrahlung, multimediale Rechte, Marketing- und Promotionsrechte oder Immaterialgüterrechte – in ebenso eindeutiger Weise solchen Befugnissen. 222 Damit ermöglichen es die genannten Regeln der FIFA und der UEFA, das Angebot von Rechten an den von ihnen organisierten Interklub-Wettbewerben in vollem Umfang zu kontrollieren und folglich jeden Wettbewerb zwischen Profifußballklubs in Bezug auf die Rechte an den Spielen, an denen sie teilnehmen, zu verhindern. Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht hervor, dass diese Funktionsweise des Wettbewerbs auf dem Markt keineswegs theoretisch, sondern im Gegenteil real und konkret ist und dass sie z. B. in Spanien in Bezug auf die audiovisuellen Rechte an den vom betreffenden nationalen Fußballverband organisierten Wettbewerben bis 2015 bestand. 223 Was schließlich den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang betrifft, in den sich die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln einfügen, ist erstens darauf hinzuweisen, dass die verschiedenen Rechte, die an Interklub-Profifußballwettbewerben entstehen können, insbesondere für die FIFA und die UEFA als deren Organisatorinnen sowie für die Profifußballklubs, ohne die diese Wettbewerbe nicht stattfinden könnten, die wichtigste mögliche Quelle von Einnahmen aus ihnen darstellen. Diese Rechte stehen somit im Mittelpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit, zu der solche Wettbewerbe Anlass geben, und ihre Veräußerung ist daher untrennbar mit deren Organisation verbunden. 224 Insoweit geht das Monopol, das die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln der FIFA, die sie erlassen hat, und der UEFA im Bereich der Verwertung und Vermarktung der Rechte verschaffen, Hand in Hand mit der von ihnen dank der Regeln, die Gegenstand der ersten drei Fragen des vorlegenden Gerichts sind, ausgeübten absoluten Kontrolle über die Organisation und die Vermarktung von Wettbewerben und verstärkt die rechtliche, wirtschaftliche und praktische Tragweite dieser Regeln. 225 Zweitens stellen die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rechte unabhängig von der wirtschaftlichen Tätigkeit, zu der sie Anlass geben, als solche einen wesentlichen Bestandteil des Systems eines unverfälschten Wettbewerbs dar, das der EU-Vertrag und der AEU-Vertrag schaffen und erhalten wollen, wie der Gerichtshof bereits in Bezug auf die Markenrechte der Profifußballklubs festgestellt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. November 2002, Arsenal Football Club, C‑206/01, EU:C:2002:651, Rn. 47 und 48). Denn sie stellen juristisch geschützte Rechte mit eigenem wirtschaftlichen Wert dar, die es ermöglichen, ein vorhandenes Produkt oder eine vorhandene Dienstleistung, im vorliegenden Fall ein Spiel oder eine Reihe von Spielen, bei dem oder denen ein bestimmter Klub auf einen oder mehrere andere trifft, in verschiedener Form kommerziell zu verwerten. 226 Es handelt sich somit um einen Wettbewerbsparameter, den die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln der Kontrolle der Profifußballklubs, die an den von der FIFA und der UEFA organisierten Interklub-Fußballwettbewerben teilnehmen, entziehen. 227 Drittens ist die Vermarktung der verschiedenen Rechte an diesen Wettbewerben –anders als die eigentliche Organisation der Interklub-Fußballwettbewerbe, bei der es sich um eine wirtschaftliche Tätigkeit „horizontaler“ Natur handelt, an der nur die Einrichtungen oder Unternehmen beteiligt sind, die sie tatsächlich oder potenziell organisieren – „vertikaler“ Natur, da an ihr auf der Angebotsseite eben diese Einrichtungen oder Unternehmen beteiligt sind und auf der Nachfrageseite Unternehmen, die diese Rechte erwerben möchten, sei es, um sie an Fernsehveranstalter und andere Anbieter von Mediendiensten (Handel) weiterzuverkaufen oder um selbst Spiele über verschiedene elektronische Kommunikationsnetze und verschiedene Medien wie lineares oder abrufbares Fernsehen, Radio, Internet, Mobilfunkgeräte und andere neu auf den Markt kommende Medien zu verbreiten. Außerdem können diese verschiedenen Verbreiter selbst Raum oder Zeit an Unternehmen, die in anderen Wirtschaftssektoren tätig sind, zu Werbe- oder Sponsoringzwecken verkaufen, um es ihnen zu ermöglichen, ihre Produkte oder Dienstleistungen während der Übertragung der Wettbewerbe zu präsentieren. 228 Regeln wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden können daher in Anbetracht ihres Inhalts, der Ziele, die mit ihnen objektiv im Hinblick auf den Wettbewerb erreicht werden sollen, sowie des wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhangs, in den sie sich einfügen, nicht nur jeglichen Wettbewerb unter den den nationalen Mitgliedsverbänden der FIFA und der UEFA angeschlossenen Profifußballklubs im Rahmen der Vermarktung der verschiedenen Rechte an den Spielen, an denen sie teilnehmen, verhindern, sondern auch das Funktionieren des Wettbewerbs zum Nachteil dritter Unternehmen, die auf einer Reihe dieser Vermarktung nachgelagerter Medienmärkte tätig sind, beeinträchtigen, zum Schaden der Verbraucher und Fernsehzuschauer. 229 Solche Regeln können es insbesondere den beiden Einrichtungen, denen sie im betreffenden Bereich ein Monopol in Form einer vollständigen Kontrolle über das Angebot verschaffen, ermöglichen, überhöhte und damit missbräuchliche Preise zu verlangen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Februar 1978, United Brands und United Brands Continentaal/Kommission, 27/76, EU:C:1978:22, Rn. 250, und vom 11. Dezember 2008, Kanal 5 und TV 4, C‑52/07, EU:C:2008:703, Rn. 28 und 29), wobei die aktuellen oder potenziellen Käufer von Rechten grundsätzlich nur über begrenzte Verhandlungsmacht verfügen, da die Wettbewerbe und Spiele des Interklub-Profifußballs als zugkräftige Produkte, die geeignet sind, das ganze Jahr über ein großes Publikum anzuziehen und zu binden, bei der Auswahl der Programme und Sendungen, die die Sender ihren Kunden und, allgemeiner, den Fernsehzuschauern anbieten können, von fundamentaler Bedeutung und unverzichtbar sind. Außerdem können sie dadurch, dass alle aktuellen oder potenziellen Käufer von Rechten gezwungen sind, sich an zwei Verkäufer zu wenden, von denen jeder eine Produktpalette anbietet, zu der es keine Alternative gibt und deren Image und Ruf sehr stark sind, diese aktuellen oder potenziellen Käufer dazu bringen, ihr Marktverhalten und ihr Angebot an ihre eigenen Kunden zu vereinheitlichen, was zu einer Verringerung von Auswahl und Innovation zum Schaden der Verbraucher und Fernsehzuschauer führt. 230 Aus all diesen Gründen kann davon ausgegangen werden, dass Regeln wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, da sie zwingend und umfassend einen Mechanismus der ausschließlichen Verwertung sämtlicher Rechte, die an den von der FIFA und der UEFA organisierten Interklub-Profifußballwettbewerben entstehen können, an die Stelle jeder anderen Art der Verwertung setzen, die ohne sie frei gewählt werden könnte, eine Verhinderung oder Einschränkung des Wettbewerbs auf den verschiedenen betroffenen Märkten im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV „bezwecken“ und eine „missbräuchliche Ausnutzung“ einer beherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV darstellen, sofern nicht nachgewiesen wird, dass sie gerechtfertigt sind. Dies gilt umso mehr, wenn solche Regeln mit Regeln über die vorherige Genehmigung, die Teilnahme und Sanktionen kombiniert werden, wie sie Gegenstand der vorangegangenen Fragen sind. c) Zum Vorliegen einer möglichen Rechtfertigung 231 Zu der Frage, ob solche Regeln sämtliche in den Rn. 190 und 204 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzungen erfüllen können, die vorliegen müssen, damit für sie eine Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV gewährt werden kann und sie im Hinblick auf Art. 102 AEUV als gerechtfertigt angesehen werden können, ist darauf hinzuweisen, dass es Sache des vorlegenden Gerichts sein wird, hierüber zu befinden, nachdem es den Parteien des Ausgangsverfahrens Gelegenheit gegeben hat, der ihnen jeweils obliegenden Beweislast Genüge zu tun. 232 Allerdings ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Beklagten des Ausgangsverfahrens, mehrere Regierungen und die Kommission vor dem Gerichtshof geltend gemacht haben, dass diese Regeln Effizienzvorteile ermöglichten, da sie zur Verbesserung sowohl der Erzeugung als auch der Verteilung beitrügen. Indem sie es aktuellen oder potenziellen Käufern erlaubten, vor jedem der von den beiden Exklusiv-Verkäufern organisierten internationalen oder europäischen Wettbewerbe mit ihnen über den Erwerb von Rechten zu verhandeln, verringerten sie erheblich deren Transaktionskosten sowie die Unsicherheit, mit der diese konfrontiert wären, wenn sie von Fall zu Fall mit den teilnehmenden Klubs verhandeln müssten, deren jeweilige Einstellung und Interessen hinsichtlich der Vermarktung dieser Rechte divergieren könnten. Außerdem und vor allem verschafften sie diesen aktuellen oder potenziellen Käufern unter bestimmten, auf internationaler oder europäischer Ebene einheitlich angewandten Bedingungen Zugang zu ungleich attraktiveren Rechten als denen, die ihnen von den an einzelnen Spielen teilnehmenden Klubs gemeinsam angeboten werden könnten, da diese Rechte von der Bekanntheit der FIFA oder der UEFA profitierten und sich entweder auf einen der von ihnen organisierten Wettbewerbe insgesamt erstreckten oder zumindest auf eine ganze Gruppe von Spielen in verschiedenen Stadien dieses Wettbewerbs (Qualifikationsspiele, Gruppenspiele und Endrunde). 233 Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, im Licht der von den Parteien des Ausgangsverfahrens vorzulegenden Argumente und Beweise den Umfang dieser Effizienzvorteile zu bestimmen und, falls ihr Vorliegen und ihr Umfang erwiesen sein sollten, darüber zu entscheiden, ob solche Effizienzvorteile geeignet wären, die Nachteile auszugleichen, die sich aus den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln für den Wettbewerb ergeben. 234 Zweitens haben die Beklagten des Ausgangsverfahrens, mehrere Regierungen und die Kommission geltend gemacht, dass ein angemessener Teil des Gewinns, der sich aus den Effizienzvorteilen zu ergeben scheine, die durch die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln entstünden, den Nutzern vorbehalten sei. So werde der Gewinn aus dem zentralisierten Verkauf der verschiedenen Rechte an den von der FIFA und der UEFA organisierten Interklub-Fußballwettbewerben in erheblichem Maß für Finanzierungen oder Projekte verwendet, die eine gewisse Form solidarischer Ausschüttungen im Bereich des Fußballs gewährleisten sollten, nicht nur zugunsten der Profifußballklubs, die an diesen Wettbewerben teilnähmen, sondern auch zugunsten derjenigen, die nicht daran teilnähmen, von Amateurklubs, Profispielern, Frauenfußball, Nachwuchsspielern und anderen Kategorien von Interessengruppen im Fußball. Desgleichen kämen die Verbesserung der Erzeugung und des Absatzes, die dieser zentralisierte Verkauf mit sich bringe, und die solidarische Ausschüttung des damit erzielbaren Gewinns letztlich den Anhängern, den Verbrauchern als Fernsehzuschauern und allgemeiner allen Unionsbürgern zugute, die auf Amateurebene Fußball spielten. 235 Diese Argumente erscheinen in Anbetracht der wesentlichen Merkmale der weltweit oder auf europäischer Ebene organisierten Interklub-Fußballwettbewerbe auf den ersten Blick überzeugend. Ihr ordnungsgemäßes Funktionieren, ihr Fortbestand und ihr Erfolg beruhen nämlich auf der Aufrechterhaltung eines Gleichgewichts und der Wahrung einer gewissen Chancengleichheit der an ihnen teilnehmenden Profifußballklubs, unter Berücksichtigung ihrer gegenseitigen Abhängigkeit, wie sich aus Rn. 143 des vorliegenden Urteils ergibt. Außerdem sind diese Wettbewerbe auf kleinere Profifußballklubs und Amateurfußballklubs angewiesen, die zwar nicht daran teilnehmen, aber auf lokaler Ebene in die Anwerbung und Ausbildung talentierter Nachwuchsspieler investieren, von denen einige Profis werden und darauf hoffen können, für einen an den Wettbewerben teilnehmenden Klub zu spielen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. März 2010, Olympique Lyonnais, C‑325/08, EU:C:2010:143, Rn. 41 bis 45). Schließlich ist die solidarische Funktionsweise des Fußballs, sofern es sie tatsächlich gibt, geeignet, seine erzieherische und soziale Funktion in der Union zu stärken. 236 Der Vorteil, den der zentralisierte Verkauf der Rechte an den Interklub-Fußballwettbewerben für jede Gruppe von Nutzern – zu denen nicht nur Profi- und Amateurklubs sowie die übrigen Interessengruppen im Fußball gehören, sondern auch die Zuschauer und die Fernsehzuschauer – mit sich bringt, muss jedoch tatsächlich und konkret dargetan werden. 237 Es ist daher letztlich Sache des vorlegenden Gerichts, das anhand der von den Parteien des Ausgangsverfahrens vorzulegenden Beweise insbesondere buchhalterischer und finanzieller Art zu klären haben wird, inwieweit die fraglichen Argumente, sei es in Bezug auf die „horizontale“ Solidarität zwischen den an diesen Wettbewerben teilnehmenden Klubs oder die „vertikale“ Solidarität mit den verschiedenen anderen Interessengruppen im Fußball, angesichts der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln tatsächlich stichhaltig sind. 238 Drittens wird es zudem Sache des vorlegenden Gerichts sein, anhand der von den Parteien des Ausgangsverfahrens vorzulegenden Beweise zu klären, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln unerlässlich sind, damit die vorgenannten Effizienzvorteile erzielt werden können und um die solidarische Ausschüttung eines angemessenen Teils des daraus resultierenden Gewinns an sämtliche Nutzer, seien es Interessengruppen im Profi- oder Amateurfußball, Zuschauer oder Fernsehzuschauer, zu gewährleisten. 239 Was viertens die Frage anbelangt, ob die in Rede stehenden Regeln für einen wesentlichen Teil der betreffenden Erzeugnisse oder Dienstleistungen einen wirksamen Wettbewerb bestehen lassen, ist darauf hinzuweisen, dass diese Regeln zwar jeden Wettbewerb auf der Angebotsseite ausschalten, als solche aber den Wettbewerb auf der Nachfrageseite unberührt zu lassen scheinen. Denn auch wenn sie aktuelle oder potenzielle Käufer zwingen können, einen höheren Preis für den Erwerb der Rechte zu zahlen, und damit die Zahl der Käufer, die dazu in der Lage sind, verringern oder diese dazu veranlassen, sich zusammenzuschließen, verschaffen sie ihnen im Gegenzug Zugang zu einem sowohl inhaltlich als auch beim Image attraktiveren Produkt, für das es in Anbetracht seiner privilegierten Position in der Palette von Programmen oder Sendungen, die den Kunden und, allgemeiner, den Fernsehzuschauern angeboten werden kann, einen lebhaften Wettbewerb gibt. 240 Das tatsächliche Vorliegen und die konkrete Bedeutung dieses Wettbewerbs können vom vorlegenden Gericht jedoch nur unter Berücksichtigung der realen rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen beurteilt werden, unter denen die FIFA die Verwertung regelt und die verschiedenen an den Wettbewerben bestehenden Rechte (audiovisuelle, Multimedia‑, Marketing- oder sonstige Rechte) auf der Grundlage der Art. 67 und 68 ihrer Statuten vermarktet. In Ermangelung eines Wettbewerbs zwischen Verkäufern, also „mit den Erzeugnissen“, kann dieser Wettbewerb u. a. durch ein offenes, transparentes und nicht diskriminierendes Auktions‑, Auswahl- oder Ausschreibungsverfahren gewährleistet werden, das zu einer unparteiischen Entscheidungsfindung führt und aktuellen oder potenziellen Käufern damit einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb „um die Erzeugnisse“ ermöglicht. Der Wettbewerb kann auch davon abhängen, für welchen Zeitraum diese Rechte angeboten werden, von ihrer Exklusivität, von ihrem geografischen Umfang, von der Zahl der Spiele (Lose) und ihrer Art (Qualifikations‑, Gruppen- oder Ausscheidungsspiele) sowie von allen anderen rechtlichen, technischen und finanziellen Bedingungen, unter denen die Rechte erworben werden können. Über diese rechtlichen Parameter hinaus kann der Wettbewerb auch von der Zahl aktueller oder potenzieller Käufer, ihrer jeweiligen Marktstellung und etwaigen Verbindungen sowohl zwischen ihnen als auch zu anderen maßgebenden Interessengruppen im Fußball wie Profifußballklubs, andere Unternehmen oder die FIFA und die UEFA selbst abhängen. 241 In Anbetracht aller vorstehenden Erwägungen ist auf die vierte Frage zu antworten, dass die Art. 101 und 102 AEUV dahin auszulegen sind, dass – sie den von Verbänden, die weltweit und auf europäischer Ebene für den Fußball verantwortlich sind und parallel verschiedene wirtschaftliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Organisation von Wettbewerben ausüben, aufgestellten Regeln, in denen diese Verbände als originäre Eigentümer aller Rechte bezeichnet werden, die an den in ihren „Zuständigkeitsbereich“ fallenden Wettbewerben entstehen können, nicht entgegenstehen, sofern diese Regeln nur für die von den genannten Verbänden organisierten Wettbewerbe gelten, nicht aber für Wettbewerbe, die von dritten Einrichtungen oder Unternehmen organisiert werden könnten; – sie solchen Regeln, in denen diesen Verbänden eine ausschließliche Befugnis zur Vermarktung der in Rede stehenden Rechte eingeräumt wird, entgegenstehen, sofern nicht mit überzeugenden Argumenten und Beweisen dargetan wird, dass alle Voraussetzungen dafür erfüllt sind, dass diese Regeln nach Art. 101 Abs. 3 AEUV von der Anwendung von Art. 101 Abs. 1 freigestellt und im Hinblick auf Art. 102 AEUV als gerechtfertigt angesehen werden können. C. Zur sechsten, die Verkehrsfreiheiten betreffenden Frage 242 Mit seiner sechsten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen in Erfahrung bringen, ob die Art. 45, 49, 56 und 63 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie Regeln entgegenstehen, mit denen Verbände, die weltweit und auf europäischer Ebene für den Fußball verantwortlich sind und parallel verschiedene wirtschaftliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Organisation von Wettbewerben ausüben, die Schaffung von Interklub-Fußballwettbewerben im Unionsgebiet durch ein drittes Unternehmen von ihrer vorherigen Genehmigung abhängig machen und mit denen sie die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an solchen Wettbewerben unter Androhung von Sanktionen überwachen, wenn diese Regeln nicht durch materielle Kriterien und durch Verfahrensmodalitäten begrenzt sind, die geeignet sind, ihre Transparenz, Objektivität, Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten. 1. Zur Bestimmung der einschlägigen Verkehrsfreiheit 243 Stellt ein nationales Gericht dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung verschiedener Bestimmungen des AEU-Vertrags über die Verkehrsfreiheiten, um über eine Maßnahme befinden zu können, die gleichzeitig mehrere dieser Freiheiten betrifft, und stellt sich heraus, dass diese Maßnahme in Anbetracht ihres Gegenstands überwiegend mit einer dieser Freiheiten in Zusammenhang steht und die anderen zweitrangig sind, beschränkt der Gerichtshof seine Prüfung grundsätzlich auf die hauptsächlich betroffene Freiheit (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. September 2009, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, C‑42/07, EU:C:2009:519, Rn. 47, und vom 7. September 2022, Cilevičs u. a., C‑391/20, EU:C:2022:638, Rn. 50 und 51). 244 Im vorliegenden Fall fragt das vorlegende Gericht den Gerichtshof nach der Auslegung der Bestimmungen des AEU-Vertrags über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit, den freien Dienstleistungsverkehr und den freien Kapitalverkehr. Mit den Regeln, über die es im Ausgangsverfahren zu befinden hat, sollen jedoch in erster Linie die Organisation und Vermarktung jedes neuen Interklub-Fußballwettbewerbs im Unionsgebiet der vorherigen Genehmigung der FIFA und der UEFA unterworfen werden, so dass jedes Unternehmen, das in einem Mitgliedstaat eine solche wirtschaftliche Tätigkeit ausüben möchte, eine solche Genehmigung einholen muss. Zwar trifft es zu, dass die Regeln über die vorherige Genehmigung mit Regeln zur Überwachung der Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an diesen Wettbewerben einhergehen, doch sind diese Regeln für die Beantwortung der vorliegenden Frage im Verhältnis zu den erstgenannten Regeln insofern als zweitrangig anzusehen, als sie diese ergänzen. 245 Somit ist davon auszugehen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln der FIFA und der UEFA überwiegend mit dem freien Dienstleistungsverkehr in Zusammenhang stehen, unter den alle Dienstleistungen fallen, die nicht in stabiler und kontinuierlicher Weise von einer Niederlassung im Empfängermitgliedstaat aus angeboten werden (Urteil vom 7. September 2022, Cilevičs u. a., C‑391/20, EU:C:2022:638, Rn. 53). 246 Unter diesen Umständen wird der Gerichtshof seine Prüfung auf Art. 56 AEUV beschränken. 2. Zum Vorliegen einer Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs 247 Art. 56 AEUV, in dem der freie Dienstleistungsverkehr sowohl für Erbringer als auch für Empfänger solcher Dienstleistungen verankert ist, steht jeder – auch unterschiedslos anwendbaren – Maßnahme entgegen, die geeignet ist, die Ausübung dieser Freiheit dadurch zu beschränken, dass sie die Tätigkeit der Dienstleistungserbringer in anderen Mitgliedstaaten als denen ihrer Niederlassung verbietet, behindert oder weniger attraktiv macht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. September 2009, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, C‑42/07, EU:C:2009:519, Rn. 51, und vom 3. März 2020, Google Ireland, C‑482/18, EU:C:2020:141, Rn. 25 und 26). 248 Im vorliegenden Fall ist dies bei den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln der Fall. Da diese Regeln nämlich nach den Angaben des vorlegenden Gerichts nicht durch materielle Kriterien und Verfahrensmodalitäten begrenzt werden, die geeignet sind, ihre Transparenz, Objektivität, Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten, ermöglichen sie es der FIFA und der UEFA, nach freiem Ermessen eine Kontrolle auszuüben, die sich auf die Möglichkeit für alle dritten Unternehmen, Interklub-Fußballwettbewerbe im Unionsgebiet zu veranstalten und zu vermarkten, die Möglichkeit für jeden Profifußballklub, an diesen Wettbewerben teilzunehmen, und indirekt die Möglichkeit für jedes andere Unternehmen, Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Organisation oder der Vermarktung dieser Wettbewerbe zu erbringen, erstreckt, wie der Generalanwalt in den Nrn. 175 und 176 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat. 249 Damit sind diese Regeln nicht nur geeignet, die verschiedenen betroffenen wirtschaftlichen Tätigkeiten zu behindern oder weniger attraktiv zu machen, sondern auch, sie dadurch zu verhindern, dass der Zugang jedes neuen Marktteilnehmers zu diesen Tätigkeiten beschränkt wird (vgl. entsprechend Urteile vom 10. März 2009, Hartlauer, C‑169/07, EU:C:2009:141, Rn. 34, und vom 8. Juni 2023, Prestige and Limousine, C‑50/21, EU:C:2023:448, Rn. 62) 250 Daraus folgt, dass diese Regeln eine Beschränkung des in Art. 56 AEUV verankerten freien Dienstleistungsverkehrs darstellen. 3. Zum Vorliegen einer möglichen Rechtfertigung 251 Maßnahmen nichtstaatlichen Ursprungs können auch dann zulässig sein, wenn sie eine im AEU-Vertrag verankerte Verkehrsfreiheit beeinträchtigen, sofern erstens feststeht, dass ihr Erlass durch ein dem Gemeinwohl dienendes legitimes Ziel gerechtfertigt ist, das nicht rein wirtschaftlicher Natur ist, und zweitens, dass sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren, was bedeutet, dass sie geeignet sein müssen, die Erreichung dieses Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen dürfen, was zu dessen Erreichung erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Dezember 1995, Bosman, C‑415/93, EU:C:1995:463, Rn. 104, und vom 13. Juni 2019, TopFit und Biffi, C‑22/18, EU:C:2019:497, Rn. 48). Speziell zur Voraussetzung der Geeignetheit solcher Maßnahmen ist darauf hinzuweisen, dass sie nur dann als geeignet angesehen werden können, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht werden, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. September 2009, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, C‑42/07, EU:C:2009:519, Rn. 61, und vom 6. Oktober 2020, Kommission/Ungarn [Hochschulausbildung], C‑66/18, EU:C:2020:792, Rn. 178). 252 In gleicher Weise wie bei Maßnahmen staatlichen Ursprungs obliegt dem Urheber der in Rede stehenden Maßnahmen nichtstaatlichen Ursprungs der Nachweis, dass diese beiden kumulativen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. entsprechend Urteile vom 21. Januar 2016, Kommission/Zypern, C‑515/14, EU:C:2016:30, Rn. 54, und vom 18. Juni 2020, Kommission/Ungarn [Transparenz von Vereinigungen], C‑78/18, EU:C:2020:476, Rn. 77). 253 Im vorliegenden Fall ist in Anbetracht der in den Rn. 142 bis 144 und 196 des vorliegenden Urteils angeführten Gesichtspunkte davon auszugehen, dass die Aufstellung von Regeln über die vorherige Genehmigung der Interklub-Fußballwettbewerbe sowie die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an ihnen grundsätzlich durch dem Gemeinwohl dienende Ziele gerechtfertigt sein kann, die darin bestehen, dass vor der Organisation solcher Wettbewerbe dafür Sorge getragen wird, dass sie unter Beachtung der dem Profifußball zugrunde liegenden Grundsätze, Werte und Spielregeln, insbesondere der Werte der Offenheit, der Leistungen und der Solidarität, organisiert werden, aber auch, dass sich diese Wettbewerbe in inhaltlich homogener und zeitlich koordinierter Weise in das „organisierte System“ nationaler, europäischer und internationaler Wettbewerbe einfügen werden, das diesen Sport kennzeichnet. 254 Diese Ziele können jedoch, wie sich aus den Rn. 147, 175, 176 und 199 des vorliegenden Urteils ergibt, die Aufstellung solcher Regeln nicht rechtfertigen, wenn diese nicht mit materiellen Kriterien und Verfahrensmodalitäten versehen sind, die geeignet sind, ihre Transparenz, Objektivität, Genauigkeit und Diskriminierungsfreiheit zu gewährleisten. 255 Damit ein System der vorherigen Genehmigung wie das mit diesen Regeln geschaffene als gerechtfertigt angesehen werden kann, muss es nämlich jedenfalls auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruhen, damit der Ausübung des Ermessens der zur Erteilung oder Verweigerung dieser vorherigen Genehmigung befugten Stelle Grenzen gesetzt werden und verhindert wird, dass sie ihr Ermessen willkürlich ausübt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Januar 2002, Canal Satélite Digital, C‑390/99, EU:C:2002:34, Rn. 35, und vom 13. Juni 2019, TopFit und Biffi, C‑22/18, EU:C:2019:497, Rn. 65). 256 Im vorliegenden Fall dürften die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regeln in Anbetracht der in Rn. 248 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Angaben des vorlegenden Gerichts nicht durch ein dem Gemeinwohl dienendes legitimes Ziel gerechtfertigt sein. 257 Unter Berücksichtigung aller vorstehenden Erwägungen ist auf die sechste Frage zu antworten, dass Art. 56 AEUV dahin auszulegen ist, dass er Regeln, wonach Verbände, die weltweit und auf europäischer Ebene für den Fußball verantwortlich sind und parallel verschiedene wirtschaftliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Organisation von Wettbewerben ausüben, die Schaffung von Interklub-Fußballwettbewerben im Unionsgebiet durch ein drittes Unternehmen von ihrer vorherigen Genehmigung abhängig machen und die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an solchen Wettbewerben unter Androhung von Sanktionen überwachen, entgegensteht, sofern diese Regeln nicht durch materielle Kriterien sowie durch Verfahrensmodalitäten begrenzt sind, die geeignet sind, ihre Transparenz, Objektivität, Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten. Kosten 258 Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt: 1. Art. 102 AEUV ist dahin auszulegen, dass es einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellt, wenn Verbände, die weltweit und auf europäischer Ebene für den Fußball verantwortlich sind und parallel verschiedene mit der Organisation von Wettbewerben verbundene wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, Regeln aufgestellt haben und anwenden, wonach die Schaffung eines neuen Interklub-Fußballwettbewerbs im Unionsgebiet durch ein drittes Unternehmen ihrer vorherigen Genehmigung bedarf und die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an einem solchen Wettbewerb unter Androhung von Sanktionen überwacht wird, ohne dass diese verschiedenen Befugnisse durch materielle Kriterien sowie durch Verfahrensmodalitäten begrenzt sind, die geeignet sind, ihre Transparenz, Objektivität, Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten. 2. Art. 101 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass es einen Beschluss einer Unternehmensvereinigung darstellt, der eine Verhinderung des Wettbewerbs bezweckt, wenn Verbände, die weltweit und auf europäischer Ebene für den Fußball verantwortlich sind und parallel verschiedene mit der Organisation von Wettbewerben verbundene wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, unmittelbar oder über die nationalen Fußballverbände, die ihre Mitglieder sind, Regeln aufgestellt haben und anwenden, wonach die Schaffung eines neuen Interklub-Fußballwettbewerbs im Unionsgebiet durch ein drittes Unternehmen ihrer vorherigen Genehmigung bedarf und die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an einem solchen Wettbewerb unter Androhung von Sanktionen überwacht wird, ohne dass diese verschiedenen Befugnisse durch materielle Kriterien sowie durch Verfahrensmodalitäten begrenzt sind, die geeignet sind, ihre Transparenz, Objektivität, Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten. 3. Art. 101 Abs. 3 und Art. 102 AEUV sind dahin auszulegen, dass Regeln, mit denen Verbände, die weltweit und auf europäischer Ebene für den Fußball verantwortlich sind und parallel verschiedene mit der Organisation von Wettbewerben verbundene wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, die Schaffung von Interklub-Fußballwettbewerben im Unionsgebiet durch ein drittes Unternehmen von ihrer vorherigen Genehmigung abhängig machen und die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an solchen Wettbewerben unter Androhung von Sanktionen überwachen, nur dann von der Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV freigestellt oder im Hinblick auf Art. 102 AEUV als gerechtfertigt angesehen werden können, wenn mit überzeugenden Argumenten und Beweisen dargetan wird, dass alle hierfür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. 4. Die Art. 101 und 102 AEUV sind dahin auszulegen, dass – sie den von Verbänden, die weltweit und auf europäischer Ebene für den Fußball verantwortlich sind und parallel verschiedene wirtschaftliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Organisation von Wettbewerben ausüben, aufgestellten Regeln, in denen diese Verbände als originäre Eigentümer aller Rechte bezeichnet werden, die an den in ihren „Zuständigkeitsbereich“ fallenden Wettbewerben entstehen können, nicht entgegenstehen, sofern diese Regeln nur für die von den genannten Verbänden organisierten Wettbewerbe gelten, nicht aber für Wettbewerbe, die von dritten Einrichtungen oder Unternehmen organisiert werden könnten; – sie solchen Regeln, in denen diesen Verbänden eine ausschließliche Befugnis zur Vermarktung der in Rede stehenden Rechte eingeräumt wird, entgegenstehen, sofern nicht mit überzeugenden Argumenten und Beweisen dargetan wird, dass alle Voraussetzungen dafür erfüllt sind, dass diese Regeln nach Art. 101 Abs. 3 AEUV von der Anwendung von Art. 101 Abs. 1 freigestellt und im Hinblick auf Art. 102 AEUV als gerechtfertigt angesehen werden können. 5. Art. 56 AEUV ist dahin auszulegen, dass er Regeln, wonach Verbände, die weltweit und auf europäischer Ebene für den Fußball verantwortlich sind und parallel verschiedene wirtschaftliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Organisation von Wettbewerben ausüben, die Schaffung von Interklub-Fußballwettbewerben im Unionsgebiet durch ein drittes Unternehmen von ihrer vorherigen Genehmigung abhängig machen und die Teilnahme von Profifußballklubs und Spielern an solchen Wettbewerben unter Androhung von Sanktionen überwachen, entgegensteht, sofern diese Regeln nicht durch materielle Kriterien sowie durch Verfahrensmodalitäten begrenzt sind, die geeignet sind, ihre Transparenz, Objektivität, Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Spanisch.
Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 15. Juni 2022.#Vasile Dumitrescu und Guido Schwarz gegen Europäische Kommission.#Öffentlicher Dienst – Beamte – Reform des Statuts von 2014 – Erstattung der jährlichen Reisekosten – Herkunftsort, der in einem Drittland liegt – Pauschale Vergütung, die nach der Entfernung zwischen dem Ort der dienstlichen Verwendung und der Hauptstadt des Mitgliedstaats berechnet wird, dessen Staatsangehörigkeit der Beamte besitzt.#Rechtssache T-531/16.
62016TJ0531
ECLI:EU:T:2022:362
2022-06-15T00:00:00
Gericht
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Urteil des Gerichts (Erste Kammer) vom 15. Dezember 2021.#HB gegen Europäische Investitionsbank.#Öffentlicher Dienst – Personal der EIB – Beschwerde wegen Mobbings – Verwaltungsuntersuchung – Entscheidung, mit der die Beschwerde zurückgewiesen wird – Entscheidung, mit der der Antrag auf Schlichtung abgelehnt wird – Anspruch auf rechtliches Gehör – Haftung.#Rechtssache T-757/19.
62019TJ0757
ECLI:EU:T:2021:890
2021-12-15T00:00:00
Gericht
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Urteil des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 29. September 2021.#Ryanair DAC u. a. gegen Europäische Kommission.#Staatliche Beihilfen – Von der Kärntner Flughafen Betriebsgesellschaft mit Ryanair und ihren Tochtergesellschaften Airport Marketing Services und Leading Verge.com geschlossene Vereinbarungen – Flughafendienstleistungen – Marketingdienstleistungen – Beschluss, mit dem die Beihilfen für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt werden und ihre Rückforderung angeordnet wird – Begriff der staatlichen Beihilfe – Zurechenbarkeit an den Staat – Vorteil – Kriterium des privaten Kapitalgebers – Rückforderung – Art. 41 der Charta der Grundrechte – Recht auf Akteneinsicht – Anspruch auf rechtliches Gehör.#Rechtssache T-448/18.
62018TJ0448
ECLI:EU:T:2021:626
2021-09-29T00:00:00
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Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 16. Juni 2021.#KT gegen Europäische Investitionsbank.#Öffentlicher Dienst – Personal der EIB – Disziplinarverfahren – Entlassung aus wichtigem Grund – Verteidigungsrechte – Vernehmung von Zeugen – Übertragung von Befugnissen – Vorbereitung der angefochtenen Entscheidung – Angemessene Frist – Unparteilichkeit – Schutz personenbezogener Daten – Verhältnismäßigkeit.#Rechtssache T-415/20.
62020TJ0415
ECLI:EU:T:2021:368
2021-06-16T00:00:00
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Urteil des Gerichts (Zweite erweiterte Kammer) vom 12. Mai 2021.#Großherzogtum Luxemburg u. a. gegen Europäische Kommission.#Staatliche Beihilfen – Beihilfe Luxemburgs zugunsten von Engie – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar und rechtswidrig erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Steuervorbescheide (tax rulings) – Staatliche Mittel – Vorteil – Kombinierte Wirkung zweier steuerlicher Maßnahmen – Steuerbefreiung von Beteiligungen – Besteuerung von Gewinnausschüttungen – Rechtsmissbrauch – Selektiver Charakter – Referenzrahmen – Feststellung einer Ausnahme – Vergleichbarkeit der Situationen – Mutter-Tochter-Regelung – Unternehmensgruppe – Rückforderung – Mittelbare Harmonisierung – Verfahrensrechte – Begründungspflicht.#Rechtssachen T-516/18 und T-525/18.
62018TJ0516
ECLI:EU:T:2021:251
2021-05-12T00:00:00
Gericht
62018TJ0516 URTEIL DES GERICHTS (Zweite erweiterte Kammer) 12. Mai 2021 (*1) „Staatliche Beihilfen – Beihilfe Luxemburgs zugunsten von Engie – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar und rechtswidrig erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Steuervorbescheide (tax rulings) – Staatliche Mittel – Vorteil – Kombinierte Wirkung zweier steuerlicher Maßnahmen – Steuerbefreiung von Beteiligungen – Besteuerung von Gewinnausschüttungen – Rechtsmissbrauch – Selektiver Charakter – Referenzrahmen – Feststellung einer Ausnahme – Vergleichbarkeit der Situationen – Mutter-Tochter-Regelung – Unternehmensgruppe – Rückforderung – Mittelbare Harmonisierung – Verfahrensrechte – Begründungspflicht“ In den Rechtssachen T‑516/18 und T‑525/18, Großherzogtum Luxemburg, vertreten durch T. Uri als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt D. Waelbroeck, Kläger in der Rechtssache T‑516/18, unterstützt durch Irland, vertreten durch J. Quaney, M. Browne und A. Joyce als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gallagher, S. Kingston, SC, und B. Doherty, Barrister, Streithelfer, Engie Global LNG Holding Sàrl mit Sitz in Luxemburg (Luxemburg), Engie Invest International SA mit Sitz in Luxemburg, Engie mit Sitz in Courbevoie (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte B. Le Bret, M. Struys und C. Rydzynski, Klägerinnen in der Rechtssache T‑525/18, gegen Europäische Kommission, vertreten durch B. Stromsky und S. Noë als Bevollmächtigte, Beklagte, betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2019/421 der Kommission vom 20. Juni 2018 über die von Luxemburg durchgeführte staatliche Beihilfe SA.44888 (2016/C) (ex 2016/NN) zugunsten von Engie (ABl. 2019, L 78, S. 1) erlässt DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten M. van der Woude, der Richterin V. Tomljenović (Berichterstatterin), des Richters F. Schalin, der Richterin P. Škvařilová-Pelzl und des Richters I. Nõmm, Kanzler: M. Marescaux, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. September 2020 folgendes Urteil I. Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 Am 23. März 2015 übermittelte die Europäische Kommission dem Großherzogtum Luxemburg ein Auskunftsersuchen zur Handhabung von Steuervorbescheiden in Bezug auf die Gesellschaften der Engie-Gruppe, einschließlich Engie (im Folgenden: Engie SA), Engie Global LNG Holding Sàrl und Engie Invest International SA (im Folgenden zusammen: Engie). 2 Mit diesem Ersuchen verlangte die Kommission zum einen die Übermittlung aller Steuervorbescheide, die den Gesellschaften der Engie-Gruppe von 2004 bis zum 23. März 2015 übermittelt worden und zum Zeitpunkt des Ersuchens oder in den vorangegangenen zehn Jahren in Kraft waren bzw. gewesen waren. 3 Zum anderen verlangte die Kommission die Übermittlung der Jahresabschlüsse der Engie-Gruppe und der Gesellschaften dieser Gruppe für die Jahre 2011, 2012 und 2013 sowie die Übermittlung von Kopien ihrer Steuererklärungen. A. Engie-Gruppe 4 Im Licht der Erwägungsgründe 16 bis 22 des Beschlusses (EU) 2019/421 der Kommission vom 20. Juni 2018 über die von Luxemburg durchgeführte staatliche Beihilfe SA.44888 (2016/C) (ex 2016/NN) zugunsten von Engie (ABl. 2019, L 78, S. 1, im Folgenden: angefochtener Beschluss) besteht die Engie-Gruppe aus der Engie SA, einem in Frankreich ansässigen Unternehmen, sowie allen Unternehmen, die direkt oder indirekt von ihr kontrolliert werden; die Unternehmen werden im angefochtenen Beschluss zusammenfassend als „Engie“ bezeichnet. 5 Die Engie SA kontrolliert in Luxemburg verschiedene Gesellschaften. Dies ist der Fall für die im Jahr 1933 gegründete Compagnie Européenne de Financement C.E.F. SA (im Folgenden: CEF), die im Jahr 2015 in Engie Invest International SA umbenannt wurde. 6 Zweck dieses Unternehmens ist der Erwerb von Beteiligungen an luxemburgischen und ausländischen Unternehmen sowie die Verwaltung, Verwertung und Kontrolle dieser Beteiligungen. 7 CEF hält erstens die GDF Suez Treasury Management Sàrl (im Folgenden: GSTM) und zweitens die Electrabel Invest Luxembourg SA (im Folgenden: EIL). 8 Ab 2010 hat CEF ihre Finanzierungs- und Treasury-Management-Aktivitäten auf GSTM übertragen. 9 Drittens hält CEF die GDF Suez LNG Holding Sàrl (im Folgenden: LNG Holding), die im Jahr 2009 in Luxemburg gegründet und im Jahr 2015 in Engie Global LNG Holding Sàrl umbenannt worden ist. 10 Zweck dieses Unternehmens ist der Erwerb von Beteiligungen an luxemburgischen und ausländischen Unternehmen sowie die Verwaltung dieser Beteiligungen. 11 Ende 2009 ersetzte die LNG Holding eine weitere Gesellschaft der Engie-Gruppe, Suez LNG Trading (im Folgenden: LNG Trading), an der Spitze der GDF Suez LNG Supply SA (im Folgenden: LNG Supply) und der GDF Suez LNG Luxembourg Sàrl (im Folgenden: LNG Luxembourg). 12 LNG Luxembourg und LNG Supply wurden 2009 in Luxemburg gegründet, um unter anderem die Finanzierung und die anschließende Übertragung der Aktivitäten der LNG Trading im Bereich Flüssigerdgas und Gasderivate über LNG Luxembourg auf LNG Supply zum 30. Oktober 2009 sicherzustellen. 13 Die konzerninterne Übertragung der Aktivitäten von CEF und LNG Trading auf ihre jeweiligen Tochtergesellschaften wurde innerhalb der Engie-Gruppe durch die Aufnahme einer Art zwingend konvertiblen zinslosen Darlehens mit der Bezeichnung „ZORA“ durch LNG Supply und GSTM (im Folgenden zusammen: Tochtergesellschaften) bei LNG Luxembourg bzw. EIL (im Folgenden zusammen: Zwischengesellschaften) finanziert. 14 Sowohl die Übertragung der Finanzierungs- und Treasury-Management-Aktivitäten der CEF auf GSTM als auch die Übertragung der Aktivität der LNG Trading im Zusammenhang mit dem An- und Verkauf von sowie dem Handel mit Flüssigerdgas und Gasderivaten auf LNG Supply führten zur Erteilung von zwei Reihen von Steuervorbescheiden durch die luxemburgischen Steuerbehörden. B. Steuervorbescheide 15 In Beantwortung des Auskunftsersuchens vom 23. März 2015 übermittelte das Großherzogtum Luxemburg der Kommission zwei Reihen von Steuervorbescheiden (im Folgenden zusammen: fragliche Steuervorbescheide): – eine Reihe von Steuervorbescheiden betreffend die Übertragung der Aktivität im Zusammenhang mit dem An- und Verkauf von sowie dem Handel mit Flüssigerdgas und Gasderivaten von LNG Holding auf LNG Supply sowie deren Finanzierung durch ein von LNG Luxembourg gewährtes Darlehen, wobei die beteiligten Unternehmen alle in Luxemburg ansässig sind; – eine Reihe von Steuervorbescheiden betreffend die Übertragung der Finanzierungs- und Treasury-Management-Aktivitäten von CEF auf GSTM sowie deren Finanzierung durch ein von EIL gewährtes Darlehen, wobei die beteiligten Gesellschaften alle in Luxemburg ansässig sind. 1. Steuervorbescheide betreffend die Übertragung von Aktivitäten auf LNG Supply 16 Die Steuervorbescheide betreffend die Übertragung der Aktivitäten im Zusammenhang mit Flüssigerdgas und Gasderivaten auf LNG Supply sind in den Erwägungsgründen 23 bis 58 des angefochtenen Beschlusses dargestellt und den Akten der Rechtssache T‑516/18 als Anlage beigefügt. 17 Der erste Steuervorbescheid wurde am 9. September 2008 erteilt. Er bezieht sich auf die Gründung von LNG Supply und sodann von LNG Luxembourg sowie auf die geplante Übertragung der Aktivitäten von LNG Trading auf LNG Luxembourg und deren anschließende Übertragung auf LNG Supply. 18 Schematisch gesehen erwarb LNG Supply die Aktivitäten von LNG Trading, indem sie mit LNG Luxembourg ein ZORA abschloss. Bei der Umwandlung des ZORA gab LNG Supply Anteile aus, die dessen Nennwert zuzüglich oder abzüglich der Akkretionen für dieses Darlehen (im Folgenden: ZORA-Akkretionen) beinhalteten. 19 In steuerlicher Hinsicht ergibt sich aus dem Steuervorbescheid vom 9. September 2008, dass LNG Supply nur auf eine mit der luxemburgischen Steuerverwaltung vereinbarte Marge besteuert wird. Diese Marge entspricht einem Bruchteil [vertraulich] (1 ) von LNG Supply, wobei ein Minimum von [vertraulich] festgelegt wurde. Die Differenz zwischen dem jährlich erwirtschafteten Gewinn und der mit der luxemburgischen Steuerverwaltung vereinbarten Marge entspricht den ZORA-Akkretionen, die eine abzugsfähige Aufwendung darstellen. 20 Zur Veranschaulichung stellte die Kommission im 48. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, dass die Steuerbemessungsgrundlage von LNG Supply für das Jahr 2011 für einen Umsatz von [vertraulich] auf [vertraulich], nämlich [vertraulich] festgesetzt worden sei. Dementsprechend habe LNG Supply für das Jahr 2011 Körperschaftsteuer in Höhe von [vertraulich] Euro entrichtet. 21 LNG Luxembourg finanziert ihrerseits das in Rede stehende Darlehen durch den Abschluss eines vorausbezahlten Terminkaufvertrags mit LNG Trading, in dem sich LNG Luxembourg verpflichtet, alle von LNG Supply zum Zeitpunkt der Umwandlung ausgegebenen Anteile gegen einen dem Nennwert des betreffenden ZORA entsprechenden Preis zu übertragen. 22 In steuerlicher Hinsicht gibt die luxemburgische Verwaltung LNG Luxembourg die Möglichkeit, während der Laufzeit des betreffenden ZORA weder steuerpflichtige Erträge noch steuerlich abzugsfähige Aufwendungen im Zusammenhang mit diesem ZORA zu buchen. Ferner sieht sie vor, dass die Umwandlung des betreffenden ZORA, sofern LNG Luxembourg für die Anwendung des im 89. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegten Art. 22bis des geänderten Gesetzes vom 4. Dezember 1967 über die Einkommensteuer (im Folgenden: LIR) optiert, zu keinem steuerpflichtigen Kapitalgewinn führt. Mit anderen Worten werden die ZORA-Akkretionen bei einer Option für die Anwendung von Art. 22bis LIR zum Zeitpunkt der Umwandlung nicht besteuert. 23 Aus dem Steuervorbescheid vom 9. September 2008 geht weiterhin hervor, dass LNG Trading die Zahlung aus dem vorausbezahlten Terminkaufvertrag als Finanzanlagevermögen verbuchen wird und dass diese Vermögenswerte zum Einstandspreis bewertet werden, so dass LNG Trading vor der Umwandlung des betreffenden ZORA keine Erträge oder abzugsfähigen Aufwendungen im Zusammenhang mit diesem ZORA verbuchen wird. Im Übrigen bestätigt die Steuerverwaltung, dass der in den Erwägungsgründen 83 bis 86 des angefochtenen Beschlusses dargestellte Art. 166 LIR, nach dem bestimmte Erträge aus Beteiligungen von der Steuer befreit werden können, auf die aufgrund des Termingeschäfts erworbene Beteiligung anwendbar sei. 24 Der zweite Steuervorbescheid wurde am 30. September 2008 erteilt und betrifft die Verlegung der effektiven Verwaltung von LNG Trading in die Niederlande. 25 Der dritte Steuervorbescheid wurde am 3. März 2009 erteilt und bestätigt die im Steuervorbescheid vom 9. September 2008 vorgesehenen Änderungen der Finanzierungsstruktur, insbesondere die Ersetzung von LNG Trading durch LNG Holding und die Umsetzung des von LNG Supply mit LNG Luxembourg und LNG Holding abgeschlossenen ZORA. 26 Der vierte Steuervorbescheid wurde am 9. März 2012 erteilt und präzisiert bestimmte Rechnungslegungsvorschriften zur Bestimmung der Marge, auf die LNG Supply besteuert wird. 27 Der letzte Steuervorbescheid wurde am 13. März 2014 erteilt und bestätigt einen am 20. September 2013 gestellten Antrag. Er betrifft die steuerliche Behandlung der teilweisen Umwandlung des von LNG Supply abgeschlossenen ZORA. Daraus ergibt sich, dass LNG Supply am Tag der Umwandlung dieses Darlehens ihr Grundkapital um einen Betrag in Höhe dieses Umwandlungsbetrags herabsetzen wird. 28 In steuerlicher Hinsicht bestätigt die luxemburgische Steuerverwaltung, dass die in Rede stehende teilweise Umwandlung keine Konsequenzen für LNG Luxembourg haben werde. LNG Holding wird ihrerseits einen Gewinn in Höhe der Differenz zwischen dem Nennwert der umgewandelten Anteile und dem Umwandlungsbetrag verbuchen. Außerdem ist vorgesehen, dass dieser Gewinn unter die Steuerbefreiung von Beteiligungen gemäß Art. 166 LIR fällt. 2. Steuervorbescheide betreffend die Übertragung von Aktivitäten auf GSTM 29 Die Steuervorbescheide betreffend die Übertragung der Finanzierungs- und Treasury-Management-Aktivitäten auf GSTM sind in den Erwägungsgründen 59 bis 77 des angefochtenen Beschlusses aufgeführt und den Akten der Rechtssache T‑516/18 als Anlage beigefügt. 30 Der erste, am 9. Februar 2010 erteilte Steuervorbescheid billigt eine ähnliche Struktur wie die, die von LNG Holding zur Finanzierung der Übertragung ihrer Aktivitäten im Bereich Flüssigerdgas auf LNG Supply eingeführt wurde. Die in Rede stehende Struktur beruht nämlich auf einem von GSTM mit EIL abgeschlossenen ZORA zur Finanzierung des Erwerbs der Finanzierungs- und Treasury-Management-Aktivitäten von CEF. 31 Ebenso wie LNG Supply wird GSTM während der Laufzeit des ZORA auf eine mit der luxemburgischen Steuerverwaltung vereinbarte Marge besteuert. Diese Marge entspricht einem Bruchteil [vertraulich]. 32 Zur Veranschaulichung führte die Kommission im 74. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aus, dass GSTM für das Jahr 2011 auf der Grundlage eines Ergebnisses vor Steuern und ZORA-Akkretionen von 45522581 Euro und auf der Grundlage eines durchschnittlichen Wertes der Vermögenswerte von GSTM in Höhe von 3,7 Mrd. Euro [vertraulich] besteuert worden sei. 33 Der zweite, am 15. Juni 2012 erteilte Steuervorbescheid billigt die steuerliche Behandlung der Finanzierungstransaktion und beruht auf derselben Analyse wie derjenigen im Steuervorbescheid vom 9. September 2008 betreffend die Übertragung der Aktivitäten von LNG Trading auf LNG Supply. Jedoch unterscheidet er sich von diesem Bescheid im Hinblick auf eine mögliche Erhöhung des Betrags des von GSTM abgeschlossenen ZORA. 3. Überblick über die von den Unternehmen der Engie-Gruppe eingerichteten Finanzierungsstrukturen 34 Aus den Erwägungsgründen 23 bis 77 des angefochtenen Beschlusses ergibt sich, dass die fraglichen Steuervorbescheide verschiedene konzerninterne Transaktionen im Licht des luxemburgischen Steuerrechts billigen. Außerdem verweist die Kommission darauf, dass aus diesen Steuervorbescheiden hervorgehe, dass es sich bei diesen Transaktionen um eine Gesamtheit handele, durch die für LNG Supply und GSTM ein einziger Vorgang umgesetzt werde, nämlich die konzerninterne Übertragung der Aktivitäten im Zusammenhang mit Flüssigerdgas bzw. der Finanzierungs- und Treasury-Aktivitäten, deren Finanzierung ebenfalls konzernintern erfolgt sei. Ferner hebt die Kommission hervor, dass diese Transaktionen von Anfang an in drei aufeinanderfolgenden, jedoch miteinander verknüpften Schritten konzipiert gewesen seien, an denen die Holdinggesellschaften, die Zwischengesellschaften und die Tochtergesellschaften der Engie-Gruppe beteiligt gewesen seien. Diese Transaktionen weisen die folgenden wesentlichen Merkmale auf. 35 Erstens überträgt eine Holdinggesellschaft eine Reihe von Vermögenswerten auf ihre Tochtergesellschaft. 36 Zum einen ergibt sich aus dem 34. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass am 30. Oktober 2009 im Rahmen der Übertragung der Tätigkeiten von LNG Trading auf LNG Supply zwei Schuldscheine von LNG Supply zugunsten von LNG Trading ausgegeben wurden. Der erste Schuldschein deckt eine Forderung in Höhe von 11 Mio. USD (etwa 9,26 Mio. Euro) und der zweite eine Forderung in Höhe von 646 Mio. USD (etwa 544 Mio. Euro). Nur die zweite Forderung wurde von LNG Trading an LNG Holding übertragen. 37 Zum anderen geht aus dem 61. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Übertragung der Tätigkeiten von CEF auf GSTM zur Ausgabe eines Schuldscheins zugunsten von CEF führte. Der Schuldschein deckt eine Forderung in Höhe von 1036912506,84 Euro. 38 Zweitens schließt die Tochtergesellschaft zur Finanzierung der übertragenen Vermögenswerte bei einer Zwischengesellschaft ein ZORA ab. Abgesehen davon, dass das gewährte Darlehen keine periodischen Zinsen generiert, erstattet die Tochtergesellschaft, die ein ZORA aufgenommen hat, das Darlehen zum Zeitpunkt seiner Umwandlung durch die Ausgabe von Anteilen, deren Wert dem Nennwert des Darlehens zuzüglich eines Bonus entspricht, der sich aus allen von der Tochtergesellschaft während der Laufzeit des Darlehens erzielten Gewinnen, mithin den ZORA-Akkretionen, abzüglich einer mit den luxemburgischen Steuerbehörden vereinbarten begrenzten Marge zusammensetzt. 39 Zum einen ergibt sich aus dem 34. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass am 30. Oktober 2009 zwischen LNG Supply und LNG Luxembourg ein ZORA mit einem Nennwert von 646 Mio. USD und einer Laufzeit von 15 Jahren abgeschlossen wurde. 40 Zum anderen wurden gemäß dem 61. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zwei Verträge – ein auf den 17. Juni 2011 und ein auf den 30. Juni 2014 datierter Vertrag – zum Zweck der Aufnahme eines ZORA durch GSTM bei EIL mit einer Laufzeit bis 2026 und einem Nennwert von 1036912506,84 Euro abgeschlossen. 41 Drittens finanziert die Zwischengesellschaft das der Tochtergesellschaft gewährte Darlehen durch den Abschluss eines vorausbezahlten Terminkaufvertrags mit der Holdinggesellschaft. Im Rahmen dieses Vertrags zahlt die Holding an die Zwischengesellschaft einen Betrag in Höhe des Nennbetrags des Darlehens gegen den Erwerb der Rechte an den Anteilen, die die Tochtergesellschaft bei der Umwandlung des betreffenden ZORA ausgeben wird. Wenn die Tochtergesellschaft also während der Laufzeit des betreffenden ZORA Gewinne erzielt, werden der Muttergesellschaft die Rechte an allen ausgegebenen Anteilen zustehen, die neben dem Nennwert des Darlehens die erzielten Gewinne beinhalten. 42 In der Praxis wurde, wie aus dem 34. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, am 30. Oktober 2009 zwischen LNG Luxembourg und LNG Holding ein vorausbezahlter Terminkaufvertrag abgeschlossen. Dieser Vertrag umfasst erstens den Kauf sämtlicher Rechte der LNG Luxembourg an den LNG-Supply-Anteilen durch LNG Holding für einen Betrag von 646 Mio. USD und zweitens die Übertragung der LNG-Supply-Anteile am Tag ihrer Ausgabe. 43 Dem 61. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zufolge wurde am 17. Juni 2011 ein identischer vorausbezahlter Terminkaufvertrag zwischen CEF und EIL geschlossen. 44 Die Aufnahme eines ZORA bei EIL bzw. LNG Luxembourg durch GSTM und LNG Supply und der Abschluss eines vorausbezahlten Terminkaufvertrags mit CEF bzw. LNG Holding (im Folgenden: betreffende Holdinggesellschaften) durch EIL und LNG Luxembourg ersetzt die ursprüngliche Finanzierung der Übertragung der Geschäftsbereiche durch die Ausgabe von Schuldscheinen durch GSTM und LNG Supply, deren Inhaber CEF bzw. LNG Holding waren. 45 Das nachstehend wiedergegebene Schema aus dem 27. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses veranschaulicht diese drei aufeinanderfolgenden Vorgänge. 4. Auswirkung der teilweisen Umwandlung des von LNG Supply abgeschlossenen ZORA 46 In den Erwägungsgründen 46, 47, 49, 53 und 57 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission die Auswirkungen der im Jahr 2014 vorgenommenen teilweisen Umwandlung des von LNG Supply abgeschlossenen ZORA dargelegt, wobei dieses das einzige vor Erlass des angefochtenen Beschlusses umgewandelte ZORA war. 47 Zum Zwecke der teilweisen Umwandlung des von ihr abgeschlossenen ZORA erstattete LNG Supply einen Teil des Nennwerts dieses ZORA und einen Teil der ZORA-Akkretionen. 48 Hierzu führte sie im September 2014 eine Kapitalerhöhung in Höhe von 699,9 Mio. USD (etwa 589,6 Mio. Euro) durch, wovon 193,8 Mio. USD (etwa 163,3 Mio. Euro) auf die Rückzahlung eines Teils des Nennwerts des betreffenden ZORA und, zu diesem Zeitpunkt, [vertraulich] auf die Rückzahlung eines Teils der ZORA-Akkretionen entfielen. Die Kommission stellt jedoch anhand der Steuererklärungen von LNG Supply für 2014 fest, dass der Betrag der kumulierten ZORA-Akkretionen tatsächlich [vertraulich] reduziert worden sei. 49 Was LNG Luxembourg anbelangt, so führte die teilweise Umwandlung des betreffenden ZORA zu einer Verringerung des Wertes dieses in ihrem Jahresabschluss als Vermögenswert erfassten ZORA um 193,8 Mio. USD und dementsprechend zu einer Verringerung des Wertes des in ihrem Jahresabschluss als Verbindlichkeit verbuchten vorausbezahlten Terminkaufvertrags um denselben Betrag. 50 Schließlich verbuchte LNG Holding nach der Annullierung der gemäß dem vorausbezahlten Terminkaufvertrag erhaltenen Anteile in ihrem Jahresabschluss [vertraulich]. Auf diesen Kapitalgewinn war die Steuerbefreiung von Beteiligungen zur Anwendung gekommen. 51 Zu dem von GSTM abgeschlossenen ZORA führte die Kommission im 165. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aus, dass das Bestehen des Vorteils nicht von der Umwandlung des ZORA abhänge, auch wenn der Vorteil zum Zwecke der Bestimmung des Rückforderungsbetrags erst zu dem Zeitpunkt als zustande gekommen gelte, zu dem die von CEF vereinnahmten Erträge befreit worden seien. C. Förmliches Prüfverfahren 52 Mit Schreiben vom 1. April 2016 teilte die Kommission dem Großherzogtum Luxemburg mit, dass sie Zweifel an der Vereinbarkeit der fraglichen Steuervorbescheide mit dem Beihilferecht habe. 53 Am 23. Mai 2016 übermittelte das Großherzogtum Luxemburg der Kommission seine Stellungnahme. 54 Am 19. September 2016 eröffnete die Kommission gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV das förmliche Prüfverfahren (im Folgenden: Einleitungsbeschluss). Der Einleitungsbeschluss wurde am 3. Februar 2017 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. 55 Mit Schreiben vom 21. November 2016 übermittelte das Großherzogtum Luxemburg seine Stellungnahme zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens und die angeforderten Informationen. 56 Am 27. Februar 2017 übermittelte Engie seine Stellungnahme zum Einleitungsbeschluss. 57 Mit Schreiben vom 10. März 2017 leitete die Kommission die Stellungnahme von Engie an die luxemburgischen Behörden weiter und gab ihnen Gelegenheit, sich dazu zu äußern. 58 Mit Schreiben vom 22. März 2017 forderte die Kommission das Großherzogtum Luxemburg auf, zusätzliche Informationen vorzulegen. 59 Am 10. April und am 12. Mai 2017 teilte das Großherzogtum Luxemburg der Kommission mit, dass es sich die ihm übermittelten Stellungnahmen zu eigen mache, und legte die erforderlichen zusätzlichen Informationen vor. 60 Am 1. Juni 2017 fand ein trilaterales Treffen zwischen der Kommission, dem Großherzogtum Luxemburg und Engie statt, für das ein Protokoll erstellt wurde. 61 Im Anschluss an die Sitzung vom 1. Juni 2017 übermittelte das Großherzogtum Luxemburg am 16. Juni 2017 zusätzliche Informationen. 62 Mit Schreiben vom 11. Dezember 2017 forderte die Kommission erneut die Übermittlung zusätzlicher Informationen an. Das Großherzogtum Luxemburg und Engie kamen dieser Aufforderung am 31. Januar 2018 nach. 63 Am 20. Juni 2018 erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss. II. Angefochtener Beschluss 64 Mit dem angefochtenen Beschluss vertritt die Kommission im Wesentlichen die Auffassung, dass das Großherzogtum Luxemburg durch seine Steuerverwaltung unter Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 und Art. 108 Abs. 3 AEUV einer Einheit, die gemäß den Erwägungsgründen 16, 316 und 317 des angefochtenen Beschlusses alle als eine wirtschaftliche Einheit verstandenen Gesellschaften der Engie-Gruppe umfasst, einen selektiven Vorteil verschafft habe. 65 Ohne die luxemburgische Steuergesetzmäßigkeit der gesamten von der Engie-Gruppe für die Übertragung der beiden Geschäftsbereiche geschaffenen Finanzierungsstruktur in Frage zu stellen, beanstandet die Kommission die praktischen Auswirkungen dieser Struktur auf die gesamte Steuerschuld der Gruppe, da letztlich nahezu alle von den Tochtergesellschaften in Luxemburg erzielten Gewinne tatsächlich unversteuert blieben. A. Zurechenbarkeit an den Staat 66 Zur Zurechenbarkeit der fraglichen Steuervorbescheide an den Staat und zum Einsatz staatlicher Mittel wies die Kommission in den Erwägungsgründen 156 und 157 des angefochtenen Beschlusses darauf hin, dass die fraglichen Steuervorbescheide von der luxemburgischen Steuerverwaltung erteilt worden seien und in einem Verlust von Steuereinnahmen zum Ausdruck kämen, so dass der durch diese fraglichen Steuervorbescheide verschaffte wirtschaftliche Vorteil dem Großherzogtum Luxemburg zuzurechnen sei und aus staatlichen Mitteln finanziert werde. B. Verschaffung eines Vorteils 67 Zur Verschaffung eines wirtschaftlichen Vorteils für die betreffenden Holdinggesellschaften führte die Kommission u. a. in den Erwägungsgründen 163 und 166 des angefochtenen Beschlusses aus, dass dieser Vorteil darin bestehe, dass es nach den fraglichen Steuervorbescheiden zu keiner Besteuerung der Erträge dieser Gesellschaften aus Beteiligungen komme, wobei diese Erträge aus wirtschaftlicher Sicht den ZORA-Akkretionen entsprächen, die von den Tochtergesellschaften als Aufwand von ihrer Steuerbemessungsgrundlage abgezogen würden. 68 Genauer gesagt würden die ZORA-Akkretionen weder auf der Ebene der Tochtergesellschaften noch auf der der Zwischengesellschaften noch der der betreffenden Holdinggesellschaften besteuert. 69 In steuerlicher Hinsicht würden die Tochtergesellschaften, wie aus den Erwägungsgründen 35, 47 und 62 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, eine Körperschaftsteuer entrichten, deren Bemessungsgrundlage einer mit den Steuerbehörden vereinbarten begrenzten Marge entspreche. 70 Die Kommission stellte fest, dass die Tochtergesellschaften im Hinblick auf die künftige Umwandlung des betreffenden ZORA jedes Jahr den ZORA-Akkretionen entsprechende Betriebsrücklagen bildeten, wobei diese im Wesentlichen der Differenz zwischen dem von den Tochtergesellschaften tatsächlich erzielten Gewinn und der mit den Steuerbehörden als Steuerbemessungsgrundlage vereinbarten Marge entsprächen. Diese ZORA-Akkretionen gälten als abzugsfähige Aufwendungen. Nach Auffassung der Kommission haben es die angefochtenen Maßnahmen den Tochtergesellschaften somit tatsächlich ermöglicht, nahezu alle während der Laufzeit des Darlehens erzielten Gewinne von der Bemessungsgrundlage der von ihnen geschuldeten Körperschaftsteuer auszuschließen. 71 Auch würden die Zwischengesellschaften in Anbetracht der Erwägungsgründe 39 und 52 des angefochtenen Beschlusses nicht auf die ZORA-Akkretionen besteuert. 72 Bei der Umwandlung des ZORA entstünden den Zwischengesellschaften gemäß dem mit den betreffenden Holdinggesellschaften abgeschlossenen vorausbezahlten Anteilskaufvertrag in ihren Jahresabschlüssen nämlich Verluste in Höhe des Betrags der ZORA-Akkretionen. 73 Schließlich würden die betreffenden Holdinggesellschaften, die gemäß dem vorausbezahlten Anteilskaufvertrag Eigentümer der Anteile der Tochtergesellschaften seien, nach dem 56. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auch nicht auf einen dem Betrag der ZORA-Akkretionen entsprechenden Betrag besteuert, da die durch die Annullierung der Anteile ihrer Tochtergesellschaft erzielten Erträge nach den fraglichen Steuervorbescheiden von Art. 166 LIR erfasst würden, wonach Erträge aus Beteiligungen von der Körperschaftsteuer befreit seien. Die Kommission stellte somit im 57. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, dass infolge der teilweisen Umwandlung des LNG-Supply-ZORA im Jahr 2014 ein völlig steuerfrei gebliebener Kapitalgewinn [vertraulich] erzielt worden sei. C. Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide 74 Zur Feststellung der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide stützte sich die Kommission, wie insbesondere aus den Erwägungsgründen 163 bis 170 und 237 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, in erster Linie auf drei Argumentationslinien. Zwei Argumentationslinien betreffen das Vorliegen eines selektiven Vorteils auf der Ebene der Holdinggesellschaften, und zwar zum einen im Licht eines erweiterten Referenzrahmes in Gestalt des luxemburgischen Körperschaftsteuersystems und zum anderen im Licht eines auf die Bestimmungen über die Besteuerung von Gewinnausschüttungen und die Steuerbefreiung von Beteiligungen beschränkten Referenzrahmens. Eine dritte Argumentationslinie betrifft das Vorliegen eines Vorteils auf der Ebene der Engie-Gruppe. Außerdem geht aus dem 289. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Kommission als alternative Argumentationsmöglichkeit der Ansicht war, dass sich aus der Nichtanwendung von Art. 6 des Steueranpassungsgesetzes vom 16. Oktober 1934 (Mémorial A 901, im Folgenden: Rechtsmissbrauchsvorschrift) ein selektiver Vorteil ergebe. Im Übrigen stellte die Kommission fest, dass die aus den fraglichen Steuervorbescheiden resultierende selektive Behandlung nicht gerechtfertigt sei. 1. Zur Selektivität auf der Ebene der Holdinggesellschaften 75 Zunächst ging die Kommission in den Erwägungsgründen 171 bis 199 des angefochtenen Beschlusses erstens davon aus, dass die fraglichen Steuervorbescheide der Engie-Gruppe auf der Ebene der Holdinggesellschaften einen selektiven Vorteil verschafften, da sie vom luxemburgischen Körperschaftsteuersystem abwichen. 76 Zweitens war die Kommission in den Erwägungsgründen 200 bis 236 des angefochtenen Beschlusses der Auffassung, dass die fraglichen Steuervorbescheide der Engie-Gruppe auf der Ebene der Holdinggesellschaften einen selektiven Vorteil verschafften, da sie von den Bestimmungen über die Steuerbefreiung von Beteiligungen und die Besteuerung von Gewinnausschüttungen abwichen. Diese Abweichungen könnten nicht durch die Systematik des Steuersystems gerechtfertigt werden. a) Zur Abweichung vom erweiterten Referenzrahmen in Gestalt des luxemburgischen Körperschaftsteuersystems 77 Im Hinblick auf das luxemburgische Körperschaftsteuersystem vertrat die Kommission die Auffassung, dieses System beruhe auf den in den Erwägungsgründen 78 bis 81 des angefochtenen Beschlusses dargestellten Art. 18, 23, 40, 159 und 163 LIR, nach denen die in Luxemburg ansässigen, der Körperschaftsteuer dieses Staates unterliegenden Gesellschaften auf ihren in ihren Jahresabschlüssen festgestellten Gewinn besteuert würden. Die zur Definition eines Referenzrahmens vorgenommene Ableitung eines verfolgten Ziels oder eines Grundsatzes, der sich aus den Bestimmungen ergebe, die diesen Referenzrahmen bildeten, stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs, und was dieses Ziel, nämlich die Besteuerung des Gewinns aller in Luxemburg steuerpflichtigen Gesellschaften, wie er in ihren Jahresabschlüssen festgelegt sei, anbelange, gehe dieses Ziel eindeutig aus dem luxemburgischen Recht hervor. 78 Ferner stehe die Berücksichtigung eines erweiterten Referenzrahmens in Gestalt des luxemburgischen Körperschaftsteuersystems auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs. Der Gerichtshof habe im Zusammenhang mit Maßnahmen betreffend die Unternehmensbesteuerung wiederholt entschieden, dass der Referenzrahmen im Licht des Körperschaftsteuersystems und nicht im Hinblick auf spezifische Bestimmungen, die für bestimmte Steuerzahler oder für bestimmte Transaktionen gälten, definiert werden könne. 79 Die fraglichen Steuervorbescheide seien somit vom luxemburgischen Körperschaftsteuersystem abgewichen, indem sie auf der Ebene der Holdinggesellschaften die Nichtbesteuerung von Erträgen aus Beteiligungen, die aus wirtschaftlicher Sicht den ZORA-Akkretionen entsprochen hätten, gebilligt hätten. 80 Die fraglichen Steuervorbescheide hätten auch zu einer Diskriminierung zugunsten der Holdinggesellschaften geführt. Unternehmen, die in Luxemburg der Körperschaftsteuer unterlägen, würden nämlich im Unterschied zu den Holdinggesellschaften auf ihren Gewinn, wie er in ihren Jahresabschlüssen festgelegt sei, besteuert. b) Zur Abweichung von dem auf die Bestimmungen über die Besteuerung von Gewinnausschüttungen und die Steuerbefreiung von Beteiligungen beschränkten Referenzrahmen 81 Die Kommission stellte fest, dass die fraglichen Steuervorbescheide auch von den luxemburgischen Bestimmungen über die Steuerbefreiung von Beteiligungen und die Besteuerung von Gewinnausschüttungen, d. h. von den in den Erwägungsgründen 82 bis 87 des angefochtenen Beschlusses dargestellten Art. 164 und 166 LIR, abwichen. 82 Nach Auffassung der Kommission ist die Steuerbefreiung von Erträgen aus Beteiligungen für eine Muttergesellschaft nämlich nur dann möglich, wenn die ausgeschütteten Gewinne zuvor auf der Ebene ihrer Tochtergesellschaft besteuert worden seien. Die auf der Ebene der Holdinggesellschaften steuerfreien Erträge aus Beteiligungen entsprächen wirtschaftlich jedoch den von den Tochtergesellschaften von ihrer Steuerbemessungsgrundlage als Aufwendungen abgezogenen ZORA-Akkretionen. 83 Zwar handele es sich bei den ZORA-Akkretionen formal nicht um Gewinnausschüttungen, doch seien die steuerfreien Erträge aus Beteiligungen von LNG Holding als „befreite Dividenden“ verbucht worden, und in Anbetracht des direkten und klaren Zusammenhangs zwischen den auf der Ebene von LNG Holding steuerbefreiten Erträgen und den auf der Ebene von LNG Supply abgezogenen ZORA-Akkretionen seien diese Akkretionen aus wirtschaftlicher Sicht Gewinnausschüttungen gleichzusetzen. 84 Diese Abweichung vom beschränkten Referenzrahmen hat nach Ansicht der Kommission zu einer Diskriminierung zugunsten der Holdinggesellschaften geführt. Letztlich dürften Muttergesellschaften, die Erträge aus Beteiligungen beziehen könnten und sich in diesem Sinne in einer mit den Holdinggesellschaften vergleichbaren Rechts- und Sachlage befänden, keine Steuerbefreiung für diese Erträge erhalten, wenn die Erträge nicht zuvor auf der Ebene ihrer Tochtergesellschaften besteuert worden seien. 85 Das Fehlen eines ausdrücklichen Zusammenhangs zwischen den Art. 164 und 166 LIR ändere nichts an dieser Feststellung. Könnten dieselben Erträge auf der Ebene der Muttergesellschaft von der Steuer befreit und auf der Ebene der Tochtergesellschaft als Aufwand abgezogen werden, so blieben sie in Luxemburg völlig steuerfrei, was sowohl dem Ziel des luxemburgischen Körperschaftsteuersystems als auch dem Ziel der Vermeidung der Doppelbesteuerung zuwiderliefe. 86 Darüber hinaus stellte die Kommission im Wesentlichen fest, dass die zum Zeitpunkt des Erlasses der fraglichen Steuervorbescheide geltende Richtlinie, nämlich nacheinander die Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. 1990, L 225, S. 6) und dann die Richtlinie 2011/96/EU des Rates vom 30. November 2011 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. 2011, L 345, S. 8) (im Folgenden zusammen: Mutter-Tochter-Richtlinie), die Steuerbefreiung von Beteiligungen auf der Ebene einer Muttergesellschaft zwar nicht formal von der Besteuerung der ausgeschütteten Erträge auf der Ebene ihrer Tochtergesellschaft habe abhängig machen wollen, diese Regelung jedoch nur auf grenzüberschreitende Gewinnausschüttungen, bei denen es zu Diskrepanzen zwischen den Steuersystemen zweier verschiedener Länder kommen könne und die zu einer Nichtbesteuerung führen könnten, zur Anwendung komme. Folglich könne diese Richtlinie nicht mit Erfolg angeführt werden, um in einer rein internen Situation die Steuerbefreiung von Erträgen aus Beteiligungen, die keiner Steuer auf der Ebene einer Tochtergesellschaft unterlägen, zu rechtfertigen. 2. Zur Selektivität auf der Ebene der Engie-Gruppe 87 Sodann machte die Kommission geltend, dass die Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide im Licht der Erwägungsgründe 237 bis 244 des angefochtenen Beschlusses unbeschadet der Schlussfolgerung zum Vorliegen eines selektiven Vorteils auf der Ebene der Holdinggesellschaften auch aus einer Analyse auf der Ebene der Engie-Gruppe, die sich aus den betreffenden Holdinggesellschaften, den Zwischengesellschaften und den Tochtergesellschaften zusammensetze, hervorgehe. Dieser Ansatz sei dadurch gerechtfertigt gewesen, dass die betreffenden Holdinggesellschaften, die Zwischengesellschaften und die Tochtergesellschaften ab 2015 eine steuerliche Einheit gebildet hätten. Da die wirtschaftlichen Auswirkungen staatlicher Maßnahmen im Hinblick auf Unternehmen und nicht auf einzelne juristische Personen zu analysieren seien, müssten die betreffenden Holdinggesellschaften, die Zwischengesellschaften und die Tochtergesellschaften jedenfalls als Teil desselben Unternehmens im Sinne des Beihilferechts betrachtet werden. Die Kommission fügte hinzu, dass sich zum einen die Anträge auf Erteilung von Steuervorbescheiden auf die steuerliche Behandlung aller Gesellschaften des Engie-Konzerns bezogen hätten und zum anderen der wirtschaftliche Vorteil, von dem die Gruppe auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften profitiert habe, in der Kombination einer Steuerbefreiung der Beteiligungen auf der Ebene dieser Gesellschaften mit einem Abzug der ZORA-Akkretionen als Aufwand auf der Ebene der Tochtergesellschaften bestanden habe. 88 Der Kommission zufolge verschaffen die fraglichen Steuervorbescheide der Engie-Gruppe einen selektiven Vorteil, da sie von einem erweiterten Referenzrahmen in Gestalt des luxemburgischen Körperschaftsteuersystems abwichen; dieses System ziele darauf ab, die in Luxemburg steuerpflichtigen Unternehmen auf ihren Gewinn, wie er in ihren Jahresabschlüssen festgelegt sei, zu besteuern. 89 Die Verringerung der Steuerlast auf der Ebene der Tochtergesellschaften infolge des Abzugs der ZORA-Akkretionen von der Steuerbemessungsgrundlage dieser Tochtergesellschaften als Aufwand werde nämlich nicht durch eine Erhöhung der Steuerlast auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften oder durch eine tatsächliche Erhöhung der Steuerbemessungsgrundlage der Zwischengesellschaften ausgeglichen, was faktisch zu einer Verringerung der kombinierten Steuerbemessungsgrundlage der Gruppe in Luxemburg geführt habe. 90 Andere Unternehmensgruppen, die sich in einer vergleichbaren Rechts- und Sachlage befänden, könnten keine Verringerung ihrer kombinierten Bemessungsgrundlage erlangen, und zwar unabhängig von der Art des Finanzierungsinstruments, des verwendeten Vertrags oder der Höhe der Vergütung. 91 Gleiches gelte für Unternehmensgruppen, die ein direktes ZORA verwendet hätten. Der im 89. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführte Art. 22bis Abs. 2 LIR sei nicht auf die ZORA-Akkretionen anwendbar und könnte, selbst wenn er anwendbar wäre, nur zu einem Steueraufschub führen. 3. Zur Selektivität aufgrund der Nichtanwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift 92 Als alternative Argumentationsmöglichkeit fügte die Kommission schließlich in den Erwägungsgründen 289 bis 312 des angefochtenen Beschlusses hinzu, dass die fraglichen Steuervorbescheide von der im 90. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten luxemburgischen Steuervorschrift über Rechtsmissbrauch abwichen. Nach Auffassung der Kommission war die geschaffene Finanzierungsstruktur missbräuchlich. Die vier von der luxemburgischen Rechtsprechung zur Feststellung eines Rechtsmissbrauchs entwickelten Kriterien seien erfüllt, sei es im Hinblick auf die Verwendung privatrechtlicher Formen oder Institutionen, die Verringerung der Steuerschuld, die Verwendung einer unangemessenen rechtlichen Gestaltung oder das Fehlen nicht steuerbezogener Gründe. 93 Was insbesondere die beiden letztgenannten Kriterien angeht, hat die Kommission zum einen darauf hingewiesen, dass die von der Engie-Gruppe bevorzugte rechtliche Gestaltung die praktische Nichtbesteuerung des von den Tochtergesellschaften in Luxemburg erzielten Gewinns erlaubt habe, die nicht möglich gewesen wäre, wenn die Übertragung der Geschäftsbereiche durch ein Eigenkapitalinstrument oder ein Darlehen zwischen den Tochtergesellschaften und den betreffenden Holdinggesellschaften erfolgt wäre. Zum anderen habe es außer der Erzielung erheblicher Steuerersparnisse keine tatsächlichen wirtschaftlichen, einen ausreichenden wirtschaftlichen Nutzen für die Engie-Gruppe bietenden Gründe gegeben, um sich für die komplexen Strukturen zu entscheiden, die durch die fraglichen Steuervorbescheide gebilligt worden seien. 4. Zur fehlenden Rechtfertigung 94 In den Erwägungsgründen 285 bis 287 des angefochtenen Beschlusses stellte die Kommission fest, dass sie in Ermangelung einer von Luxemburg vorgelegten Rechtfertigung für die durch die fraglichen Steuervorbescheide gebilligte günstigere Behandlung zu dem Schluss kommen müsse, dass diese Behandlung nicht durch den allgemeinen Aufbau des luxemburgischen Steuersystems gerechtfertigt werden könne. Jedenfalls könne eine hypothetische, auf die Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung gestützte Rechtfertigung im Ergebnis nicht durchgreifen. D. Zur Wettbewerbsverzerrung 95 Im 160. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses führte die Kommission aus, dass die Engie-Gruppe, da sie in mehreren Mitgliedstaaten in den Bereichen Strom, Erdgas und Flüssigerdgas, Energieeffizienzdienstleistungen und anderen damit verbundenen Märkten tätig sei, durch die auf der Grundlage der fraglichen Steuervorbescheide gewährte Steuerbehandlung von einer Steuerschuld befreit worden sei, die sie sonst bei der täglichen Ausübung ihrer normalen Geschäftstätigkeit hätte tragen müssen. Durch die Stärkung der Position der Engie-Gruppe hätten die fraglichen Steuervorbescheide den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen gedroht. E. Zum Beihilfeempfänger 96 In den Erwägungsgründen 314 bis 318 des angefochtenen Beschlusses vertrat die Kommission die Auffassung, dass der selektive Vorteil, von dem der Engie-Konzern auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften profitiert habe, auch den Unternehmen des Engie-Konzerns insgesamt zugutegekommen sei, indem er der gesamten Gruppe zusätzliche Finanzmittel verschafft habe. Ungeachtet der Tatsache, dass die Gruppe in verschiedenen juristischen Personen organisiert sei und die fraglichen Steuervorbescheide die steuerliche Behandlung einzelner Unternehmen betroffen hätten, sei sie als eine wirtschaftliche Einheit, d. h. als ein einziges Unternehmen anzusehen, das eine staatliche Beihilfe erhalte. F. Zur Rückforderung der Beihilfe 97 In den Erwägungsgründen 318 bis 365 des angefochtenen Beschlusses wies die Kommission darauf hin, dass das Großherzogtum Luxemburg, da die gewährte Beihilfe mit dem Binnenmarkt unvereinbar und rechtswidrig sei, die im Jahr 2014 durch die teilweise Umwandlung des zugunsten von LNG Supply abgeschlossenen ZORA bereits realisierte Beihilfe sofort von LNG Holding und andernfalls von Engie SA oder ihren Rechtsnachfolgern zurückfordern müsse und die fraglichen Steuervorbescheide im Hinblick auf die Steuerbefreiung von Beteiligungen, von denen die betreffenden Holdinggesellschaften gegebenenfalls bei der vollständigen Umwandlung der zugunsten der Tochtergesellschaften abgeschlossenen ZORAs profitieren würden, nicht anwenden dürfe. 98 Die Kommission war der Ansicht, dass eine solche Rückforderung nicht gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes, der Gleichbehandlung und der guten Verwaltungspraxis verstoße. Sie wies auch die Rügen des Großherzogtums Luxemburg und von Engie zurück, mit denen Verfahrensfehler im förmlichen Prüfverfahren geltend gemacht wurden. Deren Verfahrensrechte seien ordnungsgemäß gewahrt worden. III. Verfahren und Anträge der Parteien A. Zum schriftlichen Verfahren in der Rechtssache T‑516/18 99 Mit Schriftsatz, der am 30. August 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Großherzogtum Luxemburg die unter dem Aktenzeichen T‑516/18 in das Register eingetragene Klage erhoben. 100 Am 23. November 2018 hat die Kommission eine Klagebeantwortung eingereicht. 1. Zur Zusammensetzung des Spruchkörpers 101 Mit Beschluss des Gerichts vom 28. September 2018 ist die Rechtssache T‑516/18 der Siebten Kammer des Gerichts (frühere Besetzung) zugewiesen worden. 102 Mit Schriftsatz, der am 28. Januar 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Großherzogtum Luxemburg gemäß Art. 28 Abs. 5 der Verfahrensordnung des Gerichts beantragt, dass die Rechtssache T‑516/18 von einem erweiterten Spruchkörper entschieden werde. Mit Beschluss des Gerichts vom 13. Februar 2019 ist der Antrag des Großherzogtums Luxemburg zur Kenntnis genommen und die Rechtssache T‑516/18 an die Siebte erweiterte Kammer (frühere Besetzung) verwiesen worden. 103 Mit Beschluss des Gerichts vom 16. Oktober 2019 ist die Rechtssache T‑516/18 gemäß Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung der Zweiten erweiterten Kammer zugewiesen worden. 104 Da ein Mitglied der Zweiten erweiterten Kammer an der Mitwirkung am Verfahren gehindert war, hat sich der Präsident des Gerichts mit Beschluss vom 21. Januar 2020 selbst zu seinem Ersatz und zur Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zweiten erweiterten Kammer bestimmt. 2. Zum Streithilfeantrag 105 Mit Schriftsatz, der am 20. Dezember 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Irland gemäß Art. 142 und 143 der Verfahrensordnung die Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Großherzogtums Luxemburg beantragt. 106 Mit Beschluss vom 15. Februar 2019 hat der Präsident der Siebten erweiterten Kammer des Gerichts dem Streithilfeantrag Irlands stattgegeben. 107 Mit Schriftsatz, der am 12. April 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Irland einen Streithilfeschriftsatz eingereicht. 3. Zum Antrag auf vertrauliche Behandlung 108 Am 30. Januar 2018 und am 18. Februar 2019 hat das Großherzogtum Luxemburg die vertrauliche Behandlung bestimmter Anlagen zur Klageschrift und zur Erwiderung gegenüber Irland beantragt. 109 Nach seiner Zulassung als Streithelfer hat Irland nur nicht vertrauliche Fassungen der Verfahrensunterlagen erhalten und keine Einwände gegen die Anträge auf vertrauliche Behandlung ihm gegenüber erhoben. 4. Zu den Anträgen der Parteien 110 Das Großherzogtum Luxemburg beantragt, – den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären; – hilfsweise, Art. 2 des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 111 Die Kommission beantragt, – die Klage abzuweisen; – der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. 112 Irland beantragt, den angefochtenen Beschluss in Übereinstimmung mit den Anträgen des Großherzogtums Luxemburg ganz oder teilweise für nichtig zu erklären. B. Zum schriftlichen Verfahren in der Rechtssache T‑525/18 113 Mit Schriftsatz, der am 4. September 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Engie die unter dem Aktenzeichen T‑525/18 in das Register eingetragene Klage erhoben. 114 Am 14. Dezember 2018 hat die Kommission eine Klagebeantwortung eingereicht. 115 Am 4. Juni 2019 hat Engie gemäß Art. 106 Abs. 2 der Verfahrensordnung beantragt, in einer mündlichen Verhandlung gehört zu werden. 1. Zur Zusammensetzung des Spruchkörpers 116 Mit Beschluss des Gerichts vom 28. September 2018 ist die Rechtssache T‑525/18 der Siebten Kammer des Gerichts (frühere Besetzung) zugewiesen worden. 117 Mit Beschluss des Gerichts vom 11. September 2019 ist die Rechtssache T‑525/18 gemäß Art. 28 der Verfahrensordnung an die Siebte erweiterte Kammer (frühere Besetzung) verwiesen worden. 118 Mit Beschluss des Gerichts vom 16. Oktober 2019 ist die Rechtssache T‑525/18 gemäß Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung der Zweiten erweiterten Kammer zugewiesen worden. 119 Da ein Mitglied der Zweiten erweiterten Kammer an der Mitwirkung am Verfahren gehindert war, hat sich der Präsident des Gerichts mit Beschluss vom 21. Januar 2020 selbst zu seinem Ersatz und zur Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zweiten erweiterten Kammer bestimmt. 2. Zum Antrag auf vertrauliche Behandlung 120 Am 3. Juli 2019 hat Engie für den Fall, dass die vorliegende Rechtssache mit der Rechtssache T‑516/18 verbunden werden sollte, beim Gericht beantragt, die Anlagen A.1 und A.9 zur Klageschrift sowie die Anlage C.1 zur Klageerwiderung gegenüber Irland als Streithelferin in dieser Rechtssache vertraulich zu behandeln. 121 Am 3. Juli 2019 hat Engie die vertraulichen Fassungen der Anlagen zur Klageschrift und zur Erwiderung bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht. 3. Zu den Anträgen der Parteien 122 Engie beantragt, – den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären; – hilfsweise, Art. 2 des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 123 Die Kommission beantragt, – die Klage abzuweisen; – der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. IV. Rechtliche Würdigung A. Zur Verbindung der Rechtssachen T‑516/18 und T‑525/18 sowie zur Beantwortung der Anträge auf vertrauliche Behandlung 124 Mit Schriftsätzen, die am 4. Juni bzw. am 25. Juni 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben Engie und das Großherzogtum Luxemburg beantragt, die Rechtssachen T‑516/18 und T‑525/18 zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung zu verbinden. 125 Die Kommission und Irland haben keine Einwände gegen die Verbindung der Rechtssachen T‑516/18 und T‑525/18 erhoben. 126 Mit Beschluss vom 12. Juni 2020 hat der Präsident der Zweiten erweiterten Kammer des Gerichts nach Anhörung der Parteien die Rechtssachen T‑516/18 und T‑525/18 gemäß Art. 68 Abs. 1 der Verfahrensordnung zu gemeinsamem mündlichen Verfahren verbunden und entschieden, die vertraulichen Daten aus der Irland zugänglichen Akte zu entfernen. 127 Mit Beschluss des Gerichts vom 28. September 2020 ist das mündliche Verfahren in den verbundenen Rechtssachen T‑516/18 und T‑525/18 wiedereröffnet worden, um die Kommission im Wege einer prozessleitenden Maßnahme zur Verbindung dieser Rechtssachen zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung zu befragen. 128 Angesichts der etwaigen Gefahr einer Extrapolation bestimmter Argumente der Parteien äußerte die Kommission Bedenken hinsichtlich der Verbindung der Rechtssachen T‑516/18 und T‑525/18. Das Gericht hält es jedoch in Anbetracht ihres Zusammenhangs für angebracht, sie gemäß Art. 68 der Verfahrensordnung zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung zu verbinden und die vertraulichen Daten erneut aus der Irland zugänglichen Akte zu entfernen. B. Zur Begründetheit 129 Das Großherzogtum Luxemburg stützt seine Klage in der Rechtssache T‑516/18 im Wesentlichen auf sechs Klagegründe: – erstens, fehlerhafte Beurteilung der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide; – zweitens, Verkennung des Begriffs des Vorteils; – drittens, versteckte Steuerharmonisierung; – viertens, Verletzung von Verfahrensrechten; – fünftens, hilfsweise, Verstoß gegen allgemeine Grundsätze des Unionsrechts im Zusammenhang mit der Rückforderung der angeblich gewährten Beihilfen; – sechstens, Verstoß gegen die Begründungspflicht. 130 Engie stützt ihre Klage in der Rechtssache T‑525/18 im Wesentlichen auf acht Klagegründe: – erstens, fehlende Zurechenbarkeit der fraglichen Steuervorbescheide an den Staat; – zweitens, Verkennung des Begriffs des Vorteils; – drittens, fehlerhafte Beurteilung der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide; – viertens, fehlerhafte Einstufung der fraglichen Steuervorbescheide als Einzelbeihilfen; – fünftens, im Wesentlichen, versteckte Steuerharmonisierung; – sechstens, Verletzung von Verfahrensrechten; – siebtens, hilfsweise, Verstoß gegen allgemeine Grundsätze des Unionsrechts im Zusammenhang mit der Rückforderung der angeblich gewährten Beihilfen; – achtens, Verstoß gegen die Begründungspflicht. 131 Im Rahmen des vorliegenden Urteils ist als Erstes die Begründetheit der Klagegründe zu prüfen, mit denen erstens eine versteckte Steuerharmonisierung – da die Kommission, wenn dies der Fall sein sollte, nicht dafür zuständig wäre, sich vor dem Hintergrund der staatlichen Beihilfen mit den fraglichen Steuervorbescheiden zu befassen –, zweitens ein Verstoß der Kommission gegen ihre Begründungspflicht und drittens eine Verletzung der Verfahrensrechte gerügt wird. 132 Als Zweites wird auf die Klagegründe eingegangen, die die fehlende Zurechenbarkeit der fraglichen Steuervorbescheide an das Großherzogtum Luxemburg, das Fehlen eines selektiven Vorteils, die fehlerhafte Einstufung der fraglichen Steuervorbescheide als Einzelbeihilfen und die fehlerhafte Verpflichtung zur Rückforderung der angeblich gewährten Beihilfen betreffen. 1. Zum fünften Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18 und zum dritten Klagegrund in der Rechtssache T‑516/18: Vorliegen einer versteckten Steuerharmonisierung 133 Der fünfte Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18 gliedert sich im Wesentlichen in zwei Teile. Mit dem ersten Teil macht Engie einen Verstoß gegen die Art. 3 bis 5 und 113 bis 117 AEUV und mit dem zweiten einen Ermessensmissbrauch der Kommission geltend. In der Rechtssache T‑516/18 macht das Großherzogtum Luxemburg eine versteckte Steuerharmonisierung unter Verstoß gegen die Art. 4 und 5 EUV geltend. a) Zum behaupteten Verstoß gegen die Art. 4 und 5 EUV sowie die Art. 3 bis 5 und 113 bis 117 AEUV 134 Engie macht zum einen geltend, die Kommission habe in die Steuerpolitik des Großherzogtums Luxemburg eingegriffen, indem sie die fraglichen Steuervorbescheide als staatliche Beihilfen eingestuft habe, obwohl mit ihnen allgemeine Maßnahmen der direkten Besteuerung umgesetzt würden, die keine Diskriminierung bewirkten und daher nicht selektiv seien. Die Kommission habe damit gegen die Art. 3 bis 5 und 113 bis 117 AEUV verstoßen. 135 Zum anderen habe sich die Kommission durch ihr weites Verständnis des Begriffs der Selektivität bei der Definition und Auslegung des herangezogenen Referenzrahmens an die Stelle des Großherzogtums Luxemburg gesetzt. 136 Das Großherzogtum Luxemburg fügt hinzu, die Kommission habe dadurch, dass sie ihre eigene Auslegung des luxemburgischen Steuerrechts und dessen Zielsetzung vorgegeben habe, die Vorschriften über staatliche Beihilfen unter Missachtung der souveränen Befugnisse der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern und der Grundsätze, die die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten und der Union regelten, instrumentalisiert. 137 Die Kommission hält dieses gesamte Vorbringen für unbegründet. Sie weist insbesondere auf die Verpflichtung der Mitgliedstaaten hin, bei der Ausübung der ihnen auf dem Gebiet der direkten Steuern vorbehaltenen Zuständigkeit das Unionsrecht im Allgemeinen und das Beihilferecht im Besonderen zu beachten. Außerdem betont sie, dass der angefochtene Beschluss in keiner Weise die Zuständigkeit des Großherzogtums Luxemburg für die Ausgestaltung seines eigenen Steuersystems in Frage stelle. 138 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die direkten Steuern beim gegenwärtigen Stand der Entwicklung des Unionsrechts zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, diese jedoch ihre Befugnisse unter Wahrung des Unionsrechts ausüben müssen (vgl. Urteil vom 12. Juli 2012, Kommission/Spanien, C‑269/09, EU:C:2012:439, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung). 139 Daher sind Maßnahmen der Mitgliedstaaten in den Bereichen, die nicht in der Union harmonisiert sind, wie die direkte Besteuerung, vom Anwendungsbereich der Regelung in Bezug auf die Kontrolle staatlicher Beihilfen nicht ausgeschlossen. Folglich kann die Kommission eine steuerliche Maßnahme als staatliche Beihilfe einstufen, sofern die Voraussetzungen für eine solche Einstufung erfüllt sind (Urteil vom 25. März 2015, Belgien/Kommission, T‑538/11, EU:T:2015:188, Rn. 65 und 66; vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 2. Juli 1974, Italien/Kommission, 173/73, EU:C:1974:71, Rn. 28, und vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission, C‑182/03 und C‑217/03, EU:C:2006:416, Rn. 81). 140 Wenn nämlich steuerliche Maßnahmen in der Praxis zu einer unterschiedlichen Behandlung der Gesellschaften führen, die sich im Hinblick auf das mit diesen Maßnahmen verfolgte Ziel in einer vergleichbaren Lage befinden, und den Empfängern der Maßnahmen selektive Vorteile verschaffen, die „bestimmte“ Unternehmen oder „bestimmte“ Produktionszweige begünstigen, können sie als eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich, C‑106/09 P und C‑107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 104). 141 Da die Kommission somit die Einhaltung des Art. 107 AEUV überwachen darf, kann ihr nicht vorgeworfen werden, dass sie ihre Befugnisse überschritten habe, als sie die fraglichen Steuervorbescheide prüfte, um festzustellen, ob sie eine staatliche Beihilfe darstellen und, falls ja, ob sie im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar sind. 142 Engie und das Großherzogtum Luxemburg machen daher zu Unrecht geltend, die Kommission habe sich in die Steuerpolitik des Großherzogtums Luxemburg eingemischt, da die Kommission, indem sie geprüft hat, ob die fraglichen Steuervorbescheide mit dem Beihilferecht vereinbar sind, lediglich ihre Befugnisse nach Art. 107 AEUV ausgeübt hat. 143 Das Vorbringen von Engie und dem Großherzogtum Luxemburg kann diese Feststellung nicht in Frage stellen. 144 Erstens hat die Kommission entgegen dem Vorbringen von Engie und dem Großherzogtum Luxemburg bei der Feststellung der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide nicht ihre eigene Auslegung des luxemburgischen Steuerrechts vorgegeben. Die Kommission hat sich nämlich strikt an die in den Erwägungsgründen 78 bis 90 des angefochtenen Beschlusses dargelegten Bestimmungen des luxemburgischen Steuerrechts gehalten. Wie sich aus den Erwägungsgründen 171 bis 176, 200 bis 205, 245 und 292 bis 298 des angefochtenen Beschlusses ergibt, hat die Kommission insbesondere bei der Definition der verschiedenen berücksichtigten Referenzrahmen gerade auf die Bestimmungen des luxemburgischen Steuerrechts abgestellt. 145 Außerdem hat sich die Kommission bei ihrer Prüfung nicht auf ihre eigene Auslegung der luxemburgischen Steuervorschriften, sondern auf die der luxemburgischen Steuerbehörden gestützt, wie sich insbesondere aus dem 283. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt. 146 Daraus folgt, dass die Kommission die fraglichen Steuervorbescheide nicht im Licht ihrer eigenen Auslegung der luxemburgischen Steuervorschriften, sondern anhand der Bestimmungen des luxemburgischen Steuerrechts, wie sie von den luxemburgischen Steuerbehörden angewandt werden, geprüft hat. 147 Zweitens hat die Kommission die den Mitgliedstaaten vorbehaltene Zuständigkeit auf dem Gebiet der direkten Steuern nicht schon dadurch missachtet, dass sie eine eigene Analyse der fraglichen Steuervorbescheide im Hinblick auf die luxemburgischen Steuervorschriften vorgenommen hat, um zu prüfen, ob diese Steuervorbescheide den durch sie Begünstigten einen selektiven Vorteil verschafften. 148 Zwar ergibt sich aus der oben in Rn. 138 dargelegten Rechtsprechung, dass die Kommission beim gegenwärtigen Stand der Entwicklung des Unionsrechts nicht befugt ist, unter Außerachtlassung der nationalen Steuervorschriften eigenständig die Regeln im Bereich der direkten Besteuerung von Unternehmen zu bestimmen. 149 Auch wenn die sogenannte „normale“ Besteuerung durch die nationalen Steuervorschriften bestimmt wird und das Vorliegen eines selektiven Vorteils im Hinblick auf diese Vorschriften festgestellt werden muss, können steuerliche Maßnahmen, wie oben in Rn. 139 ausgeführt, die in der Praxis zu einer unterschiedlichen Behandlung von Gesellschaften führen, die sich im Hinblick auf das mit diesen Maßnahmen verfolgte Ziel in einer vergleichbaren Lage befinden, dennoch in den Anwendungsbereich von Art. 107 Abs. 1 AEUV fallen. 150 Somit konnte die Kommission bei der Prüfung, ob die fraglichen Steuervorbescheide mit den Vorschriften über staatliche Beihilfen vereinbar sind, nur eine Beurteilung der durch das luxemburgische Steuerrecht, wie es von den luxemburgischen Steuerbehörden angewandt wird, bestimmten sogenannten „normalen“ Besteuerung vornehmen. Damit hat sie keine „steuerliche Harmonisierung“ vorgenommen, sondern von der ihr durch Art. 107 Abs. 1 AEUV verliehenen Befugnis Gebrauch gemacht. 151 Die Kommission kann nämlich im Rahmen der Kontrolle der steuerlichen Maßnahmen im Bereich der staatlichen Beihilfen die nationalen Steuervorschriften selbst beurteilen, wobei diese Beurteilung gegebenenfalls von dem betreffenden Mitgliedstaat oder etwaigen Beteiligten im Rahmen einer Nichtigkeitsklage vor dem Gericht angefochten werden kann. 152 Drittens ist der angeblich fehlende Beweis einer etwaigen Diskriminierung zugunsten von Engie im Hinblick auf den Nachweis einer etwaigen Unzuständigkeit der Kommission unerheblich. Mit diesem Vorbringen soll vielmehr geltend gemacht werden, dass die Kommission bei der Ausübung ihrer Zuständigkeit gegen Art. 107 AEUV verstoßen habe. 153 Unter diesen Umständen hat die Kommission mit dem Erlass des angefochtenen Beschlusses weder gegen die Art. 4 und 5 EUV noch gegen die Art. 3 bis 5 und 113 bis 117 AEUV verstoßen. b) Zum behaupteten Ermessensmissbrauch 154 Engie macht geltend, die Kommission habe ihre Befugnisse nach Art. 107 und 108 AEUV genutzt, um das Großherzogtum Luxemburg zu zwingen, seine Steuerpolitik „im Bereich der Steuerbefreiung für Gewinne“ zu ändern, und damit indirekt die Möglichkeit zu haben, eine Steuerharmonisierung vorzunehmen. 155 Die Verfolgung eines latenten Ziels der Steuerharmonisierung werde belegt durch die nach freiem Ermessen vorgenommene Definition des Referenzrahmens im Rahmen des Nachweises der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide, die Nichtberücksichtigung des Grundsatzes der Rechtmäßigkeit der Steuer, der steuerlichen Behandlung grenzüberschreitender Sachverhalte und des spezifischen Charakters eines ZORA durch die Kommission, die Auslegung der Kriterien des Rechtsmissbrauchs durch die Kommission und den Erlass des angefochtenen Beschlusses zeitgleich mit der Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Änderung von Art. 22bis LIR an die luxemburgische Abgeordnetenkammer. 156 Die Kommission hält dieses gesamte Vorbringen für unbegründet. Da es sich bei dem angefochtenen Beschluss nicht um eine Harmonisierungsmaßnahme handele, könne ihr kein Ermessensmissbrauch vorgeworfen werden. 157 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass eine Maßnahme nur dann ermessensmissbräuchlich ist, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie ausschließlich oder zumindest hauptsächlich zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel erlassen worden ist, ein Verfahren zu umgehen, das der Vertrag speziell vorsieht (Urteile vom 16. April 2013, Spanien und Italien/Rat, C‑274/11 und C‑295/11, EU:C:2013:240, Rn. 33, und vom 12. Juli 2018, PA/Parlament, T‑608/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:440, Rn. 42). 158 Außerdem ist die Kommission nach Art. 108 AEUV dafür zuständig, die Vereinbarkeit von staatliche Beihilfen darstellenden staatlichen Maßnahmen mit dem Binnenmarkt zu prüfen. 159 Im vorliegenden Fall kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, einen Ermessensmissbrauch begangen zu haben, als sie den angefochtenen Beschluss erließ, mit dem nach Abschluss des die fraglichen Steuervorbescheide betreffenden förmlichen Prüfverfahrens festgestellt werden sollte, dass das Großherzogtum Luxemburg durch diese Steuervorbescheide eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe gewährt habe. 160 Zum einen kann der angefochtene Beschluss nicht als Maßnahme einer versteckten Steuerharmonisierung angesehen werden, wie oben in Rn. 153 festgestellt wurde. 161 Was insbesondere die zeitgleich mit dem Erlass des angefochtenen Beschlusses erfolgte Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Änderung von Art. 22bis LIR an die luxemburgische Abgeordnetenkammer betrifft, ist festzustellen, dass Engie nichts vorgetragen hat, was belegen könnte, inwiefern diese gesetzgeberische Initiative des Großherzogtums Luxemburg ein Indiz für einen Ermessensmissbrauch der Kommission darstellen soll. Die bloße Änderung von Art. 22bis LIR durch das Großherzogtum Luxemburg kann daher nicht als hinreichendes Indiz für einen solchen Ermessensmissbrauch angesehen werden. 162 Zum anderen zielen die anderen von Engie zur Stützung des Vorwurfs eines etwaigen Ermessensmissbrauchs vorgebrachten Indizien in erster Linie darauf ab, die Beurteilung der Kommission hinsichtlich der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide in Frage zu stellen, und gehen daher im Hinblick auf den Nachweis eines angeblichen Ermessensmissbrauchs im Sinne der oben in Rn. 157 angeführten Rechtsprechung ins Leere. 163 Daher sind das auf einen Ermessensmissbrauch gestützte Vorbringen und folglich der fünfte Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18 sowie der dritte Klagegrund in der Rechtssache T‑516/18 als unbegründet zurückzuweisen. 2. Zum achten Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18 und zum sechsten Klagegrund in der Rechtssache T‑516/18: Verstoß gegen die Begründungspflicht 164 Das Großherzogtum Luxemburg und Engie machen mehrere Mängel beim Nachweis der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide im angefochtenen Beschluss geltend. So habe die Kommission weder ihre Würdigung hinsichtlich des Vorliegens eines selektiven Vorteils zugunsten der betreffenden Holdinggesellschaften noch ihre Würdigung zum Vorliegen eines selektiven Vorteils aufgrund der Nichtanwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift durch das Großherzogtum Luxemburg ausreichend begründet. 165 Engie fügt hinzu, die Kommission habe gegen ihre Begründungspflicht verstoßen, indem sie nicht klar die Gründe angegeben habe, die sie dazu veranlasst hätten, den Umstand außer Acht zu lassen, dass andere Unternehmen steuerlich genauso behandelt würden wie die Gesellschaften der Engie-Gruppe. 166 Ganz allgemein zeigten die fehlende Bezugnahme auf Texte und die Verwaltungs- und Gerichtspraxis sowie das Fehlen von Beweisen für abweichende Steuervorbescheide, dass die Kommission ihre Begründungspflicht verletzt habe. 167 Die Kommission hält dieses gesamte Vorbringen für unbegründet. Sie trägt vor, Engie und das Großherzogtum Luxemburg hätten in keiner Weise etwaige Unzulänglichkeiten des angefochtenen Beschlusses aufgezeigt. Ferner sei Engie in der Lage gewesen, ihre Argumentation nachzuvollziehen und sie sachgerecht vor dem Gericht zu beanstanden. 168 Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Begründung es den Betroffenen ermöglichen muss, Kenntnis von den Gründen für die getroffene Maßnahme zu erlangen, damit sie ihre Rechte verteidigen und prüfen können, ob die Entscheidung in der Sache begründet ist oder nicht, und es zum anderen dem Unionsrichter ermöglichen soll, seine Rechtmäßigkeitskontrolle auszuüben. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Aspekte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile vom 15. Juni 2005, Corsica Ferries France/Kommission, T‑349/03, EU:T:2005:221, Rn. 62 bis 63, vom 16. Oktober 2014, Eurallumina/Kommission, T‑308/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:894, Rn. 44, und vom 6. Mai 2019, Scor/Kommission, T‑135/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:287, Rn. 80). 169 Insbesondere braucht die Kommission nicht auf alle Argumente einzugehen, die die Betroffenen vor ihr geltend gemacht haben, sondern es reicht aus, wenn sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (Urteile vom 15. Juni 2005, Corsica Ferries France/Kommission, T‑349/03, EU:T:2005:221, Rn. 64, vom 16. Oktober 2014, Eurallumina/Kommission, T‑308/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:894, Rn. 44, und vom 6. Mai 2019, Scor/Kommission, T‑135/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:287, Rn. 80). 170 Im vorliegenden Fall ist neben dem Umstand, dass Engie und das Großherzogtum Luxemburg eng in das förmliche Prüfverfahren eingebunden waren, zunächst festzustellen, dass sie im Licht ihrer beim Gericht eingereichten Schriftsätze in der Lage waren, die Begründetheit des angefochtenen Beschlusses sachgerecht zu beanstanden. 171 Sodann weist der angefochtene Beschluss keine Unzulänglichkeiten auf, die es dem Gericht nicht erlauben würden, seine Rechtmäßigkeitskontrolle in vollem Umfang auszuüben. 172 Aus dem angefochtenen Beschluss geht nämlich hervor, dass die Kommission in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht hinreichend begründet hat, warum sie der Auffassung war, dass die fraglichen Steuervorbescheide im vorliegenden Fall eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV darstellen. 173 Insbesondere in Bezug auf die dritte Voraussetzung, die sich auf das Vorliegen eines selektiven Vorteils im vorliegenden Fall bezieht, hat die Kommission in Abschnitt 6.2 des angefochtenen Beschlusses (Erwägungsgründe 163 bis 236 des angefochtenen Beschlusses) erläutert, warum ihrer Ansicht nach ein selektiver Vorteil zugunsten der Engie-Gruppe auf der Ebene der Holdinggesellschaften vorliegt. 174 Die Kommission war im Wesentlichen der Ansicht, dass die fraglichen Steuervorbescheide den betreffenden Holdinggesellschaften einen selektiven Vorteil verschafften, indem sie erstens von einem erweiterten Referenzrahmen in Gestalt des luxemburgischen Körperschaftsteuersystems und zweitens von einem auf die luxemburgischen Bestimmungen über die Besteuerung von Gewinnausschüttungen und die Steuerbefreiung von Beteiligungen beschränkten Referenzrahmen abwichen. 175 In Abschnitt 6.3 des angefochtenen Beschlusses (Erwägungsgründe 237 bis 288 des angefochtenen Beschlusses) hat die Kommission die Gründe erläutert, aus denen sie der Ansicht war, dass aufgrund der steuerlichen Vorzugsbehandlung der Engie-Gruppe ein selektiver Vorteil vorliege. Dies sei der Fall gewesen, da die steuerliche Belastung der Engie-Gruppe, die aus den Tochtergesellschaften, den Zwischengesellschaften und den Holdinggesellschaften bestehe, durch die fraglichen Steuervorbescheide reduziert worden sei, obwohl diese steuerliche Belastung auf der Ebene der Gruppe grundsätzlich konstant hätte bleiben müssen. Auch die Reduzierung der Steuerlast der Gruppe sei insoweit vom luxemburgischen Körperschaftsteuersystem abgewichen. 176 In Abschnitt 6.4 des angefochtenen Beschlusses (Erwägungsgründe 289 bis 312 des angefochtenen Beschlusses) hat die Kommission auch die Gründe angegeben, aus denen sie der Ansicht war, dass ein selektiver Vorteil aufgrund der Nichtanwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift vorliege. 177 Auf der Grundlage der von der luxemburgischen Verwaltungs- und Gerichtspraxis entwickelten Kriterien für Rechtsmissbrauch hat die Kommission darzulegen versucht, dass jedes dieser Kriterien im vorliegenden Fall ordnungsgemäß erfüllt war. Somit habe das Großherzogtum Luxemburg den betreffenden Holdinggesellschaften durch die Nichtanwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift durch die luxemburgische Steuerverwaltung einen selektiven Vorteil gewährt. 178 Schließlich kann das Versäumnis der Kommission, die luxemburgische Verwaltungspraxis im Bereich der Steuervorbescheide zu berücksichtigen, oder das Versäumnis, Unternehmen zu berücksichtigen, die möglicherweise in den Genuss desselben Vorteils wie die Gesellschaften der Engie-Gruppe kommen, nicht zu der Feststellung führen, dass die Kommission gegen ihre Begründungspflicht verstoßen hat. Mit diesem Vorbringen soll nämlich nicht die Form, sondern die Begründetheit des angefochtenen Beschlusses in Frage gestellt werden. 179 Der achte Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18 und der sechste Klagegrund in der Rechtssache T‑516/18, mit denen ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt wird, sind daher als unbegründet zurückzuweisen. 3. Zum sechsten Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18 und zum vierten Klagegrund in der Rechtssache T‑516/18: Verletzung von Verfahrensrechten 180 Sowohl Engie als auch das Großherzogtum Luxemburg werfen der Kommission vor, ihre Verfahrensrechte verletzt zu haben. 181 Erstens macht Engie geltend, dass die Kommission ihre Verfahrensrechte verletzt habe, indem sie ihr nicht die Antwort des Großherzogtums Luxemburg auf das Schreiben der Kommission vom 22. März 2017 übermittelt habe. Diese Antwort hätte es Engie ermöglichen können, sich besser zu verteidigen, da sich aus dem Schreiben ergebe, dass andere Unternehmen eine identische steuerliche Behandlung erhalten hätten. 182 Diese Informationen seien insbesondere für die Feststellung eines selektiven Vorteils aufgrund der Einzelanwendung einer allgemeinen Steuerregelung gemäß dem Urteil vom 12. November 2013, MOL/Kommission (T‑499/10, EU:T:2013:592), und der jüngsten Entscheidungspraxis der Kommission im Bereich der Steuervorbescheide wesentlich gewesen. 183 Hierzu geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass andere Beteiligte als der betroffene Mitgliedstaat in einem Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen nur die Möglichkeit haben, der Kommission sämtliche Informationen zu übermitteln, die dazu beitragen können, ihr Klarheit über ihr weiteres Vorgehen zu verschaffen, und dass sie selbst keinen Anspruch auf eine streitige Erörterung mit der Kommission haben, wie sie zugunsten des Mitgliedstaats eingeleitet wird (Urteil vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich, C‑106/09 P und C‑107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 181). 184 Unabhängig von den Argumenten, die Engie vorgebracht hat, um die ihrer Ansicht nach bestehende Notwendigkeit zu rechtfertigen, ihr die Antwort des Großherzogtums Luxemburg zu übermitteln, hat sie daher weder einen Anspruch auf eine streitige Erörterung mit der Kommission, noch kann sie verlangen, dass die Kommission die Antworten der anderen Verfahrensbeteiligten übermittelt. 185 Die einzige Möglichkeit für andere Beteiligte als den betroffenen Mitgliedstaat besteht nämlich darin, entweder von sich aus oder als Antwort auf Unterlagen und auf von der Kommission während des förmlichen Prüfverfahrens gestellte Fragen Stellung zu nehmen. Hierzu ist festzustellen, dass Engie, wie oben in den Rn. 56 bis 62 ausgeführt, von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, da sie im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens mehrfach Stellungnahmen abgegeben hat. 186 Zweitens machen Engie und das Großherzogtum Luxemburg geltend, die Kommission habe ihre Verfahrensrechte im Wesentlichen dadurch verletzt, dass kein neuer Einleitungsbeschluss oder zumindest ein Berichtigungsbeschluss erlassen worden sei. Ein solcher Beschluss hätte es ermöglicht, die dem Einleitungsbeschluss anhaftenden Ungenauigkeiten zu beseitigen, und den Parteien die Möglichkeit gegeben, sich im Verwaltungsverfahren sachgerecht zu den Erwägungen zu äußern, die letztendlich im angefochtenen Beschluss zum Nachweis der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide angestellt worden seien. 187 Die von der Kommission im angefochtenen Beschluss vorgenommenen Änderungen seien nämlich nicht vorhersehbar gewesen. Engie zufolge hat sich die Kommission nicht einfach damit begnügt, ihre Argumentation fortzuentwickeln, sondern habe auch die hauptsächlichen Rügen und den eigentlichen Gegenstand des Beschlusses geändert. 188 Das Großherzogtum Luxemburg macht geltend, die Kommission habe dadurch, dass sie weder einen neuen Einleitungsbeschluss noch einen Berichtigungsbeschluss erlassen habe, obwohl dies nach der Sachlage erforderlich gewesen sei, seine Verteidigungsrechte und die Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 AEUV (ABl. 2015, L 248, S. 9) verletzt. 189 Das Großherzogtum Luxemburg fügt hinzu, dass die Kommission den angefochtenen Beschluss allein auf Erwägungen gestützt habe, die lückenhaft im Einleitungsbeschluss angeführt worden seien und offenbar zu den Rügen gehörten, die sie fallen gelassen habe. Wären die Rügen hinreichend substantiiert gewesen, hätte es mehr Elemente vorbringen können, um eine andere als die gewählte Lösung zu erreichen. 190 Außerdem habe das Schreiben der Kommission vom 11. Dezember 2017, das keinen Berichtigungsbeschluss darstelle, keine der dem Einleitungsbeschluss anhaftenden Unklarheiten beseitigt. 191 Die Kommission hält dieses gesamte Vorbringen für unbegründet. Sie macht im Licht der Rechtsprechung geltend, dass sie berechtigt gewesen sei, ihren Standpunkt zwischen dem Einleitungsbeschluss und dem abschließenden Beschluss anzupassen, ohne das förmliche Prüfverfahren erneut eröffnen zu müssen, und fügt im Wesentlichen hinzu, dass der Einleitungsbeschluss auf alle im angefochtenen Beschluss aufgeworfenen Punkte eingegangen sei. 192 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Wahrung der Verteidigungsrechte im förmlichen Prüfverfahren gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV erfordert, dass der betroffene Mitgliedstaat zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen und Umstände sowie zu den von ihr zur Stützung ihrer Behauptung, dass eine Verletzung des Unionsrechts vorliege, herangezogenen Schriftstücken und zu den Äußerungen, die beteiligte Dritte nach Art. 108 Abs. 2 AEUV abgegeben haben, sachgerecht Stellung nehmen kann. Die Kommission darf diese Äußerungen in ihrer Entscheidung gegen den Mitgliedstaat nicht berücksichtigen, soweit dieser keine Gelegenheit hatte, hierzu Stellung zu nehmen (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2017, Griechenland/Kommission, T‑314/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:903, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung). 193 Wenn die Kommission beschließt, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, kann der Einleitungsbeschluss nach Art. 6 der Verordnung 2015/1589 auf eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der fraglichen staatlichen Maßnahme und Ausführungen über die Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt beschränkt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2017, Griechenland/Kommission, T‑314/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:903, Rn. 26). 194 Außerdem ermöglicht es das förmliche Prüfverfahren, die im Einleitungsbeschluss aufgeworfenen Fragen zu vertiefen und zu klären. 195 Aus Art. 9 der Verordnung 2015/1589 geht hervor, dass die Beurteilung durch die Kommission am Ende des förmlichen Prüfverfahrens anders ausfallen kann, da sie abschließend entscheiden kann, dass die Maßnahme keine Beihilfe darstellt oder dass die Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit ausgeräumt sind. Folglich kann der abschließende Beschluss bis zu einem gewissen Grad vom Einleitungsbeschluss abweichen, ohne dass dies zur Rechtswidrigkeit der abschließenden Entscheidung führt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2017, Griechenland/Kommission, T‑314/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:903, Rn. 27). 196 Im vorliegenden Fall ist jedoch zunächst festzustellen, dass die Kommission im Einleitungsbeschluss vorab das Vorliegen eines selektiven Vorteils sowohl zugunsten der Tochtergesellschaften, nämlich LNG Supply und GSTM, als auch der Engie-Gruppe insgesamt bejaht hat. 197 So hat die Kommission in erster Linie geltend gemacht, dass die fraglichen Steuervorbescheide dadurch, dass sie die Nichtbesteuerung der ZORA-Akkretionen zuließen, von Art. 109 Abs. 1 und Art. 164 LIR abwichen, bei denen es sich um für alle in Luxemburg steuerpflichtigen Gesellschaften geltende Besteuerungsvorschriften handele. 198 Hilfsweise vertrat die Kommission zum einen die Auffassung, dass die fraglichen Steuervorbescheide von den Bestimmungen über die Besteuerung von Kapitalgewinnen aus konvertiblen Darlehen, nämlich den Art. 22bis und 97 LIR, abwichen, da sie die Nichtbesteuerung der von den Tochtergesellschaften erzielten Erträge dadurch billigten, dass sie die ZORA-Akkretionen abzugsfähigen Zinsen gleichsetzten. 199 Zum anderen führe die kombinierte Wirkung der Ausnahmen von den Art. 22bis und 109 LIR, die die Nichtbesteuerung der ZORA-Akkretionen ermögliche, zu einer Ausnahme von der Rechtsmissbrauchsvorschrift. 200 Nach dem Hinweis auf diese Erwägungen ist zunächst festzustellen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss sicher nicht die gesamte im Stadium des Einleitungsbeschlusses zur Analyse der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide entwickelte Argumentation übernommen hat. 201 Gleichwohl kann diese Beschränkung des Analyseumfangs der Kommission nicht als eine Änderung des Gegenstands des Einleitungsbeschlusses verstanden werden, bei dem es sich nach wie vor um die Vereinbarkeit der fraglichen Steuervorbescheide mit dem Beihilferecht handelt. 202 Sodann waren die Prämissen der im angefochtenen Beschluss in Bezug auf die Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide letztendlich vorgenommenen Analyse im Einleitungsbeschluss enthalten, was Engie und das Großherzogtum Luxemburg nicht in Abrede stellen wollen. 203 Wie nämlich in den Erwägungsgründen 91 bis 100 des angefochtenen Beschlusses dargelegt, wurden im Einleitungsbeschluss als Gesichtspunkte, die zu einem selektiven Vorteil führen können, zum einen die Möglichkeit für eine von einem ZORA profitierende Tochtergesellschaft, die ZORA-Akkretionen gemäß Art. 109 LIR als Zinsen abzuziehen, und zum anderen die Anwendung von Art. 22bis LIR auf den vorliegenden Fall genannt, da er eine Nichtbesteuerung dieser Akkretionen zum Zeitpunkt der Umwandlung des betreffenden ZORA ermögliche. Außerdem wurde die kombinierte Wirkung der Abzugsfähigkeit der ZORA-Akkretionen auf der Ebene der Tochtergesellschaften und die Nichtbesteuerung der entsprechenden Erträge auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften hervorgehoben. 204 Mit anderen Worten betraf der Einleitungsbeschluss bereits sowohl die fehlerhafte Anwendung von Art. 166 LIR auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften für Erträge aus Beteiligungen, die wirtschaftlich gesehen Gewinnen entsprächen, die auf der Ebene der Tochtergesellschaften nicht besteuert würden, als auch die Anwendung von Art. 22bis LIR, der die ZORA-Akkretionen nicht endgültig von der Steuer befreien, sondern ihre Besteuerung nur aufschieben solle. Ebenso hatte die Kommission bereits die Nichtanwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift geltend gemacht. 205 Da sich die von der Kommission im angefochtenen Beschluss in Bezug auf das Vorliegen eines selektiven Vorteils berücksichtigten Schlüsselelemente bereits aus dem Einleitungsbeschluss ergaben, kann das Großherzogtum Luxemburg der Kommission daher nicht vorwerfen, dass sie ihm nicht im Sinne der oben in Rn. 192 angeführten Rechtsprechung Gelegenheit gegeben habe, sachgerecht zum Vorliegen eines selektiven Vorteils Stellung zu nehmen. 206 Hinzu kommt, dass die Kommission mit Schreiben vom 11. Dezember 2017 ihre Erwägungen strukturell präzisieren und hierzu die Stellungnahmen sowohl von Engie als auch vom Großherzogtum Luxemburg einholen wollte. 207 Dies gilt eindeutig für die Bestimmung der Referenzrahmen, die im angefochtenen Beschluss für die Feststellung der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide sowohl auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften als auch auf der Ebene der Engie-Gruppe herangezogen wurden. 208 Außerdem hat die Kommission, auch wenn sie im Schreiben vom 11. Dezember 2017 keine Zusammenfassung ihrer im Einleitungsbeschluss geltend gemachten Argumentation zur Nichtanwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift vorgenommen hat, die Parteien erneut aufgefordert, ergänzende Stellungnahmen zu diesem Punkt abzugeben. 209 Schließlich ist die Beschränkung des Analyseumfangs für die Prüfung der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide zwischen dem Einleitungsbeschluss und dem angefochtenen Beschluss das Ergebnis des Schriftwechsels zwischen den Dienststellen der Kommission, dem Großherzogtum Luxemburg und Engie, was, soweit erforderlich, den eigentlichen Zweck des förmlichen Prüfverfahrens und die Zweckmäßigkeit und Wirksamkeit des während dieses Verfahrens erfolgten Schriftwechsels zeigt. 210 In Anbetracht dieser Erwägungen kann die Kommission daher im vorliegenden Fall die Verfahrensrechte des Großherzogtums Luxemburg und von Engie nicht dadurch verletzt haben, dass sie keinen neuen Einleitungsbeschluss oder zumindest einen Berichtigungsbeschluss erlassen hat. 211 Folglich sind der sechste Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18 und der vierte Klagegrund in der Rechtssache T‑516/18 als unbegründet zurückzuweisen. 4. Zum ersten Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18: fehlende Bindung staatlicher Mittel und fehlende Zurechenbarkeit der fraglichen Steuervorbescheide an den Staat 212 Erstens macht Engie geltend, dass die fraglichen Steuervorbescheide nicht als ein Eingreifen des Staates angesehen werden könnten. Diese seien nämlich fakultativ und zögen lediglich die strikten Konsequenzen aus der Anwendung des luxemburgischen Steuerrechts auf einen bestimmten Sachverhalt. 213 Diese Feststellung könne nicht durch die Nichtanwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift in Frage gestellt werden, da die Kommission in keiner Weise dargetan habe, dass die Praxis der luxemburgischen Behörden, für die im vorliegenden Fall allenfalls ein unterbliebenes Eingreifen festzustellen sei, in vergleichbaren Fällen anders ausgefallen sei. 214 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Vergünstigungen, damit sie als „Beihilfen“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV eingestuft werden können, zum einen unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden und zum anderen dem Staat zuzurechnen sein müssen (Urteil vom 28. März 2019, Deutschland/Kommission, C‑405/16 P, EU:C:2019:268, Rn. 48). 215 Um zu beurteilen, ob eine Maßnahme dem Staat zuzurechnen ist, ist zu prüfen, ob die öffentlichen Stellen am Erlass dieser Maßnahme beteiligt waren (Urteil vom 28. März 2019, Deutschland/Kommission, C‑405/16 P, EU:C:2019:268, Rn. 49). 216 Im vorliegenden Fall sind die fraglichen Steuervorbescheide, wie die Kommission im 156. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zutreffend ausgeführt hat, von den luxemburgischen Steuerbehörden erteilt worden. 217 Daher kann allein aufgrund dieser Feststellung nicht mit Erfolg in Abrede gestellt werden, dass diese Steuervorbescheide dem Großherzogtum Luxemburg zuzurechnen sind. 218 Zweitens beinhalten die fraglichen Steuervorbescheide laut Engie auch keine Bindung staatlicher Mittel. Sie führten nämlich nicht zu einer Verringerung der normalen Steuerschuld. 219 Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass nicht in jedem Fall festgestellt werden muss, dass eine Übertragung staatlicher Mittel stattgefunden hat, damit der einem oder mehreren Unternehmen gewährte Vorteil als eine staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV angesehen werden kann (Urteil vom 19. März 2013, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission u. a. und Kommission/Frankreich u. a., C‑399/10 P und C‑401/10 P, EU:C:2013:175, Rn. 100). 220 Als Beihilfen gelten namentlich Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat, und die somit zwar keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstehen (Urteil vom 19. März 2013, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission u. a. und Kommission/Frankreich u. a., C‑399/10 P und C‑401/10 P, EU:C:2013:175, Rn. 101). 221 Mit den fraglichen Steuervorbescheiden hat die luxemburgische Steuerverwaltung, wie aus dem 158. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, es den betreffenden Holdinggesellschaften gestattet, auf bestimmte Erträge aus Beteiligungen nicht besteuert zu werden. Mit anderen Worten verringern diese Steuervorbescheide im Sinne der oben in Rn. 220 angeführten Rechtsprechung die Belastungen, die ein Unternehmen grundsätzlich zu tragen hat. 222 Das Erfordernis der Verwendung staatlicher Mittel ist somit ebenfalls erfüllt. 223 Der erste Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18 ist daher als unbegründet zurückzuweisen. 5. Zum ersten und zum zweiten Klagegrund in der Rechtssache T‑516/18 sowie zum zweiten und zum dritten Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18, mit denen im Wesentlichen Beurteilungs- und Rechtsfehler bei der Feststellung eines selektiven Vorteils gerügt werden a) Vorbemerkungen 224 Aus den Erwägungsgründen 162, 171, 200, 237 und 289 des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass sich die Kommission, wie sie in Beantwortung einer Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, zum Nachweis, dass die Engie-Gruppe einen selektiven Vorteil genossen habe, auf vier Argumentationslinien gestützt hat, von denen eine im Licht des 289. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses hilfsweise geltend gemacht wurde. 225 So war die Kommission erstens der Ansicht, dass die fraglichen Steuervorbescheide dem Engie-Konzern auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften einen selektiven Vorteil verschafften, indem sie von einem erweiterten Referenzrahmen in Gestalt des luxemburgischen Körperschaftsteuersystems abwichen. 226 Zweitens sei dem Engie-Konzern auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften auch dadurch ein selektiver Vorteil gewährt worden, dass die fraglichen Steuervorbescheide von einem auf die Bestimmungen über die Besteuerung von Gewinnausschüttungen und die Steuerbefreiung von Beteiligungen beschränkten Referenzrahmen abwichen. 227 Drittens war die Kommission im Licht eines erweiterten Referenzrahmens in Gestalt des luxemburgischen Körperschaftsteuersystems der Auffassung, dass die fraglichen Steuervorbescheide auch der Engie-Gruppe, die vorliegend die betreffenden Holdinggesellschaften, die Zwischengesellschaften und die Tochtergesellschaften umfasse, einen selektiven Vorteil verschafften. 228 Viertens und hilfsweise vertrat die Kommission die Auffassung, dass die fraglichen Steuervorbescheide allen Unternehmen der Engie-Gruppe, die im angefochtenen Beschluss zusammenfassend als „Engie“ bezeichnet werden, einen selektiven Vorteil verschafften, da sie von der Rechtsmissbrauchsvorschrift abwichen, die ein fester Bestandteil eines erweiterten Referenzrahmens in Gestalt des luxemburgischen Körperschaftsteuersystems sei. 229 Mit ihren Klagen stellen Engie und das Großherzogtum Luxemburg die gesamten Erwägungen der Kommission zur Feststellung des Vorliegens eines selektiven Vorteils im vorliegenden Fall in Frage. Zu diesem Zweck machen die Kläger Klagegründe und Argumente geltend, die in ihren jeweiligen Klageschriften zwar unterschiedlich präsentiert werden, inhaltlich jedoch erhebliche Ähnlichkeiten aufweisen. 230 Hierzu ist vorab darauf hinzuweisen, dass, soweit bestimmte Gründe einer Entscheidung diese für sich allein rechtlich hinreichend rechtfertigen können, etwaige Mängel der übrigen Begründung des Rechtsakts keinesfalls Auswirkungen auf dessen verfügenden Teil haben (Urteil vom 14. Dezember 2005, General Electric/Kommission, T‑210/01, EU:T:2005:456, Rn. 42). 231 Stützt die Kommission den verfügenden Teil einer Entscheidung auf mehrere Teile ihrer Würdigung, wovon jeder alleine ausreichen würde, um die Verfügung zu begründen, so ist ein derartiger Rechtsakt zudem grundsätzlich nur dann für nichtig zu erklären, wenn jede dieser Stützen fehlerhaft ist. In einem derartigen Fall kann ein Fehler oder ein anderer Mangel, der nur eine der genannten Stützen betrifft, nicht genügen, um die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses herbeizuführen, da dieser Fehler den verfügenden Teil der Entscheidung nicht entscheidend beeinflussen kann (Urteil vom 14. Dezember 2005, General Electric/Kommission, T‑210/01, EU:T:2005:456, Rn. 43). 232 Im vorliegenden Fall ließe somit die Begründetheit nur einer der Argumentationslinien der Kommission das von Engie und dem Großherzogtum Luxemburg gegen die anderen Argumentationslinien der Kommission geltend gemachte Vorbringen ins Leere laufen. 233 Für die Zwecke des vorliegenden Urteils hält es das Gericht für angebracht, zunächst das Vorbringen von Engie und des Großherzogtums Luxemburg zu prüfen, mit denen der Kommission vorgeworfen wird, die Voraussetzungen der Feststellung eines Vorteils mit denen der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide verwechselt zu haben, indem sie diese beiden Voraussetzungen nicht klar getrennt geprüft habe. 234 Anschließend wird das Gericht die Argumente prüfen, die gegen die von der Kommission vorgenommene Beurteilung des Vorliegens eines selektiven Vorteils vorgebracht werden, wobei es mit der Feststellung einer Abweichung von dem auf die Bestimmungen über die Besteuerung von Gewinnausschüttungen und die Steuerbefreiung von Beteiligungen beschränkten Referenzrahmen beginnen wird. b) Zur behaupteten Verwechslung der Voraussetzungen des Vorliegens eines Vorteils mit denen der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide 235 Engie und das Großherzogtum Luxemburg werfen der Kommission vor, die Begriffe des Vorteils und der Selektivität miteinander verwechselt zu haben. 236 Anstatt nacheinander das Vorliegen eines Vorteils und einer unterschiedlichen Behandlung zu prüfen, hat die Kommission nach Ansicht von Engie das Vorliegen eines Vorteils abgeleitet aus einer angeblichen Abweichung nicht von den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen zur Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage, sondern von einem Ziel, das darin bestanden habe, unter allen Umständen die Gewinne körperschaftsteuerpflichtiger Unternehmen zu besteuern. 237 Die Bezugnahme auf das Ziel eines Steuersystems könne jedoch nur im Stadium der Beurteilung der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide und nicht in dem der Feststellung eines Vorteils erfolgen. 238 Die Kommission weist darauf hin, dass sich die Voraussetzung des Vorliegens eines Vorteils zwar von der Voraussetzung der Selektivität unterscheide, dass sich aber der Nachweis des Vorliegens eines Vorteils teilweise mit dem Nachweis der Selektivität überschneide. Weiche nämlich eine steuerliche Maßnahme von einem normalen Besteuerungssystem ab, sei die Voraussetzung des Vorliegens eines Vorteils ebenso erfüllt wie die ersten beiden Argumentationsschritte zur Selektivität. Zur angeblichen Verwechslung zwischen den Regeln, die den Referenzrahmen bildeten, und dem Ziel dieses Systems fügt die Kommission insbesondere hinzu, dass die allgemeinen Regeln des Steuersystems, d. h. die für alle Unternehmen geltenden Regeln, gerade das Ziel des Steuersystems widerspiegelten. 239 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Selektivität und Vorteil grundsätzlich zwei unterschiedliche Kriterien darstellen. Was den Vorteil betrifft, so muss die Kommission nachweisen, dass die Maßnahme die finanzielle Lage des Begünstigten verbessert (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Juli 1974, Italien/Kommission, 173/73, EU:C:1974:71, Rn. 33). 240 In Bezug auf die Selektivität hat die Kommission hingegen nachzuweisen, dass der Vorteil keinen anderen Unternehmen zugutekommt, die sich im Hinblick auf das mit dem Bezugssystem verfolgte Ziel in einer ähnlichen tatsächlichen und rechtlichen Situation wie der Begünstigte befinden (Urteil vom 8. September 2011, Paint Graphos u. a., C‑78/08 bis C‑80/08, EU:C:2011:550, Rn. 49). 241 In Steuersachen fällt jedoch die Prüfung des Vorteils mit der Prüfung der Selektivität zusammen, da diese beiden Kriterien den Nachweis verlangen, dass die beanstandete steuerliche Maßnahme zu einer Verringerung des Steuerbetrags führt, den der durch diese Maßnahme Begünstigte normalerweise nach der allgemeinen – d. h. für die anderen, in derselben Situation befindlichen Steuerpflichtigen geltenden – steuerrechtlichen Regelung hätte zahlen müssen. Im Übrigen können diese beiden Kriterien nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs gemeinsam als die das Vorliegen eines „selektiven Vorteils“ betreffende „dritte Bedingung“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV geprüft werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Juni 2016, Belgien/Kommission, C‑270/15 P, EU:C:2016:489, Rn. 32). 242 Im vorliegenden Fall hat sich die Kommission jedoch – unabhängig von der Begründetheit aller im angefochtenen Beschluss wiedergegebenen Erwägungen – bemüht, nachzuweisen, dass die fraglichen Steuervorbescheide zu einer Verringerung der insbesondere von den betreffenden Holdinggesellschaften bei Anwendung normaler Steuerregelungen normalerweise geschuldeten Steuer geführt haben und dass diese Maßnahmen folglich eine Abweichung von den für andere Steuerpflichtige in einer vergleichbaren Sach- und Rechtslage geltenden Steuervorschriften darstellen. 243 Die Kommission hat nämlich zunächst festgestellt, dass die fraglichen Steuervorbescheide dadurch, dass sie die Möglichkeit für die betreffenden Holdinggesellschaften bestätigten, eine Steuerbefreiung für Erträge aus Beteiligungen, die nach dem luxemburgischen Körperschaftsteuersystem und ohne die fraglichen Steuervorbescheide hätten besteuert werden müssen, in Anspruch nehmen zu können, zum einen diesen Gesellschaften einen Vorteil verschafften und zum anderen vom luxemburgischen Körperschaftsteuersystem abwichen. 244 Die Bezugnahme in den Erwägungsgründen 166 und 176 des angefochtenen Beschlusses auf das Ziel des luxemburgischen Körperschaftsteuersystems, das auf der Grundlage der Art. 18, 23, 40, 159 und 163 LIR, wie sie in den Erwägungsgründen 78 bis 81 des angefochtenen Beschlusses dargestellt sind, ermittelt wurde, kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, um eine Verwechslung zwischen den Voraussetzungen des Vorteils und der Selektivität aufzuzeigen. 245 Zwar wird das Ziel eines Steuersystems vor allem herangezogen, um die Selektivität einer steuerlichen Maßnahme festzustellen, da die Steuerpflichtigen, die sich in einer vergleichbaren Sach- und Rechtslage wie der Begünstigte der Beihilfe befinden, im Licht dieses Ziels ermittelt werden. 246 Das von der Kommission insbesondere in den Erwägungsgründen 166 und 176 des angefochtenen Beschlusses angeführte Ziel, nämlich „die Besteuerung des Gewinns aller in Luxemburg steuerpflichtigen Unternehmen, wie er in ihren Abschlüssen festgelegt ist“, scheint jedoch eher ein Grundsatz zu sein, der den allgemeinen Bestimmungen zugrunde liegt, die das von der Kommission herangezogene luxemburgische Körperschaftsteuersystem bilden, als ein Ziel des in Rede stehenden Systems. 247 Unabhängig davon, ob die Kommission diese Bestimmungen und den daraus hergeleiteten Grundsatz richtig aufgefasst hat, führt daher der Nachweis einer Abweichung von diesem Grundsatz zum Nachweis der Gewährung eines Vorteils. 248 Sodann muss dieselbe Feststellung nicht im Licht des luxemburgischen Körperschaftsteuersystems, sondern im Licht der luxemburgischen Bestimmungen über die Steuerbefreiung von Beteiligungen und die Besteuerung von Gewinnausschüttungen gelten. 249 Insbesondere aus den Erwägungsgründen 208 und 209 des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass die betreffenden Holdinggesellschaften ohne die fraglichen Steuervorbescheide keine Steuerbefreiung für ausgeschüttete Erträge, die nicht auf der Ebene ihrer jeweiligen Tochtergesellschaften besteuert wurden, hätten in Anspruch nehmen können, was zur Feststellung sowohl eines Vorteils als auch einer Abweichung von den Bestimmungen über die Steuerbefreiung von Beteiligungen und die Besteuerung von Gewinnausschüttungen führt. 250 Schließlich impliziert die Feststellung einer Abweichung von der Rechtsmissbrauchsvorschrift zugleich die Gewährung eines Vorteils, wie sich aus dem 312. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt. Die Kommission macht, kurz gesagt, geltend, dass die betreffenden Holdinggesellschaften ohne die fraglichen Steuervorbescheide und bei Anwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift keine Steuerbefreiung für die in Rede stehenden Erträge aus Beteiligungen hätten in Anspruch nehmen können. 251 Somit hat die Kommission im vorliegenden Fall nicht die Voraussetzungen der Feststellung eines Vorteils mit denen des Nachweises der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide verwechselt. Diese Voraussetzungen konnten angesichts der steuerlichen Natur dieser Steuervorbescheide gleichzeitig geprüft werden. 252 Folglich ist das auf eine solche Verwechslung gestützte Vorbringen als unbegründet zurückzuweisen. 253 Unter diesen Umständen ist nunmehr zu prüfen, ob die Kommission nach ihrer Prüfung der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide im Licht des engen Referenzrahmens, d. h. beschränkt auf die luxemburgischen Bestimmungen über die Steuerbefreiung von Beteiligungen und die Besteuerung von Gewinnausschüttungen, zu Recht auf das Vorliegen eines selektiven Vorteils schließen durfte. c) Zum behaupteten Fehlen eines selektiven Vorteils auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften im Licht des engen Referenzrahmens 254 In den Erwägungsgründen 200 bis 235 des angefochtenen Beschlusses führte die Kommission aus, dass die Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide anhand eines engen Bezugsrahmens festgestellt werden könne, der sich aus den Art. 164 und 166 LIR, nämlich den Bestimmungen über die Besteuerung von Gewinnausschüttungen und die Steuerbefreiung von Beteiligungen, zusammensetze. 255 Art. 164 LIR bestimmt: „1.   Für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage ist es unerheblich, ob der Gewinn an die Berechtigten ausgeschüttet wurde oder nicht. 2.   Als Ausschüttung im Sinne des vorstehenden Absatzes sind Ausschüttungen jeglicher Art an Inhaber von Aktien, Partizipationsscheinen, Gründeraktien, Genussscheinen oder anderen Wertpapieren, einschließlich variabel verzinslicher Anleihen, zu verstehen, die einen Anspruch auf einen Anteil am jährlichen Gewinn oder am Liquidationsgewinn gewähren. 3.   Verdeckte Gewinnausschüttungen sind der Bemessungsgrundlage zuzurechnen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt insbesondere vor, wenn ein Aktionär, ein Gesellschafter oder eine interessierte Partei entweder direkt oder indirekt Gewinne von einem Unternehmen oder einem Verein bezieht, die er bzw. sie ohne diese Eigenschaft normalerweise nicht erhalten hätte.“ 256 In Art. 166 Abs. 1 LIR heißt es: „Die Erträge aus einer Beteiligung: 1.   eines voll steuerpflichtigen, gebietsansässigen Organismus mit kollektivem Charakter mit einer im Anhang zu Absatz 10 aufgeführten Form, 2.   einer voll steuerpflichtigen, nicht im Anhang zu Absatz 10 aufgeführten gebietsansässigen Kapitalgesellschaft, 3.   einer inländischen Betriebsstätte eines Organismus mit kollektivem Charakter im Sinne von Artikel 2 der Richtlinie [2011/96], 4.   einer inländischen Betriebsstätte einer Kapitalgesellschaft, die in einem Staat ansässig ist, mit dem das Großherzogtum Luxemburg ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, 5.   einer inländischen Betriebsstätte einer Kapitalgesellschaft oder einer Genossenschaft, die in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ansässig ist, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, sind steuerfrei, wenn der Begünstigte die Beteiligung zum Zeitpunkt der Zurverfügungstellung der Erträge für einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten gehalten hat oder sich verpflichtet, sie über einen solchen Zeitraum zu halten, und während dieses gesamten Zeitraums die Beteiligungshöhe nicht eine Schwelle von 10 % oder der Kaufpreis eine Schwelle von 1200000 Euro unterschreiten.“ 257 Insbesondere aus den Erwägungsgründen 201 und 202 des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass Art. 164 in Verbindung mit Art. 166 Abs. 1 LIR im luxemburgischen Recht dazu führe, dass eine Steuerbefreiung auf der Ebene der Gesellschaft, die Erträge aus Beteiligungen beziehe, ausgeschlossen sei, wenn diese Erträge nicht zuvor auf Ebene der Gesellschaft, die sie ausgeschüttet habe, besteuert worden seien. 258 Nach Art. 164 LIR könne der ausgeschüttete Gewinn nicht von der Steuerbemessungsgrundlage abgezogen werden. Mit anderen Worten könne der Gewinn unabhängig von der Art der vorgenommenen Ausschüttung nur nach Steuern ausgeschüttet werden. Art. 166 LIR erlaube es, den ausgeschütteten Gewinn auf Ebene der Gesellschaft, die ihn erhalte, von der Steuer zu befreien, sofern die erhaltenen Erträge das Ergebnis von Beteiligungen seien. 259 So ist die Kommission im 226. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis gekommen, dass die luxemburgische Steuerverwaltung den betreffenden Holdinggesellschaften dadurch einen selektiven Vorteil gewährt habe, dass sie ihnen durch die fraglichen Steuervorbescheide eine Steuerbefreiung für Erträge aus Beteiligungen ermöglicht habe, die wirtschaftlich gesehen den ZORA-Akkretionen entsprächen, die auf Ebene ihrer jeweiligen Tochtergesellschaften als Aufwand abgezogen worden seien. 260 Engie und das Großherzogtum Luxemburg machen im Wesentlichen geltend, dass die Kommission sowohl bei der Definition des engen Referenzrahmens als auch bei der Feststellung einer Abweichung von diesem Rahmen einen Fehler begangen habe und damit zu dem Schluss gekommen sei, dass den betreffenden Holdinggesellschaften ein selektiver Vorteil gewährt worden sei. 261 Daher ist in einem ersten Schritt das Vorbringen zu prüfen, wonach die Kommission eine fehlerhafte Definition eines auf die Bestimmungen über die Besteuerung von Gewinnausschüttungen und die Steuerbefreiung von Beteiligungen beschränkten Referenzrahmens vorgenommen habe, um sodann in einem zweiten Schritt auf das Vorbringen einzugehen, mit dem der das Vorliegen einer Abweichung von diesen Bestimmungen betreffende Teil des angefochtenen Beschlusses beanstandet wird. 1) Zur Definition des auf die Bestimmungen über die Besteuerung von Gewinnausschüttungen und die Steuerbefreiung von Beteiligungen beschränkten Referenzrahmens 262 Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission die Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften im Licht eines engen Bezugsrahmens beurteilt, der aus den Bestimmungen über die Steuerbefreiung von Beteiligungen und die Besteuerung von Gewinnausschüttungen, d. h. den Art. 164 und 166 LIR, besteht. i) Zur fehlenden Ausweitung des Referenzrahmens auf die Mutter-Tochter-Richtlinie 263 Das Großherzogtum Luxemburg und Engie machen geltend, die Kommission habe den Referenzrahmen fälschlicherweise auf die für rein innerstaatliche Sachverhalte geltenden Bestimmungen reduziert. Stattdessen hätte sie sich auch auf Situationen beziehen müssen, die in den Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie fallen. 264 Engie weist darauf hin, dass das Großherzogtum Luxemburg auf der Grundlage der zum Zeitpunkt des Erlasses der fraglichen Steuervorbescheide geltenden Mutter-Tochter-Richtlinie nicht verlangt habe, dass die Gewinne der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Tochtergesellschaften zuvor im Sitzstaat dieser Tochtergesellschaften besteuert würden, damit die in Luxemburg ansässigen Muttergesellschaften in den Genuss der in der Mutter-Tochter-Richtlinie vorgesehenen Befreiung kommen könnten. 265 Engie und das Großherzogtum Luxemburg fügen hinzu, dass die Kommission in Anbetracht der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Steuerbefreiung ohne die Voraussetzung einer vorherigen Besteuerung der Gewinne auf der Ebene der Tochtergesellschaft nicht ausschließlich grenzüberschreitenden Sachverhalten vorbehalten könne. 266 Auf der Grundlage des Urteils vom 13. November 1990, Marleasing (C‑106/89, EU:C:1990:395), betont Engie die Notwendigkeit, Art. 166 LIR im Licht des Unionsrechts auszulegen, insbesondere im Licht der zum Zeitpunkt des Erlasses der fraglichen Steuervorbescheide geltenden Mutter-Tochter-Richtlinie. 267 Darüber hinaus würde eine fehlende Angleichung der steuerlichen Behandlung von grenzüberschreitenden Gewinnausschüttungen und rein internen Ausschüttungen zu einer umgekehrten Diskriminierung auf der Ebene der in Luxemburg ansässigen Mutter- und Tochtergesellschaften führen. Die Kommission könne damit nicht die vom luxemburgischen Gesetzgeber im Hinblick auf die Befreiungsregelung für Beteiligungen getroffene Wahl – unabhängig davon, ob es sich um interne oder grenzüberschreitende Ausschüttungen handele – in Frage stellen. 268 Nach Ansicht von Engie und dem Großherzogtum Luxemburg verstößt eine solche fehlende Angleichung der steuerlichen Behandlung außerdem gegen Art. 107 AEUV, wie sich aus den Urteilen vom 22. Dezember 2008, Les Vergers du Vieux Tauves (C‑48/07, EU:C:2008:758), und vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a. (C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981), ergebe. 269 Die Kommission rechtfertigt die unterbliebene Ausweitung des Referenzrahmens auf grenzüberschreitende Sachverhalte im Wesentlichen damit, dass der Zweck der Mutter-Tochter-Richtlinie allein darin bestehe, eine Benachteiligung grenzüberschreitender Sachverhalte gegenüber rein innerstaatlichen Sachverhalten zu verhindern, und nicht darin, die Ausweitung der Vorzugsbehandlung grenzüberschreitender Sachverhalte auf rein innerstaatliche Sachverhalte zu rechtfertigen. 270 Insoweit ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Prüfung des Tatbestandsmerkmals der Selektivität grundsätzlich in einem ersten Schritt die Bestimmung des Referenzsystems impliziert, in das sich die betreffende Maßnahme einfügt. Ihr kommt im Fall von steuerlichen Maßnahmen erhöhte Bedeutung zu, da das tatsächliche Vorliegen einer Vergünstigung nur im Verhältnis zu einer sogenannten „normalen“ Besteuerung festgestellt werden kann (Urteile vom 6. September 2006, Portugal/Kommission, C‑88/03, EU:C:2006:511, Rn. 56, und vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck, C‑524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 55). 271 Zum anderen kann die Selektivität einer steuerlichen Maßnahme nicht anhand eines Referenzsystems beurteilt werden, das aus einigen Bestimmungen besteht, die aus einem breiteren rechtlichen Rahmen künstlich herausgelöst wurden (Urteil vom 28. Juni 2018, Deutschland/Kommission, C‑209/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:507, Rn. 99). 272 Der Kommission kann jedoch nicht vorgeworfen werden, dass sie im vorliegenden Fall die steuerliche Behandlung grenzüberschreitender Dividendenausschüttungen nach der zum Zeitpunkt des Erlasses der fraglichen Steuervorbescheide geltenden Mutter-Tochter-Richtlinie nicht berücksichtigt hat. 273 Erstens handelt es sich bei dem Sachverhalt, um den es in der vorliegenden Rechtssache geht, um einen rein innerstaatlichen Sachverhalt. Sowohl die betreffenden Holdinggesellschaften als auch die Tochter- und die Zwischengesellschaften sind im Großherzogtum Luxemburg ansässig. Die steuerlichen Situationen dieser Gesellschaften unterliegen im vorliegenden Fall derselben Steuerhoheit. Daher können die der Anwendung unterschiedlicher Steuerregelungen und der Beteiligung verschiedener Steuerhoheiten eigenen Gefahren einer Doppelbesteuerung, die im Fall grenzüberschreitender Ausschüttungen bestehen könnten, in einem rein innerstaatlichen Sachverhalt wie dem in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden nicht auftreten. 274 Zweitens war es nach der zum Zeitpunkt des Erlasses der fraglichen Steuervorbescheide geltenden Mutter-Tochter-Richtlinie zwar formal nicht vorgeschrieben, die Befreiung der Erträge aus Beteiligungen von der vorherigen Besteuerung der ausgeschütteten Gewinne auf der Ebene der Tochtergesellschaften abhängig zu machen. 275 Art. 4 der Mutter-Tochter-Richtlinie sah nämlich u. a. vor, dass der Mitgliedstaat des Sitzes der Muttergesellschaft, die Dividenden von einer gebietsfremden Tochtergesellschaft erhält, von deren Besteuerung absehen kann. 276 Gleichwohl zielte eine solche Befreiungsregelung, die formal nicht von der Besteuerung der ausgeschütteten Gewinne auf der Ebene der gebietsfremden Tochtergesellschaft abhängt, nach dem dritten Erwägungsgrund der Mutter-Tochter-Richtlinie vor allem darauf ab, den Zusammenschluss von Gesellschaften auf Unionsebene zu erleichtern und etwaigen Unterschieden zwischen den Steuervorschriften zweier verschiedener Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen. Eine solche Logik ist sicherlich nicht auf die Situation von Unternehmen mit Sitz in ein und demselben Mitgliedstaat übertragbar. 277 Die Urteile vom 13. November 1990, Marleasing (C‑106/89, EU:C:1990:395), vom 22. Dezember 2008, Les Vergers du Vieux Tauves (C‑48/07, EU:C:2008:758), und vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a. (C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981), stellen diese Feststellung nicht in Frage. 278 Zunächst kann das Urteil vom 13. November 1990, Marleasing (C‑106/89, EU:C:1990:395), nicht in dem von Engie gewünschten Sinne ausgelegt werden. In dieser Rechtssache hat der Gerichtshof entschieden, dass ein nationales Gericht im Rahmen eines Rechtsstreits, der in den Anwendungsbereich einer Richtlinie fällt, die in innerstaatliches Recht hätte umgesetzt werden müssen, verpflichtet ist, sein nationales Recht unter Berücksichtigung des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen. Im vorliegenden Fall geht es jedoch keineswegs um eine Auslegung von Art. 166 LIR in einem Fall, der in den Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie fällt, nämlich bei Gewinnausschüttungen zwischen Gesellschaften mit Sitz in verschiedenen Mitgliedstaaten. 279 Sodann kann auch das Urteil vom 22. Dezember 2008, Les Vergers du Vieux Tauves (C‑48/07, EU:C:2008:758), keine etwaige Verpflichtung des Großherzogtums Luxemburg begründen, die steuerliche Behandlung grenzüberschreitender Ausschüttungen an die von rein innerstaatlichen Ausschüttungen anzupassen. 280 In diesem Fall ging es nur um die Frage, ob der Begriff der Beteiligung im Sinne der Mutter-Tochter-Richtlinie das Halten von Anteilen der Gesellschaft aufgrund einer Nießbrauchsvereinbarung (und nicht in Volleigentum) einschließt, was der Gerichtshof verneint hat. 281 Der Gerichtshof hat jedoch auch darauf hingewiesen, dass ein Mitgliedstaat grenzüberschreitende Sachverhalte nicht ungünstiger behandeln darf als rein innerstaatliche Sachverhalte. So hat der Gerichtshof in der Rechtssache, in der das Urteil vom 22. Dezember 2008, Les Vergers du Vieux Tauves (C‑48/07, EU:C:2008:758), ergangen ist, entschieden, dass, wenn ein Mitgliedstaat Dividenden, die eine Gesellschaft erhält, die die Anteile einer Tochtergesellschaft aufgrund einer Nießbrauchsvereinbarung hält, von der Steuer befreit, dies auch in einem grenzüberschreitenden Fall gelten muss. Das Ziel des Unionsrechts besteht nämlich nicht darin, umgekehrte Diskriminierungen zu bekämpfen, sondern darin, sicherzustellen, dass grenzüberschreitende Sachverhalte nicht ungünstiger behandelt werden als rein innerstaatliche Sachverhalte und nicht umgekehrt. 282 Die gleiche Feststellung gilt schließlich für das Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a. (C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981). Entgegen dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg könnte ihm die Kommission nicht vorwerfen, eine staatliche Beihilfe gewährt zu haben, indem es grenzüberschreitende Dividendenausschüttungen günstiger behandelt als rein interne Ausschüttungen. 283 Die Voraussetzung der Zurechenbarkeit einer solchen Maßnahme an den Staat ist nämlich nicht erfüllt, wenn die in Rede stehende Maßnahme auf einen Unionsrechtsakt wie eine Richtlinie zurückzuführen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. April 2006, Deutsche Bahn/Kommission, T‑351/02, EU:T:2006:104, Rn. 99 bis 104). Im vorliegenden Fall ergibt sich die Befreiungsregelung für Beteiligungen aus der Mutter-Tochter-Richtlinie. 284 Jedenfalls steht die zum Zeitpunkt des Erlasses der fraglichen Steuervorbescheide geltende Mutter-Tochter-Richtlinie dem nicht entgegen, dass ein Zusammenhang zwischen der Besteuerung der ausgeschütteten Gewinne auf der Ebene einer Tochtergesellschaft und der anschließenden Befreiung der Erträge aus Beteiligungen auf der Ebene einer gebietsfremden Muttergesellschaft hergestellt und gefordert wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Dezember 2008, Les Vergers du Vieux Tauves, C‑48/07, EU:C:2008:758, Rn. 36 und 37). 285 Diese Richtlinie soll Doppelbesteuerungstatbestände vermeiden, was implizit, aber notwendigerweise darauf hindeutet, dass sie auf dem Postulat beruht, dass der Mitgliedstaat, in dem die Tochtergesellschaft ansässig ist, die von dieser erzielten Gewinne vor ihrer Ausschüttung besteuert (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Dezember 2008, Les Vergers du Vieux Tauves, C‑48/07, EU:C:2008:758, Rn. 36 und 37). 286 Außerdem wird diese Auslegung unabhängig von der Frage seiner zeitlichen Anwendbarkeit durch Art. 1 der Richtlinie 2014/86/EU des Rates vom 8. Juli 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/96 (ABl. 2014, L 219, S. 40) bestätigt, wonach die Befreiung grenzüberschreitender Erträge aus Beteiligungen nur möglich ist, wenn diese nicht von der Tochtergesellschaft abgezogen werden können. 287 Im vorliegenden Fall war die Kommission daher nicht verpflichtet, den Referenzrahmen auf die Regelung der Mutter-Tochter-Richtlinie zu erweitern, wobei diese im Übrigen zumindest bei rein innerstaatlichen Sachverhalten nicht dazu führen könnte, jeden Zusammenhang zwischen der Befreiung der Erträge aus Beteiligungen und der Besteuerung von Gewinnausschüttungen auszuschließen. ii) Zur Auslegung von Art. 164 in Verbindung mit Art. 166 LIR 288 Das Großherzogtum Luxemburg und Engie machen geltend, die Definition eines engeren Bezugsrahmens allein im Licht der Art. 164 und 166 LIR beruhe auf einer fehlerhaften Zusammenschau dieser beiden Bestimmungen. 289 Abgesehen davon, dass ein ZORA keine Gewinnausschüttung im Sinne von Art. 164 LIR impliziere, machen das Großherzogtum Luxemburg und Engie geltend, dass Art. 166 LIR nicht dahin ausgelegt werden könne, dass er die Steuerbefreiung auf der Ebene einer Muttergesellschaft davon abhängig mache, dass die während der Laufzeit des ZORA erzielten Erträge nicht auf der Ebene der Tochtergesellschaft abgezogen würden. 290 Ferner bedauert das Großherzogtum Luxemburg, dass die Kommission die Ausführungen in seinem Schreiben vom 31. Januar 2018 ignoriert habe, in dem klar erklärt worden sei, dass die Art. 164 und 166 LIR unterschiedliche Anwendungsbereiche hätten und dass die Einhaltung von Art. 164 LIR keine Anwendungsvoraussetzung von Art. 166 LIR sei. 291 Die Kommission betont insbesondere, dass die Komplementarität zwischen Art. 166 und Art. 164 Abs. 1 und 2 LIR unerlässlich sei, um die Kohärenz des luxemburgischen Steuersystems zu gewährleisten, was im Übrigen durch die Steuerdoktrin bestätigt werde. 292 Insoweit ist zwar zum einen darauf hinzuweisen, dass Art. 166 LIR die Gewährung der Befreiung der Erträge aus Beteiligungen auf der Ebene einer Muttergesellschaft formal nicht von der vorherigen Besteuerung der ausgeschütteten Gewinne auf der Ebene ihrer Tochtergesellschaft abhängig macht. 293 Gleichwohl kann die Befreiung der Erträge aus Beteiligungen nur dann gewährt werden, wenn die von einer Tochtergesellschaft ausgeschütteten Erträge zuvor besteuert worden sind, es sei denn, man zieht bei einem rein innerstaatlichen Sachverhalt die Hypothese einer doppelten Nichtbesteuerung von Gewinnen in Betracht. 294 Schematisch sieht Art. 164 LIR die Besteuerung der von einer Gesellschaft erzielten Erträge unabhängig davon vor, ob diese Erträge ausgeschüttet werden oder nicht. Zu diesen Erträgen gehören nach Art. 164 Abs. 3 LIR auch verdeckte Gewinnausschüttungen. Art. 166 LIR befreit Erträge aus Beteiligungen unter bestimmten Voraussetzungen von der Steuer, womit Doppelbesteuerungen vermieden werden können. Ausgeschüttete Gewinne, die auf der Ebene der Tochtergesellschaft besteuert wurden, werden auf der Ebene der Muttergesellschaft nämlich grundsätzlich als steuerpflichtige Erträge erfasst. 295 Der Zusammenhang zwischen den beiden Bestimmungen ergibt sich ausdrücklich aus der Antwort des Großherzogtums Luxemburg vom 31. Januar 2018. Entsprechend dem im 202. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten und in der Fußnote 223 wiedergegebenen eindeutigen Zitat hat das Großherzogtum Luxemburg anerkannt, dass „alle Beteiligungen, deren Erträge in den Genuss der Freistellungsregelung nach Art. 166 LIR kommen, … auch von Art. 164 [LIR] erfasst [werden]“. 296 Der Zusammenhang zwischen diesen beiden Bestimmungen geht umso deutlicher aus der Stellungnahme des luxemburgischen Conseil d’État (Staatsrat) vom 2. April 1965 zu dem Gesetzentwurf zur Aufnahme von Art. 166 in die LIR hervor, auf den die Kommission in den Fußnoten 139 und 238 des angefochtenen Beschlusses zu Recht verweist. Wie der luxemburgische Conseil d’État feststellt, ermöglicht Art. 166 LIR „aus Gründen der Steuergerechtigkeit und aus wirtschaftlichen Gründen“ die Vermeidung einer Doppel- oder Dreifachbesteuerung von ausgeschütteten Erträgen, nicht aber – im Wesentlichen – ein völliges Ausbleiben einer Besteuerung dieser Erträge. 297 Mit anderen Worten gilt die Befreiung von Erträgen aus Beteiligungen nur für Erträge, die nicht von der Bemessungsgrundlage der Tochtergesellschaft abgezogen wurden. 298 Folglich hat die Kommission keinen Rechtsfehler begangen, als sie im 204. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses einen Zusammenhang zwischen den Art. 164 und 166 LIR, d. h. zwischen der Befreiung der Erträge aus Beteiligungen auf der Ebene der Muttergesellschaft und der Besteuerung der ausgeschütteten Gewinne auf der Ebene ihrer Tochtergesellschaft, festgestellt hat. 299 Zum anderen machen das Großherzogtum Luxemburg und Engie geltend, dass ein ZORA keine Gewinnausschüttung im Sinne von Art. 164 LIR impliziere, so dass die Bezugnahme auf diesen Artikel, insbesondere in den Erwägungsgründen 204 und 210 ff. des angefochtenen Beschlusses, fehlerhaft sei. 300 Zwar handelt es sich bei den ZORA-Akkretionen formal nicht um Gewinnausschüttungen, doch entsprechen die auf der Ebene der LNG Holding befreiten Erträge aus Beteiligungen im Wesentlichen dem Betrag dieser Akkretionen, so dass diese, wie in den Erwägungsgründen 210 bis 212 des angefochtenen Beschlusses zutreffend ausgeführt wird, unter den ganz besonderen Umständen des vorliegenden Falles und unter Berücksichtigung der Unternehmensstruktur mit einer Holding, einer Zwischengesellschaft und einer Tochtergesellschaft materiell Gewinnausschüttungen entsprechen. Die Kommission konnte somit für die Definition des engen Referenzrahmens zu Recht die Art. 164 und 166 LIR, die im nationalen Recht die Besteuerung von Erträgen aus Beteiligungen regeln, in Anspruch nehmen. 301 Daher ist das Vorbringen, Art. 164 in Verbindung mit Art. 166 LIR sei falsch ausgelegt worden, und folglich das gesamte Vorbringen, mit dem die Definition des engen Referenzrahmens durch die Kommission beanstandet wird, zurückzuweisen. 2) Zur Abweichung von den Bestimmungen über die Besteuerung von Gewinnausschüttungen und die Steuerbefreiung von Beteiligungen 302 In den Erwägungsgründen 208 bis 226 des angefochtenen Beschlusses stellte die Kommission fest, dass die luxemburgischen Steuerbehörden durch die fraglichen Steuervorbescheide von den Bestimmungen über die Besteuerung von Gewinnausschüttungen und die Steuerbefreiung von Beteiligungen abgewichen seien, indem sie den betreffenden Holdinggesellschaften eine Steuerbefreiung für Erträge aus Beteiligungen ermöglicht hätten, die wirtschaftlich gesehen den ZORA-Akkretionen entsprächen, die auf Ebene ihrer jeweiligen Tochtergesellschaften als Aufwendungen abgezogen worden seien. 303 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass, wie oben in den Rn. 247 und 248 festgestellt, der Nachweis einer Abweichung von den luxemburgischen Bestimmungen über die Steuerbefreiung von Beteiligungen und die Besteuerung von Gewinnausschüttungen, sollte er erbracht sein, zur Feststellung eines Vorteils führt. 304 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt die Beurteilung der zum Begriff der „staatlichen Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV gehörenden Voraussetzung der Selektivität des gewährten Vorteils die Feststellung, ob eine nationale Maßnahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung geeignet ist, „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ gegenüber anderen Unternehmen oder Produktionszweigen zu begünstigen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden und somit eine unterschiedliche Behandlung erfahren, die im Wesentlichen als diskriminierend eingestuft werden kann (vgl. Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a., C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 54 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 305 Das Großherzogtum Luxemburg und Engie machen im Wesentlichen geltend, dass im vorliegenden Fall keine Abweichung festgestellt werden könne, da erstens Art. 164 LIR nicht für ZORA gelte und kein unmittelbarer und offensichtlicher Zusammenhang zwischen der Abzugsfähigkeit der ZORA-Akkretionen auf der Ebene der Tochtergesellschaften und der Befreiung der Erträge aus Beteiligungen auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften bestehe, zweitens die Erhöhung des Wertes der ZORA zum Zeitpunkt ihrer Ausgabe ungewiss gewesen sei, drittens die Art. 164 und 166 LIR bei isolierter Betrachtung korrekt angewandt worden seien, viertens die Kommission keinen Verstoß gegen diese beiden Bestimmungen, jeweils für sich genommen, nachgewiesen habe, und fünftens keine Vorzugsbehandlung der Engie-Gruppe auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften nachgewiesen worden sei. i) Zur Anwendung von Art. 164 LIR auf ein ZORA und zum Bestehen eines Zusammenhangs zwischen der Abzugsfähigkeit der ZORA-Akkretionen auf der Ebene der Tochtergesellschaften und der Befreiung der Erträge aus Beteiligungen auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften 306 Das Großherzogtum Luxemburg und Engie weisen darauf hin, dass Art. 164 LIR im luxemburgischen Recht nur die Gewinnausschüttungen regele, nicht aber das ZORA, das zum Teil ein Schuldtitelinstrument und zum Teil ein Kapitalinstrument sei. 307 Die Kommission lasse somit die Konvertierbarkeit des ZORA, die dazu führe, dass Art. 164 LIR nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar sei, so dass keine Abweichung von dieser Bestimmung festgestellt werden könne, außer Acht. Die Kommission habe ihre Analyse auf eine teleologische Auslegung des luxemburgischen Steuerrechts gestützt und damit gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Steuer verstoßen, wonach Steuergesetze eng auszulegen seien. 308 Nach Auffassung von Engie liegt auch deshalb keine solche Abweichung vor, weil kein unmittelbarer und offensichtlicher Zusammenhang zwischen dem von LNG Holding erzielten Gewinn und den auf der Ebene von LNG Supply als Aufwand abgezogenen ZORA-Akkretionen festgestellt werden könne. Die Kommission habe auch zu Unrecht den Abschluss des vorausbezahlten Terminkaufvertrags mit der anschließenden Herabsetzung des Kapitals der LNG Supply in Verbindung gebracht, die im Übrigen zum Zeitpunkt der Erteilung der fraglichen Steuervorbescheide nicht vorgesehen gewesen sei. Da keine solche Verbindung bestehe, seien die fraglichen Steuervorbescheide im Ergebnis nicht von dem herangezogenen Referenzrahmen abgewichen. 309 Außerdem seien die ZORA-Akkretionen laut Engie als steuerpflichtiger Gewinn in den Abschlüssen von LNG Luxembourg verbucht worden, so dass die Steuerbefreiung – unterstellt, es werde ein Zusammenhang zwischen dem Betrag der auf der Ebene von LNG Supply als Aufwendungen abgezogenen Akkretionen und dem auf der Ebene von LNG Holding steuerbefreiten Betrag festgestellt – letztlich keinen völlig unversteuert gebliebenen Betrag betroffen habe. 310 Die Kommission hält dieses gesamte Vorbringen für unbegründet. Insbesondere macht sie geltend, dass, wenn derselbe Gewinnbetrag auf der Ebene des ausschüttenden Unternehmens als Aufwand abgezogen und auf der Ebene des Begünstigten als Ertrag steuerbefreit werden könnte, dieser Gewinn im Großherzogtum Luxemburg jeglicher Besteuerung entginge, was im vorliegenden Fall ohne Weiteres das Vorliegen einer Abweichung von dem auf die Holdinggesellschaften anwendbaren engen Referenzrahmen erkennen lasse. 311 Im Gegensatz zu einem formalistischen Ansatz, der darin besteht, jeden der Vorgänge, aus denen sich die raffinierte Finanzkonstruktion zusammensetzt, isoliert zu betrachten, ist es in Übereinstimmung mit der Kommission geboten, das rechtliche Erscheinungsbild beiseitezulassen, um die wirtschaftliche und steuerliche Realität der Konstruktion zu erfassen. Bei der Ermittlung, ob staatliche Maßnahmen staatliche Beihilfen sein können, sind im Wesentlichen die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die begünstigten Unternehmen zu berücksichtigen (vgl. Urteil vom 13. September 2010, Griechenland u. a./Kommission, T‑415/05, T‑416/05 und T‑423/05, EU:T:2010:386, Rn. 212 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 312 Obwohl es sich bei den ZORA-Akkretionen formal nicht um Gewinnausschüttungen handelt, entsprechen die auf der Ebene der LNG Holding steuerbefreiten Erträge aus Beteiligungen im Wesentlichen dem Betrag dieser Akkretionen, so dass sie, wie sich aus den Erwägungsgründen 210 bis 212 des angefochtenen Beschlusses zu Recht ergibt, unter den ganz besonderen Umständen des vorliegenden Falles der Sache nach Gewinnausschüttungen entsprechen. 313 Die fraglichen Steuervorbescheide billigen verschiedene, ein Ganzes bildende Transaktionen, durch die die Übertragung eines Geschäftsbereichs und deren Finanzierung zwischen drei Unternehmen derselben Gruppe in einer zirkulären und voneinander abhängigen Weise umgesetzt wird. Diese Transaktionen wurden so konzipiert, dass sie in drei aufeinanderfolgenden, jedoch miteinander verknüpften Schritten abliefen, an denen eine Holdinggesellschaft, eine Zwischengesellschaft und eine Tochtergesellschaft beteiligt waren. 314 Zwar wurden erstens die ZORA-Akkretionen in den Abschlüssen der Zwischengesellschaften als steuerpflichtiger Gewinn verbucht. 315 Jedoch haben das Großherzogtum Luxemburg und Engie auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt, dass dieser Gewinn auf der Ebene der Zwischengesellschaften zum Zeitpunkt der Erfüllung des zwischen den Zwischengesellschaften und den betreffenden Holdinggesellschaften abgeschlossenen vorausbezahlten Terminkaufvertrags durch einen Verlust in gleicher Höhe ausgeglichen worden sei. 316 Darüber hinaus wurden die betreffenden Holdinggesellschaften nach diesem Vertrag automatisch Inhaber der zum Zeitpunkt der Umwandlung der betreffenden ZORA ausgegebenen Anteile, die den Nennbetrag des gewährten Darlehens und die von den Tochtergesellschaften erzielten Gewinne beinhalteten. 317 Mit anderen Worten hat es der zwischen den betreffenden Holdinggesellschaften und den Zwischengesellschaften abgeschlossene vorausbezahlte Terminkaufvertrag in Wirklichkeit ermöglicht, den steuerpflichtigen Gewinn auf der Ebene der Zwischengesellschaften auszugleichen und zugleich das Eigentum an den zum Zeitpunkt der Umwandlung der fraglichen ZORA ausgegebenen Anteile auf diese Holdinggesellschaften zu übertragen. 318 Damit wurden die betreffenden Holdinggesellschaften Inhaber dieser Anteile, deren Wert die ZORA-Akkretionen beinhaltet. 319 Zweitens ist zwar auch die Erfüllung des vorausbezahlten Terminkaufvertrags in jeder Hinsicht ein von der späteren Annullierung eines Teils der erhaltenen Anteile der Tochtergesellschaften zu unterscheidender Vorgang. 320 Für die LNG Holding entsprachen jedoch im vorliegenden Fall die auf ihrer Ebene aufgrund des vorausbezahlten Terminkaufvertrags erzielten Erträge und erst recht die infolge der Annullierung der Anteile der LNG Supply erzielten Erträge wirtschaftlich gesehen in Wirklichkeit dem Betrag der vor der teilweisen Umwandlung dieses ZORA erzielten ZORA-Akkretionen, was das Großherzogtum Luxemburg in der mündlichen Verhandlung in Beantwortung einer Frage des Gerichtshofs ausdrücklich eingeräumt hat. 321 Diese Feststellung kann nicht mit dem Argument in Frage gestellt werden, dass sich die fraglichen Steuervorbescheide nicht zur späteren Annullierung eines Teils der erhaltenen Anteile der Tochtergesellschaften, sondern nur zur Erfüllung des vorausbezahlten Terminkaufvertrags geäußert hätten. 322 Aus dem Antrag auf Erteilung eines Steuervorbescheids vom 20. September 2013, wie er im 43. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zitiert wird, geht nämlich eindeutig hervor, dass die spätere Annullierung eines Teils der erhaltenen Anteile der Tochtergesellschaften auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften sehr wohl vor der Umwandlung der betreffenden ZORA vorgesehen war. 323 Darin heißt es nämlich, dass „[die LNG Holding d]urch die Kapitalherabsetzung durch [LNG Supply] … einen Gewinn in Höhe der Differenz zwischen dem Nennwert der umgewandelten Anteile und dem Umwandlungsbetrag erfassen [wird]“ und „[d]ieser Gewinn … in den Abschlüssen der [LNG Holding] sichtbar sein und, wie zuvor von der Steuerverwaltung bestätigt, … unter die Steuerbefreiung von Beteiligungen [fallen wird]“. 324 Der ausdrückliche Hinweis auf die vorherige diesbezügliche Bestätigung der luxemburgischen Steuerverwaltung weist im Wesentlichen darauf hin, dass es sich bei den von der LNG Holding erzielten Erträgen aus der Herabsetzung des Kapitals der LNG Supply um diejenigen Erträge handelte, für die – insbesondere in dem vom Großherzogtum Luxemburg positiv beantworteten Antrag auf Erteilung eines Steuervorbescheids vom 9. September 2008 – die Anwendung von Art. 166 LIR beantragt worden war. 325 Drittens ist zwar die Abzugsfähigkeit der ZORA-Akkretionen auf der Ebene der Tochtergesellschaften formal ein von der Befreiung der Erträge aus Beteiligungen auf der Ebene der Holdinggesellschaften getrennter Vorgang. 326 Gleichwohl besteht in Wirklichkeit eine unmittelbare Verbindung zwischen diesen beiden Vorgängen. Die auf der Ebene der LNG Holding gemäß Art. 166 LIR steuerbefreiten Erträge entsprechen im Wesentlichen, wie das Großherzogtum Luxemburg in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, den auf der Ebene der LNG Supply abgezogenen ZORA-Akkretionen. 327 Somit hat die Kommission zu Recht die Wechselwirkungen zwischen mehreren Vorgängen, die zwar formal getrennt waren, aber inhaltlich zusammengehören, dargelegt, und die Auffassung vertreten, dass die luxemburgische Steuerverwaltung dadurch, dass sie auf der Ebene der Holdinggesellschaften die Befreiung der Erträge aus Beteiligungen, die wirtschaftlich gesehen dem Betrag der auf der Ebene der Tochtergesellschaften als Aufwand abgezogenen ZORA-Akkretionen entsprächen, bestätigt habe, von dem aus den Art. 164 und 166 LIR bestehenden Referenzrahmen abgewichen sei. ii) Zum ungewissen Wert eines ZORA zum Zeitpunkt seiner Ausgabe 328 Das Großherzogtum Luxemburg und Engie machen geltend, die Kommission habe nicht außer Acht lassen dürfen, dass die Werterhöhung der ZORA zum Zeitpunkt ihres Abschlusses und zum Zeitpunkt des Erlasses der fraglichen Steuervorbescheide ungewiss gewesen sei. Genau dies sei nach Auffassung des Großherzogtums Luxemburg für CEF der Fall, zumal das ZORA, von dem GSTM profitiert habe, nicht umgewandelt worden sei. 329 Das Großherzogtum Luxemburg und Engie sind der Ansicht, dass die am Tag der Ausstellung der fraglichen Steuervorbescheide bestehende Ungewissheit im Hinblick auf die künftige Erzielung eines Gewinns durch die von dem fraglichen ZORA profitierenden Tochtergesellschaften die Feststellung einer Abweichung vom engen Referenzrahmen im Wesentlichen ausschließe. 330 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass als staatliche Beihilfen Maßnahmen gleich welcher Art gelten, die mittelbar oder unmittelbar Unternehmen begünstigen oder die als ein wirtschaftlicher Vorteil anzusehen sind, den das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte (Urteil vom 9. Oktober 2014, Ministerio de Defensa und Navantia, C‑522/13, EU:C:2014:2262, Rn. 21). 331 Außerdem kann eine Maßnahme auch dann eine staatliche Beihilfe darstellen, wenn die Höhe der Beihilfe und erst recht die Feststellung eines Vorteils von Umständen außerhalb des Steuersystems abhängen. 332 Somit kann eine Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV darstellen, auch wenn sich der Vorteil zum Zeitpunkt des Erlasses der fraglichen Maßnahme noch nicht verwirklicht hat. Die bloße Wahrscheinlichkeit einer künftigen Verwirklichung des Vorteils reicht aus. Die fehlende Verwirklichung des Vorteils schließt nämlich nur die Rückforderung der Beihilfe aus, nicht aber ihre Einstufung als solche. 333 Zwar kommen im vorliegenden Fall der Vorteil und letztlich die Abweichung vom Referenzrahmen dann in vollem Umfang zum Ausdruck, wenn die Tochtergesellschaften während der Laufzeit des fraglichen ZORA einen Gewinn erzielen. Gleichwohl schließt die am Tag des Abschlusses der fraglichen ZORA bestehende Ungewissheit im Hinblick auf die Erzielung eines Gewinns auf der Ebene der Tochtergesellschaften die Gewährung eines selektiven Vorteils für die betreffenden Holdinggesellschaften und die Feststellung einer Abweichung vom engen Referenzrahmen nicht aus. 334 Zum Zeitpunkt der Erteilung der fraglichen Steuervorbescheide hat sich die luxemburgische Steuerverwaltung nämlich im Licht der ihr unterbreiteten Finanzkonstruktion für die Befreiung der Erträge aus Beteiligungen auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften ausgesprochen, die wirtschaftlich gesehen Erträgen, die auf der Ebene der Tochtergesellschaften als Aufwand abgezogen wurden, entsprechen konnten. 335 Die Kommission hat daher keinen Fehler begangen, als sie zu dem Schluss kam, dass die luxemburgischen Steuerbehörden bei der Festlegung der steuerlichen Sonderregelung für die betreffenden Holdinggesellschaften einen rechtlichen Rahmen abgesteckt haben, der ihnen die Gewährung eines Vorteils ermöglichte, und damit vom engen Referenzrahmen abgewichen sind. iii) Zur Feststellung einer Ausnahme aufgrund der kombinierten Wirkung allgemeiner Bestimmungen 336 Engie macht geltend, dass die Kommission die im Gesetz nicht vorgesehene kombinierte Wirkung der Abzugsfähigkeit der ZORA-Akkretionen auf der Ebene der Tochtergesellschaften und der Befreiung der Erträge aus Beteiligungen auf der Ebene der Holdinggesellschaften nicht habe berücksichtigen dürfen. Die Anwendung zweier allgemeiner Bestimmungen auf einen Einzelfall kann nach Ansicht von Engie keinen Vorteil verschaffen, wenn die betreffenden Bestimmungen allgemein gelten und die Anwendung jeder dieser Bestimmungen für sich genommen mit ihrer normalen Anwendung übereinstimme. 337 Die Kommission sei von ihrer Entscheidungspraxis abgewichen, wie sie aus ihrem Beschluss 2014/200/EU vom 17. Juli 2013 über die staatliche Beihilfe SA.21233 C/11 (ex NN/11, ex CP 137/06) Spaniens – Auf bestimmte Finanzierungs-Leasingvereinbarungen anwendbares Steuersystem, das auch als spanisches True-Lease-Modell bezeichnet wird (ABl. 2014, L 114, S. 1, im Folgenden: Beschluss über das spanische True-Lease-Modell), hervorgehe, wonach jede steuerliche Maßnahme – gesondert betrachtet – von der normalen Anwendung der fraglichen Steuervorschriften abweichen müsse. Dieses Erfordernis sei bei mehreren Steuerpflichtigen, wie im vorliegenden Fall, noch wichtiger gewesen. 338 Engie fügt hinzu, dass die von der Kommission im angefochtenen Beschluss vertretene Auffassung voraussetze, dass nach einem Grundsatz der Kohärenz die Anwendung von Steuervorschriften auf einen Steuerpflichtigen von der steuerlichen Behandlung eines anderen Steuerpflichtigen nach anderen allgemeinen Bestimmungen abhängig gemacht werde. Auch habe die Kommission das Urteil vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich (C‑106/09 P und C‑107/09 P, EU:C:2011:732), verkannt, das die Berücksichtigung der Wirkungen einer Steuerregelung auf den Fall beschränkt habe, dass ihre Konzeption eindeutig willkürlich oder parteiisch sei. 339 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. 340 Wie aus den vorstehenden Rn. 306 bis 327 hervorgeht, muss nach luxemburgischem Recht ein Zusammenhang zwischen der Befreiung von Erträgen aus Beteiligungen auf der Ebene einer Muttergesellschaft und der Abzugsfähigkeit der ausgeschütteten Erträge auf der Ebene ihrer Tochtergesellschaft festgestellt werden. 341 Die Anwendung einer solchen Steuerbefreiung kann daher nicht in Betracht gezogen werden, ohne dass zuvor geprüft wird, ob die steuerbefreiten Erträge Gegenstand einer Besteuerung waren. Die steuerliche Behandlung der Gesellschaft, die die ausgeschütteten Erträge bezieht, hängt, was Art. 166 LIR betrifft, von der steuerlichen Behandlung der ausschüttenden Gesellschaft ab. 342 Im vorliegenden Fall besteht gemäß den vorstehenden Rn. 312 bis 327 auch ein Zusammenhang zwischen der Abzugsfähigkeit der ZORA-Akkretionen auf der Ebene von LNG Supply und der Befreiung der Erträge aus Beteiligungen, die wirtschaftlich diesen Akkretionen entsprechen, auf der Ebene von LNG Holding. Dieser Zusammenhang ergibt sich aus der von Engie implementierten Finanzierungsstruktur und den verschiedenen zwischen den Gesellschaften der Engie-Gruppe geschlossenen Verträgen, wie sie durch die fraglichen Steuervorbescheide gebilligt wurden. Die den Wert der ZORA-Akkretionen beinhaltenden LNG-Supply-Anteile werden nämlich über dieses ZORA von LNG Supply an LNG Luxembourg und über den vorausbezahlten Terminkaufvertrag von LNG Luxembourg an die LNG Holding geleitet, die durch die Annullierung der erhaltenen Anteile letztlich einen steuerfreien Kapitalgewinn erzielt. Das Gleiche gilt zwischen GSTM und CEF, auch wenn das ZORA, von dem Erstere profitiert, nicht umgewandelt worden ist. 343 Aufgrund dieses Zusammenhangs und der Berücksichtigung der kombinierten Wirkung dieser beiden Vorgänge auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften weichen die fraglichen Steuervorbescheide vom engen Referenzrahmen ab. Im vorliegenden Fall kam eine Befreiung der Erträge aus Beteiligungen, die wirtschaftlich gesehen den ZORA-Akkretionen entsprechen, auf der Ebene der LNG Holding nicht in Betracht, da diese Akkretionen auf der Ebene von LNG Supply als Aufwand abgezogen wurden. 344 Aufgrund dieser kombinierten Wirkung konnte die Kommission in den Erwägungsgründen 208 und 209 des angefochtenen Beschlusses zu Recht feststellen, dass eine Abweichung von dem aus den Art. 164 und 166 LIR bestehenden Referenzrahmen vorlag. 345 Angesichts des Vorliegens dieser Zusammenhänge hat die Kommission daher keinen Rechtsfehler begangen, als sie auf der Ebene der Holdinggesellschaften die kombinierte Wirkung der Abzugsfähigkeit eines Ertrags auf der Ebene einer Tochtergesellschaft mit dessen späterer Steuerbefreiung auf der Ebene der Muttergesellschaft berücksichtigt hat. 346 Diese Schlussfolgerung kann durch den oben in Rn. 337 angeführten Beschluss über das spanische True-Lease-Modell nicht in Frage gestellt werden. 347 Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Entscheidungspraxis der Kommission in anderen Fällen nicht die Gültigkeit eines angefochtenen Beschlusses berühren kann, die nur anhand der objektiven Normen des Vertrags zu beurteilen ist (vgl. Urteil vom 20. September 2019, Havenbedrijf Antwerpen und Maatschappij van de Brugse Zeehaven/Kommission, T‑696/17, EU:T:2019:652, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung). 348 Zum anderen ergibt sich unabhängig von der Erwägung, dass die Kommission nicht an ihre frühere Entscheidungspraxis gebunden ist, insbesondere aus den Erwägungsgründen 131 und 140 des Beschlusses über das spanische True-Lease-Modell, dass die Kommission in dieser Rechtssache, auch wenn die steuerliche Konstruktion dort auf der Kombination mehrerer verschiedener steuerlicher Maßnahmen beruhte, die Feststellung der Selektivität des spanischen True-Lease-Modells nicht von der Feststellung der Selektivität jeder der – gesondert betrachteten – Maßnahmen, aus der die Regelung bestand, abhängig machen wollte. Auch bestand das spanische True-Lease-Modell aus fünf Maßnahmen, deren kombinierte Anwendung sich im Gegensatz zum vorliegenden Fall, in dem die Art. 164 und 166 LIR betroffen sind, deren Komplementarität sich im Wesentlichen aus ihrer Zusammenschau ergibt, weder formal noch inhaltlich aus einer gesetzlichen Bestimmung ergab. 349 Das Urteil vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich (C‑106/09 P und C-107/09 P, EU:C:2011:732), kann ebenso wenig dahin ausgelegt werden, dass die Berücksichtigung der Wirkungen einer Maßnahme allein auf ihren als „willkürlich oder parteiisch“ definierten Charakter beschränkt wäre. 350 Zum einen ist festzustellen, dass sich die Rechtssachen, in denen das Urteil vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich (C‑106/09 P und C‑107/09 P, EU:C:2011:732), ergangen ist, erheblich von der vorliegenden unterscheiden, da die fragliche Regelung selbst den Referenzrahmen darstellte, anhand dessen die bevorzugte Behandlung von „Offshore-Unternehmen“ festgestellt worden war. 351 Zum anderen unterscheidet Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht nach den Gründen und Zielen staatlicher Eingriffe, sondern definiert diese nach ihren Wirkungen und somit unabhängig von den verwendeten Techniken. Die von Engie angeführte Rechtsprechung kann jedoch nur in Streitfällen herangezogen werden, die dem Szenario, das dem Urteil vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich (C‑106/09 P und C‑107/09 P, EU:C:2011:732), zugrunde lag, ähnlich sind. iv) Zum Fehlen eines Verstoßes gegen die jeweils gesondert betrachteten Art. 164 und 166 LIR 352 Das Großherzogtum Luxemburg macht geltend, da die Art. 164 und 166 LIR im Einklang mit dem nationalen Recht angewandt worden seien, hätte die Kommission nachweisen müssen, dass die fraglichen Steuervorbescheide gegen diese Artikel verstießen. 353 Im Licht des Urteils vom 12. November 2013, MOL/Kommission (T‑499/10, EU:T:2013:592), hätte die Kommission unter Bezugnahme auf die Bestimmungen, auf denen die fraglichen Steuervorbescheide beruhten, und durch den Nachweis eines Verstoßes gegen diese Bestimmungen die Selektivität dieser Steuervorbescheide feststellen müssen. 354 Die Kommission betont, dass die Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide weniger von einer fehlerhaften Anwendung der Bestimmungen, auf deren Grundlage diese Steuervorbescheide erlassen worden seien, abhänge, als von der Selektivität dieser Bestimmungen. 355 Hierzu ist festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg im vorliegenden Fall die Feststellung einer Abweichung vom engen Referenzrahmen nicht von der Feststellung eines Verstoßes gegen die jeweils gesondert betrachteten Art. 164 und 166 LIR abhing. Vielmehr war die Abweichung im Licht einer Kombination der Art. 164 und 166 LIR zu beurteilen, die den engen Bezugsrahmen bildeten, wonach Erträge aus Beteiligungen auf der Ebene einer Muttergesellschaft nicht steuerbefreit werden konnten, wenn diese Erträge auf der Ebene ihrer Tochtergesellschaft nicht besteuert worden sind, und umgekehrt. 356 Aus den Erwägungsgründen 212 und 213 des angefochtenen Beschlusses geht jedoch hervor, dass die fraglichen Steuervorbescheide vom engen Bezugsrahmen abweichen, da die Engie-Gruppe aufgrund dieser Steuervorbescheide auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften von einer Steuerbefreiung für Erträge profitiert hat, die wirtschaftlich ausgeschütteten Gewinnen, die nicht auf der Ebene ihrer Tochtergesellschaften besteuert worden sind, entsprachen. Genau dies galt für das zugunsten von LNG Supply aufgelegte ZORA. Der LNG Holding wurde nämlich eine Steuerbefreiung für Erträge aus Beteiligungen erteilt, die wirtschaftlich gesehen den von LNG Supply als Aufwand abgezogenen Erträgen entsprachen. 357 Die Verpflichtung, einen Verstoß der fraglichen Steuervorbescheide gegen die Art. 164 und 166 LIR nachzuweisen, ergibt sich auch nicht aus dem Urteil vom 12. November 2013, MOL/Kommission (T‑499/10, EU:T:2013:592). Entgegen dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg lässt sich diesem Urteil nämlich nur entnehmen, dass sich die Selektivität einer Beihilfemaßnahme aus einer der Verwaltung durch einen Rechtsakt mit allgemeiner Geltung eingeräumten Ermessensbefugnis ergeben kann, und zwar unabhängig von der Ausübung dieses Ermessens. Ferner wird in diesem Urteil klargestellt, dass bei fehlender Ausübung einer solchen Befugnis auf den Inhalt der Maßnahme abzustellen ist, um festzustellen, ob sie dem Begünstigten einen selektiven Vorteil verschafft. 358 Unter diesen Umständen ist das auf den fehlenden Nachweis eines Verstoßes gegen die jeweils gesondert betrachteten Art. 164 und 166 LIR gestützte Vorbringen zurückzuweisen. v) Zur Vorzugsbehandlung der Engie-Gruppe auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften 359 Engie und das Großherzogtum Luxemburg, unterstützt durch Irland, sind der Auffassung, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die fraglichen Steuervorbescheide die Engie-Gruppe gegenüber anderen Unternehmen oder Unternehmensgruppen, die sich in einer vergleichbaren Lage befänden, bevorzugt behandelt hätten. 360 Nach Ansicht von Engie hat die Kommission keine Nachweise erbracht für das Vorliegen abweichender Steuervorbescheide und für eine Weigerung der luxemburgischen Steuerbehörden, einem Unternehmen in einer vergleichbaren Lage einen solchen Bescheid zu erteilen, oder aber für das Vorliegen einer Steuerprüfung bei Unternehmen, die die in den fraglichen Steuervorbescheiden vorgesehene Struktur eingerichtet hätten. 361 Im vorliegenden Fall habe nur eine faktische Diskriminierung festgestellt werden können, so dass die Kommission im Licht der Urteile vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich (C‑106/09 P und C‑107/09 P, EU:C:2011:732), und vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a. (C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981), bei Vorliegen einer Einzelmaßnahme, durch die eine allgemeine Regelung angewandt werde, typische und spezifische Merkmale der von den fraglichen Steuervorbescheiden begünstigten Unternehmen hätte ermitteln müssen, aufgrund deren sie von denjenigen unterschieden werden könnten, die davon ausgeschlossen seien. 362 Andernfalls hätte die Kommission nachweisen müssen, dass die in den fraglichen Steuervorbescheiden angewandten Steuervorschriften trotz ihrer scheinbaren Allgemeinheit für sich genommen geeignet seien, bestimmte Unternehmen aufgrund ihrer spezifischen Merkmale gegenüber anderen Unternehmen, die sich in einer vergleichbaren Lage befänden, zu begünstigen. 363 Das Großherzogtum Luxemburg, das insoweit von Irland unterstützt wird, macht ferner geltend, dass sich die Kommission, wenn jeder Steuerpflichtige, wie sie eingeräumt habe, in der Lage sei, eine der in den fraglichen Steuervorbescheiden ähnliche Finanzierungsstruktur zu schaffen, nicht auf die Selektivität dieser Steuervorbescheide hätte berufen dürfen. 364 Irland betont, dass, da jeder Steuerpflichtige die gleiche steuerliche Behandlung wie Engie in Anspruch nehmen könne, indem er eine ähnliche Finanzkonstruktion schaffe wie die, die in den fraglichen Steuervorbescheiden berücksichtigt worden sei, kaum eine Diskriminierung oder ein Ausschluss festgestellt werden könne. Die Kommission hätte nach Ansicht Irlands nachweisen müssen, dass eine andere Unternehmensgruppe trotz der Einrichtung einer ähnlichen Finanzkonstruktion de jure oder de facto von einer identischen steuerlichen Behandlung ausgeschlossen worden sei. Ohne eine solche Feststellung habe es jedoch keine Differenzierung durch das nationale Recht geben können: Der einzige Unterschied habe darin bestanden, wie sich die einzelnen Steuerpflichtigen in Bezug auf die Organisation ihrer Geschäfte entschieden hätten. 365 Nach Ansicht der Kommission kann die Tatsache, dass eine Finanzierungsstruktur grundsätzlich jedem Marktteilnehmer offensteht, die Selektivität der streitigen Steuervorbescheide nicht ausschließen. 366 Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach dem für die Feststellung der Selektivität der in Rede stehenden Maßnahme einschlägigen Maßstab zu prüfen ist, ob diese zwischen Wirtschaftsteilnehmern, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden allgemeinen Steuerregelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, eine durch die Natur oder den Aufbau dieses Systems nicht gerechtfertigte Unterscheidung einführt (Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a., C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 60). 367 Genauer gesagt ist die Voraussetzung der Selektivität erfüllt, wenn die Kommission nachweisen kann, dass eine nationale Maßnahme, die einen Steuervorteil verschafft, von der in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden allgemeinen oder „normalen“ Steuerregelung abweicht und damit durch ihre konkreten Auswirkungen eine unterschiedliche Behandlung von Wirtschaftsteilnehmern einführt, obwohl sich die Wirtschaftsteilnehmer, denen der Steuervorteil gewährt wird, im Hinblick auf das mit der Steuerregelung dieses Mitgliedstaats verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden (Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a., C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 67). 368 Aus der Rechtsprechung geht ebenso hervor, dass die Feststellung der Selektivität einer abweichenden steuerlichen Maßnahme nicht davon abhängig gemacht werden kann, dass eine besondere Gruppe von Unternehmen ermittelt wird, die sich aufgrund spezifischer Eigenarten unterscheiden lässt. Eine solche Ermittlung ist jedoch relevant, wenn sich eine Maßnahme nicht in Form eines von der allgemeinen Steuerregelung abweichenden Steuervorteils, sondern in Form der Anwendung einer „allgemeinen“ Steuerregelung darstellte, die auf Kriterien beruht, die auch an sich allgemeiner Art sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a., C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 71 bis 78). 369 Im Falle einer von einer allgemeinen Regelung abweichenden steuerlichen Maßnahme ergibt sich die Feststellung der Selektivität nicht zwangsläufig daraus, dass bestimmte Unternehmen aufgrund rechtlicher, wirtschaftlicher oder praktischer Zwänge, die sie an der Durchführung des Vorgangs, von dem die Gewährung des Vorteils abhängt, hindern, diesen Vorteil nicht in Anspruch nehmen können, doch kann sie sich allein aus der Feststellung ergeben, dass es einen Vorgang gibt, der zwar mit dem Vorgang vergleichbar ist, von dem die Gewährung des fraglichen Vorteils abhängt, aber keinen Anspruch auf diesen Vorteil begründet. Daraus folgt, dass eine steuerliche Maßnahme selektiv sein kann, auch wenn sich jedes Unternehmen frei dafür entscheiden kann, den Vorgang, von dem die Gewährung des in dieser Maßnahme vorgesehenen Vorteils abhängt, durchzuführen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a., C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 80 bis 88). 370 Im vorliegenden Fall geht aus den Erwägungsgründen 205 und 215 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Kommission davon ausging, dass die betreffenden Holdinggesellschaften steuerlich günstiger behandelt würden als Gesellschaften, die Erträge aus Beteiligungen erhielten und daher im Gegensatz zu diesen Holdinggesellschaften den Regeln über die Steuerbefreiung von Beteiligungen und die Besteuerung von Gewinnausschüttungen unterlägen. 371 Während die Befreiung der Erträge aus Beteiligungen auf der Ebene einer Muttergesellschaft in einem rein innerstaatlichen Sachverhalt nur bei einer Besteuerung der ausgeschütteten Erträge auf der Ebene ihrer Tochtergesellschaft in Betracht kommt, profitieren die betreffenden Holdinggesellschaften im vorliegenden Fall von einer Steuerbefreiung von Beteiligungen für Erträge, die wirtschaftlich gesehen dem Betrag der auf der Ebene ihrer jeweiligen Tochtergesellschaften als Aufwand abgezogenen ZORA-Akkretionen entsprechen. Für ein und denselben vergleichbaren Vorgang, nämlich die Vereinnahmung von Erträgen aus Beteiligungen im Anschluss an eine Investition in das Kapital einer Tochtergesellschaft, sind bestimmte Muttergesellschaften von dem Steuervorteil, von dem die betreffenden Holdinggesellschaften profitieren, ausgeschlossen. 372 Folglich hat die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass die betreffenden Holdinggesellschaften gegenüber jeder Muttergesellschaft, die Erträge aus Beteiligungen vereinnahmen konnte, die zum Zeitpunkt ihrer Ausschüttung nicht besteuert wurden, in den Genuss einer steuerlichen Vorzugsbehandlung gekommen sind. 373 Das Vorbringen von Engie und dem Großherzogtum Luxemburg kann diese Feststellung nicht in Frage stellen. 374 Zum einen macht Engie angesichts eines allen offenen Finanzierungssystems, das die betreffenden Holdinggesellschaften in Anspruch genommen hätten, geltend, dass die Kommission zur Feststellung der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide darlegen müsse, dass anderen Unternehmen in einer vergleichbaren Situation eine identische steuerliche Behandlung verweigert worden sei. 375 Selbst wenn jedoch Holdinggesellschaften im Rahmen von Finanzierungsmaßnahmen, die ebenfalls die Ausgabe eines ZORA durch eine Zwischengesellschaft umfassten, eine ähnliche steuerliche Behandlung wie CEF und LNG Holding erfahren sollten, wäre das Vorliegen identischer Steuervorbescheide allenfalls ein Indiz für eine etwaige Beihilferegelung und nicht für das Fehlen einer Diskriminierung. 376 Außerdem beruht die Argumentation von Engie auf der falschen Prämisse, dass der von der Kommission herangezogene Referenzrahmen aus der aus den fraglichen Steuervorbescheiden hervorgegangenen steuerlichen Sonderregelung für die betreffenden Holdinggesellschaften bestehe. Von der Kommission zu verlangen, dass sie zur Feststellung einer Diskriminierung die Unternehmen ermittelt, denen eine identische steuerliche Behandlung für dieselbe Finanzkonstruktion verweigert wurde, würde nämlich implizieren, dass die Kommission die genannte steuerliche Sonderregelung als Referenzrahmen herangezogen hätte. 377 Der Referenzrahmen, von dem die fraglichen Steuervorbescheide abweichen, besteht vielmehr aus den Art. 164 und 166 LIR, die die Besteuerung der Gewinnausschüttungen entweder auf der Ebene der Tochtergesellschaft oder auf der Ebene der Muttergesellschaft regeln. 378 Zum anderen kann auch das Vorbringen keinen Erfolg haben, die Kommission habe keine besondere Gruppe von Unternehmen, der die Gesellschaften der Engie-Gruppe angehörten, anhand ihrer spezifischen Eigenarten als privilegierte Gruppe ermittelt. 379 Wie oben in Rn. 368 ausgeführt, ist die Ermittlung einer solchen Kategorie nämlich nur im Rahmen einer allgemeinen Steuerregelung erforderlich, die für sich genommen den herangezogenen Referenzrahmen darstellt. 380 Dies ist vorliegend nicht der Fall, da sich die Kommission bei der Feststellung der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide auf die sich daraus ergebende Ungleichbehandlung gestützt hat, die darin besteht, dass diese Bescheide den betreffenden Holdinggesellschaften und nicht anderen Unternehmen, die sich im Licht des Ziels des engen Referenzrahmens, von dem die fraglichen Steuervorbescheide abweichen, in einer vergleichbaren Situation befinden, einen Vorteil verschaffen. 381 Die Kommission hat daher im angefochtenen Beschluss zu Recht eine steuerliche Vorzugsbehandlung der betreffenden Holdinggesellschaften festgestellt. Somit sind die Argumente, die gegen die Feststellung einer Abweichung von den Bestimmungen über die Besteuerung von Gewinnausschüttungen und die Steuerbefreiung von Beteiligungen und damit gegen die Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide vorgebracht werden, als unbegründet zurückzuweisen. vi) Schlussfolgerung zur Gewährung eines selektiven Vorteils für die Engie-Gruppe auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften im Licht des engen Referenzrahmens 382 Da zum einen die Kommission die Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide anhand von vier Argumentationslinien, von denen eine hilfsweise geltend gemacht wurde, nachgewiesen hat, und zum anderen das Vorbringen, mit dem die Stichhaltigkeit einer dieser Argumentationslinien, nämlich das Vorliegen eines selektiven Vorteils auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften im Licht des engen Referenzrahmens, bestritten werden soll, als unbegründet zurückgewiesen wurde, ist auf die Prüfung des gegen die verbleibenden alternativen Argumentationslinien geltend gemachten Vorbringens im Interesse der Verfahrensökonomie und insofern, als dieses Vorbringen ins Leere geht, gemäß der oben in den Rn. 230 und 231 angeführten Rechtsprechung grundsätzlich zu verzichten. 383 Angesichts der Neuartigkeit der Argumentation, mit der die Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide im Hinblick auf den die Rechtsmissbrauchsvorschrift beinhaltenden Referenzrahmen dargetan werden soll, hält es das Gericht jedoch für angebracht, auch die Stichhaltigkeit des gegen diese Argumentation geltend gemachten Vorbringens zu prüfen. d) Zum behaupteten Fehlen eines selektiven Vorteils im Licht der Rechtsmissbrauchsvorschrift 384 In den Erwägungsgründen 289 bis 312 des angefochtenen Beschlusses führt die Kommission aus, dass die fraglichen Steuervorbescheide Engie einen selektiven Vorteil verschafften, weil die Rechtsmissbrauchsvorschrift nicht angewandt worden sei. Nach dem 290. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses sei diese Bestimmung Bestandteil des luxemburgischen Körperschaftsteuersystems. 385 Nach der Rechtsmissbrauchsvorschrift darf „eine Steuerschuld nicht durch missbräuchliche Inanspruchnahme der Formen und Möglichkeiten des bürgerlichen Rechts umgangen oder gemindert werden“, und „[i]m Falle eines Missbrauchs sind die Steuern so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Umständen angepassten rechtlichen Struktur erhoben würden“. 386 Die Bezugnahme auf „Engie“, insbesondere im 162. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, zur Bezeichnung der Einheit, auf deren Ebene die Selektivität infolge der Nichtanwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift beurteilt werde, verweist gemäß dem 16. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf die Engie SA sowie auf die von dieser direkt oder indirekt kontrollierten Gesellschaften, d. h. in Luxemburg die betreffenden Holdinggesellschaften, die Zwischengesellschaften und die Tochtergesellschaften. 387 Nach den Erwägungsgründen 292 bis 298 des angefochtenen Beschlusses erfüllt die von Engie eingerichtete Finanzkonstruktion die vier sich aus der luxemburgischen Rechtsprechung ergebenden Voraussetzungen, wie sie der Kommission vom Großherzogtum Luxemburg in seiner Antwort vom 31. Januar 2018 auf das Schreiben vom 11. Dezember 2017 zur Kenntnis gebracht wurden, um einen Rechtsmissbrauch festzustellen, nämlich erstens die Verwendung einer Rechtsform des Privatrechts, zweitens die Verringerung der Steuerschuld, drittens die Verwendung einer unangemessenen rechtlichen Gestaltung und viertens das Fehlen nicht steuerbezogener Gründe. 388 Abgesehen von der Feststellung, dass die ZORA-Akkretionen auf der Ebene der betreffenden Tochtergesellschaften, der Zwischengesellschaften und der Holdinggesellschaften nicht besteuert worden seien, geht die Kommission in den Erwägungsgründen 304 bis 310 des angefochtenen Beschlusses im Hinblick auf die Bedingung der Verwendung einer unangemessenen rechtlichen Gestaltung davon aus, dass andere Finanzierungsmittel, wie z. B. Eigenkapitalinstrumente oder Darlehen, verfügbar und mit der Absicht des luxemburgischen Gesetzgebers vereinbar gewesen wären, da diese nicht zur Nichtbesteuerung der von den Tochtergesellschaften erzielten Erträge geführt hätten. 389 Zu den zur Verfügung stehenden Darlehensinstrumenten gehört nach Auffassung der Kommission ein unmittelbar von einer Muttergesellschaft zugunsten ihrer Tochtergesellschaft, ohne Beteiligung einer Zwischengesellschaft ausgegebenes ZORA. Die Kommission legt Art. 22bis LIR nämlich dahin aus, dass er, unterstellt, er sei auf ZORA-Akkretionen anwendbar, nur einen Aufschub der Besteuerung dieser Akkretionen erlauben würde. 390 In Art. 22bis Abs. 2 Nr. 1 LIR in der zum Zeitpunkt des Erlasses der fraglichen Steuervorbescheide geltenden Fassung, dessen Auslegung durch die Kommission beanstandet wird, heißt es: „2.   Abweichend von Artikel 22 Absatz 5 führen die in den nachfolgenden Nummern 1 bis 4 genannten Austauschvorgänge nicht zur Realisierung von Kapitalgewinnen, es sei denn, dass in den Fällen der Nummern 1, 3 und 4 entweder der Gläubiger oder der Anteilseigner auf die Anwendung dieser Bestimmung verzichtet: 1. bei der Umwandlung eines Darlehens: die Zuteilung von Anteilen am Gesellschaftskapital des Schuldners an den Gläubiger. Im Falle der Umwandlung eines verzinslichen Wandeldarlehens sind die kapitalisierten Zinsen, die auf das Geschäftsjahr vor der Umwandlung entfallen, zum Zeitpunkt des Austauschs zu versteuern. …“ 391 In Übereinstimmung mit den Erwägungsgründen 278 bis 284 des angefochtenen Beschlusses trägt die Kommission vor, dass Art. 22bis Abs. 2 Nr. 1 LIR, der im Wesentlichen bestimme, dass bei der Umwandlung eines Darlehens die Zuteilung von Anteilen am Gesellschaftskapital des Schuldners an den Gläubiger nicht zur Realisierung eines Kapitalgewinns führe, es sei denn, der Gläubiger oder der Anteilseigner verzichteten auf die Anwendung dieser Bestimmung, nicht auf ZORA-Akkretionen anwendbar sei. Art. 22bis LIR stelle nämlich klar, dass bei Umwandlung eines verzinslichen Wandeldarlehens die kapitalisierten Zinsen, die auf das Geschäftsjahr vor der Umwandlung entfielen, zum Zeitpunkt des Austauschs zu versteuern seien. Selbst wenn Art. 22bis LIR auf ZORA-Akkretionen anwendbar wäre, würde dieser Artikel nicht zu einer dauerhaften Befreiung der ZORA-Akkretionen führen, sondern nur zu einem Aufschub ihrer Besteuerung. 392 Zur Voraussetzung des Fehlens nicht steuerbezogener Gründe weist die Kommission in den Erwägungsgründen 306 bis 313 des angefochtenen Beschlusses darauf hin, dass die Finanzierung der Übertragung von Geschäftsbereichen mittels eines von einer Zwischengesellschaft aufgelegten ZORA in Verbindung mit einem mit einer Holdinggesellschaft abgeschlossenen vorausbezahlten Termingeschäft nicht mit einer Begrenzung des Risikoprofils der Tochtergesellschaften oder der Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Flexibilität der Gruppe begründet werden könne. Das einzige verfolgte Motiv sei die Erzielung erheblicher Steuerersparnisse gewesen. 393 Nach Ansicht der Kommission ist der Vorteil, der Engie aufgrund der Nichtanwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift gewährt worden sei, selektiv, da er gemäß den Erwägungsgründen 311 und 312 des angefochtenen Beschlusses, in denen festgestellt wurde, dass das Gesetz in einem Fall, in dem die Voraussetzungen für seine Anwendung erfüllt gewesen seien, nicht angewandt worden sei, grundsätzlich keinem anderen Unternehmen zur Verfügung gestanden habe. 1) Vorbemerkungen 394 Die Kommission hat im angefochtenen Beschluss die Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide im Licht der Rechtsmissbrauchsvorschrift als fester Bestandteil des luxemburgischen Körperschaftsteuersystems geprüft. 395 Da die fraglichen Steuervorbescheide nicht hätten erlassen werden können, weil die Voraussetzungen für die Anwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift erfüllt gewesen seien, habe das Großherzogtum Luxemburg Engie einen selektiven Vorteil verschafft. Dieser beruhe auf einer Nichtanwendung des Gesetzes in einem Fall, in dem die Voraussetzungen für seine Anwendung erfüllt gewesen seien, und stehe „per Definition keinem anderen Unternehmen zur Verfügung“. 396 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass das Großherzogtum Luxemburg und Engie mit ihrem Vorbringen nicht die Definition des Referenzrahmens beanstanden, den die Kommission für den Nachweis der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide im Licht der Rechtsmissbrauchsvorschrift herangezogen hat. 397 Zwar erwähnt die Kommission in den Erwägungsgründen 290 und 291 des angefochtenen Beschlusses als Referenzsystem das „luxemburgische Körperschaftsteuersystem“, dessen Hauptziel „die Besteuerung von Unternehmensgewinnen“ sei und zu dem die Rechtsmissbrauchsvorschrift gehöre. 398 Gleichwohl stellt die Kommission in den Erwägungsgründen 299 bis 312 des angefochtenen Beschlusses eine Abweichung allein von der Rechtsmissbrauchsvorschrift fest, indem sie im vorliegenden Fall prüft, ob die vier kumulativen Voraussetzungen erfüllt sind. 399 Mit anderen Worten kann das Vorbringen von Engie und dem Großherzogtum Luxemburg in ihren Schriftsätzen gegen den von der Kommission in den Erwägungsgründen 171 bis 199 des angefochtenen Beschlusses erbrachten Nachweis der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften anhand eines erweiterten Referenzrahmens in Gestalt des „luxemburgischen Körperschaftsteuersystems“ keinen Erfolg haben, um im Rahmen der vorliegenden Klagegründe die von der Kommission festgestellte Abweichung allein in Bezug auf die Rechtsmissbrauchsvorschrift in Frage zu stellen. Dies gilt insbesondere für das Vorbringen, mit dem das Großherzogtum Luxemburg und Engie der Kommission vorwerfen, sie habe keine Abweichung von den Bestimmungen, die das luxemburgische Körperschaftsteuersystem bildeten, wie sie in den Erwägungsgründen 78 bis 81 des angefochtenen Beschlusses dargestellt seien, sondern von einem angeblichen Ziel dieses Referenzrahmens festgestellt. 400 Das „grundlegende Ziel des luxemburgischen Körperschaftsteuersystems“, auf das die Kommission im 305. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses in dem den Rechtsmissbrauch betreffenden Teil Bezug nimmt, wird nicht deshalb herangezogen, um eine Abweichung von diesem „Ziel“ festzustellen, sondern um zu prüfen, ob die in den fraglichen Steuervorbescheiden gebilligte steuerliche Behandlung mit der Absicht des luxemburgischen Gesetzgebers im Einklang steht. Die Heranziehung dieses „Ziels“ fügt sich daher in einen anderen Ansatz ein als den, der den Erwägungsgründen 171 bis 199 des angefochtenen Beschlusses zugrunde liegt. 401 Dagegen wenden sich das Großherzogtum Luxemburg und Engie erstens gegen die Beurteilung der Kriterien, die erfüllt sein müssen, um nach luxemburgischem Recht einen Rechtsmissbrauch festzustellen, und bestreiten zweitens das Vorliegen einer Vorzugsbehandlung. Vor der Prüfung der Begründetheit des zu diesem Zweck geltend gemachten Vorbringens ist jedoch auf den Vortrag des Großherzogtums Luxemburg, mit dem die Zulässigkeit der auf die Rechtsmissbrauchsvorschrift gestützten Argumentation bestritten wird, einzugehen. 2) Zur behaupteten Neuartigkeit der auf die Rechtsmissbrauchsvorschrift gestützten Argumentation 402 Das Großherzogtum Luxemburg führt aus, dass die Argumentation der Kommission, mit der sie geltend mache, dass ein selektiver Vorteil aufgrund einer Abweichung von der Rechtsmissbrauchsvorschrift gewährt worden sei, „unzulässig“ sei. Die Kommission habe diese Rüge im Verwaltungsverfahren nur erwähnt und nicht näher ausgeführt. 403 Der Einleitungsbeschluss habe im Hinblick auf die Anwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift nämlich nicht auf die Befreiung der Erträge aus Beteiligungen auf der Ebene der Holdinggesellschaften, sondern auf die Abzugsfähigkeit der Akkretionen auf der Ebene der Tochtergesellschaften abgestellt. Das Schreiben der Kommission vom 11. Dezember 2017 habe im Übrigen die diesbezüglichen Unzulänglichkeiten des Einleitungsbeschlusses in keiner Weise beseitigt. 404 Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission, wie sich aus der vorstehenden Rn. 204 ergibt, bereits im Einleitungsbeschluss auf die Nichtanwendung dieser Bestimmung hingewiesen hat. Darüber hinaus hat die Kommission in ihrem Schreiben vom 11. Dezember 2017 zwar keine Zusammenfassung ihrer Argumentation zur Nichtanwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift vorgenommen, die Parteien jedoch erneut aufgefordert, ergänzende Stellungnahmen zu diesem Punkt abzugeben. 405 Folglich ist das Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg, mit dem die Neuartigkeit der auf die Rechtsmissbrauchsvorschrift gestützten Argumentation der Kommission geltend gemacht wird und deren „Zulässigkeit“ in Abrede gestellt werden soll, als unbegründet zurückzuweisen. 3) Zur Abweichung von der Rechtsmissbrauchsvorschrift 406 Das Großherzogtum Luxemburg und Engie sind der Auffassung, dass die Rechtsmissbrauchsvorschrift im vorliegenden Fall nicht angewandt werden könne. Abgesehen davon, dass die Kommission zur Feststellung der diesbezüglichen Selektivität die Verwaltungspraxis der luxemburgischen Steuerbehörden hätte heranziehen müssen, werfen das Großherzogtum Luxemburg und Engie der Kommission vor, verschiedene Beurteilungsfehler bei der Anwendung der Kriterien begangen zu haben, die nach luxemburgischem Recht zu erfüllen seien, um eine Anwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift zu rechtfertigen. Da die Kriterien nicht erfüllt seien, hätten die luxemburgischen Behörden nicht auf einen Rechtsmissbrauch schließen können, so dass keine Abweichung von dieser Bestimmung habe festgestellt werden können. Das Großherzogtum Luxemburg und Engie weisen darauf hin, dass, selbst wenn man unterstellt, dass die Rechtsmissbrauchsvorschrift anwendbar gewesen sein sollte, zum einen die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass die Gesellschaften der Engie-Gruppe bevorzugt behandelt worden seien, und zum anderen ein Verbot der Finanzkonstruktion wegen ihrer angeblichen Missbräuchlichkeit zu einer Verletzung der Niederlassungsfreiheit führen würde. 407 Die Kommission macht insbesondere geltend, dass die vier aus der luxemburgischen Praxis hervorgegangenen Kriterien für die Feststellung eines Rechtsmissbrauchs im vorliegenden Fall erfüllt seien. Es sei offensichtlich, dass die Gewinne der an der Konstruktion beteiligten Unternehmen der Gruppe von der Steuer befreit worden seien, während wirtschaftlich gleichwertige und ohne dieselbe Konstruktion durchgeführte Vorgänge besteuert worden seien. i) Zur behaupteten Nichtberücksichtigung der Verwaltungspraxis der luxemburgischen Steuerbehörden 408 Vorab ist festzustellen, dass aus den Akten der verbundenen Rechtssachen T‑516/18 und T‑525/18 keineswegs hervorgeht, dass das Großherzogtum Luxemburg oder Engie der Kommission während des Verwaltungsverfahrens eine luxemburgische Verwaltungspraxis zur Kenntnis gebracht hätten, die gegebenenfalls unerlässlich gewesen wäre, um die Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide in diesem Punkt auszuschließen. 409 Unabhängig davon ist festzustellen, dass die Kommission, wie sich aus den Erwägungsgründen 293 bis 298 des angefochtenen Beschlusses ergibt, zu Recht sowohl auf ein Rundschreiben der luxemburgischen Verwaltung von 1989 als auch auf die luxemburgische Rechtsprechungspraxis verwiesen hat, aus der sie die vier Kriterien abgeleitet hat, die für die Feststellung eines Rechtsmissbrauchs nach luxemburgischem Recht zu beachten sind. Außerdem erschien es nicht erforderlich, die Verwaltungspraxis zu berücksichtigen, da die Rechtsmissbrauchsvorschrift im vorliegenden Fall keine Auslegungsschwierigkeiten aufwarf. ii) Zur Beurteilung der Kriterien für die Rechtfertigung der Anwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift 410 Die Parteien sind sich darüber einig, welche Kriterien für die Feststellung eines Rechtsmissbrauchs nach luxemburgischen Recht zu beachten sind. Im Licht der Erwägungsgründe 301 bis 306 des angefochtenen Beschlusses und des der Klageschrift in der Rechtssache T‑516/18 beigefügten Urteils der Cour administrative du Grand-Duché de Luxembourg (Verwaltungsgerichtshof des Großherzogtums Luxemburg) vom 7. Februar 2013 hängt diese Feststellung davon ab, dass vier Kriterien erfüllt sind, nämlich die Verwendung privatrechtlicher Formen oder Institutionen, die Verringerung der Steuerschuld, die Verwendung einer unangemessenen rechtlichen Gestaltung und das Fehlen nicht steuerbezogener Gründe. 411 Was das erste Kriterium anbelangt, so ist im vorliegenden Fall unstreitig, dass Engie privatrechtliche Formen verwendet hat, die durch die fraglichen Steuervorbescheide gebilligt wurden. Wie oben in Rn. 34 ausgeführt, beziehen sich die fraglichen Steuervorbescheide nämlich auf verschiedene konzerninterne Transaktionen, bei denen es sich um eine Gesamtheit handelt, durch die für LNG Supply und GSTM ein einziger Vorgang umgesetzt wird, nämlich die konzerninterne Übertragung der Aktivitäten im Zusammenhang mit Flüssigerdgas bzw. der Finanzierungs- und Treasury-Aktivitäten, deren Finanzierung ebenfalls konzernintern erfolgt ist. Diese Transaktionen waren von Anfang an in drei aufeinanderfolgenden, jedoch miteinander verknüpften Schritten konzipiert, an denen die Holdinggesellschaften, die Zwischengesellschaften und die Tochtergesellschaften der Engie-Gruppe beteiligt waren. 412 Engie und das Großherzogtum Luxemburg wenden sich hingegen gegen die Beurteilung der drei anderen Kriterien für die Feststellung eines Rechtsmissbrauchs nach luxemburgischem Recht. – Zum Kriterium der Verringerung der Steuerschuld 413 Zum zweiten Kriterium tragen das Großherzogtum Luxemburg und Engie vor, dass die fraglichen Steuervorbescheide nicht zu einer Verringerung der Steuerschuld der Tochtergesellschaften, der Zwischengesellschaften und der betreffenden Holdinggesellschaften geführt hätten. 414 Wie die Kommission im 302. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, führt diese Konstruktion jedoch tatsächlich dazu, dass die ZORA-Akkretionen weder auf der Ebene der Tochtergesellschaften noch der der Zwischengesellschaften noch der der betreffenden Holdinggesellschaften besteuert werden. 415 Während die Tochtergesellschaften die ZORA-Akkretionen zunächst – abgesehen von einer mit der Steuerverwaltung vereinbarten Marge – von ihrer Steuerbemessungsgrundlage abziehen können, werden die Zwischengesellschaften anschließend nicht auf diese Akkretionen besteuert, da sie aufgrund des mit den betreffenden Holdinggesellschaften abgeschlossenen vorausbezahlten Terminkaufvertrags zum Zeitpunkt der Umwandlung des fraglichen ZORA einen Verlust in gleicher Höhe erleiden, der den diesen Akkretionen entsprechenden Kapitalgewinn in ihren Abschlüssen ausgleicht. 416 Schließlich profitieren die betreffenden Holdinggesellschaften im Licht der fraglichen Steuervorbescheide von der Steuerbefreiung für Erträge aus Beteiligungen, die im vorliegenden Fall für Erträge angewandt wurde, die wirtschaftlich gesehen, wie das Großherzogtum Luxemburg in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, den ZORA-Akkretionen entsprechen. 417 Für die Erzielung dieses steuerlichen Ergebnisses spielen die Zwischengesellschaften eine entscheidende Rolle. Während sie im Hinblick auf den Finanzierungsvorgang entgegen dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Engie als ein redundanter Bestandteil der von Engie eingerichteten Finanzkonstruktion erscheinen mögen, stellen sie in steuerlicher Hinsicht, anders als vom Großherzogtum Luxemburg und Engie behauptet, einen wesentlichen Bestandteil dieser Konstruktion dar. 418 Unter dem Gesichtspunkt des Finanzierungsvorgangs stellen die Zwischengesellschaften im Verhältnis zu den Tochtergesellschaften die Finanzierung des fraglichen ZORA bereit und erhalten bei der Umwandlung des ZORA Anteile, deren Wert den Nennwert dieses ZORA sowie die ZORA-Akkretionen beinhaltet. 419 Im Verhältnis zu den betreffenden Holdinggesellschaften erhalten die Zwischengesellschaften zum Zeitpunkt der Ausgabe des fraglichen ZORA dessen Nennwert und gewährleisten zum Zeitpunkt der Umwandlung des ZORA den Übergang des Eigentums an den von den Tochtergesellschaften ausgegebenen Anteilen, deren Wert den Nennwert und die ZORA-Akkretionen beinhaltet. 420 Die Zwischengesellschaften führen also nur den von den betreffenden Holdinggesellschaften zur Übertragung der Geschäftsbereiche auf die Tochtergesellschaften beschlossenen Finanzierungsvorgang durch. 421 In steuerlicher Hinsicht unterliegen die Zwischengesellschaften zum einen keiner effektiven Besteuerung auf die ZORA-Akkretionen. Zwar verzeichnen die Zwischengesellschaften zum Zeitpunkt der Umwandlung dieses ZORA einen den ZORA-Akkretionen entsprechenden Kapitalgewinn; jedoch erleiden sie aufgrund des vorausbezahlten Terminkaufvertrags gleichzeitig einen Verlust in gleicher Höhe wie diese Akkretionen. 422 Dies war insbesondere am Tag der Umwandlung des zugunsten von LNG Supply ausgegebenen Teils des ZORA der Fall. Da LNG Luxembourg nicht für Art. 22bis LIR optiert hat, verbuchte sie in ihrem Jahresabschluss einen Kapitalgewinn, der, wie das Großherzogtum Luxemburg in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, durch einen Verlust in gleicher Höhe aufgrund der Anwendung des mit der LNG Holding geschlossenen vorausbezahlten Terminkaufvertrags ausgeglichen wurde. Ohne den vorausbezahlten Terminkaufvertrag hätten die Zwischengesellschaften auf die ZORA-Akkretionen besteuert werden müssen. 423 Zum anderen ermöglichen es die Zwischengesellschaften, zweckdienlicherweise den Gewinn, den die betreffenden Holdinggesellschaften aufgrund der Annullierung eines Teils der gemäß dem vorausbezahlten Terminkaufvertrag erhaltenen Anteile erzielt haben, zumindest dem Anschein nach von dem den ZORA-Akkretionen entsprechenden Gewinn zu trennen und die Anwendung von Art. 166 LIR auszulösen. Da die ZORA-Akkretionen nämlich nicht mit einem Beteiligungsertrag im Sinne von Art. 166 LIR gleichgesetzt werden können, konnte dieser keinen Befreiungsanspruch für diese Akkretionen begründen. 424 Im Licht des ZORA, von dem LNG Supply profitiert, ermöglicht es die Einschaltung von LNG Luxembourg als Zwischengesellschaft LNG Holding mit anderen Worten, dem durch die Annullierung der Anteile von LNG Supply generierten Ertrag den Anschein eines Beteiligungsertrags zu verleihen, obwohl dieser im Wesentlichen den ZORA-Akkretionen entspricht. Ein solches Ergebnis hätte bei einem direkt zwischen LNG Supply und LNG Holding geschlossenen ZORA nicht erreicht werden können. 425 Wie die Kommission im 304. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, kann entgegen dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Engie der Abschluss eines ZORA zwischen zwei Unternehmen nicht zum gleichen steuerlichen Ergebnis führen wie das, das durch die Einschaltung der Zwischengesellschaften in die betreffende Finanzierungsstruktur erzielt wird. 426 Im Falle eines zwischen einer Tochtergesellschaft und ihrer Muttergesellschaft abgeschlossenen ZORA wären die ZORA-Akkretionen zwar zunächst – abgesehen von einer mit der luxemburgischen Steuerverwaltung vereinbarten Marge – auf der Ebene der Tochtergesellschaft abzugsfähig gewesen. 427 Auf der Ebene der Muttergesellschaft wären die Akkretionen jedoch nach Maßgabe der von Art. 22bis LIR vorgesehenen Option entweder zum Zeitpunkt der Umwandlung des fraglichen ZORA oder zu einem späteren Zeitpunkt besteuert worden. 428 Zum einen kann zum Zeitpunkt der Umwandlung eines ZORA die Gesellschaft, die die umgewandelten Anteile hält, zwar für Art. 22bis LIR optieren, um zum Zeitpunkt der Umwandlung nicht besteuert zu werden und damit die steuerliche Neutralität des Vorgangs sicherzustellen, doch kann dieser Artikel nicht dahin ausgelegt werden, dass der realisierte Kapitalgewinn in Zukunft gar keiner Besteuerung unterliegen wird. 429 Dieses Verständnis wird durch ein Rundschreiben der luxemburgischen Steuerverwaltung vom 27. November 2002 bestätigt, wonach im Licht des 283. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses und des in der Fußnote 288 wiedergegebenen Zitats „[d]as Ziel von Artikel 22bis LIR darin besteht, die Anteilstauschgeschäfte zu bestimmen, die steuerneutral durchgeführt werden können“, und „[dieser Artikel] … jedoch nicht darauf ab[zielt], Kapitalgewinne, die ohne diese Maßnahme beim Zedenten steuerpflichtig gewesen wären, endgültig von der Steuer zu befreien, sondern deren Besteuerung aufzuschieben“. 430 Außerdem wird im Gesetzentwurf vom 17. Juli 2018 zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom 12. Juli 2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts (ABl. 2016, L 193, S. 1), auf den Engie in ihren Schriftsätzen verweist, klargestellt, dass „das Ziel [von Art. 22bis LIR] darin besteht, es den Steuerpflichtigen zu ermöglichen, die Besteuerung von Kapitalgewinnen in bestimmten Situationen aufzuschieben“. Auch wenn dieser Entwurf zeitlich nach dem angefochtenen Beschluss liegt, ermöglicht er dennoch, den Standpunkt des luxemburgischen Gesetzgebers in Bezug auf den Sinn dieses Artikels zu veranschaulichen. 431 Zum anderen hätte nicht jeder Ertrag, den eine Muttergesellschaft im Fall eines direkten ZORA im Anschluss an die Annullierung eines Teils der Anteile erzielt hätte, zu einem steuerfreien Ertrag nach Art. 166 LIR führen können, auch wenn die Art. 166 und 22bis LIR dies nicht ausdrücklich ausschließen. 432 Jede gegenteilige Auslegung würde nämlich dem Zweck von Art. 22bis LIR zuwiderlaufen, der, wie die luxemburgische Steuerverwaltung im Rundschreiben vom 27. November 2002 hervorhebt, darin besteht, die Besteuerung etwaiger Kapitalgewinne aufzuschieben, nicht aber, sie letztlich jeder Besteuerung zu entziehen. 433 Diese Auslegung ergibt sich im Übrigen im Wesentlichen aus den Klarstellungen, die das Großherzogtum Luxemburg im Verwaltungsverfahren in seinem Schreiben an die Kommission vom 31. Januar 2018 vorgenommen hat. 434 Auf die Frage, ob ein ZORA ein Beteiligungsinstrument im Sinne von Art. 166 LIR und ein Wertpapier im Sinne von Art. 164 LIR sei, hat das Großherzogtum Luxemburg klargestellt, dass „die von [LNG Supply] bzw. [GSTM] ausgegebenen ZORA ihre Einstufung als Darlehensvertrag behalten [müssten] und de facto vom Anwendungsbereich der auf die Erträge aus Beteiligungen anwendbaren Art. 164 und 166 LIR ausgenommen [seien]“. 435 Mit anderen Worten: Wenn ein ZORA, wie das Großherzogtum Luxemburg im Verwaltungsverfahren vorgetragen hat, seine Einstufung als Darlehensvertrag beibehalten muss, folgt daraus, dass alle Erträge aus einem solchen Vertrag nicht in den Genuss einer Steuerbefreiung gemäß Art. 166 LIR, der Erträge aus Beteiligungen betrifft, kommen können. 436 Folglich hat die Kommission keinen Fehler begangen, als sie zu dem Ergebnis kam, dass das Kriterium der Verringerung der Steuerschuld im vorliegenden Fall erfüllt ist. – Zum Kriterium der Verwendung einer unangemessenen rechtlichen Gestaltung 437 Im Hinblick auf das dritte Kriterium, nämlich die Verwendung einer unangemessenen rechtlichen Gestaltung, betonen das Großherzogtum Luxemburg und Engie, dass es im vorliegenden Fall angemessen gewesen sei, zur Finanzierung der Übertragung der betreffenden Geschäftsbereiche auf die Tochtergesellschaften auf ein indirektes ZORA, d. h. unter Einschaltung einer Zwischengesellschaft, zurückzugreifen. 438 Die Finanzierungsstruktur sei entgegen dem Vorbringen der Kommission angemessen und nicht mit anderen Finanzierungsmethoden, wie etwa einer Finanzierung durch Darlehen oder Eigenmittel, gleichzusetzen. Engie hebt hervor, dass die Tochtergesellschaften bei einer Kapitalerhöhung überkapitalisiert gewesen wären, was es nicht ermöglicht hätte, von einer Hebelwirkung und einem ausreichenden Verhandlungsspielraum mit Dritten zu profitieren. Ebenso wären die Tochtergesellschaften im Falle eines Darlehens zu einer Barrückzahlung verpflichtet gewesen, was im Rahmen des ZORA nicht der Fall gewesen sei. 439 Jedenfalls beansprucht Engie das Recht, sich für die am wenigsten besteuerte Finanzierungsmethode entscheiden zu können, und wirft der Kommission vor, dass sie für die Schlussfolgerung, die Finanzierungsstruktur sei unangemessen, ihre eigene Auslegung der Absicht des luxemburgischen Gesetzgebers vorgegeben habe, indem sie dem luxemburgischen Körperschaftsteuersystem ein Ziel zugeschrieben habe, das es gar nicht habe. 440 Insoweit ist vorab darauf hinzuweisen, dass nach dem im 297. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Schreiben des Großherzogtums Luxemburg vom 31. Dezember 2018 die Voraussetzung der Verwendung einer unangemessenen rechtlichen Gestaltung die Rechtslage betrifft, in der ein Steuerpflichtiger eine Gestaltung wählt, die in unmittelbarem Widerspruch zu der dem Ziel oder dem Geist des Gesetzes entsprechenden offenkundigen Absicht des Gesetzgebers steht. 441 Die von Engie errichtete, in den fraglichen Steuervorbescheiden berücksichtigte komplexe Finanzkonstruktion ermöglicht es zwar, die Übertragung der Geschäftsbereiche auf die betreffenden Tochtergesellschaften zu finanzieren, doch führt sie in Wirklichkeit, wie die Kommission in den Erwägungsgründen 304 und 305 des angefochtenen Beschlusses zutreffend ausgeführt hat, dazu, dass die ZORA-Akkretionen nicht besteuert werden. 442 Die von Engie bevorzugte Finanzierungsmethode kann daher nicht als angemessen angesehen werden, da sie in unmittelbarem Widerspruch zur Absicht des luxemburgischen Gesetzgebers steht, die in Steuersachen vernünftigerweise nicht dahin gehen kann, komplexe Finanzkonstruktionen zu fördern, die tatsächlich zu einer doppelten Nichtbesteuerung der ausgeschütteten Erträge sowohl auf der Ebene der Tochtergesellschaft als auch auf der der Muttergesellschaft führen. 443 Insoweit hat die Kommission keinen Beurteilungsfehler begangen, als sie im 305. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, dass die in den fraglichen Steuervorbescheiden gebilligte steuerliche Behandlung in direktem Widerspruch zum Ziel des luxemburgischen Körperschaftsteuersystems stehe, nach dem die von einer Gesellschaft erzielten Gewinne, wie sie in ihrem Jahresabschluss ausgewiesen seien, grundsätzlich zu besteuern seien. Dieses Ziel ergibt sich aus einer Zusammenschau der in den Erwägungsgründen 78 bis 81 des angefochtenen Beschlusses erwähnten Bestimmungen, die das luxemburgische Körperschaftsteuersystem bilden. 444 Der Kommission kann damit nicht vorgeworfen werden, das Ziel des luxemburgischen Körperschaftsteuersystems willkürlich festgelegt und letztlich die Absicht des luxemburgischen Gesetzgebers durch ihre Absicht ersetzt zu haben. 445 Es standen ohne Weiteres andere Finanzierungsmittel zur Verfügung, die, wie die Kommission in den Erwägungsgründen 304 und 310 des angefochtenen Beschlusses feststellt, die Finanzierung der Übertragung der betreffenden Geschäftsbereiche auf die Tochtergesellschaften sichergestellt und gleichzeitig zur Erzielung eines gegebenenfalls auf der Ebene der Tochtergesellschaften, der Zwischengesellschaften oder auch der betreffenden Holdinggesellschaften zu versteuernden Gewinns geführt hätten. 446 Zunächst hätten die Tochtergesellschaften mit einem Eigenmittelinstrument zusätzliche Eigenmittel in gleicher Höhe wie der Nennwert des betreffenden ZORA im vorliegenden Fall erhalten können. Die von den Tochtergesellschaften erzielten Gewinne wären dann insbesondere in Anbetracht der Art. 164 und 166 LIR entweder auf der Ebene dieser Tochtergesellschaften oder auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften besteuert worden. 447 Sodann wären auch bei einer Finanzierung der Übertragung des Geschäftsbereichs durch ein bei einer Konzerngesellschaft aufgenommenes, nicht wandelbares Darlehen die von den Tochtergesellschaften während der Laufzeit des Darlehens erzielten Gewinne auf deren Ebene besteuert worden. Außerdem wären die Zinsen aus dem Darlehen zwar auf der Ebene der Tochtergesellschaften abzugsfähig gewesen, aber entweder auf der Ebene der Zwischengesellschaften oder der betreffenden Holdinggesellschaften, je nachdem, welche Gesellschaften in diesem Fall Gläubiger gewesen wäre, zu versteuern gewesen. 448 Wie die Kommission im 304. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht geltend gemacht hat, und entgegen dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Engie, hätte es sich schließlich im Licht der vorstehenden Rn. 425 bis 435 ebenso verhalten, wenn ein direktes ZORA zwischen den Tochtergesellschaften und den betreffenden Holdinggesellschaften abgeschlossen worden wäre. 449 Daher konnten andere rechtliche Gestaltungen als angemessen angesehen werden, um im vorliegenden Fall die Übertragung der Geschäftsbereiche auf die Tochtergesellschaften zu finanzieren. – Zum Kriterium des Fehlens nicht steuerbezogener Gründe 450 Zum letzten Kriterium tragen das Großherzogtum Luxemburg und Engie vor, dass mit dem Finanzierungsvorgang kein ausschließlich steuerlicher Zweck verfolgt worden sei und dass er auf triftigen wirtschaftlichen Gründen beruhe. Nach Ansicht von Engie war es nämlich wirtschaftlich gerechtfertigt, die Tätigkeit über ein indirektes ZORA zu finanzieren. 451 Abgesehen davon, dass eine Vorschrift zur Verhinderung von Missbrauch erst durch eine Reform im Jahr 2015 in die Mutter-Tochter-Richtlinie eingefügt worden sei, ergebe sich aus der Vorschrift zur Verhinderung von Missbrauch der Richtlinie 2016/1164, dass eine Transaktion nicht als missbräuchlich angesehen werde, wenn sie aus triftigen wirtschaftlichen Gründen vorgenommen worden sei, die die wirtschaftliche Realität widerspiegelten. 452 Die Kommission könne sich auch nicht allein auf die Einschaltung von Zwischengesellschaften und die bloße Verwendung komplexer Finanzprodukte stützen, um auf die Missbräuchlichkeit einer Transaktion zu schließen. Dies gelte umso mehr, als ein zwischen zwei Unternehmen ohne Einschaltung einer Zwischengesellschaft eingerichtetes ZORA nach Ansicht des Großherzogtums Luxemburg und von Engie nach Art. 22bis LIR zu einem identischen Ergebnis führen kann. 453 Insoweit bleiben das Großherzogtum Luxemburg und Engie von vornherein den Nachweis schuldig, inwiefern eine Finanzierung insbesondere durch eine Kapitalzuführung kein wirksames Finanzierungsinstrument gewesen wäre, weil sie das finanzielle Risiko der Tochtergesellschaften erhöht hätte. Sie haben nämlich während des Gerichtsverfahrens keinen Beweis dafür vorgelegt, dass die von der Kommission in den Erwägungsgründen 304, 309 und 310 des angefochtenen Beschlusses in Betracht gezogenen alternativen Möglichkeiten, darunter die Kapitalzuführung, die Risiken erhöht hätten, die die Tochtergesellschaften im Rahmen der in den fraglichen Steuervorbescheiden gebilligten Strukturen trugen. 454 Wäre eine Kapitaleinlage in Höhe des Nennwerts des betreffenden ZORA vorgenommen worden, hätte die Tochtergesellschaft a priori die übertragene Tätigkeit finanzieren können und dabei ein Risiko getragen, das dem im Falle negativer ZORA-Akkretionen eingegangenen Risiko entsprochen hätte. 455 Im Falle einer Kapitalerhöhung hätten die Tochtergesellschaften nämlich von Eigenmitteln in einer dem Darlehen, das sie gemäß dem von den Zwischengesellschaften ausgegebenen ZORA erhielten, entsprechenden Höhe profitieren können. 456 Diese Kapitalzuführung wäre auch, ebenso wie bei der Rückzahlung des ZORA, mit einer Ausgabe neuer Anteile verbunden gewesen. Außerdem umfassen die nach der Umwandlung des betreffenden ZORA ausgegebenen Anteile im Falle positiver Akkretionen den Nennbetrag des Darlehens sowie diese Akkretionen, im Gegensatz zu einer einfachen Kapitalerhöhung, die nur bis zum Nennbetrag des Darlehens vorgenommen worden wäre, so dass das auf die Gefahr einer Überkapitalisierung gestützte Vorbringen keinen Erfolg haben kann. 457 Ebenso wird, wie die Kommission im 309. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zutreffend ausführt, das Anfangskapital einer Tochtergesellschaft in gleicher Weise von etwaigen Verlusten betroffen, unabhängig davon, ob diese Verluste im Rahmen einer Kapitalzuführung oder im Rahmen eines ZORA eintreten, wenn die Verluste den Betrag der Kapitalzuführung oder des Nennwerts des ZORA übersteigen. 458 Außerdem lastet das finanzielle Risiko sowohl bei einer Kapitalzuführung als auch, wie im vorliegenden Fall, bei der indirekten Ausgabe eines ZORA in gleicher Weise auf den betreffenden Beteiligungsgesellschaften. Übersteigen bei einer Kapitalzuführung die Verluste die Kapitaleinlage, so haben die entsprechenden Anteile einen verminderten Wert, und im Falle negativer Akkretionen im Rahmen eines ZORA trägt die emittierende Gesellschaft das Risiko, dass sich der Wert ihrer Forderung vermindert und gegebenenfalls auf einen Wert unter dem Nennwert des betreffenden ZORA fällt. 459 Zwar kann einem Steuerpflichtigen nicht vorgeworfen werden, die am wenigsten besteuerte rechtliche Gestaltung zu wählen, doch gilt dies nicht, wenn die bevorzugte Gestaltung, obwohl es andere angemessene Gestaltungen gibt, auf einem ausschließlich steuerlichen Zweck beruht und tatsächlich zu einer Nichtbesteuerung führt. 460 Das Vorbringen, es sei eine nach Maßgabe der Leistung der Tochtergesellschaften vergütete Finanzierung gewählt worden, ist ebenfalls zurückzuweisen. 461 Es trifft zwar zu, dass die emittierende Gesellschaft im Rahmen eines ZORA desto höher vergütet wird, je höhere Gewinne die zeichnende Gesellschaft erzielt, doch kann eine solche leistungsabhängige Vergütung auch im Fall einer Finanzierung durch eine Kapitalzuführung erzielt werden, indem sie einfach durch höhere ausschüttungsfähige Gewinne zum Ausdruck kommt. 462 Selbst wenn der Rückgriff auf ein ZORA allein durch den Wunsch gerechtfertigt gewesen wäre, ein nach Maßgabe der Leistung der Tochtergesellschaften vergütetes Finanzierungsinstrument zu wählen, hätte dieses Ziel auch durch ein direktes ZORA anstatt eines indirekten ZORA erreicht werden können, das, wie sich aus den vorstehenden Rn. 448 und 449 ergibt, im Gegensatz zu einem direkten ZORA zu einer fast vollständigen Nichtbesteuerung der ZORA-Akkretionen der Tochtergesellschaften führte. 463 Folglich ist das Vorbringen, mit dem das Vorliegen nicht steuerbezogener Gründe nachgewiesen werden soll, als unbegründet zurückzuweisen. – Zur Vorzugsbehandlung der Unternehmen der Engie-Gruppe 464 Das Großherzogtum Luxemburg und Engie machen geltend, dass die Kommission, selbst wenn die Rechtsmissbrauchsvorschrift anwendbar wäre, jedenfalls nicht dargetan habe, dass die Unternehmen der Engie-Gruppe gegenüber anderen Gesellschaften, die sich in einer vergleichbaren Sach- und Rechtslage befänden, bevorzugt behandelt würden. 465 Ebenso hätte nach Auffassung des Großherzogtums Luxemburg ein Verbot der Finanzierungsstruktur wegen ihrer etwaigen Missbräuchlichkeit zu einem Verstoß gegen die in Art. 49 AEUV verankerte Niederlassungsfreiheit geführt. 466 Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach dem für die Feststellung der Selektivität der in Rede stehenden Maßnahme einschlägigen Maßstab zu prüfen ist, ob diese zwischen Wirtschaftsteilnehmern, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden allgemeinen Steuerregelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, eine durch die Natur oder den Aufbau dieses Systems nicht gerechtfertigte Unterscheidung einführt (Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a., C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 60). 467 Genauer gesagt ist die Voraussetzung der Selektivität erfüllt, wenn die Kommission nachweisen kann, dass eine nationale Maßnahme, die einen Steuervorteil verschafft, von der in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden allgemeinen oder „normalen“ Steuerregelung abweicht und damit durch ihre konkreten Auswirkungen eine unterschiedliche Behandlung von Wirtschaftsteilnehmern einführt, obwohl sich die Wirtschaftsteilnehmer, denen der Steuervorteil gewährt wird, im Hinblick auf das mit der Steuerregelung dieses Mitgliedstaats verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden (Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a., C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 67). 468 Da die Kriterien für die Feststellung eines Rechtsmissbrauchs im vorliegenden Fall erfüllt sind, kann nicht mit Erfolg bestritten werden, dass die Engie-Gruppe durch die Nichtanwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift in den fraglichen Steuervorbescheiden in den Genuss einer steuerlichen Vorzugsbehandlung kam, wie die Kommission im 312. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt hat. 469 In Anbetracht des mit der Rechtsmissbrauchsvorschrift verfolgten Ziels, nämlich der Bekämpfung missbräuchlichen Verhaltens in Steuersachen, befinden sich Engie und insbesondere die betreffenden Holdinggesellschaften nämlich in einer ähnlichen tatsächlichen und rechtlichen Situation wie alle luxemburgischen Steuerpflichtigen, die nicht berechtigterweise erwarten können, ebenfalls von der Nichtanwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift in Fällen, in denen die Voraussetzungen für ihre Anwendung erfüllt sind, zu profitieren. 470 Das Vorliegen einer Diskriminierung ist umso offensichtlicher, als die luxemburgische Verwaltung die Rechtsmissbrauchsvorschrift in der Vergangenheit bereits angewandt hat. So hat die Cour administrative du Grand-Duché de Luxembourg (Verwaltungsgerichtshof des Großherzogtums Luxemburg) mit Urteil vom 7. Februar 2013, das der Klageschrift in der Rechtssache T‑516/18 als Anlage beigefügt war, ein erstinstanzliches Urteil in einer Rechtssache bestätigt, in der sich der Directeur des contributions directes (Direktor der Verwaltung für direkte Steuern) und eine Gesellschaft gegenüberstanden und die die Anwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift auf diese Gesellschaft betraf. 471 Die luxemburgische Steuerverwaltung hat somit die Nichtanwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift der Engie-Gruppe vorbehalten. 472 Folglich hat die Kommission rechtlich hinreichend eine Abweichung von dem die Rechtsmissbrauchsvorschrift beinhaltenden Referenzrahmen nachgewiesen. – Zum behaupteten Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit 473 Das Großherzogtum Luxemburg macht geltend, dass das Verbot der Finanzkonstruktion wegen ihrer angeblich missbräuchlichen Natur zu einem Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit im Sinne von Art. 49 AEUV führen würde. 474 Es ist festzustellen, dass Art. 49 AEUV grundsätzlich nicht anwendbar ist, da es sich um einen rein internen Sachverhalt handelt. Selbst wenn die Niederlassungsfreiheit anwendbar sein sollte, könnte die Feststellung einer etwaigen Beschränkung im Übrigen gerade durch die Bekämpfung des Rechtsmissbrauchs gerechtfertigt sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Februar 2019, N Luxembourg 1 u. a., C‑115/16, C‑118/16, C‑119/16 und C‑299/16, EU:C:2019:134, Rn. 177). 475 Im Unionsrecht gilt nämlich der allgemeine Grundsatz, dass man sich nicht betrügerisch oder missbräuchlich auf das Unionsrecht berufen kann. Mit diesem Grundsatz soll insbesondere verhindert werden, dass jeder wirtschaftlichen und geschäftlichen Rechtfertigung entbehrende, nur pro forma oder künstlich durchgeführte Transaktionen vorgenommen werden, deren Hauptzweck die Erlangung eines ungerechtfertigten Vorteils ist (Urteil vom 26. Februar 2019, N Luxembourg 1 u. a., C‑115/16, C‑118/16, C‑119/16 und C‑299/16, EU:C:2019:134, Rn. 96 und 125). 476 Dies ist gerade bei einer künstlichen Gestaltung der Fall, in deren Rahmen die Zahlung von Steuern auf Erträge dadurch vermieden wird, dass in der Gruppe zwischen der den Ertrag ausschüttenden Gesellschaft und der, die Nutzungsberechtigte dieser Erträge ist, eine Durchleitungseinheit geschaltet wird (Urteil vom 26. Februar 2019, N Luxembourg 1 u. a., C‑115/16, C‑118/16, C‑119/16 und C‑299/16, EU:C:2019:134, Rn. 127). 477 Die Kommission hat daher für den Nachweis der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide zu Recht angeführt, dass sie von der Anwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift in einem Fall abwichen, in dem deren Tatbestandsmerkmale erfüllt waren. 478 Demzufolge sind der erste und der zweite Klagegrund in der Rechtssache T‑516/18 sowie der zweite und der dritte Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18, mit denen geltend gemacht wird, dass die Kommission die Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide im Licht des engen Referenzrahmens und der Rechtsmissbrauchsvorschrift zu Unrecht bejaht habe, als unbegründet zurückzuweisen; über die Begründetheit des gegen die anderen Argumentationslinien geltend gemachten Vorbringens braucht jedenfalls nicht entschieden zu werden. 6. Zum vierten Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18: fehlerhafte Einstufung der fraglichen Steuervorbescheide als Einzelbeihilfen 479 Engie führt aus, dass die Selektivität eines individuellen Steuervorbescheids nur unter Bezugnahme auf die für die fragliche Steuerregelung geltenden Vorschriften und die Verwaltungspraxis festgestellt werden könne. 480 Hätte die Kommission jedoch die auf die fraglichen Steuervorbescheide anwendbaren Vorschriften und die Verwaltungspraxis berücksichtigt, hätte sie nach Ansicht von Engie ebenso wie im Beschluss (EU) 2016/1699 der Kommission vom 11. Januar 2016 über die Beihilferegelung Belgiens SA.37667 (2015/C) (ex 2015/NN) (ABl. 2016, L 260, S. 61) – Steuerbefreiung von Gewinnüberschüssen – eine Beihilferegelung feststellen müssen. 481 Andere Unternehmen profitierten nämlich aufgrund identischer Steuervorbescheide von derselben Finanzierungsstruktur, was durch die Erklärungen des für Wettbewerbsfragen zuständigen Kommissionsmitglieds bestätigt werde. 482 Außerdem habe die Kommission im angefochtenen Beschluss eingeräumt, dass die in den fraglichen Steuervorbescheiden gebilligten Finanzierungsstrukturen „allen Gruppen in Luxemburg offenst[ünden]“ und dass es möglich sei, dass „eine bestimmte Kategorie von Unternehmen – Konzerne, die ein direktes ZORA verwenden – ebenfalls die gleiche steuerliche Behandlung … in Anspruch nehmen könnten“. 483 In der Erwiderung fügt Engie hinzu, die Kommission hätte nachweisen müssen, dass die Bestimmungen, auf die sich die fraglichen Steuervorbescheide stützten, trotz ihres allgemeinen Charakters für sich genommen zur Gewährung eines selektiven Vorteils hätten führen können. 484 Zum Vorliegen einer etwaigen Beihilferegelung weist die Kommission zum einen darauf hin, dass, wie aus dem angefochtenen Beschluss ausdrücklich hervorgehe, Unternehmensgruppen, die ein direktes ZORA verwendeten, nicht die gleiche steuerliche Behandlung wie die Engie-Gruppe in Anspruch nehmen könnten. Zum anderen könne es ihr nicht verwehrt sein, auf das Vorliegen einer Einzelbeihilfe zu schließen, selbst wenn diese Beihilfe Teil einer umfassenderen Regelung gewesen sei. Die Bezugnahme auf die zur belgischen Regelung über die Steuerbefreiung von Gewinnüberschüssen ergangene Entscheidung und auf die von der Kommission in dieser Entscheidung angewandte Methode sei daher völlig unerheblich. 485 Insoweit ist unabhängig von der Frage, ob identische Steuervorbescheide vorliegen, darauf hinzuweisen, dass die Kommission eine Maßnahme zur Durchführung einer allgemeinen Regelung als Einzelbeihilfe einstufen kann, ohne zuvor nachweisen zu müssen, dass die dieser Regelung zugrunde liegenden Bestimmungen eine Beihilferegelung darstellen, selbst wenn dies der Fall sein sollte (vgl. entsprechend Urteil vom 9. Juni 2011, Comitato Venezia vuole vivere u. a./Kommission, C‑71/09 P, C‑73/09 P und C‑76/09 P, EU:C:2011:368, Rn. 63). 486 Im Übrigen geht aus den vorstehenden Rn. 382 und 477 klar hervor, dass die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die fraglichen Steuervorbescheide den betreffenden Holdinggesellschaften einen selektiven Vorteil verschafften, da sie von den Art. 164 und 166 LIR sowie von der Rechtsmissbrauchsvorschrift abwichen. 487 Folglich hat die Kommission keinen Rechtsfehler begangen, als sie die fraglichen Steuervorbescheide als Einzelbeihilfe eingestuft hat. 488 Der vierte Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18 ist daher als unbegründet zurückzuweisen. 7. Zum siebten Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18 und zum fünften Klagegrund in der Rechtssache T‑516/18, mit denen hilfsweise ein Rechtsfehler bei der Verpflichtung zur Rückforderung der angeblich gewährten Beihilfen gerügt wird 489 Das Großherzogtum Luxemburg und Engie sind der Auffassung, die Kommission habe gegen die allgemeinen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verstoßen, indem sie in Art. 2 des angefochtenen Beschlusses die Rückforderung der Beihilfe angeordnet habe. 490 Zunächst sei der Ansatz der Kommission, der auf der Feststellung einer vorteilhaften Wirkung der Kombination zweier steuerlicher Maßnahmen beruhe, aufgrund seiner Neuartigkeit weder für das Großherzogtum Luxemburg noch für Engie vorhersehbar gewesen. 491 Die Neuartigkeit dieses Ansatzes ergebe sich erst recht zum einen aus der Prüfung der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide im Hinblick auf das Ziel des Referenzrahmens, der die dem luxemburgischen Körperschaftsteuersystem zugrunde liegenden Bestimmungen enthalte, und zum anderen aus der Nichtanwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift. 492 Die Unvorhersehbarkeit des angefochtenen Beschlusses gebiete daher, dass gemäß den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes von der Verpflichtung zur Rückforderung der Beihilfe abgewichen werde. 493 Sodann weisen das Großherzogtum Luxemburg und Engie darauf hin, dass die Kommission die Verpflichtung zur Rückforderung einer Beihilfe in ihrer Praxis bereits gemildert habe, falls „die Komplexität der Analyse steuerlicher Maßnahmen im Hinblick auf die Vorschriften über staatliche Beihilfen zu Rechtsunsicherheit [führe]“. 494 Schließlich, so Engie, habe die Kommission die Rechtssicherheit beeinträchtigt, indem sie eine versteckte steuerliche Harmonisierung der luxemburgischen Bestimmungen vorgenommen habe, die nach wie vor klar und genau seien und den luxemburgischen Behörden bei der Erteilung von Steuervorbescheiden keinen Ermessensspielraum ließen. 495 Die Kommission hält dieses gesamte Vorbringen für unbegründet. Sie habe keineswegs gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen, als sie die Rückforderung der gewährten Beihilfe angeordnet habe, und fügt hinzu, die von Engie behauptete Komplexität beruhe nicht auf ihrer Argumentation, sondern auf der von Engie errichteten und von der luxemburgischen Finanzverwaltung in den fraglichen Steuervorbescheiden gebilligten steuerlichen Konstruktion. Außerdem sei ihre Argumentation keineswegs neu und beruhe auf herkömmlichen Grundsätzen im Bereich der staatlichen Beihilfen. 496 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission gemäß Art. 16 der Verordnung 2015/1589 in Negativbeschlüssen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern, es sei denn, dies verstieße gegen einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts. 497 Im vorliegenden Fall hat die Kommission jedoch keinen Rechtsfehler begangen, als sie dem Großherzogtum Luxemburg nach Art. 2 des angefochtenen Beschlusses die Rückforderung der Beihilfe auferlegt hat. Entgegen dem Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und von Engie verstößt eine solche Verpflichtung weder gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit noch gegen den Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens. 498 Erstens verlangt der Grundsatz der Rechtssicherheit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört, dass Rechtsvorschriften klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen vorhersehbar sein müssen, damit sich die Betroffenen bei unter das Unionsrecht fallenden Tatbeständen und Rechtsbeziehungen orientieren können (Urteil vom 8. Dezember 2011, France Télécom/Kommission, C‑81/10 P, EU:C:2011:811, Rn. 100). 499 Mit anderen Worten müssen die Betroffenen in der Lage sein, den Umfang der ihnen durch eine Unionsregelung auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen und ihre Rechte und Pflichten eindeutig zu bestimmen und sich darauf einzustellen (Urteil vom 11. Dezember 2012, Kommission/Spanien, C‑610/10, EU:C:2012:781, Rn. 49). 500 Im vorliegenden Fall galt die von der Kommission vorgenommene Argumentation zwar für einen Steuervorbescheid, doch war sie in der Entscheidungspraxis keineswegs neu. 501 Ebenso beruht die Art und Weise, in der die Kommission die Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide nachgewiesen hat, auf einer üblichen Argumentation der Kommission und einer ständigen Rechtsprechung zu staatlichen Beihilfen. 502 Im Übrigen betrifft die tatsächliche Komplexität, die in der vorliegenden Rechtssache festgestellt werden kann, wie die Kommission zu Recht ausführt, die von der Engie-Gruppe errichtete und vom Großherzogtum Luxemburg gebilligte steuerliche Konstruktion zur Finanzierung der Übertragung der Geschäftsbereiche auf die Tochtergesellschaften der Engie-Gruppe. 503 Folglich hat die Kommission mit der Anordnung der Rückforderung der Beihilfe nicht gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen. 504 Zweitens gilt dieselbe Feststellung für den Grundsatz des Vertrauensschutzes. 505 Auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes, der einen tragenden Grundsatz des Unionsrechts darstellt, kann sich jeder Wirtschaftsteilnehmer berufen, bei dem ein Unionsorgan begründete Erwartungen geweckt hat (Urteil vom 22. April 2016, Frankreich/Kommission, T‑56/06 RENV II, EU:T:2016:228, Rn. 42). 506 Da die Überwachung der staatlichen Beihilfen durch die Kommission zwingend vorgeschrieben ist, dürfen die von einer Beihilfe begünstigten Unternehmen grundsätzlich nur dann auf die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe vertrauen, wenn sie unter Einhaltung des in Art. 108 AEUV vorgesehenen Verfahrens gewährt wurde (Urteil vom 12. September 2007, Italien/Kommission, T‑239/04 und T‑323/04, EU:T:2007:260, Rn. 154). 507 Auch hat die Kommission durch ihr Verhalten keine begründeten Erwartungen in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der fraglichen Steuervorbescheide im Hinblick auf das Beihilferecht geweckt. 508 Die Kommission hat daher mit der Anordnung der Rückforderung der Beihilfe nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen. 509 Daher sind der siebte Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18 und der fünfte Klagegrund in der Rechtssache T‑516/18 als unbegründet zurückzuweisen und folglich die Klagen insgesamt abzuweisen. V. Kosten A. In der Rechtssache T‑516/18 510 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Großherzogtum Luxemburg unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Kommission neben seinen eigenen Kosten die Kosten der Kommission aufzuerlegen. 511 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Irland trägt daher seine eigenen Kosten. B. In der Rechtssache T‑525/18 512 Da Engie unterlegen ist, sind ihr nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung gemäß dem Antrag der Kommission neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Rechtssachen T‑516/18 und T‑525/18 werden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden. 2. Die Klagen werden abgewiesen. 3. Das Großherzogtum Luxemburg trägt neben seinen eigenen Kosten die Kosten, die der Europäischen Kommission in der Rechtssache T‑516/18 entstanden sind. 4. Die Engie Global LNG Holding Sàrl, die Engie Invest International SA und Engie tragen neben ihren eigenen Kosten die Kosten, die der Europäischen Kommission in der Rechtssache T‑525/18 entstanden sind. 5. Irland trägt seine eigenen Kosten. Van der Woude Tomljenović Schalin Škvařilová-Pelzl Nõmm Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Mai 2021. Unterschriften Inhaltsverzeichnis I. Vorgeschichte des Rechtsstreits A. Engie-Gruppe B. Steuervorbescheide 1. Steuervorbescheide betreffend die Übertragung von Aktivitäten auf LNG Supply 2. Steuervorbescheide betreffend die Übertragung von Aktivitäten auf GSTM 3. Überblick über die von den Unternehmen der Engie-Gruppe eingerichteten Finanzierungsstrukturen 4. Auswirkung der teilweisen Umwandlung des von LNG Supply abgeschlossenen ZORA C. Förmliches Prüfverfahren II. Angefochtener Beschluss A. Zurechenbarkeit an den Staat B. Verschaffung eines Vorteils C. Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide 1. Zur Selektivität auf der Ebene der Holdinggesellschaften a) Zur Abweichung vom erweiterten Referenzrahmen in Gestalt des luxemburgischen Körperschaftsteuersystems b) Zur Abweichung von dem auf die Bestimmungen über die Besteuerung von Gewinnausschüttungen und die Steuerbefreiung von Beteiligungen beschränkten Referenzrahmen 2. Zur Selektivität auf der Ebene der Engie-Gruppe 3. Zur Selektivität aufgrund der Nichtanwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift 4. Zur fehlenden Rechtfertigung D. Zur Wettbewerbsverzerrung E. Zum Beihilfeempfänger F. Zur Rückforderung der Beihilfe III. Verfahren und Anträge der Parteien A. Zum schriftlichen Verfahren in der Rechtssache T‑516/18 1. Zur Zusammensetzung des Spruchkörpers 2. Zum Streithilfeantrag 3. Zum Antrag auf vertrauliche Behandlung 4. Zu den Anträgen der Parteien B. Zum schriftlichen Verfahren in der Rechtssache T‑525/18 1. Zur Zusammensetzung des Spruchkörpers 2. Zum Antrag auf vertrauliche Behandlung 3. Zu den Anträgen der Parteien IV. Rechtliche Würdigung A. Zur Verbindung der Rechtssachen T‑516/18 und T‑525/18 sowie zur Beantwortung der Anträge auf vertrauliche Behandlung B. Zur Begründetheit 1. Zum fünften Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18 und zum dritten Klagegrund in der Rechtssache T‑516/18: Vorliegen einer versteckten Steuerharmonisierung a) Zum behaupteten Verstoß gegen die Art. 4 und 5 EUV sowie die Art. 3 bis 5 und 113 bis 117 AEUV b) Zum behaupteten Ermessensmissbrauch 2. Zum achten Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18 und zum sechsten Klagegrund in der Rechtssache T‑516/18: Verstoß gegen die Begründungspflicht 3. Zum sechsten Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18 und zum vierten Klagegrund in der Rechtssache T‑516/18: Verletzung von Verfahrensrechten 4. Zum ersten Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18: fehlende Bindung staatlicher Mittel und fehlende Zurechenbarkeit der fraglichen Steuervorbescheide an den Staat 5. Zum ersten und zum zweiten Klagegrund in der Rechtssache T‑516/18 sowie zum zweiten und zum dritten Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18, mit denen im Wesentlichen Beurteilungs- und Rechtsfehler bei der Feststellung eines selektiven Vorteils gerügt werden a) Vorbemerkungen b) Zur behaupteten Verwechslung der Voraussetzungen des Vorliegens eines Vorteils mit denen der Selektivität der fraglichen Steuervorbescheide c) Zum behaupteten Fehlen eines selektiven Vorteils auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften im Licht des engen Referenzrahmens 1) Zur Definition des auf die Bestimmungen über die Besteuerung von Gewinnausschüttungen und die Steuerbefreiung von Beteiligungen beschränkten Referenzrahmens i) Zur fehlenden Ausweitung des Referenzrahmens auf die Mutter-Tochter-Richtlinie ii) Zur Auslegung von Art. 164 in Verbindung mit Art. 166 LIR 2) Zur Abweichung von den Bestimmungen über die Besteuerung von Gewinnausschüttungen und die Steuerbefreiung von Beteiligungen i) Zur Anwendung von Art. 164 LIR auf ein ZORA und zum Bestehen eines Zusammenhangs zwischen der Abzugsfähigkeit der ZORA-Akkretionen auf der Ebene der Tochtergesellschaften und der Befreiung der Erträge aus Beteiligungen auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften ii) Zum ungewissen Wert eines ZORA zum Zeitpunkt seiner Ausgabe iii) Zur Feststellung einer Ausnahme aufgrund der kombinierten Wirkung allgemeiner Bestimmungen iv) Zum Fehlen eines Verstoßes gegen die jeweils gesondert betrachteten Art. 164 und 166 LIR v) Zur Vorzugsbehandlung der Engie-Gruppe auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften vi) Schlussfolgerung zur Gewährung eines selektiven Vorteils für die Engie-Gruppe auf der Ebene der betreffenden Holdinggesellschaften im Licht des engen Referenzrahmens d) Zum behaupteten Fehlen eines selektiven Vorteils im Licht der Rechtsmissbrauchsvorschrift 1) Vorbemerkungen 2) Zur behaupteten Neuartigkeit der auf die Rechtsmissbrauchsvorschrift gestützten Argumentation 3) Zur Abweichung von der Rechtsmissbrauchsvorschrift i) Zur behaupteten Nichtberücksichtigung der Verwaltungspraxis der luxemburgischen Steuerbehörden ii) Zur Beurteilung der Kriterien für die Rechtfertigung der Anwendung der Rechtsmissbrauchsvorschrift – Zum Kriterium der Verringerung der Steuerschuld – Zum Kriterium der Verwendung einer unangemessenen rechtlichen Gestaltung – Zum Kriterium des Fehlens nicht steuerbezogener Gründe – Zur Vorzugsbehandlung der Unternehmen der Engie-Gruppe – Zum behaupteten Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit 6. Zum vierten Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18: fehlerhafte Einstufung der fraglichen Steuervorbescheide als Einzelbeihilfen 7. Zum siebten Klagegrund in der Rechtssache T‑525/18 und zum fünften Klagegrund in der Rechtssache T‑516/18, mit denen hilfsweise ein Rechtsfehler bei der Verpflichtung zur Rückforderung der angeblich gewährten Beihilfen gerügt wird V. Kosten A. In der Rechtssache T‑516/18 B. In der Rechtssache T‑525/18 (*1) Verfahrenssprache: Französisch. (1 ) Nicht wiedergegebene vertrauliche Daten.
Urteil des Gerichts (Erste Kammer) vom 14. Dezember 2018.#GQ u. a. gegen Europäische Kommission.#Öffentlicher Dienst – Beamte – Reform des Statuts – Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1023/2013 – Funktionsbezeichnungen – Übergangsvorschriften zur Einstufung in die Funktionsbezeichnungen – Art. 31 des Anhangs XIII des Statuts – Assistenten in der Übergangszeit – Beförderung nach Art. 45 des Statuts, die nur innerhalb der Laufbahnschiene zulässig ist, die der Funktionsbezeichnung der Betroffenen entspricht – Ausschließlicher Zugang zur Funktionsbezeichnung ‚Hauptassistent‘ (AST 10) in Anwendung des Verfahrens nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts – Gleichbehandlung – Verlust der Anwartschaft auf Beförderung nach Besoldungsgruppe AST 10 – Vertrauensschutz.#Rechtssache T-525/16.
62016TJ0525
ECLI:EU:T:2018:964
2018-12-14T00:00:00
Gericht
62016TJ0525 URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer) 14. Dezember 2018 (*1) „Öffentlicher Dienst – Beamte – Reform des Statuts – Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1023/2013 – Funktionsbezeichnungen – Übergangsvorschriften zur Einstufung in die Funktionsbezeichnungen – Art. 31 des Anhangs XIII des Statuts – Assistenten in der Übergangszeit – Beförderung nach Art. 45 des Statuts, die nur innerhalb der Laufbahnschiene zulässig ist, die der Funktionsbezeichnung der Betroffenen entspricht – Ausschließlicher Zugang zur Funktionsbezeichnung ‚Hauptassistent‘ (AST 10) in Anwendung des Verfahrens nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts – Gleichbehandlung – Verlust der Anwartschaft auf Beförderung nach Besoldungsgruppe AST 10 – Vertrauensschutz“ In der Rechtssache T‑525/16 GQ, Beamter der Europäischen Kommission, und die weiteren im Anhang (1 ) namentlich aufgeführten Beamten der Europäischen Kommission, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte T. Bontinck und A. Guillerme, Kläger, gegen Europäische Kommission, vertreten zunächst durch J. Currall und G. Gattinara, dann durch G. Gattinara und C. Berardis-Kayser und schließlich durch G. Gattinara und G. Berscheid als Bevollmächtigte, Beklagte, unterstützt durch Europäisches Parlament, vertreten zunächst durch M. Dean und N. Chemaï, dann durch J. Steele, L. Deneys und J. Van Pottelberge als Bevollmächtigte, und Rat der Europäischen Union, zunächst vertreten durch M. Bauer und E. Rebasti, dann durch M. Bauer und R. Meyer als Bevollmächtigte, Streithelfer, betreffend eine Klage nach Art. 270 AEUV auf Aufhebung der Entscheidungen der Kommission, mit denen die Anstellungsbehörde dieses Organs die Kläger der Funktionsbezeichnung „Assistent in der Übergangszeit“ zugeordnet hat, mit der Folge, dass sie mit Wirkung vom 1. Januar 2014 nicht mehr für eine Beförderung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe in Frage kommen, so wie diese Entscheidungen durch die Entscheidung dieser Anstellungsbehörde vom 3. Juli 2014 über die Zurückweisung der von den Klägern zwischen dem 11. und 28. März 2014 eingelegten Beschwerden bestätigt wurden, erlässt DAS GERICHT (Erste Kammer) unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová sowie der Richter P. Nihoul und J. Svenningsen (Berichterstatter), Kanzler: M. Marescaux, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Oktober 2018 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 GQ und die sieben weiteren im Anhang namentlich aufgeführten Kläger sind Beamte der Europäischen Kommission der Funktionsgruppe „Assistenz“ (AST) in der Besoldungsgruppe AST 9. 2 Aus Anhang I Abschnitt A des Statuts der Beamten der Europäischen Union in der vom 1. Mai 2004 bis 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (im Folgenden: Statut von 2004) ergibt sich, dass die gemäß Art. 5 dieses Statuts der Funktionsgruppe Assistenz zugeordneten Beamten durch Beförderung nach Art. 45 dieses Statuts von der Besoldungsgruppe AST 1 bis zur Besoldungsgruppe AST 11 aufsteigen konnten, wobei dieses Verfahren „bewirkt, dass der Beamte in die nächsthöhere Besoldungsgruppe seiner Funktionsgruppe ernannt wird“, und die Beförderung „ausschließlich aufgrund einer Auswahl unter den Beamten vorgenommen [wird], die in ihrer Besoldungsgruppe eine Mindestdienstzeit von zwei Jahren abgeleistet haben; die Auswahl erfolgt nach Abwägung der Verdienste der Beamten, die für die Beförderung infrage kommen“. So hatte der Beamte, der die Stelle eines Assistenten der Besoldungsgruppe AST 9 innehatte, unter der Geltung dieses Statuts nach dessen Art. 45 eine Anwartschaft auf eine Beförderung nach Besoldungsgruppe AST 10 und sodann dann nach Besoldungsgruppe AST 11. 3 Die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1023/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Union und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union (ABl. 2013, L 287, S. 15) trat am 1. November 2013 in Kraft. Die Erwägungsgründe 17, 18 und 19 dieser Verordnung lauten wie folgt: „(17) Der Rat hatte die Kommission aufgefordert, eine Studie durchzuführen und geeignete Vorschläge auf der Grundlage von Artikel 5 Absatz 4, Anhang I, Abschnitt A und Artikel 45 Absatz 1 des Statuts [von 2004] vorzulegen, um einen klaren Zusammenhang zwischen Verantwortung und Besoldungsgruppe herzustellen und dem Maß der Verantwortung beim Vergleich der Verdienste im Beförderungsverfahren stärker zu gewichten. (18) Unter Berücksichtigung dieser Aufforderung ist es angebracht, die Beförderung in eine höhere Besoldungsgruppe von dem persönlichen Engagement, der Verbesserung von Fähigkeiten und Kompetenzen und der Ausübung von Tätigkeiten abhängig zu machen, die die Beförderung des Beamten in die höhere Besoldungsgruppe rechtfertigen. (19) Die Laufbahnschiene in den Funktionsgruppen [Administration (AD) und Assistenz (AST)] ist so umzustrukturieren, dass die höchsten Besoldungsgruppen einer begrenzten Zahl von Beamten vorbehalten werden, die höchste Verantwortung tragen. Deshalb können Verwaltungsräte nur bis zur Besoldungsgruppe AD 12 gelangen, es sei denn, sie werden auf eine spezifische Stelle über dieser Besoldungsgruppe ernannt, und die Besoldungsgruppen AD 13 und 14 sollten solchen Bediensteten vorbehalten sein, deren Funktion mit weit reichender Verantwortung einhergeht. Dementsprechend können Beamte der Besoldungsgruppe AST 9 nur nach dem Verfahren gemäß Artikel 4 und Artikel 29 Absatz 1 des Statuts in die Besoldungsgruppe AST 10 befördert werden.“ 4 Art. 5 Abs. 4 des Statuts der Beamten in der ab dem 1. Januar 2014 geltenden Fassung (im Folgenden: neues Statut oder Statut) bestimmt: „Anhang I Abschnitt A [des neuen Statuts] enthält eine Übersicht über die Funktionsbezeichnungen. Die Anstellungsbehörde eines jeden Organs kann anhand dieser Übersicht nach Anhörung des Statutsbeirats eine ausführlichere Beschreibung der Aufgaben und Befugnisse für jede Funktionsbezeichnung erstellen.“ 5 Aus Nr. 2 des Abschnitts A des Anhangs I des neuen Statuts („Funktionsbezeichnungen in den einzelnen Funktionsgruppen gemäß Artikel 5 Absatz 4)“ ergibt sich hinsichtlich der Funktionsgruppe AST, dass: – die in die Funktionsbezeichnung „Assistent“ neu eingestuften Beamten von der Besoldungsgruppe AST 1 bis AST 9 aufsteigen können; – die in die Funktionsbezeichnung „Hauptassistent“ neu eingestuften Beamten von der Besoldungsgruppe AST 10 bis AST 11 aufsteigen können. 6 Nach Nr. 2 des Abschnitts A des Anhangs I des neuen Statuts obliegt dem „Assistenten“ die „Ausführung von administrativen, technischen oder Ausbildungsaufgaben, die einen bestimmten Grad an Selbstständigkeit verlangen, insbesondere im Hinblick auf die Durchführung von Regeln und Vorschriften oder allgemeinen Anweisungen, oder als persönlicher Assistent eines Mitglieds des Organs, seines Kabinettchefs oder eines (stellvertretenden) Generaldirektors oder einer gleichwertigen höheren Führungskraft“. Dem „Hauptassistenten“ seinerseits obliegt die „Ausführung von administrativen, technischen oder Ausbildungsaufgaben, die einen hohen Grad an Selbstständigkeit verlangen, mit weitreichender Verantwortung für Personalverwaltung, Haushaltsdurchführung oder politische Koordinierung“. 7 Außerdem ist Art. 45 des Statuts von 2004 geändert worden, indem dieser Bestimmung in der Fassung des neuen Statuts folgender Satz hinzugefügt wurde: „Vorbehaltlich der Anwendung des Verfahrens nach Artikel 4 und Artikel 29 Absatz 1 [des Statuts] kann ein Beamter nur befördert werden, wenn er eine Stelle besetzt, die einer der Funktionsbezeichnungen für eine Stelle der nächsthöheren Besoldungsgruppe gemäß Anhang I Abschnitt A entspricht.“ 8 Im Rahmen der Übergangsmaßnahmen in Anhang XIII des Statuts bestimmt Art. 31 dieses Anhangs: „(1)   Abweichend von Anhang I Abschnitt A Nummer 2 gilt die nachstehende Tabelle mit Funktionsbezeichnungen in der Funktionsgruppe AST für Beamte, die sich am 31. Dezember 2013 im aktiven Dienst befinden: Hauptassistent in der Übergangszeit AST 10 – AST 11 Assistent in der Übergangszeit AST 1 – AST 9 Verwaltungsassistent in der Übergangszeit AST 1 – AST 7 Mitarbeiter mit Unterstützungsaufgaben in der Übergangszeit AST 1 – AST 5 (2)   Mit Wirkung vom 1. Januar 2014 stuft die Anstellungsbehörde Beamte, die sich am 31. Dezember 2013 im aktiven Dienst in der Funktionsgruppe AST befinden, in Funktionsbezeichnungen wie folgt ein: a) Beamte, die sich am 31. Dezember 2013 in den Besoldungsgruppen AST 10 oder AST 11 befanden, werden der Funktionsbezeichnung ‚Hauptassistent in der Übergangszeit‘ zugeordnet. b) Beamte, die nicht unter Buchstabe a fallen und sich vor dem 1. Mai 2004 in der früheren Laufbahngruppe B befanden oder sich vor dem 1. Mai 2004 in den früheren Laufbahngruppen C oder D befanden und ohne Einschränkung Mitglieder der Funktionsgruppe AST geworden sind, sowie seit dem 1. Mai 2004 eingestellte AST‑Beamte werden der Funktionsbezeichnung ‚Assistent in der Übergangszeit‘ zugeordnet. c) Beamte, die nicht unter die Buchstaben a und b fallen und sich vor dem 1. Mai 2004 in der früheren Laufbahngruppe C befanden, werden der Funktionsbezeichnung ‚Verwaltungsassistent in der Übergangszeit‘ zugeordnet. d) Beamte, die nicht unter die Buchstaben a und b fallen und sich vor dem 1. Mai 2004 in der früheren Laufbahngruppe D befanden, werden der Funktionsbezeichnung ‚Mitarbeiter mit Unterstützungsaufgaben in der Übergangszeit‘ zugeordnet. (3)   Die Zuordnung zu einer Funktionsbezeichnung gilt so lange, bis der Beamte in eine neue Funktion eingewiesen wird, die einer anderen Funktionsbezeichnung entspricht. Verwaltungsassistenten in der Übergangszeit und Mitarbeiter mit Unterstützungsaufgaben in der Übergangszeit können in die Funktionsbezeichnung ‚Assistent‘ gemäß Anhang I Abschnitt A nur nach dem in Artikel 4 und Artikel 29 Absatz 1 des Statuts genannten Verfahren eingewiesen werden. Beförderungen sind nur innerhalb der Laufbahnschienen zulässig, die den einzelnen in Absatz 1 aufgeführten Funktionsbezeichnungen entsprechen. …“ 9 Am 16. Dezember 2013 erließ die Kommission die Entscheidung C(2013) 8968 final mit allgemeinen Durchführungsbestimmungen zu Art. 45 des neuen Statuts, veröffentlicht in den Verwaltungsmitteilungen Nr. 55-2013 vom 19. Dezember 2013. Gemäß Art. 3 zweiter Gedankenstrich dieser allgemeinen Durchführungsbestimmungen kommt „[e]in Beamter … für eine Beförderung [nur] in Betracht, wenn er … zu Beginn des Beförderungsverfahrens … eine Planstelle inne[hat], die einer der Funktionsbezeichnungen nach Anhang I Abschnitt A oder Artikel 30 Absatz 1 oder Artikel 31 Absatz 1 des Anhangs XIII des Statuts für die Besoldungsgruppe entspricht, in die er befördert werden kann“. 10 Nach dem Inkrafttreten der oben in den Rn. 3 bis 9 aufgeführten Maßnahmen am 1. Januar 2014 wurden die Kläger der Funktionsbezeichnung „Assistent in der Übergangszeit“ zugeordnet, was bedeutete, dass ihre Laufbahnschiene sich von der Besoldungsgruppe AST 1 bis zur Besoldungsgruppe AST 9 erstreckte. Entsprechend hat die Anstellungsbehörde der Kommission im EDV-System zur Personalverwaltung „SysPer 2“ (im Folgenden: SysPer 2) die jeweiligen Personalakten der Kläger geändert, indem dort vermerkt wurde, dass sie eine Stelle mit dieser Funktionsbezeichnung besetzten, mit der Folge, dass sie mit Wirkung vom 1. Januar 2014 keine Anwartschaft auf eine Beförderung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe AST 10 mehr hatten. 11 Zwischen dem 11. und 28. März 2014 legten die Kläger nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts jeweils Beschwerde sowohl gegen die allgemeinen als auch gegen die individuellen Entscheidungen der Anstellungsbehörde ein, durch die ihnen jede Beförderung nach Besoldungsgruppe AST 10 im jährlichen Beförderungsverfahren nach Art. 45 des Statuts versperrt werden sollte. 12 Mit gleichlautend formulierten Bescheiden vom 3. Juli 2014 wies die Anstellungsbehörde die Beschwerden der Kläger zurück. Verfahren und Anträge der Parteien 13 Mit Klageschrift, die am 17. Oktober 2014 bei der Kanzlei des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union eingegangen ist und unter dem Aktenzeichen F‑111/14 in das Register eingetragen wurde, haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben. 14 Mit Beschluss vom 26. November 2014 hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts für den öffentlichen Dienst die vorliegende Rechtssache nach Anhörung der Parteien bis zur Rechtskraft der abschließenden Entscheidungen in den Rechtssachen U4U u. a./Parlament und Rat (T‑17/14) und USFSPEI/Parlament und Rat (T‑75/14) ausgesetzt. 15 Am 10. Dezember 2014 bzw. 20. Januar 2015 haben der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament gemäß Art. 86 der Verfahrensordnung des Gerichts für den öffentlichen Dienst ihre Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt. Sie wurden darüber informiert, dass ihre Anträge bei der Fortsetzung des Verfahrens behandelt würden. 16 Gemäß Art. 3 der Verordnung (EU, Euratom) 2016/1192 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 über die Übertragung der Zuständigkeit für die Entscheidung im ersten Rechtszug über die Rechtsstreitigkeiten zwischen der Europäischen Union und ihren Bediensteten auf das Gericht (ABl. 2016, L 200, S. 137) ist die vorliegende Rechtssache in dem Stadium, in dem sie sich am 31. August 2016 befand, auf das Gericht übertragen worden und ist gemäß dessen Verfahrensordnung weiterzubearbeiten. Sie ist unter dem Aktenzeichen T‑525/16 in das Register eingetragen und der Ersten Kammer zugewiesen worden. 17 Nach Verkündung des Urteils vom 15. September 2016, U4U u. a./Parlament und Rat (T‑17/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:489), und sodann des Urteils vom 16. November 2017, USFSPEI/Parlament und Rat (T‑75/14, EU:T:2017:813), sowie im Anschluss an die Feststellung, dass innerhalb der Frist des Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kein Rechtsmittel gegen diese Urteile eingelegt wurde, ist das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache fortgesetzt und die Kommission aufgefordert worden, die Klagebeantwortung einzureichen, was sie innerhalb der gesetzten Frist getan hat, nämlich am 15. April 2018. 18 Mit Beschluss vom 17. April 2018 sind das Parlament und der Rat gemäß Art. 144 der Verfahrensordnung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen worden. 19 Am 29. bzw. 30. Mai 2018 haben das Parlament und der Rat ihre Streithilfeschriftsätze eingereicht, zu denen die Parteien keine Stellung genommen haben. 20 Am 30. Mai 2018 haben die Kläger im Rahmen des vom Gericht zugelassenen zweiten Schriftsatzwechsels die Erwiderung eingereicht. 21 Im Anschluss an einen in der Rechtssache GM u. a./Kommission (T‑539/16) gestellten Antrag, diese Rechtssache mit der vorliegenden Rechtssache zu verbinden, wurden die Parteien hierzu gehört und haben insoweit keine Einwände erhoben. 22 Nach der Einreichung der Gegenerwiderung am 18. Juli 2018 ist das schriftliche Verfahren geschlossen worden. 23 Mit Beschluss vom 18. September 2018 ist die vorliegende Rechtssache mit den Rechtssachen T‑526/16 (FZ u. a./Kommission) und T‑540/16 (FZ u. a./Kommission) zu gemeinsamem mündlichen Verfahren verbunden worden. 24 Die Parteien haben in der Sitzung vom 17. Oktober 2018 mündlich verhandelt. In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht die Kommission aufgefordert, ihm innerhalb von zwei Wochen bestimmte Informationen über die aktuelle dienstrechtliche Stellung der Kläger zu erteilen. Im Anschluss an die Antwort der Kommission vom 31. Oktober 2018 und die Stellungnahmen der Kläger vom 13. November 2018 ist das mündliche Verfahren geschlossen worden. 25 Die Kläger beantragen – in erster Linie, – die Rechtswidrigkeit von Art. 45 und des Anhangs I des neuen Statuts sowie der entsprechenden Übergangsvorschriften festzustellen; – sowohl die allgemeinen als auch die individuellen Entscheidungen der Anstellungsbehörde aufzuheben, den Klägern als Beamten der Besoldungsgruppe AST 9 jede mögliche Beförderung im Rahmen des Beförderungsverfahrens 2014 zu versperren; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen; – hilfsweise, – sowohl die allgemeinen als auch die individuellen Entscheidungen aufzuheben, den Klägern als Beamten der Besoldungsgruppe AST 9 jede mögliche Beförderung im Rahmen des Beförderungsverfahrens 2014 zu versperren; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 26 Die Kommission beantragt, – die Klage abzuweisen; – den Klägern die Kosten aufzuerlegen. 27 Das Parlament beantragt, „die Argumente de[r] Kläger, die auf die Unanwendbarkeit von Art. 45 des [neuen] Statuts abzielen“, zurückzuweisen. 28 Der Rat beantragt, – die Klage abzuweisen; – den Klägern die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung Zur Zulässigkeit der Klage 29 Die Kommission hält die Klage zwar für zulässig, weist aber als Erstes darauf hin, dass die Klage in Wirklichkeit nur die Entscheidungen der Anstellungsbehörde betreffe, die Kläger mit Wirkung zum 1. Januar 2014 der Funktionsbezeichnung „Assistent in der Übergangszeit“ zuzuordnen, und dass unter diesem Blickwinkel diese sie beschwerende Maßnahme Gegenstand ihrer innerhalb der im Statut vorgesehenen Fristen erhobenen Beschwerden gewesen sei. 30 Da das Vorliegen einer beschwerenden Maßnahme im Sinne von Art. 90 Abs. 2 und Art. 91 Abs. 1 des Statuts eine unerlässliche Voraussetzung für die Zulässigkeit jeder Klage eines Beamten gegen das Organ ist, dem er angehört, ist unter den Umständen des vorliegenden Falles zunächst zu klären, welche Maßnahmen die Kläger mit der vorliegenden Klage anfechten wollen, und zu beurteilen, ob es sich um sie beschwerende Maßnahmen handelt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. April 2017, HN/Kommission, T‑588/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:292, Rn. 39, und Beschluss vom 16. Juli 2015, FG/Kommission, F‑20/15, EU:F:2015:93, Rn. 43). 31 Insoweit hatte die Anstellungsbehörde – anders als bei Beamten der Funktionsgruppe Administration, die verschiedenen Funktionsbezeichnungen wie „Oberverwaltungsrat in der Übergangszeit“, „Verwaltungsrat in der Übergangszeit“, „Verwaltungsrat“, „Berater oder gleichwertige Funktion“ oder „Referatsleiter oder gleichwertige Funktion“ zugeordnet werden konnten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. April 2017, HN/Kommission, T‑588/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:292‚ Rn. 40, und vom 16. Juli 2015, EJ u. a./Kommission, F‑112/14, EU:F:2015:90‚ Rn. 43) – im vorliegenden Fall zwar keine andere Wahl, als die Beamten, die am 31. Dezember 2013 eine Stelle als Assistent AST 9 besetzten, der in Art. 31 Abs. 2 Buchst. b des Anhangs XIII des neuen Statuts allein vorgesehenen Funktionsbezeichnung „Assistent in der Übergangszeit“ zuzuordnen. 32 Auch wenn die Anstellungsbehörde lediglich die neu in Kraft getretenen Bestimmungen des Statuts anwendet, kann – wie die Kommission hervorhebt – die Entscheidung, die diese Bestimmungen erstmals anwendet, als eine beschwerende Maßnahme angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. Juli 1985, Agostini u. a./Kommission, 233/83, EU:C:1985:291‚ Rn. 13, und vom 20. Juli 2017, Barnett und Mogensen/Kommission, T‑148/16 P, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:539‚ Rn. 47). 33 Obwohl die Entscheidungen der Anstellungsbehörde, den Klägern mit Wirkung vom 1. Januar 2014 die Funktionsbezeichnung „Assistent in der Übergangszeit“ zuzuordnen, die dadurch zum Ausdruck gebracht wurden, dass in deren in SysPer 2 geführten Personalakten am 30. Januar 2013 ein Vermerk über die Einstufung in diese Funktionsbezeichnung aufgenommen wurde (im Folgenden: angefochtene Entscheidungen), in Anbetracht des Wortlauts von Art. 31 Abs. 2 des Anhangs XIII des neuen Statuts gebundene Entscheidungen waren, beschweren sie die Kläger, weil sie zur Folge haben, dass diese ihre Anwartschaft auf Beförderung nach Besoldungsgruppe AST 10 verlieren (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. April 2017, HN/Kommission, T‑588/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:292, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 16. Juli 2015, EJ u. a./Kommission, F‑112/14, EU:F:2015:90, Rn. 45). Außerdem sind sie jedenfalls mit Beschwerden angegriffen worden, die gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts innerhalb einer Frist von drei Monaten eingelegt wurden. 34 Unter diesen Umständen ist die vorliegende Klage für zulässig zu erklären, soweit sie sich gegen die angefochtenen Entscheidungen richtet. Im Übrigen ist wegen des evolutiven Charakters des Vorverfahrens auf die Begründung in den Entscheidungen über die Zurückweisung der Beschwerden der Kläger abzustellen, da davon auszugehen ist, dass sie mit der Begründung der angefochtenen Entscheidungen zusammenfällt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. Dezember 2009, Kommission/Birkhoff, T‑377/08 P, EU:T:2009:485, Rn. 58 und 59, und vom 16. Januar 2018, SE/Rat, T‑231/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:3, Rn. 22). Zum Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit bestimmter Vorschriften des Statuts 35 Zum Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit von Art. 45 des neuen Statuts und der entsprechenden Übergangsregelungen ist darauf hinzuweisen, dass ein Beamter oder sonstiger Bediensteter im Rahmen eines Antrags auf Aufhebung einer ihn betreffenden Einzelfallentscheidung nach Art. 277 AEUV zwar die Rechtswidrigkeit des Rechtsakts mit allgemeiner Geltung, auf dessen Grundlage diese Entscheidung erlassen worden ist, geltend machen kann. Nur der Unionsrichter ist nämlich nach dieser Vorschrift berechtigt, die Rechtswidrigkeit eines Rechtsakts mit allgemeiner Geltung festzustellen und die Konsequenzen der sich daraus ergebenden Unanwendbarkeit hinsichtlich des vor ihm angefochtenen individuellen Rechtsakts zu ziehen (Urteil vom 27. Oktober 2016, EZB/Cerafogli, T‑787/14 P, EU:T:2016:633‚ Rn. 49). 36 Die Feststellung der Rechtswidrigkeit durch den Unionsrichter nach Art. 277 AEUV entfaltet jedoch keine Wirkung erga omnes, weil sie zwar zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen individuellen Entscheidung führt, den Rechtsakt mit allgemeiner Geltung aber in der Rechtsordnung bestehen lässt, ohne die Rechtmäßigkeit der anderen auf seiner Grundlage erlassenen Rechtsakte, die nicht innerhalb der Klagefrist angefochten wurden, zu beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Februar 1974, Kortner u. a./Rat u. a., 15/73 bis 33/73, 52/73, 53/73, 57/73 bis 109/73, 116/73, 117/73, 123/73, 132/73 und 135/73 bis 137/73, EU:C:1974:16, Rn. 37 und 38, und vom 27. Oktober 2016, EZB/Cerafogli, T‑787/14 P, EU:T:2016:633, Rn. 53). 37 Daraus folgt, dass der Unionsrichter im Rahmen eines Antrags auf Aufhebung einer beschwerenden individuellen Maßnahme zwar befugt ist, inzident die Rechtswidrigkeit einer Vorschrift mit allgemeiner Geltung, auf die der angefochtene Rechtsakt gestützt ist, festzustellen. Er ist jedoch nicht befugt, derartige Feststellungen im Tenor seiner Urteile zu treffen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Oktober 2009, Ramaekers-Jørgensen/Kommission, F‑74/08, EU:F:2009:142, Rn. 37). 38 Wie die Kommission zu Recht geltend macht, muss der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit von Art. 45 und Anhang I des neuen Statuts sowie der entsprechenden Übergangsregelungen daher, soweit er nicht Bestandteil einer nach Art. 277 AEUV erhobenen Einrede der Rechtswidrigkeit ist, die auf die Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen abzielt, für offensichtlich unzulässig erklärt werden. Zum Aufhebungsantrag 39 Zur Stützung ihres Aufhebungsantrags tragen die Kläger in erster Linie zunächst zwei Klagegründe vor, mit denen sie erstens die Rechtswidrigkeit von Art. 45 und Anhang I des neuen Statuts und zweitens die Rechtswidrigkeit dieser Bestimmungen wegen des Fehlens von Übergangsvorschriften zum Ausgleich der für Beamte der Besoldungsgruppe AST 9 entfallenden Anwartschaft auf eine Beförderung geltend machen. Hilfsweise machen sie zwei weitere Klagegründe geltend, nämlich erstens einen Verstoß gegen diesen Artikel und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und zweitens einen Verstoß gegen die Begründungspflicht. 40 Die Kommission, unterstützt durch das Parlament und den Rat, beantragt, sämtliche Klagegründe als unbegründet zurückzuweisen. Erster Klagegrund: Rechtswidrigkeit von Art. 45 und Anhang I des neuen Statuts 41 Nach Auffassung der Kläger verstößt die im neuen Statut vorgesehene Regelung, nach der Beamte der Besoldungsgruppe AST 9, die der Funktionsbezeichnung „Assistent in der Übergangszeit“ zugeordnet sind, keine Beförderung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe nach Art. 45 des neuen Statuts erreichen können, weil sie nicht unter eine Funktionsbezeichnung fallen, die einen Anspruch auf die Besoldungsgruppe AST 10 gewähren kann, gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, die Anwartschaft auf eine Laufbahn, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie die Fürsorgepflicht. In diesem Zusammenhang machen sie geltend, bei ihrer Einstellung eine Anwartschaft auf uneingeschränkte Beförderung bis zur Besoldungsgruppe AST 11 gehabt zu haben. Somit beeinträchtigten dieser Artikel und Anhang I des neuen Statuts ihre wohlerworbenen Rechte. Sie erheben damit die Einrede der Rechtswidrigkeit dieser Bestimmungen. 42 Die Kommission, unterstützt durch das Parlament und den Rat, beantragt, die Einrede der Rechtswidrigkeit als unbegründet zurückzuweisen. 43 Der vorliegende Klagegrund besteht aus sechs Teilen, die nacheinander zu prüfen sind. – Erster Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Anwartschaft auf eine Laufbahn 44 Zur Stützung des ersten Teils des ersten Klagegrundes machen die Kläger geltend, dass der Unionsgesetzgeber im Hinblick auf Art. 5 Abs. 5 des Statuts, nach dessen Wortlaut „[f]ür Einstellung und dienstliche Laufbahn der Beamten der gleichen Funktionsgruppe … jeweils die gleichen Voraussetzungen [gelten]“, gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Anwartschaft auf eine Laufbahn verstoßen habe. 45 Zum einen sind die Kläger der Ansicht, dass der Unionsgesetzgeber mit seinem Hinweis in Art. 31 Abs. 1 bis 3 des Anhangs XIII („Übergangsmaßnahmen für die Beamten der Union“) des neuen Statuts, dass „Beförderungen … nur [noch] innerhalb der Laufbahnschienen zulässig [sind], die den einzelnen … Funktionsbezeichnungen entsprechen“, gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Anwartschaft auf eine Laufbahn verstoßen habe, indem er die Kläger in die Funktionsbezeichnung „Assistent in der Übergangszeit“ eingewiesen habe, die ihnen nicht mehr die Möglichkeit einer Beförderung nach Besoldungsgruppe AST 10 biete, weil diese Beamten vorbehalten sei, die eine Stelle der in Art. 31 Abs. 1 übergangsweise vorgesehenen Funktionsbezeichnung „Hauptassistent in der Übergangszeit“ oder der in Nr. 2 des Abschnitts A des Anhangs I des neuen Statuts neu definierten Funktionsbezeichnung „Hauptassistent“ innehätten. 46 Zum anderen habe der Unionsgesetzgeber gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Anwartschaft auf eine Laufbahn auch dadurch verstoßen, dass er dem Art. 45 des neuen Statuts den Satz hinzugefügt habe, dem zufolge ein Beamter „[v]orbehaltlich der Anwendung des Verfahrens nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 [des Statuts] … nur befördert werden [kann], wenn er eine Stelle besetzt, die einer der Funktionsbezeichnungen für eine Stelle der nächsthöheren Besoldungsgruppe gemäß Anhang I Abschnitt A entspricht“. 47 Die Kläger tragen vor, im Vergleich zu Assistenten der Besoldungsgruppen unterhalb von AST 9 ungleich behandelt zu werden, weil diese weiterhin in den Genuss des Beförderungsmechanismus kämen, der sich auf einen Vergleich der im Lauf der Zeit erworbenen Verdienste stütze, während ihre eigene Beförderung nach Besoldungsgruppe AST 10 nur noch nach dem Verfahren gemäß Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts möglich sei, das es nicht erlaube, eine Beförderung durch den Nachweis der im Lauf der Zeit erworbenen Verdienste zu erreichen, weil es im Wesentlichen auf der Bewertung der Kompetenzen der Beamten der Besoldungsgruppe AST 9 beruhe, die ihr Interesse an der freien Planstelle eines „Hauptassistenten“ bekundet hätten. 48 Darüber hinaus machen die Kläger geltend, während die Beamten der niedrigeren Besoldungsgruppen AST 1 bis AST 8 Beförderungsgarantien hinsichtlich der Anzahl der von der Anstellungsbehörde jährlich zugelassenen Beförderungen innerhalb des Organs hätten, seien sie selbst dem Risiko in Bezug auf die Zahl der freien Planstellen für „Hauptassistenten“ ausgesetzt, die die Anstellungsbehörde jährlich im Rahmen des Verfahrens nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts zu besetzen beschließe. Außerdem verfüge die Anstellungsbehörde im Rahmen des Verfahrens der Ernennung auf solche Stellen über ein weiteres Ermessen als im Rahmen des Beförderungsverfahrens, u. a. wegen der fehlenden Beteiligung des paritätischen Beförderungsausschusses. Die Kläger fügen hinzu, dass sie im Rahmen dieses Ernennungsverfahrens nicht nur – wie beim Vergleich der Verdienste im Beförderungsverfahren – im Wettbewerb mit den anderen Assistenten der Kommission stünden, sondern auch mit denen der anderen Organe, was ihre Chancen vermindere, befördert zu werden. 49 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass das Rechtsverhältnis zwischen den Beamten und der Verwaltung statutarischer und nicht vertraglicher Natur ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. März 1975, Gillet/Kommission, 28/74, EU:C:1975:46, Rn. 4). Somit können die Rechte und Pflichten der Beamten jederzeit vom Unionsgesetzgeber geändert werden, und in diesem Zusammenhang sind die Gesetze zur Änderung einer gesetzlichen Bestimmung – wie z. B. die nach Art. 336 AEUV erlassenen Verordnungen zur Änderung des Statuts – grundsätzlich, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf die künftigen Folgen von Sachverhalten anwendbar, die unter der Geltung des alten Rechts entstanden sind, mit Ausnahme unter der Geltung der früheren Vorschrift entstandener und abgeschlossener Sachverhalte, die wohlerworbene Rechte begründen (Urteile vom 22. Dezember 2008, Centeno Mediavilla u. a./Kommission, C‑443/07 P, EU:C:2008:767‚ Rn. 60 bis 62, und vom 16. Juli 2015, EJ u. a./Kommission, F‑112/14, EU:F:2015:90, Rn. 58). 50 Nach der Rechtsprechung gilt ein Recht im Kontext einer Reform des Statuts aber nur als wohlerworben, wenn der Tatbestand, der dieses Recht begründet, vor der Gesetzesänderung erfüllt ist, was bei einem Recht, dessen begründender Tatbestand sich nicht unter der Geltung der Rechtsvorschriften vor ihrer Änderung verwirklicht hat, nicht der Fall ist. Somit können sich Beamte, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, bis zum Inkrafttreten des neuen Statuts nur eine Anwartschaft auf eine Beförderung hatten und diese von einer in der Befugnis der Anstellungsbehörde liegenden Entscheidung über die Beförderung nach Besoldungsgruppe AST 10 abhängig war, die diese Behörde – im vorliegenden Fall am 1. Januar 2014 – noch nicht getroffen hatte, nicht auf ein wohlerworbenes Recht auf den Fortbestand einer Anwartschaft auf diese Beförderung über diesen Zeitpunkt hinaus berufen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Dezember 2008, Centeno Mediavilla u. a./Kommission, C‑443/07 P, EU:C:2008:767‚ Rn. 63 bis 65, und vom 16. Juli 2015, EJ u. a./Kommission, F‑112/14, EU:F:2015:90, Rn. 59). 51 Außerdem können sich die Beamten nicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, um sich der Anwendung einer neuen Rechtsvorschrift zu widersetzen, besonders auf einem Gebiet, auf dem der Unionsgesetzgeber über ein weites Ermessen verfügt (Urteile vom 22. Dezember 2008, Centeno Mediavilla u. a./Kommission, C‑443/07 P, EU:C:2008:767, Rn. 91, und vom 16. Juli 2015, EJ u. a./Kommission, F‑112/14, EU:F:2015:90, Rn. 60). Somit ist das Vorbringen der Kläger, dass die nach ihrer Darstellung vom Unionsgesetzgeber und/oder von der Kommission getroffene Entscheidung, ihre Laufbahn infolge ihrer Einweisung in die Funktionsbezeichnung „Assistent in der Übergangszeit“ zu begrenzen, gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und gegen die von ihnen geltend gemachten erworbenen Rechte hinsichtlich der Anwartschaft auf Beförderung nach Besoldungsgruppe AST 10 verstoße, zurückzuweisen. 52 Sodann ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsgesetzgeber in Anbetracht des ihm eingeräumten weiten Ermessens rechtmäßig im 19. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1023/2013 und in Nr. 2 des Abschnitts A des Anhangs I des neuen Statuts davon ausgehen durfte, dass die Besoldungsgruppen AST 10 und AST 11 künftig einer begrenzten Zahl von Beamten vorbehalten bleiben sollten, im vorliegenden Fall nämlich allein Assistenten, die hohe Verantwortung im Sinne dieses Erwägungsgrundes tragen, d. h. „weitreichende Verantwortung für Personalverwaltung, Haushaltsdurchführung oder politische Koordinierung“. 53 Insbesondere durfte der Unionsgesetzgeber entgegen dem Vorbringen der Kläger davon ausgehen, dass der Zugang zu einer Stelle der Besoldungsgruppe AST 10 mit der Bezeichnung „Hauptassistent“ nicht mehr im Rahmen einer Beförderung nach Art. 45 des Statuts von 2004 erfolgen sollte, einem Verfahren, das nach der Rechtsprechung dazu dient, die Laufbahn der Beamten nach Maßgabe ihres Einsatzes und ihrer Verdienste – auch im Zeitverlauf – zu gestalten (Urteile vom 11. Juli 2007, Konidaris/Kommission, T‑93/03, EU:T:2007:209, Rn. 91, und vom 16. Juli 2015, EJ u. a./Kommission, F‑112/14, EU:F:2015:90, Rn. 72), sondern künftig im Rahmen des Ernennungsverfahrens nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts zu erfolgen hatte. 54 Dieses in Art. 29 Abs. 1 des Statuts vorgesehene Verfahren zur Besetzung einer freien Planstelle dient nämlich dazu, im dienstlichen Interesse den Beamten des Organs oder anderer Organe zu finden, der für die Ausübung der mit der zu besetzenden Stelle verbundenen Aufgaben am geeignetsten ist. Im Hinblick auf die von ihm angestrebte Rationalisierung der öffentlichen Ausgaben und Korrelation zwischen Funktion und Besoldungsgruppe konnte der Unionsgesetzgeber davon ausgehen, dass ein solches Verfahren sich besser eignet, der Anstellungsbehörde zu ermöglichen, die wichtigsten und hochrangigsten Ämter der begrenzten Zahl von Beamten anzuvertrauen, die die besten einschlägigen beruflichen Fähigkeiten aufweisen, im vorliegenden Fall den Assistenten, die weitreichende und einen hohen Grad an Selbstständigkeit erfordernde Verantwortung übernehmen können. 55 Ferner ist hervorzuheben, dass die Anstellungsbehörde über ein weites Ermessen bei der Organisation und Strukturierung ihrer Dienststellen und folglich im Hinblick auf das Maß der Verantwortung verfügt, die mit den Aufgaben einhergeht, die sie ihren Beamten und Bediensteten anzuvertrauen für erforderlich hält (vgl. Urteil vom 28. April 2017, HN/Kommission, T‑588/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:292, Rn. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung), was bedeutet, dass es ihr unter der Aufsicht der Haushaltsbehörde freisteht, die Zahl der von ihr wirklich benötigten Hauptassistenten festzulegen und zu begrenzen. 56 Insoweit steht die Änderung des Statuts in Bezug auf die Laufbahnstruktur für Assistenten entgegen dem Vorbringen der Kläger nicht im Widerspruch zu dem im neuen Statut beibehaltenen Art. 5 Abs. 5, dem zufolge „[f]ür Einstellung und dienstliche Laufbahn der Beamten der gleichen Funktionsgruppe … jeweils die gleichen Voraussetzungen [gelten]“. Im Rahmen des neuen Statuts gelten nämlich für alle Assistenten unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Einstellung oder ihres Dienstantritts dieselben Laufbahnvoraussetzungen, nämlich ein möglicher Aufstieg bis zur Besoldungsgruppe AST 9 im Rahmen des in Art. 45 des neuen Statuts vorgesehenen Beförderungsmechanismus sowie ein weiterer, ausschließlich im Rahmen des in Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des neuen Statuts vorgesehenen Verfahrens möglicher Aufstieg über diese Besoldungsgruppe hinaus zur Wahrnehmung von Funktionen, die – wie z. B. die Stelle eines „Hauptassistenten“ – mit einem hohen Maß an Verantwortung verbunden sind. 57 Was den Grundsatz der Anwartschaft auf eine Laufbahn betrifft, ist noch darauf hinzuweisen, dass im Unionsrecht ausdrücklich weder ein Grundsatz der Einheit der Laufbahn noch ein Laufbahngrundsatz verankert ist. Dagegen hat die Rechtsprechung den Grundsatz der Anwartschaft auf eine Laufbahn als die besondere, auf Beamte anzuwendende Ausprägung des Grundsatzes der Gleichbehandlung aufgestellt (Urteil vom 5. März 2008, Toronjo Benitez/Kommission, F‑33/07, EU:F:2008:25, Rn. 87 und 88, und Beschluss vom 27. September 2011, Lübking u. a./Kommission, F‑105/06, EU:F:2011:152, Rn. 81 und 82). 58 Insoweit ergibt sich zwar aus Art. 5 Abs. 5 des Statuts, dass „[f]ür Einstellung und dienstliche Laufbahn der Beamten der gleichen Funktionsgruppe … jeweils die gleichen Voraussetzungen [gelten]“. Aus Art. 45 des neuen Statuts und aus Art. 31 Abs. 3 seines Anhangs XIII – eines Anhangs, der mit dem Statut selbst rechtlich auf einer Stufe steht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. November 2010, Kommission/Rat, C‑40/10, EU:C:2010:713, Rn. 61, und vom 5. Februar 2016, Barnett und Mogensen/Kommission, F‑56/15, EU:F:2016:11, Rn. 68) – geht jedoch hervor, dass sich der Unionsgesetzgeber dafür entschieden hat, dass ab dem 1. Januar 2014, „[v]orbehaltlich der Anwendung des Verfahrens nach Artikel 4 und Artikel 29 Absatz 1 … ein Beamter nur befördert werden [kann], wenn er eine Stelle besetzt, die einer der Funktionsbezeichnungen für eine Stelle der nächsthöheren Besoldungsgruppe gemäß Anhang I Abschnitt A [des Statuts] entspricht“, und dass die Beförderung mit anderen Worten „nur innerhalb der Laufbahnschienen zulässig [sein soll], die den einzelnen in [Art. 31] Absatz 1 [des Anhangs XIII des Statuts] aufgeführten Funktionsbezeichnungen entsprechen“. 59 Somit wollte der Unionsgesetzgeber, wie sich aus dem 19. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1023/2013 ergibt, bei der Umsetzung von Art. 5 Abs. 5 des Statuts, der „[f]ür Einstellung und dienstliche Laufbahn … die gleichen Voraussetzungen“ für alle Assistenten verlangt, die Laufbahn der Assistenten „umstrukturieren“, indem er für diese zwei aufeinander folgende Laufbahnschienen vorsah, nämlich eine erste, die die Besoldungsgruppen AST 1 bis AST 9 umfasst, und eine zweite, die solchen Assistenten vorbehalten ist, die ein hohes Maß an Verantwortung tragen, und die den Zugang zu den höchsten Besoldungsgruppen der Funktionsgruppe AST, nämlich AST 10 und AST 11, eröffnet. 60 Wie der Rat hervorhebt, hat der Unionsgesetzgeber, indem er nunmehr vorschreibt, dass Beamte vorbehaltlich der Anwendung des Verfahrens nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts nur befördert werden dürfen, wenn sie eine Stelle besetzen, die einer der Funktionsbezeichnungen für eine Stelle der nächsthöheren Besoldungsgruppe entspricht, eine Beschränkung vorgesehen, die unterschiedslos für alle Funktionsgruppen und innerhalb dieser Gruppen für alle AD-Beamten und Assistenten gilt, und zwar unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Einstellung oder ihres Dienstantritts. 61 Jedenfalls wird der Grundsatz der Gleichbehandlung als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der in den Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert und auf das Recht des öffentlichen Dienstes der Union anwendbar ist, nur verletzt, wenn zwei Personengruppen, deren tatsächliche und rechtliche Lage sich nicht wesentlich unterscheidet, bei ihrer Einstufung unterschiedlich behandelt werden und eine solche Ungleichbehandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist. Bei der Anwendung dieses Grundsatzes muss die Prüfung der zu vergleichenden Situationen alle Merkmale berücksichtigen, die diese Situationen kennzeichnen (Urteil vom 16. Juli 2015, EJ u. a./Kommission, F‑112/14, EU:F:2015:90, Rn. 65; vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 22. Dezember 2008, Centeno Mediavilla u. a./Kommission, C‑443/07 P, EU:C:2008:767, Rn. 76, und vom 15. November 2011, Nolin/Kommission, T‑58/11 P, EU:T:2011:664, Rn. 37 und 38). 62 Es ist daher zu prüfen, ob sich die Beamten der Besoldungsgruppe AST 9, die der Funktionsbezeichnung „Assistent in der Übergangszeit“ zugeordnet sind, in einer Situation befinden, die der der Beamten der niedrigeren Besoldungsgruppen AST 1 bis AST 8, die weiterhin nach Art. 45 des Statuts befördert werden können, vergleichbar ist. 63 Insoweit ist hinsichtlich der Assistenten, die am 31. Dezember 2013 in Dienst standen, darauf hinzuweisen, dass die Anstellungsbehörde – anders als im Fall der AD-Beamten – in Bezug auf die ihnen zuzuweisende Funktionsbezeichnung nur über einen Beurteilungsspielraum verfügte, soweit es um die Assistenten der Besoldungsgruppen AST 1 bis AST 7 ging, denen die für Assistenten übergangsweise vorgesehenen Funktionsbezeichnungen eines „Mitarbeiters mit Unterstützungsaufgaben in der Übergangszeit“ (AST 1 – AST 5), eines „Verwaltungsassistenten in der Übergangszeit“ (AST 1 – AST 7) oder eines „Assistenten in der Übergangszeit“ (AST 1 – AST 9) zugewiesen werden konnten. Hingegen konnte den Beamten, die – wie die Kläger – unter der Geltung des Statuts von 2004 die Funktionsbezeichnung „Assistent“ trugen und am 31. Dezember 2013 in die Besoldungsgruppe AST 9 eingestuft waren, nur die Funktionsbezeichnung „Assistent in der Übergangszeit“ zugeordnet werden. 64 Assistenten der Besoldungsgruppen AST 1 bis AST 8 befinden sich objektiv nicht in der gleichen Situation wie Beamte der Besoldungsgruppe AST 9, weil sie im Gegensatz zu diesen – auch wenn ihnen allen unter der Geltung des Statuts von 2004 dieselbe Funktionsbezeichnung zugewiesen war – noch nicht die höchste Besoldungsgruppe erreicht hatten, die für die Funktionsbezeichnung vorgesehen war, innerhalb deren sie aufsteigen konnten. 65 Nach der Rechtsprechung beinhaltet der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass alle nach derselben Besoldungsgruppe beförderten Beamten bei gleichen Verdiensten die gleichen Chancen auf eine Beförderung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe haben müssen (vgl. Urteil vom 16. Juli 2015, EJ u. a./Kommission, F‑112/14, EU:F:2015:90, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung). Somit steht es mit diesem Grundsatz im Einklang, dass die Assistenten in der Übergangszeit oder Assistenten sämtlich dem Beförderungsverfahren nach Art. 45 des Statuts unterliegen, um die höchste Besoldungsgruppe zu erreichen, die für diese Funktionsbezeichnungen angeboten wird, und dass sie, sobald sie diese Besoldungsgruppe AST 9 erreicht haben, alle demselben Verfahren unterliegen, hier dem nach den Art. 4 und 29 des Statuts, um Zugang zu einer der Planstellen der nächsthöheren Besoldungsgruppe, hier der Besoldungsgruppe AST 10, zu erhalten, deren Zahl die Anstellungsbehörde nach Maßgabe ihres Bedarfs festlegt. 66 Vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass die Beamten der Besoldungsgruppe AST 9, die auf diese Weise im Rahmen einer Ernennung gemäß Art. 29 Abs. 1 des Statuts nach der Besoldungsgruppe AST 10 befördert wurden, sich ihrerseits ebenfalls nicht in derselben Situation befinden wie die Beamten, die nach Art. 45 des Statuts von 2004 für eine Beförderung nach dieser Besoldungsgruppe AST 10 in Betracht kamen und diese Möglichkeit wegen der insoweit vom Unionsgesetzgeber getroffenen Entscheidung verloren haben, die Assistentenstellen der Besoldungsgruppen AST 10 und AST 11 einer begrenzten Anzahl von Beamten vorzubehalten, die höchste Verantwortung tragen. 67 Jedenfalls haben die Kläger weder behauptet noch bewiesen, dass sie am 31. Dezember 2013 höchste Verantwortung im Sinne des 19. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 1023/2013 oder auch „weitreichende Verantwortung für Personalverwaltung, Haushaltsdurchführung oder politische Koordinierung“ im Sinne von Nr. 2 des Abschnitts A des Anhangs I des neuen Statuts getragen hätten. 68 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. – Zweiter Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 69 Zur Stützung des zweiten Teils des ersten Klagegrundes machen die Kläger geltend, dass die Blockierung ihrer Laufbahn in der Besoldungsgruppe AST 9, die nach ihrer Auffassung durch die neuen Bestimmungen des Statuts herbeigeführt worden sei, in Anbetracht des erklärten Ziels des Unionsgesetzgebers, die höchsten Besoldungsgruppen einer begrenzten Zahl von Beamten vorzubehalten, die ein Höchstmaß an Verantwortung trügen, unverhältnismäßig sei. Zum einen sei ein solches Ziel bereits dadurch erreicht worden, dass den Verwaltungsräten der Zugang zu den Besoldungsgruppen AD 15 und AD 16 unter der Geltung des Statuts von 2004 versperrt worden sei, weil diese Besoldungsgruppen allein Direktoren und Generaldirektoren vorbehalten gewesen seien. Zum anderen könne die in Rede stehende Maßnahme im Fall der Kläger nicht als zur Erreichung des behaupteten Ziels geeignet angesehen werden, weil die Anstellungsbehörde die Zahl der Besoldungsgruppen, die hochrangigen Entscheidungsträgern vorbehalten bleiben sollten, jährlich neu festsetzen und auf diese Weise die Karrierechancen der Beamten der Funktionsgruppe „Assistenz“ ungerechtfertigt vermindern könne. 70 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei zu beachten ist, dass dann, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die verursachten Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen. Was die gerichtliche Nachprüfung der Einhaltung dieser Voraussetzungen betrifft, ist dem Unionsgesetzgeber im Rahmen der Ausübung der ihm übertragenen Zuständigkeiten ein weites Ermessen in Bereichen zugebilligt worden, in denen seine Tätigkeit sowohl politische als auch wirtschaftliche oder soziale Entscheidungen verlangt und in denen er komplexe Prüfungen und Beurteilungen vornehmen muss. Somit geht es nicht darum, ob eine in einem solchen Bereich erlassene Maßnahme die einzig mögliche oder die bestmögliche war. Wenn der Unionsgesetzgeber nämlich über ein weites Ermessen verfügt, was der Fall ist, wenn er gemäß Art. 336 AEUV Änderungen des Statuts sowie der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten vornimmt, kann diese Maßnahme im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur dann rechtswidrig sein, wenn sie zur Erreichung des Ziels, das die zuständigen Organe anstreben, offensichtlich ungeeignet ist (Urteil vom 26. Februar 2016, Bodson u. a./EIB, T‑240/14 P, EU:T:2016:104, Rn. 116 und 117). 71 Im vorliegenden Fall erweist sich, dass der Gesetzgeber, soweit es um die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Bestimmungen der Reform geht, die am 1. Januar 2014 in Kraft getreten sind, sich das rechtmäßige Ziel gesetzt hat, dafür zu sorgen, dass die Beförderung in eine höhere Besoldungsgruppe von dem persönlichen Engagement, der Verbesserung von Fähigkeiten und Kompetenzen und der Ausübung von Tätigkeiten abhängt, die die Beförderung des Beamten in die höhere Besoldungsgruppe rechtfertigen. 72 Der Unionsgesetzgeber wollte nämlich der in der Praxis des öffentlichen Dienstes der Union festgestellten unbefriedigenden Situation abhelfen, in der nicht zwangsläufig ein klarer Zusammenhang zwischen Verantwortung und Besoldungsgruppe herzustellen war. Insoweit ergibt sich aus dem Bericht der Kommission vom 30. März 2011 an das Europäische Parlament und den Rat über die Äquivalenz von alter und neuer Laufbahnstruktur (KOM[2011] 171 endgültig), „dass sich die Laufbahnstruktur [des Statuts von 2004] auf die Gehaltsstruktur in den Referaten stärker auswirkt[e] als ursprünglich vorgesehen“ und dass „es beispielsweise nicht unmöglich [war], dass ein Referatsleiter weniger verdient[e] als alle anderen Beamten in seinem Referat, einschließlich des Sekretariats, … [und dass] Referatsleiter in Besoldungsgruppe AD 9 eingestellt sein [konnten], während Verwaltungsräte Besoldungsgrad AD 14 (d. h. fünf Besoldungsgruppen höher (im Gegensatz zu nur einem Besoldungsgrad mehr nach dem vorigen Statut) und Bürosekretäre/Verwaltungssekretäre Besoldungsgrad AST 11 (zwei Besoldungsgruppen höher als der Einstiegsbesoldungsgrad von Referatsleitern) erreichen k[onnt]en“. 73 So sollte nach dem Willen des Unionsgesetzgebers das Maß der Verantwortung beim Vergleich der Verdienste im Rahmen des Beförderungsverfahrens stärker gewichtet werden. Letztlich ergibt sich aus der Verordnung Nr. 1023/2013 eindeutig, dass der Unionsgesetzgeber der durch das Statut von 2004 eröffneten Möglichkeit ein Ende setzen wollte, dass Beamte ohne Weiteres bis in die höchsten Besoldungsgruppen befördert werden konnten, ohne dass eine Korrelation zwischen der ihnen übertragenen Verantwortung und ihrer Besoldungsgruppe nachweisbar war, was dazu führen konnte, dass Beamte der Laufbahngruppe der Assistenten die Besoldungsgruppen AST 10 oder AST 11 erreichten, ohne notwendigerweise weitreichende oder gesteigerte Verantwortung zu tragen. 74 Im Hinblick auf diesen legitimen Zweck durfte der Unionsgesetzgeber, ohne gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verstoßen, den Standpunkt vertreten, dass die Besoldungsgruppen AST 10 und AST 11, die Anspruch auf eine besonders hohe Vergütung gewährten, die im Übrigen identisch mit derjenigen war, die Beamten der Funktionsgruppe der Verwaltungsräte der Besoldungsgruppen AD 10 und AD 11 zustand, künftig nur Assistenten mit einem hohen Maß an Verantwortung vorbehalten bleiben sollten. Eine solche Maßnahme ist nämlich als geeignet anzusehen, dem zutage getretenen Missverhältnis zwischen der hohen Besoldungsgruppe, die einige Assistenten durch den – im Wesentlichen auf den im Zeitverlauf erworbenen Verdiensten und nicht auf den Kenntnissen und Fähigkeiten der Betroffenen beruhenden – Beförderungsmechanismus nach Art. 45 des Statuts erreicht hatten, einerseits und dem Maß der ihnen übertragenen und möglicherweise im Zeitverlauf unverändert gebliebenen Verantwortung andererseits abzuhelfen. 75 Der von den Klägern angeführte Umstand, dass die Besoldungsgruppen AD 15 und AD 16, soweit es die Funktionsgruppe Administration betraf, unter der Geltung des Statuts von 2004 allein Direktoren vorbehalten waren, ist ohne Belang. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsgesetzgeber im Rahmen der 2014 in Kraft getretenen Reform den durch den bloßen Beförderungsmechanismus nach Art. 45 des neuen Statuts möglichen Zugang zu den höchsten Besoldungsgruppen sowohl für Verwaltungsräte, die die Besoldungsgruppen AD 13 und AD 14 nicht mehr durch diesen einfachen Mechanismus erreichen können, als auch für „Assistenten“ oder „Assistenten in der Übergangszeit“ ausschließen wollte, für die der Aufstieg in die Besoldungsgruppen AST 10 und AST 11 durch schlichte Beförderung künftig ebenfalls zugunsten des Mechanismus der Beförderung durch Ernennung auf eine Stelle der Funktionsbezeichnung „Hauptassistent“ gemäß dem Verfahren nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts ausgeschlossen wurde. 76 Nach alledem ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen. – Dritter Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und die Fürsorgepflicht 77 Im Rahmen des dritten Teils des ersten Klagegrundes machen die Kläger geltend, mit dem Erlass der angefochtenen Entscheidungen habe die Anstellungsbehörde ihre Interessen nicht ausreichend berücksichtigt und damit sowohl gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung als auch gegen die Fürsorgepflicht verstoßen. Außerdem kritisieren sie, dass sie künftig erneut einer Prüfung zur Beurteilung ihrer Befähigung zur Ausübung der Funktionen eines „Hauptassistenten“ unterworfen würden, obwohl sie die Funktionsgruppe nicht gewechselt hätten, die Anstellungsbehörde sie bereits bei ihrer Einstellung solchen Eignungsprüfungen unterzogen habe und sie während ihrer gesamten Dienstzeit Verdienste unter Beweis gestellt hätten. 78 In Bezug auf den von den Klägern geltend gemachten Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und die Fürsorgepflicht ist festzustellen, dass diese Grundsätze der Anstellungsbehörde nicht erlauben, gegen die vom Unionsgesetzgeber erlassenen statutarischen Bestimmungen zu verstoßen, die als solche für sie ebenso verbindlich sind wie für alle anderen Anstellungsbehörden der übrigen Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union. Insbesondere kann die Fürsorgepflicht nicht dahin verstanden werden, dass die Anstellungsbehörde verpflichtet sei, den Verlust der Anwartschaft auf eine Beförderung nach Besoldungsgruppe AST 10, wie er vom Unionsgesetzgeber beschlossen wurde, durch interne Maßnahmen auszugleichen, die dazu bestimmt sind, mehr Planstellen für „Hauptassistenten“ der Besoldungsgruppen AST 10 und AST 11 zu schaffen, weil die Anstellungsbehörde mit einem solchen Vorgehen den Willen des Unionsgesetzgebers vereiteln würde, indem sie die angestrebte Wirkung der von ihm im Rahmen der Reform beschlossenen Maßnahmen vermindert. 79 Aus der Verordnung Nr. 1023/2013 geht nämlich eindeutig hervor, dass der Unionsgesetzgeber der durch das Statut von 2004 eröffneten Möglichkeit ein Ende setzen wollte, dass Beamte ohne Weiteres bis in die höchsten Besoldungsgruppen befördert werden konnten, ohne dass eine Korrelation zwischen der ihnen übertragenen Verantwortung und ihrer Besoldungsgruppe nachweisbar war, was dazu führen konnte, dass Beamte der Laufbahngruppe der Assistenten die Besoldungsgruppen AST 10 oder AST 11 erreichten, ohne notwendigerweise weitreichende oder gesteigerte Verantwortung zu tragen. 80 Unter diesen Umständen blieb der Anstellungsbehörde nichts anderes übrig, als die statutarischen Bestimmungen anzuwenden, weil sie bei ihren Entscheidungen, die Kläger nach Art. 31 Abs. 2 des Anhangs XIII des neuen Statuts in die Funktionsbezeichnung „Assistent in der Übergangszeit“ einzuweisen, über keinen Ermessensspielraum verfügte. 81 Folglich war es trotz der Schwierigkeiten, die die Kläger im Hinblick auf ihre künftig durch strengere und selektivere Regeln für den Zugang zur Funktionsbezeichnung „Hauptassistent“ stärker eingeschränkten Aussichten auf Zugang zu einer Planstelle AST 10 aufzeigen, nicht Sache der Anstellungsbehörde, im Namen des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung oder der Fürsorgepflicht von der Anwendung der neuen statutarischen Bestimmungen abzusehen. 82 Daraus folgt, dass der dritte Teil des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen ist. – Vierter Teil des ersten Klagegrundes: Verletzung wohlerworbener Rechte 83 Zur Stützung des vierten Teils des ersten Klagegrundes machen die Kläger geltend, dass der Unionsgesetzgeber durch den Ausschluss ihrer Aussicht, im Rahmen des Beförderungsverfahrens nach Art. 45 des Statuts nach Besoldungsgruppe AST 10 befördert zu werden, ihre wohlerworbenen Rechte auf einen Vergleich ihrer Verdienste mit denen sämtlicher Beamten der Besoldungsgruppe AST 9 verletzt habe. 84 Hierzu genügt der Hinweis, dass Beamte, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, bis zum Inkrafttreten des neuen Statuts nur eine Anwartschaft auf eine Beförderung hatten und diese von einer in der Befugnis der Anstellungsbehörde liegenden Entscheidung über die Beförderung nach Besoldungsgruppe AST 10 abhängig war, die diese Behörde – im vorliegenden Fall am 1. Januar 2014 – noch nicht getroffen hatte, sich nicht auf ein wohlerworbenes Recht auf den Fortbestand einer Anwartschaft auf diese Beförderung über diesen Zeitpunkt hinaus berufen können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Dezember 2008, Centeno Mediavilla u. a./Kommission, C‑443/07 P, EU:C:2008:767‚ Rn. 63 bis 65, und vom 16. Juli 2015, EJ u. a./Kommission, F‑112/14, EU:F:2015:90, Rn. 59). Insoweit ist die von der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) entwickelte Rechtsprechung, die nicht das Statut betrifft, irrelevant (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2017, Arango Jaramillo u. a./EIB, T‑482/16 RENV, EU:T:2017:901, nicht veröffentlicht, Rn. 113). 85 Darüber hinaus können die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Begrenzung des Zugangs zur Besoldungsgruppe AST 10 auf Personen, die nach Abschluss des Verfahrens nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts ausgewählt wurden, um künftige Stellen von „Hauptassistenten“ einzunehmen, „offenkundig gegen die wesentlichen Beschäftigungsbedingungen [verstießen], die [sie] veranlasst [hätten], [in den Dienst] der Organe [der Union] einzutreten oder darin zu verbleiben“. 86 Nach dem neuen Statut ist es den Beamten der Besoldungsgruppe AST 9 nämlich nicht verwehrt, in die Besoldungsgruppe AST 10 aufzusteigen; sie müssen lediglich, um diese Besoldungsstufe zu erreichen, die Qualifikationen nachweisen, die die Anstellungsbehörde verlangt, um dem hohen Grad an Verantwortung zu entsprechen, der von den Inhabern solcher Dienstposten erwartet wird. Es handelt sich daher nicht um eine Blockierung ihrer Laufbahn, sondern, wie der Rat geltend macht, um eine Änderung der Modalitäten für eine Beförderung in die Besoldungsgruppen AST 10 und AST 11, die höchsten in der Funktionsgruppe der Assistenten, zu denen es im vorliegenden Fall gehört, für die Besetzung einer neuen, mit einem hohen Maß an echter Verantwortung einhergehenden Stelle ausgewählt zu werden, die die damit verbundene hohe Besoldung rechtfertigt. Somit steht es den Klägern weiterhin frei, an einem Auswahlverfahren nach den Art. 4 und 29 des Statuts teilzunehmen, um die Stelle eines „Hauptassistenten“ einzunehmen, was ihnen dann ermöglicht, eine Anwartschaft auf Beförderung nach Besoldungsgruppe AST 10 zu erlangen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. April 2017, HN/Kommission, T‑588/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:292, Rn. 86). Das ist im Übrigen, was die Kläger getan haben und was sechs von ihnen ermöglicht hat, in eine Stelle als Hauptassistent ernannt zu werden, die Anspruch auf eine Beförderung nach Besoldungsgruppen AST 10 und AST 11 gewährt. 87 Nach alledem ist der vierte Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. – Fünfter Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen die in Art. 9 des Anhangs XIII und in Anhang I Abschnitt B des neuen Statuts vorgesehenen Multiplikationssätze 88 Im Rahmen des fünften Teils des ersten Klagegrundes machen die Kläger geltend, die neuen statutarischen Bestimmungen verstießen gegen die für Beförderungsquoten geltenden Regeln und Grundsätze, wie sie in Anhang I Abschnitt B des neuen Statuts und in Art. 9 des Anhangs XIII dieses Statuts vorgesehen seien, weil sie nicht mehr in den Genuss dieser Quoten gelangen und folglich nicht mit einer Beförderung nach Besoldungsgruppe AST 10 rechnen könnten. 89 Hierzu ist festzustellen, dass dieses Vorbringen nicht durchgreifen kann. Der Unionsgesetzgeber hat es nämlich gerade zur Gewährleistung einer besseren Verknüpfung zwischen den Besoldungsgruppen AST 10 oder AST 11 und dem Maß an Verantwortung der Beamten dieser Besoldungsgruppen ausgeschlossen, dass der Aufstieg in diese Besoldungsgruppen allein durch den Beförderungsmechanismus nach Art. 45 des Statuts erfolgt, der zuvor mit einem gewissen Automatismus sicherstellte, dass jedes Jahr eine bestimmte Zahl von Assistenten der Besoldungsgruppe AST 9 nach Besoldungsgruppe AST 10 befördert wurden, ohne notwendigerweise weitreichende oder gesteigerte Verantwortung zu tragen. 90 Daher war es für den Unionsgesetzgeber folgerichtig, als Konsequenz vorzusehen, dass sich die Zahl der Stellen für „Hauptassistenten“ der Besoldungsgruppe AST 10 unter der Geltung des neuen Statuts gerade nicht nach Maßgabe der im Rahmen des Beförderungsverfahrens geltenden Quoten bestimmte. Die im Kontext der Reform des Statuts getroffene Maßnahme zielte nämlich im Gegenteil darauf ab, dass die Anstellungsbehörde diese – im Übrigen begrenzte – Zahl anhand ihres tatsächlichen Bedarfs an hochqualifiziertem Personal innerhalb der Funktionsgruppe Assistenz und nicht mehr automatisch bestimmte. 91 Da es außerdem nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstößt, die Anwendung des Beförderungsverfahrens nach Art. 45 des Statuts als Zugang zur Besoldungsgruppe AST 10 auszuschließen, ist im vorliegenden Fall nicht zu prüfen, ob die normalerweise für das Beförderungsverfahren geltenden Mechanismen auf das Verfahren nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts hätten erstreckt werden müssen. 92 Im Übrigen liegt es zum einen in der Natur des mit der Reform des Statuts verfolgten Ziels, die Zahl der Planstellen der Besoldungsgruppen AST 10 und AST 11 gerade dadurch auf Beamte zu beschränken, die ein hohes Maß an Verantwortung tragen, dass diese Stellen dem allgemeinen Beförderungsmechanismus entzogen werden. 93 Zum anderen ist es Sache der Anstellungsbehörde, die Zahl der von ihr benötigten Hauptassistentenstellen zu bestimmen, die für ihre Besetzung angestrebten Anforderungsprofile festzulegen und insoweit außerdem die Genehmigung der Haushaltsbehörde einzuholen, um solche Planstellen zu schaffen. Wenn der Unionsgesetzgeber sich entschieden hätte, den Anstellungsbehörden vorzuschreiben, jährlich eine bestimmte Zahl neuer Hauptassistentenstellen der Besoldungsgruppe AST 10 vorzusehen, hätte dies indirekt dazu geführt, das Beförderungssystem wieder einzuführen, das aus seiner Sicht keine Gewähr dafür bot, den Aufstieg in die höchsten Besoldungsgruppen – wie die Besoldungsgruppen AST 10 und AST 11 – von dem persönlichen Engagement, der Verbesserung von Fähigkeiten und Kompetenzen sowie von der Wahrnehmung eines hohen Maßes an Verantwortung abhängig zu machen. 94 Diese Erwägungen gelten erst recht für die in Anhang I Abschnitt B des Statuts vorgesehenen Quoten, die, wie die Kommission zu Recht geltend macht, ohnehin nur bis zum 30. April 2011 Anwendung finden konnten. 95 Nach alledem ist der fünfte Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. – Sechster Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen den zwischen den Gewerkschaften oder Berufsverbänden und dem Rat bei Erlass der vorausgegangenen Reform des Statuts geschlossenen „Pakt“ 96 Im Rahmen des sechsten Teils des ersten Klagegrundes machen die Kläger geltend, mit dem Erlass der Verordnung Nr. 1023/2013 hätten der Unionsgesetzgeber und die Kommission zum einen gegen die 2004 im Rahmen der vorausgegangenen Reform des Statuts getroffene Vereinbarung zwischen dem Rat und den Gewerkschaften oder Berufsverbänden (im Folgenden: GBV) verstoßen und zum anderen ihre Pflicht verletzt, sich ordnungsgemäß mit den GBV abzusprechen und diese insbesondere unter Übermittlung der geeigneten Informationen sachdienlich anzuhören. Was insbesondere die Blockierung der Laufbahnen von Assistenten der Besoldungsgruppe AST 9 betreffe, habe keinerlei Dialog stattgefunden und die GBV seien letztlich nur in geringem Umfang und unzulänglich über die geplanten Änderungen im Rahmen der Reform des Statuts unterrichtet worden. Die Kläger leiten daraus ab, dass die Art. 27 und 28 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verletzt worden seien. 97 Insoweit hat das Gericht bereits entschieden, dass die im Kontext des Erlasses der Reform, die zum Statut von 2004 geführt hat, zwischen dem Rat und den GBV geschlossene Vereinbarung nur diese Reform betraf und der spätere Erlass der Verordnung Nr. 1023/2013 daher nicht geeignet war, diese Vereinbarung zu beeinträchtigen, weil eine derartige Argumentation zuzulassen darauf hinauslaufen würde, die dem Unionsgesetzgeber durch Art. 336 AEUV verliehene Zuständigkeit zu beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. November 2017, USFSPEI/Parlament und Rat, T‑75/14, EU:T:2017:813, Rn. 86 bis 89). 98 Zu der Frage, ob die GBV im Rahmen des Verfahrens zur Annahme des neuen Statuts – auch im Hinblick auf die Art. 27 und 28 der Charta der Grundrechte – hinreichend unterrichtet und angehört wurden, hat sich das Gericht bereits umfassend geäußert, indem es in den Urteilen vom 15. September 2016, U4U u. a./Parlament und Rat (T‑17/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:489, Rn. 120 bis 174), und vom 16. November 2017, USFSPEI/Parlament und Rat (T‑75/14, EU:T:2017:813, Rn. 96 bis 124) ausführlich auf die von mehreren GBV insoweit erhobenen Rügen eingegangen ist. 99 Da die Kläger im Vergleich zu den Argumenten, die in den Rechtssachen, in denen die beiden oben in Rn. 98 angeführten Urteile ergangen sind, von den GBV selbst ausführlich vorgetragen und untermauert worden waren, nichts wesentlich Neues vorbringen, ist der sechste Teil des ersten Klagegrundes aus denselben Gründen wie in diesen beiden Urteilen – in deren Erwartung die vorliegende Rechtssache ausgesetzt worden war – zurückzuweisen. 100 Angesichts der Zurückweisung seiner verschiedenen Teile ist der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zweiter Klagegrund: Rechtswidrigkeit von Art. 31 des Anhangs XIII des neuen Statuts wegen des Fehlens von Übergangsbestimmungen zum Ausgleich des Verlustes der Anwartschaft von Beamten der Besoldungsgruppe AST 9 auf eine Beförderung 101 Im Rahmen des zweiten Klagegrundes wenden die Kläger ein, dass Art. 31 des Anhangs XIII des neuen Statuts rechtswidrig sei, weil er im Gegensatz zu dem, was Art. 30 dieses Anhangs für die Funktionsgruppe Administration vorsehe, keine Übergangsregelung enthalte, die es den Assistenten analog zur Regelung für AD-Beamte ermögliche, Funktionsbezeichnungen zugeordnet zu werden, die einen Anspruch auf Beförderung nach Besoldungsgruppe AST 10 gewähren oder aber die Möglichkeit bieten, in den Genuss einer zusätzlichen Erhöhung ihrer Grundgehälter zu kommen. Die Kläger sind der Ansicht, es handele sich um einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung dieser beiden Funktionsgruppen. Darüber hinaus sei damit das berechtigte Vertrauen der Kläger in den Erlass von Übergangsmaßnahmen verletzt worden. 102 Die Kommission, unterstützt durch das Parlament und den Rat, beantragt, den Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. 103 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vorliegt, wenn zwei Personengruppen, deren tatsächliche und rechtliche Lage sich nicht wesentlich unterscheidet, unterschiedlich behandelt werden und eine solche Ungleichbehandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist. Bei der Anwendung dieses Grundsatzes sind im Rahmen der Prüfung der zu vergleichenden Situationen alle Merkmale zu berücksichtigen, die diese Situationen kennzeichnen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Dezember 2008, Centeno Mediavilla u. a./Kommission, C‑443/07 P, EU:C:2008:767, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 15. November 2011, Nolin/Kommission, T‑58/11 P, EU:T:2011:664, Rn. 38). 104 Außerdem wird in einem der Ermessensausübung unterliegenden Bereich wie dem Erlass von Übergangsbestimmungen, die einen gerechten Übergang von einer alten zu einer neuen Regelung des Statuts gewährleisten sollen, der Grundsatz der Gleichbehandlung nur verletzt, wenn das betreffende Organ eine willkürliche oder im Verhältnis zum verfolgten Zweck offensichtlich unangemessene Differenzierung vornimmt (Urteil vom 20. März 2012, Kurrer u. a./Kommission, T‑441/10 P bis T‑443/10 P, EU:T:2012:133, Rn. 54). 105 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass sich die Beamten der Funktionsgruppe Administration und die der Funktionsgruppe Assistenz allein schon aufgrund der Art der Funktionen, die sie ausüben, aber auch wegen der insbesondere in Art. 5 Abs. 3 des Statuts vorgesehenen Mindestanforderungen für den Zugang zu diesen Ämtern in objektiv und grundlegend unterschiedlichen rechtlichen und faktischen Situationen befinden. 106 Somit war der Unionsgesetzgeber in Anbetracht der unterschiedlichen Art der Funktionen, die von Beamten der Funktionsgruppe Administration und denen der Funktionsgruppe Assistenz ausgeübt werden, weder gehalten, Übergangsmaßnahmen zu erlassen, noch gleichartige Maßnahmen für diese beiden Funktionsgruppen vorzusehen. 107 Folglich stand es dem Unionsgesetzgeber zum einen frei, ausschließlich für Beamte der Funktionsgruppe AD, die am 31. Dezember 2013 im Dienst standen, die Möglichkeit vorzusehen, nach Maßgabe der von ihnen wahrgenommenen Aufgaben und Befugnisse in unterschiedliche Funktionsbezeichnungen eingestuft zu werden wie z. B. „Verwaltungsrat“, „Verwaltungsrat in der Übergangszeit“, „Oberverwaltungsrat in der Übergangszeit“, „Berater oder gleichwertige Funktion“ oder „Referatsleiter oder gleichwertige Funktion“, je nach dem Maß und der Art ihrer Verantwortung. Im Übrigen beruht die Schaffung der Funktionsbezeichnung „Hauptassistent“ auf einer ähnlichen Logik. Insofern war der Unionsgesetzgeber in Ermangelung vergleichbarer Situationen dieser beiden Funktionsgruppen nicht verpflichtet, für die Gruppe der Assistenten eine abweichende Zuordnung der Art zu ermöglichen, wie sie in Art. 30 Abs. 3 des Anhangs XIII des neuen Statuts vorgesehen ist und auf den „besonderen Zuständigkeiten“ bestimmter AD-Beamter beruht, denen diese Funktionsbezeichnungen vor dem 31. Dezember 2015 zugewiesen wurden. 108 Zum anderen konnte der Unionsgesetzgeber auch eine Übergangsregelung wie in Art. 30 Abs. 5 bis 10 des Anhangs XIII des neuen Statuts vorsehen, die nur Beamten der Besoldungsgruppen AD 12 und AD 13 aufgrund von Erwägungen zugutekommt, die allein diese Funktionsgruppe betreffen. In diesem Zusammenhang durfte er, wie der Rat vorträgt, insbesondere berücksichtigen, dass diese Funktionsgruppe von der vorausgegangenen Reform des Statuts am stärksten betroffen war. 109 Jedenfalls durften die Kläger – entgegen ihrem Vorbringen – bei ihrer jeweiligen Einstellung nicht darauf vertrauen, dass ihre Laufbahnen zwangsläufig mit einem Anstieg der Vergütung einhergehen würden, der demjenigen der Besoldungsgruppen AST 10 bzw. AST 11 entspricht. Ebenso wenig können sie verlangen, dass der Unionsgesetzgeber eine Übergangsregelung trifft, die speziell auf ihre individuellen Situationen zugeschnitten ist. 110 Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen. Dritter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 45 des Statuts und offensichtlicher Beurteilungsfehler 111 Zur Stützung des dritten, hilfsweise geltend gemachten Klagegrundes rügen die Kläger „einen Verstoß gegen Art. 45 des Statuts und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler“, eine Rüge, die sich im Wesentlichen gegen den vom Unionsgesetzgeber angenommenen 19. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1023/2013 richtet. Hierzu machen sie geltend, da der „harte Kern“ des in diesem Art. 45 vorgesehenen Beförderungssystems durch diese Verordnung nicht geändert worden sei, hätte der Unionsgesetzgeber die diesem System zugrunde liegenden Grundsätze einhalten müssen und die Kläger deshalb nicht von jeder vergleichenden Bewertung ihrer Verdienste im Hinblick auf den Zugang zur nächsthöheren Besoldungsgruppe ausschließen dürfen. Somit stehe der 19. Erwägungsgrund im Widerspruch zu Art. 45 des Statuts. 112 Die Kommission, unterstützt durch das Parlament und den Rat, beantragt, den Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. 113 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsgesetzgeber das Statut jederzeit durch Verordnungen nach Art. 336 AEUV ändern kann (vgl. Beschluss vom 23. April 2015, Bensai/Kommission, F‑131/14, EU:F:2015:34, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung). Wenn er sich dafür entscheidet, kann ihm nicht vorgeworfen werden, dieses Statut zu verkennen, denn er selbst ist der Urheber dieses Statuts einschließlich seiner Änderungen, so dass ihn dieses Statut nicht bindet, wie es höherrangige Rechtsvorschriften wie etwa der Vertrag tun würden. 114 Im Übrigen müsste, falls der dritte Klagegrund als eine Einrede der Rechtswidrigkeit gegen den 19. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1023/2013 angesehen werden könnte und zulässig wäre, obwohl ein Erwägungsgrund nach der Rechtsprechung nicht für sich allein Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein kann (Beschluss vom 17. September 2014, Afepadi u. a./Kommission, T‑354/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:798, Rn. 32), jedenfalls festgestellt werden, dass der Unionsgesetzgeber gerade durch die Annahme dieses Erwägungsgrundes und durch die Änderung der Art. 45 und 31 des Anhangs XIII des neuen Statuts das Beförderungsverfahren nach Art. 45 des Statuts von 2004 eindeutig ändern wollte, indem er AST‑9‑Beamte von der Anwendung dieses Verfahrens ausschloss, so dass sie die Besoldungsgruppe AST 10 mittlerweile nur noch nach einem Verfahren zur Ernennung auf eine Stelle als „Hauptassistent“ dieser Besoldungsgruppe gemäß Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts erreichen können. Entgegen dem Vorbringen der Kläger hat der Unionsgesetzgeber in diesem Zusammenhang dem Wortlaut von Art. 45 des neuen Statuts ausdrücklich einen Satz hinzugefügt, um die Anwendung dieses Verfahrens auf Situationen wie die der Kläger auszuschließen, in denen die Beamten die höchste Besoldungsgruppe erreicht haben, die für ihre Funktionsbezeichnung vorgesehen ist. 115 Daher ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen. Vierter Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht 116 Im Rahmen des vierten, hilfsweise vorgebrachten Klagegrundes werfen die Kläger der Kommission vor, sie sei ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen, weil sie über die vom Unionsgesetzgeber in den Erwägungsgründen 17 bis 19 der Verordnung Nr. 1023/2013 gemachten Ausführungen hinaus keine weiteren Gründe angegeben habe, warum die Kläger nicht als Träger höchster Verantwortung angesehen worden seien und nunmehr nur noch im Wege des Ernennungsverfahrens nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts nach der Besoldungsgruppe AST 10 befördert werden könnten. 117 Die Kommission, unterstützt durch das Parlament und den Rat, beantragt, den Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. 118 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Begründungspflicht nach Art. 25 Abs. 2 des Statuts, der nur die Wiedergabe der in Art. 296 AEUV vorgesehenen allgemeinen Verpflichtung darstellt, dazu dient, zum einen den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob der Rechtsakt sachlich richtig oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der seine Anfechtung vor dem Unionsrichter zulässt, und zum anderen dem Unionsrichter die Prüfung der Rechtmäßigkeit dieses Rechtsakts zu ermöglichen. Daraus folgt, dass die Begründung dem Betroffenen daher grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen ist und dass das Fehlen der Begründung nicht dadurch geheilt werden kann, dass der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des Verfahrens vor dem Unionsrichter erfährt (Urteile vom 26. November 1981, Michel/Parlament, 195/80, EU:C:1981:284, Rn. 22, und vom 28. Februar 2008, Neirinck/Kommission, C‑17/07 P, EU:C:2008:134, Rn. 50). 119 Bei der Umsetzung dieser Grundsätze ist allerdings der evolutive Charakter des Vorverfahrens zu berücksichtigen, dem zufolge die Verwaltungsbeschwerde und ihre ausdrückliche oder stillschweigende Zurückweisung Bestandteil eines komplexen Verfahrens ist und die Ausarbeitung der Maßnahme, mit der der endgültige Standpunkt des Organs festgelegt wird, erst mit der Beantwortung der Beschwerde durch die Anstellungsbehörde endet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Mai 2014, Mocová/Kommission, T‑347/12 P, EU:T:2014:268, Rn. 33, 34 und 45). 120 In diesem Zusammenhang hat das Gericht darauf hingewiesen, dass die ergänzende Begründung im Stadium der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde dem Zweck von Art. 90 Abs. 2 des Statuts entspricht, nach dessen Wortlaut die Entscheidung über die Beschwerde ebenfalls zu begründen ist. Diese Bestimmung impliziert nämlich notwendig, dass die über die Beschwerde entscheidende Behörde nicht einzig und allein an die gegebenenfalls unzureichende oder sogar fehlende Begründung der mit der Beschwerde angegriffenen Entscheidung gebunden ist (Urteile vom 7. Juli 2011, Longinidis/Cedefop, T‑283/08 P, EU:T:2011:338, Rn. 72, und vom 21. Mai 2014, Mocová/Kommission, T‑347/12 P, EU:T:2014:268, Rn. 35). 121 Im vorliegenden Fall sind die angefochtenen Entscheidungen nicht mit einer besonderen Begründung der Anstellungsbehörde versehen worden. Diese hat sich nämlich im Wesentlichen auf die Umsetzung der neuen Bestimmungen des Statuts beschränkt, die am 1. Januar 2014 in Kraft getreten sind und im Fall der Kläger deren Einstufung in die übergangsweise vorgesehene Funktionsbezeichnung „Assistent in der Übergangszeit“ vorschreiben, die mit Wirkung von diesem Tag durch eine Änderung ihrer in SysPer 2 geführten persönlichen Akten verwirklicht wurde. 122 In ihrer Antwort auf die Beschwerden der Kläger hat die Anstellungsbehörde jedoch erklärt, dass sie mit ihrem Vorgehen die vom Unionsgesetzgeber beschlossenen Bestimmungen des Statuts umgesetzt habe, ohne insoweit über ein Ermessen verfügt zu haben, und ihnen die Herausforderungen und Modalitäten der Umsetzung der 2014 in Kraft getretenen Reform des Statuts ausführlich erläutert. Für die Begründungspflicht, wie Art. 25 Abs. 2 des Statuts sie vorsieht, reichen solche Erklärungen der Anstellungsbehörde als Urheberin der nach gebundenem Ermessen getroffenen angefochtenen Entscheidungen aus. 123 Soweit die Kläger mit dem vorliegenden Klagegrund dem Unionsgesetzgeber vorwerfen wollen, er habe seine Begründungspflicht aus Art. 296 AEUV verletzt, ist speziell im Zusammenhang mit den Erwägungsgründen 17 bis 19 der Verordnung Nr. 1023/2013 bereits entschieden worden, dass die Begründung der Änderungen des Art. 45 sowie der Anhänge I und XIII des neuen Statuts in Bezug auf die Laufbahnstruktur der Bediensteten die Überlegungen des Parlaments und des Rates so klar und eindeutig zum Ausdruck bringt, dass die Kläger ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. September 2016, U4U u. a./Parlament und Rat, T‑17/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:489, Rn. 182 und 183). 124 Ferner geht aus dem neuen statutarischen Rahmen klar hervor, dass nur dann, wenn die Anstellungsbehörde beschließt, je nach ihrem Bedarf Planstellen für „Hauptassistenten“ zu schaffen oder freie Stellen dieser Art zu besetzen, Beamte der Besoldungsgruppe AST 9 die Möglichkeit haben, nach den Art. 4 und 29 des Statuts ihr Interesse an einer solchen Stelle zu bekunden und gegebenenfalls von der Anstellungsbehörde ausgewählt zu werden, um diese Funktion im Wege der Beförderung auf diese Stelle der Besoldungsgruppe AST 10 auszuüben. 125 Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass der vierte Klagegrund zurückzuweisen ist. Die Klage ist daher insgesamt abzuweisen. Kosten 126 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. 127 Da die Kläger unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 128 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. 129 Das Parlament und der Rat tragen daher ihre eigenen Kosten. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. GQ und die weiteren im Anhang namentlich aufgeführten Beamten der Europäischen Kommission tragen die Kosten. 3. Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union tragen ihre eigenen Kosten. Pelikánová Nihoul Svenningsen Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Dezember 2018. Der Kanzler E. Coulon Der Präsident (*1) Verfahrenssprache: Französisch. (1 ) Die Liste der weiteren Beamten der Europäischen Kommission ist nur der Fassung beigefügt, die den Parteien mitgeteilt wird.
Urteil des Gerichts (Erste Kammer) vom 14. Dezember 2018.#FZ u. a. gegen Europäische Kommission.#Öffentlicher Dienst – Beamte – Reform des Statuts – Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1023/2013 – Funktionsbezeichnungen – Übergangsvorschriften zur Einstufung in die Funktionsbezeichnungen – Art. 30 des Anhangs XIII des Statuts – Verwaltungsräte in der Übergangszeit (AD 13) – Verwaltungsräte (AD 12) – Beförderung nach Art. 45 des Statuts, die nur innerhalb der Laufbahnschiene zulässig ist, die der Funktionsbezeichnung der Betroffenen entspricht – Ausschließlicher Zugang zur Funktionsbezeichnung ‚Referatsleiter oder gleichwertige Funktion‘ oder ‚Berater oder gleichwertige Funktion‘ in Anwendung des Verfahrens nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts – Gleichbehandlung – Verlust der Anwartschaft auf Beförderung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe – Vertrauensschutz.#Rechtssache T-526/16.
62016TJ0526
ECLI:EU:T:2018:963
2018-12-14T00:00:00
Gericht
62016TJ0526 URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer) 14. Dezember 2018 (*1) „Öffentlicher Dienst – Beamte – Reform des Statuts – Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1023/2013 – Funktionsbezeichnungen – Übergangsvorschriften zur Einstufung in die Funktionsbezeichnungen – Art. 30 des Anhangs XIII des Statuts – Verwaltungsräte in der Übergangszeit (AD 13) – Verwaltungsräte (AD 12) – Beförderung nach Art. 45 des Statuts, die nur innerhalb der Laufbahnschiene zulässig ist, die der Funktionsbezeichnung der Betroffenen entspricht – Ausschließlicher Zugang zur Funktionsbezeichnung ‚Referatsleiter oder gleichwertige Funktion‘ oder ‚Berater oder gleichwertige Funktion‘ in Anwendung des Verfahrens nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts – Gleichbehandlung – Verlust der Anwartschaft auf Beförderung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe – Vertrauensschutz“ In der Rechtssache T‑526/16 FZ, Beamter der Europäischen Kommission, und die weiteren im Anhang (1 ) namentlich aufgeführten Beamten der Europäischen Kommission, Prozessbevollmächtigte: T. Bontinck und A. Guillerme, avocats, Kläger, gegen Europäische Kommission, vertreten zunächst durch J. Currall und G. Gattinara, dann durch G. Gattinara und C. Berardis-Kayser und schließlich durch G. Berscheid, G. Gattinara und L. Radu Bouyon als Bevollmächtigte, Beklagte, unterstützt durch Europäisches Parlament, vertreten zunächst durch N. Chemaï und M. Dean, dann durch L. Deneys, J. Steele und J. Van Pottelberge als Bevollmächtigte, und Rat der Europäischen Union, zunächst vertreten durch M. Bauer und E. Rebasti, dann durch M. Bauer und R. Meyer als Bevollmächtigte, Streithelfer, betreffend eine Klage nach Art. 270 AEUV auf Aufhebung der Entscheidungen der Kommission, mit denen die Anstellungsbehörde dieses Organs die Kläger den Funktionsbezeichnungen „Verwaltungsrat in der Übergangszeit“ oder „Verwaltungsrat“ zugeordnet hat, mit der Folge, dass sie mit Wirkung vom 1. Januar 2014 ihre Anwartschaft auf eine Beförderung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe verloren, soweit diese Entscheidungen durch die Entscheidungen dieser Behörde vom 3. Juli, 17. Juli und 6. August 2014 bestätigt wurden, erlässt DAS GERICHT (Erste Kammer) unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová sowie der Richter P. Nihoul und J. Svenningsen (Berichterstatter), Kanzler: M. Marescaux, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Oktober 2018 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 FZ und die neun weiteren im Anhang namentlich aufgeführten Kläger sind Beamte der Europäischen Kommission der Funktionsgruppe „Administration“ (AD) in Besoldungsgruppe AD 12 oder AD 13. 2 Aus Anhang I Abschnitt A des Statuts der Beamten der Europäischen Union in der vom 1. Mai 2004 bis 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (im Folgenden: Statut von 2004) ergibt sich, dass die gemäß Art. 5 dieses Statuts der Funktionsgruppe Administration zugeordneten Beamten durch Beförderung nach Art. 45 dieses Statuts von der Besoldungsgruppe AD 5 bis zur Besoldungsgruppe AD 14 aufsteigen konnten, wobei dieses Verfahren „bewirkt, dass der Beamte in die nächsthöhere Besoldungsgruppe seiner Funktionsgruppe ernannt wird“, und die Beförderung „ausschließlich aufgrund einer Auswahl unter den Beamten vorgenommen [wird], die in ihrer Besoldungsgruppe eine Mindestdienstzeit von zwei Jahren abgeleistet haben; die Auswahl erfolgt nach Abwägung der Verdienste der Beamten, die für die Beförderung infrage kommen“. So hatte der Beamte, der die Stelle eines AD-Beamten der Besoldungsgruppen AD 12 oder AD 13 innehatte, unter der Geltung dieses Statuts nach dessen Art. 45 eine Anwartschaft auf eine Beförderung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe. 3 Die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1023/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Union und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union (ABl. 2013, L 287, S. 15) trat am 1. November 2013 in Kraft. Die Erwägungsgründe 17, 18 und 19 dieser Verordnung lauten wie folgt: „(17) Der Rat hatte die Kommission aufgefordert, eine Studie durchzuführen und geeignete Vorschläge auf der Grundlage von Artikel 5 Absatz 4, Anhang I, Abschnitt A und Artikel 45 Absatz 1 des Statuts [von 2004] vorzulegen, um einen klaren Zusammenhang zwischen Verantwortung und Besoldungsgruppe herzustellen und dem Maß der Verantwortung beim Vergleich der Verdienste im Beförderungsverfahren stärker zu gewichten. (18) Unter Berücksichtigung dieser Aufforderung ist es angebracht, die Beförderung in eine höhere Besoldungsgruppe von dem persönlichen Engagement, der Verbesserung von Fähigkeiten und Kompetenzen und der Ausübung von Tätigkeiten abhängig zu machen, die die Beförderung des Beamten in die höhere Besoldungsgruppe rechtfertigen. (19) Die Laufbahnschiene in den Funktionsgruppen [Administration (AD) und Assistenz (AST)] ist so umzustrukturieren, dass die höchsten Besoldungsgruppen einer begrenzten Zahl von Beamten vorbehalten werden, die höchste Verantwortung tragen. Deshalb können Verwaltungsräte nur bis zur Besoldungsgruppe AD 12 gelangen, es sei denn, sie werden auf eine spezifische Stelle über dieser Besoldungsgruppe ernannt, und die Besoldungsgruppen AD 13 und AD 14 sollten solchen Bediensteten vorbehalten sein, deren Funktion mit weit reichender Verantwortung einhergeht. Dementsprechend können Beamte der Besoldungsgruppe AST 9 nur nach dem Verfahren gemäß Artikel 4 und Artikel 29 Absatz 1 des Statuts in die Besoldungsgruppe AST 10 befördert werden.“ 4 Art. 5 Abs. 4 des Statuts der Beamten in der ab dem 1. Januar 2014 geltenden Fassung (im Folgenden: neues Statut oder Statut) bestimmt: „Anhang I Abschnitt A [des neuen Statuts] enthält eine Übersicht über die Funktionsbezeichnungen. Die Anstellungsbehörde eines jeden Organs kann anhand dieser Übersicht nach Anhörung des Statutsbeirats eine ausführlichere Beschreibung der Aufgaben und Befugnisse für jede Funktionsbezeichnung erstellen.“ 5 Nach Nr. 1 des Abschnitts A des Anhangs I des neuen Statuts („Funktionsbezeichnungen in jeder Funktionsgruppe gemäß Artikel 5 Absatz 4“) ergibt sich hinsichtlich der Funktionsgruppe AD, dass: – die in die Funktionsbezeichnung „Verwaltungsrat“ neu eingestuften Beamten von der Besoldungsgruppe AD 5 bis zur Besoldungsgruppe AD 12 aufsteigen können; – die in die Funktionsbezeichnung „Referatsleiter oder gleichwertige Funktion“ neu eingestuften Beamten von der Besoldungsgruppe AD 9 bis zur Besoldungsgruppe AD 14 aufsteigen können; und – die in die Funktionsbezeichnung „Berater oder gleichwertige Funktion“ neu eingestuften Beamten von der Besoldungsgruppe AD 13 bis zur Besoldungsgruppe AD 14 aufsteigen können. 6 Außerdem ist Art. 45 des Statuts von 2004 geändert worden, indem dieser Bestimmung in der Fassung des neuen Statuts folgender Satz hinzugefügt wurde: „Vorbehaltlich der Anwendung des Verfahrens nach Artikel 4 und Artikel 29 Absatz 1 [des Statuts] kann ein Beamter nur befördert werden, wenn er eine Stelle besetzt, die einer der Funktionsbezeichnungen für eine Stelle der nächsthöheren Besoldungsgruppe gemäß Anhang I Abschnitt A entspricht.“ 7 Im Rahmen der Übergangsmaßnahmen in Anhang XIII des neuen Statuts bestimmt Art. 30 Abs. 1 dieses Anhangs: „Abweichend von Anhang I Abschnitt A Nummer 1 gilt die nachstehende Tabelle mit Funktionsbezeichnungen in der Funktionsgruppe AD für Beamte, die sich am 31. Dezember 2013 im aktiven Dienst befinden: … … Referatsleiter oder gleichwertige Funktion AD 9 – AD 14 Berater oder gleichwertige Funktion AD 13 – AD 14 Oberverwaltungsrat in der Übergangszeit AD 14 Verwaltungsrat in der Übergangszeit AD 13 Verwaltungsrat AD 5 – AD 12 “ 8 Die Absätze 2, 3 und 4 von Anhang XIII Art. 30 des neuen Statuts lauten wie folgt: „(2)   Mit Wirkung vom 1. Januar 2014 stuft die Anstellungsbehörde Beamte, die sich am 31. Dezember 2013 im aktiven Dienst in der Funktionsgruppe AD befinden, in Funktionsbezeichnungen wie folgt ein: … b) Beamten, die sich am 31. Dezember 2013 in der Besoldungsgruppe AD 13 befanden und nicht die Funktion eines [‚]Referatsleiters oder eine gleichwertige Funktion[‘] oder die Funktion eines [‚]Beraters oder eine gleichwertige Funktion[‘] innehatten, wird die Funktionsbezeichnung ‚Verwaltungsrat in der Übergangszeit‘ zugewiesen. c) Beamten, die sich am 31. Dezember 2013 in den Besoldungsgruppen AD 9 bis AD 14 befanden und die Funktion eines [‚]Referatsleiters oder eine gleichwertige Funktion[‘] innehatten, wird die Funktionsbezeichnung ‚Referatsleiter oder gleichwertige Funktion‘ zugewiesen. d) Beamten, die sich am 31. Dezember 2013 in den Besoldungsgruppen AD 13 oder AD 14 befanden und die Funktion eines [‚]Beraters oder eine gleichwertige Funktion[‘] innehatten, wird die Funktionsbezeichnung ‚Berater oder gleichwertige Funktion‘ zugewiesen. e) Beamten, die sich am 31. Dezember 2013 in den Besoldungsgruppen AD 5 bis AD 12 befanden und nicht die Funktion eines [‚]Referatsleiters oder eine gleichwertige Funktion[‘] innehatten, wird die Funktionsbezeichnung ‚Verwaltungsrat‘ zugewiesen. (3)   Abweichend von Absatz 2 kann Beamten in den Besoldungsgruppen AD 9 bis AD 14, die besondere Zuständigkeiten haben, von der Anstellungsbehörde vor dem 31. Dezember 2015 die Funktionsbezeichnung ‚Referatsleiter oder gleichwertige Funktion‘ oder ‚Berater oder gleichwertige Funktion‘ zugewiesen werden. Jede Anstellungsbehörde erlässt Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel. Allerdings darf die Gesamtzahl der in den Genuss dieser Bestimmung kommenden Beamten 5 % der am 31. Dezember 2013 in der Funktionsgruppe AD befindlichen Beamten nicht überschreiten. (4)   Die Zuordnung zu einer Funktionsbezeichnung gilt so lange, bis der Beamte in eine neue Funktion eingewiesen wird, die einer anderen Funktionsbezeichnung entspricht.“ 9 Am 16. Dezember 2013 erließ die Kommission die Entscheidung C(2013) 8968 final mit allgemeinen Durchführungsbestimmungen zu Art. 45 des neuen Statuts, veröffentlicht in den Verwaltungsmitteilungen Nr. 55-2013 vom 19. Dezember 2013. Gemäß Art. 3 zweiter Gedankenstrich dieser allgemeinen Durchführungsbestimmungen kommt „[e]in Beamter … für eine Beförderung [nur] in Betracht, wenn er … zu Beginn des Beförderungsverfahrens … eine Planstelle inne[hat], die einer der Funktionsbezeichnungen nach Anhang I Abschnitt A oder Artikel 30 Absatz 1 oder Artikel 31 Absatz 1 des Anhangs XIII des Statuts für die Besoldungsgruppe entspricht, in die er befördert werden kann“. 10 Nach dem Inkrafttreten der oben in den Rn. 3 bis 9 aufgeführten Maßnahmen am 1. Januar 2014 wurde den Klägern der Besoldungsgruppe AD 12 die Funktionsbezeichnung „Verwaltungsrat“ zugeordnet, was bedeutete, dass ihre Laufbahnschiene sich von der Besoldungsgruppe AD 5 bis zur Besoldungsgruppe AD 12 erstreckte, während den Klägern der Besoldungsgruppe AD 13 die Funktionsbezeichnung „Verwaltungsrat in der Übergangszeit“ zugeordnet wurde, die keine Beförderung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe zuließ. Am 30. Dezember 2013 änderte die Anstellungsbehörde der Kommission entsprechend im EDV-System zur Personalverwaltung „SysPer 2“ (im Folgenden: SysPer 2) die jeweiligen Personalakten der Kläger, indem dort deren neue Funktionsbezeichnung vermerkt wurde, mit der Folge, dass sie mit Wirkung vom 1. Januar 2014 keine Anwartschaft auf eine Beförderung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe mehr hatten. 11 Zwischen dem 12. und 31. März 2014 legten die Kläger nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts jeweils Beschwerde sowohl gegen die allgemeinen als auch gegen die individuellen Entscheidungen der Anstellungsbehörde ein, durch die ihnen jede Beförderung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe im jährlichen Beförderungsverfahren nach Art. 45 des Statuts versperrt werden sollte. 12 Am 11. bzw. am 24. April 2014 erhoben zwei weitere Kläger, nämlich GH und GC, eine gleichartige Beschwerde. 13 Mit gleichlautend formulierten Bescheiden vom 3. Juli 2014 wies die Anstellungsbehörde die zwischen dem 12. und dem 31. März 2014 erhobenen Beschwerden mit Ausnahme der von GK erhobenen Beschwerde, die mit Bescheid der Anstellungsbehörde vom 17. Juli 2014 zurückgewiesen wurde, zurück. Mit Entscheidung vom 6. August 2014 wies die Anstellungsbehörde ferner die Beschwerden vom 11. und 24. April 2014 zurück. Verfahren und Anträge der Parteien 14 Mit Klageschrift, die am 20. Oktober 2014 bei der Kanzlei des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union eingegangen ist und ursprünglich unter dem Aktenzeichen F‑113/14 in das Register eingetragen wurde, haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben. 15 Mit Beschluss vom 26. November 2014 hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts für den öffentlichen Dienst die vorliegende Rechtssache nach Anhörung der Parteien bis zur Rechtskraft der abschließenden Entscheidungen in den Rechtssachen U4U u. a./Parlament und Rat (T‑17/14) und USFSPEI/Parlament und Rat (T‑75/14) ausgesetzt. 16 Am 10. Dezember 2014 bzw. 20. Januar 2015 haben der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament gemäß Art. 86 der Verfahrensordnung des Gerichts für den öffentlichen Dienst ihre Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt. Sie wurden darüber informiert, dass ihre Anträge bei der Fortsetzung des Verfahrens behandelt würden. 17 Gemäß Art. 3 der Verordnung (EU, Euratom) 2016/1192 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 über die Übertragung der Zuständigkeit für die Entscheidung im ersten Rechtszug über die Rechtsstreitigkeiten zwischen der Europäischen Union und ihren Bediensteten auf das Gericht (ABl. 2016, L 200, S. 137) ist die vorliegende Rechtssache in dem Stadium, in dem sie sich am 31. August 2016 befand, auf das Gericht übertragen worden und ist gemäß dessen Verfahrensordnung weiterzubearbeiten. Sie ist unter dem Aktenzeichen T‑526/16 in das Register eingetragen und der Ersten Kammer zugewiesen worden. 18 Nach Verkündung des Urteils vom 15. September 2016, U4U u. a./Parlament und Rat (T‑17/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:489), und sodann des Urteils vom 16. November 2017, USFSPEI/Parlament und Rat (T‑75/14, EU:T:2017:813), sowie im Anschluss an die Feststellung, dass innerhalb der Frist des Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kein Rechtsmittel gegen diese Urteile eingelegt wurde, ist das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache fortgesetzt und die Kommission aufgefordert worden, die Klagebeantwortung einzureichen, was sie innerhalb der gesetzten Frist getan hat, nämlich am 17. April 2018. 19 Mit Beschluss vom 19. April 2018 sind das Parlament und der Rat gemäß Art. 144 der Verfahrensordnung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen worden. 20 Am 31. Mai 2018 haben die Kläger im Rahmen des vom Gericht zugelassenen zweiten Schriftsatzwechsels die Erwiderung eingereicht. 21 Am 31. Mai 2018 haben das Parlament und der Rat ihre Streithilfeschriftsätze eingereicht, zu denen die Parteien keine Stellung genommen haben. 22 Im Anschluss an einen in der Rechtssache FZ u. a./Kommission (T‑540/16) gestellten Antrag, diese Rechtssache mit der vorliegenden Rechtssache zu verbinden, sind die Parteien hierzu gehört worden und haben insoweit keine Einwände erhoben. 23 Nach der Einreichung der Gegenerwiderung am 17. Juli 2018 ist das schriftliche Verfahren geschlossen worden. 24 Mit Beschluss vom 28. Juni 2018 ist die vorliegende Rechtssache nach Anhörung der Parteien mit den Rechtssachen T‑525/16 (GQ u. a./Kommission) und T‑540/16 (FZ u. a./Kommission) zu gemeinsamem mündlichen Verfahren verbunden worden. 25 Die Parteien haben in der Sitzung vom 17. Oktober 2018 mündlich verhandelt. In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht die Kommission aufgefordert, ihm innerhalb von zwei Wochen bestimmte Informationen über die aktuelle dienstrechtliche Stellung der Kläger zu erteilen. Im Anschluss an die Antwort der Kommission vom 31. Oktober 2018 und die Stellungnahmen der Kläger vom 13. November 2018 ist das mündliche Verfahren geschlossen worden. 26 Die Kläger beantragen – in erster Linie, – die Rechtswidrigkeit von Art. 45 und Anhang I des neuen Statuts sowie der entsprechenden Übergangsvorschriften festzustellen; – sowohl die allgemeinen als auch die individuellen Entscheidungen der Anstellungsbehörde aufzuheben, den Klägern als Beamten der Besoldungsgruppen AD 12 oder AD 13 jede mögliche Beförderung im Rahmen des Beförderungsverfahrens 2014 zu versperren; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen; – hilfsweise, – sowohl die allgemeinen als auch die individuellen Entscheidungen aufzuheben, den Klägern als Beamten der Besoldungsgruppen AD 12 oder AD 13 jede mögliche Beförderung im Rahmen des Beförderungsverfahrens 2014 zu versperren; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 27 Die Kommission beantragt, – die Klage abzuweisen; – den Klägern die Kosten aufzuerlegen. 28 Das Parlament beantragt, die Argumente der Kläger, die auf die Unanwendbarkeit von Art. 45 und Anhang I des neuen Statuts sowie der entsprechenden Übergangsvorschriften abzielen, zurückzuweisen. 29 Der Rat beantragt, – die Klage abzuweisen; – den Klägern die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung Zur Zulässigkeit der Klage 30 Die Kommission hält die Klage zwar für zulässig, weist aber als Erstes darauf hin, dass die Klage in Wirklichkeit nur die Entscheidungen der Anstellungsbehörde betreffe, die Kläger mit Wirkung zum 1. Januar 2014 der Funktionsbezeichnung „Verwaltungsrat in der Übergangszeit“ bzw. „Verwaltungsrat“ zuzuordnen. Sie weist jedoch darauf hin, dass acht Kläger ihre Beschwerden gegen diese sie beschwerenden Entscheidungen zwar innerhalb der im Statut vorgesehenen Frist erhoben hätten, dies aber bei den Klägern GH und GC nicht der Fall sei. Was diese beiden Kläger betrifft, regt sie allerdings an, in Anbetracht von Rn. 57 des Beschlusses vom 16. Juli 2015, FG/Kommission (F‑20/15, EU:F:2015:93), festzustellen, dass deren Beschwerden innerhalb von drei Monaten nach der Mitteilung vom 14. April 2014 erhoben worden seien. 31 Da das Vorliegen einer beschwerenden Maßnahme im Sinne von Art. 90 Abs. 2 und Art. 91 Abs. 1 des Statuts eine unerlässliche Voraussetzung für die Zulässigkeit jeder Klage eines Beamten gegen das Organ ist, dem er angehört, ist insoweit unter den Umständen des vorliegenden Falles zunächst zu klären, welche Maßnahmen die Kläger mit der vorliegenden Klage anfechten wollen, und zu beurteilen, ob es sich um sie beschwerende Maßnahmen handelt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. April 2017, HN/Kommission, T‑588/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:292, Rn. 39, und Beschluss vom 16. Juli 2015, FG/Kommission, F‑20/15, EU:F:2015:93, Rn. 43). Sodann ist – da die Zulässigkeit einer Klage, die gemäß Art. 270 AEUV und Art. 91 des Statuts vor dem Gericht erhoben wird, einen ordnungsgemäßen Ablauf des Vorverfahrens und die Einhaltung der darin vorgesehenen Fristen voraussetzt (vgl. Urteil vom 28. April 2017, HN/Kommission, T‑588/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:292, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung) – zu prüfen, ob diese beiden Kläger ihre Beschwerden jeweils innerhalb der Frist des Art. 90 Abs. 2 des Statuts erhoben haben. 32 In diesem Zusammenhang konnten die Beamten, die am 31. Dezember 2013 Planstellen als AD-Beamte der Besoldungsgruppen AD 5 bis AD 13 innehatten, in verschiedene Funktionsbezeichnungen eingestuft werden, nämlich „Verwaltungsrat in der Übergangszeit“,„Verwaltungsrat“, „Berater oder gleichwertige Funktion“ oder „Referatsleiter oder gleichwertige Funktion“ (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. April 2017, HN/Kommission, T‑588/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:292, Rn. 40, und vom 16. Juli 2015, EJ u. a./Kommission, F‑112/14, EU:F:2015:90, Rn. 43). 33 Somit sind die Kläger durch die Entscheidungen der Anstellungsbehörde, sie je nach Fall in die Funktionsbezeichnungen „Verwaltungsrat in der Übergangszeit“ oder „Verwaltungsrat“ einzustufen, die am 30. Dezember 2013 getroffen und durch die Eintragung eines Vermerks über ihre Einstufung in diese Funktionsbezeichnungen in ihren jeweiligen Personalakten in SysPer 2 umgesetzt wurden (im Folgenden: angefochtene Entscheidungen), beschwert worden, weil diese Entscheidungen zur Folge hatten, dass sie mit Wirkung vom 1. Januar 2014 die Anwartschaft auf eine Beförderung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe verloren (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. April 2017, HN/Kommission, T‑588/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:292, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 16. Juli 2015, EJ u. a./Kommission, F‑112/14, EU:F:2015:90, Rn. 45). 34 Überdies sind diese Entscheidungen, wie die Kommission einräumt, außer im Fall von GH und GC von den Klägern mit Beschwerden angegriffen worden, die gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts innerhalb einer Frist von drei Monaten eingelegt wurden. 35 Was die beiden Kläger betrifft, die ihre Beschwerden am 24. bzw. 11. April 2014 eingelegt haben, können diese Beschwerden im Hinblick auf die Frist von drei Monaten gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts ebenfalls nicht als verspätet eingelegt angesehen werden. Es ist nämlich festzustellen, dass die Kommission nicht in der Lage ist, zu bestätigen, zu welchen Zeitpunkten diese Kläger Kenntnis von der am 30. Dezember 2013 vorgenommenen Änderung ihrer jeweiligen Personalakten in SysPer 2 Kenntnis erlangt hatten, weil sie ihnen die individuellen Entscheidungen, die sie betrafen, unter Verstoß gegen die Art. 25 und 26 des Statuts nicht mitgeteilt hat (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 16. Juli 2015, FG/Kommission, F‑20/15, EU:F:2015:93, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). 36 Unter diesen Umständen ist einzuräumen, dass die beiden in Rede stehenden Kläger selbst dann, wenn davon auszugehen wäre, dass sie vor dem 24. bzw. 11. Januar 2014 von der Änderung ihrer Funktionsbezeichnungen in SysPer 2 Kenntnis erlangt hätten, durch die Form, in der ihnen diese Entscheidungen zur Kenntnis gebracht wurden, in die Irre geführt werden konnten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. April 1979, Orlandi/Kommission, 117/78, EU:C:1979:109, Rn. 11). 37 Unter diesen Umständen ist die vorliegende Klage für zulässig zu erklären, soweit sie sich gegen die angefochtenen Entscheidungen richtet. Im Übrigen ist wegen des evolutiven Charakters des Vorverfahrens auf die Begründung in den Entscheidungen über die Zurückweisung der Beschwerden der Kläger abzustellen, da davon auszugehen ist, dass sie mit der Begründung der angefochtenen Entscheidungen zusammenfällt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. Dezember 2009, Kommission/Birkhoff, T‑377/08 P, EU:T:2009:485, Rn. 58 und 59, und vom 16. Januar 2018, SE/Rat, T‑231/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:3, Rn. 22). Zum Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit bestimmter Vorschriften des Statuts 38 Zum Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit von Art. 45 des neuen Statuts und der entsprechenden Übergangsregelungen ist darauf hinzuweisen, dass ein Beamter oder sonstiger Bediensteter im Rahmen eines Antrags auf Aufhebung einer ihn betreffenden individuellen Entscheidung nach Art. 277 AEUV zwar die Rechtswidrigkeit des Rechtsakts mit allgemeiner Geltung, auf dessen Grundlage diese Entscheidung erlassen worden ist, geltend machen kann. Nur der Unionsrichter ist nämlich nach dieser Vorschrift berechtigt, die Rechtswidrigkeit eines Rechtsakts mit allgemeiner Geltung festzustellen und die Konsequenzen der sich daraus ergebenden Unanwendbarkeit hinsichtlich des vor ihm angefochtenen individuellen Rechtsakts zu ziehen (Urteil vom 27. Oktober 2016, EZB/Cerafogli, T‑787/14 P, EU:T:2016:633‚ Rn. 49). 39 Die Feststellung der Rechtswidrigkeit durch den Unionsrichter nach Art. 277 AEUV entfaltet jedoch keine Wirkung erga omnes, weil sie zwar zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen individuellen Entscheidung führt, den Rechtsakt mit allgemeiner Geltung aber in der Rechtsordnung bestehen lässt, ohne die Rechtmäßigkeit der anderen auf seiner Grundlage erlassenen Rechtsakte, die nicht innerhalb der Klagefrist angefochten wurden, zu beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Februar 1974, Kortner u. a./Rat u. a., 15/73 bis 33/73, 52/73, 53/73, 57/73 bis 109/73, 116/73, 117/73, 123/73, 132/73 und 135/73 bis 137/73, EU:C:1974:16, Rn. 37 und 38, und vom 27. Oktober 2016, EZB/Cerafogli, T‑787/14 P, EU:T:2016:633, Rn. 53). 40 Daraus folgt, dass der Unionsrichter im Rahmen eines Antrags auf Aufhebung einer beschwerenden individuellen Maßnahme zwar befugt ist, inzident die Rechtswidrigkeit einer Vorschrift mit allgemeiner Geltung, auf die der angefochtene Rechtsakt gestützt ist, festzustellen. Er ist jedoch nicht befugt, derartige Feststellungen im Tenor seiner Urteile zu treffen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Oktober 2009, Ramaekers-Jørgensen/Kommission, F‑74/08, EU:F:2009:142, Rn. 37). 41 Wie die Kommission zu Recht geltend macht, muss der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit von Art. 45 und Anhang I des neuen Statuts sowie der entsprechenden Übergangsregelungen folglich, weil er nicht Bestandteil einer nach Art. 277 AEUV erhobenen Einrede der Rechtswidrigkeit ist, die auf die Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen abzielt, für offensichtlich unzulässig erklärt werden. Zum Aufhebungsantrag 42 Zur Stützung ihres Aufhebungsantrags machen die Kläger in erster Linie als einzigen Klagegrund die Rechtswidrigkeit von Art. 45 und Anhang I des neuen Statuts geltend. Hilfsweise machen sie zwei weitere Klagegründe geltend, nämlich erstens einen Verstoß gegen diesen Art. 45 und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und zweitens einen Verstoß gegen die Begründungspflicht. 43 Die Kommission, unterstützt durch das Parlament und den Rat, beantragt, sämtliche Klagegründe als unbegründet zurückzuweisen. Erster Klagegrund: Rechtswidrigkeit von Art. 45 und Anhang I des neuen Statuts 44 Nach Auffassung der Kläger verstößt die im neuen Statut vorgesehene Regelung, nach der Beamte der Besoldungsgruppen AD 12 oder AD 13, die den Funktionsbezeichnungen „Verwaltungsrat“ oder „Verwaltungsrat in der Übergangszeit“ zugeordnet sind, keine Beförderung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe nach Art. 45 des neuen Statuts erreichen können, gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, die Anwartschaft auf eine Laufbahn, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie die Fürsorgepflicht. In diesem Zusammenhang machen sie geltend, bei ihrer Einstellung eine Anwartschaft auf uneingeschränkte Beförderung bis zur Besoldungsgruppe AD 14 gehabt zu haben. Somit beeinträchtigten dieser Artikel und Anhang I des neuen Statuts ihre wohlerworbenen Rechte. Folglich erheben sie die Einrede der Rechtswidrigkeit sowohl des Art. 45 als auch des Anhangs I des neuen Statuts. 45 Die Kommission, unterstützt durch das Parlament und den Rat, beantragt, die Einrede der Rechtswidrigkeit als unbegründet zurückzuweisen. 46 Der vorliegende Klagegrund besteht aus sechs Teilen, die nacheinander zu prüfen sind. – Erster Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Anwartschaft auf eine Laufbahn 47 Zur Stützung des ersten Teils des ersten Klagegrundes machen die Kläger geltend, dass der Unionsgesetzgeber im Hinblick auf Art. 5 Abs. 5 des Statuts, nach dessen Wortlaut „[f]ür Einstellung und dienstliche Laufbahn der Beamten der gleichen Funktionsgruppe … jeweils die gleichen Voraussetzungen [gelten]“, gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Anwartschaft auf eine Laufbahn verstoßen habe. 48 Hierzu führen die Kläger aus, dass der Unionsgesetzgeber mit der Klarstellung in Art. 45 des neuen Statuts, dass ein Beamter „[v]orbehaltlich der Anwendung des Verfahrens nach Artikel 4 und Artikel 29 Absatz 1 … nur befördert werden [kann], wenn er eine Stelle besetzt, die einer der Funktionsbezeichnungen für eine Stelle der nächsthöheren Besoldungsgruppe gemäß Anhang I Abschnitt A entspricht“, gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Anwartschaft auf eine Laufbahn verstoßen habe, indem er die Kläger in die Funktionsbezeichnungen „Verwaltungsrat“ oder „Verwaltungsrat in der Übergangszeit“ eingewiesen habe, die ihnen nicht mehr die Möglichkeit einer Beförderung nach der nächsthöheren Besoldungsgruppe böten, weil diese Beamten vorbehalten sei, die eine Stelle mit der Funktionsbezeichnung „Referatsleiter oder gleichwertige Funktion“ oder „Berater oder gleichwertige Funktion“ innehätten. 49 Die Kläger tragen vor, im Vergleich zu anderen AD-Beamten, die immerhin derselben Funktionsgruppe angehörten wie sie selbst, ungleich behandelt zu werden, weil sowohl AD-Beamte der Besoldungsgruppen AD 5 bis AD 11 als auch AD-Beamte der Besoldungsgruppen AD 9 bis AD 13, die die Funktion eines „Referatsleiters oder gleichwertige Funktion“ oder eines „Beraters oder gleichwertige Funktion“ ausübten, weiterhin in den Genuss des Beförderungsmechanismus kämen, der sich auf einen Vergleich der im Lauf der Zeit erworbenen Verdienste stütze, während ihre eigene Beförderung nach den Besoldungsgruppen AD 13 oder AD 14 nur noch nach dem Verfahren gemäß Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts möglich sei, das es nicht erlaube, eine Beförderung durch den Nachweis der im Lauf der Zeit erworbenen Verdienste zu erreichen, weil es im Wesentlichen auf der Bewertung der Kompetenzen der AD-Beamten beruhe, die ihr Interesse an der freien Planstelle eines „Referatsleiters oder gleichwertige Funktion“ oder eines „Beraters oder gleichwertige Funktion“ bekundeten. 50 Während die AD-Beamten der niedrigeren Besoldungsgruppen AD 5 bis AD 11 darüber hinaus Beförderungsgarantien hinsichtlich der Anzahl der von der Anstellungsbehörde jährlich zugelassenen Beförderungen innerhalb des Organs hätten, seien sie selbst dem Risiko in Bezug auf die Zahl der freien Planstellen für „Referatsleiter oder gleichwertige Funktion“ oder „Berater oder gleichwertige Funktion“ ausgesetzt, die die Anstellungsbehörde jährlich im Rahmen des Verfahrens nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts zu besetzen beschließe. Außerdem verfüge die Anstellungsbehörde im Rahmen des Verfahrens der Ernennung auf solche Stellen über ein weiteres Ermessen als im Rahmen des Beförderungsverfahrens, u. a. wegen der fehlenden Beteiligung des paritätischen Beförderungsausschusses. Die Kläger fügen hinzu, dass sie im Rahmen dieses Ernennungsverfahrens nicht nur – wie beim Vergleich der Verdienste im Beförderungsverfahren – im Wettbewerb mit den anderen AD-Beamten der Kommission stünden, sondern auch mit denen der anderen Organe, was ihre Chancen vermindere, befördert zu werden. 51 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass das Rechtsverhältnis zwischen den Beamten und der Verwaltung statutarischer und nicht vertraglicher Natur ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. März 1975, Gillet/Kommission, 28/74, EU:C:1975:46, Rn. 4). Somit können die Rechte und Pflichten der Beamten jederzeit vom Unionsgesetzgeber geändert werden, und in diesem Zusammenhang sind die Gesetze zur Änderung einer gesetzlichen Bestimmung – wie z. B. die nach Art. 336 AEUV erlassenen Verordnungen zur Änderung des Statuts – grundsätzlich, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf die künftigen Folgen von Sachverhalten anwendbar, die unter der Geltung des alten Rechts entstanden sind, mit Ausnahme unter der Geltung der früheren Vorschrift entstandener und abgeschlossener Sachverhalte, die wohlerworbene Rechte begründen (Urteile vom 22. Dezember 2008, Centeno Mediavilla u. a./Kommission, C‑443/07 P, EU:C:2008:767‚ Rn. 60 bis 62, und vom 16. Juli 2015, EJ u. a./Kommission, F‑112/14, EU:F:2015:90, Rn. 58). 52 Nach der Rechtsprechung gilt ein Recht im Kontext einer Reform des Statuts aber nur als wohlerworben, wenn der Tatbestand, der dieses Recht begründet, vor der Gesetzesänderung erfüllt ist, was bei einem Recht, dessen begründender Tatbestand sich nicht unter der Geltung der Rechtsvorschriften vor ihrer Änderung verwirklicht hat, nicht der Fall ist. Somit können sich Beamte, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, bis zum Inkrafttreten des neuen Statuts nur eine Anwartschaft auf eine Beförderung hatten und diese von einer in der Befugnis der Anstellungsbehörde liegenden Entscheidung über die Beförderung nach der nächsthöheren Besoldungsgruppe abhängig war, die diese Behörde – im vorliegenden Fall am 1. Januar 2014 – noch nicht getroffen hatte, nicht auf ein wohlerworbenes Recht auf den Fortbestand einer Anwartschaft auf diese Beförderung über diesen Zeitpunkt hinaus berufen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Dezember 2008, Centeno Mediavilla u. a./Kommission, C‑443/07 P, EU:C:2008:767‚ Rn. 63 bis 65, und vom 16. Juli 2015, EJ u. a./Kommission, F‑112/14, EU:F:2015:90, Rn. 59). 53 Außerdem können sich die Beamten nicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, um sich der Anwendung einer neuen Rechtsvorschrift zu widersetzen, besonders auf einem Gebiet, auf dem der Unionsgesetzgeber über ein weites Ermessen verfügt (Urteile vom 22. Dezember 2008, Centeno Mediavilla u. a./Kommission, C‑443/07 P, EU:C:2008:767, Rn. 91, und vom 16. Juli 2015, EJ u. a./Kommission, F‑112/14, EU:F:2015:90, Rn. 60). Somit ist das Vorbringen der Kläger, dass die nach ihrer Darstellung vom Unionsgesetzgeber und/oder von der Kommission getroffene Entscheidung, ihre Laufbahnen infolge ihrer Einweisung in die Funktionsbezeichnung „Verwaltungsrat“ oder „Verwaltungsrat in der Übergangszeit“ zu begrenzen, gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und gegen die von ihnen geltend gemachten wohlerworbenen Rechte hinsichtlich der Anwartschaft auf Beförderung nach der nächsthöheren Besoldungsgruppe verstoße, zurückzuweisen. 54 Sodann ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsgesetzgeber in Anbetracht des ihm eingeräumten weiten Ermessens rechtmäßig im 19. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1023/2013 und in Nr. 1 des Abschnitts A des Anhangs I des neuen Statuts davon ausgehen durfte, dass die Besoldungsgruppen AD 13 und AD 14 künftig einer begrenzten Zahl von Beamten vorbehalten bleiben sollten, im vorliegenden Fall nämlich allein AD-Beamten, die hohe Verantwortung im Sinne dieses Erwägungsgrundes tragen, d. h. „weitreichende Verantwortung“. 55 Insbesondere durfte der Unionsgesetzgeber entgegen dem Vorbringen der Kläger davon ausgehen, dass der Zugang zu einer Stelle der Besoldungsgruppe AD 13 oder AD 14 nicht mehr im Rahmen einer Beförderung von AD-Beamten nach Art. 45 des Statuts von 2004 erfolgen sollte, einem Verfahren, das nach der Rechtsprechung dazu dient, die Laufbahn der Beamten nach Maßgabe ihres Einsatzes und ihrer Verdienste – auch im Zeitverlauf – zu gestalten (Urteile vom 11. Juli 2007, Konidaris/Kommission, T‑93/03, EU:T:2007:209, Rn. 91, und vom 16. Juli 2015, EJ u. a./Kommission, F‑112/14, EU:F:2015:90, Rn. 72), sondern künftig im Rahmen des Ernennungsverfahrens nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des neuen Statuts zu erfolgen hatte. 56 Dieses in Art. 29 Abs. 1 des Statuts vorgesehene Verfahren zur Besetzung einer freien Planstelle dient nämlich nach derselben Rechtsprechung dazu, im dienstlichen Interesse den Beamten des Organs oder anderer Organe zu finden, der für die Ausübung der mit der zu besetzenden Stelle verbundenen Aufgaben am geeignetsten ist. Im Hinblick auf die von ihm angestrebte Rationalisierung der öffentlichen Ausgaben und Korrelation zwischen Funktion und Besoldungsgruppe konnte der Unionsgesetzgeber davon ausgehen, dass ein solches Verfahren sich besser eignet, der Anstellungsbehörde zu ermöglichen, die wichtigsten und hochrangigsten Ämter der begrenzten Zahl von Beamten anzuvertrauen, die die besten einschlägigen beruflichen Fähigkeiten aufweisen, im vorliegenden Fall den AD-Beamten, die die Funktionen von „Referatsleitern oder gleichwertige Funktion“ oder „Beratern oder gleichwertige Funktion“ wahrnehmen können, welche objektiv wichtiger sind als die Funktionen der nachgeordneten AD-Beamten. 57 Ferner ist hervorzuheben, dass die Anstellungsbehörde über ein weites Ermessen bei der Organisation und Strukturierung ihrer Dienststellen und folglich im Hinblick auf das Maß der Verantwortung verfügt, die mit den Aufgaben einhergeht, die sie ihren Beamten und Bediensteten anzuvertrauen für erforderlich hält (vgl. Urteil vom 28. April 2017, HN/Kommission, T‑588/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:292, Rn. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung), was bedeutet, dass es ihr unter der Aufsicht der Haushaltsbehörde freisteht, die Zahl der von ihr wirklich benötigten „Referatsleiter oder gleichwertige Funktion“ oder „Berater oder gleichwertige Funktion“ festzulegen und zu begrenzen. 58 Insoweit steht die Änderung des Statuts in Bezug auf die Laufbahnstruktur für AD-Beamte entgegen dem Vorbringen der Kläger nicht im Widerspruch zu dem im neuen Statut beibehaltenen Art. 5 Abs. 5, dem zufolge „[f]ür Einstellung und dienstliche Laufbahn der Beamten der gleichen Funktionsgruppe … jeweils die gleichen Voraussetzungen [gelten]“. Im Rahmen des neuen Statuts gelten nämlich für alle AD-Beamten unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Einstellung oder ihres Dienstantritts dieselben Laufbahnvoraussetzungen, nämlich ein möglicher Aufstieg bis zur Besoldungsgruppe AD 12 im Rahmen des in Art. 45 des neuen Statuts vorgesehenen Beförderungsmechanismus und, sofern sie über diese Besoldungsgruppe hinaus aufsteigen wollen, die Möglichkeit, dies zu erreichen, indem sie im Anschluss an ein Verfahren nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des neuen Statuts, das der Besetzung von Stellen der Funktionsbezeichnungen „Referatsleiter oder gleichwertige Funktion“ oder „Berater oder gleichwertige Funktion“ dient, Funktionen mit weitreichender Verantwortung ausüben. 59 Was den Grundsatz der Anwartschaft auf eine Laufbahn betrifft, ist noch darauf hinzuweisen, dass im Unionsrecht ausdrücklich weder ein Grundsatz der Einheit der Laufbahn noch ein Laufbahngrundsatz verankert ist. Dagegen hat die Rechtsprechung den Grundsatz der Anwartschaft auf eine Laufbahn als die besondere, auf Beamte anzuwendende Ausprägung des Grundsatzes der Gleichbehandlung aufgestellt (Urteil vom 5. März 2008, Toronjo Benitez/Kommission, F‑33/07, EU:F:2008:25, Rn. 87 und 88, und Beschluss vom 27. September 2011, Lübking u. a./Kommission, F‑105/06, EU:F:2011:152, Rn. 81 und 82). 60 Insoweit ergibt sich zwar aus Art. 5 Abs. 5 des Statuts, dass „[f]ür Einstellung und dienstliche Laufbahn der Beamten der gleichen Funktionsgruppe … jeweils die gleichen Voraussetzungen [gelten]“. Aus Art. 45 des neuen Statuts geht jedoch hervor, dass sich der Unionsgesetzgeber dafür entschieden hat, dass ab dem 1. Januar 2014, „[v]orbehaltlich der Anwendung des Verfahrens nach Artikel 4 und Artikel 29 Absatz 1 … ein Beamter nur befördert werden [kann], wenn er eine Stelle besetzt, die einer der Funktionsbezeichnungen für eine Stelle der nächsthöheren Besoldungsgruppe gemäß Anhang I Abschnitt A entspricht“. Somit wollte der Unionsgesetzgeber, wie sich aus dem 19. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1023/2013 ergibt, bei der Umsetzung von Art. 5 Abs. 5 des Statuts, der „[f]ür Einstellung und dienstliche Laufbahn … die gleichen Voraussetzungen“ für alle AD-Beamten verlangt, die Laufbahn der AD-Beamten umstrukturieren, indem er eine Eingangslaufbahnschiene für AD-Beamte vorsah, innerhalb deren diese Beamten von der Besoldungsgruppe AD 5 bis zur Besoldungsgruppe AD 12 aufsteigen können, und anschließend spezifische Laufbahnschienen, die denjenigen vorbehalten sind, die weitreichende Verantwortung wie die von „Referatsleitern oder gleichwertige Funktion“ oder „Beratern oder gleichwertige Funktion“ tragen, und die den Zugang zu den höchsten AD-Besoldungsgruppen, d. h. AD 13 und AD 14, eröffnen. 61 Wie der Rat hervorhebt, hat der Unionsgesetzgeber, indem er nunmehr vorschreibt, dass Beamte vorbehaltlich der Anwendung des Verfahrens nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts nur befördert werden dürfen, wenn sie eine Stelle besetzen, die einer der Funktionsbezeichnungen für eine Stelle der nächsthöheren Besoldungsgruppe entspricht, eine Beschränkung vorgesehen, die unterschiedslos für alle Funktionsgruppen und innerhalb dieser Gruppen für alle AD-Beamten und Assistenten gilt, und zwar unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Einstellung oder ihres Dienstantritts. 62 Jedenfalls wird der Grundsatz der Gleichbehandlung als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der in den Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert und auf das Recht des öffentlichen Dienstes der Union anwendbar ist, nur verletzt, wenn zwei Personengruppen, deren tatsächliche und rechtliche Lage sich nicht wesentlich unterscheidet, bei ihrer Einstufung unterschiedlich behandelt werden und eine solche Ungleichbehandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist. Bei der Anwendung dieses Grundsatzes muss die Prüfung der zu vergleichenden Situationen alle Merkmale berücksichtigen, die diese Situationen kennzeichnen (Urteil vom 16. Juli 2015, EJ u. a./Kommission, F‑112/14, EU:F:2015:90, Rn. 65; vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 22. Dezember 2008, Centeno Mediavilla u. a./Kommission, C‑443/07 P, EU:C:2008:767, Rn. 76, und vom 15. November 2011, Nolin/Kommission, T‑58/11 P, EU:T:2011:664, Rn. 37 und 38). 63 Es ist daher zu prüfen, ob sich die Beamten der Besoldungsgruppen AD 12 oder AD 13, die den Funktionsbezeichnungen „Verwaltungsrat“ oder „Verwaltungsrat in der Übergangszeit“ zugeordnet sind, in einer vergleichbaren Situation befinden wie die „Beamten der Funktionsgruppe AD“, die Stellen der unteren Besoldungsgruppen AD 5 bis AD 11 innehaben, und wie die Beamten, die derselben Funktionsgruppe angehören, aber die Funktionen eines „Referatsleiters oder gleichwertige Funktion“ oder eines „Beraters oder gleichwertige Funktion“ ausüben, wobei die beiden letztgenannten Gruppen von Beamten im Gegensatz zu den Klägern weiterhin nach Art. 45 des Statuts über die Besoldungsgruppe AD 12 oder AD 13 hinaus befördert werden können. 64 Was die „Beamten der Funktionsgruppe AD“ der Besoldungsgruppen AD 5 bis AD 11 betrifft, die – ebenso wie die Kläger – weder die Funktion eines „Referatsleiters oder gleichwertige Funktion“ noch die eines „Beraters oder gleichwertige Funktion“ ausüben, ist festzustellen, dass sie sich objektiv nicht in derselben Situation befinden wie die Beamten der Besoldungsgruppen AD 12 oder AD 13, die – wie die Kläger – dieselbe Funktion eines „Beamten der Funktionsgruppe AD“ ausüben, weil sie im Gegensatz zu Letzteren noch nicht die höchste Besoldungsgruppe erreicht haben, die für die Funktionsbezeichnung vorgesehen ist, innerhalb deren sie aufsteigen können. 65 Nach der Rechtsprechung beinhaltet der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass alle nach derselben Besoldungsgruppe beförderten Beamten bei gleichen Verdiensten die gleichen Chancen auf eine Beförderung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe haben müssen (vgl. Urteil vom 16. Juli 2015, EJ u. a./Kommission, F‑112/14, EU:F:2015:90, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung). 66 Daher ist die Situation der Kläger nunmehr mit derjenigen der Beamten der Besoldungsgruppe AD 12 oder AD 13 zu vergleichen, die die Funktion eines „Referatsleiters oder gleichwertige Funktion“ oder eines „Beraters oder gleichwertige Funktion“ ausüben. 67 Insoweit können die Kläger in Anbetracht der Art der Funktionen, mit denen die Referatsleiter betraut sind und die wesentlich bedeutender sind als die der AD-Beamten, die diesen Referatsleitern ja gerade unterstellt sind, nicht mit Erfolg geltend machen, dass sie sich in einer vergleichbaren Situation befänden wie die genannten Referatsleiter, im vorliegenden Fall denen der Besoldungsgruppe AD 12 oder AD 13. 68 Was die „Berater oder gleichwertige Funktion“ betrifft, geht aus der Rechtsprechung hervor, dass diese – ebenso wie die „Referatsleiter oder gleichwertige Funktion“ oder die unter der kommissionseigenen Bezeichnung „Leitender Sachverständiger“ einzustellenden Beamten – Funktionen ausüben müssen, die sich von denen der „Beamten der Funktionsgruppe AD“ unterscheiden oder sie ergänzen oder gar Führungsaufgaben sind und mit „weitreichender Verantwortung“ oder gegebenenfalls höherer Verantwortung als zuvor einhergehen, die es rechtfertigen kann, dass unter der Geltung des neuen Statuts die „Rechtsberater“ und „Leitenden Sachverständigen“ Stellen besetzen, die – anders als im Fall der „Verwaltungsräte“ der Besoldungsgruppen AD 12 oder AD 13 – unter die Funktionsbezeichnung „Berater oder gleichwertige Funktion“ der Besoldungsgruppe AD 13 fallen, was eine Anwartschaft auf Beförderung nach Besoldungsgruppe AD 14 begründet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2015, EJ u. a./Kommission, F‑112/14, EU:F:2015:90, Rn. 74). 69 Jedenfalls ist das Gericht der Auffassung, dass die Kläger, einschließlich derjenigen, die die Funktionen eines stellvertretenden Referatsleiters wahrnehmen, nicht nachgewiesen haben, dass die von ihnen am 31. Dezember 2013 ausgeübten Funktionen ebenso wichtig oder noch wichtiger gewesen seien als diejenigen, die von Referatsleitern oder Beratern derselben Besoldungsgruppe ausgeübt werden. 70 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. – Zweiter Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 71 Zur Stützung des zweiten Teils des ersten Klagegrundes machen die Kläger geltend, dass die Blockierung ihrer Laufbahn in der Besoldungsgruppe AD 12 oder AD 13, die nach ihrer Auffassung durch die neuen Bestimmungen des Statuts herbeigeführt worden sei, in Anbetracht des erklärten Ziels des Unionsgesetzgebers, die höchsten Besoldungsgruppen einer begrenzten Zahl von Beamten vorzubehalten, die ein Höchstmaß an Verantwortung trügen, unverhältnismäßig sei. Zum einen sei ein solches Ziel bereits dadurch erreicht worden, dass den Verwaltungsräten unter der Geltung des Statuts von 2004 der Aufstieg in die Besoldungsgruppen AD 15 und AD 16 versperrt worden sei, weil diese Besoldungsgruppen allein Direktoren und Generaldirektoren vorbehalten gewesen seien. Zum anderen könne die in Rede stehende Maßnahme im Fall der Kläger nicht als zur Erreichung des behaupteten Ziels geeignet angesehen werden, weil die Anstellungsbehörde die Zahl der Besoldungsgruppen, die hochrangigen Entscheidungsträgern vorbehalten bleiben sollten, die die Funktion eines „Referatsleiters oder gleichwertige Funktion“ oder eines „Beraters oder gleichwertige Funktion“ ausübten, jährlich neu festsetzen und auf diese Weise die Karrierechancen der Beamten der Funktionsgruppe „Administration“, die ohne Ernennung auf eine solche Stelle nicht über die Besoldungsgruppe AD 12 hinausgelangen könnten, ungerechtfertigt vermindern könne. 72 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei zu beachten ist, dass dann, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die verursachten Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen. Was die gerichtliche Nachprüfung der Einhaltung dieser Voraussetzungen betrifft, ist dem Unionsgesetzgeber im Rahmen der Ausübung der ihm übertragenen Zuständigkeiten ein weites Ermessen in Bereichen zugebilligt worden, in denen seine Tätigkeit sowohl politische als auch wirtschaftliche oder soziale Entscheidungen verlangt und in denen er komplexe Prüfungen und Beurteilungen vornehmen muss. Somit geht es nicht darum, ob eine in einem solchen Bereich erlassene Maßnahme die einzig mögliche oder die bestmögliche war. Wenn der Unionsgesetzgeber nämlich über ein weites Ermessen verfügt, was der Fall ist, wenn er gemäß Art. 336 AEUV Änderungen des Statuts sowie der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten vornimmt, kann diese Maßnahme im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur dann rechtswidrig sein, wenn sie zur Erreichung des Ziels, das die zuständigen Organe anstreben, offensichtlich ungeeignet ist (Urteil vom 26. Februar 2016, Bodson u. a./EIB, T‑240/14 P, EU:T:2016:104, Rn. 116 und 117). 73 Im vorliegenden Fall erweist sich, dass der Gesetzgeber, soweit es um die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Bestimmungen der Reform geht, die am 1. Januar 2014 in Kraft getreten sind, sich das rechtmäßige Ziel gesetzt hat, dafür zu sorgen, dass die Beförderung in eine höhere Besoldungsgruppe von dem persönlichen Engagement, der Verbesserung von Fähigkeiten und Kompetenzen und der Ausübung von Funktionen abhängt, deren Bedeutung die Beförderung des Beamten in diese höhere Besoldungsgruppe rechtfertigt. 74 Der Unionsgesetzgeber wollte nämlich der in der Praxis des öffentlichen Dienstes der Union festgestellten unbefriedigenden Situation abhelfen, in der nicht zwangsläufig ein klarer Zusammenhang zwischen Verantwortung und Besoldungsgruppe herzustellen war. Insoweit ergibt sich aus dem Bericht der Kommission vom 30. März 2011 an das Europäische Parlament und den Rat über die Äquivalenz von alter und neuer Laufbahnstruktur (COM[2011] 171 endg.), „dass sich die Laufbahnstruktur [des Statuts von 2004] auf die Gehaltsstruktur in den Referaten stärker auswirkt[e] als ursprünglich vorgesehen“ und dass „es beispielsweise nicht unmöglich [war], dass ein Referatsleiter weniger verdient[e] als alle anderen Beamten in seinem Referat, einschließlich des Sekretariats, … [und dass] Referatsleiter in Besoldungsgruppe AD 9 eingestellt sein [konnten], während Verwaltungsräte Besoldungsgrad AD 14 (d. h. fünf Besoldungsgruppen höher – im Gegensatz zu nur einem Besoldungsgrad mehr nach dem vorigen Statut) und Bürosekretäre/Verwaltungssekretäre Besoldungsgrad AST 11 (zwei Besoldungsgruppen höher als der Einstiegsbesoldungsgrad von Referatsleitern) erreichen k[onnt]en“. 75 So sollte nach dem Willen des Unionsgesetzgebers das Maß der Verantwortung beim Vergleich der Verdienste im Rahmen des Beförderungsverfahrens stärker gewichtet werden. Letztlich ergibt sich aus der Verordnung Nr. 1023/2013 eindeutig, dass der Unionsgesetzgeber der durch das Statut von 2004 eröffneten Möglichkeit ein Ende setzen wollte, dass Beamte ohne Weiteres bis in die höchsten Besoldungsgruppen befördert werden konnten, ohne dass eine Korrelation zwischen der ihnen übertragenen Verantwortung und ihrer Besoldungsgruppe nachweisbar war, was dazu führen konnte, dass Beamte der Funktionsgruppe Administration die Besoldungsgruppen AD 13 der AD 14 erreichten, ohne notwendigerweise weitreichende oder gesteigerte Verantwortung zu tragen. 76 Im Hinblick auf diesen legitimen Zweck durfte der Unionsgesetzgeber, ohne gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verstoßen, den Standpunkt vertreten, dass die Besoldungsgruppen AD 13 und AD 14, die Anspruch auf eine besonders hohe Vergütung gewähren, künftig nur AD-Beamten mit einem hohen Maß an Verantwortung vorbehalten bleiben sollten. Eine solche Maßnahme ist nämlich als geeignet anzusehen, dem zutage getretenen Missverhältnis zwischen der hohen Besoldungsgruppe, die einige AD-Beamte durch den – im Wesentlichen auf den im Zeitverlauf erworbenen Verdiensten und nicht auf den Kenntnissen und Fähigkeiten der Betroffenen beruhenden – Beförderungsmechanismus nach Art. 45 des Statuts erreicht hatten, einerseits und dem Maß der ihnen übertragenen, im Vergleich zu Referatsleitern oder Beratern geringeren und möglicherweise im Zeitverlauf unverändert gebliebenen Verantwortung andererseits abzuhelfen. 77 Der von den Klägern angeführte Umstand, dass die Besoldungsgruppen AD 15 und AD 16, soweit es die Funktionsgruppe Administration betraf, unter der Geltung des Statuts von 2004 allein Direktoren und Generaldirektoren vorbehalten waren, ist ohne Belang. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsgesetzgeber im Rahmen der 2014 in Kraft getretenen Reform den durch den bloßen Beförderungsmechanismus nach Art. 45 des Statuts möglichen Zugang zu den höchsten Besoldungsgruppen sowohl für Verwaltungsräte, die die Besoldungsgruppen AD 13 und AD 14 nicht mehr durch diesen einfachen Mechanismus erreichen können, als auch für „Assistenten“ oder „Assistenten in der Übergangszeit“ ausschließen wollte, für die der Aufstieg in die Besoldungsgruppen AST 10 und AST 11 durch schlichte Beförderung nunmehr ebenfalls zugunsten des Mechanismus der Beförderung durch Ernennung auf eine Stelle der Funktionsbezeichnung „Hauptassistent“ gemäß dem Verfahren nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts ausgeschlossen wird. 78 Nach alledem ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen. – Dritter Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und die Fürsorgepflicht 79 Im Rahmen des dritten Teils des ersten Klagegrundes machen die Kläger geltend, mit dem Erlass der angefochtenen Entscheidungen habe die Anstellungsbehörde ihre Interessen nicht ausreichend berücksichtigt und damit sowohl gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung als auch gegen die Fürsorgepflicht verstoßen. Außerdem kritisieren sie, dass sie künftig erneut einer Prüfung zur Beurteilung ihrer Befähigung zur Ausübung der Funktionen eines „Referatsleiters oder gleichwertige Funktion“ oder eines „Beraters oder gleichwertige Funktion“ unterworfen würden, obwohl sie die Funktionsgruppe nicht gewechselt hätten, die Anstellungsbehörde sie bereits bei ihrer Einstellung solchen Eignungsprüfungen unterzogen habe und sie während ihrer gesamten Dienstzeit Verdienste unter Beweis gestellt hätten. 80 In Bezug auf den von den Klägern geltend gemachten Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und die Fürsorgepflicht ist festzustellen, dass diese Grundsätze der Anstellungsbehörde nicht erlauben, gegen die vom Unionsgesetzgeber erlassenen statutarischen Bestimmungen zu verstoßen, die als solche für sie ebenso verbindlich sind wie für alle anderen Anstellungsbehörden der übrigen Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union. Insbesondere kann die Fürsorgepflicht nicht dahin verstanden werden, dass die Anstellungsbehörde verpflichtet sei, den Verlust der Anwartschaft auf eine Beförderung nach Besoldungsgruppe AD 13 oder AD 14, wie er vom Unionsgesetzgeber beschlossen wurde, durch interne Maßnahmen auszugleichen, die dazu bestimmt sind, mehr Planstellen für „Referatsleiter oder gleichwertige Funktion“ oder „Berater oder gleichwertige Funktion“ zu schaffen, weil die Anstellungsbehörde mit einem solchen Vorgehen den Willen des Unionsgesetzgebers vereiteln würde, indem sie die angestrebte Wirkung der von ihm im Rahmen der Reform beschlossenen Maßnahmen vermindert. 81 Aus der Verordnung Nr. 1023/2013 geht nämlich eindeutig hervor, dass der Unionsgesetzgeber der durch das Statut von 2004 eröffneten Möglichkeit ein Ende setzen wollte, dass Beamte ohne Weiteres bis in die höchsten Besoldungsgruppen befördert werden konnten, ohne dass eine Korrelation zwischen der ihnen übertragenen Verantwortung und ihrer Besoldungsgruppe nachweisbar war, was dazu hatte führen können, dass Beamte der Funktionsgruppe Administration die Besoldungsgruppen AD 13 oder AD 14 erreichten, ohne notwendigerweise weitreichende oder gesteigerte Verantwortung zu tragen. 82 Außerdem konnte die Anstellungsbehörde die Kläger nicht in die Funktionsbezeichnungen „Referatsleiter oder gleichwertige Funktion“ oder „Berater oder gleichwertige Funktion“ einstufen. Die Kläger übten nämlich am 31. Dezember 2013 keine Funktionen aus, die diesen Funktionsbezeichnungen entsprachen, so dass die Anstellungsbehörde sie – weil sie keinen Antrag auf abweichende Einstufung nach Art. 30 Abs. 3 des Anhangs XIII des neuen Statuts gestellt hatten – nach Art. 30 Abs. 2 des Anhangs XIII des neuen Statuts in die Funktionsbezeichnungen „Verwaltungsrat“ oder „Verwaltungsrat in der Übergangszeit“ einstufen musste (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 16. Dezember 2015, Bärwinkel/Rat, F‑118/14, EU:F:2015:154, Rn. 56). 83 Folglich war es trotz der von den Klägern aufgezeigten Schwierigkeiten, die ihre Aussichten auf Zugang zu einer Funktionsbezeichnung betreffen, die ihnen eine Anwartschaft auf Beförderung nach den Besoldungsgruppen AD 13 oder AD 14 gewährt, weil diese Aussichten nunmehr durch strengere und selektivere Regeln für den Zugang zu diesen Funktionsbezeichnungen stärker eingeschränkt werden, nicht Sache der Anstellungsbehörde, im Namen des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung oder der Fürsorgepflicht von der Anwendung der neuen statutarischen Bestimmungen abzusehen. 84 Daraus folgt, dass der dritte Teil des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen ist. – Vierter Teil des ersten Klagegrundes: Verletzung wohlerworbener Rechte 85 Zur Stützung des vierten Teils des ersten Klagegrundes machen die Kläger geltend, dass der Unionsgesetzgeber durch den Ausschluss ihrer Möglichkeit, im Rahmen des Beförderungsverfahrens nach Art. 45 des Statuts nach Besoldungsgruppe AD 13 oder AD 14 befördert zu werden, ihre wohlerworbenen Rechte auf einen Vergleich ihrer Verdienste mit denen sämtlicher Beamten der Besoldungsgruppe AD 13 bzw. AD 14 verletzt habe. 86 Hierzu genügt der Hinweis, dass Beamte, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, bis zum Inkrafttreten des neuen Statuts nur eine Anwartschaft auf eine Beförderung hatten und diese von einer in der Befugnis der Anstellungsbehörde liegenden Entscheidung über die Beförderung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe abhängig war, die diese Behörde – im vorliegenden Fall am 1. Januar 2014 – noch nicht getroffen hatte, sich nicht auf ein wohlerworbenes Recht auf den Fortbestand einer Anwartschaft auf diese Beförderung über diesen Zeitpunkt hinaus berufen können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Dezember 2008, Centeno Mediavilla u. a./Kommission, C‑443/07 P, EU:C:2008:767‚ Rn. 63 bis 65, und vom 16. Juli 2015, EJ u. a./Kommission, F‑112/14, EU:F:2015:90, Rn. 59). Insoweit ist die von der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) entwickelte Rechtsprechung, die nicht das Statut betrifft, irrelevant (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2017, Arango Jaramillo u. a./EIB, T‑482/16 RENV, EU:T:2017:901, nicht veröffentlicht, Rn. 113). 87 Darüber hinaus können die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Beschränkung des Zugangs zu den Besoldungsgruppen AD 13 oder AD 14 durch Beförderung nach Art. 45 des neuen Statuts auf Personen, die im Anschluss an das Verfahren gemäß Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts die Stelle eines „Referatsleiters oder gleichwertige Funktion“ oder eines „Beraters oder gleichwertige Funktion“ besetzen, „offenkundig gegen die wesentlichen Beschäftigungsbedingungen [verstoße], die [sie] veranlasst [hätten], [in den Dienst] der Organe [der Union] einzutreten oder darin zu verbleiben“. 88 Nach dem neuen Statut ist es Beamten der Besoldungsgruppe AD 12 oder AD 13 – wie den Klägern – nämlich nicht verwehrt, in die höheren Besoldungsgruppen AD 13 und AD 14 aufzusteigen; sie müssen lediglich, um diese Besoldungsgruppen zu erreichen, die Qualifikationen nachweisen, die die Anstellungsbehörde verlangt, um dem hohen Grad an Verantwortung zu entsprechen, der von den Inhabern der Planstellen eines „Referatsleiters oder gleichwertige Funktion“ oder „Beraters oder gleichwertige Funktion“ erwartet wird. Es handelt sich daher nicht um eine Blockierung ihrer Laufbahn, sondern, wie der Rat geltend macht, um eine Änderung der Modalitäten für eine Beförderung in die höchsten Besoldungsgruppen der Funktionsgruppe Administration, zu denen es im vorliegenden Fall gehört, für die Besetzung einer neuen, mit einem hohen Maß an echter Verantwortung einhergehenden Stelle ausgewählt zu werden, die die damit verbundene hohe Besoldung rechtfertigt. Somit steht es den Klägern weiterhin frei, an einem Auswahlverfahren nach den Art. 4 und 29 des Statuts teilzunehmen, um eine den genannten Funktionsbezeichnungen entsprechende Stelle einzunehmen, was ihnen dann ermöglicht, eine Anwartschaft auf Beförderung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe zu erlangen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. April 2017, HN/Kommission, T‑588/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:292, Rn. 86). Das ist im Übrigen, was die Mehrheit der Kläger getan hat und was der Hälfte von ihnen ermöglicht hat, in eine Stelle als Sachverständiger ernannt zu werden, die Anspruch auf eine Beförderung in die höheren Besoldungsgruppen AD 13 und AD 14 gewährt. 89 Nur ergänzend ist festzustellen, dass der Unionsgesetzgeber jedenfalls in Art. 30 Abs. 5 bis 9 des Anhangs XIII des neuen Statuts vorgesehen hat, dass die Grundgehälter von Beamten der Besoldungsgruppe AD 12 oder AD 13, wie es die Kläger sind, unter bestimmten Voraussetzungen erhöht werden und dass diese Beamten darüber hinaus, falls sie später auf die Stelle eines Referatsleiters ernannt werden, in Anwendung der Abs. 10 und 11 dieses Art. 30 diese Erhöhung behalten oder in eine günstigere Dienstaltersstufe eingewiesen werden können. 90 Nach alledem ist der vierte Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. – Fünfter Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen die in Art. 9 des Anhangs XIII und in Anhang I Abschnitt B des neuen Statuts vorgesehenen Multiplikationssätze 91 Im Rahmen des fünften Teils des ersten Klagegrundes machen die Kläger geltend, die neuen statutarischen Bestimmungen verstießen gegen die für Beförderungsquoten geltenden Regeln und Grundsätze, wie sie in Anhang I Abschnitt B des neuen Statuts und in Art. 9 des Anhangs XIII dieses Statuts vorgesehen seien, weil sie nicht mehr in den Genuss dieser Quoten gelangen und folglich nicht mit einer Beförderung in die nächsthöhere Besoldungsgruppe rechnen könnten. 92 Hierzu ist festzustellen, dass dieses Vorbringen nicht durchgreifen kann. Der Unionsgesetzgeber hat es nämlich gerade zur Gewährleistung einer besseren Verknüpfung zwischen den Besoldungsgruppen AD 13 oder AD 14 und dem Maß an Verantwortung der Beamten dieser Besoldungsgruppen ausgeschlossen, dass der Aufstieg in diese Besoldungsgruppen allein durch den Beförderungsmechanismus nach Art. 45 des Statuts erfolgt, der zuvor mit einem gewissen Automatismus sicherstellte, dass jedes Jahr eine bestimmte Zahl von AD-Beamten der Besoldungsgruppe AD 12 oder AD 13 nach Besoldungsgruppe AD 13 oder AD 14 befördert wurden, ohne notwendigerweise weitreichende oder gesteigerte Verantwortung zu tragen. 93 Daher war es für den Unionsgesetzgeber folgerichtig, als Konsequenz vorzusehen, dass sich die Zahl der Stellen für „Referatsleiter oder gleichwertige Funktion“ oder „Berater oder gleichwertige Funktion“ unter der Geltung des neuen Statuts gerade nicht nach Maßgabe der im Rahmen des Beförderungsverfahrens geltenden Quoten bestimmte. Die im Kontext der Reform des Statuts getroffene Maßnahme zielte nämlich im Gegenteil darauf ab, dass die Anstellungsbehörde diese – im Übrigen begrenzte – Zahl anhand ihres tatsächlichen Bedarfs an hochqualifiziertem Personal zur Besetzung dieser Planstellen und nicht mehr automatisch bestimmte. 94 Da es außerdem nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstößt, die Anwendung des Beförderungsverfahrens nach Art. 45 des Statuts als Zugang zur Besoldungsgruppe AD 13 oder AD 14 auszuschließen, ist im vorliegenden Fall nicht zu prüfen, ob die normalerweise für das Beförderungsverfahren geltenden Mechanismen auf das Verfahren nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts hätten erstreckt werden müssen. 95 Im Übrigen liegt es zum einen in der Natur des mit der Reform des Statuts verfolgten Ziels, die Zahl der Planstellen der Besoldungsgruppen AD 13 und AD 14 gerade dadurch auf Beamte zu beschränken, die ein hohes Maß an Verantwortung tragen, dass diese Stellen dem allgemeinen Beförderungsmechanismus entzogen werden. 96 Zum anderen ist es Sache der Anstellungsbehörde, die Zahl der von ihr benötigten Stellen für „Referatsleiter oder gleichwertige Funktion“ oder „Berater oder gleichwertige Funktion“ zu bestimmen, die für ihre Besetzung angestrebten Anforderungsprofile festzulegen und insoweit außerdem die Genehmigung der Haushaltsbehörde einzuholen, um solche Planstellen zu schaffen. Wenn der Unionsgesetzgeber sich entschieden hätte, den Anstellungsbehörden vorzuschreiben, jährlich eine bestimmte Zahl neuer Stellen dieser Funktionsbezeichnungen vorzusehen, um den Beamten der Besoldungsgruppen AD 13 und AD 14 eine Beförderung zu gewährleisten, hätte dies indirekt dazu geführt, das Beförderungssystem wieder einzuführen, das aus seiner Sicht keine Gewähr dafür bot, den Aufstieg in die höchsten Besoldungsgruppen – wie die Besoldungsgruppen AD 13 und AD 14 – von dem persönlichen Engagement, der Verbesserung von Fähigkeiten und Kompetenzen sowie von der Wahrnehmung eines hohen oder gesteigerten Maßes an Verantwortung abhängig zu machen. 97 Diese Erwägungen gelten erst recht für die in Anhang I Abschnitt B des Statuts vorgesehenen Quoten, die, wie die Kommission zu Recht geltend macht, ohnehin nur bis zum 30. April 2011 Anwendung finden konnten. 98 Nach alledem ist der fünfte Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. – Sechster Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen den zwischen den Gewerkschaften oder Berufsverbänden und dem Rat bei Erlass der vorausgegangenen Reform des Statuts geschlossenen „Pakt“ 99 Im Rahmen des sechsten Teils des ersten Klagegrundes machen die Kläger geltend, mit dem Erlass der Verordnung Nr. 1023/2013 hätten der Unionsgesetzgeber und die Kommission gegen Art. 10 des Statuts verstoßen, der die Anhörung des Statutsbeirats zu allen Vorschlägen für eine Änderung des Statuts vorsehe. Dieser Ausschuss sei zwar zu dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission angehört worden. Dieser habe aber nicht den Vorschlag zur Blockierung der Laufbahnen der AD-Beamten der Besoldungsgruppen AD 12 und AD 13 enthalten, weil dieser Vorschlag erst auf Anregung des Europäischen Parlaments in seiner Entschließung vom 2. Juli 2013 hinzugefügt worden sei. In Anbetracht des wesentlichen Charakters der Änderung gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission hätte der Statutsbeirat erneut angehört werden müssen, was nicht geschehen sei. 100 Außerdem hätten der Unionsgesetzgeber und die Kommission gegen die 2004 im Rahmen der vorausgegangenen Reform des Statuts getroffene Vereinbarung zwischen dem Rat und den Gewerkschaften oder Berufsverbänden (im Folgenden: GBV) verstoßen und allgemein ihre Pflicht verletzt, sich ordnungsgemäß mit den GBV abzusprechen und diese insbesondere unter Übermittlung der geeigneten Informationen sachdienlich anzuhören. Was insbesondere die Blockierung der Laufbahnen von AD-Beamten der Besoldungsgruppe AD 12 oder AD 13 betreffe, habe keinerlei Dialog stattgefunden und die GBV seien letztlich nur in geringem Umfang und unzulänglich über die geplanten Änderungen im Rahmen der Reform des Statuts unterrichtet worden. Die Kläger leiten daraus ab, dass die Art. 27 und 28 der Charta der Grundrechte verletzt worden seien. 101 Insoweit hat das Gericht bereits entschieden, dass die Kommission zwar von ihrem Initiativrecht für Gesetzesvorschläge Gebrauch gemacht hat, als sie dem Parlament und dem Rat am 13. Dezember 2011 den Vorschlag für eine Änderung des Statuts übermittelte, dass sie aber von diesem Recht keinen Gebrauch gemacht hat, um diesen Vorschlag zu ändern. Auch wenn die Kommission an den Trilog-Verhandlungen im Rahmen des betreffenden ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens teilgenommen hat, ist die Tatsache, dass die Trilog-Verhandlungen im Stadium der ersten Lesung durch das Parlament unter Beteiligung der Kommission zu einem Kompromiss zwischen dem Parlament und dem Rat geführt haben, mit dem der Vorschlag zur Änderung des Statuts ergänzt werden sollte, nämlich nicht als eine Änderung dieses Vorschlags durch die Kommission selbst im Sinne der Rechtsprechung anzusehen, die auf das Urteil vom 11. Juli 2007, Centeno Mediavilla u. a./Kommission (T‑58/05, EU:T:2007:218) zurückgeht. Auch der Umstand, dass das Parlament einen Text, mit dem der Vorschlag zur Änderung des Statuts geändert worden ist, in erster Lesung angenommen hat, kann einer Änderung des ursprünglichen Vorschlags der Kommission durch diese selbst nicht gleichgesetzt werden (Urteil vom 15. September 2016, U4U u. a./Parlament und Rat, T‑17/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:489, Rn. 136 bis 139). 102 Daher war die Kommission weder nach Abschluss der im Stadium der ersten Lesung des Parlaments geführten Trilog-Verhandlungen noch nach Annahme ihres Vorschlags in erster Lesung durch das Parlament verpflichtet, den Statutsbeirat gemäß Art. 10 des Statuts erneut anzuhören (Urteil vom 15. September 2016, U4U u. a./Parlament und Rat, T‑17/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:489, Rn. 140). 103 Außerdem betraf die im Kontext der Annahme der Reform, die zum Statut von 2004 geführt hat, zwischen dem Rat und den GBV geschlossene Vereinbarung nur diese Reform, so dass der spätere Erlass der Verordnung Nr. 1023/2013 nicht geeignet war, diese Vereinbarung zu beeinträchtigen, weil eine derartige Argumentation zuzulassen darauf hinauslaufen würde, die dem Unionsgesetzgeber durch Art. 336 AEUV verliehene Zuständigkeit zu beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. November 2017, USFSPEI/Parlament und Rat, T‑75/14, EU:T:2017:813, Rn. 86 bis 89). 104 Zu der Frage, ob die GBV im Rahmen des Verfahrens zur Annahme des neuen Statuts – auch im Hinblick auf die Art. 27 und 28 der Charta der Grundrechte – hinreichend unterrichtet und angehört wurden, hat sich das Gericht bereits umfassend geäußert, indem es in den Urteilen vom 15. September 2016, U4U u. a./Parlament und Rat (T‑17/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:489, Rn. 120 bis 174), und vom 16. November 2017, USFSPEI/Parlament und Rat (T‑75/14, EU:T:2017:813, Rn. 96 bis 124) ausführlich auf die von mehreren GBV insoweit erhobenen Rügen eingegangen ist. 105 Da die Kläger im Vergleich zu den Argumenten, die in den Rechtssachen, in denen die beiden oben in Rn. 104 angeführten Urteile ergangen sind, von den GBV selbst ausführlich vorgetragen und untermauert worden waren, nichts wesentlich Neues vorbringen, ist der sechste Teil des ersten Klagegrundes aus denselben Gründen wie in diesen beiden Urteilen – in deren Erwartung die vorliegende Rechtssache ausgesetzt worden war – zurückzuweisen. 106 Angesichts der Zurückweisung seiner verschiedenen Teile ist der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 45 des neuen Statuts und offensichtlicher Beurteilungsfehler 107 Zur Stützung des zweiten, hilfsweise geltend gemachten Klagegrundes rügen die Kläger „einen Verstoß gegen Art. 45 des Statuts und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler“, eine Rüge, die sich im Wesentlichen gegen den vom Unionsgesetzgeber angenommenen 19. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1023/2013 richtet. Sie machen im Wesentlichen geltend, da der „harte Kern“ des in diesem Artikel vorgesehenen Beförderungssystems durch diese Verordnung nicht geändert worden sei, hätte der Unionsgesetzgeber die diesem System zugrunde liegenden Grundsätze einhalten müssen und die Kläger deshalb nicht von jeder vergleichenden Bewertung ihrer Verdienste im Hinblick auf den Zugang zur nächsthöheren Besoldungsgruppe ausschließen dürfen. Somit stehe der 19. Erwägungsgrund im Widerspruch zu Art. 45 des Statuts. 108 Die Kommission, unterstützt durch das Parlament und den Rat, beantragt, den Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. 109 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsgesetzgeber das Statut jederzeit durch Verordnungen nach Art. 336 AEUV ändern kann (vgl. Beschluss vom 23. April 2015, Bensai/Kommission, F‑131/14, EU:F:2015:34, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung). Wenn er sich dafür entscheidet, kann ihm nicht vorgeworfen werden, dieses Statut zu verkennen, denn er selbst ist der Urheber dieses Statuts einschließlich seiner Änderungen, so dass ihn dieses Statut nicht bindet, wie es höherrangige Rechtsvorschriften wie etwa der Vertrag tun würden. 110 Im Übrigen müsste, falls der zweite Klagegrund als eine Einrede der Rechtswidrigkeit gegen den 19. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1023/2013 angesehen werden könnte und zulässig wäre, obwohl ein Erwägungsgrund nach der Rechtsprechung nicht für sich allein Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein kann (Beschluss vom 17. September 2014, Afepadi u. a./Kommission, T‑354/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:798, Rn. 32), jedenfalls festgestellt werden, dass der Unionsgesetzgeber gerade durch die Annahme dieses Erwägungsgrundes und durch die Änderung von Art. 45 des Statuts das Beförderungsverfahren nach Art. 45 des Statuts von 2004 eindeutig ändern wollte, indem er AD-Beamte der Besoldungsgruppen AD 12 und AD 13, die keine Funktion eines „Referatsleiters oder gleichwertige Funktion“ oder eines „Beraters oder gleichwertige Funktion“ ausüben, von der Anwendung dieses Verfahrens ausschloss, so dass diese Stellen künftig im Anschluss an ein Ernennungsverfahren nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts besetzt werden müssen. Entgegen dem Vorbringen der Kläger hat der Unionsgesetzgeber in diesem Zusammenhang dem Wortlaut von Art. 45 des neuen Statuts ausdrücklich einen Satz hinzugefügt, um die Anwendung dieses Verfahrens auf Situationen wie die der Kläger auszuschließen, in denen die Beamten die höchste Besoldungsgruppe erreicht haben, die für ihre Funktionsbezeichnung vorgesehen ist. 111 Der zweite Rechtsmittelgrund ist mithin zurückzuweisen. Dritter Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht 112 Im Rahmen des dritten, hilfsweise vorgebrachten Klagegrundes werfen die Kläger der Kommission vor, sie sei ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen, weil sie über die vom Unionsgesetzgeber in den Erwägungsgründen 17 bis 19 der Verordnung Nr. 1023/2013 gemachten Ausführungen hinaus keine weiteren Gründe angegeben habe, warum die Kläger nicht als Träger höchster Verantwortung angesehen worden seien und nunmehr nur noch in die Besoldungsgruppen AD 13 oder AD 14 befördert werden könnten, wenn sie im Rahmen des Ernennungsverfahrens nach Art. 4 und Art. 29 Abs. 1 des Statuts der Beamten auf die Stelle eines „Referatsleiters oder gleichwertige Funktion“ oder eines „Beraters oder gleichwertige Funktion“ ernannt würden. 113 Die Kommission, unterstützt durch das Parlament und den Rat, beantragt, den Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. 114 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Begründungspflicht nach Art. 25 Abs. 2 des Statuts, der nur die Wiedergabe der in Art. 296 AEUV vorgesehenen allgemeinen Verpflichtung darstellt, dazu dient, zum einen den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob der Rechtsakt sachlich richtig oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der seine Anfechtung vor dem Unionsrichter zulässt, und zum anderen dem Unionsrichter die Prüfung der Rechtmäßigkeit dieses Rechtsakts zu ermöglichen. Daraus folgt, dass die Begründung dem Betroffenen grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen ist und dass das Fehlen der Begründung nicht dadurch geheilt werden kann, dass der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des Verfahrens vor dem Unionsrichter erfährt (Urteile vom 26. November 1981, Michel/Parlament, 195/80, EU:C:1981:284, Rn. 22, und vom 28. Februar 2008, Neirinck/Kommission, C‑17/07 P, EU:C:2008:134, Rn. 50). 115 Bei der Umsetzung dieser Grundsätze ist allerdings der evolutive Charakter des Vorverfahrens zu berücksichtigen, dem zufolge die Verwaltungsbeschwerde und ihre ausdrückliche oder stillschweigende Zurückweisung Bestandteil eines komplexen Verfahrens ist und die Ausarbeitung der Maßnahme, mit der der endgültige Standpunkt des Organs festgelegt wird, erst mit der Beantwortung der Beschwerde durch die Anstellungsbehörde endet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Mai 2014, Mocová/Kommission, T‑347/12 P, EU:T:2014:268, Rn. 33, 34 und 45). 116 In diesem Zusammenhang hat das Gericht darauf hingewiesen, dass die ergänzende Begründung im Stadium der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde dem Zweck von Art. 90 Abs. 2 des Statuts entspricht, nach dessen Wortlaut die Entscheidung über die Beschwerde ebenfalls zu begründen ist. Diese Bestimmung impliziert nämlich notwendig, dass die über die Beschwerde entscheidende Behörde nicht einzig und allein an die gegebenenfalls unzureichende oder sogar fehlende Begründung der mit der Beschwerde angegriffenen Entscheidung gebunden ist (Urteile vom 7. Juli 2011, Longinidis/Cedefop, T‑283/08 P, EU:T:2011:338, Rn. 72, und vom 21. Mai 2014, Mocová/Kommission, T‑347/12 P, EU:T:2014:268, Rn. 35). 117 Im vorliegenden Fall sind die angefochtenen Entscheidungen nicht mit einer besonderen Begründung der Anstellungsbehörde versehen worden. Diese hat sich nämlich im Wesentlichen auf die Umsetzung der neuen Bestimmungen des Statuts beschränkt, die am 1. Januar 2014 in Kraft getreten sind und im Fall der Kläger deren Einstufung in die Funktionsbezeichnungen „Verwaltungsrat“ oder „Verwaltungsrat in der Übergangszeit“ zur Folge haben, die mit Wirkung von diesem Tag durch eine Änderung ihrer in SysPer 2 geführten Personalakten verwirklicht wurde. 118 In ihrer Antwort auf die Beschwerden der Kläger hat die Anstellungsbehörde jedoch erklärt, dass sie mit ihrem Vorgehen die vom Unionsgesetzgeber beschlossenen Bestimmungen des Statuts umgesetzt habe, ohne insoweit über ein Ermessen verfügt zu haben, und ihnen die Herausforderungen und Modalitäten der Umsetzung der 2014 in Kraft getretenen Reform des Statuts ausführlich erläutert. Für die Begründungspflicht, wie Art. 25 Abs. 2 des Statuts sie vorsieht, reichen solche Erklärungen der Anstellungsbehörde als Urheberin der nach gebundenem Ermessen getroffenen angefochtenen Entscheidungen aus. 119 Soweit die Kläger mit dem vorliegenden Klagegrund dem Unionsgesetzgeber vorwerfen wollen, er habe seine Begründungspflicht aus Art. 296 AEUV verletzt, ist speziell im Zusammenhang mit den Erwägungsgründen 17 bis 19 der Verordnung Nr. 1023/2013 bereits entschieden worden, dass die Begründung der Änderungen des Art. 45 sowie der Anhänge I und XIII des neuen Statuts in Bezug auf die Laufbahnstruktur der Bediensteten die Überlegungen des Parlaments und des Rates so klar und eindeutig zum Ausdruck bringt, dass die Kläger ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. September 2016, U4U u. a./Parlament und Rat, T‑17/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:489, Rn. 182 und 183). 120 Ferner geht aus dem neuen statutarischen Rahmen klar hervor, dass nur dann, wenn die Anstellungsbehörde beschließt, je nach ihrem Bedarf Planstellen für „Referatsleiter oder gleichwertige Funktion“ oder „Berater oder gleichwertige Funktion“ zu schaffen, Beamte der Funktionsbezeichnung „Verwaltungsrat“ oder „Verwaltungsrat in der Übergangszeit“ der Besoldungsgruppe AD 12 oder AD 13, wie die Kläger es sind, die Möglichkeit haben – sofern sie nach den Art. 4 und 29 des Statuts auf diese Stellen ernannt werden –, eine Anwartschaft auf Beförderung im Rahmen des Verfahrens nach Art. 45 des neuen Statuts zu erwerben. Außerdem geht aus den Entscheidungen über die Zurückweisung der Beschwerden ebenso eindeutig hervor, dass die Anstellungsbehörde nicht anerkannt hat, dass die Kläger eine Verantwortung getragen hätten, die ebenso bedeutend gewesen wäre wie die, die üblicherweise „Referatsleitern oder gleichwertige Funktion“ oder „Beratern oder gleichwertige Funktion“ übertragen wird. 121 Nach alledem ist der dritte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Die Klage ist daher insgesamt abzuweisen. Kosten 122 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. 123 Da die Kläger unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 124 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. 125 Das Parlament und der Rat tragen daher ihre eigenen Kosten. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. FZ und die weiteren im Anhang namentlich aufgeführten Beamten der Europäischen Kommission tragen die Kosten. 3. Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union tragen ihre eigenen Kosten. Pelikánová Nihoul Svenningsen Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Dezember 2018. Der Kanzler E. Coulon Der Präsident (*1) Verfahrenssprache: Französisch. (1 ) Die Liste der weiteren Beamten der Europäischen Kommission ist nur der Fassung beigefügt, die den Parteien mitgeteilt wird.
Urteil des Gerichts (Erste Kammer) vom 27. Februar 2018.#CEE Bankwatch Network gegen Europäische Kommission.#Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Dokumente betreffend einen Beschluss der Kommission über die Vergabe eines Euratom-Darlehens für ein Programm zur Verbesserung der Sicherheit der Kernkraftwerke der Ukraine – Teilweise Verweigerung des Zugangs – Ausnahme betreffend den Schutz des öffentlichen Interesses im Bereich der internationalen Beziehungen – Ausnahme betreffend den Schutz der geschäftlichen Interessen – Überwiegendes öffentliches Interesse – Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 – Anwendung auf Dokumente betreffend Beschlüsse im Rahmen des EAG-Vertrags.#Rechtssache T-307/16.
62016TJ0307
ECLI:EU:T:2018:97
2018-02-27T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein – Abschnitt „Informationen über nicht veröffentlichte Entscheidungen“
62016TJ0307 URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer) 27. Februar 2018 (*1) „Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Dokumente betreffend einen Beschluss der Kommission über die Vergabe eines Euratom-Darlehens für ein Programm zur Verbesserung der Sicherheit der Kernkraftwerke der Ukraine – Teilweise Verweigerung des Zugangs – Ausnahme betreffend den Schutz des öffentlichen Interesses im Bereich der internationalen Beziehungen – Ausnahme betreffend den Schutz der geschäftlichen Interessen – Überwiegendes öffentliches Interesse – Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 – Anwendung auf Dokumente betreffend Beschlüsse im Rahmen des EAG-Vertrags“ In der Rechtssache T‑307/16 CEE Bankwatch Network mit Sitz in Prag (Tschechische Republik), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt C. Kiss, Kläger, gegen Europäische Kommission, vertreten durch C. Zadra, F. Clotuche-Duvieusart und C. Cunniffe als Bevollmächtigte, Beklagte, unterstützt durch Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, ursprünglich vertreten durch M. Holt und D. Robertson, danach durch S. Brandon als Bevollmächtigte, Streithelfer, wegen einer Klage gemäß Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2016) 2319 final der Kommission vom 15. April 2016, mit dem nach der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) der Zugang zu mehreren Dokumenten betreffend den Beschluss C(2013) 3496 final der Kommission vom 24. Juni 2013 zur Gewährung eines Euratom-Darlehens zur Unterstützung des ukrainischen Programms zur Erhöhung der Betriebssicherheit von Kernkraftwerken verweigert wurde, erlässt DAS GERICHT (Erste Kammer) unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin I. Pelikánová sowie der Richter P. Nihoul (Berichterstatter) und J. Svenningsen, Kanzler: E. Coulon, folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits Beschluss C(2013) 3496 final 1 Am 24. Juni 2013 bewilligte die Europäische Kommission mit dem Beschluss C(2013) 3496 final (im Folgenden: Bewilligungsbeschluss) der ukrainischen National Nuclear Energy Generating Company („Energoatom“) ein Euratom-Darlehen zur Unterstützung des ukrainischen Programms zur Erhöhung der Betriebssicherheit von Kernkraftwerken. Für dieses Darlehen stellte die ukrainische Regierung eine Sicherheit. 2 Der Beschluss erging gemäß dem Beschluss 77/270/Euratom des Rates vom 29. März 1977 zur Ermächtigung der Kommission, im Hinblick auf einen Beitrag für die Finanzierung von Kernkraftanlagen Euratom-Anleihen aufzunehmen (ABl. 1977, L 88, S. 9), in der durch den Beschluss 94/179/Euratom vom 21. März 1994 (ABl. 1994, L 84, S. 41) geänderten Fassung. Nach seinem Art. 1 wird die Kommission ermächtigt, im Namen der Europäischen Atomgemeinschaft im Rahmen der vom Rat festgesetzten Beträge Anleihen aufzunehmen, deren Erlös in Form von Darlehen zur Finanzierung von Vorhaben verwendet wird, mit denen die Sicherheit und der Wirkungsgrad der Kernkraftanlagen in den im Anhang aufgelisteten Drittländern, darunter die Ukraine, verbessert werden soll. Antrag auf Zugang zu Dokumenten 3 Der Kläger, das CEE Bankwatch Network, ist eine Vereinigung nichtstaatlicher Organisationen tschechischen Rechts. Nach seiner Satzung ist es die Aufgabe der Vereinigung, die Aktivitäten der in dieser Region tätigen internationalen Finanzinstitute zu kontrollieren und, wenn möglich, nachhaltige Lösungen im Umwelt‑, Sozial- und Wirtschaftsbereich zu fördern, mit denen, soweit erforderlich, deren Politiken und Vorhaben ersetzt werden können. Sein Sitz befindet sich in Prag (Tschechische Republik). 4 Am 6. und 7. November 2015 stellte der Kläger gemäß Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) bei der Kommission den Antrag auf Zugang zu verschiedenen Dokumenten betreffend den Bewilligungsbeschluss. 5 Der Antrag auf Zugang betraf fünf Dokumente bzw. Kategorien von Dokumenten: – das Darlehensabkommen vom 7. August 2013 zwischen der Ukraine und der Europäischen Atomgemeinschaft und dabei insbesondere die Klauseln über die Anforderungen im Umwelt- und Sozialbereich (Nr. 1 des Antrags auf Zugang); – die Nachweise und die aus den im zwölften Erwägungsgrund des Bewilligungsbeschlusses genannten dienststellenübergreifenden Konsultationen hervorgegangenen spezifischen Stellungnahmen, die von der Kommission bei der Beurteilung der Erfüllung der in Bezug auf die wichtigsten Maßnahmen der Ukraine im Nuklear- und Umweltbereich geltenden Vorbedingungen für die Auszahlung der ersten Tranche (Nr. 2 des Antrags auf Zugang) berücksichtigt wurden; – die zwischen der Kommission und der Ukraine ausgetauschten offiziellen Mitteilungen bezüglich der Verpflichtungen, die die Ukraine hinsichtlich der Befolgung der internationalen Umweltübereinkommen übernommen hatte, einschließlich des am 25. Februar 1991 in Espoo (Finnland) unterzeichneten Übereinkommens über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen, das am 24. Juni 1997 im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigt wurde und am 10. September desselben Jahres in Kraft trat, sowie des am 25. Juni 1998 in Aarhus unterzeichnete Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (im Folgenden: Übereinkommen von Aarhus), das mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 (ABl. 2005, L 124, S. 1), im Namen der Gemeinschaft genehmigt wurde, insbesondere unter Berücksichtigung des im Rahmen der Tagung der Vertragsparteien des Übereinkommens von Espoo vom Juni 2014 angenommenen Beschlusses, der die Feststellung enthielt, dass die Ukraine gegen die Verpflichtungen aus Art. 2 Abs. 2 dieses Übereinkommens betreffend den für die Verlängerung der Laufzeit der Kernkraftwerke geltenden allgemeinen Verwaltungs- und Rechtsrahmen (Abs. 69 des Beschlusses VI/2) (Nr. 3 des Antrags auf Zugang) verstoßen habe; – die im Rahmen der Phase der Prüfung des Darlehens abgegebene Empfehlung der Europäischen Investitionsbank (EIB) zu den finanziellen und wirtschaftlichen Aspekten des Darlehensprojekts (Nr. 4 des Antrags auf Zugang); – jede der ukrainischen Regierung oder anderen Parteien zugegangene Mitteilung betreffend die geplante Verlängerung der Laufzeit des Blocks 2 des Kernkraftwerks Südliche Ukraine und des Blocks 1 des Kernkraftwerks von Zaporijia (Ukraine) (Nr. 5 des Antrags auf Zugang). 6 Mit Schreiben vom 21. Dezember 2015 beantwortete die Kommission den an sie gerichteten Antrag wie folgt: – hinsichtlich Nr. 1 des Antrags auf Zugang übermittelte sie zwei die Anforderungen im Umwelt- und Sozialbereich betreffende Auszüge aus dem Darlehensübereinkommen; – hinsichtlich Nr. 2 des Antrags auf Zugang verweigerte sie den Zugang mit der Begründung, dass die betreffenden Dokumente von der Ausnahme erfasst würden, die nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 für den Fall gelte, dass die Verbreitung des Dokuments den Entscheidungsprozess des Organs ernstlich beeinträchtigen würde; – hinsichtlich Nr. 3 des Antrags auf Zugang übermittelte sie dem Kläger zwei von der Generaldirektion (GD) Umwelt der Kommission an mehrere ukrainische Behörden gerichtete Schreiben; – hinsichtlich Nr. 4 des Antrags auf Zugang verweigerte sie den Zugang mit der Begründung, dass das Dokument von der Ausnahme erfasst werde, die nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 für Situationen gelte, in denen der Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person beeinträchtigt würde; – hinsichtlich Nr. 5 des Antrags auf Zugang wies sie darauf hin, dass ihr kein entsprechendes Dokument vorliege, und verwies den Kläger auf einen Hyperlink. 7 Mit Schreiben vom 19. Januar 2016 beantragte der Kläger gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 mit einem Zweitantrag bei der Kommission, dass sie ihren Standpunkt hinsichtlich der in den Nrn. 1, 2, 3 und 4 seines Antrags auf Zugang benannten Dokumente überprüfe. Bezüglich der Nr. 5 stellte er hingegen keinen Antrag mehr. In seinem Zweitantrag machte der Kläger die Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 über die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Aarhus auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft (ABl. 2006, L 264, S. 13) geltend. 8 Mit Schreiben vom 9. Februar 2016 verlängerte die Kommission die Antwortfrist gemäß Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 um fünfzehn Arbeitstage. Mit Schreiben vom 1. März 2016 verlängerte sie die Frist für die Beantwortung des Zweitantrags ein weiteres Mal. Angefochtener Rechtsakt 9 Mit ihrem Beschluss C(2016) 2319 final vom 15. April 2016 (im Folgenden: angefochtener Beschluss) beantwortete die Kommission den Zweitantrag. Die Kommission vertrat darin einleitend die Auffassung, dass die Verordnung Nr. 1367/2006 im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei. 10 Hinsichtlich Nr. 1 des Antrags auf Zugang (Darlehensübereinkommen) bestätigte die Kommission ihre Entscheidung, nur einen teilweisen, auf die in diesem Dokument enthaltenen Klauseln zum Umwelt- und Sozialbereich beschränkten Zugang zum Darlehensübereinkommen zu gewähren. Der übrige Teil des Übereinkommens dürfe zum einen nach der Ausnahme in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 bezüglich des Schutzes des öffentlichen Interesses im Hinblick auf die internationalen Beziehungen und zum anderen nach der Ausnahme in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich dieser Verordnung bezüglich des Schutzes der geschäftlichen Interessen nicht verbreitet werden. 11 Hinsichtlich Nr. 2 des Zugangsantrags (dienststellenübergreifende Konsultationen und Nachweise bezüglich die der Auszahlung der ersten Darlehenstranche vorausgehenden Beurteilung) gewährte die Kommission Zugang zu drei Dokumenten: eine Mitteilung der GD Umwelt an die GD Wirtschaft und Finanzen der Kommission vom 24. Oktober 2014 und zwei Schreiben von Energoatom an die GD Umwelt vom 31. Juli 2014. Unter Berufung auf die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 betreffend den Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen verweigerte sie jedoch hinsichtlich jedes dieser Dokumente die Weitergabe von Namen, Titel und Unterschriften der genannten Personen. 12 Hinsichtlich Nr. 3 des Antrags auf Zugang (Austausch offizieller Mitteilungen zwischen der Kommission und der Ukraine) bekräftigte die Kommission, dass es neben den bereits mit Schreiben vom 21. Dezember 2015 weitergegebenen zwei Schreiben der GD Umwelt keine weiteren Mitteilungen dieser Art gebe. 13 Hinsichtlich Nr. 4 des Antrags auf Zugang (Empfehlung der EIB) gewährte die Kommission Zugang zur Empfehlung der EIB, wobei dieser Zugang ihrer Ansicht nach jedoch zu beschränken war. Die Kommission stützte sich insoweit wiederum auf die Ausnahme betreffend den Schutz der geschäftlichen Interessen im Sinne von Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001. Außerdem machte sie im angefochtenen Beschluss geltend, dass bestimmte Teile des Dokuments, zu denen sie den Zugang verweigerte, Klauseln des Darlehensvertrags wiedergäben, bezüglich deren sie bereits dargetan habe, dass deren Verbreitung ihre geschäftlichen Interessen und jene von Energoatom beeinträchtigen würde. 14 Hinsichtlich Nr. 5 des Antrags auf Zugang (Mitteilungen über die Verlängerung der Laufzeit zweier Kernkraftwerke) bestätigte die Kommission, dass sie nicht im Besitz irgendeines Dokuments sei, das nach ihrer Auffassung für die Beantwortung des Antrags relevant sei. 15 Abschließend stellte die Kommission fest, dass es im vorliegenden Fall kein überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 gebe, das eine vollständige Verbreitung des Darlehensübereinkommens und der Empfehlung der EIB rechtfertige. Verfahren und Anträge der Parteien 16 Mit Klageschrift, die am 17. Juni 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. 17 Die Kommission hat am 16. September 2016 ihre Klagebeantwortung eingereicht. 18 Mit am 13. Oktober 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz hat das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Diesem Antrag ist mit Beschluss der Präsidentin der Ersten Kammer des Gerichts vom 17. November 2016 stattgegeben worden. 19 Am 22. November 2016 hat der Kläger seine Erwiderung eingereicht. 20 Mit Schreiben vom 19. Dezember 2016 hat das Vereinigte Königreich das Gericht informiert, dass es auf die Einreichung eines Streithilfeschriftsatzes verzichte. 21 Am 9. Januar 2017 hat die Kommission ihre Gegenerwiderung eingereicht. 22 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Erste Kammer) festgestellt, dass seitens der Parteien binnen der in Art. 207 Abs. 1 der Verfahrensordnung vorgesehenen Frist kein Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gestellt worden ist, und beschlossen, gemäß Abs. 2 dieser Vorschrift ohne mündliches Verfahren zu entscheiden. 23 In der Klageschrift beantragt der Kläger, – den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 24 In der Klagebeantwortung beantragt die Kommission, – die Klage abzuweisen; – dem Kläger die Kosten aufzuerlegen. 25 Mit Beschluss vom 24. April 2017 hat das Gericht gemäß Art. 91 Buchst. c und Art. 92 seiner Verfahrensordnung die Kommission aufgefordert, den Darlehensvertrag und die Empfehlung der EIB in vollständiger Fassung vorzulegen. Diese Dokumente sind dem Gericht am 2. Mai 2017 übermittelt und gemäß Art. 104 der Verfahrensordnung weder dem Kläger noch dem Vereinigten Königreich bekannt gegeben worden. Rechtliche Würdigung 26 In der Klageschrift macht der Kläger folgende vier Klagegründe geltend: – Irrtum der Kommission bei der Bestimmung der anwendbaren Vorschriften, soweit die Kommission nicht die Verordnung Nr. 1367/2006 auf den an sie gerichteten Antrag auf Zugang angewendet habe; – Verletzung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 betreffend den Schutz des öffentlichen Interesses im Hinblick auf die internationalen Beziehungen; – Verletzung von Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 betreffend den Schutz der geschäftlichen Interessen; – Verletzung von Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001, soweit die Kommission nicht geprüft habe, ob eine Verbreitung durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt sei. 27 In der Erwiderung macht der Kläger geltend, die Kommission habe gegen Art. 42 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verstoßen, da sie in ihrer Antwort vom 21. Dezember 2015, im angefochtenen Beschluss und in der Klagebeantwortung die Argumente, die vom Kläger im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren vorgebracht worden seien, nicht hinreichend berücksichtigt habe. Verordnung Nr. 1049/2001 28 Einleitend ist festzustellen, dass die allgemeine Regelung über den Zugang zu den Dokumenten eines Organs, d. h. zu den Dokumenten, die von dem Organ erstellt wurden oder bei ihm eingegangen sind und sich in seinem Besitz befinden, mit der Verordnung Nr. 1049/2001 geschaffen wurde. 29 Gemäß ihrem ersten Erwägungsgrund folgt diese Verordnung dem Willen, der in dem durch den Vertrag von Amsterdam eingefügten Art. 1 Abs. 2 EUV seinen Ausdruck gefunden hat, wonach dieser Vertrag eine neue Stufe bei der Verwirklichung einer immer engeren Union der Völker Europas darstellt, in der die Entscheidungen möglichst offen und möglichst bürgernah getroffen werden. Wie im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung ausgeführt, knüpft das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten der Organe an deren demokratischen Charakter an (Urteile vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 34, und vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 72). 30 Zu diesem Zweck soll die Verordnung, wie sich aus ihrem vierten Erwägungsgrund und ihrem Art. 1 ergibt, der Öffentlichkeit ein größtmögliches Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Organe gewähren (Urteile vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 33, und vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 73). 31 Dieses Recht unterliegt jedoch Einschränkungen aufgrund öffentlicher oder privater Interessen. Insbesondere sieht die Verordnung Nr. 1049/2001 im Einklang mit ihrem elften Erwägungsgrund in Art. 4 eine Regelung über Ausnahmen vor, wonach die Organe den Zugang zu einem Dokument verweigern können, falls durch dessen Verbreitung eines der mit dieser Vorschrift geschützten Interessen beeinträchtigt würde (Urteil vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 74). 32 So erlaubt es Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 diesen Organen, den Zugang zu einem Dokument zu verweigern, wenn dessen Verbreitung den Schutz des öffentlichen Interesses im Hinblick auf die internationalen Beziehungen beeinträchtigen würde. 33 Daneben ermöglicht es Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich dieser Verordnung den Organen, den Zugang zu einem Dokument zu verweigern, wenn dessen Verbreitung den Schutz „der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person, einschließlich des geistigen Eigentums“, beeinträchtigen würde. Für diesen besonderen Fall sieht die Bestimmung vor, dass diese Ausnahme entfällt, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung des Dokuments besteht. 34 Diese Ausnahmen sind aber, da sie vom Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten abweichen, eng auszulegen und anzuwenden (Urteil vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 75; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 36). 35 Beschließt das betreffende Organ, den Zugang zu einem Dokument zu verweigern, dessen Übermittlung bei ihm beantragt wurde, muss es daher grundsätzlich erläutern, inwiefern der Zugang zu diesem Dokument das Interesse, das durch eine von ihm geltend gemachte Ausnahme nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützt wird, konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte (Urteil vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 76). Die Gefahr einer solchen Beeinträchtigung muss außerdem bei vernünftiger Betrachtung absehbar und darf nicht rein hypothetisch sein (Urteile vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 43, und vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 76). Zum ersten Klagegrund: Irrtum der Kommission bei der Bestimmung der anwendbaren Vorschriften, soweit sie die Verordnung Nr. 1367/2006 nicht auf den an sie gerichteten Antrag auf Zugang angewendet habe 36 Mit seinem ersten Klagegrund beanstandet der Kläger den angefochtenen Beschluss, soweit dieser nicht alle auf den vorliegenden Fall anwendbaren Vorschriften berücksichtigt habe. Der Beschluss sei auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1049/2001 erlassen worden, ohne dass die Kommission die Verordnung Nr. 1367/2006 berücksichtigt habe, die jedoch wesentlich sei, da sie die Möglichkeit für die Organe der Europäischen Union beschränke, den Zugang zu Dokumenten zu verweigern, wenn die beantragten Informationen einen Bezug zu Umweltemissionen hätten. 37 Die Kommission tritt dem Klagegrund entgegen. 38 Insoweit ist festzustellen, dass die Verordnung Nr. 1367/2006, deren Anwendung vom Kläger gefordert wird, im Rahmen der allgemeinen Regelung des Zugangs zu Dokumenten besondere Modalitäten einführt, was den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten betrifft. 39 Deshalb sieht Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 insbesondere hinsichtlich der in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 erwähnten und oben in Rn. 33 wiedergegebenen Ausnahme betreffend den Schutz geschäftlicher Interessen, die von der Kommission geltend gemacht wird, um den Zugang zu bestimmten vom Kläger beantragten Dokumenten zu verweigern, vor, dass an der Verbreitung ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht und dass deshalb die Dokumente weitergegeben werden müssen, wenn die angeforderten Informationen Emissionen in die Umwelt betreffen. 40 Daneben trifft Art. 6 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1367/2006 hinsichtlich der in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen und oben in Rn. 32 wiedergegebenen Ausnahme die Regelung, dass diese Ausnahme eng auszulegen ist, wobei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe und ein etwaiger Bezug der beantragten Informationen zu Emissionen in die Umwelt zu berücksichtigen sind. 41 Zunächst ist zu prüfen, ob diese besonderen Bestimmungen in der Verordnung Nr. 1367/2006 im vorliegenden Fall Anwendung finden, um damit die Voraussetzungen festzustellen, unter denen der Zugang zu den beantragten Dokumenten durch die Kommission gegebenenfalls verweigert werden könnte. 42 Insoweit ist zu beachten, dass der angefochtene Beschluss nach der Vergabe eines Darlehens durch die Kommission an das ukrainische Unternehmen Energoatom erlassen wurde und dieses Darlehen Gegenstand des Bewilligungsbeschlusses war. 43 Wie in der Rn. 2 des vorliegenden Urteils ausgeführt, erging der Bewilligungsbeschluss gemäß dem Beschluss 77/270, der mit dem Beschluss 94/179 geändert wurde, wobei diese beiden Beschlüsse auf die Art. 1, 2, 172 und 203 EA gestützt wurden. 44 Somit betreffen die Dokumente, zu denen der Zugang verweigert wurde, einen Rechtsakt, der auf der Grundlage von Bestimmungen des EAG-Vertrags erlassen wurde. 45 Für den Kläger hat dieser Umstand keine Auswirkung auf die Anwendung der oben erwähnten Verordnungen. Seine Auffassung stützt er darauf, dass Euratom Teil der Union sei. In seiner Erwiderung macht er geltend, die Kommission sei ein „Organ der Gemeinschaft“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 1367/2006. Folglich sei jedes sich im Besitz dieses Organs befindliche Dokument den Bestimmungen dieser Verordnung unterworfen, unabhängig davon, ob das Dokument im Rahmen der dem Organ mit dem EU- und dem AEU-Vertrag übertragenen oder der sich aus dem EAG-Vertrag ergebenden Zuständigkeiten erstellt worden sei. 46 Insoweit ist erstens festzustellen, dass die Verordnung Nr. 1367/2006 gemäß ihrem Titel, ihren Erwägungsgründen und ihren Bestimmungen im Bereich der Informationen Verpflichtungen umsetzt, die im Rahmen einer internationalen Übereinkunft übernommen wurden, bei der die Europäische Atomgemeinschaft nicht Vertragspartei ist, nämlich des Übereinkommens von Aarhus. Wie aus Art. 1 des Beschlusses 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 über den Abschluss des Übereinkommens von Aarhus im Namen der Europäischen Gemeinschaft (ABl. 2005, L 124, S. 1) folgt, wurde dieses Übereinkommen allein im Namen der Europäischen Gemeinschaft, jetzt Union, genehmigt. Da die Europäische Atomgemeinschaft nicht Vertragspartei des Übereinkommens ist, kann sie in Ermangelung gegenteiliger Anhaltspunkte nicht an die Verpflichtungen gebunden sein, die in der das Übereinkommen durchführenden Verordnung enthalten sind. 47 Zweitens ist festzustellen, dass die gemäß dem EAG-Vertrag erlassenen Rechtsakte entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht zwingend den Verpflichtungen unterworfen sind, die im Rahmen der Union gelten. Wie die Kommission geltend macht, sind die Europäische Atomgemeinschaft und die Europäische Gemeinschaft, jetzt Union, nämlich voneinander verschiedene Organisationen, die mit gesonderten Verträgen gegründet wurden, mit voneinander verschiedenen Rechtspersönlichkeiten ausgestattet sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. April 1965, Müller/Räte, 28/64, EU:C:1965:39, S. 321) und jeweils den auf sie zutreffenden besonderen Regelungen unterworfen sind. 48 Die im Rahmen der Europäischen Atomgemeinschaft geltenden Bestimmungen sind daher im EAG-Vertrag vorgesehen. Zu diesen gehört Art. 106a Abs. 1 EA, der im Hinblick auf die Arbeitsweise der Europäischen Atomgemeinschaft bestimmte Vorschriften des EU- und des AEU-Vertrags, u. a. Art. 15 AEUV (zuvor Art. 255 EG), der die Rechtsgrundlage der Verordnung Nr. 1049/2001 darstellt, für anwendbar erklärt. Da diese Verordnung, die die allgemeine Regelung über den Zugang zu Dokumenten der Organe normiert, damit auf einer in der Europäischen Atomgemeinschaft geltenden Bestimmung beruht, ist sie, ohne dass dies vom Kläger bestritten würde, dafür bestimmt, auf die Dokumente der in diesem Rahmen tätigen Einrichtungen und Organe Anwendung zu finden. 49 Wie die Kommission bemerkt, ist die Verordnung Nr. 1367/2006 insoweit anders zu beurteilen, die, wie aus ihrer Präambel folgt, aufgrund von Art. 175 EG, jetzt Art. 192 AEUV, erlassen wurde. Da der letztgenannte Artikel in Art. 106a Abs. 1 EA nicht genannt wird, können die auf seiner Grundlage erlassenen Rechtsakte einschließlich dieser Verordnung im Rahmen von Euratom nicht zur Anwendung kommen. 50 Drittens ist festzustellen, dass die Verordnung Nr. 1367/2006 ausdrücklich die Organe und Einrichtungen der Europäischen Gemeinschaft erfasst, ohne ihre Geltung für andere Institutionen wie z. B. Organe oder Einrichtungen der Europäischen Atomgemeinschaft vorzusehen. So wird im Titel der Verordnung klargestellt, dass die Verordnung die Bestimmungen des Übereinkommens von Aarhus auf „Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft“ anwendet. Außerdem verweist die am Beginn der Präambel angegebene Rechtsgrundlage der Verordnung ausschließlich auf den EG-Vertrag. Schließlich bestimmt Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, dass die Begriffe „Organe oder Einrichtungen der Gemeinschaft“„alle öffentlichen Organe, Einrichtungen, Stellen oder Agenturen [erfassen], die durch den Vertrag oder auf dessen Grundlage geschaffen wurden“, bei dem es sich in Anbetracht der Rechtsgrundlage der Verordnung Nr. 1367/2006 nur um den EG-Vertrag, den Vorläufer des AEU-Vertrags, handeln kann. 51 Diese Würdigung kann durch das Vorbringen des Klägers nicht in Frage gestellt werden. 52 Zunächst stellt der Kläger in Abrede, dass die Verordnung Nr. 1367/2006 das Übereinkommen von Aarhus durchführe. 53 Insoweit genügt die Feststellung, dass, wie oben in Rn. 46 ausgeführt, dieses Argument schon durch den Wortlaut dieser Verordnung widerlegt wird, die entgegen dem Vorbringen des Klägers in ihrem Titel, ihren Erwägungsgründen und ihren Bestimmungen auf dieses Übereinkommen Bezug nimmt. 54 Sodann weist der Kläger darauf hin, dass Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 1367/2006 in die Definition der Umweltinformationen „Strahlung oder Abfall, einschließlich radioaktiven Abfalls“, einbeziehe. Aus dieser Bezugnahme auf radioaktive Situationen in der Verordnung folgert er, dass diese Verordnung für den Zugang zu Informationen betreffend die nukleare Sicherheit einschließlich Dokumenten im Rahmen der Europäischen Atomgemeinschaft gelte. 55 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass es keine Rechtsgrundlage für die Anwendung der Verordnung Nr. 1367/2006 auf Dokumente im Rahmen der Europäischen Atomgemeinschaft gibt, da die Bestimmung, auf der diese Verordnung beruht, nicht für den EAG-Vertrag gilt. Dieses Fehlen einer Rechtsgrundlage kann nicht dadurch ausgeglichen werden, dass es in der Verordnung Begriffe gibt, die sich auf die Nuklearenergie beziehen, zumal derartige Verweise auch in anderen Zusammenhängen als der Europäischen Atomgemeinschaft zu finden sind. 56 Der Kläger trägt außerdem vor, die Geschäftsordnung der Kommission sei geändert worden, um die Beachtung der sich aus der Verordnung Nr. 1367/2006 ergebenden Verpflichtungen zu gewährleisten, insbesondere für den Fall, dass dieses Organ im Rahmen des EAG-Vertrags handle. Er verweist insoweit auf den Beschluss 2008/401/EG, Euratom der Kommission vom 30. April 2008 zur Änderung ihrer Geschäftsordnung in Bezug auf Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1367/2006 (ABl. 2008, L 140, S. 22). 57 Hierzu ist festzustellen, dass, wie der Kläger ausführt, die Kommission einen Beschluss gefasst hat, um die Anwendung der Verordnung Nr. 1367/2006 auf von ihr erlassene Rechtsakte zu sichern, dass der Begriff „Euratom“ im Titel dieses Beschlusses enthalten ist und dass es in der Präambel des Beschlusses heißt, dass er „gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft“ erlassen wurde. 58 Das Vorhandensein dieser Angaben ist darauf zurückzuführen, dass der Rechtsakt, der den Beschluss 2008/401 ändert, außer auf den EG-Vertrag, den EGKS-Vertrag und den EU-Vertrag auch auf den EAG-Vertrag gestützt ist. Da die Geschäftsordnung der Kommission u. a. auf den EAG-Vertrag gestützt wurde, musste der sie ändernde Beschluss ebenfalls auf diesen Vertrag sowie auf den EU- und den EG-Vertrag gestützt werden. Der EGKS-Vertrag dagegen wird, weil er am 23. Juli 2002, d. h. vor dem Erlass des Beschlusses 2008/401, ausgelaufen ist, in diesem Beschluss nicht mehr als Rechtsgrundlage erwähnt. 59 Diese Angaben können jedoch nicht zur Folge haben, dass sich die Anwendung der Verordnung Nr. 1367/2006 auf Dokumente im Rahmen des EAG-Vertrags erstreckt. Außerdem haben entgegen dem Vorbringen des Klägers und wie sich oben aus Rn. 47 ergibt die Union und die Europäische Atomgemeinschaft jeweils eine eigene Rechtspersönlichkeit, und die Erwähnung von „Euratom“ im Beschluss 2008/401 kann nicht zur Folge haben, dass die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1367/2006, die auf die Kommission nur anzuwenden sind, wenn sie im Anwendungsbereich des AEU-Vertrags handelt, für dieses Organ auch dann gelten, wenn es im Rahmen des EAG-Vertrags handelt. 60 Schließlich ist der Kläger der Auffassung, dass die Verordnung Nr. 1367/2006 im Rahmen der Europäischen Atomgemeinschaft infolge der Entscheidung Nr. 2335/2008/(VIK)CK des Europäischen Bürgerbeauftragten angewendet werden müsse, der sich in diesem Sinne geäußert habe. 61 Insoweit ist festzustellen, dass der Europäische Bürgerbeauftragte in dieser Entscheidung feststellt, dass die Mitgliedstaaten und die Europäische Gemeinschaft, deren Nachfolger die Europäische Union ist, Vertragspartner des Übereinkommens von Aarhus seien, was zur Folge habe, dass die zuständigen nationalen Behörden und die Unionsorgane die in dem Übereinkommen aufgestellten Regeln anwenden müssten, wenn ein Antrag auf Verbreitung von Umweltinformationen an sie gerichtet werde (Nr. 61 der vorstehend genannten Entscheidung). Nach Ansicht des Bürgerbeauftragten seien die sich aus dem Übereinkommen von Aarhus ergebenden Verpflichtungen der Union Teil des Unionsrechts über den Zugang zu Dokumenten (Nr. 62 dieser Entscheidung). 62 Entgegen dem Vorbringen des Klägers deutet dies nicht darauf hin, dass nach Ansicht des Bürgerbeauftragten die Verordnung Nr. 1367/2006 für Dokumente im Rahmen der Europäischen Atomgemeinschaft gilt. Es bekräftigt nur, dass hinsichtlich des Zugangs zu Informationen das Übereinkommen von Aarhus, soweit es mit der Verordnung Nr. 1367/2006 durchgeführt worden ist, auf Rechtsakte anwendbar ist, die von Unionsorganen bei ihrem Handeln im Rahmen der Union erlassen werden. 63 Nach der Auffassung des Klägers bekräftigt der Bürgerbeauftragte jedoch in der oben in Rn. 60 erwähnten Entscheidung, dass nach Art. 15 AEUV und Art. 106a Abs. 1 EA diese Verpflichtungen für Dokumente im Rahmen des EAG-Vertrags gälten. 64 Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist die Verordnung Nr. 1367/2006 nicht aufgrund von Art. 255 EG, jetzt Art. 15 AEUV, ergangen, sondern aufgrund von Art. 175 EG, jetzt Art. 192 AEUV, der im Rahmen der Europäischen Atomgemeinschaft nicht gilt. Da die letztgenannte Vorschrift in diesem Rahmen nicht zur Anwendung kommt, kann sie nicht als Rechtsgrundlage für die Anwendung dieser Verordnung auf Dokumente im Rahmen dieser Gemeinschaft dienen (vgl. oben, Rn. 48 und 49). 65 Nach Ansicht des Klägers weist der Bürgerbeauftragte in seiner Entscheidung auch darauf hin, dass die Unionsorgane das Unionsrecht im Licht der allgemeinen Grundsätze und der Grundrechte auslegen müssten, zu denen der Zugang zu Dokumenten gehöre. 66 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass, wie vom Kläger vorgetragen wird, dem Recht auf Zugang zu Dokumenten durch Art. 42 der Charta der Grundrechte der Rang eines Grundrechts zugewiesen wurde und dass gemäß Art. 6 Abs. 3 EU die Grundrechte, wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, in der Rechtsordnung der Union die Bedeutung von allgemeinen Rechtsgrundsätzen haben. 67 Was die Union anbelangt, bestimmt Art. 52 Abs. 2 der Charta der Grundrechte, dass die Ausübung der durch sie anerkannten Rechte, die in den Verträgen geregelt sind, im Rahmen der in den Verträgen festgelegten Bedingungen und Grenzen erfolgt. 68 Im vorliegenden Fall sieht Art. 15 AEUV, der an die Stelle von Art. 255 EG getreten ist, vor, dass Einschränkungen des Zugangsrechts durch Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates festgelegt werden. 69 Ferner folgt aus den Art. 191 und 192 AEUV, wobei letzterer Art. 175 EG ersetzt hat, dass über das Handeln zur Durchführung der Politik der Union im Bereich der Umwelt grundsätzlich von Parlament und Rat entschieden wird. 70 Für die Frage, welche Einschränkungen für das Zugangsrechts gelten, sind folglich die Rechtsakte heranzuziehen, die nach diesen Vorschriften erlassen wurden, also die Verordnungen Nrn. 1049/2001 und 1367/2006. 71 Auch wenn die Verordnung Nr. 1049/2001 auf Dokumente im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft, jetzt Union, und aufgrund von Art. 106a Abs. 1 EA im Rahmen der Europäischen Atomgemeinschaft anzuwenden ist, gilt dies aus den oben angeführten Gründen nicht für die Verordnung Nr. 1367/2006, die im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft, jetzt Union, nur gilt, soweit ein Bezug zu einer Information im Bereich der Umwelt gegeben ist. 72 Darüber hinaus muss bei der Anwendung dieser Rechtsakte ein weitreichender Zugang zu Informationen, die sich im Besitz von Organen befinden, gewährt und darauf geachtet werden, dass dieser Zugang mit anderen in diesem Zusammenhang zu schützenden Interessen in Einklang gebracht wird, und zwar in dem Maße und der Art, wie sie in diesen Rechtsakten beschrieben werden, und ohne dass der für jeden dieser Rechtsakte eröffnete Anwendungsbereich geändert werden kann. Dies wäre der Fall, wenn die in der Verordnung Nr. 1367/2006 vorgesehenen Pflichten außerhalb des Bereichs von Organen und Einrichtungen der Union zur Anwendung kämen. 73 Der erste Klagegrund ist daher zurückzuweisen. Zum zweiten Klagegrund: Verletzung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 betreffend den Schutz des öffentlichen Interesses im Hinblick auf die internationalen Beziehungen 74 Der Kläger vertritt die Auffassung, dass entgegen den Ausführungen der Kommission im angefochtenen Beschluss die Ausnahme gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 betreffend den Schutz des öffentlichen Interesses im Hinblick auf die internationalen Beziehungen es nicht rechtfertigen könne, die Mitteilung des gesamten Darlehensvertrags zu verweigern (Nr. 1 des Antrags auf Zugang), da der Zugang zu diesem Dokument der nuklearen Sicherheit nicht abträglich sei. Die Kommission habe auch nicht erläutert, inwiefern dieser Zugang den Schutz dieses Interesses konkret und tatsächlich beeinträchtigen würde. 75 Die Kommission tritt dem Klagegrund entgegen. 76 Nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 verweigern die Organe den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung der Schutz des öffentlichen Interesses im Hinblick auf die internationalen Beziehungen beeinträchtigt würde. 77 Nach der Rechtsprechung weist die durch das Organ zu treffende Entscheidung, da die von dieser Bestimmung geschützten Interessen besonders sensibel und wesentlich sind und das Organ nach dem Wortlaut der Vorschrift verpflichtet ist, den Zugang zu einem Dokument zu verweigern, wenn dessen Verbreitung diese Interessen beeinträchtigen würde, einen komplexen und diffizilen Charakter auf, der ganz besondere Vorsicht erforderlich macht. Für eine solche Entscheidung bedarf es daher eines Ermessensspielraums (Urteile vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 35, und vom 7. Oktober 2015, Jurašinović/Rat, T‑658/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:766, Rn. 26). 78 Darüber hinaus haben der Gerichtshof und das Gericht befunden, dass die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1049/2001 genannten Kriterien sehr allgemein seien, da der Zugang, wie es in dieser Bestimmung heißt, verweigert werden muss, wenn durch die Verbreitung des betreffenden Dokuments der Schutz des „öffentlichen Interesses“ u. a. im Hinblick auf die „internationalen Beziehungen“„beeinträchtigt“ würde (Urteile vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 36, und vom 7. Oktober 2015, Jurašinović/Rat, T‑658/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:766, Rn. 27). 79 Unter diesen Umständen muss sich nach dieser Rechtsprechung die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der auf diese Bestimmung gestützten Entscheidungen durch das Gericht auf die Prüfung beschränken, ob die Verfahrensregeln und die Bestimmungen über die Begründung eingehalten worden sind, der Sachverhalt zutrifft, bei der Tatsachenwürdigung kein offensichtlicher Fehler vorgekommen ist und kein Ermessensmissbrauch vorliegt (Urteile vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 34, und vom 7. Oktober 2015, Jurašinović/Rat, T‑658/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:766, Rn. 28). 80 Insbesondere ist hinsichtlich der Begründung festzustellen, dass sie an die Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein muss und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG, jetzt Art. 296 AEUV, genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 80, und vom 10. September 2008, Williams/Kommission, T‑42/05, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:325, Rn. 94). 81 Schließlich geht aus dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1049/2001 hervor, dass das Organ im Rahmen der in dieser Bestimmung vorgesehenen Ausnahmen vom Recht auf Zugang dazu verpflichtet ist, den Zugang zu verweigern, wenn die Verbreitung eines Dokuments geeignet ist, die von der betreffenden Vorschrift geschützten Interessen zu beeinträchtigen, wobei in einem solchen Fall, anders als es insbesondere Abs. 2 derselben Bestimmung vorsieht, die mit dem Schutz jener Interessen verbundenen Erfordernisse nicht gegen diejenigen abzuwägen sind, die sich möglicherweise aus anderen Interessen ergeben (Urteil vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 46). 82 Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist zu prüfen, ob die Kommission, wie vom Kläger geltend gemacht, gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 verstoßen hat. 83 Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission ihre auf der Ausnahme betreffend die internationalen Beziehungen beruhende Weigerung, den Zugang zu bestimmten Dokumenten oder Teilen von Dokumenten zu gewähren, im Wesentlichen mit drei Erwägungen begründet: – Die Verbreitung des Darlehensvertrags in seiner Gesamtheit könnte die Bemühungen, gute Beziehungen zur Ukraine zu begründen, um die Sicherheit ihrer Kernkraftwerke zu verbessern, zunichtemachen, und es sei im Interesse der Union, diese Qualität internationaler Beziehungen nicht nur mit diesem Staat, sondern auch mit anderen Nachbarländern aufrechtzuerhalten; – die Ukraine sei ein strategischer Partner der Union bei der Gewährleistung der Sicherheit ihrer Energieversorgung; – die Verbreitung sensibler geschäftlicher Informationen bezüglich Energoatom könnte negative diplomatische Auswirkungen haben. 84 Der Kläger beanstandet die erste und dritte Erwägung, wohingegen er zur zweiten nicht Stellung nimmt. 85 Bezüglich der ersten und der dritten dieser Erwägungen trägt der Kläger erstens vor, die Kommission habe nicht klargestellt, ob das Ziel der nuklearen Sicherheit einen Bezug zu den Zielen der öffentlichen Sicherheit, der Verteidigung oder den internationalen Beziehungen habe, die alle drei von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1049/2001 erfasst würden. 86 Insoweit ist festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen des Klägers der angefochtene Beschluss in Nr. 2.2 klar und ausdrücklich auf den Schutz des öffentlichen Interesses im Hinblick auf die internationalen Beziehungen im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 verweist. Außerdem folgt aus den Erläuterungen im angefochtenen Beschluss, dass nach Ansicht der Kommission die Bemühungen um eine Gewährleistung der Sicherheit der Kraftwerke in der Nachbarschaft der Union zunichtegemacht werden könnten, wenn sich die mit der Ukraine begründeten guten Beziehungen verschlechterten. Aufgrund dessen geht das Gericht davon aus, dass die Kommission die angewandte Ausnahme als die nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 eingeordnet hat. 87 Zweitens macht der Kläger geltend, dass der Zugang zu den beantragten Dokumenten entgegen den Ausführungen der Kommission die nukleare Sicherheit im eigentlichen Sinne nicht beeinträchtige, da diese Dokumente ausschließlich finanzielle und wirtschaftliche Daten enthielten und Daten dieser Art keine Auswirkungen auf diese Frage der Sicherheit hätten. 88 Dazu ist festzustellen, dass dieses Argument ins Leere geht, da die Kommission ihren Beschluss nicht damit gerechtfertigt hat, dass sich der Antrag auf Informationen beziehe, die die nukleare Sicherheit beträfen, sondern, wie sich oben aus Rn. 83 ergibt, damit, dass die Verbreitung des Vertrags die guten Beziehungen beeinträchtigen könnte, die sie mit der Ukraine hergestellt habe, und dass diese erhalten werden müssten. 89 Drittens macht der Kläger geltend, dass die Art und Weise, wie die Behörden eines Drittstaats die Entscheidungen eines Organs verstünden, nicht zu den Ausnahmen von der Verpflichtung, Zugang zu den Dokumenten der Organe zu gewähren, gehöre. 90 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Art und Weise, wie die Behörden eines Drittstaats Entscheidungen der Union verstehen, Bestandteil der Beziehungen zu diesem Drittstaat ist. Von diesem Verständnis hängen nämlich die Aufrechterhaltung und die Qualität dieser Beziehungen ab. Folglich kann es die Anwendung der jeweiligen Ausnahme rechtfertigen. 91 Viertens wirft der Kläger der Kommission vor, sie habe nicht erläutert, inwiefern mit der Verbreitung der beantragten Dokumente die Gefahr einer Verschlechterung der Beziehungen zur Ukraine im Bereich der nuklearen Sicherheit verbunden sei. Darüber hinaus habe die Kommission nicht erklärt, inwiefern die Verbreitung der sensiblen geschäftlichen Dokumente betreffend Energoatom diplomatische Auswirkungen hätte. 92 In Anbetracht der oben in den Rn. 77 bis 79 angeführten Rechtsprechung ist diese Argumentation zurückzuweisen. Die Kommission hat im angefochtenen Beschluss nämlich ausdrücklich angegeben, dass die Ukraine von sich aus zugestimmt habe, sich „Stresstests“ zu unterziehen, dass diese Tests es der Kommission und der Ukraine ermöglicht hätten, zu einem besseren Verständnis der bestehenden Risiken zu gelangen und dass es eindeutig im Unionsinteresse sei, diese guten Beziehungen aufrechtzuerhalten und so die Anwendung der strengeren europäischen Vorschriften im Bereich der nuklearen Sicherheit in den Nachbarländern zu fördern. Außerdem hat die Kommission erläutert, dass, wenn in der Folge der gesamte Vertrag Dritten offengelegt würde, sich die erreichten guten Beziehungen verschlechtern könnten, mit allen sich hieraus ergebenden Folgen für die nukleare Sicherheit. 93 Die Kommission hat auch im Zusammenhang mit der betreffenden Ausnahme angegeben, dass die Offenlegung sensibler geschäftlicher Informationen bezüglich Energoatom negative diplomatische Auswirkungen hätte. Da dieses Unternehmen ein staatliches Unternehmen ist, bedurfte diese Begründung keiner zusätzlichen Erläuterungen. 94 Fünftens hält der Kläger die Gefahr, auf die sich die Kommission berufen habe, um seinen Antrag abzulehnen, bei vernünftiger Betrachtung nicht für absehbar, sondern für rein hypothetisch. In Anbetracht der oben in Rn. 35 angeführten Rechtsprechung erlaubt die Art dieser Gefahr seiner Meinung nach nicht den Erlass des angefochtenen Beschlusses. 95 Insoweit ist festzustellen, dass die Verbreitung eines Vertrags, den ein europäisches Organ mit einem öffentlichen Unternehmen eines Drittstaats geschlossen hat und der auf den guten Beziehungen beruht, die sich mit den Behörden dieses Landes gebildet haben, zur Folge haben kann, dass sich diese Beziehungen verschlechtern und sich infolgedessen Hindernisse ergeben, die der Verwirklichung der mit dem Vertrag verfolgten Ziele und allgemeiner der Politik entgegenstehen, in die sich dieser Vertrag einfügt, soweit Verträge derselben Art mit anderen Drittländern geschlossen werden. Im vorliegenden Fall ist diese Politik von entscheidender Bedeutung für die Union, da sie der Sicherheit der Kernkraftwerke in ihren benachbarten Ländern dient. Unter diesen Umständen weist das geltend gemachte Risiko einen nicht unerheblichen Grad an Absehbarkeit auf und ist nicht hypothetisch. Der angefochtene Beschluss ist daher in diesem Punkt nicht mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet. 96 Das Gleiche gilt für die negativen diplomatischen Auswirkungen, die durch die Verbreitung der geschäftlichen Daten bezüglich Energoatom herbeigeführt werden könnten. 97 Außerdem ergibt sich aus der Lektüre des Vertrags, der dem Gericht im Rahmen der oben in Rn. 25 genannten prozessleitenden Maßnahme übermittelt worden ist, dass der Kommission kein offensichtlicher Beurteilungsfehler dadurch unterlaufen ist, dass sie der Auffassung war, die nicht mitgeteilten Teile des Vertrags enthielten sensible Informationen bezüglich Energoatom, wie die Klauseln zur Bestimmung der möglichen geschäftlichen Risiken und der finanziellen Bedingungen, deren Verbreitung den Schutz der internationalen Beziehungen der Union konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnten. 98 Dem ist hinzuzufügen, dass nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 der Schutz des beschriebenen öffentlichen Interesses nicht gegen ein überwiegendes öffentliches Interesse abzuwägen war. 99 Schließlich ist festzustellen, dass in Anbetracht der oben in Rn. 80 angeführten Rechtsprechung die Begründung der Kommission ausreicht, damit der Kläger die Gründe für den ergangenen Beschluss in Erfahrung bringen und das Gericht seine richterliche Kontrollfunktion wahrnehmen kann. 100 Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen. Zum dritten Klagegrund: Verletzung von Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 betreffend den Schutz der geschäftlichen Interessen 101 Der Kläger ist der Auffassung, dass entgegen dem Beschluss der Kommission die in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme betreffend die geschäftlichen Interessen im vorliegenden Fall nicht die Verweigerung der Mitteilung des Vertrags in seiner Gesamtheit (Nr. 1 des Antrags auf Zugang) und der Empfehlung der EIB (Nr. 4 des Antrags auf Zugang) rechtfertigen könne, da Energoatom keine geschäftlichen Interessen habe, die Kommission nicht erläutert habe, inwiefern der Schutz dieses Interesses durch diesen Zugang konkret und tatsächlich beeinträchtigt würde, und es sich um ein hypothetisches Risiko handle. 102 Die Kommission tritt dem Klagegrund entgegen. 103 Nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 können die Organe den Zugang zu einem Dokument verweigern, falls durch dessen Verbreitung der Schutz „der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person, einschließlich des geistigen Eigentums“ beeinträchtigt würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung des betreffenden Dokuments. 104 Wie oben in Rn. 34 ausgeführt, sind die Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 eng auszulegen und anzuwenden, damit der Öffentlichkeit der größtmögliche Zugang zu den Dokumenten der Organe ermöglicht wird. 105 Als Rechtfertigung für die Verweigerung des Zugangs zu einem Dokument, dessen Verbreitung beantragt wurde, genügt es nach der Rechtsprechung grundsätzlich nicht, dass das angeforderte Dokument mit einer in Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 erwähnten Tätigkeit in Zusammenhang steht. Das Organ, bei dem der Antrag gestellt wird, muss grundsätzlich auch erläutern, inwiefern der Zugang zu diesem Dokument das Interesse, das durch die von ihm geltend gemachte Ausnahme oder geltend gemachten Ausnahmen geschützt wird, konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte. Die Gefahr einer solchen Beeinträchtigung muss außerdem bei vernünftiger Betrachtung absehbar sein und darf nicht rein hypothetisch sein (Urteil vom 28. März 2017, Deutsche Telekom/Kommission, T‑210/15, EU:T:2017:224, Rn. 27). 106 Nach dieser Rechtsprechung ist die von der Kommission gegebene Begründung für die Verweigerung der Erteilung der beantragten Information hinsichtlich dreier Erfordernisse zu prüfen. 107 Bezüglich des ersten Erfordernisses, dass eine der Fallgruppen des Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorliegt, macht der Kläger geltend, dass der angefochtene Beschluss auf einem Beurteilungsfehler beruhe, da es sich im vorliegenden Fall nicht um geschäftliche Interessen seitens Energoatom handeln könne, weil dieses ein staatliches Unternehmen sei. 108 Insoweit ist festzustellen, dass nichts dagegen spricht, dass ein staatliches Unternehmen wie Energoatom geschäftliche Interessen im Sinne von Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 haben kann. Denn allein der Umstand, dass Inhaber des Kapitals eines Unternehmens die öffentliche Hand ist, kann als solcher nicht dazu führen, dass dem Unternehmen geschäftliche Interessen aberkannt werden, die genauso geschützt werden können wie die eines privaten Unternehmens. Vorliegend übt Energoatom, wie die Kommission ausführt, geschäftliche Tätigkeiten aus, in deren Rahmen sie der Konkurrenz auf dem Elektrizitätsmarkt ausgesetzt ist, weshalb sie ihre Interessen auf diesem Markt schützen muss. Es ist daher nicht von der Hand zu weisen, dass die Dokumente, zu denen Zugang beantragt wird, geschäftliche Interessen betreffen und damit unter Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 fallen können. 109 Was das zweite, aus der in Rn. 105 des vorliegenden Urteils erwähnten Rechtsprechung folgende Erfordernis anbelangt, wirft der Kläger der Kommission vor, sie habe nicht erläutert, inwiefern die Interessen der Parteien konkret und tatsächlich beeinträchtigt würden, wenn die beantragten Dokumente in ihrer Gesamtheit übermittelt würden. 110 Hinsichtlich des Darlehensvertrags hat die Kommission im angefochtenen Beschluss erläutert, dass, wenn dieser Vertrag in seiner Gesamtheit verbreitet würde, zum einen die geschäftlichen Interessen von Energoatom und zum anderen ihre eigenen, mit den Verträgen über das Euratom-Darlehen zusammenhängenden Interessen beeinträchtigt würden. Zu Energoatom wies die Kommission darauf hin, dass der Vertrag die Rechte und Pflichten beider Parteien festlege und ein breites Spektrum genau bezeichneter potenzieller geschäftlicher Risiken anspreche. Zudem enthalte der Vertrag sensible geschäftliche Daten wie die von Energoatom verlangten Strompreise und die Obergrenzen für die finanziellen Zusagen. In ihren Ausführungen hat die Kommission auch darauf hingewiesen, dass der Vertrag immer noch gelte. 111 Hinsichtlich ihrer eigenen Interessen hat die Kommission darauf hingewiesen, dass der Vertrag nach einem von Euratom auch für andere Verträge verwendeten Mustervertrag erstellt worden sei. Unter diesen Umständen behinderte die Weitergabe des Vertrags in seiner Gesamtheit nicht nur die Durchführung des mit Energoatom geschlossenen Darlehensübereinkommens, sondern auch die ähnlicher noch laufender Verträge. Sie erschwerte auch die Position der Kommission bei der Aushandlung künftiger Verträge dieser Art. 112 Bezüglich der Empfehlung der EIB hat die Kommission im angefochtenen Beschluss ausgeführt, dass die nicht übermittelten Teile von Energoatom stammende sensible geschäftliche Informationen sowie Ratschläge zur Verringerung der Darlehensrisiken enthielten. In diesen Teilen seien außerdem Klauseln des Darlehensvertrags wiedergegeben, hinsichtlich deren sie bereits dargetan habe, dass die Verbreitung ihre eigenen geschäftlichen Interessen sowie die von Energoatom beeinträchtigte. 113 In Anbetracht dessen und des Umstands, dass die Kommission zwischen den Teilen der Dokumente, die die geschäftlichen Interessen beträfen und jenen, bei denen das nicht der Fall sei – und die übermittelt worden sind –, unterschieden hat, ist festzustellen, dass die Kommission eine Prüfung vorgenommen hat, die den Anforderungen der in Rn. 105 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung entspricht, und dass sie insoweit hinreichende Erläuterungen gegeben hat. 114 Darüber hinaus ist hinsichtlich dieser Erläuterungen zu bemerken, dass die Kommission entgegen dem Vorbringen des Klägers im angefochtenen Beschluss die Gründe dargelegt hat, aus denen eine Verbreitung in naher Zukunft nicht in Frage komme. So hat sie dargelegt, dass der Vertrag mit Energoatom immer noch in Kraft sei und dass er nach einem auch für andere Verträge verwendeten Mustervertrag erstellt worden sei. Daher könnte die Verbreitung der beantragten Dokumente in ihrer Gesamtheit Auswirkungen nicht nur auf die Durchführung des Vertrags mit Energoatom, sondern auch auf die Durchführung anderer bereits geschlossener oder noch zu schließender Verträge haben. 115 Zum dritten Erfordernis nach der oben in Rn. 105 erwähnten Rechtsprechung trägt der Kläger vor, dass die von der Kommission geltend gemachte Gefährdung der geschäftlichen Interessen rein hypothetisch sei. 116 Insoweit ist festzustellen, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der geschäftlichen Interessen von Energoatom durch Offenlegung sensibler Daten über sie wie auch die Gefahr, dass die ordnungsgemäße Durchführung anderer bereits geschlossener oder noch zu schließender Verträge behindert werden könnte, einen nicht unerheblichen Grad an Absehbarkeit aufweisen und nicht als hypothetisch angesehen werden können, da zum einen die betreffenden Dokumente in einem Darlehensvertrag bestehen, der nach einem Mustervertrag erstellt wurde, der auch für andere Verträge und in der Empfehlung einer Bank bezüglich dieses Darlehens zur Verwendung gelangt ist, und zum anderen das betroffene Unternehmen auf dem Elektrizitätsmarkt tätig ist. 117 In der Klageschrift hat der Kläger der Kommission außerdem vorgeworfen, sie habe die Anwendung der Ausnahme betreffend die geschäftlichen Interessen damit begründet, dass sich der Vertragswert auf mehr als 300 Mio. Euro belaufe. Der finanzielle Umfang des Vertrags sei aber für die Anwendung der betreffenden Ausnahme nicht maßgeblich. 118 Dieses Vorbringen ist ebenfalls zurückzuweisen, da es auf einem unzutreffenden Verständnis des angefochtenen Beschlusses beruht. Aus dem angefochtenen Beschluss geht nämlich hervor, dass zwar der Wert des Vertrags im Rahmen der Beschreibung des Projekts, auf das sich die Dokumente beziehen, erwähnt worden ist, die Begründung für die Anwendung der Ausnahme jedoch nicht darauf beruht. Außerdem lässt sich nicht in Abrede stellen, dass die geschäftlichen Interessen einer Vertragspartei desto mehr beeinträchtigt werden, je größer der Wert des Vertrags ist. 119 Im Übrigen ergibt sich aus der Lektüre der beantragten Dokumente, die dem Gericht im Rahmen der oben in Rn. 25 genannten prozessleitenden Maßnahme übermittelt wurden, dass, wie in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt, die Teile des Darlehensvertrags und der Empfehlung der EIB, die nicht verbreitet wurden, die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien festlegen und sensible geschäftliche Informationen enthalten, wie Stromtarife von Energoatom oder Obergrenzen für finanzielle Zusagen sowie Analysen von Darlehensrisiken, deren Verbreitung die geschäftlichen Interessen sowohl von Energoatom als auch die der Kommission im Sinne von Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte. 120 Der dritte Klagegrund ist daher zurückzuweisen. Zum vierten Klagegrund: Verletzung von Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001, soweit die Kommission nicht geprüft habe, ob eine Verbreitung durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt wäre 121 In der Klageschrift wirft der Kläger der Kommission vor, sie habe nicht geprüft, ob ein überwiegendes öffentliches Interesse bestehe, das eine Verbreitung ungeachtet des Schutzes von zuvor geprüften Interessen gebiete. 122 Die Kommission tritt dem Klagegrund entgegen. 123 Nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 verweigern die Organe den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung insbesondere der Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person beeinträchtigt würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung. 124 Aus Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 ergibt sich dagegen, dass das etwaige Vorliegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses nicht zu prüfen ist, wenn die Ausnahme betreffend den Schutz des öffentlichen Interesses im Hinblick auf die internationalen Beziehungen geltend gemacht wird. 125 Wie oben in Rn. 98 entschieden, kann der Kommission folglich nicht vorgeworfen werden, dass sie vorliegend das öffentliche Interesse im Hinblick auf die internationalen Beziehungen nicht gegen ein überwiegendes öffentliches Interesse abgewogen hat. 126 Dagegen musste die Kommission bei der Anwendung von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 eine Abwägung zwischen einerseits den nach ihrer Auffassung durch die Verbreitung der in Rede stehenden Dokumente bedrohten geschäftlichen Interessen und andererseits dem vom Kläger geltend gemachten überwiegenden öffentlichen Interesse vornehmen, das durch die Veröffentlichung der betreffenden Dokumente gefördert würde. Nach ständiger Rechtsprechung hängt die Entscheidung, die über einen Antrag auf Zugang zu Dokumenten getroffen wird, nämlich davon ab, welchem Interesse im jeweiligen Fall der Vorrang einzuräumen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 42, und vom 13. Januar 2017, Deza/ECHA, T‑189/14, EU:T:2017:4, Rn. 53). 127 Es obliegt jedoch dem Antragsteller, konkret die Umstände geltend zu machen, die ein solches die Verbreitung der betreffenden Dokumente rechtfertigendes überwiegendes öffentliches Interesse begründen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 94). 128 In seinem ersten Antrag hat der Kläger kein überwiegendes öffentliches Interesse geltend gemacht, das es ermöglichen würde, die Verbreitung der Empfehlung ungeachtet des den geschäftlichen Interessen zukommenden Schutzes zu erreichen. 129 In seinem Zweitantrag hat der Kläger vorgetragen, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse bestehe, da die beantragten Informationen Umweltemissionen sowie die Nuklearenergie, die eine Risikotechnologie darstelle, beträfen. Auch die wirtschaftlichen und finanziellen Aspekte gehörten zum Allgemeininteresse, da das Programm zur Verbesserung der nuklearen Sicherheit mit Kosten verbunden sei, die von der gesamten Gesellschaft getragen würden. 130 Im angefochtenen Beschluss gab die Kommission darauf zur Antwort, dass die vom Kläger in seinem Zweitantrag geltend gemachten Interessen, auch wenn sie tatsächlich öffentlichen Charakter hätten, weniger bedeutsam seien als das im Rahmen der Darlehensvergabe verfolgte Ziel, die nukleare Sicherheit in den Kernkraftwerken in den Nachbarländern Europas zu verbessern. Die Erreichung dieses Ziels sei, was noch wichtiger sei, dadurch besser sichergestellt, dass die guten Beziehungen zur Ukraine aufrechterhalten und im Rahmen des Darlehensübereinkommens Fortschritte erzielt würden. 131 Abgesehen von der Frage des öffentlichen Interesses, über die finanziellen Kosten des Darlehens informiert zu werden, die unten in Rn. 137 behandelt wird, ist festzustellen, dass die Erwägungen, die der Kläger in seinem Zweitantrag zum überwiegenden öffentlichen Interesse anstellt, summarisch und unpräzise sind. 132 Der Kläger hat zwar in der Klageschrift klargestellt, dass die beantragten Dokumente die Bedingungen enthielten, zu denen die Kreditlinie für den Bereich der nuklearen Sicherheit eingeräumt werde, und dass die Verbreitung dieser Daten der Öffentlichkeit die Prüfung ermögliche, ob die Bedingungen tatsächlich eingehalten würden. Diese Kontrolle sei von entscheidender Bedeutung, da zahlreiche Anzeichen dafür sprächen, dass die Vorschriften über die nukleare Sicherheit in der Ukraine nicht befolgt würden. So ermögliche das Finanzierungsprogramm eine Verlängerung der Laufzeit von zwei Reaktoren über die ursprünglich vorgesehene Dauer hinaus, ohne dass Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt worden seien, die finanziellen Schwierigkeiten des Betreibers gäben Anlass zur Sorge hinsichtlich seiner Fähigkeit, die Sicherheitsmaßnahmen zu finanzieren, der für die Sicherheit der Kernkraftwerke zuständigen Behörde sei beim Erlass der Entscheidung hinsichtlich eines der zwei betroffenen Reaktoren ihre Unabhängigkeit entzogen worden, die Öffentlichkeit habe nur einen beschränkten Zugang zum Entscheidungsprozess, die Ukraine lasse Ersuchen der Nachbarländer um Informationen unbeachtet, und es habe nicht den Anschein, dass die Union die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung der Beachtung der Sicherheit ergreife. Angesichts der bestehenden Gefahr sei es von größter Wichtigkeit, dass darauf geachtet werde, dass die Öffentlichkeit eine verstärkte Kontrolle über die getroffenen Maßnahmen ausüben könne, weshalb die Verbreitung der beantragten Dokumente zugelassen werden müsse. 133 Es ist jedoch festzustellen, dass diese Erwägungen, da sie erst im Stadium der Einreichung der Klageschrift formuliert worden sind, bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses nicht berücksichtigt werden können. Nach der Rechtsprechung ist die Rechtmäßigkeit der Handlung eines Organs anhand der Informationen zu beurteilen, über die das Organ bei Erlass der Entscheidung verfügen konnte. Niemand kann sich somit vor dem Unionsrichter auf Tatsachen berufen, die im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen wurden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2010, AstraZeneca/Kommission, T‑321/05, EU:T:2010:266, Rn. 687 und die dort angeführte Rechtsprechung). 134 Die oben in Rn. 127 wiedergegebenen Erfordernisse sind daher nicht erfüllt. 135 Ergänzend ist zu bemerken, dass die Teile des Vertrags und der Empfehlung der EIB, die die Umwelt- und Sozialaspekte des Vertrags betreffen, dem Kläger bereits mitgeteilt wurden und dass die Verbreitung der zurückgehaltenen Teile, die sich auf wirtschaftliche und finanzielle Gesichtspunkte beziehen, der Öffentlichkeit nicht die Prüfung ermöglichen würde, ob die Energoatom auferlegten Sicherheitsbedingungen tatsächlich befolgt werden. 136 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission frei von Beurteilungsfehlern der Auffassung sein konnte, dass die nukleare Sicherheit durch die Aufrechterhaltung guter Beziehungen zur Ukraine in diesem Bereich besser gesichert wäre als durch den Zugang der Öffentlichkeit zu den betreffenden Dokumenten. 137 Was das Interesse der Öffentlichkeit daran, die finanziellen Kosten der Darlehensvergabe zu kennen, anbelangt, konnte die Kommission frei von Beurteilungsfehlern annehmen, dass dieses Interesse weniger bedeutsam ist als das Interesse an der Sicherstellung der nuklearen Sicherheit in den Nachbarländern Europas. 138 Es ist daher festzustellen, dass der vierte Klagegrund nicht begründet ist. Zum fünften Klagegrund: Verletzung von Art. 42 der Charta der Grundrechte 139 In seiner Erwiderung macht der Kläger einen auf eine Verletzung von Art. 42 der Charta der Grundrechte gestützten Klagegrund geltend, wonach die Kommission in ihrer in Rn. 6 des vorliegenden Urteils angeführten Antwort vom 21. Dezember 2015 und in dem angegriffenen Beschluss einerseits sowie in der Klagebeantwortung andererseits die vom Kläger im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumente nicht hinreichend berücksichtigt habe. 140 Wie die Kommission ausgeführt hat, soweit es um die Antwort vom 21. Dezember 2015 und den angefochtenen Beschluss geht, wurde der Klagegrund betreffend die Ordnungsmäßigkeit des Verwaltungsverfahrens nicht in der Klageschrift geltend gemacht. Da dieser Klagegrund nicht die Erweiterung eines zuvor in der Klageschrift vorgetragenen Klagegrundes darstellt und er nicht auf tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte gestützt wird, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind, handelt es sich um einen neuen Klagegrund, der gemäß Art. 84 der Verfahrensordnung als unzulässig zurückzuweisen ist (vgl. insoweit Urteil vom 20. November 2017, Voigt/Parlament, T‑618/15, EU:T:2017:821, Rn. 87). 141 Was die Klagebeantwortung anbelangt, ergibt sich weder aus der Satzung des Gerichtshofs noch aus der Verfahrensordnung, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf alle Argumente einzugehen, die von Klägerseite in der Klageschrift vorgebracht werden. Außerdem kann der Inhalt einer Klagebeantwortung keine Konsequenzen für die Rechtmäßigkeit einer angefochtenen Entscheidung haben, da für deren Beurteilung auf den Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung abzustellen ist. 142 Aus Art. 52 Abs. 2 der Charta der Grundrechte folgt schließlich, dass die Ausübung der durch sie anerkannten Rechte, die in den Verträgen geregelt sind, im Rahmen der in den Verträgen festgelegten Bedingungen und Grenzen erfolgt. Demzufolge kann Art. 42 der Charta der Grundrechte keinen weiteren Inhalt haben als Art. 15 AEUV und die Verordnung Nr. 1049/2001, mit der er durchgeführt wird. Da die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses im Hinblick auf diese Verordnung bereits im Rahmen der vorstehend behandelten Klagegründe geprüft worden ist, ist sie nicht erneut im Hinblick auf Art. 42 der Charta der Grundrechte zu prüfen. 143 Der fünfte Klagegrund ist daher zurückzuweisen. 144 Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen. Kosten 145 Gemäß Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. 146 Da der Kläger unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Kommission seine eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission aufzuerlegen. 147 Im Übrigen trägt das Vereinigte Königreich gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung seine eigenen Kosten. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Das CEE Bankwatch Network trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission. 3. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt seine eigenen Kosten. Pelikánová Nihoul Svenningsen Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 27. Februar 2018. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 27. Februar 2014.#InnoLux Corp. gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Weltmarkt für Flüssigkristallanzeigen (LCD) – Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen bezüglich der Preisfestsetzung und der Produktionskapazitäten – Räumliche Zuständigkeit – Interne Verkäufe – Verkäufe von Endprodukten, in denen die kartellbefangenen Produkte eingebaut sind – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Geldbußen – Rundungsmethode – Unbeschränkte Nachprüfung.#Rechtssache T‑91/11.
62011TJ0091
ECLI:EU:T:2014:92
2014-02-27T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62011TJ0091 URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer) 27. Februar 2014 (*1) „Wettbewerb — Kartelle — Weltmarkt für Flüssigkristallanzeigen (LCD) — Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen bezüglich der Preisfestsetzung und der Produktionskapazitäten — Räumliche Zuständigkeit — Interne Verkäufe — Verkäufe von Endprodukten, in denen die kartellbefangenen Produkte eingebaut sind — Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung — Geldbußen — Rundungsmethode — Unbeschränkte Nachprüfung“ In der Rechtssache T‑91/11 InnoLux Corp., vormals Chimei InnoLux Corp., mit Sitz in Zhunan (Taiwan), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt J.‑F. Bellis und R. Burton, Solicitor, Klägerin, gegen Europäische Kommission, vertreten durch P. Van Nuffel, F. Ronkes Agerbeek und A. Biolan als Bevollmächtigte, Beklagte, wegen teilweiser Nichtigerklärung des Beschlusses K (2010) 8761 endg. der Kommission vom 8. Dezember 2010 in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP/39.309 – LCD) und Herabsetzung der mit diesem Beschluss gegen die Klägerin verhängten Geldbuße erlässt DAS GERICHT (Sechste Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen sowie der Richter G. Berardis (Berichterstatter) und C. Wetter, Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. April 2013 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1. Betroffene Unternehmen 1 Die Chi Mei Optoelectronics Corp. (im Folgenden: CMO) war eine Gesellschaft taiwanesischen Rechts, die eine weltweit präsente Gruppe von in der Herstellung von Aktiv-Matrix-Flüssigkristallanzeigen (im Folgenden: LCD) tätigen Unternehmen kontrollierte. 2 Am 20. November 2009 schloss CMO einen Fusionsvertrag mit der InnoLux Display Corp. und der TPO Displays Corp. Aufgrund dieses Vertrags verloren TPO Displays und CMO am 18. März 2010 ihre rechtliche Existenz. Die überlebende juristische Person wurde zweimal umbenannt, und zwar zunächst von InnoLux Display Corp. in Chimei InnoLux Corp. und dann in InnoLux Corp., die Klägerin. 2. Verwaltungsverfahren 3 Am [vertraulich] (1 ) stellte die Gesellschaft koreanischen Rechts Samsung Electronics Co., Ltd (im Folgenden: Samsung) bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften einen Antrag auf Geldbußenerlass gemäß der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Kronzeugenregelung von 2002). 4 Dabei zeigte Samsung der Kommission das Bestehen einer Absprache zwischen mehreren Unternehmen, u. a. der Klägerin, über bestimmte LCD-Typen an. 5 Am 23. November 2006 gewährte die Kommission Samsung einen bedingten Geldbußenerlass nach Ziff. 15 der Kronzeugenregelung von 2002, wohingegen sie einen solchen Erlass einem anderen Kartellmitglied, der Gesellschaft koreanischen Rechts LG Display Co. Ltd, vormals LG Philips LCD Co. Ltd (im Folgenden: LGD), verweigerte. 6 Am 27. Mai 2009 leitete die Kommission das Verwaltungsverfahren ein und erließ eine Mitteilung der Beschwerdepunkte nach Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel 81 [EG] und 82 [EG] durch die Kommission (ABl. L 123, S. 18). Diese Mitteilung der Beschwerdepunkte war an 16 Unternehmen, darunter CMO und zwei ihrer 100%igen europäischen Tochtergesellschaften, die Chi Mei Optoelectronics BV und die Chi Mei Optoelectronics UK Ltd, gerichtet. In den Erwägungsgründen 281 bis 285 der Mitteilung der Beschwerdepunkte wies die Kommission insoweit insbesondere auf die Rechtsprechung hin, nach der erstens gemäß den Wettbewerbsvorschriften des Rechts der Europäischen Union verschiedene Gesellschaften, die zum selben Konzern gehörten, eine wirtschaftliche Einheit und daher ein Unternehmen im Sinne der Art. 101 AEUV und 102 AEUV darstellten, wenn sie ihr Marktverhalten nicht selbständig bestimmten (Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Michelin/Kommission, T-203/01, Slg. 2003, II-4071, Rn. 290), und es zweitens für die Vermutung, dass das Mutterunternehmen einen bestimmenden Einfluss auf das Marktverhalten des Tochterunternehmens ausübe, genüge, dass die Kommission beweise, dass das gesamte Kapital dieses Tochterunternehmens von seinem Mutterunternehmen gehalten werde (Urteil des Gerichts vom 31. März 2009, ArcelorMittal Luxembourg u. a./Kommission, T-405/06, Slg. 2009, II-771, Rn. 91). Weiter erläuterte die Kommission in den Erwägungsgründen 327 bis 329 der Mitteilung der Beschwerdepunkte die Gründe, weshalb die beiden vorstehend genannten Tochterunternehmen von CMO nach der angeführten Rechtsprechung für die von CMO begangenen Zuwiderhandlungen gesamtschuldnerisch hafteten. 7 Der Mitteilung der Beschwerdepunkte war eine CD-ROM mit den zugänglichen Teilen der Akten der Kommission beigefügt. Die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte machten von ihrem Recht auf Zugang zu den Teilen der Akten der Kommission Gebrauch, die nur in den Räumen der Kommission zur Verfügung standen. 8 Die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte nahmen zu den ihnen gegenüber erhobenen Einwänden gegenüber der Kommission fristgerecht schriftlich Stellung. 9 Mehrere Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte, darunter die Klägerin, übten ihr Recht auf eine mündliche Anhörung aus, die am 22. und 23. September 2009 stattfand. 10 Mit Auskunftsersuchen vom 4. März 2010 und Schreiben vom 6. April 2010 wurden die Parteien u. a. aufgefordert, die für die Berechnung der Geldbußen relevanten Angaben über den Umsatz vorzulegen und zu dieser Frage Stellung zu nehmen. 11 CMO beantwortete dieses Schreiben am 23. April 2010. 3. Angefochtener Beschluss 12 Am 8. Dezember 2010 erließ die Kommission den Beschluss K (2010) 8761 endg. in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP/39.309 – LCD) (im Folgenden: angefochtener Beschluss), von dem eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 7. Oktober 2011 (ABl. C 295, S. 8) veröffentlicht ist. 13 Der angefochtene Beschluss ist an sechs der 16 Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte, darunter die Klägerin, gerichtet. Deren Tochterunternehmen, an die die Mitteilung der Beschwerdepunkte gerichtet war, gehören indessen nicht mehr dazu. 14 Die Kommission stellte in dem angefochtenen Beschluss die Existenz eines Kartells fest, an dem sechs große internationale LCD-Hersteller, darunter die Klägerin, beteiligt gewesen seien und das die beiden folgenden Kategorien dieser Produkte ab Größe zwölf Zoll aufwärts betroffen habe: LCD für den Informationstechnologiebereich, beispielsweise für kompakte tragbare Computer und Computer-Bildschirme (im Folgenden: IT‑LCD), und LCD für Fernsehgeräte (im Folgenden: TV-LCD) (im Folgenden zusammen: kartellbefangene LCD). 15 Nach dem angefochtenen Beschluss stellte dieses Kartell eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 EWR-Abkommen dar, die vom 5. Oktober 2001 bis mindestens zum 1. Februar 2006 (im Folgenden: Zuwiderhandlungszeitraum) stattgefunden habe. In diesem Zeitraum hätten die Kartellmitglieder – hauptsächlich in taiwanesischen Hotels – zahlreiche multilaterale Zusammenkünfte abgehalten, die von ihnen sogenannten „Crystal-Meetings“ (Kristalltreffen). Diese Zusammenkünfte hätten einen eindeutig wettbewerbswidrigen Zweck gehabt, da sie den Teilnehmern u. a. Gelegenheit geboten hätten, Mindestpreise für die kartellbefangenen LCD festzusetzen, ihre Prognosen für die Preise zu erörtern, um deren Rückgang zu vermeiden und Preiserhöhungen sowie Produktionsmengen zu koordinieren. Während des Zuwiderhandlungszeitraums hätten sich die Kartellmitglieder auch regelmäßig bilateral getroffen und hätten häufig Informationen über die bei den „Kristalltreffen“ behandelten Themen ausgetauscht. Im Übrigen hätten sie Maßnahmen getroffen, um die Umsetzung der bei diesen Treffen gefassten Beschlüsse nachzuprüfen (Erwägungsgründe 70 bis 74 des angefochtenen Beschlusses). 16 Obwohl die Klägerin geltend gemacht habe, dass es sich bei dem TV-LCD-Markt und dem IT‑LCD-Markt um zwei unterschiedliche Märkte handele und nur für die zuletzt genannten LCD ein Kartell existiere, ging die Kommission gleichwohl von einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung aus, die sämtliche Produkte erfasse (Erwägungsgründe 281 und 283 bis 290 des angefochtenen Beschlusses). 17 Die Kommission setzte die durch den angefochtenen Beschluss verhängten Geldbußen gemäß den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006) fest. 18 Entsprechend den Leitlinien von 2006 bestimmte die Kommission erstens den von der Zuwiderhandlung unmittelbar oder mittelbar betroffenen Umsatz mit kartellbefangenen LCD. Hierzu teilte sie den Umsatz der Kartellmitglieder in die drei folgenden Kategorien ein: — „Unmittelbare Verkäufe im EWR“, d. h. Verkäufe von kartellbefangenen LCD an ein anderes Unternehmen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR); — „Unmittelbare Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“, d. h. Verkäufe von kartellbefangenen LCD als Bestandteil von an ein anderes Unternehmen im EWR verkauften Endprodukten, wobei der Einbau innerhalb des Konzerns, zu dem der Hersteller gehöre, erfolgt sei; — „Mittelbare Verkäufe“, d. h. Verkäufe von kartellbefangenen LCD an ein anderes, außerhalb des EWR ansässiges Unternehmen, das die Bildschirme dann in Endprodukte einbaue, die es im EWR verkaufe (380. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 19 Die Kommission meinte jedoch, sie brauche nur die ersten beiden der in Rn. 18 des vorliegenden Urteils genannten Kategorien zu berücksichtigen, da die Einbeziehung der dritten Kategorie nicht erforderlich sei, um Geldbußen in ausreichend abschreckender Höhe verhängen zu können (381. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 20 Statt den Umsatz eines Unternehmens im letzten vollständigen Geschäftsjahr seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung zu verwenden, wie dies Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 als Regelfall vorsieht, hielt es die Kommission vor allem angesichts des exponentiellen Wachstums der Umsätze der meisten betroffenen Unternehmen in den Jahren, auf die sich der angefochtene Beschluss bezieht, für angebracht, im vorliegenden Fall den durchschnittlichen Jahresumsatz während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung heranzuziehen (384. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 21 In Bezug auf die Klägerin wies die Kommission deren Einwendungen zurück, dass erstens der relevante Umsatz ohne Berücksichtigung ihrer „Unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ und ihrer „Unmittelbaren Verkäufe im EWR“ an andere Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte hätte berechnet werden müssen, dass zweitens LCD-Lieferungen hätten ausgeschlossen werden müssen, die nicht europäischen Unternehmen in Rechnung gestellt worden seien, und dass drittens zwischen Verkäufen von IT‑LCD und TV-LCD hätte unterschieden werden müssen. So sei der relevante Umsatz im Zuwiderhandlungszeitraum für die Klägerin auf insgesamt 1555111603 Euro festgesetzt worden, was einem Jahresdurchschnitt – errechnet durch Division dieses Betrags durch die Kartelldauer von 4,33 Jahren – von 359148176 Euro entspreche (Erwägungsgründe 388, 394, 398 bis 401 und Tabelle 4 des angefochtenen Beschlusses). 22 Zweitens stellte die Kommission fest, dass in Anbetracht der Schwere der Zuwiderhandlung der bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße zu berücksichtigende Anteil des Umsatzes der fraglichen Produkte für alle Kartellmitglieder auf 16 % festzusetzen sei (416. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 23 Drittens wandte die Kommission auf die Klägerin einen Multiplikator von 4,25 für die Dauer der Zuwiderhandlung an, da die Klägerin während der gesamten in dem angefochtenen Beschluss festgestellten Dauer des Kartells, d. h. vier Jahren und drei Monaten, an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei (Erwägungsgründe 417 und 418 sowie Tabelle 5 des angefochtenen Beschlusses). 24 Viertens war die Kommission der Ansicht, dass der Sachverhalt es rechtfertige, nach Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 den Grundbetrag der Geldbuße für alle Kartellmitglieder um 16 % des relevanten Durchschnittsumsatzes zu erhöhen, um die abschreckende Wirkung der Geldbuße sicherzustellen (im Folgenden: Eintrittsgebühr) (Erwägungsgründe 419 und 424 des angefochtenen Beschlusses). 25 Fünftens stellte die Kommission bei keinem der Kartellmitglieder erschwerende oder mildernde Umstände im Sinne der Leitlinien von 2006 fest. Insbesondere wies sie die Argumente der Klägerin zurück, mit denen diese geltend machte, sie habe in dem Kartell eine passive Rolle gespielt, fahrlässig daran teilgenommen und mit der Kommission schließlich über den Rahmen der Kronzeugenregelung von 2002 hinaus zusammengearbeitet, und zwar obwohl die Kommission ihr keine ebenso detaillierten Auskunftsersuchen habe zukommen lassen wie anderen Kartellmitgliedern (Erwägungsgründe 426, 430, 433, 434, 438, 439 und 442 bis 444 des angefochtenen Beschlusses). 26 Sechstens bestätigte die Kommission zunächst den vollständigen Geldbußenerlass gegenüber Samsung nach der Kronzeugenregelung von 2002. Ferner war sie der Auffassung, dass die von der Klägerin geleistete Zusammenarbeit dieser keinen Anspruch auf eine Herabsetzung der Geldbuße verleihe (Erwägungsgründe 455 bis 458 und 472 des angefochtenen Beschlusses). 27 Aufgrund dieser Erwägungen erlegte die Kommission der Klägerin in Art. 2 des angefochtenen Beschlusses eine Geldbuße von 300000000 Euro auf. Verfahren und Anträge der Parteien 28 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 21. Februar 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben. 29 Das Gericht (Sechste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung des Gerichts den Parteien schriftlich Fragen gestellt, die diese fristgerecht beantwortet haben. 30 In der Sitzung vom 24. April 2013 haben die Parteien mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet. 31 Die Klägerin beantragt im Wesentlichen, — den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit er sie betrifft; — die mit dem angefochtenen Beschluss gegen sie festgesetzte Geldbuße herabzusetzen; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 32 Die Kommission beantragt, — die Klage abzuweisen; — der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 33 Die Klägerin macht drei Klagegründe geltend: — Erstens habe die Kommission bei der Bestimmung des für die Berechnung der Geldbuße relevanten Umsatzes ein rechtsfehlerhaftes Konzept, das Konzept der „Unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ angewandt; — zweitens habe die Kommission mit der Feststellung, dass sich die Zuwiderhandlung auf TV-LCD erstreckt habe, gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 EWR-Abkommen verstoßen; — drittens habe der relevante Umsatz, den die Kommission ihr gegenüber zugrunde gelegt habe, zu Unrecht Verkäufe einbezogen, die keine Verkäufe kartellbefangener LCD gewesen seien. 1. Zum ersten Klagegrund: Anwendung eines rechtsfehlerhaften Konzepts, des Konzepts der „Unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“, bei der Bestimmung des für die Berechnung der Geldbuße relevanten Umsatzes 34 Der erste Klagegrund besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen. Erstens stehe die Verwendung des Konzepts der „Unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ im Widerspruch dazu, dass bezüglich Endprodukten, in denen kartellbefangene LCD eingebaut seien, keine Zuwiderhandlung festgestellt worden sei, und zweitens wohnten diesem Konzept Inkohärenzen inne. Zum ersten Teil des Klagegrundes: Widerspruch der Verwendung des Konzepts der „Unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ dazu, dass bezüglich Endprodukten, in denen kartellbefangene LCD eingebaut seien, keine Zuwiderhandlung festgestellt worden sei 35 Die Klägerin macht zum einen geltend, die Verwendung des Konzepts der „Unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ stehe nicht mit Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 in Einklang, da die Kommission Endprodukte berücksichtigt habe, bezüglich derer in dem angefochtenen Beschluss keine Zuwiderhandlung festgestellt worden sei und die daher nicht in einem unmittelbaren oder auch nur mittelbaren Zusammenhang mit der in diesem Beschluss festgestellten Zuwiderhandlung stünden. Zum anderen weist die Klägerin darauf hin, dass die Preise der kartellbefangenen LCD keine Referenzpreise für die Endprodukte seien, in denen diese LCD eingebaut seien. 36 Nach Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 „[verwendet die Kommission z]ur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße … den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen“. 37 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass aus dieser Bestimmung nicht hervorgeht, dass bei der Berechnung des relevanten Umsatzes allein der Umsatz aus Geschäften, die tatsächlich von den rechtswidrigen Verhaltensweisen betroffen sind, berücksichtigt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 16. Juni 2011, Putters International/Kommission, T-211/08, Slg. 2011, II-3729, Rn. 58). 38 Die Formulierung in Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 erfasst nämlich den Umsatz, der auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen relevanten Markt erzielt worden ist. Erst recht bezieht sich diese Ziffer nicht nur auf Fälle, in denen die Kommission über schriftliche Beweise für die Zuwiderhandlung verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteil Putters International/Kommission, Rn. 59). 39 Diese Auslegung wird durch das Ziel der Wettbewerbsregeln der Union bestätigt. Die von der Klägerin vorgeschlagene Auslegung würde nämlich bedeuten, dass die Kommission für die Bestimmung des Grundbetrags der in Kartellsachen zu verhängenden Geldbußen in jedem Fall die einzelnen Vorgänge benennen müsste, die von dem Kartell betroffen waren. Die Unionsgerichte haben ihr eine solche Pflicht nie auferlegt, und nichts weist darauf hin, dass sich die Kommission in den Leitlinien von 2006 eine solche Pflicht selbst auferlegen wollte (Urteil Putters International/Kommission, Rn. 60). 40 Im Übrigen kann nach ständiger Rechtsprechung der Teil des Umsatzes, der mit den Waren erzielt wurde, auf die sich die Zuwiderhandlung bezog, einen zutreffenden Anhaltspunkt für das Ausmaß einer Zuwiderhandlung auf dem betreffenden Markt liefern. Insbesondere stellt der Umsatz, der mit den Waren erzielt wurde, die Gegenstand einer beschränkenden Verhaltensweise waren, ein objektives Kriterium dar, das zutreffend angibt, wie schädlich sich diese Verhaltensweise auf den normalen Wettbewerb auswirkt (Urteil Putters International/Kommission, Rn. 61; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Rn. 121, und Urteil des Gerichts vom 11. März 1999, British Steel/Kommission, T-151/94, Slg. 1999, II-629, Rn. 643). 41 Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass die Kommission im 380. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die in Rn. 18 des vorliegenden Urteils beschriebenen Umsatzkategorien definiert hat. 42 Die „Unmittelbaren Verkäufe im EWR“ erfüllen unstreitig die Voraussetzungen nach Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 in Verbindung mit der einschlägigen Rechtsprechung. 43 Zu den „Unmittelbaren Verkäufen im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ macht die Klägerin mit dem ersten Teil des ersten Klagegrundes geltend, diese stünden weder in unmittelbarem noch in mittelbarem Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung, da sie sich auf Verkäufe von Endprodukten, in denen kartellbefangene LCD eingebaut seien, nicht aber auf Verkäufe dieser LCD bezögen. 44 Hierzu ist zunächst zu beachten, dass in der Fußnote zu Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 zwar festgestellt wird, dass von einem Verkauf, der mit einem Verstoß in einem mittelbaren Zusammenhang steht, ausgegangen werden kann, wenn der Preis des Produkts, das Gegenstand horizontaler Preisabsprachen ist, als Referenzpreis für Produkte höherer oder geringerer Qualität genommen wird, darin jedoch zum Ausdruck kommt, dass dieser Fall beispielhaft angeführt wird. Daher ist der Hinweis der Klägerin, dass im vorliegenden Fall Endprodukte, in denen kartellbefangene LCD eingebaut seien, keine Produkte höherer oder geringerer Qualität als die LCD seien, ohne jede Relevanz. 45 Was das weitere Argument der Klägerin betrifft, dass in dem angefochtenen Beschluss keine Zuwiderhandlung bezüglich Endprodukten, in denen kartellbefangene LCD eingebaut seien, festgestellt worden sei, ist zu beachten, dass die Kommission den Wert des Umsatzes mit diesen Endprodukten nicht insgesamt, sondern nur insoweit berücksichtigt hat, als er dem Wert der in die Endprodukte eingebauten kartellbefangenen LCD entsprechen konnte, unterstellt, die Endprodukte wären von der Klägerin an im EWR ansässige Drittunternehmen verkauft worden. Es steht zwar außer Frage, dass die Kommission den Gesamtwert nicht hätte berücksichtigen dürfen, ohne zuvor einen Verstoß bezüglich der Endprodukte festgestellt zu haben, doch kann eine solche Feststellung nicht als unerlässlich angesehen werden, um den Wert insoweit berücksichtigen zu können, als er dem Wert der in die Endprodukte eingebauten kartellbefangenen LCD entspricht. 46 Im Übrigen hätte die Kommission ohne die Heranziehung des Konzepts der „Unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ einen erheblichen Teil der Verkäufe kartellbefangener LCD, die von Kartellmitgliedern vertikal integrierter Unternehmen durchgeführt worden sind, bei der Festsetzung der Geldbuße nicht berücksichtigen können, auch wenn diese Verkäufe dem freien Wettbewerb im EWR geschadet hätten. 47 Daher musste die Kommission nach der in den Rn. 37 bis 40 des vorliegenden Urteils genannten Rechtsprechung das Ausmaß der Zuwiderhandlung auf dem fraglichen Markt berücksichtigen und konnte zu diesem Zweck den Umsatz der Klägerin mit kartellbefangenen LCD als objektives Kriterium berücksichtigen, das zutreffend angibt, wie schädlich sich diese Verhaltensweise auf den normalen Wettbewerb auswirkt, vorausgesetzt, dass dieser Umsatz auf Verkäufe zurückzuführen war, die einen Zusammenhang mit dem EWR aufwiesen. Ein solcher Zusammenhang besteht jedoch, wenn kartellbefangene LCD von der Klägerin an ihre Tochtergesellschaften – unabhängig vom Ort ihrer Niederlassung – geliefert werden, die sie in Endprodukte einbauen, die im EWR an Dritte verkauft werden. 48 Die Entscheidung der Kommission, „Unmittelbare Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ zu berücksichtigen, ist im vorliegenden Fall umso mehr gerechtfertigt, als der angefochtene Beschluss Beweise dafür enthält (vgl. u. a. 394. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), dass zwischen den an dem Kartell beteiligten Unternehmen interne Verkäufe kartellbefangener LCD zu Kartellpreisen stattgefunden haben, was die Klägerin nicht in Frage stellt. 49 Im Übrigen war es, wie sich insbesondere den Erwägungsgründen 92 und 93 des angefochtenen Beschlusses entnehmen lässt, den Kartellmitgliedern bewusst, dass der Preis der kartellbefangenen LCD den Preis der Endprodukte, in die diese eingebaut waren, beeinflusste. 50 Zum Argument der Klägerin, dass das Urteil des Gerichts vom 10. September 2008, JSC Kirovo-Chepetsky Khimichesky Kombinat/Rat (T‑348/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 62), jeder Gleichsetzung von Verkäufen von Endprodukten mit einem eingebauten Bestandteil mit Verkäufen dieser Bestandteile als solchen entgegenstehe, ist schließlich festzustellen, dass der Kontext, in dem, und der Zweck, zu dem die Kommission die in Endprodukte eingebauten kartellbefangenen LCD berücksichtigt hat, nicht mit dem Kontext und dem Zweck vergleichbar sind, die die Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, kennzeichnen. 51 In der dem Urteil JSC Kirovo-Chepetsky Khimichesky Kombinat/Rat zugrunde liegenden Rechtssache (Rn. 54, 55, 57 und 58) wollte der Rat der Europäischen Union nämlich, nachdem er auf der Grundlage einer Antidumpinguntersuchung betreffend bestimmte Produkte, u. a. Ammoniumnitrat, entsprechende Antidumpingmaßnahmen ergriffen hatte, den Anwendungsbereich dieser Maßnahmen auf andere Produkte erweitern, ohne eine neue Untersuchung einzuleiten, da diese anderen Produkte, u. a. im Hinblick auf ihren Ammoniumnitratgehalt, den von dieser Untersuchung betroffenen ähnlich waren. 52 Insoweit befand das Gericht mit den folgenden Ausführungen, dass diese Ausdehnung rechtswidrig sei: „62 … Ein Bestandteil eines Endprodukts kann selbstverständlich Gegenstand von Antidumpingmaßnahmen sein, ist in diesem Fall jedoch als ein Produkt anzusehen, das als solches [Gegenstand eines Dumpings] ist. Wird der Bestandteil nicht als solcher, sondern als Teil eines anderen Produkts betrachtet, stellt dieses andere Produkt mit allen seinen Bestandteilen das betroffene Produkt dar, und die Antidumpinguntersuchung muss sich daher unabhängig von den Bestandteilen auf dieses Produkt beziehen. Nur Waren, die Gegenstand einer Antidumpinguntersuchung waren, können, sofern festgestellt wurde, dass die fraglichen Waren zu einem niedrigeren Preis als dem Preis, zu dem ‚gleichartige Waren‘ im Sinne von Art. 1 der Verordnung [(EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 1996, L 56, S. 1)] in die Gemeinschaft ausgeführt werden, Antidumpingmaßnahmen unterworfen werden. Steht folglich fest, dass sich die neuartigen Waren im Sinne der angefochtenen Verordnung von der fraglichen Ware im Sinne der ursprünglichen Verordnungen unterscheiden, kann ein Antidumpingzoll erst dann erhoben werden, wenn zuvor untersucht worden ist, ob auch sie Gegenstand eines Dumpings auf dem Gemeinschaftsmarkt sind.“ 53 Nichts dergleichen hat in der vorliegenden Sache stattgefunden, da die Kommission mit ihrer Untersuchung zu kartellbefangenen LCD hier keine Zuwiderhandlung bezüglich Endprodukten, in die diese LCD eingebaut sind, feststellen wollte. Sie hat nämlich die kartellbefangenen LCD keineswegs den Endprodukten gleichgesetzt, sondern ist ausschließlich zur Berechnung der Geldbuße davon ausgegangen, dass bei vertikal integrierten Unternehmen wie der Klägerin der Verkaufsort der Endprodukte mit dem Verkaufsort des kartellbefangenen Bestandteils an einen Dritten, der also nicht zu dem Unternehmen, das diesen Bestandteil angefertigt hat, gehört, zusammenfällt. 54 Aufgrund dieser Erwägungen ist der erste Teil des vorliegenden Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil des Klagegrundes: vermeintliche Inkohärenzen des Konzepts der „Unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ 55 Der zweite Teil des ersten Klagegrundes enthält zwei Rügen gegenüber dem Konzept der „Unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“: Erstens habe die Kommission die Grenzen ihrer räumlichen Zuständigkeit verletzt, und zweitens habe sie die Klägerin gegenüber anderen Kartellmitgliedern benachteiligt und diskriminiert. Zur räumlichen Zuständigkeit der Kommission 56 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe durch die Einbeziehung der „Unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ den Ort, wo diese Verkäufe tatsächlich erfolgt seien, künstlich verlegt und damit die Grenzen ihrer räumlichen Zuständigkeit überschritten. 57 Es sind zunächst die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur räumlichen Zuständigkeit der Kommission für die Feststellung von Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht ins Gedächtnis zu rufen. 58 Wenn sich außerhalb des EWR ansässige Hersteller, deren Produkte jedoch an Dritte im EWR verkauft werden, über die Preise abstimmen, die sie ihren im EWR ansässigen Kunden bewilligen werden, und diese Abstimmung durchführen, indem sie zu tatsächlich koordinierten Preisen verkaufen, sind sie, wie der Gerichtshof erkannt hat, an einer Abstimmung beteiligt, die eine Einschränkung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts im Sinne von Art. 101 AEUV bezweckt oder bewirkt und für deren Verfolgung die Kommission räumlich zuständig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 27. September 1988, Ahlström Osakeyhtiö u. a./Kommission, „Zellstoff I“, 89/85, 104/85, 114/85, 116/85, 117/85 und 125/85 bis 129/85, Slg. 1988, 5193, Rn. 13 und 14). 59 Außerdem weist ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV nach ständiger Rechtsprechung zwei Verhaltensmerkmale auf, und zwar die Bildung des Kartells und seine Durchführung. Würde man die Anwendbarkeit der wettbewerbsrechtlichen Verbote vom Ort der Bildung des Kartells abhängig machen, so liefe dies offensichtlich darauf hinaus, dass den Unternehmen ein einfaches Mittel an die Hand gegeben würde, sich diesen Verboten zu entziehen. Entscheidend ist daher der Ort, an dem das Kartell durchgeführt wird. Für die Feststellung, ob dieser Ort im EWR gelegen ist, ist es im Übrigen unerheblich, ob die Kartellmitglieder im EWR ansässige Tochterunternehmen, Agenten, Unteragenten oder Zweigniederlassungen eingeschaltet haben, um Kontakte zu den dort ansässigen Abnehmern zu knüpfen, oder ob sie das nicht getan haben (vgl. in diesem Sinne Urteil Zellstoff I, Rn. 16 und 17). 60 Soweit die Voraussetzung der Durchführung des Kartells erfüllt ist, ist die Zuständigkeit der Kommission für die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften der Union auf derartige Verhaltensweisen durch das Territorialitätsprinzip gedeckt, das im Völkerrecht allgemein anerkannt ist (Urteil Zellstoff I, Rn. 18). 61 Die im Urteil Zellstoff I entwickelte Rechtsprechung wurde im Urteil des Gerichts vom 25. März 1999, Gencor/Kommission (T-102/96, Slg. 1999, II-753), wieder aufgegriffen, in dem es um eine Entscheidung über einen Zusammenschluss im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 1990, L 257, S. 13), ersetzt durch die Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 24, S. 1), ging. 62 Dabei hat das Gericht zwar darauf hingewiesen, dass die Anwendung der unionsrechtlichen Vorschriften über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen völkerrechtlich gerechtfertigt ist, wenn vorherzusehen ist, dass ein geplanter Zusammenschluss in der Union eine unmittelbare und wesentliche Auswirkung haben wird (Urteil Gencor/Kommission, Rn. 90). 63 In Rn. 87 des Urteils Gencor/Kommission hat das Gericht jedoch im Wesentlichen festgestellt, dass das Kriterium der Durchführung eines Kartells als Kriterium für dessen Verknüpfung mit dem Gebiet der Union durch den bloßen Verkauf des kartellbefangenen Produkts in der Union unabhängig von der Lage der Versorgungsquellen oder der Produktionsanlagen erfüllt ist. Das Gericht hat damit das Argument zurückgewiesen, das die Klägerin in der ihm vorliegenden Rechtssache daraus ableiten wollte, dass der Zusammenschluss, um den es in dem Fall ging, nicht im Unionsgebiet entstanden oder durchgeführt worden war, sondern in Südafrika, und daher die Voraussetzungen für die räumliche Zuständigkeit gemäß dem Urteil Zellstoff I nicht erfüllte (Urteil Gencor/Kommission, Rn. 56, 61 und 87). 64 Die Argumentation des Gerichts im Urteil Gencor/Kommission stellt daher die mit dem Urteil Zellstoff I begründete Rechtsprechung nicht in Frage. 65 Im vorliegenden Fall genügt es daher, sich auf die Frage zu konzentrieren, ob die Kommission die Kategorie „Unmittelbare Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ verwenden durfte, ohne deswegen die im Urteil Zellstoff I aufgestellten Grundsätze zu verletzen. 66 Hierzu ist erstens festzustellen, dass ein international operierendes Kartell dann, wenn es einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt, aus dem einfachen Grund im Sinne des Urteils Zellstoff I im Binnenmarkt durchgeführt wird, dass die kartellbefangenen Produkte auf diesem Markt vertrieben werden. 67 Die Durchführung eines Kartells ist nämlich nicht zwangsläufig mit realen Auswirkungen verbunden (Urteil des Gerichts vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission, T‑30/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 110; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofs vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C-125/07 P, C-133/07 P, C-135/07 P und C-137/07 P, Slg. 2009, I-8681, Rn. 116 und 117). In Wirklichkeit ist die Frage, ob das Kartell konkrete Auswirkungen auf die Preise der Mitglieder hatte, allenfalls bei der Bestimmung der Schwere des Kartells zur Bemessung der Geldbuße relevant, vorausgesetzt, die Kommission möchte von allen Kriterien, die sie in diesem Zusammenhang berücksichtigen kann, dieses heranziehen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., C-8/08, Slg. 2009, I-4529, Rn. 31). Vorliegend ist dies jedoch nicht der Fall (vgl. 416. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 68 Es spielt auch keine Rolle, dass sich die Kartellmitglieder nicht immer an die Preisbeschlüsse gehalten haben. Die Festsetzung eines Preises, sei es auch nur eines Richtpreises, beeinträchtigt nämlich den Wettbewerb dadurch, dass er sämtlichen Kartellmitgliedern die Möglichkeit gibt, mit hinreichender Sicherheit vorauszusehen, welche Preispolitik ihre Konkurrenten verfolgen werden. Allgemein bedeuten derartige Kartelle einen unmittelbaren Eingriff in die wesentlichen Wettbewerbsparameter auf dem betreffenden Markt. Durch die Äußerung eines gemeinsamen Willens, ein bestimmtes Preisniveau bei ihren Produkten anzuwenden, hören die betreffenden Hersteller nämlich auf, autonom über ihre Marktpolitik zu bestimmen, und verstoßen so gegen den Grundgedanken der Wettbewerbsvorschriften des Vertrags (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, T-224/00, Slg. 2003, II-2597, Rn. 120 und die dort angeführte Rechtsprechung). 69 Zweitens beruht das Konzept der Durchführung im Sinne des Urteils Zellstoff I im Wesentlichen auf dem wettbewerbsrechtlichen Unternehmensbegriff, wie er sich aus der in Rn. 6 des vorliegenden Urteils genannten Rechtsprechung ergibt (vgl. in diesem Sinne auch Urteile des Gerichtshofs vom 12. Juli 1984, Hydrotherm Gerätebau, 170/83, Slg. 1984, 2999, Rn. 11, sowie vom 29. März 2011, ArcelorMittal Luxembourg/Kommission und Kommission/ArcelorMittal Luxembourg u. a., C-201/09 P und C-216/09 P, Slg. 2011, I-2239, Rn. 95), der eine entscheidende Rolle bei der Festsetzung der Grenzen der räumlichen Zuständigkeit der Kommission für die Anwendung des Wettbewerbsrechts zuzuerkennen ist. 70 Insbesondere muss die Kommission, auch wenn das Unternehmen, zu dem die Klägerin gehört, an einem Kartell außerhalb des EWR beteiligt war, die Auswirkungen des Verhaltens dieses Unternehmens auf den Wettbewerb im Binnenmarkt verfolgen und gegen das Unternehmen eine Geldbuße verhängen können, die in angemessenem Verhältnis zur Schädlichkeit dieses Kartells für den Wettbewerb auf diesem Markt steht. Sind die von der Klägerin hergestellten kartellbefangenen LCD von Gesellschaften, die zum selben Unternehmen gehören, in Endprodukte eingebaut und die Endprodukte von diesem Unternehmen im EWR verkauft worden, ist demnach davon auszugehen, dass das Kartell die Geschäfte bis zu diesem Verkauf, einschließlich des Verkaufs selbst, beeinträchtigt hat. 71 Dabei ist unerheblich, ob die internen Verkäufe an dieses Unternehmen wegen des Kartells zu höheren Preisen erfolgt sind. In diesem Fall käme die Schädlichkeit des Kartells in diesen höheren Preisen zum Ausdruck. Im anderen Fall läge die Schädlichkeit in dem Wettbewerbsvorteil des Unternehmens, das an dem Kartell beteiligt ist, gegenüber den anderen Unternehmen, die Endprodukte, in die kartellbefangene LCD eingebaut sind, herstellen, diese LCD jedoch zu einem nicht den normalen Marktbedingungen entsprechenden Preis kaufen. Bliebe der Wert interner Lieferungen eines Unternehmens außer Betracht, so würden nach ständiger Rechtsprechung vertikal integrierte Unternehmen zwangsläufig ungerechtfertigt begünstigt, da der aus dem Kartell gezogene Nutzen in einem solchen Fall unberücksichtigt bliebe, so dass das fragliche Unternehmen einer Sanktion entgehen würde, die seiner Bedeutung auf dem Markt der den Gegenstand der Zuwiderhandlung bildenden Produkte angemessen wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Europa Carton/Kommission, T-304/94, Slg. 1998, II-869, Rn. 127 und 128). 72 Die Klägerin stellt diese Rechtsprechung nicht in Frage, weist aber darauf hin, dass die Kommission den Zweck, vertikal integrierte Unternehmen nicht zu begünstigen, allein mit der Übertragung dieser Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall hätte erreichen können. So sei es, anders als die Kommission in dem angefochtenen Beschluss behaupte, hierzu nicht erforderlich gewesen, das Konzept der „Unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ zu verwenden. Die Kommission könne nicht das Urteil Europa Carton/Kommission heranziehen, um den Wert kartellbefangener LCD zu berücksichtigen, die außerhalb des EWR in Endprodukte eingebaut worden seien, die im EWR verkauft worden seien. Verkäufe eines Endprodukts könnten Verkäufen eines kartellbefangenen LCD nicht gleichgestellt werden. Dagegen müssten interne Verkäufe eines vertikal integrierten Unternehmens wie Verkäufe an Dritte behandelt und daher berücksichtigt werden, wenn sie im EWR erfolgten. 73 Die sich aus dem Urteil Europa Carton/Kommission ergebende Rechtsprechung ist, wie die Kommission hervorhebt, nicht dahin auszulegen, dass die Kommission räumlich nicht zuständig ist, wenn die kartellbefangenen Produkte – bevor sie den Binnenmarkt erreichen – zunächst Gegenstand eines Geschäfts zwischen zwei Unternehmen sind, die außerhalb des EWR ansässig sind und zu dem Unternehmen gehören, das an dem Kartell beteiligt war. 74 Im vorliegenden Fall bauten die Kartellmitglieder, bei denen es sich, wie bei der Klägerin, um vertikal integrierte Unternehmen handelte, kartellbefangene LCD außerhalb des EWR in Endprodukte ein, die im EWR verkauft wurden. Die mit dem Urteil Europa Carton/Kommission begründete Rechtsprechung ließ sich daher nicht ohne Weiteres auf den der Kommission vorliegenden Fall übertragen. Die Kommission durfte folglich die Grundsätze aus dieser Rechtsprechung den Umständen des vorliegenden Falls anpassen, um das mit dieser Rechtsprechung verfolgte Ziel, vertikal integrierten Kartellmitgliedern keine günstigere Behandlung zukommen zu lassen, zu erreichen. 75 Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission mit der Einbeziehung „Unmittelbarer Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ ihre räumliche Zuständigkeit nicht unzulässig erweitert hat, um Zuwiderhandlungen gegen die sich aus den Verträgen ergebenden Wettbewerbsvorschriften zu verfolgen. Zu den angeblichen Diskriminierungen aufgrund des Konzepts der „Unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ 76 Die Klägerin macht geltend, die Rechtswidrigkeit des Konzepts der „Unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ zeige sich darin, dass sie aufgrund der Verwendung dieses Konzepts gegenüber den anderen Kartellmitgliedern benachteiligt und diskriminiert worden sei. – Vorbemerkungen 77 Der Grundsatz der Gleichbehandlung ist ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der in den Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist. 78 Nach ständiger Rechtsprechung verlangt dieser Grundsatz, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine derartige Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 14. September 2010, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission u. a., C-550/07 P, Slg. 2010, I-8301, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung). 79 Was die Bemessung der Geldbuße angeht, verbietet dieser Grundsatz, dass die Kommission durch die Anwendung verschiedener Berechnungsmethoden die Unternehmen, die an einer gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßenden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise beteiligt waren, ungleich behandelt (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 19. Juli 2012, Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission und Kommission/Alliance One International u. a., C‑628/10 P und C‑14/11 P, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). 80 Im vorliegenden Fall setzte die Kommission die gegen die Kartellmitglieder jeweils zu verhängende Geldbuße auf der Grundlage derselben drei Umsatzkategorien fest, die in Rn. 18 des vorliegenden Urteils genannt werden. Dass die Kategorie der „Unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ nur für bestimmte Kartellmitglieder galt, ist keine Diskriminierung, da die Kommission die Anwendbarkeit dieser Kategorie für die einzelnen Mitglieder auf der Grundlage derselben objektiven Kriterien beurteilt hat. Entsprechend ist es auch keine Diskriminierung, dass sich die Nichteinbeziehung „Mittelbarer Verkäufe“ zugunsten einiger Mitglieder weitaus mehr ausgewirkt haben könnte als zugunsten der Klägerin (vgl. in diesem Sinne Urteil Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission und Kommission/Alliance One International u. a., Rn. 135 und 138, sowie Schlussanträge von Generalanwältin Kokott in dieser Rechtssache, Nr. 87). – Zur angeblichen Diskriminierung gegenüber Samsung 81 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe sie schlechter behandelt als Samsung, obwohl sich die beiden Unternehmen in einer vergleichbaren Lage befunden hätten. Die Lieferungen der kartellbefangenen LCD von Samsung an deren Tochtergesellschaften im EWR, die diese in Endprodukte eingebaut hätten, seien nur dann als „Unmittelbare Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ erfasst worden, wenn die Endprodukte im EWR verkauft worden seien. Die von der Klägerin an dieselben europäischen Tochterunternehmen von Samsung verkauften kartellbefangenen LCD seien dagegen sämtlich als „Unmittelbare Verkäufe im EWR“ berücksichtigt worden, auch wenn die Endprodukte von diesen Tochtergesellschaften nach Orten außerhalb des EWR verkauft worden seien. In Anbetracht dieser Umstände weist die Klägerin darauf hin, dass kartellbefangene LCD beim Verkauf an Samsung nicht den Kreis der Kartellmitglieder verließen und daher nicht in den Verkehr gebracht würden. 82 Zunächst ist festzuhalten, dass die Kommission auf Samsung und die Klägerin dieselben Kriterien angewandt hat. Zum einen wurden Verkäufe kartellbefangener LCD zwischen der Klägerin oder Samsung und Dritten, die im EWR ansässig waren, als „Unmittelbare Verkäufe im EWR“ angesehen. Zum anderen wurden die Fälle, in denen die Klägerin oder Samsung die kartellbefangenen LCD zunächst an andere zu ihrem Konzern gehörende Unternehmen geliefert hatten, die sie in Endprodukte einbauten, die an unabhängige Dritte verkauft wurden, als „Unmittelbare Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ berücksichtigt, wenn diese Verkäufe an Dritte im EWR stattfanden. 83 Ferner ist nicht zu beanstanden, dass die Kommission die Verkäufe der Klägerin an die europäischen Tochtergesellschaften von Samsung als „Unmittelbare Verkäufe im EWR“ verstanden hat, wenn die betroffenen kartellbefangenen LCD an Abnehmer im EWR verkauft wurden, was zwangsläufig den Wettbewerb im Binnenmarkt verfälschte. Wie schädlich diese Verhaltensweise war, ist nach der in Rn. 37 des vorliegenden Urteils genannten Rechtsprechung anhand des Umsatzes einzuschätzen, den die Klägerin u. a. mit diesen Verkäufen erzielt hat. 84 Dem Argument der Klägerin, dass die Kommission die Verkäufe, die den Kreis der Kartellmitglieder nicht verlassen hätten, nicht hätte berücksichtigen dürfen, kann nicht gefolgt werden. Wird ein Produkt, das Gegenstand eines Kartells ist, im Binnenmarkt verkauft, wird der Wettbewerb im Binnenmarkt verfälscht, und die Kommission muss dies bei Bemessung der Geldbuße, die sie gegen das Unternehmen, das einen Vorteil aus diesem Verkauf gezogen hat, verhängt, berücksichtigen. Art. 101 AEUV ist, wie auch die übrigen Wettbewerbsregeln der Verträge, nicht nur dazu bestimmt, die unmittelbaren Interessen einzelner Wettbewerber oder Verbraucher zu schützen, sondern die Struktur des Marktes und damit den Wettbewerb als solchen (Urteile des Gerichtshofs T‑Mobile Netherlands u. a., Rn. 38, und vom 6. Oktober 2009, GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a., C-501/06 P, C-513/06 P, C-515/06 P und C-519/06 P, Slg. 2009, I-9291, Rn. 63). Im vorliegenden Fall findet die Wettbewerbsverzerrung im Binnenmarkt ihren Ursprung in dem Kaufgeschäft zwischen der Klägerin und Samsung. 85 Auch wenn einige der kartellbefangenen LCD, die die europäischen Tochterunternehmen von Samsung bei der Klägerin gekauft haben, in Endprodukte eingebaut worden sein könnten, die nach Orten außerhalb des EWR verkauft wurden, ändert dies im Übrigen nichts daran, dass effektiv ein Kaufgeschäft zwischen zwei verschiedenen Unternehmen im EWR stattgefunden hat, als die europäischen Tochtergesellschaften von Samsung die LCD der Klägerin gekauft haben. Die Kommission durfte daher davon ausgehen, dass es sich um Verkäufe handelte, die den Wettbewerb im Binnenmarkt beeinträchtigten. 86 Was den Umstand betrifft, dass die Kommission bei Samsung nur Verkäufe kartellbefangener LCD berücksichtigt hat, die von den europäischen Tochterunternehmen von Samsung in im EWR verkaufte Endprodukte eingebaut wurden, ist festzustellen, dass der Erstverkauf dieser kartellbefangenen LCD an ein drittes Unternehmen mit dem Verkauf des Endprodukts erfolgte. Um nur Verkäufe zu berücksichtigen, die in Zusammenhang mit dem EWR standen, war die Kommission daher berechtigt oder sogar verpflichtet, nur die Verkäufe kartellbefangener LCD zu berücksichtigen, die in Endprodukte eingebaut worden waren, die im EWR verkauft wurden. 87 Zum Argument der Klägerin, dass es nicht im Einklang mit der sich aus dem Urteil des Gerichtshofs vom 6. März 1974, Istituto Chemioterapico Italiano und Commercial Solvents/Kommission (6/73 und 7/73, Slg. 1974, 223, Rn. 33), ergebenden Rechtsprechung stehe, eine Unterscheidung nach der Bestimmung des Endprodukts vorzunehmen, ist darauf hinzuweisen, dass sich in der Rechtssache, in der jenes Urteil ergangen ist, eine andere Frage gestellt hat als im vorliegenden Fall. Es ging nämlich darum, ob das Verbot des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung gemäß Art. 102 AEUV anzuwenden ist, wenn der im Binnenmarkt ansässige Inhaber dieser Stellung durch deren missbräuchliche Ausnutzung einen ebenfalls in diesem Markt ansässigen Wettbewerber auszuschalten sucht. Nur insoweit war der Gerichtshof der Auffassung, dass es unerheblich ist, ob das fragliche Verhalten dieses Wettbewerbers seinen Export oder seinen Handel im Binnenmarkt betrifft. Der Gerichtshof hat auch hervorgehoben, dass die Ausschaltung dieses Wettbewerbers selbst Auswirkungen auf den Wettbewerb im Binnenmarkt haben wird (Urteil Istituto Chemioterapico Italiano und Commercial Solvents/Kommission, Rn. 33). Dagegen durfte im vorliegenden Fall die Kommission die Kategorie der „Unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ in der Weise definieren, dass sie allein auf Verkäufe kartellbefangener LCD beschränkt sei, die sich in Endprodukten wiederfänden, die im EWR verkauft würden. Hätte dieser Erstverkauf der kartellbefangenen Produkte an einen Dritten nicht im EWR stattgefunden, wäre nämlich der Bezug zwischen dem Binnenmarkt und der Zuwiderhandlung zu schwach gewesen. 88 Auch wenn schließlich nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch die LCD, die in andere, von Samsung an außerhalb des EWR ansässige Dritte verkaufte Endprodukte eingebaut wurden, anschließend in den EWR zurückgekehrt sind und daher dort den Wettbewerb verfälscht haben, ist zu beachten, dass der Kommission nach ständiger Rechtsprechung hinsichtlich der Methode zur Festsetzung der Geldbußen ein weites Ermessen zusteht. Diese in den Leitlinien von 2006 umschriebene Methode enthält verschiedene Spielräume, die es der Kommission ermöglichen, ihr Ermessen im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) auszuüben (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 3. September 2009, Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission, C-322/07 P, C-327/07 P und C-338/07 P, Slg. 2009, I-7191, Rn. 112, und vom 14. Oktober 2010, Deutsche Telekom/Kommission, C-280/08 P, Slg. 2010, I-9555, Rn. 271). Darüber hinaus ist die Kommission nicht verpflichtet, jedes wettbewerbswidrige Verhalten festzustellen und zu ahnden (Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2005, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑71/03, T‑74/03, T‑87/03 und T‑91/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 369). Da die Kommission im Übrigen das Konzept der „Unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“, das – unabhängig vom Ort ihrer Herstellung – nicht die Verkäufe von kartellbefangenen LCD erfasst, die in nach Orten außerhalb des EWR verkaufte Endprodukte eingebaut wurden, gegenüber allen vertikal integrierten Unternehmen anwandte, wurde keine ungerechtfertigte Diskriminierung vorgenommen. – Zu den angeblichen Diskriminierungen gegenüber zwei weiteren Adressaten des angefochtenen Beschlusses 89 Die Klägerin macht geltend, sie sei gegenüber zwei weiteren Kartellmitgliedern, und zwar gegenüber LGD und der Gesellschaft taiwanesischen Rechts AU Optronics Corp. (im Folgenden: AUO), die zu Konzernen mit einem vergleichbaren Grad vertikaler Integration wie sie gehörten, benachteiligt worden. Da die Kommission gegenüber diesen Mitgliedern nur das Konzept der „Unmittelbaren Verkäufe im EWR“ angewandt habe, seien nämlich deren Verkäufe kartellbefangener LCD an verbundene Unternehmen nur dann berücksichtigt worden, wenn der Käufer im EWR ansässig gewesen sei. Durch die Verwendung des Konzepts der „Unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ seien dagegen die internen Verkäufe der Klägerin auch dann in die Berechnung einbezogen worden, wenn sie an außerhalb des EWR ansässige Tochterunternehmen erfolgt seien, vorausgesetzt, dass die Endprodukte, die von diesen Tochterunternehmen unter Verwendung kartellbefangener LCD hergestellt worden seien, im EWR verkauft worden seien. Der diskriminierende Charakter der von der Kommission getroffenen Unterscheidung trete umso mehr zutage, als sie, wie aus den Erwägungsgründen 394 und 396 des angefochtenen Beschlusses hervorgehe, im Wesentlichen dieselben Beweise herangezogen habe, um einerseits den Einfluss des Kartells auf die Verkäufe der Klägerin an ihre Tochterunternehmen und andererseits seinen Einfluss auf die Verkäufe von LGD und AUO an die jeweils mit ihnen verbundenen Gesellschaften nachzuweisen. 90 Zunächst ist festzustellen, dass die Kommission in dem angefochtenen Beschluss nicht davon ausgegangen ist, dass LGD mit der Gesellschaft koreanischen Rechts LG Electronics, Inc. (im Folgenden: LGE) und der Gesellschaft niederländischen Rechts Koninklijke Philips Electronics NV (im Folgenden: Philips) ein einziges Unternehmen im Sinne der in den Rn. 6 und 69 des vorliegenden Urteils genannten Rechtsprechung bilde. Auch hielt sie AUO und die Gesellschaft taiwanesischen Rechts BenQ Corp. (im Folgenden: BenQ) nicht für ein einziges Unternehmen. Daher sah sie die Verkäufe von LGD an LGE und Philips sowie von AUO an BenQ als „Unmittelbare Verkäufe im EWR“ und nicht als „Unmittelbare Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ an. Die unterschiedliche Behandlung der Verkäufe der Klägerin ist dadurch gerechtfertigt, dass die Klägerin kartellbefangene LCD zunächst innerhalb desselben Unternehmens an außerhalb des EWR ansässige Unternehmen veräußert hat, die die LCD sodann in Endprodukte einbauten, die sie an im EWR ansässige Dritte verkauften. Dieser objektive Unterschied rechtfertigt es, die Verkäufe der Klägerin einer anderen Kategorie als die Verkäufe von LGD an LGE und Philips zuzuordnen. 91 Soweit ferner die in Rn. 89 des vorliegenden Urteils dargestellte Rüge der Klägerin dahin verstanden werden kann, dass der Kommission zum Vorwurf gemacht wird, sie habe entweder LGD, LGE und Philips oder AUO und BenQ nicht als ein einziges Unternehmen angesehen, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung eine Rüge, die sich auf einen Nichtigkeitsgrund bezieht, wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig ist, wenn die Nichtigerklärung der angefochtenen Rechtshandlung aufgrund dieses Klagegrundes, selbst wenn er begründet wäre, nicht geeignet wäre, dem Kläger Genugtuung zu verschaffen (Urteil des Gerichtshofs vom 9. Juni 2011, Evropaïki Dynamiki/EZB, C-401/09 P, Slg. 2011, I-4911, Rn. 49; vgl. in diesem Sinne auch Urteile des Gerichtshofs vom 15. März 1973, Marcato/Kommission, 37/72, Slg. 1973, 361, Rn. 2 bis 8, und vom 21. September 2000, EFMA/Rat, C-46/98 P, Slg. 2000, I-7079, Rn. 38). 92 Im vorliegenden Fall ist die Rüge der Klägerin deswegen unzulässig, weil – unterstellt, die Kommission hätte zu Unrecht verneint, dass LGD, LGE und Philips bzw. AUO und BenQ jeweils ein einziges Unternehmen bildeten ‐ dies der Klägerin in keiner Weise hätte zum Vorteil gereichen können. Entgegen ihrer Argumentation zeigten diese angeblichen Fehler der Kommission, selbst wenn sie erwiesen wären, nämlich nicht, dass das Konzept der „Unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ seinerseits fehlerhaft ist, da die Definition dieses Konzepts unabhängig davon ist, auf welche Fälle es angewandt wurde. Hätte die Kommission die vorstehend genannten Unternehmensgruppen jeweils als ein einziges Unternehmen angesehen, hätte sie Veräußerungen kartellbefangener LCD innerhalb desselben Unternehmens ganz einfach nicht als „EWR-Direktverkäufe“ erfassen können. Vielmehr hätte sie festgestellt, welche dieser Verkäufe die Voraussetzungen der „Unmittelbaren Verkäufe im EWR durch Verarbeitungsprodukte“ und damit genau die Bedingungen erfüllten, die auf die Verkäufe der Klägerin, die in diese Kategorie einbezogen wurden, angewandt wurden. 93 Selbst wenn sich die Klägerin auf die in Rn. 89 des vorliegenden Urteils angeführte Rüge sollte berufen können, ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung zum einen mit der Beachtung des Gebots rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden muss, das besagt, dass sich niemand zu seinem Vorteil auf einen gegenüber anderen begangenen Rechtsverstoß berufen kann; zum anderen kann ein Unternehmen, das durch sein Verhalten gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßen hat, nicht deshalb jeder Sanktion entgehen, weil gegen andere Wirtschaftsteilnehmer, mit deren Situation der Gemeinschaftsrichter – wie im vorliegenden Fall – nicht befasst ist, keine Geldbuße verhängt wurde (vgl. Urteil des Gerichts vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission, T-120/04, Slg. 2006, II-4441, Rn. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung). 94 Auch aus diesen Gründen hätte die Klägerin keinen Vorteil aus etwaigen Fehlern der Kommission im Zusammenhang mit der Frage, ob es sich bei LGD, LGE und Philips sowie AUO und BenQ jeweils um ein einziges Unternehmen handele, ziehen können. 95 Zu dem von der Klägerin vorgetragenen Umstand, dass die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte die Auffassung vertreten habe, dass es sich bei LGD, LGE und Philips um ein einziges Unternehmen handele, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorläufigen Charakter hat und Änderungen anlässlich der späteren Beurteilung zugänglich ist, die die Kommission auf der Grundlage der von den Beteiligten vorgelegten Stellungnahmen und weiterer Tatsachenfeststellungen vornimmt. Die Kommission muss nämlich die Ergebnisse des gesamten Verwaltungsverfahrens berücksichtigen, sei es, um bestimmte Beschwerdepunkte fallen zu lassen, die nicht ausreichend begründet sind, sei es, um ihre Argumente, auf die sie die aufrechterhaltenen Beschwerdepunkte stützt, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht neu zu ordnen oder zu ergänzen. Daher hindert die Mitteilung der Beschwerdepunkte die Kommission keineswegs, ihre Haltung zugunsten der betroffenen Unternehmen zu ändern (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C-413/06 P, Slg. 2008, I-4951, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). 96 Somit ist die Kommission nicht an ihre tatsächlichen oder rechtlichen Beurteilungen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte gebunden. Im Gegenteil, sie muss ihre abschließende Entscheidung mit ihrer endgültigen Beurteilung, die auf den Ergebnissen ihrer gesamten Untersuchung beruht, wie sie beim Abschluss des Verwaltungsverfahrens vorliegen, begründen. Im Übrigen ist die Kommission nicht verpflichtet, eventuelle Unterschiede ihrer endgültigen Beurteilung gegenüber ihrer vorläufigen Beurteilung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu erläutern (vgl. Urteil Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, Rn. 64 und 65 und die dort angeführte Rechtsprechung). 97 Daher war die Kommission nicht verpflichtet, in dem angefochtenen Beschluss zu erklären, aus welchen Gründen sie schließlich der Auffassung war, dass LGD nicht ein einziges Unternehmen mit LGE und Philips bilde. 98 Schließlich ist das Vorbringen der Klägerin, das darauf abhebt, dass die von der Kommission sowohl in Bezug auf die Verkäufe von kartellbefangenen LCD innerhalb von Unternehmen als auch auf solche an mit den Mitgliedern in besonderer Weise verbundene Unternehmen angestellten Erwägungen und von ihr herangezogenen Beweismittel im Wesentlichen dieselben seien, als ins Leere gehend zurückzuweisen. Dieser Umstand ändert nämlich nichts daran, dass das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines einzigen Unternehmens im Sinne der in den Rn. 6 und 69 des vorliegenden Urteils genannten Rechtsprechung genügt, um zu rechtfertigen, dass die Kommission die Verkäufe, die in jedem der beiden Fälle getätigt wurden, zum Zweck der Geldbuße unterschiedlich einstuft. 99 Aufgrund dieser Erwägungen ist auch der zweite Teil des ersten Klagegrundes und folglich dieser Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. 2. Zum zweiten Klagegrund: Verstoß der Kommission gegen die Art. 101 AEUV und 53 EWR-Abkommen durch die Feststellung, dass sich die Zuwiderhandlung auf TV-LCD erstreckt habe 100 Mit dem vorliegenden Klagegrund stellt die Klägerin im Wesentlichen in Abrede, dass ihr wettbewerbswidriges Verhalten in Bezug auf TV-LCD und IT‑LCD als ein und dieselbe einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung verstanden werden könne. Darüber hinaus wirft sie der Kommission vor, nicht berücksichtigt zu haben, dass sich die koreanischen Mitglieder des in dem angefochtenen Beschluss festgestellten Kartells mit den japanischen TV-LCD-Lieferanten über diese Produkte abgestimmt hätten. Vorbemerkungen 101 Zunächst ist zu beachten, dass der Begriff der einheitlichen Zuwiderhandlung eine Situation erfasst, in der mehrere Unternehmen an einer Zuwiderhandlung, die aus einem fortgesetzten Verhalten bestand, mit dem ein einziges wirtschaftliches Ziel verfolgt wurde, nämlich die Verfälschung des Wettbewerbs, oder aber an einzelnen Zuwiderhandlungen beteiligt waren, die miteinander durch eine Übereinstimmung des Zwecks (ein und dieselbe Zielsetzung sämtlicher Bestandteile) und der Personen (Übereinstimmung der beteiligten Unternehmen, die sich der Beteiligung am gemeinsamen Zweck bewusst waren) verbunden waren (vgl. Urteil des Gerichts vom 28. April 2010, Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, T-446/05, Slg. 2010, II-1255, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung). 102 Sodann ist darauf hinzuweisen, dass sich ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem fortgesetzten Verhalten ergeben kann. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass ein oder mehrere Teile dieser Reihe von Handlungen oder dieses fortgesetzten Verhaltens auch für sich genommen und isoliert betrachtet einen Verstoß gegen die genannte Vorschrift darstellen könnten. Fügen sich die verschiedenen Handlungen wegen ihres identischen Zwecks der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts in einen Gesamtplan ein, so ist die Kommission berechtigt, die Verantwortung für diese Handlungen anhand der Beteiligung an der Zuwiderhandlung als Ganzes aufzuerlegen (vgl. Urteil Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, Rn. 90 und die dort angeführte Rechtsprechung). 103 Es ist auch klarzustellen, dass das einzige Ziel des Gesamtplans, das für eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung kennzeichnend ist, nicht durch einen allgemeinen Verweis auf die Verzerrung des Wettbewerbs auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt bestimmt werden kann, da die Beeinträchtigung des Wettbewerbs als Ziel oder Wirkung jedem von Art. 101 Abs. 1 AEUV erfassten Verhalten eigen ist. Eine solche Definition des Begriffs des einzigen Ziels könnte dem Begriff der einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung teilweise ihren Sinn nehmen, da sie zur Folge hätte, dass mehrere einen Wirtschaftssektor betreffende Verhaltensweisen, die nach Art. 101 Abs. 1 EG verboten sind, systematisch als Bestandteile einer einheitlichen Zuwiderhandlung eingestuft werden müssten. Es ist somit bei der Einstufung unterschiedlicher Vorgänge als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung zu prüfen, ob zwischen ihnen insofern ein Komplementaritätsverhältnis besteht, als jede von ihnen eine oder mehrere Folgen des normalen Wettbewerbs beseitigen soll und durch Interaktion zur Verwirklichung sämtlicher wettbewerbswidriger Wirkungen beiträgt, die ihre Urheber im Rahmen eines auf ein einziges Ziel gerichteten Gesamtplans anstreben. Insoweit sind alle Umstände zu berücksichtigen, die diese Verbindung nachweisen oder in Frage stellen können, wie der Anwendungszeitraum, der Inhalt (einschließlich der verwendeten Methoden) und im Zusammenhang damit das Ziel der verschiedenen fraglichen Handlungen (vgl. Urteil Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, Rn. 92 und die dort angeführte Rechtsprechung). 104 Das Vorbringen der Klägerin ist nach einer Zusammenfassung der insoweit maßgeblichen Feststellungen der Kommission im angefochtenen Beschluss im Licht dieser Grundsätze zu prüfen. Feststellungen im angefochtenen Beschluss 105 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Zuwiderhandlung, die die Kommission den Adressaten des angefochtenen Beschlusses vorgeworfen hat, darin besteht, dass sie zum einen an den „Kristalltreffen“, bei denen sie die Mindestpreise für die kartellbefangenen LCD festgesetzt, ihre Prognosen für die Preise zur Vermeidung eines Preisrückgangs erörtert sowie Preiserhöhungen und Produktionsmengen koordiniert hätten, und zum anderen an bilateralen Zusammenkünften, bei denen es um bei den „Kristalltreffen“ erörterte Themen gegangen sei, teilgenommen hätten (siehe oben, Rn. 15). 106 Im Einzelnen führte die Kommission in dem angefochtenen Beschluss aus, dass sich die Kartellmitglieder erstens an einem einheitlichen, komplexen und fortgesetzten Kartell für IT‑LCD und TV-LCD, das aus mehreren zusammenhängenden und voneinander abhängigen Handlungen bestanden habe, die während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung angedauert hätten, betätigt hätten, damit die Preise dieser LCD auf dem Weltmarkt und im EWR angehoben und beibehalten würden (283. Erwägungsgrund). 107 Zweitens gehörten dem angefochtenen Beschluss zufolge die Festsetzung der Preise im Wege der Preiserhöhung, die Festsetzung von Preisklassen und von Mindest- oder Zielpreisen sowie die Annahme einer gemeinsamen Haltung und einer künftigen Strategie bezüglich der preisbildenden Parameter, wie Produktion, Kapazitäten, Lieferung und Nachfrage, in Verbindung mit einem Überwachungssystem zur Sicherstellung der Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen zu den Elementen, die Teil eines Gesamtplans mit dem gemeinsamen Ziel seien, die Preise für den weltweiten Absatz, und damit auch den Absatz im EWR, sowohl von IT‑LCD als auch von TV-LCD zu kontrollieren (284. Erwägungsgrund). 108 Drittens stellte die Kommission fest, dass die Merkmale der Zuwiderhandlung, die Handlungsschwerpunkte und die Organisation während des gesamten Zeitraums der Zuwiderhandlung dem gleichen Muster gefolgt seien. Die Art des Zusammenwirkens habe sich im Lauf der Zeit geändert, doch dies sei bei einem lange währenden Kartell, dessen Teilnehmer sich, u. a. um nicht entdeckt zu werden, den veränderten Umständen angepasst hätten, als normal anzusehen. Daher wird in dem angefochtenen Beschluss festgestellt, dass die Teilnahme von Sekretariats- statt – wie zuvor – Leitungspersonal an den ab Mai 2005 durchgeführten Kartelltreffen nicht zu einer Änderung der Art der Zusammenkünfte geführt habe, die weiterhin auf die Festsetzung der Preise und die Kontrolle der Parameter wie der Herstellung kartellbefangener LCD gerichtet gewesen seien (287. Erwägungsgrund). 109 Viertens stellte die Kommission fest, dass sich die Gespräche im ersten Kartelljahr auf IT‑LCD konzentriert hätten, und wies darauf hin, dass TV-LCD ab September 2002 in diese Gespräche einbezogen worden seien. Als jedoch mehr Kartellmitglieder die Herstellung von TV-LCD aufgenommen hätten, hätten sie auch mit dem gegenseitigen Austausch ihrer entsprechenden Daten begonnen. Seitdem seien zum einen bei den auf IT‑LCD bezogenen Treffen systematisch TV-LCD Gesprächsgegenstand gewesen; zum anderen hätten die Teilnehmer die Kapazitäten zwischen den verschiedenen Anwendungen der kartellbefangenen LCD aufteilen können, um die Nachfrage und dadurch auch den Preis dieser Produkte zu beeinflussen. Aufgrund dieser Erwägungen kam die Kommission zu dem Schluss, dass dieselben Unternehmen in Bezug auf TV-LCD im Rahmen desselben Gesamtplans dasselbe Ziel verfolgten und in derselben Weise vorgingen wie bei den Gesprächen über IT‑LCD, die seit 2001 stattgefunden hätten (Erwägungsgründe 288 und 289). Würdigung der Einwände gegen die Feststellungen im angefochtenen Beschluss 110 Aus zahlreichen Unterlagen, die die Kommission zusammengetragen hat, ergibt sich, dass die Kartellmitglieder in der Lage waren, ihre Produktionskapazitäten zwischen IT‑LCD und TV-LCD neu aufzuteilen, um die Nachfrage und damit die Preise dieser Produkte zu beeinflussen. 111 Insoweit zitiert erstens der 154. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aus den Aufzeichnungen eines Teilnehmers des „Kristalltreffens“ vom 11. Juni 2003, an dem die Klägerin teilnahm, und gibt eine Erklärung von [vertraulich] wie folgt wieder: „[W]enn die derzeitigen Kunden im Monitor- und Notebook-Sektor ihre Bestellungen reduzieren, wird die Produktionskapazität entsprechend auf die Herstellung von Fernsehgeräten verlagert …“ 112 Zweitens ergibt sich aus einer im 155. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erwähnten E-Mail zu dem „Kristalltreffen“ vom 9. Juli 2003, dass die Klägerin ihre Prioritäten bei der Verteilung ihrer LCD-Produktionskapazitäten zwischen TV-LCD und IT‑LCD nach den erwarteten Gewinnspannen festlege. In dieser E-Mail ist auch von einer Verlagerung der Produktionskapazitäten von [vertraulich] von IT‑LCD auf TV-LCD die Rede. Im Übrigen werde in dem Protokoll, das einer der Teilnehmer dieses Treffens erstellt habe, darauf hingewiesen, dass – wie im 156. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nochmals aufgegriffen – die Herstellung von Monitoren für die Klägerin eine Möglichkeit dargestellt habe, alle verfügbaren Produktionskapazitäten auszuschöpfen. 113 Drittens heißt es in einer internen E-Mail von [vertraulich] über das Protokoll des „Kristalltreffens“ vom 5. Februar 2004, das bei der Klägerin stattgefunden habe, dass [vertraulich] ihre Produktionskapazitäten u. a. auf TV-LCD verlagere. 114 Viertens bezog sich die Kommission im 187. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf die Aufzeichnungen eines Teilnehmers des „Kristalltreffens“ vom 4. November 2004, in denen von Gesprächen über die Umverteilung der Produktionskapazitäten zwischen den verschiedenen Anwendungen der kartellbefangenen LCD zur Beeinflussung der Nachfrage die Rede gewesen sei. Insbesondere habe [vertraulich] „ihre Absicht [bestätigt], die Produktion des MEP 17″ nur zu starten, wenn die Nachfrage des Marktes nach Fernsehapparaten beschränkt ist und sie keine Alternative hat“. Nach diesen Aufzeichnungen war das Angebot der Klägerin an bestimmten TV-LCD mittlerweile unzureichend, da sie ihre Produktionskapazitäten auf andere LCD [vertraulich] gelenkt habe, nämlich, wie die Klägerin auf eine schriftliche Frage des Gerichts bestätigt hat, auf IT‑LCD. 115 Fünftens zitiert die Kommission im 192. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aus Aufzeichnungen zum „Kristalltreffen“ vom 7. Januar 2005, an dem die Klägerin teilgenommen habe; nach diesen Aufzeichnungen hat ein weiteres Kartellmitglied seine Produktionskapazitäten für Monitore auf Notebooks und Fernsehgeräte verlagert. 116 Sechstens erwähnt die Kommission im 220. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass die Klägerin nach dem Protokoll von [vertraulich] über das „Kristalltreffen“ vom 4. November 2005 ihre Verkaufsmengen und Produktionskapazitäten bei dieser Gelegenheit vorgestellt habe. Insoweit wird in dem Protokoll festgestellt, dass die Klägerin im November 2005 fast 100 % der Produktionskapazitäten bestimmter Fertigungsstätten für die Herstellung von TV-LCD verwendet habe. 117 Siebtens nahm die Kommission im 223. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses Bezug auf Unterlagen des „Kristalltreffens“ vom 6. Dezember 2005, an dem die Klägerin teilgenommen hat. Es heiße darin, eines der Kartellmitglieder habe einen Teil seiner Produktionskapazitäten auf Fernsehgeräte und Notebooks verlagert. 118 Diese Beweismittel belegen, dass die Kartellmitglieder, einschließlich der Klägerin, ihre Produktionskapazitäten von IT‑LCD auf TV-LCD und umgekehrt verlagern konnten und mehrfach verlagert haben, um die Preise der verschiedenen Produkte auf dem vorgesehenen Niveau zu halten oder zumindest einen Preisverfall zu begrenzen. Sie rechtfertigen daher die Schlussfolgerung, dass zwischen den Beschlüssen und Informationen, die zu den beiden Arten der kartellbefangenen LCD gefasst und ausgetauscht worden sind, ein Komplementaritätsverhältnis im Sinne der in Rn. 103 des vorliegenden Urteils genannten Rechtsprechung bestand. 119 Zum Vorbringen der Klägerin, der Informationsaustausch zwischen den Kartellmitgliedern über die TV-LCD sei flüchtig gewesen und habe nur sporadisch stattgefunden, ist festzustellen, dass die im angefochtenen Beschluss enthaltenen Beweise zunächst zeigen, dass die Teilnehmer der Kartelltreffen mehrfach übereingekommen sind, das Preisniveau der TV-LCD konstant zu halten. Wie im 154. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, wurden bei dem „Kristalltreffen“ vom 11. Juni 2003 Informationen u. a. zur Preisstrategie (price policies) ausgetauscht, die eines der Kartellmitglieder u. a. für TV-LCD verfolgt habe. Ferner wurden Tabellen zur Preisentwicklung verschiedener Typen kartellbefangener LCD in den Monaten Mai, Juni und Juli 2003 untersucht. Eine dieser Tabellen enthält Daten zu TV-LCD. Sodann nahm die Kommission im 165. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf Unterlagen zum „Kristalltreffen“ vom 7. November 2003 Bezug, wonach die Teilnehmer sich das Ziel der Preiserhöhung bei den für Notebooks bestimmten LCD und die Beibehaltung des Preisniveaus für die anderen kartellbefangenen LCD unter ausdrücklicher Erwähnung der TV-LCD gesetzt hätten. Einem Protokoll dieses Treffens sind Tabellen mit den Preisen mehrerer Kategorien kartellbefangener LCD, darunter TV-LCD, des Jahres 2003 beigefügt. Weitere Beispiele dafür, dass bei den Kartelltreffen Daten, u. a. Preise und Produktionskapazitäten, nicht nur in Bezug auf die IT‑LCD, sondern auch auf die TV-LCD erörtert worden sind, enthalten die Erwägungsgründe 167, 171, 173, 174, 202 und 214 des angefochtenen Beschlusses sowie die Unterlagen der Kommission, auf die in diesen Erwägungsgründen verwiesen wird. 120 Auch wenn die Kartellmitglieder über IT‑LCD in größerem Umfang oder sensiblere Informationen ausgetauscht haben sollten als über TV-LCD, können die von der Kommission zusammengetragenen Beweise belegen, dass alle diese Informationen gleichzeitig, häufig durch dieselben Unterlagen und vor allem mit demselben Ziel ausgetauscht wurden. Der sensible Charakter und die Detailliertheit der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Informationen ergibt sich im Übrigen aus dem 202. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach einem Dokument über das „Kristalltreffen“ vom 5. Mai 2005 zu entnehmen sei, dass für die Klägerin angesichts der Kapazitätsengpässe der Preis eines Segments von TV-LCD im Mai von 5 auf 10 US-Dollar (USD) gestiegen sei, was zum Preis von 230 USD geführt habe. 121 Was das Vorbringen der Klägerin betrifft, in den Gesprächen über TV-LCD sei eine fortgesetzte Abwärtsentwicklung der Preise für diese Produkte zutage getreten, ist festzustellen, dass eine Reihe von Unterlagen, auf die sich die Kommission in dem angefochtenen Beschluss gestützt hat, belegt, dass die Kartellmitglieder die Absicht verfolgten, die Preise dieser LCD konstant zu halten, und dass in absehbarer Zukunft keine Preissenkungen vorherzusehen waren (vgl. Erwägungsgründe 165, 167, 173 und 207 des angefochtenen Beschlusses). Auch wenn die Kartellgespräche in vielen Fällen nur zu Preissenkungsbeschlüssen geführt haben sollten, hätte dieses abgestimmte Verhalten gleichwohl den Wettbewerb verfälscht, da die Preissenkungen jedenfalls abgestimmt waren und ohne ein konzertiertes Zusammenwirken umfangreicher hätten sein können. Zudem erlaubte es die Möglichkeit, die Produktionskapazitäten zu verlagern, die Gegenstand der Kartelldiskussionen war, den Kartellmitgliedern, auf Preissenkungen von TV-LCD in abgestimmter Weise im Rahmen eines Gesamtplans zu reagieren. 122 Was das weitere Vorbringen der Klägerin betrifft, das von den Kartellmitgliedern zu den Kartelltreffen entsandte Personal sei im IT‑LCD-, nicht aber im TV-LCD-Bereich spezialisiert gewesen, so kann dieser Umstand zwar dahin verstanden werden, dass die IT‑LCD aus Sicht der betroffenen Unternehmen wichtiger gewesen seien, doch bedeutet es nicht, dass die TV-LCD nur Gegenstand flüchtiger und sporadischer Gespräche waren. Wie die Kommission zu Recht feststellt, zeigt dieser Umstand nämlich, dass der Informationsaustausch über TV-LCD geplant war, da sich das Personal, das an den Treffen teilnahm, für dieses nicht zu seinem Haupttätigkeitsbereich gehörende Thema vorbereiten musste. 123 Nach alledem gehörte der Datenaustausch über TV-LCD und über IT‑LCD zum selben Gesamtplan und daher zur selben einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung. 124 Die übrigen Argumente der Klägerin stellen die Feststellung, dass eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung, die sich sowohl auf IT‑LCD als auch auf TV-LCD bezog und die die Kommission mit einer Gesamtgeldbuße ahnden konnte, nicht in Frage. 125 Erstens ist völlig unerheblich, dass die Kartellmitglieder mit den Gesprächen über TV-LCD-Daten erst nach einer ersten Phase begonnen haben, in dem sich das Kartell nur auf IT‑LCD bezogen hatte. Da nämlich der Informationsaustausch und die bei den Kartelltreffen gefassten Beschlüsse zu TV-LCD nachweislich auf demselben Gesamtplan beruhten wie demjenigen für IT‑LCD, ist der Zeitpunkt, zu dem das Kartell in Bezug auf die einzelnen Mitglieder ausgeweitet wurde, ohne Bedeutung. Zudem hat die Kommission für die Festsetzung der Geldbuße den relevanten Durchschnittsumsatz der Adressaten des angefochtenen Beschlusses während des gesamten Zeitraums der Zuwiderhandlung berücksichtigt. Dieser Durchschnittswert wird zugunsten der Klägerin dadurch beeinflusst, dass sie zu Beginn des Zeitraums der Zuwiderhandlung keine TV-LCD herstellte. 126 Im Übrigen ändert der Umstand, dass die Klägerin bei Beginn des Datenaustauschs über TV-LCD in den „Kristalltreffen“ keine TV-LCD herstellte, nichts daran, dass sie sich bei der Ausweitung ihrer Tätigkeit auf TV-LCD die Informationen zunutze machen konnte, die ihr hinsichtlich der früheren Preise und Produktionskapazitäten der anderen Kartellmitglieder in diesem Bereich zur Verfügung standen. Insoweit kann nach ständiger Rechtsprechung ein Unternehmen auch dann für eine abgestimmte Verhaltensweise verantwortlich gemacht werden, wenn sich seine Teilnahme nur auf die Entgegennahme von Informationen über das künftige Verhalten seiner Wettbewerber beschränkt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2008, Lafarge/Kommission, T‑54/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 459 und 460 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es ist auch möglich, dass sich ein Unternehmen nur an einem Teil des wettbewerbswidrigen Verhaltens, das die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bildet, unmittelbar beteiligt hat, aber von dem gesamten übrigen rechtswidrigen Verhalten, das die anderen Kartellbeteiligten in Verfolgung der gleichen Ziele beabsichtigten oder an den Tag legten, wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen. In einem solchen Fall darf die Kommission diesem Unternehmen die Verantwortlichkeit für das gesamte wettbewerbswidrige Verhalten, das eine solche Zuwiderhandlung bildet, und folglich für diese insgesamt auferlegen (Urteil des Gerichtshofs vom 6. Dezember 2012, Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, Rn. 43). 127 Unter diesen Umständen braucht der von der Klägerin in Abrede gestellte Beweiswert des Dokuments, auf das die Kommission ihre Annahme gestützt hat, dass die Ausweitung des Kartells auf die TV-LCD im September 2002 begonnen habe, nicht geprüft zu werden. 128 Zweitens ist unerheblich, dass IT‑LCD und TV-LCD, wie die Klägerin behauptet, womöglich jeweils zu unterschiedlichen Märkten gehören. Eine einheitliche Zuwiderhandlung muss nicht notwendigerweise ein und dasselbe Produkt oder substituierbare Produkte betreffen. Insoweit sind auch andere Kriterien maßgeblich, beispielsweise die Identität oder die Verschiedenartigkeit der Ziele der betreffenden Praktiken, die Identität der daran beteiligten Unternehmen, die Identität der Durchführungsmodalitäten dieser Praktiken, die Identität der natürlichen Personen, die für die Unternehmen tätig wurden, und die Identität des räumlichen Anwendungsbereichs der betreffenden Praktiken (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2012, Almamet/Kommission, T‑410/09, Rn. 172 und 174 und die dort angeführte Rechtsprechung). Diese Kriterien sind, wie aus den Rn. 110 bis 127 des vorliegenden Urteils hervorgeht, im vorliegenden Fall erfüllt. 129 Im Übrigen ist nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen der Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV der relevante Markt zu definieren, um zu bestimmen, ob eine Vereinbarung den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezweckt oder bewirkt. Folglich muss die Kommission in einer Entscheidung nach Art. 101 Abs. 1 AEUV nur dann den relevanten Markt abgrenzen, wenn ohne eine solche Abgrenzung nicht bestimmt werden kann, ob die Vereinbarung, der Beschluss der Unternehmensvereinigung oder die abgestimmte Verhaltensweise, um die es geht, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt (Urteile des Gerichts vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T-38/02, Slg. 2005, II-4407, Rn. 99, und vom 6. Dezember 2005, Brouwerij Haacht/Kommission, T-48/02, Slg. 2005, II-5259, Rn. 58; vgl. in diesem Sinne auch Beschluss des Gerichtshofs vom 16. Februar 2006, Adriatica di Navigazione/Kommission, C‑111/04 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 31). 130 Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nicht bestritten, dass das Kartell den Wettbewerb zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet war und eine Einschränkung und Verfälschung des Wettbewerbs im Binnenmarkt bezweckte. 131 Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung auch klargestellt worden, dass der Markt, auf den sich eine Entscheidung der Kommission bezieht, mit der ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV festgestellt wird, durch die Kartellvereinbarungen und ‑aktivitäten bestimmt wird (vgl. Urteil des Gerichts vom 24. März 2011, IBP und International Building Products France/Kommission, T-384/06, Slg. 2011, II-1177, Rn. 118 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall haben die Kartellmitglieder, wie von der Kommission zutreffend festgestellt, ihr wettbewerbswidriges Verhalten aus freien Stücken sowohl auf IT‑LCD als auch auf TV-LCD konzentriert. 132 Sodann ist das Argument zu prüfen, das die Klägerin aus dem Urteil des Gerichts vom 11. Dezember 2003, Adriatica di Navigazione/Kommission (T-61/99, Slg. 2003, II-5349, Rn. 36), herzuleiten versucht, um zu belegen, dass die Kommission die relevanten Märkte nicht ausreichend bestimmt und damit die genaue Art und den genauen Umfang der in dem angefochtenen Beschluss festgestellten Zuwiderhandlung falsch verstanden habe. 133 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach Rn. 30 des Urteils Adriatica di Navigazione/Kommission Rügen zur Abgrenzung des relevanten Marktes durch die Kommission auch andere Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der Anwendung des Art. 101 Abs. 1 AEUV als die Einschränkung des Wettbewerbs im Binnenmarkt und die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten betreffen können, wie z. B. die Reichweite des fraglichen Kartells, seinen einheitlichen oder umfassenden Charakter oder das Ausmaß der individuellen Beteiligung jedes der betroffenen Unternehmen. Ebenso hat das Gericht in den Rn. 31 und 32 des genannten Urteils hervorgehoben, dass eine Entscheidung, in der die Kommission die Beteiligung an einem Kartell feststellt, Folgen für die Beziehungen der Adressaten dieser Entscheidung zu Dritten haben kann. Es ist auch wünschenswert, dass die Kommission, wenn sie eine Entscheidung erlässt, in der die Beteiligung eines Unternehmens an einer komplexen, kollektiven und ununterbrochenen Zuwiderhandlung festgestellt wird, über die Prüfung der besonderen Tatbestandsmerkmale des Art. 101 Abs. 1 AEUV hinaus berücksichtigt, dass eine solche Entscheidung nur insoweit zur persönlichen Verantwortlichkeit jedes ihrer Adressaten führen kann, als deren Beteiligung an den geahndeten kollektiven Verhaltensweisen nachgewiesen ist und diese zutreffend umrissen sind. 134 Auch im Licht dieser Rechtsprechung kann das Vorbringen der Klägerin jedoch im vorliegenden Fall nicht durchgreifen. Aus den Rn. 110 bis 127 des vorliegenden Urteils ergibt sich nämlich, dass die Kommission die Klägerin nur für die Begehung der Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht hat, die sich durch die Teilnahme an den „Kristalltreffen“ und den mit diesen zusammenhängenden bilateralen Treffen konkretisiert hat, mit denen das Ziel verfolgt wurde, die Preise und Produktionskapazitäten sowohl von IT‑LCD als auch von TV-LCD abzustimmen. Daher hat das Fehlen einer genaueren Bestimmung der von dem Kartell betroffenen Märkte die Klägerin nicht den Risiken ausgesetzt, auf die das Gericht in dem in Rn. 133 des vorliegenden Urteils genannten Urteil Adriatica di Navigazione/Kommission hingewiesen hat. Nichtberücksichtigung der Kontakte mit japanischen Lieferanten 135 Die Klägerin rügt, die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass sich die koreanischen Teilnehmer an der im angefochtenen Beschluss festgestellten Zuwiderhandlung mit japanischen TV-LCD-Lieferanten abgestimmt hätten, die – zusammen mit diesen koreanischen Teilnehmern – die Hauptakteure auf diesem Markt seien, wohingegen die Klägerin dort nur eine untergeordnete Rolle spiele. Die tatsächliche Zuwiderhandlung, gegen die die Kommission bezüglich dieser LCD hätte vorgehen müssen, bestehe im Zusammenwirken zwischen den Hauptakteuren dieses Marktes. Die Kommission habe daher die Begründungspflicht verletzt und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen. Vorbemerkungen 136 Es ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung zum Begriff der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung es der Kommission zwar ermöglicht, mit einem einzigen Verfahren und einer einzigen Entscheidung gleichzeitig mehrere Verhaltensweisen zu verfolgen, gegen die auch einzeln hätte vorgegangen werden können, sie jedoch nicht dazu führt, dass die Kommission verpflichtet wäre, so zu verfahren. Selbst wenn die vermeintliche Abstimmung zwischen den japanischen TV-LCD-Herstellern und den koreanischen Mitgliedern des Kartells, dem der angefochtene Beschluss gegolten hat, einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV dargestellt und dieser Verstoß auf derselben einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, die in dem angefochtenen Beschluss festgestellt worden ist, beruht haben sollte, wäre die Kommission daher doch nicht verpflichtet gewesen, alle diese Verhaltensweisen gleichzeitig zu verfolgen. 137 Die Kommission verfügt nämlich über ein Ermessen hinsichtlich des Umfangs der Verfahren, die sie einleitet. Nach der Rechtsprechung kann sie hierbei nicht verpflichtet sein, jedes wettbewerbswidrige Verhalten festzustellen und zu ahnden, noch könnten die Unionsgerichte entscheiden – wenn auch nur zur Herabsetzung der Geldbuße –, dass die Kommission angesichts der ihr zur Verfügung stehenden Beweise das Vorliegen einer Zuwiderhandlung eines bestimmten Unternehmens während eines bestimmten Zeitraums hätte feststellen müssen (vgl. in diesem Sinne Tokai Carbon u. a./Kommission, Rn. 369 und 370). 138 Die Ausübung dieses Ermessens unterliegt der gerichtlichen Kontrolle. Jedoch kann nach der Rechtsprechung nur dann, wenn sich erweisen sollte, dass die Kommission einen einheitlichen Lebenssachverhalt ohne sachlichen Grund zwei getrennten Verfahren zugeordnet hat, ihre Entscheidung als ermessensmissbräuchlich angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 29. Juni 2010, Kommission/Alrosa, C-441/07 P, Slg. 2010, I-5949, Rn. 89). 139 Im vorliegenden Fall war die Kommission der Auffassung, sie verfüge nicht oder noch nicht über hinreichende Beweise gegen die japanischen Lieferanten und beschloss daher, sie nicht gleichzeitig mit der Klägerin und den anderen Adressaten des angefochtenen Beschlusses zu verfolgen, gegen die sie demgegenüber, wie vorstehend (Rn. 110 bis 134) festgestellt, über zahlreiche Beweise für das Vorliegen einer Zuwiderhandlung, und zwar sowohl in Bezug auf IT‑LCD als auch in Bezug auf TV-LCD, verfügte. Dies stellt einen objektiven Grund dar, der die Entscheidung der Kommission rechtfertigt. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Kommission im Rahmen eines gegen die japanischen Lieferanten eingeleiteten Verfahrens gegenüber der Klägerin insbesondere den Grundsatz ne bis in idem zu beachten haben wird. Zum angeblichen Verstoß gegen die Begründungspflicht 140 Die Klägerin macht geltend, die Kommission hätte in dem angefochtenen Beschluss die Gründe erläutern müssen, aus denen sie die japanischen TV-LCD-Lieferanten von dem Verfahren, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt habe, ausgeschlossen habe. 141 Insoweit ist zu beachten, dass die Kommission nicht verpflichtet war, in dem angefochtenen Beschluss zu begründen, warum die japanischen Lieferanten im Rahmen dieses Verfahrens nicht verfolgt wurden. Nach der Rechtsprechung kann nämlich die Pflicht zur Begründung eines Rechtsakts das Organ, das ihn erlässt, nicht zur Angabe der Gründe verpflichten, aus denen es nicht gleichartige Rechtsakte gegenüber Dritten erließ (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T-67/00, T-68/00, T-71/00 und T-78/00, Slg. 2004, II-2501, Rn. 414, und vom 4. Juli 2006, Hoek Loos/Kommission, T-304/02, Slg. 2006, II-1887, Rn. 63). Zum angeblichen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung 142 Es ist darauf hinzuweisen, dass ein Unternehmen, das durch sein Verhalten gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßen hat, nach der in Rn. 93 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung nicht deshalb jeder Sanktion entgehen kann, weil, wie im vorliegenden Fall, gegen andere Wirtschaftsteilnehmer, mit deren Situation das Unionsgericht nicht befasst ist, keine Geldbuße verhängt wurde. Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission zwar die an demselben Kartell beteiligten Unternehmen nicht unterschiedlich behandeln darf, die der Klägerin vorgeworfene Zuwiderhandlung jedoch in den Absprachen besteht, die bei den „Kristalltreffen“ und den mit diesen zusammenhängenden bilateralen Treffen zwischen den taiwanesischen und koreanischen Lieferanten kartellbefangener LCD getroffen wurden. Da die japanischen Lieferanten an diesen Absprachen nicht teilgenommen haben, ist der angefochtene Beschluss insoweit nicht mit dem Mangel einer Ungleichbehandlung behaftet. 143 Zum Vorbringen der Klägerin, die einzig wichtigen Gespräche über TV-LCD seien die mit den japanischen Lieferanten gewesen, an denen die Klägerin nicht teilgenommen habe, genügt der Hinweis, dass die Kommission ausreichend Beweise dafür beigebracht hat, dass sich die Adressaten des angefochtenen Beschlusses im Rahmen eines Gesamtplans sowohl über IT‑LCD als auch über TV-LCD abgestimmt haben (siehe oben, Rn. 105 bis 134). Diese Abstimmung stellt eine Zuwiderhandlung dar, die die Kommission unabhängig davon verfolgen kann, ob es andere Zuwiderhandlungen bezüglich TV-LCD gibt, an denen womöglich bestimmte andere Adressaten des angefochtenen Beschlusses als die Klägerin beteiligt waren. 144 Zur Argumentation, die die Klägerin aus der Verwaltungspraxis der Kommission, insbesondere aus der Entscheidung K (2008) 5955 endg. der Kommission vom 15. Oktober 2008 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] (Sache COMP/39.188 – Bananen) (im Folgenden: Bananen-Entscheidung), herleiten möchte, ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung eine Entscheidungspraxis der Kommission nicht den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bilden kann und Entscheidungen in anderen Fällen nur Hinweischarakter in Bezug auf das eventuelle Vorliegen einer Diskriminierung haben, da es wenig wahrscheinlich ist, dass die für sie kennzeichnenden Umstände wie die Märkte, die Waren, die Unternehmen und die betroffenen Zeiträume die gleichen sind (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Carbone-Lorraine/Kommission, T-73/04, Slg. 2008, II-2661, Rn. 92 und die dort angeführte Rechtsprechung). 145 Um die Unterschiede zwischen dem der Bananen-Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt und demjenigen des vorliegenden Falls zu verdeutlichen, ist zu beachten, dass einem der Beteiligten an der Zuwiderhandlung, um die es in jener Entscheidung ging, eine Herabsetzung der Geldbuße um 10 % wegen mildernder Umstände gewährt wurde, da sich aus den Akten nicht ergeben habe, dass er von bestimmten Aspekten dieser Zuwiderhandlung Kenntnis besessen habe, an denen er nicht unmittelbar beteiligt gewesen sei oder die er vernünftigerweise nicht habe voraussehen können (vgl. Erwägungsgründe 465 und 466 der Bananen-Entscheidung). 146 Da die Klägerin, die sehr wohl an allen Aspekten der in dem angefochtenen Beschluss festgestellten Zuwiderhandlung beteiligt war, sich darauf berufen will, dass sie nicht an einer Zuwiderhandlung mitgewirkt habe, an der andere Unternehmen beteiligt gewesen seien, sind die Umstände des vorliegenden Falls dagegen nicht vergleichbar. 147 Auch wenn die bilateralen Kontakte zwischen den koreanischen und japanischen TV-LCD-Lieferanten eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung mit der in dem angefochtenen Beschluss festgestellten Zuwiderhandlung dargestellt hätten und die Klägerin von der Existenz dieser bilateralen Kontakte keine Kenntnis besessen hätte, würde dies, wie die Kommission zu Recht festgestellt hat, keinesfalls bedeuten, dass den Beschwerdepunkten, die insoweit gegenüber der Klägerin aufgrund ihrer Beteiligung an der in dem angefochtenen Beschluss festgestellten Zuwiderhandlung geltend gemacht werden, ihre Grundlage entzogen wird oder dass die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße herabgesetzt werden müsste. Nichts lässt nämlich die Behauptung zu, dass die Geldbuße, die im Fall eines größeren Kartells unter Einbeziehung der japanischen Lieferanten verhängt worden wäre, für die Klägerin niedriger gewesen wäre. Insoweit hätte die etwaige Herabsetzung, die die Kommission der Klägerin wegen mildernder Umstände möglicherweise gewährt hätte, durch eine Erhöhung aufgrund der Anwendung höherer Prozentsätze wegen der Schwere der Zuwiderhandlung und der „Eintrittsgebühr“ aufgehoben oder sogar überschritten werden können. Zum angeblichen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 148 Die Klägerin macht einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geltend, da die Kommission nicht berücksichtigt habe, dass das wettbewerbswidrige Verhalten hinsichtlich der TV-LCD weniger gravierend als dasjenige hinsichtlich der IT‑LCD gewesen sei. 149 Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Kommission zu Recht von einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung ausgegangen ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Kommission insoweit nicht verpflichtet, jeden Teil einer einheitlichen Zuwiderhandlung getrennt zu untersuchen, vor allem weil es eine von allen Mitgliedern des Kartells befolgte Gesamtstrategie gibt (vgl. in diesem Sinne Urteil Carbone-Lorraine/Kommission, Rn. 49). 150 Was im Einzelnen die Angemessenheit der Koeffizienten betrifft, die die Kommission in Bezug auf die Schwere der Zuwiderhandlung und als „Eintrittsgebühr“ verwendet hat (siehe oben, Rn. 24), ist sodann darauf hinzuweisen, dass nach den Leitlinien von 2006 und der Rechtsprechung, auf denen sie beruhen, die Schwere der Zuwiderhandlung in einem ersten Schritt anhand der Merkmale der Zuwiderhandlung selbst, wie etwa ihrer Art, dem kumulierten Marktanteil aller beteiligten Unternehmen, dem räumlichen Ausmaß der Zuwiderhandlung und ihrer etwaigen Umsetzung in der Praxis, beurteilt wird. In einem zweiten Schritt wird diese Beurteilung jeweils entsprechend den erschwerenden oder mildernden Umständen, die jedem einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen zuzurechnen sind, modifiziert (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2011, Aragonesas Industrias y Energía/Kommission, T-348/08, Slg. 2011, II-7583, Rn. 264 und die dort angeführte Rechtsprechung). 151 Im ersten Schritt soll der Grundbetrag der gegen jedes betroffene Unternehmen verhängten Geldbuße in der Weise bestimmt werden, dass auf den Umsatz mit den fraglichen Waren oder Dienstleistungen in ihrem relevanten räumlichen Markt ein erster Multiplikationsfaktor, der die Schwere der Zuwiderhandlung widerspiegelt, und ein zweiter Multiplikationsfaktor, der von der Beteiligung an solchen rechtswidrigen Verhaltensweisen abschrecken soll, angewandt werden. Jeder dieser Multiplikationsfaktoren wird anhand von Umständen bestimmt, die die Merkmale der Zuwiderhandlung als Gesamtheit betrachtet widerspiegeln, d. h. die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen aller an ihr Beteiligten insgesamt (vgl. in diesem Sinne Urteil Aragonesas Industrias y Energía/Kommission, Rn. 265). 152 Selbst wenn die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen in Bezug auf TV-LCD weniger gravierend gewesen sein sollten als in Bezug auf IT‑LCD, durfte die Kommission daher den Koeffizienten der Schwere und den der „Eintrittsgebühr“ unter Berücksichtigung des Gesamtplans der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung bestimmen, der diese Verhaltensweisen insgesamt umfasste. 153 Was den Umstand betrifft, dass die Kommission in der Bananen-Entscheidung geringere Prozentsätze als die des angefochtenen Beschlusses angewandt und eine stärkere Herabsetzung wegen mildernder Umstände gewährt hat, genügt zudem der Hinweis auf die in Rn. 144 des vorliegenden Urteils genannte Rechtsprechung und die Feststellung, dass die Kommission in dieser Entscheidung eine Herabsetzung in Anbetracht der besonderen Lage gewährt hat, die vor allem durch den für den Bananenhandel geltenden Rechtsrahmen geschaffen worden ist (vgl. 460. Erwägungsgrund und den dort angeführten Hinweis sowie 467. Erwägungsgrund der Bananen-Entscheidung). 154 Aufgrund dieser Überlegungen ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen. 3. Zum dritten Klagegrund: zu Unrecht erfolgte Einbeziehung von anderen Verkäufen als solchen kartellbefangener LCD in den von der Kommission bezüglich der Klägerin zugrunde gelegten relevanten Umsatz 155 Zur Stützung ihres Antrags auf Abänderung der Höhe der gegen sie in dem angefochtenen Beschluss verhängten Geldbuße durch das Gericht macht die Klägerin mit dem dritten Klagegrund im Wesentlichen geltend, die Höhe der Geldbuße sei auf der Grundlage eines unrichtigen Umsatzes berechnet worden, in den die Klägerin irrtümlich Verkäufe anderer Kategorien von LCD einbezogen habe als die Verkäufe, die von dem angefochtenen Beschluss erfasst seien. 156 Die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von der Kommission erlassenen Entscheidungen wird durch die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ergänzt, die den Unionsgerichten in Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 gemäß Art. 261 AEUV eingeräumt ist. Diese Befugnis ermächtigt die Gerichte über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme hinaus dazu, die Beurteilung der Kommission durch ihre eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen. 157 Das Gericht hat daher im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zu dem Zeitpunkt, zu dem es seine Entscheidung erlässt, zu bewerten, ob gegen die Klägerin eine Geldbuße verhängt wurde, deren Höhe die Schwere der in Rede stehenden Zuwiderhandlung zutreffend widerspiegelt (vgl. Urteil des Gerichts vom 27. September 2012, Shell Petroleum u. a./Kommission, T‑343/06, Rn. 117 und die dort angeführte Rechtsprechung). 158 Im vorliegenden Fall ist zwischen den Parteien unstreitig, dass aufgrund von Fehlern, die die Klägerin begangen hat, der Grundbetrag der gegen diese verhängten Geldbuße nicht gerundet 301684468 Euro betrug und dass sich der auf die fraglichen Fehler zurückzuführende Anteil auf 13246618 Euro belief. Zwischen den Parteien ist dagegen streitig, wie diese Beträge zu runden sind. 159 Die Klägerin hat in der Klageschrift beantragt, von der gegen sie mit dem angefochtenen Beschluss verhängten Geldbuße in Höhe von 300000000 Euro einen Betrag von 13250000 Euro abzuziehen. Der neue Betrag müsse sich daher auf 286750000 Euro belaufen. 160 Die Kommission hat in der Klagebeantwortung ausgeführt, sie habe – abgesehen von den Fällen, in denen die Ermäßigung mehr als 2 % des nicht gerundeten Betrags dargestellt habe, in welchem Fall die Kommission diesen Betrag auf die drei ersten Ziffern gerundet habe – den Grundbetrag für alle Adressaten des angefochtenen Beschlusses auf die ersten beiden Ziffern abgerundet. 161 Hierzu ist festzustellen, dass die Rundung in dem angefochtenen Beschluss auf die ersten beiden Ziffern der Klägerin zugutekam. Der nicht gerundete Grundbetrag betrug nämlich 301684468 Euro, während sich dieser gerundete Betrag, wie in Tabelle 6 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, auf 300000000 Euro belief. 162 Die von der Klägerin vorgeschlagene Berechnung ist nach Auffassung der Kommission falsch, da sie eine zweifache Rundung enthalte: die Rundung, die die Kommission bereits auf den im angefochtenen Beschluss enthaltenen Grundbetrag angewandt habe, und die Rundung, nach der der wegen des Ausschlusses von Verkäufen anderer Produkte als der kartellbefangenen LCD abzuziehende Betrag von 13246618 auf 13250000 Euro angehoben werde. 163 Werde dagegen mit der Kommission die in dem angefochtenen Beschluss angewandte Methode auf den Grundbetrag angewandt, der sich aus dem berichtigten Wert des Umsatzes, nämlich 288437850 Euro, ergebe, führe dies zu einem gerundeten Betrag von 288000000 Euro. Eine Rundung auf die beiden ersten Ziffern führte nämlich zu einer Herabsetzung um 8437850 Euro, d. h. um mehr als 2 % (2,9 %) des nicht gerundeten Grundbetrags. 164 Die Klägerin macht in der Erwiderung geltend, die Rundung des neuen Betrags ihrer Geldbuße auf die ersten drei statt der ersten zwei Ziffern führe dazu, dass sie die Adressatin des angefochtenen Beschlusses sei, die am wenigsten in den Genuss der Rundung komme. Sie beantragt daher eine stärkere Herabsetzung der Geldbuße. 165 Hierzu ist festzustellen, dass es zwar Sache des Gerichts ist, selbst die Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, um die Höhe der Geldbuße festzusetzen, die Ausübung einer Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße jedoch nicht zu einer Ungleichbehandlung der Unternehmen führen darf, die an einem gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßenden Kartell beteiligt waren (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Verhuizingen Coppens, Rn. 80). 166 Im vorliegenden Fall hat die Kommission die oben in Rn. 160 beschriebene Rundungsmethode auf alle Kartellmitglieder angewandt. Diese Methode ist objektiv und lässt allen Mitgliedern eine Herabsetzung im Rahmen der 2%-Grenze zugutekommen. Zwar trifft es zu, dass, wenn das Gericht dieselbe Methode anwendet, einige Herabsetzungen stärker als andere sind und die Herabsetzung für die Klägerin prozentual die geringste ist, doch enthält jede Rundungsmethode Anpassungen, die sich für jedes Unternehmen unterschiedlich auswirken und zu einer mehr oder weniger starken Herabsetzung führen. Da die von der Kommission gewählte Methode allen Adressaten des angefochtenen Beschlusses – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – zugutekommt und dieses Ausmaß auf 2 % beschränkt ist, ist es angezeigt, sie anzuwenden, um Ungleichbehandlungen zu vermeiden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 17. Mai 2011, Elf Aquitaine/Kommission, T-299/08, Slg. 2011, II-2149, Rn. 307 und 308). 167 Allerdings ist die Kommission um der Erhaltung der praktischen Wirksamkeit von Art. 18 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 willen berechtigt, ein Unternehmen zu verpflichten, ihr alle erforderlichen Auskünfte über ihm eventuell bekannte Tatsachen zu erteilen und ihr erforderlichenfalls die in seinem Besitz befindlichen Schriftstücke, die sich hierauf beziehen, zu übermitteln; sie darf dem Unternehmen nur nicht die Verpflichtung auferlegen, Antworten zu erteilen, durch die es das Vorliegen einer Zuwiderhandlung eingestehen müsste, für die die Kommission den Beweis zu erbringen hat (Urteil des Gerichtshofs vom 18. Oktober 1989, Orkem/Kommission, 374/87, Slg. 1989, 3283, Rn. 34 und 35). Ein Unternehmen, an das die Kommission ein Auskunftsverlangen gemäß Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 richtet, ist somit zu aktiver Mitwirkung verpflichtet; macht es vorsätzlich oder fahrlässig unrichtige oder irreführende Angaben, kann gegen es eine besondere Geldbuße gemäß Art. 23 Abs. 1 dieser Verordnung festgesetzt werden, die bis zu 1 % seines Gesamtumsatzes betragen kann (Urteil Shell Petroleum u. a./Kommission, Rn. 118). 168 Folglich kann das Gericht im Rahmen der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die Nichtmitwirkung eines Unternehmens gegebenenfalls berücksichtigen und die wegen eines Verstoßes gegen Art. 101 AEUV oder Art. 102 AEUV gegen dieses verhängte Geldbuße entsprechend erhöhen, unter der Bedingung, dass dieses Verhalten nicht bereits durch eine besondere Geldbuße gemäß Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 geahndet worden ist (Urteil Shell Petroleum u. a./Kommission, Rn. 118). 169 Das käme z. B. in Betracht, wenn ein Unternehmen es in seiner Antwort auf ein entsprechendes Auskunftsverlangen vorsätzlich oder fahrlässig unterließe, im Verwaltungsverfahren maßgebliche Beweismittel für die Festlegung des Betrags der Geldbuße vorzulegen, über die es zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses verfügte oder hätte verfügen können. Das Gericht ist zwar nicht daran gehindert, solche Beweismittel zu berücksichtigen; das Unternehmen, das sie erst im Stadium des gerichtlichen Verfahrens mitteilt und somit den Zweck und den ordnungsgemäßen Ablauf des Verwaltungsverfahrens behindert, muss aber damit rechnen, dass dieser Umstand bei der Bemessung der Geldbuße durch das Gericht berücksichtigt wird (Urteil Shell Petroleum u. a./Kommission, Rn. 119). 170 Im vorliegenden Fall räumt die Klägerin ein, bei der Übermittlung der für die Bestimmung des relevanten Umsatzes erforderlichen Daten an die Kommission Fehler begangen zu haben, da sie darin den Verkauf anderer Produkte als den kartellbefangener LCD einbezogen habe. Die Kommission bestätigt, dass diese Produkte nicht in die Berechnung hätten einbezogen werden sollen. 171 Ferner ergibt sich aus den Akten, dass diese Fehler darauf zurückzuführen sind, dass die Klägerin dem Unternehmen, das sie für die Berechnung der der Kommission zu übermittelnden Daten ausgewählt hatte, die spezifischen Merkmale bestimmter LCD nicht näher erläutert hat. 172 Dieser Umstand lässt nicht die Annahme zu, dass die Klägerin gegen ihre Verpflichtung zur Mitwirkung gemäß Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 in einem Maße verstoßen hat, dass dem bei der Festsetzung der Geldbuße Rechnung zu tragen ist. Die Klägerin hat nämlich weder versucht, die Kommission irrezuführen, noch hat sie ihr Bruttowerte vorgelegt, anhand deren die Kommission den relevanten Umsatz hätte berechnen müssen, ohne ihr gleichzeitig die notwendigen Präzisierungen zur Verfügung zu stellen, um daraus die Nettowerte abzuleiten. Die Klägerin hat zwei externe Fachberater in Anspruch genommen, um der Kommission die erforderlichen Angaben liefern zu können, handelte aber sorgfaltswidrig, indem sie diesen Beratern nicht die Unterschiede erklärte, die zwischen bestimmten Kategorien von LCD bestehen. Insoweit ist zu beachten, dass seitens der Klägerin offensichtlich kein Interesse daran bestand, dass die Kommission falsche Daten erhalte, die den Verkauf anderer Produkte als den kartellbefangener LCD umfassten, da diese Ungenauigkeiten sich dadurch, dass die Höhe der von der Kommission gegen sie verhängten Geldbuße erhöht würde, nur zu ihrem Nachteil auswirken konnten. 173 Es erscheint daher bei angemessener Berücksichtigung der Umstände des Falls geboten, die Höhe der gegen die Klägerin zu verhängenden Geldbuße auf der Grundlage des berichtigten Wertes des Umsatzes zu berechnen und darauf dieselbe Methode – einschließlich der Rundung – anzuwenden, die die Kommission im angefochtenen Beschluss angewandt hat. Der auf diese Weise errechnete Betrag beläuft sich auf 288000000 Euro (siehe oben, Rn. 163). 174 Nach alledem ist die Höhe der Geldbuße auf 288000000 Euro herabzusetzen; im Übrigen sind die Anträge der Klageschrift zurückzuweisen. Kosten 175 Gemäß Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 87 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. 176 Im vorliegenden Fall ist die Kommission nur insoweit unterlegen, als sie den Verkauf von anderen Produkten als den kartellbefangenen LCD in den relevanten Umsatz für die Berechnung der gegen die Klägerin zu verhängenden Geldbuße einbezogen hat. Dieser Fehler beruht jedoch ausschließlich auf einer Fahrlässigkeit der Klägerin, die der Kommission falsche Daten übermittelt hat. Daher erscheint es bei angemessener Berücksichtigung der Umstände des Falls geboten, der Klägerin gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Roquette Frères/Kommission, T-322/01, Slg. 2006, II-3137, Rn. 338 und 339). Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Sechste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Der Betrag der in Art. 2 des Beschlusses K (2010) 8761 endg. der Kommission vom 8. Dezember 2010 in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP/39.309 – LCD) gegen die InnoLux Corp., vormals Chimei InnoLux Corp., verhängten Geldbuße wird auf 288000000 Euro festgesetzt. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. InnoLux trägt die Kosten. Kanninen Berardis Wetter Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 27. Februar 2014. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Englisch. (1 ) Nicht wiedergegebene vertrauliche Daten.
Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 16. September 2013.#Keramag Keramische Werke AG u. a. gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Belgischer, deutscher, französischer, italienischer, niederländischer und österreichischer Markt für Badezimmerausstattungen – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 EWR‑Abkommen festgestellt wird – Koordinierung von Preiserhöhungen und Austausch sensibler Geschäftsinformationen – Dauer der Zuwiderhandlung – Verteidigungsrechte – Akteneinsicht – Zurechnung der Zuwiderhandlung.#Verbundene Rechtssachen T‑379/10 und T‑381/10.
62010TJ0379
ECLI:EU:T:2013:457
2013-09-16T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2013 -00000
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Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 16. September 2013.#Compañía Española de Petróleos (CEPSA), SA gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle − Spanischer Markt für Hartbitumen – Jährliche Vereinbarungen zur Marktaufteilung und Preisabsprache – Übersetzung der Mitteilung der Beschwerdepunkte − Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung − Angemessene Frist − Grundsatz der Unparteilichkeit − Berechnung der Höhe der Geldbuße – Rechtskraft.#Rechtssache T‑497/07.
62007TJ0497
ECLI:EU:T:2013:438
2013-09-16T00:00:00
Gericht
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URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION(Zweite Kammer) 17. Juli 2012.#BG gegen Europäischer Bürgerbeauftragter.#Öffentlicher Dienst – Disziplinarverfahren – Disziplinarstrafe – Entfernung aus dem Dienst – Zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung über die Entfernung aus dem Dienst von einem nationalen Strafgericht eingeleitete Voruntersuchung – Gleichbehandlung von Männern und Frauen – Verbot der Kündigung einer schwangeren Arbeitnehmerin während der Zeit vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs.#Rechtssache F‑54/11.
62011FJ0054
ECLI:EU:F:2012:114
2012-07-17T00:00:00
Gericht für den öffentlichen Dienst
Sammlung der Rechtsprechung 2012 -00000
URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION (Zweite Kammer) 17. Juli 2012(*) „Öffentlicher Dienst – Disziplinarverfahren – Disziplinarstrafe – Entfernung aus dem Dienst – Zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung über die Entfernung aus dem Dienst von einem nationalen Strafgericht eingeleitete Voruntersuchung – Gleichbehandlung von Männern und Frauen – Verbot der Kündigung einer schwangeren Arbeitnehmerin während der Zeit vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs“ In der Rechtssache F‑54/11 betreffend eine Klage nach Art. 270 AEUV, der gemäß Art. 106a EAG auch für den EAG-Vertrag gilt, BG, ehemalige Beamtin des Europäischen Bürgerbeauftragten, wohnhaft in Straßburg (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen L. Levi und A. Blot, Klägerin, gegen Europäischer Bürgerbeauftragter, vertreten durch J. Sant’Anna als Bevollmächtigten im Beistand der Rechtsanwälte D. Waelbroeck und A. Duron, Beklagter, erlässt DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST (Zweite Kammer) unter Mitwirkung der Präsidentin M. I. Rofes i Pujol sowie der Richterin I. Boruta und des Richters K. Bradley (Berichterstatter), Kanzler: X. Lopez Bancalari, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2012 folgendes Urteil 1        BG hat mit Klageschrift, die am 4. Mai 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage auf Aufhebung der Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten, gegen sie die Disziplinarstrafe der Entfernung aus dem Dienst ohne Aberkennung des Ruhegehaltsanspruchs zu verhängen, und auf Ersatz des ihr durch diese Entscheidung entstandenen Schadens erhoben. Rechtlicher Rahmen 2        Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bestimmt: „… Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen. …“ 3        In Art. 23 der Charta, der die Überschrift „Gleichheit von Männern und Frauen“ trägt, heißt es: „Die Gleichheit von Frauen und Männern ist in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitsentgelts, sicherzustellen. …“ 4        Art. 1e Abs. 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) lautet: „Für Beamte im aktiven Dienst gelten Arbeitsbedingungen, bei denen angemessene Gesundheits- und Sicherheitsnormen eingehalten werden, die zumindest den Mindestvorschriften aufgrund von Maßnahmen entsprechen, die in diesen Bereichen nach den Verträgen erlassen wurden.“ 5        Art. 12 des Statuts bestimmt: „Der Beamte enthält sich jeder Handlung und jedes Verhaltens, die dem Ansehen seines Amtes abträglich sein könnten.“ 6        Art. 86 Abs. 3 des Statuts lautet: „Die Disziplinarvorschriften und ‑verfahren sowie die für Verwaltungsuntersuchungen geltenden Vorschriften und Verfahren sind in Anhang IX des Statuts geregelt.“ 7        Anhang IX des Statuts betrifft das Disziplinarverfahren. In Art. 5 heißt es: „(1)      In jedem Organ wird ein Disziplinarrat eingerichtet. Mindestens eines der Mitglieder des Disziplinarrats, gegebenenfalls der Vorsitzende, muss eine Person sein, die dem Organ nicht angehört. (2)      Der Disziplinarrat besteht aus einem Vorsitzenden und vier ordentlichen Mitgliedern, die durch stellvertretende Mitglieder ersetzt werden können; in Fällen, die Beamte bis zur Besoldungsgruppe AD 13 betreffen, setzt sich der Disziplinarrat aus zwei weiteren Mitgliedern zusammen, die derselben Funktions- und Besoldungsgruppe angehören wie der Beamte, gegen den das Disziplinarverfahren eingeleitet worden ist. (3)      In allen Fällen, die Beamte betreffen, die nicht der Besoldungsgruppe AD 16 oder AD 15 angehören, werden die ordentlichen und stellvertretenden Mitglieder des Disziplinarrates aus dem Kreis der im aktiven Dienst stehenden Beamten bestellt, die mindestens der Besoldungsgruppe AD 14 angehören. …“ 8        Art. 6 des Anhangs IX des Statuts bestimmt: „(1)      Anstellungsbehörde und Personalvertretung bestellen gleichzeitig jeweils zwei ordentliche und zwei stellvertretende Mitglieder. (2)      Der Vorsitzende und sein Stellvertreter werden von der Anstellungsbehörde bestellt. … (5)      Innerhalb von fünf Tagen nach Bildung des Disziplinarrates kann der betreffende Beamte ein Mitglied des Disziplinarrates ablehnen. Auch das Organ kann ein Mitglied des Disziplinarrates ablehnen. …“ 9        In Art. 10 des Anhangs IX des Statuts heißt es: „Die verhängte Disziplinarstrafe muss der Schwere des Dienstvergehens entsprechen. Bei der Feststellung, wie schwer das Dienstvergehen wiegt und welche Disziplinarstrafe angemessen ist, wird insbesondere Folgendem Rechnung getragen: a)      der Art des Dienstvergehens und den Tatumständen; b)      dem Ausmaß, in dem das Dienstvergehen die Integrität, den Ruf oder die Interessen der Organe beeinträchtigt; c)      dem Ausmaß, in dem das Dienstvergehen mit vorsätzlichen oder fahrlässigen Handlungen verbunden ist; d)      den Gründen des Beamten für das Dienstvergehen; e)      der Besoldungsgruppe und dem Dienstalter des Beamten; f)      dem Grad der persönlichen Verantwortung des Beamten; g)      dem Niveau der Aufgaben und Zuständigkeiten des Beamten; h)      der Frage, ob das Dienstvergehen mit wiederholten Handlungen oder wiederholtem Verhalten verbunden ist, und i)      der bisherigen dienstlichen Führung des Beamten.“ 10      Art. 18 des Anhangs IX des Statuts lautet: „Nach Prüfung der ihm vorgelegten Unterlagen und unter Berücksichtigung etwaiger schriftlicher oder mündlicher Erklärungen sowie der Ergebnisse der gegebenenfalls durchgeführten Ermittlungen gibt der Disziplinarrat mit der Mehrheit seiner Stimmen eine mit Gründen versehene Stellungnahme darüber ab, ob die Anschuldigungen begründet sind, und welche Disziplinarstrafe die betreffenden Handlungen gegebenenfalls nach sich ziehen sollten. Diese Stellungnahme wird von allen Mitgliedern des Disziplinarrates unterzeichnet. Jedes Mitglied kann der Stellungnahme einen abweichenden Standpunkt beifügen. Die Stellungnahme wird der Anstellungsbehörde und dem Beamten innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Berichts der Anstellungsbehörde zugeleitet, sofern diese Frist der Komplexität des Falls angemessen ist. Die Frist beträgt vier Monate, wenn der Disziplinarrat die Durchführung von Ermittlungen veranlasst hat, sofern dieser Zeitraum der Komplexität des Falls angemessen ist.“ 11      Art. 23 des Anhangs IX des Statuts bestimmt: „(1)      Hat die Anstellungsbehörde einem Beamten ein schweres Dienstvergehen, sei es eine Dienstpflichtverletzung oder eine rechtswidrige Handlung, zu Last zu legen, so kann sie den Beamten unverzüglich für einen befristeten oder unbefristeten Zeitraum vorläufig seines Dienstes entheben. (2)      Außer in Ausnahmefällen erlässt die Anstellungsbehörde diese Verfügung nach Anhörung des betreffenden Beamten.“ 12      Art. 25 des Anhangs IX des Statuts lautet: „Ist gegen den Beamten wegen desselben Sachverhalts ein Strafverfahren eingeleitet worden, so wird seine Rechtsstellung erst dann endgültig geregelt, wenn das Urteil des zuständigen Gerichts rechtskräftig geworden ist.“ 13      Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40) lautet: „Diese Richtlinie steht nicht den Vorschriften zum Schutz der Frau, insbesondere bei Schwangerschaft und Mutterschaft, entgegen.“ 14      Die Richtlinie 76/207 wurde mit Wirkung vom 15. August 2009 durch die Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung) (ABl. L 204, S. 23) aufgehoben. Art. 1 dieser Richtlinie, der die Überschrift „Gegenstand“ trägt, lautet: „Ziel der vorliegenden Richtlinie ist es, die Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen sicherzustellen. Zu diesem Zweck enthält sie Bestimmungen zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in Bezug auf a)      den Zugang zur Beschäftigung einschließlich des beruflichen Aufstiegs und zur Berufsbildung, b)      Arbeitsbedingungen einschließlich des Entgelts, c)      betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit. Weiter enthält sie Bestimmungen, mit denen sichergestellt werden soll, dass die Verwirklichung durch die Schaffung angemessener Verfahren wirksamer gestaltet wird.“ 15      Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2006/54 bestimmt: „Im Sinne dieser Richtlinie gelten als Diskriminierung … c)      jegliche ungünstigere Behandlung einer Frau im Zusammenhang mit Schwangerschaft oder Mutterschaftsurlaub im Sinne der Richtlinie 92/85/EWG.“ 16      Art. 10 der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (ABl. L 348, S. 1), der die Überschrift „Verbot der Kündigung“ trägt, bestimmt: „Um den Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 die Ausübung der in diesem Artikel anerkannten Rechte in Bezug auf ihre Sicherheit und ihren Gesundheitsschutz zu gewährleisten, wird Folgendes vorgesehen: 1.      Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um die Kündigung der Arbeitnehmerinnen im Sinne des Artikels 2 während der Zeit vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs nach Artikel 8 Absatz 1 zu verbieten; davon ausgenommen sind die nicht mit ihrem Zustand in Zusammenhang stehenden Ausnahmefälle, die entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten zulässig sind, wobei gegebenenfalls die zuständige Behörde ihre Zustimmung erteilen muss. 2.      Wird einer Arbeitnehmerin im Sinne des Artikels 2 während der in Nummer 1 genannten Zeit gekündigt, so muss der Arbeitgeber schriftlich berechtigte Kündigungsgründe anführen. …“ Sachverhalt 17      Die Klägerin arbeitete seit 2002 bei dem Europäischen Bürgerbeauftragten (im Folgenden: Bürgerbeauftragter) als Bedienstete auf Zeit und sodann als Beamtin in der Funktionsgruppe der Assistenten (AST). Vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Juli 2010 übte sie in der Funktionsgruppe der AD-Beamten die Aufgaben der für die Kommunikation Verantwortlichen im Referat Kommunikation der Dienststellen des Bürgerbeauftragten mit der Besoldungsgruppe AD 5 aus. 18      Sie hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass sie zur entscheidungserheblichen Zeit Eigentümerin eines Hauses in Kehl (Deutschland) gewesen sei, das ihr Ehemann und sie niemals als Hauptwohnsitz genutzt hätten, und dass sie im Jahr 2006 eine Wohnung in Straßburg (Frankreich) gekauft habe, die später verkauft worden sei. 19      Ende Februar 2008 reichte die Klägerin Unterlagen bei einer Wohnungsförderungsgenossenschaft (Société coopérative de promotion immobilière, im Folgenden: Genossenschaft) ein, um mit Hilfe staatlicher Subventionen, die in Frankreich geringverdienenden Ersterwerbern ihrer Hauptwohnung gewährt werden, eine Wohnung in Straßburg zu kaufen. Zur Vervollständigung ihrer Unterlagen übersandte sie der Genossenschaft zwei Bescheinigungen über ihre Einkünfte in den Jahren 2006 und 2007, die das Datum vom 27. Februar 2008 trugen. 20      Die Genossenschaft fragte mit Schreiben vom 24. März 2009 bei der Klägerin an, ob sie noch am Erwerb der Wohnung interessiert sei, und bat um bestimmte Auskünfte. 21      Um den Antrag der Klägerin bearbeiten zu können, ersuchte die Genossenschaft sie im Juli 2009, Gehaltsabrechnungen für sich und ihren Ehemann einzureichen. 22      Daraufhin übersandte die Klägerin Gehaltsabrechnungen für die Monate April, Mai, Juni und Juli 2009 (im Folgenden: Gehaltsabrechnungen) und erteilte Auskünfte über das Einkommen ihres Ehemanns. 23      Am 3. August 2009 ersuchte die Genossenschaft den Leiter des Referats Verwaltung und Personal der Dienststellen des Bürgerbeauftragten um Erläuterungen bezüglich der Frage, inwieweit die Bezüge der Beamten der Europäischen Union bei der Gewährung von staatlich subventionierten Immobiliendarlehen berücksichtigt werden könnten, und stellte Fragen bezüglich der von der Klägerin eingereichten Gehaltsabrechnungen. Auf Ersuchen der Dienststellen des Bürgerbeauftragten übersandte die Genossenschaft am 7. August 2009 Kopien der Gehaltsabrechnungen. 24      Nach Kenntnisnahme von den Gehaltsabrechnungen stellte das Referat Verwaltung und Personal fest, dass sie so geändert worden waren, dass sie ein niedrigeres als das tatsächliche Gehalt der Klägerin wiedergaben. So ergab sich aus den Gehaltsabrechnungen für April, Mai und Juni 2009 ein Nettogehalt von 2 410,36 Euro anstelle von 5 822,43 Euro und aus der Gehaltsabrechnung für Juli 2009 ein Nettogehalt von 5 711,32 Euro anstelle von 9 123,39 Euro. 25      Am 10. August 2009 teilte der Leiter des Referats Verwaltung und Personal der Genossenschaft per E-Mail mit, dass er keine Auskünfte darüber geben könne, welche Beträge nach französischem Recht zu berücksichtigen seien, und dass er in den von der Klägerin übersandten Gehaltsabrechnungen schwerwiegende Unrichtigkeiten festgestellt habe. 26      Am 11. August 2009 schlug der Leiter des Referats Verwaltung und Personal vor, eine Verwaltungsuntersuchung über die „mögliche Fälschung amtlicher Dokumente des Bürgerbeauftragten … und ihre Benutzung gegenüber einem Dritten mit dem Ziel der Erlangung eines persönlichen Vorteils“ einzuleiten. 27      Am 17. August 2009 teilte die Genossenschaft dem Leiter des Referats Verwaltung und Personal mit, dass sie beabsichtige, die Klägerin um Übersendung einer Bescheinigung über ihr steuerpflichtiges Referenzeinkommen im Jahr 2008 zu ersuchen. 28      Am 25. August 2009 bat die Klägerin die Dienststellen des Bürgerbeauftragten, ihr die von der Genossenschaft verlangte Bescheinigung sowie eine weitere Bescheinigung in deutscher Sprache auszustellen. Am selben Tag antwortete der Leiter des Referats Verwaltung und Personal der Klägerin, dass es nicht möglich sei, ihr die Bescheinigung für das Jahr 2008 sofort auszustellen, übersandte ihr jedoch die Bescheinigung in deutscher Sprache. 29      Am 26. August 2009 reichte die Klägerin bei der Genossenschaft ein als „Bescheinigung“ bezeichnetes Schriftstück ein, in dem auf Briefpapier mit Briefkopf des Europäischen Bürgerbeauftragten, Referat Verwaltung und Personal, ihr steuerpflichtiges Einkommen für das Jahr 2008 angegeben wurde. 30      Die Genossenschaft übersandte die Bescheinigung dem Referat Verwaltung und Personal, das feststellte, dass dieses Schriftstück nicht von ihm stammte. Die Bescheinigung enthielt namentlich das Aktenzeichen der der Klägerin am 25. August 2009 in deutscher Sprache erteilten Bescheinigung. 31      Am 2. September 2009 leitete der Bürgerbeauftragte eine Verwaltungsuntersuchung ein, informierte die Staatsanwaltschaft der Französischen Republik von dem Sachverhalt und enthob die Klägerin für einen unbefristeten Zeitraum vorläufig ihres Dienstes ohne Kürzung ihres Gehalts. Die Klägerin wurde darüber am selben Tag unterrichtet. 32      Am 3. September 2009 wurde die Klägerin zu einer ersten Anhörung im Rahmen der Verwaltungsuntersuchung geladen. In dieser Anhörung gab sie zu, die vier Gehaltsabrechnungen und die Bescheinigung über ihre Einkünfte im Jahr 2008 gefälscht zu haben. Außerdem teilte sie den ermittelnden Beamten mit, dass sie schwanger war, beantwortete die ihr gestellten Fragen und übergab den ermittelnden Beamten eine handschriftliche Erklärung dahin gehend, dass sie die ihr vorgeworfenen Handlungen keinesfalls leugne, jedoch Erklärungen dazu abgeben wolle. Sie führte namentlich aus, sie habe „unvernünftig“ gehandelt, um „eine völlig unerträgliche familiäre Situation zu beenden“, nämlich die durch die schwere Krankheit ihres Ehemanns bedingte Unmöglichkeit, ein Immobiliendarlehen aufzunehmen. 33      Am 18. September 2009 übersandten die ermittelnden Beamten der Klägerin ihre Schlussfolgerungen zu den ihr vorgeworfenen Handlungen. Die Klägerin gab am 22. September 2009 zusätzliche Erklärungen ab. Sie führte darin namentlich aus, dass sie sich Anfang Juli 2009 darüber klar geworden sei, dass sie schwanger war, und in einem Anfall von Panik gehandelt habe, weil sie fürchtete, dass ihrem Antrag bei der Genossenschaft nicht stattgegeben werde. 34      Am 24. September 2009 übersandten die ermittelnden Beamten dem Bürgerbeauftragten den Untersuchungsbericht, in dem sie ausführten, dass die Klägerin Dokumente gefälscht und der Genossenschaft im Rahmen eines Antrags übersandt habe, der es ihr, wenn ihm stattgegeben worden wäre, ermöglicht hätte, ein Immobiliendarlehen zu erhalten, das nach französischem Recht Haushalten mit geringem Einkommen vorbehalten sei. Folglich empfahlen die ermittelnden Beamten die Einleitung eines Disziplinarverfahrens. 35      Am 23. Oktober 2009 wurde die Klägerin vom Bürgerbeauftragten gemäß Art. 3 des Anhangs IX des Statuts angehört. 36      Am 20. November 2009 leitete der Bürgerbeauftragte ein Disziplinarverfahren ein. Er verschob jedoch mit Verfügung vom 18. Januar 2010 aufgrund des Gutachtens des Vertrauensarztes des Organs die mit dem Disziplinarverfahren zusammenhängenden Handlungen wegen der Schwangerschaft der Klägerin auf die Zeit nach ihrer Entbindung. 37      Am 19. Mai 2010 befasste der Bürgerbeauftragte den Disziplinarrat, der die Klägerin am 8. Juli 2010 anhörte. 38      Am 9. Juli 2010 erließ der Disziplinarrat eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der er zu dem Ergebnis kam, dass die der Klägerin vorgeworfenen Handlungen nachgewiesen seien und von ihr zugegeben würden. 39      Hinsichtlich der vorgeschlagenen Strafe erläuterte der Disziplinarrat seinen Standpunkt wie folgt: „–      Die der Beamtin zur Last gelegten Handlungen sind dem Ansehen [ihres] Amtes abträglich, namentlich im Zusammenhang mit dem Wert der Integrität, der mit dem sie beschäftigenden Organ verbunden ist, und stellen schwere Verstöße gegen Art. 12 des Statuts dar …, –        die absichtliche Begehung der der Beamtin zur Last gelegten Handlungen und ihre Schuld stehen außer Zweifel, –        die Beamtin verrichtet Aufgaben, die mit einem hohen Maß an Verantwortung verbunden sind, –        die der Beamtin zur Last gelegten Handlungen wurden nicht wiederholt begangen, –        die Beamtin wurde während ihrer gesamten Laufbahn positiv beurteilt.“ 40      Aus diesen Gründen schlug der Disziplinarrat mehrheitlich die Strafe der „Einstufung der Betroffenen in eine niedrigere Funktionsgruppe mit Einstufung in eine niedrigere Besoldungsgruppe (AST 1, Dienstaltersstufe 1)“ vor. Eine Minderheit des Disziplinarrats hielt dagegen die Entfernung aus dem Dienst für die am ehesten angemessene Strafe. 41      Der Bürgerbeauftragte verhängte durch Entscheidung vom 20. Juli 2010, die der Klägerin am 22. Juli 2010 bekannt gemacht wurde, die Disziplinarstrafe der Entfernung aus dem Dienst ohne Aberkennung des Ruhegehaltsanspruchs mit Wirkung zum 31. Juli 2010 (im Folgenden: streitige Entscheidung). 42      Am 21. Oktober 2010 legte die Klägerin gegen die Entscheidung vom 20. Juli 2010 eine Beschwerde gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts ein. 43      Der Bürgerbeauftragte wies diese Beschwerde mit Entscheidung vom 18. Januar 2011, die der Betroffenen am 24. Januar 2011 bekannt gemacht wurde, zurück. Anträge der Parteien und Verfahren 44      Die Klägerin beantragt, –        die Entscheidung vom 20. Juli 2010 aufzuheben; –        soweit erforderlich, die vom 18. Januar 2011 datierte und ihr am 24. Januar 2011 bekannt gemachte Entscheidung, mit der ihre Beschwerde ausdrücklich zurückgewiesen wurde, aufzuheben, und folglich –        festzustellen, dass die Aufhebung der streitigen Entscheidung ihre Wiedereinweisung in ihre Planstelle als AD‑Beamtin der Besoldungsgruppe AD 5, Dienstaltersstufe 2, mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Entscheidung sowie die Begleichung der finanziellen Ansprüche zur Folge hat, die ihr für diesen gesamten Zeitraum zustehen, zuzüglich Verzugszinsen nach dem um zwei Prozentpunkte erhöhten Zinssatz der Europäischen Zentralbank; –        hilfsweise, den Bürgerbeauftragten zur Zahlung eines Betrags zu verurteilen, der der Vergütung entspricht, die die Klägerin ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens ihrer Entfernung aus dem Dienst bis zu dem Monat, in dem sie das Ruhestandsalter erreichen wird, d. h. bis Juli 2040 bezogen hätte, sowie zur entsprechenden Regelung ihrer Ruhegehaltsansprüche; –        jedenfalls den Bürgerbeauftragten zur Zahlung von 65 000 Euro als Ersatz ihres immateriellen Schadens zu verurteilen; –        dem Bürgerbeauftragten die Kosten aufzuerlegen. 45      Der Bürgerbeauftragte beantragt, –        die Klage insgesamt als unbegründet abzuweisen; –        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. 46      Das Gericht hat die Parteien in seinem am 15. Dezember 2011 übersandten Vorbericht aufgefordert, prozessleitenden Maßnahmen nachzukommen, was diese fristgemäß getan haben. Die Klägerin hat dem Gericht allerdings mitgeteilt, dass es ihr nicht möglich sei, eine Kopie des Fragebogens beizubringen, der der Aufforderung der Genossenschaft vom 24. März 2009 als Anlage beigefügt war. Rechtliche Würdigung 1.     Zum Gegenstand der Klage 47      Die Klägerin beantragt außer der Aufhebung der Entscheidung vom 20. Juli 2010 soweit erforderlich die Aufhebung der Entscheidung vom 18. Januar 2011 über die Zurückweisung ihrer Beschwerde durch die Anstellungsbehörde. 48      Nach ständiger Rechtsprechung bewirken formal gegen die Zurückweisung einer Beschwerde gerichtete Aufhebungsanträge, dass das Gericht mit der Handlung befasst wird, gegen die die Beschwerde gerichtet ist, wenn diese Zurückweisung als solche keinen eigenständigen Gehalt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 17. Januar 1989, Vainker/Parlament, 293/87, Randnr. 8). Da die Zurückweisung der gegen die streitige Entscheidung gerichteten Beschwerde in der vorliegenden Rechtssache keinen eigenständigen Gehalt hatte, ist davon auszugehen, dass die Klage allein gegen die streitige Entscheidung gerichtet ist. 49      Außerdem ist das Gericht bei Klagen nach Art. 91 des Statuts nicht befugt, den Gemeinschaftsorganen Weisungen zu erteilen (vgl. z. B. Urteil des Gerichts vom 24. Februar 2010, P/Parlament, F‑89/08, Randnr. 120, und vom 14. September 2010, Da Silva Pinto Branco/Gerichtshof, F‑52/09, Randnr. 31). Der Antrag auf Feststellung, dass die Aufhebung der streitigen Entscheidung die Wiedereinweisung der Klägerin in ihre Planstelle als AD‑Beamtin der Besoldungsgruppe AD 5, Dienstaltersstufe 2, mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Entscheidung zur Folge hat, ist folglich als unzulässig zurückzuweisen. 2.     Zu dem Aufhebungsantrag 50      Die Klägerin stützt ihre Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung auf fünf Gründe: Verletzung der im Statut enthaltenen Disziplinarordnung, Verletzung der Begründungspflicht, offensichtlicher Beurteilungsfehler, Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen und des Rechts auf Mutterschaftsurlaub sowie Verletzung der Fürsorgepflicht und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung. 51      Außerdem wirft die Klägerin in ihren Schriftsätzen eine Frage auf, die die Rolle des Bürgerbeauftragten im Disziplinarverfahren unter dem Gesichtspunkt der Grundsätze der Waffengleichheit zwischen den Parteien und des fairen Verfahrens betrifft. Aber selbst wenn die Klägerin mit diesem Vorbringen ihren Aufhebungsantrag stützen möchte, ist es als unzulässig zurückzuweisen, da es entgegen der in Art. 35 Abs. 1 Buchst. e der Verfahrensordnung aufgestellten Regel keine Begründung enthält. Zum ersten Klagegrund: Verletzung der im Statut enthaltenen Disziplinarordnung 52      Der Klagegrund der Verletzung der im Statut enthaltenen Disziplinarordnung besteht aus drei Teilen: Verletzung des Art. 25 des Anhangs IX des Statuts, Verletzung des Art. 23 des Anhangs IX des Statuts und Verletzung der Art. 5 und 6 des Anhangs IX des Statuts. Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes betreffend das Vorliegen eines Strafverfahrens wegen desselben Sachverhalts –       Vorbringen der Parteien 53      Die Klägerin macht geltend, der Bürgerbeauftragte habe eine endgültige Entscheidung erlassen, ohne den Ausgang des gegen sie eingeleiteten Strafverfahrens abzuwarten, und dadurch gegen Art. 25 des Anhangs IX des Statuts verstoßen. 54      Der Bürgerbeauftragte vertritt die Auffassung, dass der Begriff „Strafverfahren“ in Art. 25 des Anhangs IX des Statuts nach dem auf den betreffenden Fall anwendbaren nationalen Recht, hier also nach französischem Recht zu beurteilen sei. Ein Strafverfahren im Sinne des französischen Rechts sei zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung nicht anhängig gewesen. Deshalb beantragt der Bürgerbeauftragte, diesen Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. 55      Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, Art. 25 des Anhangs IX des Statuts sei autonom auszulegen, und die Bezugnahme des Bürgerbeauftragten auf das französische Recht in seiner Klagebeantwortung gehe fehl. –       Würdigung durch das Gericht 56      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass im Verwaltungsverfahren keine Verletzung des Art. 25 des Anhangs IX des Statuts geltend gemacht worden ist. 57      Der Bürgerbeauftragte hat zwar keine Einrede der Unzulässigkeit der Klage erhoben. Die Übereinstimmung der Beschwerde mit der Klage, von der die Zulässigkeit der Klage abhängt, ist jedoch eine Frage zwingenden Rechts, die das Gericht von Amts wegen zu prüfen hat (vgl. Urteil des Gerichts vom 11. Juli 2007, B/Kommission, F‑7/06, Randnr. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung). 58      Dieser Grundsatz kommt nur dann zum Tragen, wenn die Klage den Gegenstand der Beschwerde oder ihren Grund ändert, wobei der Begriff „Grund“ weit auszulegen ist. Bei einem Aufhebungsantrag ist unter „Grund des Rechtsstreits“ das Bestreiten entweder der materiellen oder der formellen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Handlung durch den Kläger zu verstehen; diese Unterscheidung ist in der Rechtsprechung wiederholt anerkannt worden (Urteil des Gerichts vom 1. Juli 2010, Časta/Kommission, F‑40/09, Randnr. 83 und die dort angeführte Rechtsprechung). 59      Hier hat die Klägerin in ihrer Beschwerde mehrere Argumente vorgebracht, die sich sowohl auf die formelle als auch auf die materielle Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung beziehen. So hat sie geltend gemacht, bei dem Verfahren, das zum Erlass dieser Entscheidung geführt habe, habe es Unregelmäßigkeiten gegeben, und die gegen sie erhobenen Anschuldigungen seien unbegründet; zudem seien die Begründungspflicht und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt worden. Die Klägerin hat also dadurch, dass sie in ihrer Klageschrift die Verletzung des Art. 25 des Anhangs IX des Statuts gerügt hat, den Grundsatz der Übereinstimmung nicht verletzt. Der vorliegende Klagegrund ist somit zulässig. 60      In der Sache selbst ist darauf hinzuweisen, dass die in Art. 25 des Anhangs IX des Statuts vorgeschriebene Aussetzung des Disziplinarverfahrens bis zum Abschluss des Strafverfahrens zwei Zwecke verfolgt. 61      Zum einen soll sie vermeiden helfen, die Stellung des betreffenden Beamten in einem Strafverfahren zu beeinträchtigen, das aufgrund von Handlungen eingeleitet wurde, die auch Gegenstand eines gegen ihn gerichteten Disziplinarverfahrens innerhalb seines Gemeinschaftsorgans sind (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 19. März 1998, Tzoanos/Kommission, T‑74/96, Randnr. 34). 62      Zum anderen ermöglicht sie es, die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren im Disziplinarverfahren zu berücksichtigen. Art. 25 des Anhangs IX des Statuts enthält nämlich den Grundsatz, dass das Strafverfahren das Disziplinarverfahren hemmt, was insbesondere deshalb gerechtfertigt ist, weil die nationalen Strafgerichte über weiter gehende Untersuchungsbefugnisse verfügen als die Anstellungsbehörde. Daher ist die Verwaltung in Fällen, in denen dieselbe Tat sowohl einen Straftatbestand verwirklichen als auch eine Verletzung der Dienstpflichten des Beamten darstellen kann, an die vom Strafgericht im Strafverfahren getroffenen Feststellungen gebunden. Hat das Strafgericht die Tatsachen festgestellt, so kann die Verwaltung sie anschließend unter den Begriff der disziplinarrechtlich zu ahndenden Pflichtverletzung subsumieren und dabei insbesondere prüfen, ob sie den Tatbestand einer Verletzung von Dienstpflichten verwirklichen (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 10. Juni 2004, François/Kommission, T‑307/01, Randnr. 75; Urteil des Gerichts vom 13. Januar 2010, A und G/Kommission, F‑124/05 und F‑96/06, Randnr. 323). 63      Ferner ergibt sich aus der einschlägigen Rechtsprechung, dass der betroffene Beamte der Anstellungsbehörde die Angaben machen muss, die es ermöglichen festzustellen, ob die ihm im Disziplinarverfahren zur Last gelegten Handlungen gleichzeitig Gegenstand eines gegen ihn eingeleiteten Strafverfahren sind. Um dieser Verpflichtung nachzukommen, muss der Beamte grundsätzlich dartun, dass gegen ihn ein Strafverfahren eingeleitet wurde, während gegen ihn ein Disziplinarverfahren anhängig war. Denn nur dann, wenn ein Strafverfahren eingeleitet wurde, können die Handlungen, die seinen Gegenstand bilden, identifiziert und mit den Handlungen verglichen werden, wegen deren das Disziplinarverfahren eröffnet wurde, damit festgestellt werden kann, ob sie identisch sind (vgl. Urteil des Gerichts erster Instanz vom 30. Mai 2002, Onidi/Kommission, T‑197/00, Randnr. 81). 64      Das Gericht muss also zunächst entscheiden, ob die Klägerin dargetan hat, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung „ein Strafverfahren wegen derselben Handlungen“ anhängig war. 65      Nach ständiger Rechtsprechung ist den Begriffen einer Vorschrift des Unionsrechts, die für die nähere Bestimmung ihres Sinns und ihrer Tragweite nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel eine autonome Auslegung zu geben, die unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs und des mit der betreffenden Regelung verfolgten Ziels zu ermitteln ist (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 5. Oktober 2009, Kommission/Roodhuijzen, T‑58/08, Randnr. 70, und des Gerichts der Europäischen Union vom 13. September 2011, Zangerl-Posselt/Kommission, T‑62/10 P, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung). Nur wenn der Unionsrichter dem Unionsrecht oder dessen allgemeinen Grundsätzen keine Anhaltspunkte entnehmen kann, die es ihm erlauben, Inhalt und Tragweite einer Bestimmung durch eine autonome Auslegung zu ermitteln, kann er auch bei Fehlen einer ausdrückliche Verweisung bei der Anwendung des Unionsrechts auf das Recht der Mitgliedstaaten Bezug nehmen. 66      Dieser Rechtsprechung zufolge sind zunächst die einschlägigen Statutsbestimmungen zu prüfen (vgl. das vorgenannte Urteil Kommission/Roodhuijzen, Randnr. 71). Die einzigen Hinweise auf den Begriff „Strafverfahren“ finden sich in den Art. 24 f. des Anhangs IX des Statuts im Zusammenhang mit dem Disziplinarverfahren; diese enthalten jedoch keinen zweckdienlichen Hinweis auf den Inhalt dieses Begriffs. Deshalb ist festzustellen, dass das Statut den Inhalt des Begriffs „Strafverfahren“ nicht verdeutlicht, anders als dies z. B. bei dem Begriff „fester Partner [eines Beamten] in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft“ der Fall war, der in Art. 1 Abs. 2 Buchst. c des Anhangs VII des Statuts definiert war und in der Rechtssache Kommission/Roodhuizen eine Rolle für die Gewährung der Haushaltszulage spielte. 67      Zum Unionsrecht ist festzustellen, dass der Gesetzgeber mehrere Rechtsakte erlassen hat, die für die Definition des Begriffs des „Strafverfahrens“ oder genauer der „strafrechtlichen Verfolgung“ ausdrücklich oder stillschweigend auf das einzelstaatliche Recht verweisen. So wird in Art. 1 Buchst. c des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI des Rates vom 15. März 2001 über die Stellung des Opfers im Strafverfahren (ABl. L 82, S. 1) das „Strafverfahren“ als „strafrechtliche[s] Verfahren im Sinne des geltenden einzelstaatlichen Rechts“ definiert. Desgleichen verleiht Art. 2 der Richtlinie 2012/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung in Strafverfahren „verdächtigen oder … beschuldigten Personen“ Rechte, ohne diese Begriffe autonom zu definieren (ABl. L 142, S. 1). 68      Das Gericht leitet daraus her, dass dem Unionsrecht keine Anhaltspunkte zu entnehmen sind, die es ihm erlauben, Inhalt und Tragweite des in Art. 25 des Anhangs IX des Statuts enthaltenen Begriffs des Strafverfahrens im Wege einer autonomen Auslegung zu ermitteln. Unter diesen Umständen kann das Gericht bei der Anwendung dieser Bestimmung nur auf das Recht der Mitgliedstaaten Bezug nehmen, im vorliegenden Fall auf das Recht der Französischen Republik, deren Strafverfolgungsbehörden ihre Zuständigkeit für die der Klägerin zur Last gelegten Handlungen bejaht haben. 69      Insoweit ergibt sich aus den Akten, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung eine Voruntersuchung wegen Handlungen eingeleitet worden war, die als „Fälschung amtlicher Dokumente des Bürgerbeauftragten … und Benutzung gegenüber Dritten mit dem Ziel der Erlangung eines persönlichen Vorteils“ qualifiziert wurden; es waren jedoch keine Ermittlungen eingeleitet und einem Untersuchungsrichter übertragen worden. 70      Zweitens stellt das Gericht fest, dass der Begriff „Strafverfahren“ im französischen Recht nicht das Vorliegen einer einfachen Voruntersuchung umfassen kann, da er die Einleitung einer auf die Verhängung von Strafen gerichteten öffentlichen Aktion impliziert. Folglich war nach französischem Recht zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung kein Strafverfahren anhängig. 71      Gleichwohl muss es einem Beamten, gegen den wie hier eine Voruntersuchung eingeleitet wurde, die zu einem Strafverfahren führen kann, auch dann, wenn kein Strafverfahren im Sinne des nationalen Rechts vorliegt, angesichts des doppelten Zwecks des Art. 25 des Anhangs IX des Statuts ermöglicht werden, genau darzutun, dass die Entscheidung im Disziplinarverfahren geeignet ist, seine Stellung in einem eventuellen späteren Strafverfahren, zu dem die Voruntersuchung führen kann, zu beeinträchtigen (vgl. Urteil Tzoanos/Kommission, Randnr. 38), und dass die Verwaltung im Disziplinarverfahren vom Kläger bestrittene Handlungen berücksichtigt hat, bevor das Strafgericht sie rechtskräftig festgestellt hat. 72      Dies ist in der vorliegenden Rechtssache nicht der Fall. 73      Denn zum einen hat die Klägerin in ihrer Klageschrift lediglich ausgeführt, dass die in Art. 25 des Anhangs IX des Statuts aufgestellte Voraussetzung nicht erfüllt gewesen sei, ohne dass sie versucht hätte darzutun, dass eine ihre Rechtsstellung endgültig regelnde Entscheidung geeignet sei, ihre Stellung in einem eventuellen späteren dieselben Handlungen betreffenden Strafverfahren, zu dem die zur Zeit des Disziplinarverfahrens eingeleitete Untersuchung führen könne, zu beeinträchtigen. 74      Zum anderen muss der Grundsatz, dass das Strafverfahren das Disziplinarverfahren hemmt, in dem Fall, dass er auf bloße Untersuchungen vor Einleitung eines Strafverfahrens anzuwenden ist, eng ausgelegt werden, da Disziplinarverfahren sonst ihre praktische Wirksamkeit verlieren würden. Insbesondere darf dieser Grundsatz die Verwaltung nicht daran hindern, eine Disziplinarstrafe wegen Handlungen zu verhängen, die der betroffene Beamte zur Zeit des Erlasses ihrer Entscheidung nicht bestritten hat. 75      In der vorliegenden Rechtssache ergibt sich aus den Akten, dass alle mit der streitigen Entscheidung gerügten Handlungen – die Änderung von vier Gehaltsabrechnungen und einer Einkommensbescheinigung und die Vorlage dieser geänderten Dokumente bei Dritten im Rahmen eines Antrags auf Gewährung eines zinsgünstigen Darlehens – von der Klägerin zugegeben und während des gesamten Verfahrens, das zu der streitigen Entscheidung führte, mehrfach bestätigt wurden. Zudem versucht die Klägerin nicht, darzutun, dass ein französisches Strafgericht, das nach Abschluss der gegen sie gerichteten Voruntersuchung angerufen werden könnte, möglicherweise Tatsachenfeststellungen treffen würde, die die tatsächliche Begehung dieser Handlungen in irgendeiner Weise in Frage stellten könnten. 76      Die Klägerin hat dazu auf Befragen in der mündlichen Verhandlung lediglich erklärt, dass ein eventuelles strafrechtliches Ermittlungsverfahren gewisse Unklarheiten beseitigen könnte, etwa hinsichtlich der Umstände, unter denen die Änderung der Gehaltsbescheinigung von 2008 vorgenommen wurde, ihres Interesses an der Änderung der Gehaltsabrechnungen und der Bescheinigung sowie der Frage, ob sie sich durch die ihr vorgeworfenen Machenschaften tatsächlich einen persönlichen Vorteil verschafft hätte. 77      Ausweislich der Akten spielten jedoch die Fragen nach ihrem eventuellen Interesse an der Änderung der Gehaltsabrechnungen und der Einkommensbescheinigung und nach dem persönlichen Vorteil, den sie sich durch diese Änderung hätte verschaffen können, für die Entscheidung des Bürgerbeauftragten keine entscheidende Rolle. Er beschränkte sich vielmehr darauf, die von der Klägerin unbestritten verfolgte Absicht, diese Dokumente „im Rahmen eines Antrags auf Gewährung eines für Familien mit geringem Einkommen bestimmten zinsgünstigen Darlehens“ zu verwenden, als erschwerenden Umstand anzusehen und die anderweitigen Erklärungen der Klägerin zurückzuweisen. 78      Nach alledem hat die Klägerin, während zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung noch kein Strafverfahren gegen sie eingeleitet worden war, keinen spezifischen Beweis dafür erbracht, dass die Entscheidung im Disziplinarverfahren für den Fall, dass die zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung schwebenden Ermittlungen zu einem Strafverfahren wegen derselben Handlungen führen würden, ihre Stellung in einem eventuellen Strafverfahren beeinträchtigen könnte oder dass die Verwaltung andere als die von der Klägerin eingeräumte Handlungen berücksichtigt hat. 79      Der erste Teil des ersten Klagegrundes ist somit als unbegründet zurückzuweisen. Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: Verfahrensfehler beim Erlass der Entscheidung über die vorläufige Dienstenthebung –       Vorbringen der Parteien 80      Die Klägerin macht geltend, dass die Entscheidung über ihre vorläufige Dienstenthebung unter Verletzung des Art. 23 des Anhangs IX des Statuts ergangen sei, da sie vor ihrem Erlass nicht angehört worden sei. 81      Der Bürgerbeauftragte entgegnet erstens, die Entscheidung über die vorläufige Dienstenthebung der Klägerin sei ohne ihre Anhörung, aber unter Beachtung des Art. 23 des Anhangs IX des Statuts ergangen, der diese Möglichkeit in Ausnahmefällen vorsehe. Zweitens hätte ein eventueller Verfahrensfehler beim Erlass der Entscheidung über die vorläufige Dienstenthebung keinen Einfluss auf die streitige Entscheidung. –       Würdigung durch das Gericht 82      Nach ständiger Rechtsprechung bildet eine Entscheidung, durch die die vorläufige Dienstenthebung eines Beamten angeordnet wird, einen beschwerenden Rechtsakt, gegen den unter den in den Art. 90 und 91 des Statuts aufgestellten Voraussetzungen die Aufhebungsklage gegeben ist (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 19. Mai 1999, Connolly/Kommission, T‑203/95, Randnr. 33). 83      Bei dieser Entscheidung handelt es sich jedoch nicht um eine unerlässliche Verfahrenshandlung, die die endgültige Entscheidung über die zu verhängende Strafe vorbereitet, sondern um eine autonome Entscheidung, die die Anstellungsbehörde erlassen kann und die nur anwendbar ist, wenn dem Beamten ein schwereres Dienstvergehen zur Last gelegt wird (vgl. das vorgenannte Urteil Connolly/Kommission, Randnr. 36, und Urteil des Gerichts erster Instanz vom 16. Dezember 2004, De Nicola/EIB, T‑120/01 und T‑300/01, Randnr. 113). Folglich hätte eine eventuelle Rechtswidrigkeit der Entscheidung über die vorläufige Dienstenthebung keinen Einfluss auf die Gültigkeit der streitigen Entscheidung. 84      Der zweite Teil des ersten Klagegrundes ist daher nicht schlüssig und somit zurückzuweisen. Zum dritten Teil des ersten Klagegrundes: rechtswidrige Zusammensetzung des Disziplinarrats –       Vorbringen der Parteien 85      Die Klägerin macht geltend, die Zusammensetzung des vom Bürgerbeauftragten befassten Disziplinarrats, der ausschließlich aus dem Organ nicht angehörenden Mitgliedern bestehe, verstoße gegen die Art. 5 und 6 des Anhangs IX des Statuts. 86      Der Bürgerbeauftragte beantragt, den dritten Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. –       Würdigung durch das Gericht 87      Art. 5 Abs. 1 des Anhangs IX des Statuts, der lediglich vorschreibt, dass mindestens eines der Mitglieder des Disziplinarrats eine Person sein muss, die dem Organ nicht angehört, untersagt es keineswegs, dass die meisten oder sogar alle Mitglieder des Disziplinarrats Personen sind, die dem Organ nicht angehören. 88      Eine Auslegung dieser Bestimmung, die dazu führen würde, die Einrichtung von Disziplinarräten zu verbieten, die ausschließlich aus dem betreffenden Organ nicht angehörenden Mitgliedern bestünden, fände nicht nur keine Stütze in irgendeinem Text, sondern hätte, wie der Bürgerbeauftragte in seiner Klagebeantwortung zu Recht ausgeführt hat, zur Folge, dass bei Organen oder Stellen, die nicht über genug Beamte der nach den Art. 5 und 6 des Anhangs IX des Statuts für die Mitgliedschaft in einem Disziplinarrat erforderlichen Besoldungsgruppe verfügen, kein ordnungsgemäß zusammengesetzter Disziplinarrat eingerichtet werden könnte. 89      Der dritte Teil des ersten Klagegrundes greift daher nicht durch. 90      Folglich ist der erste Rechtsmittelgrund insgesamt zurückzuweisen. Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht Vorbringen der Parteien 91      Die Klägerin trägt vor, weder die Stellungnahme des Disziplinarrats noch die Entscheidung über ihre Entfernung aus dem Dienst erfüllten die Begründungspflicht. 92      Sie rügt erstens, dass die Stellungnahme des Disziplinarrats sehr knapp gefasst sei und keine Erklärung dazu enthalte, auf welche Weise und aus welchem Grund die ihr zur Last gelegten Handlungen dem Ansehen ihres Amtes abträglich seien. Ferner wendet sich die Klägerin gegen die Feststellung des Disziplinarrats, dass sie Tätigkeiten verrichtet habe, die mit einem hohen Maß an Verantwortung verbunden gewesen seien, und erinnert daran, dass sie eine Beamtin der niedrigsten Besoldungsgruppe der AD‑Funktionsgruppe gewesen sei. 93      Zweitens führt die Klägerin aus, dass die Entscheidung über ihre Entfernung aus dem Dienst angesichts des Umstands, dass sie von der Stellungnahme des Disziplinarrats abweiche, nicht ausreichend begründet sei. 94      In der streitigen Entscheidung prüfe der Bürgerbeauftragte nicht, ob die gegen sie erhobenen Beschuldigungen begründet seien, sondern stelle eine Liste der erschwerenden oder mildernden Umstände auf, die einer „Stilfigur“ ähnele und aus der keineswegs hervorgehe, weshalb die Disziplinarstrafe der Entfernung aus dem Dienst angemessener sei als die vom Disziplinarrat vorgeschlagene Einstufung in eine niedrigere Besoldungsgruppe. 95      Der Bürgerbeauftragte ist der Meinung, dass der Disziplinarrat und die Anstellungsbehörde die Begründungspflicht erfüllt hätten, indem sie die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte dargelegt hätten, und beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 96      Nach ständiger Rechtsprechung soll es die Begründung einer beschwerenden Entscheidung dem Richter ermöglichen, deren Rechtmäßigkeit zu überprüfen, und dem Betroffenen die erforderlichen Anhaltspunkte für die Feststellung geben, ob die Entscheidung sachlich richtig ist (vgl. Urteil des Gerichts erster Instanz vom 19. Mai 1999, Connolly/Kommission, T‑34/96 und T‑163/96, Randnr. 93 und die dort angeführte Rechtsprechung). 97      Die Frage, ob eine Entscheidung der Anstellungsbehörde, mit der eine Disziplinarstrafe verhängt wird, diese Voraussetzungen erfüllt, ist nicht nur anhand ihres Wortlauts zu prüfen, sondern auch anhand ihres Zusammenhangs und aller einschlägigen Rechtsvorschriften. Zwar haben der Disziplinarrat und die Anstellungsbehörde alle sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmäßigkeit ihrer Entscheidungen abhängt, sowie die Erwägungen anzugeben, die sie zu ihrem Erlass veranlasst haben; sie brauchen jedoch nicht auf alle sachlichen und rechtlichen Fragen einzugehen, die der Betroffene im Verfahren aufgeworfen hat (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 5. Dezember 2002, Stevens/Kommission, T‑277/01, Randnr. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung). 98      Wenn wie hier die von der Anstellungsbehörde verhängte Strafe schwerer ist als die vom Disziplinarrat vorgeschlagene, muss die Anstellungsbehörde in ihrer Entscheidung auch genau angeben, warum sie von der Stellungnahme des Disziplinarrats abgewichen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 29. Januar 1985, F./Kommission, 228/83, Randnr. 35). 99      Anhand dieser Grundsätze ist zu prüfen, ob die Stellungnahme des Disziplinarrats und die streitige Entscheidung ausreichend begründet sind. 100    Was zunächst die Rüge angeht, die Stellungnahme des Disziplinarrats sei sehr knapp gehalten, ist festzustellen, dass sie in der Tat sehr kurz gefasst ist. Der Disziplinarrat stellte jedoch fest, dass die Klägerin zugegeben habe, die ihr vorgeworfenen Handlungen tatsächlich begangen zu haben, und führte in seiner Stellungnahme die verschiedenen erschwerenden und mildernden Umstände an, auf die er den Vorschlag der Einstufung der Klägerin in eine niedrigere Besoldungsgruppe stützte, so dass sie die Überprüfung durch den Richter ermöglichte und der Betroffenen die erforderlichen Anhaltspunkte für die Feststellung gab, ob die Entscheidung sachlich richtig war. Folglich ist diese Rüge zurückzuweisen. 101    Zu dem Einwand der Klägerin gegen die Ausführungen des Disziplinarrats zu dem hohen Grad der mit ihren Aufgaben verbundenen Verantwortung ist festzustellen, dass es sich dabei um eine Frage handelt, die nicht die ausreichende Begründung der Stellungnahme betrifft, sondern im Rahmen der Begründetheit der Klage zu prüfen ist. Diese Frage wird deshalb im Rahmen des dritten Klagegrundes, mit dem die Klägerin einen offensichtlichen Beurteilungsfehler rügt, untersucht werden. 102    In der Begründung der streitigen Entscheidung wird zunächst auf die berufliche Stellung der Klägerin hingewiesen sowie auf die „Fälschung von vier Gehaltsabrechnungen“ und einer Bescheinigung sowie auf die „Benutzung dieser gefälschten Dokumente gegenüber Dritten“ im Rahmen eines Antrags auf ein zinsgünstiges Bankdarlehen. Zweitens wird in der Entscheidung berücksichtigt, dass die Klägerin schon bei ihrer ersten Anhörung durch den Disziplinarrat zugab, diese Handlungen tatsächlich begangen zu haben, und dies im gesamten Verfahren nicht leugnete. Drittens führt der Bürgerbeauftragte aus, dass die der Klägerin zur Last gelegten Handlungen und ihr späteres Verhalten „es unmöglich machen, das institutionelle, berufliche und persönliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Bürgerbeauftragten und [der Klägerin] aufrechtzuerhalten oder auch nur wiederherzustellen“, und dass angesichts der Schwere ihres Fehlverhaltens und ihrer rechtswidrigen Handlungen ihre Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst dessen Ansehen schwer schädigen würde und sehr negative Auswirkungen auf die moralische Autorität des Bürgerbeauftragten hätte. 103    In dieser Begründung, bei der es sich keineswegs nur um eine Stilübung handelt, werden die der Klägerin konkret zur Last gelegten Handlungen und die Erwägungen, die die Anstellungsbehörde veranlassten, die Strafe der Entfernung aus dem Dienst und nicht nur die der Einstufung in eine niedrige Besoldungsgruppe zu verhängen, genau angegeben. Die Begründung ist geeignet, der Klägerin die erforderlichen Anhaltspunkte für die Feststellung der sachlichen Richtigkeit der streitigen Entscheidung zu geben, und ermöglicht dem Gericht die Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit. 104    Aufgrund dieser Umstände lässt sich nicht feststellen, dass die Begründungen der Stellungnahme des Disziplinarrats und der streitigen Entscheidung unzureichend wären. 105    Deshalb ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. Zum dritten Klagegrund: offensichtlicher Beurteilungsfehler 106    Der dritte Klagegrund gliedert sich in zwei Teile: Unbegründetheit der Anschuldigungen und offensichtliche Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Zum ersten Teil des dritten Klagegrundes: Unbegründetheit der Anschuldigungen –       Vorbringen der Parteien 107    Die Klägerin führt aus, dem Bürgerbeauftragten sei ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als er in der streitigen Entscheidung ausgeführt habe, dass sie die Absicht gehabt habe, sich „durch ihre Machenschaften einen persönlichen Vorteil sozialer Art“ zu verschaffen. Außerdem liege nach der französischen Rechtsprechung eine nach Art. 441‑1 des französischen Strafgesetzbuchs strafbare Urkundenfälschung nur dann vor, wenn das gefälschte oder geänderte Schriftstück geeignet sei, einem anderen einen tatsächlichen oder potenziellen Schaden zuzufügen. Ihr Verhalten habe aber gar keinen Schaden verursacht. 108    Der Bürgerbeauftragte beantragt, den ersten Teil des vorliegenden Klagegrundes zurückzuweisen. –       Würdigung durch das Gericht 109    Die Verhängung der Strafe der Entfernung aus dem Dienst ist die Folge der von der Klägerin nicht bestrittenen Tatsache, dass sie mehrere amtliche Dokumente geändert und Dritten gegenüber benutzt hat. Sie leugnet also nicht, die fraglichen Handlungen tatsächlich begangen zu haben. 110    Zwar wird der Klägerin in der streitigen Entscheidung vorgeworfen, sie habe „die gefälschten Dokumente gegenüber einem Dritten benutzt, um sich einen persönlichen Vorteil sozialer Art zu verschaffen“. Die Entscheidung wurde aber darauf gestützt, dass amtliche Dokumente gefälscht und Dritten gegenüber benutzt wurden. Tatsächlich wird in der streitigen Entscheidung die Absicht der Klägerin, diese Dokumente „im Rahmen eines Antrags auf Gewährung eines für Familien mit geringem Einkommen bestimmten zinsgünstigen Darlehens“ zu benutzen, als erschwerender Umstand angesehen. Die Klägerin bestreitet diesen Umstand nicht, sondern führt lediglich aus, dass sie durch ihre Handlungen keinen Vorteil sozialer Art erlangt habe, ohne irgendetwas dafür vorzutragen, dass die streitige Entscheidung auf diese letztgenannte Absicht gestützt worden sei. Zudem wurden die verschiedenen Erklärungen der Klägerin in dieser Entscheidung im Einzelnen geprüft und zurückgewiesen, und die Klägerin hat keine andere überzeugende Erklärung für ihre Handlungen gegeben. 111    Zweitens liegt die rechtliche Qualifizierung der Handlungen der Klägerin nach französischem Recht neben der Sache, denn der Bürgerbeauftragte hat die streitigen Handlungen unter dem Gesichtspunkt eines Disziplinarvergehens und nicht einer strafbaren Handlung geprüft. 112    Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass die Klägerin nichts dafür vorgetragen hat, dass die streitige Entscheidung einen Beurteilungsfehler enthält, soweit sie die Begründetheit der gegen sie erhobenen Anschuldigungen betrifft. Der erste Teil des dritten Klagegrundes ist deshalb zurückzuweisen. Zum zweiten Teil des dritten Klagegrundes: offensichtliche Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes –       Vorbringen der Parteien 113    Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Endgültigkeit und Unabänderlichkeit der verhängten Strafe gegenüber dem Dienstvergehen und angesichts der gegebenen Umstände unverhältnismäßig sei und dass der Bürgerbeauftragte die erschwerenden und die mildernden Umstände unrichtig gewertet habe. 114    Der Bürgerbeauftragte beantragt, diesen Teil des dritten Klagegrundes zurückzuweisen. –       Würdigung durch das Gericht 115    Nach Art. 10 des Anhangs IX des Statuts muss die verhängte Disziplinarstrafe der Schwere des Dienstvergehens entsprechen. In demselben Artikel werden auch die Kriterien genannt, die die Anstellungsbehörde bei der Festsetzung der Disziplinarstrafe namentlich berücksichtigen muss. 116    Die Festsetzung der Strafe beruht auf einer Gesamtwürdigung aller konkreten Tatsachen und Umstände des Einzelfalls durch die Anstellungsbehörde, denn das Statut sieht kein festes Verhältnis zwischen den dort aufgeführten Disziplinarstrafen und den verschiedenen Verfehlungen der Beamten vor und bestimmt nicht, in welchem Umfang erschwerende oder mildernde Umstände bei der Festsetzung der Strafe zu berücksichtigen sind. 117    Auch schließt die Beachtung des in Art. 47 der Charta der Grundrechte aufgestellten Grundsatzes des wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes, nicht aus, dass zunächst eine Strafe von einer Verwaltungsbehörde in einem Verwaltungsverfahren verhängt wird. Er setzt jedoch voraus, dass die Entscheidung einer Verwaltungsbehörde, die wie hier die Anstellungsbehörde nicht selbst die in diesem Artikel genannten Voraussetzungen erfüllt, später von einem „Rechtsprechungsorgan mit der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“ kontrolliert wird (vgl. in diesem Sinne entsprechend Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil Albert und Le Compte/Belgien vom 10. Februar 1983, Band A Nr. 58, § 29; Urteile Schmautzer, Umlauft, Gradinger, Pramstaller, Palaoro und Pfarrmeier/Österreich vom 23. Oktober 1995, Band A Nr. 328 A‑C und 329 A‑C, §§ 34, 37, 42, 39, 41 bzw. 38, und Urteil Mérigaud/Frankreich, Nr. 32976/04, vom 24. September 2009, § 68). Ein Rechtsprechungsorgan kann nur dann als „Rechtsprechungsorgan mit der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“ angesehen werden, wenn es u. a. befugt ist, alle für die Entscheidung des ihm vorliegenden Rechtsstreits erheblichen Tatsachen- und Rechtsfragen zu untersuchen (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil Chevrol/Frankreich, Nr. 49636/99, vom 3. Februar 2003, § 77 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil Silvester’s Horeca Service/Belgien, Nr. 47650/99, vom 4. März 2004, § 27). Dies bedeutet bei Disziplinarstrafen, dass es u. a. befugt sein muss, die Verhältnismäßigkeit der Strafe gegenüber dem Dienstvergehen zu beurteilen, ohne sich auf die Suche nach offensichtlichen Beurteilungsfehlern oder einem Ermessensmissbrauch zu beschränken (Urteil des Gerichts vom 15. Mai 2012, Nijs/Rechnungshof, T‑184/11 P, Randnrn. 85 und 86). 118    Das Gericht muss das Vorbringen der Klägerin, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt worden sei, in dem oben in den Randnrn. 115 bis 117 dargelegten rechtlichen Rahmen untersuchen und dabei prüfen, ob die Anstellungsbehörde bei der Abwägung der erschwerenden und der mildernden Umstände den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt hat. 119    In der vorliegenden Rechtssache ist die angefochtene Disziplinarstrafe offensichtlich nicht unverhältnismäßig, denn die Klägerin hat dadurch, dass sie amtliche Dokumente verändert hat, das Ansehen ihres Amtes schwer beeinträchtigt und das Vertrauensverhältnis zum Bürgerbeauftragten endgültig zerstört. Im Übrigen gestattet kein von der Klägerin vorgebrachtes Argument den Schluss, dass die verhängte Strafe nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem ihr vorgeworfenen Verhalten steht. 120    Die Klägerin wirft dem Bürgerbeauftragten insbesondere vor, zu Unrecht die wichtigen Aufgaben, die sie als für die Kommunikation verantwortliche AD-Beamtin ausgeübt habe, die besondere Rechtswidrigkeit der ihr zur Last gelegten Handlungen, ihre Unfähigkeit und ihre Weigerung, die Tatsachen zuzugeben, die schwere Schädigung des Rufes des Bürgerbeauftragten und den Vorsatz als erschwerende Umstände gewertet zu haben. 121    Was die Zuständigkeiten der Klägerin angeht, war diese, wie der Bürgerbeauftragte zu Recht ausgeführt hat, die einzige AD-Beamtin im Referat Kommunikation. Ferner ergibt sich aus den der Klageschrift beigefügten Beurteilungen, dass ihr tatsächlich wichtige Aufgaben im Zusammenhang mit öffentlichen Ausschreibungen und der Verwaltung öffentlicher Gelder übertragen worden waren. Die Erfahrung, die die Klägerin im Dienst des Bürgerbeauftragten erwarb, und die wichtigen Aufgaben, die ihr übertragen wurden, zeugen von dem Vertrauen, das der Bürgerbeauftragte zu ihr hatte, und rechtfertigen die Berücksichtigung dieser Gegebenheiten als erschwerende Umstände (vgl. in diesem Sinne Urteil Onidi/Kommission, Randnr. 146). 122    Zu der Charakterisierung der Handlungen und der Schwere des Dienstvergehens bemerkt die Klägerin lediglich, sie habe ihre Rolle als Beamtin hierdurch nicht verleugnet; sie bringt jedoch kein Argument vor, das geeignet wäre, die Beurteilung des Bürgerbeauftragten in Frage zu stellen, dass die Änderung amtlicher Dokumente und ihre Benutzung gegenüber Dritten ein sehr schweres Dienstvergehen darstelle. 123    Zu der Rüge bezüglich der „Unfähigkeit und der Weigerung [der Klägerin], die Handlungen zuzugeben“, und des Umstands, dass sie sich nie für ihr Verhalten entschuldigt habe, ist festzustellen, dass der Bürgerbeauftragte nie bestritten hat, dass die Klägerin die Handlungen zugegeben hat, sondern in der streitigen Entscheidung in Wirklichkeit die „Unfähigkeit und die Weigerung [der Klägerin], die Schwere der begangenen Handlungen zuzugeben“, als erschwerenden Umstand angesehen hat. Zudem bestätigte die Klägerin zwar in dem Gespräch mit den ermittelnden Beamten sofort, sich über die „Schwere der Handlungen“ im Klaren zu sein; ausweislich der Akten versuchte sie dann aber wiederholt, diese herunterzuspielen. So führte sie in der Anhörung durch den Bürgerbeauftragten aus, dass die Genossenschaft und die Staatsanwaltschaft die Akten nicht so wichtig nähmen, und beanstandete in ihren zusätzlichen Erklärungen vom 3. November 2009, dass der Bürgerbeauftragte „übertreibe, um sich letztlich über den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hinwegzusetzen“. Schließlich entschuldigte sich die Klägerin gegenüber den ermittelnden Beamten „für diesen durch diese Situation und [ihre] Handlungen bedingten scheußlichen und unangenehmen Augenblick“, entschuldigte sich jedoch zu keinem Zeitpunkt für ihre Machenschaften. Folglich kann dem Bürgerbeauftragten nicht vorgeworfen werden, im Rahmen der erschwerenden Umstände darauf hingewiesen zu haben, dass die Klägerin die Schwere der ihr vorgeworfenen Handlungen nicht begriffen habe. 124    Die Klägerin macht geltend, der Bürgerbeauftragte habe zu Unrecht den Schaden, den ihre Handlungen seinem Ruf zugefügt hätten, als erschwerenden Umstand gewertet, denn die Vorgänge seien vertraulich geblieben. Sie hat sich jedoch selbst über die Bekanntmachung dieser Angelegenheit beklagt, und der Vorgang ist, wie der Bürgerbeauftragte ausgeführt hat, mit Sicherheit der Genossenschaft und den französischen Behörden bekannt, da er diese Stellen gemäß Art. 4 Abs. 2 des Beschlusses 94/262/EGKS, EG, Euratom des Europäischen Parlaments vom 9. März 1994 über die Regelungen und allgemeinen Bedingungen für die Ausübung der Aufgaben des Bürgerbeauftragten (ABl. L 113, S. 15) über die der Klägerin vorgeworfenen Handlungen unterrichtet hat. Dieser Rüge kann somit nicht stattgegeben werden. 125    Schließlich wendet sich die Klägerin gegen den Vorwurf des Bürgerbeauftragten, dass sie vorsätzlich gehandelt habe. Unstreitig haben sich jedoch die Machenschaften der Klägerin über einen Zeitraum von ungefähr zwei Monaten ab Anfang Juli bis zum 26. August 2009 hingezogen, dem Datum, an dem sie der Genossenschaft die von ihr selbst hergestellte Einkommensbescheinigung übersandte. Zudem erfordern die von ihr zugegebenen Handlungen eindeutig eine so gründliche Vorbereitung, dass sich das Vorliegen einer, wie die Klägerin es nennt, „unbedachten Handlung“ ausschließen lässt. Diese Rüge ist deshalb zurückzuweisen. 126    Was zweitens die Berücksichtigung der mildernden Umstände betrifft, wirft die Klägerin dem Bürgerbeauftragten vor, ihrer persönlichen und familiären verzweifelten Lage nicht Rechnung getragen zu haben. Dass der Bürgerbeauftragte dieses Vorbringen zurückgewiesen hat, bedeutet jedoch nicht, dass er es unberücksichtigt gelassen hat. 127    Weiter rügt die Klägerin, dass der Bürgerbeauftragte keine Folgerungen daraus gezogen habe, dass sie ihre Handlungen nicht wiederholt begangen habe. Insoweit bestimmt Art. 10 Buchst. h des Anhangs IX des Statuts, dass die Anstellungsbehörde bei der Feststellung, wie schwer das Dienstvergehen wiegt, der Frage Rechnung trägt, ob das Dienstvergehen mit wiederholten Handlungen oder wiederholtem Verhalten verbunden ist, so dass eine wiederholte Begehung eine Strafverschärfung rechtfertigen kann. Umgekehrt kann aber die Tatsache, dass die Handlungen nicht wiederholt begangen wurden, keinen mildernden Umstand darstellen, denn der Beamte muss sich grundsätzlich jeder Handlung und jedes Verhaltens enthalten, die dem Ansehen seines Amtes abträglich sein könnten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 30. November 2011, Quinn Barlo u. a./Kommission, T‑208/06, Randnrn. 255 und 264, wonach in Wettbewerbssachen das Unterbleiben eines erneuten Verstoßes keinen mildernden Umstand darstellen kann; gegen dieses Urteil wurde Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt, Rechtssache C‑70/12 P). 128    Die Klägerin wirft dem Bürgerbeauftragten vor, ihr privates Verhalten und ihre berufliche Tätigkeit über einen Kamm geschoren zu haben; das Dienstvergehen habe mit ihrer beruflichen Tätigkeit nichts zu tun. Diese Rüge ist jedoch zurückzuweisen, denn der Beamte muss dem Ansehen seines Amtes nicht nur für die Zeit der Wahrnehmung einer bestimmten Aufgabe, sondern unter allen Umständen gerecht werden (Urteil des Gerichtshofs vom 6. März 2001, Connolly/Kommission, C‑274/99 P, Randnrn. 79 bis 93 und 130, und Urteil des Gerichts erster Instanz vom 7. März 1996, Williams/Rechnungshof T‑146/94, Randnr. 68). 129    Schließlich rügt die Klägerin, der Bürgerbeauftragte habe ihre Beurteilungen, in denen er ihr ausgezeichnete Leistungen bescheinigt habe, nicht als mildernde Umstände bewertet. Die Anstellungsbehörde durfte jedoch unabhängig von den Beurteilungen und trotz der vom Bürgerbeauftragten in der streitigen Entscheidung zum Ausdruck gebrachten Anerkennung der unbestreitbaren Tüchtigkeit und Befähigung der Klägerin zu dem Ergebnis kommen, dass dieser Umstand angesichts der Schwere der begangenen Verfehlungen, der Besoldungsgruppe und der Zuständigkeiten der Klägerin nicht geeignet war, die zu verhängende Disziplinarstrafe zu mildern (vgl. das vorgenannte Urteil Connolly/Kommission, T‑34/96 und T‑163/96, Randnr. 167). 130    Nach alledem ist der vorliegende Klagegrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen. Zum vierten Klagegrund: Gleichbehandlung von Männern und Frauen und Anspruch auf Mutterschaftsurlaub Vorbringen der Parteien 131    Die Klägerin trägt vor, die streitige Entscheidung verstoße gegen Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 76/207 und Art. 10 der Richtlinie 92/85, da sie in Kraft getreten sei, während sie sich im Mutterschaftsurlaub befunden habe. 132    Der Bürgerbeauftragte räumt ein, dass die Richtlinie 92/85 grundsätzlich anwendbar sei, entgegnet jedoch, dass Art. 10 dieser Richtlinie die Kündigung einer schwangeren Arbeitnehmerin nur insoweit verbiete, als sie mit deren Zustand zusammenhänge, und beantragt die Zurückweisung dieses Klagegrundes. Würdigung durch das Gericht 133    Zur angeblichen Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen ist vorab festzustellen, dass Art. 23 der Charta der Grundrechte seine Beachtung in allen Bereichen einschließlich der Beschäftigung vorschreibt und dass das Verbot der Diskriminierung schwangerer Arbeitnehmerinnen in Art. 2 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2006/54 und Art. 10 der Richtlinie 92/85 niedergelegt ist. Deshalb ist davon auszugehen, dass sich die Schriftsätze der Klägerin auf diese Bestimmungen beziehen. 134    Die Rechtsprechung hat bestätigt, dass die Gleichheit von männlichen und weiblichen Arbeitnehmern, die bei den Organen der Union beschäftigt sind, gewährleistet werden muss (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 28. Januar 1992, Speybrouck/Parlament, T‑45/90, Randnr. 48). 135    In der vorliegenden Rechtssache hat die Klägerin keine Tatsachen vorgetragen, die auf das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung schließen lassen. Eine solche Diskriminierung kann auch nicht allein daraus hergeleitet werden, dass die Schwangerschaft der Klägerin dem Bürgerbeauftragten bekannt war. 136    Da keine Tatsachen dargetan worden sind, die geeignet sind, eine Vermutung für das Bestehen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung der Klägerin zu begründen, braucht der Bürgerbeauftragte nicht den Nachweis dafür zu erbringen, dass kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen vorliegt. 137    Was die angebliche Verletzung des Art. 10 der Richtlinie 92/85 angeht, bestimmt Art. 1e Abs. 2 des Statuts, dass für Beamte im aktiven Dienst Arbeitsbedingungen gelten, bei denen angemessene Gesundheits- und Sicherheitsnormen eingehalten werden, die zumindest den Mindestvorschriften aufgrund von Maßnahmen entsprechen, die in diesen Bereichen nach den Verträgen erlassen wurden. 138    Die Richtlinie 92/85 bezweckt die Verbesserung der Arbeitsumwelt durch eine Verstärkung des Schutzes der Sicherheit und der Gesundheit der schwangeren Arbeitnehmerinnen. Somit verpflichtet diese Richtlinie die Organe, den schwangeren Arbeitnehmerinnen im Rahmen ihrer organisatorischen Autonomie und innerhalb der Grenzen des Statuts einen Schutz zu gewähren, der dem in der Richtlinie vorgesehenen Mindestschutz entspricht (vgl. Urteil des Gerichts vom 30. April 2009, Aayhan u. a./Parlament, F‑65/07, Randnr. 116). 139    Art. 10 der Richtlinie 92/85 kann jedoch nicht dahin ausgelegt werden, dass er jede Kündigung einer schwangeren Arbeitnehmerin verbietet. Denn eine Kündigung während der Zeit vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs aus Gründen, die nichts mit der Schwangerschaft zu tun haben, verstößt nicht gegen Art. 10, vorausgesetzt, der Arbeitgeber führt schriftlich berechtigte Kündigungsgründe an und die Kündigung der Betroffenen ist nach den betreffenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten zulässig, wie es in Art. 10 Nrn. 1 und 2 dieser Richtlinie geregelt ist (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 11. November 2010, Danosa, C‑232/09, Randnr. 63). 140    Erstens geht jedoch aus den Akten eindeutig hervor, dass die Entfernung der Klägerin aus dem Dienst nichts mit ihrer Schwangerschaft zu tun hat. Die Klägerin hat auch zu keiner Zeit, weder in ihren Schriftsätzen noch in ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, behauptet, dass die Entscheidung über ihre Entfernung aus dem Dienst auf ihrer Schwangerschaft beruht habe. 141    Zweitens führte der Bürgerbeauftragte in der streitigen Entscheidung schriftlich berechtigte Kündigungsgründe an. 142    Drittens findet sich im Statut zwar keine besondere Bestimmung, die ausdrücklich eine Ausnahme von dem in Art. 10 der Richtlinie enthaltenen Verbot vorsieht; das Statut ist jedoch dahin auszulegen, dass sein Art. 47 Buchst. e, der ausnahmsweise die Möglichkeit vorsieht, dass ein Beamter durch seine Entfernung aus dem Dienst aufgrund eines Disziplinarverfahrens endgültig aus dem Dienst ausscheidet, eine solche Ausnahme enthält. 143    Aufgrund dieser Erwägungen ist der vorliegende Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. Zum fünften Klagegrund: Verletzung der Fürsorgepflicht und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung Vorbringen der Parteien 144    Die Klägerin rügt, dass der Bürgerbeauftragte mit der Einleitung des Disziplinarverfahrens bis zum 19. Mai 2010 gewartet habe, obwohl sie doch schriftlich unter Vorlage eines Attests ihres Hausarztes darum ersucht habe, das Verfahren, das wegen ihrer Schwangerschaft mit Stress für sie verbunden gewesen sei, so schnell wie möglich abzuschließen. Zudem sei das Verfahren während und kurz nach ihrer Schwangerschaft durchgeführt worden, worin eine Verletzung der Fürsorgepflicht des Bürgerbeauftragten zu sehen sei. 145    Der Bürgerbeauftragte beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 146    Ausweislich der Akten informierte die Klägerin den Bürgerbeauftragten am 25. November 2009 von dem mit dem laufenden Verfahren für sie verbundenen Stress und machte geltend, dass dieser negative Auswirkungen auf ihre Schwangerschaft haben könne. Der Bürgerbeauftragte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 27. November 2009 mit, dass er beabsichtige, den Vertrauensarzt zu ersuchen, sich vom Gesundheitszustand der Klägerin zu überzeugen, um ihr eventuelle Maßnahmen zur Abmilderung der Wirkung des Disziplinarverfahrens auf ihre Gesundheit und die ihres ungeborenen Kindes anzuraten. Aufgrund des Gutachtens des Vertrauensarztes des Organs, in dem es hieß, dass der Gesundheitszustand der Klägerin instabil sei und ein Disziplinarverfahren verheerende Auswirkungen auf ihre Gesundheit haben könne, beschloss der Bürgerbeauftragte mit Verfügung vom 18. Januar 2010, die mit dem Disziplinarverfahren verbundenen Handlungen auf einen Zeitpunkt nach der Entbindung der Klägerin aufzuschieben. 147    Der Bürgerbeauftragte hat also die Einleitung des Disziplinarverfahrens gerade aus Fürsorgeerwägungen aufgeschoben. 148    Folglich ist der fünfte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. 3.     Zum Antrag auf Schadensersatz Vorbringen der Parteien 149    Die Klägerin beantragt festzustellen, dass die Aufhebung der streitigen Entscheidung die Begleichung der finanziellen Ansprüche zur Folge hat, die ihr für den Zeitraum zwischen dem Wirksamwerden der Entfernung aus dem Dienst und der diese aufhebenden Entscheidung des Gerichts zustehen, zuzüglich Verzugszinsen ab dem Zeitpunkt dieser Entscheidung. 150    Hilfsweise beantragt sie, den Bürgerbeauftragten zum Ersatz des ihr durch den Erlass der streitigen Entscheidung entstandenen materiellen und immateriellen Schadens zu verurteilen. 151    Jedenfalls beantragt sie, den Bürgerbeauftragten zur Zahlung von 65 000 Euro als Ersatz des immateriellen Schadens zu verurteilen. 152    Der Bürgerbeauftragte beantragt, diese Anträge zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 153    Nach ständiger Rechtsprechung im Bereich des öffentlichen Dienstes sind Schadensersatzanträge zurückzuweisen, soweit sie in einem engen Zusammenhang mit Aufhebungsanträgen stehen, die ihrerseits als unbegründet zurückgewiesen wurden (Urteil des Gerichts vom 8. November 2007, Andreasen/Kommission, F‑40/05, Randnr. 277). 154    In der vorliegenden Rechtssache besteht ein enger Zusammenhang zwischen allen Schadensersatzanträgen und dem Aufhebungsantrag, der als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Da die Prüfung des Aufhebungsantrags keine Rechtswidrigkeit ergeben hat, die zu einer Haftung des Bürgerbeauftragten führen könnte, sind die Schadensersatzanträge zurückzuweisen. 155    Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Kosten 156    Nach Art. 87 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei vorbehaltlich der übrigen Bestimmungen des achten Kapitels des zweiten Titels der Verfahrensordnung auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 87 Abs. 2 kann das Gericht aus Gründen der Billigkeit entscheiden, dass eine unterliegende Partei zur Tragung nur eines Teils der Kosten oder gar nicht zur Tragung der Kosten zu verurteilen ist. 157    Die Klägerin ist aus den dargelegten Gründen mit ihrer Klage unterlegen. Der Bürgerbeauftragte hat auch ausdrücklich beantragt, die Klägerin zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Umstände des vorliegenden Falles nicht die Anwendung von Art. 87 Abs. 2 der Verfahrensordnung rechtfertigen, hat die Klägerin ihre eigenen Kosen zu tragen und wird zur Tragung der Kosten des Bürgerbeauftragten verurteilt. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Die Klage von BG wird abgewiesen. 2.      BG trägt ihre eigenen Kosten und wird zur Tragung der Kosten des Europäischen Bürgerbeauftragten verurteilt. Rofes i Pujol Boruta Bradley Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. Juli 2012. Die Kanzlerin Der Präsident W. Hakenberg H. Kreppel * Verfahrenssprache: Französisch.
Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 7. Juni 2011.#Arkema France, Altuglas International SA und Altumax Europe SAS gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb - Kartelle - Markt für Methacrylate - Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen festgestellt wird - Zurechnung der Zuwiderhandlung - Begründungspflicht - Grundsatz der Gleichbehandlung - Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung - Geldbußen - Schwere der Zuwiderhandlung - Konkrete Auswirkung auf den Markt - Abschreckungswirkung der Geldbuße - Wiederholungsfall - Verbot der Doppelbestrafung - Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - Mildernde Umstände - Tatsächliche Nichtanwendung der Vereinbarungen - Zurechnung der Haftung für die Zahlung innerhalb einer Unternehmensgruppe - Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung.#Rechtssache T-217/06.
62006TJ0217
ECLI:EU:T:2011:251
2011-06-07T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2011 II-02593
URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer) 7. Juni 2011(*) „Wettbewerb – Kartelle – Markt für Methacrylate – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens festgestellt wird – Zurechenbarkeit der beanstandeten Verhaltensweise – Begründungspflicht – Grundsatz der Gleichbehandlung – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Geldbußen – Schwere der Zuwiderhandlung – Konkrete Auswirkungen auf den Markt – Abschreckungswirkung der Geldbuße – Wiederholungsfall – Grundsatz ne bis in idem – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Mildernde Umstände – Effektive Nichtanwendung der Absprachen – Zuweisung der Verantwortung für die Zahlung innerhalb einer Unternehmensgruppe – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“ In der Rechtssache T‑217/06 Arkema France mit Sitz in Colombes (Frankreich), Altuglas International SA mit Sitz in Puteaux (Frankreich), Altumax Europe SAS mit Sitz in Puteaux, Prozessbevollmächtigte: zunächst A. Winckler, S. Sorinas Jimeno und P. Geffriaud, dann S. Sorinas Jimeno und E. Jégou, avocats, Klägerinnen, gegen Europäische Kommission, vertreten zunächst durch F. Arbault und V. Bottka, dann durch V. Bottka und F. Castillo de la Torre als Bevollmächtigte, Beklagte, wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K(2006) 2098 endg. der Kommission vom 31. Mai 2006 in einem Verfahren nach Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/F/38.645 – Methacrylat), soweit sie die Klägerinnen betrifft, hilfsweise Nichtigerklärung oder Herabsetzung der Geldbußen, die in der Entscheidung gegen diese verhängt worden sind, erlässt DAS GERICHT (Vierte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz sowie der Richterin I. Labucka (Berichterstatterin) und des Richters K. O’Higgins, Kanzler: T. Weiler, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2009 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits Einleitung 1        Mit Entscheidung K(2006) 2098 endg. der Kommission vom 31. Mai 2006 in einem Verfahren nach Art. 81 EG und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) (Sache COMP/F/38.645 – Methacrylat) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) hat die Kommission Arkema SA und deren beide Tochtergesellschaften Altuglas International SA (im Folgenden: Altuglas) und Altumax Europe SAS (im Folgenden: Altumax, zusammen Arkema) wegen Beteiligung an einem Kartell im Bereich der Methacrylate vom 23. Januar 1997 bis 12. September 2002 (im Folgenden: Kartell) gesamtschuldnerisch mit einer Geldbuße von 219 131 250 Euro belegt. Ihre Muttergesellschaften, Total SA und Elf Aquitaine SA, wurden als Gesamtschuldner für die Zahlung der Geldbuße in Höhe von 140,4 Mio. bzw. 181,5 Mio. Euro haftbar gemacht (Art. 2 der angefochtenen Entscheidung). 2        Arkema (früher Atofina SA) ist eine Aktiengesellschaft französischen Rechts, die drei Tätigkeitsbereiche umfasst: Vinylprodukte, Industriechemie und leistungssteigernde Erzeugnisse. Zur Zeit der in der angefochtenen Entscheidung erfassten Ereignisse war Arkema im Besitz von Elf Aquitaine, zunächst zu 97,6 %, dann nach der Übernahme der Elf-Gruppe durch Total Fina SA am 17. April 2000 zu 96,48 %. Von diesem Zeitpunkt an und für die verbleibende Zeitspanne der Zuwiderhandlung war Elf Aquitaine selbst zu 99,43 % im Besitz von Total (früher Total Fina, dann TotalFinaElf SA) (Randnrn. 265 und 266 der angefochtenen Entscheidung). 3        Arkema wurde am 18. Mai 2006 aus Anlass ihrer Börseneinführung zu Arkema France. 4        Altuglas (früher Atohaas und Atoglas SA) sowie Altumax sind die wichtigsten im Bereich der Methacrylate und insbesondere des Methyl-Polymethacrylats (im Folgenden: PMMA) tätigen Tochtergesellschaften von Arkema, die an den in der angefochtenen Entscheidung beschriebenen gemeinsamen Wettbewerbsverstößen beteiligt waren (Randnr. 259 der angefochtenen Entscheidung). Altumax war während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung zu 100 % im Besitz von Arkema. Altuglas war seit 1998 zu 100 % im Besitz von Arkema. Vor diesem Zeitpunkt hielt Elf Atochem SA nur 50 % ihres Kapitals, war aber für die laufenden Geschäfte verantwortlich (Randnr. 263 der angefochtenen Entscheidung). Verwaltungsverfahren 5        Das der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Verfahren wurde eingeleitet, nachdem die Degussa AG am 20. Dezember 2002 einen Antrag auf Geldbußenerlass gemäß der Mitteilung der Kommission vom 19. Februar 2002 über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. C 45, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit) gestellt hatte. 6        Am 25. und 26. März 2003 nahm die Kommission insbesondere in den Geschäftsräumen von Arkema Nachprüfungen vor. Im Anschluss an diese Nachprüfungen reichte Arkema am 3. April 2003 einen Antrag auf Erlass oder Ermäßigung der Geldbuße nach der Mitteilung über Zusammenarbeit ein (Randnr. 60 der angefochtenen Entscheidung). 7        Am 17. August 2005 erließ die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte wegen einer Zuwiderhandlung im Bereich der Methacrylate und richtete sie insbesondere an Total, Elf Aquitaine, Arkema, Altuglas und Altumax (Randnr. 85 der angefochtenen Entscheidung). 8        Am 15. und 16. Dezember 2005 fand eine Anhörung statt, an der alle Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte teilnahmen (Randnr. 87 der angefochtenen Entscheidung). 9        Am 31. Mai 2006 erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung. Angefochtene Entscheidung 10      Zwei Aspekte der angefochtenen Entscheidung sind für den vorliegenden Rechtsstreit von besonderer Bedeutung: die Ermittlung ihrer Adressaten und die Bemessung der Geldbuße. Adressaten der angefochtenen Entscheidung 11      Die Kommission ist nach der Ankündigung, es müsse festgestellt werden, welchen Unternehmen die Verantwortung für die Zuwiderhandlung zuzurechnen sei (Randnr. 245 der angefochtenen Entscheidung), davon ausgegangen, dass Altuglas, Altumax, Arkema und Elf Aquitaine gesamtschuldnerisch für die Zuwiderhandlung hafteten, die Altuglas und Altumax in der Zeit vom 23. Januar 1997 bis 12. September 2002 begangen hätten. Total sei gesamtschuldnerisch haftbar zu machen für die Zuwiderhandlung von Altuglas und Altumax in der Zeit vom 1. Mai 2000 bis 12. September 2002 (Randnr. 277 der angefochtenen Entscheidung). 12      Zur Verantwortung speziell von Elf Aquitaine ist die Kommission in Anbetracht dessen, dass die Mitglieder des Verwaltungsrats von Arkema durch Elf Aquitaine ernannt worden seien, die 97,6 % und nach dem Monat April 2000 96,48 % des Gesellschaftskapitals ihrer Tochtergesellschaft im Besitz gehabt habe, davon ausgegangen, dass Elf Aquitaine einen bestimmenden Einfluss genommen und die effektive Kontrolle über das Verhalten von Arkema gehabt habe (Randnr. 265 der angefochtenen Entscheidung). 13      Zur Verantwortung von Total hat die Kommission festgestellt, dass dieses Unternehmen seit April 2000 und bis zur Beendigung der Zuwiderhandlung unmittelbar oder mittelbar das Kapital sämtlicher Betriebsunternehmen des Konzerns, darunter diejenigen, die unmittelbar an diesem Kartell beteiligt gewesen waren, beherrscht hatte. Unter diesen Umständen hat die Kommission vermutet, dass Total einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaften Elf Aquitaine, Arkema, Altuglas und Altumax genommen habe, und hat an alle diese Unternehmen eine Mitteilung der Beschwerdepunkte gerichtet (Randnr. 267 der angefochtenen Entscheidung). 14      Arkema einerseits sowie Total und Elf Aquitaine andererseits haben getrennt Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt und insbesondere geltend gemacht, dass Arkema der alleinige Adressat der angefochtenen Entscheidung sein müsse (Randnrn. 268 und 269 dieser Entscheidung). Die Kommission hat dies zurückgewiesen und die Verantwortung der in der vorstehenden Randnummer dieses Urteils genannten fünf Unternehmen bekräftigt (Randnrn. 270 bis 277 der angefochtenen Entscheidung). Im Folgenden werden diese Unternehmen insgesamt als Total-Gruppe bezeichnet. Bemessung der Geldbuße 15      Bei der Bemessung der Geldbuße hat die Kommission zunächst die Schwere der Zuwiderhandlung geprüft und dabei festgestellt, dass sie wegen der Natur der Zuwiderhandlung und weil diese das gesamte EWR-Gebiet erfasst habe, als ein schwerwiegender Verstoß im Sinne der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien) zu gelten habe (Randnrn. 319 bis 331 der angefochtenen Entscheidung). Sodann hat die Kommission die an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen differenziert behandelt und den Total-Konzern im Hinblick auf den Umsatz von Arkema im EWR für die drei PMMA-Erzeugnisse in die erste Gruppe eingestuft. Auf dieser Grundlage hat sie für diese einen Grundbetrag von 65 Mio. Euro festgesetzt (Randnrn. 332 bis 336 der angefochtenen Entscheidung). Schließlich hat sie unter Berücksichtigung des Weltumsatzes von Total die dem Total-Konzern auferlegte Geldbuße mit dem Multiplikator 3 vervielfacht, um eine Abschreckungswirkung der Geldbuße sicherzustellen. Damit beläuft sich der Grundbetrag der Geldbuße auf 195 Mio. Euro (Randnrn. 337 bis 350 der angefochtenen Entscheidung). 16      Zweitens hat die Kommission die Dauer der Zuwiderhandlung geprüft und festgestellt, dass der Grundbetrag in Anbetracht dessen, dass Arkema fünf Jahre und sieben Monate an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, um 55 % erhöht werden müsse. Diese Erhöhung wurde auf Elf Aquitaine, Arkema, Altuglas und Altumax angewandt. Für Total, die für kürzere Zeit Inhaberin des Kapitals ihrer Tochtergesellschaften war, hat die Kommission die Geldbuße um 20 % erhöht (Randnrn. 351 bis 353 der angefochtenen Entscheidung). Somit beläuft sich der Grundbetrag der für Arkema (einschließlich Elf Aquitaine) berechneten Geldbuße auf 302,25 Mio. Euro. Total wird von diesem Betrag für 234 Mio. Euro gesamtschuldnerisch haftbar gemacht (Randnr. 345 der angefochtenen Entscheidung). 17      Drittens hat die Kommission das Vorliegen erschwerender Umstände geprüft. Für Arkema hat die Kommission im Hinblick auf die drei bereits zuvor gegen sie ergangenen Entscheidungen festgestellt, dass sie mit einer Zuwiderhandlung der gleichen Art rückfällig geworden sei, und beschlossen, den Grundbetrag der Geldbuße für Arkema um 50 % zu erhöhen. Die Kommission hat indessen klargestellt, dass Total und Elf Aquitaine keine Tatwiederholung anzulasten sei und diese Erhöhung daher nur für Arkema, Altuglas und Altumax gelte (Randnr. 369 und Fn. 250 der angefochtenen Entscheidung). 18      Viertens hat die Kommission die von der Total-Gruppe geltend gemachten mildernden Umstände zurückgewiesen. 19      Zu diesem Zeitpunkt belief sich der Betrag der Geldbuße bei Berücksichtigung erschwerender und mildernder Umstände für Arkema, Altuglas und Altumax auf 365 218 750 Euro. Für Total blieb der Betrag der Geldbuße bei 234 Mio. Euro, für Elf Aquitaine belief er sich auf 302,25 Mio. Euro (Randnr. 397 der angefochtenen Entscheidung). Gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) ist die Kommission davon ausgegangen, dass die Geldbuße 10 % des Umsatzes des betreffenden Unternehmens nicht überstieg (Randnrn. 398 und 399 der angefochtenen Entscheidung). 20      Fünftens und letztens hat die Kommission die Mitteilung über Zusammenarbeit herangezogen und gemäß deren Randnr. 23 Buchst. b erster Gedankenstrich den Betrag der Geldbuße, der sonst gegen die Total-Gruppe verhängt worden wäre, um 40 % herabgesetzt (Randnrn. 403 bis 410 der angefochtenen Entscheidung). 21      In Art. 2 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission den Endbetrag der Geldbuße daher wie folgt festgesetzt: „Arkema …, Altuglas … und Altumax … gesamtschuldnerisch: 219,13125 Mio. EUR; hiervon haftet Total SA gesamtschuldnerisch für 140,4 Mio. EUR und Elf Aquitaine SA gesamtschuldnerisch für 181,35 Mio. EUR“. Verfahren und Anträge der Parteien 22      Mit Klageschrift, die am 10. August 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen Arkema France, Altuglas und Altumax die vorliegende Klage erhoben. 23      Infolge der Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Vierten Kammer zugeteilt worden, an die die vorliegende Rechtssache deshalb verwiesen worden ist. 24      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Vierte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen sowie im Rahmen prozessleitender Maßnahmen die Klägerinnen zur Beantwortung einiger Fragen und die Kommission zur Vorlage eines Schriftstücks aufzufordern. Die Parteien sind dieser Aufforderung fristgerecht nachgekommen. 25      In der Sitzung vom 15. Dezember 2009 haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. Am Ende dieser Sitzung ist die mündliche Verhandlung geschlossen worden. 26      Mit Beschluss vom 26. November 2010 hat das Gericht gemäß Art. 62 seiner Verfahrensordnung die mündliche Verhandlung wiedereröffnet, um die Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen aufzufordern, Dokumente vorzulegen und Fragen zu beantworten. Die Parteien haben dieser Aufforderung fristgerecht Folge geleistet. Die mündliche Verhandlung ist dann am 9. März 2011 geschlossen worden. 27      Die Klägerinnen beantragen, –        Art. 3 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit er sie betrifft; –        hilfsweise, die mit der angefochtenen Entscheidung verhängte Geldbuße aufzuheben oder herabzusetzen; –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 28      Die Kommission beantragt, –        die Klage abzuweisen; –        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 29      Die Klägerinnen machen im Wesentlichen acht Klagegründe geltend. Der erste Klagegrund betrifft eine Verletzung der Regeln über die Zurechnung der Praktiken einer Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft sowie des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung. Der zweite Klagegrund zielt auf tatsächliche Beurteilungsfehler der Kommission bei der Zurechnung der Zuwiderhandlung von Arkema an Total und Elf Aquitaine. Mit dem dritten Klagegrund wird die Verletzung der Begründungspflicht und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung bei der Anwendung der Zurechnungsregeln gerügt. Der vierte Klagegrund beanstandet die Verkennung des Kriteriums der konkreten Auswirkung auf den Markt bei der Festlegung des Grundbetrags der Geldbuße auf 65 Mio. Euro. Der fünfte Klagegrund zielt auf rechtliche und tatsächliche Beurteilungsfehler bei der Erhöhung der Geldbuße wegen Tatwiederholung. Der sechste Klagegrund rügt rechtliche Beurteilungsfehler der Kommission bei der Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße zum Zweck der Abschreckung. Der siebte Klagegrund sieht einen tatsächlichen Beurteilungsfehler der Kommission darin, dass diese den Klägerinnen keine Ermäßigung der Geldbuße wegen der Nichtanwendung bestimmter beanstandeter Praktiken durch Arkema zugestanden habe. Mit dem achten Klagegrund werden rechtliche und tatsächliche Beurteilungsfehler der Kommission wegen ihrer Weigerung gerügt, aufgrund „anderer Faktoren“ eine Ermäßigung der Geldbuße auszusprechen. In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen außerdem eine weitere Rüge vorgebracht, mit der sie der Erhöhung der Geldbuße zwecks hinreichender Abschreckung entgegentreten. Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Regeln über die Zurechnung der Praktiken einer Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft und des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung 30      Die Klägerinnen machen geltend, der Kommission sei ein rechtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie auf die Vermutung zurückgegriffen habe, dass eine Muttergesellschaft bei Besitz des gesamten oder nahezu gesamten Kapitals einer Tochtergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf diese nehme (im Folgenden: Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme), ohne den Nachweis einer wirklichen Kontrolle zu erbringen (erster Teil dieses Klagegrundes). Damit habe sie zugleich gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung verstoßen, weil sie für Arkema einen völlig anderen Beweisstandard herangezogen habe als für die anderen Tochtergesellschaften, die an den beanstandeten Praktiken beteiligt gewesen seien (zweiter Teil dieses Klagegrundes). Zum ersten Teil dieses Klagegrundes: Verkennung der Regeln über die Zurechnung der Praktiken einer Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft –       Vorbringen der Parteien 31      Die Klägerinnen bringen vor, nach ständiger Rechtsprechung und nach der Entscheidungspraxis der Kommission sei, wenn das Unternehmen, das die Zuwiderhandlung begangen habe, zu einer Unternehmensgruppe gehöre, grundsätzlich nur die betreffende Tochtergesellschaft für die Zuwiderhandlung verantwortlich. Nur unter bestimmten Umständen könnten die Verhaltensweisen einer Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft zugerechnet werden. Dies sei dann der Fall, wenn die Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft nehme, weil dieser bei der Festlegung ihrer Geschäftspolitik die Selbständigkeit fehle, oder wenn die Muttergesellschaft bei der Zuwiderhandlung der Tochtergesellschaft (aktiv oder wegen bloßer Kenntnis des Sachverhalts nur passiv) beteiligt gewesen sei. 32      Nach der einschlägigen Rechtsprechung lasse eine Kapitalbeteiligung von 100 % (und erst recht von 99,43 %, von 97,6 % oder 96,48 %) für sich genommen noch nicht ohne Weiteres den Schluss zu, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft nehme. Die Rechtsprechung habe insoweit stets zusätzliches Beweismaterial verlangt, so etwa, dass die Muttergesellschaft sich im Verwaltungsverfahren als einziger Ansprechpartner der Kommission für die Gruppe erwiesen habe, dass das Vorliegen einer effektiven Kontrolle über die Tochtergesellschaft nicht abgestritten worden sei oder dass der geringste Nachweis für die Selbständigkeit der Tochtergesellschaft ausgeblieben sei. 33      Im vorliegenden Fall nun habe die Kommission, abgesehen von der unmittelbaren oder mittelbaren Innehabung des nahezu gesamten Kapitals von Arkema durch ihre seinerzeitigen Muttergesellschaften, in der angefochtenen Entscheidung keinerlei Indiz angeführt, das belegen könne, dass Total und/oder Elf Aquitaine in dem betreffenden Zeitraum tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik von Arkema oder auf die Durchführung der beanstandeten Praktiken genommen hätten. Insbesondere sei der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung angeführte Umstand, dass die Mitglieder des Verwaltungsrats von Arkema in der Zeit der Geschehnisse von Elf Aquitaine ernannt worden seien, nur die logische Konsequenz der Mehrheitsbeteiligung an Arkema und nicht geeignet, das Vorliegen einer bestimmenden Einflussnahme auf diese zu beweisen. 34      Die Klägerinnen sind folglich der Auffassung, dass der Kommission, weil diese sich, um Total und Elf Aquitaine die in der angefochtenen Entscheidung festgehaltenen Zuwiderhandlungen zuzurechnen, auf die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme gestützt habe, die allein auf die unmittelbare oder mittelbare Innehabung des nahezu gesamten Kapitals von Arkema zurückgeführt worden sei, ein rechtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei, der die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung rechtfertige. 35      Ferner haben die Klägerinnen auf die Frage des Gerichts nach den Auswirkungen des Urteils des Gerichtshofs vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission (C‑97/08 P, Slg. 2009, I‑8237), auf den vorliegenden Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass der Sachverhalt der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen sei, und insbesondere die Kontrolle der Muttergesellschaft über die an der Zuwiderhandlung beteiligten Tochtergesellschaften anders gewesen sei als im vorliegenden Fall. Außerdem habe sich in der angeführten Rechtssache die Beteiligung der Muttergesellschaft am Kapital ihrer Tochtergesellschaft auf 100 % belaufen, die aber im vorliegenden Fall (mit 99,43 %, 97,6 % und 96,48 %) nicht erreicht seien. Auf jeden Fall müsse, wenn das angeführte Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission dahin auszulegen sei, dass es zulasse, die Zuwiderhandlung einer Tochtergesellschaft ohne jedes weitere Erfordernis als die Kapitalbeteiligung der Muttergesellschaft zuzurechnen, diese Rechtsprechung überprüft werden, weil sie dann nämlich eine verschuldensfreie Haftung eingeführt hätte, die mit der Verordnung Nr. 1/2003 unvereinbar sei. 36      Die Kommission teilt die Auffassung der Klägerinnen, dass nur unter bestimmten Umständen die Verantwortung für das beanstandete Verhalten einer Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft zugerechnet werden könne. Eine solche Möglichkeit bestehe, wenn die Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten der Tochtergesellschaft nehme. Nach ständiger Rechtsprechung sei die Kommission jedoch zu der Annahme berechtigt, dass eine Gesellschaft, die das gesamte oder nahezu gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft besitze, tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft nehme, solange sie nicht die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme durch den Beweis der Selbständigkeit der Tochtergesellschaft widerlegt habe. –       Würdigung durch das Gericht 37      Den Randnrn. 245 bis 252 und 259 bis 277 der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass die Kommission die streitige Zuwiderhandlung Total und Elf Aquitaine deshalb zugerechnet hat, weil sie zusammen mit Arkema sowie ihren Tochtergesellschaften Altuglas und Altumax, die an den gemeinsamen Wettbewerbsverstößen beteiligt waren, ein einziges Unternehmen gebildet hätten. Für diese Schlussfolgerung hat sich die Kommission auf die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angeführte Vermutung gestützt, dass Total und Elf Aquitaine einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaften genommen hätten. Bei Elf Aquitaine war die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme darauf gegründet, dass die Mitglieder des Verwaltungsrats von Elf Aquitaine ernannt wurden, sowie darauf, dass diese eine Beteiligung von 97,6 %, dann von 96,48 %, am Kapital von Arkema besaß (Randnr. 265 der angefochtenen Entscheidung). Bei Total war diese Vermutung darauf gegründet, dass Total wegen ihrer Beteiligung von 99,43 % am Kapital von Elf Aquitaine seit dem Monat April 2000 unmittelbar oder mittelbar das Kapital sämtlicher Gesellschaften der Gruppe einschließlich derjenigen, die bei dem betreffenden Kartell unmittelbar eine Rolle gespielt hatten, kontrollierte (Randnrn. 266 und 267 der angefochtenen Entscheidung). Aus der letztgenannten Randnummer ergibt sich, dass die betreffenden Gesellschaften in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte eine Reihe von Argumenten vorgebracht haben, mit denen die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme widerlegt werden sollte, dass aber die Kommission diese als unzureichend betrachtet hat (vgl. insbesondere Randnrn. 272 bis 274 der angefochtenen Entscheidung). 38      Sodann ist auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs in diesem Bereich zu verweisen. 39      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Wettbewerbsrecht der Union die Tätigkeit von Unternehmen betrifft und dass der Begriff des Unternehmens jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung umfasst (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). 40      Der Gerichtshof hat ferner klargestellt, dass in diesem Zusammenhang unter dem Begriff des Unternehmens eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen ist, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnr. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung). 41      Verstößt eine solche wirtschaftliche Einheit gegen die Wettbewerbsregeln, hat sie nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für diese Zuwiderhandlung einzustehen (Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnr. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung). 42      Die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Union muss eindeutig einer juristischen Person zugerechnet werden, gegen die Geldbußen festgesetzt werden können, und die Mitteilung der Beschwerdepunkte muss an diese gerichtet werden. In der Mitteilung der Beschwerdepunkte muss auch angegeben werden, in welcher Eigenschaft einer juristischen Person die behaupteten Tatsachen zur Last gelegt werden (Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnr. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). 43      Nach ständiger Rechtsprechung kann einer Muttergesellschaft das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft insbesondere dann zugerechnet werden, wenn die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen, die die beiden Rechtssubjekte verbinden (Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnr. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). 44      Dies liegt darin begründet, dass in einem solchen Fall die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit sind und damit ein Unternehmen in dem erwähnten Sinne bilden. Weil eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, kann die Kommission demnach eine Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten, ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachgewiesen werden müsste (Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnr. 59). 45      Der Gerichtshof hat ebenfalls entschieden, dass in dem besonderen Fall, dass eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstoßen hat, zum einen diese Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft nehmen kann und zum anderen eine widerlegbare Vermutung besteht, dass die Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft nimmt (Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnr. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung). 46      Unter diesen Umständen – so der Gerichtshof – genügt es, dass die Kommission nachweist, dass die Muttergesellschaft das gesamte Kapital der Tochtergesellschaft hält, um anzunehmen, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik dieses Tochterunternehmens nimmt. Die Kommission kann in der Folge dem Mutterunternehmen die Haftung für die Zahlung der gegen sein Tochterunternehmen verhängten Geldbuße als Gesamtschuldner zuweisen, sofern die Beweise, die vom Mutterunternehmen, dem die Widerlegung dieser Vermutung obliegt, vorgelegt werden, nicht für den Nachweis ausreichen, dass sein Tochterunternehmen auf dem Markt eigenständig auftritt (Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnr. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). 47      Aufgrund dieser Rechtsprechung des Gerichtshofs ist festzustellen, dass die von der Kommission im vorliegenden Fall befolgte Methode der Zurechnung der streitigen Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaften der Klägerinnen, wie sie in Randnr. 37 dieses Urteils dargestellt wurde, zutreffend ist. 48      Zum einen ist diese Zurechnung nicht, wie die Klägerinnen vorzugeben scheinen, allein auf die Struktur der Kapitalbeteiligung gestützt, sondern auch auf die Feststellung, dass die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme nicht widerlegt worden ist (vgl. insbesondere Randnrn. 272 und 274 der angefochtenen Entscheidung). 49      Zum anderen ergibt sich klar aus dieser Rechtsprechung (vgl. insbesondere oben, Randnrn. 45 und 46), dass die Struktur der Kapitalbeteiligung an einer Tochtergesellschaft ein ausreichendes Kriterium für die Begründung dieser Vermutung ist, ohne dass die Kommission gehalten wäre, zusätzliche Indizien für die tatsächliche Einflussnahme der Muttergesellschaft anzuführen, wie dies die Klägerinnen fordern. 50      Diese Schlussfolgerung wird nicht durch das Vorbringen der Klägerinnen in Frage gestellt, dass der Sachverhalt der Rechtssache, in der das Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission (oben in Randnr. 35 angeführt) ergangen sei, und insbesondere die Kontrolle der Muttergesellschaft in dieser Rechtssache über ihre Tochtergesellschaften andere gewesen seien als im vorliegenden Fall. Insbesondere ergibt sich, obwohl solche zusätzlichen Indizien in dieser Rechtssache hätten angeführt werden können (Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission, T‑112/05, Slg. 2007, II‑5049, Randnrn. 13 und 54), in aller Klarheit sowohl aus dem soeben angeführten Urteil vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission (Randnrn. 61 und 62), als auch aus dem Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 35 angeführt (Randnrn. 61 und 62), dass die Wirkung dieser Vermutung nicht vom Vorliegen solcher zusätzlichen Indizien abhängig ist. 51      Weiter ist darauf hinzuweisen, dass die vorgenannte Rechtsprechung speziell den besonderen Fall betrifft, dass „eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält“ (Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnr. 60). Im vorliegenden Fall hingegen halten Total und Elf Aquitaine nicht das gesamte Kapital ihrer jeweiligen Tochtergesellschaften. 52      Es ist indessen darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen, obwohl sie in der mündlichen Verhandlung auf diesen tatsächlichen Unterschied hingewiesen haben (vgl. Randnr. 35 dieses Urteils), nichts Besonderes vorgetragen haben, um der Anwendung der gleichen Beweisregelung bei beiden Sachverhalten entgegenzutreten, und dies, obwohl die Problematik der Anwendung der Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme auf andere Fälle als den der Innehabung des gesamten Kapitals der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft Anlass für eine schriftliche Frage des Gerichts an die Kommission und später für ein Rechtsgespräch in der mündlichen Verhandlung gewesen ist. 53      Auf jeden Fall ist festzustellen, dass die Muttergesellschaft, die nahezu das gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft hält, sich wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen, die zwischen den beiden Rechtssubjekten bestehen, bezüglich ihrer Möglichkeit der bestimmenden Einflussnahme auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft in einer ähnlichen Lage befindet wie der ausschließliche Anteilseigner. Folglich ist die Kommission berechtigt, bei dieser Sachlage die gleiche Beweisregelung heranzuziehen, d. h., auf die Vermutung zurückzugreifen, dass diese Muttergesellschaft ihre Macht zu einer bestimmenden Einflussnahme auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft tatsächlich gebraucht. Sicherlich ist nicht auszuschließen, dass in bestimmten Fällen Minderheitsgesellschafter gegenüber der Tochtergesellschaft über Rechte verfügen können, die ihnen gestatten, die vorgenannte Analogie in Frage zu stellen. Abgesehen davon, dass solche Rechte im Allgemeinen nicht mit ganz unbedeutenden Anteilen wie denen im vorliegenden Fall verknüpft sind, ist indessen von den Klägerinnen im vorliegenden Fall nichts dieser Art vorgebracht worden. Mithin ist die Kommission gegenüber den Muttergesellschaften der Klägerinnen zu Recht von der Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme ausgegangen. 54      Zu dem Vorbringen schließlich, die Rechtsprechung im Gefolge des Urteils vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission (oben in Randnr. 35 angeführt), bedürfe der Überprüfung, steht das Gericht auf dem Standpunkt, dass es unter den Umständen des vorliegenden Falles keiner erneuten Prüfung einer Rechtsfrage bedarf, die der Gerichtshof in einem jüngeren Urteil eindeutig entschieden hat. 55      Der erste Teil dieses Klagegrundes ist daher zurückzuweisen. Zum zweiten Teil dieses Klagegrundes: Verletzung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung –       Vorbringen der Parteien 56      Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe, während sie sich in ihrem Fall ausschließlich auf die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme gestützt habe, um die Zuwiderhandlung der Muttergesellschaft zuzurechnen, bei den meisten anderen Tochtergesellschaften, an die die angefochtene Entscheidung gerichtet worden sei, ergänzende Indizien berücksichtigt. Sie verweisen insoweit auf die Behandlung von Degussa, ICI plc und Lucite International Ltd. durch die Kommission in der angefochtenen Entscheidung. 57      Damit habe die Kommission bei der Beweisführung eine ungerechtfertigte Diskriminierung begangen. Wenn die Kommission bei Arkema den gleichen Beweisstandard angewandt hätte wie gegenüber den anderen Unternehmen, wäre sie notwendig zu dem Schluss gelangt, dass die Zuwiderhandlung allein Arkema zugerechnet werden könne. 58      Zum Vorbringen der Kommission, die angefochtene Entscheidung erwähne die Ernennung der Mitglieder des Verwaltungsrats von Atofina durch Elf Aquitaine, verweisen die Klägerinnen darauf, dass es sich um eine schlichte logische Umsetzung der Mehrheitsbeteiligung an Arkema handele, und machen geltend, dieses Indiz weise keine Gemeinsamkeit mit den Indizien auf, die die Kommission bei Degussa berücksichtigt habe, bei der die Kommission die aktive Beteiligung der Muttergesellschaft an der Zuwiderhandlung in Rechnung gestellt habe. Auf jeden Fall gelte dieses Indiz nur für Elf Aquitaine und nicht für Total. 59      Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 60      Der Grundsatz der Gleichbehandlung bzw. der Nichtdiskriminierung verlangt bekanntlich, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil vom 11. September 2007, Lindorfer/Rat, C‑227/04 P, Slg. 2007, I‑6767, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). 61      Es ist davon auszugehen, dass die Klägerinnen nicht schlüssig dargelegt haben, dass die Kommission mit der Zurechnung der streitigen Zuwiderhandlung zulasten der Adressaten der angefochtenen Entscheidung gegen diesen Grundsatz verstoßen hätte. 62      Dazu ist zunächst festzustellen, dass die Lage von ICI Acrylics nicht mit derjenigen der Klägerinnen verglichen werden kann. Der angefochtenen Entscheidung ist nämlich eindeutig zu entnehmen, dass ICI Acrylics – die unmittelbar an der streitigen Zuwiderhandlung beteiligt war – eine einfache Geschäftsabteilung von ICI ohne eigene Rechtspersönlichkeit und nicht deren Tochtergesellschaft war, die dieser zu 100 % oder nahezu ganz gehört hätte (vgl. insbesondere Randnrn. 280, 287 und 288 der angefochtenen Entscheidung). Folglich hat die Kommission, soweit es ICI betrifft, nicht die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme (mit oder ohne Unterstützung durch andere Indizien) herangezogen, sondern lediglich die juristische Person ermittelt, der zum Zeitpunkt der Geschehnisse die Geschäftsabteilung angehörte, die die Zuwiderhandlung begangen hat (Randnrn. 288 und 289 der angefochtenen Entscheidung). 63      Bezüglich Degussa ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Randnr. 255 der angefochtenen Entscheidung Folgendes feststellt: „Röhm GmbH & Co. KG (100%ige Tochter von Degussa) und Para-Chemie GmbH (100%ige Tochter von Röhm) sind unabhängige rechtliche Einheiten. Da diese beiden Unternehmen unmittelbar oder mittelbar zu 100 % im Besitz von Degussa waren … und der Aufsichtsrat von Röhm teilweise aus Mitgliedern der Geschäftsleitung von Degussa … besteht, sieht die Kommission Degussa als verantwortlich für die Zuwiderhandlungen von Röhm … und von Para-Chemie an.“ 64      Zu Lucite International hat die Kommission in Nr. 294 der angefochtenen Entscheidung Folgendes ausgeführt: „Lucite International UK Ltd ist eine ihrer 100%igen Tochtergesellschaften. Außerdem waren die Mitglieder des Verwaltungsrats von Lucite International während der Dauer der Zuwiderhandlung ebenfalls Mitglieder des Verwaltungsrats von Lucite International UK.“ 65      Somit trifft es zu, dass sich die Kommission, um Degussa und Lucite International die beanstandete Verhaltensweise ihrer jeweiligen Tochtergesellschaften zuzurechnen, auf die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme infolge der Innehabung von 100 % des Kapitals der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft gestützt, zugleich aber ein ergänzendes Indiz angeführt hat, nämlich die Anwesenheit von Mitgliedern der Geschäftsleitung der Muttergesellschaft im Aufsichtsrat der Tochtergesellschaft bzw. die Übereinstimmung der Mitglieder des Verwaltungsrats der beiden Gesellschaften. 66      Daraus folgt indessen nicht, dass Degussa und Lucite International sowie ihre Tochtergesellschaften eine andere Behandlung erfahren hätten als die Klägerinnen und ihre Muttergesellschaften, die als Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung anzusehen wäre. 67      Es muss nämlich unterstrichen werden, dass Degussa und Lucite International ganz wie die Muttergesellschaften der Klägerinnen ebenfalls für die beanstandete Verhaltensweise ihrer Tochtergesellschaften haftbar gemacht worden sind (Randnrn. 258 und 296 der angefochtenen Entscheidung). Nichts in dieser Entscheidung lässt aber die Annahme zu, dass die Kommission sie von dieser Haftung losgesprochen hätte, wenn sie nicht die besagten zusätzlichen Indizien hätte anführen können. 68      Insoweit ist darauf zu verweisen, dass die Kommission in den Randnrn. 245 bis 252 der angefochtenen Entscheidung die Grundsätze dargelegt hat, die sie bei der Ermittlung der Adressaten der angefochtenen Entscheidung geleitet haben. Hieraus ergibt sich eindeutig, dass sich die Kommission bei vollständiger oder nahezu vollständiger Kontrolle des Kapitals einer Tochtergesellschaft für berechtigt hielt, die fehlende Selbständigkeit dieser Tochtergesellschaft allein aufgrund der Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme festzustellen, falls diese nicht während des Verwaltungsverfahrens widerlegt worden war, und damit deren beanstandete Verhaltensweise der Muttergesellschaft mit der Begründung zuzurechnen, dass diese Teil ein und desselben Unternehmens sei (vgl. Randnrn. 247 und 248 der angefochtenen Entscheidung). 69      Mithin ist festzustellen, dass die Kommission, wie diese geltend macht, nur höchst hilfsweise auf andere Indizien als die Kapitalbeteiligung abgestellt hat, wenn diese zur Verfügung standen. Im Übrigen hat die Kommission bei der Total-Gruppe auch darauf hingewiesen, dass die Mitglieder des Verwaltungsrats von Arkema von Elf Aquitaine benannt worden waren. Die Kommission hat indessen die Zurechnung der beanstandeten Verhaltensweise einer zu 100 % oder fast 100 % gehaltenen Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft nicht vom Vorliegen solcher ergänzender Indizien abhängig gemacht. Diese Auslegung wird im Übrigen dadurch bestätigt, dass die angefochtene Entscheidung bei bestimmten Muttergesellschaften ausschließlich die Kapitalbeteiligung erwähnt. Das gilt im Fall von Total (Randnr. 266) und der Unternehmen der Barlo-Gruppe, nämlich Barlo Plastics Europe NV, Barlo Plastics NV und Barlo Group plc (Randnr. 301). 70      Beiläufig ist daran zu erinnern, dass die Methode, der die Kommission im vorliegenden Fall gefolgt ist, um die streitige Zuwiderhandlung den Muttergesellschaften der Klägerinnen zuzurechnen, zutreffend ist, wie bereits gezeigt wurde (vgl. Randnr. 47 dieses Urteils). 71      Folglich ist der zweite Teil dieses Klagegrundes und damit dieser Klagegrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen. Zum zweiten Klagegrund: Tatsächliche Beurteilungsfehler der Kommission bei der Zurechnung der Zuwiderhandlung von Arkema an Total und Elf Aquitaine 72      Die Klägerinnen bringen vor, die Kommission sei, selbst wenn man davon ausgehe, dass die Methode des Rückgriffs auf die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme ihnen gegenüber richtig sei, tatsächlich nicht berechtigt gewesen, die Zuwiderhandlung Total und Elf Aquitaine zuzurechnen. Sie hätten nämlich erstens das Fehlen jeglicher Verwicklung der Vorstandsmitglieder von Elf Aquitaine und Total in die betreffenden Praktiken und zweitens die Selbständigkeit von Arkema bei der Festlegung ihrer Geschäftspolitik nachgewiesen. Zum ersten Teil dieses Klagegrundes: Verkennung der fehlenden Verwicklung der Vorstandsmitglieder von Total und Elf Aquitaine in die in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Praktiken –       Vorbringen der Parteien 73      Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission gehe in der angefochtenen Entscheidung nicht davon aus, dass die Vorstandsmitglieder von Elf Aquitaine in irgendeiner Weise in die betreffenden Praktiken verwickelt gewesen seien oder Kenntnis von den Zuwiderhandlungen gehabt hätten. Im Übrigen habe die Kommission im Lauf der Untersuchung kein Auskunftsverlangen an diese Unternehmen gerichtet oder Untersuchungen in deren Geschäftsräumen durchgeführt. 74      Der Entscheidungspraxis der Kommission sei ihrer Meinung nach zu entnehmen, dass die fehlende aktive oder passive Beteiligung der Muttergesellschaft an der Zuwiderhandlung sie bewegen könne, von der Zurechnung der Zuwiderhandlung der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft abzusehen, auch wenn diese die Mehrheit oder das gesamte Kapital dieser Tochtergesellschaft halte. 75      Die Klägerinnen weisen hierzu im Übrigen darauf hin, dass die Gruppe, der sie zur Zeit der Geschehnisse angehört hätten, auf der ausnahmslosen Einhaltung der Wettbewerbsregeln bestanden habe, was übrigens Arkema bewogen habe, ab Januar 2001, also einige Monate nach Übernahme der Elf-Gruppe durch Total Fina am 17. April 2000, ein Programm zur Beachtung des Wettbewerbsrechts aufzustellen. Folglich hätten Total und/oder Elf Aquitaine, wenn ihnen die wettbewerbwidrigen Praktiken, wie sie Arkema ins Werk gesetzt habe, bekannt gewesen wären, sofort ihre Einstellung angeordnet. 76      Demgemäß hätte sich die Kommission auf diesen Gesichtspunkt stützen können, um die Auffassung zu vertreten, dass diese Gesellschaften, obwohl sie in der Zeit der Zuwiderhandlung nahezu das gesamte Kapital von Arkema gehalten hätten, nicht für deren beanstandetes Verhalten auf dem PMMA-Markt verantwortlich seien. 77      Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 78      Den Randnrn. 245 bis 252 und 259 bis 277 der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass die Kommission die streitige Zuwiderhandlung Total und Elf Aquitaine mit der Begründung zugerechnet hat, dass sie zur Zeit der Geschehnisse eine einzige Wirtschaftseinheit gebildet hätten und daher gemeinsam mit Arkema und ihren an den gemeinsamen Wettbewerbsverstößen beteiligten Tochtergesellschaften Altuglas und Altumax ein Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts gewesen seien. Die Kommission hat diese Schlussfolgerung auf die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme gestützt und festgestellt, dass diese im Verwaltungsverfahren nicht widerlegt worden sei. Wie sich aus der Prüfung des ersten Klagegrundes ergibt, ist diese Methode zu Recht befolgt worden. 79      Nach der Rechtsprechung kann nämlich die Kommission, wenn eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, eine Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten, ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachzuweisen wäre (Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnr. 59). Folglich hatte die Kommission die unmittelbare Verwicklung der Vorstandsmitglieder der Muttergesellschaft oder auch nur deren Kenntnis der beanstandeten Tatsachen nicht nachzuweisen. Ebenso wenig hat das Verhalten der Kommission während des Verwaltungsverfahrens und insbesondere der Umstand, dass sie kein Auskunftsverlangen an die Muttergesellschaften gerichtet oder Untersuchungen in ihren Geschäftsräumen vorgenommen hat, Auswirkungen auf die Frage, ob sie gemeinsam mit ihrer Tochtergesellschaft ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bildeten. 80      Zur Entscheidungspraxis der Kommission, auf die sich die Klägerinnen berufen, ist festzustellen, dass selbst wenn anzunehmen wäre, dass die Kommission hierbei die Zurechnung der Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaft von der unmittelbaren Verwicklung ihrer Vorstandsmitglieder in die Zuwiderhandlung abhängig gemacht habe, dies keinerlei Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung in diesem Punkt hätte, weil im vorliegenden Fall die richtige Methode angewandt wurde. Im Übrigen stellen die Klägerinnen in ihrem Erwiderungsschriftsatz klar, dass sie nicht behaupten wollten, dass die fehlende Beteiligung einer Muttergesellschaft an der Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft für sich genommen ausreiche, um die Verantwortung der Muttergesellschaft auszuschließen, sondern nur einen Anhaltspunkt darstelle, den die Kommission zu diesem Zweck berücksichtigen könne. 81      Schließlich könnte, wie die Kommission zu Recht darlegt, die fehlende unmittelbare Verwicklung der Vorstandsmitglieder der Muttergesellschaft oder ihre fehlende Kenntnis der beanstandeten Tatsachen, selbst wenn sie bewiesen werden könnte, nicht ausreichen, um die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme zu widerlegen. 82      Der erste Teil dieses Klagegrundes ist daher zurückzuweisen. Zum zweiten Teil dieses Klagegrundes: Verkennung der Anhaltspunkte für die wirkliche Selbständigkeit von Arkema bei der Festlegung ihrer Geschäftspolitik –       Vorbringen der Parteien 83      Die Klägerinnen machen geltend, Arkema habe während des Verwaltungsverfahrens nachgewiesen, dass ihre Geschäftspolitik während der in der angefochtenen Entscheidung festgelegten Zeitspanne nie von Elf Aquitaine oder von Total bestimmt worden sei. Mithin sei es ohne Auswirkung auf die Festlegung ihrer Geschäftspolitik geblieben, dass sie zum Zeitpunkt der Geschehnisse rechtlich eine Tochtergesellschaft von Elf Aquitaine gewesen sei und die Mitglieder ihres Verwaltungsrats von dieser benannt worden seien. Folglich sei der Kommission ein tatsächlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, indem sie die von Arkema begangene Zuwiderhandlung deren damaligen Muttergesellschaften zugerechnet habe. 84      Erstens verweisen die Klägerinnen darauf, dass sich schon aus der Struktur der Gruppe ergebe, dass weder Total noch Elf Aquitaine die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaften bestimmt hätten. Diese Unternehmen seien nämlich Holdinggesellschaften und Aktionäre mehrerer Konzerne, die in ihrem jeweiligen Aktivitätssektor selbständig tätig seien. 85      Zweitens machen die Klägerinnen geltend, Arkema habe nachgewiesen, dass sie bei der Festlegung ihrer Geschäftspolitik für PMMA und insbesondere ihrer Preis- und Kundenauswahlpolitik völlig selbständig gewesen sei. Arkema sei die eigentliche Muttergesellschaft des Chemiebereichs gewesen, und sie habe in Wahrheit ihren eigenen Tochtergesellschaften wie Altuglas und Altumax Anweisungen gegeben. Oberhalb von Arkema sei das Verhältnis lediglich das gewesen, wie es normalerweise zwischen einem Aktionär, der seine finanziellen Interessen wahren wolle, und einer unabhängigen Geschäftsführung, die für die Verwaltung des Chemiebereichs zuständig sei, vorherrsche. Somit habe sich die Rolle von Total und Elf Aquitaine auf die Genehmigung größerer Investitionen und, wie dies die geltenden Rechtsvorschriften verlangten, auf die Entgegennahme der Buch- und Finanzergebnisse ihrer Tochtergesellschaft beschränkt. Die Klägerinnen verweisen hierzu auf die interne Notiz „Interne Befugnisse und Zahlungsverpflichtungen“ im Anhang zur Klageschrift. 86      Die Klägerinnen unterscheiden in dieser Hinsicht zwei Zeiträume: 1992 bis 2000 und 2001 bis 2004. 87      Zum Zeitraum 1992 bis 2000 bringen sie vor, die Geschäftspolitik bei den mit PMMA zusammenhängenden Tätigkeiten von Elf Atochem sei über die Abteilung „Organische Zwischenstufen der Synthese“ (im Folgenden: DIOS) selbständig festgelegt worden. Die großen Ausrichtungen dieser Geschäftspolitik seien jedes Jahr vom allgemeinen Leitungsausschuss von Elf Atochem, der auch den Haushalt von DIOS verabschiedet habe, vorab gebilligt worden. 88      Für den Zeitraum 2001 bis 2004 sei die Geschäftspolitik bei den mit PMMA zusammenhängenden Tätigkeiten selbständig von Arkema über Atoglas (später Altuglas) bestimmt worden. Die großen Ausrichtungen dieser Geschäftspolitik seien in Form eines auf fünf Jahre angelegten Geschäftsplans jedes Jahr vom Leitungsausschuss für Chemie, dem Ausführungsorgan des Chemiebereichs, vorab gebilligt worden. Der Haushalt für die mit PMMA zusammenhängenden Tätigkeiten sei dem ausführenden Ausschuss von Total im Rahmen der Vorlage des Gesamthaushalts von Atoglas vorgelegt worden. Dieser ausführende Ausschuss werde in Investitionsfragen bei Entscheidungen über einen Betrag von mehr als 10 Mio. Euro tätig und schätze die Risiko- und Rentabilitätsstufen dieser Investitionen ein. 89      Die Klägerinnen unterstreichen namentlich, dass weder Total noch Elf Aquitaine für Tätigkeiten wie im vorliegenden Fall, die nur einen marginalen Teil ihres Umsatzes ausgemacht hätten, die Geschäftspolitik von Arkema bestimmt hätten. Sie verweisen insoweit darauf, dass sich im Jahr 2002 (dem letzten Jahr der Zuwiderhandlung) der Weltumsatz von Arkema aus dem Verkauf von PMMA auf 416 Mio. Euro belaufen habe, was 2,1 % des Gesamtumsatzes der Chemiebranche und 0,4 % des Gesamtumsatzes der Gruppe Elf Aquitaine/Total entspreche. 90      Die Klägerinnen machen im Übrigen geltend, selbst für den Fall, dass die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme gelte, müsse die Beweislast, die dem betreffenden Unternehmen obliege, auf das Fehlen einer effektiven Kontrolle der Muttergesellschaft über die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft auf dem betreffenden Markt und damit im vorliegenden Fall auf dem PMMA-Markt gerichtet sein, um ihm die Widerlegung der Vermutung zu ermöglichen. Ihres Erachtens würde ein abweichender Ansatz, bei dem der Nachweis einer vollständigen Selbständigkeit gegenüber der Muttergesellschaft und damit der Ausschluss der abstrakten Möglichkeit einer bestimmenden Einflussnahme durch die Muttergesellschaft, wenn diese 100 % des Kapitals halte, erforderlich wäre, auf eine probatio diabolica und die Einführung einer unwiderlegbaren Vermutung hinauslaufen. 91      Drittens weisen die Klägerinnen darauf hin, dass die Gesamtkontrolle von Total und Elf Aquitaine über Arkema im Widerspruch stehe zu der Kontrolle von Arkema über Altuglas und Altumax, die sowohl operationell als auch funktionell in sie integriert seien. Hervorzuheben sei ebenfalls, dass Arkema während des gesamten Verfahrens in eigenem und im Namen ihrer Tochtergesellschaften aufgetreten sei und während der Untersuchung niemals das Vorliegen einer effektiven Kontrolle über ihre Tochtergesellschaften abgestritten habe. 92      So habe zum einen Arkema auf operationeller Ebene und im Gegensatz zu Elf Aquitaine und Total, die nichts mit dem Herstellungsverfahren für Methacrylate zu tun gehabt hätten, eine Tätigkeit der Herstellung von Methylmethacrylat aufgewiesen, einem Rohstoff, der – teilweise – von ihren Tochtergesellschaften Altuglas und Altumax in kaptiver Form für die Herstellung und den Vertrieb von PMMA verwendet werde. 93      Zum anderen sei auf funktioneller Ebene die Tätigkeit in Bezug auf PMMA, auch wenn sie von den Tochtergesellschaften von Arkema (Altuglas und Altumax) wahrgenommen worden sei, stets in die Geschäftsorganisation von Arkema integriert worden, zunächst bis zum Jahr 2000 innerhalb von DIOS und dann ab 2001 über eine Geschäftseinheit speziell für PMMA. Außerdem sei in dem betreffenden Zeitraum die Mehrheit der Vorstandsmitglieder des Unternehmens Altuglas aus Vertretern der Rechts- und Finanzabteilungen von Arkema gebildet worden. Diese seien nicht nur bei Arkema, sondern auch bei Altuglas verantwortlich gewesen, die selbst keine eigenen Rechts- und Finanzabteilungen gehabt habe. Schließlich hätten die in die mit der angefochtenen Entscheidung festgestellten Praktiken verwickelten Angestellten von Altuglas allesamt einem Mitglied der Leitung von Arkema berichtet, das während der Zeit der Zuwiderhandlung Herr G. gewesen sei, der während der Zuwiderhandlung nacheinander Leiter von DIOS bis 2000 und Mitglied des Leitungsausschusses für Chemie ab 2001 gewesen sei. 94      Im Übrigen sei diese funktionelle und operationelle Integrierung von Arkema sowie von Altuglas und Altumax 2004 aus Anlass der Neuorganisation des Chemiebereichs der Totalgruppe und der Gründung von Arkema und 2006 bei der Börseneinführung von Arkema bestätigt worden. 95      Viertens unterstreichen die Klägerinnen, dass keines der im Laufe des Verfahrens aufgefundenen Schriftstücke belege, dass Arkema unmittelbar oder mittelbar irgendeine Anweisung oder Empfehlung von Elf Aquitaine oder Total zur Geschäftspolitik auf den Methacrylat-Märkten erhalten habe, obwohl Hunderte von Stücken von der Kommission am Sitz von Arkema beschlagnahmt worden seien. 96      Fünftens bringen die Klägerinnen vor, der Standpunkt der Kommission in der angefochtenen Entscheidung widerspreche ihrer eigenen früheren Praxis. In der Entscheidung K(2003) 4570 endg. der Kommission vom 10. Dezember 2003 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] und Art. 53 EWR (Sache COMP/E-2/37.857 – Organische Peroxide) (im Folgenden: Entscheidung Organische Peroxide) habe nämlich die Kommission die Verantwortung für die von Arkema begangene Zuwiderhandlung trotz der Kapitalverflechtung zwischen den beiden Unternehmen nicht Elf Aquitaine angelastet. Damit habe die Kommission eingeräumt, dass Arkema eine wirkliche Selbständigkeit bei der Festlegung ihrer Geschäftspolitik zukomme. Ihres Erachtens sei die Kommission, da die von der Entscheidung Organische Peroxide gedeckte Zeitspanne teilweise mit der in der angefochtenen Entscheidung erfassten übereinstimme und die wirtschaftlichen und finanziellen Verbindungen zwischen Arkema und Elf Aquitaine in den beiden Sachen genau dieselben gewesen seien, nicht berechtigt gewesen, von ihrem Standpunkt in der Sache, die zur Entscheidung Organische Peroxide geführt habe, abzugehen. 97      Im Übrigen sei die beschränkte und globale Kontrolle von Total und Elf Aquitaine über ihre Tochtergesellschaften kürzlich vom französischen Wettbewerbsrat bestätigt worden, der in einer Entscheidung über den Markt für den Vertrieb von Kraftstoffen auf Autobahnen festgestellt habe, dass Total Raffinage Distribution SA und Elf Antar France SA über hinreichende Selbständigkeit bei der Festlegung ihrer Geschäftspolitik verfügten. 98      Die Klägerinnen machen schließlich geltend, der Kommission seien bei der Würdigung der Natur und der Verteilung der Beweislast rechtliche Beurteilungsfehler unterlaufen. Da die von der Kommission herangezogene Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme durch keinerlei zusätzlichen Anhaltspunkt gestützt werde, der eine effektive Kontrolle der Muttergesellschaften über die Geschäftspolitik von Arkema auf dem PMMA-Markt belegen könnte, sei es für eine Umkehrung der Beweislast schon ausreichend, dass Arkema im Verwaltungsverfahren Anhaltspunkte für ihre tatsächliche Selbständigkeit auf dem Markt vorgebracht habe. Ihres Erachtens sei es daher Sache der Kommission, den Nachweis zu erbringen, dass Total und Elf Aquitaine trotz dieser Anhaltspunkte auf dem betreffenden Markt bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaften genommen hätten. 99      Die Kommission macht geltend, die von den Klägerinnen im Verwaltungsverfahren vorgelegten und in der Klageschrift angeführten Schriftstücke reichten selbst zusammengenommen nicht aus, um die Selbständigkeit des Marktverhaltens von Arkema gegenüber Elf Aquitaine zu belegen und damit die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme zu widerlegen. –       Würdigung durch das Gericht 100    Vorab ist festzustellen, dass die Kommission im vorliegenden Fall entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen (vgl. oben, Randnrn. 90 und 98) nicht die Regeln über die Beweislast verkannt hat. 101    Nach der Rechtsprechung im Anschluss an das Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission (oben in Randnr. 35 angeführt, Randnr. 61) hat die betreffende Gesellschaft, um die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme zu widerlegen, diese „durch Beweise zu entkräften“, die geeignet sind, die Selbständigkeit ihrer Tochtergesellschaft auf dem Markt zu belegen. Die Kommission hat ihrerseits diese Beweise zu prüfen, nicht aber positive Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen Einflussnahme beizubringen. Im Übrigen wäre dieser Vermutung jegliche Wirksamkeit genommen, wenn es der betreffenden Partei gestattet wäre, sie durch bloße ungesicherte Behauptungen zu widerlegen. 102    Zunächst ist aber darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte sehr wenig Konkretes zur Stützung ihrer Darlegungen zur Selbständigkeit von Arkema auf dem Markt vorgebracht haben. Insbesondere Teil III.2 dieser Antwort mit der Überschrift „Arkema hat [während der Zeitspanne der Zuwiderhandlung] bei der Festlegung ihrer Geschäftspolitik wirkliche Selbständigkeit genossen“ verweist auf keinerlei Dokument, das ihre Behauptungen stützen könnte. Mithin trifft die Feststellung der Kommission in Randnr. 272 der angefochtenen Entscheidung zu, dass alles, was die Klägerinnen vorgebracht hätten, bloße Behauptungen ohne ausreichende Beweise seien. Sie erlaubt, wie der vorstehenden Randnummer zu entnehmen ist, zu Recht den Schluss, dass die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme nicht widerlegt worden ist. 103    Außerdem hat entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen der in der angefochtenen Entscheidung gewählte Ansatz nichts mit einer probatio diabolica zu tun. Nach der Rechtsprechung sind nämlich bei der Prüfung der Frage, ob eine Tochtergesellschaft ihr Marktverhalten selbständig bestimmt, sämtliche im Zusammenhang mit ihren wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Verbindungen zur Muttergesellschaft relevanten Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die von Fall zu Fall variieren und daher nicht abschließend aufgezählt werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnrn. 73 f.). Folglich war es Sache der Klägerinnen, sämtliche im Zusammenhang mit ihren wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Verbindungen zur Muttergesellschaft relevanten Gesichtspunkte beizubringen, die ihrer Meinung nach für den Nachweis geeignet waren, dass sie keine wirtschaftliche Einheit bildeten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 65). Selbst wenn die Klägerinnen nicht in der Lage gewesen sein sollten, solche Beweisstücke im vorliegenden Fall beizubringen, bedeutet dies noch nicht, dass diese Vermutung auf keinen Fall widerlegt werden könnte. 104    Im Rahmen dieser allgemeinen Erwägungen sind nunmehr die einzelnen Argumente zu prüfen, die die Klägerinnen vorgebracht haben. 105    In erster Linie stützen diese sich darauf, dass Total und Elf Aquitaine Holdinggesellschaften seien, und machen geltend, dass sich die Selbständigkeit ihrer Tochtergesellschaften aus der Gruppenstruktur selbst ergebe. 106    Zum einen ist hierzu festzustellen, dass das Vorbringen, Total und Elf Aquitaine seien Holdinggesellschaften, durch keinerlei Beweis untermauert wird. 107    Zum anderen wären diese Behauptungen, selbst wenn man unterstellt, sie träfen zu, nicht ausreichend, um auszuschließen, dass die betreffenden Muttergesellschaften einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaften genommen hätten, etwa durch Koordinierung der Finanzinvestitionen innerhalb der Gruppe. Es ist nämlich bereits entschieden worden, dass im Rahmen eines Konzerns eine Holding eine Gesellschaft ist, die die Beteiligungen an verschiedenen Gesellschaften bündeln und als deren Leitungsinstanz fungieren soll (Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, T‑69/04, Slg. 2008, II‑2567, Randnr. 63). Im vorliegenden Fall behaupten die Klägerinnen selbst, dass ihre Muttergesellschaften in die wichtigsten Entscheidungen eingegriffen hätten, die sich auf der Ebene der gesamten Gruppe hätten auswirken können. Statt die These vom Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit der Klägerinnen und ihrer Muttergesellschaften zu entkräften, bekräftigen diese Behauptungen eher, dass es deren Funktion war, eine Leitungs- und Koordinierungseinheit sicherzustellen, die sich auf das Verhalten der Tochtergesellschaften auswirken konnte. 108    Zweitens machen die Klägerinnen geltend, sie hätten nachgewiesen, dass Arkema bei der Festlegung ihrer Geschäftspolitik für PMMA völlig selbständig gewesen sei. Arkema sei nämlich die Muttergesellschaft für den Chemiebereich gewesen und habe ihren eigenen Tochtergesellschaften wie Altuglas und Altumax Anweisungen gegeben. Die Rolle von Total und Elf Aquitaine wiederum habe sich auf die Zulassung großer Investitionen und die Entgegennahme von Rechnungs- und Finanzdaten bezüglich der Ergebnisse ihrer Tochtergesellschaft nach den geltenden Rechtsvorschriften beschränkt. Die Erläuterungen der Kommission in der Klageerwiderung hätten dies im Übrigen nicht richtig stellen können. 109    Insoweit ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Behauptungen der Klägerinnen durch keinerlei Beweismittel untermauert werden. Soweit es das Vorbringen zu Organisation und Struktur der Total-Gruppe und zu den Befugnissen der einzelnen Gesellschaften der Gruppe betrifft, hätte der konkrete Beweis grundsätzlich erbracht werden können. 110    Die Klägerinnen haben allerdings im Anhang zur Klageschrift eine interne Notiz „Interne Befugnisse und Zahlungsverpflichtungen“ vorgelegt, mit der ihr Vorbringen gestützt werden sollte, dass die Muttergesellschaft sich darauf beschränkt habe, die wichtigsten Investitionen von Arkema gutzuheißen. Dieses Dokument war aber, wie die Kommission ohne Widerspruch seitens der Klägerinnen behauptet, in der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht enthalten. Im Übrigen haben die Klägerinnen auf entsprechende Fragen in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass dieses Dokument im Verwaltungsverfahren nicht vorgelegt worden sei. Dem Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission des Gerichtshofs, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnr. 61, ist aber zu entnehmen, dass die Kommission, wenn sie sich auf die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme stützt, in der Folge dem Mutterunternehmen als Gesamtschuldner die Haftung für die Zahlung der gegen dessen Tochterunternehmen verhängten Geldbuße zuweisen kann, sofern die Beweise, die das Mutterunternehmen, dem es obliegt, diese Vermutung zu widerlegen, vorlegt, nicht für den Nachweis ausreichen, dass sein Tochterunternehmen auf dem Markt eigenständig auftritt. Damit konnte die Kommission zu Recht in Randnr. 272 der angefochtenen Entscheidung zu dem Schluss gelangen, dass die besagten Behauptungen nicht durch stichhaltige Beweise untermauert worden seien. 111    Zum anderen wären aber diese Behauptungen, selbst wenn man sie als bewiesen ansähe, auf jeden Fall nicht ausreichend, um die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme zu widerlegen, weil sie nämlich ausschließlich die Festlegung der Geschäftspolitik für PMMA betreffen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen sind nämlich bei der Prüfung der Frage, ob eine Tochtergesellschaft ihr Marktverhalten autonom bestimmt, nicht nur die Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die die Geschäftspolitik für die vom Kartell betroffenen Erzeugnisse betreffen, sondern auch sämtliche im Zusammenhang mit ihren wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Verbindungen zur Muttergesellschaft relevanten Gesichtspunkte (vgl. in diesem Sinne Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission des Gerichtshofs, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnrn. 67, 68, 73 und 74, sowie die Schlussanträge von Generalanwältin Kokott in dieser Rechtssache, Slg. 2009, I‑8241). 112    Im Übrigen enthalten bestimmte Darlegungen der Klägerinnen Indizien dafür, dass sie mit ihrer Muttergesellschaft eine einzige wirtschaftliche Einheit bildeten. 113    So räumen die Klägerinnen ein, dass Total und Elf Aquitaine die großen Investitionen ihrer Tochtergesellschaft billigen mussten. Die Ausübung einer solchen Befugnis stellt aber sehr wohl ein Indiz dafür dar, dass die Tochtergesellschaft ihr Marktverhalten an den Interessen der Muttergesellschaft ausrichtet (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2008, Lafarge/Kommission, T‑54/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 547). 114    Ferner erwähnen die Klägerinnen mehrfach das Bestehen einer Chemieabteilung von Total. Auf eine schriftliche Frage des Gerichts haben die Klägerinnen bestätigt, dass vom Monat Mai 2000 bis zum Ende der Zeitspanne der Zuwiderhandlung die Chemieabteilung nicht nur Arkema und ihre Tochtergesellschaften, sondern auch andere Unternehmen der Total-Gruppe umfasste. Nach Beendigung der Fusion zwischen Total Fina und Elf Aquitaine seien die gesamten Chemietätigkeiten der alten Gruppen funktionell gesehen unter die Leitung von Arkema (damals Atofina) gestellt worden. Diese funktionelle Neuordnung sei jedoch nicht systematisch von einer Neuordnung des Kapitals begleitet worden. Eine solche Aufteilung der Gruppe in Abteilungen, die zudem noch die Kapitalverflechtungen zwischen den Gesellschaften der Gruppe außer Acht lässt, ist aber ein starkes Indiz dafür, dass die Koordinierung der Tätigkeiten dieser Abteilungen der Muttergesellschaft als Dach der Gruppe zusteht. Eine solche Aufgabe der Muttergesellschaft schließt ihrer Natur nach die Selbständigkeit des Marktverhaltens der Tochtergesellschaft aus (vgl. in diesem Sinne Urteile Lafarge/Kommission, oben in Randnr. 113 angeführt, Randnr. 549, sowie Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, oben in Randnr. 107 angeführt, Randnr. 64). 115    Das Vorbringen wiederum, die PMMA-Tätigkeiten hätten nur einen sehr geringen Teil des Gesamtumsatzes von Total und Elf Aquitaine ausgemacht, kann nicht belegen, dass die Muttergesellschaft der Tochtergesellschaft bei der Festlegung ihres Marktverhaltens völlige Selbständigkeit gelassen hätte. Im Übrigen darf die Selbständigkeit einer Tochtergesellschaft gegenüber ihrer Muttergesellschaft, wie vorstehend ausgeführt, nicht ausschließlich im Hinblick auf ihre Tätigkeit im Bereich der kartellbetroffenen Erzeugnisse beurteilt werden. Folglich müsste, selbst wenn ein solches Vorbringen erheblich wäre, die Bedeutung von Arkema für ihre Muttergesellschaften insgesamt eingeschätzt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, oben in Randnr. 107 angeführt, Randnr. 66). Die Klägerinnen haben jedoch in dieser Richtung nichts vorgebracht. 116    Drittens ist das Vorbringen, die Gesamtkontrolle von Arkema durch Total und Elf Aquitaine sei eine andere als die Kontrolle von Arkema über ihre Tochtergesellschaften Altuglas und Altumax, zurückzuweisen. Zum einen handelt es sich wiederum um eine Behauptung, die nicht durch ausreichende Beweise für die Beziehungen zwischen den betroffenen Gesellschaften untermauert wird. Zum anderen würde, selbst wenn feststünde, dass Total und Elf Aquitaine weniger enge Beziehungen zu Arkema unterhielten als diese zu ihren eigenen Tochtergesellschaften, dies nicht ausreichen, um die Selbständigkeit des Marktverhaltens von Arkema nachzuweisen. 117    Viertens ist zu dem Vorbringen, die Neuordnung der Chemieabteilung der Total-Gruppe, die Gründung von Arkema 2004 und dann ihre Börseneinführung 2006 bestätigten deren Selbständigkeit, lediglich festzustellen, dass es sich um Gesichtspunkte handelt, die zeitlich später liegen als die Zeit der Zuwiderhandlung und folglich nicht die Selbständigkeit dieser Gesellschaft während dieser Zeit belegen können. Außerdem gibt die Wendung „Neuordnung der Chemieabteilung von Total“ zu verstehen, dass Total, was diese Chemieabteilung anlangt, eine Koordinierungsfunktion wahrnahm. 118    Fünftens ist das Vorbringen, nichts in den Akten belege, dass Arkema eine Anweisung oder Empfehlung von Elf Aquitaine oder von Total zur Geschäftspolitik auf dem Markt für Methacrylate erhalten habe, für sich genommen wirkungslos, weil die Selbständigkeit von Arkema nicht ausschließlich im Hinblick auf diesen Markt zu beurteilen ist. Im Übrigen erbringt, wie bereits entschieden wurde, der Umstand, dass in den Akten nichts belegt, dass die Muttergesellschaft ihrer Tochtergesellschaft Anweisungen gegeben hätte, keinen Beweis dafür, dass solche Anweisungen tatsächlich nicht gegeben worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Lafarge/Kommission, oben in Randnr. 113 angeführt, Randnr. 545). 119    Sechstens und letztens ist das Vorbringen zu prüfen, der Standpunkt, der in der angefochtenen Entscheidung eingenommen worden sei, stehe im Widerspruch zu der früheren Praxis der Kommission, wie sie sich aus der Entscheidung Organische Peroxide ergebe, in der sie die Zuwiderhandlung von Arkema nicht Elf Aquitaine angelastet habe. 120    Insoweit ist festzustellen, dass sich aus der von den Klägerinnen angeführten Entscheidung Organische Peroxide (Randnrn. 373 bis 393) ergibt, dass die Kommission die Problematik der Haftung der Muttergesellschaft von Arkema nicht untersucht und sich insbesondere nicht zu der Frage ihrer Selbständigkeit im Verhältnis zu ihrer Muttergesellschaft geäußert hat. Mithin kann diese Entscheidung, selbst wenn man annimmt, der Sachverhalt in dieser Sache sei ähnlich wie der in der vorliegenden Sache, nicht als eine wie immer geartete Garantie für die Art und Weise angesehen werden, in der die Kommission die Beziehungen zwischen Arkema und ihren Muttergesellschaften bewertete, ebenso wenig übrigens für das Kriterium der Zurechenbarkeit, das für diese Unternehmensgruppe zu gelten hätte. 121    Im Übrigen ist die angefochtene Entscheidung nicht die erste, in der die Kommission die Verantwortung für eine Zuwiderhandlung von Arkema Elf Aquitaine angelastet hätte. In der Entscheidung K(2004) 4876 der Kommission vom 19. Januar 2005 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] und Art. 53 EWR (Sache COMP/E-1/37.773 – AMCA, im Folgenden: Entscheidung AMCA) hatte die Kommission bereits eine solche Zurechnung zulasten von Elf Aquitaine vorgenommen, und zwar gleichfalls auf der Grundlage der Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme auf ihre Tochtergesellschaft, die nicht widerlegt worden war. 122    Auf jeden Fall ist nach der Rechtsprechung die Kommission nicht verpflichtet, systematisch zu prüfen, ob das beanstandete Verhalten einer Tochtergesellschaft ihrer Muttergesellschaft angelastet werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg. 2006, II‑5169, Randnrn. 330 und 331, bestätigt durch Urteil des Gerichtshofs vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C‑125/07 P, C‑133/07 P, C‑135/07 P und C‑137/07 P, Slg. 2009, I‑8681, Randnr. 82). Folglich könnte, selbst wenn man davon ausginge, dass die Klägerinnen und Elf Aquitaine auch zur Zeit der in der Entscheidung Organische Peroxide beanstandeten Zuwiderhandlung ein einheitliches Unternehmen gebildet hätten, der bloße Umstand, dass die Kommission nicht die Möglichkeit erwogen haben sollte, diese Entscheidung an die Muttergesellschaft der Klägerinnen zu richten und eine Geldbuße gegen sie zu verhängen, sie nicht daran hindern, dies im Einklang mit den von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätzen der Zurechenbarkeit im vorliegenden Fall zu tun. 123    Übrigens würde, selbst wenn die Kommission verpflichtet gewesen wäre, in der Entscheidung Organische Peroxide zu bedenken, ob die betreffende Zuwiderhandlung Elf Aquitaine zugerechnet werden könnte, der Umstand, dass sie es nicht getan hat, lediglich einen Fehler in dieser Sache belegen und könnte daher von den Klägerinnen im vorliegenden Fall nicht mit Erfolg ins Feld geführt werden. 124    Demgemäß ist festzuhalten, dass die von den Klägerinnen vorgebrachten Gesichtspunkte auch als Ganzes gesehen nicht ausreichen, um die Vermutung zu widerlegen, dass Total und Elf Aquitaine tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaften genommen haben. 125    Somit sind der gesamte zweite Teil dieses Klagegrundes und daher der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum dritten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung bei der Anwendung der Zurechnungsregeln 126    Dieser Klagegrund gliedert sich in zwei Teile. Zum ersten Teil: Verletzung der Begründungspflicht –       Vorbringen der Parteien 127    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe, weil die angefochtene Entscheidung keine Antwort auf alle Argumente von Arkema enthalte, mit denen die Selbständigkeit ihrer Geschäftspolitik hätte belegt werden sollen, die ihr obliegende Pflicht zur Begründung verletzt. Im Übrigen könnten auch die Erklärungen, die die Kommission in der Klagebeantwortung vorgebracht habe, diesem Fehler nicht abhelfen. 128    Zum einen weisen die Klägerinnen darauf hin, dass die Kommission nicht auf das gesamte Vorbringen von Arkema eingehe, das in Randnr. 269 der angefochtenen Entscheidung zusammengefasst werde. Sie enthalte sich insbesondere einer Antwort auf das Vorbringen, dass die Benennung der Mitglieder des Verwaltungsrats von Arkema durch Elf Aquitaine nicht von Hause aus eine bestimmende Einflussnahme beweise und dass Arkema bei der Festlegung ihrer Geschäftspolitik völlig selbständig gewesen sei, da sich die Pflicht zur Rechnungslegung auf allgemeine Informationen beschränkt habe, die im Rahmen der normalen Funktionsweise eines Konzerns mitgeteilt worden seien und hauptsächlich Rechnungs-, Finanz- und Rechnungsprüfungsfragen betroffen hätten. 129    Zum anderen weisen die Klägerinnen darauf hin, dass die Kommission nicht auf bestimmte Argumente eingehe, die Arkema in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte dieser übermittelt habe und die in der angefochtenen Entscheidung nicht einmal zusammengefasst würden. Es gehe hierbei um die Argumente, dass die Leiter von Total und Elf Aquitaine nie an den beanstandeten Praktiken beteiligt gewesen seien und die Kontrolle seitens der Muttergesellschaften darauf beschränkt gewesen sei, die wichtigsten Investitionen zuzulassen, und im Übrigen viel zu global, um die Selbständigkeit von Arkema insbesondere bei der Festlegung der Preise einzuschränken. 130    Die Kommission sei, auch wenn sie nicht alle während des Verwaltungsverfahrens behandelten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte erörtern müsse, doch verpflichtet, die Begründetheit aller Argumente – und zwar insgesamt – zu prüfen, die zur Widerlegung der Vermutung der bestimmenden Einflussnahme vorgebracht worden seien. Jede andere Betrachtungsweise laufe auf die Einführung einer unwiderlegbaren Vermutung hinaus. 131    Im Übrigen sei das Fehlen der Begründung im vorliegenden Fall umso abträglicher, als zum einen die Sichtweise der Kommission eine Neuerung darstelle, wie diese in Randnr. 271 der angefochtenen Entscheidung selbst anerkenne, und zum anderen die Kommission für die anderen in der angefochtenen Entscheidung bezichtigten Tochtergesellschaften zusätzliche Indizien zur Stärkung der Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme angeführt habe. Nach der Rechtsprechung werde die auf der Kommission lastende Begründungspflicht verstärkt, wenn ihre Entscheidung spürbar weiter gehe als frühere Entscheidungen (Urteil des Gerichts vom 8. November 2001, Silos, C‑228/99, Slg. 2001, I‑8401, Randnr. 28; Beschlüsse des Gerichts vom 21. Januar 2004, FNSEA u. a./Kommission, T‑245/03, Slg. 2004, II‑271, Randnr. 52, und FNCBV/Kommission, T‑217/03, Slg. 2004, II‑239, Randnr. 66). 132    Die Kommission verneint, gegen ihre Begründungspflicht verstoßen zu haben. –       Würdigung durch das Gericht 133    Zur Begründungspflicht der Kommission ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die nach Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). 134    Es ist ebenfalls bereits entschieden worden, dass eine Entscheidung zur Anwendung von Art. 81 EG, wenn sie eine Mehrzahl von Adressaten betrifft und sich die Frage stellt, wem die Zuwiderhandlung zuzurechnen ist, im Hinblick auf jeden der Adressaten hinreichend begründet sein muss, insbesondere aber im Hinblick auf diejenigen, denen die Zuwiderhandlung in der Entscheidung zur Last gelegt wird (Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, SCA Holding/Kommission, T‑327/94, Slg. 1994, II‑1373, Randnr. 78, und vom 27. September 2006, Akzo Nobel/Kommission, T‑330/01, Slg. 2006, II‑3389, Randnr. 93). Daraus folgt, dass die angefochtene Entscheidung, um in Bezug auf die Muttergesellschaften der Klägerinnen ausreichend begründet zu sein, eine eingehende Darstellung der Gründe enthalten musste, die es gerechtfertigt erscheinen ließen, diesen Gesellschaften die Zuwiderhandlung zuzurechnen (vgl. in diesem Sinne Urteil SCA Holding/Kommission, Randnr. 80). 135    Im Übrigen müssen die Klägerinnen, soweit sich diese Zurechnung auf ihre Lage auswirkt, weil sie dieser Zurechnung im Verwaltungsverfahren entgegengetreten sind und daher ein Interesse daran haben, die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt anzugreifen, in die Lage versetzt werden, ganz wie ihre Muttergesellschaften die Rechtfertigung für den Standpunkt der Kommission zu erfahren. 136    Daraus ergibt sich, dass die Entscheidung, wenn wie im vorliegenden Fall die Kommission die Zurechnung der Zuwiderhandlung auf die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme stützt und die betreffenden Gesellschaften im Verwaltungsverfahren Gesichtspunkte vorgebracht haben, die diese Vermutung widerlegen sollen, eine ausreichende Zusammenfassung der Gründe für die Stichhaltigkeit des Standpunkts enthalten muss, dass diese Gesichtspunkte für eine Widerlegung dieser Vermutung nicht ausreichend waren. 137    Im vorliegenden Fall haben die Klägerinnen in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte insbesondere dargelegt, dass Arkema während der gesamten Zeit der Zuwiderhandlung über eine wirkliche Selbständigkeit bei der Festlegung ihrer Geschäftspolitik verfügt habe. Zur Stützung dieses Vorbringens haben die Klägerinnen im Kern die gleichen Argumente vorgebracht, die bereits im Rahmen des zweiten Klagegrundes geprüft wurden. 138    Die Kommission hat, wie sich aus der bisherigen Begründung dieses Urteils ergibt, zu diesem Vorbringen in Randnr. 272 der angefochtenen Entscheidung wie folgt Stellung genommen: „Die übrigen Argumente [waren] bloße Behauptungen ohne Beweise, die ausgereicht hätten, die Vermutung der Verantwortlichkeit von Total und Elf Aquitaine für die Handlungen ihrer Tochtergesellschaft Arkema zu widerlegen“. Die Klägerinnen vertreten daher zu Unrecht die Auffassung, die Kommission sei nicht auf ihr in Randnr. 269 unter Buchst. c der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenes Vorbringen eingegangen, dem zufolge Arkema bei ihrer Geschäftspolitik und ihrem Marktverhalten völlig selbständig gewesen sei. 139    Im Übrigen ist zu entscheiden, dass diese Stellungnahme in Randnr. 272 der angefochtenen Entscheidung unter den Umständen des vorliegenden Falles den in der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen entspricht. 140    Die Kommission hat damit nämlich den Grund erklärt, warum sie davon ausgegangen ist, dass die von den Klägerinnen und ihren Muttergesellschaften vorgebrachten Gesichtspunkte nicht ausgereicht hätten, um die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme zu widerlegen. Die angefochtene Entscheidung hat diesen somit die erforderlichen Hinweise geliefert, die ihnen die Wahrnehmung ihrer Rechte ermöglicht haben. Die Klägerinnen haben insbesondere entweder die Richtigkeit dieser Darstellung mit der Begründung bestreiten können, dass sie ihre Behauptungen mit ausreichenden Beweisen belegt hätten, oder deren Erheblichkeit in Abrede stellen können, weil dieses Vorbringen selbst ohne entsprechende Beweise im vorliegenden Fall ausreiche, diese Vermutung zu widerlegen. Diese Begründung gewinnt erst an Profil, wenn man sie mit der den Klägerinnen bekannten Passage der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte konfrontiert, die auf keinerlei Beweisstück zur Stützung der in ihr enthaltenen Behauptungen verweist (vgl. Randnrn. 102 ff. dieses Urteils). 141    Außerdem ergibt sich aus der Rechtsprechung, worauf die Kommission zu Recht hinweist, dass sie zwar gemäß Art. 253 EG verpflichtet ist, ihre Entscheidungen zu begründen und die tatsächlichen und rechtlichen Anhaltspunkte, von denen die Rechtmäßigkeit der Maßnahme abhängt, sowie die Erwägungen zu nennen, die sie zum Erlass ihrer Entscheidung bewogen haben, dass sie jedoch nicht auf alle sachlichen und rechtlichen Fragen einzugehen braucht, die von den Beteiligten während des Verwaltungsverfahrens vorgebracht wurden (Urteil des Gerichtshofs vom 10. Dezember 1985, Stichting Sigarettenindustrie u. a./Kommission, 240/82 bis 242/82, 261/82, 262/82, 268/82 und 269/82, Slg. 1985, 3831, Randnr. 88, und Urteil des Gerichts vom 24. Oktober 1991, Atochem/Kommission, T‑3/89, Slg. 1991, II‑1177, Randnr. 222). Wenn die Kommission daher auch in ihrer Entscheidung angeben muss, aus welchen Gründen sie der Auffassung ist, dass die vorgebrachten Gesichtspunkte die Vermutung der bestimmenden Einflussnahme nicht widerlegen könnten, so bedeutet dies jedoch nicht, dass sie verpflichtet wäre, in jedem Fall jeden der von den betreffenden Unternehmen vorgebrachten Gesichtspunkte im Einzelnen zu erörtern. Eine globale Antwort, wie sie im vorliegenden Fall gegeben wurde, kann je nach den Umständen des Einzelfalls ausreichen, damit das Unternehmen seine Rechte sinnvoll verteidigen und das Gericht seine Kontrolle ausüben kann. 142    Nicht entscheidend ist, dass in Randnr. 269 der angefochtenen Entscheidung nicht das gesamte Vorbringen von Arkema wiedergegeben ist. 143    Zum einen stimmt das Vorbringen, dass die Kontrolle der Muttergesellschaften sich darauf beschränkt habe, die wichtigsten Investitionen gutzuheißen, und viel zu global gewesen sei, um die Selbständigkeit von Arkema insbesondere bei der Festlegung der Preise einzuschränken, mit dem anderen in Randnr. 269 unter Buchst. c der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Vorbringen überein, dass „Atofina vollständige Autonomie in ihrer Geschäftspolitik und ihrem Marktverhalten [genoss]“, auf das in Randnr. 272 der angefochtenen Entscheidung eingegangen wird. Im Übrigen ist festzustellen, dass in den Randnrn. 115 und 117 der Antwort der Klägerinnen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die dieses Argument enthielt, keinerlei Dokument zu ihrer Stützung angeführt wurde. Die Klägerinnen konnten daher verstehen, dass die Behauptung der Kommission in Randnr. 272 der angefochtenen Entscheidung zugleich eine Antwort auf dieses Vorbringen war. 144    Was das Vorbringen anlangt, die Leiter von Total und Elf Aquitaine seien niemals in die beanstandeten Praktiken verwickelt gewesen, ergibt sich zum anderen aus der Antwort der Klägerinnen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte (vgl. insbesondere Randnrn. 91 bis 105), dass sie dies in den Randnrn. 99 bis 101 nicht vorgebracht haben, um die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme zu widerlegen, sondern um zu belegen, dass „eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an den beanstandeten Praktiken Elf Aquitaine oder Total nicht vorgeworfen werden kann“. Der bisherigen Begründung dieses Urteils ist zu entnehmen, dass die Kommission sich hierauf nicht gestützt hat, um den Muttergesellschaften der Klägerinnen die streitige Zuwiderhandlung zuzurechnen. Folglich kann es keine Verletzung der Begründungspflicht darstellen, wenn sie dieses Vorbringen in der angefochtenen Entscheidung nicht erwähnt hat. 145    Wenn die Kommission auf das in Randnr. 269 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebene Argument, dass die Ernennung der Mitglieder des Verwaltungsrats von Arkema durch Elf Aquitaine nicht die Ausübung einer effektiven Kontrolle beweise, nicht ausdrücklich eingegangen sein soll, ist zu unterstreichen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht vorgegeben hat, dass dieser Gesichtspunkt ein ausreichender Grund sei, um den Muttergesellschaften der Klägerinnen die beanstandete Zuwiderhandlung zuzurechnen. Zwar hat die Kommission in Randnr. 264 der angefochtenen Entscheidung erwähnt, dass „[d]ie Mitglieder des Verwaltungsrats von Arkema … von Elf Aquitaine ernannt wurden …“ und dass dies zusammen mit der Kapitalverflechtung der beiden Gesellschaften die Vermutung zulasse, dass Elf Aquitaine einen bestimmenden Einfluss auf und eine effektive Kontrolle über das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft Arkema gehabt habe. Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich jedoch, wie in den Randnrn. 68 und 69 dieses Urteils ausgeführt, dass dieser Gesichtspunkt nur ganz hilfsweise Erwähnung fand und nicht ursächlich dafür war, dass die beanstandete Zuwiderhandlung den Muttergesellschaften der Klägerinnen zugerechnet wurde. Folglich hat das Fehlen einer ausdrücklichen Antwort auf dieses Vorbringen die Klägerinnen nicht daran gehindert, die Gründe für diese Zurechnung zu erfahren, und auch nicht, sie vor dem Gericht anzugreifen. 146    Im Übrigen ist zu der aus dem Wortlaut von Randnr. 271 der angefochtenen Entscheidung abgeleiteten Rüge darauf hinzuweisen, dass die Kommission dort Folgendes festgestellt hat: „Dass die Kommission in einer früheren Sache ihre Entscheidung ausschließlich an Atofina gerichtet hat, hindert sie für sich genommen nicht, ihre Entscheidung im vorliegenden Fall sowohl an Atofina als auch Total/Elf Aquitaine zu richten. Die Kommission verfügt bei der Zurechnung der Verantwortung an eine Muttergesellschaft unter Umständen wie denen des vorliegenden Falles über einen Ermessensspielraum … und wenn sie diesen bei einer früheren Entscheidung nicht genutzt hat, verpflichtet dies sie nicht, dies auch im vorliegenden Fall nicht zu tun.“ 147    Es ist festzustellen, dass mit dieser Passage keineswegs eingeräumt wird, dass die Kommission im vorliegenden Fall einen neuen Standpunkt eingenommen habe, wie die Klägerinnen meinen. Die Behauptung der Kommission soll lediglich dem Vorbringen in Randnr. 268 der angefochtenen Entscheidung begegnen, in einer früheren an Arkema gerichteten Entscheidung (Organische Peroxide) habe eine solche Zurechnung ihres Verhaltens an ihre Muttergesellschaft gefehlt. Im Übrigen ist festzuhalten, dass die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme ausschließlich aufgrund einer Kapitalverflechtung von der Kommission bereits in der Entscheidung AMCA verwendet worden ist, in der sie eine Zuwiderhandlung von Arkema Elf Aquitaine zugerechnet hatte. 148    Auf jeden Fall verlangt die von den Klägerinnen angeführte Rechtsprechung lediglich, dass die Kommission, wenn sie im Rahmen ihrer Entscheidungspraxis eine Entscheidung trifft, die spürbar weiter geht als frühere Entscheidungen, ihre Argumentation ausdrücklich darlegt. In einem solchen Fall reicht es daher nicht aus, dass sie eine pauschale Begründung gibt, vor allem nicht auf dem Hintergrund einer ständigen Entscheidungspraxis (vgl. in diesem Sinne Urteil Silos, oben in Randnr. 131 angeführt, Randnr. 28). Wie sich indessen aus der bisherigen Begründung dieses Urteils ergibt, ist die Kommission in der angefochtenen Entscheidung auf das Vorbringen von Arkema eingegangen, mit dem diese die Selbständigkeit ihrer Geschäftspolitik belegen wollte. 149    Es muss ferner ohne Bedeutung für das Ausreichen der Begründung gegenüber den Klägerinnen bleiben, dass die Kommission bei anderen von der angefochtenen Entscheidung betroffenen Tochtergesellschaften auf das Vorliegen ergänzender Indizien zur Verstärkung der Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme hingewiesen hat. Aus der bisherigen Begründung dieses Urteils ergibt sich übrigens (vgl. Randnrn. 68 und 69 dieses Urteils), dass diese ergänzenden Gesichtspunkte nur höchst hilfsweise angeführt worden sind. 150    Folglich ist der erste Teil dieses Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil dieses Klagegrundes: Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung –       Vorbringen der Parteien 151    Die Klägerinnen verweisen darauf, dass die Kommission aufgrund der Rechtsprechung nach dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verpflichtet sei, alle erheblichen Gesichtspunkte des einzelnen Falles mit Sorgfalt und Unparteilichkeit zu prüfen. Dieser Pflicht komme grundlegende Bedeutung in solchen Verwaltungsverfahren zu, in denen die Organe, um ihre Aufgaben erfüllen zu können, über einen Entscheidungsspielraum verfügten wie etwa in Wettbewerbssachen. 152    Im vorliegenden Fall habe die Kommission die erheblichen Gesichtspunkte des vorliegenden Falles nicht sorgfältig untersucht, weil sie sich auf eine einfache Vermutung der Beherrschung gestützt und, wie bereits dargelegt, nicht auf das Vorbringen von Arkema zur Widerlegung dieser Vermutung eingegangen sei (insbesondere zur Unerheblichkeit der Ernennung der Mitglieder des Verwaltungsrats durch Elf Aquitaine und zur geschäftlichen Selbständigkeit von Arkema); damit habe sie gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen. 153    Die Klägerinnen treten sodann dem Vorbringen der Kommission entgegen, diese Rüge stimme mit der Rüge fehlender Begründung überein. Sie unterstreichen, dass der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung sich von der Begründungspflicht unterscheide und eine andere Zielrichtung habe. 154    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 155    Nach ständiger Rechtsprechung hat in den Fällen, in denen der Kommission ein Ermessensspielraum eingeräumt ist, damit sie ihre Aufgaben erfüllen kann, die Beachtung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung für Verwaltungsverfahren vorsieht, eine umso grundlegendere Bedeutung. Zu diesen Garantien gehört insbesondere die Verpflichtung des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen (Urteile des Gerichtshofs vom 21. November 1991, Technische Universität München, C‑269/90, Slg. 1991, I‑5469, Randnr. 14, und des Gerichts vom 24. Januar 1992 La Cinq/Kommission, T‑44/90, Slg. 1992, II‑1, Randnr. 86). Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 6. Juli 2000, Volkswagen/Kommission, T‑62/98, Slg. 2000, II‑2707, Randnr. 269). 156    Zur Stützung dieser Rüge bringen die Klägerinnen lediglich vor, die Kommission habe sich auf eine bloße Vermutung der bestimmenden Einflussnahme der Muttergesellschaften auf die Klägerinnen gestützt und sei auf das Vorbringen von Arkema zur Widerlegung dieser Vermutung, insbesondere zur Unerheblichkeit der Ernennung der Mitglieder ihres Verwaltungsrats durch Elf Aquitaine und zur geschäftlichen Selbständigkeit von Arkema, nicht eingegangen. 157    Der bisherigen Begründung dieses Urteils ist aber zunächst zu entnehmen, dass der Rückgriff auf eine solche Vermutung durchaus rechtens ist. Ferner erlaubt, wie die Prüfung des ersten Teils des vorliegenden Klagegrundes ergibt, die Durchsicht der entsprechenden Passagen der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung die Feststellung, dass die Kommission auf das maßgebliche Vorbringen der Klägerinnen, insbesondere auf das zur geschäftlichen Selbständigkeit von Arkema (angeführt in Randnr. 269 Buchst. c der angefochtenen Entscheidung, mit der Antwort dort in Randnr. 272), erwidert hat. Dabei ist zu unterstreichen, dass die Bündigkeit der dort gegebenen Begründung, wonach „[d]ie übrigen Argumente bloße Behauptungen ohne Beweise [sind], die für eine Widerlegung der Vermutung ausgereicht hätten“, für sich allein nicht die Feststellung einer Verletzung der Pflicht erlaubt, die maßgeblichen Gesichtspunkte, die sich aus dem Verwaltungsverfahren ergeben, sorgfältig und unparteiisch zu prüfen. Im Übrigen ergibt sich aus der bisherigen Begründung dieses Urteils (vgl. Randnrn. 102 ff. dieses Urteils), dass die in Randnr. 272 der angefochtenen Entscheidung angeführte Behauptung zutrifft, was eine sorgfältige und unparteiische Prüfung seitens der Kommission voraussetzt. 158    Zu dem weiteren Vorbringen, dass die Ernennung der Mitglieder des Verwaltungsrats von Arkema durch Elf Aquitaine für sich allein nicht die Ausübung einer Kontrolle beweise, genügt es festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nichts Gegenteiliges behauptet hat. Die bestimmende Einflussnahme auf die Klägerinnen durch ihre Muttergesellschaften ist nämlich auf der Grundlage einer Vermutung festgestellt worden, die während des Verwaltungsverfahrens nicht widerlegt worden ist. Die Ernennung der Mitglieder des Verwaltungsrats von Arkema durch Elf Aquitaine ist, wie bereits dargelegt, in diesem Zusammenhang höchst hilfsweise erwähnt worden. Unter diesen Umständen stellt es daher keine Verletzung der Pflicht zu ordnungsgemäßer Verwaltung dar, dass die Kommission auf dieses Vorbringen nicht gesondert eingegangen ist. 159    Außerdem ist zu unterstreichen, dass die Klägerinnen neben dem Wortlaut der angefochtenen Entscheidung keinen weiteren Gesichtspunkt zur Stützung ihrer Rüge vorbringen. 160    Folglich ist der zweite Teil dieses Klagegrundes und somit der dritte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum vierten Klagegrund: Verkennung des Kriteriums der konkreten Auswirkung auf den Markt bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße auf 65 Mio. Euro Vorbringen der Parteien 161    Mit diesem Klagegrund rügen die Klägerinnen, die Kommission habe mit der Festsetzung des Grundbetrags der gegen sie verhängten Geldbuße auf 65 Mio. Euro das Kriterium der konkreten Auswirkung auf den Markt verkannt, wie es in Abschnitt 1 A Abs. 1 der Leitlinien angeführt sei. 162    Die Klägerinnen machen zunächst geltend, der Grundbetrag der Geldbuße, d. h. 65 Mio. Euro, sei überhöht, weil die Zuwiderhandlung nur eine sehr beschränkte Auswirkung auf den Markt gehabt habe. 163    Hierzu bringen sie erstens vor, entgegen der Behauptung der Kommission in Randnr. 329 der angefochtenen Entscheidung sei die Auswirkung der Zuwiderhandlung auf den Markt messbar. Diese hätte daher nach der Rechtsprechung und nach den Leitlinien bei der Ermittlung der Schwere der Zuwiderhandlung Berücksichtigung finden müssen. 164    Nach ständiger Rechtsprechung müsse nämlich die Kommission, um die konkreten Auswirkungen einer Zuwiderhandlung auf den Markt zu beurteilen, auf den Wettbewerb abstellen, den es normalerweise ohne die Zuwiderhandlung gegeben hätte. Dies setze mithin voraus, dass man die Entwicklung der Wettbewerbslage auf dem betreffenden Markt während der Zeit der Zuwiderhandlung kenne und diese Entwicklung mit den Daten exogener Märkte vergleichen könne. 165    Sie hätten der Kommission in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte die hierzu erforderlichen Daten geliefert, nämlich eingehende Auskünfte über die Entwicklung der Preise der drei betroffenen PMMA-Produkte von 1995 bis 2003 einschließlich eines Vergleichs mit der Entwicklung der Preise ihrer Rohstoffe. Außerdem hätte die Auswirkung der Zuwiderhandlung auch anhand der Informationen über die Entwicklung der Marktanteile verschiedener Erzeuger während der Zuwiderhandlung gemessen werden können, die im Besitz der Kommission gewesen seien, wie die Abfassung der Mitteilung der Beschwerdepunkte zeige. 166    Zweitens wäre die Kommission, wenn sie eine Quantifizierung der Auswirkung der Zuwiderhandlung auf den Markt vorgenommen hätte, notwendig zu dem Schluss gelangt, dass diese Auswirkung beschränkt gewesen sei, und hätte dann den Grundbetrag der Geldbuße von Arkema niedriger als 65 Mio. Euro festgesetzt. 167    Die konkrete Auswirkung der Zuwiderhandlung sei notwendig gering gewesen, weil die Preisentwicklung bei den betreffenden Produkten eng mit der bei den für deren Herstellung verwendeten Rohstoffen verknüpft gewesen sei, bei denen keine Zuwiderhandlung festgestellt worden sei, wie sich aus den Schemata ergebe, die Arkema in der Anlage zu ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgelegt habe. 168    Überdies habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung selbst anerkannt, dass die Zuwiderhandlung nur eine höchst beschränkte Auswirkung auf die betreffenden Märkte gehabt habe. So habe sie in Randnr. 106 der angefochtenen Entscheidung bei der allgemeinen Beschreibung der Durchführung der Absprachen eingeräumt, dass die vereinbarten Preiserhöhungen nicht immer hätten durchgesetzt werden können. Ebenso ergebe sich aus mehreren Randnummern, die jeweils den drei betreffenden Produkten gewidmet seien, dass die bei verschiedenen Sitzungen vereinbarten Preiserhöhungen nicht hätten durchgeführt werden können oder nur eine sehr beschränkte Wirkung gehabt hätten. 169    Im Übrigen stellen die Klägerinnen in ihrer Erwiderung auf das Vorbringen der Kommission klar, dass sie nicht bestreiten, dass die auch nur teilweise Durchführung einer Absprache ein Indiz für das Vorliegen einer konkreten Auswirkung einer solchen Absprache auf den Markt sein, und auch nicht, dass das betreffende Kartell eine bestimmte Auswirkung auf den PMMA-Markt haben könne. Sie sind jedoch der Auffassung, dass die Kommission, wenn sie diese Auswirkung quantifiziert hätte, notwendig zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass diese gering gewesen sei. 170    Zweitens machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe die Begründungspflicht verletzt sowie gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen, weil sie davon ausgegangen sei, dass die konkrete Auswirkung der Zuwiderhandlung bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße keine Berücksichtigung finden dürfe. 171    Die Klägerinnen unterstreichen hierzu erstens, dass die Kommission sich mit der Behauptung begnügt habe, die Auswirkungen der Zuwiderhandlung seien nicht messbar gewesen, ohne auch nur den geringsten Anhaltspunkt zur Stützung dieser Behauptung anzuführen, obwohl Arkema während des Verwaltungsverfahrens zahlreiche Gesichtspunkte zur Preisentwicklung geliefert habe. 172    Nach Auffassung der Klägerinnen hat die Kommission nachzuweisen, ob die Auswirkungen der Zuwiderhandlung messbar sind oder nicht, insbesondere wenn wie im vorliegenden Fall die Beteiligten des Verwaltungsverfahrens Anhaltspunkte für die Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf die betreffenden Märkte beibringen. Anderenfalls brauchte die Kommission nur zu behaupten, dass die Auswirkungen der Zuwiderhandlung nicht messbar seien, um sich von der Berücksichtigung dieser Auswirkung bei der Festlegung des Grundbetrags der Geldbuße freizumachen. 173    Die Klägerinnen machen zweitens geltend, die Kommission habe auch die Begründungspflicht verletzt und gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen, weil sie nicht auf das Vorbringen von Arkema in deren Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte eingegangen sei, mit dem habe belegt werden sollen, dass die Auswirkung der Zuwiderhandlung auf die betreffenden Märkte beschränkt gewesen sei. 174    Im Ergebnis beantragen die Klägerinnen, das Gericht solle die entsprechenden Festlegungen der angefochtenen Entscheidung für nichtig erklären und in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung wegen der beschränkten Auswirkung der Zuwiderhandlung auf die betreffenden Märkte den Grundbetrag ihrer Geldbuße niedriger festzusetzen, als es die Kommission getan habe. 175    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. Würdigung durch das Gericht 176    Nach Abschnitt 1 A Abs. 1 der Leitlinien sind „bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes seine Art und die konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen“. 177    Mit dem vorliegenden Klagegrund bringen die Klägerinnen im Kern vor, dass entgegen der Behauptung der Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Auswirkung der Zuwiderhandlung auf den Markt messbar gewesen sei. Wenn die Kommission diese Auswirkung quantifiziert hätte, wäre sie notwendig zu dem Ergebnis gekommen, dass diese gering gewesen sei, und hätte den Grundbetrag der Geldbuße von Arkema auf weniger als 65 Mio. Euro festgesetzt. Die Klägerinnen rügen weiter, dass die Kommission auch die Begründungspflicht verletzt und gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen habe, weil sie ihre Behauptung, die Auswirkung sei nicht messbar gewesen, nicht belegt habe und nicht auf das Vorbringen von Arkema in deren Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte eingegangen sei. 178    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Schwere der Zuwiderhandlungen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln ist, zu denen u. a. die besonderen Umstände der Sache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten. Zu den Faktoren, die im Rahmen der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlungen berücksichtigt werden können, gehören das Verhalten jedes einzelnen Unternehmens, die Rolle, die jedes Unternehmen bei der Abstimmung der Verhaltensweisen gespielt hat, der Gewinn, den die Unternehmen aus diesen Verhaltensweisen ziehen konnten, ihre Größe und der Wert der betroffenen Waren sowie die Gefahr, die derartige Zuwiderhandlungen für die Ziele der Europäischen Gemeinschaft bedeuten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnrn. 241 und 242 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. auch in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, C‑534/07 P, Slg. 2009, I‑7415, Randnr. 96). 179    Somit sind die Auswirkungen einer wettbewerbswidrigen Praxis für sich genommen bei der Beurteilung der angemessenen Höhe der Geldbuße kein ausschlaggebendes Kriterium. Insbesondere können Gesichtspunkte, die die Intention eines Verhaltens betreffen, danach größere Bedeutung haben als solche, die dessen Wirkungen betreffen, vor allem, wenn es sich, wie hier, dem Wesen nach um schwere Zuwiderhandlungen wie die Marktaufteilung handelt (vgl. Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 178 angeführt, Randnr. 96 und die dort angeführte Rechtsprechung). 180    Zu diesem Punkt ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung Kartelle aufgrund ihres Wesens die schwersten Geldbußen verdienen. Die Frage nach ihren möglichen konkreten Auswirkungen auf den Markt, insbesondere die Frage, inwieweit die Wettbewerbsbeschränkung zu einem höheren Marktpreis geführt hat als dem, der ohne Kartell zu erzielen gewesen wäre, ist für die Bestimmung der Höhe der Geldbußen kein entscheidendes Kriterium (Urteil des Gerichts vom 6. Mai 2009, KME Germany u. a./Kommission, T‑127/04, Slg. 2009, II‑1167, Randnr. 64). Die drei Aspekte der Bewertung der Schwere des Verstoßes haben nämlich im Rahmen der Gesamtprüfung nicht das gleiche Gewicht. Die Art der Zuwiderhandlung spielt insbesondere bei der Einstufung der Zuwiderhandlungen als „besonders schwer“ eine vorrangige Rolle (Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Carbone‑Lorraine/Kommission, T‑73/04, Slg. 2008, II‑2661, Randnr. 91). 181    Aus den Leitlinien geht, wie vom Gerichtshof entschieden, auch hervor, dass horizontale Preis- und Marktaufteilungskartelle allein aufgrund ihrer Eigenart als besonders schwere Zuwiderhandlungen eingestuft werden können, ohne dass die Kommission konkrete Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt nachweisen müsste. In diesem Fall sind die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung nur ein Kriterium neben anderen, das der Kommission, wenn es messbar ist, erlauben kann, den Grundbetrag der Geldbuße über den voraussichtlichen Mindestbetrag von 20 Mio. Euro zu erhöhen (Urteile Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 178 angeführt, Randnr. 75, und Erste Group Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 122 angeführt, Randnr. 103). Der Gerichtshof hat daher unterstrichen, dass die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung ein fakultatives Element seien, das die Kommission, wenn sie es für angebracht halte, bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigen könne (vgl. in diesem Sinne Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 178 angeführt, Randnr. 82). 182    Die Kommission ist, auch wenn sie in den Leitlinien ihre Vorgehensweise bei der Bewertung der Schwere eines Verstoßes präzisiert hat, nicht daran gehindert, die Schwere umfassend anhand aller relevanten Umstände des Einzelfalls einschließlich der Gesichtspunkte zu beurteilen, die in den Leitlinien nicht ausdrücklich erwähnt sind (Urteil Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, oben in Randnr. 122 angeführt, Randnr. 237). 183    Angesichts dieser Rechtsprechung kann das Vorbringen der Klägerinnen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, soweit diese die Festsetzung des Grundbetrags betrifft, nicht in Frage stellen. 184    Zum einen ergibt sich daraus nämlich, dass, selbst wenn die Auswirkungen der streitigen Zuwiderhandlung auf die Preisentwicklung, wie die Klägerinnen meinen, beschränkt gewesen sein sollten, ihre Einstufung als sehr schwere Zuwiderhandlung im Hinblick auf ihre Natur und ihre räumliche Ausdehnung (das gesamte EWR-Gebiet) weiterhin angemessen wäre. Im Übrigen ist hervorzuheben, dass die Kommission in ihrer Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung in Randnr. 331 der angefochtenen Entscheidung die Zuwiderhandlung „angesichts ihrer Natur und weil sie das gesamte EWR-Gebiet abdeckte“ als sehr schwer bezeichnet hat. Somit hat das Kriterium der konkreten Auswirkung auf den Markt bei der Einstufung der Zuwiderhandlung keine Rolle gespielt. 185    Zum anderen lässt nichts in der angefochtenen Entscheidung erkennen, dass die Kommission, wenn sie die Auswirkungen des Kartells auf den Markt für gering gehalten hätte, den Grundbetrag der Geldbuße von Arkema auf weniger als 65 Mio. Euro angesetzt hätte. 186    Insoweit hat die Kommission, auch wenn sie erklärt hat, dass das betreffende Kartell aufgrund der Durchführung der Absprachen und der Praktiken über die Preise sehr wohl Auswirkungen auf den Markt gehabt habe (vgl. Randnrn. 321 und 329 der angefochtenen Entscheidung), sofort klargestellt, dass „[i]m vorliegenden Verfahren die konkrete Auswirkung [der Zuwiderhandlung] auf den Markt nicht festzustellen war … und folglich die Kommission sich im Einklang mit den Leitlinien, denen zufolge die konkrete Auswirkung zu berücksichtigen ist, wenn sie messbar ist, nicht besonders auf eine Auswirkung im Einzelnen stützen [wird],“ (Randnr. 321) und dass „die Wirkungen [des betreffenden Kartells auf den Markt] nicht genau messbar sind“. Im Übrigen erwähnt ihre Schlussfolgerung zur Schwere der Zuwiderhandlung in Randnr. 331 der angefochtenen Entscheidung nicht das Kriterium der konkreten Auswirkung auf den Markt. 187    Daher ist festzustellen, dass dieser Gesichtspunkt bei der Bemessung der Geldbuße nicht berücksichtigt worden ist. 188    Im Übrigen ist zu unterstreichen, dass die Klägerinnen nicht vorgeben, die Kommission hätte aufgrund der Daten, über die sie verfügt habe, die fehlenden Auswirkungen des betreffenden Kartells auf den Markt feststellen müssen. Sie räumen ein, dass die Zuwiderhandlung gewisse Auswirkungen auf den Markt gehabt haben könnte, halten diese aber für begrenzt (vgl. Randnr. 169 dieses Urteils). Selbst wenn aber nun die Kommission für die Bemessung der Geldbuße ihre Feststellung in Rechnung gestellt hätte, dass das Kartell Auswirkungen auf den Markt gehabt habe, weist doch nichts darauf hin, dass sie diese übertrieben hätte. 189    Ebenso kann nicht behauptet werden, dass der für die Geldbuße der Klägerinnen veranschlagte Grundbetrag notwendig auf die Berücksichtigung bedeutender Auswirkungen des betreffenden Kartells auf den Markt zurückgehe, weil dieser weit höher ist als der Mindestbetrag, den die Leitlinien für sehr schwere Zuwiderhandlungen vorsehen (d. h. 20 Mio. Euro). Wie sich aus der bisherigen Urteilsbegründung ergibt, stellt nämlich die konkrete Auswirkung der Zuwiderhandlung nur ein Kriterium neben anderen dar, das der Kommission, erlauben kann, den Grundbetrag der Geldbuße über diesen hinaus zu erhöhen. 190    So ist im vorliegenden Fall der Grundbetrag namentlich auf die Eigenart der Zuwiderhandlung gestützt, die anhand ihrer hauptsächlichen Merkmale, wie sie in Abschnitt 4.2 der angefochtenen Entscheidung (vgl. Randnr. 320 der angefochtenen Entscheidung) dargelegt sind, der Größe des betreffenden räumlichen Marktes, also des Gebiets des EWR (vgl. Randnr. 330 der angefochtenen Entscheidung), und der Anwendung einer differenzierten Behandlung auf diese Unternehmen, ermittelt wurde, um ihre wirkliche wirtschaftliche Durchsetzungskraft für eine wirkliche Schädigung des Wettbewerbs berücksichtigen zu können, die aufgrund der ermittelten Umsätze von PMMA-Produkten eingeschätzt wurde, wegen denen sie sich an diesem Kartell beteiligt hatten (vgl. Randnrn. 332 bis 334 der angefochtenen Entscheidung). Im letztgenannten Zusammenhang hat die Kommission auch den in Volumen und Wert ausgedrückten Gesamtumfang des Marktes für PMMA-Produkte erwähnt (vgl. Randnr. 333 der angefochtenen Entscheidung). 191    Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes rügen die Klägerinnen die Überhöhung des Grundbetrags der Geldbuße nur in Beziehung auf das Kriterium der konkreten Auswirkung auf den Markt. Wie der bisherigen Begründung des Urteils zu entnehmen, ist dieses Vorbringen für sich genommen für die Infragestellung des Grundbetrags der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße wirkungslos. 192    Daraus folgt ebenfalls, dass es nicht erheblich ist, dass die Fassung der angefochtenen Entscheidung nicht im Einzelnen erkennen lässt, weshalb die Kommission der Meinung war, dass es aufgrund der ihr zur Verfügung stehenden Informationen nicht möglich sei, die konkreten Auswirkungen der streitigen Zuwiderhandlung auf den Markt zu messen. Dieser Umstand hat nämlich keine Auswirkung für die Einstufung als schwere Zuwiderhandlung noch für den Grundbetrag, der bei der Geldbuße der Klägerinnen zugrunde gelegt wurde. 193    Außerdem ergibt sich aus der bisherigen Begründung des Urteils, dass das Vorbringen der Begrenztheit der Auswirkung des betreffenden Kartells auf den Markt eine Herabsetzung der Geldbuße im Rahmen der Befugnis des Gerichts zu unbeschränkter Nachprüfung nicht rechtfertigen kann. 194    Damit ist dieser Klagegrund und der entsprechende Antrag der Klägerinnen auf Herabsetzung der Geldbuße zurückzuweisen. Zum fünften Klagegrund: Vorliegen rechtlicher und tatsächlicher Beurteilungsfehler bei der Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße wegen der Abschreckungswirkung 195    Mit diesem Klagegrund treten die Klägerinnen der Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße wegen der Abschreckungswirkung entgegen und beantragen, das Gericht möge die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt für nichtig erklären, hilfsweise, die Erhöhung aus diesem Grund wesentlich herabsetzen. 196    Dieser Rechtsmittelgrund gliedert sich in drei Teile. Außerdem haben die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung eine zusätzliche Rüge vorgebracht, die sich gegen die in Rede stehende Erhöhung richtet. Zum ersten Teil dieses Klagegrundes: Fehlende Berechtigung der Kommission zur Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße wegen der Abschreckungswirkung anhand des Umsatzes von Total, der die Zuwiderhandlung nicht zuzurechnen war –       Vorbringen der Parteien 197    Die Klägerinnen machen geltend, der Kommission sei ein rechtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, weil sie für die abschreckende Wirkung einen Multiplikationsfaktor 3 auf der Grundlage des Umsatzes von Total herangezogen habe, obwohl die Zuwiderhandlung diesem Unternehmen nicht zuzurechnen sei. Ihrer Meinung nach hätte eine Erhöhung der Geldbuße wegen der abschreckenden Wirkung, falls sie denn notwendig gewesen sei, nur auf die Größe und die Mittel von Arkema gestützt werden dürfen. 198    Die Kommission habe aber ausdrücklich anerkannt, dass ein Multiplikationsfaktor 3 in einem solchen Fall übertrieben wäre. Bei der Festlegung des Teils der allein Arkema wegen des Rückfalls zuzurechnenden Geldbuße habe die Kommission angegeben, dass sie „einen Multiplikationsfaktor 1,25“ angewandt hätte, wenn Arkema der einzige Adressat der angefochtenen Entscheidung gewesen wäre (Fn. 250 der angefochtenen Entscheidung). 199    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 200    Es genügt die Feststellung, dass dieser Teil des vorliegenden Klagegrundes gänzlich auf der Prämisse beruht, dass die streitige Zuwiderhandlung nicht den Muttergesellschaften von Arkema angelastet werden könne. Diese Prämisse trifft aber, wie der bisherigen Begründung des Urteils zu entnehmen ist, nicht zu. 201    Folglich ist der erste Teil dieses Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil dieses Klagegrundes: Verletzung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung –       Vorbringen der Parteien 202    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe, selbst wenn man davon ausgehe, dass die Zuwiderhandlung Total (oder Elf Aquitaine) angelastet werden könne, die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verletzt, weil sie, um den Betrag der Geldbuße von Arkema wegen der Abschreckungswirkung zu erhöhen, den Umsatz von Total berücksichtigt habe. 203    Ihres Erachtens ist die Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme, selbst wenn man sie für ausreichend halte, um die Zuwiderhandlung den Muttergesellschaften anzulasten, doch nicht ausreichend, um die Erhöhung wegen der Abschreckungswirkung auf der Grundlage des Umsatzes der Muttergesellschaften vorzunehmen. Die abschreckende Wirkung der Geldbuße müsse anhand der Umstände beurteilt werden, die geeignet seien, das Verhalten des Zuwiderhandelnden auf dem Markt zu beeinflussen, insbesondere anhand des Umfangs der Mittel, die der Tochtergesellschaft, die die Zuwiderhandlung begangen habe, zur Verfügung gestellt worden seien. Um die Erhöhung wegen der Abschreckungswirkung aufgrund des Umsatzes der gesamten Gruppe berechnen zu können, müsse die Zugehörigkeit zu einer Unternehmensgruppe durch weitere Anhaltspunkte ergänzt werden, die belegen könnten, dass die Tochtergesellschaft bei der Zuwiderhandlung effektiv die Mittel der Gruppe eingesetzt habe, weil etwa die Leiter der Muttergesellschaft an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien und/oder wegen des Vorliegens einer effektiven Kontrolle der Muttergesellschaft über die Tochtergesellschaft. Anderenfalls stelle die Berücksichtigung des Umsatzes der Muttergesellschaft eine unverhältnismäßige und diskriminierende Anwendung des Begriffs der abschreckenden Wirkung dar. 204    Im Übrigen sei die Kommission in ihrer Entscheidungspraxis selbst davon ausgegangen, dass die Beteiligung der Muttergesellschaft an der Zuwiderhandlung der Tochtergesellschaft und der Einsatz der Mittel der Gruppe bei der Begehung der Zuwiderhandlung maßgebende Kriterien für die Berücksichtigung einer abschreckenden Wirkung seien (Entscheidung 1999/60/EG der Kommission vom 21. Oktober 1998, in einem Verfahren gemäß Art. 85 EG [IV/35.691/E-4, Fernwärmetechnik-Kartell], im Folgenden: Fernwärmetechnik-Kartell). 205    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 206    Sie weist insbesondere darauf hin, dass die Notwendigkeit, einen Multiplikationsfaktor anzuwenden, sowie gegebenenfalls die Ermittlung der Eignung seiner Größe von den Gesamtmitteln dieses Unternehmens abhängig seien, da der Umfang des Unternehmens, das für die Zuwiderhandlung als verantwortlich anzusehen sei, rechtlich zur Genüge festgestellt worden sei. Diese Mittel würden durch den Gesamtumsatz des Unternehmens im Jahr vor dem Jahr des Erlasses der Entscheidung, mit der die Geldbuße verhängt worden sei, treffend widergespiegelt, so dass keine der Erwägungen der Klägerinnen Berücksichtigung finden könne. –       Würdigung durch das Gericht 207    In Randnr. 337 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission erklärt, dass in der Kategorie der sehr schweren Zuwiderhandlungen die Abstufung der Geldbußen, die verhängt werden könnten, es auch zulasse, den Betrag der Geldbußen in einer Höhe festzusetzen, die „unter Berücksichtigung der Größe und der Wirtschaftskraft jedes Unternehmens“ eine hinreichend abschreckende Wirkung sicherstelle. Bei der Ermittlung der Größe und der Wirtschaftskraft des Unternehmens, zu dem die Klägerinnen gehörten, hat die Kommission den Weltumsatz von Total im Jahr 2005 berücksichtigt, dem letzten Geschäftsjahr vor dem Jahr, in dem die angefochtene Entscheidung erlassen wurde (143,168 Mrd. Euro), und beschlossen, für die gegen Arkema verhängte Geldbuße einen Multiplikationsfaktor von 3 anzuwenden (vgl. insbesondere Randnrn. 338 und 349 der angefochtenen Entscheidung). 208    Mit dem ersten Teil des fünften Klagegrundes rügen die Klägerinnen diese Vorgehensweise und machen im Kern geltend, dass, um die Erhöhung wegen der Abschreckungswirkung aufgrund des Umsatzes der gesamten Gruppe berechnen zu können, die Zugehörigkeit zu einer Unternehmensgruppe durch weitere Anhaltspunkte ergänzt werden müsse, die belegen könnten, dass die Tochtergesellschaft bei der Zuwiderhandlung effektiv die Mittel der Gruppe eingesetzt habe. Folglich sei die Zurechnung der Verantwortung an die Muttergesellschaften aufgrund der nicht widerlegten Vermutung einer bestimmenden Einflussnahme auf ihre Tochtergesellschaft in dieser Hinsicht nicht ausreichend. 209    Dieses Vorbringen überzeugt nicht. 210    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Abschreckungswirkung zu den Kriterien gehört, die bei der Bemessung der Geldbuße zu berücksichtigen sind. Nach ständiger Rechtsprechung sollen mit Geldbußen wegen Verstößen gegen Art. 81 EG, wie sie in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1 vorgesehen sind, rechtswidrige Handlungen der betreffenden Unternehmen geahndet und diese Unternehmen und andere Wirtschaftsteilnehmer abgeschreckt werden, künftig Verletzungen der Wettbewerbsregeln des Unionsrechts zu begehen. Daher kann die Kommission bei der Bemessung der Geldbuße u. a. die Größe und die Wirtschaftskraft des betreffenden Unternehmens berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Juni 2006, Showa Denko/Kommission, C‑289/04 P, Slg. 2006, I‑5859, Randnr. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung). 211    Außerdem geht der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Gesamtumsatz des Unternehmens eine – wenn auch nur annähernde und unvollständige – Aussage zu dessen Größe und Wirtschaftskraft erlaubt (vgl. Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 178 angeführt, Randnr. 243 und die dort angeführte Rechtsprechung). So ist bereits entschieden worden, dass die Kommission bei der Bemessung der Geldbuße in einer Höhe, die eine hinreichende Abschreckungswirkung sicherstellt, den Gesamtumsatz des betreffenden Unternehmens berücksichtigen kann (Urteile des Gerichtshofs Showa Denko/Kommission, oben in Randnr. 210 angeführt, Randnrn. 15 bis 18, und vom 22. Mai 2008, Evonik Degussa/Kommission und Rat, C‑266/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 120; Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Cheil Jedang/Kommission, T‑220/00, Slg. 2003, II‑2473, Randnr. 96). 212    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach der angefochtenen Entscheidung Total und Elf Aquitaine zusammen mit den Klägerinnen ein Unternehmen bilden, das die beanstandete Zuwiderhandlung begangen hat. Unter diesen Umständen läuft die Forderung der Klägerinnen, dass bei der Ermittlung der Höhe der Geldbuße, die eine ausreichende Abschreckungswirkung erzielen könnte, nicht die Größe und die Wirtschaftskraft, wie sie in seinem Gesamtumsatz zum Ausdruck kommen, sondern nur ein Teil seiner Ressourcen berücksichtigt werden, nämlich diejenigen, die „der Tochtergesellschaft, die die Zuwiderhandlung auf dem betreffenden Markt begangen habe, zur Verfügung gestellt worden sind“. Dieser Standpunkt ist aber nicht mit dem Ziel der Abschreckung vereinbar, das die Kommission verfolgt. 213    Das Erfordernis, eine hinreichend abschreckende Wirkung der Geldbuße zu gewährleisten, sofern es nicht Grund für die Anhebung des allgemeinen Niveaus der Geldbußen im Rahmen der Umsetzung einer Wettbewerbspolitik ist, verlangt nämlich, wie das Gericht bereits entschieden hat, dass die Geldbuße angepasst wird, um der gewünschten Auswirkung auf das Unternehmen, gegen das sie verhängt wird, Rechnung zu tragen, damit sie in Einklang mit den Anforderungen, die sich aus der Notwendigkeit, ihre Wirksamkeit zu gewährleisten, und der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ergeben, insbesondere im Hinblick auf die Finanzkraft des betreffenden Unternehmens, weder zu niedrig noch zu hoch ausfällt (Urteile des Gerichts vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, Slg. 2006, II‑897, Randnr. 283, und vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, T‑410/03, Slg. 2008, II‑881, Randnr. 379). Folglich ist es insbesondere die Möglichkeit, dass eines der betroffenen Unternehmen die zur Zahlung seiner Geldbuße erforderlichen Mittel leichter aufbringen kann, die im Hinblick auf eine hinreichende Abschreckungswirkung der Geldbuße die Anwendung eines Multiplikators rechtfertigt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs Showa Denko/Kommission, oben in Randnr. 210 angeführt, Randnr. 18, sowie die Urteile des Gerichts Degussa/Kommission, Randnr. 284, und Hoechst/Kommission, Randnr. 379). 214    Demnach kann von der Kommission nicht verlangt werden, eine zusätzliche Verbindung zwischen der Verwendung der Mittel des Unternehmens und der von ihm begangenen Zuwiderhandlung herzustellen, damit diese Mittel berücksichtigt werden können, um eine hinreichende Abschreckungswirkung der Geldbuße sicherzustellen, weil es in diesem Zusammenhang auf die Größe und die Wirtschaftskraft des verantwortlichen Unternehmens selbst ankommt. 215    Zu dem Hinweis auf die Entscheidung Fernwärmetechnik-Kartell ist nur festzustellen, dass die frühere Entscheidungspraxis der Kommission nicht als rechtlicher Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbsachen dienen kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 6. Mai 2009, Wieland-Werke/Kommission, T‑116/04, Slg. 2009, II‑1087, Randnr. 85, und die dort angeführte Rechtsprechung). Damit ist das Vorbringen zu der Aussage dieser Entscheidung schon an sich wirkungslos. 216    Folglich ist der zweite Teil dieses Klagegrundes zurückzuweisen. Zum dritten Teil dieses Klagegrundes: Unnützer Rückgriff auf die Abschreckungswirkung der Geldbuße im vorliegenden Fall –       Vorbringen der Parteien 217    Die Klägerinnen bringen vor, dass die Geldbuße nach Maßgabe der Leitlinien in hinreichend abschreckender Höhe festgesetzt werden soll und die Kommission daher eine Geldbuße erhöhen kann, wenn sie dieses Niveau nicht erreicht. Die Notwendigkeit der Erhöhung der Geldbuße aus diesem Grund könne daher erst nach der Bemessung des Endbetrags, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der kürzlich erfolgten Verhängung von Geldbußen gegen das Unternehmen, beurteilt werden. Die Vornahme ab initio und in abstracto einer Erhöhung der Geldbuße wegen der Abschreckungswirkung, ohne dabei für das beschuldigte Unternehmen geltende tatsächliche Erwägungen und insbesondere von diesem Unternehmen zuvor gezahlte Geldbußen zu berücksichtigen, verstoße gegen die Leitlinien. 218    Hierzu weisen die Klägerinnen darauf hin, dass Arkema wegen ihrer Beteiligung an Kartellen, die zumindest teilweise gleichzeitig mit den in der angefochtenen Entscheidung geahndeten Praktiken abgelaufen seien, während einer Zeitspanne von weniger als drei Jahren aufeinanderfolgende Geldbußen mit einem Gesamtbetrag von etwa 180 Mio. Euro auferlegt worden seien. Diese Geldbußen seien von der Kommission in den Entscheidungen Organische Peroxide und AMCA sowie in der Entscheidung C(2006) 1766 der Kommission vom 3. Mai 2006 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] und Art. 53 EWR (Sache COMP/F/C.38.620  – Hydrogen- und Perboratperoxid) (im Folgenden: Hydrogen- und Perboratperoxid) verhängt worden. In jeder dieser drei Entscheidungen habe die Kommission für Arkema eine Erhöhung der Geldbuße wegen der Abschreckungswirkung vorgenommen und den anzuwendenden Multiplikationsfaktor nach und nach erhöht. 219    Nach Meinung der Klägerinnen hätte die Kommission davon ausgehen müssen, dass die früheren Geldbußen für die mit dem betreffenden Kartell gleichlaufenden Geschehnisse eine hinreichende Abschreckungswirkung hätten, um Arkema von neuen Zuwiderhandlungen abzuhalten, und dass es folglich unnütz sei, die Geldbuße wegen der Abschreckungswirkung zusätzlich zu erhöhen. 220    Im Übrigen belege die Aufstellung eines Programms zur Beachtung des Wettbewerbsrechts durch Arkema kurz nach dem Erwerb von Elf durch Total Fina, dass sie bereits hinreichend abgeschreckt worden sei, neue Zuwiderhandlungen zu begehen. 221    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 222    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission bei der Festsetzung der Geldbußen über ein Ermessen verfügt, damit sie die Unternehmen dazu anhalten kann, die Wettbewerbsregeln einzuhalten (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, SGL Carbon/Kommission, T‑68/04, Slg. 2008, II‑2511, Randnr. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung). 223    Zunächst ist das Vorbringen zurückzuweisen, die Kommission habe im vorliegenden Fall ab initio die Erhöhung der Geldbuße wegen der Abschreckungswirkung vorgenommen, obwohl die Notwendigkeit einer Erhöhung der Geldbuße wegen der Abschreckungswirkung erst nach der Bemessung des Endbetrags der Geldbuße ermittelt werden könne. 224    Das Erfordernis, eine abschreckende Wirkung zu gewährleisten, ist nämlich, wie bereits entschieden, ein allgemeines Erfordernis, von dem sich die Kommission während der gesamten Bemessung des Bußgeldbetrags leiten lassen muss, und verlangt nicht zwingend, dass die Bemessung einen speziellen Abschnitt umfasst, der zu einer Gesamtbeurteilung aller für die Verwirklichung dieses Zwecks relevanten Umstände dient (vgl. Urteil Carbone‑Lorraine/Kommission, oben in Randnr. 180 angeführt, Randnr. 131 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Klägerinnen können daher nicht verlangen, dass die Kommission erst nach Bemessung des Endbetrags der Geldbuße die abschreckende Wirkung ermittelt. 225    Außerdem bleibt festzuhalten, dass die Kommission in den Randnrn. 337 bis 350 der angefochtenen Entscheidung bei der Bewertung der Schwere der Zuwiderhandlung eine Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße lediglich vorgenommen hat, um deren „hinreichende Abschreckungswirkung unter Berücksichtigung der Größe und der Wirtschaftskraft jedes Unternehmens“ sicherzustellen“ (Randnr. 337 der angefochtenen Entscheidung). Diese Stufe der Bemessung der Geldbuße ergibt sich aus der Notwendigkeit, den Grundbetrag so anzupassen, dass die Geldbuße im Hinblick auf die Gesamtmittel des Unternehmens und seine Fähigkeit, die für die Bezahlung der Geldbuße erforderlichen Mittel aufzubringen, eine hinreichende Abschreckungswirkung entfaltet. Diese Stufe hat indessen nichts mit der Einschätzung ab initio der Abschreckungswirkung als solcher zu tun, wie die Klägerinnen meinen. Diese Einschätzung muss vielmehr, wie sich aus der vorstehenden Randnummer ergibt, die Kommission auf dem gesamten Weg der Berechnung der Geldbuße begleiten. 226    Zweitens ist auch das Vorbringen zurückzuweisen, die Kommission habe eine Erhöhung der Geldbuße wegen der Abschreckungswirkung in abstracto vorgenommen, ohne dabei für das beschuldigte Unternehmen geltende tatsächliche Erwägungen zu berücksichtigen. 227    Dieses Argument ist sachlich unzutreffend. Die Berücksichtigung der Größe des Unternehmens, dem die Klägerinnen angehörten, in den Randnrn. 337 bis 350 der angefochtenen Entscheidung und die Erhöhung des sich hieraus ergebenden Grundbetrags stellen nämlich genau den Gesichtspunkt dar, der zur Anpassung der Geldbuße anhand für die Klägerin spezifischer Faktoren dient (vgl. in diesem Sinne Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 213 angeführt, Randnr. 362). 228    Drittens ist das Vorbringen zu behandeln, die Kommission hätte die zuvor von Arkema gezahlten Geldbußen in dem Sinne berücksichtigen müssen, dass sie davon ausgegangen wäre, dass die drei früheren Geldbußen, die gegen sie für die mit dem betreffenden Kartell gleichlaufenden Geschehnisse verhängt worden seien, eine hinreichende Abschreckungswirkung hätten, um Arkema von neuen Zuwiderhandlungen abzuhalten, und dass es folglich unnütz sei, die Geldbuße wegen der Abschreckungswirkung zusätzlich zu erhöhen. 229    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission unter Beachtung der in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 jeweils festgelegten Grenzen gegen Arkema von Rechts wegen vier gesonderte Geldbußen verhängen konnte, sofern diese vier verschiedene Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 EG begangen hatte (vgl. in diesem Sinne Urteil Carbone‑Lorraine/Kommission, oben in Randnr. 180 angeführt, Randnr. 56). Jede dieser Geldbußen musste auf einer Würdigung der Dauer und der Schwere der mit ihr geahndeten Zuwiderhandlung beruhen. 230    Hierzu ist festzustellen, dass die Verhängung einer Geldbuße gegen Arkema wegen verschiedener wettbewerbswidriger Tätigkeiten, die sich auf andere Produkte bezogen, nichts an der Begehung der hier vorliegenden Zuwiderhandlung ändert (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2007, BASF und UCB/Kommission, T‑101/05 und T‑111/05, Slg. 2007, II‑4949, Randnr. 52). Insoweit ist hervorzuheben, dass die von den Klägerinnen vertretene Lösung die Kommission daran hindern würde, eine bestimmte Geldbuße unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte, die eine Würdigung der Schwere der Zuwiderhandlung gestatten, festzulegen, insbesondere aber der Notwendigkeit, eine hinreichend abschreckende Höhe dieser Geldbuße im Hinblick auf Größe und Wirtschaftskraft dieses Unternehmens sicherzustellen. 231    Im Übrigen widerspricht die von den Klägerinnen vertretene Lösung dem von der Kommission mit ihrer Geldbußenpolitik verfolgten Ziel der Abschreckung. Wie diese zu Recht dargelegt hat, würde diese Lösung zu der Paradoxie führen, dass ein Unternehmen, das seine Beteiligung an mehreren Kartellen vervielfachen würde, eine progressive Abnahme der Grenzkosten jeder Sanktion erführe. 232    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Argumentation der Klägerinnen auf der Prämisse beruht, dass die Kommission den Betrag der Geldbuße aufgrund der Wahrscheinlichkeit neuer Zuwiderhandlungen von Arkema in der Zukunft hätte festsetzen müssen, die sie anhand des Gesamtbetrags der gegen dieses Unternehmen in einer bestimmten Zeitspanne verhängten Geldbußen hätte abschätzen müssen. Eine solche Prämisse ist indessen mit dem Begriff der Abschreckung im Wettbewerbsrecht unvereinbar. 233    Insoweit ist festzustellen, dass nach der Rechtsprechung die Befugnis der Kommission, Geldbußen gegen Unternehmen zu verhängen, die vorsätzlich oder fahrlässig gegen Art. 81 Abs. 1 EG oder Art. 82 EG verstoßen, zu den Befugnissen gehört, die der Kommission eingeräumt worden sind, um sie in die Lage zu versetzen, die ihr durch das Gemeinschaftsrecht übertragene Überwachungsaufgabe zu erfüllen. Diese Aufgabe umfasst gewiss die Pflicht, einzelne Zuwiderhandlungen zu ermitteln und zu ahnden; sie beinhaltet aber auch den Auftrag, eine allgemeine Politik mit dem Ziel zu verfolgen, die im Vertrag niedergelegten Grundsätze auf das Wettbewerbsrecht anzuwenden und das Verhalten der Unternehmen in diesem Sinne zu lenken (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 105, und Urteil SGL Carbon/Kommission, oben in Randnr. 222 angeführt, Randnr. 53). 234    Mit Geldbußen wegen Verstößen gegen Art. 81 EG, wie sie in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehen sind, sollen rechtswidrige Handlungen der betreffenden Unternehmen geahndet und diese Unternehmen und andere Wirtschaftsteilnehmer vor künftigen Verletzungen der Wettbewerbsregeln des Unionsrechts abgeschreckt werden (Urteil Showa Denko/Kommission, oben in Randnr. 210 angeführt, Randnr. 16). Der Abschreckungsfaktor wird somit unter Einbeziehung einer Vielzahl von Gesichtspunkten und nicht nur der besonderen Situation des betreffenden Unternehmens ermittelt (Urteil Showa Denko/Kommission, oben in Randnr. 210 angeführt, Randnr. 23, und Urteil des Gerichts vom 30. April 2009, Nintendo und Nintendo of Europe/Kommission, T‑13/03, Slg. 2009, II‑947, Randnr. 71). Die Kommission braucht daher, wenn sie prüft, ob es erforderlich ist, die Geldbuße zur Gewährleistung ihrer abschreckenden Wirkung zu erhöhen, keineswegs eine Bewertung der Wahrscheinlichkeit einer Tatwiederholung durch die fraglichen Unternehmen vorzunehmen (vgl. Nintendo und Nintendo of Europe/Kommission, Randnr. 72). 235    Folglich besteht diese Stufe der Bemessung der Geldbuße in der Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße anhand objektiver Gesichtspunkte wie der Größe und der Wirtschaftskraft des betreffenden Unternehmens und nicht anhand subjektiver Gesichtspunkte bei der Bewertung der Wahrscheinlichkeit, dass zukünftig eine neue Zuwiderhandlung begangen wird. Somit ist es unerheblich, dass die Kommission im Rahmen ihrer von den Klägerinnen angeführten Entscheidungen ihnen gegenüber Erhöhungen wegen der Abschreckungswirkung vorgenommen und dabei progressiv die herangezogenen Multiplikationsfaktoren erhöht hat. 236    Schließlich ist auch das Vorbringen zurückzuweisen, das Compliance-Programm von Arkema für das Wettbewerbsrecht zeige, dass sie bereits hinreichend von weiteren Zuwiderhandlungen abgeschreckt worden sei, weil dieser Gesichtspunkt in Zusammenhang mit der Erhöhung der Geldbuße zur Berücksichtigung der Größe und der Wirtschaftskraft des betreffenden Unternehmens unerheblich ist. Auf jeden Fall ist bereits entschieden worden, dass die bloße Einführung eines Programms zur Einhaltung der Wettbewerbsregeln durch ein Unternehmen zweifellos keine tragfähige und sichere Garantie für die künftige dauerhafte Einhaltung dieser Regeln darstellen kann, so dass ein solches Programm die Kommission nicht zwingen kann, eine Geldbuße herabzusetzen, weil der mit ihr verfolgte Präventionszweck zumindest teilweise bereits erreicht wurde (Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 213 angeführt, Randnr. 361; vgl. auch Urteil BASF und UCB/Kommission, oben in Randnr. 230 angeführt, Randnr. 52). 237    Demzufolge ist der dritte Teil des vorliegenden Klagegrundes zurückzuweisen. Zu der in der mündlichen Verhandlung erhobenen Rüge: Ende der Beherrschung der Klägerinnen durch Total und Elf Aquitaine zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung –       Vorbringen der Parteien 238    In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen geltend gemacht, die Kommission könne auf keinen Fall ihre Geldbuße wegen der Abschreckungswirkung erhöhen, um die Größe der Total-Gruppe einzubeziehen, weil Arkema zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung nicht mehr von dieser Gruppe beherrscht worden sei. Neue Gesichtspunkte, die von der Kommission nach Beendigung des schriftlichen Verfahrens beigebracht worden seien, ließen aber die Annahme zu, dass das Vorliegen einer solchen Beherrschung zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung notwendige Voraussetzung gewesen sei, um bei Arkema eine Erhöhung wegen der Abschreckungswirkung unter Berücksichtigung der Größe der Total-Gruppe vorzunehmen. 239    Diese neuen Gesichtspunkte ergäben sich aus der Antwort der Kommission auf Fragen des Gerichts, die im Rahmen prozessleitender Verfügungen in der Rechtssache T‑206/06 gestellt worden seien, in der es um einen Antrag der Muttergesellschaften der Klägerinnen gegen die angefochtene Entscheidung gegangen sei. Die Kommission habe hier erläutert, dass sie gegenüber Arkema keine Präventivmultiplikatoren in jüngeren Entscheidungen angewandt habe (Entscheidung K [2008] 2626 endg. der Kommission vom 11. Juni 2008 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] und Art. 53 EWR [Sache COMP/38.695 – Natriumchlorat] [im Folgenden: Entscheidung Natriumchlorat] und Entscheidung K [2009) 8682 endg. der Kommission vom 11. November 2009 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] und Art. 53 EWR [Sache COMP/38589 – Wärmestabilisatoren] [im Folgenden: Wärmestabilisatoren]), weil Arkema zum Zeitpunkt dieser Entscheidungen nicht mehr zur Total-Gruppe gehört habe. 240    Die Klägerinnen unterstreichen, dass die Börseneinführung von Arkema am 18. Mai 2006 erfolgt sei und dass Arkema von diesem Zeitpunkt an, also etwa zwei Wochen vor Erlass der angefochtenen Entscheidung am 30. Mai 2006, nicht mehr von Total beherrscht worden sei. 241    Auf den Einwand der Kommission, es handele sich um neues Vorbringen, das gemäß Art. 48 der Verfahrensordnung des Gerichts unzulässig sei, entgegnen die Klägerinnen, ihr Vorbringen stütze sich auf Gründe, nämlich die Antwort der Kommission auf die Fragen des Gerichts in der Rechtssache T‑206/06 und die Entscheidungen Natriumchlorat und Wärmestabilisatoren, die erst nach Beendigung des schriftlichen Verfahrens zutage getreten seien. Auf jeden Fall solle das Gericht von Amts wegen das Vorliegen eines etwaigen Begründungsfehlers prüfen, weil die Kommission nicht angegeben habe, aus welchen Gründen es notwendig gewesen sei, eine Erhöhung ihrer Geldbuße wegen der Abschreckungswirkung unter Berücksichtigung der Größe der Total-Gruppe vorzunehmen, obwohl zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung Arkema nicht mehr zu dieser Gruppe gehört habe. 242    Sodann haben die Klägerinnen in Beantwortung einer dahin gehenden Frage des Gerichts eingeräumt, dass sie im Rahmen des vorliegenden Verfahrens die Kommission nicht speziell darüber informiert hätten, dass sie seit dem 18. Mai 2006 nicht mehr von Total und Elf Aquitaine kontrolliert würden. Sie haben jedoch darauf bestanden, dass die Kommission während des Verwaltungsverfahrens über die Prozedur der Börseneinführung informiert gewesen sei, die nach einem vorher festgelegten Terminplan abgelaufen sei. Im Übrigen habe die Kommission in der Anlage zu ihrer Klagebeantwortung einen Prospekt für die Börsenzulassung vorgelegt, so dass sie nicht vorgeben könne, nicht informiert gewesen zu sein. 243    Die Kommission wendet ein, die Rüge, dass Arkema zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung nicht mehr zur Total-Gruppe gehört habe, sei neu und gemäß Art. 48 der Verfahrensordnung als unzulässig zurückzuweisen. Die Klägerinnen könnten sich nicht darauf berufen, dass diese Rüge auf einem neuen Grund beruhe, weil eben die Börseneinführung von Arkema vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung erfolgt sei, so dass diese Rüge in der Klageschrift hätte geltend gemacht werden können. 244    Auf jeden Fall sei diese Rüge als unbegründet zurückzuweisen. Zwar müssten, wenn die Kommission die Gesamtmittel eines Unternehmens berücksichtige, diese bewertet werden, um die Abschreckungswirkung am Tag der Verhängung der Geldbuße ordnungsgemäß zu erreichen (Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 213 angeführt, Randnr. 285). Nach der Rechtsprechung und nach Maßgabe der Leitlinien könne sie jedoch bei der Bemessung der Geldbuße auch dem Umstand Rechnung tragen, dass Großunternehmen in den meisten Fällen über juristischen und wirtschaftlichen Sachverstand und Ressourcen verfügten, anhand deren sie besser erkennen könnten, in welchem Maß ihre Vorgehensweise einen Verstoß darstelle und welche Folgen aus wettbewerbsrechtlicher Sicht zu gewärtigen seien. Dieser Gesichtspunkt werde aber zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung bewertet (Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 213 angeführt, Randnrn. 289 und 290). Insbesondere bei einer Gruppe von Gesellschaften, die eine wirtschaftliche Einheit bildeten, zögen die Tochtergesellschaften Nutzen daraus, dass ihre Muttergesellschaft über solche Ressourcen verfüge. 245    Auch wenn das Kriterium der rechtlich-wirtschaftlichen Infrastrukturen in der angefochtenen Entscheidung nicht ausdrücklich erwähnt werde, bestehe sie doch darauf, dass es in den Leitlinien angeführt sei. Folglich sei dieses Kriterium in der angefochtenen Entscheidung notwendig von ihr eingesetzt worden. Auf jeden Fall handele es sich in diesem Punkt allenfalls um einen Fehler der Begründung, die aber das Gericht von Amts wegen vervollständigen und beim Betrag der Geldbuße zu demselben Ergebnis kommen könne. 246    Schließlich unterstreicht die Kommission zu den von den Klägerinnen angeführten Entscheidungen Natriumchlorat und Wärmestabilisatoren, dass diese Entscheidungen die Leitlinien für die Bemessung der gemäß Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C. 210, S. 2, im Folgenden: Neue Leitlinien) verhängten Geldbußen zur Anwendung brächten, die das Kriterium der rechtlich-wirtschaftlichen nicht mehr erwähnten. Das erkläre eine abweichende Vorgehensweise in diesen späteren Entscheidungen. –       Würdigung durch das Gericht 247    Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen in ihrer Klageschrift einen Klagegrund in drei Teilen formuliert haben, mit dem sie das Vorliegen rechtlicher und tatsächlicher Beurteilungsfehler bei der Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße wegen der Abschreckungswirkung rügen; dieser Klagegrund wurde vorstehend geprüft. Im Übrigen haben sie ebenfalls darauf hingewiesen, dass Arkema seit ihrer Einführung an der Börse am 18. Mai 2006 eine Einheit geworden sei, die völlig unabhängig von der Total-Gruppe sei, weil ihr Kapital nicht mehr von dieser kontrolliert werde. Das Argument hingegen, mit dem die Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße wegen der Abschreckungswirkung mit der besonderen Begründung bekämpft werden sollte, dass die Klägerinnen zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung nicht mehr von der Total-Gruppe beherrscht worden seien, ist in den Schriftsätzen nicht ausdrücklich vorgebracht worden. Diese Argumentation gründet sich aber, wie die Kommission zu Recht bemerkt hat, auf die Annahme eines Ereignisses, das sich vor der Klageerhebung zugetragen hat und daher damals hätte geltend gemacht werden können. 248    Im vorliegenden Fall braucht indessen nicht geprüft zu werden, ob diese Argumentation ein neues und daher gemäß Art. 48 der Verfahrensordnung unzulässiges Angriffsmittel oder im Gegenteil die Erweiterung eines bereits in der Klageschrift angeführten Klagegrundes darstellt, die mit diesem in engem Zusammenhang steht, so dass sie nach dieser Vorschrift für zulässig zu erklären wäre (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Präsidenten der Dritten Kammer des Gerichtshofs vom 13. November 2001, Dürbeck/Kommission, C‑430/00 P, Slg. 2001, I‑8547, Randnr. 17; Urteil des Gerichtshofs vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, Slg. 2008, I‑6351, Randnr. 278, und Urteil des Gerichts vom 21. März 2002, Joynson/Kommission, T‑231/99, Slg. 2002, II‑2085, Randnr. 156). 249    Auch wenn die Klägerinnen in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich dargelegt haben, dass „eine Erhöhung des Betrags der Geldbuße [von Arkema] wegen der Abschreckungswirkung, um die Größe und Wirtschaftskraft der Gruppe Elf Aquitaine einzubeziehen, umso weniger gerechtfertigt [wäre], als das Unternehmen im Frühjahr 2006, dem vorgesehen Zeitpunkt seiner Börseneinführung, eine von der Total-Gruppe unabhängige Einheit sein wird“, haben sie nämlich, wie sie in der mündlichen Verhandlung eingeräumt haben, der Kommission gerade nicht das Ereignis mitgeteilt, dass sie ab 18. Mai 2006 nicht mehr von der Total-Gruppe kontrolliert würden. Damit ist aber die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt nicht rechtswidrig, weil sich die Kommission auf in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannte tatsächliche Anhaltspunkte stützen durfte, die belegten, dass die Klägerinnen mit ihren Muttergesellschaften ein einziges Unternehmen bildeten, und die von den Betroffenen nicht ausdrücklich in Abrede gestellt worden sind. 250    Demnach ist die in der mündlichen Verhandlung erhobene Rüge auf jeden Fall unbegründet, soweit sie den Antrag auf teilweise Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung stützen soll. 251    Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen im vorliegenden Fall gemäß Art. 229 EG die Nichtigerklärung oder die Herabsetzung der gegen sie in der angefochtenen Entscheidung verhängten Geldbuße beantragt haben. Außerdem haben sie gesondert beantragt, das Gericht solle „die Erhöhung der gegen Arkema wegen der Abschreckungswirkung verhängten Geldbuße weitgehend rückgängig machen“. Somit haben sie das Gericht ersucht, seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung, die ihm aufgrund von Art. 229 EG gemäß Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 zusteht, auszuüben, und zwar insbesondere bezüglich der Erhöhung der Geldbuße wegen der Abschreckungswirkung. 252    Wie bereits entschieden wurde, ermächtigt die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung den Gemeinschaftsrichter, den angefochtenen Rechtsakt, auch ohne ihn für nichtig zu erklären, unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände abzuändern und z. B. die Höhe der Geldbuße anders festzusetzen (Urteile des Gerichtshofs vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, Slg. 2002, I‑8375, Randnr. 692; Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 178 angeführt, Randnr. 86, und des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Randnr. 577). 253    Demgemäß stehen unter den Umständen des vorliegenden Falls die Bestimmungen des Art. 48 der Verfahrensordnung dem nicht entgegen, dass das Gericht im Rahmen seiner unbeschränkten Nachprüfung das Vorbringen der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung berücksichtigt, um zu prüfen, ob die Erhöhung wegen der Abschreckungswirkung im Hinblick auf den angeführten tatsächlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt war (vgl. in diesem Sinne und entsprechend für Anträge in der mündlichen Verhandlung Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 252 angeführt, Randnrn. 575 und 578), zumal übrigens die Kommission die Möglichkeit gehabt hat, zu dieser Frage Stellung zu nehmen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 2009, M/EMEA, C‑197/09 RX‑II, Slg. 2009, I‑12033, Randnrn. 40 bis 42 und 57 bis 58). 254    Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission die Behauptungen der Klägerinnen, dass sie seit 18. Mai 2006 nicht mehr von Total und Elf Aquitaine kontrolliert würden, nicht bestritten hat. Dieser tatsächliche Gesichtspunkt war, wie ausgeführt, bereits in der Klageschrift enthalten. Die Richtigkeit dieser Behauptung wird übrigens durch die Aussagen der Entscheidung Wärmestabilisatoren bestätigt, die in der mündlichen Verhandlung erörtert und später von den Klägerinnen vorgelegt wurde (vgl. Randnr. 26 dieses Urteils). Dort heißt es nämlich: „[S]eit dem 18. Mai 2006 gehört Arkema France nicht mehr zur Gruppe Total/Elf Aquitaine“ (Randnr. 27), und: „[Arkema] gehört nicht mehr zum gleichen Unternehmen wie Elf Aquitaine“ (Randnr. 740). 255    Außerdem haben die Klägerinnen nach Aufforderung durch das Gericht (vgl. Randnr. 26 dieses Urteils) Beweisstücke als Beleg für ihre Behauptungen vorgelegt. Die Kommission hat diesen Beweisstücken nicht widersprochen und in ihrer Antwort auf eine Frage des Gerichts ausdrücklich eingeräumt, dass die Klägerinnen seit dem 18. Mai 2006 nicht mehr zum gleichen Unternehmen wie Total und Elf Aquitaine gehört hätten. 256    Es ist somit festzustellen, dass die Klägerinnen am Tag des Erlasses der angefochtenen Entscheidung nicht mehr zum gleichen Unternehmen wie Total und Elf Aquitaine gehörten. 257    Drittens ist die mögliche Auswirkung dieser Feststellung auf den Betrag der Geldbuße zu prüfen, zu dessen Zahlung die Klägerinnen aufgrund der angefochtenen Entscheidung verpflichtet sind. 258    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Erfordernis, eine hinreichend abschreckende Wirkung der Geldbuße zu gewährleisten, sofern es nicht Grund für die Anhebung des allgemeinen Niveaus der Geldbußen im Rahmen der Umsetzung einer Wettbewerbspolitik ist, verlangt, dass die Geldbuße angepasst wird, um der gewünschten Auswirkung auf das Unternehmen, gegen das sie verhängt wird, Rechnung zu tragen, damit sie in Einklang mit den Anforderungen, die sich aus der Notwendigkeit, ihre Wirksamkeit zu gewährleisten, und der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ergeben, insbesondere im Hinblick auf die Finanzkraft des betreffenden Unternehmens weder zu niedrig noch zu hoch ausfällt (Urteile Degussa/Kommission, Randnr. 283, und Hoechst/Kommission, Randnr. 379, beide oben in Randnr. 213 angeführt). Mithin kann es im Hinblick auf eine hinreichende Abschreckungswirkung der Geldbuße die Anwendung eines Multiplikators rechtfertigen, dass das betreffende Unternehmen die zur Zahlung seiner Geldbuße erforderlichen Mittel leichter aufbringen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Showa Denko/Kommission, oben in Randnr. 210 angeführt, Randnr. 18; und die oben in Randnr. 213 angeführten Urteile Degussa/Kommission, Randnr. 284, und Hoechst/Kommission, Randnr. 379; vgl. auch Randnrn. 210 bis 213 dieses Urteils). 259    Dass Größe und Gesamtressourcen des betreffenden Unternehmens berücksichtigt werden, um eine hinreichende Abschreckungswirkung der Geldbuße sicherzustellen, findet seinen Grund in der angestrebten Wirkung auf dieses Unternehmen, da die Sanktion insbesondere im Hinblick auf dessen Wirtschaftskraft nicht unerheblich sein darf (Urteil des Gerichtshofs vom 17. Juni 2010, Lafarge/Kommission, C‑413/08 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 104). 260    Aus diesem Grund ist mithin entschieden worden, dass das Abschreckungsziel, das die Kommission bei der Bemessung einer Geldbuße verfolgen darf, nur unter Berücksichtigung der Situation des Unternehmens zum Zeitpunkt der Verhängung der Geldbuße erreicht werden kann (Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 213 angeführt, Randnr. 278). Daher müssen die Gesamtressourcen eines Unternehmens, die in relativ kurzer Zeit, insbesondere zwischen der Beendigung der Zuwiderhandlung und dem Erlass der Bußgeldentscheidung, erheblich größer oder kleiner werden können, zu dem Zeitpunkt bewertet werden, zu dem die Geldbuße verhängt wird, um unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes das Abschreckungsziel ordnungsgemäß zu erreichen (Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 213 angeführt, Randnrn. 285 und 288). 261    Diese Erwägungen werden übrigens von der Kommission nicht in Zweifel gezogen. Sie macht freilich geltend, dass sie bei der Bemessung der Geldbuße auch der Tatsache Rechnung tragen könne, dass Großunternehmen in den meisten Fällen über juristischen und wirtschaftlichen Sachverstand und Ressourcen verfügen, anhand deren sie besser erkennen können, in welchem Maß ihre Vorgehensweise einen Verstoß darstellt und welche Folgen aus wettbewerbsrechtlicher Sicht zu erwarten sind, was zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung zu beurteilen sei. 262    Die Schwere der Zuwiderhandlungen ist bekanntlich anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten wie etwa den besonderen Umständen der Sache, ihres Kontexts und der Abschreckungswirkung der Geldbußen zu ermitteln, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (vgl. Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 178 angeführt, Randnr. 241 und die dort angeführte Rechtsprechung). 263    Ferner ist hervorzuheben, dass bei der Bemessung der Geldbuße auf einen Betrag, der eine hinreichende Abschreckungswirkung entfaltet, zwar der Umsatz des Unternehmens berücksichtigt werden darf, der – wenn auch nur annähernd und unvollständig – etwas über dessen Größe und Wirtschaftskraft aussagt, doch darf ihm keine im Verhältnis zu den anderen Beurteilungskriterien übermäßige Bedeutung zugemessen werden, so dass die Festsetzung einer angemessenen Geldbuße nicht das Ergebnis eines bloßen, auf den Umsatz gestützten Rechenvorgangs sein darf (vgl. in diesem Sinne Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 233 angeführt, Randnr. 121, und Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 178 angeführt, Randnr. 243, sowie Evonik Degussa/Kommission und Rat, oben in Randnr. 211 angeführt, Randnr. 120). 264    So kann die Kommission, wie sie zu Recht unterstreicht, bei der Bemessung der Geldbuße insbesondere berücksichtigen, dass Großunternehmen in den meisten Fällen über juristischen und wirtschaftlichen Sachverstand und Ressourcen verfügen, anhand deren sie besser erkennen können, in welchem Maß ihre Vorgehensweise einen Verstoß darstellt und welche Folgen aus wettbewerbsrechtlicher Sicht zu erwarten sind (vgl. auch in diesem Sinne Urteil Evonik Degussa/Kommission und Rat, oben in Randnr. 211 angeführt, Randnr. 121), wie dies im Übrigen Punkt 1 A Abs. 5 der Leitlinien vorsieht. 265    Die Berücksichtigung dieses Aspekts soll Großunternehmen stärker bestrafen, da unterstellt wird, dass sie über ausreichende Kenntnisse und Strukturmittel verfügen, um die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens zu erkennen und dessen etwaige Vorteile einzuschätzen. Folglich muss sich der Umsatz, auf dessen Grundlage die Kommission die Größe der fraglichen Unternehmen und damit deren Fähigkeit bestimmt, die Art und Weise und die Folgen ihres Verhaltens zu ermitteln, auf ihre Lage zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung beziehen und nicht auf den Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung (Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 213 angeführt, Randnrn. 289 und 290). 266    Im vorliegenden Fall indessen ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung keineswegs, dass sich Erwägungen zur rechtlich-wirtschaftlichen Infrastruktur auf den Multiplikationsfaktor 3 ausgewirkt hätten, wie er bei der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße angewandt worden ist. 267    Es muss nämlich herausgestellt werden, dass dieser Gesichtspunkt in den Randnrn. 337 bis 350 der angefochtenen Entscheidung nicht erwähnt wird, in denen die Kommission die Anwendung des Multiplikationsfaktors begründet. Die Kommission erklärt vielmehr eindeutig, dass der Betrag der Geldbußen „in einer Höhe festzulegen [ist], die bei Berücksichtigung der Größe und der Wirtschaftskraft jedes Unternehmens eine Abschreckungswirkung sicherstellt“ (Randnr. 337 der angefochtenen Entscheidung), und ein Multiplikationsfaktor anzuwenden ist, „um die Geldbuße in einer Höhe festzusetzen, die eine hinreichende Abschreckungswirkung garantiert“ (Randnr. 349 der angefochtenen Entscheidung). Ebenso weist die Kommission in Randnr. 346 der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass „die unterschiedliche Behandlung auf dem Umsatz jedes der an einem Kartell beteiligten Marktteilnehmer [beruht], was einen treffenden Hinweis auf ihr jeweiliges Gewicht während der Zuwiderhandlung ergibt, während der Multiplikationsfaktor auf dem Gesamtumsatz des Unternehmens aufbaut, der dem Bedürfnis entspricht, die Geldbuße auf ein Niveau zu bringen, das die Abschreckung sicherstellt“. 268    Mithin ist festzustellen, dass die Rechtfertigung des Multiplikationsfaktors eindeutig auf den Erwägungen in den Randnrn. 258 bis 260 beruht, also im Kern auf den angestrebten Auswirkungen der Geldbußen auf die betreffenden Unternehmen. 269    Diese Feststellung wird dadurch bestätigt, dass die für die betreffenden Unternehmen herangezogenen Multiplikationsfaktoren auf deren Gesamtumsätzen von 2005 beruhen, also dem letzten Geschäftsjahr vor Erlass der angefochtenen Entscheidung, und somit unabhängig von dem Endzeitpunkt ihrer jeweiligen Zuwiderhandlungen. So trennen im Fall ICI, bei der ein Multiplikationsfaktor von 1,5 herangezogen wurde, mehr als fünf Jahre das Ende der Zeitspanne der Zuwiderhandlung (der angefochtenen Entscheidung zufolge der 1. November 1999) vom Geschäftsjahr 2005. Andererseits enthält der untersuchte Teil der angefochtenen Entscheidung keine Angaben zur Größe dieser Unternehmen während der jeweiligen Zeitspanne ihrer Zuwiderhandlung. Total wiederum, dessen Umsatz für die Anwendung des Multiplikationsfaktors berücksichtigt wurde, hat die Kontrolle über die Gruppe erst im April 2000 übernommen, während die Zeitspanne der Zuwiderhandlung der Klägerinnen vom 23. Januar 1997 bis zum 12. September 2002 gedauert hat. 270    Der vorliegende Fall unterscheidet sich somit deutlich von der Rechtssache, in der das Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 213 angeführt, ergangen ist, auf das sich die Kommission in der mündlichen Verhandlung berufen hat. In der Entscheidung nämlich, um die es in dieser Rechtssache ging, hat die Kommission ausdrücklich den Gesichtspunkt der rechtlich-wirtschaftlichen Infrastrukturen genannt (Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 213 angeführt, insbesondere Randnr. 275). Beiläufig ergibt sich aus diesem Urteil, dass die Notwendigkeit, zu berücksichtigen, dass die Großunternehmen über rechtlich-wirtschaftliche Infrastrukturen verfügen, bei der Erhöhung der Geldbuße einen anderen Grund hat als die Notwendigkeit, eine hinreichende Abschreckungswirkung der Geldbuße sicherzustellen, und andere Ziele verfolgt (Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 213 angeführt, Randnrn. 277, 278 und 289). Damit kann nicht gesagt werden, dass es unweigerlich der Argumentation der Kommission in der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegt. 271    Ebenso ist das Vorbringen der Kommission zurückzuweisen, sie habe notwendig den Gesichtspunkt der rechtlich-wirtschaftlichen Infrastruktur berücksichtigt, weil er in den Leitlinien vorgesehen sei. Es genügt insoweit der Hinweis, dass Nr. 1 A Abs. 5 der Leitlinien nicht die systematische Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts vorsieht, sondern der Kommission nur die Möglichkeit hierzu einräumt („Allgemein kann ebenfalls berücksichtigt werden …“). Da dieser Gesichtspunkt nicht zwingend vorgeschrieben ist, ist die Kommission nicht verpflichtet, ihn in allen Fällen zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. März 2006, Daiichi Pharmaceutical/Kommission, T‑26/02, Slg. 2006, II‑713, Randnr. 49). 272    Mithin müssen Größe und Wirtschaftskraft der Klägerin bei der Anwendung des Multiplikationsfaktors am Tag des Erlasses der angefochtenen Entscheidung unter Berücksichtigung des Gesamtumsatzes von Arkema zugrunde gelegt werden. Insbesondere dürfen, weil, wie soeben festgestellt, die Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte im vorliegenden Fall auf die angestrebten Auswirkungen der Geldbuße auf das betreffende Unternehmen zurückging und die Wirtschaftseinheit, die Arkema und Total verband, vor dem Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung beendet worden war, die Ressourcen des letztgenannten Unternehmens bei der Ermittlung des für Arkema geltenden Multiplikationsfaktors nicht berücksichtigt werden (vgl. in diesem Sinne und entsprechend für eine Obergrenze von 10 % Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2005, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑71/03, T‑74/03, T‑87/03 und T‑91/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 390). 273    Im Übrigen wird diese Schlussfolgerung bei Berücksichtigung der Erwägungen in Randnr. 260 dieses Urteils nicht dadurch in Frage gestellt, dass die besagte Wirtschaftseinheit erst einige Tage vor Erlass der angefochtenen Entscheidung beendet worden ist. 274    Selbst dann, wenn der Fehler, der in der Einbeziehung des Umsatzes von Total für die Ermittlung des Multiplikationsfaktors besteht (vgl. Randnr. 249 dieses Urteils), den Klägerinnen zuzurechnen wäre, könnte dies nicht die Aufrechterhaltung des Betrags der gegen sie verhängten Geldbuße rechtfertigen, weil diese auf die Berücksichtigung eines tatsächlichen Gesichtspunkts zurückgeht, der materiell unzutreffend ist (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 11. März 1999, Aristrain/Kommission, T‑156/94, Slg. 1999, II‑645, Randnr. 586, und vom 27. September 2006, Roquette Frères/Kommission, T‑322/01, Slg. 2006, II‑3137, Randnr. 293). 275    Im Übrigen ist zu unterstreichen, ohne dass das Gericht die Antwort der Kommission auf seine Fragen in der Rechtssache T‑206/06 berücksichtigen könnte, die in diesem Verfahren nicht Teil der Akten ist, dass diese Vorgehensweise sich aus der in der mündlichen Verhandlung erörterten Entscheidungspraxis der Kommission ergibt (vgl. Entscheidungen Natriumchlorat und Wärmestabilisatoren). Zum Beispiel hat die Kommission in der Entscheidung Wärmestabilisatoren erklärt, dass „der Multiplikationsfaktor [auf der Grundlage des Weltumsatzes von Elf Aquitaine] nicht auf Arkema France und CECA SA angewandt werden [konnte], weil sie nicht mehr zum gleichen Unternehmen wie Elf Aquitaine [gehörten]“ (Randnr. 740 dieser Entscheidung). Das Argument, diese Entscheidungen wendeten neue Leitlinien an und diese sähen das Kriterium der rechtlich-wirtschaftlichen Infrastrukturen nicht ausdrücklich vor, geht fehl, weil dieses Kriterium, wie soeben hervorgehoben, auch im vorliegenden Fall nicht angewandt worden ist. Der gleiche Ansatz ergibt sich im Übrigen aus der Entscheidung Hydrogen- und Perboratperoxid, die zeitgleich mit der angefochtenen Entscheidung ergangen ist und die gleichen Leitlinien anwendet; sie ist von der Kommission selbst in der mündlichen Verhandlung zum Vergleich mit der angefochtenen Entscheidung wegen der Höhe der Geldbuße herangezogen worden (vgl. zu einer anderen Gruppe von Gesellschaften Randnrn. 31 und 463 der Entscheidung Hydrogen- und Perboratperoxid). 276    Die Schlussfolgerung in Randnr. 272 dieses Urteils wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Haftung von Arkema für die Zahlung der Geldbuße, soweit sie auf der Anwendung des Multiplikationsfaktors 3 wegen des Umsatzes der Total-Gruppe beruht, mit den früheren Muttergesellschaften gesamtschuldnerisch geteilt wird Dies ändert nämlich nichts daran, dass Art. 2 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung der Kommission völlige Freiheit lässt, die Geldbuße bis zu den dort angeführten Beträgen bei der einen oder anderen der betroffenen juristischen Personen einzuziehen. Die Kommission könnte etwa beschließen, die gesamte Geldbuße bei den Klägerinnen einzufordern (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. September 2010, Trioplast Industrier/Kommission, T‑40/06, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 165). 277    Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich aber, dass die Kommission selbst davon ausgegangen ist, dass der Multiplikationsfaktor 3 bezogen auf den Umsatz von Arkema allein (nach Randnr. 14 der angefochtenen Entscheidung ungefähr 5,7 Mrd. Euro für 2005) nicht angemessen sei. In Fn. 233 zu Randnr. 349 der angefochtenen Entscheidung erklärt die Kommission nämlich, dass „bezüglich Arkema, Altuglas und Altumax ein getrennter Multiplikationsfaktor von 1,25 auf ihren Ausgangsbetrag von 65 Mio. Euro zur Anwendung [kommt], von dem ausgehend man die Erhöhung von 55 % wegen der Dauer vor der Erhöhung von 50 % für den Rückfall berechnen kann“. Es sei insoweit daran erinnert, dass die Kommission Total und Elf Aquitaine nicht als Rückfalltäter behandelt (Randnr. 369 der angefochtenen Entscheidung) und somit einen „hypothetischen“ Multiplikationsfaktor von 1,25 herangezogen hat, um sicherzugehen, dass die Erhöhung wegen Rückfalls allein auf die Bemessungsgrundlagen abstelle, die für Arkema und ihre Tochtergesellschaften zuträfen. 278    Beiläufig ist darauf hinzuweisen, dass ICI und Degussa bei Umsätzen von jeweils mehr als 8 Mrd. Euro und mehr als 11 Mrd. Euro für 2005 mit einem Multiplikationsfaktor von 1,5 bzw. von 1,75 bedacht worden sind (vgl. Randnr. 349 der angefochtenen Entscheidung). Unter diesen Umständen war der Multiplikationsfaktor 3 für Arkema nur deshalb gerechtfertigt, weil Arkema nach den Informationen, auf die sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung gestützt hat, zur Total-Gruppe gehörte, die einen bei Weitem höheren Umsatz aufwies als alle anderen betroffenen Unternehmen, und daher am Tag der Verhängung der Geldbuße mit deren Ressourcen rechnen konnte. Da nunmehr klar ist, dass diese Voraussetzung nicht erfüllt war, ist der Multiplikationsfaktor 3 im Vergleich zu den Faktoren, die bei den anderen Adressaten der angefochtenen Entscheidung Anwendung fanden, überhöht. 279    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission bei der Festlegung von Geldbußen gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 die allgemeinen Rechtsgrundsätze und insbesondere die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit zu beachten hat, wie sie von der Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts entwickelt worden sind (vgl. entsprechend Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 213 angeführt, Randnr. 77). 280    Das Gericht ist daher angesichts der Umstände des vorliegenden Falles der Auffassung, dass der Multiplikationsfaktor 3 für die Klägerinnen nicht gerechtfertigt ist. Die Folgen dieser Nachprüfung für die Bemessung der Geldbuße, für die die Klägerinnen haften, werden nachstehend untersucht. Zum sechsten Klagegrund: Rechtliche Beurteilungsfehler der Kommission bei der Erhöhung der Geldbuße wegen Tatwiederholung 281    Dieser Klagegrund gliedert sich in zwei Teile. Zum ersten Teil dieses Klagegrundes: Verletzung der Grundsätze der gesetzlichen Verankerung von Straftaten und Strafen und der Rechtssicherheit 282    Die Klägerinnen machen in der Klageschrift geltend, die Kommission habe die Grundsätze der gesetzlichen Verankerung von Straftaten und Strafen (nulla poena sine lege) und der Rechtssicherheit verletzt, als sie sich auf Verurteilungen von 1984, 1986 und 1994 gestützt habe, die auf Ereignisse vor mehr als 20, ja 30 Jahren vor Erlass der angefochtenen Entscheidung zurückgegangen seien. Die Vorgehensweise der Kommission bedeute nämlich, dass ein Unternehmen, das bereits bestraft worden sei, unter der ständigen Drohung der Anwendung der Rückfallbestimmungen stehe. 283    In ihrer Erwiderung haben die Klägerinnen indessen darauf hingewiesen, dass ihnen das nach Einreichung ihrer Klageschrift verkündete Urteil des Gerichtshofs vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission (C‑3/06 P, Slg. 2007, I‑1331), bekannt geworden sei und sie es „angesichts dieses Urteils nicht für sinnvoll [halten], auf die vorgenannten Argumente zurückzukommen“. Auf entsprechende Fragen im Rahmen prozessleitender Verfügungen und in der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen bestätigt, dass sie den ersten Teil des sechsten Klagegrundes fallen ließen, allerdings die Argumentation im Rahmen des zweiten Teils dieses Klagegrundes aufrechterhielten, mit dem sie eine Verletzung des Grundsatzes ne bis in idem und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit rügten. 284    Nach dieser Abstandnahme bedarf es keiner weiteren Prüfung des ersten Teils dieses Klagegrundes. Zum zweiten Teil dieses Klagegrundes: Verletzung des Grundsatzes ne bis in idem und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit –       Vorbringen der Parteien 285    Die Klägerinnen verweisen darauf, dass die Kommission sich in der angefochtenen Entscheidung zur Rechtfertigung der Erhöhung der Geldbuße wegen Tatwiederholung auf die Entscheidungen Organische Peroxide, AMCA sowie Hydrogen- und Perboratperoxid gestützt habe. Damit habe die Kommission Arkema viermal für dieselbe Zuwiderhandlung geahndet und damit den Grundsatz ne bis in idem verletzt. 286    Die Klägerinnen führen hierzu aus, eine Tatwiederholung (Rückfall) liege dann vor, wenn eine Person nach abschließender Verurteilung wegen einer Zuwiderhandlung unter den im Gesetz festgelegten Umständen und meist innerhalb einer bestimmten Zeitspanne eine neue begehe. Die Tatwiederholung stelle daher eine Bewährung seit der ersten Verurteilung dar. Diese Bewährung könne nicht ewig und über die zweite Verurteilung hinaus andauern. Wenn der Verurteilte trotz der Verschärfung seiner Bestrafung wegen des Rückfalls eine dritte Zuwiderhandlung begehe, dürfe eine neue Verschärfung seiner Strafe wegen Rückfalls nur aufgrund der zweiten Zuwiderhandlung erfolgen. Jede andere Auslegung laufe darauf hinaus, die Strafe für ein und dieselbe Zuwiderhandlung zweimal zu verschärfen. 287    Ihrer Meinung nach hätte die Kommission daher davon ausgehen müssen, dass die Verurteilungen aus den Jahren 1984, 1986, 1988 und 1994 bereits in der Entscheidung Organische Peroxide bei der Bemessung der Geldbuße Berücksichtigung gefunden hätten, so dass eine Tatwiederholung von Arkema in den folgenden Verfahren nicht mehr aufgrund dieser Verurteilungen vorwerfbar gewesen wäre. Die Kommission hätte hingegen eine Tatwiederholung von Arkema möglicherweise auf der Grundlage der Entscheidungen Organische Peroxide, AMCA oder Hydrogen- und Perboratperoxid feststellen können. Da aber die Zeitspanne der in der angefochtenen Entscheidung beanstandeten Zuwiderhandlung vor den Entscheidungen in diesen drei Sachen liege, komme ein Rückfall im vorliegenden Fall nicht in Betracht. 288    Auf das Vorbringen der Kommission, die Heranziehung des erschwerenden Umstands der Tatwiederholung werde durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, die Abschreckungswirkung von Geldbußen sicherzustellen, sei zu entgegnen, dass die Kommission diesen Umstand bereits berücksichtigt habe, indem sie den Grundbetrag der Geldbuße von Arkema wegen deren Zugehörigkeit zu einem großen Konzern erhöht habe. Damit habe die Kommission mit der zweimaligen Erhöhung der Geldbuße aus demselben Grund erneut gegen den Grundsatz ne bis in idem verstoßen. 289    Außerdem habe die Kommission zugleich, weil sie eine Erhöhung der Geldbuße wegen Tatwiederholung aufgrund derselben Ahndungen in vier verschiedenen Sachen vorgenommen habe, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Das Ziel der Abschreckung, auf das sich die Erhöhung der Geldbuße richte, sei hinreichend durch die Erhöhung um 50 % in der Endscheidung Organische Peroxide und erst recht durch die neuerlichen Verschärfungen von 50 % in den Entscheidungen AMCA von 2005 sowie Hydrogen- und Perboratperoxid von 2006 sichergestellt worden. Mithin sei es nicht erforderlich gewesen, in der angefochtenen Entscheidung erneut eine ähnliche Erhöhung auszusprechen, und dies umso mehr, als sich die Sachverhalte, die den vier Entscheidungen zugrunde lägen, zeitlich deckten, so dass Arkema nicht die Möglichkeit gehabt habe, ihr Verhalten anzupassen, um den drei vorausgegangenen Ahndungen von 2003, 2005 und 2006 Rechnung zu tragen. 290    In ihrer Erwiderung unterstreichen die Klägerinnen, dass diese Erhöhung der Geldbuße von Arkema wegen Tatwiederholung, da sie auf den Entscheidungen Organische Peroxide, AMCA sowie Hydrogen- und Perboratperoxid beruhe, wie dem Vorbringen der Kommission zu entnehmen sei, offensichtlich gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße. Eine solche Erhöhung sei nämlich unnütz und unverhältnismäßig, wenn die Zuwiderhandlungen, die zu mehreren Entscheidungen führten, gleichzeitig erfolgt seien, so dass das Unternehmen nicht in der Lage gewesen sei, sein Verhalten anzupassen, um den früheren Ahndungen Rechnung zu tragen. 291    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 292    Bekanntlich verbietet es das Prinzip ne bis in idem, ein tragender Grundsatz des Unionsrechts, der auch in Art. 50 der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert wurde, im Bereich des Wettbewerbsrechts, dass ein Unternehmen wegen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens, für das es in einer früheren, nicht mehr anfechtbaren Entscheidung mit einer Sanktion belegt oder für nicht verantwortlich erklärt wurde, erneut verurteilt oder verfolgt wird (Urteil Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, oben in Randnr. 252 angeführt, Randnr. 59). Die Anwendung des Prinzips ne bis in idem hängt von der dreifachen Voraussetzung der Identität des Sachverhalts, des Zuwiderhandelnden und des geschützten Rechtsguts ab (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 338). 293    Dazu ist festzustellen, dass dieses Prinzip in keiner Weise dadurch verletzt wird, dass die angefochtene Entscheidung auf frühere Ahndungen gestützt ist, die in den Entscheidungen Organische Peroxide, AMCA sowie Hydrogen- und Perboratperoxid mit einer Erhöhung der Geldbuße von Arkema wegen Rückfalls gerechtfertigt worden waren. Dass die Kommission nämlich in vier Entscheidungen die Feststellung einer Tatwiederholung auf die gleichen früheren Entscheidungen gestützt hat, bedeutet keineswegs, dass, wie die Klägerinnen dies sehen, die Kommission „Arkema viermal für die gleiche Zuwiderhandlung“ bestraft habe. 294    Bekanntlich gehört ein etwaiger Wiederholungsfall zu den Gesichtspunkten, die bei der Untersuchung der Schwere der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen sind (Urteil Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 283 angeführt, Randnr. 26). Die Berücksichtigung des Wiederholungsfalls verfolgt den Zweck, Unternehmen, die tendenziell zur Verletzung von Gemeinschaftsvorschriften neigen, zur Änderung ihres Verhaltens zu veranlassen. Die Kommission kann daher in jedem Einzelfall die Anhaltspunkte berücksichtigen, die eine solche Neigung bestätigen, einschließlich z. B. der Zeitspanne zwischen den betreffenden Verstößen (Urteil Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 283 angeführt, Randnr. 39). 295    Mit der Begehung jeder der von den Klägerinnen angeführten Zuwiderhandlungen ist aber Arkema rückfällig geworden, was die Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts im Rahmen der Untersuchung der Schwere jeder dieser Zuwiderhandlungen rechtfertigt. Insbesondere war jede dieser Zuwiderhandlungen für sich eine Wiederholung des gegen die Wettbewerbsregeln verstoßenden Verhaltens, wie es in den Entscheidungen von 1984, 1986 und 1994 festgestellt worden war und die Neigung von Arkema belegte, nicht die erforderlichen Konsequenzen aus diesen Ahndungen zu ziehen (vgl. in diesem Sinne Urteil Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 283 angeführt, Randnr. 40). 296    Folglich bezog sich die Berücksichtigung des Gesichtspunkts der Wiederholungstat im Rahmen der von den Klägerinnen angeführten Verfahren notwendig auf die Untersuchung der Schwere jeder der betreffenden Zuwiderhandlungen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen hat somit die Kommission Arkema wegen vier verschiedenen Zuwiderhandlungen geahndet, so dass die Voraussetzung der Identität des Sachverhalts (vgl. Randnr. 292 dieses Urteils) im vorliegenden Fall eindeutig nicht erfüllt ist. 297    Im Übrigen würde die von den Klägerinnen vertretene Lösung dazu führen, dass die Kommission nicht mehr berechtigt wäre, im Rahmen einer bestimmten Entscheidung einen Wiederholungsfall zu berücksichtigen, und zwar allein deshalb, weil das betroffene Unternehmen zugleich andere Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht begangen hätte. Eine solche Lösung würde aber dem Ziel widersprechen, das mit der Berücksichtigung der Wiederholungstat im Rahmen der Bemessung der Geldbuße verfolgt wird. 298    Außerdem ist das Argument zurückzuweisen, die Kommission habe gegen den Grundsatz ne bis in idem verstoßen, weil sie die Berücksichtigung des erschwerenden Umstands der Wiederholungstat mit dem Bedürfnis gerechtfertigt habe, den Geldbußen eine Abschreckungswirkung zu sichern, obwohl diese Erwägung bereits Berücksichtigung gefunden habe. Die Kommission hat nämlich bei der Bemessung der Geldbuße nur eine Reihe von tatsächlichen Erwägungen angestellt, die sie für die Bemessung der Geldbuße in einer Höhe, die eine ausreichende Abschreckungswirkung sicherstellt, als erheblich ansah, und nicht etwa die Klägerinnen zweimal für dieselbe Zuwiderhandlung geahndet (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Randnr. 358). Insoweit ist darauf zu verweisen, dass das Erfordernis, die Abschreckung sicherzustellen, eine allgemeine Anforderung darstellt, der die Kommission während der gesamten Bemessung der Geldbuße zu genügen hat (Urteil Carbone‑Lorraine/Kommission, oben in Randnr. 180 angeführt, Randnr. 131). 299    Zudem beruht die Berücksichtigung jedes einzelnen dieser Gesichtspunkte für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes auf unterschiedlichen Gründen. So rechtfertigt sich die Berücksichtigung des Gesamtumsatzes des betreffenden Unternehmens durch die Notwendigkeit, die Geldbuße in einer Höhe festzusetzen, die abschreckend genug ist, um der Größe und Wirtschaftskraft des Unternehmens Rechnung zu tragen. Die Berücksichtigung des Rückfalls wiederum rechtfertigt sich durch ein zusätzliches Abschreckungsbedürfnis, weil drei frühere Feststellungen von Zuwiderhandlungen nicht genügt haben, um die erneute Begehung einer vierten Zuwiderhandlung zu verhindern (vgl. in diesem Sinne Urteil Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 298 angeführt, Randnr. 359). 300    Mit der Rüge, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, scheinen die Klägerinnen zu beanstanden, dass diese die Abschreckungswirkung hätte berücksichtigen müssen, die die Erhöhungen in den Entscheidungen Organische Peroxide, AMCA sowie Hydrogen- und Perboratperoxid auf die Klägerin gehabt hätten. Es ist aber darauf zu verweisen, dass die Kommission aus den gleichen Gründen, wie sie in den Randnrn. 228 bis 235 dieses Urteils dargelegt wurden, bei ihrer Suche nach einer Abschreckungswirkung der Geldbuße nicht verpflichtet ist, Geldbußen zu berücksichtigen, die sie gegen das gleiche Unternehmen im Rahmen anderer Sachen verhängt hat. Dies gilt ebenso für Erhöhungen, die wegen einer Wiederholungstat vorgenommen worden sind. Es würde insbesondere dem Ziel der Abschreckung widersprechen, nicht zu berücksichtigen, dass das betreffende Unternehmen rückfällig geworden ist, und allein deswegen, weil es parallel zu der beanstandeten Zuwiderhandlung an anderen Verstößen beteiligt war, die ebenfalls von der Kommission geahndet worden sind. 301    Im Übrigen ist der Erhöhungssatz von 50 % unter den Umständen des vorliegenden Falles im Verhältnis zu diesem Ziel nicht als unverhältnismäßig anzusehen. 302     Schließlich ergibt sich eindeutig aus den Randnrn. 358 und 369 der angefochtenen Entscheidung, dass entgegen dem, was die Klägerinnen zu verstehen geben (vgl. Randnr. 290 dieses Urteils), die Feststellung der Wiederholungstat im vorliegenden Fall nicht auf die Entscheidungen Organische Peroxide, AMCA sowie Hydrogen- und Perboratperoxid gestützt worden ist. 303    Daher ist der zweite Teil des sechsten Klagegrundes, um den allein es noch geht, zurückzuweisen. Zum siebten Klagegrund: Tatsächlicher Beurteilungsfehler der Kommission bei der Weigerung, den Klägerinnen infolge der „effektiven Nichtanwendung“ bestimmter Arkema vorgeworfener Praktiken eine Ermäßigung zuzugestehen Vorbringen der Parteien 304    Die Klägerinnen bringen vor, Arkema habe während des Verwaltungsverfahrens nachgewiesen, dass sie bestimmte streitige Absprachen nur teilweise durchgeführt habe, was die Kommission übrigens in der angefochtenen Entscheidung selbst eingeräumt habe. Sie sind daher der Auffassung, dass die Kommission aufgrund der Leitlinien und nach der Rechtsprechung diesen mildernden Umstand bei der Bemessung der Geldbuße hätte berücksichtigen müssen, und ersuchen daher das Gericht, den Betrag der Geldbuße erheblich herabzusetzen, um damit der „effektiven Nichtanwendung“ bestimmter beanstandeter Praktiken seitens Arkema Rechnung zu tragen. 305    Die Klägerinnen weisen insoweit darauf hin, dass Degussa sich mehrfach über die Nichteinhaltung der zwischen den Erzeugern getroffenen Absprachen über Preiserhöhungen seitens Arkema beschwert habe, wie der Bericht über mehrere Sitzungen in der angefochtenen Entscheidung (Randnrn. 123, 128 und 133) belege. 306    Die Klägerinnen unterstreichen zugleich, dass nach der Entscheidungspraxis der Kommission die Geldbuße wegen teilweiser Nichtanwendung beanstandeter Absprachen herabgesetzt werden könne. Sie sind daher, anders als die Kommission in ihrer Klagebeantwortung, der Meinung, dass der bloße Umstand, dass ein Unternehmen nur bestimmte beanstandete Praktiken verwirklicht habe, für sich genommen nicht die Zubilligung mildernder Umstände ausschließen könne. 307    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. Würdigung durch das Gericht 308    Nach der Rechtsprechung ist bei der Zubilligung mildernder Umstände wegen effektiver Nichtanwendung der beanstandeten Absprachen zu prüfen, ob die vorgebrachten Umstände belegen können, dass sich das betreffende Unternehmen im Zeitraum seiner Teilnahme an den unzulässigen Absprachen tatsächlich deren Durchführung entzog, indem es sich auf dem Markt wettbewerbskonform verhielt, oder dass es sich zumindest den Verpflichtungen zur Umsetzung dieses Kartells so eindeutig und nachdrücklich widersetzte, dass dadurch sogar dessen Funktionieren selbst gestört wurde (Urteile des Gerichts Daiichi Pharmaceutical/Kommission, oben in Randnr. 271 angeführt, Randnr. 113, und Carbone‑Lorraine/Kommission, oben in Randnr. 180 angeführt, Randnr. 196). 309    Somit kann im vorliegenden Fall entgegen der Darlegung der Kommission in ihren Schriftsätzen der Umstand, dass die Klägerinnen eine teilweise Umsetzung bestimmter streitiger Absprachen eingeräumt haben, für sich genommen nicht die Weigerung rechtfertigen, ihnen die geltend gemachten mildernden Umstände zuzugestehen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts Daiichi Pharmaceutical/Kommission, oben in Randnr. 271 angeführt, Randnrn. 102 und 116, und Carbone‑Lorraine/Kommission, oben in Randnr. 180 angeführt, Randnrn. 197 und 223). Es bleibt nämlich weiterhin zu prüfen, ob die Klägerinnen nachgewiesen haben, dass sie sich den Verpflichtungen zur Umsetzung dieses Kartells so eindeutig und nachdrücklich widersetzt haben, dass dadurch sogar dessen Funktionieren selbst gestört wurde. 310    Die Klägerinnen haben in ihrer Klageschrift ihr Klagebegehren auf drei genau bezeichnete Umstände gestützt, die belegen sollen, dass Degussa sich mehrfach über die Nichteinhaltung der zwischen den Erzeugern getroffenen Absprachen über Preiserhöhungen seitens Arkema beschwert habe. 311    Sie weisen erstens darauf hin, dass die Kommission in Randnr. 123 der angefochtenen Entscheidung festgestellt habe, dass die Sitzung, die im Sommer 1999 stattgefunden habe, das Ziel gehabt habe, „Degussa Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Marktverhaltens von [Arkema] und von ICI zurückzugeben, das erschüttert worden war, als die Preisziele [von diesen beiden Unternehmen] nicht oder nur teilweise in Angriff genommen wurden“. 312    Zweitens berufen sich die Klägerinnen auf Randnr. 128 der angefochtenen Entscheidung, in der die Kommission festgestellt hat, dass die Sitzung vom 24. Februar 2000 über Abgusskomponenten von Degussa als Reaktion auf das Verhalten von Arkema gegenüber bestimmten Kunden des Automobilsektors einberufen worden sei. In dieser Sitzung hat laut Kommission „[Degussa] mittelbar [Arkema] vorgeworfen, sie habe im Automobilsektor die Erhöhung nicht durchgezogen“. 313    Drittens verweisen die Klägerinnen auf die Fassung der Randnr. 129 der angefochtenen Entscheidung, wo auf eine Sitzung vom 27. Juni 2000 über Abgusskomponenten Bezug genommen wird, die durch den Abschluss eines langfristigen Liefervertrags zwischen Arkema und dem wichtigsten Kunden auf dem Markt zu einem niedrigeren Preis ausgelöst worden war, als den Preiszielen entsprach, die zwischen Wettbewerbern in der Sitzung von Dublin (Irland) im Oktober 1999 abgesprochen worden waren. Laut Kommission wurde es „von Degussa als schwerer Vertrauensbruch betrachtet, dass Arkema vorsätzlich davon abgesehen hatte, die Preisziele durchzusetzen“. Auch in Randnr. 133 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission einen „schweren Konflikt“ zwischen Degussa und Arkema in dieser Sitzung erwähnt. 314    Es muss indessen festgestellt werden, dass die Berufung auf diese Passagen der angefochtenen Entscheidung allein nicht für den Nachweis ausreicht, dass die in Randnr. 308 dieses Urteils genannten Voraussetzungen erfüllt wären. 315    Zunächst ist zu unterstreichen, dass die angeführten Passagen allesamt Sitzungen über Abgusskomponenten auf der Grundlage von PMMA betreffen, d. h. nur eines der drei Erzeugnisse, die Gegenstand der einheitlichen Zuwiderhandlung waren, die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellt worden war. Die Klägerinnen haben indessen keinen objektiven Gesichtspunkt vorgebracht, der es dem Gericht erlauben würde, die Auswirkung der Nichtbeachtung der Absprachen über dieses Erzeugnis auf das Funktionieren des besagten Kartells zu beurteilen. Nebenbei stellen die Abgusskomponenten in PMMA, wie sich aus Randnr. 5 der angefochtenen Entscheidung ergibt, nur 36 % des gesamten PMMA-Marktes dar, wenn man auf die Verteilung von Methylmethacrylat auf die drei PMMA-Erzeugnisse abstellt. 316    Insbesondere zu der Angabe in Randnr. 123 der angefochtenen Entscheidung, dass „in der Vergangenheit … die Preisziele [von Arkema und ICI] nicht oder nur teilweise verwirklicht worden sind“, ist festzustellen, dass die Klägerinnen nichts beibringen, was erlauben würde, deren konkrete Bedeutung inhaltlich oder von der Dauer her zu ermitteln. 317    Zum einen ist hervorzuheben, dass sich aus Randnr. 123 der angefochtenen Entscheidung ergibt, dass die Preisziele teilweise durchgesetzt worden sind. Die Klägerinnen erläutern aber nicht, welche Tragweite diese „teilweise Nichtanwendung“ hatte. Insbesondere bringen sie nicht vor, dass sie ein Ausmaß gehabt hätte, das sogar das Funktionieren dieses Kartells gefährdet hätte. Im Übrigen ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung, dass in der gleichen Sitzung die Teilnehmer eine Seite dieses Kartells in Angriff genommen haben, nämlich den Austausch heikler Geschäftsinformationen (vgl. den letzten Satz der Randnr. 123 der angefochtenen Entscheidung sowie deren Randnr. 117, auf die verwiesen wird). 318    Zum anderen machen die Klägerinnen nicht klar, um welchen Zeitraum es sich handelt. Während aber die fragliche Sitzung im Sommer 1999 stattgefunden hat, hat die Zuwiderhandlung am 23. Januar 1997 begonnen (vgl. Randnr. 109 der angefochtenen Entscheidung). In der Zwischenzeit hatte Arkema an mehreren wettbewerbswidrigen Sitzungen teilgenommen, deren Darstellung in der angefochtenen Entscheidung keine Unstimmigkeiten bezüglich insbesondere des Funktionierens des Kartells verzeichnet (vgl. Randnrn. 111 bis 119 der angefochtenen Entscheidung). 319    Das Vorbringen der Klägerinnen wiederum, das auf den Randnrn. 128, 129 und 133 der angefochtenen Entscheidung beruht, bezieht sich im Wesentlichen auf einen langfristigen Liefervertrag mit einem Preisniveau unterhalb der Preisziele, die zwischen Wettbewerbern auf der Sitzung in Dublin, die im Oktober 1999 stattgefunden hatte, abgesprochen worden waren. Auch wenn die Kommission dieses Unternehmen als „Großkunden“ bezeichnet (Randnr. 129 der angefochtenen Entscheidung) und erwähnt, dass es sich um „5 000 T/jährlich“ handele (Fn. 131 der angefochtenen Entscheidung), bringen die Klägerinnen nichts Konkretes vor, was es ermöglichen würde, die Bedeutung dieses Vertrags im Vergleich mit der Zusammenarbeit zwischen den Kartellteilnehmern im Bereich der Abgusskomponenten auf der Grundlage von PMMA einzuschätzen, ganz zu schweigen von der einheitlichen Zuwiderhandlung bezüglich der drei PMMA-Erzeugnisse. 320    Im Übrigen ist zu betonen, dass es um einen Vertrag geht, der im ersten Halbjahr 2000 unterzeichnet wurde (vgl. Randnrn. 128 und 129 der angefochtenen Entscheidung) und die erst im Oktober 1999 entschiedenen Preiserhöhungen nicht berücksichtigt, während Arkema an dem Kartell vom 23. Januar 1997 bis zum 12. September 2002 beteiligt war. Ebenso ist zu unterstreichen, dass, auch wenn die Entscheidung einen „schweren Konflikt“ (Randnr. 133) und einen „schweren Vertrauensbruch“ (Randnr. 129) erwähnt, ganz eindeutig die Zusammenarbeit zwischen Atofina und den anderen Beteiligten trotz dieses Konflikts fortgesetzt wurde (vgl. insbesondere Randnrn. 131 und 134 der angefochtenen Entscheidung) und sogar in der Sitzung vom 9. Februar 2001 zu einem Informationsaustausch über die Preise führte, der genau diesen Kunden betraf (vgl. Randnr. 131 der angefochtenen Entscheidung zu der Sitzung vom 9. Februar 2001). 321    Demgemäß ist davon auszugehen, dass die von den Klägerinnen vorgebrachten Umstände allenfalls bestimmte Mängel in der Wirksamkeit des Kartells bei den Abgusskomponenten auf der Grundlage von PMMA sowie einen Fall der Nichtanwendung der abgesprochenen Preisziele im Bereich dieses Produkts auf einen Kunden durch Arkema beweisen. Im Übrigen hat die Kommission selbst eingeräumt, dass es Zeiträume gegeben habe, in denen die Kartellbeteiligten von den Absprachen abgerückt (vgl. Randnr. 329 der angefochtenen Entscheidung) und dass bestimmte Beschlüsse nicht vollständig ausgeführt worden seien (vgl. Randnr. 379 dieser Entscheidung). Berücksichtigt man indessen, dass die betreffende Zuwiderhandlung nach der angefochtenen Entscheidung einen einheitlichen Verstoß für drei Produkte darstellt, dass diese Zuwiderhandlung vom 23. Januar 1997 bis zum 12. September 2002 gedauert hat und mehrere Seiten einschließlich eines Austauschs vertraulicher Informationen über die Märkte und die Unternehmen umfasste (vgl. Randnr. 3 der angefochtenen Entscheidung), so reichen diese Umstände nicht aus, um die in Randnr. 308 dieses Urteils genannten Voraussetzungen zu erfüllen. Im Übrigen behaupten die Klägerinnen selbst nicht, die Pflichten zur Durchführung dieses Kartells so stark vernachlässigt zu haben, dass sogar das Funktionieren des Kartells gefährdet worden sei. 322    Mithin ist zum einen festzustellen, dass die Kommission die effektive Nichtanwendung der beanstandeten Absprachen zu Recht nicht als mildernden Umstand berücksichtigt hat und dass zum anderen eine Herabsetzung der Geldbuße aus diesem Grund auch im Rahmen der Befugnis des Gerichts zu unbeschränkter Nachprüfung ebenso wenig gerechtfertigt ist. 323    Demnach sind der vorliegende Klagegrund sowie der hierauf gestützte Antrag der Klägerinnen auf Herabsetzung der Geldbuße zurückzuweisen. Zum achten Klagegrund: Rechtliche und tatsächliche Beurteilungsfehler im Zusammenhang mit der Weigerung der Kommission, den Klägerinnen eine Herabsetzung der Geldbuße aufgrund „anderer Faktoren“ zu gewähren Vorbringen der Parteien 324    Die Klägerinnen weisen darauf hin, dass Arkema in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte eine Herabsetzung der gegen sie zu verhängenden Geldbuße aufgrund „anderer Faktoren“ im Sinne der Leitlinien gefordert habe, um die hohen Geldbußen zu berücksichtigen, die ihr von der Kommission kürzlich auferlegt worden seien. Der Kommission seien rechtliche und tatsächliche Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie diese Herabsetzung mit der Begründung verweigert habe, dass Arkema „nichts vorgebracht [habe], was darauf hingedeutet hätte, dass sie sich in einer sehr schwierigen Lage befände“ (Randnr. 396 der angefochtenen Entscheidung). 325    Die Klägerinnen weisen darauf hin, dass die Kommission in zwei kürzlich erlassenen Entscheidungen den Endbetrag der Geldbuße nach Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien mit der Begründung herabgesetzt habe, dass das betreffende Unternehmen kurz zuvor bereits zur Zahlung hoher Geldbußen verurteilt worden sei. Es handele sich um die Entscheidung K(2002) 5083 endg. der Kommission vom 17. Dezember 2002 in einem Verfahren nach Artikel [81 EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP E-2/37.667 – Spezialgrafit) (im Folgenden: Entscheidung Spezialgrafit) und die Entscheidung K(2003) 4457 der Kommission vom 3. Dezember 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/38.359  – Elektrotechnische und mechanische Kohlenstoff- und Grafitprodukte) (im Folgenden: Entscheidung Kohlenstoff- und Grafitprodukte). Wenn die Kommission in jeder dieser Entscheidungen habe andeuten wollen, dass die Herabsetzung auch auf die Finanzlage des betreffenden Unternehmens gestützt sei, könne die Herabsetzung eigentlich nur das Ergebnis der Berücksichtigung einer kürzlich erfolgten Verurteilung zu hohen Geldbußen sein. 326    Aus eben diesen Entscheidungen ergebe sich nämlich, dass die Kommission der Meinung gewesen sei, dass die Berücksichtigung der Finanzlage eines Unternehmens, um den Betrag ihrer Geldbuße herabzusetzen, darauf hinauslaufe, den am wenigsten an die Marktbedingungen angepassten Unternehmen einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu gewähren, und zu einer Diskriminierung der anderen am Verfahren beteiligten Unternehmen führen könne. Die Klägerinnen sind daher der Meinung, dass die Kommission nicht berechtigt gewesen sei, sich auf die Finanzlage des betreffenden Unternehmens, auch nicht zusammen mit anderen Faktoren, zu stützen, um so seine Geldbuße herabzusetzen. 327    Arkema sei kürzlich von der Kommission mit weiteren Geldbußen in einem Gesamtbetrag von etwa 180 Mio. Euro wegen ihrer Beteiligung an gemeinsamen Verstößen belegt worden, die zumindest teilweise gleichzeitig mit den in der angefochtenen Entscheidung geahndeten Praktiken abgelaufen seien. Es gehe um die Entscheidungen Organische Peroxide, AMCA sowie Hydrogen- und Perboratperoxid. 328    Wenn man diese Bußgeldbescheide berücksichtige, wäre es nicht notwendig gewesen, ihnen den gesamten Endbetrag der Geldbuße (in Höhe von 219,13125 Mio. Euro) aufzuerlegen, um eine effektive Abschreckung zu erzielen. Die Kommission hätte dies somit als „anderen Faktor“ berücksichtigen müssen. Folglich ersuchen die Klägerinnen das Gericht, den Betrag ihrer Geldbuße herabzusetzen, um die unlängst von Arkema gezahlten Geldbußen zu berücksichtigen. 329    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. Würdigung durch das Gericht 330    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidungspraxis der Kommission nicht den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bilden kann. Die Kommission verfügt nämlich im Bereich der Bemessung der Geldbußen über ein weites Ermessen und ist durch Beurteilungen, die sie früher ausgesprochen hat, nicht gebunden (vgl. Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑329/01, Slg. 2006, II‑3255, Randnrn. 108 bis 110 und die dort angeführte Rechtsprechung). Somit kann die bloße Berufung der Klägerinnen auf die Entscheidungen Spezialgrafit sowie Kohlenstoff- und Grafitprodukte als solche nicht durchgreifen, da die Kommission nicht verpflichtet war, die vorliegende Sache ebenso zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil Archer Daniels Midland/Kommission, Randnr. 111). 331    Im Übrigen ist festzustellen, dass die Kommission in diesen beiden Entscheidungen die Höhe der gegen die betreffende Gesellschaft in dieser Sache verhängte Geldbuße wegen der schweren finanziellen Schwierigkeiten in Verbindung zum einen mit einer, zum anderen mit zwei kürzlich erfolgten Verurteilungen zur Zahlung von Geldbußen für gleichzeitig begangene Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht herabgesetzt hat. Die Klägerinnen machen aber nicht geltend, dass sie sich in einer mit dieser Gesellschaft vergleichbaren Lage befänden, was insbesondere die finanzielle Gesundheit angeht (vgl. Randnrn. 556 bis 559 der Entscheidung Spezialgrafit und Randnr. 360 der Entscheidung Kohlenstoff- und Grafitprodukte). 332    Das Vorbringen wiederum, dass die Herabsetzung der Geldbuße nur auf die kürzlich erfolgten Ahndungen dieses Unternehmens hätte gestützt sein können, weil die Kommission im Hinblick auf die Rechtsprechung und die eigentümlichen Vorgaben dieser Entscheidungen nicht befugt gewesen sei, die finanzielle Lage des betreffenden Unternehmens allein oder zusammen mit anderen Gesichtspunkten zu berücksichtigen, muss, wie zu unterstreichen ist, an den eigentümlichen Vorgaben dieser Entscheidungen scheitern. Im Übrigen ist in diesem Punkt auf das Urteil Carbone‑Lorraine/Kommission (oben in Randnr. 180 angeführt, Randnrn. 311 bis 317) zu verweisen, bei dem das gleiche Argument, das einer der Adressaten der Entscheidung Kohlenstoff- und Grafitprodukte vorgebracht hatte, zurückgewiesen wurde. 333    Folglich ist der Kommission in Randnr. 396 der angefochtenen Entscheidung kein Fehler unterlaufen, als sie das Vorbringen der Klägerinnen zu dem Abschnitt „Andere Faktoren“ mit der Begründung zurückgewiesen hat, Arkema habe nichts vorgebracht, was darauf hingedeutet hätte, dass sie sich in einer sehr schwierigen Finanzlage befände. 334    Außerdem kann bei Ausübung der Befugnis des Gerichts zu unbeschränkter Nachprüfung die von den Klägerinnen beantragte Herabsetzung der Geldbuße nicht in Frage kommen. 335    Allein der Umstand nämlich, dass die Klägerinnen kürzlich für zum Teil gleichzeitige Zuwiderhandlungen mit drei weiteren Geldbußen geahndet worden sind, kann eine Herabsetzung der im vorliegenden Fall verhängten Geldbuße nicht rechtfertigen. Im Übrigen würde es, wenn eine bereits erfolgte Bestrafung die Herabsetzung einer späteren Geldbuße rechtfertigen könnte, zu der Paradoxie führen, dass ein Unternehmen, das seine Beteiligung an Kartellen vervielfachen würde, eine progressive Abnahme der marginalen Kosten jeder Sanktion erführe. Das aber würde offensichtlich dem mit den Geldbußen verfolgten Ziel der Abschreckung widersprechen. 336    Die Klägerinnen bringen keinen Gesichtspunkt vor, der belegen könnte, dass die Verhängung der Geldbuße im vorliegenden Fall in Verbindung mit anderen kürzlich verhängten Geldbußen sie in eine besondere Lage gebracht hätte. Außerdem ist herauszustellen, dass mit Ausnahme der mit der Entscheidung Organische Peroxide verhängten Geldbuße die Haftung von Arkema für die Zahlung dieser Geldbußen größtenteils mit Elf Aquitaine und Total gesamtschuldnerisch geteilt wird. Auf jeden Fall bleibt der Gesamtbetrag der gegen Arkema in diesen vier Entscheidungen verhängten Geldbußen sogar noch unter der Schwelle von 10 % des in Randnr. 14 der angefochtenen Entscheidung genannten Umsatzes von Arkema im Jahr 2005, wie sie in der Verordnung Nr. 1/2003 für eine einzige Geldbuße festgelegt worden ist. 337    Folglich sind dieser Klagegrund sowie der entsprechende Antrag der Klägerinnen auf Herabsetzung der Geldbuße zurückzuweisen. Ergebnis 338    Demgemäß ist – mit Ausnahme des auf Herabsetzung der zwecks Abschreckung erfolgten Erhöhung der Geldbuße gerichteten Klagebegehrens der Klägerinnen – die Klage insgesamt abzuweisen. 339    Aufgrund der vorstehenden Erwägungen (vgl. Randnrn. 247 bis 280 dieses Urteils) ist das Gericht der Auffassung, dass im Rahmen seiner Zuständigkeit zu unbeschränkter Nachprüfung der Betrag der Geldbuße, für die die Klägerinnen zu haften haben, herabzusetzen ist, um in Ansatz zu bringen, dass sie am Tag der Verhängung der Geldbuße nicht mehr von der Total-Gruppe beherrscht wurden. 340    Bei der Neubemessung dieses Betrags hält es das Gericht für angezeigt, sich an die in der angefochtenen Entscheidung befolgte Methode anzulehnen und den bei den Klägerinnen in Randnr. 349 der angefochtenen Entscheidung herangezogenen Multiplikationsfaktor 3 durch den Multiplikationsfaktor 1,25 zu ersetzen. Das Gericht ist nämlich unter den Umständen des vorliegenden Falls und bei Berücksichtigung insbesondere der Erhöhungen gegenüber den anderen Adressaten der angefochtenen Entscheidung der Auffassung, dass eine solche Erhöhung angemessen ist, um eine ausreichende Abschreckungswirkung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße sicherzustellen. 341    Insbesondere ist nicht dem Antrag der Kommission in der mündlichen Verhandlung zu entsprechen, der im Kern dahin geht, das Gericht solle dem Gesichtspunkt der rechtlich-wirtschaftlichen Strukturen des betreffenden Unternehmens zur Zeit der Zuwiderhandlung Rechnung tragen und den auf die Klägerinnen angewandten Multiplikationsfaktor 3 aufrechterhalten. 342    Es sei darauf hingewiesen, dass die Ausübung einer Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nicht dazu führen darf, dass Unternehmen, die an einer gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstoßenden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise beteiligt waren, bei der Ermittlung der Höhe ihrer Geldbußen ungleich behandelt werden (Urteile des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Sarrió/Kommission, C‑291/98 P, Slg. 2000, I‑9991, Randnr. 97, und vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C‑407/04 P, Slg. 2007, I‑829, Randnr. 152). Da nun dieser Gesichtspunkt bei den übrigen Adressaten der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt worden ist (vgl. Randnrn. 266 bis 271 dieses Urteils), wäre es nicht gerechtfertigt, den Betrag der den Klägerinnen zuzurechnenden Geldbuße aus diesem Grund zu erhöhen. 343    Auf jeden Fall könnte dieser Gesichtspunkt, selbst wenn er bei der Bemessung der Geldbuße zu berücksichtigen wäre, nicht die Heranziehung des Multiplikationsfaktors 3 zwecks ausreichender Abschreckungswirkung der Geldbuße gegenüber den Klägerinnen rechtfertigen. Das würde nämlich zur Anwendung des gleichen Multiplikationsfaktors auf die Klägerinnen wie dem für die früheren Muttergesellschaften führen, obwohl sie sich, was die mit der Anwendung einer solchen Erhöhung verfolgten wesentlichen Ziele angeht, in offensichtlich verschiedener Lage befinden (vgl. ebenfalls in diesem Sinne Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 213 angeführt, Randnr. 340). 344    Es ist im Übrigen entschieden worden, dass kein Anlass besteht, zwischen zwei Unternehmen zu differenzieren, deren Umsätze es jedenfalls rechtfertigen, sie als Großunternehmen einzustufen, die über juristischen und wirtschaftlichen Sachverstand und Ressourcen verfügen, anhand deren sie besser erkennen können, in welchem Maß ihre Vorgehensweise einen Verstoß darstellt und welche Folgen sie hat (Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 213 angeführt, Randnr. 340). Im vorliegenden Fall nun hätten alle in Randnr. 349 der angefochtenen Entscheidung angeführten Unternehmen sowie übrigens auch Arkema wegen ihres eigenen Umsatzes als Großunternehmen behandelt werden können, die über rechtlich-wirtschaftliche Infrastrukturen verfügten, anhand deren sie besser hätten erkennen können, in welchem Maß ihre Vorgehensweise einen Verstoß darstellt (Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 213 angeführt, Randnr. 294). Folglich rechtfertigt sich angesichts der bei den anderen Unternehmen angewandten Multiplikationsfaktoren (1,75 bei Degussa, 1,5 bei ICI und ein „hypothetischer“ Faktor 1,25 bei Arkema) der Multiplikationsfaktor 3 nur wegen des sehr hohen Umsatzes von Total am Tag der Verhängung der Geldbuße. 345    Zu der neuen Bemessung der Geldbuße, für die die Klägerinnen einzustehen haben, ist auf den Wortlaut von Art. 2 der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen, in dem es heißt: „Wegen der in Artikel 1 genannten Zuwiderhandlungen werden folgende Geldbußen festgesetzt: … b) Arkema …, Altuglas International … und Altumax Europe … gesamtschuldnerisch: [219,13125] Euro; hiervon haftet Total … gesamtschuldnerisch für 140,4 Mio. Euro und Elf Aquitaine … gesamtschuldnerisch für 181,35 Mio. Euro.“ 346    Angesichts dieses Wortlauts und der Gründe der Entscheidung, die der Bemessung der Geldbuße gelten, ist zwischen zwei Teilen der Geldbuße zu unterscheiden. 347    Erstens wurden die Klägerinnen gesamtschuldnerisch für die Zahlung eines Betrags von 37 781 250 Euro haftbar gemacht, wobei die Haftung von Elf Aquitaine und Total sich nicht auf diesen Betrag bezog. 348    Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich, dass es sich um den Betrag aus der Erhöhung wegen Tatwiederholung handelt, für die Elf Aquitaine und Total nicht haftbar gemacht wurden, auf den die Kommission sodann eine Ermäßigung von 40 % nach der Mitteilung über Zusammenarbeit angewandt hat. Es ist indessen darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission selbst bei der Bemessung der Erhöhung wegen Tatwiederholung auf einen „hypothetischen“ Faktor von 1,25 als ausreichende Abschreckung gestützt hat (vgl. Fn. 233 zu Randnr. 349 der angefochtenen Entscheidung). Daher haben die in den Randnrn. 247 bis 280 dieses Urteils angeführten Erwägungen keine Auswirkung auf diesen Betrag gehabt, so dass der Betrag von 37 781 250 Euro, für den die Klägerinnen unter Ausschluss ihrer früheren Muttergesellschaften einzustehen haben, unverändert bestehen bleiben muss. 349    Zweitens sind die Klägerinnen gesamtschuldnerisch mit Elf Aquitaine für die Zahlung eines Betrags von 181,35 Mio. Euro für haftbar erklärt worden, von denen Total gesamtschuldnerisch 140,4 Mio. Euro zu übernehmen hatte. Es handelt sich mithin um den Betrag der Geldbuße, der nicht auf die Berücksichtigung der Tatwiederholung zurückgeht. 350    Dieser Betrag von 181,35 Mio. Euro ergibt sich namentlich aus der Anwendung des Multiplikationsfaktors 3. Da die Anwendung dieses Faktors auf die Klägerinnen nicht gerechtfertigt ist, muss dieser Betrag für sie anhand des Multiplikationsfaktors 1,25 und nach der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung befolgten Methode neu berechnet werden. 351    Demzufolge ist die gesamtschuldnerische Haftung der Klägerinnen für diesen Teil der Geldbuße auf 75 562 500 Euro herabzusetzen. 352    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen 10 % des Gesamtumsatzes des vorherigen Geschäftsjahrs nicht überschreiten darf. Nach der Rechtsprechung kann diese Obergrenze erst, wenn sich herausstellt, dass mehrere Adressaten der Entscheidung, mit der die Geldbuße verhängt wird, das Unternehmen im Sinne der für die geahndete Zuwiderhandlung verantwortlichen wirtschaftlichen Einheit darstellen, und dies auch noch zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Entscheidung gilt, anhand des Gesamtumsatzes dieses Unternehmens, d. h. aller seiner Bestandteile, berechnet werden. Wurde diese wirtschaftliche Einheit dagegen in der Zwischenzeit aufgelöst, so hat jeder Adressat der Entscheidung Anspruch auf individuelle Anwendung der fraglichen Obergrenze (Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, oben in Randnr. 272 angeführt, Randnr. 390). 353    Somit bleibt zu prüfen, ob die Geldbuße, zu deren Zahlung die Klägerinnen verpflichtet sind, nicht 10 % des Gesamtumsatzes von Arkema für 2005 überschreitet. Die Klägerinnen sind von nun an gesamtschuldnerisch für die Zahlung der Geldbuße bis 113 343 750 Euro haftbar (der Betrag von 37 781 250 Euro gemäß Randnr. 348 dieses Urteils zuzüglich des Betrags von 75 562 500 Euro gemäß Randnr. 351 dieses Urteils). Mithin ist festzustellen, dass dieser Betrag 10 % des Umsatzes von Arkema im Jahr 2005 nicht übersteigt, wie sich aus Randnr. 14 der angefochtenen Entscheidung ergibt. Im Übrigen gilt dies in gleicher Weise für den vor Anwendung der Ermäßigung der Geldbuße nach der Mitteilung über Zusammenarbeit festgesetzten Zwischenbetrag. Kosten 354    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Gemäß Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. 355    Im vorliegenden Fall ist den Anträgen der Klägerinnen zum Teil entsprochen worden. Weil indessen das Vorbringen, das zur Herabsetzung der Geldbuße geführt hat, erst in der mündlichen Verhandlung erfolgt ist, obwohl dies bereits in der Klageschrift möglich gewesen wäre (vgl. Randnr. 247 dieses Urteils), haben bei gerechter Würdigung der Umstände des Falles die Klägerinnen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission zu tragen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Die Geldbuße, für deren Zahlung Arkema SA (jetzt Arkema France), Altuglas International SA und Altumax Europe SAS gesamtschuldnerisch gemäß Art. 2 Buchst. b der Entscheidung K(2006) 2098 endg. der Kommission vom 31. Mai 2006 in einem Verfahren nach Art. 81 EG und Art. 53 EWR (Sache COMP/F/38.645 – Methacrylate) haften, wird auf 113 343 750 Euro herabgesetzt. 2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3.      Arkema France, Altuglas International und Altumax Europe tragen die Kosten. Czúcz Labucka O’Higgins Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 7. Juni 2011. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits Einleitung Verwaltungsverfahren Angefochtene Entscheidung Adressaten der angefochtenen Entscheidung Bemessung der Geldbuße Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Regeln über die Zurechnung der Praktiken einer Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft und des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung Zum ersten Teil dieses Klagegrundes: Verkennung der Regeln über die Zurechnung der Praktiken einer Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Teil dieses Klagegrundes: Verletzung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Klagegrund: Tatsächliche Beurteilungsfehler der Kommission bei der Zurechnung der Zuwiderhandlung von Arkema an Total und Elf Aquitaine Zum ersten Teil dieses Klagegrundes: Verkennung der fehlenden Verwicklung der Vorstandsmitglieder von Total und Elf Aquitaine in die in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Praktiken – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Teil dieses Klagegrundes: Verkennung der Anhaltspunkte für die wirkliche Selbständigkeit von Arkema bei der Festlegung ihrer Geschäftspolitik – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum dritten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung bei der Anwendung der Zurechnungsregeln Zum ersten Teil: Verletzung der Begründungspflicht – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Teil dieses Klagegrundes: Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum vierten Klagegrund: Verkennung des Kriteriums der konkreten Auswirkung auf den Markt bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße auf 65 Mio. Euro Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum fünften Klagegrund: Vorliegen rechtlicher und tatsächlicher Beurteilungsfehler bei der Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße wegen der Abschreckungswirkung Zum ersten Teil dieses Klagegrundes: Fehlende Berechtigung der Kommission zur Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße wegen der Abschreckungswirkung anhand des Umsatzes von Total, der die Zuwiderhandlung nicht zuzurechnen war – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Teil dieses Klagegrundes: Verletzung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum dritten Teil dieses Klagegrundes: Unnützer Rückgriff auf die Abschreckungswirkung der Geldbuße im vorliegenden Fall – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zu der in der mündlichen Verhandlung erhobenen Rüge: Ende der Beherrschung der Klägerinnen durch Total und Elf Aquitaine zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum sechsten Klagegrund: Rechtliche Beurteilungsfehler der Kommission bei der Erhöhung der Geldbuße wegen Tatwiederholung Zum ersten Teil dieses Klagegrundes: Verletzung der Grundsätze der gesetzlichen Verankerung von Straftaten und Strafen und der Rechtssicherheit Zum zweiten Teil dieses Klagegrundes: Verletzung des Grundsatzes ne bis in idem und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum siebten Klagegrund: Tatsächlicher Beurteilungsfehler der Kommission bei der Weigerung, den Klägerinnen infolge der „effektiven Nichtanwendung“ bestimmter Arkema vorgeworfener Praktiken eine Ermäßigung zuzugestehen Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum achten Klagegrund: Rechtliche und tatsächliche Beurteilungsfehler im Zusammenhang mit der Weigerung der Kommission, den Klägerinnen eine Herabsetzung der Geldbuße aufgrund „anderer Faktoren“ zu gewähren Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Ergebnis Kosten * Verfahrenssprache: Französisch.
Urteil des Gerichts (Vierte erweiterte Kammer) vom 25. Oktober 2023 (Auszüge).#Bulgarian Energy Holding EAD u. a. gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Erdgasbinnenmarkt – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV festgestellt wird – Geregelter Markt – Definition des relevanten Marktes – Rumänische Gastransitpipeline 1 – Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts an der rumänischen Gaspipeline 1 – Zugangsverweigerung – Pflicht zur Versorgung der Öffentlichkeit – Einwand staatlichen Handelns – Fernleitungsnetzbetreiber – Speicheranlagenbetreiber – Wettbewerbswidrige Strategie – Verdrängungswirkungen – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Verteidigungsrechte.#Rechtssache T-136/19.
62019TJ0136
ECLI:EU:T:2023:669
2023-10-25T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein – Abschnitt „Informationen über nicht veröffentlichte Entscheidungen“
62019TJ0136 URTEIL DES GERICHTS (Vierte erweiterte Kammer) 25. Oktober 2023 (*1) „Wettbewerb – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Erdgasbinnenmarkt – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV festgestellt wird – Geregelter Markt – Definition des relevanten Marktes – Rumänische Gastransitpipeline 1 – Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts an der rumänischen Gaspipeline 1 – Zugangsverweigerung – Pflicht zur Versorgung der Öffentlichkeit – Einwand staatlichen Handelns – Fernleitungsnetzbetreiber – Speicheranlagenbetreiber – Wettbewerbswidrige Strategie – Verdrängungswirkungen – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Verteidigungsrechte“ In der Rechtssache T‑136/19, Bulgarian Energy Holding EAD mit Sitz in Sofia (Bulgarien), Bulgartransgaz EAD mit Sitz in Sofia, Bulgargaz EAD mit Sitz in Sofia, vertreten durch Rechtsanwälte M. Powell, A. Komninos, H. Gafsen und W. De Catelle, Klägerinnen, unterstützt durch Republik Bulgarien, vertreten durch L. Zaharieva und T. Mitova als Bevollmächtigte, Streithelferin, gegen Europäische Kommission, vertreten durch H. van Vliet, G. Meessen, J. Szczodrowski und C. Georgieva als Bevollmächtigte, Beklagte, unterstützt durch Overgas Inc. mit Sitz in Sofia, vertreten durch Rechtsanwälte S. Cappellari und S. Gröss, Streithelferin, erlässt DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer) zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni, der Richter L. Madise und P. Nihoul, der Richterin R. Frendo (Berichterstatterin) sowie des Richters J. Martín y Pérez de Nanclares, Kanzler: I. Kurme, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens, auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 2022 folgendes Urteil (1 ) [nicht wiedergegeben] I. Vorgeschichte des Rechtsstreits 2 BEH ist eine Gesellschaft, die vollständig im Eigentum des bulgarischen Staates steht. Die Rechte des bulgarischen Staates an BEH werden vom bulgarischen Energieminister ausgeübt. BEH besitzt mehrere Tochtergesellschaften, die in Bulgarien im Energiebereich tätig sind. Im Gassektor hält sie 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaften Bulgargaz und Bulgartransgaz. 3 Bulgargaz ist der öffentliche Gasversorger in Bulgarien. 4 Bulgartransgaz ist – der zugelassene Gasfernleitungsnetzbetreiber (im Folgenden: FNB) in Bulgarien; auf dieser Grundlage betreibt sie das bulgarische Gasfernleitungsnetz (im Folgenden: Fernleitungsnetz) und die bulgarische Gastransitpipeline; – der Betreiber (im Folgenden: GSB) der einzigen Erdgasspeicheranlage dieses Landes, die sich – unterirdisch – in Chiren befindet (im Folgenden: Speicherstation Chiren). A. Tatsächlicher Kontext [nicht wiedergegeben] 1. Zur Gasversorgung in Bulgarien 6 Während des Zeitraums der Zuwiderhandlung gab es in Bulgarien zwei Gasversorgungsquellen, nämlich die Inlandsproduktion und die Einfuhren aus Russland. Da die Inlandsproduktion zu dieser Zeit vernachlässigbar war, hing die Versorgung des Landes fast vollständig von russischen Gaseinfuhren ab. 7 Das russische Gas wurde über die Ukraine und dann über Rumänien über drei Gaspipelines, nämlich die rumänischen Gastransitpipelines 1, 2 und 3, die von der Transgaz SA, dem Gasfernleitungsnetzbetreiber in Rumänien, verwaltet wurden, nach Bulgarien transportiert. 8 Die rumänische Gastransitpipeline 1 (im Folgenden: rumänische Gaspipeline 1) durchquerte Rumänien vom Einspeisepunkt an der ukrainisch-rumänischen Grenze, nämlich der Gasmessstation Isaccea 1, bis zum Einspeisepunkt Negru Vodă 1 des Fernleitungsnetzes an der rumänisch-bulgarischen Grenze. Das Fernleitungsnetz, das seinerseits an die Speicherstation Chiren angeschlossen war, war ein rein nationales Netz, an das die meisten Kunden und die lokalen Verteilernetze Bulgariens, mit Ausnahme der Kunden und der Verteilernetze im Südwesten Bulgariens, angeschlossen waren. 9 Über die rumänischen Gastransitpipelines 2 und 3 wurde russisches Gas von der ukrainisch-rumänischen Grenze zur rumänisch-bulgarischen Grenze an den Einspeisepunkten Negru Vodă 2 und 3 transportiert. Diese Gaspipelines wurden auf bulgarischem Gebiet zusammengeführt und bildeten dort die bulgarische Gastransitpipeline. Diese Gaspipeline wurde in begrenztem Umfang zur Versorgung des Südwestens Bulgariens genutzt und transportierte hauptsächlich Gas in die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, nach Griechenland und in die Türkei. 10 Folglich war die rumänische Gaspipeline 1 zumindest bis April 2016 der einzige brauchbare Weg zum Transport von Gas nach Bulgarien, um den größten Teil des Landes zu versorgen. 11 Die rumänische Gaspipeline 1 mit einer jährlichen Gesamtkapazität von 7,4 Mrd. m3 wurde 1974 gemäß dem zwischenstaatlichen Abkommen zwischen der Volksrepublik Bulgarien und der Sozialistischen Republik Rumänien vom 29. November 1970 (im Folgenden: zwischenstaatliches Abkommen von 1970) gebaut. 12 Am 5. Juli 1974 schloss die Rechtsvorgängerin von Bulgargaz, Neftochim, mit der Firma Rompetrol, der Rechtsvorgängerin von Transgaz, eine Vereinbarung über die Nutzung der rumänischen Gaspipeline 1. Diese Vereinbarung blieb bis 2005 in Kraft. 13 Am 18. Februar 2003 schlossen die Republik Bulgarien und Rumänien ein neues zwischenstaatliches Abkommen (im Folgenden: zwischenstaatliches Abkommen von 2003). In Art. 3 dieses Abkommens verpflichteten sich die Vertragsparteien, ihre jeweiligen Gaslieferanten, nämlich Bulgargaz und Transgaz, zu zwingen, einen neuen Vertrag über die Nutzung der rumänischen Gaspipeline 1 abzuschließen, der den neuen Transittarifen Rechnung tragen sollte. 14 So schlossen Transgaz und Bulgargaz am 19. Oktober 2005 eine neue Vereinbarung (im Folgenden: Vereinbarung von 2005), mit der Bulgargaz die ausschließliche Nutzung der rumänischen Gaspipeline 1 bis zum 31. Dezember 2011 eingeräumt wurde. Dieser Vertrag garantierte im Wesentlichen eine jährliche Kapazität von 6,49 Mrd. m3. Im Gegenzug zahlte Bulgargaz an Transgaz eine feste jährliche Gebühr, die unabhängig von der tatsächlich genutzten Kapazität war. Diese Vereinbarung wurde 2009 bis zum 31. Dezember 2016 verlängert. 2. Zur Gaslieferung in Bulgarien 15 Während des Zeitraums der Zuwiderhandlung kaufte Bulgargaz Gas aus Russland und war der einzige oder der wichtigste Importeur von russischem Gas in Bulgarien. Auch hatte sie den Großteil der inländischen Gasproduktion erworben. Somit war sie der wichtigste Gaslieferant für nachgelagerte Großhändler und für Endkunden, d. h. die direkt an das Fernleitungsnetz angeschlossenen Unternehmen. 16 Bulgargaz war während des Zeitraums der Zuwiderhandlung aufgrund der Lizenz Nr. JI‑214-14/29.11.2006 für die öffentliche Versorgung mit Gas im Hoheitsgebiet der Republik Bulgarien (im Folgenden: Bulgargaz-Lizenz) als öffentlicher Gasversorger auf den bulgarischen Märkten tätig. Diese Lizenz war ihr auf der Grundlage des ЗАКОН ЗА ЕНЕРГЕТИКАТА (Energiegesetz) vom 9. Dezember 2003 (DV Nr. 107 vom 9. Dezember 2003), zuletzt geändert am 13. Dezember 2018 (DV Nr. 103 vom 13. Dezember 2018) (im Folgenden bulgarisches Energiegesetz), durch den Beschluss Nr. P‑046 der Komisia za energiyno i vodno regulirane (Regulierungskommission für Energie und Wasser, Bulgarien, im Folgenden: bulgarische Regulierungsbehörde) vom 29. November 2006 (im Folgenden: Beschluss der bulgarischen Regulierungsbehörde) für die Dauer von 35 Jahren (Art. 2.6.1 der Lizenz) erteilt worden. [nicht wiedergegeben] 4. Zur Speicherstation Chiren 21 Erdgas kann zur späteren Nutzung in unterirdischen Gasspeicheranlagen gespeichert werden. Diese Speicher ermöglichen die Anpassung des Angebots an die Nachfrage, vor allem im Hinblick auf saisonale Schwankungen der Gasnachfrage. Darüber hinaus bieten diese Anlagen insbesondere dann, wenn eine starke Abhängigkeit von einer einzigen Versorgungsquelle besteht, im Fall einer Unterbrechung der Gasversorgung weitreichende Möglichkeiten, um eine Notversorgung aufrechtzuerhalten. 22 In Bulgarien war die Speicherstation Chiren mit einer Kapazität von 0,5 Mrd. m3 die einzige Speicheranlage, die während des Zeitraums der Zuwiderhandlung existierte. Es handelte sich nicht um eine Speicherstation mit mehreren Zyklen, da das Gas nur während der „Sommermonate“ eingespeist und nur während der „Wintermonate“ entnommen werden konnte. [nicht wiedergegeben] C. Angefochtener Beschluss 34 Im angefochtenen Beschluss gelangte die Kommission im Wesentlichen zu dem Schluss, dass die Klägerinnen vom 30. Juli 2010 bis zum 1. Januar 2015 eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV begangen hätten (vgl. 653. Erwägungsgrund). [nicht wiedergegeben] II. Anträge der Parteien 56 Die Klägerinnen, unterstützt durch die Republik Bulgarien, beantragen nach ihrem letzten Schriftsatz, – eine prozessleitende Maßnahme oder eine Maßnahme der Beweisaufnahme zu erlassen, mit der der Kommission aufgegeben wird, die Mitteilung der Beschwerdepunkte in der Sache AT.39816 – Vorgelagerte Gasversorgungsmärkte in Mittel- und Osteuropa (im Folgenden: Sache Gazprom) sowie die Dokumente vorzulegen, auf die darin Bezug genommen wird, soweit sie den bulgarischen Gasmarkt betreffen; – den angefochtenen Beschluss ganz oder teilweise für nichtig zu erklären, soweit er sie oder eine von ihnen betrifft; – hilfsweise, die gegen sie verhängte Geldbuße für nichtig zu erklären oder herabzusetzen; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 57 Die Kommission, unterstützt durch Overgas, beantragt, – die Klage abzuweisen; – den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen. III. Rechtliche Würdigung 58 Die Klägerinnen stützen ihre Klage auf sieben Gründe: – erstens eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte, des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung und des Grundsatzes der Transparenz; – zweitens einen Begründungsmangel sowie Rechts- und Tatsachenfehler betreffend die Definition des Marktes für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1; – drittens eine fehlerhafte Feststellung einer beherrschenden Stellung der Klägerinnen auf den relevanten Märkten; – viertens eine fehlerhafte Feststellung, dass sie ihre beherrschende Stellung missbraucht hätten; – fünftens eine fehlerhafte Beurteilung der Dauer der behaupteten Zuwiderhandlung; – sechstens, dass den Klägerinnen die Möglichkeit genommen worden sei, den Fall gemäß Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 durch Verpflichtungszusagen abzuschließen; – siebtens Fehler bei der Berechnung der Geldbuße. [nicht wiedergegeben] A. Zweiter Klagegrund: Begründungsmangel sowie Rechts- und Tatsachenfehler betreffend die Definition des Marktes für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 [nicht wiedergegeben] 3. Zum dritten Teil: Rechtsfehler und fehlerhafte Tatsachenbewertung bei der Definition des Marktes für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 79 Die Klägerinnen, unterstützt durch die Republik Bulgarien, machen geltend, dass die Definition des Marktes für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 mit folgenden Mängeln behaftet sei: – einem Rechtsfehler, da die Kommission nicht zwischen dem Primär- und dem Sekundärmarkt für Kapazitäten an der rumänischen Gaspipeline 1 unterschieden habe; – einem ersten Fehler bei der Beurteilung des Sachverhalts, da die Kommission Transgaz nicht als Anbieter von kapazitätsbezogenen Dienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 eingestuft habe; – einem zweiten Fehler bei der Beurteilung des Sachverhalts, da die Kommission Bulgargaz als Kapazitätsanbieter an dieser Gaspipeline und nicht als Käufer eingestuft habe. 80 Zunächst sind die beiden ersten von den Klägerinnen geltend gemachten Fehler gemeinsam zu prüfen. a) Zu den Rechts- und Tatsachenfehlern, die jeweils darin bestehen sollen, dass die Kommission nicht zwischen dem Primär- und dem Sekundärmarkt für Kapazitäten an der rumänischen Gaspipeline 1 unterschieden und Transgaz nicht als Anbieter dieser Kapazitäten eingestuft habe 81 Die Klägerinnen tragen vor, dass die Verordnung (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1775/2005 (ABl. 2009, L 211, S. 36) zwischen dem Primär- und dem Sekundärmarkt für Gaskapazitäten unterscheide. Nach dieser Verordnung könne nur der FNB Kapazitäten auf dem Primärmarkt verkaufen, während die Netznutzer Kapazitäten nur auf dem Sekundärmarkt weiterverkaufen könnten. Somit habe die Kommission dadurch, dass sie nicht zwischen dem Primär- und dem Sekundärmarkt für Gaskapazitäten unterschieden habe, zum einen einen Rechtsfehler begangen, indem sie eine gegen die Verordnung Nr. 715/2009 verstoßende Definition des Marktes für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 angenommen habe, und zum anderen verkannt, dass Transgaz der Anbieter auf diesem Primärmarkt gewesen sei. 82 Insoweit trifft es zu, dass die Verordnung Nr. 715/2009 zwischen dem Primär- und dem Sekundärmarkt für Gaskapazitäten unterscheidet. Nach dieser Verordnung ist der Primärmarkt der Markt für die vom FNB direkt gehandelte Kapazitäten (vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 22), während der Sekundärmarkt der Markt für die auf andere Weise als auf dem Primärmarkt gehandelten Kapazitäten ist (vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 6). 83 Im 34. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 715/2009 wird jedoch klargestellt, dass diese ebenso wie die auf ihrer Grundlage erlassenen Leitlinien nicht die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften der Union berühren. 84 Wie sich aus den Nrn. 2 und 3 der Bekanntmachung über die Definition des Marktes ergibt, unterscheidet sich außerdem der Begriff des Marktes von anderen, oft in anderen Zusammenhängen gebrauchten Marktbegriffen (Urteil vom 1. Juli 2010, AstraZeneca/Kommission, T‑321/05, EU:T:2010:266, Rn. 97). Der Hauptzweck dieses Begriffs ist die systematische Ermittlung der Wettbewerbskräfte, denen sich die beteiligten Unternehmen zu stellen haben (Urteil vom 18. Mai 2022, Wieland-Werke/Kommission, T‑251/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:296, Rn. 40). 85 Die Definition des relevanten Marktes dient somit im Rahmen der Anwendung von Art. 102 AEUV der Abgrenzung des Gebiets, innerhalb dessen die Frage zu beurteilen ist, ob ein Unternehmen in der Lage ist, sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten, und es somit eine beherrschende Stellung innehat (Urteile vom 9. November 1983, Nederlandsche Banden‑Industrie-Michelin/Kommission, 322/81, EU:C:1983:313, Rn. 37, und vom 1. Juli 2010, AstraZeneca/Kommission, T‑321/05, EU:T:2010:266, Rn. 30). 86 Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Prüfung der Frage, ob ein Unternehmen möglicherweise eine beherrschende Stellung einnimmt, die Wettbewerbsmöglichkeiten im Rahmen eines Marktes zu beurteilen, in dem sämtliche Erzeugnisse oder Dienstleistungen zusammengefasst sind, die sich aufgrund ihrer Merkmale zur Befriedigung eines gleichbleibenden Bedarfs besonders eignen und die mit anderen Erzeugnissen oder Dienstleistungen nur in geringem Maß austauschbar sind, wobei diese Wettbewerbsmöglichkeiten auch im Licht der Wettbewerbsbedingungen sowie der Struktur von Angebot und Nachfrage beurteilt werden müssen (vgl. Urteile vom 9. November 1983, Nederlandsche Banden‑Industrie-Michelin/Kommission, 322/81, EU:C:1983:313, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 1. Juli 2010, AstraZeneca/Kommission, T‑321/05, EU:T:2010:266, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung). 87 Um festzustellen, ob die Kommission verpflichtet war, zwischen dem Primär- und dem Sekundärmarkt für Kapazitäten an der rumänischen Gaspipeline 1 zu unterscheiden, ist daher zu prüfen, ob diese Unterscheidung in Bezug auf die auf jedem dieser Märkte angebotenen Dienstleistungen im Zeitraum der Zuwiderhandlung relevant war, um so das Gebiet zu bestimmen, innerhalb dessen die Frage zu beantworten war, ob die Klägerinnen auf diesem relevanten Markt eine beherrschende Stellung innehatten. 88 Es steht fest, dass die rumänische Gaspipeline 1 während des Zeitraums der Zuwiderhandlung der einzige brauchbare Weg für den Transport von russischem Gas nach Bulgarien war, so dass die Kapazitätsdienstleistungen an dieser Gaspipeline für die Zwecke des Gastransports zwischen Russland und Bulgarien nicht im Sinne der oben in Rn. 86 angeführten Rechtsprechung mit anderen Dienstleistungen austauschbar waren. Daraus folgt im Umkehrschluss und wiederum im Sinne dieser Rechtsprechung, dass die Kapazitätsdienstleistungen auf dem Primär- und dem Sekundärmarkt der rumänischen Gaspipeline eine Reihe von Dienstleistungen darstellten, die sich zur Befriedigung eines gleichbleibenden Bedarfs besonders eigneten und daher untereinander austauschbar waren. 89 In diesem Zusammenhang hat die Kommission zu Recht festgestellt, dass Bulgargaz im Zeitraum der Zuwiderhandlung gemäß der Vereinbarung von 2005 nicht nur alle Kapazitäten an der rumänischen Gaspipeline 1 reserviert hatte, sondern auch jeden Versuch von Transgaz, Dritten Kapazitäten auf dem Primärmarkt zuzuweisen, verhindern konnte (vgl. Erwägungsgründe 260 und 261 des angefochtenen Beschlusses). In Art. 17.1 dieser Vereinbarung hieß es nämlich, dass „[d]ie [rumänische] Gaspipeline [1] ausschließlich für eine Nutzung durch [Bulgargaz] reserviert [war] und [dass] ohne die Zustimmung von [Bulgargaz] keine anderen Kunden an diese Gaspipeline angeschlossen und … keine weiteren Erdgasmengen transportiert werden [konnten]“. 90 Somit war Transgaz zwar der FNB der rumänischen Gaspipeline 1, während des Zeitraums der Zuwiderhandlung jedoch – war Bulgargaz der einzige Betreiber, der Kapazitätsdienstleistungen an dieser Gaspipeline auf dem Sekundärmarkt anbieten konnte, da ihr durch die Vereinbarung von 2005 die ausschließliche Nutzung dieser Infrastruktur eingeräumt worden war; – hatte Bulgargaz aufgrund des ihr durch die Vereinbarung von 2005 eingeräumten Rechts auf vorherige Zustimmung auch die Möglichkeit, sich jedem Antrag auf Zugang zum Primärmarkt zu widersetzen. 91 Daher war die Unterscheidung zwischen dem Primär- und dem Sekundärmarkt für die Prüfung nach Art. 102 AEUV nicht relevant. 92 Die Klägerinnen halten diese Schlussfolgerung für falsch, da Transgaz – unabhängig vom Bestehen der Vereinbarung von 2005 – nach der Verordnung Nr. 715/2009 verpflichtet gewesen sei, die ungenutzten Kapazitäten von Bulgargaz an der rumänischen Gaspipeline 1 einseitig zu übernehmen und Dritten anzubieten. Hierzu weisen sie darauf hin, dass diese Verordnung und die ihr beigefügten Leitlinien in ihrer bis zum 16. September 2012 geltenden Fassung (im Folgenden: Leitlinien von 2009) zu Engpassmanagementverfahren bei vertraglich bedingten Engpässen unmittelbare Wirkung hätten. Der Umstand, dass Rumänien diese Vorschriften nicht umgesetzt habe, könne sich daher nicht nachteilig auf sie auswirken. 93 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass gemäß der Verordnung Nr. 715/2009 – die „verbindliche Kapazität“ die Erdgasfernleitungskapazität ist, die von dem FNB vertraglich als nicht unterbrechbare Kapazität zugesichert wurde (vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 16); – die „technische Kapazität“ die verbindliche Höchstkapazität ist, die der FNB den Netznutzern unter Berücksichtigung der Netzintegrität und der betrieblichen Anforderungen des Fernleitungsnetzes anbieten kann (vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 18); – ein „vertraglich bedingter Engpass“ vorliegt, wenn das Ausmaß der Nachfrage nach verbindlicher Kapazität die technische Kapazität übersteigt (vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 21); – die „nicht genutzte Kapazität“ eine verbindliche Kapazität ist, die ein Netznutzer im Rahmen eines Transportvertrags zwar erworben, aber zum Zeitpunkt des vertraglich festgelegten Fristablaufs nicht nominiert hat (vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 4); – die „unterbrechbare Kapazität“ die Erdgasfernleitungskapazität ist, die von dem FNB gemäß den im Transportvertrag festgelegten Bedingungen unterbrochen werden kann (vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 13). 94 Art. 16 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 715/2009 sieht vor, dass der FNB im Fall vertraglich bedingter Engpässe ungenutzte Kapazitäten auf dem Primärmarkt zumindest auf „Day-ahead“-Basis (d. h. für den folgenden Gastag) und als unterbrechbare Kapazitäten anbietet. 95 Die Leitlinien von 2009, durch die die Verordnung Nr. 715/2009 ergänzt wurde, sahen in Punkt 2.2 Abs. 1 vor, dass die FNB für den Fall, dass die kontrahierte Kapazität nicht genutzt würde, diese Kapazität auf dem Primärmarkt auf unterbrechbarer Basis durch Verträge mit unterschiedlicher Laufzeit zur Verfügung stellen mussten. Diese Verpflichtung betraf jedoch nur den Fall, dass die ungenutzte Kapazität nicht vom jeweiligen Netznutzer zu einem angemessenen Preis auf dem Sekundärmarkt angeboten wurde. 96 Was hingegen die Möglichkeit betrifft, eine ungenutzte Kapazität zu entziehen und als verbindliche Kapazität neu zuzuweisen, sahen die Leitlinien von 2009 in Punkt 2.2 Abs. 4 lediglich vor, dass sich die FNB gegebenenfalls in angemessener Weise bemühen sollten, zumindest Teile der nicht genutzten Kapazität als verbindliche Kapazität anzubieten. 97 Aus Art. 16 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 715/2009, ausgelegt im Licht der Leitlinien von 2009, ergeben sich zwei Feststellungen. Erstens musste Transgaz die ungenutzten Kapazitäten an der rumänischen Gaspipeline 1 nur dann anbieten, wenn Bulgargaz sie nicht auf dem Sekundärmarkt zu einem angemessenen Preis anbot. Zweitens war Transgaz in einem solchen Fall nur verpflichtet, Dritten die ungenutzten Kapazitäten von Bulgargaz als kurzfristige und unterbrechbare Kapazitäten und nicht als verbindliche Kapazitäten anzubieten. 98 Im 35. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, der von den Klägerinnen nicht bestritten wird, hat die Kommission jedoch festgestellt, dass sich die nachgelagerten Gaslieferanten normalerweise nicht auf die unterbrechbaren Kapazitäten stützen könnten, um ihren Versorgungsverpflichtungen gegenüber ihren Kunden nachzukommen, da diese Kapazitäten nicht vom FNB garantiert würden. Das Angebot von Transgaz, die ungenutzten Kapazitäten von Bulgargaz als kurzfristige und unterbrechbare Kapazitäten zur Verfügung zu stellen, hätte es diesem FNB daher nicht ermöglicht, den gleichbleibenden Bedarf von Unternehmen zu befriedigen, die Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 zu erlangen wünschten. 99 Die Änderung der Leitlinien von 2009 durch den Erlass des Beschlusses 2012/490/EU der Kommission vom 24. August 2012 zur Änderung von Anhang I der Verordnung Nr. 715/2009 (ABl. 2012, L 231, S. 16, im Folgenden: Leitlinien von 2012) bestätigt, dass die in Art. 16 Abs. 3 der Verordnung Nr. 715/2009 vorgesehene Verpflichtung unzureichend war. Aus dem zweiten Erwägungsgrund des Beschlusses 2012/490/EU geht nämlich hervor, dass die Leitlinien von 2012 angenommen wurden, da die Praxis gezeigt hatte, dass trotz der Anwendung bestimmter Engpassmanagementprinzipien wie dem Anbieten unterbrechbarer Kapazitäten vertragliche Engpässe weiterhin die Entwicklung eines gut funktionierenden Gasbinnenmarkts behinderten. 100 Um diese Situation zu lösen, sahen die Leitlinien von 2012 daher vier verschiedene Verfahren vor, die es den FNB ermöglichen sollten, ungenutzte Kapazitäten im Fall vertraglich bedingter Engpässe als verbindliche Kapazitäten neu zuzuweisen. Nur drei dieser Verfahren sollten ab dem 1. Oktober 2013 und damit während des Zeitraums der Zuwiderhandlung umgesetzt werden. 101 Im vorliegenden Fall beziehen sich die Klägerinnen auf zwei dieser Mechanismen, nämlich zum einen auf den in Punkt 2.2.2 der Leitlinien von 2012 vorgesehenen Mechanismus der Kapazitätssteigerung durch ein Überbuchungs- und Rückkaufsystem (im Folgenden: Überbuchungs- und Rückkaufmechanismus) und zum anderen auf den in Punkt 2.2.5 dieser Leitlinien vorgesehenen „Use-it-or-lose-it“-Mechanismus (UIOLI) für langfristige Kapazitäten (im Folgenden: UIOLI‑Mechanismus, und zusammen mit dem Überbuchungs- und Rückkaufmechanismus: Anreizmechanismen). 102 Erstens ermöglichte der Überbuchungs- und Rückkaufmechanismus dem FNB, die Kapazität seines Netzes dadurch zu steigern, dass er zusätzliche, über die transportierbare Kapazität hinausgehende Kapazität als verbindliche Kapazität anbot. Der FNB musste die von den Nutzern letztlich nominierte Kapazität, die über das hinausging, was das Gasfernleitungsnetz transportieren konnte, zurückkaufen (vgl. Punkt 2.2.2 Abs. 1 und 6 der Leitlinien von 2012). Um dem FNB einen Anreiz zu geben, die mit dem Überverkauf verbundenen Risiken zu übernehmen, sah das System einen finanziellen Ausgleich vor (vgl. Punkt 2.2.2 Abs. 3 der Leitlinien von 2012). 103 Als Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Überbuchungs- und Rückkaufmechanismus war in den Leitlinien von 2012 vorgesehen, dass er vorab von der nationalen Regulierungsbehörde genehmigt werden musste und die nationalen Regulierungsbehörden der angrenzenden Mitgliedstaaten dazu konsultiert werden mussten (vgl. Punkt 2.2.2 Abs. 1 dieser Leitlinien). 104 Zweitens waren die nationalen Regulierungsbehörden nach dem UIOLI‑Mechanismus verpflichtet, vom FNB die partielle oder vollständige Entziehung der von einem Netznutzer an einem Kopplungspunkt systematisch unzureichend genutzten kontrahierten Kapazitäten zu verlangen, wenn der Netznutzer seine ungenutzte Kapazität nicht zu realistischen Bedingungen verkauft oder angeboten hatte und wenn andere Netznutzer verbindliche Kapazitäten anfragten (vgl. Punkt 2.2.5 Abs. 1 der Leitlinien von 2012). 105 Um dem FNB die Nutzung des UIOLI‑Mechanismus zu ermöglichen, musste die nationale Regulierungsbehörde jedoch vorab feststellen, ob die in den Leitlinien von 2012 vorgesehenen Bedingungen, unter denen ein FNB Kapazitäten entziehen kann, erfüllt waren (vgl. Punkt 2.2.5 Abs. 1 und 4 der Leitlinien von 2012). 106 Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, Transgaz hätte ab 2012 die Anreizmechanismen nutzen können, um die ungenutzten Kapazitäten von Bulgargaz an der rumänischen Gaspipeline 1 einseitig zu entziehen und sie Dritten neu zuzuweisen. 107 Insoweit ergibt sich aus den obigen Rn. 103 bis 105, dass die rumänische Regulierungsbehörde vorab bestimmte Maßnahmen ergreifen musste, um die Anwendung dieser Anreizmechanismen zu ermöglichen. 108 In den Erwägungsgründen 293 und 294 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission jedoch festgestellt, dass die rumänische Regulierungsbehörde damals nicht die erforderlichen Vorabmaßnahmen ergriffen habe, um dem FNB die Anwendung der Anreizmechanismen zu ermöglichen. 109 Die Klägerinnen bestreiten jedoch, dass die rumänische Regulierungsbehörde tätig werden müsse, damit Transgaz Dritten die ungenutzten Kapazitäten von Bulgargaz an der rumänischen Gaspipeline 1 anbieten könne. 110 Der Standpunkt der Klägerinnen hält einer Prüfung nicht stand. Ohne ein vorheriges Tätigwerden der nationalen Regulierungsbehörde während des Zeitraums der Zuwiderhandlung konnten die Anreizmechanismen nämlich nicht umgesetzt werden (siehe oben, Rn. 103 und 105). Das bedeutet, dass Transgaz diese Mechanismen während dieses Zeitraums nicht hätte in Anspruch nehmen können, um die ungenutzten Kapazitäten von Bulgargaz an der rumänischen Gaspipeline 1 einseitig zu entziehen und sie Dritten als verbindliche Kapazitäten anzubieten. Transgaz konnte daher diese ungenutzten Kapazitäten nach der Verordnung Nr. 715/2009 Dritten nur als kurzfristige und unterbrechbare Kapazitäten anbieten. 111 Wie sich allerdings aus Rn. 98 oben ergibt, hätte ein kurzfristiges und unterbrechbares Angebot Transgaz in der Praxis nicht ermöglicht, die durch die Vereinbarung von 2005 auferlegten Beschränkungen zu umgehen und damit den gleichbleibenden Bedarf von Lieferanten, die Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 zu erhalten wünschten, zu befriedigen, da eine solche Kapazität für nachgelagerte Gaslieferanten nicht attraktiv gewesen wäre, weil sie es ihnen nicht gestattet hätte, ihren Versorgungsverpflichtungen gegenüber ihren Kunden nachzukommen. 112 Unter diesen Umständen war im vorliegenden Fall die Unterscheidung zwischen dem primären und dem sekundären Markt für Gaskapazitäten für die Beurteilung der Frage, ob die Klägerinnen eine beherrschende Stellung in Bezug auf Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 innehatten, nicht relevant. Wie oben in Rn. 89 festgestellt, war Bulgargaz nämlich infolge der Vereinbarung von 2005 während des gesamten Zeitraums der Zuwiderhandlung nicht nur der einzige mögliche Anbieter von Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 auf dem Sekundärmarkt, sondern kontrollierte aufgrund der Ausschließlichkeit der Nutzung dieser Gaspipeline und des Rechts auf vorherige Zustimmung, über die sie jeweils nach der Vereinbarung von 2005 verfügte, auch den Zugang Dritter zum Primärmarkt. Da zudem Transgaz ungenutzte Kapazitäten während des Zeitraums der Zuwiderhandlung ohne Zustimmung von Bulgargaz nur als kurzfristige und unterbrechbare Kapazitäten anbieten konnte, hat die Kommission auch keinen Beurteilungsfehler begangen, als sie Transgaz nicht als Anbieter im Rahmen der Definition des Marktes für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 angesehen hat. 113 Diese Schlussfolgerungen werden durch das übrige Vorbringen der Klägerinnen nicht in Frage gestellt. 114 Als Erstes machen die Klägerinnen geltend, dass die von der Kommission vorgenommene Definition des Marktes für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 von ihrer Entscheidungspraxis abweiche. 115 Es ist jedoch daran zu erinnern, dass die Kommission die Umstände des Einzelfalls individuell prüfen muss, ohne dabei durch frühere Entscheidungen gebunden zu sein, die andere Wirtschaftsteilnehmer, andere Produkt- oder Dienstleistungsmärkte und andere räumliche Märkte zu anderen Zeiten betrafen (vgl. Urteil vom 9. September 2009, Clearstream/Kommission, T‑301/04, EU:T:2009:317, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung). Außerdem können die Wirtschaftsteilnehmer kein berechtigtes Vertrauen in die Beibehaltung einer früheren Entscheidungspraxis für sich beanspruchen, an der aufgrund veränderter Umstände oder einer Entwicklung der Analyse der Kommission Änderungen vorgenommen werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Mai 2015, Niki Luftfahrt/Kommission, T‑162/10, EU:T:2015:283, Rn. 142 und 143). 116 Somit können die Klägerinnen gegen die Feststellungen der Kommission nicht einwenden, dass sie von früher in einer anderen Sache getroffenen Feststellungen abweichen (Urteil vom 14. Dezember 2005, General Electric/Kommission, T‑210/01, EU:T:2005:456, Rn. 118; vgl. auch Urteil vom 9. September 2009, Clearstream/Kommission, T‑301/04, EU:T:2009:317, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung). 117 Als Zweites machen die Klägerinnen geltend, dass die Legea nr. 123/2012 energiei electrice şi a gazelor naturale (Gesetz Nr. 123/2012 über elektrische Energie und Erdgas) vom 10. Juli 2012 (Monitorul Oficial al României, Teil I, Nr. 485 vom 16. Juli 2012, im Folgenden: rumänisches Energiegesetz) die Verordnung Nr. 715/2009 übernommen und Transgaz als FNB die Befugnis verliehen habe, ungenutzte Kapazitäten an der rumänischen Gaspipeline 1 zu entziehen. Sie verweisen hierzu auf Art. 130 Abs. 1 und Art. 194 dieses Gesetzes sowie auf die von der rumänischen Regulierungsbehörde am 11. Juli 2012 veröffentlichte Methodik für die Zuweisung von Kapazitäten an der rumänischen Gaspipeline 1 (Monitorul Oficial al României, Teil I, Nr. 472 vom 11. Juli 2012, im Folgenden: Methodik für die Kapazitätszuweisung). 118 Dieses Vorbringen vermag aus den folgenden Gründen nicht durchzugreifen. 119 Erstens war Art. 130 Abs. 1 des rumänischen Energiegesetzes nicht auf die rumänische Gaspipeline 1 anwendbar. Der FNB war gemäß dieser Bestimmung nämlich verpflichtet, in Übereinstimmung mit der Verordnung Nr. 715/2009 Kapazitäten innerhalb der Verbindungsfernleitungen zuzuweisen (vgl. Art. 130 Abs. 1 Buchst. q des rumänischen Energiegesetzes). Nach diesem Gesetz war eine Verbindungsfernleitung eine Fernleitung, die eine Grenze zwischen zwei Mitgliedstaaten der Europäischen Union überquert und ausschließlich dem Zweck dient, die Gasfernleitungsnetze dieser beiden Staaten miteinander zu verbinden (vgl. Art. 100 Abs. 34 des rumänischen Energiegesetzes). Die rumänische Gaspipeline 1 war während des Zeitraums der Zuwiderhandlung jedoch nicht an das rumänische Gasfernleitungsnetz angeschlossen und war daher keine Verbindungsfernleitung im Sinne von Art. 130 Abs. 1 des rumänischen Energiegesetzes. 120 Zweitens sah Art. 194 des rumänischen Energiegesetzes vor, dass ein Verstoß des FNB gegen die im Unionsrecht vorgesehenen Bestimmungen über die Mechanismen der Kapazitätszuweisung und des Engpassmanagements auch einen Verstoß gegen die einschlägigen rumänischen Vorschriften darstellte (vgl. Art. 194 Abs. 36 dieses Gesetzes). Da Transgaz jedoch, wie oben in Rn. 110 dargelegt, nach dem damals geltenden Unionsrecht nicht die Möglichkeit hatte, ungenutzte Kapazitäten zu entziehen und sie Dritten als verbindliche Kapazitäten neu zuzuweisen, war sie auch nach Art. 194 des rumänischen Energiegesetzes nicht zu einem solchen Vorgehen befugt. 121 Drittens verpflichtete die Methodik für die Kapazitätszuweisung Transgaz als FNB nicht dazu, die gesamte vorhandene, nicht von Bulgargaz genutzte Kapazität zu entziehen, sondern lediglich dazu, die an dieser Gaspipeline verfügbaren Kapazitäten zu verkaufen (vgl. Art. 1 dieser Methodik), d. h. Kapazitäten, die nicht Gegenstand eines Vertrags waren. Nach Art. 17.1 der Vereinbarung von 2005 „[war d]ie [rumänische] Gaspipeline [1] ausschließlich für eine Nutzung durch [Bulgargaz] reserviert … und ohne die Zustimmung von [Bulgargaz konnten] keine anderen Kunden an diese Gaspipeline angeschlossen werden und [konnte] bis auf die von [Bulgargaz] an [der Gasmessstation] Isaccea 1 an [Transgaz] gelieferte Erdgasmenge keine weitere transportiert werden“. Da diese Vereinbarung während des gesamten Zeitraums der Zuwiderhandlung in Kraft blieb, ist festzustellen, dass es zu dieser Zeit keine verfügbare Kapazität gab, die Transgaz an dieser Pipeline an Drittunternehmen hätte verkaufen können. 122 Die Rügen, wonach die Kommission rechtsfehlerhaft nicht zwischen dem primären und dem sekundären Kapazitätsmarkt an der rumänischen Gaspipeline 1 unterschieden und einen Beurteilungsfehler begangen habe, indem sie Transgaz nicht als Anbieter dieser Kapazitäten eingestuft habe, sind daher zurückzuweisen. b) Zum Tatsachenfehler, der darin bestehen soll, dass Bulgargaz als Anbieter an der rumänischen Gaspipeline 1 eingestuft worden sei 123 Erstens machen die Klägerinnen geltend, Bulgargaz sei lediglich ein Erwerber von Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 auf dem Primärmarkt für diese Dienstleistungen und kein Anbieter dieser Dienstleistungen gewesen. 124 Im angefochtenen Beschluss wird Bulgargaz jedoch nicht als Anbieter auf dem Primärmarkt für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 eingestuft. Die Kommission stellt lediglich fest, dass Transgaz durch den Abschluss der Vereinbarung von 2005 Bulgargaz Kapazitäten auf diesem Primärmarkt zugewiesen habe (vgl. 291. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Wie jedoch aus den Rn. 89 und 90 oben hervorgeht, hat die Kommission in Anbetracht der Bulgargaz durch Art. 17.1 dieser Vereinbarung eingeräumten ausschließlichen Nutzung dieser Gaspipeline und des ihr durch diesen Artikel ebenfalls eingeräumten Rechts auf vorherige Zustimmung festgestellt, dass Transgaz Dritten ohne die Zustimmung von Bulgargaz keine Kapazitäten auf dem Primärmarkt habe anbieten können und dass daher nur Bulgargaz die Möglichkeit gehabt habe, Dritten Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 zu gewähren (vgl. Erwägungsgründe 261, 288 und 306 des angefochtenen Beschlusses). 125 Folglich ist das Vorbringen der Klägerinnen, die Kommission habe Bulgargaz zu Unrecht als Anbieter auf dem Primärmarkt für Kapazitäten an der rumänischen Gaspipeline 1 eingestuft, zurückzuweisen. 126 Zweitens machen die Klägerinnen geltend, die Kommission sei im 292. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fälschlicherweise zu dem Ergebnis gelangt, dass Bulgargaz während des Zeitraums der Zuwiderhandlung Kapazitäten auf dem Sekundärmarkt der rumänischen Gaspipeline 1 habe weiterverkaufen können, obwohl Transgaz noch nicht die Regeln erlassen habe, die einen solchen Handel gemäß Art. 22 der Verordnung Nr. 715/2009 ermöglicht hätten. 127 Insoweit trifft es zwar zu, dass Art. 22 der Verordnung Nr. 715/2009 den FNB vorschrieb, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen, um den Kapazitätshandel auf dem Sekundärmarkt zu ermöglichen und zu erleichtern. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass Bulgargaz am 31. Januar 2013 eine Vereinbarung mit Overgas schloss, nach der dieser ein Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 gewährt wurde, obwohl Transgaz die in Art. 22 der Verordnung Nr. 715/2009 vorgesehenen Maßnahmen noch nicht ergriffen hatte. 128 Wie die Kommission im 292. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, hinderte mithin der Umstand, dass Transgaz die in Art. 22 der Verordnung Nr. 715/2009 vorgesehenen Maßnahmen nicht ergriffen hatte, Bulgargaz faktisch nicht daran, Kapazitäten auf dem Sekundärmarkt für Kapazitäten an der rumänischen Gaspipeline 1 anzubieten. 129 Daraus folgt, dass die Rüge der Klägerinnen, der Kommission sei ein Tatsachenfehler unterlaufen, indem sie festgestellt habe, dass Bulgargaz Kapazitäten an der rumänischen Gaspipeline 1 habe bereitstellen können, unbegründet ist. 130 Folglich sind der vorliegende Teil und damit der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. B. Zum dritten Klagegrund: fehlerhafte Feststellung einer beherrschenden Stellung der Klägerinnen auf den relevanten Märkten 131 Die Klägerinnen beanstanden die Schlussfolgerung in den Erwägungsgründen 426 und 427 des angefochtenen Beschlusses, wonach der BEH-Konzern über Bulgargaz und Bulgartransgaz auf den fünf relevanten Märkten eine beherrschende Stellung innegehabt habe. 132 Der Klagegrund gliedert sich in zwei Teile. Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission sei zum einen zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass Bulgargaz auf dem Markt für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 eine beherrschende Stellung innegehabt habe, und zum anderen, dass BEH eine solche Stellung auf den fünf in Rede stehenden Märkten mittelbar eingenommen habe. 1. Zum ersten „Unterklagegrund“: fehlerhafte Feststellung einer beherrschenden Stellung von Bulgargaz auf dem Markt für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 133 Erstens machen die Klägerinnen geltend, die Definition des Marktes für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 sei mit Rechts- und Tatsachenfehlern behaftet. Die Schlussfolgerung, dass Bulgargaz auf diesem Markt eine beherrschende Stellung innehabe, sei daher ebenfalls fehlerhaft. 134 Insoweit ergibt sich aus der Prüfung des zweiten Klagegrundes, dass der Kommission kein Rechts- oder Tatsachenfehler unterlaufen ist, als sie den Markt für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 definiert hat. Das erste Argument der Klägerinnen ist daher von vornherein zurückzuweisen. 135 Zweitens sind die Klägerinnen der Ansicht, dass, selbst wenn die Definition des Marktes für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 zutreffend wäre, die Beurteilung der Kommission, wonach Bulgargaz auf diesem Markt eine beherrschende Stellung eingenommen habe, unzutreffend sei. 136 Die Klägerinnen machen insbesondere geltend, dass der angefochtene Beschluss keine Analyse der Marktstruktur oder der Marktmacht der an der rumänischen Gaspipeline 1 tätigen Unternehmen enthalte, was gegen die in den Nrn. 13 bis 15 der Mitteilung der Kommission – Erläuterungen zu den Prioritäten der Kommission bei der Anwendung von Artikel [102 AEUV] auf Fälle von Behinderungsmissbrauch durch marktbeherrschende Unternehmen (ABl. 2009, C 45, S. 7) genannten Anforderungen verstoße. Folglich habe die Kommission nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass Bulgargaz auf dem Markt für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 eine beherrschende Stellung innegehabt habe. 137 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung mit der beherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV die wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens gemeint ist, die es in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Wettbewerbern, seinen Kunden und schließlich den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten. Das Vorliegen einer beherrschenden Stellung ergibt sich im Allgemeinen aus dem Zusammentreffen mehrerer Faktoren, die jeweils für sich genommen nicht ausschlaggebend sein müssen (Urteile vom 14. Februar 1978, United Brands und United Brands Continentaal/Kommission, 27/76, EU:C:1978:22, Rn. 65 und 66, sowie vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, EU:C:1979:36, Rn. 38 und 39). 138 Außerdem schließt eine solche beherrschende Stellung einen gewissen Wettbewerb nicht aus, versetzt aber das begünstigte Unternehmen in die Lage, die Bedingungen, unter denen sich dieser Wettbewerb entwickeln kann, zu bestimmen oder wenigstens merklich zu beeinflussen, jedenfalls aber weitgehend in seinem Verhalten hierauf keine Rücksicht nehmen zu müssen, ohne dass ihm dies zum Schaden gereichte (Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, EU:C:1979:36, Rn. 39). 139 Im vorliegenden Fall hat die Kommission festgestellt, dass die Gasfernleitungsinfrastrukturen ein natürliches Monopol darstellten und daher das Unternehmen, das die Kapazität an diesen Infrastrukturen kontrolliere, zu einem nicht zu umgehenden Handelspartner werde, dessen Marktmacht nicht neutralisiert werden könne. In Bezug auf die rumänische Gaspipeline 1 ist die Kommission zu dem Ergebnis gekommen, dass Bulgargaz während des Zeitraums der Zuwiderhandlung jegliche Möglichkeit des Zugangs Dritter zu dieser Pipeline kontrolliert habe (vgl. Erwägungsgründe 335, 418 und 420 des angefochtenen Beschlusses). 140 Nach Ansicht der Klägerinnen ist diese Beurteilung mit vier Fehlern behaftet. a) Zur ersten Rüge: Die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass Bulgargaz den Zugang Dritter zur rumänischen Gaspipeline 1 kontrolliert habe 141 Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass Bulgargaz den Zugang Dritter zur rumänischen Gaspipeline 1 kontrolliert habe. Diese Kontrolle sei von Transgaz als FNB dieser Infrastruktur ausgeübt worden. 142 Zur Stützung dieser Rüge machen die Klägerinnen erstens geltend, dass Bulgargaz, selbst unterstellt, die Vereinbarung von 2005 sei ein Ausschließlichkeitsvertrag gewesen, nur Konsultationsrechte in Bezug auf die Möglichkeit eingeräumt worden seien, Dritten Kapazitäten anzubieten, und dass von diesen Rechten nie Gebrauch gemacht worden sei. 143 Hierzu ist daran zu erinnern, dass nach dem Wortlaut von Art. 17.1 der Vereinbarung von 2005 „[d]ie [rumänische] Gaspipeline [1] … ausschließlich für eine Nutzung durch [Bulgargaz] reserviert [ist] und ohne die Zustimmung von [Bulgargaz] … keine anderen Kunden an diese Gaspipeline angeschlossen werden und … keine weitere[n Erdgasmengen] transportiert werden [können]“. 144 Es ist daher offensichtlich, dass Transgaz Dritten keine Kapazitäten an der rumänischen Gaspipeline 1 anbieten konnte, ohne zuvor die Zustimmung von Bulgargaz einzuholen. 145 Diese Auslegung der Vereinbarung von 2005 wird durch die Gespräche zwischen Transgaz und BEH bei ihrer Zusammenkunft vom 24. Januar 2011 bestätigt. Aus dem von BEH hierfür erstellten Sitzungsprotokoll vom 31. Januar 2011 geht hervor, dass Transgaz bei BEH angefragt hat, ob es möglich sei, einen Teil der ungenutzten Kapazität an der rumänischen Gaspipeline 1 im Hinblick auf den künftigen Bau eines Flüssigerdgasterminals in der Nähe von Constanţa (Rumänien) (im Folgenden: Terminal in Constanţa) zurückzuerhalten. BEH antwortete, dass die gesamte Kapazität dieser Gaspipeline für Bulgargaz reserviert worden sei, dass die von Transgaz angesprochene Möglichkeit jedoch Gegenstand von Gesprächen sein könne, die zunächst auf Regierungsebene geführt werden müssten (vgl. 297. Erwägungsgrund Buchst. a des angefochtenen Beschlusses). 146 Daraus folgt, dass die Vereinbarung von 2005 Bulgargaz entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen keine bloßen Konsultationsrechte einräumte, sondern eine tatsächliche Befugnis zur vorherigen Zustimmung zu jedem Versuch von Transgaz, ungenutzte Kapazitäten an der rumänischen Gaspipeline 1 zu übernehmen, einschließlich deswegen, um diese Kapazitäten Dritten anzubieten. 147 Zweitens sind die Klägerinnen der Ansicht, dass die Tatsache, dass Bulgargaz einen Teil ihrer Kapazität ab 2013 an Overgas verpachtet habe, nicht den Schluss zulasse, Bulgargaz habe den Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 kontrolliert. Dies sei lediglich eine Geste des guten Willens von Bulgargaz gegenüber Overgas gewesen, da die Regeln für den Handel auf dem Sekundärmarkt noch nicht festgelegt gewesen seien. 148 Unabhängig davon, ob es sich dabei um eine Geste des guten Willens handelte, zeigt die Tatsache, dass Bulgargaz einen Teil der Kapazität der rumänischen Gaspipeline 1 an Overgas verpachtete, dass es Bulgargaz tatsächlich gelungen war, Dritten Zugang zu dieser Gaspipeline zu verschaffen, obwohl es keine Regeln für den Sekundärmarkt für Kapazitätsdienstleistungen gab. 149 Dieser Umstand war für die im angefochtenen Beschluss vorgenommene Analyse relevant, da Bulgargaz die Kapazität der rumänischen Gaspipeline 1 aufgrund der Vereinbarung von 2005 zu Ausschließlichkeitsbedingungen reserviert hatte. Somit konnte ein Dritter, der während des Zeitraums der Zuwiderhandlung Zugang zu dieser Gaspipeline zu erhalten wünschte, nur dann einen solchen Zugang erhalten, wenn Bulgargaz zugestimmt hätte, dass Transgaz gemäß Art. 17.1 der Vereinbarung von 2005 Kapazitäten anbietet, oder wenn Bulgargaz zugestimmt hätte, einen Teil ihrer Kapazität – wie in ihrer Vereinbarung mit Overgas ab dem 1. Januar 2013 – zu verpachten. 150 Daraus folgt, dass die Kommission zu Recht davon ausgegangen ist, dass Bulgargaz während des Zeitraums der Zuwiderhandlung den Zugang Dritter zur rumänischen Gaspipeline 1 kontrollierte. 151 Die erste Rüge ist daher zurückzuweisen. b) Zur zweiten Rüge: Die Kommission habe Transgaz nicht als Anbieter von Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 eingestuft 152 Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass die Beurteilung der beherrschenden Stellung von Bulgargaz auf dem Markt für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 mit einem Tatsachenirrtum behaftet sei, da in dieser Beurteilung nicht alle auf diesem Markt tätigen Anbieter von Kapazitätsdienstleistungen angegeben worden seien. 153 In diesem Punkt werfen die Klägerinnen der Kommission vor, nicht berücksichtigt zu haben, dass Bulgargaz nicht der FNB der rumänischen Gaspipeline 1 gewesen sei und Transgaz über Regulierungsbefugnisse verfügt habe, die es ihr ermöglichten, ungenutzte Kapazitäten einseitig zu entziehen, um sie Dritten anzubieten. Somit habe die Kommission nicht ermittelt, wer der wichtigste und über eine beherrschende Stellung verfügende Anbieter auf dem Markt für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 gewesen sei. 154 Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie sich aus den Rn. 89 und 90 oben sowie aus der Prüfung der ersten Rüge ergibt, festgestellt hat, dass Bulgargaz, obwohl sie nicht der FNB der rumänischen Gaspipeline 1 gewesen sei, aufgrund der Vereinbarung von 2005 den Zugang zu dieser Gaspipeline kontrolliert habe. 155 Zweitens geht aus dem angefochtenen Beschluss hervor, dass die Kommission vor der Prüfung der Frage, ob Bulgargaz eine beherrschende Stellung auf dem Markt für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 innehatte, zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass Transgaz während des Zeitraums der Zuwiderhandlung nicht die Möglichkeit gehabt hätte, Kapazitäten einseitig zu entziehen und sie Dritten als verbindliche Kapazität anzubieten (siehe oben, Rn. 97 und 98). 156 In diesem Zusammenhang hat die Kommission in ihrer Analyse darauf hingewiesen, dass die Leitlinien von 2012, nach denen die FNB Anreizmechanismen umsetzen konnten, die es ihnen ermöglichten, die Kapazitätshortung zu bekämpfen und so Dritten langfristig ungenutzte Kapazitäten anzubieten, erst am 1. Oktober 2013 in Kraft getreten seien. Ferner hat sie festgestellt, dass diese Leitlinien zur Umsetzung der genannten Mechanismen durch Transgaz verlangten, dass die rumänische Regulierungsbehörde zuvor bestimmte Maßnahmen ergreife und dass diese Maßnahmen im vorliegenden Fall nicht vor dem Ende des Zeitraums der Zuwiderhandlung erlassen worden seien (vgl. Erwägungsgründe 293 und 294 des angefochtenen Beschlusses). 157 Die Klägerinnen können daher nicht geltend machen, dass die Kommission bei ihrer Analyse außer Acht gelassen habe, dass Transgaz der FNB der rumänischen Gaspipeline 1 gewesen sei, oder dass sie nicht die Frage der Regulierungsbefugnisse von Transgaz geprüft habe, bevor sie zu dem Schluss gekommen sei, dass Bulgargaz eine beherrschende Stellung auf dem Markt für Kapazitätsdienstleistungen an dieser Gaspipeline innegehabt habe. 158 Nach Auffassung der Klägerinnen hat die Kommission jedenfalls den anwendbaren Rechtsrahmen falsch ausgelegt, und es sei kein Tätigwerden der rumänischen Regulierungsbehörde erforderlich gewesen, damit Transgaz die ungenutzten Kapazitäten von Bulgargaz an der rumänischen Gaspipeline 1 Dritten habe anbieten können. 159 Es sei daran erinnert, dass Transgaz die ungenutzten Kapazitäten von Bulgargaz an der rumänischen Gaspipeline 1 nach der Verordnung Nr. 715/2009, ausgelegt im Licht der Leitlinien von 2009 und von 2012, Dritten während des Zeitraums der Zuwiderhandlung nicht ohne die Zustimmung von Bulgargaz als verbindliche Kapazitäten anbieten konnte. Der damals geltende Rechtsrahmen erlaubte es Transgaz nämlich nur, die von Bulgargaz ungenutzten vertraglichen Kapazitäten einseitig zu entziehen, um sie Dritten als kurzfristige unterbrechbare Kapazitäten anzubieten, was, wie aus den Rn. 93 bis 111 oben hervorgeht, nicht ausgereicht hätte, um Transgaz zu ermöglichen, Dritten einen Zugang zu gewähren, der es diesen erlaubt hätte, ihren Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden nachzukommen. Die Möglichkeit, ungenutzte Kapazitäten als verbindliche Kapazitäten anzubieten, erforderte hingegen, wie oben in den Rn. 102 bis 107 dargelegt, das vorherige Tätigwerden der rumänischen Regulierungsbehörde. Diese ergriff jedoch während des Zeitraums der Zuwiderhandlung nicht die erforderlichen Maßnahmen. 160 Folglich konnte Transgaz während des Zeitraums der Zuwiderhandlung ohne Zustimmung von Bulgargaz Dritten nur begrenzte und unzureichende Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 anbieten. Der Umstand, dass Transgaz nach dem Rechtsrahmen der Union ungenutzte Kapazitäten als kurzfristige unterbrechbare Kapazitäten anbieten konnte, reichte mithin nicht aus, um die durch Art. 17.1 der Vereinbarung von 2005 auferlegten Beschränkungen zu umgehen, und konnte sich daher nicht spürbar auf die tatsächliche Kontrolle von Bulgargaz über die rumänische Gaspipeline 1 auswirken. 161 Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Kommission Transgaz zu Recht nicht als echte alternative Versorgungsquelle für Dritte, die während des Zeitraums der Zuwiderhandlung Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 zu erhalten wünschten, eingestuft hat. 162 Dieses Ergebnis wird nicht durch das übrige Vorbringen der Klägerinnen in Frage gestellt. 163 Erstens berufen sich die Klägerinnen zur Stützung ihres Vorbringens, Transgaz hätte Bulgargaz einseitig Kapazitäten an der rumänischen Gaspipeline 1 entziehen können, auf die Verordnung (EU) Nr. 984/2013 der Kommission vom 14. Oktober 2013 zur Festlegung eines Netzkodex über Mechanismen für die Kapazitätszuweisung in Fernleitungsnetzen und zur Ergänzung der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 (ABl. 2013, L 273, S. 5). 164 Aus Art. 28 der Verordnung Nr. 984/2013 geht jedoch hervor, dass die einschlägigen Bestimmungen dieser Verordnung erst am 1. November 2015, d. h. nach dem Ende des Zeitraums der Zuwiderhandlung, in Kraft getreten sind. Diese Bestimmungen können daher keinen Einfluss auf die Beurteilung des Sachverhalts haben, und das Vorbringen der Klägerinnen ist von vornherein als ins Leere gehend zurückzuweisen. 165 Zweitens werfen die Klägerinnen der Kommission vor, nicht den Standpunkt von Transgaz und der rumänischen Regulierungsbehörde zu der Frage, ob Bulgargaz eine beherrschende Stellung auf dem Markt für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 innegehabt habe, eingeholt zu haben. 166 Dieses Argument ist zurückzuweisen, da die rechtliche Beurteilung, die die Kommission vornehmen musste, um die Befugnisse des FNB nach dem Unionsrecht zu bestimmen und somit zu der Frage Stellung zu nehmen, ob Bulgargaz eine beherrschende Stellung auf dem Markt für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 innehatte, weder vom Standpunkt von Transgaz noch von dem der rumänischen Regulierungsbehörde abhing. 167 Drittens machen die Klägerinnen im Wesentlichen geltend, die Kommission habe nicht zu dem Schluss kommen können, dass Bulgargaz auf dem Markt für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 eine beherrschende Stellung eingenommen habe, da sie in der Sache AT.40335 – Rumänische Gasverbindungsleitungen (im Folgenden: Sache Transgaz) bereits zu dem Ergebnis gekommen sei, dass Transgaz eine beherrschende Stellung auf diesem Markt innegehabt habe. 168 Insoweit geht aus dem Beschluss C(2020) 1232 der Kommission vom 6. März 2020 in einem Verfahren nach Art. 102 AEUV (Sache Transgaz) in der auf ihrer Website veröffentlichten Fassung hervor, dass die Kommission nach der vorläufigen Beurteilung dieser Rechtssache zu dem Ergebnis gelangt ist, dass Transgaz auf dem Erdgasfernleitungsmarkt in Rumänien, einschließlich der Fernleitung über Verbindungsleitungen zu den Nachbarländern, eine beherrschende Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV eingenommen habe. Sie stellte jedoch klar, dass die drei von Transgaz parallel betriebenen Gastransitpipelines, darunter die den bulgarischen Markt beliefernde rumänische Gaspipeline 1, nicht Bestandteil ihrer vorläufigen Beurteilung seien, da sie nicht an das rumänische Gasfernleitungsnetz angeschlossen seien (vgl. 25. Erwägungsgrund des Beschlusses vom 6. März 2020). 169 Die Kommission ist in der Sache Transgaz daher nicht zu dem Schluss gelangt, dass das von dieser Untersuchung betroffene Unternehmen eine beherrschende Stellung auf dem Markt für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 innehatte. 170 Das Vorbringen der Klägerinnen, die Kommission habe aufgrund ihrer vorläufigen Schlussfolgerungen in der Sache Transgaz nicht feststellen können, dass Bulgargaz während des Zeitraums der Zuwiderhandlung eine beherrschende Stellung auf dem Markt für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 innegehabt habe, ist daher zurückzuweisen. 171 Die zweite Rüge ist somit zurückzuweisen. [nicht wiedergegeben] C. Zum vierten Klagegrund: fehlerhafte Feststellung des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung durch die Klägerinnen 223 Der vierte Klagegrund besteht im Wesentlichen aus sechs „Unterklagegründen“. Die ersten drei betreffen jeweils Rechts- und Tatsachenfehler im angefochtenen Beschluss in Bezug auf die Feststellung, die Klägerinnen hätten den Zugang zu Folgendem verweigert: – zu der rumänischen Gaspipeline 1; – zum Fernleitungsnetz; – zur Speicherstation Chiren. [nicht wiedergegeben] 1. Anwendbare Grundsätze und Rechtsprechung [nicht wiedergegeben] c) Zum Begriff „Missbrauch einer beherrschenden Stellung“ 235 Nach Art. 102 Abs. 1 AEUV ist jede missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten. 236 Ein Unternehmen, das eine beherrschende Stellung innehat, trägt mithin eine besondere Verantwortung dafür, dass es durch sein Verhalten einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb auf dem Binnenmarkt nicht beeinträchtigt (Urteil vom 6. September 2017,Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 135; vgl. auch Urteil vom 25. März 2021, Slovak Telekom/Kommission, C‑165/19 P, EU:C:2021:239, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung). 237 Art. 102 AEUV zählt zwar missbräuchliche Verhaltensweisen auf, doch handelt es sich dabei nicht um eine erschöpfende Aufzählung der Arten der nach dem AEU-Vertrag verbotenen missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung (vgl. Urteil vom 15. März 2007, British Airways/Kommission, C‑95/04 P, EU:C:2007:166, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). 238 Nach ständiger Rechtsprechung handelt es sich beim Begriff „missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung“ im Sinne von Art. 102 AEUV um einen objektiven Begriff, der auf die Verhaltensweisen eines Unternehmens in beherrschender Stellung abstellt, die die Aufrechterhaltung des auf dem Markt noch bestehenden Grades an Wettbewerb oder die Entwicklung des Wettbewerbs durch den Einsatz von anderen Mitteln behindern als denjenigen eines normalen Produkt- oder Dienstleistungswettbewerbs auf der Grundlage der Leistungen der Wirtschaftsteilnehmer (vgl. Urteil vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 148 und die dort angeführte Rechtsprechung). 239 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass ein Verhalten der im vorliegenden Fall geprüften Art nur dann als missbräuchlich eingestuft werden kann, wenn es geeignet war, den Wettbewerb zu beschränken und insbesondere die beanstandeten Verdrängungswirkungen derart zu entfalten, dass es für Wettbewerber schwieriger wurde, in den relevanten Markt einzutreten oder dort zu verbleiben, und es dadurch Auswirkungen auf die Marktstruktur haben konnte. Dies ist unter Berücksichtigung sämtlicher relevanter Umstände dieses Verhaltens zu beurteilen (vgl. Urteile vom 30. Januar 2020, Generics [UK] u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 154 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 12. Mai 2022, Servizio Elettrico Nazionale u. a., C‑377/20, EU:C:2022:379, Rn. 50, 61, 64 und 72 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 240 Diese Verdrängungswirkungen dürfen jedoch nicht rein hypothetisch sein. Folglich kann sich die Kommission nicht auf die Wirkungen stützen, die die in Rede stehende Praxis haben könnte oder hätte haben können, wenn bestimmte besondere Umstände, die sich von den Umständen, die zum Zeitpunkt ihrer Anwendung auf dem Markt vorherrschten, unterschieden und deren Verwirklichung damals unwahrscheinlich war, eingetreten sind oder eingetreten wären (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Oktober 2015, Post Danmark, C‑23/14, EU:C:2015:651, Rn. 65, und vom 12. Mai 2022, Servizio Elettrico Nazionale u. a., C‑377/20, EU:C:2022:379, Rn. 70). [nicht wiedergegeben] 2. Zum ersten Teil: fehlerhafte Feststellung einer Verweigerung des Zugangs zur rumänischen Gaspipeline 1 [nicht wiedergegeben] b) Zum zweiten Teil: Rechtsfehler bei der Anwendung der Doktrin der „wesentlichen Einrichtungen“ („Essential‑facilities‑Doktrin“), da Bulgargaz, einer bloßen Nutzerin der rumänischen Gaspipeline 1, eine missbräuchliche Lieferverweigerung zugerechnet worden sei 250 Die Klägerinnen machen geltend, der angefochtene Beschluss sei rechtsfehlerhaft, da Bulgargaz eine missbräuchliche Lieferverweigerung an der rumänischen Gaspipeline 1 zugerechnet werde, obwohl sie weder Eigentümerin noch FNB dieser wesentlichen Infrastruktur gewesen sei und diese nur genutzt habe. Nach den Urteilen vom 26. November 1998, Bronner (C‑7/97, im Folgenden: Urteil Bronner, EU:C:1998:569), und vom 10. Juli 1991, RTE/Kommission (T‑69/89, EU:T:1991:39), auf die die Kommission ihre Analyse im 549. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses gestützt habe, und der späteren Rechtsprechung zur Verweigerung des Zugangs zu einer wesentlichen Infrastruktur, könne ein missbräuchliches Verhalten jedoch nur dem Eigentümer oder dem Betreiber dieser Infrastruktur in dem Sinne zugerechnet werden, als der Zugang zu wesentlichen Einrichtungen stets untrennbar mit dem Eigentum an und der Kontrolle über die betreffende Infrastruktur oder Dienstleistung verbunden gewesen sei. [nicht wiedergegeben] 254 Sodann geht aus den Erwägungsgründen 532 und 549 bis 564 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Kommission die Rechtmäßigkeit des Verhaltens von Bulgargaz auf dem Markt für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 anhand der aus Rn. 41 des Urteils Bronner und auch aus Rn. 73 des Urteils vom 10. Juli 1991, RTE/Kommission (T‑69/89, EU:T:1991:39), hervorgegangenen Rechtsprechung geprüft hat. 255 Nach dieser Rechtsprechung stellt die Weigerung eines Unternehmens in beherrschender Stellung, eine Dienstleistung zu erbringen, zu der Dritte Zugang haben müssen, um eine Tätigkeit auf einem benachbarten, insbesondere nachgelagerten Markt, ausüben zu können, einen Verstoß gegen Art. 102 AEUV dar, wenn die folgenden drei kumulativen Voraussetzungen erfüllt sind: – die Verweigerung der Dienstleistung ist geeignet, jeglichen Wettbewerb auf diesem Markt durch denjenigen, der diese Dienstleistung begehrt, auszuschließen; – die betreffende Dienstleistung ist für die Ausübung der Tätigkeit desjenigen, der die Dienstleistung begehrt, in dem Sinne unentbehrlich, dass kein tatsächlicher oder potenzieller Ersatz für diese Dienstleistung besteht; – die Verweigerung ist nicht objektiv zu rechtfertigen. 256 Die im Urteil Bronner dargelegten Voraussetzungen gelten grundsätzlich für Infrastrukturen oder Dienstleistungen, die häufig als „wesentliche Infrastrukturen“ in dem Sinne eingestuft werden, dass sie für die Ausübung einer Tätigkeit auf einem Markt unerlässlich sind, weil es keinen tatsächlichen oder potenziellen Ersatz für sie gibt (Urteile vom 15. September 1998, European Night Services u. a./Kommission, T‑374/94, T‑375/94, T‑384/94 und T‑388/94, EU:T:1998:198, Rn. 208 und 212, sowie vom 10. November 2021, Google und Alphabet/Kommission [Google Shopping], T‑612/17, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2021:763, Rn. 215), so dass die Verweigerung des Zugangs dazu führen kann, dass jeglicher Wettbewerb durch denjenigen, der den Zugang begehrt, ausgeschaltet wird. 257 In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof bereits hervorgehoben, dass die Feststellung, dass ein Unternehmen in beherrschender Stellung diese dadurch missbraucht hat, dass es sich geweigert hat, mit einem Wettbewerber einen Vertrag zu schließen, letztlich bedeutete, dass das Unternehmen gezwungen wurde, mit dem Wettbewerber einen Vertrag zu schließen. Eine solche Verpflichtung stellt jedoch einen schweren Eingriff in die Vertragsfreiheit und das Eigentumsrecht des Unternehmens in beherrschender Stellung dar, da es einem Unternehmen, auch wenn es eine beherrschende Stellung innehat, grundsätzlich freisteht, den Abschluss eines Vertrags zu verweigern und die von ihm aufgebaute Infrastruktur für eigene Zwecke zu nutzen (Urteil vom 25. März 2021, Slovak Telekom/Kommission, C‑165/19 P, EU:C:2021:239, Rn. 46). 258 Die Rechtsprechung zu den „wesentlichen Infrastrukturen“ bezieht sich somit auf Fälle, in denen diese Vertragsfreiheit und insbesondere die freie Ausübung eines ausschließlichen Rechts, mit dem die Vornahme einer Investition oder eine Innovation belohnt wird, im Interesse eines unverfälschten Wettbewerbs auf dem Binnenmarkt begrenzt werden kann, und nicht auf andere Verhaltensweisen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 1. Juli 2010, AstraZeneca/Kommission, T‑321/05, EU:T:2010:266, Rn. 679, und vom 10. November 2021, Google und Alphabet/Kommission [Google Shopping], T‑612/17, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2021:763, Rn. 215). 259 Wie die Klägerinnen zu Recht geltend machen, war Bulgargaz im vorliegenden Fall nicht Eigentümerin der rumänischen Gaspipeline 1. Aus den Akten und aus Rn. 14 oben geht jedoch hervor, dass Bulgargaz nach der Vereinbarung von 2005 die ausschließliche Nutzung dieser Infrastruktur zustand. 260 Insoweit ist erstens daran zu erinnern, dass zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die rumänische Gaspipeline 1 während des Zeitraums der Zuwiderhandlung der einzige brauchbare Weg zum Transport von russischem Gas nach Bulgarien war (siehe oben, Rn. 88). Mithin stellte sie eine unentbehrliche Infrastruktur im Sinne des Urteils Bronner dar (siehe oben, Rn. 256). 261 Zweitens sah die Vereinbarung von 2005, wie oben aus den Rn. 143 und 144 hervorgeht, zum einen vor, dass die rumänische Gaspipeline 1 ausschließlich durch Bulgargaz genutzt werden sollte, und zum anderen, dass Transgaz Dritten keine Kapazität an dieser Pipeline anbieten konnte, ohne zuvor die Zustimmung von Bulgargaz einzuholen. Obwohl Bulgargaz nicht Eigentümerin der rumänischen Gaspipeline 1 war, kam das Bulgargaz während des Zeitraums der Zuwiderhandlung zustehende ausschließliche Recht in Form einer Kontrollsituation und damit einer beherrschenden Stellung auf dem Markt für Kapazitätsdienstleistungen an dieser Pipeline zum Ausdruck, da Dritte ohne ihre Zustimmung keinen Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 erlangen konnten. 262 Insoweit ist mit Generalanwalt Rantos in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache European Superleague Company (C‑333/21, EU:C:2022:993, Nr. 138) darauf hinzuweisen, dass jedes beherrschende Unternehmen, das über eine „wesentliche Infrastruktur“ verfügt oder diese kontrolliert, nach der „Essential-facilities“-Doktrin gezwungen sein kann, mit seinen Wettbewerbern zusammenzuarbeiten, indem es ihnen ohne Diskriminierung Zugang zu dieser Infrastruktur gewährt. 263 Unter diesen Umständen ist die Art des ausschließlichen Rechts von Bulgargaz an der Infrastruktur unerheblich, da dieses ausschließliche Recht in Form einer Kontrollsituation an der rumänischen Gaspipeline 1, bei der es sich um eine „wesentliche Infrastruktur“ im Sinne der oben in Rn. 256 angeführten Rechtsprechung handelte, zum Ausdruck kam. Im Übrigen räumen die Klägerinnen selbst ausdrücklich ein, dass die Rechtsprechung zu den „wesentlichen Infrastrukturen“ auf Sachverhalte anwendbar ist, in denen es um die Kontrolle über diese Infrastruktur geht, auch wenn sie fälschlicherweise davon ausgehen, dass auch die Eigenschaft als Eigentümer erforderlich ist. 264 Die Rechtsnatur der Verbindung zwischen dem marktbeherrschenden Unternehmen und der von ihm kontrollierten Infrastruktur oder Dienstleistung kann jedoch nicht ausschlaggebend dafür sein, ob die Verweigerung des Zugangs zu einer „wesentlichen Infrastruktur“ durch ein marktbeherrschendes Unternehmen einen Verstoß gegen Art. 102 AEUV darstellt. 265 Die Kommission hat daher das Verhalten von Bulgargaz auf dem Markt für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1 zu Recht u. a. anhand von Rn. 41 des Urteils Bronner beurteilt. 266 Das kürzlich ergangene Urteil vom 12. Januar 2023, Lietuvos geležinkeliai/Kommission (C‑42/21 P, EU:C:2023:12), das nach dem Abschluss der mündlichen Verhandlung in der vorliegenden Rechtssache ergangen ist, stellt diese Schlussfolgerung nicht in Frage, sondern bestätigt die Analyse des Gerichts im Urteil vom 18. November 2020, Lietuvos geležinkeliai/Kommission (T‑814/17, EU:T:2020:545). In dieser Rechtssache, in der es um die Beseitigung eines Gleisabschnitts ging, hat der Gerichtshof entschieden, dass die Fallgestaltung der Zerstörung einer Infrastruktur durch ein beherrschendes Unternehmen, wodurch die Infrastruktur nicht nur für die Wettbewerber, sondern auch für das beherrschende Unternehmen selbst zwangsläufig unbrauchbar wird, von der Fallgestaltung einer Zugangsverweigerung im Sinne der aus dem Urteil Bronner hervorgegangenen Rechtsprechung unterschieden werden muss (Urteil vom 12. Januar 2023, Lietuvos geležinkeliai/Kommission, C‑42/21 P, EU:C:2023:12, Rn. 81 und 83). 267 In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof zwar bestätigt, dass eine Prüfung anhand der sich aus dem Urteil Bronner ergebenden Kriterien geboten ist, wenn der Zugang zu einer Infrastruktur verweigert wird, die im Eigentum des marktbeherrschenden Unternehmens steht und von ihm durch eigene Investitionen für seine eigene Tätigkeit aufgebaut wurde. Ferner ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass das Gericht rechtsfehlerfrei entschieden hat, dass die Kriterien in Anbetracht ihres Zweckzusammenhangs keine Anwendung finden, wenn in einer Situation, in der eine Infrastruktur zerstört wird, die in Rede stehende Infrastruktur nicht über eigene Investitionen des beherrschenden Unternehmens, sondern mit öffentlichen Mitteln finanziert wurde und dieses Unternehmen nicht Eigentümer der Infrastruktur ist (Urteil vom 12. Januar 2023, Lietuvos geležinkeliai/Kommission, C‑42/21 P, EU:C:2023:12, Rn. 86 und 87). 268 Diese Rechtsprechung schließt jedoch die Anwendung der sich aus dem Urteil Bronner ergebenden Kriterien auf eine Situation wie die vorliegende nicht aus, in der Bulgargaz einerseits, wie sich aus den Rn. 261 bis 263 oben ergibt, zwar nicht Eigentümerin der rumänischen Gaspipeline 1 war, ihr aber ein ausschließliches Recht an dieser Pipeline zustand, das während des Zeitraums der Zuwiderhandlung in Form einer Kontrollsituation zum Ausdruck kam, die mit der eines Eigentümers vergleichbar war, und in der zum anderen Bulgargaz die rumänische Pipeline 1 zwar nicht aufgebaut hat, jedoch gemäß der Vereinbarung von 2005 als Gegenleistung für die Nutzung dieser Infrastruktur eine feste jährliche Gebühr zahlte, die somit ihre Investition für das ausschließliche Recht darstellte, das ihr von Transgaz eingeräumt wurde. 269 Der zweite Teil, mit dem geltend gemacht wird, dass das Urteil Bronner und die daraus hervorgegangene Rechtsprechung zur Verweigerung des Zugangs zu einer „wesentlichen Infrastruktur“ nur auf ein Unternehmen anwendbar sei, das Eigentümer dieser Infrastruktur sei und sie kontrolliere, ist daher zurückzuweisen. [nicht wiedergegeben] g) Zum siebten Teil: fehlende Beweiskraft der Reservierung der gesamten Kapazität an der rumänischen Gaspipeline 1 470 Die Klägerinnen bestreiten im Wesentlichen, dass der Umstand, dass die gesamte Kapazität der rumänischen Gasleitung 1 für Bulgargaz reserviert worden sei, ohne dass ein einzelner Antrag auf Zugang zu dieser Gasleitung abgelehnt worden sei, Beweiskraft für den Nachweis einer Lieferverweigerung habe. 471 Die Kommission tritt dem entgegen. 472 Zunächst ist daran zu erinnern, dass die in Art. 17.1 der Vereinbarung von 2005 vorgesehene Reservierung der gesamten Kapazität der rumänischen Gaspipeline 1, obwohl Bulgargaz nur einen begrenzten Teil der verfügbaren Kapazität nutzte, eines der Indizien ist, auf die sich die Kommission stützte, um Folgendes nachzuweisen: – zum einen, und wie in der Analyse im Rahmen des dritten Klagegrundes (siehe oben, Rn. 133 bis 171) bestätigt, das Vorliegen einer beherrschenden Stellung von Bulgargaz auf dem Markt für Kapazitätsdienstleistungen an der rumänischen Gaspipeline 1; – zum anderen das Vorliegen einer Kapazitätshortung an der rumänischen Gaspipeline 1, die sich aus der Lieferweigerung von Bulgargaz ergeben habe (vgl. 534. Erwägungsgrund Buchst. a des angefochtenen Beschlusses); die Kommission war daher der Auffassung, dass Bulgargaz entweder auf die in der Vereinbarung von 2005 zu ihren Gunsten vereinbarte Ausschließlichkeit hätte verzichten oder die Kapazität der rumänischen Gaspipeline 1 nach einem objektiven, transparenten und nicht diskriminierenden Verfahren auf dem Sekundärmarkt hätte anbieten müssen (vgl. Erwägungsgründe 542, 563 und 564 des angefochtenen Beschlusses). 473 Erstens enthält aber nach ständiger Rechtsprechung die Feststellung, dass eine beherrschende Stellung gegeben ist, für sich allein keinen Vorwurf gegenüber dem betreffenden Unternehmen. Es ist die missbräuchliche Ausnutzung einer solchen marktbeherrschenden Stellung, die Art. 102 AEUV verbietet (vgl. Urteil vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung). 474 Insoweit ist es Sache der Kommission, zur Feststellung einer solchen missbräuchlichen Ausnutzung zu ermitteln, inwiefern das betreffende Unternehmen unter Ausnutzung seiner beherrschenden Stellung auf Methoden zurückgegriffen hat, die sich von denen des normalen Wettbewerbs unterscheiden und die Aufrechterhaltung oder den Ausbau des auf dem Markt noch bestehenden Wettbewerbs oder die Entwicklung dieses Wettbewerbs behindern (vgl. Urteil vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung). 475 Somit kann die vertragliche Ausschließlichkeit, die Bulgargaz durch die Vereinbarung von 2005 eingeräumt wurde, auch wenn Bulgargaz nur einen Teil der Kapazitäten der rumänischen Gaspipeline 1 genutzt haben sollte, keine missbräuchliche Ausnutzung der beherrschenden Stellung dieser Klägerin darstellen, wenn von der Kommission nicht nachgewiesen wird, dass dieses Verhalten Bulgargaz tatsächlich ermöglicht hat, Wettbewerber – insbesondere im Sinne des Urteils Bronner und der oben in den Rn. 255 und 256 angeführten Rechtsprechung zur Verweigerung des Zugangs zu einer „wesentlichen Infrastruktur“ – von den bulgarischen Gasversorgungsmärkten zu verdrängen. 476 Der Sachverhalt zeigt, dass die in Art. 17.1 der Vereinbarung von 2005 vorgesehene Reservierung der gesamten Kapazität der rumänischen Gaspipeline 1 Bulgargaz nicht daran gehindert hat, Overgas ab dem Zeitpunkt des ersten Antrags auf Zugang zu den ungenutzten Kapazitäten dieser Pipeline, den sie am 23. November 2012 erhielt, diesen Zugang ab dem 1. Januar 2013 zu gewähren, ohne dass der Kommission der Nachweis gelungen wäre, dass dieser Zugang verspätet oder unzureichend war und das Verhalten von Bulgargaz insoweit unter Art. 102 AEUV fiel. 477 Auch hat die Kommission nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass sich Bulgargaz Anträgen anderer Dritter auf Zugang missbräuchlich widersetzt hätte. Somit gilt: – Aus Rn. 284 oben geht hervor, dass die Kommission weder nachgewiesen noch auch nur behauptet hat, dass der Antrag von Transgaz vom 24. Januar 2011 einen Antrag auf Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 darstellte, der darauf gerichtet war, diesem Betreiber den Eintritt in die bulgarischen Gasversorgungsmärkte zu ermöglichen, was sie im Übrigen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat. Nach der Rechtsprechung waren die Klägerinnen daher nicht verpflichtet, diesem Antrag nachzukommen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2020, Generics (UK) u. a., C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 42, 43 und 46). – Die Kommission hat auch eingeräumt, dass sie keinen Beweis dafür hat, dass Transgaz einzelne Anträge auf Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 von Dritten, insbesondere die von Overgas im Jahr 2010 an sie gerichteten Anträge, an Bulgargaz weitergeleitet hätte. – Die Kommission hat auch nicht nachgewiesen, dass der Antrag der C Energy Group vom 26. September 2013 hinreichend genau und ernsthaft war, um einen Antrag auf Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 darzustellen, auf den Bulgargaz antworten musste (siehe oben, Analyse des sechsten Teils). 478 Außerdem konnte sich die Kommission nicht auf die Annahme stützen, dass Dritte aufgrund der Reservierung der gesamten Kapazität der rumänischen Gaspipeline 1 durch Bulgargaz darauf verzichtet hätten, Anträge auf Zugang zu dieser Kapazität zu stellen (vgl. Erwägungsgründe 278 und 537 a. E. des angefochtenen Beschlusses). Sie hat nämlich nichts vorgetragen, was einen solchen Verzicht belegen könnte, und somit der ihr obliegenden Beweislast nicht genügt. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Vereinbarung von 2005 und ihr Inhalt gemäß ihrem Art. 17.3 vertraulich waren und dass die Kommission nicht nachgewiesen hat, dass Dritte trotz dieser Vertraulichkeitsklausel von der in der Vereinbarung von 2005 enthaltenen Ausschließlichkeitsklausel zugunsten von Bulgargaz hätten erfahren können. Selbst wenn man unterstellt, dass die betroffenen Dritten auf solche Anträge verzichtet hätten, kann Bulgargaz jedenfalls – da diese Dritten dann per definitionem keine entsprechenden Anträge gestellt hätten – keine Zugangsverweigerung vorgeworfen werden, weil sie keine Anträge beantwortet hätte, die nie an sie gerichtet wurden. 479 Zweitens ging die Kommission davon aus, dass der die rumänische Gaspipeline 1 betreffende Teil der Zuwiderhandlung nur bis zum 1. Januar 2015 angedauert habe, d. h. bis zu dem Zeitpunkt, ab dem Bulgargaz Dritten einen zufriedenstellenden Zugang zu dieser Gaspipeline gewährt habe (vgl. 651. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 480 Es ist jedoch festzustellen, dass zu diesem Zeitpunkt die Bestimmungen der Vereinbarung von 2005, durch die Bulgargaz eine ausschließliche Nutzung der rumänischen Gaspipeline 1 eingeräumt wurde, noch in Kraft waren. Diese vertragliche Ausschließlichkeit wurde nämlich erst am 30. September 2016, mit der Kündigung der Vereinbarung von 2005, beendet, d. h. ein Jahr und neun Monate nach dem Ende des Zeitraums der Zuwiderhandlung. Folglich hat die Kommission selbst implizit eingeräumt, dass das Bestehen dieses vertraglichen Ausschließlichkeitsrechts nicht entscheidend war. 481 In diesem Zusammenhang reicht das Indiz, das daraus abgeleitet wird, dass Bulgargaz im Rahmen der Vereinbarung von 2005 die gesamte Kapazität der rumänischen Gaspipeline 1 reserviert habe, obwohl sie nur einen Teil davon genutzt habe, nicht aus, um den angeblichen Missbrauch auf dem Kapazitätsmarkt an dieser Pipeline nachzuweisen. 482 Dem siebten Teil ist daher stattzugeben. h) Zum achten Teil: fehlende Beweiskraft der Gespräche über die Neuverhandlung der Vereinbarung von 2005 483 Die Klägerinnen, unterstützt durch die Republik Bulgarien, bestreiten die Beweiskraft der Gespräche über die Neuverhandlung der Vereinbarung von 2005. Im angefochtenen Beschluss werde fälschlicherweise festgestellt, dass diese zwischenstaatlichen Gespräche eine Verweigerung des Zugangs zur rumänischen Gaspipeline 1 dargestellt hätten und dass Bulgargaz sich bei den Verhandlungen über die Vereinbarung von 2005 nicht konstruktiv verhalten habe. Sie machen insoweit drei Rügen geltend: – den zwischenstaatlichen Charakter der Neuverhandlung der Vereinbarung von 2005; – den konstruktiven Charakter ihres Verhaltens bei den Verhandlungen; – den Umstand, dass sie nicht für die Dauer dieser Verhandlungen verantwortlich seien. 484 Die Kommission tritt dem entgegen. 1) Zur ersten Rüge: zwischenstaatlicher Charakter der Neuverhandlung der Vereinbarung von 2005 485 Die Klägerinnen, unterstützt durch die Republik Bulgarien, machen geltend, dass die Gespräche über die Neuverhandlung der Vereinbarung von 2005 auf zwischenstaatlicher Ebene unter Beteiligung der Regierungs- und Regulierungsbehörden der Republik Bulgarien und Rumäniens eingeleitet und durchgeführt worden seien. Diese Gespräche könnten daher Bulgargaz nicht zugerechnet werden. Hierzu führen die Klägerinnen drei Gesichtspunkte an: – den Umstand, dass die Vereinbarung von 2005 aus der zwischenstaatlichen Vereinbarung von 2003 „hervorgegangen“ sei; – den Umstand, dass der Zweck der Neuverhandlung der Vereinbarung von 2005 darin bestanden habe, die im Vertragsverletzungsverfahren gegen Rumänien aufgeworfenen Bedenken auszuräumen; – die zentrale Bedeutung der Gasversorgungssicherheit Bulgariens und der Rolle von Bulgargaz als öffentlicher Gasversorger bei der Neuverhandlung der Vereinbarung von 2005. [nicht wiedergegeben] iii) Zur zentralen Bedeutung der Gasversorgungssicherheit Bulgariens und der Rolle von Bulgargaz als öffentlicher Gasversorger bei der Neuverhandlung der Vereinbarung von 2005 529 Die Klägerinnen machen geltend, Bulgargaz habe im Rahmen der Neuverhandlung der Vereinbarung von 2005 als öffentlicher Lieferant letzter Instanz gehandelt, der mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut und als solcher verpflichtet gewesen sei, die Gasversorgung in ganz Bulgarien sicherzustellen. Der Vorschlag für eine von Transgaz garantierte Mindestkapazität an der rumänischen Gaspipeline 1 in Höhe von [3-4] Mrd. m3 (bei einer Gesamtkapazität von 7,4 Mrd. m3) pro Jahr entspreche den öffentlichen Versorgungsverpflichtungen von Bulgargaz. 530 Hierzu geht aus dem Entwurf des Memorandum of Understanding hervor, dass die Neuverhandlung der Vereinbarung von 2005 zum einen zur Aufhebung des ausschließlichen Nutzungsrechts von Bulgargaz an der rumänischen Gaspipeline 1 und zum anderen zur Änderung der gemäß dieser Vereinbarung an Transgaz gezahlten festen jährlichen Gebühr führen sollte, um den von der Kommission im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens gegen Rumänien geäußerten Bedenken Rechnung zu tragen. 531 Bei der Zusammenkunft vom 10. Oktober 2012 unterbreitete Bulgargaz den Vorschlag für eine garantierte Mindestkapazität von [3-4] Mrd. m3 pro Jahr und teilte Transgaz mit, dass sie im Gegenzug bereit sei, die verbleibende verfügbare Kapazität freizugeben (vgl. 297. Erwägungsgrund Buchst. h des angefochtenen Beschlusses und oben, Rn. 468). 532 Anschließend wurde bei der Zusammenkunft vom 9. Dezember 2013 zwischen Bulgargaz, Transgaz und den Regulierungs- und Regierungsbehörden der Republik Bulgarien und Rumäniens vereinbart, die Vorgehensweise festzulegen, mit der die Kommission ersucht werden sollte, dem Vorschlag für eine garantierte Mindestkapazität zuzustimmen. Die Parteien einigten sich somit auf eine Reihe von Maßnahmen, um die Verhandlungen voranzubringen. So wurde Folgendes vereinbart: – Bulgargaz sollte ein Schreiben an Transgaz richten, in dem sie ihren Vorschlag im Einzelnen darlegte und ihr Einverständnis mit der Freigabe der Kapazität an der rumänischen Gasfernleitung 1 – mit Ausnahme der Kapazität, deren Reservierung sie beantragt hatte – mitteilte. – Die bulgarische Regulierungsbehörde sollte ein Schreiben an Transgaz richten, in dem sie die vorgeschlagene Änderung der Vereinbarung von 2005 unterstützte und die Gründe für den Vorschlag für eine garantierte Mindestkapazität darlegte. – Das bulgarische Ministerium für Wirtschaft, Energiewirtschaft und Tourismus sollte ein Schreiben an Transgaz richten, in dem es die Gründe für die Beibehaltung der Vereinbarung von 2005 bis Ende 2016 darlegte. 533 Im Anschluss an diese Zusammenkunft teilte Bulgargaz Transgaz mit ihrem oben in Rn. 525 genannten Schreiben vom 14. Dezember 2013 mit, dass sie bereit sei, ihr die ungenutzten Kapazitäten an der rumänischen Gaspipeline 1 unter der Bedingung zurückzugeben, dass der „Preis für die Transitdienstleistung“, d. h. die in der Vereinbarung von 2005 festgelegte feste jährliche Gebühr, geändert werde. Bulgargaz schlug daher vor, eine Änderung der in Art. 17.1 der Vereinbarung von 2005 vorgesehenen Ausschließlichkeitsklausel sowie der festen jährlichen Gebühr zu erörtern. Außerdem teilte sie mit, dass sie bereit sei, eine Änderungsvereinbarung zu unterzeichnen, wenn Transgaz ihren Vorschlag akzeptiere. 534 Am 13. Januar 2014 übersandte der stellvertretende Wirtschaftsminister der Republik Bulgarien seinem rumänischen Amtskollegen ein Schreiben, in dem er die Gründe darlegte, aus denen die Vereinbarung von 2005 für die Gasversorgungssicherheit des Landes wichtig sei (im Folgenden: bulgarisches Ministerschreiben), in dem es hieß: „Die Erdgasversorgung Bulgariens wird hauptsächlich durch Importe aus einer einzigen Quelle (der Russischen Föderation) über eine einzige Route (durch das Hoheitsgebiet der Ukraine, Moldawiens und Rumäniens) auf der Grundlage langfristiger Verträge sichergestellt. Derzeit stehen noch keine alternativen Versorgungsquellen und ‑routen zur Verfügung, die Verbindungen zu den Gasfernleitungsnetzen der Nachbarländer fehlen weitgehend, während die Gasspeicherkapazitäten und insbesondere die täglichen Entnahmeraten unzureichend sind. Diese Gesichtspunkte bestimmen die Risiken für die Versorgungssicherheit, was sich während der Gas[krise] im Januar 2009 gezeigt hat, als Bulgarien der am stärksten betroffene Mitgliedstaat in der Europäischen Union war. Die einzige externe Quelle und die langfristigen Lieferverträge beeinflussen den geringen Grad der Liberalisierung des Gasmarktes des Landes und bestimmen die wichtige Rolle des öffentlichen Versorgers [Bulgargaz]. Die Berechnungen unter Verwendung der n-1-Formel des Infrastrukturstandards gemäß Art. 6 der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung zeigen, dass bei Ausfall der größten einzelnen Gasinfrastruktur (aus Russland über die Ukraine, Moldawien und Rumänien) die Kapazität der verbleibenden Infrastruktur (Gastransport in Gegenflussrichtung aus Griechenland, Steigerung der Inlandsgasproduktion und Stilllegung der Speicherstation Chiren) in der Lage sein wird, die Gasmenge zu liefern, die zur Befriedigung der Gesamtnachfrage Bulgariens nach Gas an einem Tag mit einer außerordentlich hohen Nachfrage benötigt wird, wie sie mit statistischer Wahrscheinlichkeit einmal in 20 Jahren auftritt …“ 535 Aus dem Schreiben des bulgarischen Ministers geht somit hervor, dass der Vorschlag für eine garantierte Mindestkapazität dadurch gerechtfertigt war, dass Bulgarien zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit in seinem Hoheitsgebiet in hohem Maß von russischem Gas und daher vom Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 als dem einzigen Netz, über das dieses Gas nach Bulgarien transportiert werden konnte, abhängig war. 536 In dem Schreiben, das die bulgarische Regulierungsbehörde am 16. Januar 2014 an die rumänische Regulierungsbehörde richtete, wurde darauf hingewiesen, dass Bulgargaz im vorgelagerten Bereich fast vollständig von einem einzigen Gaslieferanten, nämlich Gazprom und ihren Tochtergesellschaften Overgas und Wintershall Erdgas Handelshaus Zug (im Folgenden: WIEE), abhängig sei und dass die Vereinbarung von 2005 somit von „außerordentlicher Bedeutung“ für die Versorgungssicherheit der Republik Bulgarien sei. 537 Am 13. Januar 2014 antwortete Transgaz auf das oben in Rn. 525 genannte Schreiben von Bulgargaz vom 14. Dezember 2013 und hob hervor, dass nach dem Unionsrecht und den von der rumänischen Regulierungsbehörde im Jahr 2012 erlassenen Beschlüssen die gesamte Kapazität an der rumänischen Gaspipeline 1 auf dem Markt angeboten und auf transparente Art und Weise zugeteilt werden müsse. In Anbetracht der Umstände im Zusammenhang mit der Gasversorgungssicherheit Bulgariens und der engen Zusammenarbeit zwischen der Republik Bulgarien und Rumänien akzeptierte Transgaz jedoch die Lösung, vorbehaltlich der diesbezüglichen Zustimmung der Kommission nur die von Bulgargaz ungenutzten Kapazitäten auf dem Markt anzubieten. 538 Transgaz wies somit darauf hin, dass der Vorschlag von Bulgargaz, sich einen Teil der Kapazität an der rumänischen Gaspipeline 1 reservieren zu lassen, zwar vom geltenden Rechtsrahmen abweiche, der die FNB verpflichte, die gesamte Kapazität dieser Pipeline auf dem Markt zur Versteigerung anzubieten, sie aber angesichts der engen Zusammenarbeit der Republik Bulgarien mit Rumänien diesen Vorschlag akzeptiere, weil dies ihrer Ansicht nach durch die Gasversorgungssicherheit Bulgariens gerechtfertigt sei. 539 Aus den oben in den Rn. 531 bis 538 erwähnten Gesprächen geht hervor, dass die Gasversorgungssicherheit Bulgariens und die diesbezügliche Bedeutung der rumänischen Gaspipeline 1 ein zentrales Anliegen bei der Neuverhandlung der Vereinbarung von 2005 waren, was erklärt, warum die bulgarischen Behörden eng in diese Gespräche eingebunden waren. 540 Das dritte Argument der Klägerinnen ist daher begründet. [nicht wiedergegeben] i) Ergebnis zum ersten „Unterklagegrund“ 688 Nach alledem sind die einzigen Teile des ersten „Unterklagegrundes“, die zurückzuweisen sind, der erste Teil, mit dem ein Rechtsfehler bei der Anwendung von Art. 102 AEUV auf eine bilateral vereinbarte Vertragsklausel gerügt wird, der zweite Teil, mit dem ein Rechtsfehler gerügt wird, weil Bulgargaz als bloßer Nutzerin der rumänischen Gaspipeline 1 eine missbräuchliche Lieferverweigerung zugerechnet worden sei, und der vierte Teil, mit dem gerügt wird, dass der angefochtene Beschluss keine ausreichende Begründung dafür enthalte, warum die Beschränkung des Zugangs von Overgas zur rumänischen Gaspipeline 1 in die Zuwiderhandlung einbezogen worden sei. 689 Da sich aus der Prüfung der anderen Teile ergibt, dass die Kommission keine ernsthaften, genauen und übereinstimmenden Beweise im Sinne der oben in Rn. 227 angeführten Rechtsprechung beigebracht hat, die rechtlich hinreichend belegen könnten, dass die Bulgargaz vorgeworfenen Verhaltensweisen betreffend den Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 eine Zugangsverweigerung darstellten, die unter Art. 102 AEUV fallen könnte, ist diesen Teilen und damit dem ersten „Unterklagegrund“ stattzugeben. [nicht wiedergegeben] 5. Ergebnis zum vierten Klagegrund 1106 Nach alledem hat die Kommission nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass im Hinblick auf die nachfolgend aufgeführten Verhaltensweisen eine Zugangsverweigerung zu den drei Infrastrukturen der BEH-Gruppe vorlag, die unter Art. 102 AEUV fallen könnte: – erstens das Verhalten von Bulgargaz in Bezug auf den Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 zwischen dem 31. Januar 2011 und dem 1. Januar 2015 (siehe dritter und fünfter bis achter Teil des ersten „Unterklagegrundes“ sowie die oben in Rn. 689 getroffenen Feststellungen); – zweitens das Verhalten von Bulgartransgaz in Bezug auf den Zugang zum Fernleitungsnetz zwischen dem 30. Juli 2010 und dem 1. Januar 2015 (siehe fünfter Teil des zweiten „Unterklagegrundes“ sowie die oben in Rn. 954 getroffenen Feststellungen); – drittens das Verhalten von Bulgartransgaz in Bezug auf den Zugang zur Speicherstation Chiren vor dem 5. Juni 2012 (siehe oben, Rn. 1092 bis 1100). 1107 Dagegen kann anhand des Akteninhalts nachgewiesen werden, dass das Verhalten von Bulgartransgaz in Bezug auf den Zugang zur Speicherstation Chiren im Zeitraum vom 5. Juni 2012 bis zum 19. September 2014 den Wettbewerb auf den bulgarischen Gasversorgungsmärkten beschränken konnte (siehe oben, Rn. 1101 bis 1104). 1108 Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass das System der gerichtlichen Kontrolle von Entscheidungen der Kommission betreffend Zuwiderhandlungen, die sie in Anwendung von Art. 102 AEUV feststellt, in einer Rechtmäßigkeitskontrolle gemäß Art. 263 AEUV besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 42). 1109 Im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle nach Art. 263 AEUV dürfen die Unionsgerichte jedoch nicht die vom Urheber der in Rede stehenden Handlung gegebene Begründung durch ihre eigene ersetzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Januar 2013, Frucona Košice/Kommission, C‑73/11 P, EU:C:2013:32, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung). Wie Generalanwältin Kokott in ihren Schlussanträgen in der Rechtssache Frucona Košice/Kommission (C‑73/11 P, EU:C:2012:535, Nr. 92) ausgeführt hat, ist das Verbot der Ersetzung der Begründung des Urhebers der angefochtenen Handlung durch das Unionsgericht Ausdruck des kassativen Charakters der Nichtigkeitsklage, der letztlich auf dem die Struktur und Arbeitsweise der Europäischen Union kennzeichnenden Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts beruht. Die Wahrung des institutionellen Gleichgewichts gebietet es, dass jedes Organ seine Befugnisse unter Beachtung der Befugnisse der anderen Organe ausübt. 1110 Während die Kommission für den Erlass von Entscheidungen zur Anwendung von Art. 102 AEUV befugt ist, ist das Unionsgericht seinerseits nach Art. 263 AEUV dafür zuständig, u. a. die Rechtmäßigkeit der Begründung dieser Entscheidungen zu überprüfen, ohne grundsätzlich die von der Kommission gegebene Begründung durch seine eigene ersetzen oder deren Begründung ergänzen zu dürfen. 1111 Hierzu ist festzustellen, dass die Begründung des angefochtenen Beschlusses auf zwei Grundpfeilern beruht, nämlich zum einen auf der von den Klägerinnen verfolgten wettbewerbswidrigen Strategie zum Schutz der beherrschenden Stellung von Bulgargaz auf den bulgarischen Gasversorgungsmärkten und zum anderen auf dem Begriff der „einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung“. 1) Die wettbewerbswidrige Strategie 1112 Im angefochtenen Beschluss wurde festgestellt, dass das Verhalten der Klägerinnen in Bezug auf die rumänische Gaspipeline 1, das Fernleitungsnetz und die Speicherstation Chiren, das darin bestanden habe, den Zugang zu jeder einzelnen dieser Infrastrukturen zu verhindern, einzuschränken und zu verzögern, Teil einer wettbewerbswidrigen Strategie gewesen sei, die darauf abgezielt habe, die beherrschende Stellung von Bulgargaz auf den bulgarischen Gasversorgungsmärkten dadurch zu schützen, dass der Zugang Dritter zu diesen Märkten abgeschottet worden sei (vgl. 389. Erwägungsgrund, 454. Erwägungsgrund Buchst. b sowie Erwägungsgründe 467, 569, 572 und 643). Der Kommission zufolge wurde diese Strategie von BEH entwickelt und von ihren Tochtergesellschaften Bulgargaz und Bulgartransgaz umgesetzt (vgl. 570. Erwägungsgrund dieses Beschlusses). 1113 Hierzu hat die Kommission im 567. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, dass sie sich angesichts des fragmentarischen Charakters der in Rede stehenden Verhaltensweisen zum Nachweis dieser Gesamtstrategie auf ein Bündel von Indizien gestützt habe, die Folgendes belegten: – die zeitliche Kohärenz der Zuwiderhandlung; – die Vergleichbarkeit und die Komplementarität der in Rede stehenden Praktiken; – den gemeinsamen Nenner der Verhaltensweisen der Klägerinnen in Bezug auf die einzelnen Infrastrukturen, der darin bestanden habe, dass sie in der Lage gewesen seien, Wettbewerber von den bulgarischen Gasversorgungsmärkten zu verdrängen. 1114 So stellte die Kommission erstens fest, dass diese Praktiken, die darin bestanden hätten, Kapazitäten an der rumänischen Gaspipeline 1 zu horten und den Zugang zum Fernleitungsnetz und zur Speicherstation Chiren zu verhindern, einzuschränken und zu verzögern, „sich gegenseitig ergänz[t]en und verstärk[t]en]“ (vgl. 577. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 1115 Zweitens betonte die Kommission, dass die „Praktiken ausdrücklich miteinander verknüpft waren, indem der Zugang zum Fernleitungsnetz … (der von Bulgartransgaz kontrolliert wurde) vom Zugang Dritter zur rumänischen Gaspipeline 1 (der von Bulgargaz kontrolliert wurde und wofür die Zustimmung von BEH erforderlich war) abhängig gemacht wurde“ (vgl. 577. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). In diesem Zusammenhang ist auf die Feststellung der Kommission hinzuweisen, dass der von Bulgartransgaz verlangte Nachweis der Reservierung von Kapazität an der rumänischen Gaspipeline 1, die von der zur gleichen Unternehmensgruppe gehörenden Bulgargaz betrieben worden sei, „[den] Zugang zum Fernleitungsnetz bis 2013 de facto unmöglich gemacht hat“ (vgl. Erwägungsgründe 475 und 480 des angefochtenen Beschlusses). 1116 Drittens führte die Kommission aus, dass das Fernleitungsnetz die einzige Infrastruktur sei, über die Gas an die Speicherstation Chiren transportiert werden könne, so dass der Zugang zu diesem Netz erforderlich gewesen sei, um Zugang zur Speicherung zu erhalten. Außerdem stellte sie fest, dass die Möglichkeit, während des Zeitraums der Zuwiderhandlung Zugang zu dieser Station zu erhalten, „indirekt mit der Möglichkeit verbunden [war], Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 zu erhalten[‚ die] … während [dieses] Zeitraum[s] … die einzige Route für den Transport von Gas zum … Fernleitungsnetz war“ (vgl. 578. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 1117 Die Kommission gelangte daher zu dem Schluss, dass Bulgartransgaz und Bulgargaz „in der Lage waren, den Zugang Dritter zur im Eigentum oder unter der Kontrolle der BEH-Gruppe stehenden Infrastruktur zu beeinflussen und gemeinsam dazu beizutragen, diesen Zugang zu verhindern, einzuschränken und zu verzögern (vgl. 579. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Außerdem hätten erstens Bulgargaz und Bulgartransgaz ihr Verhalten in Bezug auf die Zugangsanträge Dritter abgestimmt, wobei sie sich gegenseitig als Gesellschaften innerhalb eines integrierten Unternehmens behandelt hätten, und zweitens sei BEH unmittelbar an allen streitigen Verhaltensweisen beteiligt gewesen (vgl. 579. Erwägungsgrund dieses Beschlusses). 2) Eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung 1118 Die Kommission kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerinnen zwischen dem 30. Juli 2010 und dem 1. Januar 2015 eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV begangen hätten, indem sie Dritten den Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1, zum Fernleitungsnetz und zur Speicherstation Chiren verweigert hätten, was zu einer Abschottung der bulgarischen Gasversorgungsmärkte geführt habe (vgl. Art. 1 und 2 sowie Erwägungsgründe 1, 2 und 450 des angefochtenen Beschlusses). 1119 Nach der Rechtsprechung bezieht sich der Begriff der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung auf eine Reihe von Handlungen, die sich wegen ihres identischen Zwecks der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts in einen Gesamtplan einfügen. Sollen verschiedene Handlungen als eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung eingestuft werden, ist zu prüfen, ob zwischen ihnen insofern eine Komplementaritätsverbindung besteht, als jede von ihnen eine oder mehrere Folgen des normalen Wettbewerbs beseitigen soll und durch Interaktion zur Verwirklichung der im Rahmen dieses Gesamtplans verfolgten Ziele beiträgt. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die diese Verbindung belegen oder in Frage stellen können, wie der Anwendungszeitraum, der Inhalt (einschließlich der verwendeten Methoden) und, damit korrelierend, das Ziel der verschiedenen in Rede stehenden Handlungen (Urteile vom 28. April 2010, Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, T‑446/05, EU:T:2010:165, Rn. 89, vom 1. Juli 2010, AstraZeneca/Kommission, T‑321/05, EU:T:2010:266, Rn. 892, und vom 8. September 2016, Arrow Group und Arrow Generics/Kommission, T‑467/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:450, Rn. 384). 1120 Im vorliegenden Fall stützte sich die Kommission in den Erwägungsgründen 608, 609 und 614 des angefochtenen Beschlusses für den Nachweis, dass sämtliche Verhaltensweisen der Klägerinnen eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung darstellten, im Wesentlichen darauf, dass sie sich in einen „langfristigen Gesamtplan zur Abschottung der [bulgarischen] Gasversorgungsmärkte … zugunsten von Bulgargaz“ einfügten. 1121 In diesem Zusammenhang wies die Kommission erstens erneut darauf hin, dass Bulgargaz selbst in der Lage gewesen sei, ihre Wettbewerber zu verdrängen und die Möglichkeit eines nachhaltigen Wettbewerbs auf den bulgarischen Gasversorgungsmärkten durch Kapazitätshortung an der rumänischen Gaspipeline 1 zu beschränken (vgl. Erwägungsgründe 611 und 624 des angefochtenen Beschlusses). 1122 Zweitens stellte die Kommission fest, dass „die drei Praktiken der BEH-Gruppe“, die jeweils mit den drei von ihr kontrollierten Infrastrukturen zusammenhingen, „sich gegenseitig ergänz[t]en und verstärk[t]en] und ausschließlich mit dem Ziel umgesetzt [wurden], die [bulgarischen] Gasversorgungsmärkte abzuschotten“ (vgl. 612. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Insoweit führte sie aus, dass der Zugang zum Fernleitungsnetz und damit zur Speicherstation Chiren die vorherige Gewährung eines Zugangs zur rumänischen Gaspipeline 1 vorausgesetzt habe, die während des Zeitraums der Zuwiderhandlung die einzige Infrastruktur gewesen sei, die für den Transport von Gas über dieses Netz und damit bis zu dieser Speicherstation zur Verfügung gestanden habe (vgl. Erwägungsgründe 51, 578 und 611 des angefochtenen Beschlusses). 1123 Wie daher aus den Erwägungsgründen 578 und 611 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht und wie die Kommission darüber hinaus in ihrer Klageerwiderung ausführt „[hatten potenzielle] Wettbewerber … ohne Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 keinen Zugang zum Fernleitungsnetz und damit zur Speicherstation [Chiren]“. 1124 Drittens wiederholte die Kommission, dass sich Bulgargaz und Bulgartransgaz bei der Prüfung von Zugangsanträgen Dritter abgestimmt und sich gegenseitig als Gesellschaften innerhalb eines integrierten Unternehmens behandelt hätten (vgl. Erwägungsgründe 579 und 612 des angefochtenen Beschlusses). 1125 Viertens stellte die Kommission erneut fest, dass die gerügten Praktiken „ausdrücklich miteinander verknüpft“ gewesen seien, da „der Zugang zum Fernleitungsnetz (der von Bulgartransgaz kontrolliert wurde) vom Zugang Dritter zur rumänischen Gaspipeline 1 (der von Bulgargaz kontrolliert wurde) abhängig war und der Zustimmung durch BEH unterlag“ (vgl. 612. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Selbst nach Januar 2012 habe BEH die Kontrolle über Bulgartransgaz behalten, da der Zugang zum Fernleitungsnetz und damit indirekt der Zugang zur Speicherstation Chiren davon abhängig gewesen sei, dass zuvor von Bulgargaz der Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 erteilt worden sei, wobei diese Zugangserteilung wiederum von der vorherigen Zustimmung von BEH abhängig gewesen sei (vgl. 611. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 1126 Nach Ansicht der Kommission ermöglichte die Verknüpfung dieser Praktiken – zum einen den drei Klägerinnen, ihr Verhalten gegenseitig zu beeinflussen, so dass sie zusammen dazu beigetragen hätten, den Zugang Dritter zu den im Eigentum oder unter der Kontrolle der BEH-Gruppe stehenden Infrastrukturen zu verhindern, einzuschränken und zu verzögern; – zum anderen der BEH-Gruppe, ihr Verhalten unter Anwendung ähnlicher Methoden kohärent abzustimmen (vgl. 612. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 1127 Aus sämtlichen oben in den Rn. 1112 bis 1126 dargelegten Erwägungen ergibt sich Folgendes: – Die Kommission hat den Klägerinnen weder in den Gründen des angefochtenen Beschlusses und erst recht nicht in seinem verfügenden Teil mehrere gesonderte Zuwiderhandlungen zugerechnet, von denen jede mit einer der in Rede stehenden Infrastrukturen in Zusammenhang gestanden hätte. – Die wettbewerbswidrige Strategie, die den Klägerinnen vorgeworfen wird, ist ein wesentliches Element der ihnen im angefochtenen Beschluss zugerechneten einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung. Den Klägerinnen wird vorgeworfen, zur Umsetzung dieser Strategie beigetragen zu haben, die auf der Interdependenz der Verhaltensweisen in Bezug auf jede der drei in Rede stehenden Gasinfrastrukturen beruhte und allein zum Ziel hatte, die bulgarischen Gasversorgungsmärkte abzuschotten, um die beherrschende Stellung von Bulgargaz auf diesen Märkten zu schützen. – Die Kommission hat im angefochtenen Beschluss mehrfach hervorgehoben, dass die Handlungen von Bulgargaz in Bezug auf die rumänische Gaspipeline 1 wesentlich und für sich genommen ausreichend gewesen seien, um den Zugang ihrer potenziellen Wettbewerber zu diesen Märkten abzuschotten. 1128 Daraus folgt, dass das angeblich missbräuchliche Verhalten in Bezug auf die rumänische Gaspipeline 1 den Grundstein darstellt, auf dem die Analyse der Kommission und die Begründung des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Tatbestandsmerkmale der festgestellten einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung beruhen. 1129 In diesem Zusammenhang kann der Umstand, dass Bulgartransgaz im Juni 2012 den Zugang der Gesellschaft C zur Speicherstation Chiren und zwischen dem 1. Januar 2013 und Mitte 2014 den Zugang von Overgas zu dieser Station behinderte (siehe oben, Rn. 1101 bis 1104) und dass dieses Verhalten als solches geeignet war, den Wettbewerb auf den bulgarischen Gasmärkten zu beschränken, für sich genommen nicht die Feststellung einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV rechtfertigen, die den Klägerinnen im angefochtenen Beschluss zugerechnet wird. 1130 Den Klägerinnen wird in den Art. 1 und 2 des angefochtenen Beschlusses nämlich vorgeworfen „eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 102 [AEUV begangen zu haben], indem sie Dritten den Zugang zum Fernleitungsnetz, zur rumänischen Gaspipeline 1 und zur [Speicherstation] Chiren [verweigerten], was zu einer Abschottung der Gasversorgungsmärkte in Bulgarien führte“, und zwar vom „30. Juli 2010 [bis zum] 1. Januar 2015“. 1131 In Anbetracht der Gesamtheit der den Klägerinnen im angefochtenen Beschluss vorgeworfenen Verhaltensweisen und der Betonung, die in diesem Beschluss auf ihre Interdependenz, ihre Komplementarität und ihre gegenseitige Verstärkung gelegt wird, kann dem verfügenden Teil des angefochtenen Beschlusses daher nicht entnommen werden, dass er auf mehreren, unterschiedliche missbräuchliche Verhaltensweisen betreffenden Gründen beruht, von denen jede für sich genommen ausreichen würde, um ihn zu begründen. 1132 Nach der oben in den Rn. 234 und 1109 angeführten ständigen Rechtsprechung darf das Unionsgericht im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle nach Art. 263 AEUV die vom Urheber des in Rede stehenden Rechtsakts gegebene Begründung nicht durch seine eigene ersetzen. Im vorliegenden Fall umfasst die Feststellung der den Klägerinnen zugerechneten einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im verfügenden Teil des angefochtenen Beschlusses – in dem die Art und der Umfang dieser Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln der Union angegeben werden und der untrennbar mit seiner Begründung verbunden ist – das gesamte Verhalten der Klägerinnen in Bezug auf die drei in Rede stehenden Gasinfrastrukturanlagen. Wie oben in den Rn. 1113 und 1131 ausgeführt, beruht die Einstufung als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung auf der Komplementarität und der Interdependenz der verschiedenen diesbezüglichen Verhaltensweisen. 1133 Unter diesen Umständen kann der einzige Grund, der sich auf das Verhalten von Bulgartransgaz in Bezug auf die Speicherstation Chiren nach Juni 2012 bezieht, keine wesentliche oder sogar ausreichende Begründung darstellen, die für sich genommen den verfügenden Teil des angefochtenen Beschlusses zu tragen vermag, da dieser Beschluss andernfalls dadurch verfälscht würde, dass entgegen der oben in Rn. 1109 angeführten Rechtsprechung die von der Kommission vorgenommene Beurteilung des Sachverhalts durch eine neue Sachverhaltsbeurteilung ersetzt würde. 1134 Aus alledem folgt, dass die Kommission die den Klägerinnen im angefochtenen Beschluss zugerechnete Zuwiderhandlung in Form des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen hat. 1135 Dem vierten Klagegrund ist daher stattzugeben, ohne dass die anderen von den Klägerinnen vorgebrachten „Unterklagegründe“ geprüft werden müssten. D. Zum ersten Klagegrund: Vorliegen wesentlicher Verfahrensfehler, die die Ausübung der Verteidigungsrechte der Klägerinnen beeinträchtigen, sowie Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung [nicht wiedergegeben] 1. Zum ersten und zum zweiten Teil: Verstoß gegen die Aufzeichnungspflicht und die Pflicht, die Dokumente betreffend die Zusammenkünfte der Kommission mit Overgas zu den Akten zu nehmen, sowie unzureichender Zugang zu diesen Dokumenten 1142 Die Kommission hatte im Lauf des Verwaltungsverfahrens insgesamt acht Zusammenkünfte mit Overgas: – Die ersten fünf fanden vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Klägerinnen statt, und zwar am 13. Oktober 2010, am 13. Januar, 17. März und 15. Dezember 2011 sowie am 17. Juni 2013 (im Folgenden: Zusammenkünfte von 2010 bis 2013). – Die drei verbleibenden Zusammenkünfte fanden nach Erlass der Mitteilung der Beschwerdepunkte statt, und zwar am 13. Oktober 2015, am 17. März und am 20. Oktober 2016 (im Folgenden: Zusammenkünfte von 2015 und 2016, sowie gemeinsam mit den Zusammenkünften von 2010 bis 2013: Zusammenkünfte mit Overgas). 1143 Die Kommission trägt vor, sie habe nach jeder dieser acht Zusammenkünfte mit Overgas nicht vertrauliche Kurznotizen sowie vertrauliche ausführliche Protokolle erstellt. In der mündlichen Verhandlung hat sie eingeräumt, dass sie nicht genau angeben könne, wann diese Dokumente erstellt worden seien, dass sie aber aufgrund des Genauigkeitsgrads davon ausgehe, dass sie unmittelbar nach jeder Zusammenkunft verfasst worden seien. 1144 Außerdem reichte Overgas im Anschluss an jede dieser Zusammenkünfte – mit Ausnahme der Zusammenkünfte vom 13. Oktober 2015 und vom 17. März 2016 – eine schriftliche Stellungnahme (im Folgenden: anschließende Stellungnahmen) ein, in der sie die bei diesen Zusammenkünften vorgetragenen Argumente weiter ausführte. 1145 Aus den Akten geht weiterhin hervor, dass die Klägerinnen im Rahmen der nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte erfolgten Akteneinsicht zunächst u. a. Zugang zu den Kurznotizen über die Zusammenkünfte von 2010 bis 2013 sowie zu einer nicht vertraulichen Fassung der anschließenden Stellungnahmen hatten. Am 5. Januar 2018 stellten sie im Anschluss an das Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632), in dem die der Kommission in den Verfahren zur Ahndung von Wettbewerbsverstößen obliegenden Aufzeichnungs- und zur Aktenführungsverpflichtungen klargestellt wurden, einen neuen Antrag, der u. a. auf Zugang zu den ausführlichen Protokollen und zu den Notizen zu etwaigen weiteren Zusammenkünften zwischen der Kommission und Overgas gerichtet war. 1146 In ihrer Antwort vom 23. März 2018 räumte die Kommission ein, dass sie nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte drei Zusammenkünfte mit Overgas gehabt habe, nämlich die Zusammenkünfte von 2015 und 2016, deren Kurznotizen sie den Klägerinnen zu diesem Zeitpunkt übersandt habe. Dagegen verweigerte sie den Zugang zu den ausführlichen Protokollen mit der Begründung, dass diese zum einen vertrauliche Informationen enthielten und zum anderen kein Beweismittel darin zu finden sei, das nicht bereits in den anderen nicht vertraulichen Dokumenten enthalten sei, zu denen die Klägerinnen Zugang gehabt hätten, da sie auch Zugang zu den anschließenden Stellungnahmen gehabt hätten. 1147 Die Klägerinnen richteten daher ihren Antrag auf Akteneinsicht an den Anhörungsbeauftragten, der in seiner Antwort vom 14. Mai 2018 ausführte, dass seiner Ansicht nach die Weigerung, die ausführlichen Protokolle offenzulegen, aus Gründen der Vertraulichkeit gerechtfertigt sei und dass diese Dokumente keine zusätzlichen entlastenden Beweise enthielten. Um jedoch die wirksame Ausübung der Verteidigungsrechte der Klägerinnen mit den berechtigten Vertraulichkeitsbedenken von Overgas in Ausgleich zu bringen, schlug der Anhörungsbeauftragte einen eingeschränkten Zugang zu den ausführlichen Protokollen der Zusammenkünfte mit Overgas vor, der über die externen Vertreter der Klägerinnen im Rahmen eines Datenraumverfahrens erfolgen sollte. 1148 Außerdem beantragten die Klägerinnen mit Schreiben vom 18. Juni 2018 (im Folgenden: Schreiben vom 18. Juni 2018) bei der Kommission, ihnen Zugang zu einer weniger geschwärzten Fassung der anschließenden Stellungnahmen zu gewähren, was die Kommission ihnen verweigerte. 1149 Am 28. Juni 2018 erhielten die externen Vertreter der Klägerinnen im Rahmen eines Datenraumverfahrens Zugang zu den ausführlichen Protokollen der Zusammenkünfte mit Overgas. Entsprechend den Anweisungen der Kommission konnten die externen Vertreter der Klägerinnen Papierkopien der Mitteilung der Beschwerdepunkte, der Sachverhaltsdarstellung, der Kurznotiz über die Zusammenkünfte mit Overgas und der nicht vertraulichen Fassungen der anschließenden Stellungnahmen in den Datenraum mitnehmen. 1150 Bei dieser Gelegenheit erstellten die externen Vertreter der Klägerinnen den vertraulichen Datenraumbericht, in dem sie ihre Auffassung zu den ihrer Ansicht nach entlastenden Beweisen in den ausführlichen Protokollen zum Ausdruck brachten. Eine nicht vertrauliche Fassung dieses Berichts (im Folgenden: nicht vertraulicher Datenraumbericht) wurde unter Aufsicht der Kommission erstellt und den Klägerinnen übermittelt. Die Vertreter konnten die ihnen im Datenraum zur Verfügung gestellten Informationen verwenden, um die Verteidigung der Klägerinnen wahrzunehmen, durften allerdings keine vertraulichen Informationen offenlegen (Beschluss vom 14. März 2022, Bulgarian Energy Holding u. a./Kommission, T‑136/19, EU:T:2022:149, Rn. 20 bis 22). 1151 Im Rahmen der ersten beiden Teile des Klagegrundes tragen die Klägerinnen im Wesentlichen zwei Gruppen von Argumenten vor: – Die erste Gruppe betrifft das Verfahren zur Aufzeichnung der Kurznotizen und der ausführlichen Protokolle und zu deren Aufnahme in die Akten. – Die zweite betrifft den Zugang zu den ausführlichen Protokollen und zu den anschließenden Stellungnahmen. 1152 Für die Zwecke der Prüfung ist zunächst zu untersuchen, ob die Kommission die von den Klägerinnen behaupteten Verfahrensfehler tatsächlich begangen hat. Sodann sind gegebenenfalls die Auswirkungen solcher Fehler auf die Verteidigungsrechte der Klägerinnen zu prüfen und ist insbesondere zu untersuchen, ob die Klägerinnen unter Berücksichtigung der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Umstände des vorliegenden Falls hinreichend nachgewiesen haben, dass sie sich ohne den Verfahrensfehler der Kommission besser hätten verteidigen können (Urteile vom 2. Oktober 2003, Thyssen Stahl/Kommission, C‑194/99 P, EU:C:2003:527 Rn. 31, vom 13. Dezember 2018, Deutsche Telekom/Kommission, T‑827/14, EU:T:2018:930, Rn. 129, und vom 15. Juni 2022, Qualcomm/Kommission [Qualcomm – Ausschließlichkeitszahlungen], T‑235/18, EU:T:2022:358, Rn. 160 und 202). 2. Zum Vorliegen von Verfahrensfehlern 1153 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Akteneinsicht nach Art. 27 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und Art. 15 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 773/2004 eine der Verfahrensgarantien ist, die die Anwendung des Grundsatzes der Waffengleichheit und den Schutz der Verteidigungsrechte der Parteien ermöglichen, gegen die sich das von der Kommission betriebene Verfahren richtet. Sie haben das Recht auf Einsicht in die Ermittlungsakte mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen, internen Schriftstücken der Kommission und anderen vertraulichen Informationen. 1154 Das Recht auf Akteneinsicht bedeutet, dass die Kommission dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit geben muss, alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, die möglicherweise für seine Verteidigung erheblich sind. Dazu gehören sowohl belastende als auch entlastende Schriftstücke mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen, internen Schriftstücken der Kommission und anderen vertraulichen Informationen (vgl. Urteil vom 25. Oktober 2011, Solvay/Kommission, C‑109/10 P, EU:C:2011:686, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). 1155 Der Umfang des Rechts auf Akteneinsicht als integraler Bestandteil der Verteidigungsrechte war Gegenstand einer jüngeren Rechtsprechung, die die Konturen der Verpflichtungen der Kommission, insbesondere im Hinblick auf die ihr obliegenden Aufzeichnungspflichten, genauer bestimmt hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, vom 15. Juni 2022, Qualcomm/Kommission [Qualcomm – Exklusivitätszahlungen], T‑235/18, EU:T:2022:358, und vom 14. September 2022, Google und Alphabet/Kommission [Google Android], T‑604/18, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2022:541). 1156 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 zur Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben alle natürlichen und juristischen Personen befragen kann, die der Befragung zum Zweck der Einholung von Information, die sich auf den Gegenstand einer Untersuchung bezieht, zustimmen. Diese Bestimmung stellt somit eine Rechtsgrundlage dar, die die Kommission ermächtigt, im Rahmen einer Ermittlung Gespräche zu führen, und soll auf jedes Gespräch anwendbar sein, das die Einholung von Informationen zum Gegenstand einer Untersuchung bezweckt (Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 84 und 86). 1157 Führt die Kommission eine solche Befragung durch, ist sie nach Art. 3 der Verordnung Nr. 773/2004 verpflichtet, die Aussagen des Befragten in der von ihr gewählten Form aufzuzeichnen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 90 und 91). 1158 So darf die Kommission vom Verwaltungsverfahren zwar die Bestandteile ausschließen, die in keinem Zusammenhang mit den Sach- und Rechtsausführungen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte stehen und folglich für die Untersuchung irrelevant sind; es kann jedoch nicht allein Sache der Kommission sein, zu bestimmen, welche Bestandteile für die Verteidigung des betroffenen Unternehmens nützlich sind (Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 126, und vom 16. Juni 2011, FMC Foret/Kommission, T‑191/06, EU:T:2011:277, Rn. 306). 1159 Aus diesem Blickwinkel müssen Gespräche, mit denen Informationen zum Gegenstand der Untersuchung eingeholt werden sollen und die daher unter Art. 19 der Verordnung Nr. 1/2003 fallen, aufgezeichnet werden und dürfen nicht aus den Verfahrensakten weggelassen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juni 2022, Qualcomm/Kommission [Qualcomm – Ausschließlichkeitszahlungen], T‑235/18, EU:T:2022:358, Rn. 199). 1160 Außerdem kann die der Kommission nach Art. 3 der Verordnung Nr. 773/2004 obliegende Verpflichtung, die während der Verwaltungsuntersuchung gemachten Aussagen des Befragten in der von ihr gewählten Form aufzuzeichnen, nicht in einer kurzen Zusammenfassung der bei der streitigen Befragung angesprochenen Themen konkretisiert werden. Die Kommission muss Angaben zum Inhalt der Erörterungen im Rahmen dieser Befragung machen können, insbesondere was die Art der Auskünfte betrifft, die bei der Befragung zu den angesprochenen Themen erteilt wurden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission, C‑413/14 P, EU:C:2017:632, Rn. 92). 1161 Anhand dieser Grundsätze ist das Vorbringen der Klägerinnen zu prüfen, mit dem sie geltend machen, dass die Kommission ihrer Aufzeichnungspflicht und ihren Verpflichtungen zur Aufnahme in die Akten und zur Gewährung des Zugangs zu diesen Akten nicht nachgekommen sei. a) Zur ersten Rüge: Versäumnis, die bei den Zusammenkünften mit Overgas gemachten Aussagen in angemessener Weise aufzuzeichnen und in die Akten aufzunehmen 1162 Die Klägerinnen, unterstützt durch die Republik Bulgarien, machen geltend, die Art und Weise, in der die Kommission ihre Zusammenkünfte mit Overgas aufgezeichnet bzw. nicht aufgezeichnet habe, sowie die Art und Weise, in der sie die bei diesen Zusammenkünften gemachten Aussagen zu den Akten genommen habe, verstießen gegen die Aufzeichnungspflichten aus Art. 19 der Verordnung Nr. 1/2003 in Verbindung mit Art. 3 der Verordnung Nr. 773/2004. Die Kommission habe auf diese Weise auch die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Transparenz sowie die Verteidigungsrechte der Klägerinnen verletzt. Folglich könne das Gericht seine gerichtliche Kontrolle nicht ausüben. 1163 Insoweit ist zwischen dem Vorbringen zu den Zusammenkünften mit Overgas von 2010 bis 2013 einerseits und dem Vorbringen zu den Zusammenkünften von 2015 und 2016 andererseits zu unterscheiden. 1164 Nach Auffassung des Gerichts ist zunächst das Vorbringen zu den Zusammenkünften von 2015 und 2016 zu prüfen. 1) Zu den Zusammenkünften von 2015 und 2016 1165 Die Klägerinnen machen Folgendes geltend: – Im Lauf der Untersuchung seien keine Aufzeichnungen zu den Zusammenkünften von 2015 und 2016 zu den Akten genommen worden. – Die Kommission habe die Existenz dieser Zusammenkünfte und der entsprechenden ausführlichen Protokolle erst in Beantwortung eines Antrags der Klägerinnen vom 5. Januar 2018 anerkannt, woraufhin am 23. März 2018 Zugang zu den Kurznotizen gewährt worden sei. 1166 Die Kommission weist darauf hin, dass sie die Klägerinnen unmittelbar nach ihrer Frage, ob es nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte weitere Zusammenkünfte mit Overgas gegeben habe, über die Zusammenkünfte von 2015 und 2016 informiert und ihnen die entsprechenden Kurznotizen übermittelt habe. 1167 Insoweit macht sie geltend, dass ein Betroffener nach Ziff. 27 der Mitteilung der Kommission über die Regeln für die Einsicht in Kommissionsakten in Fällen einer Anwendung der Art. [101 und 102 AEUV], Art. 53, 54 und 57 des EWR-Abkommens und der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 (ABl. 2005, C 325, S. 7) nur dann Einsicht in Dokumente erhalte, die nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte in einem späteren Verfahrensstadium eingingen, wenn diese Dokumente neues be- oder entlastende Beweismaterial zu den gegen diesen Betroffenen in den Beschwerdepunkten erhobenen Vorwürfen darstellen könnten. 1168 Nach Ansicht der Kommission stellten die Dokumente zu den Zusammenkünften von 2015 und 2016 jedoch weder die Grundlage der an die Klägerinnen gerichteten Beschwerdepunkte noch neues Beweismaterial zu den bereits erhobenen Vorwürfen dar, so dass sie nicht verpflichtet gewesen sei, die Kurznotizen oder die ausführlichen Protokolle über die Zusammenkünfte von 2015 und 2016 in die Akten aufzunehmen und Zugang zu ihnen zu gewähren. Im Übrigen sei es allein ihre Sache gewesen, zu beurteilen, ob diese Dokumente möglicherweise entlastend seien. 1169 Aus den Kurznotizen und den ausführlichen Protokollen geht jedoch hervor, dass mit den Zusammenkünften von 2015 und 2016 Informationen zum Gegenstand der Untersuchung, die zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt hat, eingeholt werden sollten. 1170 Aus diesem Blickwinkel müssen in Anbetracht der oben in den Rn. 1157 und 1159 angeführten Rechtsprechung Gespräche, mit denen Informationen zum Gegenstand der Untersuchung eingeholt werden sollen und die daher unter Art. 19 der Verordnung Nr. 1/2003 fallen, wie die in Rede stehenden Gespräche, aufgezeichnet werden und dürfen nicht aus der Ermittlungsakte weggelassen werden. 1171 Zwar ist die Möglichkeit, zwischen für die Untersuchung relevanten Dokumenten und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, zu unterscheiden und Letztere demzufolge aus der Ermittlungsakte auszuschließen, weiterhin unerlässlich, um zu verhindern, dass die Kommission einer übermäßigen Verfahrensbelastung ausgesetzt ist. Die Kommission kann sich jedoch nicht auf ihr angebliches Ermessen in Bezug auf die Frage berufen, ob diese Unterlagen möglicherweise be- oder entlastend sind, um Material aus der Akte zu entfernen, da das Fehlen jeder schriftlichen Spur eines Gesprächs das Gericht daran hindern würde, zu prüfen, ob sich die Kommission an die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1/2003 gehalten hat, und, allgemeiner, ob die Rechte der an einer Untersuchung beteiligten Unternehmen und natürlichen Personen in vollem Umfang gewahrt wurden. 1172 Außerdem würde der in Art. 3 der Verordnung Nr. 773/2004 vorgesehenen Aufzeichnungspflicht jede praktische Wirksamkeit genommen, wenn man der Kommission gestatten würde, die Aufzeichnung bestimmter Zusammenkünfte von sich aus auszuschließen, zumal die Gespräche unter den Umständen der vorliegenden Rechtssache mit Overgas stattfanden, die eine nicht unerhebliche Rolle bei der Entscheidung der Kommission, die Untersuchung einzuleiten und fortzuführen, spielte und das Vorliegen wettbewerbswidriger Praktiken der Klägerinnen ihr gegenüber geltend machte. 1173 Daraus folgt, dass das Vorbringen der Kommission, sie sei nicht verpflichtet gewesen, die Protokolle über die Zusammenkünfte von 2015 und 2016 mit Overgas, die nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte stattfanden, aufzuzeichnen und zu den Akten zu nehmen, zurückzuweisen ist. 1174 Soweit die Klägerinnen schließlich geltend machen, die Kommission habe sie nicht über die Zusammenkünfte von 2015 und 2016 informiert, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im Verwaltungsverfahren, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt hat, die nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte geführten Gespräche mit Overgas tatsächlich nicht erwähnt hat. 1175 Wie sich aus den Rn. 1157 und 1159 oben ergibt, darf die Kommission jedoch nicht davon absehen, Gespräche wie die Zusammenkünfte von 2015 und 2016 in die Ermittlungsakte aufzunehmen, und darf demzufolge nicht davon absehen, die Parteien darüber zu informieren. 1176 Daraus folgt, dass das Vorbringen der Klägerinnen zu den Versäumnissen der Kommission in Bezug auf die Zusammenkünfte von 2015 und 2016 begründet ist, da die Kommission die bei diesen Zusammenkünften gemachten Aussagen hätte aufzeichnen und zu den Akten nehmen sowie das Inhaltsverzeichnis der Akte aktualisieren müssen, um es den Klägerinnen zu ermöglichen – vorbehaltlich des Schutzes der Vertraulichkeit bestimmter Informationen, auf den sich Overgas zu Recht beruft –, von den in Rede stehenden Gesprächen Kenntnis zu nehmen. 1177 Die Kommission hat somit einen Verfahrensfehler begangen, indem sie es versäumt hat, die bei den Zusammenkünften von 2015 und 2016 gemachten Aussagen in angemessener Weise aufzuzeichnen und zu den Akten zu nehmen sowie die Klägerinnen darüber zu informieren. 2) Zu den Zusammenkünften von 2010 bis 2013 1178 Die Klägerinnen – werfen der Kommission vor, die Zusammenkünfte von 2010 bis 2013 nicht ordnungsgemäß aufgezeichnet zu haben, da sie lediglich Kurznotizen mit nur vagen und allgemeinen Zusammenfassungen in die Akten aufgenommen habe; außerdem seien die Kurznotizen erst mehrere Jahre nach diesen Zusammenkünften, nämlich im Jahr 2014, in die Akten aufgenommen worden, was ihre Genauigkeit beeinträchtigt haben könne; – beanstanden, erst im Jahr 2018 entdeckt zu haben, dass es ausführliche Protokolle zu den Kurznotizen gegeben habe, die nicht in die Akten aufgenommen worden seien; die Kommission habe nicht begründen können, warum diese Protokolle nicht zu den Akten genommen worden seien. 1179 Diese Versäumnisse spiegelten sich auch in dem nach Erlass der Mitteilung der Beschwerdepunkte zur Verfügung gestellten Inhaltsverzeichnis der Ermittlungsakte wider, in dem die im Lauf der Untersuchung zusammengetragenen Dokumente nicht hinreichend detailliert aufgeführt und insbesondere die ausführlichen Protokolle über die Zusammenkünfte mit Overgas nicht erwähnt worden seien. 1180 Die Kommission hält dem entgegen, dass keine Verpflichtung bestehe, ein Beweismittel zu den Akten zu nehmen und in das Inhaltsverzeichnis über den jeweiligen Zeitpunkt aufzunehmen, zu dem die Zusammenkünfte stattgefunden hätten oder die entsprechenden Notizen verfasst worden seien. Jedenfalls stütze sich der angefochtene Beschluss weder auf die Kurznotizen noch auf die ausführlichen Protokolle über die in Rede stehenden Zusammenkünfte. 1181 Ferner macht die Kommission geltend, dass die Klägerinnen dank der Einsicht in die Kurznotizen zu den Zusammenkünften von 2010 bis 2013 nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte sehr wohl in der Lage gewesen seien, ihre Verteidigungsrechte auszuüben. Sie hätten von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, indem sie ihre Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte sowie spätere Stellungnahmen eingereicht hätten, in denen sie bestimmte bei diesen Zusammenkünften angesprochene Gesichtspunkte als mildernde Umstände angeführt hätten. Außerdem seien die von Overgas eingereichten anschließenden Stellungnahmen, in denen die bei diesen Zusammenkünften angesprochenen Punkte dargelegt worden seien, zu den Akten genommen und den Klägerinnen offengelegt worden. 1182 Hierzu ist festzustellen, dass die Kurznotizen zu den Zusammenkünften mit Overgas, zu denen die Klägerinnen Zugang hatten, für jede Zusammenkunft aus weniger als einer halben Seite bestehen. Jede halbe Seite enthält die Angabe des Datums der Zusammenkunft, der Teilnehmer und der während der Zusammenkunft angesprochenen Themen, die in höchstens fünf bis acht Zeilen beschrieben werden. 1183 Der Inhalt der Kurznotizen ist daher offensichtlich unzureichend, um den Inhalt der Erörterungen, die tatsächlich zwischen der Kommission und Overgas stattgefunden haben, und insbesondere die Art der von Overgas zu den angesprochenen Themen erteilten Auskünfte wiederzugeben. 1184 Weder dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 noch dem mit ihm verfolgten Ziel lässt sich jedoch entnehmen, dass der Gesetzgeber eine Unterscheidung zwischen „Kurznotizen“, die für die Zwecke der Akteneinsicht erstellt werden, und „ausführlichen Protokollen“, die vertraulich bleiben sollen, einführen wollte. Eine solche Auslegung liefe darauf hinaus, dem oben in Rn. 1153 angeführten Recht auf Akteneinsicht und dem Grundsatz der Waffengleichheit jede praktische Wirksamkeit zu nehmen. 1185 Der von der Kommission angeführte Umstand, dass der angefochtene Beschluss weder auf den Kurznotizen noch auf den ausführlichen Protokollen beruhe, ist insoweit unerheblich. Das Recht auf Akteneinsicht bedeutet nämlich, dass die Kommission dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit geben muss, alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, die möglicherweise für seine Verteidigung erheblich sind (Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 68). 1186 Daraus folgt, dass die Kommission in Bezug auf die Kurznotizen zu den Zusammenkünften von 2010 bis 2013 gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 19 der Verordnung Nr. 1/2003 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 773/2004 und im Licht der oben in den Rn. 1157 und 1159 angeführten Rechtsprechung verstoßen hat. Dieser Verstoß zeigte sich zum einen in der Einführung einer ungerechtfertigten Unterscheidung zwischen zwei Arten von Dokumenten, nämlich einerseits den für den internen Gebrauch bestimmten ausführlichen Protokollen und andererseits den für die Akten und damit für den Zugang der Klägerinnen bestimmten Kurznotizen, und zum anderen darin, dass diese Dokumente offensichtlich unzureichend waren, um den Inhalt der Erörterungen zwischen der Kommission und Overgas und insbesondere die Art der von Overgas zu den angesprochenen Themen erteilten Auskünfte wiederzugeben, wie es die oben in Rn. 1160 angeführte Rechtsprechung verlangt. 1187 Dagegen lässt der zeitliche Abstand zwischen den Zusammenkünften von 2010 bis 2013 und der erst 2014 erfolgten Aufnahme der entsprechenden Kurznotizen in die Akten für sich genommen und mangels anderer Beweise oder zumindest ernsthafter Indizien nicht den Schluss zu, dass die Kommission gegen ihre Verpflichtungen in Bezug auf den Zugang zu den Akten verstoßen hätte. 1188 Erstens hatten die Klägerinnen trotz der verspäteten Übermittlung der Kurznotizen zu den Zusammenkünften mit Overgas die Möglichkeit, diese zu berücksichtigen und ihre Verteidigungsrechte auszuüben, und zwar nicht nur dadurch, dass sie Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte einreichten, sondern, wie oben aus Rn. 1147 hervorgeht, vor allem dadurch, dass sie beim Anhörungsbeauftragten einen Antrag auf Zugang zu den ausführlichen Protokollen stellten, der ihnen dann im Rahmen eines Datenraumverfahrens gewährt wurde. 1189 Was zweitens das Argument betrifft, die Kurznotizen zu den Zusammenkünften von 2010 bis 2013 seien ungenau, weil sie verspätet zu den Akten genommen worden seien, ist darauf hinzuweisen, dass diese Zusammenfassungen, selbst wenn die Kommission sie erst 2014 erstellt hätte, inhaltlich nur dann weniger zuverlässig sein könnten, wenn die ausführlichen Protokolle über dieselben Zusammenkünfte, die zwangsläufig die Grundlage für diese Kurznotizen bildeten, ebenfalls 2014 verfasst worden wären. Unter solchen Umständen könnte der Ablauf eines erheblichen Zeitraums zwischen den Zusammenkünften und der Erstellung der betreffenden ausführlichen Protokolle Zweifel an deren Genauigkeit und folglich Zweifel an der Genauigkeit der auf ihrer Grundlage erstellten Kurznotizen aufkommen lassen. 1190 Im vorliegenden Fall bringen die Klägerinnen jedoch keine Beweise oder Anhaltspunkte dafür vor, dass die ausführlichen Protokolle Jahre nach den Zusammenkünften, insbesondere den Zusammenkünften von 2010 bis 2013, erstellt worden wären. Vielmehr ist die Detailgenauigkeit dieser Protokolle, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, ein Indiz dafür, dass sie in zeitlicher Nähe zu den betreffenden Zusammenkünften verfasst worden sind. 1191 In Anbetracht der oben in den Rn. 1182 bis 1186 dargelegten Erwägungen ist das Vorbringen der Klägerinnen zu den Versäumnissen der Kommission in Bezug auf die Zusammenkünfte von 2010 bis 2013 begründet, da die Kurznotizen offensichtlich unzureichend waren, um den Inhalt der Erörterungen zwischen der Kommission und Overgas im Sinne der oben in Rn. 1160 angeführten Rechtsprechung wiederzugeben. 1192 Die Kommission hat somit einen Verfahrensfehler begangen, indem sie es versäumt hat, die bei den Zusammenkünften von 2010 bis 2013 gemachten Aussagen in angemessener Weise aufzuzeichnen und zu den Akten zu nehmen. 1193 Zu dem Vorbringen der Kommission, dass jedes mögliche Versäumnis im Zusammenhang mit der übermäßig vagen und allgemeinen Natur der Kurznotizen zum einen durch den Zugang zu nicht vertraulichen Fassungen der anschließenden Stellungnahmen und zum anderen durch den Zugang zu den ausführlichen Protokollen im Rahmen des Datenraumverfahrens behoben worden sei, tragen die Klägerinnen im Wesentlichen vor, dass der Zugang zu diesen Dokumenten wegen der zahlreichen Schwärzungen für ihre Verteidigung nicht von Nutzen gewesen sei. Dieses Vorbringen überschneidet sich damit mit der zweiten Rüge, so dass diese zusammen zu prüfen sind. b) Zur zweiten Rüge: Zugang zu den ausführlichen Protokollen und zu den anschließenden Stellungnahmen 1194 Die Klägerinnen werfen der Kommission zum einen vor, dass sie ihnen nur begrenzten Zugang zu den ausführlichen Protokollen gewährt habe, und zum anderen, dass sie ihnen den Zugang zu einem Teil der anschließenden Stellungnahmen unter dem Vorwand verweigert habe, dass die darin enthaltenen Informationen vertraulich seien. 1195 So bestreiten die Klägerinnen erstens, dass ihnen nach zahlreichen Zugangsanträgen anstelle des Rechts auf Zugang zu den ausführlichen Protokollen über die Zusammenkünfte mit Overgas ein eingeschränkter Zugang über ihre externen Vertreter im Rahmen eines Datenraumverfahrens eingeräumt worden sei. Der von diesen Vertretern erstellte und den Klägerinnen in einer nicht vertraulichen Fassung übermittelte Bericht sei wegen der zahlreichen Schwärzungen für ihre Verteidigung wertlos gewesen. 1196 Demgegenüber weist die Kommission darauf hin, dass der Zugang zu den detaillierten Protokollen über die Zusammenkünfte mit Overgas, der den externen Vertretern der Klägerinnen im Rahmen des Datenraumverfahrens gewährt worden sei, es den Klägerinnen ermöglicht habe, sich zu den darin enthaltenen Informationen zu äußern und so ihre Verteidigungsrechte auszuüben, wobei gleichzeitig die berechtigten Vertraulichkeitsbedenken von Overgas gewahrt worden seien. 1197 Zweitens sind die Klägerinnen der Ansicht, die vertraulichen anschließenden Stellungnahmen hätten möglicherweise entlastende Beweise enthalten können, so dass ein Zugang zu einer weniger geschwärzten Fassung dieser Dokumente es ihnen ermöglicht hätte, ihre Verteidigungsrechte besser auszuüben. 1198 Die Kommission hält dem entgegen, dass die Klägerinnen gerade aufgrund des Zugangs zu den anschließenden Stellungnahmen in die Lage versetzt worden seien, ihre Verteidigungsrechte durch die Übermittlung ihrer Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte auszuüben. 1199 Außerdem hätten sich die Klägerinnen zwischen der Akteneinsicht und der Übermittlung ihrer Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nie darüber beschwert, dass sie ihre Verteidigungsrechte wegen der Schwärzung der vertraulichen Teile der anschließenden Stellungnahmen nicht wirksam hätten ausüben können. Im Übrigen wäre jeder nachfolgende Zugangsantrag verspätet und ungerechtfertigt gewesen, da die Klägerinnen bereits von ihrem Recht auf Anhörung im Hinblick auf diese Dokumente Gebrauch gemacht hätten. 1200 Außerdem macht die Kommission geltend, dass in den meisten der anschließenden Stellungnahmen nichts geschwärzt worden sei und dass sie die unkenntlich gemachten Informationen im Rahmen ihrer Analyse, die zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt habe, nicht verwendet habe. 1201 Aus den obigen Rn. 1194 bis 1200 ergibt sich, dass die von den Parteien im Rahmen dieser Rüge vorgebrachten Argumente im Wesentlichen zwei Fragen aufwerfen, die in folgender Reihenfolge zu prüfen sind: – Die erste Frage bezieht sich darauf, dass die Schwärzungen in den anschließenden Stellungnahmen, zu denen die Kläger Zugang hatten, nicht sofort beanstandet worden seien. – Die zweite Frage betrifft die angeblich übermäßigen Schwärzungen zum einen in den ausführlichen Protokollen, die im Datenraum zugänglich waren, und zum anderen in den anschließenden Stellungnahmen. 1) Zur Verpflichtung, die Schwärzungen in den anschließenden Stellungnahmen sofort zu beanstanden 1202 Was das Schreiben vom 18. Juni 2018 anbelangt, mit dem die Klägerinnen den Zugang zu einer weniger geschwärzten Fassung der anschließenden Stellungnahmen beantragt haben, trägt die Kommission vor, dass die nicht vertraulichen Fassungen dieser Stellungnahmen den Klägerinnen bereits am 2. und 8. April 2015 offengelegt worden seien und dass die Klägerinnen bis zum 9. Dezember 2016, als sie auf das Tatbestandsschreiben geantwortet hätten, zu keinem Zeitpunkt erklärt hätten, dass sie ihre Verteidigungsrechte wegen der darin enthaltenen geschwärzten Passagen nicht wirksam ausüben könnten. 1203 Aus dem Schreiben vom 18. Juni 2018 geht hervor, dass der Antrag auf Zugang zu weniger geschwärzten Fassungen der anschließenden Stellungnahmen damit zusammenhing, dass die Kommission den externen Vertretern der Klägerinnen bei der Vorbereitung des Datenraums gestattet hatte, neben anderen Dokumenten auch geschwärzte Fassungen der anschließenden Stellungnahmen in diesen Datenraum mitzunehmen. Mit ihrem Antrag haben die Klägerinnen in Bezug auf jede der Folgebemerkungen erläutert, welche Rolle die geschwärzten Informationen bei der Ausarbeitung ihrer Verteidigung hätten spielen können, auch im Hinblick auf die neuen Gesichtspunkte, die sich aus dem Zugang im Datenraum hätten ergeben können. 1204 Der Antrag der Klägerinnen auf Zugang zu weniger geschwärzten anschließenden Stellungnahmen wurde daher im Wesentlichen mittelbar durch das Urteil vom 6. September 2017, Intel/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632), ausgelöst. Gestützt auf diese neue Rechtsprechung, die ihre Verteidigungsrechte gestärkt hat, beantragten die Klägerinnen nämlich am 5. Januar 2018 bei der Kommission, ihnen Zugang zu vollständigen und ausführlichen Notizen zu allen etwaigen Anrufen und Zusammenkünften mit Overgas zu gewähren. Dies führte, wie sich aus der vorstehenden Rn. 1203 ergibt, zum Datenraumverfahren, zu dem die Klägerinnen ausführliche Regeln für dessen Funktionsweise erhielten. Diese Regeln sahen u. a. vor, dass die geschwärzten Fassungen der anschließenden Stellungnahmen zu der begrenzten Zahl von Dokumenten gehörten, die die externen Vertreter der Klägerinnen in den Datenraum mitnehmen durften. 1205 Insoweit kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine vollständigere Fassung der anschließenden Stellungnahmen die Klägerinnen in die Lage versetzt hätte, die Unterlagen, zu denen sie im Datenraum über ihre externen Vertreter Zugang hatten, besser zu verstehen und folglich ihre Verteidigungsrechte wirksamer auszuüben. Unter diesen Umständen kann ihnen nicht vorgeworfen werden, erst in diesem Stadium einen umfassenderen Zugang zu den anschließenden Stellungnahmen beantragt zu haben. 1206 Daraus folgt, dass der Umstand, dass die Klägerinnen die Schwärzungen in den ihnen nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte offengelegten anschließenden Stellungnahmen nicht sofort beanstandet haben, ihnen nicht entgegengehalten werden kann, um sie daran zu hindern, eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte geltend zu machen. 2) Zum Zugang zu den im Datenraum zur Verfügung gestellten Dokumenten und zu den übermäßig geschwärzten Fassungen der anschließenden Stellungnahmen 1207 Bei der Gewährung oder Verweigerung der Einsicht in einen Teil der Akte in Untersuchungsverfahren ist die Kommission insbesondere gehalten, das Recht der Unternehmen auf Schutz der Geschäftsgeheimnisse mit der Gewährleistung der Verteidigungsrechte in Einklang zu bringen (Urteile vom 29. Juni 1995, ICI/Kommission, T‑36/91, EU:T:1995:118, Rn. 98, und vom 14. Dezember 2005, General Electric/Kommission, T‑210/01, EU:T:2005:456, Rn. 631). 1208 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission gemäß dem Beschluss vom 26. Mai 2021, Bulgarian Energy Holding u. a./Kommission (T‑136/19, nicht veröffentlicht), und gemäß Art. 91 Buchst. b der Verfahrensordnung sowie unter Berücksichtigung der in Art. 103 Abs. 1 der Verfahrensordnung vorgesehenen Garantien die folgenden Dokumente zu den Akten gereicht hat: – die ausführlichen Protokolle über die Zusammenkünfte mit Overgas und die diesbezüglichen Vertraulichkeitsanträge von Overgas; – die vertraulichen Fassungen der anschließenden Stellungnahmen; – den vertraulichen Datenraumbericht. 1209 Sodann hat das Gericht im Rahmen des Beschlusses vom 14. März 2022, Bulgarian Energy Holding u. a./Kommission (T‑136/19, EU:T:2022:149), und gemäß Art. 103 Abs. 1 und 2 der Verfahrensordnung die oben in Rn. 1208 angeführten Dokumente auf der Grundlage der von der Kommission geltend gemachten rechtlichen und tatsächlichen Umstände zu der Frage, ob diese Unterlagen gegenüber den Klägerinnen vertraulich zu behandeln und für die Entscheidung über den Rechtsstreit erheblich waren, geprüft, um – soweit dies erforderlich war – den vertraulichen Charakter und die Erfordernisse, die mit dem Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz, insbesondere der Einhaltung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens, verbunden sind, gegeneinander abzuwägen (Beschluss vom 14. März 2022, Bulgarian Energy Holding u. a./Kommission, T‑136/19, EU:T:2022:149, Rn. 5 bis 10). 1210 Insbesondere hat das Gericht festgestellt, dass die Kommission den externen Vertretern der Klägerinnen nur gestattet hatte, die nicht vertrauliche Fassung ihres Datenraumberichts an ihre Mandantinnen zu übermitteln (Beschluss vom 14. März 2022, Bulgarian Energy Holding u. a./Kommission, T‑136/19, EU:T:2022:149, Rn. 20 bis 22). 1211 Aus der Prüfung in den Rn. 26 und 27 des Beschlusses vom 14. März 2022, Bulgarian Energy Holding u. a./Kommission (T‑136/19, EU:T:2022:149), geht jedoch hervor, dass mehrere im nicht vertraulichen Datenraumbericht geschwärzte Angaben nicht oder jedenfalls nicht mehr vertraulich waren. Das Gericht hat daher den vertraulichen Datenraumbericht vorbehaltlich zweier kurzer Teile, die für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich sind, zu den Akten genommen. 1212 Insoweit ergibt sich aus der Analyse der nicht vertraulichen Fassung des Datenraumberichts, zu der die Klägerinnen Zugang hatten, dass diese Fassung im Vergleich zu den Kurznotizen, zu denen sie zuvor im Verwaltungsverfahren Zugang hatten, im Wesentlichen keine zusätzlichen Angaben enthält. 1213 Selbst wenn man annimmt, dass zum Zeitpunkt des Datenraumverfahrens bestimmte Angaben in der vertraulichen Fassung des Datenraumberichts, insbesondere in Bezug auf Angaben aus den ausführlichen Protokollen über die Zusammenkünfte von 2015 und 2016, ihren vertraulichen Charakter behalten hätten, waren die Informationen in den ausführlichen Protokollen über die Zusammenkünfte von 2010 bis 2013 nunmehr historischer Natur. 1214 Daraus folgt, dass die Kommission nicht berechtigt war, alle relevanten Informationen des Datenraumberichts so zu schwärzen, dass dessen nicht vertrauliche Fassung praktisch den Kurznotizen entsprach. 1215 In der Praxis könnte eine solche Situation nämlich den Zweck des Datenraumverfahrens beeinträchtigen, der darin besteht, vertrauliche Informationen zu schützen und gleichzeitig Zugang zu den Beweisen zu gewähren, die eine Partei benötigt, um ihren Standpunkt zu untermauern. Dies gilt umso mehr, als – wie die Klägerinnen geltend gemacht haben – das Datenraumverfahren, wie es im vorliegenden Fall durchgeführt wurde, geeignet war, die Verteidigungsrechte der Klägerinnen, die diese Rechte nur mittelbar über ihre externen Vertreter ausüben konnten, zu beeinträchtigen. 1216 Aus den oben in den Rn. 1207 bis 1215 dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Kommission, indem sie den Klägerinnen im Rahmen des Datenraumverfahrens einen übermäßig eingeschränkten Zugang zu den Akten gewährte, einen Verfahrensfehler begangen hat, der zu einer Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerinnen führen konnte. 1217 Was sodann die anschließenden Stellungnahmen anbelangt, ist erstens darauf hinzuweisen, dass Overgas eine solche Stellungnahme für die Zusammenkünfte von 2015 und 2016 nur in Bezug auf die Zusammenkunft vom 20. Oktober 2016 abgegeben hat. Das Gericht weist darauf hin, dass dieses Dokument, wie in den Rn. 51 bis 57 des Beschlusses vom 14. März 2022, Bulgarian Energy Holding u. a./Kommission (T‑136/19, EU:T:2022:149), festgestellt wurde, für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich ist. 1218 Zweitens enthielt die angeblich nicht vertrauliche Fassung der anschließenden Stellungnahme zu der Zusammenkunft vom 17. Juni 2013, wie sich aus Rn. 49 des Beschlusses vom 14. März 2022, Bulgarian Energy Holding u. a./Kommission (T‑136/19, EU:T:2022:149), ergibt, keine Schwärzungen. 1219 Drittens hat das Gericht den Klägerinnen nach der Prüfung der Art der Informationen, die in den anschließenden Stellungnahmen zu den ersten vier Zusammenkünften von 2010 bis 2013 enthalten waren, Zugang zu weniger geschwärzten Fassungen dieser Stellungnahmen gewährt (Beschluss vom 14. März 2022, Bulgarian Energy Holding u. a./Kommission, T‑136/19, EU:T:2022:149, Rn. 34 bis 48). 1220 Hierzu stellt das Gericht fest, dass die in den anschließenden Stellungnahmen zu den Zusammenkünften von 2010 bis 2013 enthaltenen Informationen bereits nicht mehr vertraulich waren, als die Klägerinnen mit Schreiben vom 18. Juni 2018 Zugang zu ihnen beantragten. 1221 Folglich hat die Kommission mit der Verweigerung des Zugangs zu den weniger geschwärzten Fassungen der anschließenden Stellungnahmen, insbesondere zu denjenigen über die Zusammenkünfte vom 13. Oktober 2010 sowie vom 13. Januar, 17. März und 15. Dezember 2011, einen weiteren Verfahrensfehler begangen, der zu einer Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerinnen führen konnte. c) Ergebnis zu den Verfahrensfehlern 1222 Aus den oben in den Rn. 1177, 1192, 1211 bis 1221 angestellten Erwägungen ergibt sich, dass die Kommission einen Verfahrensfehler begangen hat, indem sie den Klägerinnen einen Zugang zu den Akten verweigert hat, der für die Ausübung ihrer Verteidigungsrechte ausreichend gewesen wäre. 1223 Somit ist im Sinne der oben in Rn. 1152 angeführten Rechtsprechung in diesem Stadium zu prüfen, ob die Klägerinnen unter Berücksichtigung der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Umstände des vorliegenden Falls hinreichend nachgewiesen haben, dass sie sich ohne den Verfahrensfehler der Kommission besser hätten verteidigen können. Ohne einen solchen Nachweis kann eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte nämlich nicht festgestellt werden (Urteil vom 14. September 2022, Google und Alphabet/Kommission [Google Android], T‑604/18, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2022:541, Rn. 934). 3. Zu den Auswirkungen der festgestellten Unregelmäßigkeiten bei der Gewährleistung der Verteidigungsrechte der Klägerinnen 1224 Nachdem die Kommission aufgrund des Beschlusses vom 14. März 2022, Bulgarian Energy Holding u. a./Kommission (T‑136/19, EU:T:2022:149), die nicht vertraulichen Unterlagen vorgelegt hatte, haben die Klägerinnen in ihrer Stellungnahme vom 27. April 2022 (im Folgenden: Stellungnahme vom 27. April 2022) nähere Angaben gemacht, um konkret darzutun, dass der Zugang zu bestimmten, im Verwaltungsverfahren nicht offengelegten Informationen ihnen eine bessere Verteidigung ermöglicht hätte. 1225 Im Licht dieses Vorbringens sind insbesondere die Beweise zu prüfen, die den Klägerinnen nach dem Beschluss vom 14. März 2022, Bulgarian Energy Holding u. a./Kommission (T‑136/19, EU:T:2022:149), zugänglich gemacht wurden und die es den Klägerinnen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Genauigkeit und der Umstände, unter denen Overgas sie der Kommission vorgelegt hat, ermöglicht hätten, bestimmte Argumente in ihrer Verteidigung signifikant zu untermauern oder zu konsolidieren. 1226 Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht nicht durch den bloßen Umstand geheilt wird, dass die Einsicht – wie im vorliegenden Fall – im Gerichtsverfahren ermöglicht worden ist. Da sich nämlich die Prüfung durch das Gericht auf eine gerichtliche Kontrolle der geltend gemachten Klagegründe beschränkt, wird mit ihr ein Ersatz für die umfassende Sachverhaltsermittlung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens weder bezweckt noch bewirkt. Außerdem versetzt die verspätete Kenntnisnahme von bestimmten Aktenstücken das Unternehmen, das Klage gegen einen Beschluss der Kommission erhoben hat, nicht in die Lage, in der es sich befunden hätte, wenn es sich vor Erlass des angefochtenen Beschlusses bei der Abgabe seiner schriftlichen und mündlichen Stellungnahmen gegenüber der Kommission auf diese Schriftstücke hätte berufen können (Urteile vom 25. Oktober 2011, Solvay/Kommission, C‑110/10 P, EU:C:2011:687, Rn. 51, und vom 15. Juni 2022, Qualcomm/Kommission [Qualcomm – Ausschließlichkeitszahlungen], T‑235/18, EU:T:2022:358, Rn. 200). a) Zu den nicht offengelegten Angaben in den ausführlichen Protokollen 1227 In ihrer Stellungnahme vom 27. April 2022 weisen die Klägerinnen darauf hin, dass aus den Zusammenfassungen der detaillierten Protokolle im vertraulichen Datenraumbericht – zu denen sie aufgrund des Beschlusses vom 14. März 2022, Bulgarian Energy Holding u. a./Kommission (T‑136/19, EU:T:2022:149), Zugang hatten – mehrere Angaben hervorgegangen seien, die es ihnen ermöglicht hätten, sich besser zu verteidigen. Das Gericht ist der Auffassung, dass es für die Zwecke der im Sinne der oben in den Rn. 1152 und 1223 angeführten Rechtsprechung durchzuführenden Prüfung ausreicht, die Analyse auf die folgenden Gesichtspunkte zu konzentrieren. 1228 Erstens machen die Klägerinnen geltend, aus der Zusammenfassung der Zusammenkunft vom 13. Oktober 2010 gehe hervor, Overgas sei der Ansicht gewesen, dass sie von der bulgarischen Regierung daran gehindert worden sei, Kunden in Bulgarien mit Gas zu beliefern. Insbesondere gehe aus dieser Zusammenfassung hervor, dass es nach Auffassung von Overgas wegen der nicht ordnungsgemäßen und unvollständigen Umsetzung der Unionsrichtlinien und der ständigen Eingriffe der Regierung zugunsten von Bulgargaz und Bulgartransgaz sehr schwierig gewesen sei, auf den bulgarischen Gasversorgungsmärkten tätig zu werden. 1229 Das Gericht stellt fest, dass hingegen aus der anschließenden Stellungnahme vom 18. November 2010, zu der die Klägerinnen während des Verwaltungsverfahrens Zugang hatten, hervorgeht, dass Overgas der Ansicht war, dass die Klägerinnen mit Unterstützung der bulgarischen Regulierungsbehörde und der bulgarischen Regierung gegen Art. 102 AEUV verstoßen hätten. 1230 Das Gericht ist daher der Auffassung, dass die Ausführungen der Klägerinnen zur Nützlichkeit der oben in Rn. 1228 wiedergegebenen Aussagen für die Ausübung ihrer Verteidigungsrechte begründet sind. Es handelt sich dabei nämlich um Angaben, die es ihnen ermöglicht hätten, ihr Vorbringen dazu zu bestätigen und zu untermauern, dass die Schwierigkeiten, auf die Overgas beim Eintritt in die bulgarischen Gasversorgungsmärkte gestoßen sei, nicht ihnen zuzuschreiben seien, insbesondere im Hinblick darauf, dass die Kommission in Erwiderung auf die Behauptungen von Overgas darauf hingewiesen hatte, dass diese Schwierigkeiten auf Fehler oder Mängel bei der Umsetzung der europäischen Rechtsvorschriften durch die Republik Bulgarien zurückzuführen sein könnten. 1231 Zweitens weisen die Klägerinnen in ihrer Stellungnahme vom 27. April 2022 darauf hin, dass aus der Zusammenfassung der Zusammenkunft vom 13. Januar 2011 hervorgehe, dass Overgas davon ausgegangen sei, dass Transgaz und nicht die Klägerinnen den Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 kontrolliert habe. 1232 Im 296. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wird jedoch ausgeführt, dass sich Overgas an Transgaz gewandt habe, um Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 zu erhalten, ohne indes ihre ausdrückliche Aussage zu der Frage zu erwähnen, welches Unternehmen die Kontrolle über die rumänische Gaspipeline 1 ausübte. Das Gericht ist mit den Klägerinnen der Auffassung, dass die in Rede stehende Aussage entlastend zur Stützung des im 282. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegten Standpunkts der Klägerinnen hätte verwendet werden können, dass Transgaz als FNB für die Gewährung und Verwaltung des Zugangs Dritter zur rumänischen Gaspipeline 1 zuständig gewesen sei. 1233 Drittens machen die Klägerinnen geltend, aus der Zusammenfassung der Zusammenkunft vom 15. Dezember 2011 gehe hervor, dass die Kommission und Overgas übereinstimmend davon ausgegangen seien, dass der erste Antrag auf Zugang zum Fernleitungsnetz am 29. September 2010 gestellt worden sei, was ihren Standpunkt bestätige, wonach alle Kontakte vor diesem Zeitpunkt keine Zugangsanträge gewesen seien und der Missbrauch folglich nicht am 30. Juli 2010 habe beginnen können. 1234 Im Rahmen des zweiten „Unterklagegrundes“ ihres vierten Klagegrundes führen die Klägerinnen aus, dass das Schreiben vom 30. Juli 2010 keinen Antrag auf Zugang zum Fernleitungsnetz habe darstellen können und die Kommission im 101. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die vor dem 29. September 2010 liegenden Kontakte zwischen Overgas und Bulgartransgaz fehlerhaft als Anträge auf Zugang zu diesem Netz eingestuft habe. Wie sich aus den Rn. 790 bis 797 oben ergibt, geht aus der Zusammenfassung der Zusammenkunft vom 15. Dezember 2011 eindeutig hervor, dass die Kommission bei dieser Zusammenkunft selbst festgestellt hatte, dass der erste an Bulgartransgaz gerichtete Zugangsantrag von Overgas auf den 29. September 2011 datiert war. Diese Angabe, die nicht mit den Erwägungen der Kommission im angefochtenen Beschluss übereinstimmt, hat offensichtlich Auswirkungen auf die Beurteilung des Zeitpunkts des Beginns des angeblichen Missbrauchs, auf die Beurteilung des Verhaltens der Klägerinnen sowie auf die Dauer der Zuwiderhandlung und damit auf die Höhe der Geldbuße. Die Klägerinnen machen daher zu Recht geltend, dass die Offenlegung dieser Angabe ihnen eine bessere Verteidigung hätte ermöglichen können. 1235 Viertens ergibt sich aus der Zusammenfassung der Zusammenkunft vom 17. Juni 2013, dass Overgas der Kommission u. a. bestätigt hatte, dass sie seit dem 1. Januar 2013 Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 und zum Fernleitungsnetz gehabt habe, und dass für beide Infrastrukturen die Laufzeit der einschlägigen Vereinbarungen bis zum 31. Dezember 2013 verlängert worden sei. Nach Auffassung der Klägerinnen hätte ihnen diese Aussage ermöglicht, ihr Vorbringen zu bekräftigen, dass nach dem Zugang von Overgas zur rumänischen Gaspipeline 1 und zum Fernleitungsnetz am 1. Januar 2013 kein Missbrauch stattgefunden habe. 1236 Hierzu ist festzustellen, dass die Klägerinnen bereits im Stadium der Klageschrift – wie auch im Verwaltungsverfahren – geltend gemacht hatten, dass Overgas niemals eine bestimmte Gültigkeitsdauer für den Vertrag über den Zugang zur Gaspipeline für 2013 beantragt habe und dass sie dessen Dauer von drei Monaten nie in Frage gestellt habe. Ferner haben die Klägerinnen geltend gemacht, dass der Overgas für 2013 gewährte Zugang zum Fernleitungsnetz nicht restriktiv gewesen sei. 1237 Unter diesen Umständen hätte die Tatsache, dass Overgas, wie aus der Zusammenfassung ihrer Zusammenkunft mit der Kommission vom 17. Juni 2013, d. h. einige Monate nach der Unterzeichnung des Vertrags über den Zugang zur Pipeline für 2013, hervorgeht, keine Unzufriedenheit mit dem gewährten Zugang zur rumänischen Gaspipeline 1 und zum Fernleitungsnetz zum Ausdruck gebracht hatte, von den Klägerinnen zur Untermauerung ihres Vorbringens verwendet werden können, dass es jedenfalls ab 2013 keinen Missbrauch in Bezug auf diese Infrastrukturen gegeben habe. 1238 Aus den in den Rn. 1228 bis 1237 dargelegten Erwägungen ergibt sich somit, dass die Klägerinnen rechtlich hinreichend nachgewiesen haben, dass sie ohne die Unregelmäßigkeit, die die Kommission im Hinblick auf den Zugang zu den ausführlichen Protokollen begangen hatte, Zugang zu Angaben gehabt hätten, die ihnen eine bessere Verteidigung hätten ermöglichen können (Urteil vom 25. Oktober 2011, Solvay/Kommission, C‑110/10 P, EU:C:2011:687, Rn. 52). Wie sich außerdem aus Rn. 1233 und 1234 oben in Verbindung mit den Rn. 790 bis 797 oben ergibt, hätten einige der von den Klägerinnen in ihrer Stellungnahme vom 27. April 2022 angeführten Angaben sogar den Inhalt des angefochtenen Beschlusses in Frage stellen können. b) Zu den nicht offengelegten Angaben in den anschließenden Stellungnahmen 1239 In ihrer Stellungnahme vom 27. April 2022 konzentrieren die Klägerinnen ihre Kritik, dass der Zugang zu den anschließenden Stellungnahmen während des Verwaltungsverfahrens zu stark eingeschränkt worden sei, auf zwei Dokumente. 1240 Erstens machen die Klägerinnen geltend, aus der anschließenden Stellungnahme vom 18. November 2010 in ihrer am wenigsten geschwärzten Fassung, zu der sie aufgrund des Beschlusses vom 14. März 2022, Bulgarian Energy Holding u. a./Kommission (T‑136/19, EU:T:2022:149), Zugang hatten, gehe hervor, dass Overgas zugestanden habe, dass sich die Nachfrage aus den angeblichen Vereinbarungen über die Belieferung von neun Industriekunden im Jahr 2011 auf über 260 Mio. m3 belaufen habe. Die Klägerinnen weisen darauf hin, dass diese Mengen deutlich unter dem Volumen gelegen hätten, für das sich Overgas, wie sich aus dem 101. Erwägungsgrund Buchst. e des angefochtenen Beschlusses ergebe, um Zugang zum Fernleitungsnetz bemüht habe. 1241 Das Gericht stellt fest, dass die Klägerinnen ihre Verteidigungsrechte besser hätten gewährleisten können, wenn sie die vorstehend in Rn. 1240 genannten Gesichtspunkte zur Stützung ihres Vorbringens verwendet hätten, dass Overgas die Mengen, für die sie im Jahr 2011 Zugang zum Fernleitungsnetz beantragt habe, erheblich überhöht habe, und dass die Klägerinnen daher bei der Zusammenkunft mit Overgas am 1. Dezember 2010 um Erläuterungen hätten ersuchen müssen. 1242 Zweitens machen die Klägerinnen geltend, aus der anschließenden Stellungnahme vom 10. Juni 2011 in einer weniger vertraulichen Fassung, zu der sie aufgrund des Beschlusses vom 14. März 2022, Bulgarian Energy Holding u. a./Kommission (T‑136/19, EU:T:2022:149), Zugang hatten, gehe hervor, dass Overgas ihre Beschwerde auf die irreführende Prämisse gestützt habe, dass ihr Eintritt in die bulgarischen Gasversorgungsmärkte zu mehr Alternativen der Gasversorgung geführt hätte, was die Lieferanten verpflichtet hätte, ihre Preise nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen festzulegen. 1243 In ihrer Stellungnahme vom 27. April 2022 machen die Klägerinnen geltend, Bulgarien habe 2011 nur über eine einzige vorgelagerte Gasversorgungsquelle verfügt, nämlich Gazprom, zu der Overgas direkten Zugang gehabt habe, während Bulgargaz – über Overgas – nur einen indirekten Zugang gehabt habe. Zu dieser Zeit sei Overgas der Mittler von Gazprom in Bulgarien gewesen, und es sei wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung gegen Overgas ermittelt worden, insbesondere weil sie Bulgargaz überhöhte Preise in Rechnung gestellt habe. Somit habe der Eintritt von Overgas in den bulgarischen Markt nicht nur zu keiner Verstärkung des nachgeordneten Wettbewerbs geführt, sondern Bulgargaz hätte auch in keinem Fall Gas zu angemessenen Bedingungen kaufen können. 1244 Insoweit ist das Gericht der Auffassung, dass die Klägerinnen zu Recht geltend machen, dass die Kenntnis der oben in Rn. 1242 genannten Gesichtspunkte es ihnen ermöglicht hätte, sich besser zu verteidigen, insbesondere indem sie vor der Kommission geltend gemacht hätten, dass die Voraussetzungen für einen gesunden Wettbewerb auf dem nachgelagerten Markt vor allem aufgrund des Verhaltens von Overgas (und Gazprom) nicht erfüllt gewesen seien, was ihre Verteidigung auf der Grundlage einer objektiven Rechtfertigung oder zumindest ihre Argumente für eine Herabsetzung der Geldbuße hätte untermauern können. 1245 Aus den Erwägungen oben in den Rn. 1239 bis 1244 ergibt sich, dass die Klägerinnen rechtlich hinreichend nachgewiesen haben, dass sie ohne die Unregelmäßigkeit, die die Kommission im Hinblick auf die Angaben in den anschließenden Stellungnahmen von Overgas begangen hatte, Zugang zu Angaben gehabt hätten, die ihnen im Sinne der oben in Rn. 1238 angeführten Rechtsprechung eine bessere Verteidigung hätten ermöglichen können. c) Ergebnis zum ersten und zum zweiten Teil 1246 Aus der oben in den Rn. 1153 bis 1223 dargelegten Prüfung der Mängel des Verwaltungsverfahrens und ihrer Folgen für die Verteidigungsrechte der Klägerinnen, die oben in den Rn. 1224 bis 1245 geprüft worden sind, ergibt sich, dass dem ersten und dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes stattzugeben ist. [nicht wiedergegeben] E. Ergebnis zum Antrag auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses 1259 Da sowohl dem vierten Klagegrund, mit dem die fehlerhafte Feststellung des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung gerügt wird, als auch dem ersten Klagegrund, mit dem eine Verletzung der Verteidigungsrechte gerügt wird, stattgegeben worden ist, ist der angefochtene Beschluss insgesamt für nichtig zu erklären, ohne dass über die übrigen geltend gemachten Klagegründe entschieden zu werden braucht. 1260 Daraus folgt, dass den Anträgen der Klägerinnen auf Erlass prozessleitender Maßnahmen oder Maßnahmen der Beweisaufnahme, die darauf gerichtet sind, zum einen die Übermittlung der Beschwerdepunkte in der Sache Gazprom sowie der Dokumente, auf die darin Bezug genommen wird, soweit sie den bulgarischen Gasmarkt betreffen, und zum anderen die Übermittlung der der Sache Transgaz zugrunde liegenden Dokumente zu erreichen, nicht stattzugeben ist, da diese Anträge im gegenwärtigen Stadium für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht zweckdienlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. Juni 2002, British American Tobacco [Investments]/Kommission, T‑311/00, EU:T:2002:167, Rn. 50, und vom 9. März 2022, Zardini/Kommission, T‑511/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:122, Rn. 58). [nicht wiedergegeben] Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Der Beschluss C(2018) 8806 final der Kommission vom 17. Dezember 2018 in einem Verfahren nach Art. 102 AEUV (AT.39849 – BEH Gas) wird für nichtig erklärt. 2. Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Bulgarian Energy Holding EAD, der Bulgartransgaz EAD und der Bulgargaz EAD. 3. Die Republik Bulgarien und die Overgas Inc. tragen ihre eigenen Kosten. Gervasoni Madise Nihoul Frendo Martín y Pérez de Nanclares Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 25. Oktober 2023. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Englisch. (1 ) Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.
Urteil des Gerichts (Neunte erweiterte Kammer) vom 29. September 2021 (Auszüge).#Rubycon Corp. und Rubycon Holdings Co. Ltd gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Markt für Aluminium- und Tantal-Elektrolytkondensatoren – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens festgestellt wird – Abstimmung der Preise im gesamten EWR – Geldbußen – Teilerlass der Geldbuße – Rn. 26 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 – Herabsetzung der Geldbuße – Ziff. 37 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006 – Obergrenze von 10 % des Umsatzes – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung.#Rechtssache T-344/18.
62018TJ0344
ECLI:EU:T:2021:637
2021-09-29T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein – Abschnitt „Informationen über nicht veröffentlichte Entscheidungen“
62018TJ0344 URTEIL DES GERICHTS (Neunte erweiterte Kammer) 29. September 2021 (*1) „Wettbewerb – Kartelle – Markt für Aluminium- und Tantal-Elektrolytkondensatoren – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens festgestellt wird – Abstimmung der Preise im gesamten EWR – Geldbußen – Teilerlass der Geldbuße – Rn. 26 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 – Herabsetzung der Geldbuße – Ziff. 37 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006 – Obergrenze von 10 % des Umsatzes – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“ In der Rechtssache T‑344/18, Rubycon Corp. mit Sitz in Ina (Japan), Rubycon Holdings Co. Ltd mit Sitz in Ina, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt J. Rivas Andrés und Rechtsanwältin A. Federle, Klägerinnen, gegen Europäische Kommission, vertreten durch B. Ernst, L. Wildpanner und F. van Schaik als Bevollmächtigte, Beklagte, betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV zum einen auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2018) 1768 final der Kommission vom 21. März 2018 in einem Verfahren nach Art. 101 [AEUV] und Art. 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.40136 – Kondensatoren), soweit er die Klägerinnen betrifft, und zum anderen auf Herabsetzung der Geldbußen, die gegen sie verhängt wurden, erlässt DAS GERICHT (Neunte erweiterte Kammer) unter Mitwirkung der Präsidentin M. J. Costeira (Berichterstatterin), des Richters D. Gratsias, der Richterin M. Kancheva, des Richters B. Berke und der Richterin T. Perišin, Kanzler: E. Artemiou, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2020 folgendes Urteil (1 ) I. Vorgeschichte des Rechtsstreits A. Klägerinnen und betroffener Markt 1 Die Klägerinnen, die Rubycon Corp. (im Folgenden: erste Klägerin) und die Rubycon Holdings Co. Ltd (im Folgenden: zweite Klägerin), sind Unternehmen mit Sitz in Japan. Die erste Klägerin fertigt und vertreibt Aluminium-Elektrolytkondensatoren. Seit dem 1. Februar 2007 hält die zweite Klägerin 100 % des Kapitals der ersten Klägerin. 2 Die in Rede stehende Zuwiderhandlung betrifft Aluminium- und Tantal-Elektrolytkondensatoren. Kondensatoren sind elektrische Bauelemente, die in einem elektrischen Feld statisch Energie speichern. Elektrolytkondensatoren werden in fast allen elektronischen Produkten wie PCs, Tablet-PCs, Telefonen, Klimaanlagen, Kühlschränken, Waschmaschinen, Kfz-Produkten und Industriegeräten verwendet. Der Kundenkreis ist daher sehr diversifiziert. Elektrolytkondensatoren, genauer gesagt Aluminium- und Tantal-Elektrolytkondensatoren, sind Erzeugnisse, bei denen der Preis einen wichtigen Wettbewerbsfaktor darstellt. B. Verwaltungsverfahren 3 Am 4. Oktober 2013 beantragten Panasonic und ihre Tochtergesellschaften bei der Europäischen Kommission einen sogenannten Marker nach den Rn. 14 und 15 der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2006, C 298, S. 17, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006) und übermittelten Informationen über eine mutmaßliche Zuwiderhandlung im Bereich der Elektrolytkondensatoren. 4 Am 28. März 2014 verlangte die Kommission gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 und 102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) Auskünfte von mehreren auf dem Markt für Elektrolytkondensatoren tätigen Unternehmen, so auch von den Klägerinnen. 5 Am 26. Mai 2014 stellten die Klägerinnen bei der Kommission einen Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006. 6 Am 4. November 2015 nahm die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an, die sie u. a. an die Klägerinnen adressierte. Die Klägerinnen antworteten nicht auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte. 7 Die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte, darunter die Klägerinnen, wurden von der Kommission in einer mündlichen Anhörung vom 12. bis zum 14. September 2016 angehört. C. Angefochtener Beschluss 8 Am 21. März 2018 erließ die Kommission den Beschluss C(2018) 1768 final in einem Verfahren nach Art. 101 [AEUV] und Art. 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.40136 – Kondensatoren) (im Folgenden: angefochtener Beschluss). 1. Zuwiderhandlung 9 Mit dem angefochtenen Beschluss stellte die Kommission das Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auf dem Markt für Elektrolytkondensatoren fest, an der neun Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen beteiligt gewesen seien, nämlich Elna, Hitachi AIC, Holy Stone, Matsuo, NEC Tokin, Nichicon, Nippon Chemi-Con, Sanyo (Bezeichnung für Sanyo und Panasonic gemeinsam) und die Klägerinnen (alle zusammen im Folgenden: Kartellteilnehmer) (erster Erwägungsgrund und Art. 1 des angefochtenen Beschlusses). 10 Die Kommission stellte im Wesentlichen fest, dass die in Rede stehende Zuwiderhandlung vom 26. Juni 1998 bis zum 23. April 2012 im gesamten EWR stattgefunden habe und in Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestanden habe, die die Koordinierung der Preispolitik in Bezug auf die Lieferung von Aluminium- und Tantal-Elektrolytkondensatoren zum Gegenstand gehabt hätten (erster Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 11 Das Kartell sei hauptsächlich im Wege multilateraler Treffen organisiert worden, die normalerweise in Japan stattgefunden hätten, und zwar monatlich oder jeden zweiten Monat auf Ebene der leitenden Vertriebsangestellten und alle sechs Monate auf Führungsebene unter Beteiligung der Geschäftsführer (Erwägungsgründe 63, 68 und 738 des angefochtenen Beschlusses). 12 Die multilateralen Treffen seien anfänglich, nämlich von 1998 bis 2003, unter der Bezeichnung „Elektrolytkondensatorenkreis“ oder „Elektrolytkondensatorenkonferenz“ (im Folgenden: EKK-Treffen) abgehalten worden. Von 2003 bis 2005 hätten sie sodann unter der Bezeichnung „Aluminium-Tantalkonferenz“, „Gruppe der Aluminium- oder Tantalkondensatoren“ oder „ATC‑Treffen“ stattgefunden. Von 2005 bis 2012 seien die Treffen schließlich unter dem Namen „Marktforschungsgruppe“ oder „Marketinggruppe“ (im Folgenden: MK-Treffen) erfolgt. Parallel und ergänzend zu den MK-Treffen hätten zwischen 2006 und 2008 Treffen zur „Kostensteigerung“ oder zur „Stärkung der Kondensatoren“ (im Folgenden: CUP-Treffen) stattgefunden (69. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 13 Über diese multilateralen Treffen hinaus habe es zwischen den Kartellteilnehmern bei Bedarf auch bi-/trilaterale Ad-hoc-Kontakte gegeben (Erwägungsgründe 63, 75 und 739 des angefochtenen Beschlusses) (im Folgenden zusammenfassend: wettbewerbswidrige Kontakte). 14 Im Rahmen der wettbewerbswidrigen Kontakte hätten die Kartellteilnehmer vor allem Informationen über Preise und die künftige Preisgestaltung, über künftige Preisnachlässe und die Bandbreite dieser Nachlässe sowie über Angebot und Nachfrage, auch in der Zukunft, ausgetauscht. In bestimmten Fällen hätten die Kartellteilnehmer Preisabsprachen getroffen, die angewandt und eingehalten worden seien (Erwägungsgründe 62, 715, 732 und 741 des angefochtenen Beschlusses). 15 Die Kommission war der Ansicht, dass das Verhalten der Kartellteilnehmer eine Form der Vereinbarung und/oder der abgestimmten Verhaltensweise dargestellt habe, die einem gemeinsamen Ziel gedient habe, nämlich sich einem Preiswettbewerb zu entziehen und das künftige Verhalten beim Verkauf von Elektrolytkondensatoren abzustimmen, um so die Unsicherheit auf dem Markt zu verringern (Erwägungsgründe 726 und 731 des angefochtenen Beschlusses). 16 Die Kommission kam zu dem Schluss, dass dieses Verhalten einem einheitlichen wettbewerbswidrigen Ziel gedient habe (743. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 2. Verantwortlichkeit der Klägerinnen 17 Die Kommission nahm die Verantwortlichkeit der ersten Klägerin wegen ihrer unmittelbaren Teilnahme am Kartell vom 26. Juni 1998 bis zum 23. April 2012 an (961. Erwägungsgrund und Art. 1 Buchst. h des angefochtenen Beschlusses). 18 Außerdem nahm die Kommission die Verantwortlichkeit der zweiten Klägerin als Muttergesellschaft und Halterin des gesamten Gesellschaftskapitals der ersten Klägerin für den Zeitraum vom 1. Februar 2007 bis zum 23. April 2012 an (Erwägungsgründe 962 und 963 sowie Art. 1 Buchst. h des angefochtenen Beschlusses). 3. Gegen die Klägerinnen verhängte Geldbußen 19 Mit Art. 2 Buchst. k und l des angefochtenen Beschlusses wird zum einen „gesamtschuldnerisch“ eine Geldbuße in Höhe von 27718000 Euro gegen die erste und die zweite Klägerin verhängt und zum anderen eine Geldbuße in Höhe von 706000 Euro gegen die erste Klägerin. 4. Festsetzung der Höhe der Geldbußen 20 Für die Festsetzung der Höhe der Geldbußen bediente sich die Kommission der in ihren Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006) dargelegten Methode (980. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 21 Erstens verwendete die Kommission zur Festsetzung des Grundbetrags der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbußen gemäß Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 den Umsatz im letzten vollständigen Geschäftsjahr, in dem das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war (989. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 22 Die Kommission berechnete die Höhe der Umsätze anhand der Beträge, die Kunden im EWR für den Kauf von Aluminium- und Tantal-Elektrolytkondensatoren in Rechnung gestellt worden waren (990. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 23 Außerdem berechnete sie die Höhe des relevanten Umsatzes für die beiden Produktkategorien (Aluminium-Elektrolytkondensatoren und Tantal-Elektrolytkondensatoren) getrennt und wandte dafür je nach Dauer unterschiedliche Multiplikatoren an (991. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 24 Die Kommission setzte den nach Maßgabe der Schwere der Zuwiderhandlung zu bestimmenden Anteil am Umsatz auf 16 % fest. Insoweit führte sie aus, horizontale „Absprachen“ zur Abstimmung der Preise gehörten schon ihrer Art nach zu den schwerwiegendsten Verstößen gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens, und das Kartell habe sich auf den gesamten EWR erstreckt (Erwägungsgründe 1001 bis 1003 des angefochtenen Beschlusses). 25 Ferner bestimmte die Kommission gemäß Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 einen Zusatzbetrag in Höhe von 16 %, um eine ausreichende abschreckende Wirkung der verhängten Geldbuße sicherzustellen (1009. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 26 Was den Multiplikator für die Dauer der Zuwiderhandlung betrifft, gewährte die Kommission der ersten Klägerin nach Rn. 26 Abs. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 einen Teilerlass der Geldbuße für die Dauer der Zuwiderhandlung, und zwar für den Zuwiderhandlungszeitraum vom 26. Juni 1998 bis zum 28. August 2003, da sie hinsichtlich dieses Zeitraums zwingende Beweise übermittelt habe, die zur Feststellung zusätzlicher, die Dauer der Zuwiderhandlung erhöhender Tatsachen hätten herangezogen werden können (vgl. 1087. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 27 So setzte die Kommission in Bezug auf die erste Klägerin für den Zeitraum vom 29. August 2003 bis zum 23. April 2012 einen Multiplikator von 8,65 fest, wobei der Zeitraum vom 26. Juni 1998 bis zum 28. August 2003 unberücksichtigt blieb (siehe oben, Rn. 26). Für die zweite Klägerin verwendete die Kommission einen Multiplikator von 5,22 für den Zeitraum vom 1. Februar 2007 bis zum 23. April 2012 (1007. Erwägungsgrund, Tabelle 1 und Fn. 1658 des angefochtenen Beschlusses). 28 Die Kommission setzte den Grundbetrag der Geldbuße für die erste Klägerin dementsprechend auf 61434000 Euro und den Grundbetrag der Geldbuße für die zweite Klägerin auf 39598000 Euro fest (1010. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 29 Was zweitens die Anpassungen des Grundbetrags der Geldbußen betrifft, lehnte es die Kommission zunächst ab, den Klägerinnen auf der Grundlage von Ziff. 37 der Leitlinien von 2006 eine zusätzliche Ermäßigung der Geldbuße zu gewähren (Erwägungsgründe 1052 und 1053 des angefochtenen Beschlusses). 30 Sie stellte im Fall der Klägerinnen auch keine erschwerenden oder mildernden Umstände fest (1054. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 31 Die Kommission wandte sodann gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 die Obergrenze von 10 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes an (Erwägungsgründe 1057 und 1058 des angefochtenen Beschlusses). 32 Schließlich gewährte die Kommission den Klägerinnen nach Anwendung dieser Obergrenze von 10 % gemäß Rn. 26 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 eine Ermäßigung von 30 % der sonst gegen sie zu verhängenden Geldbuße, da sie als zweites Unternehmen Beweismittel mit erheblichem Mehrwert übermittelt hätten (Erwägungsgründe 1082 und 1083 des angefochtenen Beschlusses). 33 Die Kommission lehnte es aber ab, den Klägerinnen einen Teilerlass der Geldbuße wegen der Schwere der Zuwiderhandlung gemäß Rn. 26 Abs. 3 zu gewähren, da die von ihnen übermittelten Beweismittel keine Feststellung zusätzlicher, die Schwere der Zuwiderhandlung erhöhender Tatsachen ermöglicht hätten (Erwägungsgründe 1093 bis 1096 des angefochtenen Beschlusses). 34 Die Kommission setzte daher den Gesamtbetrag der Geldbußen für die Klägerinnen auf 28424000 Euro fest (1139. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). [nicht wiedergegeben] II. Verfahren und Anträge der Parteien 36 Mit Klageschrift, die am 4. Juni 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben. 37 Die Klagebeantwortung der Kommission ist am 27. September 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen. 38 Die Erwiderung und die Gegenerwiderung sind am 21. November 2018 und am 29. Januar 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen. 39 Auf Vorschlag der Zweiten Kammer hat das Gericht beschlossen, die Rechtssache nach Art. 28 seiner Verfahrensordnung an einen erweiterten Spruchkörper zu verweisen. 40 Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist die Berichterstatterin der Neunten erweiterten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache daher gemäß Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung zugewiesen worden ist. 41 Auf Vorschlag der Berichterstatterin hat das Gericht (Neunte erweiterte Kammer) beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen, und hat den Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung schriftliche Fragen gestellt und sie aufgefordert, diese in der mündlichen Verhandlung zu beantworten. 42 Die Parteien haben in der Sitzung vom 21. Oktober 2020 mündlich verhandelt und die schriftlichen und mündlichen Fragen des Gerichts beantwortet. 43 Nach dem Tod von Richter Berke am 1. August 2021 haben die drei Richter, die das vorliegende Urteil unterzeichnet haben, gemäß den Art. 22 und 24 Abs. 1 der Verfahrensordnung die Beratungen fortgesetzt. 44 Die Klägerinnen beantragen, – den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit er sie betrifft, und insbesondere Art. 1 Buchst. h, Art. 2 Buchst. k und l sowie Art. 4 des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären; – die gegen sie verhängten Geldbußen herabzusetzen; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 45 Die Kommission beantragt, – die Klage abzuweisen; – den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen. III. Rechtliche Würdigung [nicht wiedergegeben] B. Zur Begründetheit 53 Die Klägerinnen stützen die Beantragung der Nichtigerklärung der gegen sie verhängten Geldbußen und der Herabsetzung dieser Geldbußen auf zwei Klagegründe. Der erste Klagegrund betrifft die Weigerung der Kommission, den Klägerinnen wegen der von ihnen übermittelten Beweise für die Schwere der Zuwiderhandlung erhöhende Tatsachen einen Teilerlass der Geldbuße zu gewähren. Der zweite Klagegrund richtet sich gegen die Weigerung der Kommission, von der in den Leitlinien von 2006 vorgesehenen allgemeinen Methode abzuweichen und eine Ermäßigung der Geldbuße nach Ziff. 37 dieser Leitlinien zu gewähren. 1. Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses [nicht wiedergegeben] a) Zum ersten Klagegrund: Weigerung der Kommission, den Klägerinnen wegen der von ihnen übermittelten Beweise für die Schwere der Zuwiderhandlung erhöhende Tatsachen einen Teilerlass der Geldbuße zu gewähren 59 Im Rahmen des ersten Klagegrundes machen die Klägerinnen im Wesentlichen geltend, die Kommission habe es zu Unrecht abgelehnt, ihnen einen Teilerlass der Geldbuße nach Rn. 26 Abs. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 zu gewähren, da es der Kommission durch die von ihnen zu den EKK- und den CUP-Treffen übermittelten Beweise möglich gewesen wäre, die Schwere der Zuwiderhandlung zu erhöhen. [nicht wiedergegeben] 2) Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: Rechtsfehler bei der Anwendung von Rn. 26 Abs. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 [nicht wiedergegeben] i) Zur ersten Rüge: Rechtsfehler der Kommission bei der Feststellung der Verantwortlichkeit der Klägerinnen für ihre Teilnahme an den EKK-Treffen und den CUP-Treffen 78 Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe die von ihnen zu den CUP-Treffen und den EKK-Treffen übermittelten Beweise zu Unrecht herangezogen, um ihre Verantwortlichkeit für sämtliche Teile der Zuwiderhandlung, einschließlich dieser Treffen, festzustellen. Die Klägerinnen seien nämlich die Ersten gewesen, die Beweise für die CUP-Treffen übermittelt hätten, von deren Existenz die Kommission bis zu diesem Zeitpunkt nichts gewusst habe. Außerdem hätten ausschließlich die Klägerinnen Beweise für die EKK-Treffen vorgelegt. 79 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 80 Im vorliegenden Fall hat die Kommission zum einen die Verantwortlichkeit der ersten Klägerin aufgrund ihrer unmittelbaren Teilnahme am Kartell vom 26. Juni 1998 bis zum 23. April 2012 und der zweiten Klägerin in ihrer Eigenschaft als Muttergesellschaft der ersten Klägerin für den Zeitraum vom 1. Februar 2007 bis zum 23. April 2012 festgestellt (siehe oben, Rn. 17 und 18). 81 Zum anderen war die Kommission der Ansicht, dass nur die Klägerinnen Beweise für die wettbewerbswidrigen Kontakte in den Jahren 1998 bis 2004 übermittelt hätten, mit Ausnahme eines Kontakts im Laufe des Jahres 2003, und dass es ihr aufgrund dieser Beweise möglich gewesen sei, die Dauer der Zuwiderhandlung um den Zeitraum vom 26. Juni 1998 bis zum 28. August 2003 zu erweitern (1080. Erwägungsgrund sowie Fn. 1708 und 1709 des angefochtenen Beschlusses). 82 Außerdem ist die Kommission davon ausgegangen, dass die Klägerinnen als Erste Beweise zu den CUP-Treffen übermittelt hätten (Erwägungsgründe 1080 und 1096 sowie Fn. 1710 des angefochtenen Beschlusses) und dass diese Beweise es ihr ermöglicht hätten, einen weiteren funktionalen Aspekt des Kartells aufzudecken, nämlich Existenz, Art und Inhalt der zwischen 2006 und 2008 abgehaltenen CUP-Treffen (1080. Erwägungsgrund und Fn. 1710 des angefochtenen Beschlusses). 83 Auf der Grundlage dieser Erwägungen hat die Kommission zum einen der ersten Klägerin gemäß Rn. 26 Abs. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 einen Teilerlass der Geldbuße für den Zeitraum der Zuwiderhandlung vom 26. Juni 1998 bis zum 28. August 2003 gewährt. Obwohl die Kommission die Verantwortlichkeit der ersten Klägerin wegen ihrer unmittelbaren Teilnahme am Kartell im Zeitraum vom 26. Juni 1998 bis zum 23. April 2012 festgestellt hat, hat sie nämlich den Zeitraum vom 26. Juni 1998 bis zum 28. August 2003 bei der Festlegung des Multiplikators für die Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung nicht berücksichtigt (siehe oben, Rn. 17 und 26). 84 Die Kommission war also der Ansicht, dass der Zeitraum, der dem für die Dauer der Zuwiderhandlung gewährten Teilerlass der Geldbuße entspreche, den Zeitraum umfasse, in dem sämtliche EKK-Treffen mit Ausnahme des Treffens vom 7. November 2003 stattgefunden hätten (vgl. Erwägungsgründe 78 und 80 und Fn. 128 des angefochtenen Beschlusses sowie oben, Rn. 12 und 26). 85 Zum anderen vertrat die Kommission die Auffassung, dass die von den Klägerinnen übermittelten Beweise zu den EKK-Treffen und den CUP‑Treffen keine Feststellung zusätzlicher, die Schwere der Zuwiderhandlung erhöhender Tatsachen ermöglicht hätten. Folglich gewährte die Kommission den Klägerinnen keinen Teilerlass wegen der Schwere der Zuwiderhandlung nach Rn. 26 Abs. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 (siehe oben, Rn. 33). 86 Im Übrigen hat die Kommission die Klägerinnen aufgrund der Gesamtheit der von ihnen übermittelten Beweise als das zweite Unternehmen betrachtet, das Beweismittel mit einem erheblichen Mehrwert vorgelegt habe (Erwägungsgründe 1082 und 1083 des angefochtenen Beschlusses). Folglich gewährte die Kommission den Klägerinnen gemäß Rn. 26 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 eine Ermäßigung der andernfalls gegen sie zu verhängenden Geldbuße um 30 % (siehe oben, Rn. 32). 87 In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen keinen Fehler begangen hat, als sie diese wie oben in Rn. 80 beschrieben für die Zuwiderhandlung haftbar machte. 88 Der Teilerlass der Geldbuße nach Rn. 26 Abs. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 betrifft nämlich nur die Höhe der Geldbuße. Sind also die Voraussetzungen für einen solchen Teilerlass erfüllt, hat dies wie oben in Rn. 75 ausgeführt, lediglich zur Folge, dass sich die Kommission bei der Bestimmung der Schwere oder der Dauer der Zuwiderhandlung des Unternehmens, das einen Antrag auf Kronzeugenbehandlung gestellt hat, nicht auf die betreffenden Beweismittel stützen kann. In anderen Worten werden in diesem Fall die entsprechenden Umstände von der Kommission bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße nicht berücksichtigt. 89 Folglich wirkt sich der Teilerlass der Geldbuße nach Rn. 26 Abs. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 nicht auf den Umfang der Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung aus, die den Unternehmen, denen ein solcher Erlass gewährt wird, zur Last gelegt wird. [nicht wiedergegeben] 91 Die erste Rüge des zweiten Teils des ersten Klagegrundes, mit der geltend gemacht wird, die Kommission habe einen Rechtsfehler begangen, als sie die Verantwortlichkeit der Klägerinnen für ihre Teilnahme an den EKK-Treffen und den CUP-Treffen festgestellt habe, ist daher zurückzuweisen. ii) Zur zweiten Rüge: Rechtsfehler der Kommission bei der Feststellung, dass sich die von den Klägerinnen übermittelten Beweise nicht auf die Schwere der Zuwiderhandlung ausgewirkt hätten 92 Die Klägerinnen wenden sich gegen die Feststellung der Kommission in den Erwägungsgründen 1094 und 1096 des angefochtenen Beschlusses, dass die von ihnen übermittelten Beweise zu den EKK-Treffen und den CUP-Treffen keinen Einfluss auf die Schwere der Zuwiderhandlung gehabt hätten. Diese Beweise hätten, so die Klägerinnen, den Nachweis geliefert, dass die Zuwiderhandlung auch Preisabsprachen umfasst, sich also nicht auf Gespräche beschränkt habe, bei denen es um Informationen über Preise, Angebot und Nachfrage gegangen sei. Außerdem zeigten diese Beweise, dass es einen Melde- und einen Überwachungsmechanismus gegeben habe, um die Einhaltung der Preisabsprachen durch die beteiligten Unternehmen sicherzustellen. Diese Beweise seien daher für die Erhöhung der Schwere der Zuwiderhandlung ausschlaggebend gewesen. Zur Stützung ihres Vorbringens berufen sich die Klägerinnen auf die Urteile vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission (C‑603/13 P, EU:C:2016:38), und vom 26. April 2007, Bolloré u. a./Kommission (T‑109/02, T‑118/02, T‑122/02, T‑125/02, T‑126/02, T‑128/02, T‑129/02, T‑132/02 und T‑136/02, EU:T:2007:115). 93 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 94 Wie oben in den Rn. 73 und 74 ausgeführt, setzt die Gewährung eines Teilerlasses der Geldbuße nach Rn. 26 Abs. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 voraus, dass mehrere Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich dass das in Rede stehende Unternehmen als erstes Unternehmen zwingende Beweise im Sinne von Rn. 25 dieser Mitteilung übermittelt hat, dass diese Beweise die Feststellung zusätzlicher Tatsachen ermöglichen müssen, die über das hinausgehen, was die Kommission nachweisen kann, und dass diese zusätzlichen Tatsachen die Schwere oder die Dauer der Zuwiderhandlung erhöhen. 95 Daraus folgt, dass es für die Anwendung von Rn. 26 Abs. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 nicht genügt, dass Beweismittel im Sinne von Rn. 25 dieser Mitteilung zwingend sind. Vielmehr müssen sie der Kommission auch die Feststellung zusätzlicher, die Schwere oder Dauer der Zuwiderhandlung erhöhender Tatsachen ermöglichen (Urteil vom 29. Februar 2016, Deutsche Bahn u. a./Kommission, T‑267/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:110, Rn. 405). 96 Im vorliegenden Fall war die Kommission der Ansicht, dass allein die erste Klägerin Beweise für die EKK-Treffen vorgelegt habe und dass die Klägerinnen als Erste Beweise für die CUP-Treffen übermittelt hätten. Die Kommission konnte dank der von der ersten Klägerin zu den EKK-Treffen übermittelten Beweise die Dauer der Zuwiderhandlung ausweiten und gewährte ihr daher einen Teilerlass der Geldbuße für den Zeitraum vom 26. Juni 1998 bis zum 28. August 2003 (siehe oben, Rn. 80 bis 84). 97 Die Kommission vertrat jedoch auch die Auffassung, dass diese Beweise, insbesondere jene zu den CUP-Treffen, keine Feststellung zusätzlicher, die Schwere der Zuwiderhandlung erhöhender Tatsachen ermöglicht hätten (Erwägungsgründe 1094 und 1096 des angefochtenen Beschlusses). Folglich gewährte sie den Klägerinnen keinen Teilerlass der Geldbuße wegen der Schwere der Zuwiderhandlung (siehe oben, Rn. 85). 98 Insoweit geht aus dem angefochtenen Beschluss hervor, dass die Parteien nach Ansicht der Kommission während der gesamten Dauer der Kartellexistenz Informationen über Preise, Angebot und Nachfrage ausgetauscht hätten und dass die Unternehmen bei bestimmten EKK‑ und CUP-Treffen Preisabsprachen getroffen hätten. Sowohl die abgestimmten Verhaltensweisen als auch die Preisabsprachen seien jedoch als Ausprägungen des wettbewerbswidrigen Verhaltens im vorliegenden Fall Ausdruck desselben schweren Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV. Dass die Parteien nicht nur ihre Verhaltensweisen abgestimmt, sondern auch Vereinbarungen getroffen hätten, habe somit keinen Einfluss auf die Schwere der Zuwiderhandlung. Außerdem unterschieden sich die EKK-Treffen und die CUP-Treffen der Kommission zufolge nicht wesentlich von den anderen oben in Rn. 12 genannten multilateralen Treffen, die Teil derselben einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung sind, die Gegenstand des angefochtenen Beschlusses ist (vgl. Erwägungsgründe 72, 1094 und 1096 des angefochtenen Beschlusses). 99 Insbesondere habe die Offenlegung der CUP-Treffen durch die Klägerinnen aufgrund des Zeitraums, in dem sie stattgefunden hätten, und da sie gleicher Art gewesen seien wie die MK-Treffen und parallel zu diesen stattgefunden hätten, nicht zu einer Erhöhung der Schwere oder der Dauer der Zuwiderhandlung geführt (vgl. 1096. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 100 Ebenso war die Kommission hinsichtlich der Überwachung im Rahmen der CUP-Treffen der Ansicht, dass diese keine Besonderheit des Kartells sei, die sich auf die Schwere der Zuwiderhandlung auswirken könnte, was insbesondere daran liege, dass die Unternehmen ihr wechselseitiges Verhalten generell und auch außerhalb der CUP-Treffen überwachten (vgl. 716. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 101 Die Kommission ist daher zu dem Schluss gelangt, dass sich weder die EKK-Treffen noch die CUP-Treffen von den anderen Ausprägungen des wettbewerbswidrigen Verhaltens im vorliegenden Fall unterschieden, die allesamt abgestimmte Verhaltensweisen und/oder Preisabsprachen darstellten, die Teil desselben schweren Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV seien. Speziell zu den CUP-Treffen hat die Kommission festgestellt, dass die Zuwiderhandlung auch ohne diese Treffen genauso lang angedauert und eine ebenso schwere Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln dargestellt hätte. 102 Das Vorbringen der Klägerinnen stellt diese Schlussfolgerungen nicht in Frage. 103 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff der Vereinbarung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV, wie er in der Rechtsprechung ausgelegt worden ist, durch das Vorliegen einer Willensübereinstimmung zwischen mindestens zwei Parteien gekennzeichnet ist, deren Ausdrucksform unerheblich ist, sofern sie den Willen der Parteien getreu wiedergibt (vgl. Urteil vom 16. Juni 2015, FSL u. a./Kommission, T‑655/11, EU:T:2015:383, Rn. 413 und die dort angeführte Rechtsprechung). 104 Bei den aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Sinne dieser Bestimmung handelt es sich um eine Form der Koordinierung zwischen Unternehmen, die zwar noch nicht bis zum Abschluss eines Vertrags im eigentlichen Sinne gediehen ist, jedoch bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt (vgl. Urteil vom 16. Juni 2015, FSL u. a./Kommission, T‑655/11, EU:T:2015:383, Rn. 414 und die dort angeführte Rechtsprechung). 105 Nach ständiger Rechtsprechung erfassen die Begriffe Vereinbarung und abgestimmte Verhaltensweise nach Art. 101 Abs. 1 AEUV Formen der Kollusion, die in ihrer Art übereinstimmen und sich nur in ihrer Intensität und ihren Ausdrucksformen unterscheiden (vgl. Urteil vom 5. Dezember 2013, Solvay Solexis/Kommission, C‑449/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:802, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, EU:C:1999:356, Rn. 132). 106 Folglich umfassen die Tatbestände der Vereinbarung und der abgestimmten Verhaltensweise teilweise unterschiedliche Merkmale, sind aber untereinander nicht unvereinbar. Die Kommission ist somit nicht verpflichtet, jede der festgestellten Verhaltensweisen als Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise einzustufen, sondern kann völlig zu Recht einige dieser Verhaltensweisen als „Vereinbarungen“ und andere als „abgestimmte Verhaltensweisen“ qualifizieren (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, EU:C:1999:356, Rn. 132, und vom 16. Juni 2015, FSL u. a./Kommission, T‑655/11, EU:T:2015:383, Rn. 453). 107 Die doppelte Qualifizierung der Zuwiderhandlung als Vereinbarung „und/oder“ abgestimmte Verhaltensweise ist also so zu verstehen, dass sie sich auf einen Komplex von Einzelakten bezieht, von denen einige als Vereinbarung und andere als abgestimmte Verhaltensweise im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV anzusehen sind, der für diesen Typ einer komplexen Zuwiderhandlung keine spezifische Qualifizierung vorschreibt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Mai 2013, MRI/Kommission, T‑154/09, EU:T:2013:260, Rn. 165 und die dort angeführte Rechtsprechung). 108 So verhält es sich auch im vorliegenden Fall. Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Kommission nämlich das Vorliegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens festgestellt, die aus Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen besteht, die die Koordinierung der Preispolitik auf dem Gebiet der Aluminium- und Tantal-Elektrolytkondensatoren zum Gegenstand hatten (siehe oben, Rn. 9 und 10). 109 Insbesondere geht aus den Erwägungsgründen 704 bis 743 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass es nach Ansicht der Kommission nicht angezeigt war, die Verhaltensweisen als Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise einzustufen, da die in Rede stehende Zuwiderhandlung komplex und von langer Dauer gewesen sei. Hierzu stellte die Kommission zunächst fest, dass die oben in den Rn. 12 und 13 genannten wettbewerbswidrigen Kontakte alle das gleiche wettbewerbswidrige Ziel verfolgt hätten, nämlich die Koordinierung der Preispolitik. Sodann wies die Kommission darauf hin, dass die Verhaltensweisen der Unternehmen sowohl den Austausch von Informationen über Preise als auch den Austausch von Informationen über Angebot und Nachfrage und den Abschluss von Preisabsprachen in Verbindung mit einem Überwachungsmechanismus umfasst hätten, um deren Anwendung sicherzustellen. Zudem sei dieser Überwachungsmechanismus keine Besonderheit des Kartells, da die Unternehmen ihr wechselseitiges Verhalten unabhängig vom Bestehen eines solchen Mechanismus generell überwachten. Schließlich ging die Kommission davon aus, dass diese Verhaltensweisen in Form von Vereinbarungen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen entsprechend einem Gesamtplan erfolgt seien, mit dem ein einziges wettbewerbswidriges Ziel verfolgt worden sei. 110 Zwar nennt die Kommission im angefochtenen Beschluss die EKK‑Treffen und die CUP-Treffen als Beispiele für multilaterale Treffen, in deren Rahmen die Unternehmen Preisabsprachen getroffen und einen Überwachungsmechanismus geschaffen hätten, um deren Umsetzung zu gewährleisten (vgl. 715. Erwägungsgrund Buchst. c des angefochtenen Beschlusses). 111 Gleichwohl war sie der Ansicht, dass alle oben in Rn. 12 genannten multilateralen Treffen gemeinsame Merkmale aufwiesen und dass das Ziel der Gespräche, die bei diesen multilateralen Treffen geführt worden seien, über die gesamte Dauer der Zuwiderhandlung gleich oder weitgehend ähnlich geblieben sei (Erwägungsgründe 70 bis 72 und 741 des angefochtenen Beschlusses). Zudem sei der Überwachungsmechanismus keine Besonderheit des Kartells, da sich die Unternehmen auch außerhalb dieses Mechanismus generell gegenseitig überwachten (716. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 112 Somit ist im Licht der oben in den Rn. 105 bis 107 angeführten Rechtsprechung festzustellen, dass die Kommission im Rahmen der vorliegenden komplexen Zuwiderhandlung, an der mehrere Unternehmen beteiligt waren, die über mehrere Jahre ein gemeinsames Ziel der Koordinierung der Preispolitik verfolgten, nicht verpflichtet war, jede einzelne Zuwiderhandlung als Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise einzustufen. Beide Formen der Zuwiderhandlung sind jedenfalls von Art. 101 AEUV umfasst. 113 Daraus folgt, dass im vorliegenden Fall nicht zwischen einer angeblich erhöhten Schwere der „Vereinbarungen“ und einer geringeren Schwere der „abgestimmten Verhaltensweisen“ unterschieden werden kann. In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die Zuwiderhandlungen ohne Unterscheidung als Vereinbarungen „und/oder“ abgestimmte Verhaltensweisen eingestuft wurden, wobei jede davon das Vorliegen einer komplexen, einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV bestätigt, kann durch eine genaue Einstufung dieser Verhaltensweisen als Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen nicht die Schwere jedes einzelnen Verhaltens unterschieden werden. 114 Das Gegenteil ist der Fall – eine genaue Einstufung jedes einzelnen wettbewerbswidrigen Verhaltens, das einen Bestandteil des Kartells darstellt, als Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise kann sich nicht auf die Schwere der Zuwiderhandlung auswirken, da beide Arten von Zuwiderhandlungen von Art. 101 Abs. 1 AEUV erfasst sind und diese Vorschrift keine spezifische Einstufung für einen komplexen Verstoß wie den vorliegenden vorsieht. 115 Im Übrigen ist festzustellen, dass die von den Klägerinnen angeführten Urteile vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission (C‑603/13 P, EU:C:2016:38), und vom 26. April 2007, Bolloré u. a./Kommission (T‑109/02, T‑118/02, T‑122/02, T‑125/02, T‑126/02, T‑128/02, T‑129/02, T‑132/02 und T‑136/02, EU:T:2007:115), ihren Standpunkt nicht stützen. Im Unterschied zur vorliegenden Rechtssache betrafen die Rechtssachen, in denen die beiden genannten Urteile ergangen sind, Sachverhalte mit einer weniger ausgeprägten oder gar überhaupt nicht erfolgten Teilnahme an bestimmten Aspekten des Kartells wie einem Ausgleichsmechanismus oder einem System der Überwachung (vgl. Urteile vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission, C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 28, 29, 78, 86 und 93, und vom 26. April 2007, Bolloré u. a./Kommission, T‑109/02, T‑118/02, T‑122/02, T‑125/02, T‑126/02, T‑128/02, T‑129/02, T‑132/02 und T‑136/02, EU:T:2007:115, Rn. 418, 439, 563 und 566). Desgleichen ist im Unterschied zu den genannten Rechtssachen im vorliegenden Fall kein System der Überwachung oder ein anderer eigenständiger Mechanismus als eigener Bestandteil der vom angefochtenen Beschluss erfassten Zuwiderhandlung festgestellt worden. 116 Im vorliegenden Fall geht aus dem angefochtenen Beschluss hervor, dass die Kommission zum einen den nach Maßgabe der Schwere der Zuwiderhandlung zu bestimmenden Anteil am Umsatz auf 16 % festgesetzt hat. Dabei hat sie die Art der Zuwiderhandlung berücksichtigt, also den Umstand, dass diese aus horizontalen „Absprachen“ zur Koordinierung der Preise bestanden habe, die zu den schwerwiegendsten Verstößen gegen Art. 101 AEUV gehörten. Außerdem hat sie das räumliche Ausmaß der Zuwiderhandlung berücksichtigt und darauf hingewiesen, dass sich diese auf das gesamte Gebiet des EWR erstreckt habe (siehe oben, Rn. 24). 117 Zum anderen war die Kommission der Ansicht, dass der bei den CUP‑Treffen erörterte Überwachungsmechanismus keine Besonderheit des Kartells darstelle, da sich die Unternehmen unabhängig von diesem Mechanismus generell gegenseitig überwachten (siehe oben, Rn. 111). 118 Anders als in den Rechtssachen, in denen die oben in Rn. 115 angeführten Urteile ergangen sind, hat die im vorliegenden Fall in Rede stehende Zuwiderhandlung neben der Gesamtheit von Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen zur Koordinierung der Preispolitik, die diese Zuwiderhandlung bilden, keine weiteren eigenständigen Bestandteile. Insbesondere waren die CUP‑Treffen Teil der Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen und wiesen keine Besonderheiten auf, die sich speziell auf die Schwere der Zuwiderhandlung auswirken könnten (siehe oben, Rn. 98 und 99). 119 Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission keinen Fehler begangen hat, als sie befand, dass die Klägerinnen keine Beweise übermittelt hätten, anhand deren zusätzliche, die Schwere der Zuwiderhandlung erhöhende Tatsachen festgestellt werden könnten. 120 Die zweite Rüge des zweiten Teils des ersten Klagegrundes ist somit zurückzuweisen. [nicht wiedergegeben] 3) Zum dritten Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung 131 Im Rahmen des dritten Teils des ersten Klagegrundes machen die Klägerinnen geltend, die Kommission hätte ihnen eine Ermäßigung des Grundbetrags der Geldbuße um mindestens 3 % gewähren müssen, was der Ermäßigung entspreche, die sie den Unternehmen gewährt habe, deren Teilnahme an bestimmten Arten von Treffen nicht nachgewiesen worden sei, nämlich Sanyo, NEC Tokin (NEC Corp. und Tokin Corp.), Matsuo und Nichicon. Da sie dies nicht getan habe, habe die Kommission die Kartellteilnehmer, die in Bezug auf bestimmte Arten von Treffen tatsächliche Elemente der Zuwiderhandlung verheimlicht hätten, besser behandelt als die Klägerinnen, die die Existenz einer dieser Arten von Treffen offengelegt hätten. 132 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. [nicht wiedergegeben] 134 Im vorliegenden Fall beruht das Vorbringen der Klägerinnen auf einem fehlerhaften Vergleich zwischen dem Begriff des Teilerlasses der Geldbuße im Sinne von Rn. 26 Abs. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 und mildernden Umständen, die von der Kommission zu berücksichtigen sind, wie jene nach Ziff. 29 der Leitlinien von 2006. 135 Erstens ist die Situation der Klägerinnen in tatsächlicher Hinsicht nicht mit jener der anderen von ihnen genannten Kartellteilnehmer vergleichbar. 136 Zum einen ist zur Teilnahme an den CUP-Treffen und den MK‑Treffen festzustellen, dass die erste Klägerin nach Ansicht der Kommission zu den Teilnehmern gehörte (vgl. Erwägungsgründe 88 und 95 des angefochtenen Beschlusses), was die Klägerinnen im Übrigen nicht bestreiten. 137 Dagegen war die Kommission der Ansicht, dass die Teilnahme von Sanyo, NEC Tokin und Matsuo an den CUP-Treffen nicht erwiesen sei und dass es keine Beweise gebe, dass sie davon Kenntnis gehabt hätten (Erwägungsgründe 754, 759 und 764 des angefochtenen Beschlusses). Auch die Teilnahme von Nichicon an den MK-Treffen sei nicht erwiesen, und es gebe keine Beweise, dass Nichicon davon Kenntnis gehabt habe (761. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 138 Zum anderen ist zur Zusammenarbeit bei der Untersuchung der Kommission festzustellen, dass die Klägerinnen Beweise übermittelt haben, die es der Kommission ermöglicht haben, Existenz, Art und Inhalt der CUP-Treffen nachzuweisen (siehe oben, Rn. 82), was bei Sanyo, NEC Tokin, Matsuo und Nichicon nicht der Fall war. 139 Folglich ist die tatsächliche Situation der Klägerinnen ganz anders gelagert als jene von Sanyo, NEC Tokin, Matsuo und Nichicon. 140 Zweitens sind die beiden Situationen rechtlich nicht vergleichbar. Zum einen hatte die Kommission zu prüfen, ob die Nichtteilnahme an bestimmten wettbewerbswidrigen Kontakten seitens Sanyo, NEC Tokin, Matsuo und Nichicon als mildernder Umstand im Sinne von Ziff. 29 der Leitlinien von 2006 zu berücksichtigen war. Zum anderen ging es im Rahmen der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 für die Kommission darum, zu beurteilen, ob die Zusammenarbeit der Klägerinnen bei ihrer Untersuchung dazu führen musste, ihnen einen Teilerlass der Geldbuße zu gewähren. 141 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Betroffene bei Zuwiderhandlungen, die in den Anwendungsbereich der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 fallen, der Kommission grundsätzlich nicht mit Erfolg vorwerfen kann, dass sie den Umfang seiner Zusammenarbeit nicht außerhalb des rechtlichen Rahmens dieser Mitteilung als mildernden Umstand berücksichtigt habe (vgl. Urteil vom 29. Februar 2016, EGL u. a./Kommission, T‑251/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:114, Rn. 190 und die dort angeführte Rechtsprechung). 142 Daher kann die Zusammenarbeit der Klägerinnen nicht außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006, insbesondere nicht als mildernder Umstand im Sinne von Ziff. 29 der Leitlinien von 2006, gewertet werden. Nach dem vierten Gedankenstrich dieser Ziffer kann der Umstand, dass das betroffene Unternehmen außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen und über seine rechtliche Verpflichtung zur Zusammenarbeit hinaus aktiv mit der Kommission zusammenarbeitet, als mildernder Umstand gewertet werden, der zu einer Verringerung des Grundbetrags der Geldbuße führen kann. 143 Im Übrigen sind entgegen dem, was sich aus dem Vorbringen der Klägerinnen zu ergeben scheint, die Voraussetzungen für die Anwendung mildernder Umstände keineswegs mit den Voraussetzungen für die Gewährung eines Teilerlasses der Geldbuße vergleichbar, insbesondere was die Beurteilung der Schwere des Sachverhalts betrifft. 144 Nach der Rechtsprechung kann die Kommission die relative Schwere der Beteiligung eines Unternehmens an einer Zuwiderhandlung und die besonderen Umstände des Falles entweder bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung im Sinne von Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 oder aber bei der Anpassung des Grundbetrags anhand mildernder und erschwerender Umstände berücksichtigen (Urteil vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 104 und 105; vgl. auch Urteil vom 26. Januar 2017, Laufen Austria/Kommission, C‑637/13 P, EU:C:2017:51, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung). 145 Dagegen geht aus Rn. 26 Abs. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 hervor, dass ein Teilerlass der Geldbuße insbesondere gewährt wird, wenn ein Unternehmen, das einen Antrag auf Kronzeugenbehandlung gestellt hat, der Kommission Beweise übermittelt, die diese zur Feststellung zusätzlicher, die Schwere der Zuwiderhandlung erhöhender Tatsachen heranzieht; insoweit geht es um die generelle Schwere der Zuwiderhandlung. 146 Im vorliegenden Fall wurde zum einen durch die Ermäßigung von 3 %, die Sanyo, NEC Tokin, Matsuo und Nichicon gewährt wurde, der relativen Schwere ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung und auch ihrer Nichtteilnahme an bestimmten Arten von Treffen Rechnung getragen. 147 Zum anderen wurde die Weigerung, den Klägerinnen einen Teilerlass der Geldbuße wegen der Schwere der Zuwiderhandlung zu gewähren, damit begründet, dass insbesondere die Beweise zu den CUP-Treffen der Kommission keine Erhöhung der generellen Schwere der Zuwiderhandlung ermöglicht hätten (siehe oben, Rn. 33 und 97). 148 Daraus folgt, dass eine weniger günstige Behandlung der Klägerinnen im vorliegenden Fall nicht ersichtlich ist, da ihre Situation weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht mit jener der oben genannten Unternehmen vergleichbar ist. 149 Der dritte Teil des ersten Klagegrundes und damit der erste Klagegrund insgesamt sind daher zurückzuweisen. b) Zum zweiten Klagegrund: Weigerung der Kommission, von der in den Leitlinien von 2006 vorgesehenen allgemeinen Methode abzuweichen und eine Ermäßigung der Geldbuße nach Ziff. 37 dieser Leitlinien zu gewähren [nicht wiedergegeben] 2) Zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes: Rechtsfehler und Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung und der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen 169 Mit dem zweiten Teil des zweiten Klagegrundes machen die Klägerinnen einen Rechtsfehler sowie einen Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung und der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen geltend, soweit sich die Kommission geweigert habe, von der in den Leitlinien von 2006 vorgesehenen allgemeinen Methode abzuweichen und ihnen nach Ziff. 37 dieser Leitlinien eine zusätzliche Ermäßigung der Geldbuße zu gewähren. [nicht wiedergegeben] 174 Die Kommission wendet im Wesentlichen ein, dass sie im vorliegenden Fall nicht verpflichtet gewesen sei, von der allgemeinen, in den Leitlinien von 2006 vorgesehenen Methode abzuweichen. 175 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Leitlinien von 2006, wie oben in Rn. 58 ausgeführt, eine Verhaltensnorm darstellen, die einen Hinweis auf die zu befolgende Verwaltungspraxis enthält und von der die Kommission im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen abweichen kann, die insbesondere mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar sein müssen. 176 Des Weiteren ist daran zu erinnern, welche Schritte die Kommission vollzogen hat, um die Höhe der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbußen zu berechnen. Insoweit ergibt sich aus den Akten, dass zunächst der Grundbetrag der gegen die erste Klägerin zu verhängenden Geldbuße ohne Berücksichtigung des Zeitraums vom 26. Juni 1998 bis zum 28. August 2003 berechnet wurde, da die Kommission ihr für diesen Zeitraum einen Teilerlass der Geldbuße nach Rn. 26 Abs. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 gewährt hatte (siehe oben, Rn. 26). 177 So setzte die Kommission im Anschluss an die oben in den Rn. 21 bis 27 dargelegten Schritte den Grundbetrag der gegen die erste Klägerin zu verhängenden Geldbuße auf 61434000 Euro und den Grundbetrag der gegen die zweite Klägerin zu verhängenden Geldbuße auf 39598000 Euro fest. 178 Da der Grundbetrag der gegen die erste Klägerin zu verhängenden Geldbuße 10 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Umsatzes überstieg, setzte die Kommission sodann den Grundbetrag entsprechend dieser Grenze gemäß Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 auf 40606385 Euro herab (siehe oben, Rn. 31). 179 Schließlich ermäßigte die Kommission diesen Grundbetrag von 40606385 Euro gemäß Rn. 26 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 um 30 %. Der Gesamtbetrag der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbußen beläuft sich somit auf 28424000 Euro (siehe oben, Rn. 32 und 34). 180 Das Vorbringen der Klägerinnen ist im Licht dieser Erwägungen zu prüfen. 181 Erstens ist festzustellen, dass die Klägerinnen zu Unrecht geltend machen, aus der Rechtsprechung ergebe sich, dass die Kommission verpflichtet sei, von der in den Leitlinien von 2006 vorgesehenen allgemeinen Methode abzuweichen, da die Anwendung der in diesen Leitlinien vorgesehenen Methode dazu führe, dass die Obergrenze von 10 % des Umsatzes auf mehrere Kartellteilnehmer angewandt werde. 182 Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen stützt das Urteil vom 16. Juni 2011, Putters International/Kommission (T‑211/08, EU:T:2011:289), ihre Argumentation nicht. Das Gericht hat in Rn. 75 dieses Urteils zwar zunächst ausgeführt, dass die Multiplikation des nach dem Umsatz errechneten Wertes mit der Anzahl der Jahre, die das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war, dazu führen könnte, dass im Rahmen der Leitlinien von 2006 die Anwendung der in Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Obergrenze von 10 % für die Unternehmen, die hauptsächlich auf einem einzigen Markt tätig sind und mehr als ein Jahr an einem Kartell beteiligt waren, nunmehr eher die Regel als die Ausnahme darstellt. Weiter hat das Gericht angenommen, dass sich Differenzierungen nach der Schwere oder wegen mildernder Umstände normalerweise nicht mehr auf eine Geldbuße niederschlagen können, die bei 10 % gekappt wurde. 183 In Rn. 75 des Urteils vom 16. Juni 2011, Putters International/Kommission (T‑211/08, EU:T:2011:289), hat sich das Gericht jedoch zunächst auf die Feststellung beschränkt, dass die fehlende Differenzierung, die sich aus der neuen Methode für die Berechnung der Geldbußen im Rahmen der Leitlinien von 2006 ergibt, erfordern kann, dass das Gericht seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung in den konkreten Fällen ausschöpft, in denen die alleinige Anwendung der Leitlinien von 2006 keine angemessene Differenzierung zulässt. Weiter hat das Gericht, wie sich ebenfalls aus dieser Rn. 75 sowie aus den Rn. 81 bis 87 des genannten Urteils ergibt, entschieden, dass die Kommission in jenem Fall zu Recht zu dem Ergebnis gelangt war, dass kein Grund vorlag, der die von den Klägerinnen beantragte Ermäßigung der Geldbuße gerechtfertigt hätte. Das Gericht hat daher angenommen, dass die Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nicht erforderlich war. 184 Im Übrigen entsprach in der Rechtssache, in der das Urteil vom 16. Juni 2011, Putters International/Kommission (T‑211/08, EU:T:2011:289), ergangen ist, die letztlich von der Kommission verhängte Geldbuße der Höchstgeldbuße, also der Geldbuße, die der Obergrenze von 10 % des Umsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres entsprach. Dies ist im vorliegenden Fall anders, da den Klägerinnen nach Anwendung dieser Obergrenze noch eine Ermäßigung von 30 % auf die Geldbuße gewährt wurde, die andernfalls verhängt worden wäre (siehe oben, Rn. 32, 178 und 179). 185 Auch das Urteil vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission (T‑95/15, EU:T:2016:722), stützt das Vorbringen der Klägerinnen nicht. Zum einen hat das Gericht in den Rn. 50 ff. dieses Urteils nur die Frage geprüft, ob die Kommission ihrer Begründungspflicht nachgekommen war. Zum anderen hat das Gericht in Rn. 51 dieses Urteils nicht direkt auf das Urteil vom 16. Juni 2011, Putters International/Kommission (T‑211/08, EU:T:2011:289), Bezug genommen, sondern lediglich die diesbezüglichen Ausführungen der Kommission aus dem angefochtenen Beschluss wiedergegeben. 186 Das Vorbringen der Klägerinnen kann daher nicht mit Erfolg auf diese Urteile gestützt werden. Auch im Allgemeinen wird dieses Vorbringen von der Rechtsprechung nicht bestätigt. 187 So hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass es nicht gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verstößt, dass ein Unternehmen durch die Anwendung der Berechnungsmethode für Geldbußen nach den Leitlinien von 2006 mit einer Geldbuße belegt wird, die einen höheren Anteil an seinem Gesamtumsatz darstellt als den, den die Geldbußen darstellen, die den anderen Unternehmen jeweils auferlegt wurden. Es ist dieser Berechnungsmethode, die nicht auf dem Gesamtumsatz der betroffenen Unternehmen gründet, nämlich inhärent, dass zwischen den Unternehmen Ungleichheiten hinsichtlich des Verhältnisses zwischen diesem Umsatz und der Höhe der gegen sie verhängten Geldbußen auftreten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. September 2016, Pilkington Group u. a./Kommission, C‑101/15 P, EU:C:2016:631, Rn. 64). 188 Weiter geht aus der Rechtsprechung hervor, dass die Kommission, wenn gegen mehrere an derselben Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen Geldbußen festgesetzt werden, nicht dafür zu sorgen braucht, dass in den Endbeträgen der Geldbußen der betreffenden Unternehmen eine Differenzierung nach ihrem Gesamtumsatz zum Ausdruck kommt (vgl. Urteil vom 7. September 2016, Pilkington Group u. a./Kommission, C‑101/15 P, EU:C:2016:631, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung). 189 Überdies hat der Gerichtshof entschieden, dass der Unterschied des Prozentsatzes, den die Geldbuße am Gesamtumsatz der betreffenden Unternehmen wegen der geringeren Diversifizierung ihrer Tätigkeit ausmacht, für sich genommen keinen ausreichenden Grund dafür darstellt, um zu rechtfertigen, dass die Kommission von der Berechnungsmethode, die sie für sich selbst festgelegt hat, abweicht. Dies liefe nämlich darauf hinaus, einige Unternehmen auf der Grundlage eines Kriteriums zu bevorteilen, das im Hinblick auf die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung ohne Belang ist. Jedoch dürfen Unternehmen, die an einer gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßenden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise beteiligt waren, bei der Bemessung der Geldbuße nicht durch die Anwendung verschiedener Berechnungsmethoden ungleich behandelt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. September 2016, Pilkington Group u. a./Kommission, C‑101/15 P, EU:C:2016:631, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung). 190 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Umstand, dass die Kommission die Obergrenze von 10 % des Umsatzes auf den Grundbetrag der gegen die Klägerinnen und andere „Monoprodukt“-Unternehmen – soweit man diese Eigenschaft als erwiesen ansieht – zu verhängenden Geldbußen anzuwenden hat, die Kommission nicht verpflichtet, von der in den Leitlinien von 2006 vorgesehenen Methode für die Berechnung der Geldbußen abzuweichen. 191 Zweitens rechtfertigt der Umstand, dass die erste Klägerin ein „Monoprodukt“-Unternehmen ist, entgegen dem, was die Klägerinnen geltend zu machen scheinen, für sich genommen nicht, dass die Kommission von den Leitlinien von 2006 abweicht, um eine Ermäßigung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbußen zu gewähren. 192 Zunächst ergibt sich aus der oben in Rn. 189 angeführten Rechtsprechung, dass die Tatsache, dass ein an einem Kartell beteiligtes Unternehmen ein geringeres Produktportfolio hat, kein hinreichender Grund ist, um eine Abweichung der Kommission von der von ihr selbst festgelegten Methode für die Berechnung der Geldbußen zu rechtfertigen. Zum einen beruht die Methode zur Berechnung der Geldbußen gerade nicht auf dem Gesamtumsatz der Unternehmen, sondern vielmehr auf dem Wert der mit der Zuwiderhandlung in Zusammenhang stehenden Waren oder Dienstleistungen. Folglich ist es dieser Methode inhärent, dass zwischen den Unternehmen Unterschiede hinsichtlich des Verhältnisses zwischen diesem Umsatz und der Höhe der gegen sie verhängten Geldbußen auftreten. Zum anderen ist die geringere Diversifizierung der Tätigkeiten bestimmter Unternehmen im Hinblick auf die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung kein maßgebliches Kriterium und kann daher keinen Grund darstellen, diese Unternehmen durch die Anwendung unterschiedlicher Berechnungsmethoden zu begünstigen. 193 Ferner reichen die starke Spezialisierung der Klägerinnen oder die geringere Diversifizierung ihrer Tätigkeit im Vergleich zu anderen Kartellteilnehmern für sich genommen nicht aus, um nachzuweisen, dass die Kommission gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verstoßen hat, indem sie für die Berechnung der Höhe der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße keine besonderen Kriterien angewandt hat. Aus der Rechtsprechung ergibt sich nämlich, dass der Teil des Gesamtumsatzes, der aus dem Verkauf der Produkte stammt, die den Gegenstand der in Rede stehenden Zuwiderhandlung bilden, am besten geeignet ist, die wirtschaftliche Bedeutung der betreffenden Zuwiderhandlung wiederzugeben. Da die Klägerinnen einen besonders großen Teil ihres Gesamtumsatzes, wenn nicht sogar fast den gesamten Umsatz mit den Produkten erzielen, die den Gegenstand der Zuwiderhandlung bilden, spiegelt der Umstand, dass die gegen die Klägerinnen verhängte Geldbuße einen höheren Prozentsatz des Gesamtumsatzes darstellt als bei anderen Kartellteilnehmern, demnach lediglich die wirtschaftliche Bedeutung dieser Zuwiderhandlung für die Klägerinnen wider. Ein solches Ergebnis verstößt nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung oder gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 2019, Hitachi-LG Data Storage und Hitachi-LG Data Storage Korea/Kommission, T‑1/16, EU:T:2019:514, Rn. 112 und die dort angeführte Rechtsprechung). 194 Im Übrigen zieht ein Unternehmen wie die erste Klägerin, das einen besonders großen Anteil seines Gesamtumsatzes mit dem den Gegenstand der Absprache bildenden Erzeugnis erzielt, aus dieser einen entsprechend höheren Gewinn (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Dezember 2018, Servier u. a./Kommission, T‑691/14, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2018:922, Rn. 1923). 195 Drittens ist, soweit die Klägerinnen geltend machen, die Kommission habe in der Vergangenheit bei der Berechnung der gegen „Monoprodukt“-Unternehmen verhängten Geldbußen, die die Obergrenze von 10 % überschritten hätten, einen anderen Ansatz gewählt, darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach ständiger Rechtsprechung nicht an ihre frühere Entscheidungspraxis gebunden ist, da diese jedenfalls keinen rechtlichen Rahmen für die Berechnung der Höhe der Geldbußen bildet (vgl. Urteile vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 7. September 2016, Pilkington Group u. a./Kommission, C‑101/15 P, EU:C:2016:631, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung). 196 Viertens kann den Klägerinnen nicht gefolgt werden, soweit sie argumentieren, die Anwendung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes habe es im vorliegenden Fall weder ermöglicht, zwischen ihnen und den anderen „Monoprodukt“-Unternehmen zu unterscheiden, insbesondere hinsichtlich der unterschiedlichen Dauer ihrer Teilnahme am Kartell, noch habe dadurch der Grad der Zusammenarbeit der Klägerinnen berücksichtigt werden können, der sich nicht im Endbetrag der gegen sie verhängten Geldbußen widerspiegele. 197 Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission, wie aus dem 990. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, je nach Dauer sowohl für die Klägerinnen als auch für Elna und Nippon Chemi-Con unterschiedliche Multiplikatoren angewandt hat (siehe oben, Rn. 27, und 1007. Erwägungsgrund, Tabelle 1 des angefochtenen Beschlusses). Zwar wurden diese Multiplikatoren gemäß Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 auf den für die Berechnung des Grundbetrags der Geldbußen maßgeblichen Umsatz angewandt (siehe oben, Rn. 21). Es trifft auch zu, dass die Kommission angesichts des Ergebnisses dieser Rechnung die in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Obergrenze von 10 % des Umsatzes anzuwenden hatte, um den Grundbetrag der gegen diese Unternehmen verhängten Geldbußen unter diese Schwelle zu senken (vgl. 1058. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 198 Das Vorbringen der Klägerinnen, die Anwendung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes habe es nicht ermöglicht, sie von den anderen „Monoprodukt“-Unternehmen zu unterscheiden, lässt jedoch außer Acht, dass die maßgeblichen Kriterien für die Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße einem anderen Zweck dienen als die Obergrenze von 10 % des Umsatzes. 199 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Ziff. 2 der Leitlinien von 2006 der Grundbetrag nach Maßgabe der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung errechnet wird, während die Obergrenze von 10 % des Umsatzes im Vergleich zu den Kriterien der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung ein gesondertes und eigenständiges Ziel verfolgt. 200 So ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 der Kommission zwar ein Ermessen belässt, dessen Ausübung jedoch durch die Einführung objektiver Kriterien, an die sie sich halten muss, beschränkt. Infolgedessen hat die Geldbuße, die einem Unternehmen auferlegt werden kann, eine bezifferbare und absolute Obergrenze, so dass der Höchstbetrag der möglichen Geldbuße für ein konkretes Unternehmen im Voraus bestimmbar ist (vgl. Urteil vom 16. Februar 2017, Hansen & Rosenthal und H&R Wax Company Vertrieb/Kommission, C‑90/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:123, Rn. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung). 201 Zum einen soll diese Grenze überhöhte und unverhältnismäßige Geldbußen verhindern (Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 281). Zum anderen soll sie die Verhängung von Geldbußen verhindern, die die Unternehmen aufgrund ihrer Größe, wie sie, wenn auch nur annähernd und unvollständig, anhand ihres Gesamtumsatzes ermittelt wird, voraussichtlich nicht werden zahlen können. Die einzig mögliche Folge einer solchen Grenze ist, dass die anhand der Kriterien der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung berechnete Geldbuße auf den zulässigen Höchstbetrag gesenkt wird, wenn sie diesen überschreitet. Ihre Anwendung führt dazu, dass das betreffende Unternehmen nicht die gesamte Geldbuße zahlt, die an sich bei einer auf diese Kriterien gestützten Beurteilung verhängt werden müsste (vgl. Urteil vom 5. Oktober 2011, Romana Tabacchi/Kommission, T‑11/06, EU:T:2011:560, Rn. 257 und die dort angeführte Rechtsprechung). 202 Daraus folgt, dass, auch wenn die Anwendung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes bei Unternehmen mit einem geringeren Produktportfolio wahrscheinlicher ist, diese Anwendung als solche keine Auswirkung auf die Methode zur Berechnung der Geldbußen haben kann, da diese Methode und diese Obergrenze, wie sich aus den vorstehenden Rn. 199 bis 201 ergibt, unterschiedliche und eigenständige Ziele haben. 203 Fünftens machen die Klägerinnen zu Unrecht geltend, dass die Anwendung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes im vorliegenden Fall nicht das Ausmaß ihrer Zusammenarbeit bei der Untersuchung der Kommission widerspiegle. 204 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass, wie oben in Rn. 124 ausgeführt, das Ziel des Kronzeugenprogramms der Kommission nicht darin besteht, den Unternehmen, die an geheimen Kartellen beteiligt sind, die Möglichkeit zu verschaffen, sich den finanziellen Folgen ihrer Verantwortlichkeit zu entziehen, sondern darin, die Aufdeckung dieser Praktiken zu erleichtern und dann im Verwaltungsverfahren die Kommission in ihren Anstrengungen zur Rekonstruktion der relevanten Tatsachen so weit wie möglich zu unterstützen. 205 Somit wird die im Kronzeugenprogramm vorgesehene Belohnung nicht aus Gründen der Billigkeit gewährt, sondern als Gegenleistung für eine Zusammenarbeit, die die Arbeit der Kommission erleichtert hat (vgl. Urteil vom 29. Februar 2016, EGL u. a./Kommission, T‑251/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:114, Rn. 184 und die dort angeführte Rechtsprechung). 206 Im vorliegenden Fall geht aus dem angefochtenen Beschluss hervor, dass den Klägerinnen zunächst nach Rn. 26 Abs. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 ein Teilerlass der Geldbuße für den Zeitraum vom 26. Juni 1998 bis zum 28. August 2003 gewährt wurde. Im Anschluss daran wurde die Obergrenze von 10 % des Umsatzes nach Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 angewandt, und schließlich wurde die Geldbuße, die andernfalls gegen sie verhängt worden wäre, nach Rn. 26 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich dieser Mitteilung um 30 % ermäßigt (siehe oben, Rn. 26, 31 und 32). 207 Zum Teilerlass der Geldbuße für die Dauer der Zuwiderhandlung ist darauf hinzuweisen, dass es der Logik der Kronzeugenregelung inhärent ist, dass dieser Teilerlass im Sinne von Rn. 26 Abs. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 niemals in einer Herabsetzung des Endbetrags der Geldbuße besteht, sondern in einer Ausnahme von der Anwendung des anhand der Dauer errechneten Multiplikators, um sicherzustellen, dass gegen die Unternehmen, die einen Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung gestellt haben, keine Geldbuße für den Zeitraum verhängt wird, zu dem sie der Kommission Informationen übermittelt haben (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 24. März 2011, FRA.BO/Kommission, T‑381/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:111, Rn. 70). 208 Was ferner die Anwendung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes betrifft, ist zu berücksichtigen, dass, wie von der Kommission im 1062. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, der Umstand, dass eine einem Unternehmen gewährte Ermäßigung der Geldbuße durch die Wirkungen einer anderen zugunsten dieses Unternehmens angewandten Bestimmung hinfällig wird – im vorliegenden Fall die Obergrenze von 10 % des Umsatzes nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 – die von der Kommission für die Berechnung der Höhe der Geldbußen verwendete Methode nicht in Frage stellen kann. 209 Darüber hinaus hat die Kommission anerkannt, dass die Klägerinnen das zweite Unternehmen gewesen seien, das Beweismittel mit erheblichem Mehrwert vorgelegt habe, und hat ihnen eine Ermäßigung der andernfalls gegen sie zu verhängenden Geldbuße um 30 % gewährt, was dem in Rn. 26 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2006 vorgesehenen Höchstsatz für Ermäßigungen entspricht. 210 Daher ist das Vorbringen der Klägerinnen, hinsichtlich ihrer Zusammenarbeit bei der Untersuchung der Kommission sei keine Differenzierung vorgenommen worden, zurückzuweisen. Aus dem Vorstehenden ergibt sich vielmehr, dass im vorliegenden Fall die Anwendung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes und die Ermäßigung von 30 % aufgrund der Zusammenarbeit zu einer erheblichen Herabsetzung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße geführt haben. Der Grundbetrag der Geldbuße war nämlich für die erste Klägerin auf 61434000 Euro und für die zweite Klägerin auf 39598000 Euro festgesetzt worden, insgesamt also auf 101032000 Euro, während sich der Endbetrag der Geldbuße auf 28424000 Euro beläuft (siehe oben, Rn. 177 und 179). 211 Nach alledem ist im vorliegenden Fall kein Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung durch Anwendung der in den Leitlinien von 2006 vorgesehenen Methode für die Berechnung der Geldbußen ersichtlich. 212 Im Übrigen ist zum Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen darauf hinzuweisen, dass er gebietet, dass gemäß Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 bei der Festsetzung der Höhe der gesamtschuldnerisch zu zahlenden Geldbuße sowohl die Schwere der dem betroffenen Unternehmen individuell zur Last gelegten Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen sind (vgl. Urteil vom 19. Juni 2014, FLS Plast/Kommission, C‑243/12 P, EU:C:2014:2006, Rn. 107 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daraus folgt, dass die Kommission bei der Bestimmung des Außenverhältnisses des Schuldverbands insbesondere den Grundsatz der individuellen Straf- und Sanktionsfestsetzung zu beachten hat (Urteil vom 10. April 2014, Kommission/Siemens Österreich u. a. und Siemens Transmission & Distribution u. a./Kommission, C‑231/11 P bis C‑233/11 P, EU:C:2014:256, Rn. 52). 213 Mit ihrem Vorbringen machen die Klägerinnen aber nicht geltend, dass die Kommission irrtümlicherweise ein Gesamthaftungsverhältnis festgestellt habe, indem sie unterschiedlichen Unternehmen eine einheitliche Geldbuße auferlegt habe. 214 Der zweite Teil des zweiten Klagegrundes und folglich der zweite Klagegrund sind daher zurückzuweisen. [nicht wiedergegeben] Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Neunte erweiterte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Rubycon Corp. und die Rubycon Holdings Co. Ltd tragen ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission. Costeira Gratsias Kancheva Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 29. September 2021. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Englisch. (1 ) Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.
Urteil des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 12. Juli 2018.#Republik Österreich gegen Europäische Kommission.#Staatliche Beihilfen – Vom Vereinigten Königreich geplante staatliche Beihilfe zugunsten des Kernkraftwerks Hinkley Point C – ‚Contract for Difference‘, ‚Secretary of State Agreement‘ und Kreditgarantie – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wird – Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV – Ziel von allgemeinem Interesse – Förderung der Kernenergie – Erforderlichkeit eines Eingreifens des Staates – Garantiemitteilung – Bestimmung des Beihilfeelements – Verhältnismäßigkeit – Investitionsbeihilfe – Betriebsbeihilfe – Recht auf Äußerung – Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags – Begründungspflicht.#Rechtssache T-356/15.
62015TJ0356
ECLI:EU:T:2018:439
2018-07-12T00:00:00
Gericht
62015TJ0356 URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer) 12. Juli 2018 (*1) „Staatliche Beihilfen – Vom Vereinigten Königreich geplante staatliche Beihilfe zugunsten des Kernkraftwerks Hinkley Point C – ‚Contract for Difference‘, ‚Secretary of State Agreement‘ und Kreditgarantie – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wird – Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV – Ziel von allgemeinem Interesse – Förderung der Kernenergie – Erforderlichkeit eines Eingreifens des Staates – Garantiemitteilung – Bestimmung des Beihilfeelements – Verhältnismäßigkeit – Investitionsbeihilfe – Betriebsbeihilfe – Recht auf Äußerung – Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags – Begründungspflicht“ In der Rechtssache T‑356/15 Republik Österreich, vertreten zunächst durch C. Pesendorfer und M. Klamert, dann durch G. Hesse und M. Fruhmann als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt H. Kristoferitsch, Klägerin, unterstützt durch Großherzogtum Luxemburg, vertreten durch D. Holderer als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt P. Kinsch, Streithelfer, gegen Europäische Kommission, vertreten durch É. Gippini Fournier, R. Sauer, T. Maxian Rusche und P. Němečková als Bevollmächtigte, Beklagte, unterstützt durch die Tschechische Republik, vertreten durch M. Smolek, T. Müller und J. Vláčil als Bevollmächtigte, durch die Französische Republik, vertreten zunächst durch G. de Bergues, D. Colas und J. Bousin, dann durch D. Colas und J. Bousin als Bevollmächtigte, durch Ungarn, vertreten zunächst durch M. Fehér und M. Bóra, dann durch B. Sonkodi, dann durch A. Steiner als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt P. Nagy, schließlich durch A. Steiner, durch die Republik Polen, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten, durch Rumänien, vertreten zunächst durch R. Radu und M. Bejenar, dann durch M. Bejenar und C.‑R. Canţăr als Bevollmächtigte, durch die Slowakische Republik, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte, und durch das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten zunächst durch C. Brodie und S. Brandon, dann durch C. Brodie, S. Simmons und M. Holt, dann durch C. Brodie, S. Simmons und D. Robertson, dann durch C. Brodie und D. Robertson, dann durch C. Brodie, schließlich durch C. Brodie und Z. Lavery als Bevollmächtigte im Beistand von T. Johnston, Barrister, und A. Robertson, QC, Streithelfer, betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2015/658 der Kommission vom 8. Oktober 2014 über die vom Vereinigten Königreich geplante staatliche Beihilfe SA.34947 (2013/C) (ex 2013/N) zugunsten des Kernkraftwerks Hinkley Point C (ABl. 2015, L 109, S. 44), mit dem die Kommission festgestellt hat, dass die Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar sei, und die Durchführung der Beihilfe genehmigt hat, erlässt DAS GERICHT (Fünfte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias sowie der Richter A. Dittrich (Berichterstatter) und P. G. Xuereb, Kanzler: N. Schall, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Oktober 2017, folgendes Urteil I. Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland meldete am 22. Oktober 2013 Maßnahmen zur Unterstützung des Blocks C des Kernkraftwerks Hinkley Point (im Folgenden: Kernkraftwerk Hinkley Point C) an. Begünstigtes Unternehmen der angemeldeten Maßnahmen ist die NNB Generation Company Limited (im Folgenden: NNBG), eine Tochtergesellschaft der EDF Energy plc (im Folgenden: EDF). 2 Wegen der angemeldeten Maßnahmen eröffnete die Europäische Kommission am 18. Dezember 2013 ein förmliches Prüfverfahren. Der Beschluss wurde am 7. März 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (ABl. 2014, C 69, S. 60). 3 Am 8. Oktober 2014 erließ die Kommission dann den Beschluss (EU) 2015/658 über die vom Vereinigten Königreich geplante staatliche Beihilfe SA.34947 (2013/C) (ex 2013/N) zugunsten des Kernkraftwerks Hinkley Point C (ABl. 2015, L 109, S. 44, im Folgenden: angefochtener Beschluss). 4 Die vom Vereinigten Königreich angemeldeten Maßnahmen sind dort in Abschnitt 2 beschrieben. 5 Die erste angemeldete Maßnahme (vgl. Abschnitt 2.1 des angefochtenen Beschlusses) ist ein „Contract for Difference“. Es handelt sich dabei um ein Instrument, mit dem während des Betriebs des Kernkraftwerks Hinkley Point C für den von NNBG verkauften Strom Preisstabilität gewährleistet werden soll. In dem Vertrag ist vorgesehen, dass NNBG den im Kernkraftwerk Hinkley Point C erzeugten Strom auf dem Markt verkauft. Die Einkünfte von NNBG werden aber durch den „Contract for Difference“ stabilisiert. Hierzu wird der Basispreis, der auf der Grundlage der von NNBG veranschlagten Bau- und Betriebskosten, einschließlich eines angemessenen Gewinns, errechnet wurde, mit dem Referenzpreis verglichen, dem gewichteten Durchschnitt der Großhandelspreise, den das Vereinigte Königreich für alle mit einem „Contract for Difference“ geförderten Betreiber festlegt. Der Referenzpreis spiegelt den Marktpreis wider. Im Fall von NNBG ist der Referenzpreis der Referenzpreis auf dem Grundlastmarkt, der für alle Stromerzeuger im Grundlastbereich gilt. Liegt der Referenzpreis unter dem Basispreis, erhält NNBG eine Differenzzahlung, die der Differenz zwischen diesen beiden Preisen entspricht. Der Anspruch auf die Differenzzahlung wird begrenzt durch eine Höchsterzeugungsmenge. Liegt der Referenzpreis hingegen über dem Basispreis, ist NNBG verpflichtet, der Vertragspartei des „Contract for Difference“, nämlich der Low Carbon Contracts Company Ltd. (im Folgenden: Vertragspartei von NNBG), einer Einrichtung, zu deren Finanzierung alle lizenzierten Stromversorger gemeinsam gesetzlich verpflichtet sind, die Differenz zwischen den beiden Preisen zu erstatten. Es gibt zwei Gewinnbeteiligungsmechanismen. Der eine beruht auf den Produktionskosten, der andere auf der Höhe der Eigenkapitalrendite. Für die Überprüfung der Betriebskosten sind zwei Zeitpunkte festgelegt, nämlich 15 bzw. 25 Jahre nach Inbetriebnahme des ersten Reaktors. 6 Der „Contract for Difference“ sieht ferner vor, dass NNBG bei bestimmten Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen unter bestimmten Voraussetzungen Ausgleichszahlungen erhält. Solche Ausgleichszahlungen erhält NNBG unter bestimmten Voraussetzungen auch im Fall der vorzeitigen Stilllegung des Kernkraftwerks Hinkley Point C aus politischen Gründen oder aus Gründen der nuklearen Haftpflichtversicherung. Bei einer solchen Stilllegung können sowohl die Kapitalgeber von NNBG als auch das Vereinigte Königreich die Überführung von NNBG in Staatseigentum verlangen, wobei die Kapitalgeber eine Ausgleichszahlung erhalten. 7 Die zweite angemeldete Maßnahme (vgl. Abschnitt 2.3 des angefochtenen Beschlusses) ist eine Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Energie und Klimawandel des Vereinigten Königreichs und den Kapitalgebern von NNBG (im Folgenden: „Secretary of State Agreement“). Es handelt sich um eine Ergänzung des „Contract for Difference“. Die Vereinbarung sieht für den Fall, dass die Vertragspartei von NNBG nach einer politisch bedingten vorzeitigen Abschaltung des Kernkraftwerks Hinkley Point bei der Ausgleichszahlung an die Kapitalgeber von NNBG in Verzug geraten sollte, vor, dass das Ministerium den vereinbarten Ausgleich an die Kapitalgeber zahlt. Außerdem sind Gewinnbeteiligungsmechanismen geregelt. 8 Die dritte angemeldete Maßnahme (vgl. Abschnitt 2.2 des angefochtenen Beschlusses) ist eine Kreditgarantie des Vereinigten Königreichs für die von NNBG emittierten Schuldverschreibungen, mit der bis zu einem Betrag von 17 Mrd. Pfund Sterling (GBP) die fristgerechte Begleichung abgedeckter Verbindlichkeiten (Zinsen und Tilgung) garantiert wird. Die Kommission hat im angefochtenen Beschluss eine Kreditgarantiegebühr in Höhe von 295 Basispunkten gebilligt. 9 In Abschnitt 7 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission dargelegt, dass die drei angemeldeten Maßnahmen (im Folgenden: Maßnahmen des Vereinigten Königreichs) eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV beinhalteten. 10 In den Abschnitten 9 und 10 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission geprüft, ob die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV als mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden können. Sie hat insoweit ausgeführt, dass die Maßnahmen mit der bestehenden Marktordnung vereinbar seien (Abschnitt 9.1 des angefochtenen Beschlusses). Das Ziel von allgemeinem Interesse, das das Vereinigte Königreich mit den Maßnahmen verfolge, sei die Förderung der Kernenergie, insbesondere die Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung dieser Energieform (Abschnitt 9.2 des angefochtenen Beschlusses). Das Eingreifen des Vereinigten Königreichs sei notwendig, um dieses Ziel in angemessener Zeit zu erreichen (Abschnitt 9.3 des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission hat sodann geprüft, ob die Maßnahmen angemessene Instrumente darstellen, um das Ziel zu erreichen, und einen Anreizeffekt haben (Abschnitt 9.4 des angefochtenen Beschlusses). Zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen hat sie festgestellt, dass diese unter der Voraussetzung einer Anpassung der Kreditgarantiegebühr auf 295 Basispunkte und einer Änderung der Gewinnbeteiligungsmechanismen als erforderlich anzusehen seien und dass die Wettbewerbsverfälschungen beschränkt seien und die negativen Effekte der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs durch die positiven wettgemacht würden (Abschnitte 9.5 und 9.6 des angefochtenen Beschlusses). Auf dieser Grundlage ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar seien (Abschnitt 10 des angefochtenen Beschlusses). 11 Art. 1 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses lautet: „Die Beihilfe für [das Kernkraftwerk Hinkley Point C] in Form eines Contract for Difference …, einer Vereinbarung mit dem Ministerium (Secretary of State Agreement) und einer Kreditgarantie sowie alle damit in Zusammenhang stehenden Elemente, die das Vereinigte Königreich durchzuführen plant, sind im Sinne des Artikels 107 Absatz 3 Buchstabe c [AEUV] mit dem Binnenmarkt vereinbar.“ II. Verfahren vor dem Gericht und Anträge der Parteien 12 Mit Klageschrift, die am 6. Juli 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Republik Österreich die vorliegende Klage erhoben. 13 Die Kommission hat am 18. September 2015 die Klagebeantwortung eingereicht. 14 Am 5. November 2015 hat die Republik Österreich die Erwiderung eingereicht. 15 Die Kommission hat am 15. Januar 2016 die Gegenerwiderung eingereicht. 16 Mit Schriftsatz, der am 9. November 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Slowakische Republik beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Entscheidung des Präsidenten der Kammer vom 9. Dezember 2015 ist diesem Antrag stattgegeben worden. Am 14. März 2016 hat die Slowakische Republik ihren Streithilfeschriftsatz eingereicht. 17 Mit Schriftsatz, der am 20. November 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Großherzogtum Luxemburg beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Republik Österreich zugelassen zu werden. Mit Entscheidung des Präsidenten der Kammer vom 18. Dezember 2015 ist diesem Antrag stattgegeben worden. Am 24. März 2016 hat das Großherzogtum Luxemburg seinen Streithilfeschriftsatz eingereicht. 18 Mit Schriftsatz, der am 25. November 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Ungarn beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Entscheidung des Präsidenten der Kammer vom 6. Januar 2016 ist diesem Antrag stattgegeben worden. Am 24. März 2016 hat Ungarn seinen Streithilfeschriftsatz eingereicht. 19 Mit Schriftsatz, der am 26. November 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Vereinigte Königreich beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Entscheidung des Präsidenten der Kammer vom 6. Januar 2016 ist diesem Antrag stattgegeben worden. Am 23. März 2016 hat das Vereinigte Königreich seinen Streithilfeschriftsatz eingereicht. 20 Mit Schriftsatz, der am 30. November 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Französische Republik beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Entscheidung des Präsidenten der Kammer vom 11. Januar 2016 ist diesem Antrag stattgegeben worden. Am 18. März 2016 hat die Französische Republik ihren Streithilfeschriftsatz eingereicht. 21 Mit Schriftsatz, der am 2. Dezember 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Tschechische Republik beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Entscheidung des Präsidenten der Kammer vom 11. Januar 2016 ist diesem Antrag stattgegeben worden. Am 24. März 2016 hat die Tschechische Republik ihren Streithilfeschriftsatz eingereicht. 22 Mit Schriftsatz, der am 3. Dezember 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Republik Polen beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Entscheidung des Präsidenten der Kammer vom 11. Januar 2016 ist diesem Antrag stattgegeben worden. Am 24. März 2016 hat die Republik Polen ihren Streithilfeschriftsatz eingereicht. 23 Mit Schriftsatz, der am 3. Dezember 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Rumänien beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Entscheidung des Präsidenten der Kammer vom 11. Januar 2016 ist diesem Antrag stattgegeben worden. Am 24. März 2016 hat Rumänien seinen Streithilfeschriftsatz eingereicht. 24 Am 21. Juli 2016 hat die Republik Österreich ihre Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen der Tschechischen Republik, der Französischen Republik, Ungarns, der Republik Polen, Rumäniens, der Slowakischen Republik und des Vereinigten Königreichs eingereicht. 25 Die Kommission hat am 19. Juli 2016 ihre Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz des Großherzogtums Luxemburg eingereicht. 26 Auf Vorschlag des Berichterstatters hat das Gericht (Fünfte Kammer) beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen. Es hat an die Republik Österreich, an das Vereinigte Königreich und an die Kommission schriftliche Fragen gerichtet (prozessleitende Maßnahme gemäß Art. 89 der Verfahrensordnung), die fristgemäß beantwortet wurden. 27 Am 14. September 2017 hat die Kommission ein Beweisangebot vorgelegt, dem ein Dokument beigefügt war. Das Beweisangebot und das Dokument sind zu den Akten genommen worden. Die anderen Parteien haben Gelegenheit erhalten, hierzu Stellung zu nehmen. 28 Mit Schriftsätzen vom 18. bzw. 28. September 2017 haben die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich zum Sitzungsbericht Stellung genommen. 29 In der Sitzung vom 5. Oktober 2017 haben die Kommission, die Tschechische Republik, die Französische Republik, das Großherzogtum Luxemburg, Ungarn, die Republik Österreich und das Vereinigte Königreich mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 30 Das Großherzogtum Luxemburg und die Republik Österreich beantragen, – den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 31 Die Kommission beantragt, – die Klage als unbegründet abzuweisen; – der Republik Österreich die Kosten aufzuerlegen. 32 Die Tschechische Republik und die Slowakische Republik beantragen, – die Klage als unbegründet abzuweisen; – der Republik Österreich die Kosten aufzuerlegen. 33 Ungarn beantragt, – die Klage als unbegründet abzuweisen; – der Republik Österreich sämtliche Kosten des vorliegenden Verfahrens, einschließlich der Verwaltungskosten und der Rechtsanwaltsvergütung, aufzuerlegen. 34 Die Französische Republik, die Republik Polen, Rumänien und das Vereinigte Königreich beantragen, – die Klage als unbegründet abzuweisen. III. Rechtliche Würdigung 35 Die Republik Österreich macht zehn Klagegründe geltend. 36 Die Kommission gehe fälschlich vom Vorliegen eines eigenen Marktes für Kernenergie aus und nehme ebenso fälschlich an, dass auf diesem Markt ein Marktversagen vorliege (erster Klagegrund). 37 Die Kommission habe zu Unrecht festgestellt, dass es sich bei der im Kernkraftwerk Hinkley Point C angewandten Technologie um eine neuartige Technologie handle (zweiter Klagegrund). 38 Weiter habe sie zu Unrecht festgestellt, dass es sich bei den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs um Investitionsbeihilfen handele. Es handele sich um mit dem Binnenmarkt unvereinbare Betriebsbeihilfen (dritter Klagegrund). 39 Entgegen der Auffassung der Kommission werde mit dem Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C kein Ziel von „gemeinsamem“ Interesse verfolgt (vierter Klagegrund). 40 Die Kommission habe bei den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs das Beihilfeelement unzureichend determiniert (fünfter Klagegrund). 41 Die Feststellung der Kommission, dass die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügten, gehe fehl (sechster Klagegrund). 42 Das Vereinigte Königreich hätte für das Kernkraftwerk Hinkley Point C ein Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags durchführen müssen (siebter Klagegrund). 43 Die Kommission habe ihre Mitteilung über die Anwendung der Artikel [107] und [108] des [AEU‑]Vertrags auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (ABl. 2008, C 155, S. 10) (im Folgenden: Garantiemitteilung) nicht beachtet (achter Klagegrund). 44 Sie habe auch ihre Begründungspflicht verletzt (neunter Klagegrund). 45 Außerdem sei der Anspruch auf Gewährung von rechtlichem Gehör verletzt worden (zehnter Klagegrund). 46 Die Republik Österreich wendet sich mit ihrer Klage gegen die Feststellung der Kommission, dass die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden könnten. 47 Nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV können Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, die die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden. 48 Die Feststellung, dass eine Beihilfe gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass die Beihilfe der Entwicklung eines Wirtschaftszweigs dient, der ein Ziel von öffentlichem Interesse darstellt; außerdem muss die Beihilfe geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juni 2010, Mediaset/Kommission, T‑177/07, EU:T:2010:233, Rn. 125). 49 Der Systematik von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV folgend ist zunächst der vierte Klagegrund zu prüfen, der sich auf das vom Vereinigten Königreich definierte Ziel von öffentlichem Interesse bezieht, nämlich die Förderung der Kernenergie, insbesondere die Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung dieser Energieform, im Anschluss daran der zweite Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission habe zu Unrecht festgestellt, dass es sich bei der im Kernkraftwerk Hinkley Point C angewandten Technologie um eine neuartige Technologie handle, dann der erste Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission habe den relevanten Markt nicht richtig abgegrenzt und zu Unrecht ein Marktversagen angenommen, und schließlich der fünfte (unzureichende Determinierung der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs), der achte (Nichtbeachtung der Garantiemitteilung) und der siebte Klagegrund (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit). 50 Unter Berücksichtigung des Ergebnisses dieser Prüfung wird dann der dritte Klagegrund geprüft werden, mit dem geltend gemacht wird, es handele sich bei den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs um mit dem Binnenmarkt unvereinbare Betriebsbeihilfen. 51 Anschließend werden der siebte Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, das Vereinigte Königreich hätte für das Kernkraftwerk Hinkley Point C ein öffentliches Vergabeverfahren durchführen müssen, und der zehnte Klagegrund, mit dem eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt wird, geprüft werden. 52 Der neunte Klagegrund, mit dem eine Verletzung der Begründungspflicht gerügt wird, gliedert sich in sechs Teile. Da diese sich auf Feststellungen der Kommission beziehen, deren Richtigkeit im Rahmen der ersten sechs Klagegründe in Zweifel gezogen wird, werden sie zusammen mit diesen Klagegründen geprüft werden. 53 Bevor nun auf die einzelnen Klagegründe eingegangen werden wird, ist zunächst noch das Vorbringen der Republik Österreich zu prüfen, der Streithilfeschriftsatz Ungarns sei unzulässig. A. Zu dem Vorbringen, der Streithilfeschriftsatz Ungarns sei unzulässig 54 Die Republik Österreich macht geltend, der Streithilfeschriftsatz Ungarns sei als unzulässig zurückzuweisen. Beim Beitritt zu einer Klage könnten nur die Anträge einer Partei unterstützt werden. Ungarn sei als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen worden, die die Zurückweisung des Antrags auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses beantrage. Dieser sei auf Art. 107 AEUV gestützt. In seinem Streithilfeschriftsatz mache Ungarn aber geltend, dass Art. 107 AEUV im Bereich der Kernenergie überhaupt nicht zur Anwendung komme. Dann wäre der angefochtene Beschluss aber für nichtig zu erklären. Ungarn unterstütze demnach nicht die Anträge der Kommission. 55 Nach Art. 40 Abs. 4 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 142 der Verfahrensordnung kann die Streithilfe nur die völlige oder teilweise Unterstützung der Anträge einer Hauptpartei zum Gegenstand haben. Sofern der Streitgegenstand nicht geändert und mit der Streithilfe durchweg die Unterstützung der Anträge der Hauptpartei bezweckt wird, kann der Streithelfer aber durchaus andere Argumente als die Hauptpartei vorbringen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juni 1995, Siemens/Kommission, T‑459/93, EU:T:1995:100, Rn. 21). 56 Zum Streithilfeschriftsatz Ungarns ist als Erstes festzustellen, dass sich die Anträge mit denen der Kommission decken. Wie die Kommission beantragt Ungarn die Abweisung des von der Republik Österreich gestellten Antrags auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses. 57 Als Zweites ist festzustellen, dass Ungarn in seinem Streithilfeschriftsatz nicht bestreitet, dass die Kommission unter den Umständen des vorliegenden Falls befugt war, den angefochtenen Beschluss auf der Grundlage von Art. 107 AEUV zu erlassen. 58 Somit ist der Streithilfeschriftsatz Ungarns, selbst wenn das in ihm enthaltene Vorbringen zur Zuständigkeit der Kommission für den Erlass von Beschlüssen gemäß den Art. 107 und 108 AEUV im Bereich der Kernenergie teilweise über den Rahmen des Rechtsstreits hinausgehen sollte, entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich nicht insgesamt als unzulässig zurückzuweisen. B. Zum vierten Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, dass die Förderung der Kernenergie kein Ziel von „gemeinsamem“ Interesse sei, und zum fünften Teil des neunten Klagegrundes, mit dem eine unzureichende Begründung des angefochtenen Beschlusses gerügt wird 59 Mit dem vierten Klagegrund und dem fünften Teil des neunten Klagegrundes wird die Feststellung der Kommission angegriffen, dass das vom Vereinigten Königreich mit seinen Maßnahmen verfolgte Ziel, nämlich die Förderung der Kernenergie, ein Ziel von „gemeinsamem“ Interesse sei (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 366 bis 374). 60 In einem ersten Schritt wird das Vorbringen der Republik Österreich geprüft werden, der angefochtene Beschluss sei hinsichtlich der Feststellung, dass das vom Vereinigten Königreich mit seinen Maßnahmen verfolgte Ziel ein Ziel von „gemeinsamem“ Interesse sei, nicht hinreichend begründet (neunter Klagegrund, fünfter Teil). Sodann wird in einem zweiten Schritt auf das Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und der Republik Österreich eingegangen werden, die Feststellungen der Kommission in den Erwägungsgründen 366 bis 374 des angefochtenen Beschlusses gingen fehl (vierter Klagegrund). 1. Zum fünften Teil des neunten Klagegrundes (unzureichende Begründung des angefochtenen Beschlusses) 61 Im Rahmen des fünften Teils des neunten Klagegrundes macht die Republik Österreich geltend, der angefochtene Beschluss sei hinsichtlich der Feststellung, dass das vom Vereinigten Königreich mit seinen Maßnahmen verfolgte Ziel ein Ziel von „gemeinsamem“ Interesse sei, nicht hinreichend begründet. Die Kommission habe im angefochtenen Beschluss das Verhältnis zwischen den Vorschriften des Euratom-Vertrags und den Vorschriften des AEU-Vertrags nicht genug beleuchtet. Die entsprechenden Ausführungen der Kommission seien nicht nachvollziehbar und unzureichend. 62 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 63 Die durch Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung muss der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das ihn erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteil vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission, C‑182/03 und C‑217/03, EU:C:2006:416, Rn. 137). Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob ein Rechtsakt hinsichtlich seiner Begründung den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteil vom 11. Juli 2014, DTS Distribuidora de Televisión Digital/Kommission, T‑533/10, EU:T:2014:629, Rn. 199). 64 Die Frage, ob die Begründung des angefochtenen Beschlusses hinsichtlich der Feststellung, dass das vom Vereinigten Königreich mit seinen Maßnahmen verfolgte Ziel ein Ziel von „gemeinsamem“ Interesse ist, ausreicht, ist nach Maßgabe dieser Rechtsprechung zu prüfen. 65 Als Erstes ist festzustellen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 366 bis 374 des angefochtenen Beschlusses auf das Verhältnis zwischen den Vorschriften des Euratom-Vertrags und Art. 107 AEUV zwar nicht eigens eingegangen ist, aus Abschnitt 7 („Vorliegen einer staatlichen Beihilfe“) des angefochtenen Beschlusses jedoch hervorgeht, dass die Kommission angenommen hat, dass Art. 107 AEUV auf die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs anwendbar ist. Außerdem hat sie in Abschnitt 9.2 („Ziele von gemeinsamem Interesse“) des angefochtenen Beschlusses ihre Feststellung, dass die Förderung der Kernenergie ein Ziel von „gemeinsamem“ Interesse sei, u. a. auf Art. 2 Buchst. c und Art. 40 EA gestützt, ist also davon ausgegangen, dass bei der Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV die Vorschriften des Euratom-Vertrags heranzuziehen sind. 66 Als Zweites ist festzustellen, dass der Kontext zu berücksichtigen ist, in dem der angefochtene Beschluss ergangen ist. Dazu gehört u. a. die bisherige Praxis der Kommission, die die Mitgliedstaaten kennen müssen. Der Ansatz, dem die Kommission im angefochtenen Beschluss gefolgt ist, entspricht aber deren bisheriger Praxis. Danach waren Maßnahmen eines Mitgliedstaats, die sich auf einen Bereich bezogen, der unter den Euratom-Vertrag fiel, soweit sie nicht für die Ziele des Euratom-Vertrags notwendig waren, über diese hinausgingen oder den Wettbewerb im Binnenmarkt verfälschen oder zu verfälschen drohten, auch nach Art. 107 AEUV zu prüfen (vgl. Entscheidung 2005/407/EG der Kommission vom 22. September 2004 über die staatliche Beihilfe des Vereinigten Königreichs zugunsten von British Energy plc, ABl. 2005, L 142, S. 26, 239. Erwägungsgrund). Ein Ziel, das unter den Euratom-Vertrag fiel, konnte ein Ziel von allgemeinem Interesse im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV sein (vgl. in diesem Sinne Entscheidung 2006/643/EG der Kommission vom 4. April 2006 über die staatliche Beihilfe des Vereinigten Königreichs für die Einrichtung der Agentur für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen, ABl. 2006, L 268, S. 37, 162. Erwägungsgrund). 67 Aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses geht also hinreichend deutlich hervor, dass die Kommission davon ausgegangen ist, dass bei den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs, auch wenn sie die Kernenergie betreffen, soweit sie staatliche Beihilfen darstellen, zu prüfen war, ob sie im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar sind, und dass bei der Anwendung dieser Bestimmung, insbesondere bei der Prüfung der Frage, ob die Förderung der Kernenergie ein Ziel von öffentlichem Interesse im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV ist, die Vorschriften des Euratom-Vertrags zu berücksichtigen waren. Die Betroffenen konnten der Begründung des angefochtenen Beschlusses mithin die Gründe für dessen Erlass entnehmen, und das Gericht ist in der Lage, seine Kontrollaufgabe wahrzunehmen. 68 Folglich ist der fünfte Teil des neunten Klagegrundes (Verletzung der Begründungspflicht) zurückzuweisen. 2. Zum vierten Klagegrund (Richtigkeit der Feststellungen der Kommission) 69 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg wenden sich gegen die Feststellungen der Kommission in den Erwägungsgründen 366 bis 374 des angefochtenen Beschlusses. Sie meinen, anders als die Kommission festgestellt habe, sei die Förderung der Kernenergie nicht von gemeinsamem Interesse. 70 Die Kommission, die Tschechische Republik, die Französische Republik, Ungarn, die Republik Polen, Rumänien, die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. 71 Bevor auf das Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg eingegangen wird, mit dem die Feststellung der Kommission, die Kernenergie stelle ein Ziel von „gemeinsamem“ Interesse dar, angegriffen wird, ist zunächst zu prüfen, inwieweit Art. 107 AEUV auf Maßnahmen, die den Bereich der Kernenergie betreffen, anwendbar ist und inwieweit bei der Anwendung dieser Vorschrift die Ziele des Euratom-Vertrags zu berücksichtigen sind. a) Zur Anwendung von Art. 107 AEUV auf den Bereich der Kernenergie betreffende Maßnahmen und zur Berücksichtigung der Ziele des Euratom-Vertrags bei der Anwendung dieser Vorschrift 72 Zur Anwendbarkeit von Art. 107 AEUV auf Maßnahmen, die den Bereich der Kernenergie betreffen, ist festzustellen, dass die Vorschriften des EU- und des AEU-Vertrags die Vorschriften des Euratom-Vertrags nicht beeinträchtigen (Art. 106a Abs. 3 EA). Die Vorschriften des Euratom-Vertrags sind gegenüber den Vorschriften des AEU-Vertrags also lex specialis, d. h., sie gehen Letzteren vor. 73 Dass die Vorschriften des Euratom-Vertrags gegenüber den Vorschriften des AEU-Vertrags lex specialis sind, schließt bei Maßnahmen, mit denen ein unter den Euratom-Vertrag fallendes Ziel verfolgt wird, die Anwendbarkeit von Art. 107 AEUV aber nicht aus. Sofern der Euratom-Vertrag keine speziellen Regelungen enthält, sind die Vorschriften des AEU-Vertrags über eine Politik der Union auf solche Maßnahmen anwendbar (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. März 1990, Griechenland/Rat, C‑62/88, EU:C:1990:153, Rn. 17, vom 12. April 2005, Kommission/Vereinigtes Königreich, C‑61/03, EU:C:2005:210, Rn. 44, und vom 4. Juni 2015, Kernkraftwerke Lippe-Ems, C‑5/14, EU:C:2015:354, Rn. 69 bis 82; vgl. entsprechend auch Gutachten 1/94 [Abkommen, die dem WTO-Abkommen als Anhänge beigefügt sind] vom 15. November 1994, EU:C:1994:384, Rn. 24). 74 Der Euratom-Vertrag enthält aber keine umfassenden Wettbewerbsregeln, die einer Anwendung der in Titel VII Kapitel 1 des AEU-Vertrags enthaltenen Regeln entgegenstehen könnten. Insbesondere sind im Euratom-Vertrag staatliche Beihilfen nicht abschließend geregelt. 75 Zwar betreffen bestimmte Vorschriften des Euratom-Vertrags wie etwa Art. 2 Buchst. c und die Vorschriften in Titel II Kapitel 4 die Investitionen im Bereich der Kernenergie. In ihnen ist aber nicht geregelt, unter welchen Voraussetzungen staatliche Beihilfen, die solche Investitionen betreffen, trotz der durch sie bedingten Wettbewerbsverzerrungen als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können. 76 Demnach ist Art. 107 AEUV auf die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs, auch wenn mit ihnen ein Ziel verfolgt wird, das unter den Euratom-Vertrag fällt, anwendbar. 77 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 106a Abs. 1 EA, in dem bestimmte Vorschriften des EU-Vertrags und des AEU-Vertrags aufgezählt sind, die auf den Euratom-Vertrag Anwendung finden. Wie dem zweiten Erwägungsgrund des dem Vertrag von Lissabon beigefügten Protokolls Nr. 2 zur Änderung des [Euratom-Vertrags] (ABl. 2007, C 306, S. 199) zu entnehmen ist, wird mit dieser Vorschrift lediglich der Euratom-Vertrag an die neuen im EU- und im AEU-Vertrag festgelegten Vorschriften, insbesondere in den Bereichen Institutionen und Finanzen, angepasst. Aus Art. 106a Abs. 1 EA kann hingegen nicht geschlossen werden, dass sämtliche Vorschriften des EU- und des AEU-Vertrags, die dort nicht genannt sind, auf Maßnahmen, mit denen in den Bereich des Euratom-Vertrags fallende Ziele verfolgt werden, nicht anwendbar wären. Ein solches Verständnis von Art. 106a Abs. 1 EA wäre nicht mit Abs. 3 dieses Artikels vereinbar, aus dem hervorgeht, dass die Vorschriften des EU- und des AEU-Vertrags im Bereich der Kernenergie grundsätzlich Anwendung finden. Nur soweit der Euratom-Vertrag spezielle Regelungen enthält, finden sie keine Anwendung. 78 Somit ist festzustellen, dass Art. 107 AEUV auf die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs Anwendung findet. Bei seiner Anwendung auf Maßnahmen, die den Bereich der Kernenergie betreffen, sind jedoch die Vorschriften und Ziele des Euratom-Vertrags zu beachten. b) Zu dem Vorbringen, die Feststellung der Kommission, die Förderung der Kernenergie sei ein Ziel von „gemeinsamem“ Interesse, sei unzutreffend 79 Das Vorbringen, mit dem sich die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg gegen die Feststellung der Kommission im 374. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wenden, dass das vom Vereinigten Königreich mit seinen Maßnahmen verfolgte Ziel der Förderung der Kernenergie (Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie) ein Ziel von „gemeinsamem“ Interesse sei, ist nach Maßgabe der Ausführungen oben in den Rn. 72 bis 78 zu prüfen. 80 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg machen als Erstes geltend, dass ein Ziel, bei dem die begründeten Interessen auch nur eines Mitgliedstaats übergangen würden, nicht als Ziel von gemeinsamem Interesse angesehen werden könne. Bestimmte Mitgliedstaaten hätten es stets abgelehnt, den Bau neuer Kernreaktoren als Ziel von gemeinsamem europäischem Interesse anzuerkennen. 81 Die Kommission, die Tschechische Republik, die Französische Republik, Ungarn, die Republik Polen, Rumänien, die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. 82 Nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV können Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. 83 Zwar hat das Gericht in Rn. 125 des Urteils vom 15. Juli 2010, Mediaset/Kommission (T‑177/07, EU:T:2010:233), festgestellt, dass eine Beihilfe, um mit dem Binnenmarkt im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV vereinbar zu sein, eine Zielsetzung von allgemeinem Interesse aufweisen sowie zur Erreichung dieses Ziels geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein muss. 84 Wenn im Urteil vom 15. Juni 2010, Mediaset/Kommission (T‑177/07, EU:T:2010:233), auf ein Ziel von „allgemeinem“ Interesse abgestellt wird, so ist damit nicht gemeint, dass bei der Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV nur Ziele in Betracht kämen, die im Interesse aller Mitgliedstaaten oder der Mehrheit der Mitgliedstaaten sind. 85 Bei der Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV ist nämlich zu unterscheiden zwischen dem Ziel, das von dem Mitgliedstaat verfolgt wird, etwa der Entwicklung eines Wirtschaftszweigs, und der Voraussetzung, dass die Beihilfe die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern darf, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. 86 Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV beschränkt die Ziele, die von den Mitgliedstaaten verfolgt werden dürfen, nicht auf diejenigen, die im Interesse aller Mitgliedstaaten oder der Mehrheit der Mitgliedstaaten sind. Indem es in Rn. 125 des Urteils vom 15. Juni 2010, Mediaset/Kommission (T‑177/07, EU:T:2010:233), auf ein „allgemeines“ Interesse abgestellt hat, hat das Gericht lediglich darauf hingewiesen, dass es sich um ein öffentliches Interesse handeln muss, und nicht lediglich um ein Privatinteresse des Begünstigten. 87 Das am Ende von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV genannte Tatbestandsmerkmal des gemeinsamen Interesses betrifft die Abwägung der Vor- und Nachteile der Beihilfemaßnahme. Beihilfemaßnahmen, die die Handelsbedingungen in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, sollen nicht genehmigungsfähig sein. Das Tatbestandsmerkmal kommt bei der Prüfung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV also erst in einem späteren Stadium zum Tragen. Es bedeutet nicht, dass von einem Mitgliedstaat nur solche Ziele von öffentlichem Interesse verfolgt werden dürften, die allen Mitgliedstaaten oder der Mehrheit der Mitgliedstaaten gemeinsam sind. 88 Die Feststellung der Kommission im 374. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass mit den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs ein Ziel von „gemeinsamem“ Interesse verfolgt werde, ist vor diesem Hintergrund zu sehen. Der 374. Erwägungsgrund gehört zu Abschnitt 9.2 des angefochtenen Beschlusses, in dem sich die Kommission mit der Frage befasst hat, ob die Förderung der Kernenergie als Ziel gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV in Betracht kommt. Entsprechend hat die Kommission dort lediglich festgestellt, dass das Vereinigte Königreich nach den Vorschriften des Euratom-Vertrags befugt war, die Förderung der Kernenergie als Ziel von öffentlichem Interesse im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV zu definieren. Sie hat nicht festgestellt, dass dieses Ziel von allen Mitgliedstaaten oder der Mehrheit der Mitgliedstaaten geteilt würde. Sie hat sich auch nicht mit der Frage befasst, ob die Maßnahmen die Handelsbedingungen in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Aus der Systematik des angefochtenen Beschlusses geht eindeutig hervor, dass die Kommission diese Frage später, nämlich in den Abschnitten 9.3 bis 9.6 des angefochtenen Beschlusses, geprüft hat. 89 Folglich ist das Vorbringen der Republik Österreich, die Kommission habe im 374. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht hinreichend berücksichtigt, dass bestimmte Mitgliedstaaten, darunter die Republik Österreich, den Bau neuer Kernreaktoren stets abgelehnt hätten, zurückzuweisen. 90 Als Zweites macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe in den Erwägungsgründen 366 bis 374 des angefochtenen Beschlusses verkannt, dass die Notwendigkeit einer Beihilfe und ihre Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten aus der Sicht der Union zu beurteilen seien. Auch in Art. 34 EUV und in Art. 142 AEUV sei mit „gemeinsamem Interesse“ das Interesse sämtlicher Mitgliedstaaten gemeint. 91 Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. 92 In den Erwägungsgründen 366 bis 374 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission nämlich nicht in Frage gestellt, dass, soweit Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV vorsieht, dass eine Beihilfe die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern darf, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, das Interesse der Union und sämtlicher Mitgliedstaaten zu berücksichtigen ist. Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 88), hat sich die Kommission in diesen Erwägungsgründen nicht mit dieser Interessenabwägung befasst, sondern einzig und allein mit der Frage, ob das Vereinigte Königreich befugt war, die Förderung der Kernenergie als Ziel von öffentlichem Interesse zu definieren. 93 Als Drittes wendet sich die Republik Österreich gegen die Feststellung der Kommission, dass ein Mitgliedstaat die Förderung der Kernenergie, insbesondere die Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie, als Ziel von öffentlichem Interesse im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV verfolgen dürfe. Erstens seien Adressat von Art. 2 Buchst. c EA nicht die Mitgliedstaaten. Zweitens beziehe sich diese Vorschrift nur auf die wesentlichen Anlagen, die für die Entwicklung der Kernenergie notwendig seien; das Kernkraftwerk Hinkley Point C scheine keine derartig wesentliche Anlage zu sein. Drittens sei das Ziel der Förderung der Kernenergie bereits erreicht, da in ganz Europa zahlreiche Kernkraftwerke errichtet worden seien. Viertens habe die Kommission den historischen Kontext des Euratom-Vertrags und die sich daraus ergebenden Limitierungen übersehen. 94 Die Kommission, die Tschechische Republik, die Französische Republik, Ungarn, die Republik Polen, Rumänien, die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. 95 Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 80 bis 89), muss bei Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV das Ziel von öffentlichem Interesse, das mit der Maßnahme verfolgt wird, nicht unbedingt ein Ziel sein, dass von allen Mitgliedstaaten oder der Mehrheit der Mitgliedstaaten geteilt wird. 96 Bei der Anwendung von Art. 107 AEUV auf Maßnahmen, mit denen ein Ziel verfolgt wird, das unter den Euratom-Vertrag fällt, sind die Vorschriften und Ziele des Euratom-Vertrags zu berücksichtigen (siehe oben, Rn. 72 bis 78). Nach dem Euratom-Vertrag ist es Aufgabe der Euratom-Gemeinschaft, durch die Schaffung der für die schnelle Bildung und Entwicklung von Kernindustrien erforderlichen Voraussetzungen zur Hebung der Lebenshaltung in den Mitgliedstaaten und zur Entwicklung der Beziehungen mit den anderen Ländern beizutragen (Art. 1 Abs. 2 EA). Zur Erfüllung ihrer Aufgabe hat die Euratom-Gemeinschaft nach Maßgabe des Euratom-Vertrags die Investitionen zu erleichtern und, insbesondere durch Förderung der Initiative der Unternehmen, die Schaffung der wesentlichen Anlagen sicherzustellen, die für die Entwicklung der Kernenergie in der Gemeinschaft notwendig sind (Art. 2 Buchst. c EA). 97 Die Feststellung der Kommission, dass das Vereinigte Königreich die Förderung der Kernenergie, insbesondere die Schaffung von Anreizen für die Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie, als ein Ziel von öffentlichem Interesse im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV habe definieren dürfen, ist im Hinblick auf Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 Buchst. c EA nicht zu beanstanden. Zum einen deckt sich dieses Ziel mit dem Ziel der Euratom-Gemeinschaft, Investitionen im Bereich der Kernenergie zu erleichtern. Und nach Art. 192 Abs. 1 EA erleichtern die Mitgliedstaaten der Euratom-Gemeinschaft die Erfüllung ihrer Aufgabe. Zum anderen ergibt sich aus Art. 194 Abs. 2 Unterabs. 2 AEUV, dass jeder Mitgliedstaat das Recht hat, zwischen verschiedenen Energiequellen zu wählen. 98 Das Vorbringen der Republik Österreich vermag dies nicht in Frage zu stellen. 99 Die Republik Österreich macht erstens geltend, die Kommission habe den historischen Kontext des Euratom-Vertrags und die sich daraus ergebenden Limitierungen übersehen. Die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Euratom-Vertrags bestehende Atom-Euphorie sei inzwischen in vielen Mitgliedstaaten und weiten Bevölkerungsgruppen deutlicher Skepsis bis hin zur völligen Ablehnung und zum völligen Ausstieg aus dieser Form der Energiegewinnung gewichen. Anders als die übrigen Bestimmungen des Primärrechts sei der Euratom-Vertrag kaum überarbeitet worden. Er sei also älter als der AEU-Vertrag. 100 Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. 101 Anders als die Republik Österreich annimmt, sind die Vorschriften des Euratom-Vertrags voll in Kraft und ist der Euratom-Vertrag nicht älter als der AEU-Vertrag. Zum einen gilt der Euratom-Vertrag auf unbegrenzte Zeit (Art. 208 EA). Nach dem ersten Erwägungsgrund der Präambel des dem Vertrag von Lissabon beigefügten Protokolls Nr. 2 zur Änderung des [Euratom-Vertrags] entfalten seine Bestimmungen weiterhin volle rechtliche Wirkung. Zum anderen geht aus diesem Protokoll hervor, dass durch den Vertrag von Lissabon nicht nur der AEU- und der EU-Vertrag, sondern auch der Euratom-Vertrag geändert und bestätigt worden sind. 102 In diesem Zusammenhang ist auch das Vorbringen der Republik Österreich zurückzuweisen, in der Erklärung Nr. 54 der Erklärungen zur Schlussakte der Regierungskonferenz, die den Vertrag von Lissabon angenommen hat, komme zum Ausdruck, dass der Euratom-Vertrag überholt sei. Dass fünf Mitgliedstaaten erklärt haben, dass die Bestimmungen des Euratom-Vertrags seit dessen Inkrafttreten in ihrer Substanz nicht geändert worden seien und aktualisiert werden müssten, ändert nämlich nichts daran, dass die Vorschriften des Euratom-Vertrags voll in Kraft sind. 103 Soweit sich die Republik Österreich auf die Gemeinsame Erklärung der Bevollmächtigten zur Anwendung des Euratom-Vertrags im Rahmen der Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 1994, C 241, S. 382) beruft, kann es mit dem Hinweis sein Bewenden haben, dass die Mitgliedstaaten die Entscheidung über die Erzeugung von Kernenergie nach dieser Erklärung entsprechend ihren eigenen politischen Ausrichtungen treffen. Aus der Erklärung kann nicht gefolgert werden, dass die Förderung der Kernenergie nicht als ein verfolgbares Ziel von öffentlichem Interesse im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV in Betracht käme. 104 Zweitens macht die Republik Österreich geltend, dass sich Art. 2 Buchst. c des Euratom-Vertrags nur auf die wesentlichen Anlagen, die für die Entwicklung der Kernenergie notwendig seien, beziehe und dass das Ziel der Förderung der Kernenergie bereits erreicht sei. 105 Hierzu ist festzustellen, dass der angefochtene Beschluss auf Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV gestützt ist, in dem von der Entwicklung eines Wirtschaftszweigs die Rede ist. Die Feststellung der Kommission, mit dem Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C solle ein Wirtschaftszweig im Sinne der genannten Vorschrift entwickelt werden, ist nicht zu beanstanden. Nach Art. 194 Abs. 2 Unterabs. 2 AEUV hat das Vereinigte Königreich das Recht, zwischen verschiedenen Energiequellen zu wählen. Wie dem 510. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses und den Rn. 6 und 7 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens zu entnehmen ist, sollen mit dem Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C alte Kernkraftwerke ersetzt werden, deren Stilllegung geplant ist. Im Übrigen besteht kein Zweifel daran, dass die Technologie, die im Kernkraftwerk Hinkley Point C zum Einsatz kommen soll, gegenüber der der bestehenden Kernkraftwerke eine Weiterentwicklung darstellt. 106 Das Vorbringen der Republik Österreich, das Kernkraftwerk Hinkley Point C sei keine wesentliche Anlage, die für die Entwicklung der Kernenergie notwendig sei, und das Ziel der Förderung der Kernenergie sei bereits erreicht, ist also zurückzuweisen. 107 Zurückzuweisen ist drittens auch das Vorbringen der Republik Österreich, die Mitgliedstaaten seien nicht Adressat von Art. 2 Buchst. c EA. Zwar ist diese Vorschrift nicht unmittelbar an die Mitgliedstaaten, sondern an die Euratom-Gemeinschaft gerichtet. Das Vereinigte Königreich durfte sie dennoch berücksichtigen. Nach Art. 192 Abs. 1 EA erleichtern die Mitgliedstaaten der Euratom-Gemeinschaft nämlich die Erfüllung ihrer Aufgabe. 108 Viertens macht die Republik Österreich geltend, dass, wenn die Förderung der Kernenergie als Ziel von öffentlichem Interesse im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV angesehen würde, jede Maßnahme, mit der dieses Ziel verfolgt werde, gerechtfertigt werden könnte. Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission im 374. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses lediglich festgestellt hat, dass die Förderung der Kernenergie ein Ziel von öffentlichem Interesse sei. Sie hat dort nicht geprüft, ob die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs im Hinblick auf dieses Ziel geeignet, erforderlich und verhältnismäßig waren. Mit dieser Frage hat sie sich in den Abschnitten 9.3 bis 9.6 des angefochtenen Beschlusses befasst. 109 Das Vorbringen, es sei nicht mit den Vorschriften des Euratom-Vertrags zu vereinbaren, die Förderung der Kernenergie, insbesondere die Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung dieser Energieform, als Ziel von öffentlichem Interesse im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV anzuerkennen, ist somit in vollem Umfang zurückzuweisen. 110 Als Viertes machen die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg geltend, es bestehe ein Konflikt zwischen der Förderung der Kernenergie einerseits und dem Grundsatz des Umweltschutzes, dem Vorsorgeprinzip, dem Verursacherprinzip und dem Nachhaltigkeitsprinzip sowie bestimmten in Art. 194 Abs. 1 AEUV festgelegten Zielen wie der Förderung der Energieeffizienz, der Entwicklung neuer Energiequellen und der Förderung der Energienetze andererseits. Die Kommission hätte dem Ziel der Förderung der Kernenergie keinen bedingungslosen Vorrang einräumen dürfen. Sie hätte dem zwischen der Förderung der Kernenergie und den genannten Grundsätzen bestehenden Konflikt Rechnung tragen müssen. Das Großherzogtum Luxemburg weist in diesem Zusammenhang auch auf die Gefahr terroristischer Anschläge hin. 111 Die Kommission, die Tschechische Republik, die Französische Republik, Ungarn, die Republik Polen, Rumänien, die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. 112 In Anbetracht der Ziele des Euratom-Vertrags kann nicht angenommen werden, dass ein Mitgliedstaat durch die von der Republik Österreich und dem Großherzogtum Luxemburg angeführten Grundsätze daran gehindert wäre, die Förderung der Kernenergie als Ziel von öffentlichem Interesse im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV zu definieren. Zu den Grundsätzen, die die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg aus dem AEU-Vertrag ableiten, ist festzustellen, dass die Vorschriften des EU- und des AEU-Vertrags die Vorschriften des Euratom-Vertrags nicht beeinträchtigen (Art. 106a Abs. 3 EA). 113 Zurückzuweisen ist auch das Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg, die Kommission habe dem Ziel der Förderung der Kernenergie einen bedingungslosen Vorrang eingeräumt. In Abschnitt 9.2 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission lediglich festgestellt, dass die Förderung der Kernenergie ein Ziel von öffentlichem Interesse im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV sei. Auf die Frage, ob die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs verhältnismäßig waren, ist sie in diesem Stadium der Prüfung nicht eingegangen. 114 Mithin ist das Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg, soweit geltend gemacht wird, dass die Förderung der Kernenergie nicht als Ziel von öffentlichem Interesse im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV in Betracht komme, zurückzuweisen. Soweit die Feststellungen der Kommission zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs angegriffen werden, wird auf das Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg im Rahmen der Prüfung des sechsten Klagegrundes (Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit) zurückzukommen sein. 115 Als Fünftes macht die Republik Österreich geltend, es ergebe sich aus den von der Kommission in regelmäßigen Abständen zu veröffentlichenden hinweisenden Nuklearprogrammen, dass sich Investitionen in Nuklearenergie in Anbetracht von Art. 40 EA nicht als Ziel von gemeinsamem Interesse qualifizieren ließen. 116 Die Kommission, die Tschechische Republik, die Französische Republik, Ungarn, die Republik Polen, Rumänien, die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. 117 Erstens ist festzustellen, dass die oben in den Rn. 79 bis 115 angestellten Erwägungen, die auf die Vorschriften des Euratom- und des AEUV-Vertrags gestützt sind, durch Ausführungen der Kommission in hinweisenden Nuklearprogrammen nicht in Frage gestellt werden können. Das ergibt sich aus der Rechtsnatur dieser Programme (vgl. Art. 40 EA). 118 Zweitens geht aus den hinweisenden Nuklearprogrammen, auf die sich die Republik Österreich beruft, jedenfalls in keiner Weise hervor, dass die Förderung der Kernenergie keinen Wirtschaftszweig darstellte, dessen Entwicklung gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV gefördert werden kann. 119 Dass es in Abschnitt 7 des hinweisenden Nuklearprogramms KOM(2007) 565 endgültig vom 4. Oktober 2007 heißt, dass die Entscheidung über die Nutzung von Kernenergie bei den Mitgliedstaaten liege, wie die Republik Österreich geltend macht, bestätigt das Recht des Vereinigten Königreichs, diese Energieform zu fördern (siehe oben, Rn. 97). 120 Soweit die Republik Österreich geltend macht, dass den hinweisenden Nuklearprogrammen KOM(1996) 339 endg. vom 25. September 1996 (S. 18), KOM(2008) 776 endgültig vom 13. November 2008 (Abschnitt 3.3) und KOM(2007) 565 endgültig vom 4. Oktober 2007 (Abschnitt 4.2) zu entnehmen sei, dass im Bereich der Kernenergie wegen deren Wettbewerbsfähigkeit keine staatlichen Beihilfen fließen dürften, kann es mit dem Hinweis sein Bewenden haben, dass mit diesem Vorbringen die Feststellung der Kommission, dass die Förderung der Kernenergie ein Ziel von öffentlichem Interesse im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV sein könne, nicht in Frage gestellt werden kann. In Frage gestellt werden kann damit allenfalls die Feststellung der Kommission zur Erforderlichkeit der Maßnahmen. Das Vorbringen der Republik Österreich geht hier also ins Leere, wird aber im Rahmen der Prüfung des ersten Klagegrundes, der sich auf die Feststellungen der Kommission zur Erforderlichkeit eines Eingreifens des Staates bezieht, berücksichtigt werden. 121 Das Vorbringen zu den von der Kommission veröffentlichten hinweisenden Nuklearprogrammen ist also zurückzuweisen. 122 Als Sechstes macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss ihre Überlegungen zu den Zielen der Diversifizierung und der Versorgungssicherheit nicht weiter vertieft. Das Großherzogtum Luxemburg macht geltend, die Versorgungssicherheit sei nicht gewährleistet, da Uran aus Ländern außerhalb der Union importiert werden müsse. 123 Die Kommission hat in den Erwägungsgründen 366 bis 374 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Förderung der Kernenergie ein Ziel von öffentlichem Interesse sei, das die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs bereits rechtfertige. Indem sie im 374. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen hat, dass die Förderung der Kernenergie gleichzeitig einen Beitrag zu den Zielen Diversifizierung und Versorgungssicherheit leisten könne, hat sie nicht festgestellt, dass es sich dabei um Ziele handele, die die Maßnahmen bereits für sich genommen rechtfertigen könnten. Dass die Kommission ihre Überlegungen zu diesen Zielen in Abschnitt 9.2 des angefochtenen Beschlusses nicht weiter vertieft hat, ist deshalb nicht zu beanstanden. 124 Folglich ist das Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg zurückzuweisen. 125 Als Siebtes bringt die Republik Österreich Argumente zu einer unrichtigen Abgrenzung des Markts, zu einem fehlenden Marktversagen im Bereich des Baus und des Betriebs von Kernkraftwerken, zur Einstufung der Maßnahmen als Investitionsbeihilfen und zur Veränderung der Bedingungen des Handels zwischen Mitgliedstaaten vor. 126 Dieses Vorbringen bezieht sich auf Gesichtspunkte, die im Rahmen der Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV nach der Bestimmung des verfolgten Ziels von öffentlichem Interesse zu prüfen sind. Mit ihm kann also nicht dargetan werden, dass der Kommission bei der Einstufung der Förderung der Kernenergie als Ziel von öffentlichem Interesse im Sinne dieser Vorschrift ein Fehler unterlaufen wäre. 127 Soweit das Vorbringen zur Stützung des vorliegenden Klagegrundes geltend gemacht wird, geht es also ins Leere. Auf den ersten (unrichtige Abgrenzung des Markts) und den zweiten Gesichtspunkt (fehlendes Marktversagen) wird aber im Rahmen der Prüfung des ersten Klagegrundes eingegangen werden, mit dem geltend gemacht wird, dass die Kommission von einem gesonderten Kernenergiemarkt ausgegangen sei und dass beim Strommarkt kein Marktversagen vorliege, auf den dritten (Einstufung der Beihilfen als Investitionsbeihilfen) im Rahmen der Prüfung des dritten Klagegrundes, mit dem geltend gemacht wird, dass die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs als Betriebsbeihilfen hätten eingestuft werden müssen, und auf den vierten (Veränderung der Bedingungen des Handels zwischen Mitgliedstaaten) im Rahmen des sechsten Klagegrundes, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission habe zu Unrecht festgestellt, dass die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachteten. 128 Somit ist festzustellen, dass der vierte Klagegrund, vorbehaltlich der in den Rn. 114, 120 und 125 genannten Gesichtspunkte, zurückzuweisen ist. C. Zum zweiten Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission habe zu Unrecht festgestellt, dass es sich bei der im Kernkraftwerk Hinkley Point C angewandten Technologie um eine neuartige Technologie handle 129 Mit dem zweiten Klagegrund werden die Feststellungen der Kommission im 392. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angegriffen, wonach mit den Investitionen in neue Kernkraftwerke das Ziel von öffentlichem Interesse der Förderung der Kernenergie verfolgt werde und die Investitionen ohne ein Eingreifen des Vereinigten Königreichs nicht erfolgen würden. 130 Die Republik Österreich vertritt die Auffassung, diese Feststellungen gingen fehl. 131 Als Erstes macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe zu Unrecht festgestellt, dass es sich bei der Technologie, die im Kernkraftwerk Hinkley Point C zum Einsatz kommen solle, um eine neuartige Technologie handele. Es handele sich nicht um eine neuartige, sondern um eine bereits erprobte Technologie, nämlich um eine Variante des seit Jahrzehnten im Einsatz befindlichen Druckwasserreaktors, die große Ähnlichkeit mit zahlreichen derzeit in Betrieb befindlichen Druckwasserreaktoren besitze. 132 Die Kommission, die Tschechische Republik, die Französische Republik, Ungarn, die Republik Polen und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. 133 Das Vorbringen der Republik Österreich beruht auf der Annahme, dass die Kommission im 392. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt habe, dass es sich bei der Technologie, die im Kernkraftwerk Hinkley Point C zum Einsatz kommen solle, um eine neue Technologie handele. 134 Diese Annahme trifft nicht zu. 135 Zwar ist im 392. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses in der deutschen Sprachfassung von „Investitionen in neue Nukleartechnologien“ die Rede. 136 Wie auf der ersten Seite des angefochtenen Beschlusses angegeben, ist aber nur der englische Text verbindlich. In der englischen Sprachfassung des angefochtenen Beschlusses wird im 392. Erwägungsgrund der Ausdruck „new nuclear investment“ verwendet, womit Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie gemeint sind. In dem Erwägungsgrund wird ausgeführt, dass mit den Investitionen das in Abschnitt 9.2 des angefochtenen Beschlusses dargelegte Ziel von allgemeinem Interesse verfolgt werde und dass die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs u. a. wegen der besonderen Art von Investitionen notwendig seien. Demnach wird nicht auf neue Nukleartechnologien, sondern auf Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie abgestellt. 137 Dieses Verständnis des 392. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses wird bestätigt durch die Erwägungsgründe 375 bis 391, die der Schlussfolgerung im 392. Erwägungsgrund vorausgehen. Dort ist nicht vom Einsatz neuer Nukleartechnologien die Rede. 138 Das Vorbringen der Republik Österreich beruht also auf einem unrichtigen Verständnis des 392. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses. Es ist zurückzuweisen. 139 Als Zweites ist das Vorbringen der Republik Österreich zurückzuweisen, die Kommission habe nicht angegeben, welcher Wirtschaftszweig im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV durch die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs gefördert werden solle. Insoweit kann es mit der Feststellung sein Bewenden haben, das aus dem 392. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hinreichend deutlich hervorgeht, dass es sich um die Förderung der Kernenergie handelt. 140 Als Drittes ist das Vorbringen der Republik Österreich zu prüfen, Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV und Art. 2 Buchst. c EA setzten eine Entwicklung eines Wirtschaftszweigs voraus, eine bloß ersetzende Maßnahme sei hierfür nicht ausreichend. In diesem Zusammenhang ist auch das Vorbringen der Republik Österreich zu berücksichtigen, es sei nicht mit Art. 6 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 [AEUV] (ABl. 2014, L 187, S. 1), den Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 (ABl. 2014, C 200, S. 1) und der Mitteilung der Kommission – Unionsrahmen für staatliche Beihilfen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation (ABl. 2014, C 198, S. 1) zu vereinbaren, Maßnahmen als mit dem Binnenmarkt vereinbar anzusehen, mit denen es einem Unternehmen lediglich ermöglicht werden solle, dem Stand der Technik zu entsprechen oder geltende Sicherheits- und Umweltnormen einzuhalten. 141 Erstens ist zur Verordnung Nr. 651/2014 festzustellen, dass diese lediglich eine typisierende Beurteilung (sogenannte Gruppenfreistellung) enthält, die die Kommission bei einer unmittelbar auf der Grundlage von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV durchgeführten Einzelfallprüfung nicht bindet. 142 Zweitens ist zu den Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 und der Mitteilung der Kommission – Unionsrahmen für staatliche Beihilfen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation festzustellen, dass sich das Vorbringen der Republik Österreich zum einen auf das Ziel, über die Unionsnormen im Bereich des Umweltschutzes hinauszugehen, und auf das Ziel, den Umweltschutz bei Fehlen solcher Normen zu verbessern (vgl. Rn. 18 Buchst. a der Leitlinien), und zum anderen auf Ziele der Forschung, Entwicklung und Innovation bezieht. Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission der Vereinbarkeit der Maßnahmen aber nicht im Hinblick auf diese Ziele beurteilt. Das Vorbringen der Republik Österreich ist daher zurückzuweisen. 143 Drittens verlangt Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV lediglich, dass es sich bei den Maßnahmen um Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige handelt. Und Art. 2 Buchst. c EA zielt darauf ab, die Investitionen zu erleichtern und die Schaffung der wesentlichen Anlagen sicherzustellen, die für die Entwicklung der Kernenergie in der Gemeinschaft notwendig sind. Eine technische Innovation ist also weder Voraussetzung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV noch von Art. 2 Buchst. c EA. 144 Viertens ist festzustellen, dass das Ziel der Förderung der Kernenergie, insbesondere das Ziel, für die Unternehmen einen Anreiz zu schaffen, in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie zu investieren, unter den Umständen des vorliegenden Falles den Anforderungen von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV und Art. 2 Buchst. c EA genügt. Entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich liegt nicht deshalb keine Entwicklung im Sinne dieser Bestimmungen vor, weil durch die neuen Kapazitäten alte ersetzt werden sollen. Da alte Kernkraftwerke stillgelegt werden müssen (angefochtener Beschluss, 510. Erwägungsgrund; Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens, Rn. 6 und 7), wäre die Kernenergie im Vereinigten Königreich ohne Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie weniger entwickelt. Jedenfalls steht fest, dass die Technologie, die im Kernkraftwerk Hinkley Point C zum Einsatz kommen soll, fortschrittlicher ist als die der Kernkraftwerke, die durch das Kernkraftwerk Hinkley Point C ersetzt werden sollen. Auch wenn die Republik Österreich bestreitet, dass es sich um eine grundsätzlich neue Technologie handelt, räumt sie ein, dass es sich um eine weiterentwickelte Technologie handelt. 145 Das Vorbringen der Republik Österreich ist also zurückzuweisen und damit der zweite Klagegrund insgesamt. D. Zum ersten Klagegrund und zum ersten und zum zweiten Teil des neunten Klagegrundes, die sich auf die Marktabgrenzung der Kommission beziehen, und zu den auf der Annahme eines Marktversagens basierenden Feststellungen der Kommission 146 Mit dem ersten Klagegrund, dem ersten und dem zweiten Teil des neunten Klagegrundes sowie Teilen des vierten Klagegrundes (hinweisende Nuklearprogramme, Fehler bei der Marktabgrenzung und fehlendes Marktversagen, siehe oben, Rn. 120 und 125) werden die Ausführungen der Kommission in Abschnitt 9.3 des angefochtenen Beschlusses angegriffen, in dem diese festgestellt hat, dass neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie ohne ein Eingreifen des Staates nicht rechtzeitig geschaffen würden. 147 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg sind der Ansicht, dass diese Feststellungen nicht hinreichend begründet seien und nicht zuträfen. Ihr Vorbringen lässt sich in drei Teile gliedern. Als Erstes machen die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg geltend, die Kommission habe zu Unrecht festgestellt, dass ein Eingreifen des Vereinigten Königreichs notwendig gewesen sei. Nur wenn sie bei der Stromerzeugung und ‑versorgung ein Marktversagen festgestellt hätte, hätte sie die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV als mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären dürfen. Die entsprechenden Feststellungen der Kommission seien aber nicht hinreichend begründet, jedenfalls offensichtlich unzutreffend. Als Zweites machen die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg geltend, die Kommission sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es einen Markt für den Bau und den Betrieb von Kernkraftwerken gebe, und habe den angefochtenen Beschluss insoweit nicht hinreichend begründet. Als Drittes machen die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg geltend, durch den Ansatz der Kommission sei ein Präjudiz für die Kernenergie geschaffen worden. 1. Zu dem Vorbringen, mit dem die Feststellung der Kommission angegriffen wird, dass ein Eingreifen des Vereinigten Königreichs notwendig gewesen sei 148 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg machen geltend, die Kommission habe zu Unrecht festgestellt, dass ein Eingreifen des Vereinigten Königreichs notwendig gewesen sei. Sie hätte die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs nur dann gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV als mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären dürfen, wenn sie beim Markt der Stromerzeugung und ‑versorgung ein Marktversagen festgestellt hätte. Die Stromerzeugung und ‑versorgung hätten aber durch andere Technologien als die Nukleartechnologie gewährleistet werden können. Die Kommission habe daher zu Unrecht festgestellt, dass ein Marktversagen vorliege. 149 Die Kommission, die Tschechische Republik, die Französische Republik, Ungarn die Republik Polen, die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. 150 Zunächst ist festzustellen, dass Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV nicht ausdrücklich ein Marktversagen voraussetzt. Die Vorschrift verlangt lediglich, dass mit der Beihilfe ein Ziel von öffentlichem Interesse verfolgt wird und dass die Beihilfe geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist (siehe oben, Rn. 48). Entscheidend ist also, ob das verfolgte Ziel von öffentlichem Interesse auch ohne das Eingreifen des betreffenden Mitgliedstaats erreicht würde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Juni 2016, Magic Mountain Kletterhallen u. a./Kommission, T‑162/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:341, Rn. 77). 151 Ein Marktversagen kann zwar einen maßgeblichen Gesichtspunkt für die Erklärung der Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Binnenmarkt darstellen, sein Fehlen bedeutet aber nicht unbedingt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV nicht erfüllt wären (Urteile vom 9. Juni 2016, Magic Mountain Kletterhallen u. a./Kommission, T‑162/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:341, Rn. 78 und 79, und vom 18. Januar 2017, Andersen/Kommission, T‑92/11 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:14, Rn. 69). So kann z. B. ein Eingreifen des Staates als notwendig im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden, wenn das verfolgte Ziel von öffentlichem Interesse durch die Kräfte des Marktes allein nicht rechtzeitig verwirklicht werden kann, auch wenn bei dem Markt als solchem kein Marktversagen vorliegt. 152 Dies ist bei der Prüfung des Vorbringens zu berücksichtigen, mit dem sich die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg gegen die Feststellung der Kommission wenden, ein Eingreifen des Vereinigten Königreichs sei erforderlich gewesen, um das verfolgte Ziel von öffentlichem Interesse (Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie) zu verwirklichen. Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg machen erstens geltend, die Kommission habe nicht erläutert, warum die Investitionen in das Kernkraftwerk Hinkley Point C von besonderer Art seien und ein Eingreifen des Staates erforderten. Zweitens litten die Feststellungen der Kommission in Abschnitt 9.3 des angefochtenen Beschlusses unter materiellen und formellen Fehlern. Drittens habe die Kommission nicht dargelegt, warum die Ziele der Versorgungssicherheit und der Verringerung der CO2-Emissionen nicht ohne staatliche Beihilfen verwirklicht werden könnten. Viertens hätte die Kommission näher erläutern müssen, inwieweit beim Kernkraftwerk Hinkley Point C neue Technologien zum Einsatz kämen. a) Zur Rüge einer unzureichenden Begründung hinsichtlich der besonderen Art der Investitionen in das Kernkraftwerk Hinkley Point C 153 Die Republik Österreich macht geltend, die Kommission habe im 392. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Investitionen in das Kernkraftwerk Hinkley Point C von besonderer Art seien, ohne dies zu begründen. 154 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 155 Der 392. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses enthält das Ergebnis der in den Erwägungsgründen 381 bis 391 getroffenen Feststellungen. In den Erwägungsgründen 382 und 383 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission aber u. a. festgestellt, dass Investitionen in die Kernenergie aufgrund der Kombination aus hohen Investitionskosten, langen Bauzeiten und einer langen Betriebsdauer zur Deckung dieser Kosten mit einem erheblichen Risiko verbunden seien. Es fehlten marktbasierte Finanzinstrumente und andere Vertragstypen zur Absicherung gegen dieses erhebliche Risiko. Dieses Phänomen gelte für einige Technologien, zu denen die Kernenergie gehöre. Die verfügbaren Marktinstrumente böten keine Zeithorizonte, die über zehn oder 15 Jahre hinausgingen, und zwar weder als langfristige Verträge noch als Instrumente zur Risikoabsicherung. In diesem Zusammenhang hat die Kommission auch auf den extrem langen und komplexen Lebenszyklus von Kernkraftwerken hingewiesen, was diese von den meisten anderen Formen der Energieerzeugung und auf jeden Fall von der Mehrzahl der Infrastrukturinvestitionen im Allgemeinen unterscheide. Im Regelfall umfasse die Errichtung eines Kernkraftwerks einen Zeitraum von acht bis zehn Jahren, in dem Kosten, jedoch keine Einnahmen entstünden und die Risiken allein vom Investor getragen würden. In der Betriebszeit von 60 Jahren würden Einnahmen erwirtschaftet, denen jedoch eine ungewisse Entwicklung der Großhandelspreise zugrunde liege. Die anschließende Stilllegungsphase könne 40 Jahre in Anspruch nehmen, wobei für die Außerdienststellung der Anlage Reserven gebildet werden müssten. Die Lagerung und Behandlung der hochaktiven nuklearen Abfälle werde vor deren Abtransport in ein Endlager, wo die Abfälle Jahrtausende lang gelagert würden, üblicherweise auf dem Kraftwerksgelände vorgenommen. Es bestehe die Gefahr eines „Hold-up“, was die Unsicherheit für private Investoren verstärken könne. In Anbetracht des umstrittenen Charakters der Kerntechnologie sei es nämlich möglich, dass spätere Regierungen einen anderen Standpunkt verträten. 156 Die Kommission hat in den Erwägungsgründen 382 und 383 des angefochtenen Beschlusses also hinreichend klar dargelegt, warum Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie ohne ein Eingreifen des Vereinigten Königreichs nicht rechtzeitig erfolgt wären. Sie hat insbesondere auf das Fehlen marktbasierter Finanzinstrumente und anderer Vertragstypen zur Absicherung gegen das bestehende erhebliche Risiko hingewiesen. 157 Die Rüge, die im 392. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses enthaltene Begründung sei unzureichend, ist also zurückzuweisen. b) Zur Rüge materieller und formeller Fehler der Feststellungen der Kommission in Abschnitt 9.3 des angefochtenen Beschlusses 158 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg wenden sich gegen die Feststellung der Kommission in Abschnitt 9.3 des angefochtenen Beschlusses, wonach wegen des Fehlens marktbasierter Finanzinstrumente und anderer Vertragstypen zur Absicherung gegen das erhebliche Risiko, mit dem Investitionen in die Kernenergie verbunden seien, ein Eingreifen des Staates notwendig gewesen sei, um das Ziel der Förderung der Kernenergie, insbesondere der Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie, zu verwirklichen. Der Kommission seien bei dieser Feststellung materielle und formelle Fehler unterlaufen. 159 Die Kommission, die Tschechische Republik, die Französische Republik, Ungarn, die Republik Polen, die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. Die Kommission macht geltend, das Vorbringen sei teilweise verspätet und damit unzulässig. 160 Die Kommission verfügt bei der Anwendung von Art. 107 Abs. 3 AEUV über ein weites Ermessen, das sie nach Maßgabe komplexer wirtschaftlicher und sozialer Wertungen ausübt. Die gerichtliche Nachprüfung der Ausübung dieses Ermessens ist deshalb auf die Überprüfung der Beachtung der Vorschriften über das Verfahren und die Begründung sowie auf die Kontrolle der inhaltlichen Richtigkeit der Tatsachen und des Fehlens von offensichtlichen Beurteilungsfehlern und von Ermessensmissbrauch beschränkt (Urteile vom 26. September 2002, Spanien/Kommission, C‑351/98, EU:C:2002:530, Rn. 74, und vom 29. April 2004, Italien/Kommission, C‑372/97, EU:C:2004:234, Rn. 83). 161 Dass die Kommission in Wirtschaftsfragen über einen Ermessensspielraum verfügt, bedeutet nicht, dass der Unionsrichter eine Kontrolle der Auslegung von Wirtschaftsdaten durch die Kommission unterlassen müsste. Der Unionsrichter muss nämlich nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen. Im Rahmen dieser Kontrolle darf er jedoch nicht die wirtschaftliche Beurteilung seitens der Kommission durch seine eigene ersetzen. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass in Fällen, in denen ein Unionsorgan über einen weiten Ermessensspielraum verfügt, der Kontrolle der Einhaltung bestimmter Verfahrensgarantien wesentliche Bedeutung zukommt. Zu diesen Garantien gehört nach der Rechtsprechung die Verpflichtung des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen und seine Entscheidung hinreichend zu begründen (vgl. Urteil vom 22. November 2007, Spanien/Lenzing, C‑525/04 P, EU:C:2007:698, Rn. 56 bis 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). 162 Das Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg ist nach Maßgabe dieser Grundsätze zu prüfen. 163 Als Erstes macht die Republik Österreich geltend, es könne nicht bereits deshalb festgestellt werden, dass ein verfolgtes Ziel von öffentlichem Interesse ohne ein Eingreifen des betreffenden Mitgliedstaats nicht verwirklicht werden könne, weil sich ein bestimmtes Unternehmen nicht am Markt finanzieren könne. 164 Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. 165 In den Erwägungsgründen 381 bis 391 des angefochtenen Beschlusses befasst sich die Kommission nämlich nicht lediglich mit der konkreten Situation von NNBG bzw. der Kapitalgeber dieser Gesellschaft, sondern allgemein mit der Frage, ob im Vereinigten Königreich in Anbetracht des Fehlens marktbasierter Finanzinstrumente und anderer Vertragstypen zur Absicherung gegen das erhebliche Risiko, mit dem Investitionen in die Kernenergie verbunden sind, ohne staatliche Maßnahmen neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie geschaffen würden. 166 Als Zweites macht die Republik Österreich geltend, die Feststellung der Kommission in den Erwägungsgründen 382 und 383 des angefochtenen Beschlusses, dass es keine geeigneten Finanzinstrumente für Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie gebe, beruhe nicht auf einer hinreichend gründlichen und umfassenden Prüfung. Sie sei auch nicht hinreichend begründet. 167 Erstens habe die Kommission sonstige Investitionsformen, wie etwa die Möglichkeit der Finanzierung durch ein internationales Kreditkonsortium oder Einzelzuschüsse privater Anleger, die über entsprechende Mittel verfügten, nicht berücksichtigt. 168 Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 381 bis 392 des angefochtenen Beschlusses im Einzelnen dargelegt hat, warum Investitionen in die Kernenergie mit einem erheblichen Risiko verbunden seien, und festgestellt hat, dass marktbasierte Finanzinstrumente und andere Vertragstypen zur Absicherung gegen dieses Risiko fehlten. Aufgrund von Modellierungen hat sie ferner festgestellt, dass große Unsicherheit in der Frage herrsche, ob der Markt ohne einen realistischen Zeitrahmen private Investitionen in neue Nukleartechnologien tätigen würde. 169 Deshalb hat die Republik Österreich mit dem bloßen Hinweis auf die Möglichkeit der Finanzierung durch ein internationales Kreditkonsortium oder Einzelzuschüsse privater Anleger, die über entsprechende Mittel verfügten, nicht dargetan, dass die Feststellungen der Kommission unter einem offensichtlichen Beurteilungsfehler leiden. 170 Ein die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung rechtfertigender offensichtlicher Irrtum der Kommission bei der Würdigung des Sachverhalts kann nämlich nur festgestellt werden, wenn die vom Kläger vorgebrachten Beweise ausreichen, um die Sachverhaltswürdigung in der Entscheidung als nicht plausibel erscheinen zu lassen (Urteile vom 12. Dezember 1996, AIUFFASS und AKT/Kommission, T‑380/94, EU:T:1996:195, Rn. 59, und vom 6. Oktober 2009, FAB/Kommission, T‑8/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:386, Rn. 78). 171 Die Republik Österreich bleibt aber eine Erklärung dafür schuldig, warum das erhebliche Risiko, mit dem Investitionen in die Kernenergie aufgrund der Kombination aus hohen Investitionskosten, langen Bauzeiten und einer langen Betriebsdauer zur Deckung dieser Kosten verbunden sind, der extrem lange und komplexe Lebenszyklus, die ungewisse Entwicklung der Großhandelspreise und der Kosten der Stilllegung, sowie die Gefahr eines „Hold-up“ der Finanzierung durch ein internationales Kreditkonsortium oder Einzelzuschüsse nicht entgegenstehen sollen. 172 Das Vorbringen der Republik Österreich ist deshalb zurückzuweisen. 173 Die Republik Österreich macht zweitens geltend, das Problem der mangelnden langfristigen Preissignale treffe auch auf andere Technologien zu und sei somit als übliche Marktgegebenheit einzustufen, die in der Risikobewertung des Projekts abzubilden sei. Anders als die Kommission behaupte, gebe es am Strommarkt keine stabilen Preissignale für zehn bis 15 Jahre. An den liquidesten europäischen Strombörsen würden gegenwärtig Produkte im Bereich von bis zu sieben Jahren angeboten. Auch für Technologien mit kürzeren Betriebszeiten, als dies für Kernkraftwerke der Fall sei, seien für wesentliche Teile der Kraftwerkslaufzeit keine umfassenden Preissignale vorhanden. 174 Dieses Vorbringen der Republik Österreich vermag – einmal unterstellt, es träfe in tatsächlicher Hinsicht zu – die Feststellung der Kommission, es fehlten geeignete Finanzinstrumente für Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie, nicht zu entkräften. Das Argument, es gebe stabile Preissignale nicht einmal für kürzere Zeiträume als die zehn bis 15 Jahre, auf die die Kommission abgestellt habe, bestätigt vielmehr die Erwägungen der Kommission zur Existenz von Faktoren, die Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie erschweren. 175 Drittens ist das Vorbringen der Republik Österreich zurückzuweisen, die Kommission hätte im Zuge ihrer Prüfung nicht nur die Finanzmärkte des Vereinigten Königreichs berücksichtigen dürfen. Im 382. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass marktbasierte Finanzinstrumente und andere Vertragstypen zur Absicherung gegen das erhebliche Risiko, mit dem Investitionen in Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie verbunden seien, fehlten. Aus dem Erwägungsgrund geht nicht hervor, dass sich die Kommission bei ihrer Prüfung auf im Vereinigten Königreich verfügbare Finanzinstrumente beschränkt hätte. 176 Viertens macht die Republik Österreich geltend, die Begründung des angefochtenen Beschlusses sei insoweit unzureichend. 177 Insoweit macht die Republik Österreich zum einen geltend, die Kommission habe nicht begründet, warum ausschließlich auf die Finanzmärkte im Vereinigten Königreich abgestellt werden sollte. Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 175), beruht es auf der unzutreffenden Annahme, dass sich die Kommission auf die Finanzmärkte im Vereinigten Königreich beschränkt hätte. 178 Zum anderen macht die Republik Österreich geltend, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 381 bis 392 des angefochtenen Beschlusses jedenfalls nicht angegeben habe, auf welche Finanzmärkte sie abgestellt habe. Hierzu ist festzustellen, dass die in diesen Erwägungsgründen enthaltene Begründung ausreicht. Die Republik Österreich kann ihr nämlich entnehmen, warum die Maßnahme getroffen worden ist, und das Gericht ist in der Lage, seine Kontrolle auszuüben. Hätten nach Überzeugung der Republik Österreich Finanzinstrumente vorgelegen, die von den von der Kommission festgestellten Faktoren nicht betroffen sind, so hätte sie dies im Verfahren vor dem Gericht geltend machen können, und das Gericht hätte überprüfen können, ob die entsprechende Feststellung der Kommission richtig ist. 179 Das Vorbringen, mit dem die Feststellungen der Kommission zum Fehlen geeigneter Finanzinstrumente angegriffen werden, ist somit zurückzuweisen. 180 Als Drittes wendet sich die Republik Österreich gegen die Feststellungen der Kommission zur Gefahr eines politischen „Hold-up“. 181 Im 384. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission, nachdem sie offengelassen hat, ob die von ihr festgestellte Situation eines „Hold-up“ als Marktversagen gewertet werden kann, festgestellt, dass das Risiko eines „Hold-up“ aus politischen Gründen „Investitionen in neue Kernkraftwerke erschwer[en] [kann], insbesondere in Anbetracht der langen Zeiträume, die der Bau, der Betrieb und die Stilllegung von Kernkraftwerken in Anspruch nehmen“, also für potenzielle Investoren einen Faktor darstelle, der Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie erschwere. 182 Die Republik Österreich macht erstens geltend, dass von einer „Hold-up“-Situation nur die Rede sein könne, wenn bei langfristigen, zum Abschlusszeitpunkt nicht voll spezifizierten Verträgen eine Seite erheblichen Spielraum zu opportunistischem Verhalten habe, die andere hingegen durch beträchtliche, nicht transferierbare Investitionen in Vorleistung getreten sei. Anders als die Kommission festgestellt habe, sei dies hier nicht der Fall. 183 Wie in den Erwägungsgründen 384 und 385 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt wird, können von einem politisch motivierten „Hold-up“ zwar grundsätzlich alle Technologien betroffen sein. Vorhaben im Bereich Kernenergie sind diesem Risiko aber stärker ausgesetzt. Die Kommission hat insoweit festgestellt, dass es möglich sei, dass spätere Regierungen einen anderen Standpunkt verträten, was die Unsicherheit für private Investoren verstärken könne, und dass die Unsicherheit bei der Kerntechnologie wegen deren umstrittenen Charakters, des längeren Zeithorizonts und der höheren Investitionen größer sei. 184 Die Republik Österreich beschränkt sich darauf, zu erläutern, was sie unter einer „Hold-up“-Situation versteht, und macht lediglich geltend, dass sich ein Unternehmen, das in Kernkraftwerke investiere, nicht in einer solchen Situation befinde. 185 Die Republik Österreich hat aber nicht dargetan, dass die Feststellungen der Kommission in den Erwägungsgründen 384 und 385 des angefochtenen Beschlusses unter offensichtlichen Beurteilungsfehlern litten (siehe oben, Rn. 160, 161 und 170). Insbesondere hat sie die Feststellung der Kommission, dass das oben in Rn. 183 beschriebene Risiko einen Faktor darstelle, der Investitionen in den Bau und den Betrieb neuer Kernkraftwerke erschwere, nicht entkräftet. 186 Das Vorbringen der Republik Österreich ist daher zurückzuweisen. 187 Zweitens macht die Republik Österreich geltend, dass das Risiko, dass sich die politischen Rahmenbedingungen änderten, kein spezifisches Risiko von Kernkraftwerken sei, sondern ein allgemeines Risiko, das für sämtliche, insbesondere ressourcenintensive, und in der Öffentlichkeit umstrittene Projekte generell bestehe. Ein solches Risiko sei daher kein Faktor, der mit einer staatlichen Beihilfe auszugleichen sei. 188 Hierzu ist zum einen festzustellen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 384 und 385 des angefochtenen Beschlusses nicht ausgeschlossen hat, dass das Risiko der Änderung der politischen Rahmenbedingungen auch bei anderen Vorhaben bestehen und entsprechende Investitionen erschweren kann. 189 Zum anderen hat die Republik Österreich die Feststellung der Kommission, dass das Risiko der Änderung der politischen Rahmenbedingungen bei der Kerntechnologie wegen deren umstrittenen Charakters, wegen der Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung des Risikos, wegen der Tragweite der Änderung der politischen Rahmenbedingungen, die bis zu einem völligen Ausstieg aus der Kernenergie gehen kann, wegen der sehr langen Rückzahlungszeiträume und wegen der sehr hohen Beträge, die zu investieren sind, in besonderem Maß bestehe, nicht entkräftet. 190 Die Republik Österreich hat mithin nicht dargetan, dass die Erwägungen der Kommission unter einem offensichtlichen Fehler litten. 191 Drittens macht die Republik Österreich geltend, dass im Fall von Enteignungen zum Schutz der Investitionen und vermögenswerten Rechte eine finanzielle Entschädigung garantiert sei. 192 Dieses Vorbringen ist, soweit es darauf abzielt, dass die Kommission nicht hinreichend berücksichtigt habe, dass eine finanzielle Entschädigung garantiert sei, zurückzuweisen. Die Kommission hat nämlich durchaus geprüft, inwieweit bei einer vorzeitigen Stilllegung des Kernkraftwerks Hinkley Point eine Entschädigung garantiert wäre. In Rn. 192 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens hat sie ausgeführt, dass die Leistung von Schadensersatz durch eine Behörde zum Ersatz eines durch den Staat verursachten Schadens keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV sei. Außerdem hat sie im 322. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die allgemeinen Grundsätze, die dem Recht des Vereinigten Königreichs und dem Unionsrecht zugrunde lägen, im Fall des Entzugs eines Eigentumsrechts einen Ausgleichsanspruch begründeten. 193 Das Vorbringen der Republik Österreich ist aber auch insoweit zurückzuweisen, als es darauf abzielen sollte, dass die Annahme, dass das Risiko eines „Hold-up“ aus politischen Gründen ein Faktor sei, der Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie erschwere, wegen der garantierten finanziellen Entschädigung offensichtlich fehlerhaft sei. Dass nach den dem Recht des Vereinigten Königreichs und dem Unionsrecht zugrunde liegenden allgemeinen Grundsätzen ein Anspruch auf eine Entschädigung besteht, ändert nämlich nichts daran, dass das Risiko eines „Hold-up“ aus politischen Gründen auf potenzielle Investoren abschreckend wirkt. In Anbetracht der Höhe der Investitionen, um die es hier geht, vermag die bloße Aussicht darauf, im Fall der Enteignung gegebenenfalls, unter Umständen erst nach einem Rechtsstreit, eine finanzielle Entschädigung in ungewisser Höhe zu halten, das Investitionshindernis des Risikos eines „Hold-up“ aus politischen Gründen nicht vollends zu beseitigen. Die Feststellung der Kommission, dass dieses Risiko trotz eines Anspruchs auf Entschädigung einen Faktor darstelle, der Investitionen in neue Kernkraftwerke erschwere, leidet also nicht unter einem offensichtlichen Beurteilungsfehler. 194 Viertens macht die Republik Österreich geltend, es sei nicht richtig, die Betreiber des Kernkraftwerks Hinkley Point C gegen zukünftige, auf demokratischem Wege getroffene politische Entscheidungen zu „immunisieren“. Das Großherzogtum Luxemburg macht geltend, solche Entscheidungen könnten nicht als Marktversagen angesehen werden. 195 Soweit das Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg darauf abzielt, dass zukünftige, auf demokratischem Wege getroffene politische Entscheidungen bei der Prüfung der Frage, ob es Faktoren gibt, die Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie erschweren, nicht hätten berücksichtigt werden dürfen, ist es zurückzuweisen. Bei der Prüfung dieser Frage durfte die Kommission nämlich sämtliche Gesichtspunkte berücksichtigen, wegen derer neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie allein durch die Kräfte des Marktes, also ohne ein Eingreifen des Staates nicht rechtzeitig hätten geschaffen werden können. Die Berücksichtigung von Unsicherheiten wegen des Risikos eines „Hold-up“ aus politischen Gründen, die, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 189), im Bereich der Kernenergie in besonderem Maß bestehen, war also nicht offensichtlich fehlerhaft. 196 Soweit das Vorbringen der Republik Österreich nicht nur darauf abzielt, dass ein Eingreifen des Vereinigten Königreichs nicht erforderlich gewesen sei, sondern auch darauf, dass eine Überkompensation vorliege, weil die konkreten Maßnahmen, nämlich der „Contract for Difference“, das „Secretary of State Agreement“ und die Kreditgarantie, über das hinausgingen, was erforderlich sei, um die festgestellten Hindernisse zu überwinden, richtet es sich gegen die Feststellungen der Kommission zur Erforderlichkeit der Maßnahme und überschneidet sich mit dem Vorbringen im Rahmen des sechsten Klagegrundes. Insoweit geht es hier ins Leere. Es wird aber im Rahmen der Prüfung des sechsten Klagegrundes berücksichtigt werden. 197 Somit ist das Vorbringen, mit dem die Feststellungen der Kommission zum Risiko eines „Hold-up“ aus politischen Gründen angegriffen werden, mit Ausnahme des Gesichtspunkts der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, auf den im Rahmen der Prüfung des sechsten Klagegrundes zurückzukommen sein wird, in vollem Umfang zurückzuweisen. 198 Als Viertes macht die Republik Österreich geltend, der Bau anderer Kernkraftwerke sei ohne staatliche Beihilfen finanziert worden. Als Beispiele führt sie u. a. die Kernkraftwerke Flamanville (Frankreich) und Olkiluoto (Finnland) an. 199 In den Erwägungsgründen 381 bis 392 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission ausgeführt, dass Investitionen in die Kernenergie mit einem erheblichen Risiko verbunden seien und marktbasierte Finanzinstrumente und andere Vertragstypen zur Absicherung gegen dieses Risiko fehlten, so dass große Unsicherheit in der Frage herrsche, ob der Markt in einem realistischen Zeitrahmen Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie tätigen würde. Sie hat dieses Ergebnis nicht nur auf diese Faktoren, sondern auch auf Modellierungen gestützt. 200 Folglich ist zu prüfen, ob diese Feststellungen der Kommission durch das Vorbringen der Republik Österreich, dass in Flamanville und in Olkiluoto Kernkraftwerke mit demselben Reaktortyp wie dem, der im Kernkraftwerk Hinkley Point C zum Einsatz kommen solle, ohne staatliche Beihilfen gebaut würden, entkräftet werden. 201 Insoweit ist erstens festzustellen, dass bereits vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses bekannt war, dass es bei den Projekten des Baus der Kernkraftwerke von Flamanville und Olkiluoto zu erheblichen Mehrkosten gekommen ist (Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens, Rn. 25). 202 Zweitens sind die Entscheidungen, in die Projekte des Baus der Kernkraftwerke von Flamanville und Olkiluoto zu investieren, nach den Angaben der Kommission und der Französischen Republik, die von der Republik Österreich und dem Großherzogtum Luxemburg nicht bestritten werden, vor dem Reaktorunfall in Fukushima (Japan) getroffen worden. 203 Drittens sind die Kernkraftwerke von Flamanville und Olkiluoto unter anderen Rahmenbedingungen geplant worden. Wie die Kommission ausgeführt hat, ohne dass die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg substantiiert widersprochen hätten, wurde die Entscheidung, in den Bau des Kernkraftwerks von Flamanville zu investieren, 2005 getroffen, d. h. vor der weltweiten Finanzkrise 2007/2008. Der angefochtene Beschluss wurde nach dem Eintritt dieser Krise erlassen. Was das Kernkraftwerk von Olkiluoto angeht, ist festzustellen, dass aus dem hinweisenden Nuklearprogramm KOM(2007) 565 endgültig vom 4. Oktober 2007 hervorgeht, dass die Investition in dieses Kernkraftwerk durch den Abschluss einer Aktionärsvereinbarung erreicht worden ist, die den Besitzern/Investoren einen festen Energiepreis sichert. Nach den Angaben der Kommission, die von der Republik Österreich und dem Großherzogtum Luxemburg nicht substantiiert bestritten worden sind, sind Aktionäre des Kernkraftwerks von Olkiluoto hauptsächlich Papierhersteller und wird die erzeugte Energie unter den Aktionären zum Selbstkostenpreis aufgeteilt. 204 Viertens macht die Kommission geltend, dass der Großhandelspreis für Strom in der Union seit den Entscheidungen, in den Bau der Kernkraftwerke von Flamanville und Olkiluoto zu investieren, erheblich gesunken sei (35 % bis 45 % von 2008 bis 2012), was von der Republik Österreich und dem Großherzogtum Luxemburg nicht bestritten wird. 205 Die Feststellungen der Kommission in den Erwägungsgründen 381 bis 392 des angefochtenen Beschlusses werden allein durch das Vorbringen der Republik Österreich, dass in Flamanville und in Olkiluoto Kernkraftwerke mit demselben Reaktortyp wie dem, der im Kernkraftwerk Hinkley Point C zum Einsatz kommen soll, ohne staatliche Beihilfen gebaut würden, also nicht entkräftet. 206 Das entsprechende Vorbringen der Republik Österreich ist daher zurückzuweisen. 207 Als Fünftes macht die Republik Österreich geltend, es gebe durchaus vergleichbare Infrastrukturprojekte (Wasserkraftwerke, Tunnels, große Forschungseinrichtungen im Bereich der Pharmazeutik, Gentechnik und Weltraumprojekte), bei denen die Betreiber hohe Investitionskosten, lange Bauzeiten und eine lange Betriebsdauer zu gewärtigen hätten. 208 Hierzu ist zum einen festzustellen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 381 bis 385 des angefochtenen Beschlusses keineswegs ausgeschlossen hat, dass es auch bei anderen Infrastrukturprojekten Faktoren geben kann, die Investitionen erschweren. 209 Zum anderen wird die Feststellung der Kommission in den Erwägungsgründen 381 bis 392 des angefochtenen Beschlusses, in denen u. a. auf das Risiko, mit dem die Erzeugung von Kernenergie verbunden ist, und auf das Fehlen marktbasierter Finanzinstrumente und anderer Vertragstypen zur Absicherung gegen dieses Risiko abgestellt wird, durch die bloße Behauptung, auch bei anderen Infrastrukturprojekten, die nicht im Einzelnen genannt werden, müsse mit hohen Investitionskosten, langen Bauzeiten und einer langen Betriebsdauer umgegangen werden, nicht entkräftet. Wie bereits ausgeführt, besteht bei Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie typischerweise das Risiko eines „Hold-up“ aus politischen Gründen und eines völligen Ausstiegs aus der Kernenergie wegen deren Umstrittenheit. 210 Auch dieses Vorbringen der Republik Österreich ist also zurückzuweisen. 211 Als Sechstes sind die Argumente zu prüfen, die die Republik Österreich im Rahmen des vierten Klagegrundes aus den hinweisenden Nuklearprogrammen ableitet (siehe oben, Rn. 120). Die Republik Österreich macht geltend, aus bestimmten hinweisenden Nuklearprogrammen gehe hervor, dass die Kernenergie wettbewerbsfähig sei und in Kernenergieprojekte keine staatlichen Beihilfen fließen dürften. Das Vorbringen zielt darauf ab, dass neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie, anders als die Kommission festgestellt habe, auch ohne ein Eingreifen des Vereinigten Königreichs hätten rechtzeitig geschaffen werden können. 212 Es ist hier der Inhalt der hinweisenden Nuklearprogramme zu prüfen, auf die sich die Republik Österreich beruft. 213 Im hinweisenden Nuklearprogramm KOM(2007) 565 endgültig vom 4. Oktober 2007 stellt die Kommission zwar fest, dass in mehreren Mitgliedstaaten die Tendenz bestehe, dass neue Kernkraftwerke im Allgemeinen ohne Beihilfen gebaut würden, was ein Anzeichen dafür sei, dass die Kernenergie zunehmend als wettbewerbsfähig angesehen werde (Abschnitte 4.2 und 4.3). Sie weist aber darauf hin, dass die Ungewissheit in Bezug auf künftige Elektrizitätspreise, die künftige Marktstruktur und die Marktbedingungen sowie energiepolitische Strategien und die Politik zur Bekämpfung des Klimawandels ein erhebliches Risiko für langfristige Investitionen im Energiesektor darstelle, das insbesondere die Kernenergie betreffe, und zwar aufgrund der hohen Kapitalinvestition, die mit dem Bau eines neuen Kernkraftwerks verbunden sei, und des relativ langen Zeitraums, bevor eine solche Investition Gewinn abwerfe (Abschnitt 4.3). Investoren bevorzugten Investitionen mit niedrigeren Konstruktionskosten und kurzer Vorlaufzeit (Abschnitt 4.3). Da seit mehr als einem Jahrzehnt keine neuen Anlagen mehr gebaut worden seien, gebe es für die neue Generation von Kernkraftwerken keine gesicherten Daten (Abschnitt 4.2), so dass es schwierig sei, die genauen Kosten für die jüngste Generation von Reaktoren zu veranschlagen (Abschnitt 4.3). 214 Im hinweisenden Nuklearprogramm KOM(2008) 776 endgültig vom 13. November 2008 stellt die Kommission in Abschnitt 3.3 zwar klar, dass es wichtig sei, dass in der Union in Kernenergieprojekte keine staatlichen Beihilfen flössen. Sie weist aber darauf hin, dass ein Kernkraftwerk deutlich höhere Baukosten aufweise als ein entsprechendes Kohle- oder Gaskraftwerk, dass der Umfang der anfänglichen Investition und die für die Rückzahlung benötigte Zeit ein hohes Risiko für privatwirtschaftliche Unternehmen bedeuteten und dass die jüngste Volatilität auf den globalen Kreditmärkten Druck auf Großinvestitionsprojekte ausüben dürfte (Abschnitte 3.3, 3.3.1 und 3.3.2). Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass, obschon die Finanzierung neuer Kernkraftwerke privaten Betreibern und den Kapitalmärkten obliege, Maßnahmen gerechtfertigt sein könnten, diese Finanzierung zu erleichtern, vor allem in Anbetracht des generellen Investitionsklimas für Großkredite, das in den vergangenen zwölf Monaten schwieriger geworden sei. 215 Anders als die Republik Österreich behauptet, besteht zwischen den Feststellungen der Kommission in den hinweisenden Nuklearprogrammen KOM(2007) 565 endgültig vom 4. Oktober 2007 und KOM(2008) 776 endgültig vom 13. November 2008 und Abschnitt 9.3 des angefochtenen Beschlusses kein Widerspruch. 216 Jedenfalls spiegeln die hinweisenden Nuklearprogramme die Situation wider, die zu dem Zeitpunkt bestand, als sie verfasst wurden. Umständen, die danach eingetreten sind, z. B. den Folgen des Reaktorunfalls von Fukushima, wird in ihnen nicht Rechnung getragen. 217 Mit dem Inhalt der hinweisenden Nuklearprogramme, auf die sich die Republik Österreich beruft, ist entgegen deren Vorbringen also nicht dargetan, dass der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen wäre. 218 Als Siebtes macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe die Dimension des Projekts zu Unrecht als Faktor berücksichtigt, der Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie erschwere. Dieses Kriterium hätte nach der Mitteilung der Kommission über die Kriterien für die Würdigung der Vereinbarkeit von staatlichen Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse mit dem Binnenmarkt (ABl. 2014, C 188, S. 4) im Rahmen der Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV berücksichtigt werden müssen. 219 Auch dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. 220 Entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich ist die Kommission durch nichts daran gehindert, im Rahmen der Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV, insbesondere bei der Prüfung der Frage, ob ein Eingreifen des Staates erforderlich ist, die Dimension des angemeldeten Projekts zu berücksichtigen. 221 Das Vorbringen, mit dem sich die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg gegen die Feststellung der Kommission wenden, dass das verfolgte Ziel der Schaffung neuer Kapazitäten zur Erzeugung von Kernenergie ohne das Eingreifen des Vereinigten Königreichs nicht rechtzeitig erreicht werde, ist also mit Ausnahme des Gesichtspunkts der Überkompensation (siehe oben, Rn. 196), auf den im Rahmen der Prüfung des sechsten Klagegrundes zurückzukommen sein wird, in vollem Umfang zurückzuweisen, ohne dass auf das Vorbringen der Kommission eingegangen zu werden braucht, dass das Vorbringen der Republik Österreich teilweise verspätet und damit unzulässig sei. c) Zu der Rüge, mit der geltend gemacht wird, die Ziele der Versorgungssicherheit und der Dekarbonisierung könnten auch ohne staatliche Beihilfen erreicht werden 222 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg machen geltend, anders als die Kommission festgestellt habe, könnten die Ziele der Versorgungssicherheit und der Dekarbonisierung auch ohne die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs erreicht werden. 223 Die Kommission, die Tschechische Republik, die Französische Republik, Ungarn, Polen, die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. Nach Auffassung der Kommission ist das Vorbringen der Republik Österreich teilweise verspätet und damit unzulässig. 224 Als Erstes ist festzustellen, dass die Rüge der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg auf einer unzutreffenden Annahme beruht. Die Kommission hat bei ihren Feststellungen zur Notwendigkeit eines Eingreifens des Vereinigten Königreichs nicht darauf abgestellt, dass die Ziele der Versorgungssicherheit und der Dekarbonisierung ohne staatliche Beihilfen nicht erreicht werden könnten. Die Kommission ist vielmehr davon ausgegangen, dass diese Ziele keine Investitionen speziell in die Erzeugung von Kernenergie rechtfertigen dürften, sondern im weiteren Sinne eher Investitionen in die CO2-arme Stromerzeugung bzw. in Maßnahmen zur Internalisierung der positiven externen Effekte der Verfügbarkeit von Strom (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 378 bis 380). 225 Als Zweites ist festzustellen, dass Ausgangspunkt der Erwägungen, die die Kommission in Abschnitt 9.3 des angefochtenen Beschlusses zur Erforderlichkeit eines Eingreifens des Vereinigten Königreichs anstellt, das Ziel der Förderung der Kernenergie, insbesondere das Ziel der Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie, ist. Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 153 bis 221), haben die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg nicht dargetan, dass die Erwägungen der Kommission unzureichend begründet wären oder unter materiellen Fehlern litten. 226 Die Rüge, die Ziele der Versorgungssicherheit und der Dekarbonisierung könnten auch ohne staatliche Beihilfen erreicht werden, ist daher zurückzuweisen, ohne dass auf das Vorbringen der Kommission eingegangen zu werden braucht, das Vorbringen der Republik Österreich sei teilweise verspätet. d) Zu der Rüge, die Kommission habe nicht ausreichend erläutert, inwieweit im Kernkraftwerk Hinkley Point C neue Technologien zum Einsatz kämen 227 Das Vorbringen, die Kommission hätte näher erläutern müssen, inwieweit im Kernkraftwerk Hinkley Point C neue Technologien zum Einsatz kämen, beruht auf einem unrichtigen Verständnis des 392. Erwägungsgrundes des angefochtenen Beschlusses (siehe oben, Rn. 131 bis 138). Es ist ebenfalls zurückzuweisen. 228 Somit ist das gesamte Vorbringen, mit dem die Feststellung der Kommission angegriffen wird, dass zur Verwirklichung des vom Vereinigten Königreich verfolgten Ziels von öffentlichem Interesse ein Eingreifen des Staates notwendig gewesen sei, zurückzuweisen. 2. Zum Vorbringen zu der von Kommission vorgenommenen Marktdefinition 229 Die Republik Österreich macht geltend, die Kommission habe den relevanten Markt nicht richtig definiert. Anders als im Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens habe sie im angefochtenen Beschluss nicht auf den liberalisierten Markt für Stromerzeugung und ‑versorgung, sondern auf einen Markt für den Bau und den Betrieb von Kernkraftwerken abgestellt. Sie habe die Regeln über die Marktdefinition nicht angewandt und sei von ihrer einschlägigen Praxis abgewichen. 230 Die Kommission, die Tschechische Republik, die Französische Republik, Ungarn, die Republik Polen, die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. 231 Als Erstes ist festzustellen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss den liberalisierten Markt für Stromerzeugung und ‑versorgung als den Markt identifiziert hat, der von den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs betroffen ist. Bei ihrer Feststellung im 340. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass die Maßnahmen den Wettbewerb verfälschten und den Handel beeinträchtigten, hat sie nämlich auf deren Auswirkungen auf den liberalisierten Markt für Stromerzeugung und ‑versorgung abgestellt. Auch bei der Abwägung der Vor- und Nachteile der Maßnahmen (Abschnitt 9.6 des angefochtenen Beschlusses) hat sie die Verfälschung des Wettbewerbs und die Beeinträchtigung des Handels auf diesem Markt berücksichtigt. 232 Das Vorbringen der Republik Österreich, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss auf den Markt für den Bau und den Betrieb von Kernkraftwerken abgestellt, ist mithin zurückzuweisen. 233 Als Zweites ist, soweit die Republik Österreich rügt, dass die Kommission nicht geprüft habe, inwieweit der Bau und der Betrieb von Kernkraftwerken als relevanter Markt angesehen werden könnten, festzustellen, dass die Kommission auf diesen Gesichtspunkt bei der Prüfung der Frage, ob zur Erreichung des verfolgten Ziels der Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie ein Eingreifen des Vereinigten Königreichs erforderlich war, nicht eingehen musste. Das Vorbringen der Republik Österreich ist deshalb zurückzuweisen. 234 Als Drittes ist zum übrigen Vorbringen der Republik Österreich zu der von der Kommission vorgenommenen Marktdefinition festzustellen, dass es auf der unzutreffenden Annahme beruht, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss auf den Markt für den Bau und den Betrieb von Kernkraftwerken abgestellt habe und dass sie die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs nur nach Feststellung eines Marktversagens gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV für mit dem Binnenmarkt vereinbar hätte erklären dürfen. Deshalb ist auch dieses Vorbringen zurückzuweisen und damit das gesamte Vorbringen zur Marktdefinition. 3. Zu dem Vorbringen, es sei ein Präjudiz für die Kernenergie geschaffen worden 235 Die Republik Österreich macht weiter geltend, durch den Ansatz der Kommission sei ein Präjudiz für die Kernenergie geschaffen worden. 236 Die Kommission, die Tschechische Republik, die Französische Republik, Ungarn, die Republik Polen, die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. 237 Als Erstes ist festzustellen, dass eine Beihilfe nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden kann, wenn sie der Entwicklung eines Wirtschaftszweigs dient, der ein Ziel von allgemeinem Interesse darstellt, sowie geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist. Nach Art. 2 Buchst. c EA und Art. 194 Abs. 2 Unterabs. 2 AEUV kann ein Mitgliedstaat die Förderung der Kernenergie als ein solches Ziel ansehen (siehe oben, Rn. 97). 238 Als Zweites ist festzustellen, dass die Republik Österreich, soweit sie geltend macht, die Maßnahmen könnten wegen ihrer Auswirkungen auf Investitionen in andere Energiequellen als die Kernenergie nicht als verhältnismäßig angesehen werden, die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs in Frage stellt. In Abschnitt 9.3 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission aber lediglich geprüft, ob ein Eingreifen des Vereinigten Königreichs erforderlich war. Das Vorbringen der Republik Österreich ist hier also als ins Leere gehend zurückzuweisen. Im Rahmen der Prüfung des sechsten Klagegrundes, mit dem sich die Republik Österreich insbesondere gegen die Feststellungen der Kommission zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahme wendet, wird aber auf diesen Gesichtspunkt zurückzukommen sein. 239 Soweit sich die Republik Österreich gegen die Feststellung der Kommission wendet, ein Eingreifen des Vereinigten Königreichs sei erforderlich gewesen, ist ihr Vorbringen demnach zurückzuweisen. 240 Schließlich ist das Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg zurückzuweisen, die Kommission habe zu Unrecht ein Marktversagen festgestellt. Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV verlangt nämlich nicht ausdrücklich ein Marktversagen. Den Ausführungen der Kommission in Abschnitt 9.3 des angefochtenen Beschlusses, die durch das Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg nicht entkräftet werden, ist zu entnehmen, dass ohne ein Tätigwerden des Vereinigten Königreichs Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie nicht rechtzeitig erfolgt wären. Selbst wenn die Kommission also zu Unrecht festgestellt hätte, dass ein Marktversagen vorliege, ließe dies ihre Feststellung, dass zur Erreichung des verfolgten Ziels von öffentlichem Interesse ein Tätigwerden des Vereinigten Königreichs erforderlich gewesen sei, unberührt. 241 Der erste Klagegrund, der erste und der zweite Teil des neunten Klagegrundes (Vorliegen eines Marktversagens) und das auf die hinweisenden Nuklearprogramme gestützte Vorbringen im Rahmen des vierten Klagegrundes, mit dem die Feststellungen der Kommission zur Marktdefinition und zum Vorliegen eines Marktversagens angegriffen werden, sind also mit Ausnahme der Gesichtspunkte der Immunisierung gegen das Risiko eines „Hold-up“ aus politischen Gründen und der Unverhältnismäßigkeit der Maßnahmen wegen der Auswirkungen auf Investitionen in andere Energiequellen als die Kernenergie (siehe oben, Rn. 196 und 238), auf die im Rahmen der Prüfung des sechsten Klagegrundes zurückzukommen sein wird, zurückzuweisen. E. Zum fünften und zum achten Klagegrund (unzulängliche Determinierung der Beihilfeelemente und Verstoß gegen die Garantiemitteilung) und zum vierten Teil des neunten Klagegrundes (Verletzung der Begründungspflicht) 242 Im Rahmen des fünften Klagegrundes macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss die Beihilfeelemente der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs nicht ausreichend bestimmt. Sie sei deshalb überhaupt nicht in der Lage gewesen, über die Frage, ob die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV genehmigt werden könnten, zu entscheiden. 243 Mit dem achten Klagegrund machen die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg geltend, die Kommission habe die Garantiemitteilung nicht beachtet. Anders als diese Mitteilung verlange, habe die Kommission das Beihilfeelement der Kreditgarantie nicht ausreichend bestimmt und nicht alle relevanten Gesichtspunkte berücksichtigt. 244 Mit dem vierten Teil des neunten Klagegrundes macht die Republik Österreich geltend, der angefochtene Beschluss sei insoweit auch nicht hinreichend begründet. 245 Die Kommission, die Französische Republik, Ungarn, die Republik Polen und Rumänien treten diesem Vorbringen entgegen. 246 Als Erstes ist zu prüfen, ob und inwieweit die Kommission bei einer Beihilfemaßnahme, bevor sie deren Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV beurteilt, das Subventionsäquivalent beziffern muss. Als Zweites wird auf das Vorbringen einzugehen sein, die Kommission habe die Beihilfeelemente der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs nicht ausreichend bestimmt. Als Drittes wird das Vorbringen geprüft werden, die Kommission habe ihre Begründungspflicht verletzt. 1. Zu der Frage, ob und inwieweit die Kommission bei einer Beihilfemaßnahme das Subventionsäquivalent beziffern muss 247 Die Republik Österreich macht geltend, die Kommission hätte vor einer Entscheidung über die Vereinbarkeit der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs mit dem Binnenmarkt gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV das Subventionsäquivalent der Maßnahmen beziffern müssen. 248 Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 48), kann eine Beihilfe nur dann gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden, wenn die Kommission feststellt, dass sie einem von dem Mitgliedstaat verfolgten Ziel von allgemeinem Interesse dient, im Hinblick auf dieses Ziel geeignet und erforderlich ist und die Bedingungen des Handels und des Wettbewerbs nicht in einer Weise verändert, die außer Verhältnis zu den erzielten Vorteilen steht. 249 Hingegen verlangt Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV nicht ausdrücklich, dass die Kommission das Subventionsäquivalent der Beihilfemaßnahme beziffert. Kann die Kommission bei einer Beihilfemaßnahme also ohne Bezifferung des Subventionsäquivalents feststellen, dass die Maßnahme geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist, ist nicht zu beanstanden, dass sie das Subventionsäquivalent nicht beziffert hat. 250 Dieses Verständnis von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV wird durch das Vorbringen der Republik Österreich nicht entkräftet. Weder aus den Rechtsvorschriften noch aus der Rechtsprechung, auf die sich die Republik Österreich beruft, ergibt sich der Grundsatz, dass die Kommission bei einer Beihilfemaßnahme, bevor sie deren Verhältnismäßigkeit gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV prüft, das Subventionsäquivalent beziffern müsste. 251 Die Republik Österreich beruft sich erstens auf die Art. 7 und 8 sowie die Erwägungsgründe 23 und 25 der Verordnung Nr. 651/2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 [AEUV]. In Art. 7 dieser Verordnung sind die Modalitäten der Berechnung der Beihilfeintensität und der beihilfefähigen Kosten geregelt. Art. 8 der Verordnung enthält eine Kumulierungsregel, die bei der Prüfung der Frage zu beachten ist, ob die in Art. 4 der Verordnung festgelegten Anmeldeschwellen und die in Kapitel III der Verordnung festgelegten Beihilfehöchstintensitäten eingehalten sind. Die Erwägungsgründe 23 und 25 der Verordnung beziehen sich auf die Art. 7 und 8 der Verordnung. Entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich kann aber weder aus den Art. 7 und 8 noch aus den Erwägungsgründen 23 und 25 der Verordnung abgeleitet werden, dass nur eine Beihilfemaßnahme, deren Subventionsäquivalent nach diesen Vorschriften beziffert worden ist, gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden könnte. Die Verordnung Nr. 651/2014 enthält nämlich lediglich eine typisierende Beurteilung (Gruppenfreistellung), die die Kommission bei einer unmittelbar auf der Grundlage von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV durchgeführten Einzelprüfung nicht bindet. Mithin ist das Vorbringen der Republik Österreich zurückzuweisen. 252 Zweitens beruft sich die Republik Österreich auf Rn. 69 der Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020. Dort heißt es lediglich, dass Umwelt- und Energiebeihilfen als angemessen betrachtet werden, wenn der Beihilfebetrag pro Beihilfeempfänger auf das zur Verwirklichung des angestrebten Umwelt- oder Energieziels erforderliche Minimum beschränkt ist. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Kommission bei der Prüfung einer Beihilfemaßnahme nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV, bevor sie die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme prüft, das Subventionsäquivalent beziffern müsste. Jedenfalls hat die Kommission im angefochtenen Beschluss auf das Ziel der Förderung der Kernenergie abgestellt, das nicht zu den Zielen der Leitlinien gehört. 253 Drittens ist zum Anhang I Teil I der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. 2004, L 140, S. 1) festzustellen, dass er das Standardformular für die Anmeldung staatlicher Beihilfen enthält und in dessen Abschnitt 5 der Gesamtbetrag der Beihilfe anzugeben ist. Daraus kann entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich aber nicht geschlossen werden, dass die Kommission eine Beihilfemaßnahme, bei der sie das Subventionsäquivalent nicht beziffert hat, nicht für mit Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV vereinbar erklären dürfte. Folglich ist das Vorbringen der Republik Österreich zurückzuweisen. 254 Viertens beruft sich die Republik Österreich auf Art. 26 der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 [AEUV] (ABl. 2015, L 248, S. 9). In dieser Vorschrift ist lediglich geregelt, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, der Kommission Jahresberichte über alle bestehenden Beihilferegelungen zu unterbreiten. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass die Kommission nicht gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV über die Vereinbarkeit einer Beihilfemaßnahme mit dem Binnenmarkt entscheiden dürfte, wenn sie das Subventionsäquivalent der Maßnahme nicht beziffert hat. Das Vorbringen der Republik Österreich ist also zurückzuweisen. 255 Fünftens begründet die Republik Österreich ihre Auffassung, die Kommission sei verpflichtet, das Subventionsäquivalent der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs zu bestimmen, damit, dass sich aus der Mitteilung der Kommission zur Änderung der Mitteilungen der Kommission über Leitlinien der EU für die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit dem schnellen Breitbandausbau, über Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014-2020, über staatliche Beihilfen für Filme und andere audiovisuelle Werke, über Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikofinanzierungen sowie über Leitlinien für staatliche Beihilfen für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften (ABl. 2014, C 198, S. 30) ergebe, dass die Mitgliedstaaten bei Beihilfen, die über 500000 Euro hinausgingen, aus Gründen der Transparenz verpflichtet seien, den Empfänger, den Betrag und das Ziel der Beihilfe zu veröffentlichen. Aus einer solchen die Mitgliedstaaten treffenden Verpflichtung kann aber nicht geschlossen werden, dass die Kommission verpflichtet gewesen wäre, das Subventionsäquivalent der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs zu bestimmen. Das Vorbringen der Republik Österreich ist also zurückzuweisen. 256 Sechstens ist festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich aus Rn. 25 des Urteils vom 12. Oktober 2000, Spanien/Kommission (C‑480/98, EU:C:2000:559), nicht abgeleitet werden kann, dass die Kommission verpflichtet wäre, den Betrag einer Beihilfemaßnahme zu bestimmen. In dieser Randnummer hat der Gerichtshof lediglich darauf hingewiesen, dass keine Bestimmung des Unionsrechts von der Kommission verlangt, bei der Anordnung der Wiedereinziehung einer mit dem Binnenmarkt für unvereinbar erklärten Beihilfe den genauen Betrag der zu erstattenden Beihilfe festzusetzen, sondern dass es genügt, dass die Entscheidung der Kommission Angaben enthält, die es ihrem Adressaten ermöglichen, ohne übermäßige Schwierigkeiten diesen Betrag selbst zu bestimmen. Folglich ist das Vorbringen der Republik Österreich zurückzuweisen. 257 Das Vorbringen der Republik Österreich, die Kommission habe bei den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs das Beihilfeelement nicht ausreichend bestimmt, ist nach Maßnahme der oben in den Rn. 247 bis 249 angestellten Erwägungen zu prüfen. 2. Zu dem Vorbringen, bei den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs sei das Beihilfeelement nicht ausreichend bestimmt worden 258 Als Erstes macht die Republik Österreich geltend, zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses hätten noch nicht alle Modalitäten der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs festgestanden. Als Zweites machen die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg geltend, die Kommission habe bei den verschiedenen Maßnahmen des Vereinigten Königreichs das Beihilfeelement nicht ausreichend bestimmt. Als Drittes macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe die Kosten der Entsorgung und Lagerung der Nuklearabfälle nicht hinreichend berücksichtigt, als Viertes, die Kommission habe etwaige zukünftige staatliche Beihilfen nicht berücksichtigt. a) Zu dem Vorbringen, zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses hätten noch nicht alle Modalitäten der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs festgestanden 259 Mit dem fünften Klagegrund macht die Republik Österreich geltend, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses noch nicht alle Modalitäten der Maßnahmen festgestanden hätten. Sie seien weiterverhandelt und abgeändert worden. 260 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. Sie macht geltend, die Republik Österreich habe nicht angegeben, welche Informationen fehlten. Ihr Vorbringen sei unzulässig. 261 Das Vorbringen der Kommission, das Vorbringen der Republik Österreich sei unzulässig, ist zurückzuweisen. 262 Die Republik Österreich beanstandet nämlich im Wesentlichen, dass der Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses lediglich die bisher vereinbarten Eckpunkte zur Finanzierung des Projekts des Kernkraftwerks Hinkley Point C vorgelegen hätten und sie die übrigen Parameter des Projekts nicht habe prüfen können (vgl. angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 73 und 551). 263 Zur Begründetheit des Vorbringens der Republik Österreich ist festzustellen, dass die Kommission nach Art. 108 Abs. 3 AEUV von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen rechtzeitig unterrichtet wird. Die Kommission ist daher von Beihilfemaßnahmen zu unterrichten, wenn sich diese noch im Entwurfsstadium befinden, d. h. vor der Durchführung und solange sie noch nach Maßgabe etwaiger Einwände der Kommission umgestaltet werden können. 264 Da Art. 108 Abs. 3 AEUV kein formales Kriterium enthält, ist es Sache eines jeden Mitgliedstaats, festzulegen, in welcher Phase des Gesetzgebungs- bzw. Verwaltungsverfahrens er sich dafür entscheidet, die beabsichtigte Beihilfe der Kommission zur Prüfung vorzulegen, sofern der Entwurf nicht zur Durchführung gelangt, bevor die Kommission die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. September 1998, Waterleiding Maatschappij/Kommission, T‑188/95, EU:T:1998:217, Rn. 118). 265 Im vorliegenden Fall hat die Kommission das Projekt des Kernkraftwerks Hinkley Point C geprüft, wie es vom Vereinigten Königreich angemeldet worden ist. Bei der Prüfung der Maßnahmen hat sie die Erklärung der Behörden des Vereinigten Königreichs berücksichtigt, dass die übrigen Vorschriften und Bedingungen sowie die endgültigen Finanzierungsdokumente Standardklauseln enthalten würden, wie sie von Kapitalgebern bei ähnlichen Projekten angestrebt würden (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 73 und 551). Die Genehmigung, die die Kommission erteilt hat, bezieht sich also nur auf die Beihilfeelemente, die sich aus dem Projekt des Kernkraftwerks Hinkley Point C, wie es bei ihr angemeldet worden ist, ergeben. 266 Was die Gefahr späterer inhaltlicher Änderungen der Maßnahmen angeht, auf die die Republik Österreich hinweist, kann es mit dem Hinweis sein Bewenden haben, dass sich die Genehmigung, die die Kommission erteilt hat, lediglich auf das Projekt, wie es bei ihr angemeldet worden ist, bezieht. Spätere Änderungen, die sich auf die Beurteilung der Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahmen mit dem Binnenmarkt auswirken können, müssten erneut bei der Kommission angemeldet werden. Die Kommission hat die Behörden des Vereinigten Königreichs deshalb darum ersucht, die endgültigen Unterlagen, sofern darin Änderungen an den ihr derzeit vorliegenden Maßnahmen vorgenommen würden, bei ihr anzumelden (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 73 und 551). 267 Das Vorbringen der Republik Österreich, dass sich die Modalitäten der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs noch ändern könnten, ist daher zurückzuweisen. b) Zu dem Vorbringen, die Beihilfeelemente der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs seien nicht ausreichend bestimmt 268 Im Rahmen des fünften und des achten Klagegrundes macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe die Beihilfeelemente der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs nicht ausreichend bestimmt. Außerdem habe sie die Kumulierung der Maßnahmen nicht berücksichtigt. 1) Zum „Contract for Difference“ 269 Im Rahmen des fünften Klagegrundes macht die Republik Österreich geltend, im angefochtenen Beschluss seien die Modalitäten des „Contract for Difference“ nicht ausreichend bestimmt worden. 270 Hierzu ist als Erstes festzustellen, dass die Kommission, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 247 bis 256), nicht bereits deshalb einen Fehler begangen hat, weil sie im angefochtenen Beschluss das Subventionsäquivalent des „Contract for Difference“ nicht beziffert hat. Wegen dessen Funktionsweise (siehe oben, Rn. 5 und 6) wäre dies ohnehin nicht möglich gewesen. Die Höhe des Subventionsäquivalents hängt nämlich von der Entwicklung des Referenzpreises ab, der dem Marktpreis entspricht. Es handelt sich also um einen unsicheren Preis, der nur schwerlich im Voraus bestimmt werden kann. 271 Als Zweites ist zu prüfen, welche Umstände die Kommission bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Beihilfeelements des „Contract for Difference“ berücksichtigt hat. In Abschnitt 9.3 des angefochtenen Beschlusses hat sie festgestellt, dass es auf dem Markt der Stromerzeugung und ‑versorgung Faktoren gebe, die die rechtzeitige Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie erschwerten. In Abschnitt 2.1 des angefochtenen Beschlusses hat sie die Funktionsweise des „Contract for Difference“ erläutert, der zu einer Stabilisierung der Preise führt. In den Abschnitten 9.5.2 und 9.5.3.2 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission dann geprüft, ob der vorgesehene Basispreis angemessen ist. Dabei hat sie u. a. die bei der Festsetzung dieses Preises zugrunde gelegten Renditen berücksichtigt. Nach ihrer Analyse hat die Kommission Anpassungen des Gewinnbeteiligungsmechanismus verlangt. 272 Als Drittes ist zu dem Vorbringen der Republik Österreich festzustellen, dass diese außer dem Argument, die Kommission habe das Subventionsäquivalent des „Contract for Difference“ nicht beziffert, auf das bereits oben in den Rn. 247 bis 256 eingegangen worden ist, nicht substantiiert dargelegt hat, dass die Kommission nicht in der Lage gewesen wäre, anhand der oben in Rn. 271 dargestellten Informationen die Verhältnismäßigkeit des Beihilfeelements des „Contract for Difference“ zu überprüfen. 273 Als Viertes ist zu dem Vorbringen der Republik Österreich, die Kommission hätte die Auswirkungen der Abschottung des Elektrizitätsbinnenmarkts und die Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs auf den Preis auf diesem Markt untersuchen müssen, festzustellen, dass die Republik Österreich nicht dargetan hat, dass die Kommission auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen nicht in der Lage gewesen wäre, diese Auswirkungen zu beurteilen. Soweit es gegen die Feststellung der Kommission gerichtet ist, dass die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs verhältnismäßig seien, wird auf das Vorbringen der Republik Österreich im Rahmen der Prüfung des sechsten Klagegrundes (Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit) eingegangen werden. 274 Das Vorbringen, die Modalitäten des „Contract for Difference“ seien nicht ausreichend bestimmt worden, ist somit ebenfalls zurückzuweisen. 2) Zu den im Fall einer vorzeitigen Stilllegung des Kernkraftwerks gewährten Vorteilen 275 Die Republik Österreich macht im Rahmen des fünften Klagegrundes geltend, die Kommission habe es unterlassen, die Vorteile zu bestimmen, die im Fall einer vorzeitigen Stilllegung des Kernkraftwerks Hinkley Point gewährt würden. 276 Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 6), sieht der „Contract for Difference“ vor, dass NNBG gegen bestimmte Gesetzesänderungen geschützt wird und im Fall der vorzeitigen Stilllegung des Kernkraftwerks Hinkley Point aus politischen Gründen oder wegen Problemen im Zusammenhang mit der nuklearen Haftpflichtversicherung eine Entschädigung erhält. In einem solchen Fall können sowohl die Kapitalgeber von NNBG als auch das Vereinigte Königreich die Überführung von NNBG in Staatseigentum verlangen, wobei die Kapitalgeber eine Ausgleichszahlung erhalten. Das „Secretary of State Agreement“ sieht für den Fall, dass die Vertragspartei von NNBG nach einer politisch bedingten vorzeitigen Stilllegung des Kernkraftwerks bei der Ausgleichszahlung an die Kapitalgeber von NNBG in Verzug geraten sollte, vor, dass das Ministerium den vereinbarten Ausgleich an die Kapitalgeber zahlt (siehe oben, Rn. 7). 277 Es handelt sich um einen Ausgleichsanspruch, der bei Entzug eines Eigentumsrechts durch die dem Recht des Vereinigten Königreichs und der Union zugrunde liegenden allgemeinen Grundsätze begründet wird (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 317 bis 322). Die Kommission hat im angefochtenen Beschluss die Auffassung vertreten, dass die Zahlung von Schadensersatz auf der Grundlage dieser allgemeinen Grundsätze, durch die den Kapitalgebern von NNBG garantiert werden soll, dass sich ihre Situation bei einer vorzeitigen Stilllegung des Kernkraftwerks Hinkley Point aus politischen Gründen nicht verändert, als solche keine staatliche Beihilfe darstelle. Dementsprechend hat sie als Beihilfeelement lediglich die Existenz einer speziellen Vereinbarung angesehen, die NNBG bzw. die Kapitalgeber dieser Gesellschaft von sämtlichen Kosten entlastet, die bei der gerichtlichen oder außergerichtlichen Geltendmachung ihrer Rechte aus den allgemeinen Grundsätzen der Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs und der Union entstehen würden, und von dem gesamten dafür eingesetzten Zeitaufwand. Der Vorteil, den die Kommission festgestellt hat, besteht also lediglich in einem speziellen vertraglichen Recht, durch das NNBG bzw. die Kapitalgeber dieser Gesellschaft eine schnelle und sichere Zahlung erreichen können. 278 Als Erstes ist festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich nicht zu beanstanden ist, dass die Kommission das Beihilfeelement des „Secretary of State Agreement“ nicht beziffert hat, was bei einer derart speziellen Vereinbarung nur schwer möglich ist. Im Übrigen hat die Kommission den Vorteil des „Secretary of State Agreement“, auch wenn sie ihn nicht beziffert hat, durchaus berücksichtigt. Sie hat den Ausgleichsmechanismus für die einen Anspruch begründenden Gesetzesänderungen bei der Bestimmung der Renditen und des für den „Contract for Difference“ vorgesehenen angemessenen Basispreises berücksichtigt (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 337 bis 479). 279 Als Zweites ist festzustellen, dass der Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses die genauen Modalitäten des Ausgleichsmechanismus in der Tat nicht bekannt waren. Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Kommission aber lediglich das vom Vereinigten Königreich angemeldete Projekt genehmigt. Nach dessen Angaben dient der Ausgleichsmechanismus dazu, den Kapitalgebern von NNBG zu garantieren, dass sich ihre Situation bei einer vorzeitigen Stilllegung des Kernkraftwerks Hinkley Point aus politischen Gründen nicht verändert. Sollte sich das Vereinigte Königreich nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses also dafür entscheiden, eine Entschädigung zu leisten, die über das hinausgeht, was erforderlich ist, um eine Enteignung auszugleichen, würde es sich dabei um einen Vorteil handeln, der vom angefochtenen Beschluss nicht abgedeckt und deshalb bei der Kommission anzumelden wäre. 280 Als Drittes macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe das Beihilfeelement der Ausgleichszahlung nicht ausreichend bestimmt. Sie habe nicht geprüft, ob die für den Fall der vorzeitigen Stilllegung des Kernkraftwerks Hinkley Point vorgesehenen Ausgleichszahlungen die Stilllegungs-, Nachsorge- und ähnliche Kosten kompensieren sollen. Außerdem habe sie die Vorteile des Rechts auf Überführung in Staatseigentum nicht bewertet. 281 Wie bereits ausgeführt, diente die Ausgleichszahlung nach dem vom Vereinigten Königreich bei der Kommission angemeldeten Entwurf dazu, den Kapitalgebern von NNBG zu garantieren, dass sie im Fall der vorzeitigen Stilllegung des Kernkraftwerks Hinkley Point bei einer Enteignung entschädigt werden. Sollte das Kernkraftwerk Hinkley Point stillgelegt und NNBG verstaatlicht werden oder sollte das Vereinigte Königreich die Stilllegungs-, Nachsorge- und ähnliche Kosten übernehmen, wäre dies also bei der Ausgleichszahlung zu berücksichtigen. Würden diese Kosten bei der Berechnung der Ausgleichszahlung nicht hinreichend berücksichtigt, würde es sich um eine Beihilfe handeln, die das Vereinigte Königreich bei der Kommission anmelden müsste. 282 Das Vorbringen der Republik Österreich ist also zurückzuweisen. 283 Als Viertes ist auch das Vorbringen der Republik Österreich zurückzuweisen, die Kommission habe bei der Prüfung der Vereinbarkeit des „Secretary of State Agreement“ vollkommen unberücksichtigt gelassen, dass durch diese Vereinbarung nicht NNBG, sondern die Kapitalgeber dieser Gesellschaft und durch das Recht auf Überführung nicht NNBG, sondern die Eigentümer dieser Gesellschaft begünstigt würden. Insoweit kann es mit dem Hinweis sein Bewenden haben, dass die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs Anreize für Investoren schaffen sollten, mithin, auch wenn bestimmte Rechte formal NNBG zugestanden worden sind, in erster Linie auf die Kapitalgeber von NNBG abzielten. Entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich hat die Kommission insoweit also keinen Fehler begangen. 284 Das Vorbringen der Republik Österreich, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss die Vorteile, die im Fall einer vorzeitigen Stilllegung des Kernkraftwerks Hinkley Point gewährt würden, nicht hinreichend bestimmt, ist somit zurückzuweisen. 3) Zur Kreditgarantie 285 Im Rahmen des fünften und des achten Klagegrundes macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe das Beihilfeelement der Kreditgarantie nicht hinreichend bestimmt, weshalb sie deren Verhältnismäßigkeit nicht ordnungsgemäß habe prüfen können. 286 Zunächst ist kurz darzustellen, welchem Ansatz die Kommission im angefochtenen Beschluss bei der Kreditgarantie gefolgt ist. 287 Die Kommission ist davon ausgegangen, dass der „Contract for Difference“, das „Secretary of State Agreement“ und die Kreditgarantie miteinander in Zusammenhang stünden und für den Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C notwendig seien und dass die Kreditgarantie, so wie sie vom Vereinigten Königreich angemeldet worden sei, ein staatliche Beihilfe darstelle (angefochtener Beschluss, Abschnitt 7.8). 288 In diesem Zusammenhang sind auch die Ausführungen der Kommission in Abschnitt 9.5.1 des angefochtenen Beschlusses zu berücksichtigen. Die Kommission hat dort festgestellt, dass die Gebühr für die Kreditgarantie, die ursprünglich vom Vereinigten Königreich angemeldet worden sei, unter den Marktkursen gelegen habe, die NNBG hätte bezahlen müssen, wenn eine solche Garantie auf dem Markt angeboten worden wäre. 289 Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission jedoch nicht die Kreditgarantie, wie sie vom Vereinigten Königreich ursprünglich angemeldet worden war, genehmigt. Wie sich aus Abschnitt 9.5.3.1 des angefochtenen Beschlusses und der Beschreibung der von der Kommission für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärten Kreditgarantie in Abschnitt 2.2 des angefochtenen Beschlusses ergibt, ist Gegenstand der Genehmigung eine Kreditgarantie mit einer angepassten Garantiegebühr. Mit der Anpassung sollte das Beihilfeelement der Kreditgarantie auf ein Mindestmaß begrenzt werden (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 475 und 476). 290 In Abschnitt 9.5.3.1 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission ausgeführt, dass die vom Vereinigten Königreich für angemessen erachtete Risikokategorie „BB+“ oder „Ba1“ das Risiko der Kreditgarantie nicht angemessen widerspiegele. Die Kreditgarantie sei mit „BB“ oder „Ba“ einzustufen. Bei einem solchen Rating sei die Gebühr für die Kreditgarantie in Höhe von 250 Basispunkten, wie sie vom Vereinigten Königreich vorgeschlagen worden sei, auf ein höheres Niveau, das diesem Rating entspreche, anzupassen, nämlich auf 295 Basispunkte. Die Kommission hat diese angepasste Gebühr mit den 291 Basispunkten verglichen, die dem Durchschnitt der Schulden-Spreads von 102 europäischen Unternehmen in der Kategorie BB entsprächen, ferner mit dem Medianwert von 286 Basispunkten für die Risikokategorie „BB“, gegenüber dem die Gebühr wegen des von ihr festgestellten Laufzeiteffekts nach oben anzupassen sei. 291 Um den Bedenken der Kommission Rechnung zu tragen, hob das Vereinigte Königreich die Gebühr für die Kreditgarantie, damit diese der Gebühr entspricht, die NNBG auf dem privaten Markt hätte zahlen müssen, wenn eine solche Garantie auf diesem Markt angeboten worden wäre, von 250 auf 295 Basispunkte an. Die Kommission ist davon ausgegangen, dass die Beihilfe durch die Anpassung der Grundgebühr auf 295 Basispunkte auf ein Mindestmaß begrenzt werde (angefochtener Beschluss, 476. Erwägungsgrund). 292 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg sind der Auffassung, dass diese Feststellungen unzutreffend sind. Erstens macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe zu Unrecht festgestellt, dass es sich bei dem Projekt des Baus und des Betriebs des Kernkraftwerks Hinkley Point C um ein gesundes Projekt mit einer relativ geringen Ausfallwahrscheinlichkeit handele. Zweitens macht die Republik Österreich geltend, die Kommission hätte bei der Bestimmung der Risikokategorie der Kreditgarantie die übrigen Maßnahmen des Vereinigten Königreichs außer Betracht lassen müssen. Drittens machen die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg geltend, die Kommission habe bei der Bewertung der Kreditgarantie die Kriterien der Garantiemitteilung nicht hinreichend berücksichtigt. i) Zu dem Vorbringen, die Kommission habe zu Unrecht festgestellt, dass es sich bei dem Projekt des Baus und des Betriebs des Kernkraftwerks Hinkley Point C um ein gesundes Projekt mit einer relativ geringen Ausfallwahrscheinlichkeit handele 293 Die Republik Österreich macht geltend, die Kommission hätte nicht davon ausgehen dürfen, dass es sich bei dem Projekt des Baus und des Betriebs des Kernkraftwerks Hinkley Pont C um ein gesundes Projekt mit einer relativ geringen Ausfallwahrscheinlichkeit handele. Diese Annahme stehe in Widerspruch zu den Feststellungen der Kommission, die auf der Annahme basierten, dass ein Marktversagen vorliege. 294 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 295 Die Notationen „BB“ und „Ba“, die die Kommission für angemessen erachtet hat (angefochtener Beschluss, 465. Erwägungsgrund), entsprechen Projekten mit hohem Risiko, bei denen ein positives Gesamtergebnis aber dennoch wahrscheinlich erscheint. 296 Anders als die Republik Österreich meint, ist die Kommission also nicht davon ausgegangen, dass bei dem Projekt eine relativ geringe Ausfallwahrscheinlichkeit bestehe. 297 Das Vorbringen der Republik Österreich ist also zurückzuweisen. ii) Zu dem Vorbringen, die Kommission hätte bei der Bewertung der Risikokategorie der Kreditgarantie die übrigen Maßnahmen des Vereinigten Königreichs außer Betracht lassen müssen 298 Die Republik Österreich macht geltend, die Kommission hätte bei der Bewertung der Kreditgarantie die Auswirkungen der übrigen Maßnahmen des Vereinigten Königreichs außer Betracht lassen müssen. Sie hätte sich von ihrer Feststellung im 390. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses leiten lassen müssen, dass ohne staatliche Beihilfen rein kommerzielle Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie nicht vorgenommen würden. 299 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 300 Es ist unbedenklich, dass die Kommission bei der Beurteilung des Ausfallrisikos des Projekts, die sie durchgeführt hat, um die Gebühr für die Kreditgarantie zu bestimmen, die der entspricht, die auf dem Markt angeboten würde, den „Contract for Difference“ und das „Secretary of State Agreement“ berücksichtigt hat. Die drei Maßnahmen des Vereinigten Königreichs bilden nämlich eine Einheit. Mit dem „Contract for Difference“ und dem „Secretary of State Agreement“ sollen gerade die Hindernisse überwunden werden, die die Kommission bei Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie festgestellt hat. Die Auswirkungen dieser Maßnahmen, insbesondere der durch den „Contract for Difference“ garantierte Cashflow, waren für die Analyse des Ausfallrisikos des Projekts durchaus von Bedeutung. Der Ansatz, für den sich die Republik Österreich ausspricht, nämlich bei einer solchen Analyse derartige Gesichtspunkte nicht zu berücksichtigen, würde zu einer Überbewertung des bei der Beurteilung der Kreditgarantie zu berücksichtigenden Risikos führen. 301 Die Kommission hat also dadurch, dass sie bei der Beurteilung der Ausfallwahrscheinlichkeit des Projekts, die sie im Rahmen der Bewertung der Kreditgarantie durchgeführt hat, die Auswirkungen des „Contract for Difference“ berücksichtigt hat, keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen. Folglich ist das Vorbringen der Republik Österreich, die Kommission hätte bei der zur Festsetzung einer angemessenen Gebühr für die Kreditgarantie vorgenommenen Beurteilung des Ausfallrisikos des Projekts die Auswirkungen der übrigen Maßnahmen des Vereinigten Königreichs außer Betracht lassen müssen, zurückzuweisen. iii) Zu dem Vorbringen, die Kommission habe Kriterien der Garantiemitteilung nicht gebührend berücksichtigt 302 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg machen geltend, die Kommission habe bei der Beurteilung der Kreditgarantie bestimmte Kriterien der Garantiemitteilung nicht gebührend berücksichtigt. Die Laufzeit der Garantie und die Höhe der Begrenzung der Behaftung des Kreditbetrags seien nicht ausreichend bestimmt, und die Gebühr für die Kreditgarantie sei nicht hoch genug. Zudem befinde sich EDF in finanziellen Schwierigkeiten. 303 Die Kommission, die Französische Republik, Ungarn, Polen und Rumänien treten diesem Vorbringen entgegen. Die Kommission macht in diesem Zusammenhang insbesondere geltend, dass die Garantiemitteilung im vorliegenden Fall überhaupt nicht einschlägig sei. 304 Wie bereits ausgeführt, hat die Kommission in den Erwägungsgründen 336 bis 339 des angefochtenen Beschlusses angenommen, dass die Kreditgarantie eine staatliche Beihilfe darstelle. In Anbetracht des beispiellosen Charakters des Projekts, der Finanzierung und der Garantie, für die keine exakt vergleichbaren Bewertungsmaßstäbe vorlägen, könne der von NNBG gezahlte Preis für die Kreditgarantie selbst unter Berücksichtigung des Umstands, dass die angepasste Gebühr die Höhe der Fördermittel verringere, nicht als Marktpreis angesehen werden, da der Markt keine vergleichbare Fazilität bereitstelle und dies auch nicht tun würde. Diese Feststellung der Kommission wird von keiner Partei angegriffen. 305 Wie sich aus den Erwägungsgründen 463 bis 477 des angefochtenen Beschlusses ergibt, hat das Vereinigte Königreich die Gebühr für die Kreditgarantie, um den Bedenken der Kommission hinsichtlich einer Unterbewertung ihres Risikos Rechnung zu tragen, auf 295 Basispunkte angepasst und hat die Kommission angenommen, dass die angepasste Gebühr eine effektive Annäherung an einen hypothetischen Marktsatz für eine Fazilität, die vom Markt nicht angeboten werde, darstelle. 306 Mit ihrem Vorbringen, die Kriterien der Garantiemitteilung seien nicht beachtet worden, wenden sich die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg gegen die Feststellung der Kommission, wonach die angepasste Gebühr für die Kreditgarantie in Höhe von 295 Basispunkten eine effektive Annäherung an einen hypothetischen Marktsatz für eine vom Markt nicht angebotene Fazilität darstelle. Sie machen geltend, bei der Beurteilung der Frage, ob die Gebühr eine effektive Annäherung darstelle, habe die Kommission Kriterien außer Acht gelassen, die ein marktwirtschaftlich handelnder Investor berücksichtigt hätte, nämlich die unbegrenzte Laufzeit der Garantie, die übermäßige Höhe der Begrenzung der Behaftung des Kreditbetrags und die finanziellen Schwierigkeiten, in denen sich EDF befinde. Außerdem machen die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg geltend, dass die Gebühr für die Kreditgarantie nicht hoch genug gewesen sei. 307 Die Feststellung der Kommission, dass die angepasste Gebühr für die Kreditgarantie in Höhe von 295 Basispunkten eine effektive Annäherung an einen hypothetischen Marktsatz darstelle, beruht auf der Erwägung, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Investor eine solche Gebühr verlangt hätte. Das Großherzogtum Luxemburg und die Republik Österreich meinen, ein solcher Investor hätte Gesichtspunkte berücksichtigt, die die Kommission außer Acht gelassen habe. Er hätte eine höhere Gebühr verlangt. 308 Selbst wenn die Garantiemitteilung, wie die Kommission geltend macht, hier überhaupt nicht einschlägig sein sollte, wäre das Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und der Republik Österreich, die Laufzeit der Garantie und die Höhe der Begrenzung der Behaftung des Kreditbetrags seien nicht ausreichend bestimmt, die Gebühr für die Kreditgarantie sei nicht hoch genug und EDF befinde sich in finanziellen Schwierigkeiten, daher nicht bereits deshalb ohne Belang, weil sich das Großherzogtum Luxemburg und die Republik Österreich auf Kriterien der Garantiemitteilung berufen. 309 Das Großherzogtum Luxemburg und die Republik Österreich können mit ihrem Vorbringen aber unabhängig von der Frage, ob die Kommission verpflichtet war, im vorliegenden Fall die Kriterien der Garantiemitteilung heranzuziehen, aus den folgenden Gründen nicht durchdringen. – Zur Laufzeit der Garantie 310 Die Republik Österreich macht geltend, die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass die Laufzeit der Kreditgarantie nicht bestimmt gewesen sei. Sie beruft sich insoweit auf das Kriterium gemäß Nr. 4.1 Abs. 3 Buchst. b der Garantiemitteilung. 311 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 312 Wie sich aus Nr. 3.2 Buchst. b der Garantiemitteilung ergibt, ist eine der Voraussetzungen, die Nr. 3 der Garantiemitteilung für die Feststellung verlangt, dass nach der Garantiemitteilung kein Vorteil vorliegt, dass die Garantie von begrenzter Laufzeit ist. Aus Nr. 4.1 Buchst. b der Garantiemitteilung geht hervor, dass bei der Berechnung des Subventionsäquivalents einer Garantie gemäß der Garantiemitteilung die Laufzeit der Garantie zu berücksichtigen ist und dass die Kommission grundsätzlich davon ausgeht, dass unbeschränkte Garantien nicht mit Art. 107 AEUV vereinbar sind. 313 Zum Vorbringen der Republik Österreich ist als Erstes festzustellen, dass die Behauptung, die Laufzeit der Kreditgarantie sei nicht beschränkt, nicht zutrifft. Die Kreditgarantie ist nicht unbeschränkt. Gegenstand der Kreditgarantie ist die fristgerechte Begleichung abgedeckter Verbindlichkeiten (Zinsen und Tilgung) (angefochtener Beschluss, 49. Erwägungsgrund), wobei die gewichtete Durchschnittslaufzeit der Garantie 27,4 Jahre beträgt und die Laufzeiten der Schuldverschreibungen zwischen acht und 41 Jahren liegen (angefochtener Beschluss, 432. Erwägungsgrund). 314 Als Zweites ist zu dem Vorbringen der Republik Österreich, die Kommission habe bei der Festsetzung der angepassten Gebühr für die Kreditgarantie auf 295 Basispunkte die Laufzeit der Garantie nicht hinreichend berücksichtigt, erstens festzustellen, dass die Kommission darauf hingewiesen hat, dass die angepasste Gebühr ihren Befürchtungen u. a. in Bezug auf die außerordentlich lange Laufzeit der zu begebenden Anleihen Rechnung trage (angefochtener Beschluss, 472. Erwägungsgrund). Zweitens hat die Republik Österreich auch sonst nicht substantiiert dargetan, dass die Feststellung der Kommission, die Gebühr für die Kreditgarantie sei in Anbetracht der außerordentlich langen Laufzeit der Anleihen so festgesetzt worden, dass sie den Preis widerspiegele, der bei einem marktwirtschaftlich handelnden Garantiegeber gezahlt worden wäre, nicht zuträfe. 315 Das Vorbringen der Republik Österreich zur Laufzeit der Garantie ist daher zurückzuweisen. – Zur Höhe der Behaftung des Kreditbetrags 316 Die Republik Österreich macht geltend, die Kommission habe die Höhe der Begrenzung der Behaftung des Kreditbetrags nicht festgelegt. Sie beruft sich insoweit auf Nr. 4.1 Buchst. c der Garantiemitteilung. 317 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 318 Ein Mitgliedstaat kann das Vorliegen eines Vorteils gemäß Nr. 3 der Garantiemitteilung grundsätzlich nur dann ausschließen, wenn die Garantie höchstens 80 % des ausstehenden Kreditbetrags oder der sonstigen ausstehenden finanziellen Verpflichtung deckt (Garantiemitteilung, Nr. 3.2 Buchst. c). Die Kommission geht davon aus, dass, wenn eine finanzielle Verpflichtung vollständig durch eine Garantie gedeckt ist, der Anreiz für den Kreditgeber geringer ist, das mit der Kreditvergabe verbundene Risiko ordnungsgemäß zu bewerten, abzusichern und so gering wie möglich zu halten und insbesondere die Bonität des Kreditnehmers ordnungsgemäß zu prüfen, und dass eine entsprechende Risikobewertung unter Umständen mangels entsprechender Mittel nicht in allen Fällen vom staatlichen Garanten übernommen wird (Garantiemitteilung, Nr. 3.2 Buchst. c). Bei der Berechnung des Beihilfeelements einer Garantie ist das Kriterium gemäß Nr. 3.2 Buchst. c der Garantiemitteilung zu berücksichtigen (Garantiemitteilung, Nr. 4.1 Buchst. c). 319 Diese Beschränkung gilt allerdings nicht für Garantien für Schuldtitel im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. 2004, L 390, S. 38) in der durch die Richtlinie 2008/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2008 zur Änderung der Richtlinie 2004/109 (ABl. 2008, L 76, S. 50) geänderten Fassung (Garantiemitteilung, Nr. 3.2 Buchst. c). Nach dieser Vorschrift sind Schuldtitel Schuldverschreibungen oder andere übertragbare Forderungen in verbriefter Form, mit Ausnahme von Wertpapieren, die Aktien gleichzustellen sind oder die bei Umwandlung oder Ausübung der durch sie verbrieften Rechte zum Erwerb von Aktien oder Aktien gleichzustellenden Wertpapieren berechtigen. 320 Als Erstes ist festzustellen, dass Gegenstand der Kreditgarantie Titel sind, die nach den Bedingungen eines europäischen Programms mittelfristiger Titel ausgegeben werden, also Schuldtitel im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/109. Das Vorbringen der Republik Österreich, die Kreditgarantie erfülle nicht das Kriterium der Begrenzung der Behaftung des Kreditbetrags gemäß Nr. 3.2 Buchst. c und Nr. 4.1 Buchst. c der Garantiemitteilung, ist demnach zurückzuweisen. 321 Als Zweites ist festzustellen, dass Nr. 3.2 Buchst. c der Garantiemitteilung jedenfalls nicht ausschließt, dass auch bei einer Überschreitung des Schwellenwerts von 80 % das Vorliegen eines Vorteils ausgeschlossen werden kann. In einem solchen Fall muss der betreffende Mitgliedstaat die Garantie bei der Kommission anmelden und begründen, warum es sich seiner Auffassung nach nicht um eine staatliche Beihilfe handelt (Garantiemitteilung, Nr. 3.2 Buchst. c). Selbst wenn der Schwellenwert von 80 % überschritten wäre, würde dies also noch nicht bedeuten, dass die Feststellung der Kommission, dass eine angepasste Gebühr für die Kreditgarantie in Höhe von 295 Basispunkten einer Gebühr entspreche, die ein marktwirtschaftlich handelnder Garantiegeber gefordert hätte, offensichtlich unzutreffend wäre. 322 Demnach ist das Vorbringen zur Überschreitung des Schwellenwerts gemäß Nr. 3.2 Buchst. c und Nr. 4.1 Abs. 3 Buchst. c der Garantiemitteilung zurückzuweisen. – Zum Bestehen finanzieller Schwierigkeiten von EDF 323 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg machen geltend, die Kommission hätte berücksichtigen müssen, dass sich EDF, die Muttergesellschaft von NNBG, in finanziellen Schwierigkeiten befunden habe, wie die Beweise, die sie im Verfahren vor dem Gericht vorgelegt hätten, belegten. In Ausnahmefällen könne das Beihilfeelement genauso hoch sein wie die Garantiesumme. Auch wenn die von ihnen im Verfahren vor dem Gericht vorgelegten Beweise nicht im Verwaltungsverfahren vorgelegt worden seien, hätte die Kommission die Umstände berücksichtigen können, auf die sich die Dokumente bezögen. Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg berufen sich insoweit auf Nr. 3.2 Buchst. a und Nr. 4.1 Buchst. a der Garantiemitteilung. 324 Die Kommission und die Französische Republik treten diesem Vorbringen entgegen. Die Kommission macht geltend, die Dokumente, auf die sich die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg stützten, seien ihr im Verwaltungsverfahren nicht vorgelegt worden, so dass sie nicht verpflichtet gewesen sei, den Umstand, auf den sich die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg beriefen, zu berücksichtigen. 325 Der Ausschluss des Vorliegens eines Vorteils durch einen Mittgliedstaat nach der Garantiemitteilung setzt u. a. voraus, dass sich der Kreditnehmer nicht in finanziellen Schwierigkeiten befindet (Garantiemitteilung, Nr. 3.2 Buchst. a). Dieser Aspekt ist bei der Berechnung des Beihilfeelements zu berücksichtigen (Garantiemitteilung, Nr. 4.1 Buchst. a, Abs. 2). Bei Unternehmen in Schwierigkeiten geht die Kommission davon aus, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Garant, wenn überhaupt, zum Zeitpunkt der Übernahme der Garantie aufgrund des Ausfallrisikos eine hohe Prämie in Rechnung stellen würde, dass es, sollte das Ausfallrisiko besonders hoch sein, möglicherweise keine solche marktübliche Prämie gebe und dass das Beihilfeelement der Garantie in Ausnahmefällen genauso hoch sein könne wie die Garantiesumme (Garantiemitteilung, Nr. 4.1 Buchst. a Abs. 2). 326 Als Erstes ist das Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg zu prüfen, die Kommission hätte wegen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in denen sich EDF befunden habe, feststellen müssen, dass das Beihilfeelement der Kreditgarantie genauso hoch sei wie die Garantiesumme. 327 Nach Rn. 9 der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. 2004, C 244, S. 2, im Folgenden: Leitlinien über Unternehmen in Schwierigkeiten), auf die in der Garantiemitteilung verwiesen wird, befindet sich ein Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten, wenn es nicht in der Lage ist, mit eigenen finanziellen Mitteln oder Fremdmitteln, die ihm von seinen Eigentümern, Anteilseignern oder Gläubigern zur Verfügung gestellt werden, Verluste aufzufangen, die das Unternehmen auf kurze oder mittlere Sicht so gut wie sicher in den wirtschaftlichen Untergang treiben werden, wenn der Staat nicht eingreift. 328 Als Beleg für ihre Behauptung, dass sich EDF in finanziellen Schwierigkeiten befinde, haben die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg folgende Dokumente vorgelegt: – verschiedene „Documents de référence“, die von einer anderen, teilweise von EDF übernommenen Gesellschaft (im Folgenden: französischer Nuklearkonzern) in den Jahren 2012, 2013 und 2014 jeweils im ersten Quartal veröffentlicht wurden; – einen Artikel, der am 27. Februar 2011 auf einer Website veröffentlicht wurde; – einen Artikel, der am 1. März 2012 in einer französischen Tageszeitung veröffentlicht wurde; – einen Artikel, der am 8. April 2013 in einer Tageszeitung des Vereinigten Königreichs veröffentlicht wurde; – einen Artikel, der am 26. Februar 2014 in einer täglich erscheinenden deutschen Wirtschaftszeitung veröffentlicht wurde; – einen Artikel, der am 6. Oktober 2014 in einer täglich erscheinenden deutschen Wirtschaftszeitung veröffentlicht wurde; – einen Artikel, der am 5. Juni 2015 in einer französischen Tageszeitung veröffentlicht wurde; – einen Artikel, der am 17. Februar 2016 in einer französischen Tageszeitung veröffentlicht wurde; – einen Artikel, der am 18. Februar 2016 in einer französischen Tageszeitung veröffentlicht wurde; – zwei Artikel, die am 12. März 2016 in einer täglich erscheinenden Wirtschafts- und Finanzzeitung des Vereinigten Königreichs veröffentlicht wurden; – einen „Rapport particulier“ der Cour des comptes (Rechnungshof, Frankreich) mit dem Titel „La stratégie internationale d’EDF“ von November 2015; – einen Artikel einer unabhängigen Organisation, der am 13. Dezember 2012 veröffentlicht wurde. 329 Was erstens den am 27. Februar 2011 auf einer Website veröffentlichten Artikel angeht, ist festzustellen, dass es darin um die finanzielle Situation von EDF geht und davon die Rede ist, dass diese Gesellschaft Schulden habe. Da in dem Artikel erwähnt wird, dass EDF von einer Ratingagentur das Rating „AA“ erhalten habe, kann daraus aber nicht geschlossen werden, dass die Schulden von EDF so hoch wären, dass der wirtschaftliche Untergang des Unternehmens auf kurze oder mittlere Sicht vorauszusehen wäre. Das Rating „AA“ entspricht nämlich einer hohen Qualität und einer Investition, die im Prinzip sicher ist. 330 Zweitens ist zu dem am 8. April 2013 in einer Tageszeitung des Vereinigten Königreichs veröffentlichten Artikel festzustellen, dass daraus lediglich hervorgeht, dass der ursprüngliche Partner von EDF für das Projekt des Kernkraftwerks Hinkley Point C die Kernenergie aufgegeben hat und dass nicht sicher war, ob EDF bei einer Verschuldung in Höhe von 39 Mrd. Euro in der Lage sein würde, das Projekt alleine zu verwirklichen. Aus dem Artikel geht hingegen nicht hervor, dass es sich bei EDF um ein Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten im Sinne von Rn. 9 der Leitlinien über Unternehmen in Schwierigkeiten gehandelt hätte. 331 Drittens ist zu dem Artikel, der am 1. März 2012 in einer französischen Tageszeitung veröffentlicht wurde, und den Artikeln, die am 26. Februar bzw. 6. Oktober 2014 in einer täglich erscheinenden deutschen Wirtschaftszeitung veröffentlicht wurden, festzustellen, dass sie nicht EDF, sondern einen französischen Nuklearkonzern betreffen. Zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses waren dieser Nuklearkonzern und EDF aber noch gesonderte Unternehmen. Weder die Republik Österreich noch das Großherzogtum Luxemburg haben dargetan, dass die Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung wusste oder hätte wissen müssen, dass der in den Artikeln genannte Konzern in der Zukunft teilweise von EDF übernommen werden würde. Nach den Angaben der Kommission, die von der Republik Österreich und dem Großherzogtum Luxemburg nicht bestritten werden, wurde das „Memorandum of Understanding“ über die teilweise Übernahme des französischen Nuklearkonzerns durch EDF erst am 29. Juli 2015 unterzeichnet, also nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses (8. Oktober 2014). Die Artikel beweisen also nicht, dass sich EDF zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses in finanziellen Schwierigkeiten befunden hätte. Dies gilt ebenso für die „Documents de référence“, die der französische Nuklearkonzern 2012, 2013 und 2014 jeweils im ersten Quartal veröffentlicht hat, und für den auf der Website veröffentlichten Artikel, sofern er Informationen über diesen Konzern enthält. 332 Was viertens die am 5. Juni 2015 bzw. am 17. und 18. Februar 2016 in einer französischen Tageszeitung veröffentlichten Artikel und den am 12. März 2016 in einer täglich erscheinenden Wirtschafts- und Finanzzeitung des Vereinigten Königreichs veröffentlichten Artikel angeht, ist festzustellen, dass sie nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses veröffentlicht wurden. 333 Die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der Kommission im Bereich staatlicher Beihilfen ist aber anhand der Informationen zu beurteilen, über die die Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung verfügte (Urteil vom 10. Juli 1986, Belgien/Kommission, 234/84, EU:C:1986:302, Rn. 16). Im vorliegenden Fall verfügte die Kommission aber nicht über die in den oben in Rn. 332 angeführten Artikeln enthaltenen Informationen. Die Artikel selbst wurden erst nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses veröffentlicht. Und aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass die Kommission vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses über die in ihnen enthaltenen Informationen verfügt hätte. 334 Selbst wenn die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg die oben in Rn. 328 angeführten Artikel zum Beweis der vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses eingetretenen Umstände vorgelegt hätten, würden sie nicht beweisen, dass EDF ein Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten im Sinne von Rn. 9 der Leitlinien über Unternehmen in Schwierigkeiten gewesen wäre. Sofern in den Artikeln von der Zerschlagung des französischen Nuklearkonzerns und von dessen teilweiser Übernahme durch EDF die Rede ist, ist festzustellen, dass diese Ereignisse nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses eingetreten sind (siehe oben, Rn. 331). Im Übrigen geht aus den Artikeln nicht hervor, dass EDF derart hohe Schulden gehabt hätte, dass diese das Unternehmen auf kurze oder mittlere Sicht so gut wie sicher in den wirtschaftlichen Untergang getrieben hätten. 335 Fünftens macht die Republik Österreich geltend, im „Rapport particulier“ der französischen Cour des comptes mit dem Titel „La stratégie internationale d’EDF“ von November 2015 heiße es, dass sich EDF Ende 2009 in einer „situation de fragilité financière“ (labile finanzielle Lage) befunden habe (S. 5). Außerdem sei dort von einer „situation financière fragile et même au prix d’un surcroît d’endettement“ (labilen finanziellen Lage, auch wenn hierzu weitere Kredite aufgenommen werden müssen) die Rede (S. 7). 336 Aus dem „Rapport particulier“ der französischen Cour des comptes von November 2015 mit dem Titel „La stratégie internationale d’EDF“ lässt sich nicht schließen, dass EDF zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses ein Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten im Sinne von Rn. 9 der Leitlinien über Unternehmen in Schwierigkeiten gewesen wäre. Auf S. 5 des „Rapport particulier“ heißt es: „EDF s’est trouvé, à la fin de 2009, dans une situation de fragilité financière“ (EDF befand sich Ende 2009 in einer labilen finanziellen Lage). Es wird dort aber weiter ausgeführt: „Un nouveau cycle, correspondant à la période [de] contrôle [de la Cour des comptes], s’est ouvert, dominé par des cessions d’un montant total de près de 13 [milliards d’euros].“ (Es hat aber eine neue Periode begonnen, die sich mit dem Zeitraum deckt, auf den sich die Kontrolle der Cour des comptes erstreckt, und die durch Verkäufe in Höhe von etwa 13 Mrd. Euro gekennzeichnet ist.) Und auf S. 7 heißt es: „[L]a préoccupation majeure de l’État actionnaire a été que le groupe continue à servir un dividende substantiel, malgré une situation financière fragile et même au prix d’un surcroît d’endettement.“ (In seiner Eigenschaft als Anteilseigner war es Hauptanliegen des Staates, dass der Konzern trotz seiner labilen finanziellen Lage weiter eine Dividende ausschüttet, auch wenn hierzu weitere Kredite aufgenommen werden müssen.) Daraus lässt sich nicht schließen, dass die Schulden von EDF das Unternehmen auf kurze oder mittlere Sicht so gut wie sicher in den wirtschaftlichen Untergang getrieben hätten. 337 Sechstens ist zu dem Artikel einer unabhängigen Organisation vom 13. Dezember 2012 festzustellen, dass ihm zu entnehmen ist, dass die Kosten für den Bau der Kernkraftwerke Flamanville und Olkiluoto gestiegen sind. Aus dem angefochtenen Beschluss geht aber eindeutig hervor, dass die Kommission dies berücksichtigt hat. Im Übrigen kann aus dem Artikel nicht geschlossen werden, dass sich EDF oder der französische Nuklearkonzern in finanziellen Schwierigkeiten befunden hätten. Was die Informationen angeht, die in dem Artikel zu dem französischen Nuklearkonzern enthalten sind, sei auf die Ausführungen oben in Rn. 331 verwiesen. Mithin beweist auch der Artikel vom 13. Dezember 2012 nicht, dass der Kommission ein offensichtlicher Fehler unterlaufen wäre. 338 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg haben mit den von ihnen vorgelegten Dokumenten also nicht dargetan, dass sich EDF im Sinne von Rn. 9 der Leitlinien über Unternehmen in Schwierigkeiten in finanziellen Schwierigkeiten befunden hätte. Ihr Vorbringen, die Kommission hätte, da EDF ein Unternehmen in Schwierigkeiten gewesen sei, feststellen müssen, dass das Beihilfeelement der Kreditgarantie genauso hoch sei wie die Garantiesumme, ist also zurückzuweisen. 339 Als Zweites ist zu dem Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg, dass bei der finanziellen Lage, in der sich EDF befunden habe, kein marktwirtschaftlich handelnder Investor eine Gebühr für die Kreditgarantie in Höhe von 295 Basispunkten akzeptiert hätte, festzustellen, dass die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg nicht substantiiert dargelegt haben, dass die Feststellungen der Kommission in Abschnitt 9.5.3.1 des angefochtenen Beschlusses nicht plausibel wären. Insbesondere haben sie nicht dargetan, dass es offensichtlich falsch gewesen wäre, von der Notation „BB“ oder „Ba“ auszugehen, noch, dass der von der Kommission angestellte Vergleich zwischen dem Durchschnitt von 102 Handelsverträgen über das Kreditrisiko von europäischen Unternehmen in der Risikokategorie BB und dem Medianwert von 286 Basispunkten für diese Risikokategorie oder die Anpassung der Gebühr für die Kreditgarantie auf 295 Basispunkte, die erfolgt ist, um den Bedenken der Kommission Rechnung zu tragen (siehe oben, Rn. 290), nicht nachvollziehbar wären. 340 Somit ist auch das Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg, dass die Kommission es unterlassen habe, die Kriterien gemäß Nr. 3.2 Buchst. a und Nr. 4.1 Buchst. a der Garantiemitteilung zu berücksichtigen, zurückzuweisen, ohne dass auf das Vorbringen der Kommission eingegangen zu werden braucht, dass die von der Republik Österreich und dem Großherzogtum Luxemburg vorgelegten Dokumente im Verwaltungsverfahren nicht vorgelegt worden seien. – Zu dem Vorbringen, die Gebühr für die Kreditgarantie hätte mindestens 400 Basispunkte betragen müssen 341 Die Republik Österreich macht in der Erwiderung geltend, die Risikoprämie müsse sich nach Nr. 3.4 Buchst. f Abs. 6 der Garantiemitteilung auf mindestens 400 Basispunkte belaufen. Die Kommission habe nicht dargelegt, warum die Kreditgarantie, für die eine angepasste Gebühr in Höhe von 295 Basispunkten vorgesehen worden sei, risikoärmer wäre. 342 Die Kommission und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. 343 Als Erstes ist festzustellen, dass das Kriterium gemäß Nr. 3.4 Buchst. f Abs. 6 der Garantiemitteilung, auf das in Nr. 4.2 der Garantiemitteilung verwiesen wird, nur für Garantieregelungen gilt, nicht aber für Einzelgarantien. Die Kreditgarantie stellt aber keine Garantieregelung im Sinne von Nr. 1.3 Buchst. a der Garantiemitteilung dar. 344 Als Zweites ist festzustellen, dass die 400 Basispunkte im Sinne von Nr. 3.4 Buchst. f Abs. 6 der Garantiemitteilung, anders als die Republik Österreich meint, jedenfalls nicht unmittelbar die Gebühr für die Kreditgarantie betreffen. Nach Nr. 3.4 Buchst. f der Garantiemitteilung müssen die Prämien die mit der Gewährung der Garantie verbundenen normalen Risiken, die Verwaltungskosten und die jährliche Vergütung eines angemessenen Kapitalbetrags abdecken. Letztere umfasst eine Risikoprämie zuzüglich möglicherweise des risikofreien Zinssatzes. Die 400 Basispunkte, die in Nr. 3.4 Buchst. f Abs. 6 der Garantiemitteilung genannt sind, beziehen sich aber lediglich auf die übliche Risikoprämie für Eigenkapital, die in der den Begünstigten in Rechnung gestellten Garantieprämie enthalten sein sollte. Entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich lässt sich die Gebühr für die Kreditgarantie also nicht unmittelbar mit den in Nr. 3.4 Buchst. f Abs. 6 der Garantiemitteilung genannten 400 Basispunkten vergleichen. 345 Als Drittes ist festzustellen, dass mit Nr. 3.4 Buchst. f Abs. 6 der Garantiemitteilung ohnehin lediglich ein Gesichtspunkt der Methode festgelegt wird, mit der ein Mitgliedstaat eine Gebühr festlegen kann, die der entspricht, die ein marktwirtschaftlich handelnder Garant verlangen würde. Die Kommission ist durch diese Vorschrift aber nicht daran gehindert, bei der Festsetzung der Gebühr eine andere Methode anzuwenden, nämlich von den Gebühren auszugehen, die marktwirtschaftlich handelnde Garanten für vergleichbare Projekte verlangen, und diese Gebühren im Hinblick auf die Besonderheiten des betreffenden Projekts anzupassen. Nr. 3.4 Buchst. f Abs. 6 der Garantiemitteilung steht dem Ansatz, den die Kommission im vorliegenden Fall angewandt hat (siehe oben, Rn. 290), also nicht entgegen. 346 Aus denselben Gründen ist auch das Vorbringen zurückzuweisen, die Kommission habe die Berechnungsmethode gemäß Nr. 3.4 Buchst. f Abs. 6 und Nr. 4.2 der Garantiemitteilung nicht berücksichtigt. 347 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg haben mit ihrem Vorbringen, die Kriterien der Garantiemitteilung seien nicht beachtet worden, also nicht dargetan, dass die Feststellungen der Kommission in den Erwägungsgründen 475 und 476 des angefochtenen Beschlusses, wonach die angepasste Gebühr für die Kreditgarantie in Höhe von 295 Basispunkten einer Gebühr entspreche, die NNBG hätte zahlen müssen, wenn eine solche Garantie auf dem Markt angeboten worden wäre, unter einem offensichtlichen Fehler litten. 348 Das Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburgs ist daher zurückzuweisen, ohne dass auf die Frage eingegangen zu werden braucht, ob die Kommission im vorliegenden Fall verpflichtet war, die Kriterien der Garantiemitteilung zu berücksichtigen. 349 Das Vorbringen zur Kreditgarantie ist also in vollem Umfang zurückzuweisen. 4) Zur Kumulierung der Maßnahmen 350 Die Republik Österreich macht im Rahmen des fünften Klagegrundes geltend, die Kommission habe den Grundsatz der Kumulierung nicht beachtet. Danach müssten die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs als Ganzes bestimmbar sein. 351 Als Erstes ist festzustellen, dass dieses Vorbringen, soweit mit ihm erneut geltend gemacht wird, die Kommission hätte das Subventionsäquivalent der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs bestimmen müssen und dass sie bei den verschiedenen Maßnahmen das Beihilfeelement nicht hinreichend bestimmt habe, aus den oben in den Rn. 247 bis 349 dargelegten Gründen zurückzuweisen ist. 352 Als Zweites ist festzustellen, dass das Vorbringen der Republik Österreich, soweit mit ihm geltend gemacht wird, die Kommission habe den Kumulationseffekt der drei Maßnahmen des Vereinigten Königreichs nicht hinreichend berücksichtigt, das Vorliegen einer Überkompensation betrifft. Es wird deshalb im Rahmen der Prüfung des sechsten Klagegrundes (Verhältnismäßigkeit der Maßnahme) berücksichtigt werden. 353 Somit ist auch das Vorbringen zur Kumulierung der Maßnahmen zurückzuweisen und damit das gesamte Vorbringen, mit dem geltend gemacht wird, dass die Beihilfeelemente der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs nicht hinreichend bestimmt worden seien. c) Zu den Kosten der Entsorgung und Lagerung der Nuklearabfälle 354 Die Republik Österreich macht im Rahmen des fünften Klagegrundes geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss die Kosten der Entsorgung und Lagerung der Nuklearabfälle nicht hinreichend bestimmt. 355 Als Erstes ist festzustellen, dass die Beihilfemaßnahme, die die Kommission für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt hat, lediglich in dem „Contract for Difference“, dem „Secretary of State Agreement“ und der Kreditgarantie besteht. Eine etwaige staatliche Beihilfe des Vereinigten Königreichs zur Deckung der Kosten der Entsorgung und Lagerung der Nuklearabfälle ist hingegen nicht Gegenstand des angefochtenen Beschlusses. 356 Als Zweites ist festzustellen, dass, wie sich aus dem 461. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt, die Kommission die Informationen über die im angemeldeten Finanzmodell für das Kernkraftwerk Hinkley Point C ausgewiesenen Kosten der Entsorgung und Lagerung der Nuklearabfälle bei der Beurteilung der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs berücksichtigt hat. Wie die Kommission zu Recht geltend macht, waren diese vom Betreiber des Kernkraftwerks zu tragenden Kosten bei der Berechnung der für die Schaffung eines Anreizeffekts notwendigen Rendite zu berücksichtigen. 357 Als Drittes ist festzustellen, dass die Kommission ausdrücklich klargestellt hat, dass jede weitere Beihilfe bei Kosten im Zusammenhang mit der Entsorgung und Lagerung der Nuklearabfälle, die nicht Bestandteil der Maßnahmen sei, gesondert anzumelden wäre (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 460 und 461). 358 Somit ist festzustellen, dass die Kommission die oben in den Rn. 263 bis 266 dargestellten Grundsätze beachtet hat. Das Vorbringen der Republik Österreich, die Kommission habe die Kosten der Entsorgung und Lagerung der Nuklearabfälle nicht hinreichend bestimmt, ist also zurückzuweisen. 359 Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Vereinigte Königreich am 20. Juli 2015, d. h. nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses, die Methode der Bestimmung der Entgelte für Verträge über die Verbringung von Nuklearabfällen angemeldet hat und diese von der Kommission mit Beschluss vom 9. Oktober 2015 in der Sache SA.34962, Waste Contract for New Nuclear Power Stations (ABl. 2016, C 161, S. 1), als staatliche Beihilfe eingestuft und gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wurde. Diese Umstände sind nämlich nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses eingetreten und können dessen Rechtmäßigkeit damit nicht berühren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2014, DTS Distribuidora de Televisión Digital/Kommission, T‑533/10, EU:T:2014:629, Rn. 75). Sollte die Republik Österreich der Auffassung sein, dass die mit dem Beschluss vom 9. Oktober 2015 genehmigte Beihilfemaßnahme nicht hätte für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden dürfen, hätte sie dies im Rahmen einer Klage gegen diesen Beschluss geltend machen müssen. Im Rahmen der vorliegenden Klage, deren Gegenstand ein Antrag auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses ist, der nicht die Methode der Bestimmung der Entgelte für Verträge über die Verbringung von Nuklearabfällen betrifft, ist ein solches Vorbringen nicht relevant. d) Zu einer etwaigen Gewährung zukünftiger staatlicher Beihilfen 360 Die Republik Österreich macht im Rahmen des fünften Klagegrundes geltend, dass für das Kernkraftwerk Hinkley Point C in Zukunft in Form einer Staatsgarantie weitere Beihilfen gewährt werden könnten. 361 Hierzu ist festzustellen, dass auf Umstände abgestellt wird, die möglicherweise nach dem Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses eintreten könnten und damit dessen Rechtmäßigkeit nicht berühren können (siehe oben, Rn. 359). Jedenfalls kann das Vorbringen der Republik Österreich, soweit geltend gemacht wird, dass jegliche weitere Beihilfe nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar wäre, im Rahmen der vorliegenden Klage, deren Gegenstand lediglich ein Antrag auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses ist, der sich auf den „Contract for Difference“, das „Secretary of State Agreement“ und die Kreditgarantie bezieht, keine Berücksichtigung finden. 362 Das Vorbringen, die Beihilfeelemente der Maßnahmen seien nicht hinreichend bestimmt worden, ist somit in vollem Umfang zurückzuweisen. 3. Zu dem Vorbringen, die Kommission habe ihre Begründungspflicht verletzt 363 Soweit die Republik Österreich im Rahmen des vierten Teils des neunten Klagegrundes geltend macht, die Kommission habe ihre Begründungspflicht verletzt, ist festzustellen, dass das Vorbringen der Republik Österreich auf der unzutreffenden Annahme beruht, dass die Kommission verpflichtet gewesen wäre, die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs näher zu bestimmen. Es ist deshalb zurückzuweisen. 364 Zurückzuweisen ist auch das Vorbringen der Republik Österreich, die Methode, die die Kommission bei der Bestimmung des Beihilfeelements der Kreditgarantie angewandt habe, sei nicht nachvollziehbar. Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 285 bis 349), geht aus dem angefochtenen Beschluss hinreichend klar hervor, dass die Kommission die Modalitäten der vom Vereinigten Königreich angemeldeten Kreditgarantie so angepasst hat, dass das Beihilfeelement so gering wie möglich ausfällt. 365 Somit ist auch das Vorbringen zur Verletzung der Begründungspflicht zurückzuweisen. 366 Folglich sind der fünfte und der achte Klagegrund sowie der vierte Teil des neunten Klagegrundes mit Ausnahme der Gesichtspunkte einer Abschottung des Elektrizitätsbinnenmarkts und der Auswirkungen der Maßnahmen auf die Preise dieses Markts (siehe oben, Rn. 273) und einer unzureichenden Berücksichtigung des Kumulationseffekts der drei Maßnahmen des Vereinigten Königreichs (siehe oben, Rn. 352), auf die im Rahmen der Prüfung des sechsten Klagegrundes zurückzukommen sein wird, zurückzuweisen. F. Zum sechsten Klagegrund, zur zweiten Rüge des dritten Teils des neunten Klagegrundes und zum sechsten Teil des neunten Klagegrundes (Kontrolle der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen) 367 Mit dem sechsten Klagegrund, mit der zweiten Rüge des dritten Teils des neunten Klagegrundes und mit dem sechsten Teil des neunten Klagegrundes werden die Feststellungen der Kommission in den Abschnitten 9.5 und 9.6 des angefochtenen Beschlusses angegriffen, wonach die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprächen. Die Kommission hat festgestellt, dass sich die aus der Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Hinkley Point C resultierenden Wettbewerbsverfälschungen unter dem Vorbehalt der Anpassung der Gebühr für die Kreditgarantie auf 295 Basispunkte und der Änderung der Gewinnbeteiligungsmechanismen auf das notwendige Mindestmaß beschränkten und durch die positiven Effekte der Maßnahmen wettgemacht würden (angefochtener Beschluss, 548. Erwägungsgrund). 368 In einem ersten Schritt ist der sechste Klagegrund zu prüfen, mit dem Fehler bei der Kontrolle der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs gerügt werden, in einem zweiten Schritt dann die zweite Rüge des dritten Teils des neunten Klagegrundes und der sechste Teil des neunten Klagegrundes, mit denen eine unzureichende Begründung geltend gemacht wird. 1. Zum sechsten Klagegrund (Kontrolle der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen) 369 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg machen im Rahmen des sechsten Klagegrundes geltend, die Feststellungen der Kommission in den Abschnitten 9.5 und 9.6 des angefochtenen Beschlusses litten unter offensichtlichen Fehlern. 370 Hierzu ist festzustellen, dass eine Beihilfemaßnahme nur dann im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar sein kann, wenn sie zur Erreichung des verfolgten Ziels von öffentlichem Interesse geeignet und erforderlich ist. Außerdem dürfen die Beeinträchtigung des Handels und die Verfälschung des Wettbewerbs, die durch die Maßnahme hervorgerufen werden, nicht außer Verhältnis zu den positiven Auswirkungen der Maßnahme stehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. Juni 1998, British Airways u. a./Kommission, T‑371/94 und T‑394/94, EU:T:1998:140, Rn. 282 und 283, und vom 26. Februar 2015, Frankreich/Kommission, T‑135/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:116, Rn. 60). 371 Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 79 bis 128), stand es dem Vereinigten Königreich nicht nur frei, sich für die Nukleartechnologie als eine Energiequelle ihres Energiemixes zu entscheiden. In Anbetracht von Art. 2 Buchst. c und Art. 192 Abs. 1 EA stand es dem Vereinigten Königreich auch frei, die Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie als Ziel von allgemeinem Interesse im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV zu definieren. 372 Hinsichtlich der Reichweite der Kontrolle, die das Gericht insoweit vorzunehmen hat, ist festzustellen, dass die Kommission bei der Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV über ein weites Ermessen verfügt. Die Kontrolle des Gerichts ist deshalb eingeschränkt (siehe oben, Rn. 160 und 161). 373 Das Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburgs im Rahmen des sechsten Klagegrundes ist nach Maßgabe dieser Grundsätze zu prüfen. Es gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil bezieht sich auf die Geeignetheit der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs, der zweite auf deren Erforderlichkeit, der dritte auf die Abwägung der positiven und negativen Auswirkungen der Maßnahmen. a) Zur Geeignetheit der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs 374 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg machen geltend, anders als die Kommission festgestellt habe, seien die Maßnahmen weder zur Erreichung des Ziels der Versorgungssicherheit noch zur Erreichung des Ziels der Diversifikation der Stromanbieter noch zur Erreichung des Ziels der Dekarbonisierung geeignet. 375 Als Erstes macht die Republik Österreich geltend, die Maßnahmen seien nicht zur Erhöhung der Versorgungssicherheit und zur Diversifikation der Stromanbieter geeignet. 376 Hinsichtlich der Versorgungssicherheit biete die Kernenergie gegenüber anderen, umweltfreundlicheren und kostengünstigeren Energieträgern keine Vorteile. Die Mitgliedstaaten seien von Uranerzimporten abhängig. Kernkraftwerke seien durch den hohen Bedarf an Kühlwasser sehr empfindlich gegenüber Temperaturanstiegen. Kleine, dezentrale Kraftwerke seien kostengünstiger und könnten schnell ein- oder abgeschaltet werden, was eine viel schnellere Reaktionsmöglichkeit hinsichtlich einer sich rasch wandelnden Stromnachfrage ermögliche. Der Ausfall eines kleineren Kraftwerks sei viel eher verkraftbar als der eines Kernkraftwerks. Bei den verschiedenen Szenarien, die sie in Betracht gezogen habe, habe die Kommission den Plan der Interkonnexion, der darauf abziele, erneuerbare Energiequellen zu integrieren, sowie zukünftige technologische Entwicklungen nicht berücksichtigt. Es werde im Vereinigten Königreich beachtliche Kapazitätszuwächse für die Erzeugung von Elektrizität geben. Die Kommission habe auch die Möglichkeit, eventuelle Versorgungsengpässe durch Energieeffizienzmaßnahmen zu lösen, nicht hinreichend in Betracht gezogen. 377 Die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs leisteten auch keinen Beitrag zur Diversifikation der Stromanbieter, sondern hätten den gegenteiligen Effekt. Angesichts der beschränkten staatlichen Mittel aufgrund des Ausbaus des Kernkraftwerks Hinkley Point stehe ein beträchtlich geringeres Budget für erneuerbare Energieträger zur Verfügung und würden Projekte zum Auf- und Ausbau erneuerbarer Energiequellen nicht weiter verfolgt. Die Maßnahmen trügen somit zum Weitererhalt der Nuklearenergie auf Kosten der erneuerbaren Energie und damit zur Beibehaltung der gegenwärtigen, durch einen hohen Anteil an Kernkraft charakterisierten Versorgungsstruktur bei. Sie seien dem angeblichen Ziel der Diversifikation von Stromanbietern abträglich. 378 Als Zweites macht die Republik Österreich geltend, die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs seien nicht zur Erreichung des Ziels der Dekarbonisierung geeignet. Die Kernenergie erweise sich als wesentlich teurer als beispielsweise Windenergie und Wasserkraft. Würde man die Maßnahmen derartigen Formen der Energieerzeugung zuführen, wäre die Einsparung an CO2-Emissionen erheblich höher. 379 Die Kommission, die Tschechische Republik, Ungarn, die Polnische Republik, Rumänien, die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. 380 In Abschnitt 9.2 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass mit den Maßnahmen das Ziel von öffentlichem Interesse der Förderung der Kernenergie, insbesondere der Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie, verfolgt werde. Wie bereits im Rahmen der Prüfung des vierten Klagegrundes ausgeführt, haben die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg nicht dargetan, dass die Feststellung der Kommission nicht zuträfe. 381 Die Republik Österreich macht lediglich geltend, die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs seien zur Erreichung anderer Ziele (Erhöhung der Versorgungssicherheit, Diversifikation der Stromanbieter und Dekarbonisierung) nicht geeignet. Ihr Vorbringen zielt hingegen nicht darauf ab, dass die Maßnahmen zur Erreichung des vom Vereinigten Königreich festgesetzten Ziels (Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie), auf das die Kommission abgestellt hat, nicht geeignet wären. Es vermag die Feststellungen der Kommission zur Geeignetheit der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs mithin nicht zu entkräften und ist deshalb im vorliegenden Zusammenhang als ins Leere gehend zurückzuweisen. 382 Das Vorbringen der Republik Österreich bezieht sich allerdings teilweise auf die Abwägung der positiven und negativen Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs, die die Kommission im angefochtenen Beschluss vorgenommen hat. Auf diese Gesichtspunkte wird im Rahmen der Prüfung des dritten Teils des sechsten Klagegrundes, der diese Abwägung betrifft, zurückzukommen sein. b) Zur Erforderlichkeit der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs 383 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg machen geltend, die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs gingen über das zur Erreichung der Ziele der Erhöhung der Versorgungssicherheit, der Diversifikation der Stromanbieter und der Dekarbonisierung notwendige Ausmaß hinaus und stellten daher einen unangemessenen Wettbewerbseingriff dar. Durch den Fördermechanismus des „Contract for Difference“ mit einem garantierten Basispreis, durch den Investitionen in Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie ermöglicht würden, könnten die Wettbewerbsbedingungen auf dem Energiemarkt des Vereinten Königreichs beeinflusst werden. Für das Kernkraftwerk Hinkley Point C bestehe ein Anreiz, selbst ohne Rücksicht auf negative Strompreise zu produzieren. Dies habe in Form von Ineffizienzen negative Auswirkungen auf den Energiemarkt des Vereinigten Königreichs und führe zu einer Benachteiligung alternativer Stromanbieter. Die Erzeuger erneuerbarer Energien würden mangels Klauseln, die mit dem „Contract for Difference“ vergleichbar seien, aus dem Markt verdrängt. 384 Die Republik Österreich macht als Erstes geltend, eine Erhöhung des Angebots an Elektrizität aus Kernkraftwerken aufgrund der Subventionierung dieser Kraftwerke beeinflusse die „merit order“-Kurve zu deren Gunsten, bewirke Ineffizienzen am Energiemarkt und könnte zu einer Verdrängung der Technologien führen, die die Netze effizient stabilisierten, insbesondere der Gaskraftwerke. Dadurch werde eine effiziente Kombination von Erzeugungskapazitäten, etwa durch flexible Gaskraftwerke mit volatiler Windkraft, gefährdet. Der Betrieb und die Erhaltung von zusehends mehr Gaskraftwerken würde unwirtschaftlich gemacht. Im Jahr 2030 würden Gaskraftwerke massive Schwierigkeiten haben, am Markt zu bestehen, während geförderte Kernkraftwerke wie das Kernkraftwerk Hinkley Point C durch die ihnen gewährten Beihilfen hohe Deckungsbeiträge generieren könnten und Anreize hätten, ihre Einspeisung ohne Rücksicht auf die Netze in Phasen mit hoher Einspeisung von erneuerbaren Energieformen hoch zu halten. Dadurch werde aufgrund des erwartbaren Rückgangs flexibler Erzeugungskapazitäten die Versorgungssicherheit gefährdet. 385 Als Zweites macht die Republik Österreich geltend, entgegen den Ausführungen der Kommission hätten die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs keinen angemessenen Anreizeffekt für die Umsetzung der Investitionen. Im Hinblick auf die Auswirkungen der Maßnahmen sei der durch sie gebotene Anreiz für den Begünstigten zur Zielerreichung nicht angemessen. Die Maßnahmen schüfen falsche Anreizstrukturen bei der Produktion von elektrischer Energie, die dazu geeignet seien, die Versorgungssicherheit unter bestimmten Marktbedingungen sogar zu gefährden anstatt zu sichern. Zusätzlich könnten auch Marktverzerrungen und Ineffizienzen auftreten, welche sich sowohl auf den lokalen, als auch auf den europäischen Strommarkt auswirken könnten. Die Förderung der Kernkraft führe zu einer potenziellen Überkapazität an nicht flexibler Erzeugung. NNBG als Betreiberin des Kernkraftwerks Hinkley Point C hätte aufgrund des Fördermechanismus keinen ökonomischen Anreiz, die erzeugte Strommenge bei einem Überangebot zu reduzieren, sondern im Gegenteil einen Anreiz, weiterhin Elektrizität zu generieren und in das Netz einzuspeisen. Das hätte den Effekt, dass Erzeuger erneuerbarer Energien, insbesondere Windkraftanlagen, die im Vereinigten Königreich ambitioniert ausgebaut würden, ihre Einspeisung künstlich drosseln müssten, um die Netzstabilität nicht zu gefährden. Sie schieden aus dem Markt aus, müssten negative Preise für ihre Erzeugung bezahlen oder verlören ihre Förderungen bzw. die Möglichkeit, Förderungen zu erhalten. Das Kernkraftwerk Hinkley Point C trage direkt zur Erhöhung der Wahrscheinlichkeit des Szenarios von negativen Preisen bei. Zumal ein Kernkraftwerk mit oder ohne Beihilfen ohnehin nur in beschränktem Umfang auf Marktpreise, Angebotsspitzen und Gefahren für die Netzstabilität reagieren könnte, trage ein mittels eines „Contract for Difference“ gefördertes Kernkraftwerk somit im Speziellen dazu bei, die Marktbedingungen für konkurrierende Technologien negativ zu beeinflussen, und könne potenziell, während es gleichzeitig erhebliche Fördermittel erhalte, grenzkostengünstigere Technologien aus dem Markt verdrängen. Der Preis für vom Kernkraftwerk Hinkley Point C produzierten Strom pro MWh werde etwa doppelt so hoch wie der derzeitige Marktpreis sein. 386 Als Drittes macht die Republik Österreich geltend, die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs bewirkten eine unverhältnismäßige Diskriminierung anderer Technologien. Anders als die Kommission festgestellt habe, könnten andere Technologien nicht ebenfalls durch einen „Contract for Difference“ gefördert werden. Beihilfen für die Stromgewinnung aus erneuerbaren Energieträgern seien nur unter ganz bestimmten, sehr engen, in der Verordnung Nr. 651/2014 und in den Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 genau festgelegten Kriterien zulässig. Keine dieser Voraussetzungen werde durch die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs erfüllt, insbesondere auch nicht durch den „Contract for Difference“. Vielmehr komme es im Gegenteil sogar zu einer Verdrängung der Produzenten erneuerbarer Energie gegenüber Kernkraftwerksbetreibern, zumal diese keine vergleichbaren Beihilfen erhalten könnten. Darüber hinaus ermöglichen die Maßnahmen NNBG, völlig unabhängig von der Netzsituation Fördermittel zu erhalten, während etwa Windkraftanlagen ihre Einspeisung und somit die Inanspruchnahme von etwaigen Fördermitteln der Netzstabilität unterordnen müssten. 387 Die Kommission, die Tschechische Republik, Ungarn, die Republik Polen, Rumänien die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. 388 Mit ihrem Vorbringen beanstandet die Republik Österreich im Wesentlichen drei Dinge. Erstens seien die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs zur Erreichung der Ziele der Erhöhung der Versorgungssicherheit, der Diversifikation der Stromanbieter und der Dekarbonisierung nicht erforderlich gewesen. Zweitens wären kleinere Kraftwerke ausreichend gewesen. Drittens habe die Kommission die Gefahr der Überkompensation nicht ausreichend geprüft. 389 Als Erstes ist das Vorbringen der Republik Österreich zu prüfen, die Maßnahmen seien zur Erreichung der Ziele der Erhöhung der Versorgungssicherheit, der Diversifikation der Stromanbieter und der Dekarbonisierung nicht erforderlich gewesen. 390 Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 380), hat die Kommission im angefochtenen Beschluss auf das Ziel von öffentlichem Interesse der Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie abgestellt. Das Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg, die Maßnahmen seien zur Erreichung der Ziele der Erhöhung der Versorgungssicherheit, der Diversifikation der Stromanbieter und der Dekarbonisierung nicht erforderlich gewesen, vermag die Feststellungen der Kommission also nicht zu entkräften. Es ist zurückzuweisen. 391 Als Zweites ist das Vorbringen der Republik Österreich zurückzuweisen, kleinere, potenziell modulare Kraftwerke seien ausreichend, weil sie schneller eingeschaltet werden könnten und ihr Ausfall eher verkraftbar sei als der des Kernkraftwerks Hinkley Point. Soweit sich dieses Vorbringen auf andere Kraftwerke als Kernkraftwerke bezieht, ist festzustellen, dass solche Kraftwerke nicht zur Erreichung des mit den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs verfolgten Ziels der Förderung der Kernenergie geeignet sind. Im Übrigen ist festzustellen, dass die Republik Österreich nicht dargelegt hat, warum die Auswirkungen auf den Handel und den Wettbewerb beim Bau mehrerer kleinerer Kernkraftwerke mit derselben Grundlastkapazität wie das Kernkraftwerk Hinkley Point C geringer sein sollen als beim Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C. 392 Als Drittes macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass das Vereinigte Königreich drei Maßnahmen vorgesehen habe, die bereits für sich genommen außerordentlich hoch seien. Im angefochtenen Beschluss habe die Kommission die Maßnahmen jeweils gesondert gerechtfertigt, ohne jedoch deren Kumulationseffekt zu berücksichtigen. Dieses Vorbringen überschneidet sich mit dem Vorbringen im Rahmen des fünften Klagegrundes, wonach die Kommission es unterlassen habe, den Kumulationseffekt der Maßnahmen zu berücksichtigen (siehe oben, Rn. 352). In diesem Zusammenhang ist auch der im Rahmen des ersten Klagegrundes angesprochene Gesichtspunkt zu berücksichtigen, dass es nicht erforderlich sei, die Betreiber des Kernkraftwerks Hinkley Point C zu „immunisieren“ (siehe oben, Rn. 196). 393 Erstens ist das Vorbringen der Republik Österreich zurückzuweisen, die Kommission habe die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs lediglich gesondert geprüft, ohne ihren Kumulationseffekt zu berücksichtigen. Die Kommission ist nämlich davon ausgegangen, dass die Maßnahmen miteinander in Zusammenhang stünden (angefochtener Beschluss, 337. Erwägungsgrund). Sie hat diesen Zusammenhang bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen berücksichtigt (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 407 und 479). Sie hat festgestellt, dass die Renditen, die bei der Berechnung des Basispreises zugrunde gelegt worden seien, mit dem Gesamtpaket der dazu gehörenden Rahmenmaßnahmen im Einklang stünden (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 407 und 479). Das „Secretary of State Agreement“ und die Kreditgarantie sind solche Rahmenmaßnahmen. Mithin hat die Kommission bei der Beurteilung der Erforderlichkeit des Beihilfeelements des „Contract for Difference“ die Beihilfeelemente der beiden anderen Maßnahmen berücksichtigt. 394 Zweitens hat die Republik Österreich nicht substantiiert dargetan, dass die Beihilfeelemente der verschiedenen Maßnahmen des Vereinigten Königreichs in Bezug auf das Ziel, Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie auszulösen, unverhältnismäßig wären. 395 Zur Kreditgarantie ist festzustellen, dass die Kommission eine Anpassung der Gebühr für die Garantie verlangt hat, um das Beihilfeelement auf ein Minimum zu reduzieren. Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 285 bis 349), hat die Prüfung des achten Klagegrundes ergeben, dass der Kommission insoweit keine offensichtlichen Fehler unterlaufen sind. 396 Zum ‚Secretary of State Agreement‘ ist festzustellen, dass das Beihilfeelement bei ihm lediglich in einem vertraglichen Recht besteht, das die Kapitalgeber von NNBG im Fall der vorzeitigen Stilllegung des Kernkraftwerks Hinkley Point aus politischen Gründen von den Kosten und dem Zeitaufwand der gerichtlichen Geltendmachung ihrer sich aus den allgemeinen Grundsätzen über Ausgleichsansprüche bei Enteignung ergebenden Rechte entlastet (siehe oben, Rn. 277). 397 Zu dem Vorbringen der Republik Österreich, es sei nicht erforderlich, NNBG und die Kapitalgeber dieser Gesellschaft gegen jedes rechtliche Risiko zu „immunisieren“, ist festzustellen, dass die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs NNBG nicht gegen jedes Risiko schützen. Für NNBG bestehen u. a. das Risiko der verspäteten oder nur teilweisen Fertigstellung des Kernkraftwerks Hinkley Point C, das Risiko einer mäßigen Leistung und das Risiko eines niedrigen Gewinns. Und im Hinblick auf das Ziel, das mit den Maßnahmen verfolgt wird, nämlich einen Anreiz für Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie zu schaffen, kann es nicht als offensichtlich falsch angesehen werden, dass das Vereinigte Königreich zur Begrenzung der Risiken, die bei solchen Investitionen bestehen, auf ein Instrument wie das „Secretary of State Agreement“ zurückgegriffen hat, um den durch den „Contract for Difference“ garantierten Basispreis zu senken. 398 Zum „Contract for Difference“ ist schließlich festzustellen, dass die Republik Österreich nicht substantiiert dargetan hat, dass die Feststellung der Kommission, der Basispreis sei nicht höher als erforderlich, um Investitionen in das Kernkraftwerk Hinkley Point C auszulösen, offensichtlich falsch wäre. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Basispreis unter Berücksichtigung der Renditen festgesetzt worden ist und die Kommission in den Abschnitten 9.5.3.2 und 9.5.3.3 des angefochtenen Beschlusses angenommen hat, dass die Renditen, sofern die Gewinnbeteiligungsmechanismen geändert würden, den Renditen entsprächen, die bei einem Projekt, das hinsichtlich Umfang und Risiko mit dem Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C vergleichbar sei, erzielt werden dürften. Die Republik Österreich hat nicht dargetan, dass diese Feststellungen unter offensichtlichen Beurteilungsfehlern litten. 399 Das Vorbringen, die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs seien nicht erforderlich, ist also in vollem Umfang zurückzuweisen. 400 Die Republik Österreich hat im vorliegenden Zusammenhang allerdings auch auf Gesichtspunkte hingewiesen, die die von der Kommission vorgenommene Abwägung der positiven und negativen Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs betreffen. Sie werden im Rahmen der Prüfung des dritten Teils des sechsten Klagegrundes berücksichtigt werden, der diese Abwägung betrifft. c) Zur Abwägung der positiven und negativen Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs 401 Mit dem dritten Teil des Vorbringens der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg wird die Feststellung der Kommission in den Erwägungsgründen 547 und 548 des angefochtenen Beschlusses angegriffen, wonach das Potenzial für Wettbewerbsverfälschungen in Anbetracht der Anpassung der Gebühr für die Kreditgarantie und der Zusagen von EDF begrenzt sei und durch die positiven Effekte der Maßnahmen wettgemacht werde. 402 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg halten diese Feststellung für unzutreffend. Die Nachteile der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs stünden außer Verhältnis zu den Vorteilen. Die Republik Österreich macht geltend, entgegen der Annahme der Kommission stünden die durch die Maßnahmen allenfalls bewirkten Vorteile zu den daraus resultierenden Nachteilen, insbesondere der Wettbewerbsverzerrung zulasten anderer Stromproduzenten und der Schaffung beträchtlicher Ineffizienzen auf dem Strommarkt, vollkommen außer Verhältnis. Als Erstes sei festzustellen, dass die Kommission die negativen Auswirkungen der Maßnahmen auf die anderen Stromerzeuger, insbesondere die beträchtlichen negativen Auswirkungen auf die Erzeuger erneuerbarer Energie, außer Betracht gelassen habe. Zudem schafften die Maßnahmen Anreizeffekte, die zu Ineffizienzen führten. Als Zweites sei festzustellen, dass die Kommission im Rahmen ihrer Abwägungsprüfung wesentliche Aspekte, die zusätzlich gegen die Zulässigkeit der Maßnahmen sprächen, außer Acht gelassen habe. Erstens seien die Folgen auf den Strommarkt ungenügend analysiert worden. Zweitens habe der angefochtene Beschluss eine präjudizielle Bedeutung für zahlreiche weitere Kernkraftanlagen, die sich in Planung befänden und derzeit nicht verwirklicht würden, weil sie ohne Gewährung einer Beihilfe unrentabel seien. Drittens seien die erheblichen Folgen für die Konsumenten unzureichend berücksichtigt worden. Allein die Tatsache, dass im angefochtenen Beschluss kaum alternative Wege zur Deckung des zukünftigen britischen Strombedarfs eruiert würden, lasse auf eine mangelnde Berücksichtigung der Konsumentenwohlfahrt schließen. Ein liberalisierter Sektor wie die Elektrizitätswirtschaft müsste grundsätzlich ohne substanzielle staatliche Unterstützung auskommen. Umso überraschender sei die Höhe der vom britischen Steuerzahler getragenen Beihilfemaßnahmen. Viertens seien die Umweltauswirkungen insbesondere in Zusammenhang mit der Abfallentsorgung, die auch Konsumenten bzw. Steuerzahler beträfen, unzulänglich mitbedacht worden. 403 Die Kommission, die Tschechische Republik, Ungarn, die Republik Polen, Rumänien, die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. 404 Das Vorbringen der Republik Österreich lässt sich in vier Teile gliedern. Mit einem ersten Teil werden die positiven Auswirkungen in Frage gestellt, die die Kommission berücksichtigt hat. Ein zweiter Teil betrifft die Feststellung der Kommission, dass die aus den Maßnahmen resultierenden Wettbewerbsverfälschungen begrenzt seien, ein dritter die von der Kommission vorgenommene Abwägung der positiven und negativen Auswirkungen der Maßnahmen. Mit einem vierten Teil des Vorbringens wird geltend gemacht, die Kommission habe relevante Umstände nicht berücksichtigt. 1) Zu den von der Kommission festgestellten positiven Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs 405 Als Erstes ist zu den von der Kommission festgestellten positiven Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs festzustellen, dass diese nach den Rn. 2 bis 11 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens zu einem ganzen Bündel energiepolitischer Maßnahmen gehören, die das Vereinigte Königreich im Rahmen der Reform des Elektrizitätsmarkts getroffen hat. Ziel ist dabei die Herstellung der Versorgungssicherheit, die Diversifikation der Energiequellen und die Dekarbonisierung. Wie sich aus den Erwägungsgründen 199, 404 und 508 bis 511 des angefochtenen Beschlusses ergibt, wird das Vereinigte Königreich zwischen 2021 und 2030 rund 60 GW an neuen Stromerzeugungskapazitäten benötigen. In Anbetracht der geplanten Stilllegungen vorhandener Kern- und Kohlekraftwerke soll mit dem Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C der Rückgang des Anteils der Kernenergie an der Deckung des gesamten Strombedarfs begrenzt werden. Nach den Feststellungen der Kommission lässt sich der zukünftige Mangel an Energieerzeugungskapazitäten, der zum einen auf die steigende Nachfrage und zum anderen auf die Stilllegung vorhandener Kern- und Kohlekraftwerke zurückzuführen ist, nicht allein durch erneuerbare Energien ausgleichen. In diesem Zusammenhang hat die Kommission berücksichtigt, dass die Kernenergie eine Quelle der Grundlastversorgung darstellt, also eine Form der dauernden Energieerzeugung, die anders als viele Technologien der Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen nicht intermittierend ist. Sie hat ferner darauf hingewiesen, dass der Leistung, die durch das Kernkraftwerk Hinkley Point C erzeugt werden soll, 14 GW Windenergie an Land bzw. 11 GW Offshore-Windenergie entsprächen und dass es unrealistisch sei, anzunehmen, dass eine solche Kapazität in dem vorgegebenen Zeitrahmen geschaffen werde. 406 Als Zweites ist festzustellen, dass die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs zwar im Hinblick auf das Ziel von öffentlichem Interesse der Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie zu beurteilen ist, bei der Abwägung der Vor- und Nachteile der Maßnahmen aber sämtliche positiven Auswirkungen solcher neuen Kapazitäten zu berücksichtigen sind. 407 Als Drittes ist zum Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg – einschließlich der im Rahmen des ersten und des zweiten Teils des sechsten Klagegrundes angesprochenen Gesichtspunkte (siehe oben, Rn. 382 und 398) – festzustellen, dass an den Feststellungen der Kommission zu den positiven Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs im Wesentlichen sieben Punkte beanstandet werden. Erstens macht die Republik Österreich geltend, es werde im Vereinigten Königreich keinen Mangel an Energieerzeugungskapazitäten geben. Zweitens macht sie geltend, das Konzept der Grundlast sei überholt. Drittens machen die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg geltend, bei der Kernenergie sei die Versorgung mit Uran nicht gesichert. Viertens macht die Republik Österreich geltend, dass Kernkraftwerke empfindlich gegenüber Temperaturanstiegen seien. Fünftens weist die Republik Österreich auf die Folgen eines Ausfalls des Kernkraftwerks Hinkley Point hin. Sechstens wendet sich das Großherzogtum Luxemburg gegen die Feststellung der Kommission, dass die Kernenergie eine Energie mit geringem CO2-Ausstoß sei. Siebtens machen die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg geltend, das Kernkraftwerk Hinkley Point C werde nicht rechtzeitig fertiggestellt werden. i) Zu dem Vorbringen, mit dem bestritten wird, dass es einen Mangel an Energieerzeugungskapazitäten geben werde 408 Die Republik Österreich macht geltend, die Feststellung der Kommission, es werde einen Mangel an Energieerzeugungskapazitäten geben, sei offensichtlich unzutreffend. Bei den verschiedenen Szenarien, die sie durchgespielt habe, habe die Kommission die Änderung des Elektrizitätsmarkts durch Maßnahmen wie „smart meter“, „smart grids“, intelligente Häuser und Speichermöglichkeiten außer Acht gelassen. Auch die Möglichkeit, Strom aus Mitgliedstaaten einzuführen, und voraussichtliche beachtliche Zuwächse der Stromerzeugungskapazitäten im Vereinigten Königreich seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. 409 Hierzu ist als Erstes festzustellen, dass die Kommission bei ihren Feststellungen zu einem zukünftigen Mangel an Energieerzeugungskapazitäten Prognosen des Vereinigten Königreichs herangezogen hat. Das Vereinigte Königreich hat bei seinen Prognosen die Zunahme von Kapazitäten der Erzeugung von Energie aus anderen Energieträgern als der Kernenergie, Energiesparmaßnahmen und die Möglichkeit, Energie aus anderen Mitgliedstaaten über Interkonnektoren einzuführen, berücksichtigt (Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens, Rn. 250 bis 258). Zwar hatte die Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens Zweifel an der Analyse des Vereinigten Königreichs (Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens, Rn. 259 bis 263). Nach eingehender Prüfung ist sie jedoch zu dem Schluss gelangt, dass der vom Vereinigten Königreich für den Zeitraum von 2021 bis 2030 festgestellte Bedarf an neuen Energieerzeugungskapazitäten in Höhe von 60 GW bestehe (angefochtener Beschluss, 510. Erwägungsgrund). Demnach ist das Vorbringen der Republik Österreich, die Kommission habe die zukünftige Entwicklung des Elektrizitätsmarkts nicht berücksichtigt, zurückzuweisen. 410 Als Zweites ist zu dem Vorbringen der Republik Österreich, aus dem Bericht der Kommission von Juli 2015 mit dem Titel „Investment perspectives in the electricity market“ (Perspektiven für Investitionen im Strommarkt) ergebe sich, dass die Energieerzeugungskapazitäten im Vereinigten Königreich zunähmen, festzustellen, dass die Rechtmäßigkeit eines Beschlusses der Kommission im Bereich staatlicher Beihilfen anhand der Informationen zu beurteilen ist, über die die Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses verfügte (Urteil vom 10. Juli 1986, Belgien/Kommission, 234/84, EU:C:1986:302, Rn. 16). Der Bericht, auf den sich die Republik Österreich beruft, wurde aber nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses veröffentlicht. Aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass die Kommission vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses über die in dem Bericht enthaltenen Informationen verfügt hätte. Jedenfalls wird die Feststellung der Kommission, dass es im Vereinigten Königreich aufgrund der steigenden Nachfrage und der Stilllegung vorhandener Kern- und Kohlekraftwerke zu einem Mangel an Energieerzeugungskapazitäten kommen werde, allein durch das Vorbringen, im Vereinigten Königreich hätten die Kapazitäten der Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen, also die intermittierenden Kapazitäten, zugenommen, nicht entkräftet. 411 Das Vorbringen, mit dem sich die Republik Österreich gegen die Feststellung der Kommission wendet, dass es einen Mangel an Kapazitäten der Energieerzeugung geben werde, ist also in vollem Umfang zurückzuweisen. ii) Zu dem Vorbringen, das Konzept einer hohen Grundlast sei überholt 412 Die Republik Österreich macht geltend, das Konzept einer hohen Grundlast sei überholt. Flexible Kleinkraftwerke seien vorzugswürdig. 413 Hierzu ist als Erstes festzustellen, dass die Kommission festgestellt hat, dass es wegen des intermittierenden Charakters der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien nicht möglich sei, diese Technologie bei der Grundlastversorgung als geeignete Alternative zur Kernenergie anzusehen, dass die Leistung, die vom Kernkraftwerk Hinkley Point C bereitgestellt werden solle, 14 GW bei Onshore- bzw. 11 GW bei Offshore-Windanlagen entspreche und dass die Annahme, solche Kapazitäten der Erzeugung von Windenergie könnten in derselben Zeit wie der, die für den Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C vorgesehen sei, geschaffen werden, unrealistisch sei (angefochtener Beschluss, 404. Erwägungsgrund). 414 Als Zweites ist zu prüfen, ob die Feststellungen der Kommission durch das Vorbringen der Republik Österreich entkräftet werden. 415 Erstens legt die Republik Österreich ein Interview vom 11. September 2015 vor, das mit dem CEO (Chief Executive Officer, Leiter der Geschäftsführung) des Unternehmens geführt wurde, das im Vereinigten Königreich u. a. die Stromübertragungsnetze betreibt. Diesem Interview sei zu entnehmen, dass große Kernkraftwerke überholt seien. 416 Hierzu ist festzustellen, dass das Interview nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses ausgestrahlt wurde. Es kann dessen Rechtmäßigkeit deshalb nicht berühren (siehe oben, Rn. 410), zumal bestimmte Standpunkte, die der CEO in dem Interview vertritt, Entwicklungen berücksichtigen, die 2015, also nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses, eingetreten sind. 417 Jedenfalls wird in dem Interview nicht in Frage gestellt, dass die Kernenergie als zuverlässige Quelle der Stromerzeugung von Nutzen ist. Zwar wird in dem Interview auf der Grundlage der Prognose, dass der Verbraucher selbst Strom erzeuge, die Frage aufgeworfen, ob für ihn die Grundlast überhaupt von Nutzen sei. In dem Interview wird aber auch darauf hingewiesen, dass unbekannt sei, mit welcher Geschwindigkeit sich diese Entwicklung vollziehe. Außerdem wird nicht in Zweifel gezogen, dass die Grundlast für die gewerblichen Kunden wichtig bleiben werde. In dem Interview wird im Übrigen auch die Prognose gestellt, dass die Nachfrage nach Strom in den 2020er Jahren zunehmen werde. Somit ist in Anbetracht des Rechts des Vereinigten Königreichs, zwischen verschiedenen Energiequellen zu wählen, der allgemeinen Struktur seiner Energieversorgung und des großen Gestaltungsspielraums, über den es insoweit verfügt (siehe oben, Rn. 372), festzustellen, dass mit dem Interview nicht dargetan ist, dass die oben in Rn. 413 genannten Feststellungen der Kommission unter einem offensichtlichen Fehler litten. 418 Zweitens macht die Republik Österreich unter Berufung auf den Bericht der Kommission mit dem Titel „Investment perspectives in the electricity market“ (Investitionsaussichten auf dem Elektrizitätsmarkt) geltend, der Bedarf an flexiblen Ressourcen nehme gegenüber dem Grundlastbedarf zu. Hierzu ist festzustellen, dass dieser Bericht die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses aus den oben in Rn. 410 genannten Gründen nicht berührt. Jedenfalls wird die Feststellung der Kommission, dass die Annahme, dass flexible Energieerzeugungskapazitäten mit geringem CO2-Ausstoß in demselben Zeitraum, wie er für den Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C vorgesehen sei, in ausreichender Menge geschaffen werden könnten, unrealistisch sei, durch das Vorbringen der Republik Österreich nicht entkräftet. 419 Drittens macht die Republik Österreich geltend, einem am 22. April 2009 in einer amerikanischen Zeitschrift veröffentlichten Artikel mit dem Titel „Will the U. S. Ever Need to Build Another Coal or Nuclear Power Plant?“ sei zu entnehmen, dass der Präsident der Federal Energy Regulatory Commission (Bundesbehörde für Energieregulierung, Vereinigte Staaten) die Auffassung vertreten habe, dass das Konzept der Grundlast in Zukunft überholt sein könne. 420 Hierzu ist festzustellen, dass aus dem Artikel zwar hervorgeht, dass der Präsident der Federal Energy Regulatory Commission die Auffassung vertreten hat, dass das Konzept der Grundlast in Zukunft überholt sein könne. Aus dem Artikel geht aber auch hervor, dass diese Auffassung bei Weitem nicht von allen geteilt wird und dass andere Fachleute die Auffassung vertreten, dass die Kernenergie auch in Zukunft weiter eine wichtige Rolle spielen werde. In Anbetracht des großen Gestaltungsspielraums, über den das Vereinigte Königreich hinsichtlich der Bestimmung seines Energiemix verfügt, ist auch mit diesem Artikel also nicht dargetan, dass die oben in Rn. 413 zusammengefassten Feststellungen der Kommission offensichtlich unzutreffend wären. 421 Das Vorbringen der Republik Österreich, das Konzept einer hohen Grundlast sei überholt, ist also ebenfalls zurückzuweisen. iii) Zu dem Vorbringen zur Uranversorgung 422 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg machen geltend, die bekannten Uranvorkommen seien nicht unbegrenzt. Außerdem müssten die Kernbrennstoffe zu einem großen Teil aus Ländern mit instabilen politischen Verhältnissen importiert werden. 423 Als Erstes ist zu prüfen, ob das Vorbringen, die bekannten Uranvorkommen seien begrenzt, die Feststellungen der Kommission zu den Vorteilen der Maßnahmen zu entkräften vermag. 424 Beim Kernkraftwerk Hinkley Point C wird von einer Laufzeit von 60 Jahren ausgegangen (angefochtener Beschluss, 383. Erwägungsgrund). Nach der von der Kommission vorgelegten Zusammenfassung des von der International Atomic Energy Agency (IAEA) und der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) veröffentlichten „Red Book“ reichen die Uranvorkommen aber für die nächsten 150 Jahre aus. Demnach vermag das Vorbringen, diese Vorkommen seien begrenzt, die Feststellungen der Kommission nicht zu entkräften. 425 Daran ändert auch das Vorbringen der Republik Österreich nichts, dass es im hinweisenden Nuklearprogramm KOM(2007) 565 endgültig der Kommission vom 4. Oktober 2007 auf S. 10 heiße, dass beim derzeitigen Verbrauchsniveau in vernünftigem Maße gesicherte und abbaubare, bekannte Uranreserven zu wettbewerbsfähigen Preisen den Bedarf der Industrie zumindest für die nächsten 85 Jahre decken könnten. 426 Hierzu ist erstens festzustellen, dass in dem hinweisenden Nuklearprogramm auf eine Prognose verwiesen wird, die in einer früheren Fassung des oben in Rn. 423 genannten „Red Book“ enthalten ist. Die Prognose von 150 Jahren stammt aus einer jüngeren Fassung des „Red Books“. 427 Zweitens ist festzustellen, dass, selbst wenn beim derzeitigen Verbrauchsniveau in vernünftigem Maße gesicherte und abbaubare, bekannte Uranreserven zu wettbewerbsfähigen Preisen den Bedarf der Industrie nur für die nächsten 85 Jahre decken können sollten, diese Dauer über die voraussichtliche Laufzeit des Kernkraftwerks Hinkley Point C hinausgeht. Die Republik Österreich hat auch nicht substantiiert dargetan, dass sich die Kernenergie so entwickeln werde, dass die Uranreserven vor dem Ende der voraussichtlichen Laufzeit des Kernkraftwerks Hinkley Point C erschöpft wären. 428 Drittens ist in diesem Zusammenhang auch die Möglichkeit des Rückgriffs auf wiederaufbereitete oder aus Atomwaffen stammende Kernbrennstoffe zu berücksichtigen. Insoweit macht die Republik Österreich lediglich geltend, dass sich aus S. 18 des Jahresberichts 2014 der Euratom-Versorgungsagentur ergebe, dass die Mitgliedstaaten lediglich 21 % der weltweiten Konversionskapazitäten aufwiesen, was für den Eigenbedarf der Union nicht ausreiche. Aus den S. 18 und 33 dieses Berichts geht jedoch hervor, dass weltweit mehr Konversationskapazitäten vorhanden sind als erforderlich und dass der Bedarf der Stromerzeuger der Union kurz- und mittelfristig gedeckt ist. 429 Mit dem Vorbringen, die Uranreserven seien begrenzt, ist daher nicht dargetan, dass die Feststellungen der Kommission unter einem offensichtlichen Beurteilungsfehler litten. 430 Was als Zweites das Vorbringen angeht, die Union sei stark von Einfuhren von Kernbrennstoffen aus Drittländern abhängig, ist zum einen festzustellen, dass, wie bereits ausgeführt, verbrauchte Kernbrennstoffe oder Kernbrennstoffe aus Atomwaffen wiederaufbereitet werden können und dass es in der Union, wenn auch nur in sehr begrenztem Umfang, Uranminen gibt. 431 Zum anderen ist festzustellen, dass der Umstand, dass das Uran zu einem großen Teil aus Drittländern eingeführt wird, nicht bereits beweist, dass das Kernkraftwerk Hinkley Point C nicht in dem geplanten Umfang Strom erzeugen werde. 432 Die Republik Österreich macht geltend, die Einfuhren stammten zu einem großen Teil aus Ländern mit instabilen politischen Verhältnissen. 433 Hierzu ist festzustellen, dass das Uran zu einem Teil aus Kanada und Australien bezogen wird. Die Republik Österreich hat nicht dargetan, dass die politischen Verhältnisse in diesen Ländern instabil wären. 434 Zweitens sind die Uranreserven nach Angaben der Kommission, die sich auf S. 2 des hinweisenden Nuklearprogramms KOM(2008) 776 endgültig vom 13. November 2008 beruft, in geopolitisch stabilen Regionen zu finden und weit gestreut, wodurch das Risiko, dass Unruhen in der einen oder anderen Region zu einem Versorgungsengpass in der Union führen, ausgeschaltet wird. Die Republik Österreich hat nicht substantiiert dargetan, dass dies nicht zuträfe. 435 Drittens sind in diesem Zusammenhang auch die Feststellungen der Kommission zu berücksichtigen, dass europäische Unternehmen Miteigentümer von Bergbauanlagen in Drittstaaten sind und dass mit Australien, Kanada, den Vereinigten Staaten, Japan und der Republik Kasachstan internationale Abkommen geschlossen worden sind, die den Handel mit Kernmaterialien und Nukleartechnologie erleichtern. Sie werden durch die S. 4 und 11 der Mitteilung der Kommission über das hinweisende Nuklearprogramm vom 4. Oktober 2007 bestätigt. 436 Viertens ist festzustellen, dass die Abhängigkeit von aus Drittländern eingeführten Energieträgern kein Spezifikum der Kernenergie ist, sondern auch bei anderen Technologien wie Gaskraftwerken besteht. 437 Die Feststellungen der Kommission zu den positiven Auswirkungen der Maßnahmen werden also auch durch das Vorbringen der Republik Österreich, dass das Uran zu einem großen Teil aus Drittländern eingeführt werden müsse, nicht entkräftet. 438 Folglich ist das Vorbringen zu den Uranreserven in vollem Umfang zurückzuweisen. 439 Zu dem Vorbringen, die Kommission hätte den Import von Uranerzen aus Drittstaaten nicht dem Import von Strom aus anderen Mitgliedstaaten vorziehen dürfen, ist schließlich festzustellen, dass es die Abwägung der Vor- und Nachteile der Maßnahmen betrifft. Auf diesen Gesichtspunkt wird deshalb im Rahmen der Prüfung dieser Abwägung eingegangen werden. iv) Zu dem Vorbringen zur Empfindlichkeit von Kernkraftwerken gegenüber Temperaturanstiegen 440 Die Republik Österreich macht geltend, Kernkraftwerke seien aufgrund des hohen Bedarfs an Kühlwasser sehr empfindlich gegenüber Temperaturanstiegen. Bei Hitzewellen müssten sie abgeschaltet werden. 441 Hierzu ist als Erstes festzustellen, dass die Republik Österreich nicht dargetan hat, dass Kernkraftwerke unter normalen klimatischen Bedingungen anders als Quellen erneuerbarer Energien wie Wind- oder Sonnenenergie besonders empfindlich auf Wetterschwankungen reagierten. 442 Als Zweites ist zu prüfen, ob die oben in Rn. 405 zusammengefassten Feststellungen der Kommission durch das Vorbringen der Republik Österreich, dass Kernkraftwerke durch Hitzewellen in ihrer Funktion beeinträchtigt werden könnten, entkräftet werden. 443 Die Republik Österreich macht geltend, dass sich aus einem Dokument vom 9. Dezember 2014 mit dem Titel „Nuclear Free Local Authorities briefing“ ergebe, dass Kernkraftwerke empfindlich gegenüber Hitzewellen seien. 444 Hierzu ist festzustellen, dass nach diesem Dokument bestimmte Kernreaktoren vor allem deshalb nicht zuverlässig sind, weil es sich um überalterte Reaktoren handelt, deren Laufzeit überschritten ist. Mit dem Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C sollen aber gerade überalterte Kernkraftwerke ersetzt werden. Im Übrigen hat die Republik Österreich nicht dargetan, dass das Kernkraftwerk Hinkley Point C, das sich in Somerset an der Küste des Vereinigten Königreichs befinden wird, in besonderer Weise von Hitzewellen und Kühlungsproblemen betroffen sein könnte. 445 Selbst wenn das Kernkraftwerk Hinkley Point C unter außergewöhnlichen Umständen durch eine Hitzewelle in seiner Funktion beeinträchtigt werden sollte, würden dadurch die durch seinen Bau geschaffenen Energieerzeugungskapazitäten, auf die die Kommission bei ihren oben in Rn. 405 zusammengefassten Feststellungen abgestellt hat, als solche nicht in Frage gestellt. In diesem Zusammenhang ist auch das Vorbringen der Kommission zu berücksichtigen, dass bei Hitzewellen mehr Sonnenenergie zur Verfügung stehe, so dass ein gewisser Ausgleichseffekt bestehe, durch den etwaige Folgen zu hoher Temperaturen auf die Erzeugung von Kernenergie ausgeglichen würden. 446 Somit ist festzustellen, dass mit dem Vorbringen zu den Auswirkungen von Hitzewellen nicht dargetan ist, dass die Feststellungen der Kommission zu den positiven Auswirkungen der Maßnahmen unter offensichtlichen Fehlern litten. v) Zu dem Vorbringen zu möglichen Folgen von Ausfällen 447 Die Republik Österreich macht geltend, der Ausfall eines Kernkraftwerks, insbesondere eines Kraftwerks der Größe des zukünftigen Kernkraftwerks Hinkley Point, könne zu Erschwernissen führen. 448 Hierzu ist als Erstes festzustellen, dass die Erzeugung im Kernkraftwerk Hinkley Point nach den Angaben der Kommission durch mehrere Kraftwerksblöcke mit verschiedenen Technologien sichergestellt wird, weshalb die Planung der Wartungsarbeiten so erfolgen kann, dass stets genug Grundlast vorhanden ist. Die Republik Österreich hat nicht dargetan, dass diese Feststellung nicht zuträfe. 449 Als Zweites ist festzustellen, dass die durch das Kernkraftwerk Hinkley Point C geschaffenen Energieerzeugungskapazitäten, auf die die Kommission bei den oben in Rn. 405 zusammengefassten Feststellungen abgestellt hat, als solche nicht bereits dadurch in Frage gestellt werden, dass das Kernkraftwerk Hinkley Point C durch gelegentliche Ausfälle in seiner Funktion beeinträchtigt werden könnte. 450 Folglich werden die Feststellungen der Kommission zu den Vorteilen der Maßnahmen durch das Vorbringen zu möglichen Folgen von Ausfällen nicht entkräftet. vi) Zur Einstufung der Kernenergie als Energie mit geringem CO2-Ausstoß 451 Das Großherzogtum Luxemburg macht geltend, die Annahme der Kommission, dass es sich bei der Kernenergie um eine Technologie mit geringem CO2-Ausstoß handele, gehe offensichtlich fehl. Wegen des CO2, das bei der Gewinnung und Verarbeitung von Uran und beim Bau und Rückbau von Kernkraftwerken anfalle, führe die Kernenergie zu einem beträchtlichen CO2-Ausstoß. 452 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht festgestellt hat, dass die Dekarbonisierung ein Ziel von öffentlichem Interesse wäre, das die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs für sich genommen rechtfertigen könnte. Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 405), hat sie bei der Abwägung der Vor- und Nachteile der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs berücksichtigt, dass diese Bestandteil einer Gesamtstrategie des Vereinigten Königreichs zur Reform seines Strommarkts sind, die u. a. darauf abzielt, das Ziel der Dekarbonisierung zu erreichen. Daher ist zu prüfen, ob das Großherzogtum Luxemburg mit seinem Vorbringen dargetan hat, dass die Feststellung, die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs seien Bestandteil dieser Gesamtstrategie, unter einem offensichtlichen Beurteilungsfehler leidet. 453 Das Großherzogtum Luxemburg stützt sein Vorbringen, die Nukleartechnologie sei keine Technologie mit geringem CO2-Ausstoß, auf eine 2008 veröffentlichte Studie mit dem Titel „Valuing the greenhouse gas emissions from nuclear power“. 454 Als Erstes ist zum Inhalt der Studie festzustellen, dass ihr nicht zu entnehmen ist, dass die Kernenergie eine Energieform mit hohem CO2-Ausstoß wäre. Die Kommission weist zu Recht darauf hin, dass der durchschnittliche CO2-Ausstoß, ausgedrückt in CO2-Äquivalenten, nach der Studie bei der Kernenergie 66 g (gegenüber 13 g bei der Sonnenenergie und 41 g bei der Energie aus Biomasse) beträgt, bei fossilen Brennstoffen wie Erdgas, Öl, Diesel und Kohle hingegen zwischen 443 g und 1050 g liegt. 455 Als Zweites ist festzustellen, dass die Kommission darauf hinweist, dass der durchschnittliche CO2-Ausstoß von Kernkraftwerken abnehmen werde. Die CO2‑Intensität aufgrund des Stromverbrauchs bei der Gewinnung der Rohmaterialien und dem Bau und der Entsorgung des Kraftwerks könne sinken, weil der Strom zumindest teilweise durch Strom ersetzt werde, bei dem kein oder weniger CO2 ausgestoßen werde. Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg haben dies nicht bestritten. 456 Als Drittes ist festzustellen, dass die Kommission eine andere Studie vorgelegt hat, in der die Ergebnisse verschiedener Studien analysiert werden, die einen vergleichbaren Gegenstand wie die vom Großherzogtum Luxemburg vorgelegte haben. Die Studie ist von 2012, also vier Jahre jünger als die vom Großherzogtum Luxemburg vorgelegte. Aus S. 90 der Studie geht hervor, dass in der Wissenschaft davon ausgegangen wird, dass der CO2-Ausstoß der Kernenergie nur einem Bruchteil des CO2-Ausstoßes fossiler Energien entspricht und mit dem CO2-Ausstoß erneuerbarer Energien vergleichbar ist. 457 Somit ist festzustellen, dass das Großherzogtum Luxemburg mit seinem Vorbringen nicht dargetan hat, dass der Kommission bei der Feststellung, dass der Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C Bestandteil einer Gesamtstrategie des Vereinigten Königreichs zur Reform seines Strommarkts sei, die u. a. darauf abziele, das Ziel der Dekarbonisierung zu erreichen, ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen wäre. vii) Zu dem Vorbringen, das Kernkraftwerk Hinkley Point C werde verspätet fertiggestellt 458 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg machen ferner geltend, das Kernkraftwerk Hinkley Point C werde erst weit nach dem Zeitpunkt des vom Vereinigten Königreich angegebenen Versorgungsengpasses fertiggestellt werden und in Betrieb gehen. 459 Hierzu ist als Erstes festzustellen, dass NNBG bei Nichteinhaltung des Zeitplans Gefahr läuft, die Vorteile des „Contract for Difference“ zu verlieren. Für NNBG besteht also ein Anreiz, den Zeitplan einzuhalten. 460 Als Zweites ist jedenfalls festzustellen, dass die Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Hinkley Point C für 2023 vorgesehen ist. Selbst wenn das Kraftwerk erst später in Betrieb gehen sollte, ist nicht ausgeschlossen, dass es einen Beitrag zur Deckung des vom Vereinigten Königreich für den Zeitraum von 2021 bis 2030 festgestellten Bedarfs an neuen Energieerzeugungskapazitäten in Höhe von 60 GW leistet. 461 Deshalb ist auch das Vorbringen, das Kernkraftwerk Hinkley Point C werde verspätet fertiggestellt werden, zurückzuweisen. 462 Die Feststellungen der Kommission zu den positiven Auswirkungen der Maßnahmen werden also durch das gesamte Vorbringen der Republik Österreich nicht entkräftet. 2) Zu den von der Kommission berücksichtigten negativen Auswirkungen 463 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg machen geltend, der Kommission seien bei der Feststellung, dass die durch die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs hervorgerufenen Verfälschungen des Wettbewerbs begrenzt seien, offensichtliche Beurteilungsfehler unterlaufen. In diesem Zusammenhang ist auch einzugehen auf das Vorbringen im Rahmen des ersten und des zweiten Teils des sechsten Klagegrundes (siehe oben, Rn. 382 und 390), sowie auf die im Rahmen des fünften Klagegrundes angesprochenen Gesichtspunkte der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten (siehe oben, Rn. 125) sowie der Abschottung des Binnenmarkts und der Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs auf die Preise auf diesem Markt (siehe oben, Rn. 273). 464 In einem ersten Schritt macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe außer Acht gelassen, dass die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt, insbesondere auf den Energiemarkt, hätten. 465 Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission in Abschnitt 7.9 des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, dass die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs geeignet seien, auf dem Markt der Stromerzeugung und ‑versorgung den Wettbewerb zu verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Maßnahmen geeignet seien, Investitionsentscheidungen zu verfälschen und alternative Investitionen zu verdrängen. Im Rahmen ihrer Prüfung in Abschnitt 9.6 des angefochtenen Beschlusses hat sie unter dem Gesichtspunkt der Verfälschung des Wettbewerbs und der Beeinträchtigung des Handels bestimmte negative Auswirkungen der Maßnahmen festgestellt. Sie ist aber zu dem Schluss gelangt, dass sich die aus der Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Hinkley Point C resultierenden Wettbewerbsverfälschungen auf das notwendige Mindestmaß beschränkten und durch die positiven Effekte der Maßnahmen wettgemacht würden (angefochtener Beschluss, 548. Erwägungsgrund). Diese Feststellung basiert u. a. auf der Prüfung, die die Kommission in den Abschnitten 9.6.1 bis 9.6.5 des angefochtenen Beschlusses durchgeführt hat. 466 In Abschnitt 9.6.1 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission geprüft, ob die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs zu Verzerrungen bei den Investitionen führen und ob sie sich auf die Handelsströme auswirken. Sie ist zu dem Schluss gelangt, dass die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Handelsströme, die Preise und die Investitionen unerheblich seien (angefochtener Beschluss, 511. Erwägungsgrund). Diese Feststellung beruht auf drei Erwägungen in Abschnitt 9.6.1 des angefochtenen Beschlusses und einer Erwägung im 403. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses. 467 Erstens hat die Kommission in den Erwägungsgründen 503, 504 und 505 des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen, dass der in einem größeren Umfang erfolgende Abschluss von „Contracts for Difference“ die Rolle des Preises als Investitionssignal erheblich beeinträchtigen, wenn nicht gar ganz zunichtemachen und de facto zur Regulierung der Stromerzeugung auf einer staatlich festgelegten Höhe führen könne. Die „Contracts for Difference“ erforderten es, dass die Erzeuger auf dem Markt verkauften und damit einige der Anreize, die für nicht durch Förderung gestützte Marktteilnehmer gälten, erhalten blieben. Diese Anreize bestünden jedoch hauptsächlich auf der den Betrieb betreffenden Ebene fort, nicht jedoch auf der Ebene der Investitionsentscheidungen, die wahrscheinlich von der Einnahmenstabilität und Einnahmensicherheit, die durch den „Contract for Difference“ geboten würden, bestimmt würden. Sehr begrenzt seien auf jeden Fall die Marktverfälschungen, die sich auf der den Betrieb betreffenden Ebene aus den „Contracts for Difference“ für Kernkraftwerke ergäben, die niedrige Betriebsgrenzkosten hätten, deren Strom auf den Märkten daher wahrscheinlich unabhängig von der Höhe der Preise verkauft werde und die auf den anfänglichen Abschnitten der Leistungskurve angesiedelt seien. 468 Zweitens hat die Kommission in den Erwägungsgründen 506 bis 508 des angefochtenen Beschlusses zum Bau von Verbindungsleitungen und zur Intensität der Handelsströme festgestellt, dass der Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C wohl minimale Auswirkungen auf die Großhandelspreise im Vereinigten Königreich haben werde. Die erstellten Modelle legten den Schluss nahe, dass die Preise im Vereinigten Königreich durch den Betrieb des Kernkraftwerks Hinkley Point C weniger als 0,5 % zurückgehen würden, was wiederum bis 2030 einen kumulativen Gesamtrückgang der Einnahmen aus den Verbindungsleitungen von weniger als 1,7 % nach sich ziehe. Dieses Ergebnis sei der Tatsache geschuldet, dass die Grenzkosten des vom Kernkraftwerk Hinkley Point C erzeugten Stroms niedriger ausfallen würden als der Preis der bestehenden Kraftwerksanlagen, seine Gesamtkapazität jedoch nur einen geringen Teil der Gesamtkapazität Großbritanniens ausmachen werde, sowie der Tatsache, dass auch ohne den Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C mit einem Rückgang der Großhandelspreise und der Einnahmen aus den Verbindungsleitungen zu rechnen wäre. Diesem Ergebnis liege ein Szenario des schlimmsten Falls zugrunde, denn ohne das Kernkraftwerk Hinkley Point C sei damit zu rechnen, dass das Vereinigte Königreich, soweit dies machbar sei, andere Arten der CO2-armen Stromerzeugung verfolge (jedoch nicht bis zu der vom Kernkraftwerk Hinkley Point C bereitgestellten Gesamtkapazität, die zu groß wäre, um allein durch CO2-arme Energiequellen ersetzt zu werden). Auch ohne das Kernkraftwerk Hinkley Point C wäre somit mit einem Rückgang der Großhandelspreise und der Einnahmen aus den Verbindungsleitungen zu rechnen. 469 Drittens hat die Kommission in den Erwägungsgründen 509 und 510 des angefochtenen Beschlusses zu den Handelsverzerrungen festgestellt, dass der Einfluss des Kernkraftwerks Hinkley Point auf die Preise außerhalb des Vereinigten Königreichs, der mit höchstens 0,1 % beziffert worden sei, vernachlässigt werden könne. Das würde einem Rückgang der grenzüberschreitenden Handelsströme von nicht einmal 1 % entsprechen. Die Alternativszenarien, die sie für den Fall entworfen habe, dass das Projekt des Kernkraftwerks Hinkley Point C nicht umgesetzt werde, hätten ergeben, dass alternative Investitionen nur in begrenztem Maße verdrängt würden. Vor allem lasse der vorausgesagte Angebotsrückgang reichlich Platz für den Markteintritt anderer Stromerzeuger und den Ausbau der Kapazitäten anderer Erzeugungstechnologien, unabhängig von den Investitionen in das Kernkraftwerk Hinkley Point C, insbesondere in Anbetracht des Zeitplans für die Stilllegung vorhandener Kernkraft- und Kohlekraftwerke. Das Vereinigte Königreich werde zwischen 2021 und 2030 rund 60 GW an neuen Energieerzeugungskapazitäten benötigen, von denen das Kernkraftwerk Hinkley Point C 3,2 GW bereitstellen werde. CO2-arme Energieträger allein wären nicht in der Lage, diesen zukünftigen Mangel an Energieerzeugungskapazitäten auszugleichen. 470 Viertens hat die Kommission im 403. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass der „Contract for Difference“ keine unverhältnismäßige Diskriminierung anderer Technologien bedeute, da diese im Rahmen des vom Vereinigten Königreich geschaffenen Kapazitätsmarkts abgesehen von den Anpassungen, die wegen technischer Unterschiede vorgenommen werden müssten, mit dem gleichen Instrument ausreichend gefördert werden könnten. 471 Das Vorbringen der Republik Österreich, die Kommission habe die negativen Auswirkungen der Maßnahmen auf dem Binnenmarkt nicht berücksichtigt, ist mithin zurückzuweisen. 472 In einem zweiten Schritt ist festzustellen, dass die Republik Österreich u. a. geltend macht, der Kommission seien bei der Feststellung, dass die durch die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs hervorgerufenen Verfälschungen des Wettbewerbs begrenzt seien, offensichtliche Fehler unterlaufen. Als Erstes macht die Republik Österreich geltend, der „Contract for Difference“ verschiebe die „merit order“-Kurve zum Nachteil der Gaskraftwerke, als Zweites, der „Contract for Difference“ habe unangemessene Anreizeffekte, als Drittes, der „Contract for Difference“ führe zu einem starken Anstieg des Auftretens von negativen Preisen, als Viertes, anders als die Kommission annehme, werde die Nukleartechnologie durch die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs unangemessen begünstigt, und als Fünftes, die Kommission habe die Bedeutung der Zusammenschaltung der Energienetze nicht hinreichend berücksichtigt. 473 Die Kommission, die Tschechische Republik, die Französische Republik, Ungarn, die Republik Polen, Rumänien, die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. 474 Die Republik Österreich macht als Erstes geltend, der „Contract for Difference“ verschiebe die „merit order“-Kurve zu Ungunsten der Gaskraftwerke, die hohe Grenzkosten und Schwierigkeiten hätten, 2030 am Markt zu bestehen. Durch einen Ausstieg der Gaskraftwerke aus dem Markt werde eine effiziente Kombination von Erzeugungskapazitäten (flexible Gaskraftwerke mit volatiler Windkraft) gefährdet. 475 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Kommission nicht ausgeschlossen hat, dass der „Contract for Difference“ Auswirkungen auf den Energiemarkt haben kann. Sie ist aber davon ausgegangen, dass alternative Investitionen nur in begrenztem Maße verdrängt würden, weil das Vereinigte Königreich im Zeitraum von 2021 bis 2030 rund 60 GW an neuen Stromerzeugungskapazitäten benötigen werde, von denen das Kernkraftwerk Hinkley Point C lediglich 3,2 GW bereitstellen werde, und weil dessen Bau nicht zu einer Ausweitung der Grundlast-Kapazität führe, sondern eine Ersatzinvestition darstelle, mit der ein Teil der Außerdienststellung alter Atom- und Kohlegrundlastkraftwerke aufgefangen werde (angefochtener Beschluss, 510. Erwägungsgrund). Die Kommission hat ferner berücksichtigt, dass das Risiko der Verdrängung von Gaskraftwerken dadurch begrenzt werde, dass das Vereinigte Königreich einen Kapazitätsmarkt eingeführt habe, der dazu diene, Anreize für Investitionen in neue Gaskraftwerke zu schaffen (angefochtener Beschluss, 403. Erwägungsgrund). 476 Es ist zu prüfen, ob die Feststellungen der Kommission durch das Vorbringen der Republik Österreich entkräftet werden. 477 Nach Auffassung der Republik Österreich zeigt eine Studie von Mai 2012 mit dem Titel „Assessment of the dispatch distortions under the Feed-in Tariff with Contract for Differences policy“ (im Folgenden: Studie von Mai 2012), dass der „Contract for Difference“ schädliche Auswirkungen auf die Betreiber von Gaskraftwerken und mittelbar auf die Erzeuger von Windenergie habe. 478 Hierzu ist festzustellen, dass die Studie von Mai 2012 nicht beweist, dass die Feststellung der Kommission, alternative Investitionen würden nur in begrenztem Maße verdrängt, offensichtlich unzutreffend wäre. Auf den S. 12 und 13 der Studie wird vielmehr erläutert, dass die durchgeführten Modellierungen und Analysen nicht ergeben hätten, dass es wegen der „Contracts for Difference“ bei der Grundlast zu signifikanten Verzerrungen komme. Zwar geht aus den S. 6, 7 und 36 ff. der Studie, auf die sich die Republik Österreich beruft, hervor, dass es bei der Kombination einer nicht flexiblen (z. B. Kernenergie) mit einer intermittierenden Technologie (z. B. Windkraft) dazu kommen könne, dass die Energieerzeugung die Nachfrage übersteige, so dass die Erzeugung der Gaskraftwerke begrenzt werde. Entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich kann aus der Studie aber nicht abgeleitet werden, dass Gaskraftwerke durch den Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C in erheblichem Maße verdrängt würden. Vielmehr ist S. 30 der Studie zu entnehmen, dass die Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie bis 2030 lediglich leicht, die Kapazitäten der Erzeugung von Windenergie hingegen stark zunehmen werden und dass der Zuwachs an Kapazitäten der Erzeugung von Windenergie die „merit order“-Kurve zulasten der Gaskraftwerke verschieben wird. 479 Im Übrigen hat die Republik Österreich nicht dargetan, dass die Feststellungen der Kommission, dass es in Zukunft einen Mangel an Kapazitäten geben werde, dass der Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C lediglich eine Ersatzinvestition darstelle und dass das Vereinigte Königreich einen Markt eingeführt habe, der dazu diene, Anreize für Investitionen in neue Gaskraftwerke zu schaffen, unzutreffend wären. 480 Somit ist festzustellen, dass die Feststellungen der Kommission zu den negativen Auswirkungen der Maßnahmen durch das Vorbringen der Republik Österreich, die „merit order“-Kurve werde verschoben, nicht entkräftet werden. 481 Die Republik Österreich macht als Zweites geltend, durch den Mechanismus des „Contract for Difference“ werde ein übermäßiger Anreiz für NNBG geschaffen. Für diese Gesellschaft bestünden aufgrund des „Contract for Difference“ Anreize, ihre Einspeisung ohne Rücksicht auf die Netzstabilität hochzuhalten. Die Förderung der Kernenergie könne deshalb zu einer potenziellen Überkapazität an nicht flexibler Stromerzeugung führen, wegen derer die Erzeuger erneuerbarer Energien ihre Einspeisung künstlich drosseln müssten, um die Netzstabilität nicht zu gefährden. Sie würden in diesem Fall die ihnen gewährten Zuschüsse verlieren. Für die anderen Stromerzeuger sei es daher schwierig, sich auf dem Markt zu behaupten oder in den Markt einzutreten. 482 Erstens ist das Vorbringen der Republik Österreich zurückzuweisen, soweit geltend gemacht wird, dass der Kommission hinsichtlich des Anreizeffekts der Maßnahmen auf die Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie ein Fehler unterlaufen sei. Die Feststellung der Kommission in den Erwägungsgründen 393 bis 406 des angefochtenen Beschlusses, wonach mit den Maßnahmen die Haupthindernisse für Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie überwunden werden könnten, wird durch dieses Vorbringen nämlich nicht entkräftet. 483 Zweitens ist auch das Vorbringen der Republik Österreich zurückzuweisen, dass die Feststellung der Kommission, die Auswirkungen des „Contract for Difference“ auf die Investitionen seien nur unerheblich, offensichtlich unzutreffend sei. 484 Das Phänomen, dass die Erzeugung von Windenergie an Tagen mit viel Wind zunimmt und die Nachfrage übersteigen kann, hängt unmittelbar mit dem intermittierenden Charakter dieser Technologie zusammen. Je höher der Anteil der Windenergie am Energiemix ist, desto höher ist das Risiko, dass es zu einem solchen Phänomen kommt. Wie sich aus der Studie von Mai 2012 (S. 30 und 36) ergibt, muss der Netzbetreiber wegen der Zunahme der Windenergie bis 2030 Maßnahmen ergreifen, um die Erzeugung von Windenergie an Tagen mit viel Wind zu begrenzen. 485 Dass das Kernkraftwerk Hinkley Point C unabhängig von der Erzeugung der Windkraftanlagen Strom erzeugt, hängt mit dem Wesen der Nukleartechnologie zusammen, bei der es sich um eine nicht flexible Energiequelle handelt. Anders als die Republik Österreich annimmt, wird NNBG seine Erzeugung bei starkem Wind nicht deshalb aufrechterhalten, weil der „Contract for Difference“ entsprechende Anreize schafft, sondern aus mit dem Wesen der Nukleartechnologie zusammenhängenden technischen Gründen. 486 Im Übrigen kann NNBG auf der Grundlage der erzeugten Leistung nur bis zu einem im „Contract for Difference“ festzulegenden Höchstbetrag Differenzzahlungen erhalten (angefochtener Beschluss, 14. Erwägungsgrund). Der „Contract for Difference“ schafft also keine Anreize, über diesen Höchstbetrag hinaus Strom zu erzeugen. 487 Die Republik Österreich hat nicht dargetan, dass die Feststellung der Kommission, dass die Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs auf die Investitionen unerheblich seien, nicht zuträfe. Diese Feststellung beruht auf der Prognose, dass wegen des Angebotsrückgangs andere Stromerzeuger und Erzeugungstechnologien ihren Platz auf dem Markt finden können würden, und auf der Annahme, dass der Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C nicht zu einer Ausweitung der Grundlastkapazität führe, sondern eine Ersatzinvestition darstelle, mit der ein Teil der Außerdienststellung alter Atom- und Kohlegrundlastkraftwerke aufgefangen werde (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 510 und 511). In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass in Fällen einer Beschränkung der Energieerzeugungskapazitäten von Windkraftanlagen durch den Netzbetreiber nach dem „Balancing Mechanism“, sofern die Preise nicht negativ sind, ein Recht auf Ausgleichszahlung besteht. 488 Die Feststellung der Kommission, dass die Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs auf Investitionen in Windkraftanlagen beschränkt seien, wird durch das Vorbringen der Republik Österreich also nicht entkräftet. 489 Als Drittes macht die Republik Österreich geltend, der „Contract for Difference“ führe zu einem Anstieg des Auftretens negativer Preise. Für das Kernkraftwerk Hinkley Point C bestehe der Anreiz, selbst ohne Rücksicht auf negative Strompreise zu produzieren. Es beeinflusse die Marktbedingungen für konkurrierende Technologien negativ. 490 Die Kommission hat durchaus die Gefahr gesehen, dass EDF den Referenzpreis durch Abgabe eines Gebots für Kapazitäten zu einem sehr niedrigen, ja negativen Preis verändert (angefochtener Beschluss, 497. Erwägungsgrund). Sie ist dieser Frage in Abschnitt 9.6.2 des angefochtenen Beschlusses nachgegangen, ist aber zu dem Schluss gelangt, dass die Gefahr zu vernachlässigen sei. Außerdem hat die Kommission festgestellt, dass der Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C wohl nur minimale Auswirkungen auf die Großhandelspreise im Vereinigten Königreich haben werde (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 506 bis 508). Die erstellten Modelle legten den Schluss nahe, dass die Preise im Vereinigten Königreich durch den Betrieb des Kernkraftwerks Hinkley Point C weniger als 0,5 % zurückgehen würden. Dies hänge damit zusammen, dass die Grenzkosten des vom Kernkraftwerk Hinkley Point C erzeugten Stroms niedriger ausfallen würden als der Preis der bestehenden Kraftwerksanlagen, seine Gesamtkapazität jedoch nur einen geringen Teil der Gesamtkapazität Großbritanniens ausmachen werde. Auch ohne das Kernkraftwerk Hinkley Point C wäre mit einem Rückgang der Großhandelspreise zu rechnen. 491 Es ist zu prüfen ob diese Feststellungen der Kommission durch das Vorbringen der Republik Österreich entkräftet werden. 492 Die Republik Österreich macht in diesem Zusammenhang lediglich geltend, dass die Wahrscheinlichkeit negativer Preise nach der Studie von Mai 2012 (S. 53) bei einer Erhöhung der Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie (nicht flexibles Stromangebot) um 3 GW um 100 % steige, bei einer Verringerung dieser Kapazitäten um 3 GW hingegen auf zwei Drittel sinke. 493 Hierzu ist festzustellen, dass die Republik Österreich nicht dargetan hat, dass das Projekt des Baus des Kernkraftwerks Hinkley Point C dem Fall gleichgesetzt werden könnte, der in der Studie von Mai 2012 (S. 53) behandelt wird, nämlich, dass die Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie um 3 GW erhöht werden. Zwar soll das Kernkraftwerk Hinkley Point C nach den Angaben der Kommission eine Leistung von 3,2 GW haben. Nach den Feststellungen der Kommission stellt der Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C aber lediglich eine Ersatzinvestition dar, mit der ein Teil der Außerdienststellung alter Atom- und Kohlegrundlastkraftwerke aufgefangen werden soll. 494 Die Kommission hat dargelegt, dass sie Modelle erstellt habe, auf deren Grundlage sie zu dem Schluss gelangt sei, dass die Preise im Vereinigten Königreich durch den Betrieb des Kernkraftwerks Hinkley Point C weniger als 0,5 % zurückgehen würden. Selbst wenn das Vorbringen, die Wahrscheinlichkeit negativer Preise nehme zu, stichhaltig wäre, wäre damit unter solchen Umständen noch nicht dargetan, dass der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen wäre. Aus der Zunahme der Wahrscheinlichkeit negativer Preise lässt sich nämlich nicht schließen, dass der Kommission bei der Feststellung, die Preise im Vereinigten Königreich würden durch den Betrieb des Kernkraftwerks Hinkley Point C weniger als 0,5 % zurückgehen, ein offensichtlicher Fehler unterlaufen wäre. 495 Auch das Vorbringen der Republik Österreich, dass die Wahrscheinlichkeit negativer Preise zunehmen werde, ist deshalb zurückzuweisen. 496 Als Viertes machen die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg geltend, die Feststellung der Kommission im 403. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass der Rückgriff auf den „Contract for Difference“ im Verhältnis zu den übrigen Technologien keine übermäßige Begünstigung bedeute, weil auch diese auf ähnliche Weise durch „Contracts for Difference“ gefördert werden könnten, sei nicht hinreichend untermauert und unzutreffend. Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg berufen sich insoweit auf die Verordnung Nr. 651/2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 AEUV und auf die Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020. 497 Soweit sich die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg auf die Verordnung Nr. 651/2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 AEUV berufen, ist festzustellen, dass diese Verordnung, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 251), lediglich eine typisierende Beurteilung (Gruppenfreistellung) enthält, die Kommission im Rahmen einer unmittelbar auf der Grundlage von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV durchgeführten Einzelprüfung aber nicht bindet. Dass die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs den Anforderungen der Verordnung nicht entsprechen, bedeutet also noch nicht, dass die Feststellung der Kommission im 403. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses offensichtlich unzutreffend wäre. 498 Soweit sich die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg auf die Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 berufen, ist zunächst festzustellen, dass nicht geltend gemacht wird, dass die Kommission dadurch einen Fehler begangen hätte, dass sie die Leitlinien auf die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs nicht angewandt hat. Gerügt wird lediglich, dass die Kommission im 403. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt habe, dass die Nukleartechnologie und andere Technologien auf vergleichbare Weise gefördert werden könnten. Die Voraussetzungen, unter denen Beihilfen für andere Technologien als die Nukleartechnologie gewährt werden könnten, seien strenger als diejenigen, die die Kommission im angefochtenen Beschluss auf die Nukleartechnologie angewandt habe. 499 Entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg hat die Kommission im 403. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses keineswegs festgestellt, dass andere Technologien unter denselben Bedingungen wie das Kernkraftwerk Hinkley Point C durch „Contracts for Difference“ gefördert werden könnten. Sie hat in diesem Zusammenhang lediglich festgestellt, dass das Instrument des „Contract for Difference“ keine unverhältnismäßige Diskriminierung anderer Technologien bedeute, weil ein solches Instrument auch zur Förderung anderer Technologien eingesetzt werden könne. Sie hat im 403. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausdrücklich klargestellt, dass aufgrund der technischen Unterschiede unter Umständen Anpassungen vorgenommen werden müssen. 500 Folglich ist das Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg, die Feststellung der Kommission im 403. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass der Rückgriff auf den „Contract for Difference“ im Verhältnis zu den übrigen Technologien keine übermäßige Begünstigung bedeute, weil auch diese auf vergleichbare Weise durch „Contracts for Difference“ gefördert werden könnten, sei nicht hinreichend untermauert und unzutreffend, zurückzuweisen. 501 Als Fünftes machen die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg geltend, die Kommission habe die Auswirkungen des Baus des Kernkraftwerks Hinkley Point C auf die Zusammenschaltung der Energienetze nicht hinreichend berücksichtigt. 502 Wie bereits ausgeführt, hat die Kommission in den Erwägungsgründen 506 bis 509 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass der Bau und der Betrieb des Kernkraftwerks Hinkley Point C wohl minimale Auswirkungen auf die Großhandelspreise im Vereinigten Königreich haben würden. Die erstellten Modelle legten den Schluss nahe, dass die Preise im Vereinigten Königreich durch den Betrieb des Kernkraftwerks Hinkley Point C weniger als 0,5 % zurückgehen würden, was wiederum bis 2030 einen kumulativen Gesamtrückgang der Einnahmen aus den Verbindungsleitungen von weniger als 1,7 % nach sich ziehen werde. Die Kommission hat die Auswirkungen des Baus und des Betriebs des Kernkraftwerks Hinkley Point C auf die Zusammenschaltung der Energienetze also durchaus berücksichtigt. 503 Soweit die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg geltend machen, die Kommission habe diese Auswirkungen nicht hinreichend berücksichtigt, ist festzustellen, dass sie nicht dargetan haben, dass die Feststellungen der Kommission zur Zusammenschaltung der Energienetze unzutreffend wären. 504 Folglich ist das Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg, die Kommission habe die Auswirkungen des Baus und des Betriebs des Kernkraftwerks Hinkley Point C auf die Zusammenschaltung der Energienetze nicht hinreichend berücksichtigt, und somit das gesamte Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission habe die negativen Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs auf den Energiemarkt bzw. deren Umfang außer Acht gelassen, zurückzuweisen. 3) Zur vorgenommenen Abwägung 505 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg machen geltend, die Kommission habe die Abwägung der positiven und negativen Auswirkungen der Maßnahmen nicht richtig vorgenommen. Die positiven Auswirkungen der Maßnahmen seien geringer als die negativen. Als negative Auswirkung führt die Republik außer denjenigen, auf die bereits oben in den Rn. 382, 384 und 400 eingegangen worden ist (Verdrängung anderer Erzeuger, Begrenzung der Einspeisung von Strom aus Windkraftanlagen bei viel Wind, Auswirkungen auf die Preise und weniger vorteilhafte Bedingungen der für andere Erzeuger verfügbaren „Contracts for Difference“), an, dass die Maßnahmen zur Beibehaltung der gegenwärtigen, durch einen hohen Anteil an Kernkraft charakterisierten Versorgungsstruktur führten. Außerdem habe die Kommission den in Art. 194 Abs. 1 AEUV bestimmten Zielen der Förderung von Energieeffizienz und von Energieeinsparungen, der Entwicklung neuer Energiequellen und der Förderung der Interkonnexion der Energienetze nicht die rechte Bedeutung beigemessen. Im vorliegenden Zusammenhang wird auch auf die die Abwägung betreffenden Gesichtspunkte einzugehen sein, die oben in den Rn. 238 und 439 angesprochen worden sind, nämlich, dass die Kommission ein Präjudiz für die Kernenergie geschaffen habe und dass sie den Import von Uranerzen aus Drittstaaten nicht dem Import von Strom aus anderen Mitgliedstaaten hätte vorziehen dürfen. 506 Als Erstes ist festzustellen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 502 bis 511 und 547 des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, dass das Potenzial für Wettbewerbsverfälschungen begrenzt sei, insbesondere was die Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs auf alternative Investitionen und die Preise angehe. Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg haben nicht dargetan, dass diese Feststellung unzutreffend wäre. 507 Als Zweites ist zu dem Vorbringen der Republik Österreich zur Beibehaltung der gegenwärtigen Versorgungsstruktur festzustellen, dass mit dem Projekt des Baus des Kernkraftwerks Hinkley Point C nach den Angaben der Kommission lediglich ein drastisches Absinken des Beitrags der Kernenergie zum Gesamtstrombedarf verhindert werden soll. In Anbetracht des sich aus Art. 194 Abs. 2 Unterabs. 2 AEUV und Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Buchst. c und Art. 192 Abs. 1 EA ergebenden Rechts des Vereinigten Königreichs, seinen Energiemix zu bestimmen und darin die Kernenergie als eine Energiequelle beizubehalten, ist die Entscheidung, die Kernenergie im Energiemix beizubehalten, gemessen an den positiven Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs nicht offensichtlich unverhältnismäßig. 508 Als Drittes ist zu dem Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg, bei starkem Wind müssten die Windkraftanlagen ihre Erzeugung begrenzen, um die Netzstabilität nicht zu gefährden, erstens festzustellen, dass dies damit zusammenhängt, dass Windenergie intermittierend ist. Zweitens ist damit, dass dieser Effekt durch die nicht flexible Grundlast der Kernkraftwerke verstärkt werden kann, nicht bereits erwiesen, dass die negativen Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs außer Verhältnis zu den positiven stünden. Dem Vereinigten Königreich kann wegen seines Rechts, seinen Energiemix zu bestimmen und darin die Kernenergie als Energiequelle beizubehalten, nicht vorgeworfen werden, die erforderlichen Maßnahmen zur Beibehaltung der Kernenergie in seinem Energiemix getroffen zu haben, auch wenn dies negative Auswirkungen auf die Erzeuger intermittierender Energie haben kann. Im Übrigen wäre es nach den Feststellungen der Kommission, die von der Republik Österreich und dem Großherzogtum Luxemburg nicht angegriffen worden sind, ohnehin nicht möglich, den vom Vereinigten Königreich festgestellten zukünftigen Mangel an Energieerzeugungskapazitäten in Höhe von 60 GW durch andere Energiequellen mit geringem CO2-Ausstoß auszugleichen. 509 Als Viertes macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe bei der Abwägung der Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs dem Ziel, der Einfuhr von Strom aus anderen Mitgliedstaaten den Vorzug zu geben, und dem Ziel der Energieeffizienz nicht die rechte Bedeutung beigemessen. Hierzu ist festzustellen, dass nach den oben in den Rn. 405 und 466 bis 470 zusammengefassten Feststellungen der Kommission die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Interkonnektoren begrenzt bleiben und im Vereinigten Königreich ein zukünftiger Mangel an Energieerzeugungskapazitäten in Höhe von 60 GW besteht, von denen lediglich 3,2 GW vom Kernkraftwerk Hinkley Point C bereitgestellt werden. Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg haben nicht dargetan, dass diese Feststellungen nicht zuträfen. Mit dem Vorbringen, die Kommission habe dem Ziel, der Einfuhr von Strom aus anderen Mitgliedstaaten den Vorzug zu geben, und dem Ziel der Energieeffizienz nicht die rechte Bedeutung beigemessen, ist damit nicht dargetan, dass die negativen Auswirkungen der Maßnahmen gemessen an den positiven nicht verhältnismäßig wären. 510 Als Fünftes ist festzustellen, dass das Vereinigte Königreich das Recht hat, die Zusammensetzung seines Energiemix zu bestimmen und die Kernenergie als Energiequelle darin beizubehalten, so dass nicht bereits deshalb feststeht, dass die negativen Auswirkungen der Maßnahmen gemessen an den positiven nicht verhältnismäßig wären, weil das Vereinigte Königreich zur Schaffung von Anreizen für den Bau neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie, um entsprechende Hindernisse zu beseitigen, für den Bau und den Betrieb des Kernkraftwerks Hinkley Point C einen „Contract for Difference“ mit besseren Bedingungen als bei für andere Technologien verfügbaren „Contracts for Difference“ vorgesehen hat. 511 Somit ist das gesamte Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg, mit dem geltend gemacht wird, der Kommission sei bei der Abwägung der Auswirkungen der Maßnahmen ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, zurückzuweisen. 4) Zu dem Vorbringen, die Kommission habe relevante Gesichtspunkte außer Acht gelassen 512 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg machen geltend, die Kommission habe bei der Abwägung der Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs relevante Gesichtspunkte außer Acht gelassen, etwa die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Umwelt, das Risiko terroristischer Anschläge, die Kosten der Lagerung der Nuklearabfälle oder die Folgen der Finanzierung der Maßnahmen. In diesem Zusammenhang ist auch das Vorbringen der Republik Österreich im Rahmen des vierten Klagegrundes zu berücksichtigen, dass die Kommission dadurch, dass sie Art. 2 Buchst. c EA den uneingeschränkten Vorrang eingeräumt habe, gegen den Grundsatz des Umweltschutzes, das Vorsorgeprinzip, das Verursacherprinzip und den Grundsatz der Nachhaltigkeit verstoßen habe (siehe oben, Rn. 114). 513 Die Kommission, die Tschechische Republik, die Französische Republik, Ungarn, die Republik Polen, Rumänien, die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. 514 Als Erstes ist das Vorbringen der Republik Österreich zu prüfen, die Kommission habe den Grundsatz des Umweltschutzes, das Vorsorgeprinzip, das Verursacherprinzip und den Grundsatz der Nachhaltigkeit nicht ausreichend berücksichtigt. 515 Insoweit ist erstens festzustellen, dass es dem Vereinigten Königreich mit den Maßnahmen nicht speziell darum ging, die von der Republik Österreich und dem Großherzogtum Luxemburg angeführten Grundsätze umzusetzen, weshalb die Kommission diese bei der Bestimmung der Vorteile der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs nicht berücksichtigen musste. 516 Zweitens ist zu den Nachteilen der Maßnahmen festzustellen, dass die Kommission im Rahmen der Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV die Vorteile der Maßnahmen und deren negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt gegeneinander abwägen muss. Der Umweltschutz ist als solcher, wenn er auch bei der Festlegung und Durchführung insbesondere derjenigen Unionspolitiken und ‑maßnahmen einzubeziehen ist, die die Errichtung des Binnenmarkts bezwecken, nicht Bestandteil dieses Binnenmarkts, der als ein Raum ohne Binnengrenzen definiert ist, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen der Verträge gewährleistet ist. Folglich musste die Kommission bei der Bestimmung der negativen Auswirkungen der Maßnahmen nicht berücksichtigen, inwieweit die Maßnahmen der Verwirklichung des Grundsatzes des Umweltschutzes entgegenstehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Dezember 2014, Castelnou Energía/Kommission, T‑57/11, EU:T:2014:1021, Rn. 189 bis 191). Dasselbe gilt für das Vorsorgeprinzip, das Verursacherprinzip und den Grundsatz der Nachhaltigkeit, auf die sich die Republik Österreich beruft. 517 Soweit die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg geltend machen, dass unionsrechtswidrige Maßnahmen von der Kommission nicht genehmigt werden dürften, ist drittens festzustellen, dass die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg außer dem Grundsatz des Umweltschutzes, dem Vorsorgeprinzip, dem Verursacherprinzip und dem Grundsatz der Nachhaltigkeit keine den Umweltschutz betreffende Vorschriften des Unionsrechts benennen, die nicht beachtet worden sein sollen. Soweit die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg geltend machen, es sei mit den genannten Grundsätzen nicht vereinbar, dass staatliche Beihilfen für den Bau und den Betrieb eines Kernkraftwerks gewährt würden, ist festzustellen, dass dieses Vorbringen zurückzuweisen ist, weil ein solcher Ansatz nicht mit Art. 106a Abs. 3 EA vereinbar wäre. 518 Das Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg, die Kommission habe den Grundsatz des Umweltschutzes, das Vorsorgeprinzip, das Verursacherprinzip und den Grundsatz der Nachhaltigkeit nicht ausreichend berücksichtigt, ist also in vollem Umfang zurückzuweisen. 519 Aus denselben Gründen ist als Zweites auch das Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg zurückzuweisen, die Kommission habe das Risiko terroristischer Anschläge nicht ausreichend berücksichtigt. Der Schutz vor terroristischen Anschlägen war nämlich nicht speziell Ziel der Maßnahmen und ist als solcher nicht Bestandteil des Binnenmarkts, der als ein Raum ohne Binnengrenzen definiert ist, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist. Im Übrigen werden von der Republik Österreich und dem Großherzogtum Luxemburg keine die Sicherheit von Kernkraftwerken betreffenden Rechtsvorschriften benannt, die nicht beachtet worden wären. 520 Was als Drittes das Vorbringen der Republik Österreich angeht, die Kommission habe die Kosten der Lagerung der Nuklearabfälle außer Acht gelassen, sei auf die Ausführungen oben in den Rn. 354 bis 358 verwiesen. 521 Als Viertes macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe die Folgen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs für die Konsumenten, die insbesondere in ihrer Eigenschaft als Steuerzahler die Kosten zu tragen hätten, unzureichend berücksichtigt. 522 Hierzu ist erstens festzustellen, dass die Verbraucher, soweit es um die Zahlungen gemäß dem „Contract for Difference“ geht, in ihrer Eigenschaft als Steuerzahler nicht betroffen sind, weil diese Zahlungen über eine bei den Stromversorgern erhobene Abgabe finanziert werden (angefochtener Beschluss, 329. Erwägungsgrund). Im Übrigen ist aus dem angefochtenen Beschluss entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich nicht ersichtlich, dass die Kommission bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit die Interessen der Stromverbraucher nicht berücksichtigt hätte. Sie hat nämlich nicht nur die Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs auf die Strompreise geprüft und festgestellt, dass diese nicht erheblich sein dürften, sondern auch darauf geachtet, dass durch die Maßnahmen keine Überkompensation gewährt wird. Sie hat deshalb die Gebühr für die Kreditgarantie angepasst und ausdrücklich festgestellt, dass die am Gewinnverteilungsmechanismus vorgenommenen Änderungen zu einem niedrigeren Niveau der Unterstützung durch die Stromversorger und letzten Endes durch die Stromverbraucher führen könnten (angefochtener Beschluss, 491. Erwägungsgrund). 523 Zweitens ist zur Kreditgarantie festzustellen, dass sie aus Mitteln des Vereinigten Königreichs gespeist wird (angefochtener Beschluss, 339. Erwägungsgrund). Die Verbraucher können insoweit als in ihrer Eigenschaft als Steuerzahler betroffen sein. Es ist hier jedoch zwischen den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs als solchen und ihrer Finanzierung zu unterscheiden. Abgaben, die zur Finanzierung der Beihilfen dienen, fallen nicht in den Anwendungsbereich der Vertragsvorschriften über staatliche Beihilfen, es sei denn, dass sie die Art der Finanzierung einer Beihilfemaßnahme darstellen, so dass sie Bestandteil dieser Maßnahme sind. Damit eine Abgabe oder ein Teil einer Abgabe als Bestandteil einer Beihilfemaßnahme angesehen werden kann, muss nach der einschlägigen nationalen Regelung zwischen der Abgabe und der Beihilfe notwendig ein zwingender Verwendungszusammenhang in dem Sinne bestehen, dass das Abgabenaufkommen notwendig für die Finanzierung der Beihilfe verwendet wird. Besteht ein solcher Zusammenhang, so beeinflusst das Abgabenaufkommen unmittelbar den Umfang der Beihilfe und folglich die Beurteilung der Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Binnenmarkt (Urteil vom 13. Januar 2005, Streekgewest, C‑174/02, EU:C:2005:10, Rn. 25 und 26). Es ist aber weder aus dem angefochtenen Beschluss ersichtlich noch hat die Republik Österreich dargetan, dass zwischen der Kreditgarantie und ihrer Finanzierung ein solcher Zusammenhang bestünde. 524 Somit ist das Vorbringen der Republik Österreich, die Kommission habe die Folgen der Maßnahmen für die Verbraucher, insbesondere in ihrer Eigenschaft als Steuerzahler, unzureichend berücksichtigt, zurückzuweisen. 525 Als Fünftes macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass wegen des Projekts Hinkley Point C weniger staatliche Mittel zur Verfügung stünden und Projekte zum Auf- und Ausbau erneuerbarer Energiequellen nicht weiter verfolgt würden. 526 Hierzu ist erstens festzustellen, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 194 Abs. 2 Unterabs. 2 AEUV das Recht haben, zwischen verschiedenen Energiequellen zu wählen. Die Entscheidung des Vereinigten Königreichs, eine Beihilfe zur Förderung der Kernenergie zu gewähren, ist daher, auch wenn sie bedeutet, dass die Mittel, die diesem Projekt gewidmet sind, für andere nicht zur Verfügung stehen, nicht zu beanstanden. 527 Zweitens hat die Republik Österreich nicht dargetan, dass das Vereinigte Königreich wegen der zugunsten des Kernkraftwerks Hinkley Point C gewährten Maßnahmen nicht in der Lage wäre, ihren den Umweltschutz betreffenden Verpflichtungen aus dem Unionsrecht nachzukommen. 528 Drittens hat die Kommission festgestellt, dass unabhängig von den Investitionen in das Kernkraftwerk Hinkley Point C reichlich Platz für den Markteintritt und den Ausbau der Kapazitäten anderer Stromerzeuger und Erzeugungstechnologien bestehe (angefochtener Beschluss, 510. Erwägungsgrund), und berücksichtigt, dass der „Contract for Difference“ keine unverhältnismäßige Diskriminierung anderer Technologien bedeute, weil diese im Rahmen des vom Vereinigten Königreich eingeführten Kapazitätsmarkts abgesehen von Anpassungen, die wegen technischer Unterschiede vorgenommen werden müssten, mit dem gleichen Instrument ausreichend gefördert werden könnten (angefochtener Beschluss, 403. Erwägungsgrund). Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg haben mit ihrem oben in den Rn. 463 bis 511 geprüften Vorbringen nicht dargetan, dass der Kommission insoweit ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen wäre. 529 Daher ist das Vorbringen der Republik Österreich, die Kommission habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass wegen des Projekts Hinkley Point C weniger staatliche Mittel zur Verfügung stünden und Projekte zum Auf- und Ausbau erneuerbarer Energiequellen nicht weiter verfolgt würden, und somit das gesamte Vorbringen, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission habe relevante Gesichtspunkte außer Acht gelassen, zurückzuweisen. 530 Mithin ist das gesamte Vorbringen zur Abwägung der positiven und negativen Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs, also der sechste Klagegrund insgesamt, das im ersten (siehe oben, Rn. 196) und im fünften Klagegrund (siehe oben, Rn. 273 und 352) enthaltene Vorbringen zur Erforderlichkeit der Maßnahmen und das im vierten (siehe oben, Rn. 114 und 125) und im ersten Klagegrund (siehe oben, Rn. 238) enthaltene Vorbringen zur Abwägung der positiven und negativen Auswirkungen der Maßnahmen, zurückzuweisen. 2. Zur zweiten Rüge des dritten Teils des neunten Klagegrundes und zum sechsten Teil des neunten Klagegrundes (unzureichende Begründung) 531 Die Republik Österreich macht im Rahmen der zweiten Rüge des dritten Teils des neunten Klagegrundes und im Rahmen des sechsten Teils des neunten Klagegrundes geltend, der angefochtene Beschluss sei hinsichtlich der Kontrolle der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen nicht hinreichend begründet. 532 Im Rahmen der ersten Rüge des sechsten Teils des neunten Klagegrundes macht die Republik Österreich geltend, der angefochtene Beschluss sei, was mögliche Alternativen zur Subventionierung des Kernkraftwerks Hinkley Point C angehe, nicht hinreichend begründet. Im angefochtenen Beschluss seien die Angebote der Anbieter alternativer Energie nicht dargestellt. Außerdem enthalte der angefochtene Beschluss „keine Ausführungen“ zu Energieeinsparungs- und Energieeffizienzmaßnahmen. 533 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 534 Die Kommission hat in Abschnitt 9.2 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass das Ziel von öffentlichem Interesse, das mit den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs verfolgt werde, die Förderung der Kernenergie, genauer die Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie, sei. Aus Abschnitt 9.2 des angefochtenen Beschlusses geht also eindeutig hervor, warum Anbieter alternativer Energie keine Alternative zur Subventionierung des Kernkraftwerks Hinkley Point C darstellten. 535 Zu den Energieeinsparungs- und Energieeffizienzmaßnahmen ist festzustellen, dass sich aus den Rn. 250 bis 254 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens ergibt, dass das Vereinigte Königreich einen zukünftigen Mangel an Stromerzeugungskapazitäten festgestellt hatte und bei der Bestimmung des Umfangs dieses Mangels Energieeinsparungs- und Energieeffizienzmaßnahmen berücksichtigt hat. Die Kommission hat sich im angefochtenen Beschluss auf diesen zukünftigen Mangel gestützt. Da die Begründung des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens zum Kontext des angefochtenen Beschlusses gehört, ist dieser insoweit nicht unzureichend begründet (siehe oben, Rn. 63). 536 Soweit sich die Republik Österreich mit ihrem Vorbringen gegen die Richtigkeit dieser Begründung wenden sollte, ist festzustellen, dass ihr Vorbringen insoweit bereits im Rahmen der Prüfung des sechsten Klagegrundes geprüft und zurückgewiesen worden ist. 537 Folglich ist die erste Rüge des sechsten Teils des neunten Klagegrundes zurückzuweisen. 538 Im Rahmen der zweiten Rüge des sechsten Teils des neunten Klagegrundes macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe die Szenarien, auf die sie sich im 416. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bezogen habe, nicht näher beschrieben. 539 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 540 Der 416. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses gehört zu dessen Abschnitt 9.5.1, in dem die Kommission die vom Vereinigten Königreich angemeldete Kreditgarantie, insbesondere die ursprünglich vom Vereinigten Königreich für diese Garantie vorgesehene Gebühr, beschrieben hat. Sie hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass für die Bestimmung einer den Marktbedingungen entsprechenden Gebühr für die Kreditgarantie unter den Umständen des vorliegenden Falles zwei Ansätze in Betracht kämen. Ein Ansatz sei der Expected-Loss-Ansatz. Dabei werde auf der Grundlage verschiedener Szenarien eine Verbindung zwischen dem Geschäftsplan des Unternehmens und dessen Kapitalstruktur hergestellt und die Ausfallwahrscheinlichkeit ermittelt. 541 Die Republik Österreich meint, die Kommission habe diese Szenarien nicht näher beschrieben. 542 Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 424 bis 427 des angefochtenen Beschlusses näher auf den Expected-Loss-Ansatz und eines der hierbei vom Vereinigten Königreich durchgespielten Szenarien eingegangen ist. Sie ist davon ausgegangen, dass die vom Vereinigten Königreich angemeldete Kreditgarantiegebühr nicht den Marktbedingungen entspreche. Deshalb hat sie in den Erwägungsgründen 463 bis 477 des angefochtenen Beschlusses dargelegt, inwieweit die Gebühr anzupassen sei, um das Beihilfeelement auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Hierbei hat sie die von ihr herangezogenen Kriterien und Szenarien dargestellt. 543 Demnach ist die Rüge, der 416. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses sei unzureichend begründet, zurückzuweisen. 544 Im Rahmen der dritten Rüge des sechsten Teils des neunten Klagegrundes macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe in Abschnitt 9.5.2 des angefochtenen Beschlusses den Bericht „TESLA 4“ herangezogen, ohne die diesbezüglichen Daten im Beschluss zu nennen. Ihre Ausführungen zum finanziellen Risiko seien deshalb nicht nachvollziehbar. 545 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 546 Als Erstes ist das Vorbringen der Republik Österreich zurückzuweisen, die Kommission habe ihre Begründungspflicht verletzt. Die Kommission ist in den Erwägungsgründen 434 bis 458 des angefochtenen Beschlusses ausführlich auf den Basispreis und die Renditen eingegangen. Sie hat sich dabei auf verschiedene Quellen gestützt. In den Erwägungsgründen 446 und 447 des angefochtenen Beschlusses hat sie den internen Bericht „TESLA 4“ von NNBG berücksichtigt. Aus der öffentlichen Fassung des angefochtenen Beschlusses geht aber eindeutig hervor, dass die Kommission die Daten des Berichts deshalb nicht offengelegt hat, weil sie Geschäftsgeheimnisse wahren wollte. 547 Als Zweites ist festzustellen, dass das Vorbringen der Republik Österreich, soweit damit geltend gemacht werden sollte, dass die Daten nicht vertraulich seien oder nicht hätten geschwärzt werden dürfen, nicht substantiiert ist. 548 Folglich ist das Vorbringen der Republik Österreich zum Bericht „TESLA 4“ zurückzuweisen. 549 Im Rahmen der vierten Rüge des sechsten Teils des neunten Klagegrundes macht die Republik Österreich geltend, dass nicht nachvollziehbar sei, warum in Abschnitt 9.5.3.3 des angefochtenen Beschlusses der Mechanismus der Gewinnbeteiligung veröffentlicht worden sei, nicht aber die Spanne des Gewinns aus der Bauausführung. 550 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 551 Aus dem 487. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geht eindeutig hervor, dass die Kommission davon ausgegangen ist, dass die Spannen des Gewinns aus der Bauausführung Geschäftsgeheimnisse darstellen. Die Republik Österreich hat nicht dargetan, dass diese Informationen nicht vertraulich wären oder dass die Kommission sie zu Unrecht nicht offengelegt hätte. 552 Auch das Vorbringen der Republik Österreich zu den Spannen des Gewinns aus der Bauausführung ist also zurückzuweisen. 553 Im Rahmen der fünften Rüge des sechsten Teils des neunten Klagegrundes macht die Republik Österreich geltend, der angefochtene Beschluss sei auch hinsichtlich der Subventionen wegen Zusatzkosten im Zusammenhang mit dem Abbau der Anlagen und der Behandlung und Lagerung radioaktiver Abfälle unzureichend begründet. 554 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 555 Wie sich aus den Erwägungsgründen 460 und 461 des angefochtenen Beschlusses ergibt, hat die Kommission Kosten der Abfallbehandlung und ‑entsorgung, der Haftungsgebühren und der Stilllegung lediglich insoweit berücksichtigt, als sie im Finanzmodell für das Kraftwerk Hinkley Point C ausgewiesen waren. Zusätzliche Beihilfeelemente, die solche Kosten betreffen, sind nicht Gegenstand des angefochtenen Beschlusses, der deshalb insoweit nicht begründet werden musste. 556 Im Rahmen der sechsten Rüge des sechsten Teils des neunten Klagegrundes macht die Republik Österreich geltend, die Kommission hätte erläutern müssen, warum sie entgegen ihrer sonstigen Entscheidungspraxis das Unterbleiben der Ausschreibung hinsichtlich der Auswirkungen der Maßnahmen auf den Wettbewerb nicht erschwerend berücksichtigt habe. 557 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 558 Erstens ist festzustellen, dass die Kommission in Abschnitt 9.1 des angefochtenen Beschlusses dargelegt hat, warum sie der Auffassung ist, dass die Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser‑, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. 2004, L 134, S. 1) in der geänderten Fassung und die Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. 2004, L 134, S. 114) in der geänderten Fassung auf die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs nicht anwendbar sind. 559 Zweitens hat die Kommission festgestellt, dass dem Auswahlverfahren des Vereinigten Königreichs ein klarer, transparenter und diskriminierungsfreier Rahmen zugrunde gelegen habe, der in Bezug auf Transparenz und Diskriminierungsfreiheit als einem Ausschreibungsverfahren gleichwertig gelten könne (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 359 bis 364). Sie hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Vereinigte Königreich zusätzlich zu NNBG Gespräche mit anderen Projektträgern im Bereich neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie geführt habe (angefochtener Beschluss, 363. Erwägungsgrund). 560 Drittens hat die Kommission in Abschnitt 9.5 des angefochtenen Beschlusses ausreichend begründet, warum die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs ihrer Auffassung nach nicht zu einer Überkompensation führen. 561 Die Rüge der Republik Österreich ist deshalb zurückzuweisen. 562 Im Rahmen der siebten Rüge des sechsten Teils des neunten Klagegrundes macht die Republik Österreich geltend, dass die Kommission im 389. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses eine erhebliche Steigerung der Wohlfahrt der gesamten Gesellschaft und insbesondere der Verbraucher festgestellt habe. Sie habe jedoch nicht erläutert, inwieweit die externen Kosten, die etwa durch die Behandlung und Lagerung von nuklearen Abfällen oder durch das Risiko von Störfällen entstünden, berücksichtigt worden seien. Außerdem sei die in Abschnitt 9.4 des angefochtenen Beschlusses zur Angemessenheit des Instruments enthaltende Begründung nicht nachvollziehbar. Die Kommission sei in diesem Zusammenhang nicht ausreichend auf die Auswirkungen der Maßnahmen auf dem Strommarkt eingegangen. 563 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 564 Die Kommission hat im angefochtenen Beschluss geprüft, ob ein Eingreifen des Vereinigten Königreichs zur Erreichung des verfolgten Ziels von öffentlichem Interesse (Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie) erforderlich war (Abschnitt 9.3) und ob die Maßnahmen, insbesondere der „Contract for Difference“, angemessene Instrumente zur Erreichung dieses Ziels waren (Abschnitt 9.4). Sie hat hierbei u. a. darauf abgestellt, dass andere Technologien auf vergleichbare Weise durch „Contracts for Difference“ gefördert werden könnten und dass viele Technologien der Erzeugung erneuerbarer Energien intermittierend seien. Entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich hat sie in den Abschnitten 9.3 und 9.4 des angefochtenen Beschlusses aber keine vollständige Abwägung sämtlicher positiver und negativer Auswirkungen der Maßnahmen, die relevant sind, vorgenommen. Sie hat diese Abwägung in einem späteren Stadium der Prüfung in Abschnitt 9.6 des angefochtenen Beschlusses vorgenommen. 565 Folglich musste sich die Kommission in den Abschnitten 9.3 und 9.4 des angefochtenen Beschlusses weder zu sämtlichen positiven und negativen Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs äußern noch diese gegeneinander abwägen. Wenn im 389. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses von der Verbesserung der Wohlfahrt der gesamten Gesellschaft und aller Verbraucher die Rede ist, so handelt es sich dabei nicht um das Ergebnis der Abwägung der positiven und negativen Auswirkungen der Maßnahmen. Die Kommission hat in diesem Erwägungsgrund lediglich festgestellt, dass die Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie eine positive Auswirkung der Maßnahmen sei. 566 Die Rüge einer unzureichenden Begründung der Abschnitte 9.3 und 9.4 des angefochtenen Beschlusses ist daher ebenfalls zurückzuweisen. 567 Die Republik Österreich macht im Rahmen der zweiten Rüge des dritten Teils des neunten Klagegrundes geltend, dass die Kommission in Abschnitt 8.1.7 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens ihre ernsten Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs mit dem Binnenmarkt auf einen Bericht gestützt habe, der zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Maßnahmen zu beträchtlichen Wettbewerbsverzerrungen führen könnten. Im angefochtenen Beschluss habe die Kommission nicht erläutert, warum diese Bedenken nicht mehr bestünden. 568 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 569 Erstens ist festzustellen, dass es sich bei den Ausführungen der Kommission in Abschnitt 8.1.7 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens, wie sich aus Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 ergibt, um eine vorläufige Würdigung gehandelt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2009, ISD Polska u. a./Kommission, T‑273/06 und T‑297/06, EU:T:2009:233, Rn. 126 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Begründung des angefochtenen Beschlusses ist also nicht bereits deshalb unzureichend, weil sie nicht völlig mit der des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens übereinstimmt. In einem Beschluss, der am Ende eines förmlichen Prüfverfahrens ergeht, muss die Kommission nicht auf sämtliche Erwägungen eingehen, die sie im Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens angestellt hat. 570 Zweitens hat die Kommission im angefochtenen Beschluss begründet, warum sie nach einer eingehenden Prüfung der Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs auf den Wettbewerb und auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu dem Schluss gelangt ist, dass die Maßnahmen mit dem Binnenmarkt vereinbar seien. Die Bedenken, die sie ursprünglich hatte, betrafen die Maßnahmen, wie sie vom Vereinigten Königreich angemeldet worden waren. Die Maßnahmen wurden aber geändert, um den Bedenken der Kommission Rechnung zu tragen. Gegenstand der im angefochtenen Beschluss enthaltenen Genehmigung sind die geänderten Maßnahmen. 571 Drittens ist festzustellen, dass das Vorbringen der Republik Österreich, die ursprünglichen Bedenken könnten durch die an den angemeldeten Maßnahmen vorgenommenen Änderungen nicht ausgeräumt werden, nicht substantiiert ist. 572 Viertens hat die Kommission in Rn. 402 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens jedenfalls klargestellt, dass der Bericht, von dem in Abschnitt 8.1.7 des Beschlusses die Rede sei, nicht unbedingt ihren Standpunkt wiedergebe. 573 Somit ist festzustellen, dass die Begründung des angefochtenen Beschlusses entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich nicht bereits deshalb unzureichend ist, weil die Kommission nicht im Einzelnen ausgeführt hat, warum sie die Bedenken des in Abschnitt 8.1.7 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens genannten Berichts nicht teilt. 574 Folglich sind die zweite Rüge des dritten Teils des neunten Klagegrundes und der sechste Teil des neunten Klagegrundes zurückzuweisen. G. Zum dritten Klagegrund und zur ersten Rüge des dritten Teils des neunten Klagegrundes (Qualifizierung der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs) 575 Mit dem dritten Klagegrund und der ersten Rüge des dritten Teils des neunten Klagegrundes werden die Erwägungsgründe 344 bis 347 des angefochtenen Beschlusses angegriffen. Die Kommission hat dort festgestellt, dass Maßnahmen, die Betriebsbeihilfen einschlössen, die Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV grundsätzlich nicht erfüllten. Die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs seien jedoch einer Investitionsbeihilfe äquivalent. Ihr Ziel sei es nämlich, NNBG die Möglichkeit zu bieten, sich zu Investitionen in den Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C zu verpflichten. Aus dem Blickwinkel der Finanzmodellierung handele es sich beim Kapitalwert des Basispreises um das Äquivalent der Pauschalzahlung, die NNBG die Bestreitung der Baukosten ermögliche. 576 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg halten die Feststellung der Kommission für unzutreffend. In einem ersten Schritt machen sie geltend, die Kommission hätte die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs als mit dem Binnenmarkt unvereinbare Betriebsbeihilfen qualifizieren müssen. In einem zweiten Schritt macht die Republik Österreich geltend, der angefochtene Beschluss sei nicht hinreichend begründet. 1. Zu dem Vorbringen zur Qualifikation der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs 577 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg machen geltend, die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs seien mit dem Binnenmarkt unvereinbare Betriebsbeihilfen. In diesem Zusammenhang ist auch das Vorbringen im Rahmen des vierten Klagegrundes zu berücksichtigen, das sich auf die Qualifikation der Maßnahmen als Investitionsbeihilfen bezieht (siehe oben, Rn. 125). 578 Die Kommission, die Tschechische Republik, Ungarn, die Republik Polen und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. 579 Als Erstes ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung Betriebsbeihilfen, d. h. Beihilfen, die den Status quo erhalten oder ein Unternehmen von den Kosten befreien sollen, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Geschäftsführung oder seiner üblichen Tätigkeiten zu tragen gehabt hätte, nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Oktober 2000, Deutschland/Kommission, C‑288/96, EU:C:2000:537, Rn. 88 bis 91, vom 19. September 2000, Deutschland/Kommission, C‑156/98, EU:C:2000:467, Rn. 30, und vom 21. Juli 2011, Freistaat Sachsen und Land Sachsen-Anhalt/Kommission, C‑459/10 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2011:515, Rn. 33 bis 36). 580 Solche Beihilfen erfüllen nicht die Voraussetzungen von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV. Denn Betriebsbeihilfen, mit denen lediglich der Status quo erhalten wird, dienen nicht der Förderung der Entwicklung eines Wirtschaftszweigs im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV, und mit Beihilfen, mit denen lediglich die laufenden Kosten des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs gesenkt werden, die das Unternehmen im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs ohnehin zu tragen gehabt hätte, wird kein Ziel von öffentlichem Interesse im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV verfolgt. Beihilfen, die Unternehmen gewährt werden, ohne dass sie der Verwirklichung eines Ziels von allgemeinem Interesse dienen, das von dem betreffenden Mitgliedstaat verfolgt wird, und damit von den Unternehmen verwendet werden können, um ihre Betriebskosten zu decken, können nicht gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. AEUV für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden. Durch solche Beihilfen würden die Beihilfeempfänger gegenüber ihren Wettbewerbern begünstigt, ohne dass dies durch die Verwirklichung eines Ziels von öffentlichem Interesse gerechtfertigt wäre. 581 Die Kommission hat die oben in Rn. 579 dargestellte Rechtsprechung im angefochtenen Beschluss nicht in Zweifel gezogen. Sie hat sich in dessen 344. Erwägungsgrund vielmehr auf Abschnitt 8.1 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens berufen, in dem sie diese Rechtsprechung zitiert hatte. 582 Die Kommission hat aber angenommen, dass die oben in Rn. 579 angeführte Rechtsprechung auf die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs wegen der besonderen Art des Projekts, und weil mit den Maßnahmen NNBG die Möglichkeit geboten werden sollte, sich zu Investitionen in den Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C zu verpflichten, nicht anwendbar sei (angefochtener Beschluss, Erwägungsgründe 344 bis 347). 583 Entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg ist der Ansatz der Kommission nicht fehlerhaft. Eine Beihilfemaßnahme, mit der ein Ziel von öffentlichen Interesse verfolgt wird, die zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich ist und die die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändert, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, eine Beihilfemaßnahme also, die die Voraussetzungen von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV erfüllt, kann gemäß dieser Bestimmung durchaus für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden, und zwar unabhängig davon, ob sie als Investitions- oder Betriebsbeihilfe einzustufen ist. Sofern die genannten Voraussetzungen erfüllt sind, kann auch eine Betriebsbeihilfe für mit den Binnenmarkt vereinbar erklärt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Juni 2016, Magic Mountain Kletterhallen u. a./Kommission, T‑162/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:341, Rn. 116 und 117). 584 Zu den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs ist erstens festzustellen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss festgestellt hat, dass mit ihnen ein Ziel von öffentlichem Interesse verfolgt werde, nämlich die Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie, das ohne ein Eingreifen des Staates nicht rechtzeitig erreicht werden könne. Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg haben nicht dargetan, dass diese Feststellung nicht zuträfe. Bei den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs handelt es sich also nicht um Beihilfen, mit denen lediglich der Status quo erhalten wird. Ohne sie wäre nach den Feststellungen der Kommission nicht rechtzeitig in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie investiert worden. 585 Zweitens ist festzustellen, dass die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs nach den Feststellungen der Kommission, die von der Republik Österreich und dem Großherzogtum Luxemburg nicht entkräftet worden sind, zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich sind und die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Somit stellen die Maßnahmen keine Beihilfen dar, mit denen lediglich die laufenden Kosten des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs gemindert werden, die das Unternehmen im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs ohnehin zu tragen gehabt hätte. Mit den Maßnahmen sollte vielmehr ein Anreiz zur Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie geschaffen werden. Hierzu wurden die Risiken für Investitionen gesenkt, um deren Rentabilität zu gewährleisten. 586 All dies ist bei der Prüfung des Vorbringens der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg zu berücksichtigen. Es betrifft in einem ersten Schritt den „Contract for Difference“, in einem zweiten das „Secretary of State Agreement“, in einem dritten die vorgesehenen Ausgleichszahlungen. In einem vierten Schritt wird geltend gemacht, die Kommission hätte im angefochtenen Beschluss klar zwischen Betriebs- und Investitionsbeihilfe unterscheiden müssen. a) Zu dem Vorbringen zum „Contract for Difference“ 587 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg machen als Erstes geltend, der „Contract for Difference“ sei untrennbar mit dem Betrieb des Kernkraftwerks Hinkley Point C verbunden. Er decke die Kosten des laufenden Betriebs von NNBG. Mit ihm werde also nicht nur die Errichtung des Blocks C des Kernkraftwerks Hinkley Point, sondern auch der laufende Betrieb subventioniert. Die Höhe der Beihilfe dürfte sich unmittelbar nach der Menge der erzeugten Energie richten. 588 Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 583), kann eine Beihilfemaßnahme, unabhängig davon ob, es sich bei ihr um eine Betriebs- oder um eine Investitionsbeihilfe handelt, sofern sie die Voraussetzungen von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV erfüllt, für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden. 589 Zu dem Vorbringen der Republik Österreich und des Großherzogtums Luxemburg, zwischen den Zahlungen gemäß dem „Contract for Difference“ und den Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie lasse sich kein Zusammenhang herstellen, ist festzustellen, dass mit dem „Contract for Difference“ Einnahmensicherheit für einen ausreichend langen Zeitraum gewährleistet werden soll, um das betreffende Unternehmen dazu zu bewegen, die erforderlichen Mittel in die Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie zu investieren. Es handelt sich mithin um ein Risikoabsicherungsinstrument in Form eines Preisstabilisators, der Einnahmenstabilität und ‑sicherheit bietet. Anders als bei verlorenen Zuschüssen, die in vollem Umfang im Voraus oder nach Baufortschritt gewährt werden, wird beim „Contract for Difference“ der Anreiz für die Investoren dadurch geschaffen, dass ein fester, stabiler Preis garantiert wird. 590 Insoweit ist erstens festzustellen, dass NNBG, wie bereits ausgeführt, nur dann eine Zahlung erhält, wenn der Referenzpreis niedriger ist als der Basispreis. Ist der Referenzpreis höher als der Basispreis, muss NNBG die Differenz erstatten (siehe oben, Rn. 5). Damit soll gewährleistet werden, dass die Zahlungen gemäß dem „Contract for Difference“ gerade so hoch sind, dass sie Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie auslösen. Auch wenn die Gewährung der Beihilfe und ihre Höhe von den Umständen des Betriebs des Kernkraftwerks Hinkley Point C und der Menge des erzeugten Stroms abhängt, besteht also ein klarer Zusammenhang zwischen der Höhe der Beihilfe und dem verfolgten Ziel von allgemeinem Interesse. 591 Zweitens ist festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich der Zusammenhang zwischen den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs und dem verfolgten Ziel von öffentlichem Interesse (Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie) nicht dadurch in Frage gestellt wird, dass NNBG, wenn das Kernkraftwerk Hinkley Point C nicht fertiggestellt werden sollte, keine Beihilfen gemäß dem „Contract for Difference“ erhält. In einem solchen Fall würde das verfolgte Ziel von allgemeinem Interesse nämlich nicht erreicht. Es ist aber nicht unvereinbar mit Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV, dass Modalitäten der Risikoverteilung vorgesehen werden, nach denen der Beihilfeempfänger das technische Risiko der Verwirklichung trägt. 592 Drittens macht die Republik Österreich geltend, der „Contract for Difference“ sehe eine Neuberechnung des Basispreises vor, bei der nicht nur die Investitions-, sondern auch die Betriebskosten berücksichtigt würden. 593 Hierzu ist festzustellen, dass der Basispreis, den die Kommission mit dem angefochtenen Beschluss genehmigt hat, nicht nur die Kosten des Baus des Kernkraftwerks Hinkley Point C, sondern auch die Kosten des Betriebs des Kraftwerks berücksichtigt. Diese Kosten sind für die Rentabilität des Projekts relevant und damit für die Höhe, die der Basispreis erreichen muss, um Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie auszulösen. 594 Dass der Basispreis nach 15 und 25 Jahren überprüft werden kann und dabei Parameter, die die Betriebskosten betreffen, berücksichtigt werden, kann daher den Zusammenhang zwischen den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs und dem verfolgten Ziel von allgemeinem Interesse (Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie) nicht in Frage stellen. Da die bei der Festsetzung des Basispreises zugrunde gelegten Betriebskosten ex ante geschätzt werden müssen und die Laufzeit des Kernkraftwerks Hinkley Point C sehr lang ist, werden mit der Möglichkeit der Überprüfung des durch den „Contract for Difference“ garantierten Basispreises, der herauf- oder herabgesetzt werden kann, für beide Parteien die langfristigen Kostenrisiken gemindert. 595 Dass die Zahlungen gemäß dem „Contract for Difference“ den Betrieb des Kernkraftwerks Hinkley Point C sowie die Erzeugung und den Verkauf von Kernenergie durch das Kernkraftwerk betreffen, stellt den Zusammenhang zwischen den Zahlungen und der ursprünglichen Investitionsentscheidung also nicht in Frage. 596 Selbst wenn NNBG die Zahlungen gemäß dem „Contract for Difference“ teilweise zur Deckung der Betriebskosten des Kernkraftwerks Hinkley Point C verwenden sollte, würde dadurch der Zusammenhang zwischen den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs und dem verfolgten Ziel von öffentlichem Interesse (Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie) nicht durchbrochen. 597 Die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg können daher mit ihrem Vorbringen, der „Contract for Difference“ sei untrennbar mit dem Betrieb des Kernkraftwerks Hinkley Point C verbunden, nicht durchdringen. 598 Als Zweites macht die Republik Österreich geltend, dass die Stilllegungs-, Abfallentsorgungs- und die sonstigen Haftungs- und Nachsorgekosten Aufwendungen darstellten, die üblicherweise beim regulären Betrieb eines Kernkraftwerks anfielen. Insbesondere die Übernahme der Abfallentsorgungskosten von radioaktivem Material sei nicht als Investitions-, sondern als Betriebsbeihilfe einzustufen. 599 Auch dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Die Stilllegungs-, Abfallentsorgungs- und die sonstigen Haftungs- und Nachsorgekosten, die die Kommission im angefochtenen Beschluss berücksichtigt hat (siehe oben, Rn. 354 bis 359), sind für die Renditen relevant, von denen die Entscheidung, in den Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C zu investieren, abhängt (siehe oben, Rn. 593 und 594). Der Zusammenhang, der zwischen den Zahlungen gemäß dem „Contract for Difference“ und dem vom Vereinigten Königreich verfolgten Ziel von allgemeinem Interesse (Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie) besteht, wird durch die Berücksichtigung dieser Kosten bei der Festsetzung des Basispreises also nicht in Frage gestellt. 600 Als Drittes ist das Vorbringen der Republik Österreich zurückzuweisen, die Kommission habe im 358. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses selbst zugestanden, dass der „Contract for Difference“ eine Betriebsbeihilfe sei. Dieser Erwägungsgrund gehört zu Abschnitt 9.1 des angefochtenen Beschlusses, in dem die Kommission geprüft hat, ob die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs mit der bestehenden Marktordnung vereinbar sind. Sie hat in dem Erwägungsgrund festgestellt, dass der „Contract for Difference“ nicht als öffentlicher Vertrag oder als Beschaffungstätigkeit gewertet werden könne, weil in ihm lediglich die Bedingungen für die Durchführung der Stromerzeugung unter Einsatz der Nukleartechnologie festgelegt würden. Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 577 bis 600), ist der „Contract for Difference“ nicht bereits deshalb nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar, weil er sich auf die Bedingungen auswirkt, unter denen das Kernkraftwerk Hinkley Point C Strom aus Kernenergie erzeugen wird. 601 Als Viertes ist zu dem Vorbringen der Republik Österreich, NNBG erhalte durch den „Contract for Difference“ einen Anreiz, auch dann zu produzieren, wenn die Preise unter den Grenzkosten lägen oder gar negativ seien, festzustellen, dass auf dieses Vorbringen bereits im Rahmen der Prüfung des sechsten Klagegrundes eingegangen worden ist (siehe oben, Rn. 481 bis 488). Das Vorbringen ist zurückgewiesen worden. Mit ihm ist nicht dargetan, dass der „Contract for Difference“ nicht mit Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV vereinbar wäre. 602 Somit ist das gesamte Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg und der Republik Österreich zum „Contract for Difference“ zurückzuweisen. b) Zu dem Vorbringen zum „Secretary of State Agreement“ 603 Was das „Secretary of State Agreement“ angeht, macht die Republik Österreich lediglich geltend, im Fall einer vorzeitigen Schließung des Kernkraftwerks Hinkley Point gehe mit der Überführung von NNBG in Staatseigentum auch eine umfassende staatliche Verantwortung für die Entsorgung der radioaktiven Materialien einher. Hierzu ist festzustellen, dass, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 280 bis 282 und 354 bis 359), eine staatliche Beihilfe, mit der in einem solchen Fall eine umfassende staatliche Verantwortung für die Entsorgung der radioaktiven Materialien übernommen wird, nicht Gegenstand der Genehmigung der Kommission ist. Auch dieses Vorbringen ist daher zurückzuweisen. c) Zu dem Vorbringen zu dem in den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs vorgesehen Ausgleich 604 Im Rahmen des dritten Klagegrundes äußern sich die Republik Österreich und das Großherzogtum Luxemburg zu dem in den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs vorgesehenen Ausgleich. 605 Das Großherzogtum Luxemburg macht als Erstes geltend, die Betriebsbeihilfe werde aller Wahrscheinlichkeit nach einen exorbitant hohen Betrag erreichen. Es sei äußerst wahrscheinlich, dass die Marktpreise für Strom weiterhin sänken und dass die nach dem „Contract for Difference“ geleistete Beihilfe in den 35 Jahren der Energieerzeugung eine sehr hohe Subventionierung darstellen werde, sehr viel höher, als dies bei der Einführung der Beihilfemaßnahme vorhergesehen und beurteilt worden sei. 606 Hierzu ist festzustellen, dass das Großherzogtum Luxemburg seine Auffassung, dass die gemäß dem „Contract for Difference“ gezahlte Beihilfe exorbitant hoch sei, allein damit begründet, dass der Marktpreis für Strom sehr wahrscheinlich weiterhin sinken werde. Das heißt aber noch nicht, dass die Zahlungen allein deshalb exorbitant hoch wären. In Anbetracht des vom Vereinigten Königreich verfolgten Ziels von öffentlichem Interesse (Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie) ist die Beihilfe nur dann unverhältnismäßig hoch, wenn erwiesen ist, dass bereits ein geringerer Betrag genügt hätte, um Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie auszulösen. Dass der nach dem „Contract for Difference“ gezahlte Preis möglicherweise niedriger sein könnte als der Marktpreis, beweist noch nicht, dass eine Überkompensation vorliegt. Jedenfalls sind für die Überprüfung der Betriebskosten zwei Zeitpunkte festgelegt, nämlich 15 bzw. 25 Jahre nach Inbetriebnahme des ersten Reaktors. Dabei kann der Basispreis anhand der bekannten tatsächlichen Kosten und der revidierten Prognosen der künftigen Kosten bei bestimmten, im „Contract for Difference“ festgelegten Betriebskostenpositionen herauf- oder herabgesetzt werden (angefochtener Beschluss, 31. Erwägungsgrund). Das Vorbringen des Großherzogtums Luxemburg ist deshalb zurückzuweisen. 607 Als Zweites macht die Republik Österreich geltend, dass die Investitionskosten nur insoweit förderbar seien, als sie zur Erfüllung eines gemeinsamen Ziels erforderlich seien und dass das Vorhandensein mehrerer unterschiedlicher Beihilfen darauf schließen lasse, dass durch die Maßnahmen nicht allein die Errichtung, sondern vielmehr der tatsächliche Betrieb des Kernkraftwerks Hinkley Point C gefördert werden solle. 608 Hierzu ist festzustellen, dass das Vorbringen, es liege eine Überkompensation vor, bereits oben in den Rn. 392 bis 398 geprüft und zurückgewiesen worden ist. Die Republik Österreich macht im vorliegenden Zusammenhang insoweit keine weiteren Gesichtspunkte geltend, mit denen dargetan würde, dass eine Überkompensation vorläge. Die Republik Österreich hat insbesondere nicht substantiiert dargetan, dass die Zahlungen gemäß dem „Contract for Difference“ über das hinausgingen, was erforderlich ist, um Investitionen in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie auszulösen. Im Übrigen hat NNBG, wenn der Referenzpreis den Basispreis übersteigt, an den Vertragspartner des „Contract for Difference“ die Differenz zu zahlen. 609 Auch das Vorbringen zu den in den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs vorgesehenen Ausgleichszahlungen ist also zurückzuweisen. d) Zu dem Vorbringen, die Kommission hätte klar zwischen einer Betriebs- und einer Investitionsbeihilfe unterscheiden müssen 610 Die Republik Österreich macht geltend, aus Rn. 77 des Urteils vom 26. September 2002, Spanien/Kommission (C‑351/98, EU:C:2002:530), ergebe sich, dass die Kommission hätte klar zwischen einer Betriebs- und einer Investitionsbeihilfe unterscheiden müssen. 611 Auch dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. 612 Aus den Rn. 76 und 77 des Urteils vom 26. September 2002, Spanien/Kommission (C‑351/98, EU:C:2002:530), geht nämlich eindeutig hervor, dass in dem betreffenden Fall der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen (ABl. 1994, C 72, S. 3) anwendbar war und darin ausdrücklich zwischen Investitions- und Betriebsbeihilfen unterschieden wird. Unter diesen Umständen war die Kommission, für die der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen bindend war, verpflichtet, die betreffende Beihilfe in die darin vorgesehenen Kategorien einzustufen. 613 Aus dem Urteil vom 26. September 2002, Spanien/Kommission (C‑351/98, EU:C:2002:530), lässt sich aber nicht ableiten, dass die Kommission auch außerhalb des Anwendungsbereichs des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Umweltschutzbeihilfen auf die Kategorien Investitions- und Betriebsbeihilfe abstellen müsste. 614 Folglich ist auch dieses Vorbringen der Republik Österreich und damit das gesamte Vorbringen, mit dem geltend gemacht wird, die Maßnahmen seien als Betriebsbeihilfen mit dem Binnenmarkt unvereinbar, zurückzuweisen. 2. Zur Begründungspflicht 615 Im Rahmen des dritten Klagegrundes und im Rahmen der ersten Rüge des dritten Teils des neunten Klagegrundes macht die Republik Österreich geltend, der angefochtene Beschluss sei hinsichtlich der Qualifikation der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs nicht hinreichend begründet. Die Abkehr der Kommission von ihrer eigenen Entscheidungspraxis innerhalb kürzester Zeit ohne eingehende Begründung stelle einen Verstoß gegen die Begründungspflicht dar. Eine völlig neue Ausübung ihres Ermessens hätte einer eingehenden Begründung bedurft. Die Kommission habe auch nicht ausreichend begründet, warum sie die Maßnahmen im Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens als Betriebsbeihilfen, im angefochtenen Beschluss dann aber als Investitionsbeihilfen qualifiziert habe. 616 Die Kommission, die Tschechische Republik, Ungarn, die Republik Polen und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. 617 Als Erstes ist festzustellen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 344 bis 347 des angefochtenen Beschlusses zwar festgestellt hat, dass Betriebsbeihilfen die Voraussetzungen von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV grundsätzlich nicht erfüllten. Sie hat sich insoweit aber auf Abschnitt 8.1 Abs. 1 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens bezogen, in dem die oben in Rn. 579 dargestellte Rechtsprechung angeführt wird. Aus der Feststellung der Kommission in den Erwägungsgründen 344 bis 347 des angefochtenen Beschlusses kann daher nicht abgeleitet werden, dass sie angenommen hätte, dass eine Beihilfe, mit der ein Ziel von öffentlichem Interesse verfolgt wird, die zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich ist und die die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändert, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, also die Voraussetzungen von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV erfüllt, nicht gemäß dieser Bestimmung für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden könnte. Im Übrigen hat die Kommission in den genannten Erwägungsgründen ausgeführt, dass es Ziel der Maßnahmen sei, der NNBG die Möglichkeit zu bieten, sich zu Investitionen in den Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C zu verpflichten, wobei den Besonderheiten und dem Risikoprofil des Projekts Rechnung getragen werde und auf diese Weise die notwendige Höhe der Beihilfe und auch die zusätzlichen Maßnahmen, die erforderlich seien, um einen Investitionsanreiz zu erzeugen, auf niedrigem Niveau gehalten würden. Aus dem Blickwinkel der Finanzmodellierung handele es sich beim Kapitalwert des Basispreises um das Äquivalent der Pauschalzahlung, die der NNBG die Bestreitung der Baukosten ermögliche. 618 Als Zweites ist festzustellen, dass die Qualifikation der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs im angefochtenen Beschluss nicht allein in den Erwägungsgründen 344 bis 347 begründet wird. Die Kommission hat in Abschnitt 9 des angefochtenen Beschlusses dargelegt, warum die Voraussetzungen von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c erfüllt seien. Sie hat dabei das mit den Maßnahmen verfolgte Ziel der Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie (Abschnitt 9.2), die Umstände, die ein Eingreifen des Staates erforderlich machten (Abschnitt 9.3), und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen (Abschnitte 9.5 und 9.6) näher erläutert. 619 Die Kommission hat hinsichtlich der Qualifikation der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs ihre Begründungspflicht also nicht verletzt. 620 Aus dem Vorbringen der Republik Österreich ergibt sich nichts anderes. 621 Die Republik Österreich macht als Erstes geltend, die Kommission hätte, da sie in den Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 und in ihrer bisherigen Entscheidungspraxis den Grundsatz aufgestellt habe, dass Betriebsbeihilfen nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar seien, näher darlegen müssen, warum sie von diesem Grundsatz abweiche. 622 Hierzu ist erstens festzustellen, dass sich aus der Rechtsprechung, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 577 bis 586), nicht ableiten lässt, dass Beihilfen, sofern sie die Voraussetzungen von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV erfüllen, nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden könnten. Dies gilt unabhängig davon, ob die Beihilfen als Betriebs- oder als Investitionsbeihilfen zu qualifizieren sind. 623 Zweitens ist auch das Vorbringen der Republik Österreich zur bisherigen Entscheidungspraxis der Kommission zurückzuweisen. 624 Zum einen kann sich die Republik Österreich nicht auf die Erwägungsgründe 396 und 397 der Entscheidung der Kommission vom 4. Juni 2008 über die staatliche Beihilfe C 41/05 Ungarns mittels langfristiger Strombezugsverträge (ABl. 2009, L 225, S. 53) berufen, die im Übrigen die Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. a AEUV und nicht die Anwendung von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV betraf. Zwar hat die Kommission im 396. Erwägungsgrund dieser Entscheidung festgestellt, dass es sich bei bestimmten Zuschüssen, um die es in dieser Sache ging, nämlich Zuschüssen zur Deckung laufender Kosten, die erst nach der Inbetriebnahme des Kernkraftwerks gezahlt werden sollten, um mit dem Binnenmarkt unvereinbare Betriebsbeihilfen handele. Wie sich aus dem 397. Erwägungsgrund der Entscheidung ergibt, hatten die ungarischen Behörden und die Beteiligten bei diesen Beihilfen aber weder die Existenz von regionalen Nachteilen noch die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nachgewiesen. 625 Zu dem Vorbringen der Republik Österreich, die Kommission habe in den Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 den Grundsatz aufgestellt, dass Betriebsbeihilfen nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar seien, ist festzustellen, dass sich entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich aus diesen Leitlinien nicht ableiten lässt, dass Betriebsbeihilfen nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden könnten. Vielmehr ergibt sich aus Abschnitt 3.3.2.1 der Leitlinien, dass die Kommission der Auffassung ist, dass Betriebsbeihilfen unter bestimmten Umständen die Voraussetzungen von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV erfüllen können. Jedenfalls hat die Kommission im angefochtenen Beschluss auf das Ziel der Förderung der Kernenergie abgestellt, das nicht zu den Zielen gehört, auf die sich die Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 beziehen. 626 Als Zweites macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe die Maßnahmen in Abschnitt 8.1 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens als Betriebsbeihilfen qualifiziert, die mit dem Binnenmarkt unvereinbar sein könnten. Sie hätte näher erläutern müssen, warum sie diese Bedenken im Rahmen des angefochtenen Beschlusses nicht mehr gehabt habe. 627 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass es sich bei den Ausführungen der Kommission in Abschnitt 8.1 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens, wie sich aus Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 ergibt, um eine vorläufige Würdigung handelt. Die Begründung des angefochtenen Beschlusses ist also nicht bereits deshalb unzureichend, weil sie nicht mit der des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens identisch ist. Die Kommission musste im angefochtenen Beschluss, der nach dem Ende des förmlichen Prüfverfahrens erging, also nicht auf sämtliche Erwägungen eingehen, die sie im Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens, auf den die Republik Österreich sich bezieht, angestellt hatte (siehe oben, Rn. 569). 628 Außerdem hat die Kommission in Abschnitt 8.1 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 618), lediglich auf die oben in Rn. 579 angeführte Rechtsprechung verwiesen, die Betriebsbeihilfen betrifft, bei denen die Voraussetzungen von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV aus den oben in Rn. 580 dargelegten Gründen nicht vorliegen. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens hatte die Kommission nämlich Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs mit dem Binnenmarkt nach Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV. Diese wurden nach einer eingehenden Prüfung und Änderungen der Maßnahmen (Anpassung der Kreditgarantiegebühr und der Gewinnverteilungsmechanismen) aber ausgeräumt. 629 Folglich ist auch das Vorbringen zu Abschnitt 8.1 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens und somit das gesamte Vorbringen zur Verletzung der Begründungspflicht hinsichtlich der Qualifikation der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs zurückzuweisen. 630 Somit sind der dritte Klagegrund insgesamt, das Vorbringen im Rahmen des vierten Klagegrundes, die Maßnahmen seien mit dem Binnenmarkt unvereinbare Betriebsbeihilfen (siehe oben, Rn. 125), sowie die erste Rüge des dritten Teils des neunten Klagegrundes zurückzuweisen. H. Zum siebten Klagegrund, mit dem insbesondere die Feststellungen der Kommission zur Vereinbarkeit der Maßnahmen mit der bestehenden Marktordnung angegriffen werden 631 Mit dem siebten Klagegrund werden die Feststellungen der Kommission in den Erwägungsgründen 348 bis 365 des angefochtenen Beschlusses angegriffen, in denen diese geprüft hat, ob die Maßnahmen mit der bestehenden Maßmarktordnung vereinbar sind. 632 In den Erwägungsgründen 350 bis 358 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission u. a. ausgeführt, dass sich die Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge, die in der Richtlinie 2004/17 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und in der Richtlinie 2004/18 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge verankert seien, nicht auf die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs anwenden ließen, da diese mit keinerlei Vergabe von Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsaufträgen verbunden seien. Ausgehend von den vorliegenden Informationen könne nicht geschlossen werden, dass der „Contract for Difference“ den Erwerb von Bauleistungen, Dienstleistungen oder Lieferungen betreffe und daher als öffentlicher Auftrag oder Konzession bezeichnet werden könne. Im „Contract for Difference“ würden gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber oder Dritten keine besonderen Anforderungen an die Bereitstellung von Dienstleistungen, Waren oder Bauleistungen gestellt. In den Maßnahmen seien auch keine wechselseitig bindenden Verpflichtungen formuliert, die gerichtlich einklagbar wären. Es bestehe keine andere Selektivität in Bezug auf die Anzahl der „Contracts for Difference“, die von Erzeugern von Strom aus Kernenergie abgeschlossen werden könnten, als die, die sich aus der begrenzten Anzahl der geeigneten Standorte für die Errichtung von Kernkraftwerken ergebe. 633 In den Erwägungsgründen 359 bis 364 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass kein Verstoß gegen Art. 8 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (ABl. 2009, L 211, S. 55) vorliege. In diesem Artikel werde kein Ausschreibungsverfahren vorgeschrieben, sondern festgelegt, dass auf der Grundlage von veröffentlichten Kriterien transparente und diskriminierungsfreie gleichwertige Verfahren zur Anwendung kommen könnten. Dem Auswahlverfahren, das vom Vereinigten Königreich genutzt worden sei, um einen Vertragspartner zu ermitteln, der bereit gewesen sei, in neue Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie zu investieren und einen „Contract for Difference“ abzuschließen, habe ein klarer, transparenter und diskriminierungsfreier Rahmen zugrunde gelegen, der in Bezug auf Transparenz und Diskriminierungsfreiheit als einem Ausschreibungsverfahren gleichwertig gelten könne. 634 Die Republik Österreich meint, diese Feststellungen gingen fehl. 635 In einem ersten Schritt ist das Vorbringen der Republik Österreich zu prüfen, das Vereinigte Königreich habe für das Projekt des Kernkraftwerks Hinkley Point C kein öffentliches Vergabeverfahren durchgeführt, in einem zweiten Schritt dann das Vorbringen, das vom Vereinigten Königreich angewandte Verfahren sei diskriminierend gewesen. 1. Zu dem Vorbringen, das Vereinigte Königreich hätte für das Projekt des Kernkraftwerks Hinkley Point C ein öffentliches Vergabeverfahren durchführen müssen 636 Die Republik Österreich macht geltend, nach den Richtlinien 2004/17 und 2004/18, Art. 8 der Richtlinie 2009/72 und den dem AEU-Vertrag inhärenten Grundsätzen der Transparenz, der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung hätte das Vereinigte Königreich für das Projekt des Kernkraftwerks Hinkley Point C ein öffentliches Vergabeverfahren durchführen müssen. Der angefochtene Beschluss sei wegen Verstoßes gegen diese Vorschriften und Grundsätze, die untrennbar mit dem Zweck der Maßnahmen zusammenhingen, für nichtig zu erklären. 637 Die Kommission, Ungarn und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. Die Kommission macht u. a. geltend, die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs hänge nicht von der Beachtung der Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge ab. 638 In einem ersten Schritt wird das Vorbringen zu einem Verstoß gegen die Richtlinien 2004/17 und 2004/18 geprüft werden, in einem zweiten Schritt dann das Vorbringen zu einem Verstoß gegen Art. 8 der Richtlinie 2009/72 und die dem AEU-Vertrag inhärenten Grundsätze der Transparenz, der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung. a) Zu dem Vorbringen zu einem Verstoß gegen die Richtlinien 2004/17 und 2004/18 639 Die Republik Österreich macht geltend, das Vereinigte Königreich hätte im vorliegenden Fall für das Projekt des Kernkraftwerks Hinkley Point C nach den Richtlinien 2004/17 und 2004/18 ein öffentliches Vergabeverfahren durchführen müssen. Bei dem Projekt handele es sich um einen öffentlichen Auftrag, jedenfalls aber um eine Konzession im Sinne dieser Richtlinien. Bei der Beurteilung des Projekts hätte unter Berücksichtigung der Gesamtheit seiner Phasen sowie seiner Zielsetzung auf das gesamte Projekt abgestellt werden müssen. Eine solche Prüfung hätte ergeben, dass die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs einen zweiseitig verpflichtenden Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung darstellten. Der Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C sowie die folgende Einspeisung von Strom in das öffentliche Netz dienten der Deckung eines konkreten Bedarfs des Vereinigten Königreichs als öffentlicher Auftraggeber. Gegenleistung des Vereinigten Königreichs sei die vereinbarte Beihilfe. Die Republik Österreich weist darauf hin, dass sie nicht über genügend Informationen verfüge, um beurteilen zu können, ob die Maßnahmen als Auftrag oder Konzession einzustufen seien. 640 Die Kommission, Ungarn und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. Die Kommission macht u. a. geltend, die Richtlinie 2004/17 sei nach ihrer Entscheidung 2006/211/EG vom 8. März 2006 über die Anwendung von Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2004/17 auf die Stromerzeugung in England, Schottland und Wales (ABl. 2006, L 76, S. 6) auf die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs überhaupt nicht anwendbar. 641 In einem ersten Schritt ist das Vorbringen zu prüfen, es liege ein Auftrag im Sinne der Richtlinie 2004/17 bzw. ein öffentlicher Auftrag im Sinne der Richtlinie 2004/18 vor. 642 Nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/17 sind Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge zwischen einem oder mehreren Auftraggebern und einem oder mehreren Unternehmern, Lieferanten oder Dienstleistern geschlossene entgeltliche schriftliche Verträge. Nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 sind öffentliche Aufträge zwischen einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern und einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern geschlossene schriftliche entgeltliche Verträge über die Ausführung von Bauleistungen, die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen. 643 Nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/17 bzw. Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 sind Bauaufträge (Richtlinie 2004/17) bzw. öffentliche Bauaufträge (Richtlinie 2004/18) Aufträge über entweder die Ausführung oder gleichzeitig die Planung und die Ausführung von Bauvorhaben im Zusammenhang mit ganz bestimmten Tätigkeiten oder eines Bauwerks oder die Erbringung einer Bauleistung durch Dritte, gleichgültig mit welchen Mitteln, gemäß den vom Auftraggeber (Richtlinie 2004/17) bzw. öffentlichen Auftraggeber (Richtlinie 2004/18) genannten Erfordernissen. 644 Nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. c Unterabs. 1 der Richtlinie 2004/17 bzw. Art. 1 Abs. 2 Buchst. c Unterabs. 1 der Richtlinie 2004/18 betreffen Lieferaufträge (Richtlinie 2004/17) bzw. öffentliche Lieferaufträge (Richtlinie 2004/18) den Kauf, das Leasing, die Miete, die Pacht oder den Ratenkauf, mit oder ohne Kaufoption, von Waren. 645 Nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. d Unterabs. 1 der Richtlinie 2004/17 bzw. Art. 1 Abs. 2 Buchst. d Unterabs. 1 der Richtlinie 2004/18 sind Dienstleistungsaufträge (Richtlinie 2004/17) bzw. öffentliche Dienstleistungsaufträge (Richtlinie 2004/18) Aufträge über die Erbringung von Dienstleistungen, die keine Bau- oder Lieferaufträge (Richtlinie 2004/17) bzw. keine öffentlichen Bau- oder Lieferaufträge (Richtlinie 2004/18) sind. 646 Das Vorbringen der Republik Österreich, die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs hätten als Auftrag im Sinne der Richtlinie 2004/17 bzw. als öffentlicher Auftrag im Sinne der Richtlinie 2004/18 qualifiziert werden müssen, ist nach Maßgabe dieser Vorschriften zu prüfen. 647 Insoweit ist als Erstes festzustellen, dass die Kreditgarantie und das „Secretary of State Agreement“ weder einen Auftrag im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/17 noch einen öffentlichen Auftrag im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 darstellen. 648 Als Zweites ist zu prüfen, ob die Kommission den „Contract for Difference“ als Auftrag im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/17 bzw. öffentlichen Auftrag im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 hätte qualifizieren müssen. 649 Wie sich insbesondere aus den Erwägungsgründen 219, 312, 313 und 356 des angefochtenen Beschlusses ergibt, hat das Vereinigte Königreich aus dem „Contract for Difference“ gegen NNBG weder einen Anspruch auf den Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C noch einen Anspruch auf die Lieferung von Strom. Der „Contract for Difference“ stellt weder an die von NNBG zu erbringenden Bauleistungen noch an den zu liefernden Strom besondere Anforderungen. Das Vereinigte Königreich hätte gegen NNBG auch keinen Anspruch auf Schadensersatz, wenn diese Gesellschaft das Kernkraftwerk Hinkley Point C nicht fertigstellen oder keinen Strom erzeugen würde. Wenn das Kernkraftwerk nicht rechtzeitig fertiggestellt würde, könnte das Vereinigte Königreich allenfalls den „Contract for Difference“ kündigen. 650 Im Hinblick auf diese Merkmale des „Contract for Difference“ kann entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich daher keine Rede davon sein, dass damit ein konkreter Bedarf des Vereinigten Königreichs als öffentlicher Auftraggeber gedeckt würde. Ziel des „Contract for Difference“ ist vielmehr die Gewährung eines Zuschusses. Damit schafft das Vereinigte Königreich für NNBG und die Investoren dieser Gesellschaft lediglich einen Anreiz, das von ihm verfolgte Ziel von öffentlichem Interesse (Schaffung neuer Kapazitäten der Erzeugung von Kernenergie) zu verwirklichen. 651 Folglich sieht der „Contract for Difference“ keine zwingende Verpflichtung von NNBG zur Ausführung von Bauleistungen, zur Lieferung von Waren oder zur Erbringung von Dienstleistungen im Sinne der Richtlinie 2004/17 bzw. 2004/18 vor. Das Vorbringen der Republik Österreich, die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs stellten einen Auftrag im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/17 bzw. einen öffentlichen Auftrag im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 dar, ist daher zurückzuweisen. 652 In einem zweiten Schritt ist das Vorbringen der Republik Österreich zu prüfen, die Kommission habe verkannt, dass die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs eine Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2004/17 bzw. eine öffentliche Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2004/18 darstellten. 653 Nach Art. 1 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/17 bzw. Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18 ist eine Baukonzession (Richtlinie 2004/17) bzw. eine öffentliche Baukonzession (Richtlinie 2004/18) ein Vertrag, der von einem Bauauftrag (Richtlinie 2004/17) bzw. einem öffentlichen Bauauftrag (Richtlinie 2004/18) nur insoweit abweicht, als die Gegenleistung für die Bauleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht. 654 Nach Art. 1 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2004/17 bzw. Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 2004/18 ist eine Dienstleistungskonzession ein Vertrag, der von einem Dienstleistungsauftrag (Richtlinie 2004/17) bzw. einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag (Richtlinie 2004/18) nur insoweit abweicht, als die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht. 655 Das Vorbringen der Republik Österreich, die Maßnahmen hätten als Baukonzessionen im Sinne der Richtlinie 2004/17 bzw. als öffentliche Baukonzessionen im Sinne der Richtlinie 2004/18 qualifiziert werden müssen, ist nach Maßgabe dieser Vorschriften zu prüfen. 656 Als Erstes ist festzustellen, dass die Kreditgarantie und das „Secretary of State Agreement“ weder eine Baukonzession im Sinne von Art. 1 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/17 noch eine öffentliche Baukonzession im Sinne von Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18 darstellen. 657 Als Zweites ist zu prüfen, ob die Kommission den „Contract for Difference“ als Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2004/17 bzw. als öffentliche Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2004/18 hätte qualifizieren müssen. 658 Nach Art. 1 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2004/17 und Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 2004/18 unterscheiden sich Aufträge bzw. öffentliche Aufträge und Konzessionen lediglich hinsichtlich der dem Bieter geschuldeten Gegenleistung. Da NNBG nach dem „Contract for Difference“ nicht zur Ausführung von Bauleistungen, Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen verpflichtet ist (siehe oben, Rn. 649 bis 651), kann dieser Vertrag nicht als Auftrag bzw. öffentlicher Auftrag qualifiziert werden und damit auch nicht als Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2004/17 bzw. öffentliche Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2004/18. 659 Diese Auslegung wird bestätigt durch den zwölften Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe (ABl. 2014, L 94. S. 1), in dem klargestellt wird, dass die bloße Finanzierung, insbesondere durch öffentliche Zuschüsse, keine Konzession im Sinne der Richtlinie darstellt. 660 Die Feststellung der Kommission, dass die Maßnahmen weder einen Auftrag oder eine Konzession im Sinne der Richtlinie 2004/17 noch einen öffentlichen Auftrag oder eine öffentliche Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2004/18 darstellen, ist also nicht zu beanstanden. 661 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Republik Österreich. 662 Die Republik Österreich macht als Erstes geltend, die Kommission habe im 312. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass für NNBG vertragliche Verpflichtungen bestünden. Solche Verpflichtungen seien aber ein typisches Element eines öffentlichen Auftrags. 663 Die Kommission hat im 312. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zwar festgestellt, dass „der [‚Contract for Difference‘] eine Reihe derart strenger Bedingungen [enthält], die für … NNBG einen Anreiz schaffen, ihren Pflichten vertragsgemäß nachzukommen“. Sie hat in diesem Erwägungsgrund und im 313. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses aber auch festgestellt, dass NNBG weder zum Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C noch zur Stromversorgung verpflichtet sei. Folglich ist der „Contract for Difference“ wegen der vertraglichen Verpflichtungen, von denen im 312. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die Rede ist, nicht als Bauauftrag oder Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2004/17 oder als öffentlicher Bauauftrag oder öffentliche Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2004/18 zu qualifizieren. 664 Entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich lässt sich auch aus der Feststellung der Kommission im 312. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass es sich bei den vertraglichen Bestimmungen des „Contract for Difference“„um typische Vertragspflichten [handelt], die alle Vertragsparteien bei einem Geschäft dieser Art aufzunehmen versuchen würden“, nicht ableiten, dass es sich um Verpflichtungen handelte, wegen derer der „Contract for Difference“ als Auftrag, Bauauftrag oder Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2004/17 oder als öffentlicher Auftrag oder öffentliche Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2004/18 zu qualifizieren wäre. Aus dem Erwägungsgrund selbst und seinem Kontext ist nämlich eindeutig ersichtlich, dass die Kommission mit „Geschäft dieser Art“ nicht den Abschluss eines Vertrags über einen Auftrag, einen öffentlichen Auftrag oder eine Konzession gemeint hat, sondern den Abschluss eines Vertrags, mit dem durch Zuschüsse ein Anreiz zur Verwirklichung eines Ziels von öffentlichem Interesse geschaffen werden soll. Es handelt sich mithin um Verpflichtungen, die gewöhnlich in Verträgen über die Gewährung von Zuschüssen enthalten sind. 665 Das Vorbringen der Republik Österreich zum 312. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ist also zurückzuweisen. 666 Als Zweites macht die Republik Österreich geltend, die Kommission habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass aufgrund der potenziellen Höhe der verlorenen Investitionskosten ein Ausstieg von NNBG aus den Verträgen de facto nicht möglich sei. Eine bloß theoretische Möglichkeit des einseitigen Vertragsausstiegs könne die Anwendung der Richtlinien 2004/17 und 2004/18 nicht in toto ausschließen. 667 Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 650), stellt der „Contract for Difference“ weder an die von NNBG zu erbringenden Bauleistungen noch an den zu erzeugenden bzw. zu liefernden Strom besondere Anforderungen. Diese Feststellung wird durch das Vorbringen der Republik Österreich nicht entkräftet. Die Republik Österreich macht geltend, nach dem 13. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses sei NNBG zur Einhaltung eines im Voraus festgelegten Mindestleistungsniveaus verpflichtet. Selbst wenn das Nichterreichen dieser Minimalgrenzen lediglich zu einem Verlust der Beihilfen führen würde, so komme dies angesichts der enorm hohen Investitionssummen einer Verpflichtung zum Bau und Betrieb des Kernkraftwerks Hinkley Point C gleich. Dieses Vorbringen ist nicht stichhaltig. Aus den Erwägungsgründen 13 und 313 des angefochtenen Beschlusses geht eindeutig hervor, dass NNBG keine im Voraus festgelegte Menge Strom erzeugen muss. In diesen Erwägungsgründen heißt es lediglich, dass NNBG, wenn sie den Lastfaktor von 91 % nicht erreicht, auch nicht die Einnahmen erzielen werde, die bei dem Projekt erwartet würden. NNBG ist also vertraglich nicht verpflichtet, diesen Lastfaktor einzuhalten. 668 Da in den geschlossenen Verträgen an die von NNBG zu erbringenden Bauleistungen oder an den zu erzeugenden bzw. zu liefernden Strom aber keine besonderen Anforderungen gestellt werden, waren die Vorschriften der Richtlinien 2004/17 und 2004/18 nicht anwendbar. 669 Mangels einer vertraglichen Verpflichtung zur Ausführung von Bauleistungen, Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen im Sinne der Richtlinien 2004/17 bzw. 2004/18 ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass sich NNBG trotz der wirtschaftlichen Anreize, mit denen gewährleistet werden soll, dass sie das Kernkraftwerk Hinkley Point C baut und betreibt, aus wirtschaftlichen Gründen dafür entscheidet, das Kraftwerk nicht fertigzustellen oder nicht zu betreiben. 670 Das Vorbringen der Republik Österreich, NNBG sei de facto verpflichtet gewesen, eine bestimmte Menge Strom zu erzeugen, ist also zurückzuweisen. 671 Als Drittes macht die Republik Österreich geltend, die Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge dürften nicht allein deshalb unangewendet bleiben, weil das Projekt des Baus und des Betriebs des Kernkraftwerks Hinkley Point C maßgeblich durch EDF festgelegt und konzipiert worden sei. 672 Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. 673 Die Kommission hat die Anwendung der Richtlinien 2004/17 und 2004/18 nicht ausgeschlossen, weil das Projekt des Baus und des Betriebs des Kernkraftwerks Hinkley Point C maßgeblich durch EDF festgelegt worden wäre, sondern weil der „Contract for Difference“ keine vertragliche Verpflichtung zur Ausführung von Bauleistungen, Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen im Sinne der Richtlinien vorsieht. 674 Als Viertes ist zu dem Vorbringen der Republik Österreich, ihr stünden nicht genug Informationen zur Verfügung, um zu entscheiden, ob die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs als Auftrag, öffentlicher Auftrag oder Konzession zu qualifizieren seien, festzustellen, dass die Republik Österreich über genügend Informationen verfügt, um zu entscheiden, ob NNBG nach dem „Contract for Difference“ verpflichtet ist, Bauleistungen auszuführen, Waren zu liefern oder Dienstleistungen zu erbringen. Da diese Frage aus den oben in den Rn. 640 bis 661 dargelegten Gründen zu verneinen ist, sind die Maßnahmen jedenfalls weder als Auftrag oder Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2004/17 noch als öffentlicher Auftrag oder öffentliche Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2004/18 zu qualifizieren. 675 Als Fünftes macht die Republik Österreich geltend, die Kommission hätte auf das gesamte Projekt abstellen und dabei die Komplexität des Vertragswerks rund um den Bau und den Betrieb des Kernkraftwerks Hinkley Point C berücksichtigen müssen. Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Da NNBG nicht verpflichtet ist, Bauleistungen auszuführen, Waren zu liefern oder Dienstleistungen zu erbringen, hätte selbst eine Gesamtbetrachtung der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs nicht ergeben können, dass diese als Auftrag, öffentlicher Auftrag oder Konzession im Sinne der Richtlinie 2004/17 bzw. der Richtlinie 2004/18 zu qualifizieren wären. 676 Folglich ist das gesamte Vorbringen der Republik Österreich, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission hätte die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs als Bauauftrag oder Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2014/17 bzw. als öffentlicher Bauauftrag oder öffentliche Baukonzession im Sinne der Richtlinie 2014/18 qualifizieren müssen, zurückzuweisen, ohne dass auf das Vorbringen der Kommission eingegangen zu werden braucht, dass die Richtlinie 2004/17 nach der Entscheidung 2006/211 auf die Maßnahmen überhaupt nicht anwendbar sei. b) Zu dem Vorbringen, mit dem ein Verstoß gegen Art. 8 der Richtlinie 2009/72 und die dem AEU-Vertrag inhärenten Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz geltend gemacht wird 677 Die Republik Österreich macht geltend, Leistungsgegenstand sei der Bau und der Betrieb des Kernkraftwerks Hinkley Point C, Gegenleistung die finanzielle Unterstützung durch das Vereinigte Königreich. Deshalb hätte das Vereinigte Königreich für das Projekt des Baus und des Betriebs des Kernkraftwerks Hinkley Point C nach Art. 8 der Richtlinie 2009/72 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und nach den dem AEU-Vertrag inhärenten Grundsätzen der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz ein Ausschreibungsverfahren durchführen müssen. Die Ausschreibung hätte klar, genau und eindeutig formuliert sein müssen, genaue Informationen über den gesamten Verfahrensablauf enthalten müssen und dafür sorgen müssen, dass alle Bieter die gleichen Chancen haben. Ein Ausschreibungsverfahren hätte durchgeführt werden müssen, weil ein grenzüberschreitendes Interesse bestehe, und zwar selbst dann, wenn die Erlaubnis zur Ausübung einer Tätigkeit den Zessionar nicht verpflichte, die übertragene Tätigkeit auszuüben. Die Feststellung der Kommission im 357. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass das System des „Contract for Difference“ allen potenziellen Interessenten offenstehe und daher keine Selektivität vorliege, sei nicht überzeugend. Aus der Auswahl von NNBG folge, dass andere Wirtschaftsteilnehmer von dem Bau und dem Betrieb des Kernkraftwerks Hinkley Point C ausgeschlossen seien. 678 Die Kommission, Ungarn und das Vereinigte Königreich treten diesem Vorbringen entgegen. 679 Die Republik Österreich bestreitet nicht, dass ein Auswahlverfahren durchgeführt worden ist. Sie macht lediglich geltend, dass das vom Vereinigten Königreich durchgeführte Verfahren (siehe oben, Rn. 634), da der Bau und der Betrieb des Kernkraftwerks Hinkley Point C nicht ausgeschrieben worden seien, nicht ausgereicht habe. 680 Als Erstes ist das Vorbringen der Republik Österreich zu prüfen, es liege ein Verstoß gegen Art. 8 der Richtlinie 2009/72 vor. 681 Nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2009/72 haben die Mitgliedstaaten zu gewährleisten, dass neue Kapazitäten der Energieerzeugung oder Energieeffizienz-/Nachfragesteuerungsmaßnahmen im Interesse der Versorgungssicherheit über ein Ausschreibungsverfahren oder ein hinsichtlich Transparenz und Nichtdiskriminierung gleichwertiges Verfahren auf der Grundlage veröffentlichter Kriterien bereitgestellt bzw. getroffen werden können. 682 Nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2009/72 muss der Mitgliedstaat also nicht unbedingt ein Ausschreibungsverfahren durchführen. Er kann sich auch für ein anderes Verfahren entscheiden, sofern es auf der Grundlage veröffentlichter Kriterien durchgeführt wird und einem Ausschreibungsverfahren hinsichtlich Transparenz und Nichtdiskriminierung gleichwertig ist. Mit Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2009/72 ist also durchaus vereinbar, dass ein Mitgliedstaat als Instrument statt eines Ausschreibungsverfahrens Zuschüsse wählt, mit denen für die Unternehmen Anreize geschaffen werden, ein bestimmtes Ziel von öffentlichem Interesse zu verwirklichen. 683 Entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich war es nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2009/72 also nicht unbedingt erforderlich, für den Bau und den Betrieb des Kernkraftwerks Hinkley Point C ein Ausschreibungsverfahren durchzuführen. 684 Das Vorbringen der Republik Österreich, es liege ein Verstoß gegen Art. 8 der Richtlinie 2009/72 vor, ist demnach zurückzuweisen. 685 Als Zweites ist das Vorbringen der Republik Österreich zu prüfen, es liege ein Verstoß gegen die dem AEU-Vertrag inhärenten Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz vor. 686 Die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz gelten für öffentliche Aufträge, für Konzessionen und für von einer Behörde erteilte exklusive Genehmigungen oder Lizenzen, die im Unionsrecht nicht speziell geregelt sind. Beim Abschluss solcher Verträge bzw. bei der Zuteilung solcher Rechte verlangen die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Transparenz und der Nichtdiskriminierung, dass die Mitgliedstaaten einen angemessenen Grad an Öffentlichkeit sicherstellen, der eine Öffnung des Auswahlverfahrens für den Wettbewerb und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Dezember 2000, Telaustria und Telefonadress, C‑324/98, EU:C:2000:669, Rn. 62, vom 3. Juni 2010, Sporting Exchange, C‑203/08, EU:C:2010:307, Rn. 41, und vom 14. November 2013, Belgacom, C‑221/12, EU:C:2013:736, Rn. 28). 687 Die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz verlangen aber nicht unbedingt, dass für ein bestimmtes Projekt eine Ausschreibung durchgeführt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juni 2010, Sporting Exchange, C‑203/08, EU:C:2010:307, Rn. 41). Das Recht des Mitgliedstaats, zwischen einem öffentlichen Auftrag und der Gewährung von Zuschüssen, mit denen für die Unternehmen ein Anreiz zur Verwirklichung eines bestimmten Ziels von öffentlichem Interesse geschaffen werden soll, zu wählen, wird durch sie also nicht begrenzt. 688 Das Vorbringen der Republik Österreich, es liege ein Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz vor, ist deshalb zurückzuweisen, ohne dass auf die Frage eingegangen zu werden braucht, ob die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs mit einer ausschließlichen Erlaubnis oder einer ausschließlichen Lizenz im Sinne der oben in Rn. 687 angeführten Rechtsprechung gleichgesetzt werden können. 689 Somit ist das gesamte Vorbringen der Republik Österreich, mit dem geltend gemacht wird, das Vereinigte Königreich hätte für das Projekt des Kernkraftwerks Hinkley Point C ein Ausschreibungsverfahren durchführen müssen, zurückzuweisen, ohne dass auf die Frage eingegangen zu werden braucht, ob ein Verstoß gegen die Richtlinien 2004/17 und 2004/18, gegen Art. 8 der Richtlinie 2009/72 oder gegen die dem AEU-Vertrag inhärenten Grundsätze der Transparenz, der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses überhaupt hätte berühren können. 2. Zu dem Vorbringen, der „Contract for Difference“ sei diskriminierend 690 Die Republik Österreich wendet sich im Rahmen des siebten Klagegrundes u. a. gegen den 549. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses. In diesem Erwägungsgrund hat die Kommission in Bezug auf die Einhaltung der Art. 30 und 110 AEUV festgestellt, dass sich das Vereinigte Königreich verpflichtet habe, solange der „Contract for Difference“ nicht Stromerzeugern mit Sitz außerhalb Großbritanniens offenstehe, das Verfahren der Berechnung der von den Stromversorgern zu leistenden Zahlungen gemäß dem „Contract for Difference“ so anzupassen, dass teilnahmeberechtigte Kernenergie, die in der Union, aber nicht in Großbritannien erzeugt und an Kunden in Großbritannien geliefert werde, auf die Marktanteile der Stromversorger nicht angerechnet werde. Das Vereinigte Königreich werde diese Ausnahmebestimmung abschaffen, sobald nicht im Vereinigten Königreich ansässige Stromerzeuger berechtigt sein würden, sich um „Contracts for Difference“ zu bewerben. 691 Die Republik Österreich macht geltend, es ergebe sich aus dem 549. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass das System des „Contract for Difference“ diskriminierend sei, weil es nicht für Energieerzeuger außerhalb Großbritanniens offen sei. 692 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 693 Als Erstes ist festzustellen, dass das Auswahlverfahren, das vom Vereinigten Königreich durchgeführt wurde, um einen Vertragspartner zu finden, der bereit ist, im Vereinigten Königreich in ein neues Kernkraftwerk zu investieren, für Projektträger, Erzeuger und Investoren anderer Mitgliedstaaten offen war, wie sich aus den Erwägungsgründen 359 bis 364 des angefochtenen Beschlusses ergibt. Es fand insoweit keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit statt. 694 Als Zweites ist das Vorbringen der Republik Österreich auch insoweit zurückzuweisen, als damit geltend gemacht werden sollte, dass das Instrument des „Contract for Difference“ noch nicht für Energieerzeuger außerhalb Großbritanniens offen sei. Der Bau und der Betrieb eines Kernkraftwerks dienen der Gewährleistung der Versorgungssicherheit (Erzeugung von Grundlastenergie). Deshalb ist nicht zu beanstanden, dass das Vereinigte Königreich verlangt, dass das Kernkraftwerk in Großbritannien gebaut wird, um zu verhindern, dass es durch die physischen Kapazitäten der Interkonnektoren begrenzt wird. 695 Somit ist das gesamte Vorbringen im Rahmen des siebten Klagegrundes zurückzuweisen. I. Zum zehnten Klagegrund: Verletzung des Rechts auf Äußerung gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 696 Die Republik Österreich macht geltend, die Kommission habe gegen Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 verstoßen, die sie verpflichteten, den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Mitgliedstaaten hätten ein subjektives Recht darauf, im förmlichen Prüfverfahren gehört zu werden. Sie verfügten über das Recht, am Verwaltungsverfahren unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen beteiligt zu werden. Der Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens müsse die Beteiligten in die Lage versetzen, sich in wirksamer Weise an diesem Verfahren zu beteiligen, in dem sie ihre Argumente geltend machen könnten. 697 Die Republik Österreich macht weiter geltend, dass zu dem Zeitpunkt, als sie ihre Stellungnahme habe abgeben können, die Höhe und die konkrete Ausgestaltung der Beihilfe noch nicht festgestanden hätten, so dass sie nicht in der Lage gewesen sei, zu den konkret beabsichtigten Maßnahmen in ausreichender und adäquater Weise Stellung zu nehmen. Hätte sie über weitere, zutreffende Informationen über den Umfang und die Ausgestaltung der geplanten Maßnahmen verfügt, hätte sie zusätzliche, stichhaltige Argumente hinsichtlich ihrer daran bestehenden Bedenken vorbringen können. 698 Die Kommission und Ungarn treten diesem Vorbringen entgegen. Die Kommission macht u. a. geltend, die Republik Österreich beziehe sich lediglich auf den angefochtenen Beschluss, nicht aber auf den Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens. 699 Entscheidet sie sich dafür, ein förmliches Prüfverfahren zu eröffnen, hat die Kommission den Beteiligten nach Art. 108 Abs. 2 Unterabs. 1 AEUV eine Frist zur Äußerung zu setzen. 700 Nach der Rechtsprechung soll Art. 108 Abs. 2 Unterabs. 1 AEUV die Kommission zum einen verpflichten, dafür Sorge zu tragen, dass alle potenziell Betroffenen unterrichtet werden und Gelegenheit erhalten, ihren Standpunkt geltend zu machen, und sie zum anderen in die Lage versetzen, sich vor Erlass ihrer Entscheidung umfassend über alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte zu unterrichten (Urteil vom 25. Juni 1998, British Airways u. a./Kommission, T‑371/94 und T‑394/94, EU:T:1998:140, Rn. 58). 701 Die Rechtsprechung weist den Beteiligten im Wesentlichen die Rolle von Informationsquellen für die Kommission im Rahmen des nach Art. 108 Abs. 2 AEUV eingeleiteten Verwaltungsverfahrens zu. Daraus folgt, dass die Beteiligten keineswegs einen Anspruch auf rechtliches Gehör, wie er denjenigen zusteht, gegen die ein Verfahren eingeleitet worden ist, geltend machen können, sondern lediglich über das Recht verfügen, am Verwaltungsverfahren unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen beteiligt zu werden (Urteile vom 25. Juni 1998, British Airways u. a./Kommission, T‑371/94 und T‑394/94, EU:T:1998:140, Rn. 59 und 60, und vom 30. November 2009, Frankreich und France Télécom/Kommission, T‑427/04 und T‑17/05, EU:T:2009:474, Rn. 147). 702 In einem Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen haben andere Beteiligte nämlich nur die Möglichkeit, der Kommission sämtliche Informationen zu übermitteln, die dazu beitragen können, ihr Klarheit über ihr weiteres Vorgehen zu verschaffen. Sie selbst haben keinen Anspruch auf eine streitige Erörterung mit der Kommission, wie sie zugunsten des betreffenden Mitgliedstaats eingeleitet wird (Urteil vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich, C‑106/09 P und C‑107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 181). 703 Die Kommission kann zwar nicht verpflichtet sein, in ihrer Mitteilung über die Eröffnung des förmlichen Verfahrens eine abschließende Untersuchung der fraglichen Beihilfe vorzulegen; sie muss aber den Rahmen ihrer Prüfung genau genug festlegen, um dem Recht der Beteiligten zur Stellungnahme nicht seinen Sinn zu nehmen (Urteil vom 30. November 2009, Frankreich und France Télécom/Kommission, T‑427/04 und T‑17/05, EU:T:2009:474, Rn. 148). 704 Nach Art. 6 („Förmliches Prüfverfahren“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 enthält die Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der geplanten Maßnahme durch die Kommission und Ausführungen über ihre Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt und werden der betreffende Mitgliedstaat und die anderen Beteiligten in dieser Entscheidung zu einer Stellungnahme innerhalb einer bestimmten Frist aufgefordert. 705 Somit muss der Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens die Betroffenen in die Lage versetzen, sich in wirksamer Weise an diesem Verfahren zu beteiligen, in dem sie ihre Argumente geltend machen können. Hierfür brauchen die Beteiligten nur zu erfahren, welche Überlegungen die Kommission zu der vorläufigen Ansicht veranlasst haben, dass die in Rede stehende Maßnahme eine neue, mit dem Binnenmarkt unvereinbare Maßnahme darstellen könnte (Urteil vom 12. Mai 2011, Région Nord-Pas-de-Calais und Communauté d’agglomération du Douaisis/Kommission, T‑267/08 und T‑279/08, EU:T:2011:209, Rn. 81). 706 Das Recht auf Unterrichtung der Beteiligten geht daher nicht weiter als das Recht, von der Kommission angehört zu werden. Insbesondere kann es nicht bis zu einem allgemeinen Recht gehen, sich zu allen im förmlichen Prüfverfahren aufgeworfenen potenziell wichtigen Punkten zu äußern (Urteil vom 30. November 2009, Frankreich und France Télécom/Kommission, T‑427/04 und T‑17/05, EU:T:2009:474, Rn. 149). 707 Das Vorbringen der Republik Österreich, die Kommission habe ihr Recht auf Äußerung nicht beachtet, weil sie im Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens die Maßnahmen des Vereinigten Königreichs nicht hinreichend bestimmt habe, ist nach Maßgabe der dargestellten Rechtsprechung und der angeführten Rechtsvorschrift zu prüfen. 708 Zunächst ist festzustellen, dass sich die Republik Österreich mit dem vorliegenden Klagegrund gegen die Erwägungsgründe 16, 73 und 551 des angefochtenen Beschlusses wendet. Allein mit der Beanstandung von Erwägungsgründen des angefochtenen Beschlusses kann aber nicht dargetan werden, dass die Kommission das Recht der Republik Österreich auf Äußerung nicht beachtet hätte. Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 beziehen sich nämlich auf das Recht der Betroffenen auf Äußerung im Verwaltungsverfahren. Es kommt in diesem Zusammenhang deshalb allein darauf an, ob der Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens genug Informationen enthielt. Die Frage, ob der angefochtene Beschluss, mit dem das Verwaltungsverfahren abgeschlossen wurde, genug Informationen enthielt, ist insoweit nicht unmittelbar entscheidend. 709 Aus dem Vorbringen der Republik Österreich geht aber eindeutig hervor, dass letztlich geltend gemacht wird, dass sie von ihrem Recht auf Äußerung nicht habe wirksam Gebrauch machen können, weil der Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens hierfür nicht genug Informationen enthalten habe, und dass dieser Mangel an Informationen auch auf den angefochtenen Beschluss durchgeschlagen sei. 710 Die Republik Österreich macht als Erstes geltend, sie habe von ihrem Recht auf Äußerung nicht wirksam Gebrauch machen können, weil der Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens hierfür nicht genug Informationen enthalten habe. 711 Erstens seien bestimmte Aspekte des „Contract for Difference“ offengeblieben. So habe etwa die Art des Mechanismus des „Contract for Difference“ noch nicht festgestanden. Das gelte vor allem für die Kriterien der Berechnung des Differenzbetrags, insbesondere des Basispreises. 712 Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission den „Contract for Difference“ in den Rn. 43 bis 49 und 53 bis 89 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens beschrieben hat. Wie sich aus Rn. 67 dieses Beschlusses ergibt, hatten sich das Vereinigte Königreich und EDF vor der Anmeldung der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs über die Hauptpunkte des „Contract for Difference“ geeinigt, insbesondere über den Basispreis, die Laufzeit des Vertrags und die interne Rendite. Diese Punkte wurden den Beteiligten mitgeteilt. Aus dem Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens ergibt sich nämlich, dass der vom Vereinigten Königreich geplante Basispreis auf 92,50 GBP pro MWh festgelegt werde (Rn. 70), dass die Zahlungen während einer Dauer von 35 Jahren erfolgen sollten (Rn. 78) und dass die interne Rendite nach Steuern, die bei der Berechnung des Finanzierungsdefizits zugrunde gelegt worden sei, zwischen 9,75 % und 10,15 % liege (Rn. 71). Bei der Veröffentlichung des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens im Amtsblatt wurde die Rendite dann mit 9,87 % angegeben. In Rn. 72 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens wird ausgeführt, dass die Differenz zwischen dem Basispreis und dem Referenzpreis so bestimmt worden sei, dass sie je nach dem Kohlepreis im Vereinigten Königreich zwischen 3,5 und 9 Mrd. GBP liege. In diesem Zusammenhang ist auch Rn. 361 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens zu beachten, aus dem hervorgeht, dass sich die Gesamthöhe der Beihilfe nach den Annahmen in Bezug auf die künftigen Großhandelspreise und dem Abzinsungssatz richte und je nach Szenario 4,78 Mrd. GBP, 11,17 Mrd. GBP oder 17,62 Mrd. GBP betrage. Hierbei ist zu beachten, dass der Gesamtbetrag der Beihilfe vom Basispreis abhängt, bei dem es sich um einen Marktpreis handelt, der schwer vorherzusagen ist. 713 Ferner sind die Rn. 126 bis 145 und 163 bis 178 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens zu berücksichtigen, die die Qualifizierung des „Contract for Difference“ als staatliche Beihilfe betreffen. Die Kommission ist in diesem Zusammenhang im Einzelnen auf die Funktionsweise dieses Vertrags eingegangen. 714 Schließlich hat die Kommission in den Rn. 349 bis 362 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens festgestellt, dass sie auf der Grundlage der Informationen, über die sie verfüge, nicht zu dem Schluss gelangen könne, dass der „Contract for Difference“ eine verhältnismäßige Beihilfe darstelle. In diesem Zusammenhang hat sie im Einzelnen erläutert, warum es so schwierig sei, einen angemessenen Basispreis festzusetzen und zu bestimmen, ob das Projekt des Kernkraftwerks Hinkley Point C rentabel sei. 715 Somit ist festzustellen, dass die Republik Österreich entgegen ihrem Vorbringen ihr Recht auf Äußerung durchaus ausüben konnte. Die im Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens zur Höhe des Beihilfeelements des „Contract for Difference“, zu dessen Modalitäten und zu den Bedenken der Kommission enthaltenen Informationen waren insoweit ausreichend. 716 Zweitens macht die Republik Österreich zur Kreditgarantie geltend, deren Beschreibung sei höchst vage und unbestimmt. Die Kommission habe lediglich festgestellt, dass die Kreditgarantie von dem Kredit abhänge, den NNBG letztlich erhalten werde, und dass sie insgesamt bis zu 17,6 Mrd. GBP abdecken könne. 717 Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission in der Beschreibung der Kreditgarantie in den Rn. 50 bis 52 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens in der Tat lediglich festgestellt hat, dass die Einzelheiten der Garantie noch nicht feststünden, diese aber natürlich von der Höhe des Kredits abhängen werde, den NNBG letztlich erhalten werde. 718 In diesem Zusammenhang sind aber auch die Rn. 146, 147 und 179 bis 187 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens zu berücksichtigen, in denen sich die Kommission mit der Einstufung der Kreditgarantie als staatliche Beihilfe befasst hat. Sie hat insoweit ausgeführt, dass die Kreditgarantie nach den Angaben des Vereinigten Königreichs keine staatliche Beihilfe darstelle, weil sie zu Marktbedingungen gewährt werde und mit der Garantiemitteilung in Einklang stehe, insbesondere, was die für die Garantie zu entrichtende Gebühr angehe. Sie hat darauf hingewiesen, dass mit der Methode, die das Vereinigte Königreich zur Bestimmung der Gebühr für die Kreditgarantie vorgeschlagen habe, ihrer Auffassung nach nicht gewährleistet sei, dass die Gebühr dem Preis entspreche, den ein privater Investor angeboten hätte. Die vorgeschlagene Methode entspreche in einigen Punkten nicht dem Ansatz, den ein privater Investor gewählt hätte. In den Rn. 342 bis 348 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens ist die Kommission dann zu dem Schluss gelangt, dass deshalb nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Kreditgarantie zu einer Überkompensation führe. 719 Somit ist festzustellen, dass die Republik Österreich entgegen ihrem Vorbringen ihr Recht auf Äußerung durchaus ausüben konnte. Die im Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens enthaltenen Ausführungen zur Kreditgarantie waren hierfür ausreichend genau. 720 Drittens macht die Republik Österreich zu dem Ausgleich für eine vorzeitige Stilllegung des Kernkraftwerks Hinkley Point geltend, im Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens heiße es hierzu lediglich, dass die Eigentümer Anspruch auf eine Entschädigung hätten, die Höhe und die genauen Modalitäten der Entschädigung aber noch ausgehandelt würden und nicht vollständig bekannt seien. 721 Insoweit sind die Rn. 47 und 48 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens von Belang, aus denen hervorgeht, dass das „Secretary of State Agreement“ den Fall betreffe, dass das Kernkraftwerk aufgrund einer politischen Entscheidung stillgelegt werde. Die Investoren von NNBG hätten dann Anspruch auf eine Entschädigung, deren Höhe und Umfang noch nicht feststünden. Sie könnten auch verlangen, dass NNBG verstaatlicht werde. Auch das Vereinigte Königreich könne dies verlangen. 722 Ferner sind die Rn. 192 bis 195 des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens zu berücksichtigen, die die Einstufung einer solchen Entschädigung als staatliche Beihilfe betreffen. Die Kommission hat dort ausgeführt, dass eine Entschädigung zum Ausgleich eines durch eine Behörde verursachten Schadens keine staatliche Beihilfe darstelle. Sie hat aber darauf hingewiesen, dass sie sich insoweit noch keine abschließende Meinung gebildet habe. Sie brauche hierfür mehr Informationen zu der Frage, ob die vorgesehene Entschädigung auf einem allgemeinen Grundsatz beruhe und ob auch andere Wirtschaftsteilnehmer des Markts in einer vergleichbaren Situation Anspruch auf eine solche Entschädigung hätten. 723 Somit ist festzustellen, dass die Republik Österreich ihr Recht auf Äußerung ausüben konnte. Der Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens enthielt hierfür ausreichend Informationen. Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 275 bis 282), hat die Kommission im angefochtenen Beschluss beim „Secretary of State Agreement“ als Beihilfeelement lediglich das Recht auf eine schnelle und sichere Zahlung angesehen. Hingegen hat die Kommission im angefochtenen Beschluss keine Beihilfeelemente genehmigt, die sich aus den Modalitäten der Berechnung der Entschädigung ergeben könnten. 724 Viertens ist festzustellen, dass die Kommission, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 247 bis 362), auch wenn sie noch nicht sämtliche Vertragsbestimmungen über die Finanzierung des Kernkraftwerks Hinkley Point C kannte, weil diese noch nicht zwischen den Parteien vereinbart waren, dazu befugt war, den angefochtenen Beschluss zu erlassen. Dass die konkreten Vertragsbestimmungen zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens noch nicht bekannt waren, kann das Recht der Republik Österreich auf Äußerung entgegen deren Vorbringen also nicht ausgehöhlt haben. 725 Das Vorbringen der Republik Österreich, sie habe von ihrem Recht auf Beteiligung am förmlichen Prüfverfahren nicht wirksam Gebrauch machen können, weil der Beschluss über die Eröffnung dieses Verfahrens hierfür nicht genug Informationen enthalten habe, ist demnach zurückzuweisen. 726 Als Zweites ist das Vorbringen der Republik Österreich zurückzuweisen, die Kommission sei in gewissen Situationen verpflichtet, die Beteiligten erneut zu informieren. 727 Das förmliche Prüfverfahren soll es der Kommission ermöglichen, die in der Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens aufgeworfenen Fragen zu vertiefen und zu klären. Dem Mitgliedstaat, der das Projekt angemeldet hat, soll das förmliche Prüfverfahren ermöglichen, sein Projekt unter Berücksichtigung etwaiger Äußerungen der Kommission umzugestalten. Eine Abweichung zwischen dem Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens und der Endentscheidung kann deshalb für sich genommen nicht als Fehler angesehen werden, der die Rechtmäßigkeit der Endentscheidung in Frage stellt (Urteil vom 4. September 2009, Italien/Kommission, T‑211/05, EU:T:2009:304, Rn. 55). Nur bei einer Änderung, die das Wesen der betreffenden Maßnahmen betrifft, wäre die Kommission verpflichtet, die Beteiligten erneut zu informieren. 728 Die Republik Österreich hat aber nicht dargetan, dass sich im förmlichen Prüfverfahren eine Umgestaltung oder auch nur eine Präzisierung der Maßnahmen ergeben hätte, die eine solche Verpflichtung hätte begründen können. 729 Als Drittes ist festzustellen, dass die Republik Österreich, selbst wenn die Kommission ihr Recht auf Äußerung nicht beachtet hätte, mit dem vorliegenden Klagegrund keinen Erfolg haben könnte. Eine Verletzung des Rechts auf Äußerung könnte nämlich nur dann zu einer Nichtigerklärung führen, wenn das Verfahren ohne diesen Rechtsfehler zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (Urteil vom 12. Mai 2011, Région Nord-Pas-de-Calais und Communauté d’agglomération du Douaisis/Kommission, T‑267/08 und T‑279/08, EU:T:2011:209, Rn. 85). Die Republik Österreich hat aber keinen Gesichtspunkt vorgebracht, der, wenn er von der Kommission berücksichtigt worden wäre, etwas an dem Ergebnis hätte ändern können, zu dem diese im angefochtenen Beschluss gelangt ist. 730 Folglich ist der zehnte Klagegrund im vollen Umfang zurückzuweisen. J. Zum neunten Klagegrund, mit dem eine unzureichende Begründung geltend gemacht wird 731 Mit dem neunten Klagegrund wird eine Verletzung der Begründungspflicht geltend gemacht. 732 Der neunte Klagegrund besteht aus sechs Teilen. Sie sind gegen Teile des angefochtenen Beschlusses gerichtet, gegen die auch andere Klagegründe gerichtet sind, und bereits zusammen mit diesen geprüft worden (erster Teil: siehe oben, Rn. 234, zweiter Teil: siehe oben, Rn. 153 bis 157, erste und zweite Rüge des dritten Teils: siehe oben, Rn. 627 bis 630 und Rn. 567 bis 574, vierter Teil: siehe oben, Rn. 363 bis 366, fünfter Teil: siehe oben, Rn. 61 bis 68, sechster Teil: siehe oben, Rn. 532 bis 566). 733 Folglich ist der neunte Klagegrund in vollem Umfang zurückzuweisen. 734 Nach alledem ist die Klage abzuweisen. Kosten 735 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Republik Österreich unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission deren Kosten aufzuerlegen. 736 Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Deshalb haben das Großherzogtum Luxemburg sowie die Tschechische Republik, die Französische Republik, Ungarn, die Republik Polen, Rumänien, die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich ihre eigenen Kosten zu tragen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Fünfte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Republik Österreich trägt ihren eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission. 3. Die Tschechische Republik, die Französische Republik, das Großherzogtum Luxemburg, Ungarn, die Republik Polen, Rumänien, die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland tragen ihre eigenen Kosten. Gratsias Dittrich Xuereb Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Juli 2018. Der Kanzler E. Coulon Der Präsident D. Gratsias Inhaltsverzeichnis I. Vorgeschichte des Rechtsstreits II. Verfahren vor dem Gericht und Anträge der Parteien III. Rechtliche Würdigung A. Zu dem Vorbringen, der Streithilfeschriftsatz Ungarns sei unzulässig B. Zum vierten Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, dass die Förderung der Kernenergie kein Ziel von „gemeinsamem“ Interesse sei, und zum fünften Teil des neunten Klagegrundes, mit dem eine unzureichende Begründung des angefochtenen Beschlusses gerügt wird 1. Zum fünften Teil des neunten Klagegrundes (unzureichende Begründung des angefochtenen Beschlusses) 2. Zum vierten Klagegrund (Richtigkeit der Feststellungen der Kommission) a) Zur Anwendung von Art. 107 AEUV auf den Bereich der Kernenergie betreffende Maßnahmen und zur Berücksichtigung der Ziele des Euratom-Vertrags bei der Anwendung dieser Vorschrift b) Zu dem Vorbringen, die Feststellung der Kommission, die Förderung der Kernenergie sei ein Ziel von „gemeinsamem“ Interesse, sei unzutreffend C. Zum zweiten Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission habe zu Unrecht festgestellt, dass es sich bei der im Kernkraftwerk Hinkley Point C angewandten Technologie um eine neuartige Technologie handle D. Zum ersten Klagegrund und zum ersten und zum zweiten Teil des neunten Klagegrundes, die sich auf die Marktabgrenzung der Kommission beziehen, und zu den auf der Annahme eines Marktversagens basierenden Feststellungen der Kommission 1. Zu dem Vorbringen, mit dem die Feststellung der Kommission angegriffen wird, dass ein Eingreifen des Vereinigten Königreichs notwendig gewesen sei a) Zur Rüge einer unzureichenden Begründung hinsichtlich der besonderen Art der Investitionen in das Kernkraftwerk Hinkley Point C b) Zur Rüge materieller und formeller Fehler der Feststellungen der Kommission in Abschnitt 9.3 des angefochtenen Beschlusses c) Zu der Rüge, mit der geltend gemacht wird, die Ziele der Versorgungssicherheit und der Dekarbonisierung könnten auch ohne staatliche Beihilfen erreicht werden d) Zu der Rüge, die Kommission habe nicht ausreichend erläutert, inwieweit im Kernkraftwerk Hinkley Point C neue Technologien zum Einsatz kämen 2. Zum Vorbringen zu der von Kommission vorgenommenen Marktdefinition 3. Zu dem Vorbringen, es sei ein Präjudiz für die Kernenergie geschaffen worden E. Zum fünften und zum achten Klagegrund (unzulängliche Determinierung der Beihilfeelemente und Verstoß gegen die Garantiemitteilung) und zum vierten Teil des neunten Klagegrundes (Verletzung der Begründungspflicht) 1. Zu der Frage, ob und inwieweit die Kommission bei einer Beihilfemaßnahme das Subventionsäquivalent beziffern muss 2. Zu dem Vorbringen, bei den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs sei das Beihilfeelement nicht ausreichend bestimmt worden a) Zu dem Vorbringen, zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses hätten noch nicht alle Modalitäten der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs festgestanden b) Zu dem Vorbringen, die Beihilfeelemente der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs seien nicht ausreichend bestimmt 1) Zum „Contract for Difference“ 2) Zu den im Fall einer vorzeitigen Stilllegung des Kernkraftwerks gewährten Vorteilen 3) Zur Kreditgarantie i) Zu dem Vorbringen, die Kommission habe zu Unrecht festgestellt, dass es sich bei dem Projekt des Baus und des Betriebs des Kernkraftwerks Hinkley Point C um ein gesundes Projekt mit einer relativ geringen Ausfallwahrscheinlichkeit handele ii) Zu dem Vorbringen, die Kommission hätte bei der Bewertung der Risikokategorie der Kreditgarantie die übrigen Maßnahmen des Vereinigten Königreichs außer Betracht lassen müssen iii) Zu dem Vorbringen, die Kommission habe Kriterien der Garantiemitteilung nicht gebührend berücksichtigt – Zur Laufzeit der Garantie – Zur Höhe der Behaftung des Kreditbetrags – Zum Bestehen finanzieller Schwierigkeiten von EDF – Zu dem Vorbringen, die Gebühr für die Kreditgarantie hätte mindestens 400 Basispunkte betragen müssen 4) Zur Kumulierung der Maßnahmen c) Zu den Kosten der Entsorgung und Lagerung der Nuklearabfälle d) Zu einer etwaigen Gewährung zukünftiger staatlicher Beihilfen 3. Zu dem Vorbringen, die Kommission habe ihre Begründungspflicht verletzt F. Zum sechsten Klagegrund, zur zweiten Rüge des dritten Teils des neunten Klagegrundes und zum sechsten Teil des neunten Klagegrundes (Kontrolle der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen) 1. Zum sechsten Klagegrund (Kontrolle der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen) a) Zur Geeignetheit der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs b) Zur Erforderlichkeit der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs c) Zur Abwägung der positiven und negativen Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs 1) Zu den von der Kommission festgestellten positiven Auswirkungen der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs i) Zu dem Vorbringen, mit dem bestritten wird, dass es einen Mangel an Energieerzeugungskapazitäten geben werde ii) Zu dem Vorbringen, das Konzept einer hohen Grundlast sei überholt iii) Zu dem Vorbringen zur Uranversorgung iv) Zu dem Vorbringen zur Empfindlichkeit von Kernkraftwerken gegenüber Temperaturanstiegen v) Zu dem Vorbringen zu möglichen Folgen von Ausfällen vi) Zur Einstufung der Kernenergie als Energie mit geringem CO2-Ausstoß vii) Zu dem Vorbringen, das Kernkraftwerk Hinkley Point C werde verspätet fertiggestellt 2) Zu den von der Kommission berücksichtigten negativen Auswirkungen 3) Zur vorgenommenen Abwägung 4) Zu dem Vorbringen, die Kommission habe relevante Gesichtspunkte außer Acht gelassen 2. Zur zweiten Rüge des dritten Teils des neunten Klagegrundes und zum sechsten Teil des neunten Klagegrundes (unzureichende Begründung) G. Zum dritten Klagegrund und zur ersten Rüge des dritten Teils des neunten Klagegrundes (Qualifizierung der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs) 1. Zu dem Vorbringen zur Qualifikation der Maßnahmen des Vereinigten Königreichs a) Zu dem Vorbringen zum „Contract for Difference“ b) Zu dem Vorbringen zum „Secretary of State Agreement“ c) Zu dem Vorbringen zu dem in den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs vorgesehen Ausgleich d) Zu dem Vorbringen, die Kommission hätte klar zwischen einer Betriebs- und einer Investitionsbeihilfe unterscheiden müssen 2. Zur Begründungspflicht H. Zum siebten Klagegrund, mit dem insbesondere die Feststellungen der Kommission zur Vereinbarkeit der Maßnahmen mit der bestehenden Marktordnung angegriffen werden 1. Zu dem Vorbringen, das Vereinigte Königreich hätte für das Projekt des Kernkraftwerks Hinkley Point C ein öffentliches Vergabeverfahren durchführen müssen a) Zu dem Vorbringen zu einem Verstoß gegen die Richtlinien 2004/17 und 2004/18 b) Zu dem Vorbringen, mit dem ein Verstoß gegen Art. 8 der Richtlinie 2009/72 und die dem AEU-Vertrag inhärenten Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz geltend gemacht wird 2. Zu dem Vorbringen, der „Contract for Difference“ sei diskriminierend I. Zum zehnten Klagegrund: Verletzung des Rechts auf Äußerung gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 J. Zum neunten Klagegrund, mit dem eine unzureichende Begründung geltend gemacht wird Kosten (*1) Verfahrenssprache: Deutsch.
Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 14. Juli 2016.#Parker Hannifin Manufacturing Srl und Parker-Hannifin Corp. gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Europäischer Markt für Marineschläuche – Vereinbarungen über die Festsetzung der Preise, die Aufteilung der Märkte und den Austausch geschäftlich sensibler Informationen – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung – Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität – Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit – Geldbußen – Erschwerende Umstände – Anführerrolle – Obergrenze von 10 % – Unbeschränkte Nachprüfung.#Rechtssache T-146/09 RENV.
62009TJ0146(01)
ECLI:EU:T:2016:411
2016-07-14T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62009TJ0146(01) URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer) 14. Juli 2016 (*1) „Wettbewerb — Kartelle — Europäischer Markt für Marineschläuche — Vereinbarungen über die Festsetzung der Preise, die Aufteilung der Märkte und den Austausch geschäftlich sensibler Informationen — Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung — Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität — Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit — Geldbußen — Erschwerende Umstände — Anführerrolle — Obergrenze von 10 % — Unbeschränkte Nachprüfung“ In der Rechtssache T‑146/09 RENV Parker Hannifin Manufacturing Srl, vormals Parker ITR Srl, mit Sitz in Corsico (Italien), Parker-Hannifin Corp. mit Sitz in Mayfield Heights, Ohio (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte B. Amory, F. Marchini Camia und É. Barbier de La Serre, Klägerinnen, gegen Europäische Kommission, vertreten durch V. Bottka, S. Noë und R. Sauer als Bevollmächtigte, Beklagte, betreffend eine Klage gemäß Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung der Entscheidung K(2009) 428 endg. der Kommission vom 28. Januar 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39406 – Marineschläuche), soweit sie die Klägerinnen betrifft, und, hilfsweise, Klage gemäß Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung oder erhebliche Herabsetzung der mit dieser Entscheidung gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße erlässt DAS GERICHT (Sechste Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen (Berichterstatter) sowie der Richter J. Schwarcz und A. M. Collins, Kanzler: M. Junius, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Februar 2016 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 Hintergrund der vorliegenden Rechtssache ist der Rechtsstreit über das Marineschläuchekartell, gegen das die Europäische Kommission mit Entscheidung K(2009) 428 endg. vom 28. Januar 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39406 – Marineschläuche) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) Sanktionen verhängt hat. 2 Die angefochtene Entscheidung richtete sich an elf Gesellschaften, darunter die Bridgestone Corporation und die Bridgestone Industrial Limited (im Folgenden zusammen: Bridgestone), The Yokohama Rubber Company Limited (im Folgenden: Yokohama), die Dunlop Oil & Marine Limited (im Folgenden: DOM), die erste Klägerin, die Parker ITR Srl (jetzt Parker Hannifin Manufacturing Srl, im Folgenden: Parker ITR), die zweite Klägerin, die Parker-Hannifin Corp. (im Folgenden: Parker-Hannifin) und die Manuli Rubber Industries SpA (im Folgenden: Manuli). 3 In der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass eine Gruppe von Unternehmen, die im Marineschlauchsektor tätig war, von 1986 bis 2007 ein weltweites Kartell gebildet hatte, und verhängte Geldbußen in Höhe von insgesamt 131000000 Euro gegen diese Unternehmen. 4 Die Gesellschaft ITR Rubber (die spätere Parker ITR) war am 27. Juni 2001 von ihrer Muttergesellschaft ITR SpA innerhalb der Saiag-Gruppe gegründet worden und war seit dem 1. Januar 2002, als ITR ihr ihre Vermögenswerte in diesem Sektor im Hinblick auf deren Weiterverkauf an Parker-Hannifin innerhalb der Parker-Gruppe übertragen hatte, im Marineschlauchsektor tätig. Der Verkauf von ITR Rubber an Parker-Hannifin wurde am 31. Januar 2002 wirksam. 5 In der angefochtenen Entscheidung vertrat die Kommission die Auffassung, dass der Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit im vorliegenden Fall keine Anwendung finde und der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität anzuwenden sei, da Parker ITR die wirtschaftliche Nachfolgerin der Marineschlauchsparte von ITR und der Saiag SpA sei und somit für die von ITR und Saiag vor dem 1. Januar 2002 als dem Zeitpunkt, zu dem ihr die Vermögenswerte aus dem Marineschlauchsektor übertragen worden seien, begangene Zuwiderhandlung haftbar zu machen sei. Parker-Hannifin wurde für das Verhalten von Parker ITR ab dem Zeitpunkt der Übernahme von Parker ITR am 31. Januar 2002 gesamtschuldnerisch haftbar gemacht. Daher stellte die Kommission fest, dass Parker ITR für die Zuwiderhandlung vom 1. April 1986 bis zum 2. Mai 2007 haftbar zu machen sei, und verhängte gegen Parker ITR eine Geldbuße in Höhe von 25610000 Euro, für die Parker-Hannifin in Höhe von 8320000 Euro gesamtschuldnerisch haftbar gemacht wurde. 6 Am 9. April 2009 erhoben Parker ITR und Parker-Hannifin vor dem Gericht Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, soweit diese sie betreffe, hilfsweise auf Herabsetzung der verhängten Geldbuße. 7 In seinem Urteil vom 17. Mai 2013, Parker ITR und Parker-Hannifin/Kommission (T‑146/09, im Folgenden: Urteil des Gerichts, EU:T:2013:258), stellte das Gericht fest, dass der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität in Situationen wie der vorliegenden nicht anwendbar sei und dass der Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit angewandt werden müsse. Daher war das Gericht der Auffassung, dass der von ihm zu entscheidende Fall die von einem am Kartell beteiligten Unternehmen, d. h. Saiag und ihrer Tochtergesellschaft ITR, vorgenommene Übertragung eines Teils der Geschäftstätigkeit von ITR an einen unabhängigen Dritten, d. h. Parker-Hannifin, betreffe, da die Gründung von ITR Rubber und die Übertragung der Vermögenswerte von ITR auf ITR Rubber im Wesentlichen aus einer Umwandlung des Geschäftsbereichs Kautschukschläuche in eine Tochtergesellschaft mit dem Ziel der Übernahme durch Parker-Hannifin bestanden habe (Rn. 115 des Urteils des Gerichts). Zwischen dem übertragenden Unternehmen, d. h. Saiag oder ITR, und dem Unternehmen, auf das übertragen worden sei, d. h. Parker-Hannifin, bestehe keine Verbindung (Rn. 116 des Urteils des Gerichts). In Anwendung des Grundsatzes der persönlichen Verantwortlichkeit habe die Kommission feststellen müssen, dass ITR und Saiag für die Zuwiderhandlung bis zum 1. Januar 2002 verantwortlich seien, so dass sie die Verantwortlichkeit von ITR Rubber (jetzt Parker ITR) für die Zeit vor dem 1. Januar 2002 nicht habe bejahen können (Rn. 118 und 119 des Urteils des Gerichts). Aus diesem Grund erklärte das Gericht die angefochtene Entscheidung insoweit für nichtig, als darin die Beteiligung von Parker ITR an der Zuwiderhandlung vor dem 1. Januar 2002 festgestellt wurde, und setzte den Betrag der gegen Parker ITR verhängten Geldbuße auf 6400000 Euro fest, wofür Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch bis zu einem Betrag von 6300000 Euro haftete. 8 Die Kommission legte mit Rechtsmittelschrift, die am 1. August 2013 bei der Kanzlei des Gerichtshofs einging, ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts ein. 9 Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 18. Dezember 2014, Kommission/Parker Hannifin Manufacturing und Parker-Hannifin (C‑434/13 P, im Folgenden: Rechtsmittelurteil, EU:C:2014:2456), im Wesentlichen festgestellt, dass das Gericht zu Unrecht zwei unterschiedliche Vorgänge einer gemeinsamen Beurteilung unterzogen hat, da es nur die Übernahme von ITR Rubber durch Parker-Hannifin berücksichtigt hat, obwohl zuvor eine konzerninterne Übertragung der Vermögenswerte von ITR an ITR Rubber stattgefunden hatte, die für die Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität relevant war (Rn. 46, 49 und 54 des Rechtsmittelurteils). Nach Auffassung des Gerichtshofs ist dieser Grundsatz aufgrund der strukturellen Verbindungen zwischen ITR und ihrer 100%igen Tochtergesellschaft zum Zeitpunkt der Übertragung der Vermögenswerte auf ITR Rubber anwendbar (Rn. 55 des Rechtsmittelurteils). Der Gerichtshof hat jedoch festgestellt, dass eine wirtschaftliche Kontinuität verneint werden könnte, wenn keine tatsächlichen Verbindungen in Form der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses von ITR auf ITR Rubber bestanden, was im ersten Rechtszug nicht geprüft worden war (Rn. 56 und 65 des Rechtsmittelurteils). Deshalb hat der Gerichtshof die Nrn. 1 bis 3 des Tenors des Urteils des Gerichts aufgehoben und die Sache zur Entscheidung über die Begründetheit der Klage an das Gericht zurückverwiesen. 10 Eine ausführliche Darstellung des Sachverhalts, insbesondere des Marineschlauchsektors, sowie ein chronologischer Überblick zu den Klägerinnen und eine Zusammenfassung des Verwaltungsverfahrens und der angefochtenen Entscheidung finden sich in den Rn. 1 bis 34 des Urteils des Gerichts und in den Rn. 6 bis 17 des Rechtsmittelurteils. Verfahren und Anträge der Parteien 11 Auf das Rechtsmittelurteil hin ist die vorliegende Rechtssache gemäß Art. 118 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 der Sechsten Kammer des Gerichts zugewiesen worden. 12 Da ein Mitglied der Sechsten Kammer an der weiteren Mitwirkung am Verfahren gehindert war, hat der Präsident des Gerichts einen anderen Richter bestimmt, durch den die Kammer ergänzt worden ist. 13 Auf Vorschlag des Berichterstatters hat das Gericht (Sechste Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen der in Art. 89 seiner Verfahrensordnung vorgesehenen prozessleitenden Maßnahmen die Kommission zur Vorlage bestimmter Unterlagen aufgefordert. Die Kommission ist dieser Aufforderung fristgerecht nachgekommen. 14 Die Parteien haben in der Sitzung vom 24. Februar 2016 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet. 15 Die Klägerinnen beantragen, — die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit Parker ITR für die Zuwiderhandlung vom 1. April 1986 bis zum 31. Januar 2002 eine Haftung auferlegt wird; — die gegen sie festgesetzte Geldbuße erheblich herabzusetzen; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 16 Die Kommission beantragt, — die Nichtigkeitsklage in vollem Umfang abzuweisen; — den Klägerinnen die Kosten der Verfahren T‑146/09, C‑434/13 P und T‑146/09 RENV aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung Zur Tragweite der Klage nach Zurückverweisung Vorbringen der Parteien 17 Die Klägerinnen sind der Auffassung, das Gericht müsse, wenn es nach Zurückverweisung entscheide, sich zu allen von ihnen geltend gemachten Nichtigkeitsgründen äußern, soweit sie sich in einem der Bestandteile des vom Gerichtshof aufgehobenen Urteilstenors niederschlügen, einschließlich der Nichtigkeitsgründe, die im ersten Rechtszug als ins Leere gehend zurückgewiesen worden seien oder denen nur deshalb gefolgt worden sei, weil sich dies schlicht daraus ergebe, dass einem nach Zurückverweisung erneut zu prüfenden Nichtigkeitsgrund gefolgt worden sei. 18 Im Übrigen erklären die Klägerinnen in ihrer Stellungnahme die Rücknahme ihrer Klagegründe 2, 3, 4, 7 und 9. 19 Die Kommission vertritt die Auffassung, das Gericht könne im Rahmen der vorliegenden Klage nach Zurückverweisung nicht erstmals Vorbringen würdigen, das im Rahmen der ursprünglichen Klage nicht geltend gemacht worden sei oder das, nachdem das Gericht es als unbegründet zurückgewiesen habe, nicht Gegenstand eines Rechtsmittels gewesen sei, was u. a. bei dem Vorbringen zur Obergrenze von 10 % des Umsatzes im Rahmen des achten Klagegrundes der Fall sei. Darüber hinaus sei eine neuerliche Prüfung im Rahmen der Klage nach Zurückverweisung ausgeschlossen, soweit sie Umstände betreffe, über die der Gerichtshof im Rechtsmittelurteil endgültig entschieden habe. Würdigung durch das Gericht 20 Wie oben in Rn. 18 dargelegt, haben die Klägerinnen die Klagegründe 2, 3, 4, 7 und 9 zurückgenommen. 21 Nach Art. 61 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der gemäß Art. 53 Abs. 1 der Satzung auf das Gericht anwendbar ist, ist das Gericht, wenn das Rechtsmittel begründet ist und die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverwiesen wird, an die rechtliche Beurteilung in der Entscheidung des Gerichtshofs gebunden. 22 Nach Aufhebung durch den Gerichtshof und Zurückverweisung der Sache an das Gericht wird diese nach Art. 215 der Verfahrensordnung durch das zurückverweisende Urteil beim Gericht anhängig, das erneut über alle vom Kläger geltend gemachten Klagegründe zu entscheiden hat, mit Ausnahme der vom Gerichtshof nicht aufgehobenen Teile des Tenors und der diesen Teilen notwendigerweise zugrunde liegenden Ausführungen, da diese rechtskräftig geworden sind (Urteil vom 14. September 2011, Marcuccio/Kommission, T‑236/02, EU:T:2011:465, Rn. 83). 23 Vorliegend hat der Gerichtshof in seinem Rechtsmittelurteil die Nrn. 1 bis 3 des Tenors des Urteils des Gerichts aufgehoben, die Sache zur Entscheidung über die Begründetheit der Klage an das Gericht zurückverwiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten. Folglich hat das Gericht, das an die rechtliche Beurteilung im Rechtsmittelurteil gebunden ist, nach der Zurückverweisung der Sache durch den Gerichtshof über alle Klagegründe zu entscheiden, die die Klägerinnen zur Stützung ihrer Klage geltend gemacht haben, soweit sie die Grundlage der vom Gerichtshof aufgehobenen Nrn. 1 bis 3 des Tenors des Urteils des Gerichts bilden. 24 Dem Urteil des Gerichts zufolge stützen sich die Nrn. 1 bis 3 des Urteilstenors darauf, dass dem ersten Teil des ersten Klagegrundes sowie dem fünften und dem sechsten Klagegrund stattgegeben wurde und im Rahmen der Prüfung dieser Klagegründe Rechtsverstöße festgestellt wurden. 25 Was den achten Klagegrund betrifft, hat der Gerichtshof im Rechtsmittelurteil das gegen die Beurteilung des achten Klagegrundes durch das Gericht gerichtete Vorbringen der Klägerinnen mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen, dass die Klägerinnen kein Anschlussrechtsmittel mit gesondertem, von der Rechtsmittelbeantwortung getrenntem Schriftsatz eingelegt hatten. 26 In den Rn. 94 bis 97 des Rechtsmittelurteils hat der Gerichtshof nämlich festgestellt: „94 In Rn. 228 des angefochtenen Urteils hat das Gericht … den achten Klagegrund als unbegründet erachtet, soweit er sich auf die Zeit der Zuwiderhandlung nach dem 1. Januar 2002 bezog, was den Zeitraum vom 1. bis zum 31. Januar 2002 einschließt, in dem ITR Rubber noch nicht zur Parker-Hannifin-Gruppe gehörte. 95 Die vom Gericht vorgenommene Würdigung spiegelt sich in der Berechnungsmethode wider, die es für die Neuberechnung der gegen Parker ITR verhängten Geldbuße herangezogen hat, sowie in Nr. 3 des Tenors des angefochtenen Urteils, in der es nicht zwischen der Zeit vom 1. bis zum 31. Januar 2002 und dem darauffolgenden Zeitraum unterschieden hat. 96 Demnach hat das Gericht im Rahmen des achten Klagegrundes sehr wohl die von Parker ITR und Parker-Hannifin aufgeworfene Frage geprüft und entschieden, indem es ihr Vorbringen zurückgewiesen hat. 97 Unter diesen Umständen ist das Vorbringen der Rechtsmittelgegnerinnen zur Anwendung von Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 als unzulässig zurückzuweisen, da sie gegen die vom Gericht vorgenommene Würdigung ihres achten Klagegrundes entgegen dem Erfordernis in Art. 176 Abs. 2 der Verfahrensordnung kein Anschlussrechtsmittel mit gesondertem, von der Rechtsmittelbeantwortung getrenntem Schriftsatz eingelegt haben.“ 27 Im Licht der Würdigungen des Gerichtshofs, insbesondere in Rn. 97 des Rechtsmittelurteils, ist, da der achte Klagegrund im Urteil des Gerichts für die Zeit nach dem 1. Januar 2002 zurückgewiesen wurde, dieser Teil des Urteils, gegen den kein Anschlussrechtsmittel eingelegt und der folglich vom Gerichtshof nicht aufgehoben wurde, als rechtskräftig anzusehen. 28 In Rn. 228 des Urteils des Gerichts hat das Gericht jedoch, da es dem ersten Klagegrund gefolgt war, den achten Klagegrund als ins Leere gehend zurückgewiesen, soweit er sich auf die Zeit vor dem 1. Januar 2002 beziehe, und es hat die anderen Rügen, mit denen ein Verstoß gegen die Grundsätze der persönlichen Verantwortlichkeit und der Verhältnismäßigkeit und ein Begründungsmangel geltend gemacht wurden, nicht geprüft, soweit sie sich auf den genannten Zeitraum bezogen. 29 Zudem ist festzustellen, dass der Würdigung des achten Klagegrundes, was die Zeit der Zuwiderhandlung vor dem 1. Januar 2002 betrifft, im Urteil des Gerichts der Umstand zugrunde lag, dass dem ersten Klagegrund gefolgt worden war und dass dies, wie insbesondere aus den Rn. 253 und 255 des Urteils des Gerichts hervorgeht, die notwendige Grundlage für die Nrn. 1 bis 3 seines Tenors bildet, die vom Gerichtshof aufgehoben worden sind. 30 Somit kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Gericht den achten Klagegrund, soweit er sich auf die Zeit vor dem 1. Januar 2002 bezieht, inhaltlich geprüft hat. 31 Folglich ist der achte Klagegrund zu prüfen, soweit er sich auf die Zeit vor dem 1. Januar 2002 bezieht. 32 Angesichts dieser Erwägungen hat das Gericht über die Begründetheit der Klage nach Zurückverweisung zu entscheiden, indem es die Klagegründe 1, 5, 6 und – unter den oben in Rn. 31 dargelegten Voraussetzungen – 8 prüft. Zum ersten Klagegrund: irrige Zurechnung der Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung für die Zeit vor dem 1. Januar 2002 an Parker ITR 33 Der erste Klagegrund gliedert sich in drei Teile. Mit dem ersten Teil wird ein Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit, mit dem zweiten Teil ein Ermessensmissbrauch und eine Umgehung von Art. 25 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) und mit dem dritten Teil ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und die Begründungspflicht geltend gemacht. 34 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen zum ersten Klagegrund entgegen. Zur Zulässigkeit des Vorbringens zur Begründung betreffend die Verbindungen zwischen ITR und ITR Rubber 35 Im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes, der sich auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit stützt, rügen die Klägerinnen insbesondere eine unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung im Hinblick auf die Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität auf der Grundlage der Verbindungen zwischen ITR und ITR Rubber, die erstmals in der angefochtenen Entscheidung geltend gemacht worden seien, zumal die Anwendung dieses Grundsatzes eine Abweichung von der früheren Entscheidungspraxis der Kommission darstelle, die auf dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit beruht habe. 36 Die Kommission macht geltend, ein solches Vorbringen der Klägerinnen im Rahmen ihrer Stellungnahme zur Klage nach Zurückverweisung sei ein neuer Klagegrund, der in den ursprünglich geltend gemachten Klagegrund eingefügt worden sei, dessen Inhalt verändere und daher nicht zulässig sei. 37 Der erste Klagegrund, wie er in der Klageschrift formuliert war, enthielt zwar keinen Hinweis auf eine fehlende Begründung speziell in Bezug auf die von der Kommission vorgenommene Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität aufgrund der bestehenden Verbindungen zwischen ITR und ITR Rubber. 38 Es ist jedoch zum einen festzustellen, dass ein Verstoß gegen die Begründungspflicht einen Gesichtspunkt darstellt, der von Amts wegen zu prüfen ist und in jedem Stadium des Verfahrens geprüft werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 48 bis 50). 39 Zum anderen haben die Klägerinnen im Rahmen des dritten Teils des ersten Klagegrundes einen Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt, soweit ITR Rubber die Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung für die Zeit vor dem 1. Januar 2002 unter Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität zugerechnet worden war, da die Kommission von ihrer früheren Praxis, die sich auf den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit gestützt habe, abgewichen sei. Damit kann davon ausgegangen werden, dass das Vorbringen der Klägerinnen in ihrer Stellungnahme nach dem Rechtsmittelurteil, das die fehlende Begründung der Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität auf der Grundlage der Verbindungen zwischen ITR und ITR Rubber betrifft, mit dem Vorbringen im Rahmen des dritten Teils des ersten Klagegrundes betreffend den Verstoß gegen die Begründungspflicht eng zusammenhängt und dieses näher ausführt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. April 2010, Gütermann und Zwicky/Kommission, T‑456/05 und T‑457/05, EU:T:2010:168, Rn. 199). 40 Unter diesen Umständen ist dieses Vorbringen als zulässig anzusehen, da es an den dritten Teil des ersten Klagegrundes, in dessen Rahmen es zu prüfen ist, anknüpft. Zur Zurechnung der Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung von ITR für die Zeit vor dem 1. Januar 2002 an Parker ITR 41 Im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes machen die Klägerinnen im Wesentlichen geltend, die Kommission habe einen Rechtsfehler begangen, als sie Parker ITR die Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung von ITR in der Zeit vor dem 1. Januar 2002 als dem Zeitpunkt, zu dem Parker ITR ihre Geschäftstätigkeit im Marineschlauchsektor aufgenommen habe, in Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität und unter Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit zugerechnet habe. – Zur Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität 42 In Rn. 46 des Rechtsmittelurteils hat der Gerichtshof festgestellt: „46 [Es] ist festzustellen, dass das Gericht zwei unterschiedliche Vorgänge einer gemeinsamen Beurteilung unterzogen hat, als es in Rn. 116 des angefochtenen Urteils verneint hat, dass der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität angewandt werden könne, wenn – wie im vorliegenden Fall – zwischen dem übertragenden Unternehmen (… Saiag … oder ihrer Tochtergesellschaft ITR …) und dem Unternehmen, auf das übertragen werde (Parker-Hannifin), keine strukturelle Verbindung bestehe. Das Gericht hat nicht berücksichtigt, dass … ITR … zunächst ihren Geschäftsbereich Marineschläuche auf eine ihrer Tochtergesellschaften übertragen hatte, bevor sie diese Tochtergesellschaft an Parker-Hannifin veräußerte.“ 43 In den Rn. 50 bis 53 des Rechtsmittelurteils hat der Gerichtshof zur Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität festgestellt: „50 … [D]er maßgebliche Zeitpunkt für die im Hinblick auf die Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität vorzunehmende Prüfung, ob die Tätigkeiten konzernintern oder aber zwischen selbständigen Unternehmen übertragen wurden, [ist] der Zeitpunkt der Übertragung selbst … 51 Zu diesem Zeitpunkt müssen zwischen der übertragenden und der übernehmenden Gesellschaft zwar strukturelle Verbindungen bestehen, die nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit die Annahme zulassen, dass die beiden Einrichtungen ein einziges Unternehmen bilden, doch ist es angesichts des mit dem Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität angestrebten Ziels nicht erforderlich, dass diese Verbindungen während des ganzen verbleibenden Zeitraums der Zuwiderhandlung oder bis zum Erlass der Entscheidung, mit der die Zuwiderhandlung geahndet wird, fortbestehen. … 52 Aus den gleichen Gründen ist es auch nicht erforderlich, dass die strukturellen Verbindungen, die die Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität erlauben, über einen bestimmten Mindestzeitraum bestehen, der jedenfalls nur im Einzelfall und rückwirkend bestimmt werden könnte. 53 Was … die Berücksichtigung – im Hinblick auf die Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität – des mit der Übertragung von Tätigkeiten verfolgten Ziels anbelangt, führt der Grundsatz der Rechtssicherheit auch dazu, dass der in Rn. 115 des angefochtenen Urteils angeführte Umstand, dass die übernehmende Einrichtung geschaffen worden sei und die Aktiva erhalten habe, um anschließend an einen unabhängigen Dritten veräußert zu werden, als unerheblich zurückzuweisen ist. Die Berücksichtigung des wirtschaftlichen Beweggrundes für die Schaffung einer Tochtergesellschaft als mehr oder weniger langfristig verfolgtes Ziel einer Übertragung dieser Tochtergesellschaft auf ein drittes Unternehmen würde nämlich in die Umsetzung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität subjektive Faktoren einbringen, die mit einer transparenten und vorhersehbaren Anwendung dieses Grundsatzes unvereinbar sind.“ 44 In den Rn. 54 bis 56 des Rechtsmittelurteils hat der Gerichtshof festgestellt, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, als es entschied, dass der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität keine Anwendung finde: „54 Was … die Feststellung in Rn. 116 des angefochtenen Urteils angeht, wonach die Kommission unter den Umständen des vorliegenden Falles die früheren Betreiber für die vor der Übertragung der Tätigkeiten begangene Zuwiderhandlung hätte haftbar machen müssen, so ist sie Teil einer fehlerhaften Begründung, mit der das Gericht von vornherein das Vorliegen einer wirtschaftlichen Kontinuität verneint hat. Nach ständiger Rechtsprechung hindert, wenn ein solcher Fall vorliegt, der bloße Umstand, dass die Einrichtung, die die Zuwiderhandlung begangen hat, noch besteht, für sich allein nicht daran, der Einrichtung, auf die sie ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten übertragen hat, eine Sanktion aufzuerlegen … 55 Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass das Gericht insofern einen Rechtsfehler begangen hat, als es in den Rn. 115 und 116 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass im vorliegenden Fall eine wirtschaftliche Kontinuität zu verneinen sei, weil zwischen der übertragenden und der übernehmenden Einrichtung – die es als … Saiag … oder … ITR … und Parker-Hannifin identifiziert hatte – keine strukturellen Verbindungen bestünden, ohne die Verbindungen zu berücksichtigen, die zwischen … ITR … und ITR Rubber zum Zeitpunkt der zwischen diesen beiden Einrichtungen erfolgten Übertragung von Tätigkeiten bestanden. 56 Ein solcher Fehler könnte allerdings unbeachtlich sein, wenn eine wirtschaftliche Kontinuität jedenfalls deshalb zu verneinen wäre, weil zwischen … ITR … und ITR Rubber keine tatsächlichen Verbindungen bestanden. Vor diesem Hintergrund ist das Vorbringen der Rechtsmittelgegnerinnen zu prüfen, wonach das Gericht zu Recht eine wirtschaftliche Kontinuität verneint habe, da die Kommission in der streitigen Entscheidung nicht geprüft habe, ob ITR Rubber tatsächlich der Kontrolle durch … ITR … unterstehe.“ 45 Erstens ergibt sich aus den vorstehenden Erwägungen, dass für die Prüfung der Zurechnung der Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung von ITR in der Zeit vor dem 1. Januar 2002 die konzerninterne Übertragung von Tätigkeiten im Marineschlauchsektor von ITR auf ITR Rubber zu berücksichtigen ist. 46 Zweitens geht aus dem Rechtsmittelurteil hervor, dass bei der Beurteilung, ob der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität anzuwenden ist, auf den Zeitpunkt der Übertragung der fraglichen Tätigkeiten abzustellen ist. 47 Drittens geht aus den Erwägungen des Gerichtshofs im Rechtsmittelurteil hervor, dass das Ziel der Übertragung der Tätigkeiten im Marineschlauchsektor von der Saiag-Gruppe und ihrer Tochtergesellschaft ITR auf Parker-Hannifin als Gesellschaft der Parker-Gruppe durch Umwandlung dieses Geschäftsbereichs in eine Tochtergesellschaft, d. h. durch Gründung der Gesellschaft ITR Rubber, nicht zu berücksichtigen ist. Nach Auffassung des Gerichtshofs sind nämlich das Ziel und der wirtschaftliche Beweggrund eines solchen Vorgangs nicht relevant. 48 Viertens folgt daraus, dass nach der konzerninternen Übertragung der Tätigkeiten zwischen ITR und ihrer 100%igen Tochtergesellschaft ITR Rubber angesichts der strukturellen Verbindungen zwischen diesen beiden Gesellschaften zum Zeitpunkt der fraglichen Übertragung, d. h. am 1. Januar 2002, die Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität im vorliegenden Fall nicht verneint werden kann. 49 Schließlich geht aus den Erwägungen des Gerichtshofs hervor, dass die Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität trotz der strukturellen Verbindungen zwischen ITR und ITR Rubber im vorliegenden Fall verneint werden könnte, wenn ITR keine tatsächliche Kontrolle in Form der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses über ITR Rubber besaß, wobei eine solche tatsächliche Kontrolle als erwiesen anzusehen ist, wenn Parker ITR und Parker-Hannifin die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses von ITR auf ITR Rubber zum Zeitpunkt der fraglichen Übertragung innerhalb der Saiag-Gruppe am 1. Januar 2002 nicht widerlegen. – Zur Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses 50 In Rn. 370 der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass zum Zeitpunkt der Übertragung der den Gegenstand der Zuwiderhandlung bildenden Tätigkeiten von ITR auf ITR Rubber diese beiden Gesellschaften auf wirtschaftlicher Ebene durch die Beziehung Muttergesellschaft/100%ige Tochtergesellschaft miteinander verbunden gewesen seien und demselben Konzern angehört hätten. Die Klägerinnen bestreiten das Vorliegen der strukturellen Verbindungen nicht. 51 Hierzu hat der Gerichtshof in Rn. 62 des Rechtsmittelurteils festgestellt, dass es Sache der Klägerinnen ist, die widerlegbare Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses von ITR auf ITR Rubber durch die Vorlage ausreichender Beweise dafür, dass die Tochtergesellschaft auf dem Markt eigenständig auftrat, zu widerlegen. 52 In den Rn. 65 und 66 des Rechtsmittelurteils hat der Gerichtshof nämlich festgestellt, dass das Gericht dadurch einen Rechtsfehler begangen hat, dass es bei der Prüfung, ob die Kommission den Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität im vorliegenden Fall richtig angewandt hatte, nicht die von den Klägerinnen zum Vorliegen oder Fehlen tatsächlicher Verbindungen in Form eines bestimmenden Einflusses von ITR auf ITR Rubber angeführten Gesichtspunkte untersucht hat. 53 Folglich ist im Rahmen der vorliegenden Klage nach Zurückverweisung an das Gericht zu prüfen, ob die Beweise, die die Klägerinnen vorgelegt haben, für den Nachweis ausreichen, dass die Tochtergesellschaft ITR Rubber auf dem Markt eigenständig auftrat. 54 Das Gericht hat die Prüfung für die Zwecke der Zurechnung der Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung der Muttergesellschaft, d. h. ITR, an ihre Tochtergesellschaft ITR Rubber im Licht der Rechtsprechung vorzunehmen, die der Gerichtshof in Rn. 58 seines Rechtsmittelurteils angeführt hat. Nach dieser Rechtsprechung besteht in dem besonderen Fall, in dem eine Muttergesellschaft das gesamte oder nahezu das gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft hält und die Tochtergesellschaft gegen die Wettbewerbsregeln der Europäischen Union verstoßen hat, eine widerlegbare Vermutung, dass die Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausübt. Bei einer solchen Sachlage kann die Kommission schon dann von der Anwendbarkeit dieser Vermutung ausgehen, wenn sie nachweist, dass die Muttergesellschaft das gesamte oder nahezu das gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft hält. Die Vermutung ist indessen widerlegbar, und die Einrichtungen, die die fragliche Vermutung widerlegen wollen, können alle Gesichtspunkte in Bezug auf die wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen zwischen der Tochtergesellschaft und der Muttergesellschaft anführen, die sie als geeignet für den Nachweis ansehen, dass die Tochtergesellschaft und die Muttergesellschaft keine wirtschaftliche Einheit darstellen, sondern die Tochtergesellschaft sich auf dem Markt autonom verhält (vgl. Urteile vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, C‑97/08 P, EU:C:2009:536, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 8. Mai 2013, Eni/Kommission, C‑508/11 P, EU:C:2013:289, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 18. Juli 2013, Schindler Holding u. a./Kommission, C‑501/11 P, EU:C:2013:522, Rn. 105 bis 111). – Zur Widerlegung der Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses 55 Die Klägerinnen machen geltend, ITR habe keinen bestimmenden Einfluss auf ITR Rubber ausgeübt, und berufen sich dafür auf die folgenden Gesichtspunkte. 56 Erstens habe ITR Rubber seit ihrer Gründung als Gesellschaft am 27. Juni 2001 bis zum 1. Januar 2002 keine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt, so dass ITR während dieses Zeitraums keinen bestimmenden Einfluss habe ausüben und ihrer Tochtergesellschaft auch keine geschäftlichen Anweisungen habe erteilen können. 57 Hierzu genügt der Hinweis, dass, wie insbesondere aus den Rn. 56 ff. des Rechtsmittelurteils hervorgeht und von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt worden ist, für die im Hinblick auf die Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität vorzunehmende Prüfung der Zeitpunkt der Übertragung der Tätigkeiten von ITR auf ITR Rubber maßgeblich ist. Folglich geht das Vorbringen der Klägerinnen, das sich auf den Zeitraum vor dieser Übertragung bezieht, ins Leere. 58 Die Klägerinnen räumen ein, dass ITR Rubber ab dem 1. Januar 2002, als ihr die Tätigkeiten von ITR übertragen wurden, den normalen Geschäftsbetrieb fortgeführt und folglich die ihr übertragenen Tätigkeiten ausgeübt hat. 59 Die Klägerinnen machen zweitens geltend, nach Art. 7.21 des Vertrags über die Übertragung auf Parker-Hannifin hätten weder Saiag noch ITR, noch ITR Rubber zwischen dem 1. Januar 2002 und dem 31. Januar 2002 Maßnahmen im Rahmen der Tätigkeiten im Kautschuksektor, die sich auf die Interessen von Parker-Hannifin als künftiger Erwerberin auswirken könnten, ohne deren vorherige Zustimmung treffen können. Dies habe nicht nur Saiag und ITR an der Beeinflussung von ITR Rubber und erst recht an der Ausübung eines bestimmenden Einflusses gehindert, sondern darüber hinaus Parker-Hannifin das Recht gewährt, ITR Rubber gemeinsam mit ITR zu kontrollieren. 60 Hierzu ist festzustellen, dass nach Art. 7.21 des Übertragungsvertrags die Verkäuferin ITR sich u. a. verpflichtete, ITR Rubber im normalen Geschäftsbetrieb zu führen, und alle Entscheidungen, die über den normalen Geschäftsbetrieb hinausgehen, einer vorherigen Zustimmung des Erwerbers bedurften. Die vorherige Zustimmung des Erwerbers war u. a. für Änderungen bei der Vergütung der Beschäftigten, der Verteilung von Dividenden, Kapitalausgaben über 100000 Euro und dem Verkauf von Vermögenswerten außerhalb des normalen Geschäftsbetriebs erforderlich. 61 Zunächst steht fest, dass der Zeitpunkt der Übertragung der Gesellschaft ITR Rubber auf Parker-Hannifin der 31. Januar 2002 ist. Folglich kann der Umstand, dass der Übertragungsvertrag vom 5. Dezember 2001 festlegte, wie ITR Rubber zwischen diesem Zeitpunkt und dem Zeitpunkt dem tatsächlichen Abschluss des Übertragungsgeschäfts zu führen war, nicht als Übertragung der Kontrolle über diese Gesellschaft vom Veräußerer auf den Erwerber angesehen werden. Wie die Klägerinnen nämlich selbst einräumen, dienten diese Bestimmungen dem Schutz des Interesses des Erwerbers daran, dass die Gesellschaft oder die fraglichen Vermögenswerte, insbesondere ihr Wert, bis zum Zeitpunkt des Abschlusses in einem Zustand bewahrt werden, der den Zustand wiedergibt, der bei der Unterzeichnung des Übertragungsvertrags durch den Erwerber berücksichtigt wurde. 62 Sodann stellen sich die Verpflichtungen des Veräußerers gegenüber dem Erwerber während der sogenannten Übergangszeit vor dem Abschluss der Übertragung zwar für den Erwerber als Rechte dar, insbesondere im Hinblick auf die vorherige Zustimmung für Maßnahmen außerhalb des normalen Geschäftsbetriebs, doch waren sie naturgemäß vorübergehend und vom tatsächlichen Abschluss des Geschäfts abhängig. 63 Nach Art. 7.21 des Übertragungsvertrags schließlich verpflichtete sich ITR, ITR Rubber während der sogenannten Übergangszeit zwischen der Unterzeichnung des Vertrags und dem Abschluss des Geschäfts im normalen Geschäftsbetrieb zu führen. Diese Verpflichtung implizierte jedoch, dass ITR tatsächlich Entscheidungen über die Führung von ITR Rubber treffen konnte. Zwar benötigte ITR für Entscheidungen, die über den normalen Geschäftsbetrieb hinausgingen, die vorherige Zustimmung von Parker-Hannifin. Dennoch war ITR aufgrund des Übertragungsvertrags befugt und verpflichtet, den normalen Geschäftsbetrieb von ITR Rubber zu gewährleisten. Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen ist diese Verpflichtung, die von ITR im Übertragungsvertrag übernommen wurde, in Wirklichkeit ein Indiz dafür, dass die Tochtergesellschaft ITR Rubber auf dem Markt nicht eigenständig auftrat. 64 Auch wenn nämlich nicht davon ausgegangen werden kann, dass ITR Rubber in der „Übergangszeit“ von Parker-Hannifin kontrolliert wurde, kann ITR Rubber doch ebenso wenig als eigenständige Einheit, die völlig unabhängig über ihre Tätigkeiten entscheiden konnte, angesehen werden, da ITR sicherstellte, dass ITR Rubber – insbesondere in ihrer Geschäftspolitik – nicht vom normalen Geschäftsbetrieb abwich. Insoweit konnte ITR Rubber aufgrund der Verpflichtung ihrer Muttergesellschaft z. B. nicht einseitig beschließen, ihre Geschäftspolitik zu ändern oder ihre Tätigkeiten einzustellen, was möglich gewesen wäre, wenn ITR Rubber eine völlig eigenständige Einrichtung gewesen wäre. 65 Im Übrigen war es auch ITR, die am 1. Januar 2002 ITR Rubber die einzigen in deren Besitz befindlichen Vermögenswerte übertragen hatte, während ITR Rubber zuvor, wie die Klägerinnen bestätigen, eine Gesellschaft ohne Vermögenswerte und ohne Geschäftstätigkeit war. 66 Darüber hinaus war die Übertragung von ITR Rubber auf Parker-Hannifin bis zum Abschluss des Geschäfts nicht endgültig. Folglich war, wie die Kommission zu Recht vorgetragen hat, ITR während der Übergangszeit als 100%ige Eigentümerin von ITR Rubber berechtigt, von der Übertragung zurückzutreten, wodurch sie sich allerdings Schadensersatzansprüchen des künftigen Erwerbers u. a. aufgrund der vertraglich festgelegten Schadensersatzregelungen aussetzte. 67 Drittens machen die Klägerinnen geltend, der Zeitraum von einem Monat, in dem ITR 100%ige Eigentümerin von ITR Rubber gewesen sei, nachdem die Tätigkeiten im Marineschlauchsektor übertragen worden seien und die Übertragung auf Parker-Hannifin noch nicht wirksam gewesen sei, sei zu kurz, um einen bestimmenden Einfluss von ITR oder Saiag auf ITR Rubber anzunehmen, selbst wenn sie ein solches Recht gehabt hätten. 68 Es ist festzustellen, dass die Länge des Zeitraums, in dem ITR nach der Übertragung der Tätigkeiten im Marineschlauchsektor 100%ige Eigentümerin von ITR Rubber war, für sich genommen nicht beweist, dass ITR Rubber in diesem Zeitraum eigenständig auf dem Markt auftrat. 69 Zum Zeitpunkt, zu dem die fraglichen Tätigkeiten wirksam auf ITR Rubber übertragen wurden, d. h. am 1. Januar 2002, war ITR nämlich 100%ige Eigentümerin ihrer Tochtergesellschaft und, wie oben in Rn. 63 dargelegt, aufgrund des am 5. Dezember 2001 unterzeichneten Vertrags über die Übertragung auf Parker-Hannifin verpflichtet, und sei es nur für einen kurzen Zeitraum, den normalen Geschäftsbetrieb von ITR Rubber zu gewährleisten 70 Wie außerdem oben in Rn. 66 dargelegt, war ITR bis zum Zeitpunkt, zu dem die Übertragung auf Parker-Hannifin wirksam wurde, berechtigt, über die Übertragung von ITR Rubber zu entscheiden, und dieses Recht konnte zu jedem Zeitpunkt vor dem Abschluss des Geschäfts ausgeübt werden. Im Übrigen war der Zeitpunkt des Abschlusses des Geschäfts nicht im Voraus durch den Übertragungsvertrag festgelegt worden, da er u. a. bestimmten Vorbedingungen unterlag. Zwar wurde der Erwerb von ITR Rubber durch Parker-Hannifin am 31. Januar 2002 wirksam, doch hätte er auch an einem anderen, zumal späteren Zeitpunkt stattfinden können. 71 Somit kann der Umstand, dass der Zeitraum zwischen der Übertragung der Tätigkeiten im Marineschlauchsektor auf ITR Rubber und der Übertragung von ITR Rubber auf Parker-Hannifin letztlich nur einen Monat betrug, nicht als Beweis dafür angesehen werden, dass ITR Rubber, obwohl sie eine 100%ige Tochtergesellschaft von ITR war, auf dem Markt eigenständig auftrat. 72 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die von den Klägerinnen geltend gemachten Gesichtspunkte nicht für den Nachweis ausreichen, dass ITR Rubber zwischen dem 1. und dem 31. Januar 2002 auf dem Markt eigenständig auftrat. Folglich haben die Klägerinnen die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses von ITR auf ihre 100%ige Tochtergesellschaft ITR Rubber nicht widerlegt. 73 Angesichts dieser Umstände hat die Kommission keinen Fehler begangen, als sie feststellte, dass Parker ITR in Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität aufgrund der Übertragung der von der Zuwiderhandlung betroffenen Vermögenswerte auf ITR Rubber für das Verhalten ihrer Vorgängerin ITR verantwortlich gemacht werden könne, da bei der Übertragung zwischen ITR und ITR Rubber Verbindungen bestanden und insbesondere ITR 100%ige Eigentümerin von ITR Rubber war, was die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf ihre Tochtergesellschaft zulässt. 74 Somit ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. Zur Anwendung von Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 75 Nach Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 unterliegt die Befugnis der Kommission zur Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern einer Verjährungsfrist von fünf Jahren, die bei dauernden oder fortgesetzten Zuwiderhandlungen erst mit dem Tag beginnt, an dem die Zuwiderhandlung beendet ist. Die Verjährung wird durch jede auf Ermittlung oder Verfolgung der Zuwiderhandlung gerichtete Handlung der Kommission oder der Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats unterbrochen. 76 Die Klägerinnen machen geltend, es gebe im vorliegenden Fall objektive, stichhaltige und übereinstimmende Indizien dafür, dass Parker ITR nur deshalb für die Zuwiderhandlung ihrer Vorgänger verantwortlich gemacht werde, um die Verjährungsfrist nach Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 zu umgehen. 77 Die Kommission trägt vor, nach ständiger Rechtsprechung verfüge sie bei der Bestimmung der Adressaten einer Entscheidung im Fall der wirtschaftlichen Nachfolge über ein Ermessen, das sie ordnungsgemäß ausgeübt habe. 78 Im vorliegenden Fall ist festgestellt worden, dass der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität aufgrund der Verbindungen zwischen ITR und ITR Rubber bei der Übertragung der Tätigkeiten im Marineschlauchsektor anwendbar war, weil die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses von ITR auf ITR Rubber nicht widerlegt wurde. Somit erfolgte die Zurechnung der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung vom 1. April 1986 bis zum 2. Mai 2007 an ITR Rubber für die Zeit vor dem 1. Januar 2002, in der ITR als Vorgängerin von ITR Rubber an der Zuwiderhandlung beteiligt war, aufgrund der Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität, der, wie oben in Rn. 73 dargelegt, zu Recht angewandt wurde. Folglich kann die Zurechnung entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht auf einem Ermessensmissbrauch und der Umgehung von Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 beruhen. 79 Somit begann die Verjährung der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, die Parker ITR zugerechnet wurde, am 2. Mai 2007, als die Kommission durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens eine Reihe von Überprüfungen u. a. bei Parker ITR vornahm. Folglich war die Befugnis der Kommission, gegen Parker ITR wegen der Zuwiderhandlung Sanktionen zu verhängen, nicht verjährt. 80 Unter diesen Umständen ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes, der einen Ermessensmissbrauch und die Umgehung von Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 betrifft, zurückzuweisen. Zur Begründungspflicht und zum Grundsatz der Gleichbehandlung 81 Was das Vorbringen zum Verstoß gegen die Begründungspflicht betrifft, ist zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität zur Bejahung der Verantwortlichkeit von Parker ITR für die Zeit vor dem 1. Januar 2002 ausreichend begründet war, einschließlich in Bezug auf die Verbindungen zwischen ITR und ITR Rubber. 82 Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 63, vom 30. September 2003, Deutschland/Kommission, C‑301/96, EU:C:2003:509, Rn. 87, und vom 22. Juni 2004, Portugal/Kommission, C‑42/01, EU:C:2004:379, Rn. 66). 83 In den Rn. 327 bis 329 der angefochtenen Entscheidung legte die Kommission dar, weshalb sie im vorliegenden Fall die Anwendung des Grundsatzes der persönlichen Verantwortlichkeit verneint und den Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität angewandt habe. Nach einer Darstellung der Fälle, in denen ihrer Meinung nach der Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit Anwendung findet, führte sie aus, dass demgegenüber in Fällen, in denen die Person, die für die Zuwiderhandlung verantwortlich sei, nicht mehr bestehe, da sie in ein anderes Rechtssubjekt überführt worden sei, das letztgenannte Rechtssubjekt verantwortlich gemacht werden müsse. In Rn. 328 stellte die Kommission außerdem den Grundsatz auf, dass, wenn ein Unternehmen von einem Rechtssubjekt auf ein anderes übertragen werde und übertragendes und erwerbendes Rechtssubjekt wirtschaftlich miteinander verflochten seien, die Haftung für zurückliegendes Verhalten des Veräußerers selbst dann auf den Erwerber übergehen könne, wenn der Veräußerer noch bestehe. 84 In Rn. 370 der angefochtenen Entscheidung erläuterte die Kommission unter Verweis auf ihre Erwägungen in Rn. 328 im Einzelnen die Gesichtspunkte, aufgrund deren sie in Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität ITR Rubber, nunmehr Parker ITR, die Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung für den Zeitraum vor dem 31. Januar 2002 zurechnete, nämlich das Vorliegen wirtschaftlicher Beziehungen zwischen einer Muttergesellschaft und einer 100%igen Tochtergesellschaft. 85 In Rn. 369 der angefochtenen Entscheidung erläuterte die Kommission die Argumente, die die Klägerinnen in Beantwortung der Mitteilung der Beschwerdepunkte gegen die Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität geltend gemacht hatten und die insbesondere dahin gingen, dass keine Verbindungen zwischen Parker ITR, vormals ITR Rubber, auf der einen und ITR und der Saiag-Gruppe auf der anderen Seite bestanden hätten. 86 In den Rn. 370 bis 373 der angefochtenen Entscheidung ging die Kommission auf diese Argumente ein, indem sie u. a. feststellte, selbst wenn die Übertragung von Vermögenswerten von ITR auf ITR Rubber mit dem Ziel ihres späteren Verkaufs an Parker-Hannifin erfolgt sei, habe die Übertragung zu einem Zeitpunkt stattgefunden, zu dem die beiden Unternehmen derselben Gruppe angehört hätten, was in Anwendung der Rechtsprechung im Urteil vom 11. Dezember 2007, ETI u. a. (C‑280/06, EU:C:2007:775), impliziere, dass die Verantwortlichkeit von ITR nach dem Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität ITR Rubber zugerechnet werde. Ferner stellte die Kommission fest, dass die anschließende Lösung der Verbindungen zwischen ITR und ITR Rubber nichts an dieser Schlussfolgerung ändere. 87 Folglich bringt die angefochtene Entscheidung die Gesichtspunkte, auf die sich die Kommission stützte, um im vorliegenden Fall die Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität zu bejahen, klar und eindeutig zum Ausdruck, einschließlich hinsichtlich der Verbindungen zwischen ITR und ITR Rubber, wobei den von den Klägerinnen im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Argumenten Rechnung getragen wird. 88 Was den Vorwurf der Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung durch die Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität gegenüber ITR Rubber und nicht gegenüber DOM betrifft, obwohl sich DOM nach Auffassung der Klägerinnen in einer sehr ähnlichen Lage befand, verlangt dieser Grundsatz nach ständiger Rechtsprechung, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil vom 14. September 2010, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission, C‑550/07 P, EU:C:2010:512, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung). 89 Im vorliegenden Fall geht aus Rn. 19 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass DOM, die von der Unipoly-Gruppe gegründet worden war, die Vermögenswerte der BTR-Gruppe im Marineschlauchsektor übernommen hatte. Somit erfolgte im Fall von DOM die Übertragung von Vermögenswerten zwischen Gesellschaften, die nicht strukturell verbunden waren, d. h. zwischen BTR auf der einen und DOM als Teil der Unipoly-Gruppe auf der anderen Seite. 90 Dagegen ist im Fall von ITR Rubber, wie oben in Rn. 45 dargelegt, gemäß dem Rechtsmittelurteil die Übertragung von Tätigkeiten im Marineschlauchsektor von ITR auf ITR Rubber, d. h. von der Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft, innerhalb der Saiag-Gruppe zu berücksichtigen, wobei das Ziel und der wirtschaftliche Beweggrund der Übertragung nicht relevant sind, wie aus Rn. 53 des Rechtsmittelurteils hervorgeht. 91 Aus den oben in den Rn. 42 und 43 zitierten Erwägungen des Gerichtshofs im Rechtsmittelurteil geht hervor, dass der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität in Fällen anwendbar ist, in denen zwischen der Gesellschaft, die an der Zuwiderhandlung beteiligt war, und der Tochtergesellschaft, deren von der Zuwiderhandlung betroffene Vermögenswerte im Hinblick auf einen späteren Verkauf an einen dritten Konzern übertragen werden, strukturelle und tatsächliche Verbindungen bestehen. Dagegen ist nach dieser Rechtsprechung der Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität nicht in Fällen anzuwenden, in denen die von der Zuwiderhandlung betroffenen Vermögenswerte auf eine Tochtergesellschaft übertragen werden, die innerhalb des erwerbenden Konzerns gegründet wurde und keine strukturellen Verbindungen mit dem Verkäufer aufweist. 92 Somit hat die Kommission nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, als sie den Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität auf ITR Rubber anwandte und seine Anwendung auf DOM verneinte, da die beiden Sachverhalte nicht vergleichbar sind. 93 Unter diesen Umständen sind der dritte Teil des ersten Klagegrundes und damit dieser Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum fünften Klagegrund: rechtswidrige Erhöhung des Betrags der gegen Parker ITR verhängten Geldbuße aufgrund der ihr zugeschriebenen Rolle als Anführerin der Zuwiderhandlung 94 Die Klägerinnen bestreiten erstens, dass ITR im Rahmen des Kartells vom 11. Juni 1999 bis zum 30. September 2001 eine Anführerrolle eingenommen habe, und machen geltend, dass die Kommission die Anführerrolle nicht ausreichend nachgewiesen habe, zweitens beanstanden sie, dass ITR Rubber die behauptete Anführerrolle von ITR zugerechnet wurde, und drittens widersprechen sie der Erhöhung des Betrags der Geldbuße, die aufgrund der ITR zugeschriebenen Anführerrolle gegen Parker ITR verhängt wurde. 95 Die Kommission macht geltend, die Gesichtspunkte, auf die sie sich gestützt habe, bewiesen insgesamt, dass ITR dazu beigetragen habe, die umfassende Funktionsfähigkeit des Kartells wiederherzustellen, und insbesondere bei der Wiedereinbindung von Yokohama in das Kartell eine Schlüsselrolle eingenommen habe. Dies rechtfertige die Erhöhung des Betrags der gegen Parker ITR verhängten Geldbuße um 30 %. Die Nennung von Parker ITR sei gerechtfertigt, weil das Unternehmen der wirtschaftliche Nachfolger von ITR sei. Zur Zurechnung der ITR zugeschriebenen Anführerrolle an ITR Rubber 96 Was die Bezugnahme auf Parker ITR und nicht ITR als Anführerin des Kartells in einem Zeitraum, in dem Parker ITR, die zunächst ITR Rubber hieß, noch nicht existierte, in der angefochtenen Entscheidung betrifft, ist vorab festzustellen, dass Parker ITR, wie oben in Rn. 73 dargelegt, nach dem Grundsatz der wirtschaftlichen Kontinuität für das Verhalten von ITR, einschließlich ihres Verhaltens vor der Gründung von ITR Rubber am 27. Juni 2001, verantwortlich gemacht werden musste. Insoweit ist, ohne der Sachentscheidung über die behauptete Anführerrolle von ITR vorzugreifen, nicht zu beanstanden, dass die Kommission sich hinsichtlich der ITR für den Zeitraum vom 11. Juni 1999 bis zum 30. September 2001 zugeschriebenen Anführerrolle auf Parker ITR, vormals ITR Rubber, bezog. Zu der ITR zugeschriebenen Anführerrolle 97 In Rn. 243 der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass ITR im Zeitraum vom 11. Juni 1999 bis zum 30. September 2001 das Kartell gemeinsam mit Herrn W. koordiniert habe. 98 Nach ständiger Rechtsprechung ist, wenn eine Zuwiderhandlung von mehreren Unternehmen begangen wurde, im Rahmen der Bemessung der Geldbuße deren jeweilige Rolle bei der Zuwiderhandlung während der Dauer ihrer Beteiligung daran zu ermitteln. Daraus folgt u. a., dass die von einem oder mehreren Unternehmen gespielte Rolle des „Anführers“ im Rahmen eines Kartells bei der Bemessung der Geldbuße zu berücksichtigen ist, da die Unternehmen, die eine solche Rolle gespielt haben, im Verhältnis zu den anderen Unternehmen eine besondere Verantwortung tragen müssen (vgl. Urteil vom 11. Juli 2014, Sasol u. a./Kommission, T‑541/08, EU:T:2014:628, Rn. 355 und die dort angeführte Rechtsprechung). 99 Im Einklang mit diesen Grundsätzen enthält Ziff. 28 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2; im Folgenden: Leitlinien) unter der Überschrift „Erschwerende Umstände“ eine nicht abschließende Aufzählung von Umständen, die zur Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße führen können, und zu diesen Umständen zählt die Rolle als Anführer des Verstoßes. 100 Um als Anführer eines Kartells eingestuft werden zu können, muss ein Unternehmen eine wichtige Antriebskraft für das Kartell gewesen sein oder eine besondere, konkrete Verantwortung für dessen Funktionieren getragen haben. Das Vorliegen dieses Umstands ergibt sich u. a. daraus, dass das Unternehmen dem Kartell durch punktuelle Initiativen spontan einen grundlegenden Impuls gegeben hat, oder aus einer Gesamtheit von Indizien, die das Bestreben des Unternehmens zeigen, die Stabilität und den Erfolg des Kartells zu sichern (Urteile vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, EU:T:2006:74, Rn. 299, 300, 351, 370 bis 375 und 427, und vom 27. September 2012, Shell Petroleum u. a./Kommission, T‑343/06, EU:T:2012:478, Rn. 198). 101 Dieser Fall liegt vor, wenn das Unternehmen an den Treffen des Kartells im Namen eines anderen Unternehmens teilgenommen hat, das dabei nicht anwesend war, und dieses von den Ergebnissen dieser Treffen unterrichtet hat (Urteil vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, EU:T:2006:74, Rn. 439). Das Gleiche gilt, wenn erwiesen ist, dass das betroffene Unternehmen im Rahmen der konkreten Betätigung des Kartells eine zentrale Rolle etwa dadurch spielte, dass es zahlreiche Treffen organisierte, die Informationen innerhalb des Kartells entgegennahm und verteilte und die meisten Vorschläge zur Arbeitsweise des Kartells machte (Urteil vom 27. September 2012, Koninklijke Wegenbouw Stevin/Kommission, T‑357/06, EU:T:2012:488, Rn. 284). 102 Schließlich kann zwei und sogar mehr Unternehmen gleichzeitig die Eigenschaft des Anführers zugeschrieben werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, EU:T:2006:74, Rn. 439 und 440, und vom 26. April 2007, Bolloré u. a./Kommission, T‑109/02, T‑118/02, T‑122/02, T‑125/02, T‑126/02, T‑128/02, T‑129/02, T‑132/02 und T‑136/02, EU:T:2007:115, Rn. 561) 103 Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist zu prüfen, ob die Kommission auf der Grundlage ausreichender Beweise zu Recht feststellen konnte, dass ITR zwischen dem 11. Juni 1999 und dem 30. September 2001 tatsächlich die Rolle des Anführers des Kartells übernommen habe. 104 In der angefochtenen Entscheidung stützte sich die Kommission zum Nachweis der Anführerrolle von ITR auf die Erklärungen, die Yokohama hierzu abgegeben hat, und auf die folgenden Gesichtspunkte, die diese Erklärungen untermauern. 105 Erstens stützte sich die Kommission in Rn. 461 der angefochtenen Entscheidung u. a. auf Telefaxe, die ITR anderen Kartellmitgliedern geschickt hatte. Die Klägerinnen haben diese Dokumente, die in der Akte enthalten sind, im Übrigen nicht in Frage gestellt, sie widersprechen allerdings deren von der Kommission vorgenommenen Auslegung. Aus den Dokumenten, die aus dem Zeitraum zwischen Juni 1999 und Juni 2001 stammen, geht u. a. hervor, dass zwischen ITR und anderen Kartellmitgliedern mit einer gewissen Regelmäßigkeit eine Kommunikation stattfand, und zwar auch nach dem Januar 2000, was die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt haben. 106 Zum einen geht aus dieser Kommunikation hervor, dass Herr P., ein Angestellter von ITR, sich selbst als Koordinator einer Untergruppe von Teilnehmern des Kartells vorgestellt hat, was die Erklärungen von Yokohama bestätigt. 107 Zum anderen zeigt die Kommunikation, dass dieser Angestellte von ITR im betreffenden Zeitraum auf eigene Initiative vertrauliche Informationen bei den anderen Teilnehmern, u. a. Yokohama und Trelleborg, erhob und ihre Teilnahme an Ausschreibungen koordinierte. Ferner belegen die von der Kommission angeführten Dokumente, dass ITR konkret dafür Sorge trug, dass ein gemeinsamer Marktanteil mit Yokohama innerhalb des Kartells berücksichtigt und Yokohama die Teilnahme an den Treffen erleichtert wurde. 108 Was zweitens die von ITR verschickten Telefaxe vom 11. und 21. Juni 1999 betrifft, auf die in Rn. 179 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird, entkräftet der Umstand, dass die Telefaxe Ausschreibungen für einen späteren Zeitpunkt betrafen, entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht die Einstufung von ITR als Koordinatorin des Kartells während des Zeitraums, in dem die Telefaxe verschickt wurden. ITR wird nämlich gerade die Koordination der Strategien der Kartellteilnehmer im Hinblick auf künftige Ausschreibungen vorgeworfen. 109 Drittens belegen die Dokumente vom Oktober 1999, auf die in den Rn. 189 und 196 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird, dass der Vertreter von ITR eine enge Zusammenarbeit mit Yokohama aufnahm und im Kreis eines Teils der Kartellmitglieder weitere Koordinationsaufgaben wahrnahm, die zur Funktionsweise des Kartells beitrugen, was die Klägerinnen nicht bestritten haben. 110 Was viertens die Mitteilungen betrifft, die ITR im Dezember 1999 nach dem Treffen in London (Vereinigtes Königreich) am 10. Dezember 1999 verschickte, lässt unabhängig davon, ob die Vorschläge des ITR-Vertreters letztlich angenommen wurden, der von den Klägerinnen nicht bestrittene Umstand, dass der ITR-Vertreter die Versendung solcher Mitteilungen übernahm, erkennen, dass er bei der Beibehaltung und Fortsetzung der Aktivitäten des Kartells nach dem Treffen eine herausragende Rolle einnahm. 111 Fünftens steht in Bezug auf den Vorsitz bei diesem Treffen zwar fest, dass das Protokoll keine ausdrücklichen Hinweise zu der Person enthält, die den Vorsitz einnahm. Die Kommission stützte sich jedoch, abgesehen von den Erklärungen, die Yokohama hierzu abgab, und ohne dass die Klägerinnen diesen Punkt in Frage gestellt hätten, auf Dokumente, aus denen hervorgeht, dass ITR Yokohama eine Einladung zu diesem Treffen geschickt und nach dem Treffen Mitteilungen versandt hatte, und auf den Umstand, dass der Beitrag von ITR auf dem Treffen im Protokoll an letzter Stelle wiedergegeben wurde. Diese Gesichtspunkte sind zumindest Indizien für eine herausragende Rolle bei Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung des Treffens. 112 Sechstens bestreiten die Klägerinnen nicht, dass ITR eine enge Zusammenarbeit mit Yokohama aufnahm, was aus mehreren Dokumenten hervorgeht, auf die in den Rn. 219 und 241 der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird und denen zufolge ITR Treffen mit Yokohama organisierte und zu dieser Zusammenarbeit nicht nur mit Yokohama, sondern auch mit anderen Kartellmitgliedern in einem Zeitraum insbesondere zwischen Januar 2000 und Juni 2001 Schriftverkehr hatte. 113 Zum einen kann der Umstand, dass ITR sich aktiv dafür einsetzte, die Beteiligung von Yokohama als einem der zwei japanischen Akteure und insofern die Kartellbeteiligung der beiden Unternehmen, die fast ein Viertel des Weltmarkts repräsentierten, zu gewährleisten, für sich genommen als zentraler Aspekt bei der Wiederbelebung und beim Ausbau des Kartells angesehen werden. 114 Zum anderen diente der Umstand, dass die anderen Kartellmitglieder über diese Zusammenarbeit informiert wurden, der Beruhigung der Kartellmitglieder im Hinblick auf diesen Aspekt des Kartells und insofern dem allgemeinen Funktionieren des Kartells. 115 Insoweit bestätigt das Protokoll des Treffens am 11. und 12. Juni 2001, dass Yokohama und ITR zu diesem Zeitpunkt innerhalb des Kartells als Akteure angesehen wurden, deren Zusammenarbeit auf dem Markt so eng war, dass ihnen eine gemeinsame Quote zugeteilt wurde. 116 Somit können die Beweise zur engen Zusammenarbeit mit Yokohama und zu deren Beteiligung am Kartell, die durch ITR sichergestellt wurde, wirksam zur Stützung der Feststellung der Kommission hinsichtlich der ITR zugeschriebenen Rolle als Anführerin des Kartells herangezogen werden. 117 Siebtens beziehen sich die von der Kommission berücksichtigten Beweise, einschließlich der Beweise im Zusammenhang mit der engen Zusammenarbeit zwischen Yokohama und ITR, entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen auf einen Zeitraum, der sich mindestens vom 11. Juni 1999 bis Juni 2001 erstreckt. Überdies ist der Akte zu entnehmen, dass ITR ab Oktober 2001 nicht mehr für die Koordination der Kartellbeteiligung von Yokohama verantwortlich war, was im Übrigen von den Klägerinnen nicht bestritten wird. Somit stellte die Kommission fest, dass die Tätigkeiten von ITR als Anführerin des Kartells am 30. September 2001 endeten. 118 Angesichts aller hier geprüften Umstände ist festzustellen, dass die Kommission ITR zu Recht als Anführerin des Kartells für den Zeitraum, der sich mindestens vom 11. Juni 1999 bis zum 30. September 2001 erstreckt, angesehen hat. 119 Das Vorbringen der Klägerinnen zu den Beweisen, die ihrer Meinung nach die behauptete Anführerrolle von ITR widerlegen, stellt dieses Ergebnis nicht in Frage. 120 Zunächst ändert der Umstand, dass Yokohama und ITR aus betriebswirtschaftlicher Sicht an den Zielen des Kartells interessiert gewesen sein mögen, nichts an dem Ergebnis, dass die Kartellteilnahme von Yokohama durch die Unterstützung von ITR als Koordinatorin während des von der Kommission berücksichtigten Zeitraums erleichtert wurde. 121 Sodann sind die Funktion, die andere Kartellmitglieder, wie Bridgestone und DOM, sowie Herr W. oder seine Unternehmen, die die Durchführung und weltweite Koordination des Kartells für lange Zeiträume ihres Bestehens gewährleistet haben sollen, und der Umstand, dass sie von anderen Mitgliedern als Hauptkoordinatoren des Kartells angesehen worden sein mögen, mit der Anführerrolle, die die Kommission ITR zugeschrieben hat, nicht unvereinbar. Insbesondere für den Zeitraum vom 11. Juni 1999 bis zum 30. September 2001 beweisen die von den Klägerinnen geltend gemachten Umstände nicht, dass Herr W. u. a. über seine Unternehmen der einzige Koordinator des Kartells war. Die Koordinationsfunktionen, die ITR in diesem Zeitraum übernahm, sind nämlich nicht von einer Art, dass sie es ausschließen, dass ein Hauptkoordinator die weltweite Lenkung des Kartells gewährleistete. Diese Koexistenz würde u. a. den Umstand erklären, dass ITR nicht bei allen Treffen des Kartells anwesend war. 122 Schließlich ändert der Umstand, dass andere Kartellmitglieder die Funktion von ITR als Koordinatorin des Kartells angezweifelt haben sollen und diese Funktion nicht förmlich festgelegt worden sein mag, nichts am Ergebnis der Kommission, dass ITR als Koordinatorin – zumindest des Blocks ITR/Yokohama – tätig war und eine gewisse Koordination mit den anderen Kartellmitgliedern gewährleistete, insbesondere nach dem Treffen am 10. Dezember 1999. Die insbesondere von Manuli im Juni 1999 im Hinblick auf einen europäischen Koordinator des Kartells geäußerten Zweifel können nämlich die verschiedenen von der Kommission vorgelegten Dokumente, die beweisen, dass ITR tatsächlich Tätigkeiten zur Koordination der anderen Kartellmitglieder ausübte, nicht in Frage stellen, und zwar unabhängig davon, ob und wie lange feste Untergruppen innerhalb des Kartells förmlich bestanden. Zur Erhöhung der Geldbuße aufgrund der ITR zugeschriebenen Anführerrolle 123 Die Klägerinnen machen geltend, die Erhöhung des Betrags der gegen Parker ITR verhängten Geldbuße aufgrund der ITR zugeschriebenen Anführerrolle sei nicht gerechtfertigt, insbesondere im Vergleich zu Bridgestone, deren Geldbuße in gleicher Höhe heraufgesetzt worden sei und die elf Jahre lang die Koordination des Kartells gewährleistet habe. 124 Nach Ziff. 28 der Leitlinien kann der Grundbetrag der Geldbuße erhöht werden, wenn die Kommission erschwerende Umstände feststellt, wie beispielsweise die Rolle als Anführer des Verstoßes. 125 Insoweit geht aus der Rechtsprechung hervor, dass die Tatsache, dass sich ein Unternehmen als Anführer eines Kartells betätigt hat, impliziert, dass es eine im Vergleich zu den übrigen Unternehmen besondere Verantwortung zu tragen hat (Urteil vom 3. März 2011, Siemens/Kommission, T‑110/07, EU:T:2011:68, Rn. 367). 126 Im Übrigen verfügt die Kommission nach ständiger Rechtsprechung bei der Festlegung der Höhe jeder Geldbuße über ein Ermessen, und sie ist nicht verpflichtet, eine genaue mathematische Formel anzuwenden (Urteile vom 6. April 1995, Martinelli/Kommission, T‑150/89, EU:T:1995:70, Rn. 59, vom 14. Mai 1998, Mo och Domsjö/Kommission, T‑352/94, EU:T:1998:103, Rn. 268, und vom 13. Juli 2011, Polimeri Europa/Kommission, T‑59/07, EU:T:2011:361, Rn. 251). 127 Hier stellte die Kommission, wie oben in den Rn. 118 und 119 dargelegt, zu Recht fest, dass ITR zwischen dem 11. Juni 1999 und dem 30. September 2001 die Rolle als Anführerin des Kartells einnahm. 128 Insbesondere in den Rn. 457 bis 463 der angefochtenen Entscheidung, die die erschwerenden Umstände in Bezug auf ITR betreffen, wies die Kommission u. a. auf die Feststellungen zur Rolle des ITR-Vertreters im Zeitraum von Juni 1999 bis September 2001 hin. Die Kommission führte insoweit aus, dass ITR die Koordination eines Teils des Kartells parallel zu den von Herrn W. wahrgenommenen Koordinationsfunktionen gewährleistet habe und das Kartell nach einer instabilen Phase gerade in diesem Zeitraum wieder gefestigt worden sei. 129 Es ist nämlich unbestritten, dass das Kartell im Zeitraum von Mai 1997 bis Juni 1999 vergleichsweise inaktiv war. Wie insbesondere in den Rn. 105 und 108 des vorliegenden Urteils dargelegt, nahm ITR gerade ab Juni 1999 Koordinationsaufgaben im Kreis eines Teils der Kartellmitglieder wahr. 130 Darüber hinaus stellte die Kommission in Rn. 458 der angefochtenen Entscheidung fest, dass der Beitrag von ITR entscheidend gewesen sei, um die Vorbehalte einiger Kartellmitglieder zu überwinden und das Kartell wiederzubeleben. 131 Wie die Klägerinnen nämlich selbst eingeräumt haben, hatte ITR eine engere Zusammenarbeit mit Yokohama aufgenommen, indem sie die Teilnahme der beiden Unternehmen am Kartell koordinierte, obwohl Yokohama aufgrund ihres schlechten Verhältnisses zu ihrem japanischen Wettbewerber Bridgestone Vorbehalte gegenüber einer Beteiligung am Kartell geäußert hatte. Dass vor der Wiederbelebung des Kartells im Jahr 1999, die auch dem Eingreifen von ITR zu verdanken gewesen sein soll, eine solches Konkurrenzverhältnis bestand, ist von den Klägerinnen anerkannt worden. 132 Die Erhöhung des Betrags der gegen Parker ITR verhängten Geldbuße um 30 % aufgrund ihrer Rolle als Anführerin erscheint somit nach den Umständen des vorliegenden Falles gerechtfertigt. 133 Soweit das Vorbringen der Klägerinnen, die Erhöhung um 30 % sei auch auf die gegen Bridgestone verhängte Geldbuße angewandt worden, obwohl Bridgestone elf Jahre lang die Koordination des Kartells gewährleistet habe, dahin zu verstehen sein sollte, dass mit ihm eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung gerügt wird, ist nach der oben in Rn. 88 angeführten Rechtsprechung zu prüfen, ob die beiden Sachverhalte vergleichbar sind. 134 Was die Erhöhung der gegen Bridgestone verhängten Geldbuße um 30 % betrifft, verweist die Kommission in den Rn. 458 und 462 der angefochtenen Entscheidung auf die Feststellungen, wonach Bridgestone während eines Zeitraums von elf Jahren zwischen 1986 und 1997 die Koordination des Kartells gewährleistete, insbesondere für die japanischen Teilnehmer, während Dunlop/DOM das Kartell für die europäischen Teilnehmer koordinierte. 135 Insoweit ergibt sich aus den Gesichtspunkten, die die Kommission bei ihren Feststellungen zu den erschwerenden Umständen berücksichtigte, dass Bridgestone die Koordination des Kartells für bestimmte Teilnehmer während eines Zeitraums von elf Jahren gewährleistete und dass ITR die Koordination eines Teils der Kartellmitglieder während zweier Jahre sicherstellte. 136 Somit handelt es sich nicht um zwei tatsächlich ähnliche Sachverhalte. Im Einklang mit der oben in Rn. 88 angeführten Rechtsprechung ist die gleiche Behandlung der beiden Sachverhalte jedoch objektiv gerechtfertigt, da ITR, auch wenn sie nur zwei Jahre lang Koordinationstätigkeiten wahrgenommen hat, mit diesen Tätigkeiten einen sehr wichtigen und erfolgreichen Beitrag zur Wiederbelebung des Kartells leistete. Angesichts der Schwere der Zuwiderhandlung und der Verantwortlichkeit dafür erscheint es nämlich gerechtfertigt, dass die gegen Parker ITR verhängte Geldbuße aufgrund ihrer Koordinationstätigkeiten zu einem kritischen Zeitpunkt des Kartells in demselben Maße erhöht wurde wie die gegen Bridgestone verhängten Geldbuße aufgrund ihrer zeitlich längeren Koordinationstätigkeiten. 137 Unter diesen Umständen ist nicht zu beanstanden, dass die Kommission in Ausübung ihres Ermessens die gegen Parker ITR und Bridgestone verhängten Geldbußen um denselben Prozentsatz erhöht hat. 138 Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Kommission die gegen Bridgestone verhängte Geldbuße zu Unrecht um lediglich 30 % erhöht hat, obwohl Bridgestone während eines langen Zeitraums die Rolle als Anführerin des Kartells wahrnahm, würde jedenfalls ein solcher Rechtsverstoß zugunsten eines anderen es nicht rechtfertigen, dem von den Klägerinnen geltend gemachten Nichtigkeitsgrund zu folgen. Denn nach ständiger Rechtsprechung muss die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung oder des Diskriminierungsverbots mit der Beachtung des Gebots rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden, wonach sich niemand zu seinem Vorteil auf eine zugunsten eines anderen begangene Rechtsverletzung berufen kann (vgl. Urteil vom 3. März 2011, Siemens/Kommission, T‑110/07, EU:T:2011:68, Rn. 358 und die dort angeführte Rechtsprechung). 139 Nach alledem ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen. Zum sechsten Klagegrund: Verletzung des Grundsatzes der persönlichen Verantwortlichkeit und der Begründungspflicht mit der Folge der Rechtswidrigkeit der Erhöhung des Betrags der gegen Parker-Hannifin verhängten Geldbuße aufgrund der vermuteten Anführerrolle von Parker ITR 140 Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, die Kommission habe gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit verstoßen, als sie die ITR zugeschriebene Anführerrolle für den Zeitraum vom 11. Juni 1999 bis zum 30. September 2001 berücksichtigt habe, um den Teil der Geldbuße zu erhöhen, für den Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch hafte. Die Klägerinnen rügen außerdem eine Verletzung der Begründungspflicht, da in der angefochtenen Entscheidung nicht begründet werde, warum der Betrag der Geldbuße, für die Parker-Hannifin hafte, um 30 % erhöht werde. 141 Was den Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit betrifft, kann nach ständiger Rechtsprechung, wenn die Zuwiderhandlung einer Tochtergesellschaft ihrer Muttergesellschaft zugerechnet werden kann, davon ausgegangen werden, dass diese Unternehmen während der Dauer der Zuwiderhandlung Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit waren und damit ein einziges Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts der Union bildeten. Unter diesen Umständen kann die Kommission anschließend die Muttergesellschaft als Gesamtschuldnerin für die von ihrer Tochtergesellschaft in der fraglichen Zeit begangene Zuwiderhandlung und damit für die ihrer Tochtergesellschaft auferlegte Geldbuße haftbar machen (vgl. Urteil vom 10. April 2014, Areva u. a./Kommission, C‑247/11 P und C‑253/11 P, EU:C:2014:257, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung). 142 Nach der Rechtsprechung gelten außerdem für die Kommission im Rahmen der Bestimmung der gesamtschuldnerischen Haftung im Außenverhältnis, d. h. des Verhältnisses zwischen ihr und den einzelnen Personen des Unternehmens, von denen sie verlangen kann, die gesamte diesem Unternehmen auferlegte Geldbuße zu zahlen, bestimmte Zwänge, insbesondere die Pflicht, den Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen zu beachten, der gebietet, dass bei der Festsetzung der Höhe der gemäß Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 gesamtschuldnerisch zu zahlenden Geldbuße sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen sind (Urteil vom 10. April 2014, Kommission u. a./Siemens Österreich u. a.,C‑231/11 P bis C‑233/11 P, EU:C:2014:256, Rn. 52). 143 Eine Konfiguration der gesamtschuldnerischen Haftung, die es der Kommission ermöglicht, von einer der Muttergesellschaften die Zahlung einer Geldbuße zu verlangen, mit der Zuwiderhandlungen geahndet werden, die in Bezug auf einen anderen Teil des Zeitraums der Zuwiderhandlung einem Unternehmen vorgeworfen werden, zu dem diese Muttergesellschaft niemals gehört hat, verstößt jedoch gegen den Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen (Urteil vom 10. April 2014, Areva u. a./Kommission, C‑247/11 P und C‑253/11 P, EU:C:2014:257, Rn. 126 bis 133). 144 Insbesondere kann eine Gesellschaft nicht für Zuwiderhandlungen verantwortlich gemacht werden, die von ihren Tochtergesellschaften eigenständig vor dem Zeitpunkt ihres Erwerbs begangen wurden, da diese selbst für ihre Zuwiderhandlungen vor ihrem Erwerb einstehen müssen, ohne dass die Gesellschaft, die sie erworben hat, dafür verantwortlich gemacht werden kann (Urteile vom 16. November 2000, Cascades/Kommission, C‑279/98 P, EU:C:2000:626, Rn. 77 bis 79, und vom 4. September 2014, YKK u. a./Kommission, C‑408/12 P, EU:C:2014:2153, Rn. 65). 145 Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist zu prüfen, ob die Kommission einen Rechtsfehler begangen hat, als sie die von Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch zu entrichtende Geldbuße um 30 % erhöhte. 146 Insoweit ist auf die Feststellung oben in Rn. 118 zu verweisen, wonach die Kommission ITR zu Recht als Anführerin des Kartells für den Zeitraum vom 11. Juni 1999 bis zum 30. September 2001 angesehen hat. Über diesen Zeitraum hinaus wurde keine Tätigkeit von ITR oder ihrer Rechtsnachfolgerin ITR Rubber im Hinblick auf deren Anführerrolle berücksichtigt, was die Kommission im Übrigen in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat. 147 Darüber hinaus steht fest, dass ITR Rubber, der ihre damalige Muttergesellschaft ITR am 1. Januar 2002 ihre Vermögenswerte im Marineschlauchsektor übertrug, am 31. Januar 2002 an Parker-Hannifin innerhalb der Parker-Gruppe verkauft wurde. Insoweit machte die Kommission Parker-Hannifin in Rn. 389 der angefochtenen Entscheidung für das Verhalten von Parker ITR ab dem Zeitpunkt der Übernahme von Parker ITR am 31. Januar 2002 gesamtschuldnerisch haftbar. 148 Des Weiteren ist auf die Methode hinzuweisen, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung für die Berechnung der Geldbuße anwandte. 149 In einem ersten Schritt berechnete die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße wie folgt: — In den Rn. 420 bis 428 der angefochtenen Entscheidung führte die Kommission aus, dass die maßgeblichen Umsätze auf der Grundlage der durchschnittlichen Jahresumsätze der wichtigsten Hersteller von Marineschläuchen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren vor dem Ende der Zuwiderhandlung zu berechnen seien, d. h. 32710069 Euro. — Angesichts der weltweiten Erstreckung der Zuwiderhandlung stellte die Kommission in den Rn. 429 bis 433 der angefochtenen Entscheidung fest, dass dieser Betrag mit den weltweiten Marktanteilen der einzelnen Teilnehmer zu multiplizieren sei und der weltweite Marktanteil von Parker ITR 12,1 % betragen habe. — Nach dieser Multiplikation stellte die Kommission in Rn. 436 der angefochtenen Entscheidung fest, dass sich die maßgeblichen Umsätze von Parker ITR auf 3955777 Euro beliefen. — Zur Schwere der Zuwiderhandlung stellte die Kommission in Rn. 445 der angefochtenen Entscheidung fest, dass in Anbetracht der besonderen Umstände in dieser Sache, der Art und des räumlichen Umfangs der Zuwiderhandlung und des gemeinsamen Marktanteils aller betroffenen Unternehmen 25 % der maßgeblichen Umsätze zu berücksichtigen seien. — Hinsichtlich der Dauer der Zuwiderhandlung legte die Kommission in Rn. 448 der angefochtenen Entscheidung eine Dauer von 19 Jahren und 5 Tagen für Parker ITR bzw. 5 Jahren, 3 Monaten und 3 Tagen für Parker-Hannifin fest, was einen Multiplikationsfaktor von 19 bzw. 5,5 zur Folge hatte. — In Rn. 449 befand die Kommission, dass ein zusätzlicher Betrag in Höhe von 25 % des Umsatzes zur Abschreckung hinzuzufügen sei. — In Rn. 455 der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass sich aus den vorstehend dargelegten Berechnungen ein Grundbetrag von 19700000 Euro für Parker ITR und 6400000 Euro für Parker-Hannifin ergebe. 150 In einem zweiten Schritt stellte die Kommission, nachdem sie zwei Grundbeträge ermittelt hatte, und zwar einen für Parker ITR und einen für Parker-Hannifin, in Rn. 463 der angefochtenen Entscheidung fest, dass der Grundbetrag der gegen Parker ITR zu verhängenden Geldbuße aufgrund erschwerender Umstände um 30 % zu erhöhen sei. 151 In Rn. 471 der angefochtenen Entscheidung erhöhte die Kommission jedoch den Grundbetrag um 30 % nicht nur für Parker ITR, was zu einem Betrag von 25610000 Euro führte, sondern auch für Parker-Hannifin, was zu einem Betrag von 8320000 Euro führte. 152 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Kommission, obwohl sie eine gesamtschuldnerische Haftung von Parker-Hannifin erst ab dem 31. Januar 2002 bejaht hat, den Grundbetrag der von Parker-Hannifin aufgrund dieser Haftung gesamtschuldnerisch zu entrichtenden Geldbuße wegen erschwerender Umstände in Anbetracht der Anführerrolle von ITR im Zeitraum zwischen dem 11. Juni 1999 und dem 30. September 2001 um 30 % erhöht hat, in dem Parker-Hannifin keine Verbindung zu ITR oder ihrer Rechtsnachfolgerin ITR Rubber hatte. 153 Somit wurde der Betrag der gesamtschuldnerisch von Parker-Hannifin zu entrichtenden Geldbuße nicht unter Berücksichtigung der Schwere der Zuwiderhandlung bestimmt, die individuell von ihrer Tochtergesellschaft ITR Rubber nach ihrem Erwerb am 31. Januar 2002 begangen worden war. 154 Folglich hat die Kommission einen Rechtsfehler begangen, als sie die von Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch zu entrichtende Geldbuße wegen erschwerender Umstände aufgrund der Anführerrolle von ITR zwischen dem 11. Juni 1999 und dem 30. September 2001 um 30 % erhöhte. 155 Unter diesen Umständen ist dem sechsten Klagegrund zu folgen, ohne dass das im Rahmen dieses Klagegrundes geltend gemachte Vorbringen zur Verletzung der Begründungspflicht zu prüfen ist. 156 Aus diesem Grund ist Art. 2 Abs. 1 Buchst. e der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin die von Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch zu entrichtende Geldbuße wegen erschwerender Umstände aufgrund der Anführerrolle von ITR zwischen dem 11. Juni 1999 und dem 30. September 2001 um 30 % erhöht wird. Zum achten Klagegrund: Berechnung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes 157 Wie oben in Rn. 31 festgestellt, ist der achte Klagegrund zu prüfen, soweit er sich auf die Zeit vor dem 1. Januar 2002 bezieht. 158 Im Rahmen ihres achten Klagegrundes machen die Klägerinnen drei Rügen geltend, und zwar erstens einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, zweitens einen Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit und drittens eine Verletzung der Begründungspflicht. 159 Was den beanstandeten Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung Folgendes vorsieht: „Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig a) gegen Artikel [81 EG] oder Artikel [82 EG] verstoßen … … Die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Unternehmensvereinigung darf 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen. …“ 160 Darüber hinaus ist u. a. auf die Rechtsprechung im Urteil vom 4. September 2014, YKK u. a./Kommission (C‑408/12 P, EU:C:2014:2153), hinzuweisen. In Rn. 60 dieses Urteils heißt es: „Wenn … ein Unternehmen, das von der Kommission für einen Verstoß gegen Art. 81 EG haftbar gemacht wird, von einem anderen Unternehmen erworben wird, innerhalb dessen es als Tochtergesellschaft weiterhin eine gesonderte wirtschaftliche Einheit darstellt, hat die Kommission den jeweiligen Umsatz jeder dieser wirtschaftlichen Einheiten zu berücksichtigen, um bei ihnen gegebenenfalls die Obergrenze von 10 % anzuwenden.“ 161 Des Weiteren hat der Gerichtshof in den Rn. 63 und 64 des Urteils vom 4. September 2014, YKK u. a./Kommission (C‑408/12 P, EU:C:2014:2153), festgestellt: „63 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das mit der Festsetzung einer Obergrenze von 10 % des Umsatzes jedes an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens in Art. 23 Abs. 2 verfolgte Ziel insbesondere darin besteht, zu vermeiden, dass die Festsetzung einer über dieser Obergrenze liegenden Geldbuße die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens zu dem Zeitpunkt überschreitet, zu dem es für die Zuwiderhandlung haftbar gemacht wird und zu dem ihm von der Kommission eine finanzielle Sanktion auferlegt wird. 64 Bestätigt wird die in der vorstehenden Randnummer getroffene Feststellung durch Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, der hinsichtlich der Obergrenze von 10 % fordert, dass diese auf der Grundlage des Geschäftsjahrs berechnet wird, das der Kommissionsentscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung geahndet wird, vorausgeht. Dieses Erfordernis ist jedoch voll und ganz erfüllt, wenn die Obergrenze wie im vorliegenden Fall hinsichtlich der Geldbuße, die ausschließlich der Tochtergesellschaft für den Zeitraum vor ihrem Erwerb durch die Muttergesellschaft auferlegt wird, allein auf der Grundlage des Umsatzes der Tochtergesellschaft berechnet wird … Daraus folgt, dass unter solchen Umständen strukturelle Veränderungen des als wirtschaftliche Einheit verantwortlichen Unternehmens bei der Berechnung der Geldbuße tatsächlich berücksichtigt werden.“ 162 Aus Art. 2 Abs. 1 Buchst. e der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass für die gegen Parker ITR verhängte Geldbuße in Höhe von 25610000 Euro Parker-Hannifin im Rahmen der gesamtschuldnerischen Haftung in Höhe von 8320000 Euro haftet. Folglich beläuft sich der Betrag der Geldbuße, der als ausschließlich gegen Parker ITR verhängt anzusehen ist, auf 17290000 Euro. Angesichts des oben in Rn. 154 festgestellten Fehlers und des in Rn. 156 dargelegten Ergebnisses ist jedoch die 30%ige Erhöhung des auf 6400000 Euro festgesetzten Grundbetrags der von Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch zu entrichtenden Geldbuße nicht zu berücksichtigen. Folglich beläuft sich der Betrag der Geldbuße, der als ausschließlich gegen Parker ITR verhängt anzusehen ist, in Wirklichkeit auf 19210000 Euro. 163 In Anbetracht der Aufteilung der Verantwortlichkeit zwischen Parker ITR und Parker-Hannifin, wie sie von der Kommission vorgenommen und insbesondere in Rn. 389 der angefochtenen Entscheidung dargelegt wurde, ist festzustellen, dass der Teil der Geldbuße, für den Parker ITR ausschließlich haftbar gemacht wurde, auf die Beteiligung ihrer wirtschaftlichen Vorgängerin ITR an der Zuwiderhandlung für den Zeitraum vom 1. April 1986 bis zum 31. Dezember 2001 sowie ihre eigene Beteiligung vom 1. bis zum 31. Januar 2002 zurückzuführen ist. Erst ab dem 31. Januar 2002 wurde die Verantwortlichkeit von Parker-Hannifin als Muttergesellschaft von Parker ITR festgestellt, und auf dieser Grundlage wurde Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch mit Parker ITR für einen Teil der Geldbuße haftbar gemacht. 164 In Rn. 474 der angefochtenen Entscheidung berief sich die Kommission auf die Umsätze, die in dem Abschnitt „Die von diesem Verfahren betroffenen Unternehmen“ der Entscheidung aufgeführt waren, und stellte fest, dass die gegen diese Unternehmen verhängten Geldbußen die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Obergrenze von 10 % der Umsätze nicht überschritten. Was die Klägerinnen betrifft, stellte die Kommission in Rn. 36 der angefochtenen Entscheidung fest, dass Parker-Hannifin im Geschäftsjahr 2006, das am 30. Juni endete, weltweit einen Umsatz von 7410 Mio. Euro erzielt habe. 165 Somit geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission für die Berechnung der in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Obergrenze von 10 % nur die weltweiten Umsätze von Parker-Hannifin berücksichtigte, einschließlich für den Teil der Geldbuße, für den ausschließlich Parker ITR haftbar gemacht wurde, insbesondere für die Zeit vor dem 1. Januar 2002. 166 Wie die Klägerinnen aber zu Recht geltend machen, hat die Kommission einen Fehler bei der Anwendung von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 begangen, da die Obergrenze hinsichtlich des Teils der Geldbuße, der ausschließlich Parker ITR auferlegt wurde, was zwangsläufig die Zeit vor dem 1. Januar 2002 einschließt, nicht allein auf der Grundlage des Umsatzes von Parker ITR berechnet wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. September 2014, YKK u. a./Kommission, C‑408/12 P, EU:C:2014:2153, Rn. 64). 167 Nach alledem ist dem achten Klagegrund, wie er oben in Rn. 31 eingegrenzt worden ist, zu folgen, ohne dass die zweite und die dritte im Rahmen dieses Klagegrundes erhobene Rüge zu prüfen sind. 168 Somit ist auch Art. 2 Abs. 1 Buchst. e der angefochtenen Entscheidung insoweit für nichtig zu erklären, als die Kommission im Hinblick auf den Teil der Geldbuße für die Zeit vor dem 1. Januar 2002, für die ausschließlich Parker ITR haftbar gemacht wurde, die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Obergrenze von 10 % nicht allein auf der Grundlage der Umsätze von Parker ITR berechnet hat. Zur Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung 169 Die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung, die dem Gericht auf der Grundlage von Art. 229 EG mit Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 übertragen worden ist, ermächtigt das Gericht, über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme hinaus die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen. Folglich kann der Unionsrichter seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ausüben, wenn ihm die Frage nach der Höhe der Geldbuße zur Beurteilung vorgelegt worden ist, und diese Befugnis kann sowohl zur Herabsetzung als auch zur Erhöhung dieses Betrags ausgeübt werden (Urteil vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, EU:C:2007:88, Rn. 61 und 62). 170 Die Festsetzung einer Geldbuße durch das Gericht ist dem Wesen nach kein streng mathematischer Vorgang. Im Übrigen ist das Gericht weder an die Berechnungen der Kommission noch an deren Leitlinien gebunden, wenn es aufgrund seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung entscheidet. Es hat unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine eigene Beurteilung vorzunehmen (vgl. Urteil vom 5. Oktober 2011, Romana Tabacchi/Kommission, T‑11/06, EU:T:2011:560, Rn. 266 und die dort angeführte Rechtsprechung). 171 Zudem ist nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen. 172 Außerdem darf nach Art. 49 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union das Strafmaß nicht außer Verhältnis zur Straftat stehen. 173 Nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 darf die Geldbuße 10 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes des Unternehmens nicht übersteigen. 174 Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung, insbesondere dem Urteil vom 4. September 2014, YKK u. a./Kommission (C‑408/12 P, EU:C:2014:2153), dass für die Anwendung der in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Obergrenze der Umsatz der betreffenden Tochtergesellschaft zu berücksichtigen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. September 2014, YKK u. a./Kommission (C‑408/12 P, EU:C:2014:2153, Rn. 97). Unter diesen Umständen ist, da nicht der konsolidierte Umsatz der Parker-Gruppe, sondern nur der Umsatz der Tochtergesellschaft Parker ITR bei der Anpassung der Geldbuße an die Zahlungsfähigkeit von Parker ITR zu berücksichtigen ist, bei der Berechnung der Obergrenze von 10 % der Gesamtumsatz von Parker ITR, einschließlich der internen Verkäufe innerhalb der Gruppe, zugrunde zu legen. 175 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen die Dauer der Zuwiderhandlungen sowie sämtliche Faktoren zu berücksichtigen, die für die Beurteilung der Schwere dieser Zuwiderhandlungen eine Rolle spielen, wie u. a. das Verhalten jedes einzelnen Unternehmens und die Rolle, die jedes Unternehmen bei der Abstimmung der Verhaltensweisen gespielt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, EU:C:2011:815, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung). 176 Im Rechtsmittelurteil hat der Gerichtshof u. a. die Nrn. 2 und 3 des Tenors des Urteils des Gerichts aufgehoben, mit denen die Geldbuße, die die Kommission gegen Parker ITR und Parker-Hannifin verhängt hatte, für nichtig erklärt und auf der Grundlage der Erwägungen des Gerichts zur Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Betrag der gegen Parker ITR verhängten Geldbuße auf 6400000 Euro festgesetzt worden war, wofür Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch bis zu einem Betrag von 6300000 Euro haftete. 177 Nach der Zurückverweisung ihrer Klage an das Gericht machen die Klägerinnen geltend, die von ihnen erhobenen Klagegründe rechtfertigten die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung und folglich die Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße in Ausübung der dem Gericht zustehenden Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung. 178 Im vorliegenden Fall hält es das Gericht in Anbetracht seiner Beurteilung im Rahmen des sechsten und des achten Klagegrundes und der oben in den Rn. 154 und 166 festgestellten Fehler für angebracht, über die oben in den Rn. 156 und 168 festgestellte teilweise Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung hinaus von seiner ihm durch Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 eingeräumten Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch zu machen und die Beurteilung der Kommission durch seine eigene zu ersetzen, was den Betrag der gegen die Klägerinnen zu verhängenden Geldbuße angeht. 179 Insoweit hält es das Gericht für sachdienlich, die folgenden Umstände zu berücksichtigen. 180 Erstens enthält die Akte hinreichende Beweise dafür, dass das Kartell eine schwere Zuwiderhandlung darstellte, da es die Zuteilung ausgeschriebener Aufträge, die Festsetzung von Preisen, die Festsetzung von Quoten, die Festsetzung von Lieferbedingungen, die Aufteilung geografischer Märkte und den Austausch vertraulicher Informationen über Preise, Liefermengen und Ausschreibungen umfasste. Außerdem handelte es sich um ein weltweites Kartell. 181 Was zweitens speziell die Dauer der Zuwiderhandlung betrifft, wurde zum einen ITR Rubber, die anschließend zu Parker ITR wurde, zu Recht für die Beteiligung an der Zuwiderhandlung ihrer wirtschaftlichen Vorgängerin ITR für den Zeitraum vom 1. April 1986 bis zum 31. Dezember 2001 sowie für ihre eigene Beteiligung im Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 2. Mai 2007 haftbar gemacht. Zum anderen wurde die gesamtschuldnerische Haftung von Parker-Hannifin als Muttergesellschaft von Parker ITR für den Zeitraum vom 31. Januar 2002 bis zum 2. Mai 2007 zutreffend festgestellt. 182 Drittens steht fest, dass ITR zwischen dem 11. Juni 1999 und dem 30. September 2001, d. h. in einer kritischen Phase des Kartells nach einer Zeit der relativen Inaktivität, eine Rolle als Anführerin des Kartells einnahm und einen sehr wichtigen Beitrag zur erfolgreichen Wiederbelebung des Kartells leistete. Dagegen wurde über diesen Zeitraum hinaus keine Tätigkeit von ITR oder ihrer Rechtsnachfolgerin ITR Rubber im Hinblick auf deren Anführerrolle berücksichtigt. 183 In Anbetracht dieser Umstände ermöglicht die von der Kommission ausschließlich gegen Parker ITR verhängte Geldbuße in Höhe von 19210000 Euro nach Ansicht des Gerichts die wirksame Ahndung des festgestellten rechtswidrigen Verhaltens in einem nicht unerheblichen und hinreichend abschreckenden Maße. Eine höhere Geldbuße stünde außer Verhältnis zu dieser Zuwiderhandlung. 184 Aufgrund der in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen gesetzlichen Obergrenze von 10 % des Gesamtumsatzes ist bei der Anwendung dieser Vorschrift allerdings der Gesamtumsatz zu berücksichtigen, den das Unternehmen, d. h. Parker ITR, in dem Geschäftsjahr erzielte, das der Entscheidung vorausging, mit der die betreffende Geldbuße verhängt wurde, d. h. im Fall von Parker ITR das Geschäftsjahr 2008, das am 30. Juni endete. Insoweit ist der Bilanz vom 30. Juni 2008 von Parker ITR, die diese als Anlage zu ihrer nach dem Rechtsmittelurteil eingereichten Stellungnahme vorgelegt hat, insbesondere der Seite 18 dieser Bilanz, zu entnehmen, dass der Gesamtumsatz einschließlich interner Verkäufe im Geschäftsjahr 2008 135457283 Euro betrug. 185 Folglich darf der Betrag der Geldbuße, für die Parker ITR im vorliegenden Fall ausschließlich haftet, die oben in Rn. 184 genannte Obergrenze von 10 % des Umsatzes, d. h. 13545728 Euro, nicht überschreiten. 186 Schließlich ist der Betrag der Geldbuße, für die Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch haftbar gemacht wird, angesichts insbesondere der Schwere der Zuwiderhandlung und des Umstands, dass sich Parker-Hannifin als Muttergesellschaft von Parker ITR erst nach deren Erwerb am 31. Januar 2002 an der Zuwiderhandlung zu beteiligen begann, als Parker ITR nicht mehr die Rolle der Anführerin des Kartells einnahm, herabzusetzen und auf 6400000 Euro festzusetzen. 187 Somit ist der Gesamtbetrag der gegen Parker ITR verhängten Geldbuße auf 19945728 Euro festzusetzen, wofür Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch bis zu einem Betrag von 6400000 Euro haftet. 188 Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Kosten 189 Nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, jede Partei ihre eigenen Kosten. 190 In Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falles ist zu entscheiden, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Sechste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Art. 2 Abs. 1 Buchst. e der Entscheidung K(2009) 428 endg. der Kommission vom 28. Januar 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39406 – Marineschläuche) wird für nichtig erklärt, soweit die von der Parker-Hannifin Corp. gesamtschuldnerisch zu tragende Geldbuße aufgrund des erschwerenden Umstands der Anführerrolle der ITR SpA zwischen dem 11. Juni 1999 und dem 30. September 2001 um 30 % erhöht wurde und soweit die Europäische Kommission die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln vorgesehene Obergrenze von 10 % des Umsatzes hinsichtlich des Teils der Geldbuße, für den die Parker ITR Srl bezüglich des Zeitraums vor dem 1. Januar 2002 allein verantwortlich gemacht wurde, nicht allein auf der Grundlage des Umsatzes von Parker ITR berechnet hat. 2. Der Betrag der gegen die Parker Hannifin Manufacturing Srl, vormals Parker ITR, verhängten Geldbuße wird auf 19945728 Euro festgesetzt, wofür Parker-Hannifin gesamtschuldnerisch bis zu einem Betrag von 6400000 Euro haftet. 3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 4. Parker Hannifin Manufacturing, Parker-Hannifin und die Kommission tragen ihre eigenen Kosten. Frimodt Nielsen Schwarcz Collins Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Juli 2016. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Siebte Kammer) vom 13. Dezember 2012.#Versalis SpA, anciennement Polimeri Europa SpA und Eni SpA gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Chloropren-Kautschuk-Markt – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Preisfestsetzung und Marktaufteilung – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung – Begründungspflicht – Verteidigungsrechte – Beweis für die Beteiligung am Kartell – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Geldbußen – Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung – Wiederholungsfall – Abschreckende Wirkung – Mildernde Umstände – Obergrenze von 10 % des Umsatzes – Zusammenarbeit – Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 – Gleichbehandlung – Verhältnismäßigkeit.#Rechtssache T‑103/08.
62008TJ0103
ECLI:EU:T:2012:686
2012-12-13T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2012 -00000
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Urteil des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 27. September 2012.#Wam Industriale SpA gegen Europäische Kommission.#Staatliche Beihilfen – Ansiedlung eines Unternehmens in bestimmten Drittstaaten – Zinsvergünstigte Darlehen – Beschluss, mit dem die Beihilfen zum Teil für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden und ihre Rückforderung angeordnet wird – Beschluss, der nach der Aufhebung der ursprünglichen Entscheidung zum selben Verfahren durch das Gericht ergeht – Durchführung eines Urteils des Gerichts – Begründungspflicht – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Sorgfaltspflicht – Fürsorgepflicht.#Rechtssache T‑303/10.
62010TJ0303
ECLI:EU:T:2012:505
2012-09-27T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2012 -00000
Urteil des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 27. September 2012 – Wam Industriale/Kommission (Rechtssache T-303/10) „Staatliche Beihilfen – Ansiedlung eines Unternehmens in bestimmten Drittstaaten – Zinsvergünstigte Darlehen – Beschluss, mit dem die Beihilfen zum Teil für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden und ihre Rückforderung angeordnet wird – Beschluss, der nach der Aufhebung der ursprünglichen Entscheidung zum selben Verfahren durch das Gericht ergeht – Durchführung eines Urteils des Gerichts – Begründungspflicht – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Sorgfaltspflicht – Fürsorgepflicht“ 1.                     Staatliche Beihilfen – Entscheidung der Kommission, mit der die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird – Feststellung der Beeinträchtigung des Wettbewerbs und der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Begründungspflicht – Umfang (Art. 107 Abs. 1 AEUV und 296 AEUV) (vgl. Randnrn. 23-24, 49, 53) 2.                     Staatliche Beihilfen – Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Beschluss betreffend Beihilfen zur Finanzierung der Kosten von Marktvorstößen in Drittländer – Beurteilungskriterien (Art. 107 Abs. 1 AEUV) (vgl. Randnrn. 25-27, 52) 3.                     Gerichtliches Verfahren – Frist für den Beweisantritt – Art. 48 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts – Geltungsbereich – Infolge eines Antrags auf Zugang zur Akte bei den nationalen Behörden erlangte Unterlagen – Gültige Rechtfertigung der Verspätung bei Fehlen eines rechtzeitig gestellten Antrags – Fehlen (Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 48 Abs. 1 und 66 Abs. 2) (vgl. Randnrn. 69-70) 4.                     Staatliche Beihilfen – Entscheidung der Kommission, mit der die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird – Begründungspflicht – Umfang – Verpflichtung, eine Änderung der Beurteilung im Verhältnis zu früheren Beschlüssen zu rechtfertigen – Fehlen (Art. 107 AEUV, 108 AEUV und 296 AEUV) (vgl. Randnrn. 88, 124) 5.                     Staatliche Beihilfen – Beihilfevorhaben – Pflicht zur vorherigen Anmeldung und zur vorläufigen Aussetzung der Gewährung der der Beihilfe – Umfang (Art. 108 Abs. 3 AEUV) (vgl. Randnr. 99) 6.                     Staatliche Beihilfen – Bestehende und neue Beihilfen – Keine Prüfung einer nicht angemeldeten neuen Beihilfe während eines relativ langen Zeitraums – Umwandlung in eine bestehende Beihilfe – Ausschluss (Art. 108 Abs. 3 AEUV) (vgl. Randnr. 101) 7.                     Staatliche Beihilfen – Bestehende und neue Beihilfen – Qualifizierung als bestehende Beihilfe – Kriterien – Von der Kommission genehmigte allgemeine Beihilferegelung – Erfordernis eines ausdrücklichen Beschlusses (Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 1 Buchst. b Teil ii) (vgl. Randnr. 104) 8.                     Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Sorgfaltspflicht des die Beihilfe gewährenden Mitgliedstaats und ihres Empfängers in Bezug auf die Mitteilung aller erheblichen Gesichtspunkte – Fehlen von Stellungnahmen der Beteiligten – Keine Auswirkung auf die Gültigkeit des Beschlusses der Kommission – Verpflichtung, nicht ausdrücklich vorgetragene Gesichtspunkte von Amts wegen zu prüfen – Fehlen (Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV und 108 Abs. 2 AEUV) (vgl. Randnrn. 118-120) 9.                     Staatliche Beihilfen – Im Verordnungswege festgelegte Beihilfengruppen, die als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können – Gruppenfreistellungsverordnungen – Beihilfen geringer Höhe – Verordnung Nr. 1998/2006 – Geltungsbereich – Beihilfen für exportbezogene Tätigkeiten – Begriff (Art. 107 Abs. 1 AEUV; Verordnungen der Kommission Nr. 70/2001, Art. 1 Abs. 2 Buchst. b, Nr. 1998/2006, Art. 1 Abs. 1 Buchst. d, und Nr. 800/2008, Art. 1 Abs. 2 Buchst. a) (vgl. Randnrn. 126-131) 10.                     Staatliche Beihilfen – Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Beihilfen geringer Höhe – Aufspaltung einer die geltende Schwelle überschreitenden Beihilfe, damit ein Teil davon unter die De-minimis-Regel fällt – Unzulässigkeit (Art. 107 Abs. 1 AEUV und 108 Abs. 3 AEUV) (vgl. Randnrn. 141-144) 11.                     Staatliche Beihilfen – Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe – Wiederherstellung der früheren Lage – Berechnung des zu erstattenden Betrags – Zu einem günstigen Zinssatz gewährtes Darlehen – Rückzahlung der Differenz zwischen den marktüblichen und den tatsächlich gezahlten Zinsen – Ermittlung des Marktzinses im Hinblick auf die im Zeitpunkt der Genehmigung des Darlehens üblichen Zinsen (Art. 108 AEUV; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 14 Abs. 1) (vgl. Randnrn. 157-159) 12.                     Staatliche Beihilfen – Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe – Unter Verstoß gegen die Verfahrensregeln von Art. 108 AEUV gewährtes Darlehen – Grundsatz des Vertrauensschutzes – Geltendmachung des Grundsatzes durch einen Mitgliedstaat, um die Rückforderung zu verhindern – Unzulässigkeit – Mögliches berechtigtes Vertrauen der Empfänger – Zulässigkeit bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände (Art. 108 AEUV) (vgl. Randnr. 169) 13.                     Nichtigkeitsklage – Nichtigkeitsurteil – Umfang – Beschluss der Kommission, mit der die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt und ihre Rückforderung angeordnet wird – Nichtigerklärung wegen mangelnder Begründung – Erlass eines neuen Rechtsakts auf der Grundlage der früheren gültigen Untersuchungshandlungen – Zulässigkeit (Art. 108 AEUV) (vgl. Randnrn. 180-182) 14.                     Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Zügige Sachbehandlung – Beurteilung im konkreten Fall – Schaden des Empfängers im Zusammenhang mit den bei der Rückforderung zu zahlenden Zinsen – Fehlen (Art. 108 AEUV) (vgl. Randnrn. 192, 203) Gegenstand Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2011/134/EU der Kommission vom 24. März 2010 über die staatliche Beihilfe C 4/03 (ex NN 102/02) Italiens zugunsten von WAM SpA (ABl. 2011, L 57, S. 29) Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Wam Industriale SpA trägt die Kosten.
URTEIL DES GERICHTS (Rechtsmittelkammer) 12. Juli 2012.#Europäische Kommission gegen Fotios Nanopoulos.#Rechtsmittel – Öffentlicher Dienst – Beamte – Beistandspflicht – Art. 24 des Statuts – Außervertragliche Haftung – Art. 90 und 91 des Statuts – Einreichung des Schadensersatzantrags innerhalb angemessener Frist – Antwortfrist – Einleitung eines Disziplinarverfahrens – Kriterium, wonach ein ‚hinreichend qualifizierter Verstoß‘ verlangt wird – Durchsickern von personenbezogenen Daten an die Presse – Mangelnde Zuweisung von der Besoldungsgruppe entsprechenden Aufgaben an einen Beamten – Höhe der Entschädigung.#Rechtssache T‑308/10 P.
62010TJ0308
ECLI:EU:T:2012:370
2012-07-12T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – Sammlung von Rechtssachen im öffentlichen Dienst
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Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 16. November 2011.#Sachsa Verpackung GmbH gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Sektor der Industriesäcke aus Kunststoff – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Festsetzung der Preise – Zuteilung der Verkaufsquoten nach räumlichem Bereich – Aufteilung der Kunden – Austausch individualisierter Informationen – Nachweis der Zuwiderhandlung – Dauer der Zuwiderhandlung – Geldbußen – Schwere der Zuwiderhandlung – Verhältnismäßigkeit – Mildernde Umstände – Mitläuferrolle.#Rechtssache T-79/06.
62006TJ0079
ECLI:EU:T:2011:674
2011-11-16T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2011 II-00406*
Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 16. November 2011 – Sachsa Verpackung/Kommission (Rechtssache T‑79/06) „Wettbewerb – Kartelle – Sektor der Industriesäcke aus Kunststoff – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Festsetzung der Preise – Zuteilung der Verkaufsquoten nach räumlichem Bereich – Aufteilung der Kunden – Austausch individualisierter Informationen – Nachweis der Zuwiderhandlung – Dauer der Zuwiderhandlung – Geldbußen – Schwere der Zuwiderhandlung – Verhältnismäßigkeit – Mildernde Umstände – Mitläuferrolle“ 1.                     Wettbewerb – Kartelle – Verbot – Zuwiderhandlungen – Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen, die eine einheitliche Zuwiderhandlung darstellen – Verantwortlichkeit eines Unternehmens für die Beteiligung an der gesamten Zuwiderhandlung ungeachtet seiner begrenzten Rolle – Zulässigkeit (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 27‑28, 33‑34) 2.                     Wettbewerb – Kartelle – Teilnahme an Unternehmenszusammenkünften mit wettbewerbswidrigem Zweck – Umstand, der bei fehlender Distanzierung von den getroffenen Beschlüssen auf die Beteiligung an der daraus resultierenden Absprache schließen lässt (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnr. 29) 3.                     Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Art des Nachweises – Indizienbündel – Anforderungen an die Beweiskraft der einzelnen Indizien (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnr. 60) 4.                     Wettbewerb – Gemeinschaftsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien – Vermutung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf ihre 100%igen Tochtergesellschaften (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 85‑87) 5.                     Verfahren – Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens – Voraussetzungen – Angriffs- oder Verteidigungsmittel, das auf Gründe gestützt wird, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind – Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon – Neue Tatsache, die die verspätete Erhebung einer auf eine Verletzung der Unschuldsvermutung gestützten Rüge rechtfertigt – Ausschluss (Art. 6 EUV; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 48; Satzung des Gerichtshofs, Art. 21; Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 44 § 1 Buchst. c und Art. 48 § 2) (vgl. Randnrn. 91‑95) 6.                     Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Höchstbetrag – Berechnung – Zu berücksichtigender Umsatz – Gesamtumsatz aller Gesellschaften, aus denen die als Unternehmen handelnde wirtschaftliche Einheit besteht (Art. 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2) (vgl. Randnrn. 105-108) 7.                     Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung – Von mehreren Unternehmen begangene Zuwiderhandlung – Relative Schwere der Beteiligung jedes von ihnen (Art. 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2) (vgl. Randnrn. 135-138) 8.                     Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Kein Gewinn – Ausschluss (Art. 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2) (vgl. Randnr. 153) 9.                     Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Bemessung der tatsächlichen Auswirkung der Zuwiderhandlung jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb – Erheblichkeit des Umsatzes, der mit dem Absatz von Erzeugnissen erzielt wurde, die Gegenstand einer beschränkenden Verhaltensweise waren (Art. 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission) (vgl. Randnr. 175) 10.                     Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Passive Mitwirkung oder Mitläufertum des Unternehmens (Art. 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Randnr. 3, erster Gedankenstrich) (vgl. Randnrn. 212-213) 11.                     Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Mildernde Umstände – Aktive Mitwirkung des Unternehmens an dem Verfahren außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitteilung über Zusammenarbeit – Einbeziehung – Voraussetzungen (Art. 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Randnr. 3, sechster Gedankenstrich) (vgl. Randnrn. 223-225) 12.                     Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Nichtverhängung oder Herabsetzung einer Geldbuße als Gegenleistung für die Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens – Erforderlichkeit eines Verhaltens, das es der Kommission erleichtert hat, die Zuwiderhandlung festzustellen – Informationen zu Handlungen, deretwegen nach der Verordnung Nr. 1/2003 keine Geldbuße verhängt werden konnte – Bloßer Wille zur Zusammenarbeit nicht ausreichend – Beurteilung des Grades der Zusammenarbeit jedes der an dem Kartell beteiligten Unternehmen – Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 96/C 207/04 der Kommission) (vgl. Randnrn. 235-241, 244) 13.                     Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Festsetzung der Geldbuße entsprechend den Gesichtspunkten zur Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung (Art. 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2) (vgl. Randnr. 258) Gegenstand Klage auf teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung K(2005) 4634 endg. der Kommission vom 30. November 2005 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/F/38.354 – Industriesäcke) betreffend ein Kartell auf dem Markt für Industriesäcke aus Kunststoff oder, hilfsweise, auf Abänderung dieser Entscheidung Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Sachsa Verpackung Deutschland GmbH trägt die Kosten.
Urteil des Gerichts (Zweite Kammer) vom 17. Mai 2011.#Elf Aquitaine SA gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb - Kartelle - Natriumchloratmarkt - Entscheidung, mit der ein Verstoß gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen festgestellt wird - Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung - Verteidigungsrechte - Begründungspflicht - Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen - Grundsatz der Gesetzmäßigkeit von Strafen - Unschuldsvermutung - Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung - Grundsatz der Rechtssicherheit - Ermessensmissbrauch - Geldbußen - Erschwerender Umstand - Abschreckung - Mildernder Umstand - Zusammenarbeit während des Verwaltungsverfahrens - Erheblicher Mehrwert.#Rechtssache T-299/08.
62008TJ0299
ECLI:EU:T:2011:217
2011-05-17T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2011 II-02149
URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer) 17. Mai 2011(*) „Wettbewerb – Kartelle – Natriumchloratmarkt – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen festgestellt wird – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung – Verteidigungsrechte – Begründungspflicht – Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen – Grundsatz der Gesetzmäßigkeit von Strafen – Unschuldsvermutung – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Grundsatz der Rechtssicherheit – Ermessensmissbrauch – Geldbußen – Erschwerender Umstand – Abschreckung – Mildernder Umstand – Zusammenarbeit während des Verwaltungsverfahrens – Erheblicher Mehrwert“ In der Rechtssache T‑299/08 Elf Aquitaine SA mit Sitz in Courbevoie (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt É. Morgan de Rivery und Rechtsanwältin S. Thibault-Liger, Klägerin, gegen Europäische Kommission, vertreten durch X. Lewis, É. Gippini Fournier und R. Sauer als Bevollmächtigte, Beklagte, wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K(2008) 2626 endg. der Kommission vom 11. Juni 2008 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/38.695 – Natriumchlorat), soweit sie die Klägerin betrifft, und, hilfsweise, auf Nichtigerklärung oder Herabsetzung der mit dieser Entscheidung gegen sie verhängten Geldbußen, erlässt DAS GERICHT (Zweite Kammer) unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová sowie der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin) und des Richters S. Soldevila Fragoso, Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juni 2010 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1        Mit der Entscheidung K(2008) 2626 endg. vom 11. Juni 2008 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/38.695 – Natriumchlorat) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) belegte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften neben anderen Unternehmen die Klägerin Elf Aquitaine SA, die bis 2006 die Muttergesellschaft von Arkema France (früher Atochem SA, dann Elf Atochem SA, dann Atofina SA und Arkema SA) war, wegen ihrer Beteiligung an einer Reihe von Absprachen und abgestimmten Verhaltensweisen auf dem Markt für Natriumchlorat im EWR für den Zeitraum vom 11. Mai 1995 bis zum 9. Februar 2000, soweit es die Klägerin und Arkema France betrifft, mit Sanktionen (Erwägungsgründe 12 bis 15 und Art. 1 der angefochtenen Entscheidung). 2        Natriumchlorat ist ein hochwirksames Oxidationsmittel, das durch Elektrolyse einer Natriumchlorid-Wasserlösung in einer membranlosen Zelle hergestellt wird. Natriumchlorat kann wahlweise in Form von Kristallen oder als Lösung hergestellt werden. Die wichtigste Anwendung besteht in der Herstellung von Chlordioxid. Chlordioxid wird in der Zellstoff- und Papierindustrie zum Bleichen von Zellstoff benötigt. Daneben wird Natriumchlorat in weit geringerem Umfang zur Trinkwasseraufbereitung, zum Bleichen von Textilien, bei der Herstellung von Pflanzenschutzmitteln und in der Uranraffination eingesetzt (zweiter Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 3        Die wichtigsten Wettbewerber auf dem Natriumchloratmarkt des EWR waren 1999 folgende Unternehmen: in erster Linie EKA Chemicals AB (im Folgenden: EKA), deren Gesellschaftskapital insgesamt der Gruppe Akzo Nobel gehörte und die 49 % dieses Markts innehatte; Finnish Chemicals Oy, deren Gesellschaftskapital insgesamt und mittelbar der Erikem Luxembourg SA (im Folgenden: ELSA) gehörte und die 30 % dieses Markts innehatte; außerdem Arkema France, deren Gesellschaftskapital von 1992 bis 2000 zu 97,55 % der Klägerin gehörte und die einen Marktanteil von 9 % innehatte; und schließlich Aragonesas Industrias y Energia SAU (im Folgenden: Aragonesas), deren Gesellschaftskapital sich zwischen 1992 und 2000 vollständig oder mehrheitlich im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz von Uralita SA befand und die wie Solvay SA/NV einen Marktanteil von 5 % innehatte, während die übrigen Hersteller zusammen nur einen Marktanteil von 2 % aufwiesen (Erwägungsgründe 13, 14, 25 bis 30, 42 und 46 der angefochtenen Entscheidung). 4        Am 28. März 2003 reichte EKA bei der Kommission einen Antrag auf Kronzeugenbehandlung nach der Mitteilung der Kommission vom 19. Februar 2002 über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. C 45, S. 3, im Folgenden: Kronzeugenregelung von 2002) wegen des Vorliegens eines Kartells auf dem Markt für Natriumchlorat (im Folgenden: Kartell) ein. EKA untermauerte diesen Antrag durch schriftliche Beweisangebote und eine mündliche Aussage (Erwägungsgründe 54 und 55 der angefochtenen Entscheidung). 5        Am 30. September 2003 erließ die Kommission eine Entscheidung, mit der EKA ein bedingter Erlass der Geldbuße gemäß Randnr. 15 der Kronzeugenregelung von 2002 gewährt wurde (55. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 6        Am 10. September 2004 richtete die Kommission Auskunftsverlangen an Finnish Chemicals, Arkema France und Aragonesas gemäß Art. 18 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) (56. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 7        Am 18. Oktober 2004 reichte Arkema France in ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen der Kommission, oben in Randnr. 6 angeführt, einen Antrag nach der Kronzeugenregelung von 2002 ein (57. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 8        Am 29. Oktober 2004 reichte Finnish Chemicals bei der Kommission einen Antrag nach der Kronzeugenregelung von 2002 ein und übermittelte ihr mündlich Angaben zu dem Kartell. Finnish Chemicals bestätigte diesen Antrag mit Schreiben vom 2. November 2004 und übergab zugleich schriftliche Beweisstücke über ihre Beteiligung an dieser Zuwiderhandlung (58. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 9        Ab dem 4. November 2004 richtete die Kommission Auskunftsverlangen gemäß Art. 18 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 insbesondere an Arkema France, Aragonesas, EKA und Finnish Chemicals. Außerdem traf sie sich mit den beiden letztgenannten Unternehmen. Was die Klägerin betrifft, so richtete die Kommission erstmals am 11. April 2008 ein Auskunftsverlangen an sie (Erwägungsgründe 59 bis 65 der angefochtenen Entscheidung). 10      Mit Schreiben vom 11. Juli 2007 teilte die Kommission Arkema France ihre Absicht mit, deren Antrag auf Kronzeugenbehandlung nach der Kronzeugenregelung von 2002 abzulehnen (563. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 11      Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte die Kommission zugleich Finnish Chemicals ihre Absicht mit, ihr nach der Kronzeugenregelung von 2002 einen Erlass von 30 % bis 50 % der ihr drohenden Geldbuße zuzubilligen (583. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 12      Am 27. Juli 2007 erließ die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, die neben der Klägerin an EKA, Akzo Nobel NV, Finnish Chemicals, ELSA, Arkema France, Aragonesas und Uralita gerichtet war. Diese nahmen fristgerecht dazu Stellung (Erwägungsgründe 66 und 67 der angefochtenen Entscheidung). 13      Am 20. November 2007 nahmen Arkema France und die Klägerin ihr Recht auf mündliche Anhörung in einer Sitzung beim Anhörungsbeauftragten wahr (68. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 14      Am 11. Juni 2008 erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung, die der Klägerin am 16. Juni 2008 zugestellt wurde. 15      In der angefochtenen Entscheidung legte die Kommission im Wesentlichen dar, Arkema France, EKA, Finnish Chemicals und Aragonesas hätten eine auf die Stabilisierung des Natriumchloratmarkts gerichtete Strategie verfolgt, die letztlich darauf abgezielt habe, Liefermengen untereinander aufzuteilen, die Preispolitik gegenüber den Kunden abzustimmen und auf diese Weise die Margen zu maximieren. Die Arbeitsweise des Kartells habe auf häufigen Kontakten zwischen den Wettbewerbern in der Form bi- oder multilateraler Sitzungen und telefonischer Unterredungen beruht, ohne allerdings einem festen Schema zu folgen. Der Kommission zufolge haben diese abgesprochenen Verhaltensweisen ab dem 21. September 1994 für EKA und Finnish Chemicals, ab dem 17. Mai 1995 für Arkema France, ab dem 16. Dezember 1996 für Aragonesas und ab dem 13. Februar 1997 für ELSA stattgefunden. Diese Praktiken seien bis zum 9. Februar 2000 zumindest von Arkema France, EKA, Finnish Chemicals und Aragonesas fortgesetzt worden (Erwägungsgründe 69 bis 71 der angefochtenen Entscheidung). 16      Was insbesondere das beanstandete Verhalten von Arkema France angeht, verweist die Kommission darauf, dass die in der angefochtenen Entscheidung verlautbarten Tatsachen zeigten, dass diese unmittelbar an den fraglichen wettbewerbswidrigen Praktiken teilgenommen habe. Während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung habe die Klägerin außerdem mehr als 97 % des Gesellschaftskapitals von Arkema France gehalten. Aus diesem Grund müsse vernünftigerweise angenommen werden, dass Arkema France sich an die von ihrer Muttergesellschaft festgelegte Politik habe halten müssen und daher nicht selbständig habe handeln können. Mithin könne vermutet werden, dass die Klägerin einen bestimmenden Einfluss auf Arkema France ausgeübt habe, was durch zusätzliche, von ihr aufgezählte Indizien bekräftigt werde (Erwägungsgründe 384 und 386 der angefochtenen Entscheidung). 17      Bei der Bemessung der insbesondere gegen Arkema France und die Klägerin verhängten Geldbuße stützte sich die Kommission auf die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien) (498. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 18      Zunächst verweist die Kommission darauf, dass bei der Festsetzung des Grundbetrags der gegen Arkema France verhängten Geldbuße ein Betrag in Höhe von 19 % der Umsätze mit den kartellbetroffenen Produkten berücksichtigt werden müsse. Zum einen ist die Kommission der Auffassung, da Arkema France mindestens vier Jahre und acht Monate an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, müsse dieser Betrag verfünffacht werden, um der Dauer der Zuwiderhandlung Rechnung zu tragen. Zum anderen hält es die Kommission für notwendig, einen zusätzlichen Betrag von 19 % dieser Umsätze festzulegen, um die betreffenden Unternehmen und insbesondere Arkema France von der Beteiligung an horizontalen Preisabsprachen abzuschrecken. Sie kommt damit zu dem Ergebnis, dass Arkema France und der Klägerin als Gesamtschuldnerinnen eine Geldbuße von 22 700 000 Euro aufzuerlegen sei (Erwägungsgründe 510 und 521 bis 523 der angefochtenen Entscheidung). 19      Soweit es ferner um die Anpassungen des Grundbetrags der Geldbuße geht, verweist die Kommission wegen der erschwerenden Umstände darauf, dass sie zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung Arkema France bereits in drei Entscheidungen mit Sanktionen belegt habe, in denen diese als verantwortlich für frühere abgesprochene Verhaltensweisen behandelt worden sei. Zum einen ist die Kommission alles in allem der Auffassung, dass das Verhalten von Arkema France als Wiederholungstäterin es rechtfertige, eine Erhöhung von 90 % des Grundbetrags gegen sie zu verhängen. Zum anderen habe sie keinen mildernden Umstand zugunsten von Arkema France oder der Klägerin feststellen können, der eine Ermäßigung der Geldbuße ermöglicht hätte. Insbesondere vertritt die Kommission die Auffassung, dass bei Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen „kein außergewöhnlicher Umstand“ es rechtfertigen könne, Arkema France eine Ermäßigung der Geldbuße außerhalb des Anwendungsbereichs der Kronzeugenregelung von 2002 zuzugestehen (Erwägungsgründe 525, 526, 538 und 544 der angefochtenen Entscheidung). 20      Sodann stellt die Kommission im Wesentlichen fest, dass zur Sicherstellung einer hinreichend abschreckenden Wirkung der Geldbußen und bei Berücksichtigung des Umstands, dass die Klägerin, abgesehen von den Umsätzen an Gütern, auf die sich die Zuwiderhandlung beziehe, einen besonders hohen Umsatz aufweise, der in absoluten Zahlen den Umsatz der anderen beteiligten Unternehmen bei Weitem übersteige, gegen sie eine Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße um 70 % festgesetzt werden müsse (Erwägungsgründe 545, 548 und 559 der angefochtenen Entscheidung). 21      Ferner stellt die Kommission fest, dass die Geldbußen, die u. a. gegen Arkema France und die Klägerin zu verhängen seien, niedriger als 10 % des jeweiligen Gesamtjahresumsatzes für 2007 seien und dass die Geldbußen, die vor Anwendung der Kronzeugenregelung von 2002 gegen sie verhängt werden könnten, sich zum einen für Arkema France auf 43 130 000 Euro und zum anderen für die Klägerin auf 38 590 000 Euro beliefen (Erwägungsgründe 551 und 552 der angefochtenen Entscheidung). 22      Schließlich vertritt die Kommission den Standpunkt, dass Arkema France keine Ermäßigung nach der Kronzeugenregelung von 2002 erhalten solle, weil die Angaben, die sie gemacht habe, keinen erheblichen Mehrwert im Sinne von Randnr. 21 dieser Regelung gehabt hätten. Demgegenüber ist die Kommission der Meinung, dass Finnish Chemicals ihr Beweismittel mit erheblichem Mehrwert im Sinne von Randnr. 21 dieser Regelung geliefert habe. Sie billigt ihr daher eine Ermäßigung von 50 % des Betrags der Geldbuße zu, die sonst gegen sie verhängt worden wäre (Erwägungsgründe 580, 588 und 591 der angefochtenen Entscheidung). 23      Die Art. 1 und 2 des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung lauten wie folgt: „Artikel 1 Die folgenden Unternehmen haben gegen Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen verstoßen, indem sie sich in den jeweils angegebenen Zeiträumen an Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen beteiligten, deren Gegenstand die Aufteilung von Liefermengen, die Festsetzung von Preisen, der Austausch sensibler Geschäftsinformationen über Preise und Liefermengen und die Überwachung der Durchführung wettbewerbswidriger Absprachen in Verbindung mit Natriumchlorat im EWR waren: a) [EKA], vom 21. September 1994 bis zum 9. Februar 2000; b) Akzo Nobel …, vom 21. September 1994 bis zum 9. Februar 2000; c) Finnish Chemicals …, vom 21. September 1994 bis zum 9. Februar 2000; d) [ELSA], vom 13. Februar 1997 bis zum 9. Februar 2000; e) Arkema France …, vom 17. Mai 1995 bis zum 9. Februar 2000; f) [die Klägerin], vom 17. Mai 1995 bis zum 9. Februar 2000; g) Aragonesas …, vom 16. Dezember 1996 bis zum 9. Februar 2000; h) Uralita …, vom 16. Dezember 1996 bis zum 9. Februar 2000. Artikel 2 Wegen der in Artikel 1 genannten Zuwiderhandlung werden folgende Geldbußen verhängt: a) EKA … und Akzo Nobel …, gesamtschuldnerisch: 0 EUR b) Finnish Chemicals …: 10 150 000 EUR; davon gesamtschuldnerisch mit [ELSA] (in Liquidation befindlich): 50 900 EUR c) Arkema France … und [die Klägerin], gesamtschuldnerisch: 22 700 000 EUR d) Arkema France …, gesamtschuldnerisch: 20 430 000 EUR e) [die Klägerin]: 15 890 000 EUR f) Uralita … und Aragonesas …, gesamtschuldnerisch: 9 900 000 EUR …“ 24      In Art. 3 des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung gibt die Kommission den in Art. 1 genannten Unternehmen auf, die in jenem Artikel genannte Zuwiderhandlung einzustellen, soweit dies nicht bereits geschehen ist, und künftig von der Wiederholung der in Art. 1 genannten Handlungen oder Verhaltensweisen sowie von allen Handlungen oder Verhaltensweisen abzusehen, die denselben oder einen ähnlichen Zweck bzw. dieselbe oder eine ähnliche Wirkung haben. 25      Art. 4 des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung zählt die Adressaten der angefochtenen Entscheidung auf; es sind die in Art. 1 dieser Entscheidung angeführten Unternehmen. Verfahren und Anträge der Parteien 26      Mit Klageschrift, die am 1. August 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 27      Auf Bericht der Berichterstatterin hat das Gericht (Zweite Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Das Gericht hat bestimmte Fragen an die Klägerin und die Kommission gerichtet. Außerdem hat es die Kommission um Vorlage bestimmter Dokumente ersucht. Abgesehen davon, dass die Kommission die Vorlage der Niederschrift des mündlichen Antrags von EKA auf Kronzeugenbehandlung verweigert hat, haben die Parteien fristgerecht geantwortet. 28      In der Sitzung vom 2. Juni 2010 haben die Parteien mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet. 29      Mit Beschluss vom 11. Juni 2010, Elf Aquitaine/Kommission (T‑299/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), hat das Gericht einerseits der Kommission aufgegeben, die Niederschrift des mündlichen Antrags auf Kronzeugenbehandlung von EKA vorzulegen, und andererseits gestattet, dass dieses Dokument von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der Kanzlei des Gerichts eingesehen werden kann. Die Kommission hat dieses Dokument, das die Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der Kanzlei des Gerichts eingesehen haben, fristgerecht vorgelegt. In Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts hat die Klägerin erklärt, sie sei zwar nicht in der Lage, zu bestätigen, dass dieses Dokument mit dem Dokument identisch sei, zu welchem ihr im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vor der Kommission Zugang gewährt worden sei, doch habe sie keinerlei Anlass, zu bezweifeln, dass es sich um das gleiche Dokument handle. 30      Das mündliche Verfahren ist am 16. Juli 2010 abgeschlossen worden. 31      Die Klägerin beantragt, –        die angefochtene Entscheidung, soweit diese sie betrifft, gemäß Art. 230 EG für nichtig zu erklären; –        hilfsweise, die gegen sie mit Art. 2 Buchst. c und e der angefochtenen Entscheidung verhängten Geldbußen gemäß Art. 229 EG aufzuheben oder herabzusetzen; –        jedenfalls der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 32      Die Kommission beantragt, –        die Klage abzuweisen; –        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 1.     Zum Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung 33      Die Klägerin stützt ihren Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, soweit diese sie betrifft, auf zehn Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund macht die Klägerin einen Verstoß gegen die Bestimmungen über die Zurechnung einer Zuwiderhandlung innerhalb von Unternehmensgruppen geltend. Mit dem zweiten Klagegrund macht sie einen Verstoß gegen sechs fundamentale Grundsätze geltend, der sich daraus ergebe, dass ihr die fragliche Zuwiderhandlung zugerechnet worden sei. Der dritte Klagegrund stützt sich auf eine Verfälschung des von der Klägerin vorgelegten Bündels von Indizien. Der vierte Klagegrund stützt sich auf eine widersprüchliche Begründung der angefochtenen Entscheidung. Der fünfte Klagegrund stützt sich auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung. Der sechste Klagegrund bezieht sich auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit. Der siebte Klagegrund stützt sich auf einen Ermessensmissbrauch. Der achte Klagegrund stützt sich auf die Unbegründetheit der Festsetzung einer gegen die Klägerin verhängten individuellen Geldbuße. Der neunte Klagegrund ist auf einen Verstoß gegen die Grundsätze und Bestimmungen über die Berechnung der gegen Arkema France und die Klägerin als Gesamtschuldnerinnen verhängten Geldbuße gestützt. Der zehnte Klagegrund bezieht sich auf einen Verstoß gegen die Bestimmungen der Kronzeugenregelung von 2002. Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Bestimmungen über die Zurechnung einer Zuwiderhandlung innerhalb von Unternehmensgruppen 34      Der erste Klagegrund, mit dem die Klägerin geltend macht, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung gegen die Bestimmungen über die Zurechnung einer Zuwiderhandlung innerhalb von Unternehmensgruppen verstoßen, gliedert sich in fünf Teile. Zum ersten Teil: rechtsfehlerhafte Zurechnung der fraglichen Zuwiderhandlung an die Klägerin –       Vorbringen der Parteien 35      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe im 369. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung rechtsfehlerhaft festgestellt, dass sie nicht dazu verpflichtet sei, durch konkrete Umstände die Vermutung zu untermauern, dass eine Muttergesellschaft, die das gesamte Gesellschaftskapital ihrer Tochter halte, tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf die Tochtergesellschaft ausübe (im Folgenden: Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses). 36      Erstens gehe sowohl aus einer umfangreichen Rechtsprechung als auch aus der früheren Entscheidungspraxis der Kommission hervor, dass es der Kommission obliege, die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch konkrete, einen solchen Einfluss belegende Indizien zu untermauern. Aus diesen Indizien müsse sich ergeben, dass die Muttergesellschaft entweder an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei oder davon Kenntnis gehabt habe oder aufgrund der internen Organisation der Unternehmensgruppe in der Lage gewesen sei, konkret in die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft einzugreifen. Die Klägerin weist insbesondere darauf hin, dass sich die Kommission bis zum Erlass der Entscheidung K(2004) 4876 endg. vom 19. Januar 2005 in einem Verfahren gemäß Artikel 81 [EG] und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Rechtssache COMP/E-1/37.773 – MCE) (ABl. 2006, L 353, S. 12, im Folgenden: MCE-Entscheidung) fast vierzig Jahre lang auf konkrete Indizien gestützt habe, die die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses bestätigten. Die Kommission habe ferner im 574. Erwägungsgrund der Entscheidung vom 1. Oktober 2008 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (COMP/C.39181 – Kerzenwachse) (ABl. C 295, S. 17, im Folgenden: Entscheidung Kerzenwachse) anerkannt, dass sie vor 2005 einer Muttergesellschaft eine Zuwiderhandlung nicht zugerechnet habe, ohne konkrete Indizien darzulegen, die diese Vermutung bestätigten. 37      Zweitens habe die Kommission in ihrer Entscheidung vom 10. Dezember 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-2/37.857 – Organische Peroxide) (ABl. 2005, L 110, S. 44, im Folgenden: Entscheidung Organische Peroxide) die in dieser Entscheidung sanktionierte Zuwiderhandlung nicht der Klägerin zugerechnet, da Arkema France völlig eigenständig auf dem Markt aufgetreten sei. 38      Drittens werde die Verpflichtung der Kommission, zusätzliche Indizien darzulegen, die die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses im Rahmen der Anwendung von Art. 81 EG untermauerten, durch die Rechtsprechung zur Zurechnung der Maßnahme eines staatlichen Unternehmens an den Staat im Beihilferecht bestätigt. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Gerichtshofs vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission (C‑482/99, Slg. 2002, I‑4397), und das Urteil des Gerichts vom 26. Juni 2008, SIC/Kommission (T‑442/03, Slg. 2008, II‑1161). Gemäß Art. 295 EG dürfe ein privater Anteilseigner einer Unternehmensgruppe im Rahmen des Grundsatzes der Gleichbehandlung nicht schlechter gestellt werden als ein öffentlicher Anteilseigner. 39      Viertens macht die Klägerin geltend, die Beurteilung der Kommission im 369. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, wonach es nicht der Kommission obliege, die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch zusätzliche Indizien, welche die Kontrolle einer Tochtergesellschaft durch das Mutterunternehmen bewiesen, zu untermauern, widerspreche den von der Mehrzahl der Unionsmitgliedstaaten − z. B. Belgien, Frankreich, Italien und das Vereinigte Königreich − sowie den Vereinigten Staaten, deren Einfluss auf das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft nicht geleugnet werden könne, vertretenen Lösungen. Erstens griffen die nationalen Wettbewerbsbehörden in all diesen Staaten auf ein Bündel von Indizien zurück, die darauf gerichtet seien, das eigenständige Auftreten einer Tochtergesellschaft gegenüber ihrem Mutterunternehmen nachzuweisen. Zweitens sei die Kommission zwar nicht an die Lösungen gebunden, die die nationalen Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten verträten, doch in Anbetracht der Mechanismen der verstärkten Zusammenarbeit, die ihre Beziehungen zu den genannten Behörden innerhalb des Europäischen Wettbewerbsnetzes prägten, müsse sie diese jedenfalls berücksichtigen. 40      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 41      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, nachdem sie in den Erwägungsgründen 369 bis 372 der angefochtenen Entscheidung die Rechtsprechung zur Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung einer Tochtergesellschaft an ihr Mutterunternehmen in Erinnerung gerufen hat, in den Erwägungsgründen 386 und 387 der angefochtenen Entscheidung Folgendes feststellt: „(386) Während der Dauer der Zuwiderhandlung hielt [die Klägerin] über 97 % der Anteile an [Arkema France]. Da unter diesen Umständen Grund zu der Annahme besteht, dass die Tochtergesellschaft die von der Muttergesellschaft festgelegte Politik befolgen muss (und folglich ihr Verhalten nicht selbständig bestimmt) und dass die Muttergesellschaft diese Politik für ihre Tochtergesellschaft ohne weiteres festlegen kann, kann davon ausgegangen werden, dass [die Klägerin] bestimmenden Einfluss auf [Arkema France] ausübte. Außerdem wird die Annahme, dass [die Klägerin] tatsächlich bestimmenden Einfluss ausübte, durch weitere Elemente bestätigt. Erstens wurden alle Mitglieder des Conseil d’administration von [Arkema France] von [der Klägerin] ernannt. Zweitens war Herr [P.] von 1994 bis 1999 gleichzeitig Mitglied des Comité de direction générale von [Arkema France] und des Comité de direction générale [der Klägerin] und Mitglied des Conseil d’administration von [Arkema France]. Ebenso war Herr [I.] von 1994 bis 1998 Mitglied des Conseil d’administration von [Arkema France] und von 1994 bis 1997 Mitglied des Comité de direction générale [der Klägerin]. Auch Herr [W.] war von 1994 bis 1999 Mitglied des Conseil d’administration von [Arkema France] und wurde 1999 in das Comité de direction générale [der Klägerin] berufen. Im Übrigen waren noch weitere Personen wie z. B. Herr [D.] (1994‑2000) und Herr [R.] (1994-1997) gleichzeitig Mitglieder des Conseil d’administration von [Arkema France] und des Conseil d’administration [der Klägerin]. Angesichts der personellen Überschneidungen in der Leitung und Beaufsichtigung der Geschäfte von [Arkema France] sowie der Tatsache, dass die Direktoren von [der Klägerin] eingesetzt wurden und – aller Wahrscheinlichkeit nach – auch hätten abgesetzt werden können, muss [die Klägerin] über alle von [Arkema France] geplanten Entscheidungen informiert gewesen sein und hätte diese jederzeit beeinflussen können. Außerdem gab es keinen anderen Anteilseigner mit größerer Beteiligung, der Einfluss auf die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft hätte nehmen können. (387) Angesichts der aus der Beteiligung [der Klägerin] an [Arkema France] während der Dauer der Zuwiderhandlung (über 97 %) folgenden Vermutung sowie der organisatorischen Verbindungen vertritt die Kommission die Auffassung, dass [die Klägerin] bestimmenden Einfluss auf das Verhalten [ihrer] Tochtergesellschaft [Arkema France] hatte.“ 42      Ferner weist die Kommission in den Erwägungsgründen 396 bis 415 der angefochtenen Entscheidung die Argumente zurück, die Arkema France und die Klägerin in ihrer Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte vortrugen und die sich gegen die Zurechnung der Zuwiderhandlung an die Klägerin richteten. 43      Aus der oben in den Randnrn. 41 und 42 dargelegten Begründung der angefochtenen Entscheidung geht somit hervor, dass die Kommission der Klägerin die fragliche Zuwiderhandlung aufgrund der Vermutung zugerechnet hat, dass eine Muttergesellschaft, die mehr als 97 % des Gesellschaftskapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, einen bestimmenden Einfluss auf die Tochtergesellschaft ausübt. Die Kommission stellte außerdem fest, dass erstens diese Vermutung durch zusätzliche Indizien, die sie in der angefochtenen Entscheidung dargelegt habe, bestätigt werde und zweitens das Vorbringen von Arkema France und der Klägerin in ihrer Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte eine Widerlegung dieser Vermutung nicht zulasse. 44      Daher ist zu prüfen, ob die Kommission, wie die Klägerin geltend macht, einen Rechtsfehler beging, indem sie feststellte, der Umstand, dass die Klägerin mehr als 97 % des Gesellschaftskapitals von Arkema France halte, reiche für sich genommen aus, um ihr die fragliche Zuwiderhandlung zuzurechnen. 45      In seinem Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission (C‑97/08 P, Slg. 2009, I‑8237, Randnr. 54), hat der Gerichtshof festgestellt, dass das Wettbewerbsrecht die Tätigkeit von Unternehmen betrifft (Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 59) und dass der Begriff des Unternehmens jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung umfasst (Urteile des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 112, vom 10. Januar 2006, Cassa di Risparmio di Firenze u. a., C‑222/04, Slg. 2006, I‑289, Randnr. 107, und vom 11. Juli 2006, FENIN/Kommission, C‑205/03 P, Slg. 2006, I‑6295, Randnr. 25). 46      Der Gerichtshof hat ferner klargestellt, dass in diesem Zusammenhang unter dem Begriff des Unternehmens eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen ist, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung). 47      Verstößt eine solche wirtschaftliche Einheit gegen die Wettbewerbsregeln, hat sie nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für diese Zuwiderhandlung einzustehen (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung). 48      Die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht muss eindeutig einer juristischen Person zugerechnet werden, gegen die Geldbußen festgesetzt werden können, und die Mitteilung der Beschwerdepunkte muss an diese gerichtet werden. In der Mitteilung der Beschwerdepunkte muss auch angegeben werden, in welcher Eigenschaft einer juristischen Person die behaupteten Tatsachen zur Last gelegt werden (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). 49      Nach ständiger Rechtsprechung kann einer Muttergesellschaft das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft insbesondere dann zugerechnet werden, wenn die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen, die die beiden Rechtssubjekte verbinden (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). 50      Dies liegt darin begründet, dass in einem solchen Fall die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit sind und damit ein einziges Unternehmen im Sinne der oben in den Randnrn. 45 und 46 angeführten Rechtsprechung bilden. Weil eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, kann die Kommission demnach eine Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten, ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachgewiesen werden muss (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung). 51      In dem besonderen Fall, in dem eine Muttergesellschaft 100 % des Gesellschaftskapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen hat, kann zum einen die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten der Tochtergesellschaft ausüben und besteht zum anderen eine widerlegbare Vermutung, dass die Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung). 52      Unter diesen Umständen genügt es, dass die Kommission nachweist, dass die Muttergesellschaft das gesamte Gesellschaftskapital der Tochtergesellschaft hält, um anzunehmen, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik dieses Tochterunternehmens ausübt. Die Kommission kann in der Folge dem Mutterunternehmen als Gesamtschuldner die Haftung für die Zahlung der gegen dessen Tochterunternehmen verhängten Geldbuße zuweisen, sofern die vom Mutterunternehmen, dem es obliegt, diese Vermutung zu widerlegen, vorgelegten Beweise nicht für den Nachweis ausreichen, dass sein Tochterunternehmen auf dem Markt eigenständig auftritt (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). 53      Zwar hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 16. November 2000, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission (C‑286/98 P, Slg. 2000, I‑9925, Randnrn. 28 und 29), neben der hundertprozentigen Kapitalbeteiligung an dem Tochterunternehmen weitere Umstände, wie das Nichtbestreiten des vom Mutterunternehmen auf die Geschäftspolitik seines Tochterunternehmens ausgeübten Einflusses und die gemeinsame Vertretung der beiden Unternehmen im Verwaltungsverfahren, angeführt, doch wurden diese Umstände vom Gerichtshof nur erwähnt, um die Gesamtheit der Gesichtspunkte aufzuführen, auf die das Gericht seine Argumentation gestützt hatte, und nicht, um die Geltung der Vermutung von der Beibringung zusätzlicher Indizien für die tatsächliche Einflussnahme durch die Muttergesellschaft abhängig zu machen (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung). 54      Nach alledem besteht bei einer hundertprozentigen Kapitalbeteiligung einer Muttergesellschaft an ihrer Tochtergesellschaft eine widerlegbare Vermutung, dass diese Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). 55      Außerdem geht aus der Rechtsprechung des Gerichts hervor, dass, wenn eine Muttergesellschaft nahezu das gesamte Gesellschaftskapital ihrer Tochtergesellschaft hält, daraus vernünftigerweise gefolgert werden kann, dass die Tochtergesellschaft ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt und daher mit ihrer Muttergesellschaft ein und dasselbe Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bildet (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Michelin/Kommission, T‑203/01, Slg. 2003, II‑4071, Randnr. 290 und die dort angeführte Rechtsprechung). 56      In der vorliegenden Rechtssache ist erstens festzustellen, dass die Klägerin – wie die Kommission im 386. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung dargelegt hat – nicht bestreitet, dass sie im entscheidungserheblichen Zeitraum mehr als 97 %, und zwar 97,55 % − wie im 13. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung dargelegt − des Gesellschaftskapitals von Arkema France hielt. Zweitens macht die Klägerin zwar geltend, die Tatsache, dass es neben ihr keinen anderen Anteilseigner am Gesellschaftskapital von Arkema France gegeben habe, könne die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses nicht untermauern, doch trägt sie kein Argument vor, das geeignet wäre, die im 396. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung dargelegte Beurteilung der Kommission zu widerlegen, der zufolge eine nahezu hundertprozentige Beteiligung einer Muttergesellschaft am Gesellschaftskapital ihrer Tochtergesellschaft einer hundertprozentigen Beteiligung gleichkomme, da „den Minderheitsaktionären in diesem Fall über ihr finanzielles Interesse an der Geschäftstätigkeit der Tochtergesellschaft hinaus keine besonderen Rechte zustehen“. 57      Folglich hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu Recht und in Übereinstimmung mit der oben in den Randnrn. 45 bis 55 dargelegten Rechtsprechung auf der Grundlage der Feststellung, dass die Klägerin nahezu das gesamte Gesellschaftskapital von Arkema France hielt, vermutet, dass die Klägerin einen bestimmenden Einfluss auf Arkema France ausübte. 58      Keines der Argumente der Klägerin kann dieses Ergebnis in Frage stellen. 59      Was erstens das Vorbringen angeht, sowohl aus der Rechtsprechung als auch aus der Entscheidungspraxis der Kommission vor dem Erlass der MCE-Entscheidung gehe hervor, dass es der Kommission obliege, die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch konkrete Indizien zu untermauern, so ist dieses Vorbringen als unbegründet zurückzuweisen. Wie nämlich aus den Randnrn. 45 bis 55 des vorliegenden Urteils hervorgeht, hat der Gerichtshof in Übereinstimmung mit ständiger Rechtsprechung in seinem Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission (oben in Randnr. 45 angeführt) darauf hingewiesen, dass es der Kommission nicht obliegt, diese Vermutung durch zusätzliche Indizien zu untermauern. Auch wenn die Entscheidungspraxis der Kommission, wie diese in ihrer Entscheidung Kerzenwachse feststellte, vor dem Erlass der MCE-Entscheidung darin bestand, die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch zusätzliche Indizien zu untermauern, kann sich eine solche Feststellung nicht auf das oben in Randnr. 57 dargelegte Ergebnis auswirken, wonach die Kommission zu Recht in der angefochtenen Entscheidung ihre Vermutung, dass die Klägerin einen bestimmenden Einfluss auf Arkema France ausübte, allein darauf stützte, dass die Klägerin nahezu das gesamte Gesellschaftskapital von Arkema France hielt. 60      Zweitens ist das Vorbringen, die Kommission habe einen Rechtsfehler begangen, als sie der Klägerin die fragliche Zuwiderhandlung zugerechnet habe, wohingegen sie in der Entscheidung Organische Peroxide keine solche Zurechnung vorgenommen habe, als unbegründet zurückzuweisen. Zum einen kann, soweit die Kommission – wie aus den Randnrn. 45 bis 55 des vorliegenden Urteils hervorgeht − auf der Grundlage einer zutreffenden Auslegung des Unternehmensbegriffs im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG der Klägerin die fragliche Zuwiderhandlung in der angefochtenen Entscheidung zugerechnet hat, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung in dieser Hinsicht nicht allein dadurch in Frage gestellt werden, dass die Kommission eine solche Zurechnung in einer früheren Entscheidung, in der Arkema France mit Sanktionen belegt wurde, nicht vornahm. Da zum anderen für die Kommission die Möglichkeit, jedoch nicht die Verpflichtung besteht, der Muttergesellschaft eine Zuwiderhandlung zuzurechnen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C‑125/07 P, C‑133/07 P, C‑135/07 P, Slg. 2009, I‑8681, Randnr. 82, und Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg. 2006, II‑5169, Randnr. 331), impliziert der bloße Umstand, dass die Kommission eine solche Zurechnung in der Entscheidung Organische Peroxide nicht vornahm, keine Verpflichtung der Kommission, in einer späteren Entscheidung die gleiche Beurteilung vorzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 20. April 1999, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, genannt „PVC II“, T‑305/94 bis T‑307/94, T‑313/94 bis T‑316/94, T‑318/94, T‑325/94, T‑328/94, T‑329/94 und T‑335/94, Slg. 1999, II‑931, Randnr. 990). 61      Drittens ist das Vorbringen der Klägerin, das Urteil Frankreich/Kommission, oben in Randnr. 38 angeführt (Randnrn. 50 bis 52, 55 und 56), und das Urteil SIC/Kommission, oben in Randnr. 38 angeführt (Randnrn. 94, 95, 98, 99, 101 bis 105 und 107), sprächen für eine Verpflichtung der Kommission zur Beibringung zusätzlicher Indizien zwecks Untermauerung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses, auf die sich die Kommission im Rahmen der Anwendung von Art. 81 EG stütze, als ins Leere gehend zurückzuweisen. Denn die betreffenden Randnummern, die sich auf die Frage beziehen, ob die Maßnahme eines staatlichen Unternehmens dem Staat zuzurechnen ist und ob eine solche Maßnahme daher als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 EG eingestuft werden kann, weisen zum einen keinen Zusammenhang mit den Voraussetzungen auf, unter denen ein Verstoß gegen Art. 81 EG einer Muttergesellschaft zugerechnet werden kann, und stehen zum anderen der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses in Bezug auf einen Verstoß gegen Art. 81 EG, deren Rechtmäßigkeit − wie aus der in den Randnrn. 45 bis 55 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung hervorgeht − die Unionsgerichte ausdrücklich anerkannt haben, nicht entgegen. 62      Viertens ist das Vorbringen, nach der Rechtsprechung mehrerer Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten müsse die Ausübung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft durch konkrete Indizien untermauert werden, als ins Leere gehend zurückzuweisen. Abgesehen davon, dass die Rechtsprechung der genannten Staaten für die Kommission nicht verbindlich ist und keinen maßgeblichen rechtlichen Rahmen darstellt, anhand dessen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zu untersuchen ist, würde die fehlende Anerkennung einer solchen Vermutung durch die Rechtsprechung der genannten Staaten, selbst wenn sie erwiesen wäre, jedenfalls keine Rechtswidrigkeit nach dem Gemeinschaftsrecht implizieren. 63      Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist der erste Teil als teilweise unbegründet und teilweise ins Leere gehend zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Verstoß gegen die Grundsätze der rechtlichen und wirtschaftlichen Selbständigkeit von Unternehmen –       Vorbringen der Parteien 64      Die Klägerin macht geltend, wenn die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses nicht, wie dies in der Entscheidungspraxis der Kommission vor dem Erlass der MCE-Entscheidung der Fall gewesen sei, durch zusätzliche Indizien untermauert werde, die eine Einmischung der Muttergesellschaft in das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt bestätigten, sei eine solche Vermutung mit dem Grundsatz der Selbständigkeit der juristischen Person nicht vereinbar, da sie eine automatische Haftung der Muttergesellschaft für Zuwiderhandlungen ihrer Tochtergesellschaft auslöse. 65      Erstens könne eine Muttergesellschaft nur ausnahmsweise, wenn dies im Hinblick auf den Grundsatz der wirtschaftlichen Selbständigkeit der juristischen Person angemessen begründet werde, als zum Bereich eines Unternehmens im Sinne von Art. 81 EG gehörend angesehen werden. In einem solchen Ausnahmefall könnte einer Muttergesellschaft somit die Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft zugerechnet werden, und sie könnte als Gesamtschuldnerin zur Zahlung der gegen ihre Tochtergesellschaft verhängten Geldbuße verurteilt werden. Allerdings könne gegen sie keine individuelle Geldbuße verhängt werden. 66      Der Grundsatz der rechtlichen Selbständigkeit juristischer Personen, einschließlich Tochterunternehmen, deren Gesellschaftskapital sich vollständig im Besitz ihrer Muttergesellschaft befinde, sei im Gesellschaftsrecht der Unionsmitgliedstaaten verankert. Dieser Grundsatz leite sich aus den Attributen der juristischen Person ab und begründe u. a. die volle Rechtsfähigkeit und das selbständige Vermögen jeder Gesellschaft, die als solche uneingeschränkt für ihre eigenen Handlungen hafte, einschließlich der Folgen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit auf dem Markt. Der Grundsatz der wirtschaftlichen Selbständigkeit eines Tochterunternehmens, der sich aus ihrer rechtlichen Selbständigkeit ableite, sei von der Rechtsprechung anerkannt. Dieser Grundsatz sei darüber hinaus eine wesentliche Voraussetzung für das ordnungsgemäße Funktionieren moderner Volkswirtschaften. Da es sich bei der Klägerin und Arkema France um verschiedene juristische Personen handle, verfügten sie beide über eine eigene rechtliche und wirtschaftliche Selbständigkeit. 67      Zweitens sei der Grundsatz der wirtschaftlichen Selbständigkeit einer Tochtergesellschaft der konkrete Ausdruck dessen, dass diese sämtliche rechtlichen Attribute ihrer juristischen Persönlichkeit in Anspruch nehme. Zum einen ergebe eine Analyse des Rechts der Mehrzahl der Unionsmitgliedstaaten, dass der Grundsatz der Selbständigkeit juristischer Personen zu den fundamentalen Rechtsgrundlagen gehöre, die ihren Gesellschaftsordnungen zugrunde lägen, und dass nur in Ausnahmefällen von diesem Grundsatz abgewichen werden dürfe, wie aus den Entscheidungen der nationalen Gerichte hervorgehe. Zum anderen sei die Kommission bei der Anwendung des Wettbewerbsrechts verpflichtet, die Rechtsprechung der Gerichte der Unionsmitgliedstaaten nicht zu ignorieren, da andernfalls die notwendige Konvergenz der verschiedenen Wettbewerbsrechtsordnungen innerhalb der europäischen und internationalen Wettbewerbsnetze gefährdet sei. 68      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 69      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe gegen die Grundsätze der rechtlichen und wirtschaftlichen Selbständigkeit von Unternehmen verstoßen, als sie ihr die fragliche Zuwiderhandlung zugerechnet habe. 70      Ohne dass über die Tragweite der Grundsätze der rechtlichen und wirtschaftlichen Selbständigkeit von Unternehmen und die Frage, ob es den zweiten Grundsatz überhaupt gibt, entschieden werden muss, genügt die Feststellung, dass diese Grundsätze jedenfalls nicht implizieren können, dass eine Gesellschaft, deren Gesellschaftskapital vollständig oder nahezu vollständig von einer anderen Gesellschaft gehalten wird, allein deshalb notwendigerweise selbständig auf dem Markt auftritt, weil sie über eine eigene Rechtspersönlichkeit oder eigene finanzielle Mittel verfügt. Eine solche Annahme würde nämlich völlig die zahlreichen Möglichkeiten außer Acht lassen, die einer das gesamte oder nahezu das gesamte Gesellschaftskapital ihrer Tochter haltenden Muttergesellschaft in der Praxis offenstehen, wenn sie das Verhalten der Tochter formell oder informell beeinflussen möchte. 71      Daher hat die Kommission nicht gegen die in der vorliegenden Rechtssache von der Klägerin geltend gemachten Grundsätze der rechtlichen und wirtschaftlichen Selbständigkeit verstoßen. 72      Das entsprechende Vorbringen der Klägerin kann keinen Erfolg haben. Erstens ist das Vorbringen, die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses widerspreche dem geltenden Recht einiger Mitgliedstaaten der Union, aus den oben in Randnr. 62 dargelegten Gründen als unbegründet zurückzuweisen, insbesondere weil das Recht dieser Staaten keinen maßgeblichen rechtlichen Rahmen darstellt, anhand dessen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zu würdigen wäre. Soweit die Klägerin zweitens vorträgt, dass die Kommission das in den Unionsmitgliedstaaten geltende Gesellschaftsrecht und somit das Subsidiaritätsprinzip verletzt habe, als sie ihr die fragliche Zuwiderhandlung zugerechnet habe, ist festzustellen, dass nach Art. 81 Abs. 1 EG eine wirtschaftliche Einheit, die gegen die Wettbewerbsregeln verstößt, für diesen Verstoß, den die Kommission gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ahnden darf, einzustehen hat. 73      Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist der zweite Teil als unbegründet zurückzuweisen. Zum dritten Teil: Fehler gestützt auf das Vorbringen, durch die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigten Indizien werde die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses nicht bestätigt –       Vorbringen der Parteien 74      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe einen Rechtsfehler und offensichtliche Beurteilungsfehler begangen, als sie festgestellt habe, dass die im 386. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung (vgl. oben, Randnr. 41) dargelegten drei zusätzlichen Gesichtspunkte die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses bestätigten. Hierzu trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass erstens der Umstand, dass sie Mitglieder des Comité de direction générale ihrer Tochtergesellschaft ernannt habe, und zweitens der Umstand, dass fünf Mitglieder des Comité de direction générale bzw. des Conseil d’administration von Arkema France auch Mitglieder des Comité de direction générale bzw. des Conseil d’administration der Klägerin gewesen seien, eine Bestätigung der Vermutung nicht zuließen. 75      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 76      Nach der oben in den Randnrn. 52 bis 55 dargelegten Rechtsprechung ist die Kommission nicht verpflichtet, die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses, die sie aufstellen darf, wenn eine Muttergesellschaft das gesamte oder nahezu das gesamte Gesellschaftskapital ihrer Tochter hält, durch zusätzliche Umstände zu bestätigen, sondern es obliegt vielmehr der Klägerin, diese Vermutung zu widerlegen, indem sie Beweise vorlegt, die für den Nachweis ausreichen, dass ihr Tochterunternehmen auf dem Markt eigenständig auftrat. 77      Selbst wenn daher davon auszugehen wäre, dass sich die Kommission, wie die Klägerin geltend macht, im 386. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht auf Indizien stützte, die nicht geeignet waren, die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses zu untermauern, könnte ein solcher Fehler jedenfalls nicht den Umstand in Frage stellen, dass sich die Kommission für die Vermutung, dass die Klägerin einen bestimmenden Einfluss auf die Tochtergesellschaft ausübte, zu Recht allein auf die Feststellung stützen konnte, dass die Klägerin nahezu das gesamte Gesellschaftskapital ihrer Tochtergesellschaft hielt. 78      Folglich ist der dritte Teil als ins Leere gehend zurückzuweisen, ohne dass das Vorbringen der Klägerin, das im Wesentlichen darauf gerichtet ist, die Maßgeblichkeit der Indizien zu bestreiten, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zur Bestätigung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses berücksichtigte, geprüft werden muss. Zum vierten Teil: fehlerhafte Feststellung der Kommission, die Klägerin habe kein Bündel von Indizien zur Widerlegung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses vorgelegt –       Vorbringen der Parteien 79      Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, die Kommission habe zu Unrecht festgestellt, dass sie kein Bündel übereinstimmender Indizien vorgelegt habe, welche die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses widerlegten sowie erstens die Selbständigkeit von Arkema France auf dem Markt und zweitens die fehlende Einmischung der Klägerin in die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft nachwiesen. Entgegen dem Vorbringen der Kommission beschränke sich das von ihr vorgelegte Bündel an Indizien nicht auf den Nachweis, dass sie nicht am Kartell beteiligt gewesen sei und davon keine Kenntnis gehabt habe. 80      Die Klägerin trägt als Erstes vor, sie habe mit einem Bündel übereinstimmender Indizien die Selbständigkeit von Arkema France auf dem Markt nachgewiesen. 81      Erstens macht die Klägerin − wie bereits im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes (siehe oben, Randnr. 37) − geltend, dass die Kommission in der Entscheidung Organische Peroxide die Selbständigkeit von Arkema France auf dem Markt anerkannt habe. Außerdem habe die Kommission in ihrer Entscheidung vom 3. Mai 2006, Wasserstoffperoxid und Perborat (Sache COMP/F/C.38.620) (ABl. L 353, S. 54, im Folgenden: Entscheidung Wasserstoffperoxid), zu keiner Zeit versucht, die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch einen konkreten Umstand zu untermauern, weil sie damals der Ansicht gewesen sei, dass keine Indizien vorlägen, die eine Bestätigung dieser Vermutung zuließen. Da Natriumchlorat der gleichen Produktfamilie angehöre wie die Produkte, auf die sich die Entscheidung Organische Peroxide und die Entscheidung Wasserstoffperoxid bezögen, und es innerhalb der Gruppe Elf Aquitaine genauso behandelt werde wie die Produkte, die Gegenstand der beiden genannten Entscheidungen seien, könne die Kommission in der vorliegenden Rechtssache nicht geltend machen, dass sich die Klägerin in die Geschäftsstrategie von Arkema France eingemischt habe. 82      Zweitens habe Arkema France einer Unternehmensgruppe angehört, die durch eine dezentrale Führung der Tochtergesellschaften gekennzeichnet sei, und folglich habe die Klägerin lediglich als nicht-operative Holdinggesellschaft, die in keiner Weise in die operative Führung ihrer Tochtergesellschaft eingegriffen habe, an der Spitze der Unternehmensgruppe fungiert. Daher habe die Kommission ihr die fragliche Zuwiderhandlung nicht zurechnen dürfen, ebenso wie sie aus dem gleichen Grund in ihrer Entscheidung vom 20. Oktober 2004 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] (Sache COMP/C.38.238/B.2, Rohtabak − Spanien) (ABl. 2007, L 102, S. 14, im Folgenden: Entscheidung Rohtabak Spanien) im Hinblick auf eine der in jener Entscheidung mit einer Sanktion belegten Muttergesellschaften keine solche Zurechnung vorgenommen habe. 83      Drittens habe Arkema France ihre Geschäftsstrategie stets selbständig festgelegt. 84      Zum einen habe die Klägerin – entgegen dem Vorbringen der Kommission in Randnr. 324 der Mitteilung der Beschwerdepunkte und wie die Kommission in der Sitzung beim Anhörungsbeauftragten anerkannt habe – nie den Geschäftsplan und das Budget für die speziell mit Natriumchlorat verbundenen Geschäftstätigkeiten von Arkema France festgelegt oder genehmigt. Vielmehr habe Arkema France im entscheidungserheblichen Zeitraum über alle Möglichkeiten und organisatorischen, rechtlichen und finanziellen Ressourcen verfügt, die für die Festlegung der Geschäftsstrategie hinsichtlich der mit Natriumchlorat verbundenen Aktivitäten sowie für die Leitung dieser Aktivitäten erforderlich gewesen seien. 85      Zum anderen trägt die Klägerin eine Reihe von Argumenten vor, die den Nachweis erbringen sollen, dass Arkema France selbständig auf dem Markt aufgetreten sei. Arkema France sei uneingeschränkt befugt gewesen, ohne vorherige Zustimmung ihrer Muttergesellschaft Verträge abzuschließen, was ihr die Möglichkeit eröffnet habe, ihre Geschäfte völlig unabhängig zu führen. Darüber hinaus habe Arkema France das Spektrum der Waren und Dienstleistungen, die sie auf dem Natriumchloratmarkt vertrieben habe, stets frei festgelegt, da die Klägerin ihr niemals eine Anweisung oder Richtlinie im Hinblick auf ihre Produktion, Preisfestsetzung oder Absatzmöglichkeiten erteilt habe. Ferner habe es Arkema France völlig freigestanden, ihre Verkaufsziele und Bruttomargen ohne Intervention ihrer Muttergesellschaft festzulegen, da es keinem Mitarbeiter der Klägerin möglich gewesen sei, sich in derartige Entscheidungen einzumischen. Im Übrigen sei die Klägerin niemals auf den Märkten – einschließlich vor- und nachgelagerter Märkte − tätig gewesen, auf denen ihre Tochtergesellschaft operiert habe. Schließlich sei Arkema France im eigenen Namen und auf eigene Rechnung auf dem Natriumchloratmarkt aufgetreten und nicht als Vertreterin oder Handelsvertreterin der Klägerin. 86      Viertens sei Arkema France finanziell völlig unabhängig gewesen. Diese Feststellung ergebe sich aus den oben in den Randnrn. 81 bis 85 dargelegten Erwägungen sowie aus dem zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt sehr bescheidenen Umfang ihrer Natriumchlorataktivitäten innerhalb der Unternehmensgruppe. Die finanzielle Kontrolle, die die Klägerin über Arkema France ausgeübt habe, sei sehr allgemein gewesen und habe sich daher nicht auf die Natriumchlorataktivitäten beziehen können. 87      Fünftens habe Arkema France die Klägerin nicht über ihre Aktivitäten auf dem Markt informiert, und der einzige Geschäftsbericht, den Arkema France für die Klägerin erstellt habe, sei nicht über die Pflichten hinausgegangen, die einer Holdinggesellschaft im Hinblick auf die einschlägigen Rechnungslegungs- und Finanzregulierungsvorschriften oblägen. Daher sei dieser Geschäftsbericht sehr allgemein gehalten gewesen und habe sich nicht auf die Geschäftspolitik von Arkema France bezogen. 88      Die Klägerin macht sechstens im Licht aller in den Randnrn. 81 bis 87 des vorliegenden Urteils angestellten Erwägungen geltend, zum einen hätte die Kommission feststellen müssen, dass die Tätigkeit von Arkema France keinen Anweisungen ihrer Muttergesellschaft unterlegen habe. Zum anderen gehe sowohl aus der Rechtsprechung als auch aus der Entscheidungspraxis der Kommission hervor, dass die Gesamtheit der Indizien, die die Klägerin zur Widerlegung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses vorgetragen habe, für den Nachweis der Selbständigkeit ihrer Tochtergesellschaft maßgeblich sei. Indem die Kommission die von der Klägerin beigebrachten Indizien zurückgewiesen habe, habe sie ihr de facto diese Art der Beweisführung für die Widerlegung der Vermutung verwehrt. 89      Als Zweites macht die Klägerin geltend, die Kommission habe im 370. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung im Hinblick auf einen Ausschluss der Haftung der Klägerin zu Unrecht die Beweiskraft ihrer fehlenden Beteiligung an der Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft sowie ihrer fehlenden Kenntnis der Zuwiderhandlung verneint, obwohl sie in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich anerkannt habe, dass die Klägerin niemals unmittelbar oder mittelbar an der fraglichen Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei. Die Beteiligung an einer Zuwiderhandlung oder deren Kenntnis würden jedoch von der Kommission und den Unionsgerichten im Rahmen der Zurechnung dieser Zuwiderhandlung an eine Muttergesellschaft als maßgebliches Indiz berücksichtigt. 90      Als Drittes trägt die Klägerin vor, die Kommission habe im 403. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht festgestellt, der Umstand, dass die Klägerin weder auf dem Natriumchloratmarkt des EWR noch auf den vor- und nachgelagerten Märkten für dieses Produkt tätig sei, sei kein Beweis für ihre Unabhängigkeit. Diese Auffassung sei mit der Rechtsprechung, wie sie sich aus dem Urteil des Gerichts vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission (T‑30/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), ergebe, nicht vereinbar. 91      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 92      Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, sie habe der Kommission ein Indizienbündel vorgelegt, das die Selbständigkeit von Arkema France auf dem Natriumchloratmarkt und die fehlende Einmischung der Klägerin in die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft nachweise. 93      Hierzu ist festzustellen, dass es zum einen, wie aus der insbesondere in den Randnrn. 52 bis 55 des vorliegenden Urteils dargelegten Rechtsprechung hervorgeht, wenn sich die Kommission auf die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses stützt, um einer Muttergesellschaft eine Zuwiderhandlung zuzurechnen, der Muttergesellschaft obliegt, diese Vermutung zu widerlegen, indem sie Beweise vorlegt, die für den Nachweis ausreichen, dass ihr Tochterunternehmen auf dem Markt eigenständig auftritt. Zum anderen obliegt es der Muttergesellschaft, für den Nachweis der Selbständigkeit ihrer Tochtergesellschaft auf dem Markt und somit für die Widerlegung der genannten Vermutung jeglichen Umstand darzulegen, der sich auf die organisatorischen, wirtschaftlichen und juristischen Verbindungen zwischen ihr und ihrer Tochtergesellschaft bezieht und sich für den Nachweis eignet, dass sie nicht ein und dieselbe wirtschaftliche Einheit bilden. 94      In der vorliegenden Rechtssache ist daher zu prüfen, ob die Kommission zu Recht festgestellt hat, dass das von der Klägerin vorgelegte Indizienbündel den Nachweis der Selbständigkeit von Arkema France auf dem Markt und die Widerlegung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses nicht zulasse. 95      Erstens ist das Vorbringen der Klägerin, aus der von der Kommission in der Entscheidung Organische Peroxide und der Entscheidung Wasserstoffperoxid vertretenen Auffassung gehe hervor, dass Arkema France auf dem Markt selbständig auftrete, als unbegründet zurückzuweisen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass zum einen die Klägerin die genannten Entscheidungen falsch auslegt, da die Kommission in ihnen keineswegs zu dem Schluss kam, dass Arkema France – weder speziell auf dem Natriumchloratmarkt noch allgemein auf den anderen Märkten der von ihr vertriebenen Produkte − selbständig aufgetreten sei. Wie nämlich insbesondere aus Art. 1 der Entscheidung Organische Peroxide hervorgeht, beschränkte sich die Kommission darauf, Arkema France (vormals Atofina) mit Sanktionen zu belegen, ohne über die Frage zu befinden, ob die Zuwiderhandlung der Klägerin zuzurechnen sei. Zum anderen kam die Kommission in der Entscheidung Wasserstoffperoxid im Wesentlichen, insbesondere im 427. Erwägungsgrund der genannten Entscheidung, zu dem Ergebnis, dass die in jener Entscheidung streitige Zuwiderhandlung der Klägerin zuzurechnen sei. Somit lässt keine dieser Entscheidungen den Schluss zu, dass die Kommission unter Bedingungen, die der vorliegenden Rechtssache vergleichbar wären, der Auffassung war, dass Arkema France selbständig auf dem Markt aufgetreten sei. 96      Da für die Kommission außerdem, wie oben in Randnr. 60 dargelegt, die Möglichkeit, jedoch nicht die Verpflichtung besteht, eine Zuwiderhandlung der Muttergesellschaft zuzurechnen, und sie in der vorliegenden Rechtssache der Klägerin die fragliche Zuwiderhandlung auf der Grundlage einer zutreffenden Auslegung von Art. 81 EG zurechnete, lässt die eventuelle Feststellung, dass die Kommission in früheren Rechtssachen entweder der Auffassung war, dass eine solche Zurechnung nicht vorzunehmen sei, oder die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch zusätzliche Indizien untermauerte, in der vorliegenden Rechtssache jedenfalls nicht den Schluss zu, dass die Kommission einen Rechtsfehler beging, als sie der Klägerin die fragliche Zuwiderhandlung zurechnete. 97      Was zweitens das Vorbringen der Klägerin betrifft, die Selbständigkeit von Arkema France werde durch die dezentrale Führung der Unternehmensgruppe Elf Aquitaine und durch den Umstand bestätigt, dass die Klägerin lediglich eine „nicht-operative Holdinggesellschaft“ gewesen sei, die nicht in die operative Führung ihrer Tochtergesellschaft eingegriffen habe, und folglich habe die Kommission ihr die Zuwiderhandlung nicht zurechnen dürfen, wie sie dies im Übrigen ebenso wenig in der Entscheidung Rohtabak Spanien im Hinblick auf eine andere Muttergesellschaft getan habe, so ist auch dieses Vorbringen als unbegründet zurückzuweisen. 98      Zunächst ist zum einen das Vorbringen, die Klägerin sei eine „nicht-operative Holdinggesellschaft“, auf keine konkreten Umstände gestützt, die nachweisen können, dass sie keinen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausübte. Zum anderen kann, wie aus der oben in Randnr. 60 dargelegten Rechtsprechung hervorgeht, der Umstand, dass die Kommission in der Entscheidung Rohtabak Spanien einer Muttergesellschaft die Zuwiderhandlung nicht zurechnete, jedenfalls nicht die Feststellung entkräften, dass die Voraussetzungen für eine solche Zurechnung in der angefochtenen Entscheidung vorlagen. 99      Zudem und auf jedem Fall soll eine Holding im Rahmen einer Unternehmensgruppe die Beteiligungen an verschiedenen Gesellschaften bündeln, und sie fungiert insofern als deren Leitungsinstanz. Daher lässt sich nicht ausschließen, dass die Klägerin vor allem bei der Koordinierung der Finanzanlagen innerhalb der Gruppe Elf Aquitaine einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübte. Darüber hinaus ist die interne Aufteilung der verschiedenen Tätigkeiten der Klägerin, die einer dezentralen Führung ähnelt, zwischen verschiedenen Abteilungen oder Einheiten ein übliches Phänomen innerhalb von Unternehmensgruppen wie derjenigen, an deren Spitze die Klägerin steht. Folglich widerlegt dieses Vorbringen in keiner Weise die Vermutung, dass die Klägerin und Arkema France ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bildeten. 100    Was drittens das Vorbringen der Klägerin betrifft, zum einen habe Arkema France ihre Geschäftsstrategie auf dem Natriumchloratmarkt stets eigenständig definiert, da die Klägerin den Geschäftsplan und das Budget für die speziell mit Natriumchlorat verbundenen Geschäftstätigkeiten von Arkema France nie festgelegt oder genehmigt habe und Arkema France im Wesentlichen befugt gewesen sei, eigenständig auf dem Markt aufzutreten, und zum anderen sei Arkema France finanziell völlig unabhängig gewesen, da die Kontrolle, die die Klägerin im Hinblick auf ihre Tochtergesellschaft ausgeübt habe, sehr allgemein gewesen sei, so ist auch dieses Vorbringen als unbegründet zurückzuweisen. 101    Abgesehen nämlich von der Tatsache, dass die Klägerin ihr Vorbringen auf keine konkreten Umstände stützt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass die Klägerin den Geschäftsplan und das Budget für die Geschäftstätigkeiten von Arkema France nie festlegte oder genehmigte, nicht als Nachweis dafür dienen kann, dass die Klägerin den Geschäftsplan und das Budget nicht ändern, ablehnen oder deren Umsetzung kontrollieren konnte. 102    Außerdem lässt sich nicht ausschließen, dass die Klägerin vor allem bei der Koordinierung der Finanzanlagen innerhalb der Gruppe Elf Aquitaine einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübte. 103    Wenn die Klägerin, wie sie im Übrigen in ihrer Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte (vgl. S. 71 der Stellungnahme) darlegte und wie aus dem 392. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, die wichtigsten vertraglichen Verpflichtungen ihrer Tochtergesellschaft kontrollierte, so bestätigt dieser Umstand nur das Ergebnis der Kommission, dass die Tochtergesellschaft gegenüber der Klägerin nicht selbständig war. 104    Viertens ist das Vorbringen der Klägerin, Arkema France habe sie nicht über ihre Aktivitäten auf dem Markt informiert und in Übereinstimmung mit französischem Recht und ihrer Satzung nur einen sehr allgemein gehaltenen Geschäftsbericht für die Klägerin erstellt, als unbegründet zurückzuweisen. Abgesehen davon, dass die Klägerin ihr Argument nicht auf konkrete Umstände stützt, spricht es gegen ihr Argument, dass sie, wie oben in Randnr. 103 dargelegt, anerkannt hat, die wichtigsten vertraglichen Verpflichtungen ihrer Tochtergesellschaft kontrolliert zu haben. 105    Soweit die Klägerin fünftens geltend macht, sie sei niemals an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen, habe von ihr keine Kenntnis gehabt und sei weder auf dem vor- oder nachgelagerten Markt für Natriumchlorat noch auf dem Natriumchloratmarkt selbst, der für sie von geringer Bedeutung sei, tätig gewesen, so sind diese Umstände nicht geeignet, die Selbständigkeit von Arkema France nachzuweisen. Zunächst geht aus der Rechtsprechung hervor, dass nicht ein zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft in Bezug auf die Zuwiderhandlung bestehendes Anstiftungsverhältnis und schon gar nicht eine Beteiligung der Muttergesellschaft an dieser Zuwiderhandlung, sondern vielmehr der Umstand, dass sie ein einziges Unternehmen bilden, der Kommission die Befugnis gibt, die Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an das Mutterunternehmen einer Unternehmensgruppe zu richten (Urteil Michelin/Kommission, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 290). Sodann kann aus dem Umstand, dass die Klägerin und Arkema France auf unterschiedlichen Märkten tätig waren und der Natriumchloratmarkt für die Klägerin von geringer Bedeutung war, keinerlei Schlussfolgerung gezogen werden. Innerhalb einer Unternehmensgruppe wie derjenigen, an deren Spitze die Klägerin steht, stellt nämlich die Aufgabenteilung ein übliches Phänomen dar, das die Vermutung, dass die Klägerin und Arkema France ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG darstellten, nicht widerlegen kann. Daher ist dieses Vorbringen als ins Leere gehend zurückzuweisen. 106    Was sechstens das Vorbringen der Klägerin betrifft, die Kommission habe ihr de facto das Recht auf Widerlegung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses verwehrt, indem sie festgestellt habe, dass die von der Klägerin beigebrachten Indizien den Nachweis der Selbständigkeit von Arkema France nicht zuließen, so ist dieses Vorbringen als unbegründet zurückzuweisen. In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission nämlich das Recht der Klägerin zur Beibringung von Indizien, die geeignet sind, die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses zu widerlegen, nicht nur nicht bestritten, sondern sie hat vielmehr nach Prüfung des von der Klägerin vorgelegten Indizienbündels zu Recht festgestellt, wie aus den Randnrn. 95 bis 105 dieses Urteils hervorgeht, dass die Bestandteile des Indizienbündels eine Widerlegung der Vermutung nicht zuließen. 107    Nach alledem stellte die Kommission zu Recht fest, dass die Klägerin keine Beweise vorgelegt hatte, die geeignet waren, die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses zu widerlegen. 108    Folglich ist der vierte Teil des ersten Klagegrundes als teilweise unbegründet und teilweise ins Leere gehend zurückzuweisen. Zum fünften Teil: Umwandlung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses in eine unwiderlegbare Vermutung –       Vorbringen der Parteien 109    Die Klägerin führt aus, die Kommission habe, indem sie das von der Klägerin vorgelegte Indizienbündel zurückgewiesen habe, die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses, bei der es sich um eine widerlegbare Vermutung handeln müsse, in eine unwiderlegbare Vermutung umgewandelt. 110    Als Erstes macht die Klägerin geltend, die Umwandlung einer widerlegbaren in eine unwiderlegbare Vermutung sei ein Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung. Ergebnis der Umwandlung sei eine probatio diabolica, d. h. ein Beweis, der nicht in Frage gestellt werden könne, und somit ein nach der Rechtsprechung unzulässiger Beweis. Ferner hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, eine solche Vermutung verstoße gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung, der zum einen in der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, unterzeichnet in Rom am 4. November 1950 (im Folgenden: EMRK), und in der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in dessen Urteil Salabiaku/Frankreich vom 7. Oktober 1988 (Serie A, Nr. 141-A, § 28) und zum anderen in der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364, S. 1), die gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 EUV den Verträgen rechtlich gleichrangig sei, verankert sei. Schließlich hat die Klägerin in Beantwortung der Fragen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, sie halte das oben in Randnr. 45 angeführte Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission für mit den genannten Bestimmungen unvereinbar. 111    Als Zweites führt die Klägerin aus, die Kommission habe bewirkt, dass die von ihr in der angefochtenen Entscheidung aufgestellte Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses unwiderlegbar geworden sei. 112    Erstens gehe aus den Erwägungsgründen 396 und 412 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass sogar die Kommission die Widerlegung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses in der Praxis für fast unmöglich halte, denn sie stelle u. a. fest, dass „diese Vermutung in fast allen Fällen zutrifft“. 113    Zweitens habe sich die Kommission geweigert, die Indizien, die die Klägerin für die Widerlegung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses beigebracht habe, zu berücksichtigen, obwohl derartige Indizien, wenn sie von der Kommission geltend gemacht würden, ihr die Untermauerung der Vermutung ermöglichten. 114    Drittens gehe aus dem 401. Erwägungsgrund a. E. der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission zu Unrecht der Auffassung gewesen sei, einer Muttergesellschaft müsse eine Zuwiderhandlung zugerechnet werden, unabhängig davon, ob sie in die Tätigkeit ihrer Tochtergesellschaft eingegriffen habe oder nicht, ob sie deren freies Handeln zugelassen habe oder nicht und ob sie von deren Zuwiderhandlungen Kenntnis gehabt habe oder nicht. 115    Viertens habe die Kommission es unterlassen, aus ihrer – von ihr in der Sitzung beim Anhörungsbeauftragten anerkannten − fehlerhaften Auslegung der Stellungnahme, die Arkema France am 18. Oktober 2004 auf das an sie gerichtete Auskunftsverlangen der Kommission vom 10. September 2004 verfasst habe und in der sie Elf Atochem und die Klägerin verwechselt habe, angemessene Schlussfolgerungen zu ziehen. 116    Fünftens habe sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht auf konkrete Umstände gestützt, die die tatsächliche Ausübung eines bestimmenden Einflusses der Klägerin auf die kaufmännische Geschäftsführung von Arkema France nachwiesen, sondern auf bloße Behauptungen, die nicht untermauert worden seien und die weitere Vermutungen und Annahmen darstellten, die sie niemals verifiziert habe. 117    Sechstens müsse aus der Zurückweisung der Gesamtheit der Bestandteile des von der Klägerin vorgelegten Indizienbündels gefolgert werden, dass die Kommission negative Urkundenbeweise für die fehlende Einmischung einer Muttergesellschaft in die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft verlange. 118    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 119    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe, indem sie die ihr von der Klägerin vorgelegten Indizien zurückgewiesen habe, die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses in eine unwiderlegbare Vermutung umgewandelt. Eine solche Vermutung sei jedoch nach der EMRK und der Grundrechtecharta der Europäischen Union sowie der Rechtsprechung der Gerichte der Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte rechtswidrig. 120    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass in Übereinstimmung mit der oben in Randnr. 52 angeführten Rechtsprechung von der Klägerin nicht verlangt wurde, einen Beweis für ihre Nichteinmischung in die Leitung ihrer Tochtergesellschaft zu erbringen, sondern nur, Beweise vorzulegen, die als Nachweis dafür ausreichen, dass ihre Tochtergesellschaft auf dem fraglichen Markt eigenständig auftrat. 121    Der Umstand, dass die Klägerin in der vorliegenden Rechtssache keine Beweise vorgelegt hat, die geeignet sind, die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses zu widerlegen, wie aus der Prüfung des vierten Teils des ersten Klagegrundes hervorgeht (siehe oben, Randnrn. 95 bis 106), bedeutet nicht, dass die Vermutung in keinem Fall widerlegt werden kann. 122    Daher ist erstens das oben in Randnr. 110 dargelegte Vorbringen der Klägerin, wonach die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung aufstellte und deren Rechtmäßigkeit der Gerichtshof im Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, anerkannt hat, mit dem Grundsatz der Unschuldsvermutung unvereinbar sei, so wie er zum einen in der Grundrechtecharta der Europäischen Union und der EMRK anerkannt werde und zum anderen vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und die Gerichte der Union ausgelegt worden sei, als nicht stichhaltig zurückzuweisen. Zweitens ist das oben in den Randnrn. 111 bis 117 wiedergegebene Vorbringen der Klägerin, wonach die Kommission zu Unrecht festgestellt habe, dass die von der Klägerin vorgelegten Indizien nachwiesen, dass sie auf Arkema France keinen bestimmenden Einfluss ausgeübt habe, als unbegründet zurückzuweisen, da die Kommission, wie im Rahmen der Prüfung des vierten Teils des ersten Klagegrundes (siehe oben, Randnrn. 95 bis 106) festgestellt worden ist, aufgrund des Umstands, dass keines der von der Klägerin vorgelegten Indizien in der vorliegenden Rechtssache die Feststellung eines eigenständigen Auftretens von Arkema France auf dem Markt zuließ, der Klägerin in der angefochtenen Entscheidung die Zuwiderhandlung zurechnete. 123    Folglich ist der fünfte Teil des ersten Klagegrundes und somit der erste Klagegrund insgesamt als teilweise unbegründet und teilweise ins Leere gehend zurückzuweisen. Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen sechs fundamentale Grundsätze durch Zurechnung der fraglichen Zuwiderhandlung an die Klägerin 124    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe gegen sechs fundamentale Grundsätze verstoßen, als sie ihr die Zuwiderhandlung von Arkema France zugerechnet habe. Dieser Klagegrund gliedert sich daher in sechs Teile. Zum ersten Teil: Verstoß gegen die Verteidigungsrechte der Klägerin –       Vorbringen der Parteien 125    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, ihre Verteidigungsrechte seien verletzt worden, bevor und nachdem ihr die Mitteilung der Beschwerdepunkte zugestellt worden sei. 126    Als Erstes führt sie aus, die Beurteilung, die die Kommission im 406. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung vorgenommen habe und wonach sie nicht verpflichtet gewesen sei, vor der Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte besondere Sorgfaltsmaßnahmen gegenüber der Klägerin zu ergreifen, werde durch die Rechtsprechung entkräftet, die sich aus den Urteilen des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Thyssen Stahl/Kommission (C‑194/99 P, Slg. 2003, I‑10921), und vom 21. September 2006, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission (C‑105/04 P, Slg. 2006, I‑8725), ergebe. Nach Auffassung der Klägerin hätte die Kommission nämlich vor dem Versand der Mitteilung der Beschwerdepunkte von ihren Untersuchungsbefugnissen Gebrauch machen müssen, um bei der Klägerin Indizien zu erheben, welche die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses bestätigten, anstatt sich auf die Indizien zu beschränken, die Arkema France beigebracht habe. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin geltend gemacht, eine solche Verpflichtung ergebe sich auch aus dem Urteil vom 8. Juli 2008, AC‑Treuhand/Kommission (T‑99/04, Slg. 2008, II‑1501), und dem Verhaltenskodex der Kommission betreffend die Art. 101 und 102 AEUV (im Folgenden: Verhaltenskodex), der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auf der Website der Kommission abrufbar gewesen sei. 127    Außerdem sei der Klägerin, da ihr gegenüber keine Untersuchungsmaßnahmen ergriffen worden seien, das Recht verwehrt worden, vor dem Erlass der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu erklären, wie die Gruppe Elf Aquitaine funktioniert habe, wie ihre Beziehungen zu Arkema France ausgestaltet gewesen seien und dass sie bei der Leitung der Natriumchloratgeschäfte eine rein passive Rolle eingenommen habe. Ferner habe sie die Richtigkeit der von Arkema France gelieferten Informationen, deren vertrauliche Behandlung Arkema France erbeten habe, nicht überprüfen können, z. B. Informationen zu den Umsätzen der Klägerin, welche Arkema France der Kommission in Beantwortung eines Auskunftsverlangens übermittelt habe. 128    Darüber hinaus habe die Kommission keine vollständigen Antworten auf die Fragen, die sie an Arkema France gerichtet habe, erhalten können, da die Untersuchung den Zeitraum nach dem Ausscheiden von Arkema France aus der Gruppe Elf Aquitaine am 18. Mai 2006 betreffe. Insofern sei der Klägerin die Gelegenheit entgangen, erstens schon zum Zeitpunkt der Untersuchung nachzuweisen, dass ihr die Zuwiderhandlung von Arkema France nicht zugerechnet werden könne, und somit eine Änderung der gegen sie erhobenen Beschwerdepunkte zu bewirken, und zweitens zu verhindern, dass gegen sie zwei verschiedene Geldbußen verhängt würden. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ergänzt, sie habe zum Zeitpunkt der Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte, da sie diese erst zu einem Zeitpunkt erhalten habe, zu dem Arkema France der Gruppe Elf Aquitaine nicht mehr angehört habe und der Untersuchungsbeginn bereits vier Jahre zurückgelegen habe, nicht mehr über die Beweise verfügt, die ihr eine erfolgreiche Verteidigung ermöglicht hätten. 129    Die eingeschränkten Verteidigungsmöglichkeiten der Klägerin seien durch die inkohärente und widersprüchliche Position der Kommission in der MCE-Entscheidung, der Entscheidung K(2006) 2098 endg. vom 31. Mai 2006 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und nach Artikel 53 [EWR-Abkommen] (Sache COMP/F/38.645 − Methacrylat) (ABl. 2006, L 322, S. 20, im Folgenden: Entscheidung Methacrylat), der Entscheidung Wasserstoffperoxid und der angefochtenen Entscheidung weiter beeinträchtigt worden. 130    Im Übrigen hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass erstens der Gerichtshof den Strafcharakter von Geldbußen in Wettbewerbssachen in seinen Urteilen vom 8. Juli 1999, Hüls/Kommission (C‑199/92 P, Slg. 1999, I‑4287), vom 22. Mai 2008, Evonik Degussa/Kommission und Rat (C‑266/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), und vom 23. Dezember 2009, Spector Photo Group und Van Raemdonck (C‑45/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), anerkannt habe und zweitens die am 1. Dezember 2009 in Kraft getretene Grundrechtecharta der Europäischen Union auf alle bei dem Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten unmittelbar anwendbar sei. Die Grundrechte der Klägerin seien verletzt worden, da die Kommission zu Unrecht festgestellt habe, dass „die Grundrechte dem Unternehmen und nicht den einzelnen, isoliert betrachteten juristischen Personen zugute kommen müssen“. 131    Als Zweites macht die Klägerin geltend, aus den Erwägungsgründen 402 bis 406 der angefochtenen Entscheidung gehe hervor, dass die Kommission es − unter Verstoß gegen die von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen − bei der Prüfung aller Bestandteile des Indizienbündels, das die Klägerin zur Widerlegung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses vorgelegt habe, an Sorgfalt habe mangeln lassen, da sie sich darauf beschränkt habe, die genannten Bestandteile mit nicht begründeten Behauptungen und rein theoretischen Annahmen und Vermutungen, die der wirklichen Funktionsweise der Gruppe Elf Aquitaine zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt nicht entsprächen, zurückzuweisen. 132    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 133    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe ihre Verteidigungsrechte verletzt, indem sie zum einen vor der Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Klägerin keine Untersuchungsmaßnahmen im Hinblick auf die Klägerin ergriffen habe und zum anderen nach der Zustellung dieser Mitteilung es bei der Prüfung aller Bestandteile des Indizienbündels, das die Klägerin zur Widerlegung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses vorgelegt habe, an Sorgfalt habe mangeln lassen. 134    Nach ständiger Rechtsprechung erfordert es die Wahrung der Verteidigungsrechte, dem betroffenen Unternehmen im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zu geben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen und Umstände sowie zu den von ihr zur Stützung ihrer Behauptung, dass eine Zuwiderhandlung vorliege, herangezogenen Schriftstücken sachgerecht Stellung zu nehmen (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 10, und vom 6. April 1995, BPB Industries und British Gypsum/Kommission, C‑310/93 P, Slg. 1995, I‑865, Randnr. 21). 135    Wie die Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, 13, S. 204), aufgehoben und ersetzt durch die Verordnung Nr. 1/2003, sieht die zuletzt genannte Verordnung in Art. 27 Abs. 1 vor, dass den Beteiligten eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übersandt wird, in der alle wesentlichen Tatsachen, auf die sich die Kommission in diesem Verfahrensstadium stützt, klar angegeben werden müssen (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 67), damit die Beteiligten tatsächlich Kenntnis davon erlangen können, welche Verhaltensweisen ihnen von der Kommission zur Last gelegt werden, und sich wirksam verteidigen können, bevor die Kommission eine endgültige Entscheidung erlässt. Eine solche Mitteilung der Beschwerdegründe stellt eine Verfahrensgarantie dar, die Ausdruck eines tragenden Grundsatzes des Gemeinschaftsrechts ist, dem zufolge die Verteidigungsrechte in allen Verfahren beachtet werden müssen (Urteil des Gerichtshofs vom 3. September 2009, Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission, C‑322/07 P, C‑327/07 P und C‑338/07 P, Slg. 2009, I‑7191, Randnr. 35) 136    Dieser Grundsatz verlangt vor allem, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die die Kommission an ein Unternehmen richtet, gegen das sie eine Sanktion wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln zu verhängen beabsichtigt, die wesentlichen diesem Unternehmen zur Last gelegten Gesichtspunkte wie den ihm vorgeworfenen Sachverhalt, dessen Einstufung und die von der Kommission herangezogenen Beweismittel enthält, damit sich das Unternehmen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, das gegen es eingeleitet worden ist, sachgerecht äußern kann (vgl. Urteil Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission, oben in Randnr. 135 angeführt, Randnr. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). 137    Insbesondere muss die Mitteilung der Beschwerdepunkte eindeutig angeben, gegen welche juristische Person Geldbußen festgesetzt werden könnten, sie muss an diese Person gerichtet sein, und sie muss angeben, in welcher Eigenschaft dieser Person die behaupteten Tatsachen zur Last gelegt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission, oben in Randnr. 135 angeführt, Randnrn. 37 und 38). 138    Durch die Mitteilung der Beschwerdepunkte wird das betreffende Unternehmen nämlich über alle wesentlichen Gesichtspunkte informiert, auf die sich die Kommission in diesem Verfahrensstadium stützt. Folglich kann das betroffene Unternehmen seine Verteidigungsrechte erst nach Übersendung der Mitteilung umfassend geltend machen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C‑407/04 P, Slg. 2007, I‑829, Randnr. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 126 angeführt, Randnr. 48). 139    Was die erste Rüge der Klägerin betrifft, die Kommission habe ihre Verteidigungsrechte verletzt, indem sie vor der Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Klägerin dieser gegenüber keine Untersuchungsmaßnahmen ergriffen habe, ist festzustellen, dass die Parteien dem Gericht die Mitteilung der Beschwerdepunkte zwar nicht vorgelegt haben, jedoch aus der Stellungnahme, die die Klägerin am 27. September 2007 auf die Mitteilung abgab, eindeutig hervorgeht, dass die Kommission die Klägerin darüber informiert hatte, dass sie beabsichtigte, ihr die Zuwiderhandlung von Arkema France auf der Grundlage der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses zuzurechnen. Der Klägerin waren somit die Beschwerdepunkte bekannt, die ihr in der Mitteilung zur Last gelegt wurden, und sie hatte Gelegenheit erhalten, auf die Mitteilung zu antworten, was sie auch tatsächlich schriftlich getan hatte. Außerdem bestreitet sie nicht, dass sie Gelegenheit erhielt, in der Sitzung beim Anhörungsbeauftragten eine Stellungnahme zur Mitteilung abzugeben, und dass sie tatsächlich eine solche Stellungnahme abgab. 140    Der Umstand, dass die Kommission vor der Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Klägerin dieser gegenüber keine Untersuchungsmaßnahmen ergriffen hatte oder dass sie, wie die Klägerin weiter vorträgt, ihr in früheren Entscheidungen andere Zuwiderhandlungen ihrer Tochtergesellschaft zugerechnet oder nicht zugerechnet hat, kann das Ergebnis, dass die Kommission die Klägerin über die ihr vorgehaltenen Beschwerdepunkte erstmals in der Mitteilung informieren konnte, nicht in Frage stellen. Die Klägerin hatte nämlich Gelegenheit, sich im Verwaltungsverfahren zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte angeführten Tatsachen und Umstände sowohl durch ihre Stellungnahme zur Mitteilung als auch in der Sitzung beim Anhörungsbeauftragten sachgerecht zu äußern. 141    Daher hat die Kommission die Verteidigungsrechte der Klägerin nicht dadurch verletzt, dass sie vor Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte dieser gegenüber keine Untersuchungsmaßnahmen durchführte. 142    Dieses Ergebnis wird durch das übrige Vorbringen der Klägerin nicht entkräftet. 143    Erstens ist das von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Argument, die Kommission habe ihre Grundrechte, wie sie von den Gemeinschaftsgerichten und der Grundrechtecharta der Europäischen Union anerkannt seien, dadurch verletzt, dass sie zu Unrecht festgestellt habe, dass diese Grundrechte dem Unternehmen und nicht den einzelnen, isoliert betrachteten juristischen Personen zugute kommen müssten, als unbegründet zurückzuweisen. Abgesehen davon, dass eine solche Feststellung weder aus der angefochtenen Entscheidung noch aus den Schriftsätzen der Kommission hervorgeht, richtete die Kommission nämlich, wie im 66. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und Art. 4 des verfügenden Teils der Entscheidung dargelegt, die Mitteilung der Beschwerdepunkte und die angefochtene Entscheidung jeweils gesondert sowohl an die Klägerin als auch an Arkema France, so dass sie im Verwaltungsverfahren und nach dessen Abschluss die Verteidigungsrechte jeweils beider Unternehmen gewahrt hat. 144    Zweitens ist das Vorbringen, aus der oben in Randnr. 126 angeführten Rechtsprechung gehe hervor, dass die Kommission in der vorliegenden Rechtssache zu Unrecht die Auffassung vertreten habe, sie sei nicht verpflichtet, besondere Sorgfaltsmaßnahmen gegenüber der Klägerin zu ergreifen, ebenfalls als unbegründet zurückzuweisen. 145    Zunächst hat der Gerichtshof im Urteil Thyssen Stahl/Kommission, oben in Randnr. 126 angeführt (Randnr. 31), festgestellt, dass die Kommission die Verteidigungsrechte eines Unternehmens verletzt, wenn aufgrund eines von ihr begangenen Fehlers die Möglichkeit besteht, dass das Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Weiter hat der Gerichtshof in der genannten Randnummer festgestellt, dass ein Unternehmen zum Nachweis eines solchen Verstoßes nicht darzutun braucht, dass die Entscheidung der Kommission einen anderen Inhalt gehabt hätte, sondern nur hinreichend dartun muss, dass es sich ohne den Fehler besser hätte verteidigen können, z. B. deshalb, weil es zu seiner Verteidigung Schriftstücke hätte heranziehen können, in die ihm im Verwaltungsverfahren keine Einsicht gewährt wurde. In der vorliegenden Rechtssache hat die Klägerin jedoch nicht nachgewiesen, dass die Kommission aufgrund des Umstands, dass sie vor Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte keine Untersuchungsmaßnahmen gegenüber der Klägerin durchgeführt hatte, in der angefochtenen Entscheidung zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Entgegen ihrem Vorbringen hatte die Klägerin nämlich Gelegenheit, auf der Grundlage der Mitteilung der Beschwerdepunkte zur Funktionsweise der Gruppe Elf Aquitaine, zu ihren Beziehungen zu Arkema France und zur rein passiven Rolle, die sie bei der Leitung der Natriumchloratgeschäfte von Arkema France eingenommen haben will, Stellung zu nehmen. 146    Sodann hat der Gerichtshof im Urteil Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, oben in Randnr. 126 angeführt (Randnrn. 48 bis 50 und 56), u. a. festgestellt, dass verhindert werden muss, dass die Verteidigungsrechte aufgrund überlanger Dauer der Ermittlungsphase in nicht wiedergutzumachender Weise beeinträchtigt werden und dass die Verfahrensdauer der Erbringung von Beweisen dafür entgegensteht, dass keine Verhaltensweisen vorlagen, die die Verantwortung der betroffenen Unternehmen auslösen könnten. In der vorliegenden Rechtssache hat die Klägerin jedoch keinen konkreten Umstand zum Nachweis dafür vorgetragen, dass die Ermittlungsphase des Verfahrens, das zum Erlass der angefochtenen Entscheidung führte, von überlanger Dauer war und daher der Erbringung von Indizien zur Widerlegung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses entgegenstand. 147    Schließlich hat das Gericht im Urteil AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 126 angeführt (Randnr. 56), festgestellt, dass die Kommission verpflichtet war, das betroffene Unternehmen im Stadium der ersten gegen es ergriffenen Maßnahme – auch in den Auskunftsverlangen, die sie nach Art. 11 der Verordnung Nr. 17 an das Unternehmen richtete –, insbesondere über Gegenstand und Zweck der Ermittlungen zu informieren. In Randnr. 58 des genannten Urteils hat das Gericht außerdem daran erinnert, dass nach der Rechtsprechung die von der Kommission begangene Unregelmäßigkeit nur dann, wenn sie konkret die Verteidigungsrechte des betroffenen Unternehmens im Verwaltungsverfahren beeinträchtigt hat, zur Nichtigerklärung der endgültigen Entscheidung der Kommission führen kann. Abgesehen davon, dass aus dem genannten Urteil nicht gefolgert werden kann, dass die Kommission, wie die Klägerin geltend macht, verpflichtet ist, vor der Übermittlung einer Mitteilung der Beschwerdepunkte gegenüber einem Unternehmen Untersuchungsmaßnahmen zu ergreifen, wenn sie der Ansicht ist, dass sie im Übrigen über Informationen verfügt, die die Übermittlung einer solchen Mitteilung rechtfertigen, ist jedoch in der vorliegenden Rechtssache festzustellen, dass die Klägerin keinen konkreten Umstand zum Nachweis dafür vorgetragen hat, dass ihr so die Möglichkeit genommen wurde, zu beweisen, dass sie keinen bestimmenden Einfluss auf Arkema France ausübte. 148    Drittens ist zum Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe gegen den Verhaltenskodex verstoßen, indem sie ihr gegenüber keine Untersuchungsmaßnahme ergriffen habe, zum einen festzustellen, dass der Verhaltenskodex, der gemäß Nr. 5 nur auf Verfahren anwendbar ist, die zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union liefen oder danach eingeleitet werden, nach Erlass der angefochtenen Entscheidung verabschiedet wurde und folglich auf den Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache nicht anwendbar ist. Zum anderen bestimmt jedenfalls Nr. 14 des Verhaltenskodex unter Verweis auf das Urteil AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 126 angeführt (Randnr. 56), dass „die Unternehmen ab dem Zeitpunkt der ersten Untersuchungsmaßnahme (üblicherweise ein Auskunftsverlangen oder eine Inspektion) davon in Kenntnis gesetzt werden, dass sie Gegenstand einer Voruntersuchung sind, und über Gegenstand und Zweck der Ermittlung informiert werden“. Ohne dass daher über die rechtliche Tragweite des Verhaltenskodex entschieden werden muss, ist auf jeden Fall festzustellen, dass der Verhaltenskodex keine Verpflichtung der Kommission begründet, vor dem Erlass einer Mitteilung über die Beschwerdepunkte Untersuchungsmaßnahmen gegenüber den Unternehmen zu ergreifen. 149    Folglich ist die erste Rüge der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen. 150    Zur zweiten Rüge der Klägerin, die Kommission habe ihre Verteidigungsrechte verletzt, indem sie es bei der Prüfung aller Bestandteile des Indizienbündels, das die Klägerin zur Widerlegung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses vorgelegt habe, an Sorgfalt habe mangeln lassen, ist festzustellen, dass erstens, wie die Kommission vorgetragen hat, die Klägerin keinen in der angefochtenen Entscheidung angeführten tatsächlichen oder rechtlichen Umstand benannt hat, zu dem sie sich in ihrer Beantwortung der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht hätte äußern können. Zweitens ist auf die Erwägungsgründe 397 bis 415 der angefochtenen Entscheidung zu verweisen und festzustellen, dass die Kommission auf die Argumente, die Arkema France und die Klägerin in ihrer Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgetragen hatten, erschöpfend und unter Angabe von Gründen einging. Der Kommission kann daher nicht vorgeworfen werden, die Verteidigungsrechte der Klägerin in dieser Hinsicht verletzt zu haben. 151    Folglich ist die zweite Rüge der Klägerin und damit der erste Teil insgesamt als unbegründet zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Waffengleichheit –       Vorbringen der Parteien 152    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Waffengleichheit verstoßen. Der Verstoß ergebe sich in der vorliegenden Rechtssache daraus, dass sich die Kommission darauf beschränkt habe, neue Annahmen und Vermutungen aufzustellen, statt konkrete Umstände vorzutragen, die eine andere Sicht auf den Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache, wie er sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Indizienbündel ergebe, ermöglichten, obwohl die Klägerin in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung eine andere plausible Erklärung des Sachverhalts geliefert habe, die derjenigen der Kommission widerspreche. 153    In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, der Umstand, dass die Kommission die Durchführung einer Untersuchung betreffend die Klägerin unterlassen habe, habe zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Waffengleichheit geführt, da sie die Möglichkeit gehabt hätte, „die Beweise aufzubewahren“ und „sich gegen den Vorwurf der Einmischung bei ihrer Tochtergesellschaft zu wappnen“. 154    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. – Würdigung durch das Gericht 155    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Waffengleichheit verstoßen, da es, nachdem die Klägerin ein Indizienbündel vorgelegt habe, das plausibel erkläre, dass Arkema France ihre Geschäfte eigenständig wahrgenommen habe, der Kommission oblegen habe, konkrete Umstände zur Untermauerung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses vorzutragen. 156    Der Grundsatz der Waffengleichheit ist ebenso wie der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens nur eine logische Folge aus dem Begriff des fairen Verfahrens (vgl. entsprechend Urteile des Gerichtshofs vom 26. Juni 2007, Ordre des barreaux francophones et germanophone u. a., C‑305/05, Slg. 2007, I‑5305, Randnr. 31, vom 2. Dezember 2009, Kommission/Irland u. a., C‑89/08 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 50, und vom 17. Dezember 2009, Überprüfung M/EMEA, C‑197/09 RX‑II, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 39 und 40). Er verlangt, dass jeder Partei eine vernünftige Möglichkeit geboten wird, ihren Standpunkt unter Bedingungen vorzutragen, die sie nicht in eine deutlich nachteilige Position im Verhältnis zu ihrem Gegner versetzen (vgl. EGMR, Urteile Dombo Beheer BV/Niederlande vom 27. Oktober 1993, Serie A Nr. 274, § 33, Ernst u. a./Belgien vom 15. Juli 2003, § 60, und Vezon/Frankreich vom 18. April 2006, § 31). 157    Entgegen ihrem Vorbringen befand sich die Klägerin in der vorliegenden Rechtssache im Verhältnis zur Kommission nicht aufgrund des Umstands, dass die Kommission ihr die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf der Grundlage von Kapitalverflechtungen mit Arkema France vorhielt, in einer deutlich nachteiligen Position. 158    Da die Kommission nämlich zum einen, wie oben in Randnr. 57 festgestellt, zu Recht vermutete, dass die Klägerin einen bestimmenden Einfluss auf Arkema France ausübte, weil sie nahezu das gesamte Gesellschaftskapital von Arkema France hielt, und es zum anderen, wie aus den Randnrn. 139 und 140 dieses Urteils hervorgeht, der Klägerin freistand, in ihrer Stellungnahme auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der Sitzung beim Anhörungsbeauftragten alle rechtlichen und tatsächlichen Umstände darzulegen, die diese Vermutung widerlegen, hat die Kommission in der vorliegenden Rechtssache nicht gegen den Grundsatz der Waffengleichheit verstoßen. 159    Das in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Argument der Klägerin, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Waffengleichheit verstoßen, da die Klägerin, wenn eine sie betreffende Untersuchung durchgeführt worden wäre, die Möglichkeit gehabt hätte, „die Beweise aufzubewahren“, die nachwiesen, dass Arkema France eigenständig aufgetreten sei, und „sich gegen den Vorwurf der Einmischung bei ihrer Tochtergesellschaft zu wappnen“, ist als unbegründet zurückzuweisen. Zunächst ist nämlich darauf hinzuweisen, dass die Klägerin, die am 10. September 2004, als die Kommission ein Auskunftsverlangen an Arkema France richtete, die Muttergesellschaft von Arkema France war, ab diesem Zeitpunkt etwaige Beweise für die Selbständigkeit ihrer Tochtergesellschaft zusammenstellen konnte. Ferner stützt die Klägerin ihr Vorbringen hierzu nicht auf einen konkreten Umstand zum Nachweis dafür, dass Beweise, die ihr eine sachgerechte Verteidigung ermöglicht hätten, verschwunden seien oder die angefochtene Entscheidung hätte anders ausfallen können, wenn vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte eine Untersuchungsmaßnahme an sie gerichtet worden wäre. Schließlich entkräftet dieses Vorbringen jedenfalls nicht das oben in Randnr. 158 dargelegte Ergebnis, dass es der Klägerin freistand, im Rahmen ihrer Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der Sitzung beim Anhörungsbeauftragten alle sachdienlichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände vorzutragen, um die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses zu widerlegen. 160    Folglich ist der zweite Teil des zweiten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen. Zum dritten Teil: Verstoß gegen die Unschuldsvermutung –       Vorbringen der Parteien 161    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe gegen die Unschuldsvermutung verstoßen, die als Grundrecht durch den EG-Vertrag und Art. 6 Abs. 2 EMRK garantiert werde. 162    Als Erstes führt sie aus, die Kommission habe sie in den Erwägungsgründen 409 bis 411 der angefochtenen Entscheidung wegen eines Verstoßes gegen Art. 81 EG mit einer Sanktion belegt und sich dabei auf eine Vermutung gestützt, die nicht durch einen konkreten Umstand untermauert werde und dazu geführt habe, dass die Kommission die von der Klägerin beigebrachten entgegenstehenden Beweise ignoriert habe. Eine solche förmliche Feststellung der Verantwortlichkeit beruhe auf bloßen Anspielungen, die das Gericht in seinem Urteil vom 6. Oktober 2005, Sumitomo Chemical und Sumika Fine Chemicals/Kommission (T‑22/02 und T‑23/02, Slg. 2005, II‑4065, Randnr. 106), verworfen habe. 163    Zunächst sei die Kommission verpflichtet gewesen, das Verschulden von Arkema France und das der Klägerin jeweils gesondert und für sich genommen nachzuweisen. Sodann sei jedenfalls das Verschulden der Klägerin nicht nachgewiesen worden, da ihre Verantwortlichkeit unter Verstoß gegen zum einen die Bestimmungen über die Zurechnung einer Zuwiderhandlung an eine Muttergesellschaft und zum anderen ihre Verteidigungsrechte festgestellt worden sei. 164    Schließlich verdeutliche der Umstand, dass gegenüber der Klägerin keine Untersuchung durchgeführt worden sei, dass die Kommission voreingenommen gehandelt habe. Die angefochtene Entscheidung beruhe auf dieser Voreingenommenheit, die „wegen des Verfahrens vor der Kommission andauerte, was heutzutage im Hinblick auf die zwingenden Bestimmungen der Grundrechtecharta der Europäischen Union völlig inakzeptabel wäre“, da die endgültige Entscheidung von einem Organ erlassen werde, das gleichzeitig „für die Untersuchung, die Verfolgung und die Entscheidung zuständig ist“. 165    Als Zweites trägt die Klägerin vor, die Kommission habe zu ihren Lasten, als sie ihr gegenüber automatisch die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses angewandt habe, eine unwiderlegbare Verschuldensvermutung aufgestellt, was einer probatio diabolica gleichkomme und unzulässig sei. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte müsse jede Vermutung die Schranken einhalten, die eine Wahrung der Verteidigungsrechte ermöglichten (vgl. Urteil des EGMR Salabiaku/Frankreich, oben in Randnr. 110 angeführt, § 28, und Urteil vom 23. Juli 2002, Janosevic/Schweden, Nr. 34619/97, § 101). Nach der Gemeinschaftsrechtsprechung müsse jeder systematische Rückgriff auf Verschuldensvermutungen ausgeschlossen werden, und jede Verschuldensvermutung müsse von der Person, auf die sie angewandt werde, wirksam widerlegt werden können. 166    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 167    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, es liege ein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung vor, da sie von der Kommission wegen der Zuwiderhandlung von Arkema France mit einer Sanktion belegt worden sei und die Kommission dabei zum einen die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses nicht untermauert und das von der Klägerin vorgelegte Indizienbündel, das zur Widerlegung der Vermutung geeignet gewesen sei, ignoriert habe und zum anderen die Verteidigungsrechte der Klägerin verletzt habe. 168    Nach der Rechtsprechung bedeutet die Unschuldsvermutung, dass jede beschuldigte Person bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis ihrer Schuld als unschuldig gilt. Sie verbietet damit jede förmliche Feststellung und selbst jede Anspielung auf die Verantwortlichkeit einer eines bestimmten Verstoßes beschuldigten Person in einer verfahrensbeendenden Entscheidung, wenn diese Person nicht alle im Rahmen eines normalen, mit einer Sachentscheidung abzuschließenden Verfahrensablaufs zur Ausübung der Verteidigungsrechte erforderlichen Garantien in Anspruch nehmen konnte (Urteil des Gerichts vom 12. Oktober 2007, Pergan Hilfsstoffe für industrielle Prozesse/Kommission, T‑474/04, Slg. 2007, II‑4225, Randnr. 76). 169    In der vorliegenden Rechtssache steht fest, dass die Tochtergesellschaft der Klägerin die fragliche Zuwiderhandlung anerkannt hat. Ferner stellte die Kommission, wie oben in Randnr. 57 dargelegt, in der angefochtenen Entscheidung zu Recht die Vermutung auf, dass die Klägerin für das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft verantwortlich ist, weil sie mehr als 97 % des Gesellschaftskapitals ihrer Tochter hielt. Da die Klägerin, wie oben in Randnr. 107 festgestellt, die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses nicht widerlegt hat, hat die Kommission ihr zu Recht die fragliche Zuwiderhandlung zugerechnet. 170    Wie außerdem im Rahmen der Prüfung des ersten Teils des zweiten Klagegrundes, mit dem eine Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin geltend gemacht wird (siehe oben, Randnrn. 139 und 140), dargelegt worden ist, hatte die Klägerin Gelegenheit, sich im Verwaltungsverfahren zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte angeführten Tatsachen und Umstände sowohl durch ihre Stellungnahme zur Mitteilung als auch in der Sitzung beim Anhörungsbeauftragten sachgerecht zu äußern, so dass sie alle im Rahmen eines normal ablaufenden, mit einer Sachentscheidung abzuschließenden Verfahrens zur Ausübung der Verteidigungsrechte erforderlichen Garantien in Anspruch nehmen konnte. 171    Wie im Rahmen der Prüfung des fünften Teils des ersten Klagegrundes (siehe oben, Randnr. 121) dargelegt worden ist, bedeutet der Umstand, dass die Klägerin in der vorliegenden Rechtssache keine Beweise vorgelegt hat, die geeignet sind, die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses zu widerlegen, nicht, dass die Vermutung in keinem Fall widerlegt werden kann und dass, wie die Klägerin ferner geltend gemacht hat, die Kommission zulasten der Klägerin eine unwiderlegbare Verschuldensvermutung in Form einer probatio diabolica aufgestellt oder sie nur aufgrund ihrer „Voreingenommenheit“ mit einer Sanktion belegt hätte und ihr keine Gelegenheit gegeben worden wäre, diese Voreingenommenheit aufzulösen. 172    Somit hat die Kommission die Unschuldsvermutung nicht missachtet, als sie eine bestimmende Einflussnahme der Klägerin auf ihre Tochtergesellschaft vermutete. 173    Soweit die Klägerin im Übrigen in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, dass im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen die in der Grundrechtecharta der Europäischen Union verankerte Unschuldsvermutung vorliege, da die Kommission ein Organ sei, das „für die Untersuchung, die Verfolgung und die Entscheidung zuständig ist“, so ist festzustellen, dass, wie die Kommission mündlich vorgetragen hat, diese Rüge verspätet ist, da sie erstmals im Stadium der mündlichen Verhandlung geäußert worden ist und nicht als Erweiterung des vorliegenden Klagegrundes, wie er in der Klageschrift dargelegt worden ist und wonach die von der Kommission der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses gegen die Unschuldsvermutung verstoße, angesehen werden kann. Daher ist diese Rüge nach Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts als unzulässig zurückzuweisen. 174    Folglich ist der dritte Teil des zweiten Klagegrundes als teilweise unbegründet und teilweise unzulässig zurückzuweisen. Zum vierten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Tatverantwortung und der individuellen Zumessung von Strafen –       Vorbringen der Parteien 175    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe gegen den Grundsatz der persönlichen Tatverantwortung und den sich daraus logischerweise ergebenden Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen verstoßen, indem sie zum einen das Vorliegen und die Verantwortlichkeit eines angeblich von der Klägerin und Arkema France gebildeten Unternehmens festgestellt habe und zum anderen die Klägerin zur Zahlung erstens einer gegen sie und Arkema France als Gesamtschuldnerinnen verhängten Geldbuße und zweitens einer gegen sie verhängten individuellen Geldbuße verurteilt habe, obwohl die Kommission verpflichtet gewesen sei, das Vorliegen von zwei verschiedenen wirtschaftlichen Einheiten anzuerkennen, da keine konkreten Umstände vorgelegen hätten, die geeignet gewesen seien, die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses zu untermauern. In den Erwägungsgründen 313 und 315 der angefochtenen Entscheidung, die auf die Begriffe des Mittäters und des Urhebers der Zuwiderhandlung Bezug nähmen, werde der Verstoß gegen die genannten Grundsätze bestätigt. Somit habe die Kommission die Klägerin zu Unrecht als Mittäterin der fraglichen Zuwiderhandlung eingestuft. 176    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 177    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe gegen die Grundsätze der persönlichen Tatverantwortung und der individuellen Zumessung von Strafen verstoßen, als sie ihr die fragliche Zuwiderhandlung zugerechnet habe. 178    Nach dem Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen darf eine natürliche oder juristische Person nur für ihr individuell zur Last gelegte Handlungen mit Sanktionen belegt werden (Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2001, Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, T‑45/98 und T‑47/98, Slg. 2001, II‑3757, Randnr. 63); dieser Grundsatz gilt in allen Verwaltungsverfahren, die zu Sanktionen gemäß den Wettbewerbsregeln führen können (Urteil des Gerichts vom 4. Juli 2006, Hoek Loos/Kommission, T‑304/02, Slg. 2006, II‑1887, Randnr. 118). 179    Wie aus der oben in den Randnrn. 45 bis 50 dargelegten Rechtsprechung hervorgeht, ist dieser Grundsatz jedoch mit dem Unternehmensbegriff im Sinne von Art. 81 EG in Einklang zu bringen. Daher muss eine solche wirtschaftliche Einheit, wenn sie gegen die Wettbewerbsregeln verstößt, nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für diese Zuwiderhandlung einstehen. 180    Wie bereits oben in Randnr. 105 dargelegt, gibt jedoch nicht ein zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft in Bezug auf die Zuwiderhandlung bestehendes Anstiftungsverhältnis und schon gar nicht eine Beteiligung Ersterer an dieser Zuwiderhandlung, sondern der Umstand, dass sie ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, der Kommission die Befugnis, die Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an das Mutterunternehmen einer Unternehmensgruppe zu richten (vgl. in diesem Sinne Urteil Michelin/Kommission, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 292). Somit wurde die Klägerin persönlich für eine Zuwiderhandlung zur Rechnung gezogen, die ihr aufgrund der wirtschaftlichen und rechtlichen Verflechtungen zur Last gelegt wird, die sie mit Arkema France verbanden und die es ihr ermöglichten, das Marktverhalten von Arkema France festzulegen. 181    Mithin stellt der Umstand, dass die fragliche Zuwiderhandlung der Klägerin zugerechnet wurde, keinen Verstoß gegen den Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen dar. 182    In diesem Zusammenhang ist das Vorbringen der Klägerin, aus den Erwägungsgründen 313 bis 315 der angefochtenen Entscheidung gehe hervor, dass die Kommission sie zu Unrecht als Mittäterin oder Urheberin der Zuwiderhandlung angesehen habe, als unbegründet zurückzuweisen. Abgesehen davon, dass die Kommission in den genannten Erwägungsgründen keine solche Einstufung der Klägerin vornahm, geht nämlich aus der Gesamtheit der Erwägungsgründe 367 bis 375, 386, 387, 396 und 415 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass sie der Auffassung war, die Zuwiderhandlung sei, da die Klägerin einen bestimmenden Einfluss auf Arkema France ausgeübt habe und sie folglich ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bildeten, diesen Gesellschaften, die das Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bildeten, das eine Zuwiderhandlung begangen habe, zuzurechnen. 183    Folglich ist der vierte Teil des zweiten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen. Zum fünften Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit von Strafen –       Vorbringen der Parteien 184    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit von Strafen verstoßen, indem sie gegen die Grundsätze der persönlichen Tatverantwortung und der individuellen Zumessung von Strafen verstoßen habe. Sie sei verurteilt worden, obwohl es keine Rechtsvorschrift gebe, die eine Zuwiderhandlung ahnde, die gegenüber einem Unternehmen nicht nachgewiesen sei. Zum einen sei die Kommission gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 nur befugt, „an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen“ mit einer Sanktion zu belegen. Zum anderen sähen die Leitlinien vor, dass die Sanktionsbefugnis der Kommission nur „in dem durch die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 gesetzten Rahmen“ ausgeübt werden dürfe. 185    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 186    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit von Strafen verstoßen, als sie die Klägerin mit einer Sanktion belegt habe, obwohl Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und die Leitlinien eine solche Sanktion nicht vorsähen. 187    Nach der Rechtsprechung folgt aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit von Strafen, dass das Gesetz die Straftaten und die für sie angedrohten Strafen klar definieren muss. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Rechtsunterworfene anhand des Wortlauts der einschlägigen Bestimmung und nötigenfalls mit Hilfe ihrer Auslegung durch die Gerichte erkennen kann, welche Handlungen und Unterlassungen seine strafrechtliche Verantwortung begründen (vgl. Urteil Evonik Degussa/Kommission und Rat, oben in Randnr. 130 angeführt, Randnr. 39). 188    Gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 kann die Kommission gegen Unternehmen, die u. a. gegen Art. 81 EG verstoßen, durch Entscheidung Geldbußen verhängen. 189    Angesichts der oben in Randnr. 188 angeführten Bestimmungen und soweit festgestellt worden ist, dass die Klägerin und ihre Tochtergesellschaft Arkema France ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bildeten, konnte die Kommission in der vorliegenden Rechtssache im Einklang mit der oben in Randnr. 50 dargelegten Rechtsprechung eine Geldstrafe gegen die diesem Unternehmen angehörenden juristischen Personen verhängen, ohne gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit von Strafen zu verstoßen. 190    Folglich ist der fünfte Teil des zweiten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen. Zum sechsten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung –       Vorbringen der Parteien 191    Die Klägerin macht geltend, in der vorliegenden Rechtssache sei in zweifacher Hinsicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen worden, der nach der Rechtsprechung gebiete, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich behandelt werden dürften. 192    Als Erstes führt sie aus, die Kommission habe dadurch gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, dass sie der Klägerin in der Entscheidung Organische Peroxide die Zuwiderhandlung, an der Arkema France beteiligt gewesen sei, nicht zugerechnet habe, obwohl die Gruppe Elf Aquitaine in dem Zeitraum, der für den der Entscheidung Organische Peroxide zugrunde liegenden Sachverhalt maßgeblich gewesen sei, auf die gleiche Weise geführt worden sei wie in dem Zeitraum, der für den der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt maßgeblich sei. Darüber hinaus habe die Kommission auch gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen. 193    Das Vorbringen der Kommission, der Umstand, dass sie der Klägerin zuvor die fragliche Zuwiderhandlung nicht zugerechnet habe, hindere sie nicht daran, in der angefochtenen Entscheidung eine solche Zurechnung vorzunehmen, da sie im Bereich der Geldbußen über ein weites Ermessen verfüge und nicht an ihre eigene Entscheidungspraxis gebunden sei, ist nach Auffassung der Klägerin zurückzuweisen. Zum einen sei es inkohärent, dass die Kommission ihr eine Zuwiderhandlung in identischen Sachverhalten sowohl zurechnen als auch nicht zurechnen könne. Zum anderen entspringe eine solche Möglichkeit nicht dem Ermessen, das der Kommission eingeräumt sei, damit sie eine wirksame Anwendung der wettbewerbsrechtlichen Vorschriften sicherstellen könne, sondern es handle sich um reine Willkür, die von den Unionsgerichten nicht kontrolliert werden könne. 194    Als Zweites macht die Klägerin geltend, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung zwischen ihr einerseits sowie Akzo Nobel und ELSA andererseits verletzt sei. Während die Kommission für die Bestätigung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses im Hinblick auf EKA und ELSA ein Bündel konkreter Indizien berücksichtigt habe, habe sie in den Erwägungsgründen 378 bis 382 und 481 bis 483 der angefochtenen Entscheidung darauf verzichtet, konkrete Indizien in Bezug auf die Klägerin beizubringen, um ihr die Zuwiderhandlung von Arkema France zuzurechnen. Diese Ungleichbehandlung sei durch nichts gerechtfertigt. 195    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 196    Nach ständiger Rechtsprechung verlangt der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, es sei denn, dass eine derartige Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 3. Mai 2007, Advocaten voor de Wereld, C‑303/05, Slg. 2007, I‑3633, Randnr. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung). 197    Die erste Rüge der Klägerin, wonach die Kommission sowohl gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung als auch gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen habe, soweit sie der Klägerin in der Entscheidung Organische Peroxide die fragliche Zuwiderhandlung nicht zugerechnet habe, ist als unbegründet zurückzuweisen. Zum einen mussten der Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Zurechnung nämlich bekannt sein, da die Kommission zwischen der Entscheidung Organische Peroxide und der angefochtenen Entscheidung bereits in drei Entscheidungen die dort festgestellten Zuwiderhandlungen der Klägerin zugerechnet hatte, und zwar in der MCE-Entscheidung, der Entscheidung Wasserstoffperoxid und der Entscheidung Methacrylat. Zum anderen ist, wie oben in Randnr. 60 dargelegt, darauf hinzuweisen, dass, da für die Kommission die Möglichkeit, jedoch nicht die Verpflichtung besteht, eine Zuwiderhandlung der Muttergesellschaft zuzurechnen, und die Voraussetzungen für eine solche Zurechnung in der vorliegenden Rechtssache vorlagen, der bloße Umstand, dass die Kommission eine solche Zurechnung in der Entscheidung Organische Peroxide nicht vornahm, keine Verpflichtung der Kommission implizierte, in der angefochtenen Entscheidung die gleiche Beurteilung vorzunehmen. 198    Auch das Vorbringen der Klägerin, bei dem Umstand, dass die Kommission über einen Ermessensspielraum verfüge, der sie ermächtige, die Zuwiderhandlung einer Tochtergesellschaft deren Muttergesellschaft zuzurechnen, handle es sich um Willkür, ist als unbegründet zurückzuweisen. Zwar verfügt die Kommission, wie oben in Randnr. 60 dargelegt, bei der Entscheidung, ob eine Zuwiderhandlung einer Muttergesellschaft zuzurechnen ist, über einen Ermessensspielraum, doch ihre Entscheidung, eine solche Zurechnung vorzunehmen, ist – wie in der vorliegenden Rechtssache − der Kontrolle durch die Unionsgerichte nicht entzogen, da diese zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für eine solche Zurechnung vorliegen. 199    Demnach ist die erste Rüge der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen. 200    Die zweite Rüge der Klägerin, sie sei in der angefochtenen Entscheidung gegenüber Akzo Nobel und ELSA benachteiligt worden, da die Kommission im Hinblick auf die Klägerin und anders als gegenüber Akzo Nobel und ELSA darauf verzichtet habe, konkrete Indizien beizubringen, um ihr die fragliche Zuwiderhandlung zuzurechnen, ist als unbegründet zurückzuweisen. 201    Zum einen beruht diese Rüge auf einem verfehlten Verständnis der angefochtenen Entscheidung. Die Kommission hat nämlich in der gleichen Weise, wie sie zur Untermauerung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses von Akzo Nobel auf ihre Tochtergesellschaft EKA (378. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und von ELSA auf ihre Tochtergesellschaft Finnish Chemicals (481. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) zusätzliche Indizien vorgebracht hat, auch Indizien vorgetragen, die die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses der Klägerin auf Arkema France untermauern sollen (386. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 202    Zum anderen würde, selbst wenn die Kommission die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses in der angefochtenen Entscheidung nur in Bezug auf Akzo Nobel und ihre Tochtergesellschaft EKA sowie ELSA und ihre Tochtergesellschaft Finnish Chemicals, jedoch nicht in Bezug auf die Klägerin und ihre Tochtergesellschaft untermauert hätte, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung dadurch nicht in Frage gestellt werden. Wie nämlich aus der Würdigung in Randnr. 77 des vorliegenden Urteils hervorgeht, war die Kommission nicht verpflichtet, die Vermutung zu untermauern, da Elf Aquitaine nahezu das gesamte Gesellschaftskapital ihrer Tochter hielt. Selbst wenn man daher davon ausginge, dass sich die genannten Unternehmen in einer vergleichbaren Lage befunden hätten, könnte der Umstand, dass die Kommission entschied, die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses nur im Hinblick auf bestimmte Unternehmen zu untermauern, nicht zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen. 203    Folglich ist die zweite Rüge der Klägerin und damit der sechste Teil insgesamt als unbegründet zurückzuweisen. 204    Da die sechs Teile des zweiten Klagegrundes als teilweise unbegründet, teilweise unzulässig und teilweise ins Leere gehend zurückzuweisen sind, ist dieser Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum dritten Klagegrund: Verfälschung des von der Klägerin vorgelegten Indizienbündels Vorbringen der Parteien 205    Die Klägerin macht geltend, aus der Begründung, welche die Kommission in den Erwägungsgründen 400 bis 404 der angefochtenen Entscheidung für die Zurückweisung der Bestandteile des von der Klägerin beigebrachten Indizienbündels angegeben habe, gehe hervor, dass die Kommission bestimmte Indizien verfälscht habe, indem sie sich auf nicht nachgewiesene Ableitungen, Annahmen und Vermutungen gestützt habe. Die Verfälschung der Indizien durch die Kommission werde außerdem durch ihre Behauptung im 404. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung bestätigt, wonach die Fakten in der vorliegenden Sache solchen Mutmaßungen entsprächen. 206    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. Würdigung durch das Gericht 207    Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin zur Stützung des vorliegenden Klagegrundes keine konkreten Umstände dargelegt hat, die ihr Vorbringen bestätigen, dass die Kommission das Indizienbündel verfälscht habe, das von der Klägerin vorgelegt worden sei, um die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses zu widerlegen. Soweit die Klägerin sodann im Wesentlichen vorträgt, die Kommission sei zu Unrecht der Auffassung gewesen, dass das von der Klägerin vorgelegte Indizienbündel die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses nicht widerlege, ist festzustellen, dass dieser Klagegrund eine Umformulierung des vierten Teils des ersten Klagegrundes darstellt und somit aus den oben in den Randnrn. 95 bis 107 dargelegten Gründen zurückzuweisen ist, da – wie bereits ausgeführt − das von der Klägerin beigebrachte Indizienbündel die Vermutung nicht widerlegen kann. 208    Folglich ist der dritte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. Zum vierten Klagegrund: widersprüchliche Begründung der angefochtenen Entscheidung 209    Die Klägerin macht geltend, die angefochtene Entscheidung enthalte drei Widersprüche, die zu ihrer Nichtigkeit führten. In Beantwortung der Fragen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin bestätigt, dass sie in diesem Zusammenhang einen Begründungsmangel geltend mache. Dieser Klagegrund besteht aus drei Teilen. Zum ersten Teil: widersprüchliche Begründung im Hinblick auf die Anwendung des Unternehmensbegriffs im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG –       Vorbringen der Parteien 210    Die Klägerin beruft sich auf eine widersprüchliche Begründung der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Anwendung des Unternehmensbegriffs im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG. 211    Als Erstes macht sie geltend, zwar gehe aus den Erwägungsgründen 1 und 320 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission der Auffassung gewesen sei, die Adressaten der Entscheidung würden aufgrund ihrer Beteiligung an der fraglichen Zuwiderhandlung mit einer Sanktion belegt, doch gleichzeitig stelle die Kommission im Widerspruch dazu in den Erwägungsgründen 69, 384 und 385 der angefochtenen Entscheidung fest, dass die Klägerin nie an der fraglichen Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei. 212    Als Zweites trägt sie vor, die angefochtene Entscheidung enthalte eine widersprüchliche Begründung in Bezug auf den von der Kommission herangezogenen „Bereich“ eines Unternehmens im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG. 213    Zunächst habe die Kommission in den Erwägungsgründen 16 und 385 der angefochtenen Entscheidung Arkema France als für die Zuwiderhandlung allein verantwortliches Unternehmen definiert, während sie in den Erwägungsgründen 375 und 415 der Entscheidung festgestellt habe, dass die von Arkema France begangene Zuwiderhandlung der Klägerin zuzurechnen sei. 214    Ferner enthalte die angefochtene Entscheidung widersprüchliche Begründungen im Hinblick auf die Berechnung der zwei gegen die Klägerin verhängten Geldbußen. Die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung eine individuelle Geldbuße gegen sie verhängt, obwohl sie nicht an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei und von ihr keine Kenntnis gehabt habe und die Berechnung der zwei ihr auferlegten Geldbußen auf spezifischen Parametern von Arkema France beruhe, auf die die Klägerin keinen Einfluss habe nehmen können. 215    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 216    Nach ständiger Rechtsprechung muss die durch Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil Hoek Loos/Kommission, oben in Randnr. 178 angeführt, Randnr. 58). 217    Ferner muss nach der Rechtsprechung eine Entscheidung zur Anwendung von Art. 81 EG, wenn sie wie im vorliegenden Fall eine Mehrzahl von Adressaten betrifft und sich die Frage stellt, wem die Zuwiderhandlung zuzurechnen ist, im Hinblick auf jeden der Adressaten hinreichend begründet sein, insbesondere aber im Hinblick auf diejenigen, denen die Zuwiderhandlung in der Entscheidung zugerechnet wird (Urteil des Gerichts vom 28. April 1994, AWS Benelux/Kommission, T‑38/92, Slg. 1994, II‑211, Randnr. 26). Daraus folgt, dass die Entscheidung der Kommission, soll sie in Bezug auf Muttergesellschaften von Tochtergesellschaften, die eine Zuwiderhandlung begangen haben, ausreichend begründet sein, eine eingehende Darstellung der Gründe enthalten muss, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, den Muttergesellschaften die Zuwiderhandlung zuzurechnen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, SCA Holding/Kommission, T‑327/94, Slg. 1998, II‑1373, Randnr. 80). 218    Ohne dass alle von der Klägerin angeführten Erwägungsgründe der angefochtenen Entscheidung geprüft werden müssen, ist in der vorliegenden Rechtssache festzustellen, dass aus den oben in den Randnrn. 41 und 42 wiedergegebenen Erwägungsgründen 386 und 387 der angefochtenen Entscheidung eindeutig hervorgeht, dass die Kommission auf der Grundlage der Feststellung, die Klägerin und Arkema France seien als ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG anzusehen, entschied, der Klägerin die von Arkema France begangene Zuwiderhandlung zuzurechnen und ihr Geldbußen aufzuerlegen. 219    Selbst wenn die von der Klägerin geltend gemachten Widersprüche in der Begründung der angefochtenen Entscheidung erwiesen wären, konnte doch zum einen die Klägerin der in der Entscheidung enthaltenen Begründung die Gründe für die Verhängung der Sanktion und für die ihr auferlegten Geldbußen entnehmen, was dadurch nachgewiesen ist, dass sie u. a. in ihren ersten beiden Klagegründen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung bestreitet, soweit die Kommission ihr die fragliche Zuwiderhandlung zugerechnet hat, und sie im achten und im neunten Klagegrund den Umstand beanstandet, dass eine Geldbuße gegen die Klägerin und Arkema France als Gesamtschuldnerinnen sowie eine individuelle Geldbuße gegen die Klägerin verhängt worden sei, und konnte zum anderen das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen. 220    Soweit die Klägerin im Übrigen geltend macht, die Widersprüchlichkeit der Begründung ergebe sich daraus, dass die Berechnung der ihr in Art. 2 Buchst. c und e der angefochtenen Entscheidung auferlegten Geldbußen auf „spezifischen Parametern“ von Arkema France beruhe, ist dieses Vorbringen als unbegründet zurückzuweisen. Abgesehen davon, dass die Klägerin nicht dargelegt hat, inwiefern die Berechnung der Geldbußen widersprüchlich sein soll, ergibt sich nämlich die Verhängung einer individuellen Geldbuße und der Umstand, dass diese auf der Grundlage spezifischer Parameter von Arkema France berechnet wurde, unmittelbar aus der Anwendung der Leitlinien, so dass in der angefochtenen Entscheidung keine besondere Begründung erforderlich ist. Folglich ist der erste Teil des vierten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: widersprüchliche Begründung der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Kenntnis der Klägerin von der fraglichen Zuwiderhandlung –       Vorbringen der Parteien 221    Die Klägerin macht geltend, in Bezug auf die Kenntnis, die sie von der Zuwiderhandlung von Arkema France habe erlangen können, sei die Begründung der angefochtenen Entscheidung widersprüchlich. Zum einen habe die Kommission nämlich in der angefochtenen Entscheidung behauptet, dass die Klägerin notwendigerweise über die Tätigkeiten von Arkema France informiert gewesen sei, da bei der Klägerin und Arkema France die gleichen Personen beschäftigt gewesen seien, und zum anderen habe sie im Widerspruch dazu im 401. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgestellt, die Klägerin habe sich in Unkenntnis hinsichtlich der wettbewerbswidrigen Handlungen ihrer Tochtergesellschaft befinden können. 222    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 223    Soweit die Klägerin geltend macht, einige in der angefochtenen Entscheidung enthaltene Begründungen in Bezug auf den Umstand, dass ihr die fragliche Zuwiderhandlung bekannt gewesen sei, seien widersprüchlich, ist festzustellen, dass, selbst wenn solche Widersprüche erwiesen wären, sich dies nicht auf den Umstand auswirken würde, dass die Kommission, da Arkema France und die Klägerin ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG bildeten, der Klägerin die fragliche Zuwiderhandlung im Einklang mit der oben in den Randnrn. 45 bis 55 dargelegten Rechtsprechung unabhängig davon zurechnen konnte, ob die Klägerin von der Zuwiderhandlung Kenntnis hatte oder unmittelbar an ihr beteiligt war, und ohne dass der Kommission ein solcher Nachweis oblag. Somit würde sich eine etwaige widersprüchliche Begründung in der angefochtenen Entscheidung in diesem Zusammenhang jedenfalls nicht auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung auswirken. 224    Folglich ist der zweite Teil des vierten Klagegrundes als ins Leere gehend zurückzuweisen. Zum dritten Teil: widersprüchliche Begründung in Bezug auf die Kontrolle, die eine Muttergesellschaft über ihre Tochtergesellschaft ausüben muss, damit ihr eine Zuwiderhandlung der Tochtergesellschaft zugerechnet werden kann –       Vorbringen der Parteien 225    Die Klägerin macht geltend, die Begründung der angefochtenen Entscheidung enthalte zwei Widersprüche. 226    Als Erstes weist sie darauf hin, dass die Kommission im 407. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt habe, dass die Zurechnung einer Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaft von dem Nachweis abhänge, dass die Muttergesellschaft die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft wirksam kontrolliere. Aus der Prüfung des von der Klägerin beigebrachten Indizienbündels durch die Kommission in den Erwägungsgründen 403 und 404 der angefochtenen Entscheidung gehe jedoch hervor, dass die Kommission den Anwendungsbereich dieser wirksamen Kontrolle der Klägerin über die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft hinaus ausgedehnt habe. 227    Als Zweites führt sie aus, die Erwägungsgründe 403 und 404 der angefochtenen Entscheidung stünden im Widerspruch zum 413. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, in dem die Kommission darlege, sie habe sich in der Entscheidung Wasserstoffperoxid nur auf die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch die Klägerin im Hinblick auf die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft gestützt. 228    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 229    Die Klägerin macht mit ihren beiden Rügen im Wesentlichen geltend, die angefochtene Entscheidung sei widersprüchlich begründet in Bezug auf die Kontrolle, die eine Muttergesellschaft über ihre Tochtergesellschaft ausüben müsse, damit die Kommission ihr eine Zuwiderhandlung zurechnen könne. 230    In der vorliegenden Rechtssache ist festzustellen, dass, selbst wenn die widersprüchliche Begründung der angefochtenen Entscheidung erwiesen wäre, sich dies nicht auf das Ergebnis auswirken würde, dass die Kommission in diesem Zusammenhang nicht gegen ihre Begründungspflicht verstoßen hat, da zum einen, wie aus der Prüfung des vierten Teils des ersten Klagegrundes hervorgeht (siehe oben, Randnrn. 95 bis 107), die Klägerin Gelegenheit hatte, die Gründe zu erfahren, die die Kommission zu der Feststellung bewogen hatten, dass die von der Klägerin beigebrachten Indizien keine Widerlegung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses zuließen, und die Klägerin folglich auch Gelegenheit hatte, die Rechtmäßigkeit dieser Feststellung zu bestreiten, und zum anderen das Gericht die Möglichkeit hatte, seine Kontrollaufgabe wahrzunehmen. 231    Folglich ist der dritte Teil des vierten Klagegrundes als unbegründet und damit der vierte Klagegrund insgesamt als teilweise unbegründet und teilweise ins Leere gehend zurückzuweisen. Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung Vorbringen der Parteien 232    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen. 233    Als Erstes führt sie aus, die Kommission habe nicht alle relevanten tatsächlichen Kriterien und insbesondere die Informationen, die die Klägerin ihr in ihrer Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt habe, sorgfältig und objektiv geprüft, obwohl sie klar und eindeutig die wirtschaftliche Selbständigkeit von Arkema France auf dem Markt bewiesen. Außerdem habe die Kommission die Lage der Klägerin nicht individuell und konkret geprüft. 234    Als Zweites trägt sie vor, der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verpflichte die Kommission, auf Unternehmen die gleichen Bestimmungen anzuwenden, die sie für sich selbst anwende. Im 358. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung habe die Kommission jedoch ausgeführt, dass sie berechtigt sei, sich auf ein Indizienbündel zu stützen, um eine Zuwiderhandlung nachzuweisen, während sie der Klägerin in der vorliegenden Rechtssache diese Art der Beweisführung de facto verwehrt habe. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang auf den vierten und fünften Teil des ersten Klagegrundes. 235    Als Drittes macht sie geltend, entgegen dem Vorbringen der Kommission im 314. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung gebiete der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, wie die Klägerin in ihrer Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte dargelegt habe, dass die Kommission den Erlass der angefochtenen Entscheidung aussetze, bis das Gericht über die Klagen entschieden habe, die die Klägerin gegen die MCE-Entscheidung, die Entscheidung Wasserstoffperoxid und die Entscheidung Methacrylat eingelegt habe. Wie das Gericht in seinem Urteil vom 21. Oktober 2004, Lenzig/Kommission (T‑36/99, Slg. 2004, II‑3597), entschieden habe, könne es dem Erfordernis der Verfahrensökonomie zuwiderlaufen, wenn eine Klägerin eine neue, gegen eine Entscheidung der Kommission gerichtete Nichtigkeitsklage erheben müsse. 236    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Würdigung durch das Gericht 237    Nach ständiger Rechtsprechung hat in den Fällen, in denen den Organen der Union ein Ermessensspielraum eingeräumt ist, damit sie ihre Aufgaben erfüllen können, die Beachtung der Garantien, die die Gemeinschaftsrechtsordnung für Verwaltungsverfahren vorsieht, eine besonders fundamentale Bedeutung. Zu diesen Garantien gehört insbesondere die Verpflichtung des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen (Urteil des Gerichtshofs vom 21. November 1991, Technische Universität München, C‑269/90, Slg. 1991, I‑5469, Randnr. 14; Urteile des Gerichts vom 24. Januar 1992, La Cinq/Kommission, T‑44/90, Slg. 1992, II‑1, Randnr. 86, und vom 20. März 2002, ABB Asea Brown Boveri/Kommission, T‑31/99, Slg. 2002, II‑1881, Randnr. 99). 238    In der vorliegenden Rechtssache ist jede der drei Rügen zu prüfen, die die Klägerin erhoben hat, um einen Verstoß der Kommission gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung nachzuweisen. 239    Als Erstes ist die Rüge der Klägerin, die Kommission habe die Indizien, die die Klägerin zur Widerlegung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses beigebracht habe, nicht sorgfältig und objektiv geprüft, und sie habe die konkrete Lage der Klägerin nicht untersucht, als unbegründet zurückzuweisen. Abgesehen davon, dass sich die Klägerin nicht auf spezielle Argumente oder Beweise zur Untermauerung dieser Rüge berufen hat, geht nämlich aus den Erwägungsgründen 396 bis 415 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission die Argumente, die die Klägerin zur Widerlegung dieser Vermutung geltend gemacht hatte, geprüft und ausdrücklich zurückgewiesen hat. 240    Als Zweites ist die Rüge der Klägerin, die Kommission habe gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen, indem sie im vorliegenden Fall die Beweisführung mittels Indizienbündel im Hinblick auf die Widerlegung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses de facto zurückgewiesen habe, obwohl die Kommission auf diese Art der Beweisführung zurückgegriffen habe, als unbegründet zurückzuweisen. Wie nämlich im Rahmen des vierten Teils des ersten Klagegrundes dargelegt worden ist (siehe oben, Randnrn. 95 bis 107), hat die Kommission erst nach Prüfung der Bestandteile des von der Klägerin beigebrachten Indizienbündels festgestellt, dass sie nicht geeignet seien, die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses zu widerlegen. Daher hat die Kommission in diesem Zusammenhang nicht gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen. 241    Als Drittes ist die Rüge der Klägerin, die Kommission sei nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Verfahrensökonomie verpflichtet gewesen, das im vorliegenden Fall gegen sie eingeleitete Verfahren auszusetzen, bis das Gericht über die Klagen entschieden habe, die die Klägerin gegen die MCE-Entscheidung, die Entscheidung Wasserstoffperoxid und die Entscheidung Methacrylat erhoben habe, als unbegründet zurückzuweisen. Abgesehen davon, dass für Entscheidungen der Kommission eine Vermutung der Rechtmäßigkeit spricht, solange sie nicht aufgehoben oder zurückgenommen worden sind (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juni 1994, Kommission/BASF u. a., C‑137/92 P, Slg. 1994, I‑2555, Randnr. 48), gibt es keine Rechtsvorschrift, die die Kommission verpflichtet, den Erlass von Entscheidungen in Rechtssachen auszusetzen, die unterschiedliche Sachverhalte betreffen. Ebenso wenig geht − entgegen dem Vorbringen der Klägerin − aus dem Urteil Lenzing/Kommission, oben in Randnr. 235 angeführt (Randnr. 56), hervor, dass die Kommission in der vorliegenden Rechtssache verpflichtet gewesen wäre, aus Gründen der Verfahrensökonomie den Erlass der angefochtenen Entscheidung auszusetzen, bis das Gericht über die Klagen entschieden hat, die die Klägerin gegen die übrigen Entscheidungen, die sie mit Sanktionen belegen, erhoben hat. In Randnr. 56 des genannten Urteils hat das Gericht nämlich im Wesentlichen festgestellt, dass die Parteien, wenn eine Entscheidung geändert wurde, die Gegenstand einer Klage ist, aufgrund dieser neuen Tatsache befugt sein können, ihre Anträge zu ändern, denn in einem solchen Fall „würde [es] nämlich einer geordneten Rechtspflege und dem Erfordernis der Verfahrensökonomie zuwiderlaufen, wenn die Klägerin vor dem Gericht eine neue … Nichtigkeitsklage erheben müsste“. 242    Folglich ist die dritte Rüge der Klägerin und damit der fünfte Klagegrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen. Zum sechsten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit Vorbringen der Parteien 243    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, durch die angefochtene Entscheidung sei die Rechtssicherheit, die sie angesichts der von ihr im Rahmen des ersten Klagegrundes dargelegten ständigen Rechtsprechung berechtigterweise habe erwarten dürfen, schwer gefährdet. 244    Als Erstes führt sie aus, ihr die fragliche Zuwiderhandlung in der angefochtenen Entscheidung zuzurechnen, beruhe auf einem Kriterium, das sowohl neu als auch unverständlich sei und vom Belieben der Kommission abhänge, da kein konkreter Beweis für eine etwaige Einmischung der Muttergesellschaft in die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft vorliege. 245    Als Zweites meint die Klägerin, die Kommission habe sie in der angefochtenen Entscheidung erstmals und ohne jegliche Rechtsgrundlage mit zwei verschiedenen, jedoch kumulativen Geldbußen − darunter eine gegen die Klägerin verhängte individuelle Geldbuße − für den gleichen Sachverhalt belegt. 246    Drittens macht die Klägerin − wie bereits im Rahmen des ersten Teils des vierten Klagegrundes − geltend, es sei, da die zwischen ihr und Arkema France bestehenden Verbindungen in der vorliegenden Rechtssache und in der Rechtssache, in der die Kommission die Entscheidung Organische Peroxide erlassen habe, identisch seien, nicht nachvollziehbar, dass die Kommission in diesen zwei Rechtssachen zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen gekommen sei. 247    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. Würdigung durch das Gericht 248    Als Erstes ist die Rüge der Klägerin, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen, da sie entschieden habe, der Klägerin die fragliche Zuwiderhandlung auf der Grundlage eines „neuen“ und „unverständlichen“ Kriteriums zuzurechnen, als unbegründet zurückzuweisen. Zum einen hat die Kommission der Klägerin nämlich, wie oben in Randnr. 197 festgestellt, vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung Zuwiderhandlungen zugerechnet, die in drei Entscheidungen, und zwar der MCE-Entscheidung, der Entscheidung Wasserstoffperoxid und der Entscheidung Methacrylat, mit Sanktionen belegt worden waren. Daher kann die Klägerin nicht mit Recht geltend machen, dass die Voraussetzungen, unter denen eine Zuwiderhandlung einer Muttergesellschaft zugerechnet wird, ihr unbekannt gewesen seien. Zum anderen ist jedenfalls, wie aus der oben in den Randnrn. 45 bis 55 dargelegten Rechtsprechung hervorgeht, die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses, auf die sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung für die Sanktionierung der Klägerin stützte, weder „neu“ noch „unverständlich“. 249    Als Zweites ist zur Rüge der Klägerin, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen, als sie die Klägerin erstmals und ohne jegliche Rechtsgrundlage mit zwei verschiedenen, jedoch kumulativen Geldbußen − darunter eine gegen die Klägerin verhängte individuelle Geldbuße − für den gleichen Sachverhalt belegt habe, zunächst festzustellen, dass die Kommission im Einklang mit den Sanktionen, die in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehen sind, gegen Unternehmen, die gegen Art. 81 EG verstoßen, durch Entscheidung Geldbußen verhängen kann. Es steht fest, dass die in Art. 15 der Verordnung Nr. 17 und in Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Sanktionen sowohl dazu dienen, unerlaubte Verhaltensweisen zu ahnden, als auch dazu, ihrer Wiederholung vorzubeugen (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, Slg. 2006, II‑497, Randnr. 218 und die dort angeführte Rechtsprechung). 250    Nach ständiger Rechtsprechung muss grundsätzlich die natürliche oder juristische Person, die das fragliche Unternehmen leitete, als die Zuwiderhandlung begangen wurde, für diese einstehen, auch wenn zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung ergeht, mit der die Zuwiderhandlung festgestellt wird, eine andere Person für den Betrieb des Unternehmens verantwortlich ist (Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Cascades/Kommission, C‑279/98 P, Slg. 2000, I‑9693, Randnr. 78). 251    Für die Anwendung und den Vollzug der Entscheidungen, die gemäß Art. 81 EG erlassen werden, müssen diese jedoch an Einheiten mit Rechtspersönlichkeit adressiert werden (vgl. in diesem Sinne Urteile Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 59, und PVC II, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 978). Somit muss die Kommission, wenn sie eine Entscheidung nach Art. 81 Abs. 1 EG erlässt, die Person oder die Personen – natürliche oder juristische – namhaft machen, die für das Verhalten des fraglichen Unternehmens verantwortlich gemacht werden kann oder können und gegen die deswegen Sanktionen verhängt werden können; gegen diese Personen ist die Entscheidung zu richten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juli 1984, Hydrotherm Gerätebau, 170/83, Slg. 1984, 2999, Randnr. 11). 252    Außerdem schaffen die Leitlinien, die die Kommission für die Berechnung der Höhe der Geldbußen erlässt, Rechtssicherheit für die Unternehmen, da sie eine Regelung des Verfahrens enthalten, das sich die Kommission zur Festsetzung der Geldbußen auferlegt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, Slg. 2007, I‑1331, im Folgenden: Urteil Danone des Gerichtshofs, Randnr. 23). Die Verwaltung kann von ihnen im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen abweichen, die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar sind (Urteil des Gerichtshofs vom 18. Mai 2006, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, C‑397/03 P, Slg. 2006, I‑4429, Randnr. 91). 253    Gemäß den Ziff. 9 bis 11 der Leitlinien erfolgt die Bestimmung der Höhe der Geldbußen in zwei Stufen. Auf der ersten Stufe legt die Kommission gemäß den Ziff. 12 bis 26 der Leitlinien einen Grundbetrag der Geldbuße fest, für dessen Berechnung ein bestimmter Prozentsatz des Umsatzes der fraglichen Unternehmen mit der Dauer der Beteiligung am Kartell multipliziert wird, ergänzt um einen Zusatzbetrag, der einem bestimmten Prozentsatz des Umsatzes entspricht und die Unternehmen von der Beteiligung an Kartellen abschrecken soll. Auf der zweiten Stufe kann die Kommission nach den Ziff. 27 bis 29 der Leitlinien Umstände berücksichtigen, die zu einer Erhöhung oder Ermäßigung der Geldbuße führen. Gemäß Ziff. 28 der Leitlinien kann eine Wiederholungstat mit einer Erhöhung des Grundbetrags um 100 % für jede zuvor festgestellte gleichartige oder ähnliche Zuwiderhandlung sanktioniert werden. Außerdem sehen die Ziff. 30 und 31 der Leitlinien unter bestimmten Umständen einen zusätzlichen Aufschlag vor. Insbesondere bestimmt Ziff. 30 der Leitlinien: „Die Kommission wird besonders darauf achten, dass die Geldbußen eine ausreichend abschreckende Wirkung entfalten; zu diesem Zweck kann sie die Geldbuße gegen Unternehmen erhöhen, die besonders hohe Umsätze mit Waren oder Dienstleistungen, die nicht mit der Zuwiderhandlung in Zusammenhang stehen, erzielt haben.“ In diesem Zusammenhang hat das Gericht festgestellt, dass, soweit ein Unternehmen aufgrund seines im Verhältnis zu den übrigen Kartellmitgliedern eindeutig höheren Gesamtumsatzes die zur Zahlung seiner Geldbuße erforderlichen Mittel leichter aufbringen kann, die Kommission berechtigt ist, die Geldbuße entsprechend zu erhöhen, um deren hinreichend abschreckende Wirkung zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, Randnr. 241). 254    In der vorliegenden Rechtssache ist zum einen festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung, wie aus den Randnrn. 18 bis 23 des vorliegenden Urteils hervorgeht, im Einklang mit den Bestimmungen der Leitlinien, deren Inhalt oben in Randnr. 253 zusammengefasst ist, erstens eine Geldbuße in Höhe von 22 700 000 Euro gegen Arkema France und die Klägerin als Gesamtschuldnerinnen verhängte, was dem Grundbetrag der Geldbuße entspricht (vgl. Art. 2 Buchst. c der angefochtenen Entscheidung), zweitens eine Geldbuße in Höhe von 20 430 000 Euro nur gegen Arkema France verhängte, was einer Erhöhung des Grundbetrags um 90 % wegen Wiederholungstat entspricht (vgl. Art. 2 Buchst. d der angefochtenen Entscheidung), und drittens eine Geldbuße in Höhe von 15 890 000 Euro nur gegen die Klägerin verhängte (vgl. Art. 2 Buchst. e der angefochtenen Entscheidung), was einer Erhöhung des Grundbetrags um 70 % entspricht und der Höhe der Umsätze geschuldet ist, die die Klägerin mit Waren erzielt hat, die nicht mit der Zuwiderhandlung in Zusammenhang stehen. 255    Zum anderen ist hervorzuheben, dass die Klägerin und Arkema France zwar zum Zeitpunkt der fraglichen Zuwiderhandlung ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bildeten, dieses Unternehmen jedoch zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung nicht mehr existierte, weil Arkema France, wie oben in Randnr. 1 dargelegt, seit 2006 nicht mehr der Kontrolle der Klägerin unterstand. 256    Unter diesen Umständen konnte die Kommission gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zum einen der Klägerin und Arkema France als den zwei Gesellschaften, die zur Zeit der streitigen Ereignisse das Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bildeten und für die fragliche Zuwiderhandlung einstehen mussten, als Gesamtschuldnerinnen eine Geldbuße auferlegen und zum anderen, um den oben in Randnr. 255 dargelegten Umstand zu berücksichtigen, die Klägerin gesondert gemäß Ziff. 30 der Leitlinien mit einem Aufschlag auf den Grundbetrag der Geldbuße belegen, da der Umsatz der Klägerin, wie die Kommission zu Recht in den Erwägungsgründen 548 und 549 der angefochtenen Entscheidung feststellte, zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung im Verhältnis zu den übrigen mit einer Sanktion belegten Einheiten besonders hoch war und es ihr ermöglichte, die zur Zahlung der Geldbuße erforderlichen Mittel leichter aufzubringen. 257    Folglich handelte die Kommission, als sie Arkema France und der Klägerin als Gesamtschuldnerinnen eine Geldbuße auferlegte, die sie anschließend nur für die Klägerin um 70 % erhöhte, im Einklang mit ihrer Befugnis, die Höhe der Geldbußen festzulegen, die ihr nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zusteht und die sie nach den Bestimmungen der Leitlinien anzuwenden hat. Die Rüge der Klägerin, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen, als sie ihr ohne jegliche Rechtsgrundlage zwei verschiedene, jedoch kumulative Geldbußen auferlegt habe, ist daher als unbegründet zurückzuweisen. 258    Als Drittes ist die Rüge der Klägerin, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen, da sie der angefochtenen Entscheidung und der Entscheidung Wasserstoffperoxid eine „Argumentation der fallweisen Anpassung“ zugrunde gelegt habe, als unbegründet zurückzuweisen. Abgesehen davon, dass die Kommission der Klägerin in den beiden Entscheidungen die fraglichen Zuwiderhandlungen auf die gleiche Weise aufgrund der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses zurechnete, ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass, wie aus der oben in Randnr. 60 dargelegten Rechtsprechung hervorgeht, selbst wenn die Kommission keine solche Zurechnung in einer früheren Entscheidung vorgenommen haben sollte, dieser Umstand sie keineswegs daran hindern würde, in einer späteren Entscheidung eine solche Zurechnung vorzunehmen. 259    Folglich ist der sechste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. Zum siebten Klagegrund: Ermessensmissbrauch Vorbringen der Parteien 260    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe das Ermessen, das ihr nach der Verordnung Nr. 1/2003 zustehe, dadurch missbraucht, dass sie der Klägerin die fragliche Zuwiderhandlung zugerechnet und ihr zwei kumulative Geldbußen auferlegt habe. Die Sanktionen, die gegen die Klägerin verhängt worden seien, seien nämlich ihrem rechtmäßigen Zweck nach der genannten Verordnung entfremdet worden, da die Kommission versucht habe, die Sanktion eines anderen Unternehmens als der Klägerin − in diesem Fall ihre Tochtergesellschaft, die die Verantwortung für die fragliche Zuwiderhandlung übernommen habe − zu maximieren. 261    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. Würdigung durch das Gericht 262    Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Entscheidung nur dann ermessensmissbräuchlich, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie zu anderen als den angegebenen Zwecken getroffen wurde (vgl. Urteil des Gerichts vom 16. September 1998, IECC/Kommission, T‑133/95 und T‑204/95, Slg. 1998, II‑3645, Randnr. 188 und die dort angeführte Rechtsprechung). 263    Soweit die Klägerin zum einen im Wesentlichen geltend macht, die Kommission habe ihr Ermessen missbraucht, indem sie ihr die fragliche Zuwiderhandlung zugerechnet habe, ist auf die im Rahmen der fünf Teile des ersten Klagegrundes getroffene Feststellung zu verweisen, dass die Kommission eine solche Zurechnung mit Recht vornehmen konnte, weil Arkema France und die Klägerin ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bildeten. 264    Soweit die Klägerin zum anderen im Wesentlichen geltend macht, die Kommission habe ihr Ermessen missbraucht, indem sie gegen die Klägerin eine individuelle Geldbuße nach Art. 2 Buchst. e der angefochtenen Entscheidung verhängt habe, ist auf die im Rahmen der Prüfung des zweiten Teils des sechsten Klagegrundes getroffene Feststellung zu verweisen (siehe oben, Randnrn. 249 bis 257), dass die Kommission eine Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und im Einklang mit Ziff. 30 der Leitlinien nur gegenüber der Klägerin vornahm. 265    Folglich ist der siebte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. Zum achten Klagegrund: Unbegründetheit der Festsetzung einer individuellen Geldbuße gegen die Klägerin Vorbringen der Parteien 266    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, für die Verhängung der Geldbuße gemäß Art. 2 Buchst. e der angefochtenen Entscheidung gegen sie gebe es keinen Rechtsgrund. 267    Als Erstes trägt die Klägerin vor, die gegen sie verhängte Geldbuße in Höhe von 15 890 000 Euro entbehre einer Rechtsgrundlage und verstoße gegen mehrere Bestimmungen und Grundsätze des Gemeinschaftsrechts. 268    Erstens verstoße die gegen die Klägerin verhängte individuelle Geldbuße gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003. Zum einen sei wegen der fehlenden wirtschaftlichen Einheit mit Arkema France die gegen sie verhängte individuelle Geldbuße nicht gerechtfertigt, da sie an der fraglichen Zuwiderhandlung nicht beteiligt gewesen sei. Zum anderen sei es widersprüchlich, wenn geltend gemacht werde, dass die Klägerin und Arkema France ein und dasselbe Unternehmen bildeten und gleichzeitig eine individuelle Geldbuße gegen die Klägerin verhängt werde, was einer Anerkennung des Bestehens von zwei Unternehmen innerhalb derselben Unternehmensgruppe gleichkomme. Im Übrigen werde die Verantwortlichkeit, die eine individuelle Sanktion erforderlich mache, nur durch unmittelbare Beteiligung an einer Zuwiderhandlung impliziert. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ferner vorgetragen, eine solche Geldbuße führe dazu, dass sie zweimal für dieselbe Zuwiderhandlung bestraft werde, was mit der Grundrechtecharta der Europäischen Union unvereinbar sei. 269    Zweitens verstoße eine gegen die Klägerin verhängte individuelle Geldbuße gegen Ziff. 30 der Leitlinien, da diese Ziffer nur auf die Möglichkeit verweise, die „Geldbuße gegen Unternehmen“ zu erhöhen, und in der vorliegenden Rechtssache Arkema France das einzige „maßgebliche“ Unternehmen innerhalb der Gruppe Elf Aquitaine sei. 270    Drittens verstoße die gegen die Klägerin verhängte individuelle Geldbuße mangels Rechtsgrundlage gegen die Unschuldsvermutung und gegen die Grundsätze der Selbständigkeit der juristischen Person, der Gesetzmäßigkeit, der persönlichen Tatverantwortung und der individuellen Zumessung von Strafen. Außerdem habe die Kommission in diesem Zusammenhang einen zweiten Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit begangen, da Ziff. 30 der Leitlinien keine genauen Parameter für die Berechnung der „spezifischen Erhöhung der Geldbuße im Hinblick auf ihren Abschreckungscharakter“ enthalte. Die gegen die Klägerin verhängte Erhöhung des Geldbußenbetrags um 70 % entbehre daher jeglicher Rechtsgrundlage und verstoße gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit, wonach eine Strafnorm hinreichend genau formuliert sein müsse. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin außerdem geltend gemacht, die Leitlinien hätten jedenfalls nicht die Geltungskraft einer Rechtsvorschrift. 271    Als Zweites trägt die Klägerin vor, die Kommission habe in zweifacher Hinsicht gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen, indem sie die gegen Arkema France verhängte individuelle Geldbuße in den Erwägungsgründen 545 bis 549 der angefochtenen Entscheidung darauf gestützt habe, dass es „wegen der Höhe des Gesamtumsatzes des Unternehmens in Bezug auf andere als die von der Zuwiderhandlung betroffenen Waren und Dienstleistungen“ notwendig sei, eine abschreckende Wirkung zu gewährleisten. 272    Erstens sei es zum einen ungerecht, zwecks Abschreckung eine individuelle Geldbuße gegen die Klägerin zu verhängen, wenn diese Geldbuße nach Maßgabe des Grundbetrags der gegen Arkema France verhängten Geldbuße berechnet werde und dieser Grundbetrag bereits einen besonderen Aufschlag zur Abschreckung enthalte. Zum anderen sei die Verhängung einer individuellen Geldbuße gegenüber der Klägerin nicht zweckdienlich, da das Unternehmen, das Arkema France und die Klägerin nach Auffassung der Kommission bildeten, seit 2006 nicht mehr existiere. Im Übrigen sei die Abschreckung zwar ein Kriterium, das die Kommission bei der Berechnung des Geldbußenbetrags berücksichtigen könne, doch sei sie keine Rechtsgrundlage für die Geldbuße selbst. 273    Zweitens könne sich die Kommission nicht allein auf den Gesamtumsatz der Klägerin stützen, um gegen sie eine individuelle Geldbuße zu verhängen, sondern hätte bei der Festsetzung des Geldbußenbetrags nur den geringen Anteil, den der Umsatz des fraglichen Produkts am Gesamtumsatz des Unternehmens ausmache, berücksichtigen dürfen. Nach der Rechtsprechung sei die Höhe des Gesamtumsatzes eines Unternehmens für die Festsetzung des Geldbußenbetrags nur ein unvollständiger Annäherungswert. Da die Klägerin auf dem Natriumchloratmarkt des EWR nicht aktiv sei, sei sie wirtschaftlich nicht in der Lage, den Wettbewerb zu schädigen. 274    Als Drittes trägt die Klägerin vor, die Kommission könne sich nicht auf die Entscheidung Methacrylat berufen, um die Notwendigkeit der gegen die Klägerin verhängten individuellen Geldbuße zu rechtfertigen, da die genannte Entscheidung derzeit Gegenstand einer Nichtigkeitsklage vor dem Gericht sei. 275    Als Viertes macht die Klägerin geltend, es sei ungerecht, die gegen sie verhängte individuelle Geldbuße anhand der in den Erwägungsgründen 511 bis 523 der angefochtenen Entscheidung dargelegten Faktoren, d. h. Schwere, Dauer und abschreckende Wirkung, zu berechnen, deren Parameter sich der Klägerin entzögen, da ihr die fragliche Zuwiderhandlung nicht bekannt gewesen sei und sie keinen Einfluss auf diese Parameter habe nehmen können. 276    Als Fünftes trägt die Klägerin vor, die Kommission habe bei der Berechnung der gegen sie verhängten individuellen Geldbuße vier Faktoren nicht genügend berücksichtigt. Zunächst sei sie verpflichtet gewesen, den Umstand zu berücksichtigen, dass Arkema France während eines kürzeren Zeitraums als EKA und Finnish Chemicals an der fraglichen Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei. Sodann habe die Kommission den im 401. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung dargelegten mildernden Umstand berücksichtigen müssen, der die etwaige Fahrlässigkeit betreffe, die sie in Bezug auf ihre Tochtergesellschaft an den Tag gelegt haben solle. Außerdem seien die Verfahrensverstöße zu berücksichtigen, die eine Verletzung der im zweiten Klagegrund angeführten Grundrechte darstellten. Schließlich hätte die Kommission die Kooperationsbereitschaft von Arkema France während des Verwaltungsverfahrens berücksichtigen müssen. 277    Als Sechstes macht die Klägerin geltend, durch die Festsetzung einer individuellen Geldbuße gegen sie werde in zweifacher Hinsicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen. 278    Erstens sei die Klägerin die einzige der von der angefochtenen Entscheidung betroffenen Muttergesellschaften, d. h. neben der Klägerin außerdem Akzo Nobel, ELSA und Uralita, gegen die zwecks Abschreckung eine individuelle Geldbuße verhängt worden sei, obwohl diese Geldbuße auf einer ungerechten doppelten Berücksichtigung der abschreckenden Wirkung beruhe. 279    Zweitens gehe aus dem 524. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße, die sie gegen Arkema France und die Klägerin verhängt habe, nur um 54 000 Euro abgerundet habe, während sie die gegen Finnish Chemicals und EKA festgesetzten Grundbeträge der Geldbußen um 660 000 Euro bzw. 213 500 Euro abgerundet habe. Die gegen die Klägerin verhängte individuelle Geldbuße sei jedoch auf der Grundlage des erstgenannten Grundbetrags berechnet worden. 280    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Würdigung durch das Gericht 281    Die Klägerin wendet sich im Wesentlichen gegen die Geldbuße in Höhe von 15 890 000 Euro, die die Kommission gemäß Art. 2 Buchst. e der angefochtenen Entscheidung gegen sie verhängt hat. In diesem Zusammenhang führt sie sechs Rügen an. 282    Mit ihrer ersten Rüge trägt die Klägerin drei Argumente vor, mit denen sie geltend macht, es fehle an einer Rechtsgrundlage, die es der Kommission erlaube, eine individuelle Geldbuße gegen die Klägerin zu verhängen. 283    Soweit die Klägerin erstens vorträgt, die Geldbuße in Höhe von 15 890 000 Euro, die gemäß Art. 2 Buchst. e der angefochtenen Entscheidung gegen sie verhängt worden sei, entbehre jeglicher Rechtsgrundlage und verstoße gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, da keine wirtschaftliche Einheit mit Arkema France vorliege, und die Festsetzung der Geldbuße verstoße gegen Ziff. 30 der Leitlinien, weil Ziff. 30 nur auf die Möglichkeit verweise, die „Geldbuße gegen Unternehmen“ zu erhöhen, und in der vorliegenden Rechtssache Arkema France das einzige „maßgebliche“ Unternehmen innerhalb der Gruppe Elf Aquitaine sei, ist festzustellen, dass dieses Argument eine Umformulierung der zweiten Rüge des sechsten und des siebten Klagegrundes darstellt und somit aus den oben in den Randnrn. 249 bis 257 und 264 dargelegten Gründen zurückzuweisen ist. Die Erhöhung der Geldbuße der Klägerin um 70 % des Grundbetrags unter Berücksichtigung des Umstands, dass der sehr hohe Umsatz der Klägerin zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung es dieser ermöglichte, die zur Zahlung der Geldbuße erforderlichen Mittel leichter aufzubringen, nahm die Kommission nämlich im Einklang mit ihrer Befugnis zur Festsetzung der Höhe der Geldbußen vor, die ihr nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zusteht und die sie nach den Bestimmungen der Leitlinien anzuwenden hat. 284    Was zweitens das Argument der Klägerin betrifft, die gegen sie verhängte Geldbuße in Höhe von 15 890 000 Euro verstoße gegen die Unschuldsvermutung und gegen die Grundsätze der Selbständigkeit der juristischen Person, der persönlichen Tatverantwortung und der individuellen Zumessung von Strafen, so ist dieses Argument − abgesehen davon, dass die Klägerin die von ihr geltend gemachten Verstöße nicht substantiiert dargelegt hat − aus den Gründen zurückzuweisen, die im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes (siehe oben, Randnrn. 69 bis 73) sowie im Rahmen des dritten (siehe oben, Randnrn. 167 bis 174), vierten (siehe oben, Randnrn. 177 bis 183) und fünften (siehe oben, Randnrn. 186 bis 190) Teils des zweiten Klagegrundes dargelegt worden sind. Da Arkema France und die Klägerin nämlich ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bildeten, war die Kommission berechtigt, aufgrund des besonders hohen Umsatzes der Klägerin zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung nur ihr gegenüber den Grundbetrag der Geldbuße zu erhöhen, ohne dass dies gegen die Grundsätze der Selbständigkeit der juristischen Person, der Unschuldsvermutung, der persönlichen Tatverantwortung und der individuellen Zumessung von Strafen verstieß. 285    Was drittens das Argument der Klägerin betrifft, der Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit sei in der vorliegenden Rechtssache umso deutlicher, als Ziff. 30 der Leitlinien nicht hinreichend genau bestimme, dass in einem solchen Fall ein Aufschlag von 70 % auf den Grundbetrag der Geldbuße festgesetzt werden könne, ist darauf hinzuweisen, dass zum einen die Leitlinien nicht die Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Höhe der Geldbuße darstellen, sondern nur die Anwendung von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 erläutern (vgl. entsprechend Danone-Urteil des Gerichtshofs, oben in Randnr. 252 angeführt, Randnr. 28), und dass zum anderen zwar der Grundbetrag der Geldbuße anhand der Zuwiderhandlung festgelegt wird, deren Schwere jedoch unter Heranziehung zahlreicher anderer Faktoren zu ermitteln ist, in Bezug auf die die Kommission über ein Ermessen verfügt (Danone-Urteil des Gerichtshofs, oben in Randnr. 252 angeführt, Randnr. 25). Folglich konnte die Kommission nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und gemäß Ziff. 30 der Leitlinien, zu deren Anwendung im Rahmen der Ausübung ihres Ermessens sie sich verpflichtet hat, aufgrund des Umstands, dass der sehr hohe Umsatz der Klägerin es dieser ermöglichte, die zur Zahlung der Geldbuße erforderlichen Mittel leichter aufzubringen als die anderen im vorliegenden Fall mit einer Sanktion belegten Einheiten, einen Aufschlag von 70 % des Grundbetrags der Geldbuße gegen die Klägerin verhängen. 286    Somit hat die Kommission in der vorliegenden Rechtssache nicht gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit verstoßen. Folglich ist die erste Rüge der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen. 287    Mit ihrer zweiten Rüge wendet sich die Klägerin im Wesentlichen gegen die Höhe der individuellen Geldbuße, die in Art. 2 Buchst. e der angefochtenen Entscheidung gegen sie festgesetzt wurde. 288    Was erstens das Argument der Klägerin betrifft, es sei „ungerecht“, zwecks Abschreckung eine individuelle Geldbuße gegen sie zu verhängen, wenn diese Geldbuße nach Maßgabe des Grundbetrags der gegen Arkema France und die Klägerin als Gesamtschuldnerinnen verhängten Geldbuße berechnet werde und dieser Grundbetrag bereits einen besonderen Aufschlag zwecks Abschreckung enthalte, ist darauf hinzuweisen, dass, wie aus dem 523. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, die Geldbuße in Höhe von 22 700 000 Euro, die gegen die Klägerin und Arkema France als Gesamtschuldnerinnen verhängt wurde, dem Grundbetrag der Geldbuße entspricht, der einen zusätzlichen Betrag in Höhe von 19 % der Umsätze von Arkema France enthält (siehe oben, Randnr. 18), der gemäß Ziff. 25 der Leitlinien dazu dienen soll, „die Unternehmen von vornherein [von] der Beteiligung an horizontalen Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, Aufteilung von Märkten oder Mengeneinschränkungen abzuschrecken“. Dagegen entspricht die Geldbuße in Höhe von 15 890 000 Euro, die nur gegen die Klägerin verhängt wurde, 70 % des Grundbetrags und ist gemäß Ziff. 30 der Leitlinien darauf gerichtet, „dass die Geldbußen eine ausreichend abschreckende Wirkung entfalten“ in Bezug auf Unternehmen, die besonders hohe Umsätze mit Waren oder Dienstleistungen erzielt haben, die nicht mit der Zuwiderhandlung in Zusammenhang stehen. 289    Somit ist festzustellen, dass der zusätzliche Betrag in Höhe von 19 % der Umsätze von Arkema France, der gemäß Ziff. 25 der Leitlinien bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße berücksichtigt wurde, und der besondere Aufschlag, der gemäß Ziff. 30 der Leitlinien gegen die Klägerin verhängt wurde, zwei unterschiedlichen Abschreckungszielen dienen, die die Kommission mit Recht bei der Festsetzung der gegen die Klägerin zu verhängenden Geldbuße berücksichtigen konnte. Folglich ist das hierzu von der Klägerin vorgetragene Argument als unbegründet zurückzuweisen. 290    Zweitens ist das Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe bei der Festsetzung der Höhe der gegen sie verhängten individuellen Geldbuße nur den geringen Anteil berücksichtigen dürfen, den der Umsatz des fraglichen Produkts am Gesamtumsatz des Unternehmens ausmache, als unbegründet zurückzuweisen. Wie nämlich aus Ziff. 30 der Leitlinien hervorgeht, ist die Kommission gerade in Fällen, in denen der Gesamtumsatz des fraglichen Unternehmens gegenüber den Umsätzen, die mit den vom Kartell erfassten Waren erzielt werden, „besonders hohe“ Summen erreicht, zur Festsetzung eines zusätzlichen Betrags zwecks Abschreckung berechtigt. 291    Folglich ist die zweite Rüge der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen. 292    Mit ihrer dritten Rüge macht die Klägerin geltend, die Kommission könne sich nicht auf die Entscheidung Methacrylat berufen, um die Notwendigkeit der gegen die Klägerin verhängten individuellen Geldbuße zu rechtfertigen, da die genannte Entscheidung derzeit Gegenstand einer Nichtigkeitsklage vor dem Gericht sei. Hierzu ist hervorzuheben, dass zum einen, wie aus der oben in Randnr. 241 dargelegten Rechtsprechung hervorgeht, für Entscheidungen der Kommission eine Vermutung der Rechtmäßigkeit spricht, solange sie nicht aufgehoben oder zurückgenommen worden sind. Daher steht keine Rechtsvorschrift einer Bezugnahme der Kommission auf die Entscheidung Methacrylat zur Untermauerung ihrer Argumentation in der angefochtenen Entscheidung entgegen. Zum anderen ist festzustellen, dass, selbst wenn die Unionsgerichte die Entscheidung Methacrylat für nichtig erklären sollten, sich dies jedenfalls nicht auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung auswirken würde, da, wie oben in den Randnrn. 256 und 257 dargelegt worden ist, die Kommission der Klägerin die individuelle Geldbuße im vorliegenden Fall gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und im Einklang mit Ziff. 30 der Leitlinien auferlegte. 293    Demnach ist die dritte Rüge der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen. 294    Mit ihrer vierten Rüge macht die Klägerin geltend, es sei ungerecht, die gegen sie verhängte individuelle Geldbuße anhand der Faktoren Schwere, Dauer und abschreckende Wirkung, die Arkema France eigen seien und deren Parameter sich der Klägerin entzögen, zu berechnen, obwohl ihr die fragliche Zuwiderhandlung nicht bekannt gewesen sei und sie keinen Einfluss auf diese Parameter habe nehmen können. 295    Hierzu ist festzustellen, dass die Klägerin keine Argumente oder Beweise geltend gemacht hat, die in Frage stellen, dass die Kommission, wie oben in den Randnrn. 256 und 257 festgestellt, die individuelle Geldbuße gegen die Klägerin gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und im Einklang mit Ziff. 30 der Leitlinien verhängte. Die Frage, ob die Klägerin Kenntnis von der betreffenden Zuwiderhandlung hatte und ob die gegen sie verhängte individuelle Geldbuße auf speziellen Gegebenheiten beruhte, die Arkema France eigen waren, ist nicht geeignet, dieses Ergebnis zu widerlegen. 296    Folglich ist die vierte Rüge als unbegründet zurückzuweisen. 297    Mit ihrer fünften Rüge macht die Klägerin geltend, dass die Kommission bei der Berechnung der gegen sie verhängten individuellen Geldbuße vier Faktoren außer Acht gelassen habe. Die Kommission hätte erstens den Umstand, dass Arkema France während eines kürzeren Zeitraums als EKA und Finnish Chemicals an der fraglichen Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, zweitens den im 401. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung dargelegten mildernden Umstand, der die etwaige Fahrlässigkeit betreffe, welche die Klägerin im Hinblick auf ihre Tochtergesellschaft an den Tag gelegt habe, drittens die Verfahrensverstöße, die eine Verletzung der im zweiten Klagegrund angeführten Grundrechte darstellten, und viertens die Kooperationsbereitschaft von Arkema France während des Verwaltungsverfahrens berücksichtigen müssen. 298    Hierzu ist hervorzuheben, dass es sich, wie oben in Randnr. 254 dargelegt, bei der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße in Höhe von 15 890 000 Euro ausschließlich um den in Ziff. 30 der Leitlinien vorgesehenen Aufschlag in Höhe von 70 % des Grundbetrags handelt. Selbst wenn die oben in Randnr. 297 aufgeführten Umstände jedoch erwiesen wären, wäre die Kommission keineswegs verpflichtet, sie bei diesem Aufschlag zu berücksichtigen. 299    Folglich ist die fünfte Rüge als unbegründet zurückzuweisen. 300    Mit ihrer sechsten Rüge macht die Klägerin geltend, die Festsetzung der gegen sie verhängten individuellen Geldbuße verstoße in zweifacher Hinsicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. 301    Die Klägerin sieht erstens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung darin, dass nur gegen sie und nicht gegen die anderen von der angefochtenen Entscheidung betroffenen Muttergesellschaften, d. h. Akzo Nobel, ELSA und Uralita, eine individuelle Geldbuße zwecks Abschreckung gemäß Ziff. 30 der Leitlinien verhängt worden sei, die auf einer ungerechten doppelten Berücksichtigung der abschreckenden Wirkung beruhe. 302    Nach der Rechtsprechung verlangt der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, es sei denn, dass eine derartige Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil Advocaten voor de Wereld, oben in Randnr. 196 angeführt, Randnr. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung). 303    In der vorliegenden Rechtssache war jedoch − wie die Kommission in den Erwägungsgründen 548 und 549 der angefochtenen Entscheidung darlegte, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hätte − der Umsatz der Klägerin sehr viel höher als der Umsatz der anderen Unternehmen, die in der angefochtenen Entscheidung mit einer Geldbuße belegt wurden, denn der Umsatz der Klägerin belief sich auf 139 389 Mio. Euro, während die Umsätze von EKA, ELSA und Uralita 550 Mio. Euro, 509 000 Euro bzw. 1 095 Mio. Euro betrugen. Da der Umsatz der Klägerin folglich deutlich höher war als die Umsätze der anderen sanktionierten Unternehmen, befand sich die Klägerin nicht in einer Lage, die der Lage der anderen Unternehmen vergleichbar war, was eine unterschiedliche Behandlung der Unternehmen durch die Kommission rechtfertigt. 304    Somit hat die Kommission nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, als sie gemäß Ziff. 30 der Leitlinien die Geldbuße erhöhte, die sie gegen die Klägerin verhängt hatte. Demnach ist das erste Argument der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen. 305    Was zweitens das Argument der Klägerin betrifft, aus dem 524. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung gehe hervor, dass die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße, die sie gegen Arkema France und die Klägerin als Gesamtschuldnerinnen verhängt habe, nur um 54 000 Euro abgerundet habe, während sie die gegen Finnish Chemicals und EKA festgesetzten Geldbußen um 666 000 Euro bzw. 213 500 Euro abgerundet habe, ist zunächst zu beachten, dass es in Ziff. 26 der Leitlinien heißt: „Bei der Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße verwendet die Kommission gerundete Werte.“ 306    Sodann ist zum einen, wie aus den Antworten der Kommission auf die schriftlichen Fragen des Gerichts und dem internen Dokument hervorgeht, das sie hierzu vorgelegt hat und das die Methode erläutert, die sie bei der Abrundung der gegen die fraglichen Einheiten verhängten Geldbußen in der angefochtenen Entscheidung verwendete, festzustellen, dass die Kommission die Geldbuße von EKA und Akzo Nobel von 116 243 541 Euro auf 116 000 000 Euro, die von Finnish Chemicals von 68 773 445 Euro auf 68 000 000 Euro, die von ELSA von 42 322 120 Euro auf 42 000 000 Euro, die von Arkema France und der Klägerin von 22 754 400 Euro auf 22 700 000 Euro sowie die von Aragonesas und Uralita von 9 969 300 Euro auf 9 900 000 Euro abrundete. Zum anderen geht aus diesen Abrundungen hervor, dass die Kommission, wie sie im Wesentlichen in dem genannten Dokument erläutert, den Betrag der jeweiligen Geldbuße auf den nächstniedrigeren vollen Millionenbetrag abrundete, wenn die Abrundung nicht zu einer Verringerung um mehr als 2 % der jeweiligen Geldbuße führte, und auf den nächstniedrigeren vollen Hunderttausendbetrag, wenn die Abrundung auf den nächstniedrigeren Millionenbetrag zu einer Verringerung um mehr als 2 % der jeweiligen Geldbuße geführt hätte. 307    Auch wenn daher infolge der Anwendung von Ziff. 26 der Leitlinien die Geldbußen von EKA und Akzo Nobel, Finnish Chemicals und ELSA um 243 541 Euro, 773 445 Euro bzw. 322 120 Euro gesenkt wurden und diese Beträge in absoluten Zahlen höher waren als die Beträge, um die die Geldbußen von erstens Arkema France und der Klägerin sowie zweitens Aragonesas und Uralita gesenkt wurden, nämlich um 54 400 Euro bzw. 69 300 Euro, hat die Kommission dennoch die von ihr verwendete Methode einheitlich auf alle sanktionierten Unternehmen angewandt, und die Methode ist objektiv gerechtfertigt, da die Kommission im Einklang mit ihrem Ermessensspielraum im Rahmen der Festsetzung der Höhe der Geldbußen der Ansicht sein durfte, dass eine Abrundung der Geldbußen jedenfalls nicht zu einer Verringerung der Geldbuße um mehr als 2 % führen dürfe. 308    Folglich hat die Kommission nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, als sie die gegen die Klägerin und Arkema France als Gesamtschuldnerinnen verhängte Geldbuße abrundete. Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist der achte Klagegrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen. Zum neunten Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze und Bestimmungen über die Berechnung der gegen Arkema France und die Klägerin als Gesamtschuldnerinnen verhängten Geldbuße 309    Die Klägerin wendet sich im Wesentlichen gegen die Höhe der Geldbuße, die in Art. 2 Buchst. c der angefochtenen Entscheidung gegen sie und Arkema France als Gesamtschuldnerinnen festgesetzt wird. Dieser Klagegrund besteht aus zwei Teilen. Zum ersten Teil: fehlerhafte Berechnung der Höhe der gegen Arkema France und die Klägerin als Gesamtschuldnerinnen verhängten Geldbuße –       Vorbringen der Parteien 310    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe bei der Bemessung der Geldbuße, die in Art. 2 Buchst. c der angefochtenen Entscheidung gegen sie und Arkema France als Gesamtschuldnerinnen verhängt werde, bestimmte Umstände nicht berücksichtigt. 311    Als Erstes beanstandet die Klägerin die Höhe der Geldbuße, die in Art. 2 Buchst. c der angefochtenen Entscheidung gegen sie und Arkema France als Gesamtschuldnerinnen verhängt wird, indem sie auf die vier Argumente verweist, die sie im Rahmen der fünften Rüge des achten Klagegrundes geltend gemacht hat und mit denen sie sich gegen die Geldbuße wendet, die in Art. 2 Buchst. e der angefochtenen Entscheidung gegen sie verhängt wird (siehe oben, Randnr. 297). Sie trägt erstens vor, die Kommission sei verpflichtet gewesen, den Umstand zu berücksichtigen, dass Arkema France während eines kürzeren Zeitraums als EKA und Finnish Chemicals an der fraglichen Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei. Zweitens habe die Kommission den von ihr im 401. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung dargelegten mildernden Umstand berücksichtigen müssen, der die etwaige Fahrlässigkeit betreffe, die die Klägerin in Bezug auf ihre Tochtergesellschaft an den Tag gelegt habe. Drittens habe die Kommission die Verfahrensverstöße berücksichtigen müssen, die eine Verletzung der im zweiten Klagegrund angeführten Grundrechte darstellten. Viertens habe die Kommission der Kooperationsbereitschaft von Arkema France während des Verwaltungsverfahrens Rechnung tragen müssen. 312    Sodann verweist die Klägerin auf das erste Argument, das sie im Rahmen der sechsten Rüge des achten Klagegrundes geltend gemacht hat (siehe oben, Randnr. 278), wonach die Kommission gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen habe, indem nur gegen die Klägerin eine individuelle Geldbuße verhängt worden sei, während die anderen Muttergesellschaften in der angefochtenen Entscheidung nur mit ihren Tochtergesellschaften als Gesamtschuldnerinnen mit Geldbußen belegt worden seien. 313    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 314    Was als Erstes die vier Argumente betrifft, mit denen die Klägerin die Bemessung der in Art. 2 Buchst. c der angefochtenen Entscheidung festgesetzten Geldbuße beanstandet, ist erstens das Argument, wonach die Geldbuße reduziert werden müsse, da die Klägerin während eines kürzeren Zeitraums als EKA und Finnish Chemicals an der fraglichen Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, als unbegründet zurückzuweisen. Wie nämlich ausdrücklich aus dem 522. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, verwendete die Kommission im Einklang mit Ziff. 24 der Leitlinien bei Arkema France und der Klägerin entsprechend ihrer Beteiligung an dem Kartell während eines Zeitraums von vier Jahren und acht Monaten einen Multiplikationsfaktor von 5, während sie bei EKA und ihrem Mutterunternehmen sowie bei Finnish Chemicals und ihrem Mutterunternehmen aufgrund ihrer Beteiligung an der fraglichen Zuwiderhandlung während eines Zeitraums von fünf Jahren und vier Monaten einen Multiplikationsfaktor von 5,5 verwendete. Daher ist das entsprechende Vorbringen der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen. 315    Soweit sich die Klägerin zweitens auf einen mildernden Umstand beruft, den die Kommission ihr im 401. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zuerkannt habe und der auf einer „etwaigen Fahrlässigkeit“ beruhe, die die Klägerin in Bezug auf ihre Tochtergesellschaft an den Tag gelegt habe, ist zum einen festzustellen, dass dieses Argument auf einem verfehlten Verständnis des genannten Erwägungsgrundes beruht. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin erklärt die Kommission in diesem Erwägungsgrund nämlich nicht, dass die Fahrlässigkeit, die die Klägerin bei der Kontrolle der Handlungen ihrer Tochtergesellschaft an den Tag gelegt habe, ein mildernder Umstand sei, sondern sie stellt vielmehr fest: „Die mangelnde Sorgfalt des höheren Managements von [Arkema France] und [der Klägerin] bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben, die dazu führte, dass die Satzungs- und Managementorgane von [Arkema France] und [der Klägerin] keine Kenntnis von den Handlungen ihrer Mitarbeiter hatten, kann den beiden Unternehmen nicht als Argument dafür dienen, sich ihrer Verantwortung für diese Handlungen zu entziehen.“ Zum anderen hat die Klägerin jedenfalls kein Argument zur Stützung ihrer Behauptung vorgetragen, die Kommission sei der unzutreffenden Auffassung gewesen, die „etwaige Fahrlässigkeit“ der Klägerin bei der Kontrolle ihrer Tochtergesellschaft könne eine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertigen. Somit ist dieses Argument als unbegründet zurückzuweisen. 316    Was drittens das Argument der Klägerin betrifft, die Kommission hätte die Eingriffe in ihre Grundrechte, die die Klägerin in ihrem zweiten Klagegrund dargelegt habe, berücksichtigen und die ihr mit Arkema France als Gesamtschuldnerin auferlegte Geldbuße herabsetzen müssen, ist hervorzuheben, dass die Kommission, wie bereits im Rahmen der Prüfung des zweiten Klagegrundes festgestellt worden ist (siehe oben, Randnr. 204), keinen der von der Klägerin geltend gemachten Verstöße begangen hat. Somit ist auch dieses Argument als unbegründet zurückzuweisen. 317    Viertens hat die Klägerin zu ihrem Argument, die Kommission habe die von Arkema France im Verwaltungsverfahren geleistete Kooperation berücksichtigen müssen, im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes kein spezielles Argument vorgetragen, mit dem sie die Beurteilungen der Kommission in den Erwägungsgründen 543 und 544 und 561 bis 580 der angefochtenen Entscheidung beanstandet, wonach die von Arkema France angebotene Kooperation es nicht rechtfertige, eine Ermäßigung der Geldbuße im Rahmen oder außerhalb der Kronzeugenregelung von 2002 zu gewähren. Folglich ist dieses Argument als unbegründet zurückzuweisen. 318    Sodann ist das Argument der Klägerin, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, da die Klägerin unter den mit einer Sanktion belegten Unternehmen die einzige Gesellschaft sei, gegen die eine individuelle Geldbuße verhängt worden sei, als unbegründet zurückzuweisen. Wie nämlich im Rahmen des sechsten Klagegrundes festgestellt worden ist (siehe oben, Randnr. 254), entspricht die Geldbuße, die in Art. 2 Buchst. e der angefochtenen Entscheidung gegen die Klägerin verhängt wird, einer Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße, die in Art. 2 Buchst. c der angefochtenen Entscheidung gegen die Klägerin und Arkema France als Gesamtschuldnerinnen verhängt wird, um 70 % aufgrund des Umstands, dass der im Verhältnis zu den übrigen mit einer Sanktion belegten Einheiten besonders hohe Umsatz der Klägerin zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung dieser ermöglichte, die zur Zahlung der Geldbuße erforderlichen Mittel leichter aufzubringen. Da feststeht, dass die anderen Muttergesellschaften, die in der angefochtenen Entscheidung mit Sanktionen belegt werden, keine Umsätze erzielten, die eine solche Erhöhung rechtfertigten, befand sich die Klägerin nicht in einer Lage, die der Lage der anderen Muttergesellschaften vergleichbar war und die Kommission dazu verpflichtete, sie in gleicher Weise zu behandeln. 319    Folglich ist der erste Teil des neunten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung durch die gegen Arkema France und die Klägerin als Gesamtschuldnerinnen verhängte Geldbuße –       Vorbringen der Parteien 320    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, da es sich bei der gegen sie und Arkema France als Gesamtschuldnerinnen verhängten Geldbuße um die höchste Geldbuße handle, die in der angefochtenen Entscheidung gegen die mit einer Sanktion belegten Unternehmen verhängt werde. 321    Als Erstes führt sie aus, wie sie im Übrigen bereits im Rahmen der sechsten Rüge des achten Klagegrundes geltend gemacht habe (siehe oben, Randnr. 279), sei der Grundbetrag der gegen sie und Arkema France als Gesamtschuldnerinnen verhängten Geldbuße um einen viel geringeren Betrag abgerundet worden als der Grundbetrag der Geldbußen, die gegen Finnish Chemicals und EKA verhängt worden seien. 322    Als Zweites meint sie, bei der gegen die Klägerin und Arkema France als Gesamtschuldnerinnen verhängten Geldbuße seien zwei Faktoren nicht − im Einklang mit den Leitlinien − ausreichend berücksichtigt worden. Erstens habe die Kommission nicht ausreichend berücksichtigt, dass Arkema France auf dem Natriumchloratmarkt des EWR im Verhältnis zu EKA, der ein Geldbußenerlass gewährt worden sei, und Finnish Chemicals, deren Geldbuße nur ein Viertel der Geldbuße von Arkema France ausmache, lediglich geringe Umsätze erziele. Zweitens habe die Kommission nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Marktanteil von Arkema France, der für Natriumchlorat 9 % betrage, im Verhältnis zu EKA, die einen fünfmal höheren Marktanteil erreiche, und Finnish Chemicals, deren Marktanteil das Dreifache betrage, gering sei. Die Differenz zwischen dem Marktanteil von Arkema France und den Marktanteilen von Aragonesas und Solvay belaufe sich auf nur vier Prozentpunkte. 323    Als Drittes führt die Klägerin aus, die gegen sie und Arkema France als Gesamtschuldnerinnen verhängte Geldbuße trage dem Umstand, dass Arkema France im Verhältnis zu EKA und Finnish Chemicals in geringerem Umfang an der fraglichen Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, nicht genügend Rechnung. 324    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 325    Was als Erstes die Rüge der Klägerin betrifft, der Grundbetrag der gegen sie und Arkema France als Gesamtschuldnerinnen verhängten Geldbuße sei um einen viel geringeren Betrag abgerundet worden als der Grundbetrag der Geldbußen, die gegen Finnish Chemicals und EKA verhängt worden seien, so ist diese völlig identisch mit der sechsten Rüge des achten Klagegrundes (siehe oben, Randnr. 279). Daher ist diese Rüge aus den gleichen Gründen, die oben in den Randnrn. 305 bis 308 dargelegt worden sind und wonach die Methode zur Abrundung des Geldbußenbetrags einheitlich auf alle in der angefochtenen Entscheidung sanktionierten Unternehmen angewandt wurde und objektiv gerechtfertigt ist, als unbegründet zurückzuweisen. 326    Was als Zweites die Rüge der Klägerin angeht, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, indem sie zum einen den geringen Umsatz, den Arkema France auf dem Natriumchloratmarkt des EWR im Vergleich zu EKA und Finnish Chemicals erzielt habe, und zum anderen den geringen Marktanteil von Arkema France in Bezug auf Natriumchlorat nicht ausreichend berücksichtigt habe, so ist diese als unbegründet zurückzuweisen. 327    Zum einen hat die Klägerin weder Argumente noch Beweise dafür vorgetragen, dass die Kommission in Anbetracht der Umstände, die sie bei der Festsetzung der gegen die Klägerin und Arkema France als Gesamtschuldnerinnen verhängten Geldbuße berücksichtigte, die Bestimmungen der Leitlinien in der angefochtenen Entscheidung diskriminierend anwandte. Zum anderen besteht zwar eine große Differenz zwischen dem Betrag der Geldbuße, die gegen Arkema France und die Klägerin verhängt wurde, und dem Betrag der Geldbußen, die gegen EKA und Akzo Nobel sowie gegen ELSA und Finnish Chemicals als Gesamtschuldnerinnen verhängt wurden, obwohl der Marktanteil von Arkema France auf dem Natriumchloratmarkt des EWR geringer war als der Marktanteil von EKA und Finnish Chemicals; dies ist jedoch gerechtfertigt, weil EKA und Akzo Nobel eine völlige Befreiung von der Geldbuße gewährt wurde und die Obergrenze von 10 % des Umsatzes bei Finnish Chemicals, deren Geldbuße im Rahmen der Anwendung der Kronzeugenregelung von 2002 um 50 % herabgesetzt wurde, um fast die Hälfte niedriger war als bei der Klägerin (vgl. Tabellen in den Erwägungsgründen 524 und 552 der angefochtenen Entscheidung). 328    Was als Drittes die Rüge der Klägerin betrifft, die Kommission habe, als sie gegen die Klägerin und Arkema France als Gesamtschuldnerinnen eine Geldbuße verhängt habe, nicht ausreichend berücksichtigt, dass Arkema France im Verhältnis zu EKA und Finnish Chemicals in geringerem Umfang an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, ist abgesehen davon, dass die Klägerin in ihren Schriftsätzen keine Argumente oder Beweise zur Stützung dieser Rüge vorgetragen hat, festzustellen, dass sie nicht der Begründung entgegengetreten ist, die die Kommission im 536. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung für die Zurückweisung der von der Klägerin hierzu vorgebrachten Argumente lieferte und wonach u. a. Arkema France „während der gesamten Dauer [ihrer] Beteiligung am Kartell häufig Kontakte zu [ihren] Wettbewerbern“ unterhalten habe, diese „ersten Kontakte … zu Wettbewerbern bereits [ihre] aktive Mitwirkung an den [streitigen] wettbewerbswidrigen Absprachen“ zeigten und das Vorbringen der Klägerin, sie habe aufgrund ihres begrenzten Marktanteils keine vermittelnde Rolle zwischen EKA und Finnish Chemicals spielen können, durch „die in [der angefochtenen Entscheidung] genannten Belege eindeutig [widerlegt]“ werde. 329    Daher ist die dritte Rüge und folglich der neunte Klagegrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen. Zum zehnten Klagegrund: Verstoß gegen die Bestimmungen der Kronzeugenregelung von 2002 330    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe tatsächliche und rechtliche Fehler begangen, indem sie ihre Geldbuße nicht aufgrund der Kronzeugenregelung von 2002 herabgesetzt habe. Dieser Klagegrund besteht aus zwei Teilen. Zum ersten Teil: Ablehnung einer Herabsetzung der Geldbuße nach der Kronzeugenregelung von 2002 –       Vorbringen der Parteien 331    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe gegen die Kronzeugenregelung von 2002 verstoßen, indem sie die gegen sie und Arkema France als Gesamtschuldnerinnen verhängte Geldbuße mit der Begründung, dass die von der Klägerin beigebrachten Beweise unzureichend seien, nicht herabgesetzt habe. Da die Kommission an die Bestimmungen der Kronzeugenregelung gebunden sei, dürfe sie eine Herabsetzung der zwei gegen die Klägerin verhängten Geldbußen weder ohne Begründung noch abstrakt und „aus einer Laune heraus“ ablehnen. 332    Wie als Erstes aus den Erwägungsgründen 554, 561, 581 und 584 der angefochtenen Entscheidung hervorgehe, stehe fest, dass Arkema France nach EKA das erste Unternehmen gewesen sei, das der Kommission Beweise für das Kartell zur Verfügung gestellt habe. 333    Als Zweites gehe aus der Begründung der angefochtenen Entscheidung hervor, dass sich die Kommission entgegen ihren Beurteilungen in den Erwägungsgründen 568 bis 580 der angefochtenen Entscheidung beim Nachweis der fraglichen Zuwiderhandlung auf Beweise gestützt habe, die von Arkema France geliefert worden seien. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang auf die Erwägungsgründe 38 und 46 und Fn. 63, Erwägungsgrund 76 und Fn. 116, Erwägungsgrund 94 und Fn. 136, Erwägungsgrund 98 und Fn. 142, die Erwägungsgründe 243 und 251 und Fn. 302, die Erwägungsgründe 254, 255, 259, 260, 273, 314, 344, 355, 589, 593 und 594 und die Fn.  118, 259, 293, 337, 540 und 542 der angefochtenen Entscheidung. Ferner hätten die von Arkema France beigebrachten Beweise es ermöglicht, eine Reihe von Tatsachen zu bestätigen, die mit der fraglichen Zuwiderhandlung verbunden seien, wie aus den Erwägungsgründen 568, 569, 571 bis 573, 575 und 576 der angefochtenen Entscheidung hervorgehe. Im Übrigen gehe aus dem Anfang vom 344. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervor, dass Aragonesas der Auffassung gewesen sei, den von Arkema France gelieferten Informationen komme ein erheblicher Mehrwert zu. 334    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 335    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe gegen die Kronzeugenregelung von 2002 verstoßen, indem sie die Geldbuße von Arkema France nicht um 30 % bis 50 % herabgesetzt habe, obwohl Arkema France nach EKA, der die Geldbuße erlassen worden sei, das erste Unternehmen gewesen sei, das der Kommission Beweise von erheblichem Mehrwert geliefert habe. 336    Randnr. 20 der Kronzeugenregelung von 2002 bestimmt: „Unternehmen, die die Voraussetzungen [für einen Erlass der Geldbuße] nicht erfüllen, kann eine Ermäßigung der Geldbuße gewährt werden, die andernfalls verhängt worden wäre.“ 337    Randnr. 21 der Kronzeugenregelung von 2002 sieht vor: „Um für eine Ermäßigung der Geldbuße [nach Randnr. 20 der Kronzeugenregelung von 2002] in Betracht zu kommen, muss das Unternehmen der Kommission Beweismittel für die mutmaßliche Zuwiderhandlung vorlegen, die gegenüber den bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweismitteln einen erheblichen Mehrwert darstellen, und seine Beteiligung an der mutmaßlich rechtswidrigen Handlung spätestens zum Zeitpunkt der Beweisvorlage einstellen.“ 338    Randnr. 23 Buchst. b Abs. 1 der Kronzeugenregelung von 2002 sieht für die Ermäßigung der Geldbuße drei Bandbreiten vor. Das erste Unternehmen, das die Voraussetzungen unter Randnr. 21 der Kronzeugenregelung von 2002 erfüllt, hat Anspruch auf eine Ermäßigung der Geldbuße zwischen 30 % und 50 %, das zweite Unternehmen hat Anspruch auf eine Ermäßigung zwischen 20 % und 30 %, und alle weiteren Unternehmen haben Anspruch auf eine Ermäßigung bis zu 20 %. 339    Randnr. 23 Buchst. b Abs. 2 der Kronzeugenregelung von 2002 bestimmt: „Um den Umfang der Ermäßigung der Geldbuße innerhalb dieser Bandbreiten zu bestimmen, wird die Kommission den Zeitpunkt berücksichtigen, zu dem das Beweismittel, das die Voraussetzungen unter Randnummer 21 [der Kronzeugenregelung von 2002] erfüllt, vorgelegt wurde, sowie den Umfang des mit dem Beweismittel verbundenen Mehrwerts. Sie kann ebenfalls berücksichtigen, ob das Unternehmen seit der Vorlage des Beweismittels kontinuierlich mit ihr zusammengearbeitet hat.“ 340    Nach der Rechtsprechung steht der Kommission hinsichtlich der Methode für die Berechnung von Geldbußen ein weites Ermessen zu; sie kann insoweit eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigen, zu denen auch die Kooperationsbeiträge der betroffenen Unternehmen während der von den Dienststellen der Kommission durchgeführten Untersuchungen gehören. In diesem Rahmen muss die Kommission komplexe Tatsachenwürdigungen, wie die Würdigung der jeweiligen Kooperationsbeiträge dieser Unternehmen, vornehmen (Urteile des Gerichtshofs vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, C‑328/05 P, Slg. 2007, I‑3921, Randnr. 81, und des Gerichts vom 28. April 2010, Gütermann und Zwicky/Kommission, T‑456/05 und T‑457/05, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 219). 341    Im Übrigen kann im Rahmen der Beurteilung der Zusammenarbeit der an einem Kartell Beteiligten nur ein offensichtlicher Beurteilungsfehler der Kommission beanstandet werden, da diese bei der Beurteilung der Qualität und der Nützlichkeit des Kooperationsbeitrags eines Unternehmens, insbesondere im Vergleich zu den Beiträgen anderer Unternehmen, über einen weiten Wertungsspielraum verfügt (Urteil SGL Carbon/Kommission, oben in Randnr. 340 angeführt, Randnr. 88). Die Kommission ist zwar verpflichtet, anzugeben, aus welchen Gründen sie der Ansicht ist, dass die von den Unternehmen im Rahmen der Kronzeugenregelung von 2002 gemachten Angaben einen Beitrag darstellen, der eine Herabsetzung der festgesetzten Geldbuße rechtfertigt oder auch nicht, demgegenüber haben aber die Unternehmen, die die entsprechende Entscheidung der Kommission anfechten wollen, nachzuweisen, dass diese in Ermangelung derartiger, von diesen Unternehmen freiwillig gelieferter Angaben nicht in der Lage gewesen wäre, die wesentlichen Elemente der Zuwiderhandlung zu beweisen und somit eine Entscheidung über die Festsetzung von Geldbußen zu erlassen (Urteil Erste Group Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 297). 342    Außerdem findet die Ermäßigung von Geldbußen im Fall einer Zusammenarbeit von Unternehmen, die an Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht beteiligt waren, ihre Begründung in der Erwägung, dass eine derartige Zusammenarbeit die Aufgabe der Kommission erleichtert, die darauf abzielt, das Vorliegen einer Zuwiderhandlung festzustellen und dieser gegebenenfalls Einhalt zu gebieten (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 399, und Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Finnboard/Kommission, T‑338/94, Slg. 1998, II‑1617, Randnr. 363). Wegen dieses Geltungsgrundes der Ermäßigung kann die Kommission nicht die Nützlichkeit der vorgelegten Information unberücksichtigt lassen, die sich zwangsläufig nach dem Beweismaterial richtet, das sich bereits in ihrem Besitz befindet (Urteil Gütermann und Zwicky/Kommission, oben in Randnr. 340 angeführt, Randnr. 220). 343    Im Übrigen geht aus der Rechtsprechung hervor, dass in Fällen, in denen ein Unternehmen bei der Kooperation nur bestimmte Aufschlüsse bestätigt, die ein anderes Unternehmen bei der Kooperation bereits gegeben hat, und dies zudem weniger genau und weniger explizit geschieht, der Umfang der Mitwirkung dieses Unternehmens, selbst wenn diese nicht eines gewissen Nutzens für die Kommission entbehren mag, nicht dem Umfang der Mitarbeit des Unternehmens gleichstehend angesehen werden kann, das die betreffenden Aufschlüsse als Erstes gegeben hat. Eine Erklärung, die in gewissem Umfang die der Kommission bereits vorliegenden Erklärungen erhärtet, erleichtert nämlich die Aufgabe der Kommission nicht nennenswert. Sie genügt deshalb nicht, um eine Herabsetzung der Geldbuße wegen Zusammenarbeit zu rechtfertigen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 8. Juli 2004, Mannesmannröhren-Werke/Kommission, T‑44/00, Slg. 2004, II‑2223, Randnr. 301, vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, im Folgenden: Danone-Urteil des Gerichts, Randnr. 455, und Gütermann und Zwicky/Kommission, oben in Randnr. 341 angeführt, Randnr. 222). 344    Schließlich verleiht die Mitwirkung eines Unternehmens an der Untersuchung dann kein Recht auf eine Herabsetzung der Geldbuße, wenn diese Mitwirkung nicht über das hinausgegangen ist, wozu das Unternehmen nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 verpflichtet war (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 10. März 1992, Solvay/Kommission, T‑12/89, Slg. 1992, II‑907, Randnrn. 341 und 342, und Danone, oben in Randnr. 343 angeführt, Randnr. 451). 345    Im vorliegenden Fall ist vorab darauf hinzuweisen, dass feststeht, dass Arkema France, wie sich aus dem 561. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ergibt, nach EKA das zweite Unternehmen ist, das einen Antrag auf Kronzeugenbehandlung nach der Kronzeugenregelung von 2002 eingereicht hat. Daher ist zu prüfen, ob, wie die Klägerin vorträgt, aus den von ihr aufgezählten und oben in Randnr. 333 dargelegten Erwägungsgründen der angefochtenen Entscheidung jeweils hervorgeht, dass Arkema France der Kommission Beweismittel vorlegte, die einen erheblichen Mehrwert im Sinne von Randnr. 21 der Kronzeugenregelung von 2002 darstellen. 346    Was als Erstes die Rüge der Klägerin betrifft, ihr hätte eine Ermäßigung der Geldbuße nach der Kronzeugenregelung von 2002 gewährt werden müssen, da sie das erste Unternehmen gewesen sei, das die in den Erwägungsgründen 38, 46, 344, 355 und 589 der angefochtenen Entscheidung sowie in der entsprechenden Fn. 63 angeführten Informationen vorgelegt habe, ist festzustellen, dass der Kommission kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, als sie die Ansicht vertrat, dass diese Informationen keinen erheblichen Mehrwert hätten. 347    Erstens betreffen die Erwägungsgründe 38 und 46 der angefochtenen Entscheidung und die entsprechende Fn. 63 Informationen, die Arkema France im Hinblick auf ihre Produktionskapazitäten sowie die Umsätze und Marktanteile der auf dem Natriumchloratmarkt des EWR tätigen Unternehmen lieferte. Da diese Informationen jedoch nicht über die Verpflichtungen hinausgehen, die Arkema France nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 und im Sinne der oben in Randnr. 344 angeführten Rechtsprechung oblagen, stellen sie keinen erheblichen Mehrwert dar. 348    Zweitens ist zum 344. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorzuheben, dass die Kommission dort ein Argument anführte, das Aragonesas vorgetragen hatte, und feststellte: „Die von der Kommission vorgelegten Beweise stützten sich in erster Linie auf die Anträge von EKA, Finnish Chemicals und [Arkema France] auf [Kronzeugenbehandlung nach der Kronzeugenregelung von 2002].“ Da sich die Kommission in dem genannten Erwägungsgrund darauf beschränkte, ein Argument zu wiederholen, das Aragonesas vorgetragen hatte, kann dieses Argument nicht so verstanden werden, dass die Kommission damit anerkannte, dass Arkema France der Kommission Informationen von erheblichem Mehrwert geliefert hatte, und es kann auch nicht als Nachweis dafür angesehen werden, dass der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlief, als sie einen erheblichen Mehrwert der von Arkema France gelieferten Informationen ausschloss. 349    Drittens stellt die Kommission im 355. Erwägungsgrund im Wesentlichen fest: „Erklärungen, die den Interessen des Erklärenden zuwiderlaufen, sind grundsätzlich als besonders verlässliche Beweise anzusehen.“ Eine solche allgemeine Beurteilung der Kommission lässt nicht darauf schließen, dass die Informationen, die Arkema France in der vorliegenden Rechtssache vorlegte, die Aufgabe der Kommission erheblich erleichterten, indem sie ihr die Feststellung des Sachverhalts der Zuwiderhandlung ermöglichten, und folglich einen erheblichen Mehrwert hatten. 350    Viertens hebt die Kommission im 589. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervor: „Bei der Beurteilung des Mehrwerts der von Finnish Chemicals vorgelegten Beweismittel ist zu bedenken, dass die Kommission zu dem Zeitpunkt, als Finnish Chemicals an sie herantrat, bereits im Besitz von Beweismitteln von EKA, Finnish Chemicals (aus der Antwort auf das Auskunftsverlangen vom 10. September 2004, die nicht über das Auskunftsverlangen hinausgingen) und [Arkema France] war.“ Auch wenn der Wortlaut dieses Erwägungsgrundes dahin gehend ausgelegt werden könnte, dass die Kommission der Ansicht war, Arkema France habe „Beweismittel“ geliefert, kommt in der vorliegenden Rechtssache eine solche Auslegung unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem die Kommission diese Beurteilung vornahm, und der Feststellungen, die sie darüber hinaus in der angefochtenen Entscheidung traf, nicht in Betracht. Da diese Beurteilung von der Kommission nämlich im Zusammenhang mit der Bemessung des Mehrwerts der von Finnish Chemicals beigebrachten Informationen vorgenommen wurde, soll sie hervorheben, dass die Kommission im Licht der Informationen, die bereits in den Akten enthalten sind, zu prüfen hat, ob den von Finnish Chemicals gelieferten Informationen ein erheblicher Mehrwert zukommt, und sie ist nicht auf die Feststellung gerichtet, dass Arkema France Informationen von erheblichem Mehrwert geliefert habe. Darüber hinaus stellt diese Beurteilung nicht die Feststellungen in Frage, die die Kommission in den Erwägungsgründen 561 bis 580 der angefochtenen Entscheidung traf und wonach alle Argumente der Klägerin und von Arkema France, die in der angefochtenen Entscheidung dargelegt worden seien und sich darauf richteten, dass Arkema France Informationen von erheblichem Mehrwert geliefert habe, zurückzuweisen seien. Schließlich ist jedenfalls die Beurteilung, die die Kommission im 589. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung vornahm, nicht als Nachweis geeignet, dass der Kommission angesichts der von Arkema France gelieferten Informationen ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, als sie der Ansicht war, dass diese Informationen keinen erheblichen Mehrwert hätten. 351    Was als Zweites die Erwägungsgründe 76, 254, 255, 259 und 273 der angefochtenen Entscheidung sowie die darauf bezogenen Fn. 116 und 337 betrifft, auf welche die Klägerin verweist, so ist festzustellen, dass der Kommission kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, als sie die Ansicht vertrat, diese Informationen hätten keinen erheblichen Mehrwert. 352    Was erstens den 76. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und die entsprechende Fn. 116 betrifft, beschreibt die Kommission dort die allgemeine Arbeitsweise des Kartells u. a. als „häufige Kontakte durch zwei- und mehrseitige Zusammenkünfte sowie durch Telefonate“. Darüber hinaus stellt sie fest: „Eine bestimmte Vorgehensweise war zwar nicht vereinbart, wurde aber eingehalten.“ Weiter führt die Kommission aus: „Nach Auskunft von [Arkema France] wurde in der Anfangszeit des Kartells eine Liste aller belieferten Kunden und der Liefermengen erstellt, die den beteiligten Natriumchlorat-Herstellern für die einzelnen Kunden jeweils zugestanden wurden. [Arkema France] hat der Kommission diese Liste jedoch nicht vorgelegt.“ Abgesehen davon, dass aus dem mündlichen Antrag von EKA auf Erlass der Geldbuße hervorgeht, dass EKA die Kommission bereits über die Art der Kontakte informiert hatte, die zwischen den fraglichen Unternehmen bestanden, hatte diese Information, die Arkema France durch keinerlei schriftliche Beweisstücke bestätigte, keinen erheblichen Mehrwert im Sinne der oben in Randnr. 343 angeführten Rechtsprechung. 353    Was zweitens den 254. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und die dazu gehörende Fn. 305 betrifft, stellt die Kommission dort fest, Arkema France habe erklärt, dass „[ihr Vertreter Herr L.] meine, sich an ein Treffen von Finnish Chemicals und [Arkema France] zu erinnern, in welchem man habe klären wollen, warum der für [den Kunden] MODO geltende Aufteilungsschlüssel nicht mehr eingehalten werde“ und dass „Finnish Chemicals bei diesem Treffen, von dem [Herr L.] glaube, dass es im ersten Quartal 1999 in Finnland stattgefunden habe, erklärt habe, sie sei infolge einer Vereinbarung zwischen ihrem Mutterunternehmen und MODO exklusive Lieferantin von [MODO] geworden, und somit die Absprache zwischen EKA, Finnish Chemicals und [Arkema France] in Bezug auf diesen Kunden verletzt habe“. Im 255. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission weiter aus, dass sie jedoch, „da der Vertrag zwischen MODO und Finnish Chemicals erst im September 1999 geschlossen wurde, der Ansicht ist, dass [Herr L.] die Zeitpunkte und Orte verwechselt hat und sich in Wirklichkeit auf die Besprechung vom 9. November 1999 in Kopenhagen bezieht“. Abgesehen davon, dass die mündlichen Angaben von Arkema France, wie sie selbst eingesteht, ungewiss („[ihr Vertreter Herr L.] meine, sich an ein Treffen von Finnish Chemicals und [Arkema France] zu erinnern“) und zudem ungenau sind, hat die Kommission jedenfalls im 255. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich festgestellt, dass diese Angaben fehlerhaft seien, was die Klägerin im Übrigen nicht bestreitet. Daher ist der Kommission kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie ausschloss, dass diese Informationen erheblichen Mehrwert haben könnten. 354    Drittens führt die Kommission im 259. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung die Reisekostenabrechnungen des Vertreters L. von Arkema France an, die den Zeitraum von Oktober bis Dezember 1999 abdecken und ihr von Arkema France zur Verfügung gestellt wurden. In diesem Erwägungsgrund wird auch darauf hingewiesen, dass diese Dokumente den Vermerk „15/12 EKA Roissy“ trügen und dass Arkema France daraus folgere, dass „sich dieser Vermerk auf ein Treffen mit Vertretern von EKA auf dem Flughafen Roissy-Charles de Gaulle in Paris am 15. Dezember 1999 beziehen könnte“. In dem genannten Erwägungsgrund hebt die Kommission hervor, dass EKA sich an ein solches Treffen nicht erinnere. Daher ist der Kommission kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie die Ansicht vertrat, dass diese Angaben, deren sich Arkema France nicht sicher ist und die nicht bestätigt wurden, keinen erheblichen Mehrwert hätten. Der Umstand, dass die Kommission, da nicht genügend Beweise für die Untermauerung dieser Angaben vorlagen, das Treffen, das auf dem Flughafen Roissy-Charles de Gaulle stattgefunden haben soll, in der Liste der mit dem Kartell verbundenen Treffen und Telefonate (vgl. Anhang 1 der angefochtenen Entscheidung) nicht berücksichtigte, bestätigt, dass die Angaben keinen erheblichen Mehrwert hatten. 355    Viertens stellt die Kommission im 273. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest, dass Arkema France ein Treffen zwischen EKA, Finnish Chemicals und Arkema France „im Frühjahr 2000“ anführt. In diesem Erwägungsgrund weist die Kommission jedoch außerdem darauf hin, dass weder EKA noch Finnish Chemicals die Durchführung eines solchen Treffens bestätigt hätten. Außerdem stellt die Kommission dort fest, dass aufgrund der von EKA bereitgestellten Informationen, wie sie im 283. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung dargelegt würden, davon auszugehen sei, dass es sich in Wirklichkeit um das Treffen handle, das am 9. Februar 2000 stattgefunden habe. Abgesehen davon, dass die Angaben von Arkema France ungenau sind, hat die Kommission somit festgestellt, ohne dass die Klägerin dies bestreitet, dass die Angaben nicht durch andere Umstände, die der Kommission als Nachweis dienen könnten, erhärtet worden seien. Daher ist der Kommission kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie ausschloss, dass diese Angaben erheblichen Mehrwert hätten. 356    Fünftens erläutert die Kommission in Fn. 337 der angefochtenen Entscheidung den Inhalt des 284. Erwägungsgrundes dieser Entscheidung, in der sie u. a. feststellte, dass „auch wenn einige Telefonanrufe und Sitzungen im Januar und Februar 2000 [unter Wettbewerbern] stattgefunden haben …, das übliche Niveau der Zusammenarbeit, zu dem im Wesentlichen Bemühungen um die Aufteilung von Liefermengen und die Festsetzung von Preisen gehörten, aufgrund des wechselseitigen Vertrauensverlustes und aus sonstigen, damit zusammenhängenden Gründen, die von den Wettbewerbern in ihren diversen Erklärungen angegeben worden sind, [im Jahr 2000] nicht wieder hergestellt worden [ist]“. In Fn. 337 der angefochtenen Entscheidung stellt die Kommission in Bezug auf den Zeitpunkt der Beendigung des Kartells klar, dass „EKA und [Arkema France] auf ihre internen [wettbewerbsrechtlichen Compliance‑]Programme, die 1999 und 2000 eingeführt wurden, [verweisen]“ und dass „Finnish Chemicals angibt, dass die Kontakte zu Wettbewerbern obsolet wurden, als der Vertrag mit [dem Kunden] MODO abgeschlossen war“. Hierzu hat die Kommission im 575. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass der Vertreter L. von Arkema France „sich damit begnügt hat, die Erklärung von EKA zur Verabschiedung von Compliance-Programmen zu bestätigen, ohne insoweit neue Beweisstücke beizubringen“. Außerdem weist die Kommission im 593. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und in der Fn. 540 darauf hin, dass „zu dem Zeitpunkt, als sie die Antwort auf das Auskunftsverlangen und den Antrag auf [Zusammenarbeit] von Finnish Chemicals erhielt, ihre Akte bereits Informationen von zwei unabhängigen Quellen [EKA und Arkema France] enthielt, aus denen sich ergab, dass die Zuwiderhandlung nicht vor dem Frühjahr 2000 geendet hatte“. Schließlich stellt die Kommission im 594. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und in Fn. 542 fest, dass sie „bereits aus dem Beitrag von EKA“ gefolgert habe, dass EKA sich im Frühjahr 2000 von dem Kartell distanziert habe. 357    Im Licht der Feststellungen, die die Kommission in den vorstehend in Randnr. 356 dargelegten Erwägungsgründen der angefochtenen Entscheidung traf, ergibt sich, dass die hierzu von Arkema France gelieferten Informationen an dem Tag, an dem sie diese der Kommission zur Verfügung stellte, nicht von erheblichem Mehrwert waren. Abgesehen davon, dass es der Angabe von Arkema France, das Kartell sei nach Einführung von Compliance-Programmen beendet worden, im Vergleich zu dem von der Kommission festgehaltenen genauen Zeitpunkt für die Beendigung der Zuwiderhandlung, nämlich der 9. Februar 2000 (Art. 1 Buchst. e der angefochtenen Entscheidung), an Genauigkeit fehlt, hat die Kommission aufgrund der Angaben von EKA, wie dem 290. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu entnehmen ist, nachweisen können, dass die Zuwiderhandlung mit der Sitzung des Berufsverbands CEFIC, die am 9. Februar 2000 stattgefunden hatte, beendet worden war. 358    Was als Drittes den 94. Erwägungsgrund und Fn. 196, den 98. Erwägungsgrund und Fn. 142, den 243. Erwägungsgrund und Fn. 293, den 251. Erwägungsgrund und Fn. 302, den 260. Erwägungsgrund und den 593. Erwägungsgrund und Fn. 540, den 594. Erwägungsgrund und Fn. 542 sowie die Fn.  118 und 259 der angefochtenen Entscheidung betrifft, verweisen sie entweder auf Informationen, die der angefochtenen Entscheidung zufolge an dem Tag, an dem Arkema France ihren Antrag auf Kronzeugenbehandlung nach der Kronzeugenregelung von 2002 einreichte, bereits im Besitz der Kommission waren, oder auf Informationen, die nicht hinreichend genau oder substantiiert sind, um der Kommission den Nachweis der Zuwiderhandlung zu ermöglichen, oder auf Informationen, welche die Kommission nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 selbst beschaffen konnte. 359    Erstens stellt die Kommission im 94. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und in der dazu gehörenden Fn. 136 fest, dass „Finnish Chemicals zufolge am 17. Mai [1995] ein Treffen im Hotel SAS Royal Kopenhagen stattfand, an dem [EKA, Finnish Chemicals und Arkema France] teilnahmen“. Die Kommission weist an dieser Stelle darauf hin, dass die Reisekostenabrechnungen des Vertreters D. von Arkema France seine Teilnahme an diesem Treffen bestätigen. Hierzu ist zum einen festzustellen, dass aus den Erwägungsgründen 95 und 96 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, dass die Kommission die Durchführung dieses Treffens nachwies, indem sie die von Finnish Chemicals beigebrachten Beweise berücksichtigte, was die Klägerin nicht bestreitet. Im 96. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung stellt die Kommission nämlich fest, dass die Aufzeichnungen, die der Vertreter S. von Finnish Chemicals während des Treffens vom 17. Mai 1995 angefertigt habe, „die Beteiligung von [Arkema France] am Kartell beweisen“. Zum anderen stellt jedenfalls die bloße Bereitstellung der Reisekostenabrechnungen des Vertreters von Arkema France, mit denen sich seine Teilnahme an dem fraglichen Treffen bestätigen ließ, eine Zusammenarbeit dar, die nicht über die Verpflichtungen hinausgeht, die Arkema France im Sinne der oben in Randnr. 344 angeführten Rechtsprechung nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 oblagen. Daher ist der Kommission kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie der Ansicht war, dass Arkema France in diesem Zusammenhang keine Informationen von erheblichem Mehrwert geliefert hätte. 360    Zweitens führt die Kommission im 98. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und der dazu gehörenden Fn. 142 an, dass „EKA auch berichtet, dass um 1995 mit Finnish Chemicals und [Arkema France] beschlossen wurde, ‚eine bedeutende Preiserhöhung vorzunehmen‘, die in Portugal wegen der Entwertung des Escudo erfolgreich gewesen ist“, und dass „die von EKA vorgelegten Beweismittel zeigen, dass das Unternehmen 1995 die Tarife für seine portugiesischen Kunden um 31 % und 44 % im Vergleich zu den 1993 angewandten Preisen erhöht hat“. Darüber hinaus stellt die Kommission fest, dass „[Arkema France] ebenfalls von einer erfolgreichen Preiserhöhung berichtet“. Dem Wortlaut der angefochtenen Entscheidung lässt sich somit entnehmen, dass diese Preiserhöhung 1995 aufgrund der von EKA übermittelten mündlichen Informationen und Dokumente nachgewiesen wurde, was die Klägerin auch nicht bestreitet. Daher kann, wie von der Kommission festgestellt, dieser mündlichen Information von Arkema France, selbst wenn sie die von EKA bestätigt, nach der oben in Randnr. 343 angeführten Rechtsprechung kein erheblicher Mehrwert beigemessen werden, weil Arkema France im Hinblick auf die von EKA gelieferten Informationen keine zusätzlichen Einzelheiten zu dieser Preiserhöhung zur Verfügung stellte. 361    Drittens hebt die Kommission im 243. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und der dazu gehörenden Fn. 293 hervor, dass „EKA und [Arkema France] in ihren Erklärungen angegeben haben, dass im Februar oder März 1999 ein Treffen ihrer Vertreter stattgefunden habe“, und dass „[Arkema France] bestätigt hat, dass Herr [W.] bei diesem Treffen EKA vertreten habe“. Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission die mündlichen Angaben von EKA ausdrücklich übernommen hat. Außerdem stellt die Kommission im 245. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest: „Selbst wenn nicht mit völliger Sicherheit nachgewiesen werden konnte, dass das Treffen stattgefunden hat, ist es nach Ansicht der Kommission wahrscheinlich, dass die Gespräche zwischen den Wettbewerbern so abliefen, wie es EKA beschrieben hat.“ Abgesehen davon, dass es der Kommission nur auf der Grundlage der Angaben von EKA möglich war, von dem Treffen und seiner Durchführung zu erfahren, ist die Kommission somit der Ansicht, ohne dass die Klägerin dies bestreitet, dass diese Angaben es nicht ermöglichen, den Sachverhalt der Zuwiderhandlung mit Sicherheit nachzuweisen. Daher ist der Kommission kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie ausschloss, dass die entsprechenden Angaben von Arkema France erheblichen Mehrwert hätten. 362    Viertens stellt die Kommission im 251. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und in der dazu gehörenden Fn. 302 fest, dass „Finnish Chemicals die Kommission über ein Treffen informiert hat, das am 9. November 1999 in Kopenhagen stattfand“ und an dem Vertreter von Arkema France und Finnish Chemicals teilgenommen hätten. Weiter führt die Kommission aus, dass Arkema France „bestätigt hat, dass dieses Treffen stattfand, und der Kommission die Reisekostenabrechnungen [ihres Vertreters L.] übermittelt hat, aus denen hervorgeht, das er am 9. November 1999 nach Kopenhagen reiste“. Zum einen stellt die bloße Bereitstellung der Reisekostenabrechnungen des Vertreters von Arkema France, mit denen sich seine Teilnahme an dem fraglichen Treffen bestätigen ließ, eine Zusammenarbeit dar, die nicht über die Verpflichtungen hinausgeht, die Arkema France im Sinne der oben in Randnr. 344 angeführten Rechtsprechung nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 oblagen. Zum anderen enthält der 252. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung eine wörtliche Wiedergabe der genauen Angaben von Finnish Chemicals, die den Inhalt der Gespräche während des Treffens beschreiben, während der 254. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung auf die ungenauen Erklärungen von Arkema France zu diesem Treffen Bezug nimmt. Schließlich geht aus diesen Erwägungsgründen hervor, dass die Angaben von Arkema France es nicht ermöglichten, den Inhalt der Akte der Kommission an dem Tag, an dem sie übermittelt wurden, zu bestätigen, sondern es waren die Angaben von Finnish Chemicals, die der Kommission den Nachweis des Sachverhalts ermöglichten. Daher ist der Kommission kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie der Ansicht war, dass Arkema France in diesem Zusammenhang keine Informationen von erheblichem Mehrwert geliefert hätte. 363    Fünftens stellt die Kommission im 260. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest, dass „Finnish Chemicals [über ihren Vertreter S.] erklärt hat, dass sich die Vertreter von [Arkema France] und Finnish Chemicals noch einmal am 21. Dezember 1999 … in Stockholm getroffen hätten“ und dass „dieses Treffen auch durch die von [Arkema France] übermittelten Reisekostenabrechnungen von L. bestätigt wird“. Abgesehen davon, dass die Kommission, wie aus dem 260. Erwägungsgrund hervorgeht, dieses Treffen nur anhand der Angaben von Finnish Chemicals nachwies, stellt die bloße Bereitstellung der Reisekostenabrechnungen des Vertreters von Arkema France, mit denen sich seine Teilnahme an dem fraglichen Treffen bestätigen ließ, eine Zusammenarbeit dar, die nicht über die Verpflichtungen hinausgeht, die Arkema France im Sinne der oben in Randnr. 344 angeführten Rechtsprechung nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 oblagen. 364    Sechstens stellt die Kommission in Fn. 118 der angefochtenen Entscheidung fest, dass „[Arkema France] den von EKA beschriebenen Marktaufteilungsmechanismus und die Ausgleichsregelung bestätigt hat“. Abgesehen davon, dass aus diesem Erwägungsgrund hervorgeht, dass die Kommission sich für den Nachweis der die Zuwiderhandlung begründenden Tatsachen auf die mündlichen Erklärungen von EKA stützte, was die Klägerin nicht bestreitet, kann der bloßen mündlichen und ungenauen Untermauerung dieser Information, wie aus der oben in Randnr. 343 angeführten Rechtsprechung hervorgeht, kein erheblicher Mehrwert beigemessen werden. 365    Siebtens erklärt die Kommission im 207. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und der dazu gehörenden Fn. 259, dass „festzuhalten ist, dass während der Erörterungen zwischen Finnish Chemicals und [Arkema France] über [den Kunden] MODO Herr [L., Vertreter von Arkema France] Herrn [B.] (den Vertreter von Quadrimex, des Importeurs von Finnish Chemicals in Frankreich) angerufen hat, um über die [Arkema France] entgangenen Liefermengen zu sprechen“, und dass „bei diesen Anrufen am 2. und 5. Oktober 1998 Herr [L.] die skandinavische Aggressivität beklagt und einen Ausgleich der Liefermenge für [Arkema France] verlangt hat“. Hierzu ergibt sich aus den in Fn. 257 der angefochtenen Entscheidung angeführten Dokumenten und aus Nr. 4.3.1.20 dieser Entscheidung mit der Überschrift „1998 – Konflikt in Verbindung mit dem Kunden MODO“ und den entsprechenden Erwägungsgründen 205 bis 216, dass die Kommission sich für die Ermittlung der genauen Natur der Fühlungnahmen zwischen den Wettbewerbern wegen der Belieferung des Kunden MODO, der Zeitpunkte dieser Kontakte und der aufgeteilten Liefermengen ausschließlich auf die genauen Angaben stützte, die Finnish Chemicals geliefert hatte. Daher ist der Kommission kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie ausschloss, dass Arkema France in diesem Zusammenhang Informationen von erheblichem Mehrwert geliefert haben könnte. 366    Was als Viertes die Erwägungsgründe 568, 569, 571 bis 573, 575 und 576 der angefochtenen Entscheidung betrifft, auf die sich die Klägerin beruft, so geht aus diesen Erwägungsgründen hervor, dass die Kommission über diese „aus zwei Quellen stammenden“ Informationen zu dem Zeitpunkt, als Arkema France sie bereitstellte, verfügte (568. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), dass diese „das Vorhandensein eines Aufteilungssystems allgemein bestätigt hat, jedoch keine schriftlichen Beweise geliefert hat, die aus dem Zeitraum stammen, auf den sich der Sachverhalt bezieht, und die es der Kommission erleichtert hätten, den fraglichen Sachverhalt nachzuweisen“ (569. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), dass die Angaben von Arkema France in Bezug auf ihre Kontakte zu ihren Wettbewerbern „rudimentär waren und ihr nicht ermöglichten, den fraglichen Sachverhalt nachzuweisen“ (571. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), dass die Angaben zu den Preiserhöhungen zwischen 1993 und 1995 „sehr allgemein“ die Informationen bestätigten, die der Kommission bereits vorlagen (572. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), dass die Informationen über die Belieferung des Kunden MODO „bereits durch die von EKA bereitgestellten Unterlagen bestätigt waren“ (573. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), dass Arkema France sich „darauf beschränkt hat, die Erklärung von EKA in Bezug auf die Auswirkung der verabschiedeten Compliance-Programme zu bestätigen, ohne hierzu neue Beweise beizubringen“ (575. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), und dass die Kommission der Ansicht war, „dass [Arkema France] zwar bestimmte Gesichtspunkte der Arbeitsweise des Kartells sehr allgemein bestätigen konnte, sie dies jedoch nicht in einer Art und Weise getan hat, die der Kommission den Nachweis der Zuwiderhandlung erleichtern konnte“ (579. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Somit wird in keinem dieser Erwägungsgründe festgestellt, dass die Angaben von Arkema France einen erheblichen Mehrwert hatten. 367    Nach alledem ist festzustellen, dass der Kommission kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, als sie Arkema France keine Ermäßigung der Geldbuße nach der Kronzeugenregelung von 2002 gewährte. Somit ist der erste Teil des zehnten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz –       Vorbringen der Parteien 368    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, indem sie Arkema France im Gegensatz zu Finnish Chemicals keinen „Kredit“ für die der Kommission bereitgestellten Informationen gewährt habe, obwohl die Kommission in den Erwägungsgründen 568, 569, 571, 572, 573, 575 und 576 der angefochtenen Entscheidung anerkannt habe, dass sie eine Bestätigung des Sachverhalts der Zuwiderhandlung zuließen. Diese unterschiedliche Behandlung habe dazu geführt, dass die gegen die Klägerin verhängten Geldbußen übermäßig hoch gewesen seien, obwohl die Klägerin mit Arkema France einen Anspruch auf eine Ermäßigung der Geldbuße in Höhe von 30 % bis 50 % im Verhältnis zu den Geldbußen, die gegen die fraglichen Unternehmen und insbesondere Finnish Chemicals verhängt worden seien, gehabt habe. 369    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 370    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, da sie Finnish Chemicals, nicht jedoch Arkema France eine Ermäßigung der Geldbuße nach der Kronzeugenregelung von 2002 gewährt habe. 371    Nach der oben in Randnr. 196 dargelegten Rechtsprechung verlangt der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, es sei denn, eine derartige Behandlung ist objektiv gerechtfertigt. 372    Da in der vorliegenden Rechtssache zum einen, wie bei der Prüfung des ersten Teils des zehnten Klagegrundes festgestellt worden ist (siehe oben, Randnr. 367), der Kommission kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, als sie der Ansicht war, dass die von Arkema France beigebrachten Beweise keinen erheblichen Mehrwert darstellten, und zum anderen die Klägerin in diesem Zusammenhang nicht die Beurteilung der Kommission bestreitet, wonach die Angaben von Finnish Chemicals dagegen von erheblichem Mehrwert gewesen seien, ist festzustellen, dass sich Arkema France und Finnish Chemicals im Hinblick auf die Gewährung einer Geldbußenermäßigung nach der Kornzeugenregelung von 2002 nicht in einer identischen Situation befanden. 373    Folglich hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die Kommission gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen hat, als sie Arkema France keine Ermäßigung der Geldbuße nach der Kronzeugenregelung von 2002 gewährte. 374    Daher sind der zweite Teil des zehnten Klagegrundes und somit der zehnte Klagegrund insgesamt sowie der erste Klageantrag der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen. 2.     Zum Hilfsantrag auf Abänderung der Höhe der Geldbußen Vorbringen der Parteien 375    Im Rahmen ihres elften Klagegrundes macht die Klägerin geltend, falls das Gericht die angefochtene Entscheidung nicht, soweit diese sie betreffe, für nichtig erkläre, seien die gegen sie verhängten Geldbußen für nichtig zu erklären oder herabzusetzen. 376    Erstens sei es ungerecht, der Klägerin die höchste aller gegen die von der angefochtenen Entscheidung betroffenen Unternehmen verhängten Geldbußen aufzuerlegen, obwohl Arkema France in deutlich geringerem Maße als EKA und Finnish Chemicals für die Zuwiderhandlung verantwortlich sei. Die beiden Hauptakteure des Kartells seien EKA und Finnish Chemicals gewesen, wie aus der Begründung der angefochtenen Entscheidung hervorgehe, und insbesondere die Verteilungskämpfe um die nordischen Märkte dieser beiden Wettbewerber hätten die anderen Beteiligten des Kartells − z. B. Arkema France − veranlasst, darauf zu reagieren und ihre Märkte in ihren Gebieten zu schützen. 377    Zweitens müsse das Gericht im Rahmen seines allgemeinen Wertungsspielraums zum einen berücksichtigen, dass Arkema France für die fragliche Zuwiderhandlung in geringerem Maße als EKA und Finnish Chemicals verantwortlich sei, und zum anderen den Faktoren Rechnung tragen, die die Klägerin im Rahmen der ersten und zweiten Rüge des achten Klagegrundes (siehe oben, Randnrn. 267 bis 273), des ersten und zweiten Teils des neunten Klagegrundes (siehe oben, Randnrn. 310 bis 312 und 320 bis 323) und im zehnten Klagegrund (siehe oben, Randnrn. 331 bis 333 und 368) dargelegt habe. 378    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Würdigung durch das Gericht 379    Hinsichtlich der Nachprüfung wettbewerbsrechtlicher Entscheidungen der Kommission durch den Unionsrichter ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit hinaus, die nur die Zurückweisung der Nichtigkeitsklage oder die Nichtigerklärung des angefochtenen Rechtsakts ermöglicht, die nach Art. 229 EG dem Gericht durch Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 erteilte Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung dieses ermächtigt, den angefochtenen Rechtsakt, auch ohne ihn für nichtig zu erklären, unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände abzuändern und z. B. die Höhe der Geldbuße anders festzusetzen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, Slg. 2009, I‑7415, Randnr. 86 und die dort angeführte Rechtsprechung). 380    Erstens ist dem Antrag, die Höhe der gegen die Klägerin und Arkema France als Gesamtschuldnerinnen verhängten Geldbuße abzuändern, da er dem Umstand, dass Arkema France im Verhältnis zu EKA und Finnish Chemicals in geringerem Umfang an dem Kartell beteiligt gewesen sei, nicht genügend Rechnung trage, nach Auffassung des Gerichts nicht stattzugeben, da, wie oben in Randnr. 328 dargelegt, die Klägerin keine Argumente oder Beweise vorgebracht hat, aus denen hervorgeht, dass Arkema France bei dem Kartell eine unbedeutende Rolle spielte, die eine Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße rechtfertigt. 381    Was zweitens den Antrag auf Abänderung der gegen Arkema France und die Klägerin als Gesamtschuldnerinnen verhängten Geldbuße sowie der gegen die Klägerin verhängten individuellen Geldbuße unter Berücksichtigung des Vorbringens zur ersten und zur zweiten Rüge des achten Klagegrundes, zum ersten und zum zweiten Teil des neunten und zum zehnten Klagegrund betrifft, ist das Gericht nach alledem und mangels neuer Argumente der Klägerin der Ansicht, dass eine solche Herabsetzung nicht gerechtfertigt ist. 382    Daher ist der zweite Klageantrag der Klägerin zurückzuweisen und die Klage insgesamt abzuweisen. Kosten 383    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Die Klage wird abgewiesen. 2.      Die Elf Aquitaine SA trägt die Kosten. Pelikánová Jürimäe Soldevila Fragoso Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. Mai 2011. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung 1.  Zum Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Bestimmungen über die Zurechnung einer Zuwiderhandlung innerhalb von Unternehmensgruppen Zum ersten Teil: rechtsfehlerhafte Zurechnung der fraglichen Zuwiderhandlung an die Klägerin –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Teil: Verstoß gegen die Grundsätze der rechtlichen und wirtschaftlichen Selbständigkeit von Unternehmen –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum dritten Teil: Fehler gestützt auf das Vorbringen, durch die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigten Indizien werde die Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses nicht bestätigt –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum vierten Teil: fehlerhafte Feststellung der Kommission, die Klägerin habe kein Bündel von Indizien zur Widerlegung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses vorgelegt –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum fünften Teil: Umwandlung der Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses in eine unwiderlegbare Vermutung –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen sechs fundamentale Grundsätze durch Zurechnung der fraglichen Zuwiderhandlung an die Klägerin Zum ersten Teil: Verstoß gegen die Verteidigungsrechte der Klägerin –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Waffengleichheit –  Vorbringen der Parteien – Würdigung durch das Gericht Zum dritten Teil: Verstoß gegen die Unschuldsvermutung –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum vierten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Tatverantwortung und der individuellen Zumessung von Strafen –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum fünften Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit von Strafen –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum sechsten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum dritten Klagegrund: Verfälschung des von der Klägerin vorgelegten Indizienbündels Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum vierten Klagegrund: widersprüchliche Begründung der angefochtenen Entscheidung Zum ersten Teil: widersprüchliche Begründung im Hinblick auf die Anwendung des Unternehmensbegriffs im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Teil: widersprüchliche Begründung der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Kenntnis der Klägerin von der fraglichen Zuwiderhandlung –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum dritten Teil: widersprüchliche Begründung in Bezug auf die Kontrolle, die eine Muttergesellschaft über ihre Tochtergesellschaft ausüben muss, damit ihr eine Zuwiderhandlung der Tochtergesellschaft zugerechnet werden kann –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum sechsten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum siebten Klagegrund: Ermessensmissbrauch Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum achten Klagegrund: Unbegründetheit der Festsetzung einer individuellen Geldbuße gegen die Klägerin Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum neunten Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze und Bestimmungen über die Berechnung der gegen Arkema France und die Klägerin als Gesamtschuldnerinnen verhängten Geldbuße Zum ersten Teil: fehlerhafte Berechnung der Höhe der gegen Arkema France und die Klägerin als Gesamtschuldnerinnen verhängten Geldbuße –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung durch die gegen Arkema France und die Klägerin als Gesamtschuldnerinnen verhängte Geldbuße –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum zehnten Klagegrund: Verstoß gegen die Bestimmungen der Kronzeugenregelung von 2002 Zum ersten Teil: Ablehnung einer Herabsetzung der Geldbuße nach der Kronzeugenregelung von 2002 –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht 2.  Zum Hilfsantrag auf Abänderung der Höhe der Geldbußen Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Kosten * Verfahrenssprache: Französisch.
Urteil des Gerichts (Siebte Kammer) vom 23. Juli 2025.#UBS Group AG, venant aux droits de Credit Suisse Group AG u. a. gegen Europäische Kommission.#Rechtssache T-84/22.
62022TJ0084
ECLI:EU:T:2025:752
2025-07-23T00:00:00
Gericht
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Urteil des Gerichts (Fünfte erweiterte Kammer) vom 6. November 2024.#Crédit agricole SA u. a. gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Sektor der auf US-Dollar lautenden supranationalen, staatlichen und halbstaatliche Anleihen – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens festgestellt wird – Abstimmung der Preise und des Handels mit Anleihen – Austausch sensibler Geschäftsinformationen – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Bezweckte Wettbewerbsbeschränkung – Berechnung der Geldbuße – Grundbetrag – Hilfswert für den Umsatz – Nichtigkeitsklage – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung.#Rechtssachen T-386/21 und T-406/21.
62021TJ0386
ECLI:EU:T:2024:776
2024-11-06T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
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Beschluss des Vizepräsidenten des Gerichts vom 28. Februar 2023.#Telefónica de España, SA gegen Europäische Kommission.#Vorläufiger Rechtsschutz – Öffentliche Dienstleistungsaufträge – Transeuropäische Telematikdienste zwischen Behörden (TESTA) – Antrag auf einstweilige Anordnung – Kein fumus boni iuris.#Rechtssache T-170/22 R-RENV.
62022TO0170(05)
ECLI:EU:T:2023:89
2023-02-28T00:00:00
Gericht
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Urteil des Gerichts (Siebte erweiterte Kammer) vom 12. Oktober 2022 (Auszüge).#Sandra Paesen gegen Europäischer Auswärtiger Dienst.#Öffentlicher Dienst – Beamter – In einem Drittstaat verwendete Bedienstete des EAD – Delegationsleiter – Probezeit für Führungskräfte – Abschließender Probezeitbericht für Führungskräfte – Nicht beschwerende Maßnahme – Unzulässigkeit – Umsetzung auf eine Stelle ohne Führungsaufgaben am Sitz des EAD – Begründungspflicht – Anspruch auf rechtliches Gehör – Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 11 des Beschlusses K(2008) 5028/2 der Kommission vom 9. September 2008 betreffend die mittlere Führungsebene – Nichtaufnahme von Unterlagen in die Personalakte – Dienstliches Interesse – Befugnismissbrauch – Antrag auf Beistand – Entscheidung, mit der der Antrag zurückgewiesen wird – Haftung.#Rechtssache T-88/21.
62021TJ0088
ECLI:EU:T:2022:631
2022-10-12T00:00:00
Gericht
62021TJ0088 URTEIL DES GERICHTS (Siebte erweiterte Kammer) 12. Oktober 2022 (*1) „Öffentlicher Dienst – Beamter – In einem Drittland verwendeter Bedienstete des EAD – Delegationsleiter – Probezeit für Führungskräfte – Abschließender Probezeitbericht für Führungskräfte – Nicht beschwerende Maßnahme – Unzulässigkeit – Umsetzung auf eine Stelle ohne Führungsaufgaben am Sitz des EAD – Begründungspflicht – Anspruch auf rechtliches Gehör – Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 11 des Beschlusses K(2008) 5028/2 der Kommission vom 9. September 2008 betreffend die mittlere Führungsebene – Nichtaufnahme von Unterlagen in die Personalakte – Dienstliches Interesse – Befugnismissbrauch – Antrag auf Beistand – Entscheidung, mit der der Antrag zurückgewiesen wird – Haftung“ In der Rechtssache T‑88/21, Sandra Paesen, wohnhaft in Beersel (Belgien), vertreten durch Rechtsanwältin M. Casado García-Hirschfeld, Klägerin, gegen Europäischer Auswärtiger Dienst (EAD), vertreten durch S. Marquardt und R. Spáč als Bevollmächtigte, Beklagter, erlässt DAS GERICHT (Siebte erweiterte Kammer) zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten R. da Silva Passos, des Richters V. Valančius, der Richterin I. Reine sowie der Richter L. Truchot und M. Sampol Pucurull (Berichterstatter), Kanzler: L. Ramette, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens, auf die mündliche Verhandlung vom 7. April 2022 folgendes Urteil (1 ) 1 Mit ihrer auf Art. 270 AEUV gestützten Klage beantragt die Klägerin, Frau Sandra Paesen, zum einen die Aufhebung erstens des sie betreffenden abschließenden Probezeitberichts für Führungskräfte (im Folgenden: abschließender Probezeitbericht), zweitens der Entscheidung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) vom 10. April 2020 über ihre Umsetzung auf eine Stelle ohne Führungsaufgaben (im Folgenden: erste angefochtene Entscheidung) und drittens der Entscheidung des EAD vom 12. Mai 2020, mit der ihr Antrag auf Beistand abgelehnt wurde (im Folgenden: zweite angefochtene Entscheidung), und zum anderen den Ersatz der finanziellen und immateriellen Schäden, den die Klägerin erlitten habe. Vorgeschichte des Rechtsstreits 2 Die Klägerin ist Beamtin der Europäischen Union. Sie trat 2004 in den Dienst des Rates der Europäischen Union ein und wurde 2011 in den EAD versetzt. 3 Mit Beschluss des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (im Folgenden: Hoher Vertreter) vom 17. Juli 2018 wurde die Klägerin mit Wirkung vom 1. September 2018 zur Delegationsleiterin der Union bei der Republik Malawi (im Folgenden: Delegation in Malawi) ernannt. 4 Am selben Tag wurde die Klägerin gemäß dem Beschluss der Kommission K(2008) 5028/2 vom 9. September 2008 betreffend die mittlere Führungsebene (im Folgenden: Beschluss 5028/2), der durch die Entscheidung PROC EEAS(2011) 002 des Generaldirektors Verwaltung des EAD vom 29. November 2011 auf den EAD anwendbar wurde, einer Probezeit von neun Monaten unterstellt. 5 Am 18. März 2019 wurde die Probezeit in Anbetracht des Probezeitzwischenberichts, in dem die Aufsichts- und Führungsfähigkeiten der Klägerin für unzureichend erachtet wurden, ab dem 1. Juni 2019 um sechs Monate verlängert. 6 Vom 16. bis zum 25. September 2019 führte der Inspektionsdienst des EAD einen Ad-hoc‑Inspektionsbesuch in der Delegation durch. 7 Am 14. Oktober 2019 wurde der vom Inspektionsbesuch erstellte Entwurf des Inspektionsberichts (im Folgenden: Entwurf des Inspektionsberichts) der Klägerin zu etwaigen Stellungnahmen übermittelt. Dieser Entwurf enthielt zwölf Empfehlungen betreffend die Führung der Delegation, von denen sechs an die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Delegationsleiterin gerichtet waren. 8 Am 27. November 2019 übersandte die Generalsekretärin des EAD der Klägerin den abschließenden Probezeitbericht, in dem die Aufsichts- und Führungsfähigkeiten der Klägerin für unzureichend erachtet wurden. 9 Im Übrigen teilte die Generalsekretärin des EAD der Klägerin auch mit, dass der Hohe Vertreter zum einen der Ansicht sei, dass die Leistungen der Klägerin in dieser Probezeit nicht zufriedenstellend gewesen seien, und zum anderen, dass sie beabsichtige, die Klägerin auf eine Stelle ohne Führungsaufgaben am Sitz des EAD umzusetzen. 10 Am 29. November 2019 übermittelte die Klägerin der Generalsekretärin des EAD ihre Anmerkungen zum Entwurf des Inspektionsberichts. 11 Am 12. Dezember 2019 übermittelte die Klägerin der Generalsekretärin des EAD ihre Stellungnahme zum abschließenden Probezeitbericht. 12 Am 18. Dezember 2019 wiederholte die Klägerin gegenüber der Generalsekretärin des EAD ihre Stellungnahmen zum abschließenden Probezeitbericht und zu den Bedingungen, unter denen sie die Probezeit für Führungskräfte abgeleistet habe, und beantragte Zugang zu den Dokumenten, auf denen dieser Bericht beruhe. 13 Am 19. Dezember 2019 übermittelte der für Afrika zuständige Generaldirektor (im Folgenden: Generaldirektor Afrika) dem Inspektionsdienst des EAD eine Stellungnahme zum Entwurf des Inspektionsberichts. 14 Am 11. Januar 2020 ersuchte die Klägerin den Hohen Vertreter um Bestätigung in ihrer Funktion als Delegationsleiterin in Malawi. 15 Am 17. Januar 2020 richtete die Klägerin an die Direktorin der Personalabteilung des EAD einen auf Art. 24 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) gestützten Antrag auf Beistand (im Folgenden: Antrag auf Beistand), mit dem Ziel, die Einleitung einer Verwaltungsuntersuchung mit der Begründung zu erreichen, dass sie Opfer von Mobbing seitens ihrer Vorgesetzten, insbesondere des Generaldirektors Afrika und der Leiterin der Abteilung für Südliches Afrika und Indischer Ozean (im Folgenden: Leiterin der Abteilung Afrika 2) gewesen sei. 16 Am 29. Januar 2020 wurde der Klägerin die abschließende Fassung des Berichts über den Ad-hoc‑Inspektionsbesuch (im Folgenden: abschließender Inspektionsbericht) übermittelt. 17 Am 22. März 2020 wurde der Klägerin die Genehmigung erteilt, ihren Dienstort zu verlassen und aus medizinischen und familiären Gründen nach Belgien zurückzukehren. Vom selben Tag an befand sie sich nacheinander bis zum 1. September 2020 im Krankheitsurlaub und im Jahresurlaub. 18 Am 30. März 2020 übermittelte die Klägerin der Personaldirektion des EAD zusätzliche Informationen, um den Antrag auf Beistand zu ergänzen. 19 Mit Schreiben vom 10. April 2020 erließ der Hohe Vertreter die erste angefochtene Entscheidung, mit der er die Klägerin ab dem 1. Mai 2020 auf eine Stelle ohne Führungsaufgaben umsetzte. 20 Mit Entscheidung vom 30. April 2020 wurde die Klägerin mit Wirkung vom 1. Mai 2020 der Direktion Wirtschaft und globale Angelegenheiten des EAD zugewiesen. 21 Am 12. Mai 2020 erließ die Personaldirektorin des EAD die zweite angefochtene Entscheidung, mit der sie den Antrag auf Beistand ablehnte. 22 Am 10. Juli 2020 legte die Klägerin zum einen eine Beschwerde nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts gegen den abschließenden Probezeitbericht und die vorgenannten Entscheidungen vom 10. April, 30. April und 12. Mai 2020 ein und verlangte zum anderen den Ersatz des ihr entstandenen immateriellen Schadens in Höhe von 60000 Euro sowie die Erstattung ihrer Anwaltskosten und ‑honorare. 23 Am 4. November 2020 wies die Anstellungsbehörde die Beschwerde zurück (im Folgenden: Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde). Anträge der Parteien 24 Die Klägerin beantragt, – die angefochtenen Entscheidungen sowie, hilfsweise, den abschließenden Probezeitbericht und, soweit erforderlich, die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde aufzuheben; – den EAD zum Ersatz des erlittenen finanziellen und immateriellen Schadens zu verurteilen; – die Anlagen D.2, D.3 und D.4 zur Gegenerwiderung „aus dem Verfahren zurückzuziehen“; – dem EAD die Kosten aufzuerlegen. 25 Der EAD beantragt, – die Klage als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet abzuweisen; – der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung [nicht wiedergegeben] Zum Antrag auf Aufhebung des abschließenden Probezeitberichts 38 Die Zulässigkeit der Klage ist ein Gesichtspunkt zwingenden Rechts, den das Gericht von Amts wegen prüfen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. März 2020, Credito Fondiario/SRB, C‑69/19 P, EU:C:2020:178, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). 39 In diesem Zusammenhang ist das Vorliegen einer beschwerenden Maßnahme im Sinne von Art. 90 Abs. 2 und Art. 91 Abs. 1 des Statuts eine unverzichtbare Voraussetzung für die Zulässigkeit jeder Klage eines Beamten gegen das Organ, dem er angehört. Nach ständiger Rechtsprechung sind nur Maßnahmen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, die geeignet sind, die Interessen des Klägers durch einen erheblichen Eingriff in seine Rechtsstellung unmittelbar und sofort zu beeinträchtigen, Handlungen, gegen die die Aufhebungsklage gegeben ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Dezember 2017, Martinez De Prins u. a./EAD, T‑575/16, EU:T:2017:911, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung). 40 Außerdem ist nach ständiger Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Aufhebungsklagen für die Qualifizierung angefochtener Handlungen auf deren Wesen sowie auf die Absicht der Handelnden abzustellen. Anfechtbare Handlungen sind insoweit grundsätzlich Maßnahmen, die den Standpunkt eines Organs, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union beim Abschluss eines Verwaltungsverfahrens endgültig festlegen und verbindliche Rechtswirkungen erzeugen sollen, die die Interessen des Klägers berühren, was u. a. Zwischenmaßnahmen, die der Vorbereitung der endgültigen Entscheidung dienen und keine solche Wirkung haben, sowie Maßnahmen, durch die lediglich ein früherer, nicht fristgerecht angefochtener Rechtsakt bestätigt wird, ausschließt (vgl. Urteil vom 25. Juni 2020, SATCEN/KF, C‑14/19 P, EU:C:2020:492, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung). 41 Im vorliegenden Fall ist erstens der abschließende Probezeitbericht, dessen Aufhebung die Klägerin begehrt, durch den Beschluss 5028/2 geregelt (siehe oben, Rn. 4). 42 Nach Art. 11 des Beschlusses 5028/2 gilt für Personen, die erstmals mit mittleren Führungsaufgaben betraut werden, eine Probezeit von neun Monaten. Nach fünf Monaten wird ein Zwischenbericht über die Probezeit und einen Monat vor Ablauf der Probezeit ein abschließender Probezeitbericht erstellt. Diese Probezeit kann unter außergewöhnlichen Umständen um höchstens sechs Monate verlängert werden, nach deren Ablauf eine letzte Beurteilung erstellt wird. 43 Außerdem muss die Anstellungsbehörde nach Art. 11 Abs. 4 Unterabs. 3 des Beschlusses 5028/2, wenn die Probezeit nach ihrem Ablauf (d. h. nach höchstens 15 Monaten) fruchtlos ist, weil eine der zu bewertenden Kompetenzen für unzureichend erachtet wird, die Umsetzung des betreffenden Bediensteten auf eine Stelle ohne Führungsaufgaben vorschlagen. 44 So ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 11 Abs. 4 Unterabs. 3 des Beschlusses 5028/2, wie der EAD in seiner schriftlichen Antwort auf die prozessleitenden Maßnahmen einräumt, dass ein abschließender Probezeitbericht, in dem zumindest eine unzureichende Führungsfähigkeit erwähnt wird, nicht dazu führt, dass die Anstellungsbehörde, die diesen Bericht erstellt, eine Entscheidung über die Umsetzung des betreffenden Beamten auf eine Stelle ohne Führungsaufgaben trifft, sondern nur dazu, dass sie dem Hohen Vertreter als für die Umsetzung des betreffenden Beamten zuständige Anstellungsbehörde – gegebenenfalls nach Verlängerung der Probezeit für Führungskräfte – einen Vorschlag unterbreitet. 45 Zweitens ist entschieden worden, dass der Zweck der Probezeit nach Art. 44 Abs. 2 des Statuts in seiner bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung dem Zweck der Probezeit, die für die Bediensteten auf Zeit nach Art. 14 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Union in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung galt, hinreichend ähnlich war, so dass es möglich ist, sich an der entsprechenden Rechtsprechung zu orientieren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Mai 2016, FS/EWSA, F‑50/15, EU:F:2016:119, Rn. 97). 46 Eine solche Ähnlichkeit besteht auch in Bezug auf die Probezeit, die neuen Delegationsleitern des EAD gemäß Beschluss 5028/2 auferlegt wird. Ein Bericht wie der abschließende Probezeitbericht kann nicht mit den jährlichen Beurteilungen verglichen werden, die während der gesamten Laufbahn eines Beamten erstellt werden und die ihrerseits beschwerende Handlungen darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Juni 2020, XH/Kommission, T‑511/18, EU:T:2020:291, Rn. 133 und die dort angeführte Rechtsprechung). 47 Probezeitberichte, deren Zweck darin besteht, die Entscheidung der Verwaltung über die Ernennung des Betroffenen zum Beamten auf Lebenszeit am Ende seiner Probezeit oder über seine Entlassung vorzubereiten, sollen eine punktuelle Entscheidung der Verwaltung lediglich vorbereiten und hängen eng mit dieser Entscheidung zusammen, und stellen folglich keine beschwerenden Handlungen dar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Juni 2020, XH/Kommission, T‑511/18, EU:T:2020:291, Rn. 134). 48 Der abschließende Probezeitbericht dient somit, wenn er negativ ist, nur dazu, eine punktuelle Entscheidung der Verwaltung vorzubereiten, nämlich die Entscheidung über die Umsetzung auf eine andere Stelle ohne Führungsaufgaben, mit der dieser Bericht somit eng zusammenhängt. 49 Drittens trifft es zu, dass, wie der EAD hervorhebt, Art. 44 Abs. 2 des Statuts das in dieser Bestimmung vorgesehene Aufsteigen in den Dienstaltersstufen davon abhängig macht, dass die Leistungen von Beamten, die u. a. zum Referatsleiter ernannt werden, in den ersten neun Monaten nach ihrer Ernennung im Sinne von Art. 43 des Statuts zufriedenstellend waren. 50 Das in Art. 44 Abs. 2 des Statuts vorgesehene außerordentliche Aufsteigen in den Dienstaltersstufen gilt jedoch für Beamte, die zu Referatsleitern, Direktoren oder Generaldirektoren ernannt werden, und nicht für Bedienstete des EAD, die wie die Klägerin erstmals zu Delegationsleitern ernannt werden, deren Aufgaben in Art. 5 des Beschlusses 2010/427/EU vom 26. Juli 2010 über die Organisation und die Arbeitsweise des EAD (ABl. 2010, L 201, S. 30) definiert sind. 51 Folglich wirkt sich der Umstand, dass Art. 44 Abs. 2 des Statuts auf Art. 43 des Statuts Bezug nimmt, nicht auf den Charakter des abschließenden Probezeitberichts für Delegationsleiter des EAD als vorbereitende Handlung aus. 52 Viertens trifft es auch zu, dass Art. 11 Abs. 4 Unterabs. 2 des Beschlusses 5028/2 auf Art. 43 des Statuts verweist, indem er vorsieht, dass der abschließende Probezeitbericht der in dieser Bestimmung geregelten jährlichen Beurteilung beizufügen ist. 53 Allerdings kann ein in der Personalakte eines Beamten enthaltener Probezeitbericht für Führungsaufgaben nach der Entscheidung am Ende dieser Probezeit, für die er erstellt wurde und deren Vorbereitung er ausschließlich diente, grundsätzlich keinerlei Wirkung mehr entfalten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Juni 2020, XH/Kommission, T‑511/18, EU:T:2020:291, Rn. 136 und die dort angeführte Rechtsprechung). 54 Daher darf ein Zwischenbericht über die Probezeit oder ein abschließender Probezeitbericht, auch wenn dieser Bericht eine Reihe von Bemerkungen zu den Fähigkeiten des Beamten oder sonstigen Bediensteten enthält, grundsätzlich weder von einem Beförderungsausschuss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Juni 2020, XH/Kommission, T‑511/18, EU:T:2020:291, Rn. 137) noch, wie der EAD in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, vom Beratenden Ausschuss für Ernennungen, der durch den Beschluss PROC HR(2011) 005 des Hohen Vertreters vom 9. März 2011 vorgesehen ist, noch von der Anstellungsbehörde in einem neuen Verfahren zur Auswahl der Delegationsleiter berücksichtigt werden. 55 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es dem Kläger im Rahmen einer Klage gegen die am Ende des Verfahrens der Probezeit für Führungsaufgaben ergangene Entscheidung freisteht, die Rechtswidrigkeit der mit dieser Entscheidung eng verbundenen früheren Handlungen, insbesondere die Rechtswidrigkeit geltend zu machen, die sich seiner Ansicht nach auf den abschließenden Probezeitbericht auswirkt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Dezember 2015, Sesma Merino/HABM, T‑127/14 P, EU:T:2015:927, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung). 56 Nach alledem stellt zwar die erste angefochtene Entscheidung, mit der die Klägerin auf eine Stelle ohne Führungsaufgaben umgesetzt wurde, soweit sie die Position der Verwaltung endgültig festlegt und dadurch die Interessen der Klägerin unmittelbar und sofort berührt, eine die Klägerin beschwerende Maßnahme dar, doch gilt dies nicht für den abschließenden Probezeitbericht, bei dem es sich lediglich um eine vorbereitende Maßnahme für diese Entscheidung handelt. 57 Unter diesen Umständen ist der Antrag auf Aufhebung des abschließenden Probezeitberichts unzulässig und zurückzuweisen. Zum Antrag auf Aufhebung der ersten angefochtenen Entscheidung 58 Zur Stützung der vorliegenden Anträge macht die Klägerin im Wesentlichen sechs Klagegründe geltend, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen die Begründungspflicht und gegen Art. 25 des Statuts, zweitens eine Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung und des Anspruchs auf rechtliches Gehör, drittens einen Verstoß gegen Art. 11 des Beschlusses 5028/2 und den Beschluss ADMIN(2019) 31 des EAD vom 15. November 2019 über die Ausübung und die Weiterübertragung von Befugnissen, die der Anstellungsbehörde und der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde übertragen wurden (im Folgenden: ADMIN[2019] 31), sowie viertens eine Missachtung von Art. 26 des Statuts, fünftens einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 des Statuts und sechstens einen Befugnismissbrauch geltend macht. [nicht wiedergegeben] Zum zweiten Klagegrund: Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung und des Anspruchs auf rechtliches Gehör 71 Die Klägerin macht im Wesentlichen erstens einen Fehler bei der Anhörung des Beratenden Ausschusses für Ernennungen, zweitens eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und drittens eine Verletzung des Rechts auf eine gute Verwaltung geltend. [nicht wiedergegeben] – Zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes: Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör 79 Im Rahmen des vorliegenden Teils erhebt die Klägerin im Wesentlichen die folgenden vier Rügen. 80 Erstens macht die Klägerin geltend, sie habe in Beantwortung des Schreibens der Generalsekretärin des EAD vom 27. November 2019, mit dem ihr der abschließende Probezeitbericht übermittelt worden sei, Stellungnahmen abgegeben, die folgenlos geblieben seien. Sie trägt vor, sie sei nicht in der Lage gewesen, den Entscheidungsprozess der Anstellungsbehörde zu beeinflussen, wie die Umstände belegten, dass zum einen die erste angefochtene Entscheidung nicht auf die von ihr am 12. Dezember 2019 und am 30. Januar 2020 abgegebenen Stellungnahmen Bezug nehme und zum anderen aus dieser Entscheidung in keiner Weise hervorgehe, dass die Anstellungsbehörde ihr Ermessen im Hinblick auf die Stellungnahmen, die sie zu diesem Bericht abgegeben habe, tatsächlich ausgeübt habe. 81 Zweitens enthalte der abschließende Probezeitbericht subjektive Behauptungen, die nicht durch beweiskräftige Dokumente gestützt würden, so dass das Fehlen dieser Unterlagen sie zweifellos daran gehindert habe, erschöpfend zu allen Tatsachen und Dokumenten Stellung zu nehmen, auf die die erste angefochtene Entscheidung gestützt sei. 82 Drittens hätte sie gemäß dem Beschluss ADMIN(2019) 31 vom Hohen Vertreter angehört werden müssen. 83 Viertens macht die Klägerin geltend, sie habe keine Gelegenheit gehabt, den Inhalt des abschließenden Probezeitberichts mit ihren Vorgesetzten zu erörtern, bevor ihr dieser Bericht am 27. November 2019 von der Generalsekretärin des EAD übermittelt worden sei, was gegen die Bestimmungen des Statuts und die anwendbare interne Regelung verstoße. 84 Der EAD tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 85 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 41 Abs. 2 der Charta das Recht auf eine gute Verwaltung insbesondere das Recht jeder Person umfasst, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird. 86 Das Recht, gehört zu werden, garantiert somit jeder Person die Möglichkeit, im Verwaltungsverfahren sachdienlich und wirksam ihren Standpunkt vorzutragen, bevor ihr gegenüber eine für ihre Interessen möglicherweise nachteilige Entscheidung erlassen wird (vgl. Urteil vom 21. Oktober 2021, Parlament/UZ, C‑894/19 P, EU:C:2021:863, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung). 87 Eine Entscheidung über die Umsetzung eines Beamten in einen Drittstaat berührt insbesondere sein Dienstverhältnis, da sich dadurch der Ort und die Bedingungen der Ausübung sowie die Art der Tätigkeit ändern. Sie kann sich auch insofern auf die Laufbahn dieses Beamten auswirken, als sie seine beruflichen Zukunftsaussichten beeinflussen kann, denn bestimmte Tätigkeiten können aufgrund ihrer Natur bei gleicher Einstufung eher als andere zu einer Beförderung führen. Sie kann im Übrigen zu einer Verringerung seines Gehalts führen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Dezember 2007, Marcuccio/Kommission, C‑59//06 P, EU:C:2007:756, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung). 88 Daraus folgt, dass eine Entscheidung über die Umsetzung gegen den Willen des Beamten in einem Kontext wie dem vorliegenden, der durch Unzulänglichkeiten bei den Führungsaufgaben gekennzeichnet ist, die Anwendung des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte erfordert, der ein tragender Grundsatz des Unionsrechts ist, auch wenn eine Regelung für das betreffende Verfahren fehlt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Dezember 2007, Marcuccio/Kommission, C‑59//06 P, EU:C:2007:756, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). 89 Anhand dieser Grundsätze ist der Klagegrund einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu prüfen. 90 Im vorliegenden Fall steht erstens fest, dass die Generalsekretärin des EAD der Klägerin mit Schreiben vom 27. November 2019 den abschließenden Probezeitbericht übermittelt und sie darüber informiert hat, dass der Hohe Vertreter auf der Grundlage dieses Berichts beabsichtige, sie gemäß Art. 11 Abs. 4 des Beschlusses 5028/2 auf eine Stelle ohne Führungsaufgaben am Hauptsitz des EAD umzusetzen. 91 Darüber hinaus forderte die Generalsekretärin des EAD die Klägerin mit demselben Schreiben auf, sich innerhalb von 14 Tagen schriftlich zu äußern, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen werde. 92 Zweitens geht aus dem Verfahren neben den schriftlichen Stellungnahmen vom 12. Dezember 2019 und 11. Januar 2020, die die Klägerin an die Generalsekretärin des EAD bzw. den Hohen Vertreter gerichtet hat, hervor, dass die Klägerin am 17. Dezember 2019 ein Telefongespräch mit der Generalsekretärin geführt und am folgenden Tag weitere schriftliche Stellungnahmen an die Generalsekretärin gerichtet hat. 93 Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Klägerin die Möglichkeit hatte, ihren Standpunkt vor Erlass der ersten angefochtenen Entscheidung sachdienlich und wirksam vorzutragen und die Gesichtspunkte geltend zu machen, die ihrer Ansicht nach dafür sprachen, eine solche Entscheidung nicht zu treffen. Daher macht sie zu Unrecht geltend, dass ihr Recht, vor dem Erlass der ersten angefochtenen Entscheidung angehört zu werden, verletzt worden sei. 94 Das Vorbringen der Klägerin vor dem Gericht kann dieses Ergebnis nicht in Frage stellen. 95 Erstens kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass sie von der Anstellungsbehörde vor der Erstellung des abschließenden Probezeitberichts hätte angehört werden müssen. 96 Zum einen ist festzustellen, dass der Beschluss 5028/2 der Anstellungsbehörde in keiner Weise eine solche Verpflichtung auferlegt. 97 Zum anderen trifft es zu, dass in Rn. 75 des Urteils vom 16. September 2013, Wurster/EIGE (F‑20/12 und F‑43/12, EU:F:2013:129), in Bezug auf eine Beurteilung der Führungskompetenzen, die in den allgemeinen Durchführungsbestimmungen über die mittlere Führungsebene des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE) geregelt ist, entschieden wurde, dass jede Person, für die eine Beurteilung erstellt wird, die Auswirkungen auf ihre Laufbahn haben kann, auch ohne ausdrückliche Vorschrift die Möglichkeit haben muss, sich zu äußern, bevor die Beurteilung endgültig wird. 98 Diese Schlussfolgerung beruhte jedoch auf der Rechtsprechung zu den jährlichen Beurteilungen. Beurteilungen können sich auf die gesamte Laufbahn des Beamten auswirken und sind deshalb beschwerende Handlungen (siehe oben, Rn. 46), was beim abschließenden Probezeitbericht nicht der Fall ist (siehe oben, Rn. 56 und 57). 99 Dasselbe gilt für das Urteil vom 9. Oktober 2013, Wahlström/Frontex (F‑116/12, EU:F:2013:143), auf das sich die Klägerin zur Stützung ihres Vorbringens ebenfalls beruft. 100 Im Übrigen ergibt sich aus der oben in den Rn. 86 bis 88 angeführten Rechtsprechung, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör zwar jeder Person, an die eine sie beschwerende Maßnahme gerichtet ist, garantiert, dass sie vor Erlass dieses Rechtsakts angehört wird, dass dieses Recht ihr aber nicht in Bezug auf eine vorbereitende Handlung garantiert ist (vgl. Urteil vom 22. November 2018, Brahma/Gerichtshof der Europäischen Union, T‑603/16, EU:T:2018:820, Rn. 71 [nicht veröffentlicht] und die dort angeführte Rechtsprechung). 101 Somit war es im vorliegenden Fall ausreichend, dass die Klägerin vor Erlass der ersten angefochtenen Entscheidung angehört wurde, mit der ihre Umsetzung auf eine Stelle ohne Führungsaufgaben beschlossen wurde, ohne dass der Anstellungsbehörde vorgeworfen werden kann, sie vor der Erstellung des abschließenden Probezeitberichts, der eine diese Entscheidung vorbereitende Handlung darstellt, nicht angehört zu haben (siehe oben, Rn. 56). 102 Dieses Ergebnis wird durch den oben in den Rn. 45 und 46 angeführten Umstand bestätigt, dass der Zweck einer Probezeit wie derjenigen, die wie im vorliegenden Fall neuen Delegationsleitern auferlegt wird, dem Zweck, der die Probezeit rechtfertigt, die neuen Beamten auferlegt wird, so ähnlich ist, dass sich das Gericht an der einschlägigen Rechtsprechung orientieren kann. 103 Aus dieser Rechtsprechung zu Probezeitberichten, die entsprechend herangezogen werden kann, ergibt sich nämlich, dass die Wahrung der Verteidigungsrechte des entlassenen Beamten auf Probe voraussetzt, dass diesem im Verwaltungsverfahren, das zu der Entlassungsentscheidung geführt hat, Gelegenheit gegeben wurde, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der Tatsachen und Umstände, auf deren Grundlage die Anstellungsbehörde ihre Entscheidung erlassen hat, sachgerecht Stellung zu nehmen. Da die Gründe, auf denen diese Entscheidung beruht, auf den Beurteilungen beruhen, die in der Beurteilung dieses Beamten enthalten sind, ist der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet, wenn der Beamte sich zu diesen Beurteilungen geäußert hat und zu jedem Dokument Stellung nehmen konnte, das das Organ gegen ihn verwenden will (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juni 2019, Bonnafous/EACEA, T‑614/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:381, Rn. 79, 80 und 93 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). 104 Im vorliegenden Fall beruhen, wie oben in Rn. 63 ausgeführt, die Gründe, auf denen die erste angefochtene Entscheidung beruht, auf den Beurteilungen im abschließenden Probezeitbericht für die Klägerin, und es steht fest, dass sich die Klägerin zu diesen Beurteilungen geäußert hat. 105 Unter diesen Umständen wurde der Klägerin im Verwaltungsverfahren, das zur ersten angefochtenen Entscheidung führte, Gelegenheit gegeben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der Tatsachen und Umstände, auf deren Grundlage die Anstellungsbehörde ihre Entscheidung erließ, sachgerecht Stellung zu nehmen. 106 Zweitens kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, sie sei nicht in der Lage gewesen, zu Dokumenten Stellung zu nehmen, die ihres Erachtens erforderlich sind, um die im abschließenden Probezeitbericht enthaltenen subjektiven Bewertungen zu untermauern, obwohl die Existenz solcher Dokumente nicht nachgewiesen ist und sich nicht aus den Akten ergibt. 107 Drittens kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass sie ein Gespräch mit dem Hohen Vertreter hätte führen müssen, da nach ständiger Rechtsprechung der Austausch, durch den der betroffene Beamte in die Lage versetzt werden muss, zu dem für seine Interessen nachteiligen Entscheidungsentwurf Stellung zu nehmen, mündlich oder schriftlich erfolgen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Dezember 2007, Marcuccio/Kommission, C‑59/06 P, EU:C:2007:756, Rn. 47, und vom 6. April 2022, FC/AUEA, T‑634/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:222, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung). 108 Außerdem sah der Beschluss ADMIN(2019) 31, der seit dem 16. November 2019 galt, zwar vor, dass der Hohe Vertreter die zuständige Behörde für den Erlass der Entscheidungen über die Umsetzung von Delegationsleitern im dienstlichen Interesse war, doch geht aus dem Wortlaut dieser Entscheidung nicht hervor, dass sie den EAD verpflichtete, unter Umständen wie denen des vorliegenden Falles ein Gespräch zwischen dem Hohen Vertreter und einem Delegationsleiter zu organisieren. 109 Viertens kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass ihre schriftlichen Stellungnahmen keine Auswirkungen gehabt hätten, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, den Entscheidungsprozess der Anstellungsbehörde zu beeinflussen, und dass aus der ersten angefochtenen Entscheidung nicht hervorgehe, dass die Anstellungsbehörde ihr Ermessen im Hinblick auf die von ihr eingereichten schriftlichen Stellungnahmen tatsächlich ausgeübt habe. 110 Die Achtung der Verteidigungsrechte und des Anspruchs auf rechtliches Gehör verlangen zwar, dass die Unionsorgane der von einer beschwerenden Maßnahme betroffenen Person Gelegenheit geben, ihren Standpunkt sachgerecht zu vertreten, verpflichten sie aber nicht dazu, diesen Standpunkt zu übernehmen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Juli 2017, Arbuzov/Rat, T‑221/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:478, Rn. 84, und vom 27. September 2018, Ezz u. a./Rat, T‑288/15, EU:T:2018:619, Rn. 330). 111 Darüber hinaus nimmt die erste angefochtene Entscheidung ausdrücklich Bezug auf die von der Klägerin in ihrem Schreiben vom 12. Dezember 2019 abgegebene Stellungnahme. Zwar erwähnt diese Entscheidung auch Stellungnahmen der Klägerin vom 1. Januar 2020, doch geht, wie der EAD ausführt, aus dem Verfahren hervor, dass es sich um einen Schreibfehler handelt und dass der Hohe Vertreter auf die Stellungnahme der Klägerin vom 11. Januar 2020 Bezug nehmen wollte. 112 Schließlich kann die Klägerin dem Hohen Vertreter nicht mit Erfolg vorwerfen, in der ersten angefochtenen Entscheidung nicht auf die Stellungnahme vom 30. Januar 2020 Bezug genommen zu haben, die sie an dessen Kabinettschef in Beantwortung des oben in Rn. 13 erwähnten Schreibens des Generaldirektors Afrika vom 19. Dezember 2019 gerichtet hatte. Diese Stellungnahmen standen nämlich zumindest in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Verfahren, das der EAD einleitete, um den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör vor Erlass der ersten angefochtenen Entscheidung zu gewährleisten. 113 Folglich ist der vorliegende Teil des Klagegrundes unbegründet und zurückzuweisen. [nicht wiedergegeben] Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 11 des Beschlusses 5028/2 und die Entscheidung ADMIN(2019) 31 129 Zur Stützung dieses Klagegrundes macht die Klägerin im Wesentlichen fünf Rügen geltend: erstens die Rechtswidrigkeit des Probezeitzwischenberichts, zweitens dass die Bedingungen, unter denen die Probezeit abgelaufen sei, ungewöhnlich gewesen seien, drittens das Fehlen von Zielvorgaben und Indikatoren während der Probezeit für Führungskräfte, viertens die Rechtswidrigkeit des abschließenden Probezeitberichts und fünftens den Umstand, dass die erste angefochtene Entscheidung in die Zuständigkeit des Hohen Vertreters falle. 130 Der EAD tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. [nicht wiedergegeben] – Zur dritten Rüge des dritten Klagegrundes: Fehlen von Zielvorgaben und Indikatoren während der Probezeit 157 Die Klägerin beschwert sich über das Fehlen einer regelmäßigen Überprüfung durch ihre Vorgesetzten und die Personalabteilung, insbesondere über das Fehlen der Festlegung von Zielen und eines Aktionsprogramms, wodurch ihr entgegen Art. 11 Abs. 3 und Abs. 4 Unterabs. 2 des Beschlusses 5028/2 jeglicher Indikator gefehlt habe, der es ihr ermöglicht hätte, ihre Leistung zu messen und etwaige Mängel zu beheben. 158 Insoweit ergibt sich aus Art. 11 Abs. 3 Unterabs. 1 des Beschlusses 5028/2, dass die Zwischenbeurteilung auf der Grundlage eines zuvor vereinbarten Dokuments zu erfolgen hat, das eindeutige Leistungsziele und ‑indikatoren im Zusammenhang mit typischen Führungsaufgaben oder ‑kompetenzen enthält. 159 Im Übrigen impliziert der in Art. 11 Abs. 2 des Beschlusses 5028/2 genannte Grundsatz der Kontinuität der Beurteilung der Probezeit für Führungskräfte notwendigerweise, dass die abschließende Beurteilung auf der Grundlage desselben Dokuments, das eindeutige Ziele und Leistungsindikatoren enthält, durchgeführt wird wie die Zwischenbeurteilung. 160 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der EAD und die Klägerin in der vorliegenden Rechtssache vor der Probezeit der Klägerin über kein förmliches Dokument mit Zielen und eindeutigen Leistungsindikatoren im Zusammenhang mit typischen Führungsaufgaben oder ‑kompetenzen übereingekommen sind. Insoweit liegt ein Verstoß gegen Art. 11 Abs. 3 Unterabs. 1 des Beschlusses 5028/2 vor. 161 Was erstens die Festsetzung der Ziele angeht, ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung, wenn es interne Vorschriften des Organs gibt, nach denen einem Beamten zu Beginn eines Probezeitraums Ziele zu setzen sind, der Verstoß gegen diese Regeln wesentlich ist und die Beanstandung der streitigen Beurteilung mit der Begründung rechtfertigt, dass die Stellenbeschreibung hinsichtlich der Festlegung von Zielvorgaben nicht ausgereicht habe (vgl. Urteil vom 12. Mai 2016, FS/EWSA, F‑50/15, EU:F:2016:119, Rn. 100 und die dort angeführte Rechtsprechung). 162 Die oben in Rn. 161 angeführte Rechtsprechung, die die Beurteilung eines Beamten betrifft, ist jedoch unter Berücksichtigung des Grades der mit der Stelle, auf der er verwendet wird, verbundenen Verantwortung und der früheren Erfahrung des auf diese Stelle ernannten Beamten anzuwenden. Im vorliegenden Fall wurde die Klägerin zur Delegationsleiterin mit der Aufgabe ernannt, die Vertretung der Union bei dem Land sicherzustellen, in dem die Delegation akkreditiert ist, was notwendigerweise zum einen ein hohes Maß an Verantwortung und zum anderen eine solide Verwaltungsfähigkeit und eine große Autonomie unabhängig von der Festlegung konkreter Ziele voraussetzt. 163 Insoweit ist festzustellen, dass die Aufgaben eines Delegationsleiters, die in Art. 5 Abs. 2 bis 4 und 8 des Beschlusses 2010/427 definiert sind, nicht genau mit den Funktionen der mittleren Führungsebene vergleichbar sind, mit denen ein Referatsleiter betraut ist und die in Art. 4 des Beschlusses 5028/2 beschrieben sind. 164 Insbesondere nimmt der Delegationsleiter im Gegensatz zu einem Referatsleiter in dem Land, in dem die Delegation akkreditiert ist, eine Vertretung der Union sowohl bei den Behörden dieses Landes als auch bei den diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten und bei den internationalen Organisationen wahr. 165 Außerdem erfordert die Trennung, insbesondere geografischer Art, zwischen der Hauptverwaltung des EAD und den Delegationen notwendigerweise eine im Vergleich zu einem Referatsleiter, der von der unmittelbaren Aufsicht seiner Vorgesetzten profitiert, größere Fähigkeit eines Delegationsleiters, seine Führungsaufgaben selbständig auszuüben. 166 Im vorliegenden Fall bewarb sich die Klägerin, um als Delegationsleiterin in Malawi ernannt zu werden, zum einen auf der Grundlage einer Stellenbeschreibung und zum anderen auf eine Stellenausschreibung, in denen spezifische Zielvorgaben im Bereich der Führung genannt waren. 167 Insbesondere enthielt die Beschreibung des Dienstpostens des Delegationsleiters in Malawi in der Rubrik betreffend die mit dieser Stelle verbundenen Aufgaben einen Unterabschnitt zur Personalverwaltung, in dem folgende Aufgaben aufgeführt waren: Beurteilung der individuellen Leistungen des Personals dieser Delegation, Ermittlung des Schulungsbedarfs des Personals, Ausübung von Führungsaufgaben in Bezug auf unzulängliche fachliche Leistungen, Mobbing und Disziplinarprobleme sowie Einhaltung von Verfahren zu diesen Fragen, Ausüben von sozialer und ethischer Verantwortung für das Personal. 168 Außerdem hieß es in der Stellenausschreibung, dass die Planstelle eines Delegationsleiters in Malawi u. a. folgende Aufgaben umfasse: Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Verwaltung der Delegation, einschließlich der Finanzverwaltung und ordnungsgemäßer Anwendung der bestehenden Vorschriften über die Sicherheit von Personen, beweglichen und unbeweglichen Vermögensgegenständen und Informationen, Krisenmanagement und Sicherstellung der Kontinuität der Tätigkeiten dieser Delegation, insbesondere im Rahmen der Kontinuität des Dienstes. 169 So enthielten sowohl die Stellenbeschreibung als auch die Stellenausschreibung für die Stelle eines Delegationsleiters in Malawi nähere Angaben zu den Aufgaben, die dieser Planstelle im Bereich der Personal- und Führungsaufgaben übertragen wurden. 170 In dieser Hinsicht weisen zwar eine Stellenbeschreibung und eine Stellenausschreibung grundsätzlich andere Gegenstände und Merkmale auf als ein Dokument, in dem die Ziele eines Beamten festgelegt werden, doch kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass Managementziele, die für die Bewertung der Erfüllung einer Probezeit für Führungskräfte festgelegt werden können, in der Stellenbeschreibung und der Stellenausschreibung für die Stelle enthalten sein können, die der Delegationsleiter innehat, der zu einer solchen Probezeit verpflichtet ist. 171 So ist in der vorliegenden Rechtssache festzustellen, dass die Führungsaufgaben, die in der Stellenbeschreibung und in der Stellenausschreibung für die Stelle eines Delegationsleiters in Malawi aufgeführt waren, darin hinreichend genau definiert waren, um spezifische Ziele im Rahmen der Probezeit der Klägerin darzustellen. 172 Da sich die Klägerin außerdem aufgrund der Stellenbeschreibung und der Stellenausschreibung für diese Stelle in Malawi um die Stelle eines Delegationsleiters in Malawi beworben hat, hatte sie zwangsläufig Kenntnis von diesen Zielen, und angesichts ihres Bewerbungsbogens muss davon ausgegangen werden, dass sie diese vor der Aufnahme ihrer Tätigkeit gebilligt hat. 173 Folglich ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass die Angaben zu den Führungsaufgaben, die in der Stellenbeschreibung und der Stellenausschreibung für die Stelle des Delegationsleiters in Malawi enthalten waren, geeignet waren, als Managementziele im Sinne und für die Anwendung des Beschlusses 5028/2 zu gelten. 174 Was zweitens die vorherige Festlegung eindeutiger Leistungsindikatoren betrifft, ist zunächst festzustellen, dass sich aus dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 des Beschlusses PROC EEAS(2011) 002 vom 29. November 2011 ergibt, dass die im Beschluss 5028/2 enthaltenen Bestimmungen „mutatis mutandis“ für das Personal des EAD gelten. 175 Im vorliegenden Fall geht zum einen aus den Auswahlkriterien in der Stellenausschreibung für den Dienstposten des Delegationsleiters in Malawi hervor, dass die Bewerber für diesen Dienstposten nachweisliche Erfahrung in der Führung und Motivation von Teams, insbesondere in einem multidisziplinären und multikulturellen Umfeld, sowie solide Führungs‑, Kommunikations- und Analysefähigkeiten in Verbindung mit einem guten Urteilsvermögen nachweisen mussten. 176 Zum anderen geht aus den Akten hervor, dass die Direktion Personal des EAD zum Zeitpunkt der Ernennung der Klägerin zur Delegationsleiterin in Malawi ein Dokument veröffentlicht hatte, in dem die erforderlichen Kompetenzen aller Führungskräfte des EAD festgelegt und konkrete Beispiele für Situationen genannt wurden, damit diese Führungskräfte beurteilen konnten, ob sie über die 14 in diesem Dokument aufgeführten Kompetenzen verfügten und ob sie davon wirksam Gebrauch machten. 177 Schließlich geht aus den Umständen der dem Gericht zur Prüfung vorgelegten Rechtssache nicht hervor, dass die Klägerin ihre Vorgesetzten aufgefordert hat, Leistungsindikatoren festzulegen, um ihre Führungskompetenzen am Ende der Probezeit zu bewerten, und dies, obwohl der Beschluss 5028/2 vorsieht, dass solche Indikatoren von dem Beamten, der zur Leistung einer Probezeit auf Führungsebene verpflichtet ist, zu genehmigen sind. 178 In diesem Zusammenhang zeigt sich, dass die Klägerin hinreichende Kenntnis davon hatte, was bei der Beurteilung ihrer Leistung während ihrer Probezeit als Delegationsleiterin in Malawi erwartet wurde. 179 Folglich ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen. [nicht wiedergegeben] Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Siebte erweiterte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Frau Sandra Paesen trägt die Kosten. Da Silva Passos Valančius Reine Truchot Sampol Pucurull Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Oktober 2022. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Französisch. (1 ) Es werden nur die Randnummern des vorliegenden Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.
Urteil des Gerichts (Vierte erweiterte Kammer) vom 30. März 2022.#Latam Airlines Group SA und Lan Cargo SA gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Luftfrachtmarkt – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Abkommens zwischen der Gemeinschaft und der Schweiz über den Luftverkehr festgestellt wird – Abstimmung von Preisbestandteilen für Luftfrachtdienste (Treibstoffaufschlag, Sicherheitsaufschlag, Zahlung einer Provision auf die Aufschläge) – Austausch von Informationen – Räumliche Zuständigkeit der Kommission – Verjährung – Grundsatz ne bis in idem – Diskriminierungsverbot – Verteidigungsrechte – Staatlicher Zwang – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Höhe der Geldbuße – Umsatz – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Sehr geringfügige Beteiligung – Verhältnismäßigkeit – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung.#Rechtssache T-344/17.
62017TJ0344
ECLI:EU:T:2022:185
2022-03-30T00:00:00
Gericht
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Urteil des Gerichts (Erste Kammer) vom 27. November 2018.#VG, en qualité d'héritière de MS gegen Europäische Kommission.#Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Dokumente und Informationen betreffend eine Entscheidung der Kommission über die Aufkündigung einer ‚Einverständnis- und Beitrittserklärung zum Team Europe‘ – Verweigerung des Zugangs – Ausnahme zum Schutz der Privatsphäre und zum Schutz des Einzelnen – Schutz personenbezogener Daten – Verordnung (EG) Nr. 45/2001 – Verweigerung der Übermittlung – Art. 7, 47 und 48 der Charta der Grundrechte – Außervertragliche Haftung.#Verbundene Rechtssachen T-314/16 und T-435/16.
62016TJ0314
ECLI:EU:T:2018:841
2018-11-27T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein – Abschnitt „Informationen über nicht veröffentlichte Entscheidungen“
62016TJ0314 URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer) 27. November 2018 (*1) „Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Dokumente und Informationen betreffend eine Entscheidung der Kommission über die Aufkündigung einer ‚Einverständnis- und Beitrittserklärung zum Team Europe‘ – Verweigerung des Zugangs – Ausnahme zum Schutz der Privatsphäre und zum Schutz des Einzelnen – Schutz personenbezogener Daten – Verordnung (EG) Nr. 45/2001 – Verweigerung der Übermittlung – Art. 7, 47 und 48 der Charta der Grundrechte – Außervertragliche Haftung“ In den verbundenen Rechtssachen T‑314/16 und T‑435/16, VG, als Alleinerbin von MS, Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwältinnen L. Levi und M. Vandenbussche, dann Rechtsanwältin L. Levi, Klägerin, gegen Europäische Kommission, ursprünglich vertreten durch F. Clotuche-Duvieusart und A.‑C. Simon, dann durch F. Clotuche-Duvieusart und B. Mongin als Bevollmächtigte, Beklagte, betreffend zum einen eine Klage gemäß Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung der Entscheidungen der Kommission vom 2. Februar und vom 19. April 2016 über die Zurückweisung des Antrags auf Zugang von MS zu ihn betreffenden Dokumenten und vom 16. Juni 2016 über die Zurückweisung seines Antrags, ihm die in den von diesem Zugangsantrag erfassten Dokumenten enthaltenen und ihn betreffenden personenbezogenen Daten zu übermitteln, und zum anderen eine Klage gemäß Art. 268 AEUV auf Ersatz des Schadens, der MS aufgrund dieser Verweigerung des Zugangs und der Übermittlung entstanden sein soll, erlässt DAS GERICHT (Erste Kammer), unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová sowie der Richter V. Valančius und U. Öberg (Berichterstatter), Kanzler: G. Predonzani, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2018 folgendes Urteil I. Tatsächlicher Rahmen A. Sachverhalt vor der Erhebung der Klage 1 MS war zwischen dem 20. Juli 2011 und dem 10. April 2013 Mitglied des Netzwerks Team Europe. 2 Das Netzwerk Team Europe ist ein lokales Kommunikationsnetzwerk, dessen Hauptaufgabe darin besteht, die Vertretungen der Europäischen Kommission bei ihrer Kommunikation der europäischen Politiken auf lokaler Ebene zu unterstützen, und dessen Mitglieder als Conférenciers, Moderatoren, Animateure von Veranstaltungen und Kommunikationsexperten tätig werden. 3 Die Mitglieder des Netzwerks Team Europe sind durch eine „Einverständnis- und Beitrittserklärung zum Team Europe“ (im Folgenden: Einverständniserklärung) an die durch die Kommission vertretene Europäische Union gebunden. Diese Erklärung sieht vor, dass jede Vertragspartei jederzeit schriftlich und ohne weitere Bedingung von ihr zurücktreten kann. Darüber hinaus enthält sie im Wesentlichen den Hinweis, dass diese Mitglieder von der Kommission keine Vergütung erhalten. Außerdem ist festgelegt, dass diese Mitglieder auf freiwilliger Grundlage tätig werden, dass sie aber unter bestimmten Voraussetzungen die Erstattung ihrer Kosten oder eine angemessene Entschädigung von den Organisatoren der Veranstaltungen, an denen sie teilnehmen, erhalten können. 4 Am 10. April 2013 setzte sich die Leiterin der Vertretung der Kommission in Frankreich (im Folgenden: Vertretung) telefonisch mit MS in Verbindung, nachdem sie eine Beschwerde von Frauen, die an einer Konferenz oder einem Workshop des Netzwerks Team Europe teilgenommen hatten, betreffend sein unerwünschtes Verhalten erhalten hatte. Nach diesem Gespräch teilte sie MS schriftlich mit, dass sie die Zusammenarbeit mit ihm in diesem Netzwerk entsprechend den Bestimmungen der Einverständniserklärung mit sofortiger Wirkung beende. 5 Am 6. Juni 2013 legte MS beim Europäischen Bürgerbeauftragten gegen die Entscheidung der Kommission, seine Mitarbeit im Netzwerk Team Europe zu beenden, Beschwerde ein. 6 Im Verfahren vor dem Bürgerbeauftragten wurde MS mitgeteilt, dass die Kommission ihre Entscheidung vom 10. April 2013 über die Beendigung seiner Mitarbeit im Netzwerk Team Europe auf drei Dokumente gestützt habe, nämlich erstens eine Beschwerde einer Person, die an einer der vom Netzwerk Team Europe organisierten Konferenzen teilgenommen habe (im Folgenden: X), zweitens eine von ihm an X (und an eine andere Person Y in Kopie) gesendete E‑Mail und drittens einen im sozialen Netzwerk geführten Austausch mit X (im Folgenden: streitige Dokumente). Darüber hinaus wurde ihm mitgeteilt, dass die Kommission vorgebracht habe, dass die Belastbarkeit der Aktenstücke durch neue, während des Verfahrens zutage getretene Gesichtspunkte bestätigt worden sei, da mehrere Mitglieder des Personals der Vertretung (im Folgenden jeweils: Mitglieder der Vertretung) ihrer Leitung gegenüber bestätigt hätten, dass mehrere Bedienstete der Generaldirektion (GD) „Kommunikation“ dieses Organs, von denen zwei in der Vertretung arbeiteten und zwei ihre Aufgaben in Brüssel (Belgien) wahrnähmen (im Folgenden: Kommissionsbedienstete), seit 2013 Adressaten von unangebrachten Bemerkungen seinerseits gewesen seien (im Folgenden: streitige Zeugenaussagen). Die Kommission hatte weder die Dokumente noch die streitigen Zeugenaussagen an MS übermittelt. 7 Mit Entscheidung vom 19. November 2015 schloss der Bürgerbeauftragte seine Untersuchung der Beschwerde von MS. In dieser Entscheidung stellte der Bürgerbeauftrage u. a. einen Missstand in der Verwaltungstätigkeit fest, da die Kommission vor Erlass ihrer Entscheidung vom 10. April 2013 über die Beendigung der Zusammenarbeit mit MS im Netzwerk Team Europe weder MS in angemessener Weise angehört noch eine hinreichend fundierte Bewertung des Falles vorgenommen habe. Die Kommission erließ nach der Einreichung dieser Beschwerde und der Entscheidung des Bürgerbeauftragten keine Maßnahme gegenüber MS. 8 Mit Schreiben vom 18. Dezember 2015 richtete MS an die Leiterin der Vertretung auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 45) einen Erstantrag auf Zugang zu den streitigen Dokumenten und Zeugenaussagen sowie zu den Namen der Personen, von denen diese Aussagen stammten. 9 Mit Schreiben vom 2. Februar 2016 verweigerte der Generaldirektor der GD „Kommunikation“ der Kommission, nach Konsultation von X als dem so bezeichneten Urheber der streitigen Dokumente, MS den Zugang zu diesen Dokumenten (im Folgenden: Entscheidung vom 2. Februar 2016). Diese Ablehnung stützte sich auf die Ausnahmeregelung des Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 und bezog sich auf den Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen, da die streitigen Dokumente bestimmte personenbezogene Daten Dritter enthielten und es nicht nachgewiesen worden sei, dass der Zugang zu diesen Daten für MS erforderlich sei und nicht die berechtigten Interessen dieser Dritten beeinträchtigen würde. Im Hinblick auf den Antrag auf Zugang zu den streitigen Zeugenaussagen fügte die Kommission hinzu, dass diese Aussagen beim Erlass ihrer Entscheidung vom 10. April 2013 über die Beendigung der Zusammenarbeit mit MS im Netzwerk Team Europe nicht berücksichtigt worden seien. 10 Mit Schreiben vom 19. Februar 2016 stellte MS einen Zweitantrag, mit dem er die Notwendigkeit, Zugang zu den streitigen Dokumenten zu erhalten, und das Fehlen einer Beeinträchtigung der berechtigten Interessen Dritter infolge eines solchen Zugangs begründete. In diesem Zweitantrag stellte er darüber hinaus gemäß Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. 2001, L 8, S. 1) einen Antrag auf Übermittlung der in den streitigen Dokumenten enthaltenen ihn betreffenden personenbezogenen Daten. 11 Mit Entscheidung vom 19. April 2016 antwortete der Generalsekretär der Kommission auf den Zweitantrag (im Folgenden: Entscheidung vom 19. April 2016). Zum einen wies er darauf hin, dass die streitigen Zeugenaussagen nicht an MS übermittelt werden könnten, da sie nicht in einem Dokument festgehalten worden seien. Zum anderen verweigerte er MS auf der Grundlage der Ausnahmen im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 zum Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen sowie zum Schutz von Gerichtsverfahren den Zugang zu den streitigen Dokumenten. Überdies wies er in dieser Entscheidung darauf hin, dass der Antrag auf Übermittlung der streitigen personenbezogenen Daten nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1049/2001 falle und dass er an die GD „Kommunikation“ als zuständige Dienststelle weitergeleitet worden sei. 12 Mit Schreiben vom 16. Juni 2016 wies der Leiter der Vertretung den Antrag auf Übermittlung der streitigen personenbezogenen Daten zurück (im Folgenden: Entscheidung vom 16. Juni 2016). In diesem Zusammenhang führte er aus, dass „[es] … in Anbetracht der Streitigkeit, die … zwischen [MS] und den in den [streitigen] Zeugenaussagen genannten Personen besteht, den Anschein [hat], dass diese Personen berechtigte Gründe für die Befürchtung geäußert haben, dass ihre Interessen persönlich beeinträchtigt werden“, und dass diese personenbezogenen Daten, um die Rechte und Freiheiten dieser Personen zu gewährleisten, nicht an MS übermittelt werden könnten. 13 MS wandte sich gemäß Art. 20 Abs. 3 und 4 der Verordnung Nr. 45/2001 auch an den Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDSB). Mit der Entscheidung des EDSB vom 3. Februar 2017 wurde das Verfahren in dieser Rechtssache bis zum Erlass der Urteile in den vorliegenden Rechtssachen ausgesetzt. B. Sachverhalt nach Erhebung der Klage 14 Mit Schriftsatz, der am 19. Juli 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, erhob MS eine Klage auf Verurteilung der Kommission zur Zahlung von Schadensersatz zuzüglich Zinsen infolge ihrer Entscheidung vom 10. April 2013 über die Beendigung seiner Zusammenarbeit im Netzwerk Team Europe. Diese Klage wurde unter der Rechtssachennummer T‑17/16 in das Register des Gerichts eingetragen. 15 Mit Beschluss vom 31. Mai 2017, Microsoft/Kommission (T‑17/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:379), wies das Gericht die Schadensersatzklage von MS mit der Begründung als offensichtlich unzulässig ab, dass der Klagegegenstand vertraglicher Natur sei und deshalb wegen des Fehlens einer Schiedsklausel nicht in seine Zuständigkeit falle. 16 Am 5. Januar 2018 legte MS gegen diesen Beschluss ein Rechtsmittel ein. II. Verfahren und Anträge der Parteien 17 Mit Schriftsätzen, die am 15. Juni und 1. August 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, hat MS Anträge auf Prozesskostenhilfe gestellt. 18 Mit Beschlüssen vom 30. September und 28. November 2016 hat der Präsident des Gerichts MS Prozesskostenhilfe gewährt bzw. einen Anwalt bestimmt. 19 Mit Klageschriften, die am 15. und 22. Dezember 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, hat MS die Klagen, die unter den Rechtssachennummern T‑314/16 und T‑435/16 in das Register des Gerichts eingetragen worden sind, erhoben. 20 In der Rechtssache T‑314/16 hat das Gericht mit Beschluss vom 6. Juli 2017 die Kommission gemäß Art. 91 Buchst. c, Art. 92 Abs. 1 und Art. 104 der Verfahrensordnung des Gerichts aufgefordert, alle Schriftstücke vorzulegen, auf denen ihre Entscheidung vom 10. April 2013, mit der sie die Zusammenarbeit mit MS im Netzwerk Team Europe beendete, beruhte. 21 Am 14. Juli 2017 hat die Kommission die streitigen Dokumente vorgelegt und darum ersucht, diese Dokumente gegenüber MS vertraulich zu behandeln. Gemäß Art. 104 der Verfahrensordnung sind die Dokumente nicht an MS bekannt gegeben worden. 22 Das Gericht (Erste Kammer) hat auf Vorschlag des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung die Kommission aufgefordert, bestimmte Fragen zu beantworten. Die Kommission ist dieser Aufforderung fristgerecht nachgekommen. 23 Mit Beschluss des Präsidenten der Ersten Kammer des Gerichts vom 30. Januar 2018 sind die Rechtssachen T‑314/16 und T‑435/16 gemäß Art. 68 der Verfahrensordnung zu einem gemeinsamen mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer das Verfahren beendender Entscheidung verbunden worden. 24 Am 19. Februar 2018 hat der Anwalt von MS der Kanzlei des Gerichts mitgeteilt, dass MS verstorben sei. In der Folge wurde das Gericht davon in Kenntnis gesetzt, dass die Klägerin, VG, in ihrer Eigenschaft als Alleinerbin von MS, beschlossen habe, die Klagen fortzuführen. 25 In der Rechtssache T‑314/16 beantragt die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Alleinerbin von MS, – die Entscheidung vom 2. Februar 2016 über die Zurückweisung des Antrags auf Zugang von MS zu den streitigen Dokumenten und die diese Zurückweisung bestätigende Entscheidung vom 19. April 2016 für nichtig zu erklären; – die Kommission zum Ersatz des mit 20000 Euro bewerteten immateriellen Schadens zu verurteilen, den MS wegen der Weigerung, ihm Zugang zu den streitigen Dokumenten zu gewähren, erlitten hat; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 26 Die Kommission beantragt, – die Klage abzuweisen; – der Klägerin in ihrer Eigenschaft als Alleinerbin von MS die Kosten aufzuerlegen. 27 In der Rechtssache T‑435/16 beantragt die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Alleinerbin von MS, – die Entscheidung vom 16. Juni 2016 über die Zurückweisung des Antrags von MS, ihm diese personenbezogenen Daten zu übermitteln, für nichtig zu erklären; – die Kommission zum Ersatz des mit 20000 Euro bewerteten immateriellen Schadens zu verurteilen, den MS wegen der Weigerung, ihm die streitigen personenbezogenen Daten zu übermitteln, erlitten hat; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 28 Die Kommission beantragt, – die Klage abzuweisen; – der Klägerin in ihrer Eigenschaft als Alleinerbin von MS die Kosten aufzuerlegen. III. Rechtliche Würdigung A. Zum Antrag der Kommission auf Feststellung der Erledigung in der Rechtssache T‑435/16 29 In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission vorgetragen, dass nach dem Tod von MS die Klage in der Rechtssache T‑435/16 gegenstandslos geworden sei und sich die Hauptsache daher insoweit erledigt habe. Art. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 45/2001 definiere die betroffene Person als eine „bestimmte oder bestimmbare natürliche Person“, so dass sie auf Daten Verstorbener nicht anwendbar sei und die von MS geltend gemachten Rechte nicht übertragbar seien. 30 Mit ihrem Antrag macht die Kommission im Wesentlichen geltend, dass die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Alleinerbin von MS ihr Interesse am Ausgang des Rechtsstreits wegen des Tods von MS verloren habe. 31 Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass eine von dem Adressaten eines Rechtsakts erhobene Nichtigkeitsklage von seinem alleinigen Rechtsnachfolger fortgeführt werden kann, so etwa beim Tod einer natürlichen Person (vgl. Beschluss vom 12. Juli 2016, Yanukovych/Rat, T‑347/14, EU:T:2016:433, Nr. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ebenso kann ein alleiniger Rechtsnachfolger eine Klage auf Ersatz eines immateriellen Schadens, den der Verstorbene erlitten haben soll, fortsetzen, soweit der Verstorbene vor seinem Tod den sich aus der Klage ergebenden Vorteil für sich beansprucht hatte, so dass diese Rechte aus der Klage am Tag des Erbfalls zu seinem Vermögen gehörten. 32 Im Übrigen muss nach ständiger Rechtsprechung das Rechtsschutzinteresse einer Klagepartei zur Vermeidung der Erledigung der Hauptsache bis zum Erlass der gerichtlichen Entscheidung vorliegen, was aber voraussetzt, dass die Klage der Partei, die sie erhoben hat, im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (vgl. Beschluss vom 12. Juli 2016, Yanukovych/Rat, T‑347/14, EU:T:2016:433, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung). 33 Im vorliegenden Fall ist, wie oben in Rn. 24 ausgeführt, MS verstorben, nachdem er die vorliegenden Klagen erhoben hatte, und hat sein Vertreter unter Vorlage einer von der Klägerin insoweit abgegebenen schriftlichen Erklärung, der amtlichen Todesurkunde sowie ihres Personalausweises erklärt, dass die Klägerin diese Klage als Alleinerbin ihres verstorbenen Sohnes fortsetzen wolle. 34 Die Klage in der Rechtssache T‑435/16 war insbesondere auf die Übermittlung der streitigen personenbezogenen Daten an MS sowie den Ersatz des immateriellen Schadens, der diesem aufgrund der Ablehnung seines Antrags auf Übermittlung durch die Kommission entstanden sein soll, gerichtet. Es ist unstreitig, dass sich diese personenbezogenen Daten auf unerwünschte Verhaltensweisen von MS, die im Zusammenhang mit seiner Mitarbeit im Netzwerk Team Europe standen (siehe oben, Rn. 4), bezogen und geeignet waren, insbesondere dessen Ansehen und Ehre als Mitarbeiter in diesem Netzwerk zu beschädigen. Im Übrigen wird auch nicht bestritten, dass diese Daten der Entscheidung der Kommission vom 10. April 2013 über die Beendigung der Zusammenarbeit mit MS in diesem Netzwerk zugrunde lagen (siehe oben, Rn. 6). 35 Da, wie bereits oben in Rn. 31 dargelegt, die alleinige Rechtsnachfolgerin von MS zur Fortführung des Verfahrens berechtigt ist, bleibt unter diesen Umständen ihr Rechtsschutzinteresse trotz des Todes von MS im Hinblick auf das Klageziel, nämlich die Nichtigerklärung der Entscheidung vom 16. Juni 2016 über die Zurückweisung des Antrags von MS, ihm die streitigen personenbezogenen Daten zu übermitteln, und den Ersatz des immateriellen Schadens, den MS aufgrund der Ablehnung seines Antrags auf Übermittlung dieser Daten durch die Kommission erlitten haben soll, erhalten. 36 Unter diesen Umständen besteht das Interesse der Klägerin an der Fortsetzung des Verfahrens in der Rechtssache T‑435/16 in ihrer Eigenschaft als Alleinerbin von MS trotz seines Todes fort. 37 Folglich ist der Antrag der Kommission auf Feststellung der Erledigung in der Rechtssache T‑435/16 zurückzuweisen. B. Zur Begründetheit 1. Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung a) Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen vom 2. Februar und 19. April 2016, soweit sie die Zurückweisung des Antrags auf Zugang von MS zu den streitigen Zeugenaussagen betreffen 38 Die Möglichkeit für ein Organ der Union, einem Antrag auf Zugang zu Dokumenten der Organe im Sinne von Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 stattzugeben, setzt offenkundig voraus, dass die von diesem Antrag erfassten Dokumente existieren (Urteil vom 2. Oktober 2014, Strack/Kommission, C‑127/13 P, EU:C:2014:2250‚ Rn. 38; vgl. auch Urteil vom 11. Juni 2015, McCullough/Cedefop, T‑496/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:374‚ Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung). 39 Nach der Rechtsprechung gilt für jede Erklärung der Organe hinsichtlich der Nichtexistenz von angeforderten Dokumenten eine Rechtmäßigkeitsvermutung. Folglich ist mit dieser Erklärung eine Wahrheitsvermutung verbunden. Allerdings handelt es sich um eine einfache Vermutung, die die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Alleinerbin von MS in jeder Weise aufgrund schlüssiger und übereinstimmender Indizien widerlegen kann (vgl. Urteil vom 11. Juni 2015, McCullough/Cedefop, T‑496/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:374, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). 40 Im vorliegenden Fall verweigerte die Kommission in der Entscheidung vom 2. Februar 2016 den Zugang zu den streitigen Zeugenaussagen unter Berufung auf die Ausnahmebestimmung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 und unter Hinweis darauf, dass sie diese Aussagen in ihrer Entscheidung vom 10. April 2013 über die Beendigung der Zusammenarbeit mit dem Kläger im Netzwerk Team Europe nicht berücksichtigt habe. Nachfolgend machte sie in der Entscheidung vom 19. April 2016 geltend, dass die streitigen Zeugnisaussagen nicht in einem Dokument festgehalten worden seien. 41 In der Antwort auf eine prozessleitende Maßnahme des Gerichts hat die Kommission bestätigt, dass sie „… nicht über schriftliche Unterlagen hinsichtlich dieser Zeugenaussagen [verfügt] und … ihr daher keine Dokumente vor[liegen], die die [streitigen] Zeugenaussagen enthalten“. Angesichts dieser Erklärung und des Fehlens von Beweisen, die die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Alleinerbin von MS zur Widerlegung der Vermutung ihrer Rechtmäßigkeit und Richtigkeit erbracht hätte, gibt es im vorliegenden Fall keine hinreichende Gründe, aufgrund derer diese Erklärung angezweifelt werden könnte. 42 Somit ist der Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen vom 2. Februar und 19. April 2016, soweit sie die Zurückweisung des Antrags auf Zugang von MS zu den streitigen Zeugenaussagen betreffen, zurückzuweisen, ohne dass es erforderlich wäre, über die Zulässigkeit des Antrags auf Nichtigerklärung, soweit er die Entscheidung vom 2. Februar 2016 betrifft, zu entscheiden. b) Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen vom 2. Februar und 19. April 2016, soweit sie die Zurückweisung des Antrags auf Zugang von MS zu den streitigen Dokumenten betreffen 43 Zur Stützung des vorliegenden Antrags auf Nichtigerklärung macht die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Alleinerbin von MS im Wesentlichen zwei Klagegründe geltend. Der erste Klagegrund ist auf Verstöße gegen Art. 2 und Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 und Art. 2 und Art. 4 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich dieser Verordnung gestützt. Mit dem zweiten Klagegrund werden Verletzungen der Begründungspflicht, der Verteidigungsrechte und der Grundsätze der Achtung der Privatsphäre und der Verhältnismäßigkeit gerügt. 1) Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes, mit dem ein Verstoß gegen Art. 2 und Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 gerügt wird 44 Die Klägerin macht geltend, dass die Kommission, auch wenn die streitigen Dokumente personenbezogene Daten über X und weitere Dritte enthielten, nicht nachgewiesen habe, dass die Verbreitung dieser Dokumente konkret und tatsächlich den Schutz der Privatsphäre und der Integrität von X oder von anderen, in diesen Dokumenten erwähnten Dritten beeinträchtigen würde. 45 Zudem begründet die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Alleinerbin von MS das Fehlen einer Gefahr für die berechtigten Interessen Dritter mit dem „Ziel [ihres] Vorgehens, [das darauf gerichtet ist], die Wahrhaftigkeit und die Ehre von MS wiederherzustellen“. Sie fügt hinzu, dass die Vorwürfe ausschließlich gegen MS gerichtet seien, so dass die Verbreitung der streitigen Dokumente nicht den Schutz der Privatsphäre und die Integrität von X oder anderer, dort ebenfalls erwähnter Dritter beeinträchtigen könne. 46 Insoweit nimmt die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Alleinerbin von MS auf den Umstand Bezug, dass der Bürgerbeauftragte in Rn. 32 seines Vorschlags für eine gütliche Einigung bereits festgestellt habe, dass die Kommission „nicht den Nachweis für eine reale Gefahr für … die berechtigten Interessen von [X] erbracht [hat]“. 47 Die Klägerin, in ihrer Eigenschaft als Alleinerbin von MS, macht ferner geltend, dass sie die Notwendigkeit der Übermittlung der streitigen personenbezogenen Daten im Sinne von Art. 8 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 nachgewiesen habe. Nach ihrer Darstellung sind die streitigen Dokumente für das Verständnis der Vorwürfe der Kommission gegenüber MS und der Entscheidung vom 10. April 2013 über die Beendigung der Zusammenarbeit mit MS im Netzwerk Team Europe sowie für den Nachweis der Unbegründetheit ihrer Anschuldigungen unverzichtbar. MS habe über ein soziales Netzwerk und per E‑Mail bereits Besitz an der Korrespondenz zwischen ihm und X erhalten, bestreite aber die Echtheit der streitigen Dokumente, zu denen er keinen Zugang gehabt habe. 48 Unter Berufung auf das Urteil vom 22. Mai 2012, Internationaler Hilfsfonds/Kommission (T‑300/10, EU:T:2012:247, Rn. 107), macht die Klägerin schließlich geltend, dass die streitigen Dokumente nicht öffentlich gemacht würden, wenn sie auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1049/2001 verbreitet würden. 49 Zum Ersten erinnert das Gericht daran, dass die Verordnung Nr. 1049/2001, wie sich aus ihrem vierten Erwägungsgrund und ihrem Art. 1 ergibt, der Öffentlichkeit ein größtmögliches Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Organe gewähren soll (vgl. Urteil vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung). 50 Gemäß Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 gelten die Bestimmungen über den öffentlichen Zugang zu Dokumenten der Kommission für alle Dokumente der Kommission, d. h. für alle Dokumente aus allen Tätigkeitsbereichen der Europäischen Union, die von ihr erstellt wurden oder bei ihr eingegangen sind und sich in ihrem Besitz befinden. 51 Da die Verordnung Nr. 1049/2001 jeder Person Zugang zu Dokumenten gewährleisten soll, gelangt ein gemäß dieser Verordnung offengelegtes Dokument in die Öffentlichkeit (Urteile vom 21. Mai 2014, Catinis/Kommission, T‑447/11, EU:T:2014:267‚ Rn. 62, und vom 15. Juli 2015, Dennekamp/Parlament, T‑115/13, EU:T:2015:497‚ Rn. 67). 52 Insoweit trifft es zwar zu, dass nach den Feststellungen des Gerichts die Offenlegung personenbezogener Daten, die ausschließlich die in Rede stehende Person, die den Zugang beantragt hat, betrafen, nicht mit der Begründung versagt werden kann, sie beeinträchtige den Schutz der Privatsphäre und die Integrität des Einzelnen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Mai 2012, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, T‑300/10, EU:T:2012:247‚ Rn. 107 bis 109, und vom 12. Mai 2015, Unión de Almacenistas de Hierros de España/Kommission, T‑623/13, EU:T:2015:268‚ Rn. 91). 53 Jedoch kann entgegen dem Vorbringen der Klägerin diese Rechtsprechung nicht auf den vorliegenden Fall angewendet werden, da die streitigen Dokumente personenbezogene Daten enthalten, die nicht ausschließlich MS betreffen. 54 Aus dem Urteil vom 22. Mai 2012, Internationaler Hilfsfonds/Kommission (T‑300/10, EU:T:2012:247‚ Rn. 109), ergibt sich nämlich ausdrücklich, dass, wenn der Schutz des Interesses im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 im Hinblick auf die Person, die den Zugang beantragt, nicht notwendig ist, dieser Schutz nach den Bestimmungen der Verordnung Nr. 45/2001 aber im Verhältnis zu Dritten sichergestellt werden muss. 55 Zum Zweiten ist festzustellen, dass das Recht auf den Zugang zu Dokumenten nicht von der Art des besonderen Interesses abhängig ist, das derjenige, der den Zugang beantragt, am Erhalt der begehrten Informationen haben könnte (Urteil vom 21. Mai 2014, Catinis/Kommission, T‑447/11, EU:T:2014:267‚ Rn. 61; vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C‑266/05 P, EU:C:2007:75‚ Rn. 43). 56 Zudem ist, da der Steller des Zugangsantrags als Mitglied der Öffentlichkeit seinen Antrag auf Zugang zu Dokumenten nicht begründen muss, für die Zwecke der Verordnung Nr. 1049/2001 auch das wirkliche Interesse unerheblich, das der Antragsteller an der Offenlegung der in Rede stehenden Dokumente haben kann (vgl. Urteil vom 26. April 2016, Strack/Kommission, T‑221/08, EU:T:2016:242, Rn. 252 und die dort angeführte Rechtsprechung). 57 Zum Dritten ist festzustellen, dass die Verordnung Nr. 1049/2001 im Einklang mit ihrem elften Erwägungsgrund in Art. 4 eine Reihe von Ausnahmen vorsieht, wonach die Organe den Zugang zu einem Dokument verweigern können, durch dessen Verbreitung eines der von diesem Artikel geschützten Interessen beeinträchtigt würde (vgl. Urteile vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496‚ Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 13. Januar 2017, Deza/ECHA, T‑189/14, EU:T:2017:4‚ Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung). 58 Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 bestimmt insoweit, dass die Organe den Zugang zu einem Dokument verweigern, durch dessen Verbreitung der Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen, insbesondere gemäß den Rechtsvorschriften der Union über den Schutz personenbezogener Daten, beeinträchtigt würde. Diese Vorschrift, die eine spezifische, verstärkte Schutzregelung für Personen begründet, deren personenbezogene Daten gegebenenfalls veröffentlicht werden könnten, verlangt, dass eine etwaige Beeinträchtigung ihrer Privatsphäre und ihrer Integrität stets insbesondere nach der Verordnung Nr. 45/2001 geprüft und beurteilt wird (vgl. Urteil vom 7. Juli 2015, Axa Versicherung/Kommission, T‑677/13, EU:T:2015:473, Rn. 138 und 139 und die dort angeführte Rechtsprechung). 59 Beschließt ein Organ, den Zugang zu einem Dokument zu verweigern, dessen Übermittlung bei ihm beantragt wurde, muss es daher grundsätzlich erläutern, inwiefern der Zugang zu diesem Dokument das Interesse, das durch eine von ihm geltend gemachte Ausnahme nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützt wird, konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte. Die Gefahr einer solchen Beeinträchtigung muss außerdem angemessen absehbar und darf nicht rein hypothetisch sein (Urteil vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung). 60 Diese Ausnahmeregelungen beruhen auf einer Abwägung der in einer bestimmten Situation einander widerstreitenden Interessen, nämlich zum einen der Interessen der Personen, die durch die Verbreitung der betreffenden Dokumente begünstigt würden, und zum anderen der Interessen derjenigen, die durch diese Verbreitung gefährdet würden. Die Entscheidung, die über einen Antrag auf Zugang zu Dokumenten getroffen wird, hängt davon ab, welchem Interesse im jeweiligen Fall der Vorrang einzuräumen ist (Urteil vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 42). 61 Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die streitigen Dokumente personenbezogene Daten enthalten, die sowohl MS als auch X und andere Dritte betreffen. 62 Nach Art. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 45/2001 sind „personenbezogene Daten“„alle Informationen über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person …; als bestimmbar wird eine Person angesehen, die direkt oder indirekt identifiziert werden kann, insbesondere durch Zuordnung zu einer Kennnummer oder zu einem oder mehreren spezifischen Elementen, die Ausdruck ihrer physischen, physiologischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität sind“. 63 Aus Art. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 45/2001 und der Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteile vom 29. Juni 2010, Kommission/Bavarian Lager, C‑28/08 P, EU:C:2010:378‚ Rn. 68, und vom 23. November 2011, Dennekamp/Parlament, T‑82/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:688‚ Rn. 27) folgt, dass die Nachnamen und Vornamen als personenbezogene Daten angesehen werden können. 64 Neben Namensangaben können auch Informationen, die sich auf die berufliche Tätigkeit einer Person beziehen, als personenbezogene Daten angesehen werden, da es sich zum einen um Informationen über das Arbeitsverhältnis dieser Personen handelt und die Informationen zum anderen, wenn sie einem bestimmten Datum oder kalendarischen Zeitraum zugeordnet werden können, indirekt die Identifizierung einer natürlichen Person im Sinne der oben genannten Bestimmung ermöglichen können (vgl. Urteil vom 22. Mai 2012, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, T‑300/10, EU:T:2012:247, Rn. 117 und die dort angeführte Rechtsprechung). 65 Zudem hat der Gerichtshof entschieden, dass in der Verwendung des Ausdrucks „alle Informationen“ im Zusammenhang mit der Bestimmung des Begriffs „personenbezogene Daten“ das Ziel des Unionsgesetzgebers zum Ausdruck kommt, diesem Begriff eine weite Bedeutung beizumessen, wobei dieser Begriff nicht auf sensible oder private Informationen beschränkt ist, sondern potenziell alle Arten von Informationen sowohl objektiver als auch subjektiver Natur in Form von Stellungnahmen oder Beurteilungen umfasst, unter der Voraussetzung, dass es sich um Informationen „über“ die in Rede stehende Person handelt (Urteil vom 20. Dezember 2017, Nowak, C‑434/16, EU:C:2017:994, Rn.34). 66 Nach Art. 8 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 dürfen personenbezogene Daten grundsätzlich nur übermittelt werden, wenn der Empfänger die Notwendigkeit der Datenübermittlung nachweist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass die berechtigten Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden könnten. 67 In diesem Kontext ist es zunächst Sache desjenigen, der eine solche Übermittlung beantragt, deren Notwendigkeit nachzuweisen. Ist dieser Nachweis erbracht, ist es Sache des betreffenden Organs, zu prüfen, ob ein Grund für die Annahme besteht, dass durch die Übermittlung möglicherweise die berechtigten Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden. Besteht kein solcher Grund, ist die beantragte Übermittlung vorzunehmen. Andernfalls hat das betreffende Organ zur Entscheidung über den Antrag auf Zugang eine Interessenabwägung durchzuführen. Die Entscheidung, die über einen Antrag auf öffentlichen Zugang zu Dokumenten getroffen wird, hängt davon ab, welchem Interesse im jeweiligen Fall der Vorrang einzuräumen ist (vgl. Urteile vom 16. Juli 2015, ClientEarth und PAN Europe/EFSA, C‑615/13 P, EU:C:2015:489‚ Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 13. Januar 2017, Deza/ECHA, T‑189/14, EU:T:2017:4‚ Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung). 68 Im vorliegenden Fall hat die Kommission zu Recht die Auffassung vertreten, dass in Bezug auf Informationen und Feststellungen, die die Privatsphäre von MS, X sowie anderen Dritten betreffen und deren Identifizierung ermöglichen, der Inhalt der streitigen Schriftstücke unter den Begriff der personenbezogenen Daten fällt. 69 Die öffentliche Verbreitung der streitigen Dokumente auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1049/2001 würde den Schutz der Privatsphäre und der Integrität von MS, X und anderen Dritten, die in diesen Dokumenten genannt wurden, beeinträchtigen. 70 Denn angesichts der Umstände des vorliegenden Falles liegt es weder im Interesse von MS noch in jenem von X, noch in dem anderer Dritter, die in diesen Dokumenten genannt wurden, dass die streitigen Dokumente der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. 71 Aus diesem Grund musste die Kommission bei ihrer Entscheidung über den Antrag auf Zugang zur Beschwerde von X und die per E‑Mail und über ein soziales Netzwerk geführte Korrespondenz zwischen MS und X mit Blick auf die Ausnahme betreffend den Schutz der Privatsphäre und die Integrität des Einzelnen gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 im Einklang mit der Verordnung Nr. 45/2001 die verschiedenen widerstreitenden Interessen, mit denen sie es zu tun hatte, gegeneinander abwägen. 72 Insoweit musste die Kommission außerdem berücksichtigen, dass gemäß Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001, wenn nur ein Teil des beantragten Dokuments einer oder mehrerer der oben genannten Ausnahmen unterliegt, die übrigen Teile des Dokuments freigegeben werden müssen (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 27. November 2012, Steinberg/Kommission, T‑17/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:625‚ Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung). 73 Die Kommission war jedoch der Auffassung, dass es im vorliegenden Fall weder möglich sei, bestimmte Teile der streitigen Dokumente von anderen zu trennen, um diese nicht der Ausnahmeregelung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 zuzuordnen, noch, in diesen Dokumente jene Unterlagen auszusondern, die streitige personenbezogene Daten zu MS oder X und anderen Dritten enthielten. 74 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch die personenbezogenen Daten, die Gegenstand einer Anonymisierung sind, als personenbezogene Daten über einen Dritten anzusehen sind, da sie unter Heranziehung zusätzlicher Informationen einer bestimmbaren natürlichen Person zugeordnet werden können. 75 Im vorliegenden Fall hätte es ein teilweiser Zugang zu den in der Beschwerde von X oder der Korrespondenz zwischen X und MS enthaltenen Informationen der Öffentlichkeit ermöglicht, die in den streitgegenständlichen Dokumenten genannten Personen zu identifizieren. 76 Daher war es der Kommission nicht möglich, einen teilweisen Zugang zu den streitigen Dokumenten ohne Offenlegung insbesondere der Identität von anderen, dort genannten Dritten zu gewähren. 77 Da die streitigen Dokumente personenbezogene Daten enthielten, die nicht ausschließlich MS betrafen und die öffentlich zugänglich gemacht worden wären, wenn diese Unterlagen dieser Person übermittelt worden wären, hat die Kommission im Übrigen zu Recht nach Abwägung der vorliegenden Interessen dem Interesse von X und anderer Dritter, dass ihre Identität nicht öffentlich zugänglich gemacht wird, gegenüber dem Interesse von MS, dass diese Identität gegebenenfalls öffentlich zugänglich wird, den Vorrang eingeräumt und MS unter Berufung auf die Ausnahmeregelung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 den Zugang verweigert. 78 Deshalb kann dem Vorbringen der Klägerin insoweit nicht gefolgt werden. 79 Folglich ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. 2) Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes, mit dem ein Verstoß gegen Art. 2 und Art. 4 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 gerügt wird 80 Die Klägerin trägt vor, die streitigen Dokumente seien nicht im Hinblick auf ein Gerichtsverfahren erstellt worden, und deshalb sei die Zurückweisung des Antrags von MS auf Zugang, soweit sie mit dem Schutz von Gerichtsverfahren begründet werde, nicht gerechtfertigt. Sie weist darauf hin, dass die Grundrechte und insbesondere die Verteidigungsrechte ein überwiegendes öffentliches Interesse darstellten, das die Freigabe dieser Dokumente rechtfertige. 81 Jedoch ergibt sich aus den oben in den Rn. 44 bis 78 dargestellten Erwägungen, dass die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen vom 2. Februar und 19. April 2016 nicht in Frage gestellt werden kann, da sämtliche streitigen Dokumente unter die Ausnahme von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 fallen. 82 Folglich ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes als ins Leere gehend zu verwerfen, so dass der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen ist. 3) Zum zweiten Klagegrund, mit dem eine Verletzung der Begründungspflicht, des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung, des Grundsatzes der Achtung der Privatsphäre und der Verteidigungsrechte und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerügt wird 83 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe mit der Verweigerung des Zugangs zu den streitigen Dokumenten MS an der Ausübung seiner Verteidigungsrechte und insbesondere seines von Art. 41 Abs. 2 Buchst. b der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) garantierten Rechts auf Zugang zu den ihn betreffenden Akten und seines von Art. 47 der Charta gewährleisteten Rechts auf ein faires Gerichtsverfahren gehindert und zudem den in Art. 7 der Charta garantierten Grundsatz des Schutzes der Privatsphäre sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. 84 Was das Vorbringen der Kommission, sie habe die Zusammenarbeit mit MS im Netzwerk Team Europe jederzeit beenden können, anbelangt, macht die Klägerin geltend, soweit die Kommission schwerwiegende Verwürfe betreffend unerwünschte Verhaltensweisen von MS gegenüber X und anderen Dritten vorgebracht habe, müsse MS wegen der ihm zustehenden Verteidigungsrechte und der Unschuldsvermutung der Zugang zu den streitigen Unterlagen gewährt werden. 85 Ferner macht die Klägerin geltend, die Begründung der Kommission sei bloß pauschal, da diese nicht näher ausführe, inwieweit ein Zugang zu den streitigen Dokumenten, z. B. verbunden mit einem Kaschieren der in diesen Dokumenten angegebenen Namen, das Interesse des Schutzes von personenbezogenen Daten und der Privatsphäre der betroffenen Personen gefährden könne. Sie fügt hinzu, dass die Unparteilichkeit der Kommission bei der Behandlung der Beschwerde von X nicht als gegeben angenommen werden könne. 86 Hierzu ist in erster Linie festzustellen, dass es sich bei der Begründungspflicht nach ständiger Rechtsprechung um ein wesentliches Formerfordernis handelt, das von der Frage der Stichhaltigkeit der Gründe zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des angefochtenen Rechtsakts gehört (Urteile vom 22. März 2001, Frankreich/Kommission, C‑17/99, EU:C:2001:178, Rn. 35, und vom 22. Mai 2012, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, T‑300/10, EU:T:2012:247, Rn. 180). 87 Insoweit hat die Kommission in der Entscheidung vom 19. April 2016 klar auf die Ausnahmen hingewiesen, auf die die Zurückweisung des Antrags auf Zugang von MS zu den streitigen Dokumenten gestützt wurde, indem sie für alle diese Dokumente hauptsächlich die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 betreffend den Schutz der Privatsphäre und die Integrität des Einzelnen geltend machte. 88 Aus der Entscheidung vom 19. April 2016 geht nämlich hervor, dass die Kommission davon ausgegangen ist, dass der gesamte Inhalt der streitigen Dokumente unter den Begriff der personenbezogenen Daten falle, da es sich um Informationen handle, die im Zusammenhang sowohl mit der Privatsphäre von MS als auch mit der anderer Personen in Zusammenhang gestanden hätten und die es ermöglicht hätten, diese Personen im Fall der Verbreitung dieser Dokumente in der Öffentlichkeit auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1049/2001 zu identifizieren, dass die Offenlegung dieser Daten damit eine Übermittlung personenbezogener Daten im Sinne von Art. 8 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 darstelle und dass keine der kumulativen Voraussetzungen für eine solche Übermittlung erfüllt sei. 89 Daraus folgt nicht nur, dass MS in der Lage war, die Gründe für die Entscheidung vom 19. April 2016 zu erkennen, sondern auch, dass das Gericht die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung kontrollieren konnte, wie dies im Übrigen auch den oben stehenden Rn. 44 bis 78 zu entnehmen ist. Nach der Rechtsprechung muss die nach Art. 296 AEUV erforderliche Begründung dem Wesen des betreffenden Rechtsakts entsprechen und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und der Unionsrichter seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. Urteil vom 22. April 2008, Kommission/Salzgitter, C‑408/04 P, EU:C:2008:236, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung). Infolgedessen ist die Kommission, was die streitigen Dokumente anbelangt, ihrer Begründungspflicht nachgekommen. 90 Im Übrigen geht auch das Vorbringen der Klägerin, wonach dadurch, dass MS kein Zugang zu den streitigen Dokumenten gewährt worden sei, seine Verteidigungsrechte und insbesondere sein Recht auf Zugang zu den ihn betreffenden Aktenstücken sowie der Grundsatz der Unschuldsvermutung verletzt worden seien und dies im Widerspruch zur Charta gestanden habe, ins Leere, da der Antrag auf Zugang zu den streitigen Dokumenten nicht Teil eines administrativen oder gerichtlichen Verfahrens war, in dem diese Rechte und Grundsätze anzuwenden wären, sondern einer vertraglichen Beziehung zwischen MS und der Kommission zuzurechnen war, die von der Einverständniserklärung und dem darauf anzuwendenden Recht geregelt wurde. 91 Aus dem Vorstehenden folgt, dass der zweite Klagegrund und damit der Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen vom 2. Februar und 19. April 2016 zurückzuweisen ist, soweit sie die Zurückweisung des Antrags auf Zugang von MS zu den streitigen Dokumenten betreffen, ohne dass die Zulässigkeit des Antrags auf Nichtigerklärung, soweit er sich auf die Entscheidung vom 2. Februar 2016 bezieht, zu prüfen wäre. c) Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung vom 16. Juni 2016 über die Zurückweisung des Antrags von MS, ihm die streitigen personenbezogenen Daten zu übermitteln 92 Zur Stützung des vorliegenden Antrags auf Nichtigerklärung macht die Klägerin als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen die Art. 8, 13 und 20 der Verordnung Nr. 45/2001 geltend. 93 Nach der Ansicht der Klägerin sind die Regelungen von Art. 8 der Verordnung Nr. 45/2001 nicht Teil der Bedingungen oder Beschränkungen des allgemeinen Rechts auf Zugang im Sinne von Art. 13 dieser Verordnung. Es gebe keinen Grund für die Annahme, dass die Übermittlung der streitigen personenbezogenen Daten die berechtigten Interessen Dritter hätte beeinträchtigen können. Insbesondere habe die Kommission nicht dargetan, wie der Bürgerbeauftragte in Rn. 32 seines Vorschlags für eine gütliche Einigung festgestellt habe, dass die Verbreitung der streitigen Dokumente konkret und tatsächlich die Privatsphäre und die Integrität von X oder anderer, in diesen Daten enthaltenen Personen beeinträchtigt hätte. Hilfsweise macht die Klägerin geltend, dass die kumulativen Voraussetzungen von Art. 8 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 im vorliegenden Fall erfüllt seien. 94 Darüber hinaus bringt die Klägerin vor, dass das einzige Ziel der Anträge von MS darin bestanden habe, zu verstehen, welche Anschuldigungen gegen ihn erhoben würden, und nachzuweisen, dass sie unbegründet seien, um die Wahrheit und seine Ehre wiederherzustellen. Ferner sei die Übermittlung der streitigen personenbezogenen Daten notwendig gewesen, um die Entscheidung der Kommission vom 10. April 2013 über die Beendigung der Mitarbeit von MS im Netzwerk Team Europe nachvollziehen zu können. Die Zurückweisung des Antrags von MS auf Übermittlung dieser personenbezogenen Daten habe sich auch nicht mit Art. 20 der Verordnung Nr. 45/2001 rechtfertigen lassen, wie der Bürgerbeauftragte ebenfalls festgestellt habe. 95 Die Kommission macht in Bezug auf die angeblich fehlerhafte Anwendung der Art. 13 und 20 der Verordnung Nr. 45/2001 geltend, dass die streitigen personenbezogenen Daten keine personenbezogenen Daten seien, die ausschließlich MS beträfen, und nicht Gegenstand einer Überprüfung der Richtigkeit, einer Berichtigung, Löschung oder Sperrung durch ihn hätten sein können. Es sei weder die Aufgabe noch das Ziel der Verordnung Nr. 45/2001, den Zugang zu einer rein subjektiven Darstellung zu gewähren, die der Kommission von einer Beschwerdeführerin vorgetragen worden sei, die an einer Konferenz und einem Abendessen mit MS teilgenommen und mit ihm über ein soziales Netzwerk und per E‑Mail kommuniziert habe, oder zuzulassen, dass diese Darstellung in Frage gestellt oder berichtigt werde. 96 Ferner trägt die Kommission im Hinblick auf die Anwendung von Art. 8 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 vor, dass personenbezogene Daten nur dann an einen Dritten übermittelt werden dürften, wenn diese Übermittlung zum einen die Voraussetzungen nach Art. 8 Buchst. a oder b dieser Verordnung erfülle und zum anderen eine rechtmäßige Verarbeitung im Einklang mit den Anforderungen von Art. 5 dieser Verordnung darstelle. Die Klägerin gebe in ihrer Klage in der Rechtssache T‑435/16 nicht an, wie die Übermittlung personenbezogener Daten Dritter an MS als rechtmäßig hätte angesehen werden können. Somit wurde nach Auffassung der Kommission die Notwendigkeit der Übermittlung der personenbezogenen Daten im Sinne von Art. 8 Buchst. b dieser Verordnung nicht nachgewiesen. Außerdem macht sie geltend, dass MS die Gründe für ihre Entscheidung vom 10. April 2013 über die Beendigung der Zusammenarbeit mit ihm im Netzwerk Team Europe genau gekannt habe. 97 Was die gegen eine Anwendung von Art. 20 der Verordnung Nr. 45/2001 gerichtete Argumentation der Klägerin anbelangt, wonach die Kommission nicht den Beweis für ein tatsächliches Risiko für die Grundrechte oder die berechtigten Interessen Dritter erbracht habe, weist die Kommission darauf hin, dass sie X konsultiert habe und diese Person befürchtet habe, dass MS mit ihr oder ihren Bekannten nochmals Verbindung aufnehmen werde, um sie zur Rechenschaft zu ziehen. Sie ist unter Berücksichtigung dieser Befürchtungen und der ihr vorliegenden streitigen Dokumente der Auffassung, dass eine solche Gefahr bestanden habe. 98 Schließlich trägt die Kommission vor, dass es nicht möglich sei, bestimmte in den streitigen Dokumenten enthaltene Angaben von anderen zu trennen und zu dem Schluss zu gelangen, dass sie nicht unter den Begriff der personenbezogenen Daten fielen. Es sei ihr daher nicht möglich gewesen, einen teilweisen Zugang zu streitigen Dokumenten zu gewähren (mit Ausnahme von Informationen ohne wesentlichen Inhalt), ohne personenbezogene Daten oder Informationen offenzulegen, die die Privatsphäre der betroffenen Dritten betroffen hätten oder anhand derer diese Personen hätten identifiziert werden können. 99 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 45/2001 ein anderes Ziel verfolgt als die Verordnung Nr. 1049/2001. Während letztgenannte Verordnung darauf gerichtet ist, die größtmögliche Transparenz des Entscheidungsprozesses von öffentlichen Stellen der Union sowie Informationen, auf denen ihre Entscheidungen beruhen, zu gewährleisten, hat die erstgenannte Verordnung entsprechend ihrem Art. 1 zum Ziel, den Schutz der Grundfreiheiten und Grundrechte der natürlichen Personen und insbesondere deren Recht auf die Privatsphäre bei der Verarbeitung personenbezogener Daten sicherzustellen (Urteil vom 29. Juni 2010, Kommission/Bavarian Lager, C‑28/08 P, EU:C:2010:378‚ Rn. 49, und vom 21. September 2016, Secolux/Kommission, T‑363/14, EU:T:2016:521‚ Rn. 26). 100 Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Anwendung von Art. 8 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten folgt, dass das Recht einer Person auf Schutz ihres Rufes Bestandteil des Rechts auf Achtung des Privatlebens ist (EGMR, 21. September 2010, Polanco Torres und Movilla Polanco Torres/Spanien, CE:ECHR:2010:0921JUD003414706, Nr. 40, und vom 7. Februar 2012, Axel Springer AG/Deutschland, CE:ECHR:2012:0207JUD003995408, Nr. 83). Der Ruf einer Person ist Bestandteil ihrer persönlichen und moralischen Integrität, die beide Teile ihrer Privatsphäre sind (EGMR, 25. Februar 1992, Pfeifer und Plankl/Österreich, CE:ECHR:1992:0225JUD001080284, Nr. 35). Die gleichen Erwägungen gelten für die Ehre einer Person (EGMR, 4. Oktober 2007, Sanchez Cardenas/Norwegen, CE:ECHR:2007:1004JUD001214803, Nr. 38, und vom 9. April 2009, A./Norwegen, CE:ECHR:2009:0409JUD 002807006, Nr. 64). 101 Gemäß Art. 13 Buchst. c der Verordnung Nr. 45/2001 hat die betroffene Person, die von den einer Verarbeitung unterliegenden personenbezogenen Daten betroffen ist, das Recht, eine Mitteilung in verständlicher Form über diese Daten sowie die verfügbaren Informationen über die Herkunft dieser Daten zu erhalten. Insoweit ist die Verordnung Nr. 45/2001 im Einklang mit Art. 41 der Charta auszulegen, der das Recht auf eine gute Verwaltung und insbesondere das Recht einer jeden Person auf Zugang zu den sie betreffenden Akten anerkennt (vgl. Urteil vom 16. September 2013, CN/Rat, F‑84/12, EU:F:2013:128‚ Rn. 39 und 40). 102 In diesem Zusammenhang bedeutet der Schutz des Grundrechts auf Achtung der Privatsphäre insbesondere, dass sich jede natürliche Person vergewissern kann, dass die sie betreffenden personenbezogenen Daten richtig sind und in zulässiger Weise verarbeitet werden. Um die nötigen Nachprüfungen durchführen zu können, steht der betroffenen Person ein Recht auf Zugang zu den sie betreffenden Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung sind, zu. Dieses Zugangsrecht ist insbesondere erforderlich, damit die betroffene Person gegebenenfalls von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen die Berichtigung, Löschung oder Sperrung ihrer Daten beanspruchen und somit das Recht ausüben kann, zu verlangen, dass die sie betreffenden Beurteilungen nach einer gewissen Zeit gelöscht, d. h. vernichtet werden (vgl. entsprechend Urteil vom 20. Dezember 2017, Nowak, C‑434/16, EU:C:2017:994, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). 103 Insbesondere im Hinblick auf die oben in Rn. 94 wiedergegebenen von der Klägerin geltend gemachten Gründe hat sie in rechtlich hinreichender Weise dargetan, dass ihr ein Recht auf Zugang zu den streitigen personenbezogenen Daten über MS zusteht, um gegebenenfalls deren Berichtigung oder Löschung verlangen zu können. Denn MS hatte zu den Beschuldigungen betreffend die von ihm ausgehenden unerwünschten Verhaltensweisen, die in der Beschwerde von X angeführt worden waren, keinen Zugang, obwohl diese Anschuldigungen nach den insoweit eindeutigen Feststellungen der Kommission zu der Entscheidung vom 10. April 2013 über die Beendigung seiner Mitarbeit im Netzwerk Team Europe führten (siehe oben, Rn. 6) und damit geeignet waren, sein Ansehen und seine Ehre als Mitarbeiter in diesem Netz zu beschädigen. 104 Art. 20 der Verordnung Nr. 45/2001 sieht jedoch Ausnahmen und Einschränkungen des Auskunftsrechts der betroffenen Person vor und regelt insbesondere, dass die Organe und Einrichtungen der Union die Anwendung von Art. 13 dieser Verordnung insoweit einschränken können, als eine solche Einschränkung für die Gewährleistung des Schutzes der betroffenen Person oder der Rechte und Freiheiten anderer Personen notwendig ist. 105 Darüber hinaus unterliegt die Übermittlung personenbezogener Daten an Empfänger, die nicht Organe oder Einrichtungen der Union und betroffene Personen sind, der Regelung gemäß Art. 8 der Verordnung Nr. 45/2001, der u. a. bestimmt, dass personenbezogene Daten nur dann an einen solchen Empfänger übermittelt werden können, wenn dieser die Notwendigkeit der Datenübermittlung nachweist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass diese Übermittlung die berechtigten Interessen der betroffenen Person beeinträchtigen könnte. 106 Da die streitigen personenbezogenen Daten personenbezogene Daten sind, die sowohl MS als auch X und andere Dritte, die in den streitigen Dokumenten genannt wurden, betreffen, ist eine Abwägung zwischen den berechtigten Interessen der verschiedenen, sich im vorliegenden Fall gegenüberstehenden Personen gegeneinander vorzunehmen, um zu bestimmen, ob es ein überwiegendes Interesse gab, das es rechtfertigte, MS das Recht auf Zugang zu diesen personenbezogenen Daten zu verweigern. 107 Selbst wenn man dem Vorbringen der Kommission folgen wollte, wonach ein Bedürfnis nach Schutz für alle streitigen Dokumente gelte, ist festzustellen, dass diese in der Entscheidung vom 16. Juni 2016 nicht begründet hat, inwiefern die Verbreitung dieser Dokumente und insbesondere jener zwei Dokumente, die die Korrespondenz zwischen X und MS enthalten, zu denen MS als Urheber bzw. Adressat bereits Zugang gehabt hatte, die berechtigen Interessen von X oder anderer, in diesem Dokument genannter Personen hätte beeinträchtigen können. 108 Insoweit kann die Kommission in der Entscheidung vom 19. April 2016 nicht hilfsweise auf den Umstand verweisen, dass die Person, die die Beschwerde einlegte, aus Furcht vor Repressalien nicht wollte, dass die streitigen personenbezogenen Daten MS mitgeteilt werden. Auch wenn die Kommission in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, dass eine der in den streitigen Unterlagen genannten Personen in derselben Stadt wie MS gewohnt habe, gibt es in den Akten keine Hinweise darauf, dass MS, der ja bereits über ausreichende Informationen verfügte, um X und Y als jene Personen identifizieren zu können, die möglicherweise der Grund für die Beschwerde waren, im Sinn hatte, gegen diese Vergeltungsmaßnahmen auszuüben, die über Maßnahmen hinausgehen, die zum Schutz seiner berechtigten Interessen erforderlich sind. 109 In Nr. 32 seines Vorschlags für eine einvernehmliche Lösung stellte der Bürgerbeauftragte selbst fest, dass „mit Blick auf die Rechte der Verteidigung [von MS] … der Grund [für die Verweigerung der Verbreitung der streitigen Dokumente wegen der Notwendigkeit des Schutzes der Vertraulichkeit zugunsten von X] unzureichend [war], da die Vertretung der Kommission nicht den Beweis für eine tatsächliche Gefahr für die Grundrechte oder die berechtigten Interessen von [X] erbrachte und die [von X] vorgebrachten Erklärungen und die [von X] vorgelegten Beweise entscheidende, ja sogar einzigartige, Beweise gegen [MS] darstellten“. 110 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung der bloße Umstand, dass ein Dokument ein durch eine Ausnahme geschütztes Interesse betrifft, nicht ausreicht, um die Anwendung der Ausnahme zu rechtfertigen. Das betreffende Organ muss auch erläutern, inwiefern der Zugang zu diesem Dokument das Interesse, das durch eine Ausnahme nach diesem Artikel geschützt wird, konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte (vgl. Urteile vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission, C‑612/13 P, EU:C:2015:486‚ Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 11. März 2009, Borax Europe/Kommission, T‑121/05, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:64‚ Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 11. März 2009, Borax Europe/Kommission, T‑166/05, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:65‚ Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). 111 Im vorliegenden Fall geht aus der Entscheidung vom 16. Juni 2016 nicht hervor, dass dieses Organ eine angemessene Abwägung der verschiedenen vorliegenden berechtigten Interessen vorgenommen hat, wie es eine kombinierte Anwendung der Art. 8, 13 und 20 der Verordnung Nr. 45/2001 erfordern würde. 112 Nach alledem verstößt die Entscheidung vom 16. Juni 2016 über die Zurückweisung des Antrags von MS, ihm die streitigen personenbezogenen Daten zu übermitteln, gegen die Art. 8, 13 und 20 der Verordnung Nr. 45/2001 und ist deshalb für nichtig zu erklären, ohne dass der andere von der Klägerin geltend gemachte Klagegrund geprüft werden müsste. 2. Zum Schadensersatzantrag 113 Die Klägerin begehrt Ersatz des immateriellen Schadens, den MS aufgrund der Zurückweisung des Antrags, ihm Zugang zu den streitigen Dokumenten zu gewähren und die streitigen personenbezogenen Daten zu übermitteln, durch die Kommission erlitten haben soll. 114 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe sich fehlerhaft verhalten und die Grundrechte von MS, wie die Verteidigungsrechte und das Recht auf Achtung der Privatsphäre, verletzt, indem sie sich geweigert habe, MS Zugang zu den streitigen personenbezogenen Dokumenten und Zeugenaussagen zu gewähren, und es abgelehnt habe, ihm die streitigen personenbezogenen Daten zu übermitteln. Dadurch sei bei MS ein Gefühl der ungerechten Behandlung und ein Vertrauensverlust in diese Institution entstanden. Aus diesen Gründen ist die Klägerin der Ansicht, dass die Schadensersatzklage von dem Nichtigkeitsantrag abgetrennt werden könne und selbst dann wirksam bleibe, wenn der Antrag auf Nichtigerklärung zurückzuweisen sei. Insoweit bewertet die Klägerin den MS entstandenen Schaden mit 20 000 Euro in jeder Rechtssache, was einen Gesamtbetrag von 40 000 Euro ergibt. 115 Nach ständiger Rechtsprechung hängt die außervertragliche Haftung der Union im Sinne von Art. 340 AEUV für ein rechtswidriges Verhalten eines Organs vom Vorliegen einer Reihe von Voraussetzungen ab, die sich auf die Rechtswidrigkeit des dem Unionsorgan vorgeworfenen Verhaltens, das tatsächliche Bestehen des Schadens und das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden beziehen. Liegt eine dieser Voraussetzungen nicht vor, ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung geprüft zu werden brauchen (Urteile vom 14. Oktober 2014, Giordano/Kommission, C‑611/12 P, EU:C:2014:2282, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 9. September 1999, Lucaccioni/Kommission, C‑257/98 P, EU:C:1999:402, Rn. 14). 116 Im Übrigen ist der Antrag auf Ersatz eines materiellen oder immateriellen Schadens zurückzuweisen, wenn er eng mit einem Antrag auf Nichtigerklärung verbunden ist, der selbst als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. September 2006, Kommission/Fernández Gómez, C‑417/05 P, EU:C:2006:582, Rn. 51). 117 Im vorliegenden Fall steht der Antrag auf Ersatz des immateriellen Schadens, den MS aufgrund der behaupteten Rechtswidrigkeit der Weigerung, ihm Zugang zu den streitigen Dokumenten zu gewähren, erlitten haben soll, in engem Zusammenhang mit dem Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen vom 2. Februar und 19. April 2016, soweit sie sich auf die Zurückweisung des Antrags auf Zugang von MS zu den streitigen Dokumenten beziehen. Wie jedoch aus den vorstehenden Rn. 43 bis 91 folgt, ließ sich im Zusammenhang mit der Prüfung der zur Stützung dieses Nichtigkeitsantrags vorgebrachten Klagegründe kein rechtswidriges Verhalten der Kommission und somit auch keine Pflichtverletzung feststellen, die ihre Haftung auslösen könnte. Daher ist der Antrag auf Ersatz des MS wegen dieser Rechtsverstöße angeblich entstandenen Schadens ebenfalls als unbegründet zurückzuweisen. 118 In Bezug auf den Antrag auf Ersatz des immateriellen Schadens, den MS aufgrund der behaupteten Rechtswidrigkeit der Weigerung, ihm die streitigen personenbezogenen Daten zu übermitteln, erlitten haben soll, ergibt sich aus der oben stehenden Rn. 112, dass die Entscheidung vom 16. Juni 2016 über die Zurückweisung des Antrags, MS diese personenbezogenen Daten zu übermitteln, gegen die Art. 8, 13 und 20 der Verordnung Nr. 45/2001 verstößt und aus diesem Grund für nichtig zu erklären ist. Nach ständiger Rechtsprechung kann die Nichtigerklärung einer rechtswidrigen Maßnahme als solche eine angemessene und grundsätzlich hinreichende Wiedergutmachung des gesamten immateriellen Schadens, den diese Maßnahme möglicherweise verursacht hat, sein (vgl. Urteil vom 9. November 2004, Montalto/Rat, T‑116/03, EU:T:2004:325‚ Rn. 127 und die dort angeführte Rechtsprechung), es sei denn, der Kläger weist nach, dass er einen von der Rechtswidrigkeit, auf der die Nichtigerklärung beruht, abtrennbaren immateriellen Schaden erlitten hat, der durch diese Nichtigerklärung nicht in vollem Umfang wiedergutgemacht werden kann (vgl. Urteil vom 6. Juni 2006, Girardot/Kommission, T‑10/02, EU:T:2006:148, Rn. 131 und die dort angeführte Rechtsprechung). 119 Das Gefühl der ungerechten Behandlung und die Besorgnisse, mit denen eine Person aufgrund des Umstands konfrontiert ist, ein Gerichtsverfahren anstrengen zu müssen, um eine Anerkennung ihrer Rechte zu erreichen, stellt einen Schaden dar, der sich allein auf den Umstand zurückführen lässt, dass die Verwaltung rechtswidrige Handlungen begangen hat. Diese Schäden sind zu ersetzen, wenn sie nicht durch die mit der Nichtigerklärung der rechtswidrigen Maßnahme verbundene Genugtuung ausgeglichen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Juli 2014, CG/EIB, F‑115/11, EU:F:2014:187, Rn. 132). 120 Im Übrigen kann die Nichtigerklärung einer rechtswidrigen Maßnahme als solche nicht eine angemessene Wiedergutmachung darstellen, wenn der angefochtene Rechtsakt eine explizit negative Beurteilung der Fähigkeiten des Klägers beinhaltet, die ihn verletzen könnte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Februar 1990, Culin/Kommission, C‑343/87, EU:C:1990:49‚ Rn. 27 bis 29, vom 23. März 2000, Rudolph/Kommission, T‑197/98, EU:T:2000:86‚ Rn. 98, und vom 13. Dezember 2005, Cwik/Kommission, T‑155/03, T‑157/03 und T‑331/03, EU:T:2005:447‚ Rn. 205 und 206. 121 Im vorliegenden Fall konnte die Entscheidung vom 16. Juni 2016, mit der der Antrag, MS die streitigen personenbezogenen Daten zu übermitteln, zurückgewiesen wurde, ohne eine Abwägung der verschiedenen vorliegenden berechtigten Interessen vorzunehmen, bei MS ein Gefühl der ungerechten Behandlung und einen Verlust des Vertrauens in die Kommission hervorrufen. Diese Entscheidung beruhte im Übrigen, wie sich aus den Ausführungen der Kommission im Verfahren vor dem Bürgerbeauftragten und dem Gericht ergibt, auf der „Besorgnis, dass [MS] gegenüber [X] oder anderen, in ihrer Beschwerde genannten Personen Vergeltungsmaßnahmen ergreifen könnte“, d. h. auf einer Form der negativen Bewertung gegenüber MS, die ihn möglicherweise verletzt haben könnte. 122 Unter diesen Umständen kann die Nichtigerklärung der Entscheidung vom 16. Juni 2016 als solche nicht ausreichen, eine angemessene Wiedergutmachung des MS aufgrund dieser Entscheidung entstandenen immateriellen Schadens herbeizuführen. 123 Daher ist dem Antrag auf Ersatz des MS wegen der rechtswidrigen Weigerung, ihm die streitigen personenbezogenen Daten zu übermitteln, entstandenen immateriellen Schadens in Höhe eines Betrags von 5000 Euro stattzugeben und dieser Antrag im Übrigen zurückzuweisen. IV. Kosten 124 Nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt jede Partei ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt und teils unterliegt. 125 Da im vorliegenden Fall die Klägerin und die Kommission beide mit einigen ihrer Anträge unterlegen sind, tragen sie jeweils ihre eigenen Kosten. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 16. Juni 2016 über die Zurückweisung des Antrags von MS, ihm bestimmte personenbezogene Daten zu übermitteln, wird für nichtig erklärt. 2. Die Kommission wird verurteilt, an VG als Alleinerbin von MS einen Betrag von 5000 Euro zu zahlen. 3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 4. VG und die Kommission tragen jeweils ihre eigenen Kosten. Pelikánová Valančius Öberg Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 27. November 2018. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Französisch.
Urteil des Gerichts (Neunte Kammer) vom 29. Februar 2016.#UTi Worldwide, Inc. u. a. gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Speditionsdienste im internationalen Luftverkehr – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV festgestellt wird – Aufschläge und Rechnungsstellungsmechanismen, die sich auf den Endpreis der Dienstleistungen auswirken – Beurteilungsfehler – Beweis – Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Spürbare Auswirkung auf den Wettbewerb – Höhe der Geldbuße – Schwere der Zuwiderhandlung – Verhältnismäßigkeit – Gesamtschuldnerische Haftung – Unbeschränkte Nachprüfung.#Rechtssache T-264/12.
62012TJ0264
ECLI:EU:T:2016:112
2016-02-29T00:00:00
Gericht
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Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst (Erste Kammer) vom 17. März 2015.#AX gegen Europäische Zentralbank.#Öffentlicher Dienst – Personal der EZB – Disziplinarverfahren – Disziplinarstrafe – Entlassung – Verteidigungsrechte – Zugang zur Disziplinarakte – Zugang zu Informationen und Dokumenten, die andere Dienststellen betreffen – Angemessene Frist – Rechtmäßigkeit der Zusammensetzung des Disziplinarausschusses – Beratende Rolle des Disziplinarausschusses – Verhängung einer schwereren als der empfohlenen Strafe – Begründungspflicht – Leitung einer Dienststelle – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Verhältnismäßigkeit der Strafe – Mildernde Umstände – Erschwerende Umstände – Einrede der Rechtswidrigkeit.#Rechtssache F-73/13.
62013FJ0073
ECLI:EU:F:2015:9
2015-03-17T00:00:00
Gericht für den öffentlichen Dienst
62013FJ0073 URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST DER EUROPÄISCHEN UNION (Erste Kammer) 17. März 2015 (*1) „Öffentlicher Dienst — Personal der EZB — Disziplinarverfahren — Disziplinarstrafe — Entlassung — Verteidigungsrechte — Zugang zur Disziplinarakte — Zugang zu Informationen und Dokumenten, die andere Dienststellen betreffen — Angemessene Frist — Rechtmäßigkeit der Zusammensetzung des Disziplinarausschusses — Beratende Rolle des Disziplinarausschusses — Verhängung einer schwereren als der empfohlenen Strafe — Begründungspflicht — Leitung einer Dienststelle — Offensichtlicher Beurteilungsfehler — Verhältnismäßigkeit der Strafe — Mildernde Umstände — Erschwerende Umstände — Einrede der Rechtswidrigkeit“ In der Rechtssache F‑73/13 betreffend eine Klage nach Art. 36.2 des dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag beigefügten Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, AX, ehemaliger Mitarbeiter der Europäischen Zentralbank, wohnhaft in Kibæk (Dänemark), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt L. Levi, Kläger, gegen Europäische Zentralbank (EZB), vertreten durch M. López Torres und E. Carlini als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt B. Wägenbaur, Beklagte, erlässt DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST (Erste Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten R. Barents sowie der Richter E. Perillo und J. Svenningsen (Berichterstatter), Kanzler: X. Lopez Bancalari, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Dezember 2014 folgendes Urteil 1 Mit Klageschrift, die am 17. Juli 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragt AX insbesondere die Aufhebung der Entscheidung des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (EZB oder im Folgenden: Bank) vom 28. Mai 2013, mit der die Disziplinarstrafe der Entlassung unter Einhaltung der Kündigungsfrist über ihn verhängt wurde, sowie die Zahlung von 20000 Euro als Ersatz des immateriellen Schadens, der ihm entstanden sein soll. Rechtlicher Rahmen 1. Protokoll über die Satzung des ESZB und der EZB 2 Art. 36 („Personal“) des dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag beigefügten Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der EZB (im Folgenden: Protokoll über die Satzung des ESZB und der EZB) bestimmt: „36.1.   Der EZB-Rat legt auf Vorschlag des Direktoriums die Beschäftigungsbedingungen für das Personal der EZB fest. 36.2.   Der Gerichtshof ist für alle Streitsachen zwischen der EZB und deren Bediensteten innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen zuständig, die sich aus den Beschäftigungsbedingungen ergeben.“ 2. Geschäftsordnung der EZB 3 Auf der Grundlage von Art. 12.3. des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB erließ der EZB-Rat am 7. Juli 1998 die Geschäftsordnung der EZB. Art. 11 („Mitarbeiter der EZB“) Abs. 2 und 3 der Geschäftsordnung der EZB in ihrer auf den vorliegenden Rechtsstreit anwendbaren Fassung nach Änderung durch den Beschluss EZB/2009/5 vom 19. März 2009 (ABl. L 100, S. 10) lautet: „11.2.   Unbeschadet der Bestimmungen der Artikel 36 und 47 [des Protokolls über die] Satzung [des ESZB und der EZB] erlässt das Direktorium Organisationsvorschriften (nachfolgend als ‚Rundverfügungen‘ bezeichnet), die für die Mitarbeiter der EZB verbindlich sind. 11.3.   Das Direktorium erlässt einen Verhaltenskodex als Richtschnur für seine Mitglieder und die Mitarbeiter der EZB und aktualisiert diesen.“ 4 Art. 21 („Beschäftigungsbedingungen“) der Geschäftsordnung der EZB sieht vor: „21.1.   Die Beschäftigungsbedingungen und die Dienstvorschriften regeln die Beschäftigungsverhältnisse zwischen der EZB und ihren Mitarbeitern. 21.2.   Der EZB-Rat verabschiedet die Beschäftigungsbedingungen auf Vorschlag des Direktoriums und nach Anhörung des Erweiterten Rates. 21.3.   Das Direktorium legt die Dienstvorschriften fest, durch die die Beschäftigungsbedingungen umgesetzt werden. 21.4.   Die Personalvertretung wird vor der Festlegung neuer Beschäftigungsbedingungen oder Dienstvorschriften angehört. Ihre Stellungnahme wird dem EZB-Rat bzw. dem Direktorium vorgelegt.“ 3. Beschäftigungsbedingungen für das Personal der EZB 5 Auf der Grundlage von Art. 36.1. des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB und insbesondere der Geschäftsordnung der EZB erließ der EZB-Rat mit Beschluss vom 9. Juni 1998, geändert am 31. März 1999 (ABl. L 125, S. 32), die Beschäftigungsbedingungen für das Personal der EZB (im Folgenden: Beschäftigungsbedingungen). In der Folge wurden die Beschäftigungsbedingungen mehrmals geändert. Die am 1. Januar 2010 geltende Fassung der Beschäftigungsbedingungen bestimmte u. a.: „3.   Die den Mitarbeitern der EZB aufgrund des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen [Union] eingeräumten Vorrechte und Befreiungen werden ihnen ausschließlich im Interesse der EZB gewährt. Diese Vorrechte und Befreiungen entbinden die Bediensteten weder davon, ihre privaten Verpflichtungen zu erfüllen, noch von der Einhaltung der geltenden Gesetze und polizeilichen Vorschriften. … a) Die Bediensteten erfüllen ihre Aufgaben gewissenhaft und ungeachtet ihrer persönlichen Interessen. Ihr Verhalten entspricht ihren Aufgaben und der Natur der EZB als Organ [der Union] … … a) Die arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen der EZB und ihren Bediensteten werden durch Arbeitsverträge in Verbindung mit [den] Beschäftigungsbedingungen geregelt. Die Einzelheiten der Umsetzung [der] Beschäftigungsbedingungen werden in den vom Direktorium festgelegten Dienstvorschriften geregelt. … c) [Die] Beschäftigungsbedingungen unterliegen keinem spezifischen einzelstaatlichen Recht. Die EZB wendet i) die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamen allgemeinen Rechtsgrundsätze, ii) die allgemeinen Grundsätze des [Unionsrechts] und iii) die Vorschriften an, die in den an die Mitgliedstaaten gerichteten Verordnungen und Richtlinien der [Union] über die Sozialpolitik enthalten sind. Diese Rechts[instrumente] werden von der EZB immer dann angewandt, wenn es sich als erforderlich erweist. Empfehlungen der [Union] auf dem Gebiet der Sozialpolitik werden angemessen berücksichtigt. Die Auslegung der in den … Beschäftigungsbedingungen geregelten Rechte und Pflichten erfolgt unter angemessener Berücksichtigung der maßgebenden Grundsätze der Verordnungen, Regelungen und Rechtsprechung, die für die Bediensteten der [Unions]organe gelten. … a) Die EZB kann die Verträge mit den Bediensteten auf eine mit Gründen versehene Stellungnahme des Direktoriums gemäß dem in den Dienstvorschriften geregelten Verfahren aus folgenden Gründen kündigen: … iv) aus disziplinarischen Gründen. b) Während der Probezeit oder im Fall einer Entlassung aus disziplinarischen Gründen beträgt die Kündigungsfrist einen Monat. … 41.   Die Bediensteten können beantragen, dass die ihnen gegenüber erlassenen Entscheidungen einer Verwaltungskontrolle gemäß dem im achten Teil der Dienstvorschriften vorgesehenen Verfahren unterzogen werden. … … Die Disziplinarstrafen können nur durch die Einleitung des nach den Dienstvorschriften vorgesehenen besonderen Beschwerdeverfahrens angefochten werden. … 44.   Folgende Disziplinarstrafen können gegebenenfalls gegen Bedienstete verhängt werden …, die vorsätzlich oder fahrlässig ihre Dienstpflichten verletzen: i) … ii) das Direktorium kann außerdem eine der folgenden Strafen verhängen: … — eine Einstufung in eine niedrigere Besoldungsgruppe in Verbindung mit einer entsprechenden Änderung der Verwendung des Bediensteten innerhalb [der EZB]; — die Entlassung unter Einhaltung der Kündigungsfrist oder die fristlose Entlassung in Verbindung mit in hinreichend begründeten Fällen einer Herabsetzung der im Rahmen der Renteneinrichtungen … oder des Invalidengeldes gewährten Leistungen, wobei sich die Auswirkungen dieser Strafe nicht auf die dem Bediensteten gegenüber anspruchsberechtigten Personen erstrecken dürfen. … … 45.   Die Disziplinarstrafen müssen der Schwere der Verletzung der Dienstpflichten entsprechen und mit Gründen versehen werden. Bei der Feststellung, wie schwer die Verletzung der Dienstpflichten wiegt und welche Disziplinarstrafe zu verhängen ist, wird insbesondere Folgendem Rechnung getragen: — der Art der Verletzung der Dienstpflichten und den Tatumständen; — dem Ausmaß, in dem die Verletzung der Dienstpflichten die Integrität, das Ansehen oder die Interessen der EZB beeinträchtigt; — dem Ausmaß, in dem die Verletzung der Dienstpflichten mit vorsätzlichen oder fahrlässigen Handlungen verbunden ist; — den Gründen des Bediensteten für die Verletzung seiner Dienstpflichten; — der Besoldungsgruppe und dem Dienstalter des Bediensteten; — dem Grad der Verantwortung des Bediensteten; — der Frage, ob die Verletzung der Dienstpflichten mit wiederholten Handlungen oder wiederholtem Verhalten verbunden ist; — der bisherigen dienstlichen Führung des Bediensteten. Die Disziplinarstrafen werden nach dem in den Dienstvorschriften vorgesehenen Verfahren verhängt. In diesem Verfahren ist zu gewährleisten, dass gegen keinen Bediensteten …, auf den die … Beschäftigungsbedingungen anwendbar sind, eine Disziplinarstrafe verhängt wird, ohne dass diesem zunächst Gelegenheit gegeben wurde, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen. … 46.   Im Fall einer behaupteten schweren Verletzung der Dienstpflichten kann das Direktorium nach Anhörung des betreffenden Bediensteten beschließen, diesen mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes zu entheben, falls keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen. …“ 4. Dienstvorschriften der EZB 6 Teil 8.3 („Disziplinarverfahren“) der vom Direktorium erlassenen Dienstvorschriften der EZB (im Folgenden: Dienstvorschriften) in ihrer auf den vorliegenden Rechtsstreit anwendbaren Fassung bestimmt: „Die Art. 43, 44 und 45 der Beschäftigungsbedingungen werden wie folgt angewandt. 8.3.1 ‚Verletzung der Dienstpflichten‘ ist eine Verletzung der Pflichten nach dem [Protokoll über die] Satzung des [ESZB] und der [EZB], den Beschäftigungsbedingungen, den Dienstvorschriften, dem Verhaltenskodex der [EZB] und nach jedem anderen Rechtsakt oder jeder anderen auf die Bediensteten anwendbaren internen Norm oder Regel. 8.3.2 Auf der Grundlage eines Berichts, in dem die die Verletzung der Dienstpflichten begründenden Tatsachen und Umstände einschließlich aller erschwerenden oder mildernden Umstände sowie Beweise dargelegt werden, und unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Anhörung des betreffenden Bediensteten nach der Übermittlung des gesamten Akteninhalts an Letzteren kann das Direktorium beschließen: — ein Disziplinarverfahren wegen Verletzung der Dienstpflichten einzuleiten; … Der Bedienstete, gegen den ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, … wird hiervon und von den [gegen ihn] erhobenen Vorwürfen schriftlich unterrichtet. … 8.3.4 Eine Disziplinarstrafe, ausgenommen eine schriftliche Verwarnung oder ein schriftlicher Verweis, kann nur nach Befassung des Disziplinarausschusses verhängt werden. 8.3.5 Der Disziplinarausschuss setzt sich aus den folgenden fünf Mitgliedern zusammen: a) einem Vorsitzenden ohne Stimmrecht, der vom Direktorium aus einer Liste ehemaliger hoher Beamter eines anderen Organs der Europäischen Union oder hochrangiger Mitglieder einer europäischen internationalen Organisation ernannt wird …; b) dem Generaldirektor oder [dem] stellvertretenden Generaldirektor Personal, Budget und Organisation [der EZB]; c) zwei vom Direktorium ernannten Bediensteten; d) einem Personalvertreter, der vom Direktorium aus einer von der Personalvertretung und den Gewerkschaften übermittelten Liste mit den in einer Rangordnung festgelegten Namen dreier Bediensteter ernannt wird. … Die nach den Punkten c) und d) ernannten Mitglieder des Disziplinarausschusses dürfen nicht Angehörige desselben Dienstes wie der Bedienstete sein, gegen den das Disziplinarverfahren eingeleitet wurde. … … 8.3.6 Vorbehaltlich der Genehmigung des Vorsitzenden des Ausschusses kann ein Mitglied des Disziplinarausschusses aus berechtigten Gründen von dieser Aufgabe entbunden werden; bei einem Interessenkonflikt hat es seine Bestellung abzulehnen. An seine Stelle tritt dann das jeweilige Ersatzmitglied. 8.3.7 Die Beratungen und Arbeiten des Disziplinarausschusses sind gemäß den internen Vertraulichkeitsregeln der EZB persönlich und vertraulich. Die Mitglieder des Disziplinarausschusses handeln in persönlicher Eigenschaft und üben ihre Funktion unabhängig aus. 8.3.8 Der Vorsitzende des Disziplinarausschusses stellt die Durchführung der im Rahmen des Verfahrens vor dem Disziplinarausschuss getroffenen Entscheidungen sicher und setzt jedes Mitglied über alle relevanten Informationen und Unterlagen in Kenntnis. … 8.3.10 Der Bedienstete [, gegen den das Disziplinarverfahren eingeleitet wurde,] wird über die Zusammensetzung des Disziplinarausschusses unterrichtet und kann innerhalb von fünf Tagen ein Mitglied des Ausschusses ablehnen. 8.3.11 Der Bericht nach Art. 8.3.2 wird dem Bediensteten übermittelt. Nach Erhalt des Berichts hat der Bedienstete das Recht, seine vollständige Personalakte einzusehen und von allen Verfahrensunterlagen einschließlich derer, die ihn entlasten, Kopien anzufertigen. Zur Vorbereitung seiner Verteidigung stehen ihm vom Zeitpunkt des Erhalts des Berichts an mindestens 15 Kalendertage zur Verfügung. 8.3.12 Der Disziplinarausschuss hört den Bediensteten, der sich schriftlich oder mündlich äußern und eines Beistands seiner Wahl bedienen kann. … … 8.3.15 Der Disziplinarausschuss gibt mit der Mehrheit seiner Stimmen eine von allen seinen Mitgliedern unterzeichnete endgültige Stellungnahme zu den Tatsachen, zur Frage, ob sie eine Verletzung der Dienstpflichten darstellen, und zu einer Disziplinarstrafe ab. Jedes Mitglied des Disziplinarausschusses kann der Stellungnahme einen abweichenden Standpunkt beifügen. Der Disziplinarausschuss leitet die endgültige Stellungnahme dem Direktorium und dem Bediensteten innerhalb von drei Monaten nach der Unterrichtung des Letzteren über die Einleitung des Disziplinarverfahrens zu. Die Frist beträgt fünf Monate, wenn der Disziplinarausschuss ergänzende Untersuchungen durchführt. Sie muss jedenfalls der Komplexität des [Disziplinar-]Falls angemessen sein. … 8.3.16 Der Bedienstete kann dem Direktorium innerhalb von 15 Tagen ab Übermittlung der mit Gründen versehenen endgültigen Stellungnahme des Disziplinarausschusses seine eigenen Erklärungen vorlegen. 8.3.17 Das Direktorium beschließt binnen einem Monat ab Erhalt der mit Gründen versehenen endgültigen Stellungnahme des Disziplinarausschusses und der Erklärungen des Bediensteten die Disziplinarstrafe, die am angemessensten ist. Es berücksichtigt die Empfehlungen des Disziplinarausschusses gebührend, ohne jedoch an diese gebunden zu sein. …“ 5. Rundverfügung Nr. 1/2006 7 Die Regeln für die Verwaltungsuntersuchungen innerhalb der EZB sind in der vom Direktorium am 21. März 2006 erlassenen Rundverfügung Nr. 1/2006 (im Folgenden: Rundverfügung Nr. 1/2006) festgelegt. Nach Art. 2 Abs. 1 dieser Rundverfügung haben die Verwaltungsuntersuchungen das Ziel, den Sachverhalt aufzuklären, greifen einem Disziplinarverfahren jedoch nicht vor. 8 Nach Art. 6 Abs. 14 der Rundverfügung Nr. 1/2006 muss am Ende der Verwaltungsuntersuchung die mit deren Durchführung beauftragte Person oder das damit beauftragte Gremium (im Folgenden: Gremium oder Untersuchungsgremium) dem Untersuchungsleiter einen mit Gründen versehenen Bericht übermitteln, der, wenn er ein Senior Manager ist, das Direktorium hierüber unterrichten muss. 9 Art. 7 Abs. 3 der Rundverfügung Nr. 1/2006 sieht Folgendes vor: „Die von einer Verwaltungsuntersuchung betroffenen Bediensteten der EZB: a) werden von der mit der Untersuchung beauftragten Person oder dem Gremium vor der Vorlage des mit Gründen versehenen Berichts über den Inhalt der behaupteten Verletzung ihrer Dienstpflichten unterrichtet und erhalten Zugang zu den Unterlagen, die die gegen sie erhobenen Vorwürfe betreffen und für die Ausübung ihrer Verteidigungsrechte erhebliche Tatsachen enthalten; und b) können ihren Standpunkt geltend machen und sich zu den sie betreffenden Schlussfolgerungen äußern; diese Kommentare werden zur Vervollständigung der Untersuchungsakte in den mit Gründen versehenen Bericht aufgenommen; und c) können den Beistand eines Mitglieds der Personalvertretung in Anspruch nehmen. Die Bediensteten der EZB oder andere in die Verwaltungsuntersuchung einbezogene Personen haben auch Zugang zu allen sie betreffenden Tatsachen sowie zu ihren persönlichen Daten, um deren Richtigkeit und Vollständigkeit sicherzustellen; sie können von dem als Kontrolleur tätigen Leiter der Verwaltungsuntersuchungen die sofortige Berichtigung jeder Unrichtigkeit oder Auslassung in Bezug auf ihre persönlichen Daten verlangen.“ 6. Verhaltenskodex der EZB 10 Die maßgeblichen Bestimmungen des gemäß Art. 11.3 der Geschäftsordnung der Bank erlassenen Verhaltenskodex der EZB (ABl. 2001, C 76, S. 12, im Folgenden: Verhaltenskodex) lauten wie folgt: „… 2. … Von den [Bediensteten der EZB,] Adressaten [des vorliegenden Verhaltenskodex,] wird erwartet, dass sie in absoluter Loyalität gegenüber der EZB, ehrlich, unabhängig, unparteiisch, diskret und ohne Rücksicht auf eigene oder nationale Interessen handeln, dass sie sich einem hohen Standard an Berufsethik verschreiben und jede Situation vermeiden, die zu Interessenkonflikten führen könnte. … 2.2 Sorgfalt, Effizienz, Verantwortlichkeit Von den Adressaten [des vorliegenden Verhaltenskodex] wird erwartet, dass sie die ihnen anvertrauten Verantwortlichkeiten und Pflichten stets sorgfältig, effizient und nach besten Kräften ausführen. Von ihnen wird erwartet, dass sie sich der Bedeutung ihrer Pflichten und Verantwortlichkeiten bewusst sind, dass sie den Erwartungen der Öffentlichkeit hinsichtlich ihres moralischen Verhaltens Rechnung tragen, dass sie sich auf eine Art und Weise verhalten, die das Vertrauen der Öffentlichkeit in die EZB aufrechterhält und fördert, und dass sie zur Effizienz der Verwaltung der EZB beitragen. … 4.1 … Für die Adressaten [des vorliegenden Verhaltenskodex] zählt zur Treuepflicht nicht nur die Erfüllung der ihnen durch ihre Vorgesetzten übertragenen Aufgaben und die Befolgung der Anweisungen der Vorgesetzten sowie die Einhaltung der anwendbaren Berichtswege, sondern auch Unterstützung, Rat, Offenheit und Transparenz bei jedem Umgang mit Vorgesetzten und Kollegen. Insbesondere sollten die [Bediensteten der EZB] betroffene Kollegen über die laufende Arbeit auf dem neuesten Stand halten und es ihnen ermöglichen, dazu beizutragen. Die Vorenthaltung von Informationen, die sich auf die Arbeitsausführung von Vorgesetzten oder Kollegen auswirken können, insbesondere um einen persönlichen Vorteil zu erlangen, die Weitergabe von falschen, ungenauen oder übertriebenen Informationen, die Verweigerung der Zusammenarbeit mit Kollegen oder jedes obstruktive Verhalten würde der Art der Treuepflicht, die von den [Bediensteten der EZB] erwartet wird, widersprechen. … 4.2 … Von den [Bediensteten der EZB] wird erwartet, dass sie das Eigentum der EZB achten und schützen und Dritten nicht gestatten, die Dienste und/oder Einrichtungen der EZB in Anspruch zu nehmen. Die gesamte Ausstattung und Einrichtungen aller Art stehen den [Bediensteten der EZB] nur zum offiziellen Gebrauch zur Verfügung, sofern nicht der private Gebrauch entweder gemäß diesbezüglicher interner Regelungen oder Praxis oder aufgrund einer Ermessensentscheidung gestattet ist. Von den [Bediensteten der EZB] wird auch erwartet, dass sie alle vernünftigen und angemessenen Maßnahmen ergreifen, um die Kosten und Ausgaben der EZB, soweit möglich, zu begrenzen, damit die verfügbaren Ressourcen auf die effizienteste Art und Weise verwendet werden können. 5. Umsetzung 5.1 Die Rolle der [Bediensteten der EZB,] Adressaten [des vorliegenden Verhaltenskodex] Die ordnungsgemäße Umsetzung dieses [Verhaltensk]odex hängt in erster Linie von der Professionalität, dem Gewissen und dem gesunden Menschenverstand [seiner] Adressaten ab. Von den Adressaten [des vorliegenden Verhaltenskodex] in Autoritätspositionen wird neben einem wachsamen Verhalten auch erwartet, dass sie sich hinsichtlich der Beachtung der in diesem [Verhaltensk]odex festgelegten Prinzipien und Regelungen beispielhaft verhalten. …“ 7. Praxishandbuch 11 Das Kapitel 7 des „Praxishandbuchs“ („Business Practices Handbook“, im Folgenden: Praxishandbuch) sieht in Bezug auf die zentralisierten Kostenstellen vor, dass die einem zentralen Budget zugeordneten Aufgaben und Mittel mit den Dienstleistungen verbunden sind, die von der für dieses zentralisierte Budget zuständigen Dienststelle den anderen Dienststellen der EZB erbracht worden sind. Die Leiter der Kostenstellen („Budget Center Managers“) sind für ihre jeweilige Kostenstelle verantwortlich und haben über alle Tätigkeiten dieser Kostenstelle Buch zu führen. Sie sind für die Verwaltung ihrer Finanzmittel im Rahmen ihres genehmigten Budgets und entsprechend den entsprechenden Regeln und Leitlinien verantwortlich. Sie sollen sicherstellen, dass die Kosten auf dem richtigen Konto gebucht werden. Nach Kapitel 8 des Praxishandbuchs wenden die Bediensteten der EZB die Regeln für öffentliche Aufträge und die bewährten Praktiken für alle ihre Beschaffungen an. Sie müssen sich um das beste Preis‑/Leistungsverhältnis bemühen, indem sie die Gesamtkosten des Gegenstands berücksichtigen und nicht nur dem derzeitigen Bedarf, sondern auch dem möglichen zukünftigen Bedarf Rechnung tragen. Art. 8.1.1 des Praxishandbuchs sieht vor, dass der Kostenstellenleiter für eine gute Entwicklung und positive Ergebnisse bei den Beschaffungen verantwortlich ist, d. h. er muss das beste Preis‑/Leistungsverhältnis erzielen sowie die Standards der EZB und den Verhaltenskodex im Zusammenhang mit den Beschaffungen beachten. Sachverhalt 1. Ursprünglicher, auch in den verbundenen Rechtssachen F‑7/11 und F‑60/11 vorgebrachter Sachverhalt 12 Der Kläger trat am 1. Juni 2003 in den Dienst der EZB und wurde infolge eines internen Einstellungsverfahrens mit Wirkung zum 1. Juni 2007 zum Leiter der Abteilung Bürodienste der Generaldirektion (GD) „Verwaltung“ ernannt, die ab 19. Februar 2008 als „Abteilung Verwaltungsdienste“ bezeichnet wird. Diese Abteilung war u. a. zuständig, das Funktionieren der zentralen Post-, Telefon- und Reprografiedienste sicherzustellen, die Vergabe von Unteraufträgen für die Reinigungsdienste, die interne Verpflegung, Gruppenreservierungen von Hotelzimmern, die Dolmetscherdienste und die Geschäftsreisen zu verwalten, die praktische Organisation der in der EZB abgehaltenen Versammlungen sicherzustellen, das Funktionieren eines Fahrer- und Transportdienstes sicherzustellen, Lieferungen entgegenzunehmen, den Raum für die Lagerung der Gegenstände zu verwalten sowie das Mobiliar zu liefern und die interne Verteilung der Gegenstände sicherzustellen. 13 Als Leiter einer Abteilung, die übergreifend für die Versorgung der anderen Abteilungen der Bank mit Ausstattung und Dienstleistungen, ausgenommen jedoch EDV-Ausstattung, zuständig war, war der Kläger für ein zentralisiertes Budget verantwortlich. Bei seiner Tätigkeit stand ihm ein stellvertretender Leiter zur Seite (im Folgenden: stellvertretender Abteilungsleiter). 14 Gemäß der vom Direktorium genehmigten Beschaffungspolitik der EZB ist die „‚Verantwortung für die Versorgung und die Beschaffung [u. a. für sämtliche] zentralisierten EDV-Investitionen (einschließlich Hardware und Computersoftware) … zentralisiert‘ und der Abteilung ‚Infrastruktur & Betrieb‘ der [GD ‚Informationssysteme‘] übertragen“. 15 Am 26. Februar 2010 beschloss das Direktorium auf der Grundlage der Rundverfügung Nr. 1/2006, eine Verwaltungsuntersuchung durchzuführen, um „sämtliche Tatsachen und Umstände im Zusammenhang mit dem Erwerb bestimmter Artikel und der Nutzung bestimmter Gegenstände der EZB durch das Personal [der Abteilung Verwaltungsdienste]“ sowie „sämtliche Tatsachen und Umstände bezüglich einer etwaigen Verletzung der Dienstpflichten durch einige Bedienstete im Zusammenhang mit dem Kauf und der Nutzung dieser [Gegenstände] aufzuklären“ (im Folgenden: ursprüngliche Verwaltungsuntersuchung). Es wurde auch entschieden, die betreffenden Bediensteten nicht sofort davon zu unterrichten, um die Verwaltungsuntersuchung nicht zu beeinträchtigen. Mit derselben Entscheidung vom 26. Februar 2010 wurde der Direktor der Direktion Interne Revision zum Untersuchungsleiter ernannt und ein aus vier Bediensteten der EZB bestehendes Untersuchungsgremium gebildet. 16 Am 26. März 2010 wurde der Kläger vom Untersuchungsgremium zum Erwerb von unter drei verschiedene Kategorien fallenden Artikeln durch die Abteilung Verwaltungsdienste, nämlich von i) tragbaren Computern der Marke X, ii) anderen Arten von tragbaren Computern und iii) Lesegeräten für E-Books, angehört. Bei dieser Gelegenheit wurde dem Kläger gemäß Art. 7 Abs. 1 der Rundverfügung Nr. 1/2006 mitgeteilt, dass er von einer Verwaltungsuntersuchung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 dieser Rundverfügung betroffen sei. Ein Entwurf des Protokolls der Anhörung wurde ihm am 22. April 2010 übermittelt, damit er dazu Stellung nehmen könne, was er am darauffolgenden 10. Mai tat. 17 Mit Entscheidung vom 6. April 2010, die am darauffolgenden Tag wirksam wurde, enthob das Direktorium den Kläger vorläufig seines Dienstes unter Fortzahlung des vollen Grundgehalts während der Dauer der Verwaltungsuntersuchung (im Folgenden: Entscheidung vom 6. April 2010). In dieser Entscheidung wurde darauf hingewiesen, dass sie sich insbesondere auf die Unruhe in der Abteilung Verwaltungsdienste, die Notwendigkeit, den ordnungsgemäßen Ablauf der ursprünglichen Verwaltungsuntersuchung zu erleichtern, und auf den Bericht über den Fortgang der Untersuchungstätigkeit des Gremiums gründete (im Folgenden: Bericht über den Fortgang der Untersuchungstätigkeit vom 6. April 2010), der dem Direktorium am selben Tag übermittelt worden war. Die Entscheidung vom 6. April 2010 wurde am 3. Juni 2010 vom Kläger angefochten, der eine besondere Beschwerde auf der Grundlage von Art. 41 der Beschäftigungsbedingungen und Art. 8.1.6 der Dienstvorschriften erhob. 18 Auf eine Aufforderung des Untersuchungsgremiums hin bat der Kläger einen seiner Kollegen, der Bank mehrere Gegenstände zurückzubringen, die Eigentum der Bank waren und die der Kläger außerhalb der Räumlichkeiten der EZB aufbewahrte. Dieser Kollege gab der EZB diese Gegenstände am 22. Juli 2010 zurück. Zu diesen Gegenständen gehörten drei tragbare Computer, ein Lesegerät für E-Books, ein tragbares Navigationssystem, zwei Fotoapparate und ein tragbarer Projektor. 19 Außerdem teilte der Kläger dem Untersuchungsgremium mit Schreiben vom 22. Juli 2010 mit, dass er an der für diesen Tag vorgesehenen Anhörung aus medizinischen Gründen nicht teilnehmen könne. Er antwortete in diesem Schreiben jedoch ausführlich auf die Fragen des Gremiums zu den von der Abteilung Verwaltungsdienste von 2007 bis 2010 getätigten Käufen. 20 Dort führte er insbesondere aus, dass eine Vielzahl der fraglichen Käufe zu Test- oder Versuchszwecken getätigt worden seien. Der Erwerb von Computern, tragbaren Computern vom Typ „MacBook“ und anderer EDV-Ausstattung sei für die Einrichtung eines Besucherbereichs für die an den Sitzungen der EZB teilnehmenden Besucher bestimmt gewesen, damit sie dort ihre E-Mails lesen, ihre Fluginformationen überprüfen und ihren Online-Check-in durchführen könnten. Andere Ausrüstungsgegenstände seien für die Ausstattung der Warteräume bestimmt gewesen, die die Fahrer der EZB zwischen ihren Fahrten benutzten. Es sei darum gegangen, sie insbesondere während längerer Wartezeiten am Abend zu unterhalten. Die Abteilung Verwaltungsdienste habe daher Videospielkonsolen (Wii) gekauft. Die tragbaren Navigationssysteme seien ihrerseits für die langen Strecken bestimmt gewesen, die die Fahrer in Deutschland und durch Europa zurücklegten. Die Mobiltelefone sollten den Bediensteten geliehen werden, denen die Bank keines dauerhaft zur Verfügung gestellt habe, oder auch fehlerhafte Mobiltelefone ersetzen, die von der GD „Informationssysteme“ geliefert worden seien. Auch der Kauf von BlackBerry-Mobiltelefonen und dazugehöriger Ausstattung sei durch den Zweck der Ersetzung der fehlerhaften Mobiltelefone gerechtfertigt gewesen, die der Abteilung Verwaltungsdienste von der GD „Informationssysteme“ zur Verfügung gestellt worden seien. Der Kauf kabelloser Tastaturen sei vom Kläger zur Ausstattung von Sitzungsräumen angeordnet worden. 21 In seinem Schreiben an das Gremium vom 22. Juli 2010 rechtfertigte sich der Kläger auch für den Kauf von fünf Lesegeräten für E-Books damit, dass sie zu Testzwecken erworben worden seien, um festzustellen, ob in Zukunft solche Geräte von der Bank gekauft werden könnten oder sollten, um als Geschenk an ihr Personal verteilt zu werden. Da er außerdem ständig Fachliteratur lese, nehme er sein Lesegerät für E-Books immer mit, um im Zug oder auf Geschäftsreisen lesen zu können. 22 Was die von der Abteilung Verwaltungsdienste erworbenen Fotoapparate betreffe, seien diese dazu bestimmt gewesen, Fotos in hoher Qualität von Gegenständen zu machen, die im Lieferkatalog dieser Abteilung enthalten gewesen seien. Andere Audio- und Videoausstattung sei für Präsentationen in den Sitzungen erworben worden. Es seien auch Schutzhüllen gekauft worden, damit die Mitarbeiter der Abteilung Verwaltungsdienste ihre tragbaren Computer und ihre Unterlagen leichter befördern könnten. Was die digitalen Bilderrahmen und die SD („Secure Digital“)-Karten zur Speicherung von digitalen Fotos betreffe, seien diese gekauft worden, um bei Bedarf das Personal der Abteilung Verwaltungsdienste damit belohnen zu können. 23 Am 26. Juli 2010 gab das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) der EZB seine Entscheidung vom 1. Juli 2010 bekannt, eine Untersuchung zu eröffnen. Die Eröffnung dieser Untersuchung beendete die ursprüngliche Verwaltungsuntersuchung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) (ABl. L 136, S. 1). Da das Untersuchungsgremium am 26. Juli 2010 seine Untersuchung noch nicht abgeschlossen hatte, legte es dem Untersuchungsleiter keinen „mit Gründen versehene[n] Bericht über die Tatsachen und Umstände der Sache sowie das Vorliegen oder Fehlen von hinreichenden Beweisen für die behauptete Verletzung“ im Sinne von Art. 8.3.2 der Dienstvorschriften und Art. 6 Abs. 14 der Rundverfügung Nr. 1/2006 vor. 24 Mit Entscheidung vom 3. August 2010 über die besondere Beschwerde des Klägers hob das Direktorium die Entscheidung vom 6. April 2010 auf und gewährte dem Kläger 1 Euro als symbolische Entschädigung. 25 Mit Entscheidung vom 4. August 2010, die am selben Tag zugestellt wurde, enthob das Direktorium den Kläger mit Wirkung vom 5. August 2010 vorläufig seines Dienstes unter Fortzahlung des vollen Grundgehalts (im Folgenden: Entscheidung vom 4. August 2010). In dieser Entscheidung wird ausgeführt, dass sie sich zum einen auf Vorwürfe gründe, die, wenn sie bewiesen würden, eine schwere Verletzung der Dienstpflichten des Klägers wegen des dem Ansehen der EZB insoweit zugefügten Schadens und der hohen Position des Betroffenen innerhalb des Organs darstellten, und zum anderen auf das Erfordernis, insbesondere die Durchführung der Untersuchung des OLAF zu erleichtern. 26 Im Begleitschreiben zur Entscheidung vom 4. August 2010 an den Kläger, das u. a. vom Generaldirektor der GD „Personal, Budget & Organisation“ (im Folgenden: GD „Personal“) unterzeichnet war, wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass der Kläger sich mehrfach geweigert habe, vor dem Erlass dieser Entscheidung an einer Anhörung teilzunehmen. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung zur Anhörung des Betroffenen nach dem Erlass einer Entscheidung über eine vorläufige Dienstenthebung wurde der Kläger in diesem Schreiben aufgefordert, zu einer Anhörung am 11. August 2010 um 11.00 Uhr oder zu jedem ihm gelegenen früheren Zeitpunkt zu erscheinen oder andernfalls spätestens am 3. September 2010 seine schriftlichen Erklärungen zur Entscheidung vom 4. August 2010 vorzulegen. 27 Mit Schreiben vom 17. August 2010 unterrichtete der Generaldirektor der GD „Personal“ den Kläger über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe, die dem Direktorium mitgeteilt worden waren. Es handelte sich um: „… [Erstens] die dem Direktorium mitgeteilten Vorwürfe, die im [Bericht über den Fortgang der Untersuchungstätigkeit vom] 6. April 2010 enthalten waren und auf einem Gespräch mit [dem Kläger] am 26. März 2010 beruhten, dessen Protokoll [dem Kläger] zugesandt worden war … und zu dem Letzterer am 10. Mai 2010 schriftliche Erklärungen … vorgelegt [hatte, die Folgendes betreffen]: i) [den Erwerb von] tragbaren Computern der Marke [X], den Erwerb anderer tragbarer Computer und von Lesegeräten für E‑Books durch die [Abteilung Verwaltungsdienste]; ii) [die Tatsache, dass] die dienstlichen Gründe, die Nutzung und der Verbleib dieser Artikel ungewiss waren. [Zweitens] die dem Direktorium mitgeteilten Vorwürfe, die im [Bericht über den Fortgang der Untersuchungstätigkeit vom] 6. April 2010 enthalten waren und die im [Protokoll der Sitzung vom] 14. Juli 2010 noch einmal zusammengefasst und belegt worden waren, dessen vorläufige Fassung [dem Kläger] mit Schreiben vom 21. Juli 2010 übermittelt worden war[, nämlich:] i) [M]ehrere Artikel wie tragbare Computer der Marke [X], andere Arten von tragbaren oder Desktop-Computern und Lesegeräte für E-Books [waren] über eine der zwei zentralisierten Kostenstellen, für die die [Abteilung Verwaltungsdienste] verantwortlich ist, gekauft worden, wobei der derzeitige Verbleib der Mehrzahl dieser Artikel unbekannt ist; ii) [der Kläger] hat[te] als Leiter der [Abteilung Verwaltungsdienste] den Kauf dieser Artikel in die Wege geleitet, genehmigt oder gestattet; iii) die dienstlichen Gründe für diese Käufe [waren] auch im Hinblick auf die Rolle und die Zuständigkeiten der [Abteilung Verwaltungsdienste], wie sie sich aus der [vom Direktorium genehmigten] Beschreibung der Aufgaben [der Abteilung] ergeben, fraglich; iv) [der Kläger war] als Leiter der [Abteilung Verwaltungsdienste] nicht in der Lage, eine vernünftige Erklärung zum Verbleib der Mehrzahl dieser Artikel abzugeben. [Drittens] die dem Direktorium mitgeteilten Vorwürfe, die im [Bericht über den] Fortgang der Untersuchungstätigkeit vom 19. Juli 2010 enthalten waren[, nämlich]: i) 127 Käufe von Artikeln durch die [Abteilung Verwaltungsdienste], die in 13 unterschiedliche Kategorien unterteilt werden k[onnten], wovon die wichtigsten Folgende sind: i) tragbare Computer der Marke [X] samt Zubehörteilen; ii) andere Computer samt Zubehörteilen; iii) andere Arten von EDV-Ausstattung und Software; iv) Navigationssysteme und v) Mobiltelefone. Am [17. August 2010] konnte der Verbleib dieser 127 Artikel, abgesehen von einigen wenigen, nicht bestimmt werden; ii) [die] Ungewissheit hinsichtlich der dienstlichen Gründe für den Kauf dieser Artikel, hinsichtlich der Projekte oder Aufgaben, auf die sie sich bez[og]en, und hinsichtlich der Beziehung zwischen dem fraglichen Projekt oder der fraglichen Aufgabe und den funktionalen Zuständigkeiten der [Abteilung Verwaltungsdienste]. …“ 28 Mit Schreiben vom 10. August 2010 beantragte der Kläger bei der EZB den Zugang zu verschiedenen Unterlagen. Mit Schreiben vom 17. August 2010 lehnte die EZB diesen Antrag ab und verwies insoweit auf ihren Standpunkt in den früheren Schreiben vom 28. April, 21. Mai und 5. Juli 2010 sowie in dem Begleitschreiben vom 4. August 2010 zur Entscheidung vom selben Tag. In einer Anlage zum Schreiben vom 17. August 2010 wiederholte die EZB die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe, auf die sich die Entscheidung vom 4. August 2010 gründete. 29 Mit Schreiben vom 3. und 10. September 2010 äußerte sich der Kläger zur Entscheidung vom 4. August 2010. Er stellte insbesondere seine Fähigkeiten als Abteilungsleiter („Manager“) heraus und betonte u. a., dass er im Rahmen eines Vertrags über ein EDV-System samt damit verbundener Anwendungen und Produkte, das zur Datenverarbeitung bestimmt gewesen sei und „SAP“ heiße, für die EZB eine Ersparnis von 3 Mio. Euro erzielt habe. 30 Zu den fraglichen Käufen brachte der Kläger vor, diese seien gemäß den geltenden Regeln und Standards der EZB erfolgt und entsprächen dienstlichen Bedürfnissen im Zusammenhang mit den Aufgaben der Abteilung Verwaltungsdienste. 31 Die tragbaren Computer der Marke X seien für den Besucherbereich der EZB angeschafft worden, und die Entscheidung für die Computer dieser Marke sei, neben ihrem ästhetischen Erscheinungsbild, deswegen getroffen worden, weil sie technisch zuverlässiger für eine Nutzung des kabellosen Internets seien als die der Marke Y, die in der EZB normalerweise verwendet würden. 32 Das Direktorium ersuchte sodann das Untersuchungsgremium, zum Vorbringen des Klägers eine Note mit seinen Bemerkungen und Feststellungen und mit den Ergebnissen seiner bis zum 26. Juli 2010 geführten Gespräche/Befragungen zu verfassen. 33 Mit Schreiben vom 30. September 2010 legte der Kläger gegen die Entscheidung vom 4. August 2010 eine besondere Beschwerde ein. Diese Beschwerde wurde mit Entscheidung des Direktoriums der EZB vom darauffolgenden 23. November zurückgewiesen. 34 Ebenfalls am 23. November 2010 erließ das Direktorium nach einer auf die schriftlichen Entgegnungen des Klägers erneut durchgeführten Prüfung seiner Situation eine neue Entscheidung, mit der die Entscheidung vom 4. August 2010 bestätigt wurde. In dieser neuen Entscheidung wies es darauf hin, dass es diese erlassen habe, nachdem es das Untersuchungsgremium ersucht habe, in einer Note zu den Entgegnungen des Klägers Stellung zu nehmen. Die Gründe für die vorläufige Dienstenthebung des Klägers waren erstens die Feststellung des Direktoriums, dass sich gewisse Entgegnungen des Klägers mit gewissen Beobachtungen und Schlussfolgerungen des Gremiums nicht deckten, zweitens das Fehlen von Erklärungen des Klägers hinsichtlich der 127 Gegenstände, in Bezug auf die ihm eine schwere Verletzung seiner Dienstpflichten vorgeworfen wurde, da seine Entgegnungen diese Vorwürfe nicht hinreichend entkräften oder offenkundig unbegründet machen konnten, und drittens die Fortsetzung der Ermittlungen des OLAF im Rahmen seiner Untersuchung. Im Schreiben, mit dem diese Entscheidung bekannt gegeben wurde, waren Auszüge aus den vorläufigen Schlussfolgerungen des Gremiums wiedergegeben, auf die sich das Direktorium nach seinen Angaben gestützt hatte. 35 Im Januar 2011 teilte die EZB dem Kläger ihre Entscheidung mit, ein Verfahren zur Feststellung seiner Dienstunfähigkeit einzuleiten. 36 Mit Entscheidung vom 15. März 2011 wies das Direktorium der EZB die besondere Beschwerde des Klägers vom 21. Januar 2011 gegen die Entscheidung vom 23. November 2010, mit der die Entscheidung vom 4. August 2010 bestätigt worden war, zurück. 37 Am 16. März 2011 teilte der Generaldirektor der GD „Personal“ dem Kläger mit, dass er ab 28. März 2011 nicht mehr seine Dienstbezüge, sondern eine entsprechende Entschädigung wegen Invalidität erhalten werde. 38 Am 22. März 2011 wurde der Kläger vom OLAF aufgefordert, an einer für den 12. und 13. Mai 2011 vorgesehenen Anhörung teilzunehmen. 39 Mit Klageschriften, die jeweils am 2. Februar bzw. 25. Mai 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, hat der Kläger zwei Klagen erhoben; mit der ersten, in das Register unter dem Aktenzeichen F‑7/11 eingetragen, begehrt er die Aufhebung der Entscheidung vom 4. August 2010, mit der zweiten, in das Register unter dem Aktenzeichen F‑60/11 eingetragen, begehrt er die Aufhebung der Entscheidung vom 23. November 2010, mit der die Entscheidung vom 4. August 2010 bestätigt worden war; somit ging es um die beiden Entscheidungen, mit denen die EZB ihn vorläufig seines Dienstes enthoben hatte. 40 Mit Urteil vom 13. Dezember 2012, AX/EZB (F‑7/11 und F‑60/11, EU:F:2012:195), wies das Gericht die beiden Klagen ab und verurteilte den Kläger zur Tragung der Kosten. 2. Zum Tätigkeitsbericht des Gremiums 41 Aus der Akte ergibt sich, dass das Untersuchungsgremium am 26. Juli 2010, als ihm der Fall aufgrund der Mitteilung des OLAF über die Eröffnung seiner Untersuchung entzogen wurde, seine Arbeiten nicht abgeschlossen hatte, diese aber bis dahin in der Form eines Tätigkeitsberichts („Activity Report“, im Folgenden: Tätigkeitsbericht des Gremiums) vom 15. März 2011 festgehalten hatte. Dieser Bericht sollte die „vorläufige Beurteilung, zu der das Untersuchungsgremium bis zum 26. Juli 2010 gekommen war, in Bezug auf die dienstlichen Gründe für den Kauf der fraglichen Gegenstände für jede einzelne Kategorie und in Bezug auf die Schlüssigkeit der gegebenen Erklärungen“ festhalten. 42 Der Tätigkeitsbericht des Gremiums wurde ein Jahr später, am 22. März 2012, durch den Untersuchungsleiter, nämlich den Direktor der Internen Revision, der GD „Personal“ übermittelt. Dies wurde damit begründet, dass der Bericht „Informationen beinhaltet, die sich im abschließenden Bericht des OLAF [wie in Rn. 51 des vorliegenden Urteils erwähnt] nicht niedergeschlagen haben und zusätzliche Gesichtspunkte liefern können, einschließlich etwaiger erschwerender oder mildernder Umstände, die [die GD „Personal“] in [ihrer] Entscheidung über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens berücksichtigen kann“. Außerdem führte der Direktor der Internen Revision aus, dass der Tätigkeitsbericht des Gremiums „einfach sämtliche Beobachtungen und Ergebnisse der Gespräche bis zum 26. Juli 2010 in kurzer Form widerspiegelt und dass eine klare Unterscheidung zu treffen ist zwischen diesem Bericht und einem ‚begründete[n] Bericht über die Tatsachen und Umstände der Sache sowie das Vorliegen oder Fehlen von hinreichenden Beweisen für die behauptete Verletzung‘“, also einem Bericht im Sinne von Art. 8.3.2 der Dienstvorschriften und Art. 6 Abs. 14 der Rundverfügung Nr. 1/2006. 3. Zum Bericht des OLAF Zur Durchführung der Untersuchung 43 Im Rahmen seiner Untersuchung ersuchte das OLAF die EZB mit Schreiben vom 29. Juli 2010 um Informationen, die diese ihm mit Schreiben vom 6. August 2010 übermittelte. Die Untersuchungsgruppe des OLAF führte vom 20. bis zum 24. September 2010 auch eine Kontrolle vor Ort durch, bei der sie Gespräche mit zwölf Bediensteten der EZB als „Zeugen“ führte. Am 19. November 2010 befragte das OLAF auch einen anderen Bediensteten der Bank. 44 Am 23. März 2011 begaben sich die Mitglieder des Untersuchungsgremiums in die Diensträume des OLAF und tauschten bei dieser Gelegenheit ihre Feststellungen zu jeder Kategorie der von der Abteilung Verwaltungsdienste gekauften Gegenstände aus, legten ihre vorläufige Beurteilung des Sachverhalts, zu der sie bis zum 26. Juli 2010 gekommen waren, dar und beantworteten die diesbezüglichen Fragen des OLAF. 45 Aus der Akte ergibt sich, dass das Untersuchungsgremium auf diese Weise die Durchführung der Untersuchung des OLAF unterstützte. Im Rahmen dieser Unterstützung ersuchte das OLAF die EZB mit Schreiben vom 29. März 2011, ihm eine Kopie des Tätigkeitsberichts des Gremiums zu übermitteln, den dieses in einer seiner Antworten auf die Auskunftsverlangen des OLAF angeführt hatte. 46 Am 30. März 2011 übersandte der Direktor der Direktion Interne Revision als Untersuchungsleiter dem OLAF den Tätigkeitsbericht des Gremiums und machte es darauf aufmerksam, „dass [dieser] Bericht nur die Tätigkeit des Untersuchungsgremium bis zum 26. Juli 2010 widerspiegelt, [d. h.] bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die EZB vom OLAF über die Einleitung einer Untersuchung in dieser Sache unterrichtet wurde, wodurch die [ursprüngliche] Verwaltungsuntersuchung endete. Folglich dürfen die wesentlichen Feststellungen und die vorläufigen Beurteilungen des Untersuchungsgremiums zu den [dreizehn] Kategorien der in Rede stehenden Käufe der Abteilung Verwaltungsdienste in keiner Weise als abschließende Ergebnisse zu jeder dieser Kategorien oder zu einem anderen Aktenbestandteil verstanden werden“. 47 Da der Kläger dem Olaf nicht zur Verfügung stand, forderte es ihn auf, sich spätestens bis zum 31. August 2011 zur Zusammenfassung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu äußern oder Stellung zu beziehen, und stellte ihm außerdem mehrere Fragen. 48 Am 30. August 2011 übermittelte die EZB dem Anwalt des Klägers bestimmte von ihm am 26. August 2011 erbetene Dokumente vollständig oder auch nur in Auszügen. Mit Schreiben seines Anwalts vom 30. August 2011 beantwortete der Kläger die drei wesentlichen vom OLAF in einem Schreiben vom 13. Juli 2011 gestellten Fragen und äußerte sich zu den dienstlichen Gründen für die streitigen Käufe und zu ihrem Zusammenhang mit den Aufgaben und Zuständigkeiten der vom Kläger geleiteten Abteilung Verwaltungsdienste. 49 Zur Liste der fraglichen Käufe der Abteilung Verwaltungsdienste wies der Kläger das OLAF darauf hin, dass er bereits am 29. Juni 2010 vom Untersuchungsgremium aufgefordert worden sei, sich hierzu zu äußern. Er führte u. a. aus, dass seiner Ansicht nach nichts falsch daran sei, der EZB gehörende Ausrüstungsgegenstände nach Hause mitzunehmen, da ihm das erlaube, ihre Konfiguration abzuschließen, sie in Betrieb zu nehmen und gleichzeitig Zeit im Dienst zu sparen. Er habe niemals den Kauf von Gegenständen zulasten des Budgets der Bank für seinen persönlichen oder privaten Gebrauch angeordnet, und seine Familie und er seien jedenfalls immer auf ihre eigenen Kosten reichlich mit EDV-Geräten und Fotoapparaten ausgestattet gewesen. In seiner Antwort an das OLAF brachte er auch vor, niemals die Anweisung gegeben zu haben, gewisse Haushaltsposten der Abteilung Verwaltungsdienste für die fraglichen Käufe zu verwenden, da es dem stellvertretenden Abteilungsleiter oblegen habe, konkret den für den betreffenden Kauf passenden Haushaltsposten zu bestimmen. 50 Nachdem festgestellt worden war, welcher Bedienstete etwa ein Drittel der streitigen Käufe genehmigt hatte, nämlich der stellvertretende Abteilungsleiter, hörte das OLAF diesen am 13. Oktober 2011 an. Zu den Schlussfolgerungen des Berichts des OLAF 51 Am Ende der Untersuchung nahm das OLAF einen abschließenden Bericht an, in dem es im Fall des Klägers empfahl, die Untersuchung mit disziplinarrechtlichen Folgemaßnahmen abzuschließen (im Folgenden: Bericht des OLAF). Dieser Bericht, der am 8. November 2011 erstellt wurde, wurde der EZB zusammen mit Empfehlungen an sie am 27. Januar 2012 übermittelt. Den Kläger unterrichtete das OLAF am 23. Januar 2012 über den Abschluss seiner Untersuchung. 52 Aus dem Bericht des OLAF geht hervor, dass ein Bediensteter der EZB, der um Wahrung seiner Anonymität ersucht hat [im Folgenden: Hinweisgeber oder Whistleblower] auf mögliche Unregelmäßigkeiten in der Abteilung Verwaltungsdienste hingewiesen hatte. Diese standen im Zusammenhang mit dem Kauf von zwei tragbaren Navigationssystemen, den der Kläger im Lauf des Jahres 2010 getätigt haben soll, obwohl alle offiziellen Fahrzeuge der EZB bereits serienmäßig mit einem solchen System ausgestattet gewesen waren, sowie mit anderen Käufen: mehrere LED-Projektoren, drei Fotoapparate, davon einer in professioneller Qualität, sowie zahlreiche tragbare Computer und Zubehörteile. Der Whistleblower hatte angegeben, er habe den Eindruck gehabt, der Kläger, der beträchtliche finanzielle Schwierigkeiten gehabt habe, habe die mit Mitteln seiner Dienststelle gekaufte Ausstattung zum eigenen Vorteil weiterverkauft. 53 Was den Kauf von tragbaren Computern der Marke X, die in der EZB nicht verwendet werden, und entsprechender Zubehörteile betrifft, wies das OLAF darauf hin, dass solche Käufe von EDV-Produkten nicht zu den Aufgaben der Abteilung Verwaltungsdienste gehörten. Selbst wenn es einen Bezug zu einem Projekt zur Ausstattung von Sitzungsräumen eines der Gebäude der EZB mit einer kabellosen Internetverbindung gegeben hätte, wäre ein solches Projekt in die Zuständigkeit der GD „Informationssysteme“ gefallen; außerdem sei im Rahmen dieses Projekts kein tragbarer Computer erworben worden. Jedenfalls rufe der Umstand, dass die fraglichen tragbaren Computer vom Kläger lange vor dem Beginn dieses Projekts gekauft worden seien, weitere Zweifel an der Zweckmäßigkeit dieser Käufe hervor. Das OLAF kam daher zu dem Ergebnis, dass kein stichhaltiger dienstlicher Grund den Kauf der zu dieser Kategorie gehörenden Güter erklären könne. 54 Hinsichtlich des Kaufs von digitalen Bilderrahmen („Electronic Photo Frames“) und Lesegeräten für E-Books stellte das OLAF ebenso fest, dass kein dienstlicher Grund diese Käufe, die ebenso wenig zu den Aufgaben der Abteilung Verwaltungsdienste gehörten, rechtfertigen könne. 55 Ebenso stellte das OLAF fest, dass der Kauf „[a]nderer Computer und entsprechender Zubehörteile“ („[o]ther computers and related accessories“) nicht zu den Aufgaben der Abteilung Verwaltungsdienste gehöre und die Rechtfertigung des Klägers und des stellvertretenden Abteilungsleiters, nämlich die Telearbeit, die Kontinuität der Arbeit und die kostenlose Überlassung an das Personal der Bank für Sitzungen und Präsentationen, den Aussagen der vom OLAF angehörten Zeugen widerspreche. Das OLAF kam daher zu dem Ergebnis, dass kein dienstlicher Grund diese Käufe rechtfertigen könne. 56 Zum Kauf von tragbaren Navigationssystemen stellte das OLAF fest, dass die vom Kläger geltend gemachte Rechtfertigung, nämlich den Belangen der Fahrer der EZB für ihre langen Fahrten in Deutschland und durch Europa Rechnung zu tragen, in klarem Widerspruch zu den Aussagen der Fahrer selbst und des stellvertretenden Abteilungsleiters stehe, nach denen die offiziellen Fahrzeuge der EZB bereits serienmäßig mit eingebauten Navigationssystemen ausgestattet gewesen seien. Es gab daher laut dem OLAF keinen stichhaltigen dienstlichen Grund für diese Käufe. 57 Was den Kauf anderer Computer und Zubehörteile betrifft, stellte das OLAF fest, dass diese Käufe auf der Ebene der GD „Informationssysteme“ hätten zentralisiert werden müssen und nicht mit dienstlichen Bedürfnissen der Abteilung Verwaltungsdienste gerechtfertigt werden könnten. 58 Das OLAF war außerdem der Auffassung, dass der Kauf von zwölf BlackBerry-Telefonen und anderen Mobiltelefonen sowie der Abschluss von Mobiltelefonieverträgen im Zeitraum 2007 bis 2010 nicht durch dienstliche Gründe gerechtfertigt gewesen seien und dass der Erwerb dieser Gegenstände und Dienstleistungen nicht zu den Aufgaben der Abteilung Verwaltungsdienste gehört habe. 59 Hinsichtlich des Erwerbs von vier digitalen Fotoapparaten in den Jahren 2007 und 2010 wies das OLAF den vom Kläger angeführten Rechtfertigungsgrund zurück, wonach die fraglichen Fotoapparate für den Dienst der Qualitätskontrolle und dessen Online-Katalog verwendet worden seien. Die Rechtfertigung des Klägers, warum er zwei dieser Fotoapparate nach Hause mitgenommen habe, nämlich weil es erforderlich gewesen sei, sie einzustellen, aufzuladen und ihr Benutzerhandbuch zu lesen, wurde vom OLAF zurückgewiesen, insbesondere weil der Kläger diese Benutzerhandbücher nicht zusammen mit den Fotoapparaten mitgenommen hatte. 60 Was den Erwerb von Druckern betrifft, war das OLAF der Auffassung, dass die Abteilung Verwaltungsdienste, wenn sie einen Bedarf an solchen gehabt hätte, sich diese über die GD „Informationssysteme“ hätte beschaffen müssen. Das OLAF gelangte hinsichtlich des Kaufs der Waren der Marke Logitech zu derselben Feststellung. 61 Zum Kauf eines Fernsehapparats, von Bildschirmen und von Projektoren räumte das OLAF ein, dass der Kauf eines Fernsehapparats und eines Bildschirms im Hinblick auf die Belange der Fahrer der EZB gerechtfertigt sein könne. Hingegen sah das OLAF keinen stichhaltigen Grund für den Kauf von Projektoren und Bildschirmen, die angeblich für Präsentationen in den Büros und Sitzungsräumen bestimmt gewesen seien. 62 Zum Kauf von Konsolen und Spielesoftware, u. a. einer Software namens „Body for LIFE companion“ zur Planung von täglichen Sportübungen und einem Spiel mit dem Logo einer amerikanischen Football-Mannschaft wies das OLAF darauf hin, dass die Fahrer der EZB, entgegen dem Vorbringen des Klägers zur Rechtfertigung dieser Käufe bestritten hätten, diese Freizeitausrüstung zu ihrer Verfügung gehabt zu haben. 63 Das OLAF kam zu dem Ergebnis, dass die Abteilung Verwaltungsdienste von Oktober 2007 bis März 2010 127 EDV-Produkte und damit zusammenhängende Produkte, insgesamt 411 einzelne Gegenstände, in Höhe eines Gesamtbetrags von ungefähr 65000 Euro zulasten der Haushaltslinie „Unterstützung der Verwaltungsdienste …“ („Administrative Services Support …“) des zentralisierten Budgets der Abteilung Verwaltungsdienste gekauft habe. Anweisungsbefugter für zwei Drittel dieser Ausgaben sei der Kläger gewesen, während das restliche Drittel vom stellvertretenden Abteilungsleiter angeordnet worden sei. 64 Das OLAF stellte fest, dass die EZB in der Lage gewesen sei, 95 der fraglichen Gegenstände wieder aufzufinden oder deren Verbleib festzustellen, während der Verbleib der übrigen 316 Gegenstände mit einem Schätzwert von 40674,74 Euro weiterhin unbekannt sei. Da keiner dieser Gegenstände in dem zu diesem Zweck vorgesehenen Ausstattungs-Logistiksystem („Equipment Logistics System“, im Folgenden: „ELS“) oder in einem anderen Inventarsystem der EZB inventarisiert worden sei, sei es schwierig, den Ort zu bestimmen, an dem sie sich befänden. Das OLAF wies jedoch darauf hin, nichts gefunden zu haben, was den Verdacht untermauert hätte, dass der Kläger die fraglichen Gegenstände unterschlagen habe oder dass diese Gegenstände von einem Bediensteten der EZB gestohlen oder unterschlagen worden seien. Selbst wenn die in Rede stehenden Käufe eine Verletzung der Dienstpflichten darstellten, empfahl das OLAF daher keine strafrechtlichen Folgemaßnahmen. 65 Neben seinen Untersuchungsergebnissen richtete das OLAF außerdem mehrere Empfehlungen an die EZB, nämlich erstens die Haushaltsabläufe innerhalb der Abteilung Verwaltungsdienste dahin gehend zu kontrollieren, dass ein untergeordneter Mitarbeiter nicht gegenzeichne, weil sich aufgrund des offenkundigen Fehlens der Unabhängigkeit des untergeordneten Mitarbeiters kein Mehrwert für die Kontrolle des Anweisungsbefugten ergebe; zweitens die zentralisierten Kostenstellen wie die der Abteilung Verwaltungsdienste zu rationalisieren, um die Transparenz des Beschaffungssystems dieser Abteilung zu stärken; drittens sicherzustellen, dass bei den Prozessen in der Abteilung Verwaltungsdienste streng der Grundsatz der Spezialität des Haushaltsplans angewandt und eine gesunde finanzielle Verwaltung gewährleistet werde, und viertens den Grad der internen Kontrolle zu überprüfen, der allgemein sowohl innerhalb der Abteilung Verwaltungsdienste als auch in der Überwachung dieser Abteilung eher niedrig sei. 4. Zum Disziplinarverfahren nach Art. 8.3.2 der Dienstvorschriften Zur Einleitung des Disziplinarverfahrens und zum Bericht nach Art. 8.3.2 66 Im Anschluss an den Bericht des OLAF wurde der Kläger vom Leiter der Abteilung „Personalpolitik & ‑kommunikation“ der GD „Personal“ sowie von zwei Mitarbeitern der Abteilung Personalkommunikation („Staff Relations Division“) auf der Grundlage von Art. 8.3.2 der Dienstvorschriften (im Folgenden: Untersuchungsausschuss) angehört. Mit E-Mail vom 24. August 2012 übermittelte der Kläger dem Untersuchungsausschuss bestimmte Dokumente. Nachdem der Kläger sich am 18. Oktober 2012 zum Entwurf eines Berichts, der ihm am 26. September 2012 übermittelt worden war, geäußert hatte, nahm die Personaldirektion der EZB am 19. November 2012 den nach Art. 8.3.2 der Dienstvorschriften vorgesehenen Bericht mit dem Titel „Bericht über eine mögliche Verletzung der Dienstpflichten …“ (im Folgenden: Bericht nach Art. 8.3.2) an. 67 Im Bericht nach Art. 8.3.2 heißt es u. a.: „… Dieser Bericht wurde von der GD [‚Personal‘] auf der Grundlage von Art. 8.3.2 der Dienstvorschriften erstellt, um die Tatsachen und Umstände bezüglich einer etwaigen Verletzung [der Dienstpflichten durch den Kläger] im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an und seiner Verantwortung für die Käufe der Abteilung Verwaltungsdienste darzulegen. … Er wurde auf der Grundlage [erstens] des Berichts … des OLAF, [zweitens] der von der [Direktion Interne Revision] übermittelten Informationen betreffend die Tätigkeiten des Untersuchungsgremiums … bis zum 26. Juli 2010, dem Zeitpunkt, zu dem die [ursprüngliche] Verwaltungsuntersuchung unterbrochen wurde, [drittens] der [vom Kläger] übermittelten Informationen und [viertens] anderer der GD [‚Personal‘] zur Verfügung stehender Informationen der Verwaltung erstellt. … Unter [der Leitung des Klägers] kaufte die [Abteilung Verwaltungsdienste] 127 [EDV]-Produkte [und damit zusammenhängende Produkte], die 411 verschiedene Einzelgegenstände umfassen, für die das Vorliegen dienstlicher Gründe im Hinblick auf die Zuständigkeiten [dieser Abteilung] fraglich ist. … Von den 411 verschiedenen Gegenständen, die die [Abteilung Verwaltungsdienste] unter [der Leitung des Klägers] gekauft hatte, konnte die EZB 95 Gegenstände wiedererlangen oder deren Verbleib feststellen. Der Verbleib der übrigen 316 Gegenstände ist unbekannt. Der Schätzwert dieser fehlenden Gegenstände beläuft sich auf 40674,74 Euro. Durch den Umstand, dass keiner dieser Gegenstände im [‚ELS‘] oder in einem anderen Inventarsystem der EZB inventarisiert worden war, wurde die Ermittlung des Verbleibs der fehlenden Gegenstände … erschwert. Dass der Verbleib der Gegenstände schwierig festzustellen ist, liegt nach Ansicht [des Klägers] nicht daran, dass sie nicht in einem System erfasst wurden. Nach seiner Meinung sind folgende Erklärungen … möglich: i) Die Gegenstände seien immer noch irgendwo in den Lagern der EZB und seien aufgrund einer unzureichenden Suche nicht gefunden worden; es sei jedoch zweifelhaft, dass dieser Fall vorliege, da die Personen der [Abteilung Verwaltungsdienste], die diese Gegenstände eingelagert hätten, sich mit oder ohne [Inventar]system genau erinnern würden, wo diese Gegenstände abgestellt worden seien; ii) die Gegenstände seien von nicht zu d[ieser Abteilung] gehörendem Personal [(Personal) anderer Abteilungen oder externer Gesellschaften, das Zugang zu den Lagern habe] an einen anderen Platz gebracht worden; oder iii) die Gegenstände seien von einer oder mehreren Personen weggenommen worden, entweder um zu versuchen, [den Kläger] zu inkriminieren, oder zu deren eigenem Vorteil. …“ 68 Der Bericht nach Art. 8.3.2 zählte außerdem eine Reihe von erschwerenden und mildernden Umständen des in Rede stehenden Verhaltens des Klägers auf. 69 Mit Schreiben vom 29. November 2012 wurde der Kläger über die Entscheidung des Direktoriums vom 27. November 2012 unterrichtet, ein Disziplinarverfahren einzuleiten und die Zusammensetzung des Disziplinarausschusses festzulegen, der aus einem ehemaligen Mitglied des Gerichts als Vorsitzenden und vier Bediensteten aus verschiedenen Generaldirektionen der EZB sowie stellvertretenden Mitgliedern bestehen sollte. In der Entscheidung, mit der das Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, hieß es ausdrücklich, dass sie sich nicht auf den Tätigkeitsbericht des Gremiums, sondern auf den Bericht nach Art. 8.3.2, der dem Kläger in diesem Zusammenhang in Kopie übermittelt worden sei, gründe. 70 Dem Kläger wurde vorgeworfen, dass er als Leiter der Abteilung Verwaltungsdienste den Kauf von Gegenständen in die Wege geleitet, genehmigt oder gestattet habe, der nicht zu den Aufgaben dieser Abteilung gehört habe und/oder für welche das zentralisierte Budget dieser Abteilung nicht habe verwendet werden dürfen, dass er gewisse Aufgaben nicht erfüllt und seine Verantwortung nicht mit der gebotenen Sorgfalt wahrgenommen habe und die Haushaltsmittel nicht so verwaltet habe, dass ein Höchstmaß an Wirksamkeit, Effizienz und Wirtschaftlichkeit erzielt werde und dass er mehrmals die Treuepflicht gegenüber seinen Kollegen verletzt oder nicht alle vernünftigen und angemessenen Maßnahmen ergriffen habe, um die Kosten und Ausgaben der EZB, soweit möglich, zu begrenzen, und dadurch gegen Art. 4 Buchst. a der Beschäftigungsbedingungen, den Verhaltenskodex sowie die Art. 0.1.1, 0.4 und 0.5 der Dienstvorschriften und die Kapitel 7 und 8 des Praxishandbuchs verstoßen habe. Dem Kläger wurde auch vorgeworfen, dass sich zum einen viele der der EZB gehörenden Gegenstände außerhalb der Räumlichkeiten der Bank befänden und er gegen die Verpflichtung verstoßen habe, für die Gegenstände der Bank Sorge zu tragen, und dass er zum anderen nicht in der Lage gewesen sei, zu erklären, wo sich eine große Zahl der von der Abteilung Verwaltungsdienste gekauften Gegenstände befinde. Außerdem wurde ihm eine schlechte Bewirtschaftung der Haushaltsmittel vorgeworfen. Zur Stellungnahme des Disziplinarausschusses 71 Mit Schreiben vom 4. Dezember 2012 lehnte der Kläger zwei Mitglieder des Disziplinarausschusses und das stellvertretende Mitglied für einen dieser beiden Mitglieder ab und beantragte einen vollständigen Zugang zu sämtlichen Informationen und Dokumenten im Besitz der Bank. 72 In diesem Zusammenhang beantragte der Kläger beim Disziplinarausschuss den Zugang zu bestimmten Dokumenten, u. a. zum Tätigkeitsbericht des Gremiums. Da der Disziplinarausschuss nicht über das letztere Dokument verfügte, ersuchte er die Direktion Interne Revision am darauffolgenden 11. Dezember, es ihm zur Beurteilung seiner Relevanz für die Verteidigungsrechte des Klägers zu übermitteln. Der Tätigkeitsbericht des Gremiums wurde dem Disziplinarausschuss von der EZB übermittelt, und mit Schreiben seines Vorsitzenden vom 11. Januar 2013 teilte der Disziplinarausschuss dem Kläger mit, dass er nach Prüfung der Relevanz des beantragten Dokuments und seines Mehrwerts im Verhältnis zu den bereits mit dem Kläger geteilten Unterlagen den Antrag auf Übermittlung des Tätigkeitsberichts des Gremiums ablehne. Der Disziplinarausschuss erläuterte seinen Standpunkt wie folgt: „… Außerdem wurden, soweit dies angemessen war, verschiedene andere Erwägungen berücksichtigt, u. a. hinsichtlich der Identifizierung Dritter und des Gebots, Verzögerungen [des Verfahrens] zu vermeiden. Der Disziplinarausschuss ist der Auffassung, dass durch die [dem Kläger] bereits übermittelten Dokumente die Verteidigungsrechte [des Letzteren], insbesondere hinsichtlich der Frage des Zugangs [zu den Dokumenten], vollständig gewährleistet sind. Außerdem ist der Disziplinarausschuss der Ansicht, dass der Bericht [nach Art. 8.3.2] nichts enthält, was allein oder hauptsächlich anhand anderer Dokumente als der im Besitz [des Klägers] befindlichen bewiesen werden könnte. …“ 73 Am 5. Dezember 2012 wurde dem Kläger dagegen der vollständige Bericht des OLAF von der EZB zugestellt. 74 Der Kläger legte dem Disziplinarausschuss am 29. Januar 2013 schriftliche Erklärungen, insbesondere ein „Verteidigungsschreiben …“ vor und übermittelte nach seiner Anhörung durch den Ausschuss diesem am 30. Januar 2013 eine geänderte endgültige Fassung dieses Schreibens (im Folgenden: Verteidigungsschreiben). Aus dem Protokoll dieser Anhörung ergibt sich, dass der Kläger erneut die Verweigerung des Zugangs zu bestimmten Dokumenten durch die EZB beanstandete. Insoweit machte er geltend, dass es nicht Sache der Bank sei, zu beurteilen, welche Dokumente für seine Verteidigung relevant seien, und dass seiner Ansicht nach nicht alle Informationen im Bericht nach Art. 8.3.2 allein durch die in seinem Besitz befindlichen Dokumente belegt werden könnten. 75 Der Kläger wies bei seiner Anhörung durch den Disziplinarausschuss darauf hin, dass die Beträge der streitigen Käufe relativ niedrig gewesen seien und nur einen geringen Prozentsatz des seiner Verantwortung unterliegenden Budgets darstellten und dass diese Käufe sichtbar und folglich von der Abteilung Rechnungswesen, der Internen Revision und dem Controlling der EZB hätten überprüft werden können. Der Kläger bestritt, seinen Mitarbeitern die Anweisung gegeben zu haben, die erworbene Ausstattung nicht im „ELS“ zu erfassen. 76 Zu seiner Praxis, das Personal der Abteilung Verwaltungsdienste durch Geschenke von geringem Wert zu belohnen, brachte der Kläger in Bezug auf die digitalen Bilderrahmen vor, er habe diese Praxis beendet, sobald ihm seine Vorgesetzten mitgeteilt hätten, dass sie diese missbilligten. Er rechtfertigte die Mitnahme verschiedener Ausrüstungsgegenstände nach Hause mit seiner Neigung, in seiner Wohnung zu arbeiten, und wies darauf hin, dass ein Drittel der von ihm zurückgegebenen Gegenstände Bücher aus der Bibliothek der EZB gewesen seien, das zweite Drittel aus Standardausrüstung wie Mobiltelefonen, tragbaren Computern und Rucksäcken bestanden habe, während das letzte Drittel Ausrüstungsgegenstände gewesen seien, die er nach Hause mitgenommen habe, um sie zu konfigurieren oder sich mit diesen vertraut zu machen, bevor er dem Personal seiner Abteilung Anweisungen zu ihrer Nutzung gegeben habe. 77 Der Kläger erklärte gegenüber dem Disziplinarausschuss auch, dass er für die streitigen Güter keine öffentlichen Ausschreibungen durchgeführt habe, da der Kaufpreis pro Einheit weniger als 10000 Euro betragen habe. Beim Erwerb der Lesegeräte für E-Books habe der Schwerpunkt in der Abteilung Verwaltungsdienste auf der Einsparung von Papier gelegen; es sei vereinbart worden, in dieser Abteilung die Möglichkeit der Verwendung dieser Ausrüstung unter Einbeziehung des gesamten Personals der Abteilung über alle hierarchischen Stufen hinweg zu testen. 78 Zum Kauf einer Fitness-Software, die die Gewichtsabnahme durch die Verbrennung von Kalorien begünstigen sollte, führte der Kläger aus, diese Software, die Fitnessübungen vorgeschlagen habe, könne für die Erhaltung der Kondition der Fahrer der EZB von Nutzen sein. Er bestätigte, dass er zu dieser Verwendung weder eine Stellungnahme des ärztlichen Dienstes der EZB eingeholt noch überprüft habe, ob diese Initiative nicht eine Verdoppelung von in der Bank bereits bestehenden Gesundheitsprogrammen darstelle. Was die tragbaren Navigationssysteme angehe, so habe sich eine Reihe von Fahrern darüber beschwert, dass einige Systeme in den Fahrzeugen der EZB überholt seien; daher sei vereinbart worden, neue tragbare aktuelle Geräte zu kaufen, statt die eingebauten Navigationssysteme in den Fahrzeugen der EZB auf den neuesten Stand zu bringen. 79 Auf die Frage, ob er seinen Dienst in der EZB wiederaufzunehmen wünsche, teilte der Kläger dem Disziplinarausschuss mit, er sei dazu bereit, selbst wenn das für ihn und für andere Personen heikel sein könnte. 80 Am 5. April 2013 nahm der Disziplinarausschuss seine Stellungnahme an (im Folgenden: Stellungnahme des Disziplinarausschusses). Er äußerte sich zu dem vor ihm durchgeführten Verfahren und zum Zugang zu den Dokumenten wie folgt: „[D]as gesamte Verfahren wurde im Einklang mit den geltenden Bestimmungen und unter vollständiger Beachtung der Grundrechte d[es Klägers] durchgeführt. Der Disziplinarausschuss ist einstimmig der Auffassung, dass die in [Rn.] 14 der Stellungnahme [des Klägers] erhobenen Rügen nicht belegt sind. Was insbesondere die Rüge eines beschränkten Zugangs zu gewissen Dokumenten betrifft, so weist der Disziplinarausschuss darauf hin, dass Schriftstücke in großer Zahl und in großem Umfang sowohl vor als auch nach seiner Befassung mit der Sache [an den Kläger] übermittelt [wurden], um diesem die Vorbereitung seiner Verteidigung zu ermöglichen. Die Übermittlung anderer Schriftstücke hätte nur dazu geführt, das Verfahren unnötig zu verlängern, und hätte möglicherweise negative Auswirkungen auf die Interessen Dritter haben können, ohne einen Mehrwert für die Verteidigung d[es Klägers] zu bringen.“ 81 Die dem Kläger zur Last gelegten Verletzungen der Dienstpflichten fasste der Disziplinarausschuss in drei Kategorien wie folgt zusammen: „i) [Der Kläger] initiierte und/oder genehmigte eine erhebliche Anzahl von Käufen, die nicht zu den Aufgaben d[er Abteilung Verwaltungsdienste] gehörten und/oder die die in der EZB geltenden Grundsätze nicht beachteten. [Der Kläger] zeigte bei bestimmten Gelegenheiten keine gesunde und konstruktive Arbeitsbeziehung gegenüber der GD ‚Informationssysteme‘, da er in gewissen Fällen offen der von dieser GD geäußerten Ablehnung gewisser [von ihm beabsichtigter] Käufe zuwiderhandelte und daher mehr wie jemand auftrat, der mit der GD ‚Informationssysteme‘ konkurrierte. Er verstieß auch bewusst gegen die Anweisungen des Direktoriums hinsichtlich der Nutzung der Ausrüstung für Telearbeit. In dieser Hinsicht können die Computer [der Marke X], die [‚]Krisen[‘]-Computer, die Mobiltelefone und der Vertrag mit [einem Telefonnetzbetreiber, der von Juli 2008 bis April 2010 Leistungen für einen Betrag von 17162,49 Euro erbrachte,] angeführt werden. ii) [Der Kläger] initiierte und/oder genehmigte eine erhebliche Anzahl von Käufen, die nicht durch einen festgestellten und/oder dokumentierten dienstlichen Bedarf gerechtfertigt waren und/oder für die die dienstlichen Gründe und die Durchführbarkeit nicht hinreichend nachgewiesen worden waren. Solche Käufe umfassten die Computer, die angeblich für den Besucherbereich vorgesehen waren, die [‚]Krisen[‘]-Computer, den teuren digitalen Fotoapparat und dessen [ebenso] teures Zubehör, die Lesegeräte für E-Books und die Mini-Projektoren. Diese Käufe verursachten der EZB einen erheblichen finanziellen Schaden. iii) [Der Kläger] richtete weder ein System der Erfassung der gekauften Güter ein noch beauftragte er damit jemanden in der [Abteilung Verwaltungsdienste], so dass [die Gefahr] bestand, dass diese gekauften Gegenstände verloren gingen. Die Tatsache, dass [der Kläger] viele Gegenstände der EZB außerhalb der Räumlichkeiten der EZB in seinem Besitz hielt, ohne hierfür eine Rechtfertigung vorbringen zu können, macht die Verletzung seiner Sorgfalt bei der Verwaltung der gekauften Gegenstände noch gravierender.“ 82 Der Disziplinarausschuss war daher der Auffassung, dass der Kläger während eines langen Zeitraums und in einer großen Zahl von Fällen gegen Art. 4 Buchst. a der Beschäftigungsbedingungen, gegen den Verhaltenskodex, insbesondere gegen die Art. 2, 2.2, 4.1 und 4.2 dieses Kodex, sowie gegen die Kapitel 7 und 8 des Praxishandbuchs verstoßen und dadurch der Bank bewusst einen finanziellen Schaden zugefügt habe. Der Disziplinarausschuss stellte fest, dass „[d]ie Verstöße [des Klägers] gegen seine Dienstpflichten sehr schwer [waren] und in gewissem Umfang eine bewusste Missachtung der in der EZB geltenden Regeln bedeuteten“, zumal sie von einem Abteilungsleiter begangen worden seien, der für den Schutz der finanziellen Interessen der EZB verantwortlich sei. 83 Der Disziplinarausschuss erörterte die Frage, ob solche bewussten, fortgesetzten und während eines langen Zeitraums begangenen Verletzungen der Dienstpflichten in disziplinarischer Hinsicht eine Entlassung rechtfertigen könnten. Dazu vertrat er die Auffassung, dass ein Faktor zu berücksichtigen sei, nämlich das Ansehen der EZB nach außen als Organ der Union und als Hüterin des Geldes des europäischen Steuerzahlers sowie ihre Rolle als vorbildliche, effiziente und verantwortungsvolle Verwaltung, die von uneigennützigen Bediensteten geleitet werde. Die Mehrheit des Disziplinarausschusses war sich einig, dass eine solche Strafe zu verhängen sei, wenn außerdem festgestellt würde, dass die Verletzungen der Dienstpflichten auch durch die Verfolgung eines persönlichen Interesses motiviert gewesen seien, was das Vertrauensverhältnis zwischen der EZB und dem Kläger in irreparabler Weise beschädigen würde. Was diese Frage des persönlichen Interesses betrifft, so war die Mehrheit des Disziplinarausschusses nach entsprechender Erörterung nicht völlig davon überzeugt, dass ein solches persönliches Interesse „im engeren Sinne zweifelsfrei festgestellt werden kann“, insbesondere im Hinblick auf die Feststellungen und Ergebnisse des OLAF. 84 Unter Berücksichtigung der im Bericht nach Art. 8.3.2 angeführten mildernden Umstände, nämlich der Unzulänglichkeiten der internen Kontrolle, die in der Abteilung Verwaltungsdienste bestanden, bevor der Kläger dort seinen Dienst antrat, der besonderen Struktur dieser Abteilung, die nur über wenige höherrangige Planstellen verfügte und daher den Führungskräften dieser Abteilung mehr Verantwortung auferlegte, sowie der durch seine Beurteilungen bescheinigten sehr guten Leistungsbilanz des Klägers, empfahl der Disziplinarausschuss als angemessene Strafe eine Einstufung in eine um zwei Stufen niedrigere Besoldungsgruppe, d. h. eine Herabstufung des Gehalts auf die Höhe seines Gehalts vor seiner Beförderung im Jahr 2007 auf die Stelle des Leiters der Abteilung Verwaltungsdienste. 5. Zur angefochtenen Entscheidung 85 Mit Schreiben vom 24. April 2013 äußerte sich der Kläger zur Stellungnahme des Disziplinarausschusses. Am darauffolgenden 16. Mai befasste die GD „Personal“ das Direktorium der EZB mit einem Entwurf einer Entscheidung, mit der eine der Stellungnahme des Disziplinarausschusses entsprechende Strafe verhängt werden sollte. 86 In seiner Sitzung vom 21. Mai 2013 entschied das Direktorium der EZB jedoch, den Kläger mit seiner Entlassung aus der Bank zu bestrafen. Aus den Vorarbeiten zu seiner Entscheidung geht hervor, dass das Direktorium der Auffassung war, dass der Kläger durch die Verletzungen seiner Dienstpflichten als Manager, die der Disziplinarausschuss festgestellt habe, auch wenn sie vom Betroffenen bestritten worden seien, „das erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen der Anstellungsbehörde der EZB und ihrem Personal irreparabel beschädigt hatte“. 87 Mit Entscheidung vom 28. Mai 2013 verhängte daher das Direktorium der EZB über den Kläger die Strafe der Entlassung unter Einhaltung der Kündigungsfrist gemäß Art. 44 Buchst. ii der Beschäftigungsbedingungen (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). In dieser Entscheidung stellte das Direktorium u. a. als erschwerenden Umstand fest, dass „[der Kläger] Verletzungen seiner Dienstpflichten als Manager, der zum Schutz des Ansehens und der finanziellen Interessen der EZB verpflichtet ist, begangen hat[te]“, und wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass „die EZB ihre Glaubwürdigkeit als europäisches Organ … auf ihre Rolle als vorbildliche[,] effiziente und verantwortungsvolle Verwaltung gründet[,] die von Personal mit einem hohen Maß an Integrität geführt wird“. 88 Mit Schreiben vom 16. Juli 2013 ersuchte der Anwalt des Klägers das Direktorium der EZB um Bestätigung, dass sich die angefochtene Entscheidung nur auf die in dieser Entscheidung aufgeführten Dokumente gründe, nämlich den Bericht des OLAF, die Entscheidung vom 4. August 2010, den Bericht nach Art. 8.3.2, die Mitteilung der EZB an die deutsche Staatsanwaltschaft vom 6. März 2013 über die vermutete Dienstpflichtverletzung des Klägers, die Stellungnahme des Disziplinarausschusses, das Protokoll der Anhörung des Klägers durch den Disziplinarausschuss und die dem Disziplinarausschuss am 29. Januar 2013 vorgelegten schriftlichen Erklärungen des Betroffenen. Sei dies nicht der Fall, werde die EZB gebeten, dem Anwalt des Klägers die anderen Dokumente zu übermitteln, die im Besitz des Direktoriums seien und auf die dieses sich gestützt habe. Der Anwalt des Klägers wies außerdem darauf hin, dass der Kläger über ihn den Generaldirektor der GD „Personal“ um eine Kopie des Schreibens der EZB vom 6. März 2013 an die deutsche Staatsanwaltschaft ersucht habe. 89 Mit Antwortschreiben vom 16. September 2013 teilte der Generaldirektor der GD „Personal“ dem Kläger mit, auf welche Dokumente sich das Direktorium der EZB beim Erlass seiner Entscheidung gestützt hatte. Zu diesen Dokumenten gehörten weder der Tätigkeitsbericht des Gremiums noch die Mitteilung der EZB an die deutsche Staatsanwaltschaft vom 6. März 2013. Anträge der Parteien und Verfahren 90 Der Kläger beantragt, — die angefochtene Entscheidung aufzuheben; — demgemäß anzuordnen, dass er in vollem Umfang wieder in sein Amt eingesetzt wird unter angemessener Bekanntmachung, um seinen guten Ruf wiederherzustellen; — jedenfalls den Ersatz des ihm entstandenen immateriellen Schadens anzuordnen, der nach billigem Ermessen auf 20000 Euro beziffert wird; — der EZB die Kosten aufzuerlegen. 91 Die EZB beantragt im Wesentlichen, — die Klage als unbegründet abzuweisen; — dem Kläger sämtliche Kosten aufzuerlegen. 92 In seiner Erwiderung warf der Kläger die Frage nach der Möglichkeit des Gerichts auf, der EZB im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme aufzugeben, jedes Dokument im Zusammenhang mit dem Austausch zwischen der Bank und der deutschen Staatsanwaltschaft sowie dem OLAF vorzulegen. 93 In ihrer Gegenerwiderung trat die EZB diesem Antrag mit der Begründung entgegen, dem Gericht fehle die Zuständigkeit, Dokumente zu verlangen, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens seien. In Wirklichkeit wolle der Kläger mit dieser prozessleitenden Maßnahme nur die Ablehnung umgehen, die auf sein Schreiben vom 29. November 2013 mit der Bezeichnung „V[erwaltungsinterne Überprüfung]“ („A[dministrative review]“) ergangen sei, das gegen die Entscheidung vom 30. September 2013 über die Zurückweisung eines solchen Antrags auf Zugang zu den Dokumenten der EZB gerichtet gewesen sei. 94 Außerdem legte die EZB zusätzlich zu ihrer Gegenerwiderung eine vertrauliche Fassung des Tätigkeitsberichts des Gremiums vor, die nur für das Gericht bestimmt war, damit Letzteres feststellen könne, dass dieses Dokument keine anderen Informationen als der Bericht nach Art. 8.3.2 enthalte. Die Bank bat das Gericht im Übrigen, den Tätigkeitsbericht nicht an den Kläger weiterzugeben. 95 Mit Schreiben der Kanzlei vom 17. Juni 2014 fragte das Gericht die Bank im Hinblick auf Art. 44 Abs. 2 der damals geltenden Verfahrensordnung nach den Gründen, aus denen der Tätigkeitsbericht des Gremiums als vertraulich anzusehen ist. Die Bank wurde insbesondere gebeten, darzulegen, warum eine vertrauliche Behandlung bei diesem Dokument, im Unterschied zum Bericht des OLAF und zum Bericht nach Art. 8.3.2, auf deren Grundlage die EZB beschlossen hat, das Disziplinarverfahren einzuleiten und die dem Kläger vollständig übermittelt wurden, sachgerecht ist. Die EZB sollte dem Gericht dazu insbesondere mitteilen, welche Tatsachen oder Informationen, die im Tätigkeitsbericht des Gremiums enthalten sind, sich nicht in den beiden anderen Berichten wiederfinden. 96 Mit Schreiben vom 30. Juni 2014 legte die EZB dem Gericht gegenüber dar, dass sie dem Kläger sämtliche vertraulichen Dokumente übermittelt habe, auf die sich der Disziplinarausschuss gestützt habe, und dass die anderen Dokumente in ihrem Besitz, die vom Direktorium nicht verwendet worden seien, daher vertraulich bleiben könnten. Jedenfalls seien alle im Tätigkeitsbericht des Gremiums enthaltenen relevanten Informationen in den Bericht nach Art. 8.3.2 aufgenommen worden. Um die Anonymität der Personen zu schützen, die an der nicht abgeschlossenen ursprünglichen Verwaltungsuntersuchung mitgewirkt hätten, sei jedoch der Tätigkeitsbericht des Gremiums nicht an den Kläger weiterzugeben. 97 Am 23. Oktober 2014 stellte das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen den Parteien Fragen und forderte die EZB auf, bestimmte Dokumente, darunter eine nicht vertrauliche Fassung des Tätigkeitsberichts des Gremiums vorzulegen. Die Parteien sind dem ordnungsgemäß nachgekommen und konnten in der Folge zu ihren jeweiligen Antworten Stellung nehmen. 98 Außerdem legte der Kläger mit Schreiben vom 7. November 2014 gemäß Art. 57 der Verfahrensordnung ein neues Beweisangebot vor, das hauptsächlich aus dem Schriftwechsel im Zusammenhang mit der Rückgabe seiner persönlichen Gegenstände durch die EZB bestand. In ihren Erklärungen vom 24. November 2014 zu diesem Beweisangebot des Klägers wies die EZB im Wesentlichen darauf hin, dass die Rückgabe dieser Gegenstände am 30. Mai 2014 erfolgt sei, und überließ die Beurteilung, ob die Begründung für die Verspätung dieses neuen Beweisangebots ausreiche, dem Gericht. Das Gericht hat entschieden, dieses neue Beweisangebot zuzulassen. Rechtliche Würdigung 1. Zu den Anträgen auf Wiedereinsetzung des Klägers in sein Amt 99 Nach ständiger Rechtsprechung, die auch auf die nach Art. 36.2. des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB eingereichten Klagen anzuwenden ist, steht es dem Gericht nicht zu, den Unionsorganen Anordnungen zu erteilen (vgl. Urteile Da Silva Pinto Branco/Gerichtshof, F‑52/09, EU:F:2010:98, Rn. 31, und DH/Parlament, F‑4/14, EU:F:2014:241, Rn. 41). 100 Folglich sind vorab die Anträge des Klägers auf Wiedereinsetzung in sein Amt als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen. 2. Zu den Anträgen auf Aufhebung 101 Der Kläger stützt seine Anträge auf Aufhebung auf folgende acht Klagegründe: — Verletzung der Verteidigungsrechte, von Art. 45 der Beschäftigungsbedingungen, von Art. 8.3.11 der Dienstvorschriften und von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, soweit ihm die EZB den Zugang zu gewissen Dokumenten und/oder Informationen verweigert habe; — Rechtswidrigkeit von Art. 8.3.5 der Dienstvorschriften im Hinblick auf den Grundsatz der Unparteilichkeit und auf Art. 47 der Charta; — Missachtung der Unschuldsvermutung, des Grundsatzes der Unparteilichkeit sowie der Art. 47 und 48 der Charta; — Missachtung der Sorgfaltspflicht, da der Grundsatz angemessener Entscheidungsfristen nicht eingehalten worden sei; — Verstoß gegen die Begründungspflicht; — Befugnisüberschreitung des Direktoriums und eine Missachtung von Art. 8.3.17 der Dienstvorschriften; — einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und Missachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit; — Rechtswidrigkeit der Art. 44 und 45 der Beschäftigungsbedingungen sowie von Art. 8.3 der Dienstvorschriften im Hinblick auf die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen nach Art. 28 der Charta. 102 Zunächst weist das Gericht im Hinblick auf die Behandlung dieser Klagegründe darauf hin, dass nach Art. 9 Buchst. c der Beschäftigungsbedingungen „[d]ie Auslegung der in den … Beschäftigungsbedingungen geregelten Rechte und Pflichten … unter angemessener Berücksichtigung der maßgebenden Grundsätze der Verordnungen, Regelungen und Rechtsprechung, die für die Bediensteten der [Unions]organe gelten[, erfolgt]“. 103 Da das Disziplinarverfahren, das in den auf die Bediensteten der EZB anwendbaren Rechtsvorschriften vorgesehen ist, gewisse Analogien zu dem aufweist, das nach dem Statut der Beamten der Europäischen Union vorgesehen und auf die sonstigen Bediensteten der Union anwendbar ist und sich aus der Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates vom 29. Februar 1968 in der zuletzt durch die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1023/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 geänderten Fassung ergibt (im Folgenden: Beamtenstatut), kann der Unionsrichter insoweit die im Zusammenhang mit dem Disziplinarverfahren nach dem Statut entwickelte Rechtsprechung erforderlichenfalls entsprechend anwenden. Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte, von Art. 45 der Beschäftigungsbedingungen, von Art. 8.3.11 der Dienstvorschriften und von Art. 47 der Charta Vorbringen der Parteien 104 Der Kläger rügt, die EZB einschließlich des Disziplinarausschusses habe ihm keinen vollen Zugang zu sämtlichen der Bank zur Verfügung stehenden Informationen und Dokumenten gewährt, vor allem zu den entlastenden, die ihm bei der Verteidigung seines Standpunkts hätten nützlich sein können. Erstens sei insbesondere der Zugang zu den Listen über den Kauf von nicht standardmäßigen Ausrüstungen, EDV-Material, Software und die Inanspruchnahme technischer Beratungsleistungen im Zeitraum 2003 bis 2010 durch die GD „Informationssysteme“, die GD „Verwaltung“, die GD „Personal“ und schließlich durch die nunmehrige Direktion Interne Revision für die Ausübung seiner Verteidigungsrechte unerlässlich gewesen. Dasselbe gelte für die Dokumente der Direktion Interne Revision zu den den stellvertretenden Abteilungsleiter betreffenden Untersuchungen. 105 Zweitens habe die EZB auch seinem Antrag nicht entsprochen, ihm „die gesamte Dokumentation über die Informationsverwaltung und das Organisationsentwicklungsprojekt … einschließlich der Präsentationen … und der Dokumente des Leitungsausschusses und des Direktoriums“ sowie „die gesamte Dokumentation der [Abteilung für Kommunikation] über die [Organisationsentwicklungsprojekte] einschließlich der Präsentationen … und der Dokumente des Leitungsausschusses und des Direktoriums“ zu übermitteln. 106 Drittens rügt der Kläger, dass ihm der Tätigkeitsbericht des Gremiums nicht übermittelt worden sei, von dessen Existenz er erst im Laufe des Disziplinarverfahrens erfahren habe. Der Bericht nach Art. 8.3.2 stütze sich jedoch zum Teil auf diesen Tätigkeitsbericht; jedenfalls sei dieses Dokument, soweit der Disziplinarausschuss Einblick in ihn genommen habe, um den Antrag des Klägers vom 4. Dezember 2012 auf Zugang zu diesem Dokument beantworten zu können, zumindest ab dem Zeitpunkt des an den Disziplinarausschuss gerichteten Antrags auf Zugang integraler Bestandteil seiner Disziplinarakte geworden. Außerdem sei dieser Ausschuss, da er vom Tätigkeitsbericht des Gremiums Kenntnis genommen habe, um am 11. Januar 2013 über den Antrag des Klägers vom 4. Dezember 2012 zu entscheiden, bei der Abfassung seiner Stellungnahme zwangsläufig vom Inhalt dieses Tätigkeitsberichts beeinflusst worden. Zudem könne der Kläger den Bericht nach Art. 8.3.2 nicht ganz verstehen, wenn er nicht über den Tätigkeitsbericht des Gremiums verfüge. Die Sorge um die Wahrung der Anonymität bestimmter Zeugen könne keinen Vorrang vor seinen Verteidigungsrechten haben. In seiner Äußerung vom 6. November 2014 zu den prozessleitenden Maßnahmen räumte der Kläger jedoch ein, dass es nicht unbedingt darum gehe, ob er in der Lage sei, den Bericht nach Art. 8.3.2 zu verstehen oder nicht, sondern ob ihm der Zugang zur gesamten der EZB zur Verfügung stehenden Dokumentation gestattet worden sei. 107 Viertens sei das Direktorium der EZB vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung darüber unterrichtet worden, dass die Direktion Interne Revision eine Mitteilung an die deutsche Staatsanwaltschaft gesandt habe, und die angefochtene Entscheidung nehme gerade auf diese Anrufung der deutschen Justizbehörden Bezug. Dies belege folglich, dass dieser Gesichtspunkt ein wichtiger, ja sogar maßgebender Grund für die Entscheidung des Direktoriums gewesen sei, den Kläger zu entlassen statt ihn in eine niedrigere Besoldungsgruppe einzustufen. Unter diesen Umständen habe die EZB ihm den Zugang zum konkreten Inhalt dieser Mitteilung an die deutsche Staatsanwaltschaft nicht verweigern können, da sie von der EZB herangezogen worden sei, um den Kläger stärker zu belasten und die Verschärfung der über ihn verhängten Strafe zu rechtfertigen. Der Kläger bestreitet außerdem, dass es für die Mitteilung seines Falls an die deutschen Justizbehörden eine Rechtfertigung gebe, da das OLAF in dieser Sache keine strafrechtlichen Folgemaßnahmen empfohlen habe. 108 Der Kläger bestreitet überdies im Zusammenhang mit der Weigerung des Disziplinarausschusses vom 11. Januar 2013, ihm Zugang zum Tätigkeitsbericht des Gremiums zu gewähren, dass der Disziplinarausschuss anstelle des Klägers habe beurteilen können, welche Dokumente geeignet seien, einen Mehrwert für seine Verteidigung darzustellen. 109 Die EZB beantragt die Zurückweisung des ersten Klagegrundes und führt aus, sie habe dem Kläger Zugang zu allen Dokumenten gewährt, auf die sich die angefochtene Entscheidung stütze; der Kläger verkenne in Wahrheit den Umfang seiner Rechte, wenn er glaube, dass er Anspruch auf Zugang zu allen Dokumenten habe, die er als seiner Verteidigung dienlich erachte, und dass er jede Information oder jedes Dokument, die sich innerhalb der Bank befänden, prüfen könne, ohne dass sich die angegriffene Entscheidung notwendigerweise auf diese Information oder dieses Dokument stütze. 110 Der Tätigkeitsbericht des Gremiums sei vor der Einleitung des Disziplinarverfahrens, das zum Erlass der angefochtenen Entscheidung geführt habe, verfasst und niemals dem Direktorium der EZB übermittelt worden, da er nicht Teil der „vollständigen Disziplinarakte“ sei. Jedenfalls seien die maßgeblichen Bestandteile dieses Berichts in den Bericht nach Art. 8.3.2 übernommen worden, zu dem der Kläger ebenso wie zum Bericht des OLAF umfassenden Zugang gehabt habe. Da der Kläger seine Verteidigungsrechte im Hinblick auf den Bericht nach Art. 8.3.2 habe ausüben können, gebe es nichts, was ein weiteres Verteidigungsrecht in Bezug auf den Tätigkeitsbericht des Gremiums als solchen begründen könne, zumal der Bericht nach Art. 8.3.2 das einzige Dokument gewesen sei, auf das sich die Entscheidung über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Kläger gestützt habe. Die Tatsache, dass der Disziplinarausschuss Einblick in den Tätigkeitsbericht des Gremiums genommen habe, sei nur die Folge des Antrags des Klägers auf Zugang zu diesem gewesen, bedeute aber nicht, dass der Disziplinarausschuss sich auf diesen Bericht gestützt habe, um seine Stellungnahme abzufassen. 111 Bei der Mitteilung an die deutsche Staatsanwaltschaft gehe es um eine andere Frage, nämlich um die mögliche Einstufung der streitigen Handlungen als Verstöße gegen das deutsche Recht. Diese Mitteilung sei jedoch kein entscheidender Grund für die Entlassung des Klägers gewesen. Das Direktorium habe – entgegen dem, was aus der Stellungnahme des Disziplinarausschusses herausgelesen werden könnte – die Mitteilung der Direktion Interne Revision an die deutsche Staatsanwaltschaft in der angefochtenen Entscheidung nur angeführt, um „vorab ganz klar darauf hinzuweisen, dass [diese Frage] in die Zuständigkeit der deutschen Justiz fällt“. Das Direktorium habe auch zu verstehen gegeben, dass diese Frage keine Bedeutung für den in den Rn. 12 bis 14 der angefochtenen Entscheidung dargelegten Vertrauensverlust gehabt habe. Dies werde durch die Tatsache belegt, dass auch die Disziplinarentscheidung, die den stellvertretenden Abteilungsleiter betreffe, auf eine Mitteilung an die deutschen Justizbehörden Bezug nehme, ohne dass die EZB jedoch die Entlassung des Letzteren beschlossen habe. Würdigung durch das Gericht – Allgemeine Erwägungen 112 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Art. 41 Abs. 2 Buchst. b der Charta das Recht einer jeden Person auf Zugang zu den sie betreffenden Akten unter Wahrung des berechtigten Interesses der Vertraulichkeit sowie des Berufs- und Geschäftsgeheimnisses vorsieht. Art. 45 der Beschäftigungsbedingungen bestimmt seinerseits, dass im Disziplinarverfahren zu gewährleisten ist, dass gegen keinen Bediensteten eine Disziplinarstrafe verhängt wird, ohne dass diesem zunächst Gelegenheit gegeben wurde, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen (Urteile X/EZB, T‑333/99, EU:T:2001:251, Rn. 176 und 177, und Afari/EZB, T‑11/03, EU:T:2004:77, Rn. 50). 113 Zum Umfang des Rechts des Betroffenen auf Zugang zu den Dokumenten und Beweisen zur Stützung der Vorwürfe der Bank, die die Grundlage der angefochtenen Entscheidung bilden, ist festzustellen, dass nach Art. 8.3.2 der Dienstvorschriften die Entscheidung, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, vom Direktorium nach der Übermittlung des gesamten Akteninhalts an den Betroffenen und nach seiner Anhörung getroffen wird und dass nach Art. 8.3.11 der Dienstvorschriften „[n]ach Erhalt des Berichts [nach Art. 8.3.2 (d. h. im vorliegenden Fall am 19. Dezember 2012)] … der Bedienstete das Recht [hat], seine vollständige Personalakte einzusehen und von allen Verfahrensunterlagen einschließlich derer, die ihn entlasten, Kopien anzufertigen“. 114 Zwar sehen diese auf die EZB anwendbaren Bestimmungen somit einen grundsätzlich uneingeschränkten Zugang des von einem Disziplinarverfahren betroffenen Bediensteten zum Inhalt der Disziplinarakte einschließlich der ihn entlastenden Beweise vor, jedoch sehen sie keinen unbeschränkten Zugang dieses Bediensteten zu jeder Information oder zu jedem Dokument vor, die sich innerhalb der Bank befinden oder aus den dort vorhandenen Dokumenten oder verfügbaren Informationen rekonstruiert werden können. Was nämlich den letzteren Typ von „rekonstruierten“ Informationen oder Dokumenten betrifft, die grundsätzlich nicht als integraler Bestandteil der Disziplinarakte angesehen werden, sehen die Dienstvorschriften nicht vor, dass sie von Amts wegen an den Betroffenen übermittelt werden. 115 Das Gericht ist der Ansicht, dass das Recht auf Zugang zur Disziplinarakte nach den auf die Bediensteten der EZB anwendbaren Rechtsvorschriften den Anforderungen des Unionsrechts und insbesondere des Art. 41 Abs. 2 Buchst. b der Charta sowie der Rechtsprechung der Unionsgerichte zum Disziplinarverfahren entspricht. Der kontradiktorische Charakter eines Disziplinarverfahrens wie des Verfahrens vor dem Disziplinarausschuss der EZB und die Verteidigungsrechte in einem solchen Verfahren erfordern zwar, dass der Kläger und gegebenenfalls sein Anwalt von allen Tatsachen, auf die die Disziplinarentscheidung gestützt wurde, Kenntnis nehmen können, und dies so rechtzeitig, dass sie sich dazu äußern können. Die Wahrung der Verfahrensrechte erfordert nämlich nicht nur, dass der Betroffene Gelegenheit erhält, sich zur Relevanz der Sachumstände zu äußern, sondern auch, dass er zumindest zu den Unterlagen Stellung nehmen kann, auf die das Unionsorgan zurückgreift und die bedeutende Tatsachen für die Ausübung seiner Verteidigungsrechte enthalten (Urteil Kaufring u. a./Kommission, T‑186/97, T‑187/97, T‑190/97 bis T‑192/97, T‑210/97, T‑211/97, T‑216/97 bis T‑218/97, T‑279/97, T‑280/97, T‑293/97 und T‑147/99, EU:T:2001:133, Rn. 179). Jedoch kann das Erfordernis eines Zugangs des Betroffenen zu den ihn betreffenden Dokumenten nur für die im Disziplinarverfahren und/oder der endgültigen Entscheidung der Verwaltung verwendeten Dokumente gelten. Daher ist die Verwaltung im Hinblick auf den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte nicht zwangsläufig verpflichtet, andere Dokumente zu übermitteln (vgl. in diesem Sinne Urteil N/Kommission, T‑273/94, EU:T:1997:71, Rn. 89). 116 Das Gericht weist auch darauf hin, dass der Kläger im vorliegenden Fall während des Disziplinarverfahrens, das mit der Zustellung des Berichts nach Art. 8.3.2 begann, sowohl zu diesem Bericht als auch zum Bericht des OLAF und zu einer Reihe von Unterlagen, die ihm von der EZB auf seine zahlreichen Anträge auf Einsichtnahme zur Verfügung gestellt worden waren, umfassenden Zugang hatte. 117 Anhand der vorstehenden Erwägungen ist zu bestimmen, ob die Dokumente und Informationen, zu denen die EZB dem Kläger den Zugang verweigerte und auf die sich der vorliegende Klagegrund einer Verletzung der Verteidigungsrechte bezieht, integraler Bestandteil der Disziplinarakte des Klägers waren und/oder zur Stützung der Stellungnahme des Disziplinarausschusses und der angefochtenen Entscheidung verwendet wurden. – Zum Antrag auf Zugang zu den Beschaffungslisten und zu den Unterlagen zu bestimmten EDV-Projekten 118 Zu den vom Kläger an die EZB und/oder den Disziplinarausschuss gerichteten Anträgen auf Übermittlung der Listen über den Kauf bestimmter im Zeitraum 2003 bis 2010 bestellter Gegenstände und Dienstleistungen sowie sämtlicher Dokumente, insbesondere derjenigen der Direktion für Kommunikation der GD „Personal“ im Zusammenhang mit dem „Organisationsentwicklungsprojekt“ und mit der „Informationsverwaltung“ weist das Gericht erstens darauf hin, dass diese Informationen, selbst wenn sie aus den Datenbanken der EZB rekonstruiert werden könnten, in der Bank nicht zwangsläufig in der entsprechenden Form vorhanden waren, d. h. in Form bestehender Dokumente, wie vom Kläger in seinen Anträgen angenommen. Sodann lässt sich den Akten nicht entnehmen, dass solche Dokumente oder Informationen, die sich zwar im Besitz der GD „Personal“ befinden oder von dieser Generaldirektion oder von anderen Diensten rekonstruiert werden könnten, dem Disziplinarausschuss und dem Direktorium vorgelegt wurden oder ihnen zur Verfügung standen. 119 Somit wurden diese Dokumente oder Informationen nicht beantragt, weil sie vorhanden waren oder sich im Besitz des Disziplinarausschusses und/oder des Direktoriums befanden, sondern weil der Kläger auf ihre entlastende Beweiskraft spekulierte. 120 Es ist zwar nicht Sache der EZB oder des Disziplinarausschusses, über die Relevanz oder die Bedeutung zu befinden, die bestimmte Unterlagen für die Verteidigung eines Bediensteten haben können, da sich nämlich nicht ausschließen lässt, dass Papiere, die die EZB oder der Disziplinarausschuss für unerheblich hält, für diesen von Interesse sind. Folglich können weder die EZB noch der Disziplinarausschuss einseitig Papiere aus dem Verwaltungsverfahren ausschließen, die vom Betroffenen zur Entlastung verwendet werden könnten (vgl. entsprechend Urteile ICI/Kommission, T‑36/91, EU:T:1995:118, Rn. 93; Eyckeler & Malt/Kommission, T‑42/96, EU:T:1998:40, Rn. 81, und Kaufring u. a./Kommission, EU:T:2001:133, Rn. 179 und 185). 121 Im vorliegenden Fall jedoch ist zum einen weder bewiesen noch wird behauptet, dass die fraglichen Beschaffungslisten der EZB oder dem Disziplinarausschuss in dieser Form zur Verfügung standen und sich das Direktorium für den Erlass der angefochtenen Entscheidung auf diese Beschaffungslisten gestützt hat. Zum anderen sind die Verteidigungsrechte, insbesondere der Anspruch auf Anhörung zu den vom Disziplinarausschuss und sodann vom Direktorium zur Stützung der angefochtenen Entscheidung verwendeten Dokumente, nicht so weit zu verstehen, dass sie das Recht des Klägers umfassen, in den Besitz aller Informationen oder Unterlagen, die in der Bank verfügbar sind oder beschafft werden können, einzig und allein deswegen zu gelangen, weil der Kläger im Rahmen seiner eigenen Untersuchung des streitgegenständlichen Sachverhalts auf die entlastende Beweiskraft dieser Dokumente oder Informationen spekuliert. 122 Jedenfalls hätten nach Ansicht des Gerichts, selbst unterstellt, dass auch in anderen Abteilungen der EZB Käufe wie die streitigen durchgeführt werden konnten – was der Kläger mit den beantragten Beschaffungslisten offenbar beweisen wollte –, solche Verhaltensweisen, die die für die Bank geltenden Bestimmungen nicht beachten, wenn sie denn bewiesen wären, die dem Kläger im vorliegenden Fall zur Last gelegten Handlungen weder rechtfertigen noch folglich einen mildernden Umstand darstellen können. 123 Die Verantwortlichkeit des Klägers ist nämlich individuell und autonom zu prüfen, d. h. unabhängig davon, ob die in Bezug auf andere Bedienstete getroffene Entscheidung rechtmäßig oder rechtswidrig war oder überhaupt keine Entscheidung getroffen wurde. Daher kann sich ein Bediensteter nicht mit Erfolg darauf berufen, dass gegen einen oder mehrere andere Bedienstete wegen eines Sachverhalts, der dem ihm zur Last gelegten entspreche, kein Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei, um die gegen ihn verhängte Disziplinarstrafe anzufechten (vgl. in diesem Sinne Urteile Williams/Rechnungshof, 134/84, EU:C:1985:297, Rn. 14, und de Compte/Parlament, T‑26/89, EU:T:1991:54, Rn. 170, letzteres bestätigt durch das Urteil im Rechtsmittelverfahren de Compte/Parlament, C‑326/91 P, EU:C:1994:218, Rn. 52). – Zum Antrag auf Zugang zu der den deutschen Justizbehörden übermittelten Akte 124 Was den Antrag auf Zugang zu der von der Direktion Interne Revision der deutschen Staatsanwaltschaft am 6. März 2013 übermittelten Akte betrifft, ist zunächst festzustellen, dass der Bericht des OLAF, soweit er es nicht für erforderlich hielt, „strafrechtliche Folgemaßnahmen“ zu empfehlen, der EZB nicht die Möglichkeit zur Anrufung der nationalen Justizbehörden nimmt. Daher konnte die Bank im Rahmen ihrer institutionellen Autonomie den deutschen Justizbehörden einen Sachverhalt mitteilen, der das Verhalten des Klägers betraf, damit diese prüfen, ob darin ein Verstoß gegen das deutsche Recht gesehen werden und daher die Einleitung eines Strafverfahrens gerechtfertigt sein könnte. 125 Zu diesem Punkt ist außerdem darauf hinzuweisen, dass die Beschäftigungsbedingungen, wie die Bank in ihrer Äußerung zu den prozessleitenden Maßnahmen vom 6. November 2014 bestätigt hat, nach den am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Änderungen im Gegensatz zu Art. 25 des Anhangs IX des Beamtenstatuts nicht mehr den früher in ihrem Art. 44 stehenden Einschub enthalten, wonach, „[wenn] gegen den Bediensteten [der EZB] wegen desselben Sachverhalts ein Strafverfahren eingeleitet worden [ist], … seine Rechtsstellung erst dann endgültig geregelt [wird], wenn das Urteil des zuständigen Gerichts rechtskräftig geworden ist“. 126 Hierzu hat der Kläger in seiner Stellungnahme vom 24. November 2014 zu der oben angeführten Äußerung der EZB zu den prozessleitenden Maßnahmen trotz seines Anerkenntnisses in der mündlichen Verhandlung, dass letztlich keine neuen Tatsachen seit der Erhebung seiner Klage in der vorliegenden Rechtssache eingetreten seien, insoweit einen neuen Klagegrund gegen die angefochtene Entscheidung geltend gemacht, als er vorträgt, dass zum einen die Streichung des angeführten Einschubs rechtswidrig gewesen sei, da die Personalvertretung der EZB zu dieser Streichung nicht ordnungsgemäß angehört worden sei, und zum anderen der von einigen Mitgliedstaaten und im Unionsrecht anerkannte allgemeine Rechtsgrundsatz, wonach das Strafverfahren das Disziplinarverfahren hemme, autonom anwendbar und im vorliegenden Fall verletzt worden sei. 127 Erstens ist jedoch festzustellen, dass dieser neue Klagegrund nicht „auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte gestützt [wird], die [im Sinne von Art. 56 der Verfahrensordnung] erst während des Verfahrens zutage getreten sind“. Die Streichung des fraglichen Einschubs in den Dienstvorschriften ging nämlich dem Disziplinarverfahren gegen den Kläger voraus, so dass dieser Klagegrund in der Klageschrift hätte vorgebracht werden können. Somit hat offenbar erst die Antwort der EZB auf die Frage des Gerichts den Anstoß zur Geltendmachung dieses Klagegrundes gegeben. 128 Zweitens geht dieser neue Klagegrund jedenfalls ins Leere. Selbst wenn im vertraglichen Kontext des Arbeitsverhältnisses zwischen der EZB und ihren Bediensteten der in Rede stehende Grundsatz Anwendung finden könnte, ist doch festzustellen, dass die deutsche Staatsanwaltschaft zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung ebenso wie im Übrigen am Tag der mündlichen Verhandlung noch keine Entscheidung über die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen gegen den Kläger getroffen hatte, die es erlaubt hätte, von einem anhängigen Strafverfahren auszugehen. 129 Um sodann auf die Rüge der Verweigerung des Zugangs zu der der deutschen Staatsanwaltschaft übermittelten Akte zurückzukommen, so geht aus der dem Gericht vorgelegten Akte auch nicht hervor, dass der Disziplinarausschuss von dieser Übermittlung unterrichtet wurde oder sich in seiner Stellungnahme auf eine solche Information stützte. Daraus folgt, dass die von der EZB den deutschen Justizbehörden übermittelte Akte zu diesem Zeitpunkt nicht Teil der Disziplinarakte war und sich folglich insoweit kein Verstoß gegen Art. 8.3.11 der Dienstvorschriften feststellen lässt. 130 Hingegen ergibt sich aus dem Wortlaut der angefochtenen Entscheidung, dass das Direktorium diese Information berücksichtigt hat. 131 Die EZB hat in ihrer Gegenerwiderung ausgeführt, dass die Direktion Interne Revision der deutschen Staatsanwaltschaft gewisse Dokumente „eigenhändig“ übergeben habe, ohne zu sagen, um welche Dokumente es sich gehandelt habe. Nach Ansicht des Gerichts verstößt es für sich genommen nicht gegen die Dienstvorschriften, dass die EZB die der deutschen Staatsanwaltschaft „eigenhändig“ übergebenen Dokumente nicht von sich aus dem Kläger überlassen hat, da diese Übermittlung in ihre institutionelle Autonomie fällt, denn nach Art. 3 der Beschäftigungsbedingungen hat jeder Bedienstete der Bank die Pflicht zur Beachtung der geltenden Gesetze und polizeilichen Vorschriften. Das Gericht stellt auch fest, dass der Kläger zwar vorgebracht hat, von der deutschen Staatsanwaltschaft eine CD-Rom mit der Mitteilung der EZB erhalten zu haben, aber nicht nachgewiesen ist, dass sich das Direktorium auf die der deutschen Staatsanwaltschaft übermittelten Dokumente stützte. Außerdem ergibt sich aus der Akte nicht, dass diese Dokumente andere waren als die, die der Kläger bereits im Besitz hatte. Im Übrigen hatte die deutsche Staatsanwaltschaft zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung und selbst zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung bestätigt haben, keine Entscheidung über die Einleitung eines Gerichtsverfahrens erlassen. 132 Bezüglich der in der angefochtenen Entscheidung angeführten Information, dass die EZB den Fall des Klägers der deutschen Staatsanwaltschaft gemeldet habe, ergibt sich zum einen aus der angefochtenen Entscheidung nicht, dass diese Information für den Erlass der angefochtenen Entscheidung entscheidend gewesen wäre, insbesondere da die für die Sanktion entscheidenden Gründe in den Rn. 11 bis 14 dieser Entscheidung genannt sind. Zum anderen hätte sich, selbst wenn der Kläger zu dieser Information hätte Stellung nehmen können, dies auf die in den Rn. 11 bis 14 der angefochtenen Entscheidung genannten Gründe und damit auf die vom Direktorium verhängte Strafe nicht ausgewirkt. – Zum Antrag auf Zugang zum Tätigkeitsbericht des Gremiums 133 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Umständen, die von der EZB zur Stützung der Vorwürfe gegen den Kläger angeführt wurden und die somit den Rahmen des mit der angefochtenen Entscheidung abgeschlossenen Disziplinarverfahrens begrenzen, um diejenigen handelte – selbst wenn sie auch schon im Tätigkeitsbericht des Gremiums enthalten gewesen sein sollten –, die im Bericht nach Art. 8.3.2 wiedergegeben waren, zu dem der Kläger umfassend Stellung genommen hat und der dem Disziplinarausschuss und dem Direktorium zur Verfügung gestellt worden war. Der Bericht des OLAF, der nach der Durchführung einer eigenen Untersuchung dieses Amtes mit Unterstützung der Direktion Interne Revision der EZB und nach Anhörung einiger Bediensteter erstellt worden war, ist ebenso ein Eckpfeiler der Disziplinarakte, zu dem der Kläger Zugang hatte, zu dem er sich äußern konnte und auf den sich die Stellungnahme des Disziplinarausschusses, wie in dieser Stellungnahme angegeben, im Wesentlichen gründet. 134 Der Tätigkeitsbericht des Gremiums wurde im Zusammenhang mit der ursprünglichen Verwaltungsuntersuchung, die nicht abgeschlossen wurde, am 15. März 2011 erstellt, d. h. vor der Einleitung des Disziplinarverfahrens nach Art. 8.3.2 der Dienstvorschriften, das zum Erlass der angefochtenen Entscheidung führte. Unabhängig vom Inhalt dieses Berichts hat die Direktion Interne Revision, als sie ihn am 30. März 2011 an das OLAF übermittelte, außerdem klar darauf hingewiesen, dass er nur „die wesentlichen Feststellungen und die vorläufigen Beurteilungen des Untersuchungsgremiums zu den [dreizehn] Kategorien der in Rede stehenden Käufe der Abteilung Verwaltungsdienste [enthält, die] in keiner Weise als abschließende Ergebnisse zu jeder dieser Kategorien oder zu einem anderen Aktenbestandteil verstanden werden [dürfen]“. Ebenso führte die Direktion Interne Revision, als sie diesen Bericht am 22. März 2012 an die GD „Personal“ übermittelte, aus, dass er „einfach sämtliche Beobachtungen und Ergebnisse der Gespräche bis zum26. Juli 2010 in kurzer Form widerspiegelt und dass eine klare Unterscheidung zu treffen ist zwischen diesem Bericht und einem ‚begründete[n] Bericht über die Tatsachen und Umstände der Sache sowie das Vorliegen oder Fehlen von hinreichenden Beweisen für die behauptete Verletzung‘“. 135 Folglich kann der Tätigkeitsbericht des Gremiums, selbst wenn sein Inhalt ebenso wie jede andere Information, die die EZB im Rahmen des Mechanismus zur technischen Zusammenarbeit für Untersuchungen des OLAF übermittelt, eine Richtschnur für die Untersuchungstätigkeit des OLAF darstellen und auch den Untersuchungsausschuss bei seiner Untersuchungstätigkeit im Hinblick auf die Erstellung des Berichts nach Art. 8.3.2 leiten konnte, im Gegensatz zum Bericht nach Art. 8.3.2 nicht als ein von der Bank angenommener abschließender Bericht oder als ein mit Gründen versehener Bericht im Sinne von Art. 6 Abs. 14 der Rundverfügung Nr. 1/2006 betrachtet werden. 136 Unter Berücksichtigung des vorläufigen Charakters der möglicherweise im Tätigkeitsbericht des Gremiums enthaltenen Feststellungen und Schlussfolgerungen sowie des berechtigten Interesses an der Wahrung der Anonymität des Hinweisgebers, der die Verwaltung ursprünglich auf bestimmte Unregelmäßigkeiten in der Abteilung Verwaltungsdienste aufmerksam gemacht hatte, ist das Gericht der Ansicht, dass dieser Bericht den Charakter einer vorbereitenden Note hatte, die vor der Einleitung des Disziplinarverfahrens verfasst wurde und auf die sich das Entscheidungsorgan, nämlich das Direktorium, für den Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht stützte. Daher war diese vorbereitende Note als internes Schriftstück nicht Teil der Disziplinarakte, und seine Übermittlung an den Kläger war nach den Dienstvorschriften für die Wahrung seiner Verteidigungsrechte nicht erforderlich (vgl. in diesem Sinne Urteil N/Kommission, EU:T:1997:71, Rn. 92). 137 Bezüglich der Antwort des Disziplinarausschusses, mit der über den Antrag des Klägers auf Zugang zum Tätigkeitsbericht des Gremiums entschieden wurde, ist das Gericht der Auffassung, dass der Disziplinarausschuss sein Ermessen in diesem Bereich nicht fehlerhaft ausgeübt hat, als er feststellte, dass die Disziplinarakte genug Anhaltspunkte sowohl zu den dem Kläger zur Last gelegten Handlungen als auch zur Stützung der Argumente zur Verteidigung des Letzteren enthalte und daher die Einbeziehung dieses Dokuments, das die vorläufigen Beurteilungen des Gremiums enthielt, keinen Mehrwert darstelle und das Verfahren unnötig verlängere (vgl. in diesem Sinne Urteile R./Kommission, 255/83 und 256/83, EU:C:1985:324, Rn. 24, und Y/Gerichtshof, T‑500/93, EU:T:1996:94, Rn. 45). 138 Was den Umstand betrifft, dass der Disziplinarausschuss sich den Tätigkeitsbericht des Gremiums beschaffte, da er das für erforderlich hielt, um auf den Antrag des Klägers vom 11. Dezember 2012 auf Zugang zu diesem Schriftstück zu antworten, stellt das Gericht fest, dass es zwar zweckmäßiger gewesen wäre, der Disziplinarausschuss hätte den Antrag des Klägers mit der hinreichenden Begründung abgelehnt, dass er nicht über das beantragte Schriftstück verfüge. Es kann jedoch nicht angenommen werden, dass dieser Bericht, weil der Disziplinarausschuss bereit war, ihn von der Bank zu verlangen und ihn zu prüfen, um auf den Antrag des Klägers antworten zu können, ein Bestandteil der Disziplinarakte geworden ist und der Disziplinarausschuss diesen Bericht zwangsläufig seiner Stellungnahme zugrunde gelegt hat, die im Übrigen keinen Verweis auf den Inhalt des Tätigkeitsberichts des Gremiums enthält; der Disziplinarausschuss hat im Gegenteil in Rn. 9 seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, dass diese „sich im Wesentlichen auf die im Bericht des OLAF festgestellten Tatsachen gründet“. 139 Vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass die Verwaltung zwar die Pflicht hat, dem Betroffenen die Unterlagen zu übermitteln, auf die sie sich beim Erlass einer beschwerenden Entscheidung ausdrücklich stützt, und dass die Bank nach Art. 8.3.11 der Dienstvorschriften verpflichtet ist, ihm zu gestatten „von allen Verfahrensunterlagen einschließlich derer, die ihn entlasten, Kopien anzufertigen“. Die Weigerung der Preisgabe bestimmter Unterlagen kann jedoch nur dann zur Aufhebung der betreffenden Entscheidung führen, wenn die erhobenen Vorwürfe nur durch diese Unterlagen belegt werden können, d. h., wenn die Weigerung der Preisgabe der vom Kläger bezeichneten Schriftstücke den Ablauf des Disziplinarverfahrens und den Inhalt der streitigen Entscheidung zu seinen Ungunsten beeinflussen konnte (vgl. Urteile Tzoanos/Kommission, C‑191/98 P, EU:C:1999:565, Rn. 34 und 35, sowie E/Kommission, T‑24/98 und T‑241/99, EU:T:2001:175, Rn. 92 und 93). 140 Aber selbst wenn man davon ausginge, dass bestimmte Bestandteile des Tätigkeitsberichts des Gremiums nicht in den Bericht nach Art. 8.3.2 oder den Bericht des OLAF übernommen worden sein könnten oder der Tätigkeitsbericht des Gremiums einem mit Gründen versehenen Bericht, der unter Verletzung der Bestimmungen der Rundverfügung Nr. 1/2006 erlassen wurde, gleichgesetzt werden könnte, hat der Kläger weder nachgewiesen, dass die EZB sich auf diesen Bericht gestützt hat, noch insbesondere angegeben, welche konkreten und entscheidenden Umstände sowohl in der Stellungnahme des Disziplinarausschusses als auch in der angefochtenen Entscheidung nur durch Bezugnahme auf andere Unterlagen als die, von denen er Kenntnis hatte, hätten bewiesen werden können, d. h. durch Bezugnahme auf Informationen, die angeblich im Tätigkeitsbericht des Gremiums enthalten gewesen waren. 141 Obwohl der Kläger vor Kenntnisnahme von dem Tätigkeitsbericht des Gremiums sich darauf berufen hatte, dass dieser Bericht Entlastungsmaterial enthalten könne, hat er, nachdem er sich an die deutsche Staatsanwaltschaft gewandt und von dieser am 9. Oktober 2014 eine vertrauliche Fassung dieses Berichts und danach am 10. November 2014 außerdem von der EZB auf Aufforderung des Gerichts eine nicht vertrauliche Fassung erhalten hatte, in seiner Antwort vom 6. November 2014, die er nach der angeführten Mitteilung vom 10. November 2014 nicht vervollständigte, lediglich auf Passagen insbesondere seiner Klageschrift verwiesen und ganz allgemein vier Tatsachen angeführt, die seiner Ansicht nach weder im Bericht nach Art. 8.3.2 noch im Bericht des OLAF bewiesen worden waren, ohne jedoch die entsprechenden Stellen in diesen Berichten anzugeben. Hierzu hat dagegen die Bank in ihren Erklärungen vom 24. November 2014 angegeben, welche Schriftstücke diese vier Tatsachen bewiesen. 142 Dazu in der mündlichen Verhandlung befragt, führte der Kläger beispielhaft zwei Passagen des Tätigkeitsberichts des Gremiums an, die nicht in den Bericht nach Art. 8.3.2 übernommen worden seien. Die erste Passage, der zufolge Bedienstete der Abteilung Verwaltungsdienste von der GD „Informationssysteme“ BlackBerry-Mobiltelefone erhalten hätten, kann die Tatsache nicht in Frage stellen, dass der Kläger selbst den Kauf solcher Telefone genehmigte, obwohl die GD „Informationssysteme“ deren Erwerb abgelehnt hatte. Dass nur zwei der sechs Fahrer der EZB befragt wurden und dass einer von ihnen bestätigt haben soll, dass den Fahrern Videospiele zur Verfügung gestellt worden seien, sind keine Tatsachen, aufgrund deren der Kläger, wenn er von ihnen im Stadium des Berichts nach Art. 8.3.2 erfahren hätte, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe mit Erfolg hätte entkräften können. Schließlich stellt das Gericht angesichts der Antworten des Klägers, einschließlich seiner Antworten in der mündlichen Verhandlung, fest, dass unter Berücksichtigung der Schriftstücke, die dem Gremium bereits zur Kenntnis gebracht worden waren, dessen Tätigkeitsbericht kein belastendes Material, das zum Nachteil des Betroffenen wirklich Einfluss auf den Ablauf des Disziplinarverfahrens und den Inhalt der angefochtenen Entscheidung hätte haben können, und im Übrigen auch kein entlastendes Material enthielt. 143 Nach alledem ist der erste Klagegrund ebenso wie der Antrag des Klägers, der Bank aufzugeben, die Mitteilung an die deutsche Staatsanwaltschaft und den Tätigkeitsbericht des Gremiums vorzulegen, wovon er in der Zwischenzeit, insbesondere durch sein Ersuchen an die deutsche Staatsanwaltschaft Kenntnis erlangt hatte, zurückzuweisen. Zum zweiten Klagegrund: Rechtswidrigkeit von Art. 8.3.5 der Dienstvorschriften im Hinblick auf den Grundsatz der Unparteilichkeit und auf Art. 47 der Charta Vorbringen der Parteien 144 Mit diesem Klagegrund erhebt der Kläger in Wirklichkeit eine Einrede der Rechtswidrigkeit des Art. 8.3.5 der Dienstvorschriften. Nach Ansicht des Klägers sieht Art. 8.3.5 der Dienstvorschriften, anders als die Art. 4 und 5 des Anhangs IX des Beamtenstatuts, der das Disziplinarverfahren betreffe, vor, dass der Generaldirektor der GD „Personal“ dem Disziplinarausschuss angehöre. Da jedoch der Generaldirektor der GD „Personal“„die oberste Gewalt über alle Bediensteten, insbesondere über die leitenden Mitarbeiter sowie über die anderen Mitglieder des Disziplinarausschusses (mit Ausnahme seines Vorsitzenden und in gewissem Maße über die von der Personalvertretung benannten Mitglieder)“ ausübe, verstoße Art. 8.3.5 der Dienstvorschriften gegen den Grundsatz der Unparteilichkeit und gegen Art. 47 der Charta. Im vorliegenden Fall habe sich der stellvertretende Generaldirektor der GD „Personal“ bei der Anhörung vor dem Disziplinarausschuss wie ein Ankläger verhalten und habe nur die belastenden Umstände betont, wodurch er gegen den Grundsatz der Neutralität verstoßen habe. Der stellvertretende Generaldirektor der GD „Personal“ habe dem Kläger sogar Umstände entgegengehalten, die er durch „seine eigenen ‚externen‘ Untersuchungen“ in Erfahrung gebracht habe. Dieser Eindruck der Parteilichkeit, den der Kläger gewonnen habe, habe sich dadurch verstärkt, dass einem der Mitglieder des Disziplinarausschusses in seiner Eigenschaft als Mitglied der GD „Personal“ der Tätigkeitsbericht des Gremiums übermittelt worden sei. 145 Die EZB ist der Auffassung, dass der zweite Klagegrund offensichtlich unbegründet sei. Der Generaldirektor der GD „Personal“ verfüge nur über eine einzige Stimme im Disziplinarausschuss und gehöre diesem gemeinsam mit vier anderen Mitgliedern an. Es sei rechtmäßig, dass ein Vertreter der Generaldirektion der EZB, die die Aufgabe habe, zu überwachen, dass die Bediensteten ihre Verpflichtungen einhielten, im vorliegenden Fall die GD „Personal“, diesem Ausschuss angehöre. Die Behauptungen des Klägers über den angeblichen Druck der GD „Personal“ auf den Disziplinarausschuss seien reine Spekulation. Als Beweis hierfür führt die EZB an, dass gerade der Disziplinarausschuss eine mildere Strafe, nämlich eine Einstufung in eine um zwei Stufen niedrigere Besoldungsgruppe, als die schließlich vom Direktorium in der angefochtenen Entscheidung festgesetzte empfohlen habe. Die Unterschiede zwischen den Dienstvorschriften und den Vorschriften des Beamtenstatuts ergäben sich ganz einfach aus der funktionellen Autonomie der EZB. Würdigung durch das Gericht 146 Es ist darauf hinzuweisen, dass Art. 36.1. des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB der EZB eine funktionelle Autonomie hinsichtlich der auf das Personal anwendbaren Regelung verleiht, die sich von den für die Beamten und die sonstigen Bediensteten der Union geltenden Vorschriften unterscheidet, auf die sich Art. 336 AEUV bezieht; diese Regelung ist auch gegenüber dem Recht der Mitgliedstaaten autonom (vgl. Urteil Pflugradt/EZB, T‑178/00 und T‑341/00, EU:T:2002:253, Rn. 48). 147 Selbst wenn diese Erwägungen an und für sich nicht ausschließen, dass der Kläger im vorliegenden Fall die Rechtswidrigkeit von Art. 8.3.5 der Dienstvorschriften einwendet, ist aber darauf hinzuweisen, dass das Beschäftigungsverhältnis zwischen der EZB und ihren Mitarbeitern vertraglicher und nicht dienstrechtlicher Natur ist, dass es sich jedoch in den Rahmen der Erfüllung von im öffentlichen Interesse der Union liegenden Aufgaben durch die Bediensteten der EZB einfügt, demnach große Ähnlichkeiten mit dem dienstrechtlichen Verhältnis zwischen dem europäischen Beamten und seinem Dienstherrn aufweist und daher eine Disziplinarregelung umfassen kann. Ferner ist diese Disziplinarregelung Bestandteil der Bedingungen, die der Kläger kannte und die er annahm, als er in freier Entscheidung seinen Beschäftigungsvertrag mit der EZB unterzeichnete, in dem auf die Beschäftigungsbedingungen verwiesen wurde. Die Möglichkeit für den Arbeitgeber, im Fall einer schweren Verfehlung des Arbeitnehmers den Arbeitsvertrag einseitig aufzulösen, ist schließlich auch im Arbeitsrecht der meisten Mitgliedstaaten vorgesehen. Zudem ist diese Möglichkeit im Arbeitsrecht der meisten dieser Mitgliedstaaten mit geringeren Sicherheiten zum Schutz des Arbeitnehmers ausgestattet, als sie im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses zwischen der EZB und ihren Bediensteten bestehen (Urteil X/EZB, EU:T:2001:251, Rn. 61 und 68 bis 70). 148 Folglich kann die EZB im Rahmen ihrer institutionellen Autonomie eine Disziplinarregelung vorsehen, die einen Disziplinarausschuss umfasst, dessen Zusammensetzung in einer Weise geregelt ist, die – auch wesentlich – von der Regelung in Abschnitt 2 von Anhang IX des Beamtenstatuts über den für die Beamten und die sonstigen Bediensteten der Union vorgesehenen Disziplinarrat abweicht. Bei der im vorliegenden Fall in Rede stehenden Disziplinarregelung, die in der Rechtssache, in der das Urteil X/EZB (EU:T:2001:251) ergangen ist, nicht in Kraft war, ist davon auszugehen, dass die EZB im Interesse einer guten Verwaltung und aus Gründen der Billigkeit wollte, dass die Entscheidung des Direktoriums in Disziplinarangelegenheiten unter Berücksichtigung einer Stellungnahme eines Organs mit einer gewissen Neutralität und Unparteilichkeit getroffen wird. 149 Der Disziplinarausschuss der EZB setzt sich nach Art. 8.3.5 der Dienstvorschriften aus einer dem Organ nicht angehörenden Person, die den Vorsitz führt, und dem Generaldirektor oder dem stellvertretenden Generaldirektor der GD „Personal“ und des Weiteren aus zwei anderen Mitgliedern, die die EZB aus dem Kreis des Personals benennt, sowie einem von der Personalvertretung vorgeschlagenen Mitglied zusammen, wobei diese drei Letztgenannten nicht Angehörige desselben Dienstes wie der Bedienstete sein dürfen, gegen den das Disziplinarverfahren eingeleitet wurde. Außerdem hat der Bedienstete, gegen den das Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, die Möglichkeit, ein Mitglied abzulehnen. 150 Selbst wenn zwischen den von der Verwaltung und den von der Personalvertretung benannten Mitgliedern nicht dasselbe Gleichgewicht herrscht wie im Beamtenstatut, bieten nach Ansicht des Gerichts erstens die Zusammensetzung des Disziplinarausschusses, insbesondere die diensteübergreifende Herkunft seiner Mitglieder, zweitens die Regelung nach Art. 8.3.7 der Dienstvorschriften, wonach „[d]ie Beratungen und Arbeiten des Disziplinarausschusses … gemäß den internen Vertraulichkeitsregeln der EZB persönlich und vertraulich [sind und d]ie Mitglieder des Disziplinarausschusses … in persönlicher Eigenschaft [handeln] und … ihre Funktion unabhängig aus[üben]“, drittens der kollegiale Charakter der Beratungen und viertens schließlich die Möglichkeit des Betroffenen, eines der Mitglieder abzulehnen, in einem nicht dienstrechtlichen Kontext hinreichende Garantien für die Unparteilichkeit und die Objektivität der Stellungnahme, die der Disziplinarausschuss zu verfassen und beschließen hat, um sie dann dem Direktorium zu übermitteln (vgl. in diesem Sinne Urteil Onidi/Kommission, T‑197/00, EU:T:2002:135, Rn. 132). 151 Insoweit bedeutet der Umstand, dass der Generaldirektor oder der stellvertretende Generaldirektor der GD „Personal“ von Rechts wegen Mitglied des Disziplinarausschusses ist, entgegen den Mutmaßungen des Klägers nicht, dass er „die oberste Gewalt über alle Bediensteten“ und folglich über die Beratungen des Disziplinarausschusses ausübt oder ausüben kann. 152 Insbesondere ist zum einen nicht bewiesen, dass eine solche Person, selbst wenn sie der Generaldirektor der GD „Personal“ ist, zwangsläufig zum Nachteil des Betroffenen handelt. Das Gericht hält es außerdem in einem nicht dienstrechtlichen Kontext wie dem, der die arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen der EZB und ihren Bediensteten kennzeichnet, für akzeptabel, dass die Interessen der Bank im Disziplinarausschuss durch einen solchen Bediensteten vertreten werden, zumal der Generaldirektor der GD „Personal“ dem Direktorium, dem Entscheidungsgremium in Disziplinarangelegenheiten, nicht angehört. 153 Zum anderen ist die Behauptung des Klägers, dass der Generaldirektor oder der stellvertretende Generaldirektor der GD „Personal“ Zugang zu privilegierten Informationen habe, derer er sich bedient habe, um die Arbeiten des Disziplinarausschusses zu beeinflussen, zurückzuweisen, da sie keineswegs bewiesen ist und gegen sie der Grundsatz der Kollegialität der Erörterung sowie die Tatsache sprechen, dass es jedem Mitglied des Disziplinarausschusses möglich ist, einen abweichenden Standpunkt zu äußern, was z. B. das von der Personalvertretung benannte Mitglied zweifellos nicht versäumt hätte, wenn ihm ein nicht zur Disziplinarakte gehöriges Schriftstück vorgelegt worden wäre. Außerdem kann der Kläger nicht einem der von der Verwaltung benannten Mitglieder vorwerfen, ihn bei seiner Anhörung durch den Disziplinarausschuss in einer Weise befragt habe, die er als ihn belastend empfunden habe. Ein solches Verhalten, selbst wenn es erwiesen wäre, spricht nämlich nicht zwangsläufig für eine Voreingenommenheit, sondern könnte auch durch den Wunsch erklärt werden, durch eine Konfrontation des Klägers mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen kontradiktorisch zu den Erörterungen beizutragen. 154 Selbst wenn der Kläger die Äußerungen des stellvertretenden Generaldirektors der GD „Personal“ bei seiner Anhörung aufgrund des Tons, in dem sie vorgetragen wurden, subjektiv als Anklage empfinden konnte, lässt das als solches keinen Verstoß gegen die Verteidigungsrechte oder den Grundsatz der Unschuldsvermutung erkennen, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass der Disziplinarausschuss, obwohl sich bestimmte Mitglieder für eine Entlassung als Strafe ausgesprochen hatten, schließlich einvernehmlich eine mildere Sanktion empfahl (vgl. in diesem Sinne Urteil Zavvos/Kommission, T‑21/01, EU:T:2002:177, Rn. 336). 155 Es kann auch nicht kategorisch behauptet werden, dass sich der Generaldirektor oder der stellvertretende Generaldirektor der GD „Personal“ aufgrund ihrer Funktionen zwangsläufig in einem Interessenkonflikt befänden, nämlich in der Situation, in der ein Bediensteter in Ausübung seines Amtes in einer Angelegenheit Stellung zu nehmen hat, an deren Behandlung oder Erledigung er ein persönliches Interesse hat, das seine Unabhängigkeit beeinträchtigen könnte (vgl. zum Begriff des Interessenkonflikts Urteil Giannini/Kommission, T‑100/04, EU:T:2008:68, Rn. 223). Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall, wie die Bank ausgeführt hat, die Mitglieder des Untersuchungsgremiums, die Bediensteten der EZB, die an dem Bericht nach Art. 8.3.2 beteiligt waren, und die Mitglieder des Disziplinarausschusses alle verschiedene Personen waren. 156 Außerdem betraut Art. 8.3.5 der Dienstvorschriften nicht den Generaldirektor oder den stellvertretenden Generaldirektor der GD „Personal“ mit dem Vorsitz im Disziplinarausschuss, sondern eine der EZB nicht angehörende Person, auch wenn diese Person über kein Stimmrecht verfügt. Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein ehemaliges Mitglied des Gerichts. Art. 8.3.6 der Dienstvorschriften sieht darüber hinaus ausdrücklich die Verpflichtung jedes Mitglieds des Disziplinarausschusses vor, bei einem Interessenkonflikt seine Bestellung abzulehnen. 157 Jedenfalls ermöglicht die vom Unionsrichter im Rahmen einer Klage gemäß Art. 270 AEUV oder, wie im vorliegenden Fall, gemäß Art. 36.2. des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB ausgeübte gerichtliche Kontrolle die Ausübung eines angemessenen und effektiven Rechtsschutzes durch ein unabhängiges und unparteiisches Gericht im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, so dass den vom Kläger behaupteten Unzulänglichkeiten und Fehlern einschließlich derer, die die Zusammensetzung des Disziplinarausschusses betreffen, jedenfalls abgeholfen werden kann (vgl. in diesem Sinne, Urteil Andreasen/Kommission, T‑17/08 P, EU:T:2010:374, Rn. 145). 158 Nach alledem ist der zweite Klagegrund der Rechtswidrigkeit von Art. 8.3.5 der Dienstvorschriften zurückzuweisen. Zum dritten Klagegrund: Missachtung der Unschuldsvermutung, des Grundsatzes der Unparteilichkeit sowie der Art. 47 und 48 der Charta Vorbringen der Parteien 159 Mit seinem dritten Klagegrund macht der Kläger geltend, dass das Direktorium in der angefochtenen Entscheidung nicht auf die Rügen eingegangen sei, die er in seinem Verteidigungsschreiben erhoben habe und die der Disziplinarausschuss unberücksichtigt gelassen habe. Im Wesentlichen wirft der Kläger der EZB vor, von Anfang an angenommen zu haben, dass er sich der ihm zur Last gelegten Handlungen schuldig gemacht habe. So habe die Bank seinen Beitrag zu der in mehrfacher Hinsicht wesentlichen Verbesserung des reibungslosen Betriebs der Abteilung Verwaltungsdienste nicht berücksichtigt. Das ihn betreffende Verfahren sei auch parteiisch gewesen, da von den vier stimmberechtigten Mitgliedern im Disziplinarausschuss zwei Mitglieder, darunter sicher der stellvertretende Generaldirektor der GD „Personal“, der Auffassung gewesen seien, dass die vorhandenen Beweise belegten, dass die dem Kläger zur Last gelegten Pflichtverletzungen durch die Verfolgung eines persönlichen Interesses motiviert gewesen seien. Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes führt er auch noch aus, dass das Direktorium in der angefochtenen Entscheidung die Stellungnahme des Disziplinarausschusses verfälscht habe, da es den vorgenannten Standpunkt der beiden Mitglieder des Disziplinarausschusses erwähnt habe, obwohl der Ausschuss in seiner Stellungnahme mit der Mehrheit seiner Mitglieder festgestellt habe, dass er nicht überzeugt sei, dass die Verfolgung eines persönlichen Interesses „zweifelsfrei“ festgestellt werden könne. Schließlich sei die Mitteilung an die deutsche Staatsanwaltschaft unter Missachtung der Empfehlungen des OLAF ebenso ein Zeichen für die Verletzung der Unschuldsvermutung. 160 Die EZB beantragt die Zurückweisung des dritten Klagegrundes als offensichtlich jeder Grundlage entbehrend und weist vorab darauf hin, dass das Direktorium nach der einschlägigen Rechtsprechung keineswegs verpflichtet sei, in der Strafentscheidung auf alle von dem betroffenen Bediensteten vor dem Disziplinarausschuss vorgebrachten Gesichtspunkte einzugehen oder diese anzuführen. Auch beweise die vom Kläger geltend gemachte vorläufige Dienstenthebung während der Ermittlungen keineswegs einen Verstoß gegen die Unschuldsvermutung. Im Übrigen könne der Kläger die Diskussion über die Rechtmäßigkeit der Maßnahme der vorläufigen Dienstenthebung, die mit dem Urteil AX/EZB (EU:F:2012:195) abgeschlossen worden sei, nicht wieder in Gang setzen. Ebenso wenig lasse die Entscheidung des Disziplinarausschusses, dem Standpunkt des Klägers, den dieser in seinen Schriftsätzen ausführlich dargelegt und den dieser Ausschuss umfassend zur Kenntnis genommen habe, nicht zu folgen, einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung erkennen. Der EZB stehe es im Übrigen frei, der deutschen Staatsanwaltschaft eine Akte zu übermitteln, selbst wenn das OLAF sich nicht dafür ausgesprochen habe. 161 Zu den Vorwürfen des Klägers, dass das Untersuchungsverfahren, das Disziplinarverfahren und die angefochtene Entscheidung den Willen der Bank zeigten, die Schuld des Klägers festzustellen, vertritt die EZB nicht nur die Auffassung, dass sie jeder Grundlage entbehrten, sondern bedauert auch, dass der Kläger „[solche] hypothetischen Behauptungen, die nicht von gutem Glauben getragen sind, vor [dem] ehrenwerten Gericht vorbringt“. Würdigung durch das Gericht 162 Ein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung kann nur festgestellt werden, wenn anhand von Tatsachen bewiesen werden kann, dass die Verwaltung von Beginn des Disziplinarverfahrens an beschlossen hatte, in jedem Fall eine Sanktion gegen den Betroffenen zu verhängen, unabhängig von dem Vorbringen dieser Person (vgl. Urteil Pessoa e Costa/Kommission, T‑166/02, EU:T:2003:73, Rn. 56). 163 Zur vorläufigen Dienstenthebung des Klägers vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung ist festzustellen, dass durch die Möglichkeit nach Art. 46 der Beschäftigungsbedingungen, einen Bediensteten vorläufig des Dienstes zu entheben, Letzterer nicht bestraft (vgl. in diesem Sinne Urteil X/EZB, EU:T:2001:251, Rn. 151), sondern der Verwaltung die Möglichkeit gegeben werden soll, eine Sicherungsmaßnahme zu erlassen, um zu gewährleisten, dass dieser Bedienstete nicht in die laufende Untersuchung eingreift. 164 Dies vorausgeschickt, stellt das Gericht fest, dass mit dem Vorbringen des Klägers zu seinem dritten Klagegrund zum Teil die Begründung bzw. das Fehlen einer Begründung der angefochtenen Entscheidung beanstandet werden soll. Soweit dieser Aspekt Gegenstand des fünften Klagegrundes ist, wird er im Rahmen dieses Klagegrundes behandelt werden. 165 Zum anderen Teil soll mit dem Vorbringen des Klägers im Wesentlichen gerügt werden, dass der Disziplinarausschuss und das Direktorium den von ihm im Disziplinarverfahren vertretenen Standpunkt nicht geteilt haben. 166 Der Umstand, dass zwei Mitglieder des Disziplinarausschusses sich, wie es ihnen Art. 8.3.15 der Dienstvorschriften gestattet, dahin äußerten, dass die dem Kläger zur Last gelegten Pflichtverletzungen durch die Verfolgung eines persönlichen Interesses motiviert gewesen seien, kann keineswegs einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung beweisen. Diese Auffassung spiegelt nämlich nur den für die Erörterungen geltenden Grundsatz der Kollegialität und die Möglichkeit wider, eine von der vom Disziplinarausschuss mehrheitlich angenommenen endgültigen Stellungnahme abweichende Meinung zu äußern. Zu diesem Punkt vertrat der Disziplinarausschuss in seiner Stellungnahme gerade nicht die Ansicht, dass das persönliche Interesse „im engeren Sinne zweifelsfrei festgestellt werden kann“. Im Übrigen wies der Disziplinarausschuss dagegen das insbesondere im Verteidigungsschreiben des Klägers enthaltene Vorbringen zu einer Verletzung seiner Verteidigungsrechte als unbegründet zurück. 167 Des Weiteren zeigt nach Ansicht des Gerichts die Entscheidung des Direktoriums im vorliegenden Fall, eine der schwersten nach den Dienstvorschriften vorgesehenen Disziplinarstrafen zu verhängen, für sich genommen nicht, dass die Unschuldsvermutung während des Disziplinarverfahrens verletzt wurde. 168 Die Mitteilung an die deutsche Staatsanwaltschaft gehört zu den Rechten der EZB im Rahmen ihrer institutionellen Autonomie und griff in keiner Weise dem Standpunkt vor, den die deutschen Justizbehörden in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich, nämlich dem Strafrecht, einnehmen würden. Im Übrigen gab der Kläger in seiner Äußerung vom 6. November 2014 zu den prozessleitenden Maßnahmen an, von der deutschen Staatsanwaltschaft die Kopie einer CD-Rom mit der Mitteilung der EZB erhalten zu haben, ohne jedoch irgendetwas zur Untermauerung seines Vorwurfs einer Verletzung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung vorbringen zu können. 169 Überdies erkennt das Gericht im Vorbringen des Klägers nicht die geringste Spur eines Beweises für seine doch schwerwiegenden Vorwürfe, dass in seinem Fall die EZB den Grundsatz der Unschuldsvermutung verletzt habe. 170 Der dritte Klagegrund ist folglich zurückzuweisen. Zum vierten Klagegrund: Missachtung der Sorgfaltspflicht durch die Nichtbeachtung des Grundsatzes angemessener Entscheidungsfristen Vorbringen der Parteien 171 Mit diesem Klagegrund wirft der Kläger der EZB vor, dass sich das Verfahren der ursprünglichen Verwaltungsuntersuchung und das Disziplinarverfahren, das zur angefochtenen Entscheidung geführt habe, alles in allem über mehr als drei Jahre erstreckt habe. Ein solcher Zeitraum sei nicht angemessen, und selbst wenn gewisse Fristen durch das Untersuchungsverfahren des OLAF bedingt seien, sei die EZB für die Fristen im Zusammenhang mit den Ermittlungen des OLAF verantwortlich zu machen, da die Untersuchungsberichte dieses Amtes keine anfechtbaren Handlungen seien. Unter Bezugnahme auf das Urteil Andreasen/Kommission (F‑40/05, EU:F:2007:189) macht der Kläger auch geltend, dass er über das gesamte Verfahren hinweg 38 Monate lang vorläufig seines Dienstes enthoben gewesen sei. 172 Die EZB ist der Ansicht, dass der vierte Klagegrund offensichtlich jeder rechtlichen Grundlage entbehre, und weist insbesondere darauf hin, dass der Kläger selbst einräume, dass die Bank die Fristen nach Art. 8.3.2 der Dienstvorschriften beachtet habe. Im Übrigen sei nach der einschlägigen Rechtsprechung der Grundsatz angemessener Entscheidungsfristen nicht verletzt worden. Der Zeitraum, in dem der Kläger seines Dienstes enthoben gewesen sei, gehöre nicht zum Streitgegenstand der vorliegenden Klage. Würdigung durch das Gericht 173 In Disziplinarsachen ist die EZB oder gegebenenfalls das OLAF verpflichtet, von dem Zeitpunkt an, zu dem sie von Vorgängen und Handlungen Kenntnis erlangen, die Zuwiderhandlungen gegen die Verpflichtungen eines Bediensteten der EZB darstellen können, bei der Prüfung, ob sie eine Untersuchung einleiten sollen, und, wenn diese Frage zu bejahen ist, bei dieser Untersuchung bzw., was die EZB betrifft, bei der Durchführung des Disziplinarverfahrens mit der gebührenden Sorgfalt vorzugehen (vgl. entsprechend Urteil Kerstens/Kommission, F‑12/10, EU:F:2012:29, Rn. 125). 174 Nach ständiger Rechtsprechung sind die Fristen zur zeitlichen Begrenzung eines Disziplinarverfahrens keine Ausschlussfristen, sondern stellen vor allem eine Regel ordnungsgemäßer Verwaltung dar, die das Organ verpflichtet, das Disziplinarverfahren mit der gebührenden Sorgfalt zu betreiben und jede Verfahrenshandlung in angemessenem zeitlichen Abstand zur vorhergehenden Maßnahme vorzunehmen (Urteil D/Kommission, T‑549/93, EU:T:1995:15, Rn. 25). Der Unionsrichter hat außerdem entschieden, dass er bei der Prüfung der Frage, ob ein Disziplinarverfahren innerhalb einer angemessenen Frist durchgeführt wurde, „nur die zwischen einer Verfolgungsmaßnahme und der folgenden Maßnahme verstrichene Zeit zu berücksichtigen hat [und dass es a]uf die Gesamtdauer des Disziplinarverfahrens … bei dieser Prüfung nicht an[kommt]“ (Urteil Teixeira Neves/Gerichtshof, T‑259/97, EU:T:2000:208, Rn. 123 und die dort angeführte Rechtsprechung). 175 Daher hat die EZB bei der Durchführung ihres Disziplinarverfahrens sicherzustellen, dass jede Verfahrenshandlung in angemessenem zeitlichen Abstand zur vorhergehenden Maßnahme vorgenommen wird (vgl. in diesem Sinne Urteile Kerstens/Kommission, EU:F:2012:29, Rn. 124, und Goetz/Ausschuss der Regionen, F‑89/11, EU:F:2013:83, Rn. 126). 176 Im vorliegenden Fall hat die Bank, sobald sie Kenntnis von den Behauptungen des Hinweisgebers erlangte, im Februar 2010 ein Untersuchungsgremium eingerichtet, dessen Arbeiten wegen der Einleitung einer Untersuchung des OLAF zu denselben Tatsachen am 1. Juli 2010 nicht abgeschlossen werden konnten. Die Bank wurde am 26. Juli 2010 über diese Einleitung unterrichtet. Die Untersuchung des OLAF umfasste u. a. einen Besuch in den Räumlichkeiten der EZB sowie die Anhörung von 13 Bediensteten der EZB. Die Arbeiten des OLAF wurden mit der Übermittlung eines abschließenden Untersuchungsberichts am 27. Januar 2012 an die EZB abgeschlossen. 177 Das Gericht stellt fest, dass das Verfahren der ursprünglichen Verwaltungsuntersuchung und das Untersuchungsverfahren des OLAF innerhalb einer angemessenen Frist eingeleitet wurden, d. h. kurz nachdem die Bank bzw. das OLAF Kenntnis von den Vorgängen und Handlungen erhalten hatten, die Zuwiderhandlungen gegen die Pflichten der Bediensteten der EZB darstellen konnten (vgl. in diesem Sinne Urteile François/Kommission, T‑307/01, EU:T:2004:180, Rn. 48, und López Cejudo/Kommission, F‑28/13, EU:F:2014:55, Rn. 90). 178 Die Dauer der Untersuchung des OLAF, nämlich 19 Monate, erscheint im Hinblick auf die Zahl und die Art der fraglichen Käufe sowie die technische Komplexität einiger von der Untersuchung betroffener Gegenstände angemessen. 179 In der Folge nahm die Bank den Bericht nach Art. 8.3.2 an, mit dem das Disziplinarverfahren eingeleitet und dessen Umfang bestimmt wurde. Die Annahme dieses Berichts erfolgte am 19. November 2012, nachdem der Kläger gehört und die Unterlagen, die er am 24. August 2012 vorgelegt hatte, sowie seine Äußerung vom 18. Oktober 2012 zu dem ihm übermittelten Entwurf eines Berichts berücksichtigt worden waren. Insoweit ist das Gericht der Auffassung, dass die neun Monate, die zwischen der Übermittlung des Berichts des OLAF an die EZB und der Annahme des Berichts nach Art. 8.3.2 durch die Bank vergingen, im Hinblick auf die zahlreichen und umfangreichen einbezogenen Dokumente und die zahlreichen Äußerungen des Klägers vor der Annahme des Berichts nach Art. 8.3.2 nicht unverhältnismäßig waren. Überdies kann der EZB nicht vorgeworfen werden, dass sie es aufgrund ihrer internen Bestimmungen für erforderlich hielt, zusätzlich zur ursprünglichen Verwaltungsuntersuchung und der Untersuchung des OLAF erneut eine interne Verwaltungsuntersuchung durchzuführen, um den Bericht nach Art. 8.3.2 zu erstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil Goetz/Ausschuss der Regionen, EU:F:2013:83, Rn. 131 und 132). Die ursprüngliche, nicht abgeschlossene Verwaltungsuntersuchung, die auf der Grundlage der Rundverfügung Nr. 1/2006 erfolgt war, griff nämlich, wie sich aus Art. 2 Abs. 1 dieser Rundverfügung ergibt, der Eröffnung eines Disziplinarverfahrens nicht vor, das nur unter Beachtung von Art. 8.3 der Dienstvorschriften, insbesondere von Art. 8.3.2, eingeleitet werden konnte. Zudem gehörten im vorliegenden Fall zum Untersuchungsgremium andere Personen als die, die an der Ausarbeitung des Berichts nach Art. 8.3.2 mitwirkten. 180 Nach seiner Bestellung am 27. November 2012 gab der Disziplinarausschuss dem Kläger im Januar 2013 Gelegenheit zur schriftlichen und mündlichen Äußerung und legte seine Stellungnahme am 5. April 2013 vor. Hierzu vertritt das Gericht die Ansicht, dass der Ausschuss, wie der Abschluss seiner Arbeiten innerhalb von vier Monaten zeigt, mit der erforderlichen Zügigkeit handelte, zumal in einem solch komplexen Fall und trotz der Vielzahl von Erklärungen und Rügen des Klägers u. a. zum Protokoll seiner Anhörung durch den Disziplinarausschuss. 181 Der Erlass der angefochtenen Entscheidung am 28. Mai 2013 nach der Vorlage der Erklärungen des Klägers am 24. April 2013 entspricht sowohl der Frist nach Art. 8.3.17 der Dienstvorschriften als auch dem Grundsatz der angemessenen Entscheidungsfrist. 182 Somit ergibt sich aus dem Ablauf des Disziplinarverfahrens im vorliegenden Fall, dass die zwischen jeder Verfolgungsmaßnahme und der folgenden Maßnahme verstrichene Zeit völlig angemessen war und die Verzögerungen, wenn es sie denn gegeben hat, darauf zurückzuführen waren, dass die Verteidigungsrechte des Klägers beachtet und die zahlreichen von seinem Anwalt eingereichten Stellungnahmen und Erklärungen beantwortet werden mussten (vgl. Urteil Teixeira Neves/Gerichtshof, EU:T:2000:208, Rn. 125). 183 Das Gericht ist außerdem der Ansicht, dass sowohl das Verfahren der ursprünglichen Verwaltungsuntersuchung als auch das Disziplinarverfahren insgesamt genommen sich über einen angemessenen Zeitraum, nämlich drei Jahre und drei Monate erstreckten. Im Übrigen hat der Kläger jedenfalls nicht vorgebracht, dass die Bank eine in ihren disziplinarrechtlichen Vorschriften vorgesehene Frist missachtet hätte. 184 Obwohl es schließlich zutrifft, dass sich der Kläger während der Ermittlungen vor der Einleitung des Disziplinarverfahrens und während des Disziplinarverfahrens in einer Situation des Abwartens und der Ungewissheit befand, insbesondere was seine berufliche Zukunft betraf, kann dieser Gesichtspunkt keine Auswirkung auf die Gültigkeit der angefochtenen Entscheidung haben, da diese Situation jedem Disziplinarverfahren inhärent ist und im vorliegenden Fall die Einleitung dieses Verfahrens durch das Interesse der Union gerechtfertigt war, das von der EZB verlangte, aufgrund von Vorwürfen, die Zweifel an der Redlichkeit von zwei ihrer Bediensteten, darunter der Kläger, aufkommen ließen, die notwendigen Maßnahmen einschließlich der vorläufigen Dienstenthebung des Klägers zu ergreifen, um sich der Untadeligkeit seines beruflichen Verhaltens zu vergewissern (vgl. in diesem Sinne Urteil Pessoa e Costa/Kommission, EU:T:2003:73, Rn. 66). 185 Nach alledem ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen. Zum fünften Klagegrund: Missachtung der Begründungspflicht Vorbringen der Parteien 186 Nach Ansicht des Klägers liefert die angefochtene Entscheidung keine Begründung in Bezug auf die Rügen der Verletzung seiner Grundrechte, der Missachtung des Grundsatzes der angemessenen Entscheidungsfristen und der Sorgfaltspflicht. Sie enthalte auch keine Erläuterungen zu den gegen den Kläger erhobenen Vorwürfen, zu den angeblich verletzten Pflichten und dazu, inwieweit die angelasteten Tatsachen mit der Verletzung der einzelnen von der Bank angeführten Pflichten zusammenhingen. Die angefochtene Entscheidung lege die Gründe, aus denen das Direktorium entschieden habe, eine strengere Strafe zu verhängen als die vom Disziplinarausschuss vorgeschlagene, nicht rechtlich hinreichend dar. Sie erläutere auch nicht, warum die Bank zu dem Ergebnis, dass das Vertrauensverhältnis mit dem Kläger zerstört sei, gekommen sei, obwohl der Disziplinarausschuss in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen habe, dass eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses nur dann festgestellt werden könne, wenn nachgewiesen sei, dass der Kläger ein persönliches Interesse verfolgt habe, was nicht der Fall sei. 187 Die Bank beantragt die Zurückweisung des Klagegrundes und trägt dazu vor, dass der Kläger in Anbetracht des Inhalts seines Vorbringens die Tragweite der Begründungspflicht, insbesondere in einem dem Betroffenen wohlbekannten Fall wie dem vorliegenden, nicht verstanden zu haben scheine. Die EZB widerspricht der Ansicht des Klägers, dass die Feststellung der Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen einem Bediensteten und seinem Arbeitgeber den Nachweis verlange, dass das Verhalten des Bediensteten von einem persönlichen Interesse getragen sei. Würdigung durch das Gericht 188 Die Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV, auf die auch in Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta hingewiesen wird, ist ein wesentlicher Grundsatz des Unionsrechts, der den Zweck hat, zum einen dem Betroffenen ausreichende Hinweise für die Beurteilung zu geben, ob die ihn beschwerende Maßnahme in der Sache begründet ist, und zum anderen deren richterliche Kontrolle zu ermöglichen (vgl. Urteile Michel/Parlament, 195/80, EU:C:1981:284, Rn. 22, Lux/Rechnungshof, 69/83, EU:C:1984:225, Rn. 16, und Camacho-Fernandes/Kommission, F‑16/13, EU:F:2014:51, Rn. 111). 189 Die Frage, ob die Begründung einer Entscheidung der EZB, über einen ihrer Bediensteten eine Strafe zu verhängen, diesen Erfordernissen genügt, ist nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen, sondern auch anhand ihres Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet, im vorliegenden Fall dem Disziplinarbereich. Insoweit haben der Disziplinarausschuss und das Direktorium zwar alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmäßigkeit ihrer Stellungnahmen und/oder Entscheidungen abhängt, sowie die Erwägungen anzugeben, die sie zu deren Erlass veranlasst haben; sie brauchen jedoch nicht auf alle Tatsachen- und Rechtsfragen einzugehen, die der Betroffene im Verfahren aufgeworfen hat. Eine Entscheidung ist jedenfalls hinreichend begründet, wenn sie in einem dem betroffenen Bediensteten bekannten Kontext ergangen ist, der ihm das Verständnis der Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme erlaubt (Urteil EH/Kommission, F‑42/14, EU:F:2014:250, Rn. 131 und die dort angeführte Rechtsprechung). 190 Wenn, wie im vorliegenden Fall, die gegen den Betroffenen verhängte Strafe letztlich schwerer ist als die vom Disziplinarausschuss vorgeschlagene, muss die Entscheidung der EZB jedoch aufgrund der Erfordernisse eines jeden Disziplinarverfahrens selbst im Rahmen eines rein vertraglichen Beschäftigungsverhältnisses eine eingehende Darlegung der Gründe enthalten, aus denen die Bank von der Stellungnahme ihres Disziplinarausschusses abgewichen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile F./Kommission, 228/83, EU:C:1985:28, Rn. 35; N/Kommission, T‑198/02, EU:T:2004:101, Rn. 95, und EH/Kommission, EU:F:2014:250, Rn. 132). 191 Im vorliegenden Fall war der Kontext, in dem die angefochtene Entscheidung ergangen ist, dem Kläger hinreichend bekannt, wie sich insbesondere aus den zahlreichen schriftlichen und mündlichen Stellungnahmen ergibt, die er während des Disziplinarverfahrens, auch zu den Entwürfen von Schriftstücken im Rahmen dieses Verfahrens wie etwa den Anhörungsprotokollen abgegeben hatte. Insbesondere waren entgegen dem Vorbringen des Klägers die gegen ihn erhobenen Vorwürfe im Bericht nach Art. 8.3.2 sowie in der Stellungnahme des Disziplinarausschusses, wie u. a. in den Rn. 67, 70 und 81 des vorliegenden Urteils dargelegt, hinreichend klar und deutlich enthalten, und er wurde zu diesen Schriftstücken umfassend gehört. 192 Sodann hatte der Disziplinarausschuss in seiner Stellungnahme die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe, die verschiedenen in der EZB geltenden Regeln und Bestimmungen, gegen die der Kläger nach Auffassung dieses Ausschusses verstoßen hatte, sowie die Gründe dargelegt, aus denen er das Vorbringen des Klägers, insbesondere in seinem Verteidigungsschreiben, wonach seine Verteidigungsrechte verletzt worden seien, für unbegründet hielt. In seiner Stellungnahme führte dieser Ausschuss auch die Fragen an, die von ihm erörtert worden waren. Daraus ergibt sich, dass die Mitglieder des Ausschusses uneinig darüber waren, ob der Kläger entlassen werden sollte, dass sie sich aber darauf einigten, dass eine Entlassung ausgesprochen werden könnte, wenn „außerdem die Verletzungen der Dienstpflichten durch die Verfolgung eines persönlichen Interesses motiviert waren, was das Vertrauensverhältnis zwischen der EZB und [dem Kläger] irreparabel zerstören würde“. Dazu vertraten zwar zwei Mitglieder des Disziplinarausschusses die Ansicht, dass der Akteninhalt insoweit hinreichend beweiskräftig sei, letztlich war jedoch die Mehrheit der Mitglieder nicht „völlig überzeugt, dass ein persönliches Interesse … im engeren Sinne zweifelsfrei festgestellt werden kann“. 193 Nachdem er die mildernden Umstände, die im Fall des Klägers festgestellt werden konnten, dargelegt hatte, schlug der Disziplinarausschuss im Einvernehmen aller seiner Mitglieder die Strafe der Einstufung in eine um zwei Stufen niedrigere Besoldungsgruppe vor. 194 In diesem Kontext ist die angefochtene Entscheidung ergangen, in der das Direktorium darauf hingewiesen hat, dass es die Stellungnahme des Disziplinarausschusses, die Meinungsverschiedenheit in diesem Ausschuss zur Frage des Vorliegens eines persönlichen Interesses sowie die in dieser Stellungnahme genannten mildernden Umstände berücksichtigt habe. Das Direktorium hat jedoch als erschwerenden Umstand insbesondere die Tatsache angesehen, dass der Kläger die fraglichen Verletzungen seiner Dienstpflichten in seiner Position als Manager begangen habe, der eine besondere Verantwortung für den Schutz des Ansehens und der finanziellen Interessen der EZB habe. Das Direktorium legte sodann in der angefochtenen Entscheidung auch seine Anforderungen an die Integrität seines Personals dar und stellte fest, dass die in Rede stehenden Dienstpflichtverletzungen das von der Bank als erforderlich angesehene Vertrauensverhältnis zu ihrem Personal irreparabel beschädigt hätten. 195 Nach alledem ist das Gericht der Ansicht, dass die angefochtene Entscheidung in Verbindung mit der Stellungnahme des Disziplinarausschusses, auf die sie verweist, eine Begründung enthält, die den in den Rn. 188 bis 190 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Anforderungen der Rechtsprechung, die auch für die Bank gelten, entspricht. 196 Insbesondere hat das Direktorium entgegen dem Vorbringen des Klägers die Gründe dargelegt, aus denen es eine schwerere Strafe festgesetzt hat als die, auf die sich die Mitglieder des Disziplinarausschusses einigen konnten. Insoweit kann der Umstand, dass die vom Direktorium festgesetzte Strafe der entspricht, für die sich zwei der vier stimmberechtigten Mitglieder ausgesprochen hatten, für sich genommen unter dem Aspekt der Begründungspflicht nicht zur Mangelhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung führen. 197 Was die Bedingungen betrifft, unter denen das Vertrauensverhältnis zwischen der Bank und einem ihrer Bediensteten als zerstört angesehen werden kann, so ist das Direktorium nicht an die Stellungnahme des Disziplinarausschusses gebunden, wie Art. 8.3.17 der Dienstvorschriften ausdrücklich bestimmt. Daher konnte, auch wenn die Mehrheit des Disziplinarausschusses sich darüber einig war, dass das Direktorium ihres Erachtens eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses feststellen könne, wenn es der Auffassung sei, dass der Kläger ein persönliches Interesse verfolgt habe, das Direktorium im Rahmen seines weiten Ermessens bei der Definition seiner Anforderungen an die Integrität des Personals der EZB, und zwar auch bei einer anderen als der vom Disziplinarausschuss ins Auge gefassten Fallgestaltung, d. h. selbst ohne den Nachweis, dass der Kläger ein persönliches Interesse verfolgt habe, in der vorliegenden Sache feststellen, dass das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört sei. Außerdem hat der Kläger in seinen Erklärungen vom 24. April 2013 zur Stellungnahme des Disziplinarausschusses nichts wirklich Konkretes zur Frage der Zerstörung des Vertrauensverhältnisses vorgetragen, die jedoch vom Disziplinarausschuss in seiner an das Direktorium gerichteten Stellungnahme behandelt worden war. 198 Nach alledem ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen. Zum siebten Klagegrund: offensichtlicher Beurteilungsfehler und Missachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Vorbringen der Parteien 199 Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, die angefochtene Entscheidung bezeichne die Vorwürfe nicht klar, auf die sie gestützt worden sei, und berücksichtige nicht angemessen die von ihm im Disziplinarverfahren geltend gemachten mildernden Umstände. Unter anderem seien alle in Rede stehenden Käufe unter vollständiger Beachtung der in der EZB geltenden Regeln erfolgt und den anderen Diensten bekannt und für diese sichtbar gewesen; es seien, auch vom OLAF, Unzulänglichkeiten bei der Finanzkontrolle und der Überwachung der Abteilung Verwaltungsdienste festgestellt worden; der Kläger sei, als er von seinen Vorgesetzten darauf hingewiesen worden sei, dass gewisse Käufe, im vorliegenden Fall von digitalen Bilderrahmen, nicht getätigt werden könnten, habe er diesem Hinweis Folge geleistet; er habe keine Schulung oder spezifische Beratung bezüglich der anwendbaren Haushaltsvorschriften erhalten; zu berücksichtigen seien seine fachlichen Leistungen bei der Übernahme der Abteilung Verwaltungsdienste, durch die die EZB mehrere Millionen Euro gespart habe; es habe in dieser Abteilung nur wenige Führungskräfte gegeben; es seien ihm umfangeiche Aufgaben übertragen worden, und er habe wöchentlich hunderte Bestellungen und Rechnungen für die Abteilung Verwaltungsdienste zu genehmigen gehabt; letztlich hätten die in Rede stehenden Käufe im vorliegenden Fall im Hinblick auf ihren Gesamtwert nicht einmal ein Tausendstel des Budgets der Abteilung ausgemacht. 200 Der Kläger macht geltend, dass die EZB aufgrund der fehlenden oder unzureichenden Berücksichtigung einer Reihe von mildernden Umständen eine unverhältnismäßige Sanktion gegen ihn verhängt habe. In diesem Zusammenhang bestreitet er, das Ansehen der EZB durch die Genehmigung der fraglichen Käufe beeinträchtigt zu haben. Außerdem sei er bereits durch seine vorläufige Dienstenthebung und die Auswirkung des Disziplinarverfahrens auf sein berufliches wie privates Leben bestraft worden. 201 Die EZB beantragt, den siebten Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. Sie wirft dem Kläger eine bruchstückartige, ja sinnentstellende Auslegung der angefochtenen Entscheidung vor. Entgegen dem Vorbringen des Klägers habe die Entscheidung mit dem Verweis auf Rn. 34 der Stellungnahme des Disziplinarausschusses die mildernden Umstände des vorliegenden Falls hinreichend berücksichtigt. Der Kläger stelle allgemeine Behauptungen zur mangelnden Berücksichtigung bestimmter mildernder Umstände auf, ohne diese klar aufzuführen, was die Frage nach der Zulässigkeit solcher allgemeiner Behauptungen aufwerfe. Jedenfalls habe die Bank alle maßgeblichen Umstände des Falls des Klägers berücksichtigt, und das Vorliegen mildernder Umstände könne nicht ipso iure der Möglichkeit seiner Entlassung entgegenstehen. 202 Nach Ansicht der EZB war die sich aus dem Verhalten des Klägers ergebende Gefahr für das Ansehen, das die Bank nach außen habe, offensichtlich, zumal der Kläger nicht in der Lage gewesen sei, zu erklären, wo sich der Großteil der unter seiner Aufsicht gekauften Artikel befinde. Zum Vorbringen, dass die vorläufige Dienstenthebung in seinem Fall bereits eine sehr schwere Strafe dargestellt habe, die der Möglichkeit seiner Entlassung entgegenstehe, weist die Bank darauf hin, dass eine solche vorläufige Dienstenthebung keine Strafe darstelle und in seinem Fall jedenfalls das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört gewesen sei, so dass die verhängte Sanktion gerechtfertigt gewesen sei. Würdigung durch das Gericht 203 Das Gericht hält es für sachdienlich, den siebten Klagegrund vor dem sechsten zu behandeln. – Allgemeine Erwägungen 204 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtmäßigkeit jeder Disziplinarstrafe voraussetzt, dass der dem Betroffenen zur Last gelegte Sachverhalt erwiesen ist (Urteile Daffix/Kommission, T‑12/94, EU:T:1997:208, Rn. 64; Tzikis/Kommission, T‑203/98, EU:T:2000:130, Rn. 51, und EH/Kommission, EU:F:2014:250, Rn. 90). 205 Bei der Beurteilung der Schwere der vom Disziplinarausschuss zulasten des Bediensteten festgestellten Verfehlungen und der Wahl der Disziplinarstrafe, die angesichts dieser Verfehlungen als die angemessenste erscheint, hat die Bank grundsätzlich einen weiten Beurteilungsspielraum, sofern die verhängte Strafe nicht in einem Missverhältnis zu dem zulasten des Bediensteten festgestellten Sachverhalt steht (Urteil E/Kommission, EU:T:2001:175, Rn. 85 und 86). So ist entsprechend einer ständigen Rechtsprechung zum Beamtenstatut, die auf den vertraglichen Kontext der EZB übertragen werden kann, dieses Organ befugt, die Verantwortlichkeit ihres Bediensteten anders zu beurteilen als ihr Disziplinarausschuss und anschließend die Disziplinarstrafe zu wählen, die sie zur Ahndung der festgestellten disziplinarischen Verfehlungen für angemessen hält (vgl. Urteile Y/Gerichtshof, EU:T:1996:94, Rn. 56, und Tzikis/Kommission, EU:T:2000:130, Rn. 48). 206 Wenn der Sachverhalt feststeht, hat sich die richterliche Kontrolle angesichts des weiten Beurteilungsspielraums der Bank auf die Prüfung zu beschränken, ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (vgl. in diesem Sinne Urteile X/EZB, EU:T:2001:251, Rn. 221 und 222, sowie EH/Kommission, EU:F:2014:250, Rn. 92). 207 Was die Verhältnismäßigkeit der Disziplinarstrafe angesichts der Schwere der festgestellten Verfehlungen anbelangt, hat das Gericht zu berücksichtigen, dass die Festsetzung der Strafe auf einer Gesamtwürdigung aller konkreten Tatsachen und Umstände des Einzelfalls durch die Bank beruhen muss, da die auf die Bediensteten der EZB anwendbaren Rechtsvorschriften, insbesondere Art. 45 der Beschäftigungsbedingungen, ebenso wie das Beamtenstatut, kein starres Verhältnis zwischen den dort aufgeführten Disziplinarstrafen und den verschiedenen möglichen Verfehlungen gegen die Dienstpflichten vorsehen und nicht regeln, in welchem Umfang sich das Vorliegen erschwerender oder mildernder Umstände auf die Wahl der Strafe auswirken muss. Die Prüfung des erstinstanzlichen Richters beschränkt sich daher auf die Frage, ob die Bank bei der Abwägung der erschwerenden und der mildernden Umstände den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt hat, wobei der Richter die von der Bank insoweit vorgenommenen Wertungen nicht durch seine eigenen ersetzen darf (vgl. Urteile X/EZB, EU:T:2001:251, Rn. 221, Afari/EZB, EU:T:2004:77, Rn. 203, und BG/Bürgerbeauftragter, T‑406/12 P, EU:T:2014:273, Rn. 64); die Wahl der Disziplinarstrafe obliegt der Bank (Urteil Nijs/Rechnungshof, F‑77/09, EU:F:2011:2, Rn. 132). – Zu den zur Last gelegten Verletzungen der Dienstpflichten 208 Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, dass der Kläger nicht bestreitet, die in Rede stehenden Käufe von Gegenständen und Dienstleistungen getätigt zu haben. Mit anderen Worten, er leugnet nicht den Sachverhalt, sondern bestreitet, sich in diesem Zusammenhang falsch verhalten oder irgendeine rechtswidrige Handlung begangen zu haben, anders ausgedrückt, er wendet sich gegen die Qualifizierung seiner Handlungen als Verletzung der Dienstpflichten. 209 Daraus folgt, dass im Rahmen dieses Klagegrundes der offensichtliche Beurteilungsfehler, den der Kläger dem Direktorium vorwirft, die vom Disziplinarausschuss getroffene Feststellung und Beurteilung der Schwere der Verletzung der Dienstpflichten betrifft, auf die sich das Direktorium bei der Bestimmung der über den Kläger zu verhängenden Strafe gestützt hat. Insoweit ergibt sich entgegen dem Vorbringen des Klägers aus der Stellungnahme des Disziplinarausschusses ausdrücklich, dass die von diesem festgestellten Verletzungen der Dienstpflichten in einem Verstoß gegen Art. 4 Buchst. a der Beschäftigungsbedingungen, gegen die Art. 2, 2.2, 4.1, 4.2 und 5.1 des Verhaltenskodex sowie gegen die Hinweise in den Kapiteln 7 und 8 des Praxishandbuchs bestanden. Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich ebenfalls, dass das Direktorium diese Feststellungen des Disziplinarausschusses bestätigt hat. 210 Die in der Stellungnahme des Disziplinarausschusses genannten Bestimmungen der Dienstvorschriften der EZB sollen sicherstellen, dass die Bediensteten der EZB in ihrem Verhalten ein würdiges Bild abgeben, das im Einklang mit dem besonders korrekten und ehrenhaften Verhalten steht, das man von den Bediensteten eines internationalen öffentlichen Organs erwarten darf, auch wenn sie auf vertraglicher Grundlage beschäftigt sind (vgl. Urteile Williams/Rechnungshof, T‑146/94, EU:T:1996:34, Rn. 65, und N/Kommission, EU:T:1997:71, Rn. 127). Insbesondere ist die Verpflichtung in Art. 4 Buchst. a der Beschäftigungsbedingungen, wonach „[i]hr Verhalten … ihren Aufgaben und der Natur der EZB als Organ [der Union entspricht]“, so auszulegen, dass sie dem Personal der EZB u. a. eine Treuepflicht und die Pflicht zu einem würdigen Verhalten auferlegen, die denen ähneln, die für die Beamten der Union gelten (vgl. Urteil Afari/EZB, EU:T:2004:77, Rn. 193). 211 Die im vorliegenden Fall in Rede stehenden Bestimmungen des Verhaltenskodex benennen konkret die Verpflichtungen der Bediensteten der EZB im Rahmen der Treuepflicht, so etwa die Pflicht, ihre Vorgesetzten auf dem neuesten Stand zu halten, sich beispielhaft zu verhalten und das Ansehen der Bank nach außen zu schützen, und verweisen auf die grundlegenden Regeln, die in jedem durch öffentliche Gelder finanzierten Organ gelten, nämlich dass die Gegenstände und Ausrüstungsstücke des Organs nur zu Zwecken und in den Grenzen des dienstlichen Bedarfs verwendet werden dürfen und die Bediensteten die Käufe von Ausrüstungsstücken rationalisieren und diese Gegenstände so effizient wie möglich nutzen müssen. 212 Die im vorliegenden Fall fraglichen Bestimmungen des Praxishandbuchs verweisen auf Regeln ordnungsgemäßer Haushaltsführung bei der Feststellung des Bedarfs und bei der Verwendung der Haushaltsmittel, die den zentralisierten Kostenstellen wie der der Abteilung Verwaltungsdienste in Verbindung mit den an andere Direktionen der EZB erbrachten Dienstleistungen zugeordnet sind. 213 Was die Beschreibung der Verletzungen der Dienstpflichten betrifft, die nach Ansicht des Disziplinarausschusses vom Kläger begangen worden waren und die im vorliegenden Fall in Rn. 27 der Stellungnahme des Disziplinarausschusses aufgeführt sind, so ergibt sich nach Auffassung des Gerichts aus der Akte, dass der Ausschuss zu Recht zu dem Ergebnis gelangte, dass der Kläger gegen Art. 4 Buchst. a der Beschäftigungsbedingungen sowie gegen die Bestimmungen des Verhaltenskodex und des Praxishandbuchs verstoßen hat. 214 Angesichts der Art, der Zahl und der Häufigkeit der in Rede stehenden Käufe, die einen Zeitraum von mehr als zweieinhalb Jahren umfassen, sowie in Ermangelung einer konkreten, überzeugenden Begründung dafür, dass diese Käufe für den legitimen Bedarf der Abteilung Verwaltungsdienste, für die der Kläger zuständig war, notwendig waren, kann dieser vernünftigerweise nicht behaupten, entsprechend den berechtigten Erwartungen der Bank, wie sie in deren internen Regeln förmlich niedergelegt sind, gehandelt und der Bank keinen finanziellen Schaden zugefügt zu haben. 215 Als Beispiel lässt sich anführen, dass der einzelne Erwerb von EDV-Ausrüstung, außerhalb der Gruppeneinkaufspolitik des Organs, die im vorliegenden Fall bei der GD „Informationssysteme“ zentralisiert war, zwangsläufig, wie die Bank in der mündlichen Verhandlung bestätigte, dazu führte, dass diese Ausrüstung zu einem höheren Preis erworben wurde, wie etwa im Fall des Kaufs der Computer der Marke X, die in der EZB zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht offiziell verwendet wurden. Ein anderes Beispiel für ein Verhalten, das den berechtigten Erwartungen der Bank, wie sie in deren internen Regeln förmlich niedergelegt sind, nicht entsprach und ihr finanzielle Nachteile brachte, ist, dass kein System zur Überwachung der Käufe eingeführt wurde, was insbesondere zur Folge hatte, dass es unmöglich war, den genauen Verbleib vieler der von der Abteilung Verwaltungsdienste gekauften Gegenstände, auf die sich die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe beziehen, festzustellen. Es ist ebenfalls ungewöhnlich, dass ein Bediensteter eines Organs zahlreiche EDV- und Fotogeräte oder ein tragbares Navigationssystem nach Hause mitnehmen und sie dort während eines langen Zeitraums aufbewahren kann, wie es der Kläger tat. 216 Der vom Kläger in seinem neuen Beweisangebot hervorgehobene Umstand, dass gewisse Gegenstände schließlich wiedergefunden worden seien, kann nichts daran ändern, dass er insgesamt zahlreiche Gegenstände unter Missachtung der geltenden Vorschriften gekauft hat. Außerdem ist das Gericht der Ansicht, dass dieses Beweisangebot die Beschreibung des Büros des Klägers durch die EZB bestätigt hat, wonach dieses Büro aufgrund der großen Anhäufung von Gegenständen, die sich dort befanden und die im Übrigen nicht gekennzeichnet waren, wie ein Warenlager aussah. Dies bezeugt auch die Tatsache, dass ungeöffnete Schachteln mit Spielzeug dort gefunden wurden. Deshalb ist es erklärlich, dass die EZB, zumal angesichts der technischen Komplexität der fraglichen Ausrüstungsgegenstände, nicht in der Lage war, vollständige Listen zu erstellen, in denen die Gegenstände innerhalb der Bank von denen, deren Verbleib unbekannt war, sowie die Gegenstände, die jeweils dem Kläger und der EZB gehörten, getrennt aufgeführt waren. So lässt sich auch erklären, warum die Zahl und die Art der fehlenden Gegenstände im Bericht nach Art. 8.3.2 und in der Stellungnahme des Disziplinarausschusses geringfügig von denen im Bericht des OLAF oder auch im Tätigkeitsbericht des Gremiums abweichen können, ohne dass dieser Unterschied jedoch einen offensichtlichen Beurteilungsfehler offenbart. Allgemein hat der Kläger nicht die Tatsache in Frage stellen können, dass zahlreiche auf seine Anordnung gekaufte Gegenstände fehlten und dass diese Käufe ohne konkrete und stichhaltige dienstliche Rechtfertigung erfolgten. Im Übrigen hat ihn die EZB mit der angefochtenen Entscheidung jedenfalls nicht wegen Entwendung einiger der fraglichen Ausrüstungsgegenstände bestraft. 217 Daher ist das Gericht der Ansicht, dass der Disziplinarausschuss keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler beging, als er das Vorliegen von „bewussten, fortgesetzten und während eines langen Zeitraums begangenen“ Verletzungen der Dienstpflichten durch den Kläger als Bediensteten der EZB feststellte, wie in den Rn. 82 und 83 des vorliegenden Urteils dargelegt. Er hat sie als Verstöße eingestuft, die „sehr schwer [waren] und in gewissem Umfang eine bewusste Missachtung der in der EZB geltenden Regeln bedeuteten“. Daraus folgt, dass sich das Direktorium der EZB, ebenfalls ohne einen offensichtlichen Fehler zu begehen, diese Beurteilungen des Disziplinarausschusses in der angefochtenen Entscheidung zu eigen machen konnte, auch wenn es in dieser Entscheidung hätte näher ausführen können, inwieweit es diese Beurteilungen teilte. 218 Nunmehr ist zu prüfen, ob das Direktorium die mildernden Umstände oder bestimmte vom Kläger behauptete Tatsachen nicht oder nur unzureichend berücksichtigt hat. – Zur Berücksichtigung der mildernden Umstände 219 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass sich aus der angefochtenen Entscheidung ergibt, dass das Direktorium drei in der Stellungnahme des Disziplinarausschusses genannte mildernde Umstände berücksichtigt hat, nämlich die Unzulänglichkeiten der internen Kontrolle in der Abteilung Verwaltungsdienste vor dem Dienstantritt des Klägers, die Tatsache, dass es nur wenige Führungskräfte in der Abteilung Verwaltungsdienste gab, sowie die sehr guten Beurteilungen des Klägers. 220 Der Kläger beruft sich hingegen auf den Gesamtkontext, in dem er gehandelt habe, und weist darauf hin, dass „viele Tatsachen und Umstände von der [EZB] schlicht unberücksichtigt geblieben oder unzureichend berücksichtigt worden sind“. 221 Unabhängig von der von der Bank aufgeworfenen Frage der Zulässigkeit dieser Rüge ist festzustellen, dass die vom Kläger ungeordnet aufgezählten Umstände nicht beweisen, dass ein offensichtlicher Beurteilungsfehler vorliegt und mildernde Umstände vom Direktorium der EZB nicht berücksichtigt wurden. 222 Zum Vorbringen des Klägers, mit dem er auf die Untätigkeit seiner Vorgesetzten hinsichtlich ihrer Aufsichtsfunktion sowie die der Abteilung Budget, Controlling & Organisation der GD „Personal“ hinsichtlich der budgetären und finanziellen Überwachung der Abteilung Verwaltungsdienste nach seinem Dienstantritt hinweist, stellt das Gericht fest, dass eine mögliche Untätigkeit der Vorgesetzten des Klägers und der genannten Abteilung nicht das ihm vorgeworfene Fehlverhalten rechtfertigen kann und dass er als Manager, im vorliegenden Fall als Leiter der Abteilung Verwaltungsdienste, für sein Handeln verantwortlich bleibt (vgl. in diesem Sinne Urteile R./Kommission, EU:C:1985:324, Rn. 44; Z/Parlament, T‑242/97, EU:T:1999:92, Rn. 115, und X/EZB, EU:T:2001:251, Rn. 233). 223 Ebenso kann der Kläger nicht als mildernden Umstand geltend machen, dass er von der GD „Verwaltung“ und der GD „Personal“ sowie innerhalb dieser Generaldirektionen von der Abteilung Rechnungs- & Beschaffungswesen bzw. der Abteilung Budget, Controlling & Organisation nicht darauf hingewiesen worden sei, dass die fraglichen Käufe nicht getätigt werden dürften. Ohne dass es nämlich erforderlich ist, auf die Einzelheiten der verschiedenen Käufe einzugehen, ist festzustellen, dass unter Berücksichtigung der Merkmale einiger von diesen Geschäften wie dem Kauf von Konsolen und Spielesoftware, dem Abschluss von Mobiltelefonieverträgen und der entsprechenden Überlassung von Mobiltelefonen an Bedienstete, die nach den internen Regeln der Bank nicht befugt waren, diese zu erhalten, oder dem Erwerb von Gegenständen zur Belohnung des Personals der vom Kläger geleiteten Abteilung Verwaltungsdienste der Kläger ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Geschäfte und der Vereinbarkeit seines Verhaltens mit den klaren Regeln der EZB insbesondere in Art. 4 Buchst. a der Beschäftigungsbedingungen und im Verhaltenskodex hätte haben müssen. 224 Die Tatsache, dass der Kläger die Käufe von digitalen Bilderrahmen einstellte, als er von seinen Vorgesetzten daraufhin angesprochen wurde, stellt keineswegs einen mildernden Umstand dar, sondern hätte ihn vielmehr dazu veranlassen müssen, seine Art der Verwaltung der öffentlichen Finanzmittel – eine Aufgabe, die ihm als Abteilungsleiter mit eigenem Budget übertragen war – zu überprüfen, insbesondere als er unter Missachtung der Option für Gemeinschaftseinkäufe, die die insoweit zuständige GD „Informationssysteme“ getroffen hatte, EDV-Ausrüstung einzeln kaufte. 225 Zur fachlichen Leistung des Klägers, die nach dessen Meinung der Bank erlaubt habe, erhebliche Beträge zu sparen, weist das Gericht erstens darauf hin, dass die EZB zwar nach Art. 45 der Beschäftigungsbedingungen „der bisherigen dienstlichen Führung des Bediensteten“ Rechnung zu tragen hat, doch steht diese Berücksichtigung nicht zwangsläufig der Anerkennung eines mildernden Umstands gleich (Urteil EH/Kommission, EU:F:2014:250, Rn. 119). Zweitens konnte die Bank zu Recht die Auffassung vertreten, der Sachverhalt wiege so schwer, dass, selbst wenn die Beurteilungen des Klägers außergewöhnlich gewesen wären, sich dieser Umstand nicht ausgewirkt hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil Yasse/EIB, T‑141/97, EU:T:1999:177, Rn. 114). Insbesondere kann nicht zugelassen werden, dass ein Bediensteter unter dem Deckmantel seines Beitrags zu erheblichen Gesamteinsparungen zugunsten des Verwaltungshaushalts eines Organs sich als von den Grundregeln der wirtschaftlichen Haushaltsführung befreit ansehen kann, weil die fraglichen Käufe von Gegenständen und Dienstleistungen im Verhältnis zu dem Budget, für das er verantwortlich ist, nur geringfügige Beträge betreffen. Unabhängig davon, um welchen Betrag es geht, hat nämlich jede öffentliche Ausgabe entsprechend den Regeln der Haushaltsdisziplin und der buchhalterischen Sorgfalt zu erfolgen. 226 Das Vorbringen des Klägers, er habe keine gezielte Schulung für die Haushaltsführung und die Beschaffungsvorschriften erhalten, geht nach Auffassung des Gerichts ins Leere, da, selbst wenn die Bank erwiesenermaßen nicht genügend Schulungen für ihre Führungskräfte angeboten hätte, diese etwaige Unzulänglichkeit dem Kläger nicht erlaubte, unter Missachtung der ausdrücklichen internen Regeln der EZB zu handeln. 227 Gleiches gilt für das Argument des Klägers betreffend seine Arbeitsbelastung. Selbst wenn die Abteilung Verwaltungsdienste wöchentlich hunderte Bestellungen zu verwalten hatte, wurde der Kläger immerhin von einem stellvertretenden Abteilungsleiter unterstützt. Es ergibt sich aus der Akte, dass beide zweifelhafte Käufe tätigten, und die wöchentliche Menge von Kaufaufträgen, die die Abteilung Verwaltungsdienste zu bearbeiten hatte, kann nach Auffassung des Gerichts die fehlende Unterscheidung beim Kauf bestimmter Artikel jedenfalls nicht rechtfertigen, insbesondere wenn diese den legitimen dienstlichen Bedürfnissen klar nicht entsprachen. 228 Was das Argument angeht, dass andere Abteilungen der EZB genauso ungerechtfertigte Käufe wie die im vorliegenden Fall in Rede stehenden getätigt hätten, weist das Gericht erneut darauf hin, dass sich ein Bediensteter nicht mit Erfolg darauf berufen kann, dass gegen einen oder mehrere andere Bedienstete wegen eines Sachverhalts, der dem ihm zur Last gelegten entspreche, kein Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei, um die gegen ihn verhängte Disziplinarstrafe anzufechten (vgl. in diesem Sinne Urteile Williams/Rechnungshof, EU:C:1985:297, Rn. 14, und de Compte/Parlament, EU:T:1991:54, Rn. 170). 229 Nach alledem weist die angefochtene Entscheidung keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler bei der Berücksichtigung der streitigen Tatsachen und der mildernden Umstände auf. Es ist daher zu prüfen, ob nach der in Disziplinarangelegenheiten anwendbaren Rechtsprechung die Bank bei der Abwägung der erschwerenden und der mildernden Umstände den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt hat, wobei daran zu erinnern ist, dass der Richter die von der Bank insoweit vorgenommenen Wertungen nicht durch seine eigenen ersetzen darf. – Zur Verhältnismäßigkeit der verhängten Strafe 230 Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das Direktorium in der angefochtenen Entscheidung die vom Disziplinarausschuss festgestellten mildernden Umstände berücksichtigt, aber auch den in Rn. 87 des vorliegenden Urteils angeführten erschwerenden Umstand festgestellt hat. 231 Insoweit stellt das Gericht fest, dass sich aus den auf die Bediensteten der EZB anwendbaren Rechtsvorschriften eine Treuepflicht des Bediensteten der EZB gegenüber seinem institutionellen Arbeitgeber ergibt, die von ihm, zumal wenn er – wie der Kläger – einer höheren Besoldungsgruppe angehört, ein Verhalten verlangt, das über jeden Verdacht erhaben ist, damit das zwischen ihm und der Bank bestehende Vertrauensverhältnis erhalten bleibt (Urteil N/Kommission, EU:T:1997:71, Rn. 129). 232 In Anbetracht der Bedeutung des Vertrauensverhältnisses zwischen der Union und ihren Bediensteten im Hinblick sowohl auf die interne Arbeitsweise der Union als auch auf ihr Bild nach außen und angesichts des allgemeinen Wortlauts von Art. 4 Buchst. a der Beschäftigungsbedingungen und des Verhaltenskodex, die in der Stellungnahme des Disziplinarausschusses genannt werden, umfassen diese Vorschriften jeden Umstand und jedes Verhalten, die von dem Bediensteten der EZB aufgrund seiner Besoldungsgruppe und der von ihm ausgeübten Aufgaben sowie der konkreten Umstände vernünftigerweise so verstanden werden müssen, dass sie in den Augen Dritter geeignet sein können, eine Verwirrung über die von der Union verfolgten Interessen, denen er dienen sollte, hervorzurufen (vgl. entsprechend Urteil Gomes Moreira/ECDC, F‑80/11, EU:F:2013:159, Rn. 63). 233 Vor allem im besonderen Kontext der Bank als Finanzinstitution der Union, die als Arbeitgeber in einem vertraglichen Rahmen handelt, hat das Gericht eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit zwischen den dem Bediensteten zur Last gelegten Tatsachen und der verhängten Strafe im Licht der Ziele und Aufgaben, die die Bank zu erfüllen hat, vorzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil Yasse/EIB, EU:T:1999:177, Rn. 108). Nach Ansicht des Gerichts hatte der Kläger in seiner Managementfunktion als Leiter der Abteilung Verwaltungsdienste tatsächlich eine gesteigerte Verantwortung für den Schutz des Ansehens und der finanziellen Interessen der Bank. In Anbetracht ihrer Verantwortung für die Durchführung der Geldpolitik der Union gründet die Bank ihr Ansehen nach außen tatsächlich auf die Rolle als vorbildliche, effiziente und verantwortungsvolle Verwaltung, was impliziert, dass sie über ein Personal mit einem „hohen Maß an Integrität“ verfügt. Darauf wird im Übrigen in Punkt 2.2 des Verhaltenskodex hingewiesen, nach dem „[v]on [den Bediensteten der EZB] … erwartet [wird], dass sie sich der Bedeutung ihrer Pflichten und Verantwortlichkeiten bewusst sind, dass sie den Erwartungen der Öffentlichkeit hinsichtlich ihres moralischen Verhaltens Rechnung tragen, dass sie sich auf eine Art und Weise verhalten, die das Vertrauen der Öffentlichkeit in die EZB aufrechterhält und fördert und dass sie zur Effizienz der Verwaltung der EZB beitragen“. 234 Wie der Unionsrichter hinsichtlich einer Finanzeinrichtung der Union festgestellt hat (vgl. Urteil Yasse/EIB, EU:T:1999:177, Rn. 110), haben solche Pflichten eine entscheidende Bedeutung für die Erfüllung der Ziele einer Bank und stellen einen wesentlichen Bestandteil des Verhaltens dar, den das Personal dieses Organs beachten muss, um dessen Unabhängigkeit und Würde zu wahren. 235 Angesichts der Schwere der vorgeworfenen Verletzungen der Dienstpflichten, ihrer Vorsätzlichkeit und ihrer Wiederholung während eines langen Zeitraums, wie sie der Disziplinarausschuss und das Direktorium festgestellt haben, sowie im Hinblick auf das Maß an Integrität, das die Bank zu Recht von ihren Bediensteten verlangt und das eine Wertung darstellt, in Bezug auf die der Richter die von diesem Organ vorgenommene Beurteilung nicht durch seine eigene ersetzen darf, ist das Gericht unter diesen Umständen zum einen der Ansicht, dass das Direktorium im Fall des Klägers den in der angefochtenen Entscheidung angeführten erschwerenden Umstand feststellen konnte. Zum anderen stellt das Gericht fest, dass die Bank im vorliegenden Fall bei der Abwägung der erschwerenden und der mildernden Umstände den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt hat. 236 Insbesondere konnte die Bank unter Berücksichtigung der entsprechenden Anforderungen der Rechtsprechung davon ausgehen, dass der Kläger das erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen ihm und der Bank durch die fraglichen Handlungen trotz des Vorliegens mildernder Umstände irreparabel beschädigt hatte. In einem Fall wie dem vorliegenden konnte nämlich die Bank im Rahmen ihres weiten Ermessens bei der Definition ihrer Anforderungen an die Integrität ihres Personals feststellen, dass es trotz des Wunsches des Klägers, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, ausgeschlossen war, dieses Vertrauensverhältnis wiederherstellen zu können, und somit die Erfüllung der Aufgaben, die der Bank von der Union übertragen sind, in Zusammenarbeit mit diesem Bediensteten schwieriger oder sogar unmöglich war (vgl. in diesem Sinne Gomes Moreira/ECDC, EU:F:2013:159, Rn. 67). 237 Selbst wenn, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, die vom Disziplinarausschuss vorgeschlagene mildere Strafe ihn in ein Amt wiedereingesetzt hätte, das nicht mit der Verwaltung eines zentralisierten Budgets verbunden gewesen wäre, und die Ausübung eines Amtes ohne Leitungsfunktionen folglich nicht zwangsläufig ein so hohes Vertrauen erfordert hätte, wie es für sein Arbeitsverhältnis mit der Bank als Abteilungsleiter kennzeichnend gewesen war, ist das Gericht der Ansicht, dass die EZB im Rahmen ihres weiten Ermessens und angesichts der vertraglichen Natur des Beschäftigungsverhältnisses ihrer Bediensteten der Auffassung sein konnte, dass die vom Disziplinarausschuss vorgeschlagene Strafe für die Handlungen einer Person, die für ein beachtliches zentralisiertes Budget verantwortlich war, unzureichend gewesen wäre und dass unter Berücksichtigung der Vorsätzlichkeit und der Schwere der in Rede stehenden Dienstpflichtverletzungen eines ihrer Manager – von denen ein beispielhaftes Verhalten erwartet wird – das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört war. 238 Nach alledem ist der siebte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. Zum sechsten Klagegrund: Befugnisüberschreitung des Direktoriums und Missachtung von Art. 8.3.17 der Dienstvorschriften Vorbringen der Parteien 239 Im Rahmen dieses Klagegrundes macht der Kläger geltend, das Direktorium habe nur die Befugnis, zu entscheiden, welche Strafe für die vom Disziplinarausschuss festgestellten Verletzungen der Dienstpflichten zu verhängen sei. Es sei dagegen nicht zuständig, über die Frage zu entscheiden, ob die Tatsachen erwiesen seien. Im vorliegenden Fall habe das Direktorium die Stellungnahme des Disziplinarausschusses verfälscht, indem es wie „ein fünftes inoffizielles Mitglied des Disziplinarausschusses [eingriff], um implizit den Ausschlag bei der Abstimmung zu geben und zu entscheiden, dass seiner Ansicht nach die Verfolgung eines persönlichen Interesses gegeben [war]“. Das Direktorium habe nämlich die Verfolgung eines persönlichen Interesses festgestellt, während der Disziplinarausschuss festgestellt habe, dass ein solches im vorliegenden Fall nicht habe nachgewiesen werden können. Das Direktorium habe seine Befugnis somit dadurch überschritten, dass es selbst entschieden habe, dass der Sachverhalt nachgewiesen sei, statt sich darauf zu beschränken, über die angemessene Strafe zu befinden. 240 Die EZB beantragt die Zurückweisung des sechsten Klagegrundes als offenkundig unbegründet und weist darauf hin, dass eine einfache Lektüre der angefochtenen Entscheidung klar zeige, dass das Direktorium die Tatsachenfeststellungen und die rechtliche Würdigung des Disziplinarausschusses weder verfälscht noch in anderer Weise abgeändert habe. Würdigung durch das Gericht 241 Nach Art. 8.3.15 der Dienstvorschriften gibt der Disziplinarausschuss „mit der Mehrheit seiner Stimmen eine von allen seinen Mitgliedern unterzeichnete endgültige Stellungnahme zu den Tatsachen, zur Frage, ob sie eine Verletzung der Dienstpflichten darstellen, und zu jeder Disziplinarstrafe“ ab und nach Art. 8.3.17 der Dienstvorschriften beschließt „[d]as Direktorium … die Disziplinarstrafe, die am angemessensten ist[, indem es] die Empfehlungen des Disziplinarausschusses gebührend [berücksichtigt], ohne jedoch an diese gebunden zu sein“. 242 Unabhängig von der Frage, ob die Zuständigkeit des Direktoriums auf die Bestimmung der zu verhängenden Strafe beschränkt ist, ist der Kläger nach Ansicht des Gerichts im vorliegenden Fall den Nachweis schuldig geblieben, inwiefern das Direktorium die Tatsachen, wie sie vom Disziplinarausschuss festgestellt worden waren, verfälscht hat. Das Direktorium hat sich nämlich auf den Sachverhalt, wie er vom Disziplinarausschuss festgestellt worden war, sowie auf dessen Feststellungen zu den Dienstpflichtverletzungen des Klägers gestützt. 243 Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich jedoch, dass das Direktorium deutlicher als der Disziplinarausschuss in seiner Stellungnahme die Auffassung vertrat, ohne dabei den Ermessensspielraum, über den es in diesem Bereich auch in Bezug auf Wertungsfragen verfügt, zu überschreiten, dass es einen erschwerenden Umstand darstelle, dass der Kläger die streitigen Dienstpflichtverletzungen begangen habe, obwohl er Leitungsfunktionen ausgeübt habe, die eine besondere Verpflichtung zum Schutz des Ansehens und der finanziellen Interessen der Bank umfasst hätten. Das Direktorium legte auch seine Anforderungen an die Integrität seines Personals dar, was offenkundig in seinen Beurteilungsspielraum in diesem Bereich fällt. Gleiches gilt für die Feststellung der Zerstörung des Vertrauensverhältnisses, das seines Erachtens zu seinem Personal bestehen muss. Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist nämlich die Feststellung einer solchen Zerstörung nicht nur auf den vom Disziplinarausschuss genannten Fall beschränkt, dass die Verfolgung eines persönlichen Interesses festgestellt worden ist. 244 Wäre der Argumentation des Klägers zu folgen, liefe das tatsächlich darauf hinaus, dem Direktorium jede Möglichkeit abzusprechen, eine andere Strafe als die vom Disziplinarausschuss vorgeschlagene zu verhängen, und letztlich den Disziplinarausschuss nicht als beratendes Gremium, sondern als Entscheidungsgremium zu behandeln. 245 Um nämlich die angemessene Strafe bestimmen zu können, musste sich das Direktorium zwangsläufig über die mildernden Umstände, aber auch über die erschwerenden Umstände des Falls des Klägers eine Meinung bilden, wie sich aus der ständigen Rechtsprechung in Disziplinarangelegenheiten ergibt, nach der die Verwaltung befugt ist, die Verantwortlichkeit ihres Bediensteten anders zu beurteilen als der Disziplinarausschuss und sodann die Disziplinarstrafe zu wählen, die sie zur Ahndung der festgestellten disziplinarischen Verfehlungen für angemessen hält (Urteil Tzikis/Kommission, EU:T:2000:130, Rn. 48), wobei darauf hinzuweisen ist, dass der Richter die von der Bank insoweit vorgenommenen Wertungen und die Wahl der Disziplinarstrafe, die ihr obliegt, nicht durch seine eigenen ersetzen darf (Urteil EH/Kommission, EU:F:2014:250, Rn. 93). 246 Nach alledem und aufgrund der Tatsache, dass das Gericht keinen Anhaltspunkt für die Feststellung oder auch nur die Vermutung des Vorliegens einer Befugnisüberschreitung erkennen kann, ist der sechste Klagegrund als offenkundig unbegründet zurückzuweisen. Zum achten Klagegrund: Rechtswidrigkeit der Art. 44 und 45 der Beschäftigungsbedingungen sowie von Art. 8.3 der Dienstvorschriften im Hinblick auf die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen nach Art. 28 der Charta Vorbringen der Parteien 247 Mit diesem Klagegrund macht der Kläger geltend, dass die Beschäftigungsbedingungen und die Dienstvorschriften, einschließlich ihrer Bestimmungen über die Disziplinarverfahren, zum einen „wegen eines Verstoßes gegen die Grundsätze der Demokratie und der Gewaltenteilung sowie gegen den Grundsatz, wonach der Sekundärgesetzgeber nur in den vom Primärgesetzgeber festgelegten Grenzen handeln darf“, und zum anderen deswegen rechtswidrig seien, weil sie nicht unter Beachtung des sozialen Dialogs, der Vereinigungsfreiheit und des Rechts auf Kollektivverhandlungen erlassen worden seien. Insbesondere sei der EZB-Rat „offenkundig ein Exekutivorgan und nicht eine gesetzgebende Gewalt der Union“. Folglich bestreitet der Kläger die Zuständigkeit des Direktoriums und des EZB-Rats zum Erlass der Beschäftigungsbedingungen, erst recht nach einer bloßen Anhörung der Personalvertretung. 248 Die Bank beantragt die Zurückweisung des achten Klagegrundes als teilweise unzulässig und jedenfalls unbegründet, wobei sie auf ihre funktionelle Autonomie in diesem Bereich hinweist. Würdigung durch das Gericht 249 Art. 36.2. des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB wurde als Bestandteil eines Protokolls im Rahmen des Vertrages von Maastricht angenommen und stellt somit eine primärrechtliche Regelung dar, die eine Ausnahme von Art. 283 EG, nunmehr Art. 336 AEUV, vorsehen konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil X/EZB, EU:T:2001:251, Rn. 38). 250 Dazu ergibt sich aus Art. 21 der vom EZB-Rat erlassenen Geschäftsordnung der EZB, dass der EZB-Rat dem Direktorium rechtmäßig die ursprünglich ihm zustehende Befugnis zum Erlass der Beschäftigungsbedingungen übertragen konnte und diesem Direktorium auch die Befugnis zur Festlegung der Bedingungen für die Durchführung der Beschäftigungsbedingungen, d. h. die Befugnis zum Erlass der Dienstvorschriften, übertragen konnte. Insoweit ist die fragliche Übertragung durch keine Vorschrift förmlich ausgeschlossen und außerdem auf der Grundlage einer Vorschrift des Primärrechts erfolgt, zu der der Unionsrichter bereits festgestellt hat, dass sie die Befugnis des EZB-Rates einschließt, die Festlegung der Beschäftigungsbedingungen für das Personal zu delegieren (vgl. Urteil X/EZB, EU:T:2001:251, Rn. 100 bis 104). 251 Ebenso durfte die EZB entgegen dem Vorbringen des Klägers aufgrund der Bestimmungen von Art. 36.1. des Protokolls über die Satzung des ESZB und der EZB in den Beschäftigungsbedingungen eine Disziplinarregelung vorsehen, die es ihr u. a. ermöglicht, im Fall des Verstoßes eines ihrer Bediensteten gegen seine Pflichten aus dem Beschäftigungsvertrag die Maßnahmen zu ergreifen, die angesichts der ihr übertragenen Verantwortung und der ihr zugewiesenen Aufgaben erforderlich sind (Urteil X/EZB, EU:T:2001:251, Rn. 63). 252 Außerdem hat das Gericht zu einem entsprechenden Vorbringen bereits entschieden, ohne dass ihm insoweit das Rechtsmittelgericht widersprochen hätte, dass Art. 6 Nr. 2 der am 18. Oktober 1961 in Turin unterzeichneten Europäischen Sozialcharta „allenfalls ‚Verfahren für freiwillige Verhandlungen zwischen Arbeitgebern oder Arbeitgeberorganisationen einerseits und Arbeitnehmerorganisationen andererseits … mit dem Ziele, die Beschäftigungsbedingungen durch Gesamtarbeitsverträge zu regeln‘, an[regt], ohne sie vorzuschreiben“ und dass in Art. 28 der Charta der Grundrechte und Art. 11 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten „zwar das Recht auf Vereinigungsfreiheit verankert [ist], das das Recht der Arbeitnehmer umfasst, zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Interessen Gewerkschaften zu gründen, doch … diese Bestimmungen nicht die Pflicht [enthalten], ein Verfahren für Kollektivverhandlungen einzuführen oder diesen Gewerkschaften ein Mitentscheidungsrecht zur Ausarbeitung der Beschäftigungsbedingungen der Arbeitnehmer zu gewähren“ (Urteil Heath/EZB, F‑121/10, EU:F:2011:174, Rn. 121). 253 Daher konnten die Beschäftigungsbedingungen und die Dienstvorschriften von der EZB nach Anhörung der Personalvertretung einseitig erlassen und geändert werden und es besteht keine Verpflichtung, in diesem Bereich auf der Grundlage von Tarifverträgen zu handeln, die die EZB und die das Personal der EZB vertretenden Gewerkschaftsorganisationen geschlossen haben. Als in Art. 13 EU genanntes Organ der Union und gemäß dem Protokoll über die Satzung des ESZB und der EZB ist die EZB ermächtigt, durch Verordnung die für ihr Personal geltenden Bestimmungen festzulegen (vgl. Urteil Cerafogli/EZB, F‑84/08, EU:F:2010:134, Rn. 47). 254 Der achte Klagegrund ist folglich als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen. 255 Da alle Klagegründe, die auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung gerichtet sind, zurückgewiesen wurden, ist der Aufhebungsantrag unbegründet. 3. Zum Antrag auf Schadensersatz 256 Selbst wenn der Kläger seinen Schadensersatzantrag formal nicht nur im Zusammenhang mit der angefochtenen Entscheidung, sondern auch im Zusammenhang mit dem Verhalten der EZB stellt, ist dieser Antrag eindeutig mit seinen Anträgen auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung verknüpft. Da die Letzteren als unbegründet zurückgewiesen wurden, muss das Gleiche für den Schadensersatzantrag gelten. 257 Vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass der Kläger jedenfalls keineswegs das Vorliegen eines materiellen und immateriellen Schadens nachgewiesen hat, der ihm durch das Verhalten der EZB unabhängig von der angefochtenen Entscheidung entstanden sein soll. 258 Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen. Kosten 259 Nach Art. 101 der Verfahrensordnung trägt die unterliegende Partei vorbehaltlich der übrigen Bestimmungen des achten Kapitels des zweiten Titels der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten und ist auf Antrag zur Tragung der Kosten der Gegenpartei zu verurteilen. Gemäß Art. 102 Abs. 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht aus Gründen der Billigkeit entscheiden, dass eine unterliegende Partei ihre eigenen Kosten trägt, aber nur zur Tragung eines Teils der Kosten der Gegenpartei oder gar nicht zur Tragung dieser Kosten zu verurteilen ist. 260 Aus den Gründen des vorliegenden Urteils ergibt sich, dass der Kläger mit seiner Klage unterlegen ist. Er hat zwar vorgebracht, dass die EZB zur Tragung der Kosten zu verurteilen sei, selbst wenn die Klage abgewiesen würde, hat aber nichts zur Stützung dieses Antrags dargetan. Allenfalls beklagt er, dass die Bank sich regelmäßig eines Anwalts für ihre Vertretung vor Gericht bediene, obwohl sie über einen Juristischen Dienst verfüge, dessen Mitglieder auf Rechtsstreitigkeiten zwischen ihr und ihrem Personal spezialisiert seien. Insoweit weist das Gericht darauf hin, dass es den Unionsorganen, einschließlich der EZB, grundsätzlich freisteht, sich der Hilfe eines Anwalts zu bedienen, ohne dass sie nachweisen müssten, dass eine solche Hilfe objektiv gerechtfertigt war (vgl. Beschlüsse Kommission/Kallianos C‑323/06 P‑DEP, EU:C:2012:49, Rn. 10 und 11; Marcuccio/Kommission, T‑44/10 P‑DEP, EU:T:2013:513, Rn. 29 und 30, sowie Eklund/Kommission, F‑57/11 DEP, EU:F:2014:254, Rn. 34 und 35). 261 Da die EZB ausdrücklich beantragt hat, dem Kläger die Kosten aufzuerlegen, und die Umstände des vorliegenden Falls außerdem die Anwendung von Art. 102 Abs. 1 der Verfahrensordnung nicht rechtfertigen, trägt der Kläger seine eigenen Kosten und wird verurteilt, die Kosten der EZB zu tragen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. AX trägt seine eigenen Kosten und wird verurteilt, die der Europäischen Zentralbank entstandenen Kosten zu tragen. Barents Perillo Svenningsen Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. März 2015. Der Kanzler W. Hakenberg Der Präsident R. Barents (*1) Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 2. Oktober 2014.#Guido Strack gegen Europäische Kommission.#Rechtsmittel – Anspruch auf rechtliches Gehör – Recht auf den gesetzlichen Richter – Zugang zu Dokumenten der Organe – Teilweise Weigerung, dem Rechtsmittelführer Zugang zu den fraglichen Dokumenten zu gewähren – Ursprüngliche ablehnende Entscheidung – Entstehung einer stillschweigenden ablehnenden Entscheidung – Ersetzung einer stillschweigenden ablehnenden Entscheidung durch ausdrückliche Entscheidungen – Rechtsschutzinteresse nach Erlass ausdrücklicher ablehnender Entscheidungen – Ausnahmen vom Zugang zu Dokumenten – Wahrung des Interesses an einer ordnungsgemäßen Verwaltung – Schutz personenbezogener Daten und geschäftlicher Interessen.#Rechtssache C‑127/13 P.
62013CJ0127
ECLI:EU:C:2014:2250
2014-10-02T00:00:00
Kokott, Gerichtshof
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62013CJ0127 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer) 2. Oktober 2014 (*1) „Rechtsmittel — Anspruch auf rechtliches Gehör — Recht auf den gesetzlichen Richter — Zugang zu Dokumenten der Organe — Teilweise Weigerung, dem Rechtsmittelführer Zugang zu den fraglichen Dokumenten zu gewähren — Ursprüngliche ablehnende Entscheidung — Entstehung einer stillschweigenden ablehnenden Entscheidung — Ersetzung einer stillschweigenden ablehnenden Entscheidung durch ausdrückliche Entscheidungen — Rechtsschutzinteresse nach Erlass ausdrücklicher ablehnender Entscheidungen — Ausnahmen vom Zugang zu Dokumenten — Wahrung des Interesses an einer ordnungsgemäßen Verwaltung — Schutz personenbezogener Daten und geschäftlicher Interessen“ In der Rechtssache C‑127/13 P betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 15. März 2013, Guido Strack, wohnhaft in Köln (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. Tettenborn, Rechtsmittelführer, andere Partei des Verfahrens: Europäische Kommission, vertreten durch B. Conte und P. Costa de Oliveira als Bevollmächtigte, Beklagte im ersten Rechtszug, erlässt DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer) unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, G. Arestis, J.‑C. Bonichot (Berichterstatter) und A. Arabadjiev, Generalanwältin: J. Kokott, Kanzler: A. Calot Escobar, aufgrund des schriftlichen Verfahrens, nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 22. Mai 2014 folgendes Urteil 1 Mit seinem Rechtsmittel beantragt Herr Strack die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union Strack/Kommission (T‑392/07, EU:T:2013:8, im Folgenden: angefochtenes Urteil), soweit das Gericht mit diesem Urteil seinen Anträgen auf Nichtigerklärung mehrerer Entscheidungen der Kommission über seine auf die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43) gestützten Anträge auf Zugang zu verschiedenen Dokumenten nicht vollständig stattgegeben hat. 2 Die Europäische Kommission hat ein Anschlussrechtsmittel eingelegt, mit dem sie die teilweise Aufhebung des angefochtenen Urteils begehrt, soweit das Gericht darin festgestellt hat, dass zum einen nach Ablauf der in Art. 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Fristen stillschweigende Entscheidungen, den Zugang zu Dokumenten zu verweigern, entstanden seien, gegen die eine Nichtigkeitsklage erhoben werden könne, und zum anderen die Kommission das Recht des Rechtsmittelführers auf Zugang zu einem Auszug aus dem Register verletzt habe, das die Kommission nach Art. 11 der Verordnung hätte einrichten müssen und das eine Liste der vor dem 1. Januar 2005 ergangenen Entscheidungen über die Ablehnung von Zweitanträgen auf Zugang hätte enthalten müssen (im Folgenden: Auszug aus dem Register hinsichtlich der Entscheidungen über die Ablehnung von Zweitanträgen auf Zugang zu Dokumenten). Vorgeschichte des Rechtsstreits 3 Mit E-Mail vom 20. Juni 2007 stellte der Rechtsmittelführer bei der Kommission gemäß Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 einen Erstantrag auf Zugang zu Dokumenten, der drei Dokumentengruppen betraf. 4 Der Rechtsmittelführer beantragte erstens Zugang zu allen Dokumenten in Bezug auf die von der Kommission seit dem 1. Januar 2005 vollständig oder teilweise abgelehnten Zweitanträge auf Zugang zu Dokumenten (im Folgenden: Dokumente in Bezug auf abgelehnte Zweitanträge). 5 Zweitens beantragte er Zugang zu einem Auszug aus dem Register hinsichtlich der Entscheidungen, mit denen Zweitanträge auf Zugang zu Dokumenten abgelehnt wurden. 6 Drittens beantragte er Zugang zu allen Dokumenten im Zusammenhang mit der Rechtssache Sequeira Wandschneider/Kommission (T‑110/04, EU:T:2007:78, im Folgenden: Dokumente im Zusammenhang mit der Rechtssache T‑110/04). 7 Dieser Erstantrag auf Zugang zu den in Rede stehenden Dokumenten, der bei der Kommission am 3. Juli 2007 registriert wurde, war Gegenstand eines Briefwechsels zwischen der Kommission und dem Rechtsmittelführer. In diesem Rahmen informierte die Kommission den Rechtsmittelführer mit Schreiben vom 24. Juli 2007, dass hinsichtlich der Entscheidungen, mit denen Zweitanträge auf Zugang zu Dokumenten abgelehnt worden seien, kein Registerauszug verfügbar sei. 8 Nach Ablauf der in Art. 7 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Fristen für die Bearbeitung von Erstanträgen auf Zugang zu Dokumenten und nachdem die Kommission am 13. August 2007 eine ablehnende Entscheidung in Bezug auf die Dokumente im Zusammenhang mit der Rechtssache T‑110/04 erlassen hatte, reichte der Rechtsmittelführer am 15. August 2007 gemäß Art. 7 Abs. 2 und 4 der Verordnung einen „Zweitantrag“ auf Zugang ein. 9 Dieser Antrag war Gegenstand mehrerer Entscheidungen, mit denen teilweise Zugang zu den angeforderten Dokumenten gewährt wurde und die nach Ablauf der in Art. 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Fristen und nach Einreichung der dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Klage erlassen wurden, nämlich am 23. Oktober 2007, 28. November 2007, 15. Februar 2008 und 9. April 2008. Mit diesen Entscheidungen erhielt der Rechtsmittelführer Zugang zu einer großen Zahl von Dokumenten, deren Inhalt teilweise geschwärzt wurde, um personenbezogene Daten oder geschäftliche Interessen zu schützen. Klage vor dem Gericht und angefochtenes Urteil 10 Mit Klageschrift, die am 12. Oktober 2007 bei der Kanzlei des Gerichts einging, beantragte der Rechtsmittelführer die Nichtigerklärung der stillschweigenden und ausdrücklichen Entscheidungen, mit denen der Zugang zu den von seinen Erst- und Zweitanträgen erfassten Dokumenten abgelehnt wurde. Im Anschluss an den nach Klageerhebung erfolgten Erlass mehrerer ausdrücklicher Entscheidungen, mit denen die Kommission den Zugang zu den angeforderten Dokumenten teilweise ablehnte, erstreckte der Rechtsmittelführer seine Klage auf diese Entscheidungen. 11 Im angefochtenen Urteil stellte das Gericht fest, dass mangels einer von der Kommission gemäß Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 innerhalb der dort festgelegten Fristen erlassenen Zweitentscheidung stillschweigende ablehnende Entscheidungen entstanden seien, gegen die Nichtigkeitsklage erhoben werden könne. Soweit die Klage gegen diese stillschweigenden Entscheidungen gerichtet war, hat es sie gleichwohl abgewiesen, weil ab dem Zeitpunkt, zu dem die Kommission die an die Stelle der stillschweigenden Entscheidungen getretenen ausdrücklichen Entscheidungen über die teilweise Ablehnung getroffen habe, das Rechtsschutzinteresse des Rechtsmittelführers weggefallen sei. 12 Da die Klage bei ihrer Einreichung zulässig war, ließ das Gericht jedoch ihre Erstreckung auf die ausdrücklichen Entscheidungen zu. 13 Auch die gegen das Schreiben der Kommission vom 24. Juli 2007, mit dem der Rechtsmittelführer darüber informiert wurde, dass hinsichtlich der Entscheidungen, mit denen Zweitanträge auf Zugang zu Dokumenten abgelehnt worden seien, kein Registerauszug verfügbar sei, gerichteten Klageanträge wurden vom Gericht für zulässig erklärt. 14 In der Sache erklärte das Gericht folgende Entscheidungen der Kommission für nichtig: die Entscheidung vom 24. Juli 2007, mit der der Zugang zum Auszug aus dem Register hinsichtlich der Entscheidungen über die Ablehnung von Zweitanträgen auf Zugang zu Dokumenten abgelehnt wurde, die Entscheidung vom 23. Oktober 2007 über Dokumente des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF), soweit sie sich auf Daten in Bezug auf juristische Personen erstreckt, sowie die Entscheidungen vom 28. November 2007 und vom 15. Februar 2008, die Dokumente der Kommission außer den Dokumenten des OLAF und außer den Dokumenten im Zusammenhang mit der Rechtssache T‑110/04 betreffen. 15 Außerdem wurden die Entscheidung vom 28. November 2007, soweit sie die Dokumente im Zusammenhang mit der Rechtssache T‑110/04 betrifft, und die Entscheidung vom 9. April 2008 teilweise für nichtig erklärt. 16 Das Gericht hat die Klage im Übrigen abgewiesen und die Kommission verurteilt, ihre eigenen Kosten und zwei Drittel der Kosten des Rechtsmittelführers zu tragen. Anträge der Parteien 17 Herr Strack beantragt, — das angefochtene Urteil aufzuheben soweit darin seinen Anträgen nicht oder nicht vollständig stattgegeben wurde; — gemäß seinen im ersten Rechtszug gestellten Anträgen zu entscheiden; — das Anschlussrechtsmittel insgesamt zurückzuweisen; — die Kommission zur Tragung sämtlicher Kosten zu verurteilen, und — hilfsweise, auch die Entscheidung des Präsidenten des Gerichts aufzuheben, mit der er die Rechtssache T‑392/07 der Vierten Kammer des Gerichts zugewiesen hat. 18 Die Kommission beantragt, — das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen; — das angefochtene Urteil für nichtig zu erklären, soweit darin die Klage gegen die angeblichen stillschweigenden Entscheidungen, mit denen der Zugang zum Schriftverkehr zu den Zweitanträgen verweigert wurde, für zulässig erklärt wird; — dieses Urteil für nichtig zu erklären, soweit darin die Entscheidung der Kommission vom 24. Juli 2007 für nichtig erklärt wird, mit der dem Rechtsmittelführer mitgeteilt wurde, dass es keinen Registerauszug bezüglich der Zweitbescheide gibt, mit denen der Zugang zu Dokumenten abgelehnt wurde, und — dem Rechtsmittelführer sämtliche Kosten des Verfahrens vor dem Gericht und dem Gerichtshof aufzuerlegen. Zum Anschlussrechtsmittel 19 Die Kommission macht im Rahmen ihres Anschlussrechtsmittels zwei Rechtsmittelgründe geltend, von denen der erste die Zulässigkeit der Klage betrifft. Daher sind im vorliegenden Fall zunächst diese Rechtsmittelgründe zu prüfen. Zum ersten Rechtsmittelgrund Vorbringen der Parteien 20 Der erste Rechtsmittelgrund betrifft die Unzulässigkeit der Klage auf Nichtigerklärung der stillschweigenden ablehnenden Entscheidungen, die gemäß Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 nach Ablauf der in dieser Bestimmung vorgesehenen Fristen entstanden sein sollen. 21 Die Kommission trägt vor, nach Ablauf der in Art. 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Fristen habe keine stillschweigende ablehnende Entscheidung entstehen können, denn zum einen habe sich der Rechtsmittelführer einer angemessenen Lösung im Sinne des Art. 6 Abs. 3 der Verordnung verweigert, und zum anderen sei die Kommission im Interesse einer ordnungsgemäßen Verwaltung nicht verpflichtet gewesen, die in der Verordnung vorgesehenen Fristen einzuhalten, da der Antrag auf Zugang zu den fraglichen Dokumenten eine offenkundig unverhältnismäßige Zahl von Dokumenten betroffen habe. 22 Das angefochtene Urteil weise zudem einen Begründungsmangel auf, da sich das Gericht in Rn. 45 des Urteils auf eine fehlerhafte Auslegung seiner eigenen Rechtsprechung gestützt habe. Im Übrigen sei die Begründung des Urteils in dessen Rn. 49 und 144 widersprüchlich. 23 Der Rechtsmittelführer beantragt die Zurückweisung des ersten Rechtsmittelgrundes der Kommission. Würdigung durch den Gerichtshof 24 Aus Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 geht zum einen hervor, dass das Ausbleiben einer fristgerechten Antwort des betreffenden Organs auf einen Zweitantrag als Verweigerung des Zugangs gilt. Zum anderen beginnt mit dieser stillschweigenden Entscheidung die Frist zu laufen, innerhalb deren der Betroffene Klage auf ihre Nichtigerklärung erheben kann. Solche Fristen, die im Allgemeininteresse eingeführt wurden, stehen nicht zur Disposition der Parteien. 25 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 1049/2001 keine Möglichkeit vorsieht, von den in ihren Art. 7 und 8 vorgesehenen Fristen abzuweichen, und dass diese Fristen für den Ablauf des Verfahrens über den Zugang zu Dokumenten der betreffenden Organe, das eine rasche und leichte Bearbeitung von Anträgen auf Zugang zu diesen Dokumenten ermöglichen soll, entscheidend sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Internationaler Hilfsfonds/Kommission, C‑362/08 P, EU:C:2010:40, Rn. 53). 26 Bei einem Antrag auf Zugang zu einem sehr umfangreichen Dokument oder zu einer sehr großen Zahl von Dokumenten ist lediglich in Ausnahmefällen eine Verlängerung der in Art. 8 Abs. 1 der Verordnung vorgesehenen Frist um 15 Arbeitstage statthaft. Zwar gibt in einem solchen Fall Art. 6 Abs. 3 der Verordnung dem betreffenden Organ die Möglichkeit, sich mit dem Steller des Antrags auf Zugang zu Dokumenten, die sich im Besitz dieses Organs befinden, um eine angemessene Lösung zu bemühen, doch kann diese Lösung nur den Inhalt oder die Zahl der angeforderten Dokumente betreffen. 27 Diese Feststellung kann nicht durch das Vorbringen der Kommission zur Möglichkeit der Organe entkräftet werden, die Interessen derjenigen, die Zugang zu in ihrem Besitz befindlichen Dokumenten begehren, mit dem Interesse an einer ordnungsgemäßen Verwaltung in Einklang zu bringen. Zwar ergibt sich nach Rn. 30 des Urteils Rat/Hautala (C‑353/99 P, EU:C:2001:661) aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Organe in besonderen Fällen, in denen der Umfang der Dokumente, zu denen Zugang beantragt wird, oder der Umfang der zu schwärzenden Stellen einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verursachen würde, das Interesse des Antragstellers gegen die mit der Bearbeitung des Zugangsantrags verbundene Arbeitsbelastung abwägen können, um das Interesse an einer ordnungsgemäßen Verwaltung zu schützen. 28 Somit könnte ein Organ unter außergewöhnlichen Umständen den Zugang zu bestimmten Dokumenten mit der Begründung verweigern, dass die mit ihrer Verbreitung verbundene Arbeitsbelastung außer Verhältnis zu den mit dem Antrag auf Zugang zu diesen Dokumenten verfolgten Zielen stehe. Die Berufung auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann jedoch keine Änderung der in der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Fristen ermöglichen, da sonst eine Situation der Rechtsunsicherheit geschaffen würde. 29 Zur Kritik an der Begründung des angefochtenen Urteils ist festzustellen, dass es für sich genommen keinen Begründungsmangel des angefochtenen Urteils darstellen kann, wenn das Gericht in der Sache zu einem anderen Ergebnis gelangt ist als die Kommission (Urteil Gogos/Kommission, C‑583/08 P, EU:C:2010:287, Rn. 35). 30 Außerdem beruht der gerügte Widerspruch zwischen den Rn. 49 und 144 des angefochtenen Urteils auf einem Fehlverständnis dieser Randnummern, da der Wille des Rechtsmittelführers, sich an die in der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Fristen zu halten, im Licht der Erwägungen in den Rn. 24 bis 28 des vorliegenden Urteils keineswegs bedeuten kann, dass die Kommission nicht die Möglichkeit hatte, zu einer angemessenen Lösung zu kommen. 31 Folglich ist der erste Rechtsmittelgrund des Anschlussrechtsmittels der Kommission zu verwerfen. Zum zweiten Rechtsmittelgrund Vorbringen der Parteien 32 Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund wirft die Kommission dem Gericht vor, ihr eine Verletzung des Rechts des Rechtsmittelführers auf Zugang zu einem Auszug aus dem Register hinsichtlich der Entscheidungen über die Ablehnung von Zweitanträgen auf Zugang zu Dokumenten zur Last gelegt zu haben. 33 Sie trägt vor, das Gericht habe zu Unrecht festgestellt, dass ihr Schreiben vom 24. Juli 2007, mit dem sie dem Rechtsmittelführer mitgeteilt habe, dass es einen solchen Auszug nicht gebe, eine Verweigerung des Zugangs zu diesem Dokument darstelle. Zum einen sei es unmöglich, einen Auszug aus einem Register zu übermitteln, das es ungeachtet der in Art. 11 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Verpflichtung nicht gebe, und zum anderen gelte diese Verordnung nur für existierende Dokumente. Ein Zugangsantrag könne keinesfalls eine Verpflichtung zur Erstellung eines nicht existierenden Dokuments schaffen. 34 Überdies habe das Gericht ultra petita entschieden, zum einen durch die Nichtigerklärung einer ausdrücklichen ablehnenden Entscheidung, obwohl der Rechtsmittelführer die Nichtigerklärung einer stillschweigenden ablehnenden Entscheidung beantragt habe, und zum anderen, als es über den Umfang der Verpflichtung der Kommission nach Art. 11 der Verordnung Nr. 1049/2001 entschieden habe. 35 Der Rechtsmittelführer beantragt die Zurückweisung des zweiten Rechtsmittelgrundes der Kommission, da er auf ihren eigenen Verletzungen der Verordnung Nr. 1049/2001, insbesondere von Art. 11, beruhe. Außerdem hätte die Kommission eine größere Zahl von Beweisen vorlegen müssen, um ihre Behauptung zu untermauern, dass hinsichtlich der Entscheidungen über die Ablehnung von Zweitanträgen auf Zugang zu Dokumenten kein Registerauszug erstellt worden sei. Schließlich hätte die Kommission für den Fall, dass es dieses Register nicht gebe, es entweder einrichten oder aufgrund ihrer Hilfeleistungspflicht die zu registrierenden Dokumente selbst übergeben müssen. Würdigung durch den Gerichtshof 36 Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht hervor, dass das Verfahren auf Zugang zu Dokumenten der Organe in zwei Schritten abläuft und dass die Antwort auf einen Erstantrag im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 nur eine erste Stellungnahme darstellt, gegen die grundsätzlich keine Klage erhoben werden kann (vgl. Beschluss Internationaler Hilfsfonds/Kommission, C‑208/11 P, EU:C:2012:76, Rn. 30 und 31). Legt jedoch ein Organ seinen Standpunkt durch eine solche Antwort endgültig fest, kann sie ausnahmsweise Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein (vgl. Urteil Internationaler Hilfsfonds/Kommission, EU:C:2010:40, Rn. 62). 37 Aus dem angefochtenen Urteil geht hervor, dass der Rechtsmittelführer Zugang zu einem Teil des Registers beantragt hat, dessen Einrichtung in der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehen ist, und dass ihm dieser Zugang mit der Begründung verweigert wurde, ein solches Register sei nicht eingerichtet worden. 38 Wie die Generalanwältin in Nr. 65 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, bezieht sich das Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe im Sinne von Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 nur auf existierende Dokumente, die sich im Besitz des betreffenden Organs befinden. 39 Nach Art. 8 Abs. 1 und 3 der Verordnung Nr. 1049/2001, die eine besondere Ausprägung des Grundsatzes des gerichtlichen Rechtsschutzes darstellen, kann jede Verweigerung des Zugangs zu Dokumenten, die bei der Verwaltung angefordert wurden, Gegenstand einer gerichtlichen Anfechtung sein. Dies gilt unabhängig davon, welcher Grund für die Zugangsverweigerung angegeben wird. 40 Somit hat es auf das Klagerecht der Betroffenen keine Auswirkung, ob die Verweigerung des Zugangs zu einem Dokument mit einem der in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 genannten Gründe gerechtfertigt wird oder ob geltend gemacht wird, dass das angeforderte Dokument nicht existiere. Jede andere Lösung würde die vom Unionsgericht auszuübende Kontrolle der Begründetheit einer den Zugang zu Dokumenten der Organe ablehnenden Entscheidung unmöglich machen, da sich das betreffende Organ schon durch die Angabe, dass ein Dokument nicht existiere, jeder gerichtlichen Kontrolle entziehen könnte. 41 Demnach ist festzustellen, dass es nicht zur Unanwendbarkeit der Verordnung Nr. 1049/2001 führt, wenn ein Dokument, zu dem Zugang verlangt wird, nicht existiert oder wenn es sich nicht im Besitz des betreffenden Organs befindet. 42 Es ist vielmehr Sache des fraglichen Organs, dem Antragsteller zu antworten und gegebenenfalls vor Gericht die aus diesem Grund erfolgende Verweigerung des Zugangs zu rechtfertigen (vgl. entsprechend Urteil Heylens u. a., 222/86, EU:C:1987:442, Rn. 15). 43 Im vorliegenden Fall geht jedoch aus den Erläuterungen, die die Kommission dem Gericht gegeben hat, sowie aus den ihm vorgelegten Akten klar hervor, dass das in Rede stehende Register nicht eingerichtet wurde. Demnach konnte die Kommission dem Antrag des Rechtsmittelführers auf Zugang zum Auszug aus dem Register hinsichtlich der Entscheidungen über die Ablehnung von Zweitanträgen auf Zugang zu Dokumenten nicht nachkommen. 44 Wie die Generalanwältin in Nr. 67 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, stellt die Verordnung Nr. 1049/2001 keine unmittelbare Verbindung zwischen der Verpflichtung aus Art. 11 der Verordnung und dem Recht auf Zugang zu Dokumenten nach ihrem Art. 2 Abs. 1 her. Daher ist es nicht möglich, mit einem Antrag auf Zugang zu Dokumenten die Erfüllung der Registrierungspflicht durchzusetzen. 45 Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass das Gericht durch die Nichtigerklärung der ausdrücklichen Entscheidung vom 24. Juli 2007, mit der der Zugang zu einem Auszug aus dem Register hinsichtlich der Entscheidungen über die Ablehnung von Zweitanträgen auf Zugang zu Dokumenten abgelehnt wurde, einen Rechtsfehler begangen hat. 46 Weder Art. 11 der Verordnung Nr. 1049/2001 noch die Hilfeleistungspflicht nach Art. 6 Abs. 2 der Verordnung können nämlich ein Organ verpflichten, ein bei ihm angefordertes, aber nicht existierendes Dokument zu erstellen. 47 Nach alledem ist das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als das Gericht darin entschieden hat, dass die Kommission verpflichtet war, ein nicht existierendes Dokument zu erstellen, und infolgedessen die Entscheidung der Kommission vom 24. Juli 2007, mit der der Zugang zum Auszug aus dem Register hinsichtlich der Entscheidungen über die Ablehnung von Zweitanträgen auf Zugang zu Dokumenten abgelehnt wurde, für nichtig erklärt hat. Zum Rechtsmittel Zum ersten Rechtsmittelgrund Vorbringen der Parteien 48 Mit seinem ersten, die Unzuständigkeit des Spruchkörpers betreffenden Rechtsmittelgrund macht der Rechtsmittelführer geltend, das Gericht habe dadurch, dass es mit der Prüfung seiner Klage eine andere als die ursprünglich vorgesehene Kammer betraut habe, das Recht auf den gesetzlichen Richter, die in Art. 6 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankerten Rechte sowie mehrere Bestimmungen der Verfahrensordnung des Gerichts verletzt. Außerdem sei sein Recht, vor der Neuzuweisung der Prüfung seiner Klage gehört zu werden, verletzt worden. 49 Nach Ansicht der Kommission ist dieser Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Würdigung durch den Gerichtshof 50 Entgegen dem Vorbringen des Rechtsmittelführers hat das Gericht seine Verfahrensordnung korrekt angewandt. Hierzu ist festzustellen, dass das Gericht gemäß Art. 12 seiner Verfahrensordnung die Kriterien festlegt, nach denen sich die Verteilung der Rechtssachen auf die Kammern richtet, und dass diese Entscheidung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wird. Die zum Zeitpunkt der Klageerhebung geltende Entscheidung über die Festlegung der Kriterien für die Zuweisung der Rechtssachen an die Kammern (ABl. 2007, C 269, S. 42) und die zum Zeitpunkt der Neuzuweisung der Klage geltende Entscheidung (ABl. 2011, C 232, S. 2) haben den gleichen Wortlaut. Aus ihnen geht hervor, dass der Präsident des Gerichts von dem in den Entscheidungen vorgesehenen Verteilungsmodus der Rechtssachen abweichen kann, „um … eine ausgewogene Verteilung der Arbeitslast sicherzustellen“. 51 Da die Durchführung dieser Abweichung nicht auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift beschränkt ist, steht der Neuzuweisung einer Rechtssache zu einem anderen Zeitpunkt nichts entgegen. 52 Diese Auslegung ist umso mehr geboten, als mit der Neuzuweisung einer Rechtssache zur Sicherstellung einer ausgewogenen Verteilung der Arbeitslast im Interesse einer geordneten Rechtspflege das Ziel verfolgt wird, die Rechtssachen im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 der Charta innerhalb angemessener Frist zu behandeln. 53 Das Vorbringen des Rechtsmittelführers, sein Recht, vor der Neuzuweisung seiner Klage gehört zu werden, sei verletzt worden, entbehrt ebenfalls der Grundlage. Wie die ursprüngliche Zuweisung einer Rechtssache gibt auch ihre Neuzuweisung an einen anderen als den ursprünglich vorgesehenen Spruchkörper den Parteien nicht das Recht, sich zu dieser Maßnahme der Rechtspflege vorab zu äußern. 54 Im Übrigen ist festzustellen, dass der Rechtsmittelführer im vorliegenden Fall die Unparteilichkeit des Spruchkörpers, der mit seiner Nichtigkeitsklage befasst wurde, nicht in Zweifel gezogen hat. 55 Demnach ist der erste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Zum zweiten Rechtsmittelgrund Vorbringen der Parteien 56 Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund rügt der Rechtsmittelführer verschiedene Verfahrensfehler des angefochtenen Urteils. 57 Erstens wirft er dem Gericht vor, seinen Antrag auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren zurückgewiesen zu haben, und macht geltend, aufgrund der unangemessenen Verfahrensdauer hätte ihm das Gericht eine Entschädigung zusprechen oder seinen dahin gehenden Antrag dem zuständigen Rechtssprechungsorgan zuleiten müssen. 58 Zweitens macht der Rechtsmittelführer geltend, dass sein Anspruch auf rechtliches Gehör vom Gericht verletzt worden sei. Es habe zwei seiner ergänzenden Schriftsätze und seinen Antrag auf Berichtigung des Protokolls der mündlichen Verhandlung nicht berücksichtigt. Außerdem sei seine Redezeit in der mündlichen Verhandlung auf 30 Minuten begrenzt worden, und das Gericht habe neues Vorbringen der Kommission zur Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. 2001, L 8, S. 1) zugelassen, ohne ihm die Möglichkeit zu geben, schriftlich dazu Stellung zu nehmen. Schließlich habe ihm das Gericht nicht die Möglichkeit gegeben, sich zu den vom OLAF aufgrund der Entscheidung vom 23. Oktober 2007 vorgelegten Dokumenten angemessen zu äußern. 59 Drittens trägt er vor, das Gericht habe nicht alle Dokumente, die er von der Kommission erhalten habe, geprüft, um festzustellen, ob die von ihr in Anwendung von Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgenommenen Schwärzungen von Daten gerechtfertigt gewesen seien. 60 Viertens habe das Gericht nicht hinreichend dargelegt, dass die Kommission ihm tatsächlich alle die abgelehnten Zweitanträge betreffenden Dokumente übermittelt habe. 61 Die Kommission beantragt, den zweiten Rechtsmittelgrund als unzulässig oder offensichtlich unbegründet zurückzuweisen. Würdigung durch den Gerichtshof 62 Die Rüge, dass eine gerichtliche Entscheidung nicht binnen einer angemessenen Frist ergangen sei, kann in Ermangelung jeglicher Anhaltspunkte dafür, dass die Dauer des Verfahrens vor dem Gericht Auswirkungen auf den Ausgang des Rechtsstreits gehabt hätte, nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen (Urteil Groupe Gascogne/Kommission, C‑58/12 P, EU:C:2013:770, Rn. 73). 63 Im vorliegenden Fall macht der Rechtsmittelführer nicht geltend, dass die Dauer des Verfahrens vor dem Gericht irgendeine Auswirkung auf den Ausgang des Rechtsstreits gehabt habe. Demnach können weder die Weigerung des Gerichts, im beschleunigten Verfahren zu entscheiden, noch die gerügte überlange Verfahrensdauer zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen. 64 Das Vorbringen zur Rechtswidrigkeit der Ablehnung des vom Rechtsmittelführer auf dieselben, die Verfahrensdauer betreffenden Gründe gestützten Schadensersatzantrags ist ebenfalls zu verwerfen. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht nämlich hervor, dass es Sache des nach Art. 256 Abs. 1 AEUV zuständigen Gerichts ist, über solche Schadensersatzklagen in einer anderen Besetzung als derjenigen, in der es mit dem als überlang gerügten Verfahren befasst war, zu entscheiden (Urteil Groupe Gascogne/Kommission, EU:C:2013:770, Rn. 90). 65 Folglich hat das Gericht den auf die Verfahrensdauer gestützten Antrag auf Schadensersatz zu Recht in Rn. 93 des angefochtenen Urteils mit der Erwägung als unzulässig zurückgewiesen, dass er im Wege einer eigenständigen Klage hätte gestellt werden müssen. 66 Auch das Vorbringen zur Zurückweisung der beiden ergänzenden Schriftsätze und zur Weigerung des Gerichts, dem Rechtsmittelführer in der mündlichen Verhandlung eine Redezeit von mehr als 30 Minuten zu gewähren, kann keinen Erfolg haben, da aus dem angefochtenen Urteil klar hervorgeht, dass der Rechtsmittelführer Gelegenheit hatte, sich hinreichend zu den im Rahmen seiner Klage geltend gemachten Nichtigkeitsgründen zu äußern. 67 Zu den Dokumenten des OLAF geht aus dem angefochtenen Urteil hervor, dass dem Rechtsmittelführer durch die Entscheidung vom 23. Oktober 2007 ein teilweiser Zugang zu diesen Dokumenten gewährt wurde. Der Rechtsmittelführer hat aber angegeben, er habe erst nach Einreichung seiner Erwiderung alle von dieser Entscheidung erfassten Dokumente erhalten und daher keine Gelegenheit gehabt, sich während des schriftlichen Verfahrens vor dem Gericht zu ihrem Inhalt zu äußern. 68 Aus den Akten geht jedoch hervor, dass der Rechtsmittelführer die betreffenden Dokumente spätestens im Oktober 2008 und damit so rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung erhielt, dass er sie prüfen und zu ihnen Stellung nehmen konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil Corus UK/Kommission, C‑199/99 P, EU:C:2003:531, Rn. 21). 69 Auch die Rüge des Rechtsmittelführers, das Gericht habe ein von der Kommission in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragenes Argument in Bezug auf die Verordnung Nr. 45/2001 berücksichtigt, ist zurückzuweisen. 70 Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht nämlich hervor, dass die Bestimmungen der Verordnung Nr. 45/2001 in vollem Umfang anwendbar werden, wenn ein nach der Verordnung Nr. 1049/2001 gestellter Antrag auf die Gewährung des Zugangs zu Dokumenten gerichtet ist, die personenbezogene Daten enthalten (Urteil Kommission/Bavarian Lager, C‑28/08 P, EU:C:2010:378, Rn. 63). 71 Daraus folgt, dass das auf die Verordnung Nr. 45/2001 gestützte Vorbringen der Kommission, mit dem sie die Anwendung der Ausnahme zum Schutz personenbezogener Daten in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 rechtfertigte, eine Erweiterung eines bereits implizit in den Entscheidungen, mit denen die Kommission Zugang zu einer Reihe von Dokumenten gewährte, deren Inhalt zum Schutz personenbezogener Daten teilweise geschwärzt war, enthaltenen Grundes darstellt, wie die Generalanwältin in Nr. 123 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat. Das Gericht hat dieses Vorbringen daher zu Recht berücksichtigt. 72 Außerdem macht der Rechtsmittelführer geltend, das Gericht hätte jedes Dokument prüfen müssen, zu dem der Zugang ganz oder teilweise verweigert worden sei; dies habe es nicht getan. 73 Dazu ist festzustellen, dass das Gericht nur verpflichtet ist, die Vorlage eines solchen Dokuments anzuordnen und es zu prüfen, wenn bestritten wird, dass die von der Zugangsverweigerung betroffenen Informationen in den Anwendungsbereich der in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmen fallen (Urteil Jurašinović/Rat, C‑576/12 P, EU:C:2013:777, Rn. 27 und 29). 74 Da der Rechtsmittelführer die Stichhaltigkeit der Begründung der Entscheidungen, mit denen die Kommission Zugang zu einer Reihe von Dokumenten gewährte, deren Inhalt zum Schutz personenbezogener Daten teilweise geschwärzt war, bestritt, ohne geltend zu machen, dass die in Art. 4 der Verordnung vorgesehene Ausnahme auf die in Rede stehenden Dokumente nicht anwendbar sei, war das Gericht nicht zu einer Prüfung dieser Dokumente verpflichtet (vgl. in diesem Sinne Urteil Jurašinović/Rat, EU:C:2013:777, Rn. 28 bis 30). 75 Der Rechtsmittelführer wirft dem Gericht überdies vor, nicht geprüft zu haben, ob sich die von der Kommission vorgenommenen Schwärzungen von Daten tatsächlich auf Informationen beschränkt hätten, die in den Anwendungsbereich der von ihr angeführten Ausnahmen fielen. 76 Anders als in den Rechtssachen, in denen die Urteile IFAW Internationaler Tierschutz-Fonds/Kommission (C‑135/11 P, EU:C:2012:376) und Jurašinović/Rat (EU:C:2013:777) ergangen sind, ist der Rechtsmittelführer im vorliegenden Fall im Besitz der von ihm angeforderten Dokumente. Daher konnte er feststellen, ob es Anhaltspunkte gibt, die vernünftige Zweifel daran zulassen, dass die von der Kommission vorgenommenen Schwärzungen Informationen betreffen, die von einer der in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmen erfasst sind. 77 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es allein Sache des Gerichts ist, zu entscheiden, ob die ihm in den Rechtssachen, mit denen es befasst ist, vorliegenden Informationen der Ergänzung bedürfen. Die Frage, ob die Verfahrensunterlagen beweiskräftig sind oder nicht, unterliegt seiner freien Würdigung des Sachverhalts (Urteil E.ON Energie/Kommission, C‑89/11 P, EU:C:2012:738, Rn. 115). 78 Somit war das Gericht im Hinblick auf die für Unionsrechtsakte bestehende Gültigkeitsvermutung und in Ermangelung von Angaben des Rechtsmittelführers, die vernünftige Zweifel daran zuließen, dass die von der Kommission vorgenommenen Schwärzungen Informationen betreffen, die von einer der in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmen erfasst sind, nicht verpflichtet, die Vorlage aller in Rede stehenden Dokumente anzuordnen oder sie zu prüfen. 79 Schließlich ist zum Vorbringen, dass die Dokumente in Bezug auf abgelehnte Zweitanträge unvollständig übermittelt worden seien, darauf hinzuweisen, dass allein das Gericht für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie die Würdigung der Beweise zuständig ist, vorbehaltlich des Falles ihrer Verfälschung (Urteil Rousse Industry/Kommission, C‑271/13 P, EU:C:2014:175, Rn. 81). Eine solche Verfälschung liegt insbesondere dann vor, wenn das Gericht die Grenzen einer vernünftigen Beurteilung der Beweise offensichtlich überschritten hat. 80 Im vorliegenden Fall hat der Rechtsmittelführer vor dem Gericht geltend gemacht, dass die Kommission im Licht ihrer eigenen Statistiken nur einen Teil der Entscheidungen übermittelt habe, mit denen der Zugang zu den fraglichen Dokumenten abgelehnt worden sei. Darauf hatte die Kommission geantwortet, diese Diskrepanz sei darauf zurückzuführen, dass zum einen eine Entscheidung, den Zugang zu Dokumenten abzulehnen, zu mehreren Anträgen auf Zugang zu solchen Dokumenten ergehen könne und zum anderen bestimmte Anträge auf Zugang am Jahresende noch anhängig gewesen seien. 81 Aus den Akten, die dem Gericht vorgelegt wurden, geht nicht hervor, dass bei seiner Beurteilung aller Umstände eine Verfälschung aufgetreten wäre. 82 Nach alledem ist der zweite Rechtsmittelgrund insgesamt zurückzuweisen. Zum dritten Rechtsmittelgrund Vorbringen der Parteien 83 Mit seinem dritten Rechtsmittelgrund trägt der Rechtsmittelführer mehrere Argumente in Bezug auf Rechtsfehler hinsichtlich der Beurteilung aller stillschweigenden und ausdrücklichen Entscheidungen der Kommission vor. 84 Er macht zunächst geltend, das Gericht hätte über die Rechtmäßigkeit der stillschweigenden ablehnenden Entscheidungen über den Zugang zu den fraglichen Dokumenten entscheiden müssen. Er habe auch nach Erlass der ausdrücklichen Entscheidungen ein Interesse daran, gegen sie vorzugehen. 85 Der Rechtsmittelführer trägt weiter vor, das Gericht habe fehlerhaft entschieden, dass die von der Kommission erlassenen ausdrücklichen Entscheidungen die nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 entstandenen stillschweigenden ablehnenden Entscheidungen über den Zugang zu den fraglichen Dokumenten ersetzt hätten. Zum einen enthielten die ausdrücklichen Entscheidungen keine Bezugnahme auf die stillschweigenden Entscheidungen, und zum anderen sei speziell die Entscheidung vom 23. Oktober 2007 über die Dokumente des OLAF auf der Grundlage von Art. 7 anstelle von Art. 8 der Verordnung ergangen. 86 Schließlich trägt der Rechtsmittelführer hilfsweise vor, dass die ausdrücklichen Entscheidungen die stillschweigenden Entscheidungen nur teilweise ersetzt hätten. 87 Die Kommission beantragt, den dritten Rechtsmittelgrund als unzulässig oder unbegründet zurückzuweisen, da ihre ausdrücklichen Entscheidungen die stillschweigende ablehnende Entscheidung über den Zugang zu den fraglichen Dokumenten ersetzt hätten, auch wenn der durch sie gewährte Zugang beschränkt sei. Würdigung durch den Gerichtshof 88 Wie bereits in Rn. 24 des vorliegenden Urteils ausgeführt, sind nach Ablauf der Frist für die Beantwortung des Zweitantrags des Rechtsmittelführers in Ermangelung einer ausdrücklichen Entscheidung stillschweigende ablehnende Entscheidungen über den Zugang zu den fraglichen Dokumenten entstanden, die nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 Gegenstand einer Klage sein können. 89 Diese Entscheidungen wurden jedoch durch die später von der Kommission erlassenen Entscheidungen hinfällig, mit denen sie dem Rechtsmittelführer einen teilweisen Zugang zu den angeforderten Dokumenten gewährte. Das Gericht ist somit rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass über die Klage nicht mehr zu entscheiden war, soweit sie sich gegen die stillschweigenden ablehnenden Entscheidungen über den Zugang zu den fraglichen Dokumenten richtete. 90 Was insbesondere die Entscheidung vom 23. Oktober 2007 über die Dokumente des OLAF betrifft, beruht das Vorbringen des Rechtsmittelführers, wonach eine auf der Grundlage von Art. 7 der Verordnung Nr. 1049/2001 erlassene Entscheidung eine stillschweigende Entscheidung im Sinne von Art. 8 Abs. 3 der Verordnung nicht ersetzen könne, auf einer fehlerhaften Auslegung der genannten Entscheidung. Denn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist für die Qualifizierung einer Handlung auf ihr Wesen abzustellen, während die Form, in der eine Handlung oder eine Entscheidung ergeht, dafür grundsätzlich ohne Bedeutung ist (vgl. entsprechend Urteil NDSHT/Kommission, C‑322/09 P, EU:C:2010:701, Rn. 46). 91 Da die Entscheidung vom 23. Oktober 2007 über die Dokumente des OLAF nach Einreichung eines Zweitantrags auf Zugang zu den fraglichen Dokumenten und nach Ablauf der in Art. 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Fristen erging, handelt es sich um eine ausdrückliche Entscheidung in Beantwortung eines Zweitantrags. Die Bezugnahme auf Art. 7 der Verordnung Nr. 1049/2001 ist damit unerheblich. 92 Nach alledem ist der dritte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Zum vierten Rechtsmittelgrund Vorbringen der Parteien 93 Mit seinem vierten Rechtsmittelgrund rügt der Rechtsmittelführer, dass das angefochtene Urteil, soweit es den Umfang des Antrags auf Zugang zu den Dokumenten im Zusammenhang mit der Rechtssache T‑110/04 betreffe, den Sachverhalt verfälsche und unzureichend begründet sei. 94 Die Kommission beantragt, diesen Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Würdigung durch den Gerichtshof 95 Mit seinem vierten Rechtsmittelgrund trägt der Rechtsmittelführer im Wesentlichen vor, dass das Gericht den Sachverhalt in den Rn. 151 bis 154 des angefochtenen Urteils verfälscht habe. 96 Das Gericht konnte jedoch, ohne die Anträge des Rechtsmittelführers zu verfälschen, mit einem Urteil, das hinreichend begründet ist, davon ausgehen, dass die Aufzählung im Erstantrag auf Zugang zu Dokumenten, der die Worte „zur Klarstellung“ vorangestellt sind, abschließend war und dass der Rechtsmittelführer keine anderen Dokumente angefordert hatte. 97 Was das Vorbringen des Rechtsmittelführers zum Fehlen der Anlagen A1 und A2 betrifft, ist festzustellen, dass aus den Akten nicht hervorgeht, dass die Rüge des Fehlens dieser Dokumente Gegenstand des Verfahrens vor dem Gericht war. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind seine Befugnisse im Rahmen eines Rechtsmittels aber auf die Beurteilung der rechtlichen Entscheidung über die im ersten Rechtszug erörterten Klagegründe und Argumente beschränkt. 98 Daraus folgt, dass der vierte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen ist. Zum fünften Rechtsmittelgrund Vorbringen der Parteien 99 Mit seinem fünften Rechtsmittelgrund rügt der Rechtsmittelführer die Begründung für die Heranziehung der den Datenschutz betreffenden Ausnahme durch die Kommission und stellt die Rechtmäßigkeit der von der Kommission vorgenommenen Schwärzungen personenbezogener Daten in Abrede. 100 Nach Auffassung der Kommission ist dieser Rechtsmittelgrund insgesamt zurückzuweisen. Würdigung durch den Gerichtshof 101 Zur Rüge, dass das Gericht im angefochtenen Urteil die von der Kommission unter Heranziehung der in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahme vom Zugang zu Dokumenten vorgenommene Schwärzung personenbezogener Daten für rechtmäßig erachtet habe, ist auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs hinzuweisen, wonach die Bestimmungen der Verordnung Nr. 45/2001, unter denen die Art. 8 Buchst. b und 18 von wesentlicher Bedeutung sind, in vollem Umfang anwendbar werden, wenn ein aufgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 gestellter Antrag auf die Gewährung des Zugangs zu Dokumenten gerichtet ist, die personenbezogene Daten enthalten (Urteil Kommission/Bavarian Lager, EU:C:2010:378, Rn. 63 und 64). 102 Die Weitergabe solcher Daten fällt unter die Definition der „Verarbeitung“ im Sinne der Verordnung Nr. 45/2001 (Urteil Kommission/Bavarian Lager, EU:C:2010:378, Rn. 69). 103 Aus Art. 5 dieser Verordnung geht hervor, dass personenbezogene Daten nur verarbeitet werden dürfen, wenn eine der dort genannten Voraussetzungen erfüllt ist. 104 Außerdem dürfen personenbezogene Daten nach der Verordnung Nr. 1049/2001 nur an Dritte übermittelt werden, wenn diese Übermittlung zum einen die Voraussetzungen des Art. 8 Buchst. a oder b der Verordnung Nr. 45/2001 erfüllt und zum anderen eine rechtmäßige Verarbeitung im Sinne der Anforderungen des Art. 5 dieser Verordnung darstellt. 105 In Anbetracht dessen hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen, indem es geprüft hat, ob die Voraussetzungen des Art. 8 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 erfüllt waren. 106 Zudem kann entgegen dem Vorbringen des Rechtsmittelführers aus dieser Bestimmung nicht abgeleitet werden, dass die Organe im Fall eines Antrags auf Zugang zu Dokumenten, die sich in ihrem Besitz befinden, von Amts wegen prüfen müssen, ob Gründe vorliegen, die eine Übermittlung personenbezogener Daten rechtfertigen. 107 Es ist vielmehr Sache des Antragstellers, die Notwendigkeit der Übermittlung dieser Daten nachzuweisen (vgl. Urteil Kommission/Bavarian Lager, EU:C:2010:378, Rn. 77). 108 Zurückzuweisen ist auch das Vorbringen des Rechtsmittelführers, die Kommission sei im Licht von Art. 8 Buchst. a der Verordnung Nr. 45/2001 verpflichtet gewesen, ihm die personenbezogenen Daten zu übermitteln, weil der Zugang zu Dokumenten der Organe im Rahmen der Verordnung Nr. 1049/2001 stets im öffentlichen Interesse liege. Wie die Generalanwältin in Nr. 154 ihrer Schlussanträge erläutert hat, würde eine solche Argumentation der in der vorstehenden Randnummer erwähnten Verpflichtung des Antragstellers zuwiderlaufen, die Notwendigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten nachzuweisen. 109 Im Übrigen ergibt sich aus Rn. 173 des angefochtenen Urteils, dass der Rechtsmittelführer keinen Grund für die Notwendigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten durch die Kommission angegeben hat. 110 Folglich sind die Argumente des Rechtsmittelführers zur fehlenden Konsultation aller Personen, deren personenbezogene Daten betroffen waren, und zur fehlenden Berücksichtigung des Einverständnisses bestimmter Personen mit der Verbreitung ihrer Daten als ins Leere gehend zu verwerfen. Selbst wenn die Übermittlung bestimmter Daten rechtmäßig gewesen wäre, durfte die Kommission dies nicht tun, da der Rechtsmittelführer den in Art. 8 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 vorgesehenen Nachweis der Notwendigkeit einer solchen Übermittlung nicht erbracht hatte. 111 Aus den gleichen Gründen kann das Vorbringen des Rechtsmittelführers, das auf die Offenlegung der in den Dokumenten im Zusammenhang mit der Rechtssache T‑110/04 aufgeführten Namen von Beamten gerichtet ist, nicht durchgreifen. Das Gericht hat nämlich in den Rn. 194 und 197 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden, dass ihre Namen geschützte Daten im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 sind. Dass einige Namen im Zusammenhang mit der mündlichen Verhandlung in dieser Rechtssache vor dem Gericht offengelegt wurden, entkräftet diese Schlussfolgerung nicht. Wie das Gericht in Rn. 194 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, kann dieser Umstand die übrigen Organe nicht von ihren Verpflichtungen entbinden. 112 Der Rechtsmittelführer macht zudem geltend, das Gericht habe die Verpflichtung der Kommission verkannt, eine Kodierung der von ihr geschwärzten Namen vorzunehmen. 113 Insoweit hat das Gericht den die Kodierung der Namen betreffenden Klagegrund zu Recht zurückgewiesen, indem es in den Rn. 207 und 208 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass eine systematische Verpflichtung zur Kodierung mit einem besonders hohen und unnötigen Arbeitsaufwand verbunden wäre. Wie nämlich in den Rn. 27 und 28 des vorliegenden Urteils erläutert worden ist, können die Organe in besonderen Fällen nach einer Abwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers am Zugang zu Dokumenten und der Arbeitsbelastung, die sich aus der Bearbeitung seines Antrags ergeben würde, das Interesse an einer ordnungsgemäßen Verwaltung als vorrangig einstufen. 114 Der Rechtsmittelführer führt weiter aus, das Gericht habe zu Unrecht entschieden, dass die Begründung für die Heranziehung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 durch die Kommission ausreiche, obwohl darin weder die Verordnung Nr. 45/2001 erwähnt werde noch die Gründe erläutert würden, die die Schwärzung aller personenbezogenen Daten in den Dokumenten, zu denen Zugang begehrt worden sei, rechtfertigen könnten. 115 Das Gericht hat jedoch, ohne einen Rechtsfehler zu begehen, die Rechtmäßigkeit der Heranziehung dieser Bestimmung durch die Kommission bestätigt, da – wie bereits in den Rn. 70 und 71 des vorliegenden Urteils ausgeführt – die Berufung auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 notwendigerweise die Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 45/2001 impliziert (Urteil Kommission/Bavarian Lager, EU:C:2010:378, Rn. 63). 116 Da außerdem – wie in den Rn. 106 bis 111 des vorliegenden Urteils dargelegt – der Rechtsmittelführer keinen die Notwendigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten rechtfertigenden Grund angegeben hat, stellte sich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Übermittlung nicht. Demnach hat das Gericht in Rn. 120 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt, dass die Kommission ihre Entscheidung, Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 anzuwenden, in diesem Punkt nicht näher habe begründen müssen. 117 Dies gilt gleichermaßen für die Rn. 125 und 126 des angefochtenen Urteils, in denen das Gericht – wie die Generalanwältin in Nr. 145 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat – zu Recht festgestellt hat, dass die Begründung der Entscheidung der Kommission, personenbezogene Daten zu schwärzen, den üblichen Anforderungen in diesem Bereich genügt habe. 118 Schließlich macht der Rechtsmittelführer geltend, das angefochtene Urteil sei mit einem Begründungsmangel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der von der Kommission vorgenommenen Schwärzungen personenbezogener Daten in den Dokumenten des OLAF behaftet. 119 Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Partei jedoch den Gegenstand des Rechtsstreits nicht ändern, indem sie ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel, das sie vor dem Gericht hätte vorbringen können, aber nicht vorgebracht hat, erstmals vor dem Gerichtshof, dessen Befugnisse im Rechtsmittelverfahren beschränkt sind, vorbringt, da sie ihn dadurch mit einem weiter reichenden Rechtsstreit befassen könnte, als ihn das Gericht zu entscheiden hatte. 120 Demnach ist dieses Vorbringen zurückzuweisen, denn der Rechtsmittelführer hat im Rahmen des Verfahrens vor dem Gericht die Begründung der die Dokumente des OLAF betreffenden Entscheidung vom 23. Oktober 2007 in seiner Erwiderung nicht gerügt, obwohl er diese Entscheidung unstreitig spätestens mit der Klagebeantwortung der Kommission erhielt. 121 Aus alledem ergibt sich, dass der fünfte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen ist. Zum sechsten Rechtsmittelgrund Vorbringen der Parteien 122 Mit seinem sechsten Rechtsmittelgrund wirft der Rechtsmittelführer dem Gericht vor, eine zu weite Anwendung der Ausnahme in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 auf die Informationen in den Dokumenten im Zusammenhang mit der Rechtssache T‑110/04 zugelassen zu haben. 123 Außerdem rügt der Rechtsmittelführer die Begründung des angefochtenen Urteils hinsichtlich des Vorliegens oder Fehlens eines die Verbreitung der von dieser Bestimmung erfassten Daten rechtfertigenden überwiegenden öffentlichen Interesses. 124 Die Kommission ist der Ansicht, dass dieser Rechtsmittelgrund zurückzuweisen ist. Würdigung durch den Gerichtshof 125 Der sechste Rechtsmittelgrund betrifft alle Daten, die geschwärzt wurden, um die Identifizierung bestimmter Unternehmen zu verhindern, die in die vom Kläger in der Rechtssache T‑110/04 als Bevollmächtigtem der Kommission bearbeiteten Antidumpingfälle verwickelt waren. 126 Entgegen dem Vorbringen des Rechtsmittelführers hat das Gericht in Rn. 228 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Schwärzung der Namen der Unternehmen und der gegen sie erhobenen Vorwürfe notwendig gewesen sei, um ihre Interessen zu schützen, da die Namen der beschuldigten Unternehmen den geschwärzten Informationen in ihrer Gesamtheit hätten entnommen werden können. 127 Zur Argumentation des Rechtsmittelführers, dass die in der Rechtssache T‑110/04 genannten Unternehmen keinen Schutz nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 genössen, da Antidumpingentscheidungen im Allgemeinen veröffentlicht würden, ist festzustellen, dass der Rechtsmittelführer eine solche Argumentation während des Verfahrens vor dem Gericht nicht vorgetragen hat. Sie ist deshalb als unzulässig zurückzuweisen. 128 Schließlich ist die Kritik des Rechtsmittelführers an Rn. 229 des angefochtenen Urteils unbegründet. Zum einen geht aus dieser Randnummer hervor, dass die Kommission das Bestehen überwiegender öffentlicher Interessen sehr wohl geprüft hat. Zum anderen ist es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs Sache des Rechtsmittelführers, konkrete Umstände anzuführen, die ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung der betreffenden Dokumente begründen (vgl. Urteil LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 94). 129 Im Verfahren vor dem Gericht und im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels hat sich der Rechtsmittelführer aber lediglich auf den Transparenzgrundsatz und dessen Bedeutung berufen. 130 Das überwiegende öffentliche Interesse, das die Verbreitung eines Dokuments rechtfertigen kann, muss sich zwar nicht notwendigerweise von den Grundsätzen unterscheiden, auf denen die Verordnung Nr. 1049/2001 aufbaut (Urteil LPN und Finnland/Kommission, EU:C:2013:738, Rn. 92). 131 Wie das Gericht in Rn. 229 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, sind jedoch Erwägungen von so allgemeiner Art wie die vom Rechtsmittelführer angeführten nicht zum Nachweis dafür geeignet, dass der Transparenzgrundsatz im vorliegenden Fall eine besondere Dringlichkeit aufwies, die schwerer hätte wiegen können als die Gründe für die Weigerung, die fraglichen Informationen zu verbreiten (Urteil LPN und Finnland/Kommission, EU:C:2013:738, Rn. 93). 132 Nach alledem ist der sechste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Zum siebten Rechtsmittelgrund Vorbringen der Parteien 133 Mit seinem siebten Rechtsmittelgrund macht der Rechtsmittelführer geltend, das Gericht habe seinen Anspruch auf Ersatz des Schadens verkannt, den die Kommission durch die Bearbeitung seiner Anträge auf Zugang zu in ihrem Besitz befindlichen Dokumenten verursacht habe. 134 Nach Auffassung der Kommission ist dieser Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Würdigung durch den Gerichtshof 135 Der Rechtsmittelführer macht erstens geltend, das Gericht habe die von ihm angebotenen Beweise zu Unrecht zurückgewiesen. 136 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es allein Sache des Gerichts ist, zu entscheiden, ob die ihm in den Rechtssachen, mit denen es befasst ist, vorliegenden Informationen möglicherweise der Ergänzung bedürfen. Die Frage, ob die Verfahrensunterlagen beweiskräftig sind oder nicht, unterliegt seiner freien Würdigung des Sachverhalts, die sich nach ständiger Rechtsprechung der Überprüfung durch den Gerichtshof im Rahmen des Rechtsmittels entzieht, sofern kein Fall der Verfälschung von Tatsachen oder Beweisen vorliegt. 137 Der Rechtsmittelführer hat im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels lediglich vorgebracht, das Gericht hätte sich ein genaueres Bild von der Haftung der Kommission machen müssen, und wirft dem Gericht somit nicht vor, in den Rn. 261 bis 267 des angefochtenen Urteils Tatsachen oder Beweise verfälscht zu haben. 138 Zweitens trägt der Rechtsmittelführer vor, das Gericht habe bei der Beurteilung des Vorliegens eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Verhalten der Kommission bei der Bearbeitung seiner Anträge auf Zugang zu Dokumenten in ihrem Besitz und der Verschlechterung seines Gesundheitszustands Rechtsfehler begangen. 139 Das Gericht hat seine Feststellung, dass der Rechtsmittelführer das Vorliegen eines solchen Kausalzusammenhangs nicht nachgewiesen habe, in Rn. 264 des angefochtenen Urteils auf das vom Rechtsmittelführer vorgelegte Sachverständigengutachten und auf dessen Angaben gestützt, aus denen es ohne Verfälschung ableiten konnte, dass eine Auswirkung des Verhaltens der Kommission auf die Verschlechterung des Gesundheitszustands des Rechtsmittelführers nicht erwiesen ist. 140 Drittens hat das Gericht in Bezug auf die gerügte Verletzung des Rechts des Rechtsmittelführers, an der öffentlichen Debatte über die Transparenz teilzunehmen, in Rn. 265 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt, dass das Verhalten der Kommission im vorliegenden Fall darauf keinen Einfluss hatte, da die Konsultationsphase am 31. Juli 2007 endete und der Erstantrag auf Zugang zu Dokumenten erst am 20. Juni 2007 gestellt wurde. 141 Wie die Generalanwältin in Nr. 189 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, hätte die Kommission bei ordnungsgemäßer Inanspruchnahme der Verlängerung der Antwortfrist gemäß Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 den Erstantrag frühestens am 31. Juli 2007 beantworten müssen. Eine Beteiligung am Konsultationsprozess wäre zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich gewesen. 142 Somit ist der siebte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Zum achten Rechtsmittelgrund Vorbringen der Parteien 143 Mit seinem achten Rechtsmittelgrund trägt der Rechtsmittelführer vor, sein Antrag, der Kommission aufzugeben, ihm die Dokumente zu übermitteln, zu denen er unter Verletzung der Verordnung Nr. 1049/2001 keinen Zugang erhalten habe, sei vom Gericht zu Unrecht abgelehnt worden. 144 Nach Ansicht der Kommission ist dieser Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Würdigung durch den Gerichtshof 145 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann der Unionsrichter einem Unionsorgan grundsätzlich keine Anweisungen erteilen, ohne in die ausschließlichen Befugnisse der Verwaltung einzugreifen (vgl. Urteile Verzyck/Kommission, 225/82, EU:C:1983:165, Rn. 19, und Campogrande/Kommission, C‑62/01 P, EU:C:2002:248, Rn. 43). 146 Somit hat das Gericht in Rn. 90 des angefochtenen Urteils entgegen dem Vorbringen des Rechtsmittelführers zu Recht festgestellt, dass es gemäß Art. 264 AEUV nur die Möglichkeit hatte, die angefochtene Handlung für nichtig zu erklären. Soweit der Rechtsmittelführer sein Vorbringen auf Art. 266 AEUV stützt, ist darauf hinzuweisen, dass auch diese Bestimmung keine Möglichkeit vorsieht, den Organen Anweisungen zu erteilen. 147 Diese Feststellung wird durch das auf Art. 47 der Charta gestützte Vorbringen des Rechtsmittelführers nicht entkräftet, da dieser Artikel nicht darauf abzielt, das in den Verträgen vorgesehene Rechtsschutzsystem zu ändern (vgl. Urteil Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 97). 148 Somit ist der achte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Zum neunten Rechtsmittelgrund Vorbringen der Parteien 149 Mit seinem neunten Rechtsmittelgrund macht der Rechtsmittelführer geltend, das Gericht habe den Ausgang des bei ihm anhängigen Rechtsstreits verkannt, als es die Kommission verurteilt habe, ihre eigenen Kosten sowie zwei Drittel seiner Kosten zu tragen. 150 Nach Auffassung der Kommission ist dieser Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Würdigung durch den Gerichtshof 151 Nach Art. 58 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist ein nur gegen die Kostenentscheidung oder gegen die Kostenfestsetzung gerichtetes Rechtsmittel unzulässig. Außerdem sind nach ständiger Rechtsprechung Anträge, mit denen die Rechtswidrigkeit der Kostenentscheidung des Gerichts gerügt wird, in Anwendung dieser Bestimmung als unzulässig zurückzuweisen, wenn alle anderen Rechtsmittelgründe zurückgewiesen worden sind. 152 Da der Rechtsmittelführer mit seinen ersten acht Rechtsmittelgründen unterlegen ist, ist der neunte, die Kostenverteilung betreffende Rechtsmittelgrund für unzulässig zu erklären. Zur Klage vor dem Gericht 153 Nach Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs kann er, wenn er das Urteil des Gerichts aufhebt, den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist. Das ist hier der Fall. 154 Nach dem Vorstehenden ist nur über den Klagegrund des Rechtsmittelführers zu entscheiden, mit dem er die Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission begehrt, ihm den Zugang zum Auszug aus dem Register hinsichtlich der Entscheidungen über die Ablehnung von Zweitanträgen auf Zugang zu Dokumenten zu verweigern. 155 Dazu ergibt sich aus Rn. 43 des vorliegenden Urteils, dass das fragliche Register nicht eingerichtet wurde und die Kommission dem Antrag des Rechtsmittelführers daher nicht stattgeben konnte. Demnach ist seine Klage in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen. Kosten 156 Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet er über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist oder wenn es begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet. 157 Nach Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, trägt jede Partei ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Der Gerichtshof kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint. 158 Da Herr Strack mit seinem Vorbringen im Rahmen des Rechtsmittels und hinsichtlich des zweiten Rechtsmittelgrundes des Anschlussrechtsmittels unterlegen ist, sind ihm gemäß dem dahin gehenden Antrag der Kommission seine eigenen im Rahmen des vorliegenden Rechtszugs entstandenen Kosten und ein Drittel der der Kommission durch das vorliegende Verfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen. 159 Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs, in dem das angefochtene Urteil ergangen ist, ist festzustellen, dass die mit diesem Rechtszug verbundenen Kosten nach den in Nr. 7 des Tenors des angefochtenen Urteils festgelegten Modalitäten zu tragen sind. Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union Strack/Kommission (T‑392/07, EU:T:2013:8) wird aufgehoben, soweit das Gericht darin die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 24. Juli 2007 für nichtig erklärt hat. 2. Im Übrigen wird das Anschlussrechtsmittel zurückgewiesen. 3. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen. 4. Die Nichtigkeitsklage wird abgewiesen, soweit sie sich gegen die Entscheidung der Europäischen Kommission richtet, mit der der Zugang zum Auszug aus dem Register hinsichtlich der Entscheidungen über die Ablehnung von Zweitanträgen auf Zugang zu Dokumenten abgelehnt wurde. 5. Herr Guido Strack trägt seine eigenen im Rahmen des vorliegenden Rechtszugs entstandenen Kosten und ein Drittel der der Europäischen Kommission entstandenen Kosten. 6. Die Europäische Kommission trägt zwei Drittel ihrer durch das vorliegende Verfahren entstandenen Kosten. 7. Die Kosten im Zusammenhang mit dem Verfahren im ersten Rechtszug, in dem das Urteil Strack/Kommission (T‑392/07, EU:T:2013:8) ergangen ist, sind nach den in Nr. 7 des Tenors dieses Urteils festgelegten Modalitäten zu tragen. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Deutsch.
Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 16. September 2013.#Galp Energia España, SA u. a. gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Spanischer Markt für Hartbitumen – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Jährliche Vereinbarungen zur Marktaufteilung und Preisabsprache – Nachweis der Beteiligung am Kartell – Berechnung der Höhe der Geldbuße.#Rechtssache T‑462/07.
62007TJ0462
ECLI:EU:T:2013:459
2013-09-16T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2013 -00000
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Beschluss des Gerichts (Vierte Kammer) vom 20. Februar 2013.#Albergo Quattro Fontane Snc u.a. gegen Europäische Kommission.#Nichtigkeitsklage – Staatliche Beihilfen – Sozialbeitragsermäßigungen und ‑befreiungen zugunsten der Unternehmen im Stadtgebiet von Venedig und Chioggia – Entscheidung, mit der die Beihilferegelung für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und die Rückforderung der gewährten Beihilfen angeordnet wird – Klage, die offensichtlich jeder Rechtsgrundlage entbehrt.#Rechtssachen T‑278/00 bis T‑280/00, T‑282/00 bis T‑286/00 und T‑288/00 bis T‑295/00.
62000TO0278
ECLI:EU:T:2013:77
2013-02-20T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2013 -00000
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Urteil des Gerichts (Sechste erweiterte Kammer) vom 14. Juli 2011.#Arkema France SA gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb - Kartelle - Wasserstoffperoxid und Natriumperborat - Entscheidung, mir der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird - Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung - Begründungspflicht - Gleichbehandlung - Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung - Geldbußen - Mitteilung über Zusammenarbeit.#Rechtssache T-189/06.
62006TJ0189
ECLI:EU:T:2011:377
2011-07-14T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2011 II-05455
Rechtssache T‑189/06 Arkema France SA gegen Europäische Kommission „Wettbewerb – Kartelle – Wasserstoffperoxid und Natriumperborat – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung – Begründungspflicht – Gleichbehandlung – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Geldbußen – Mitteilung über Zusammenarbeit“ Leitsätze des Urteils 1.      Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien – Vermutung, dass eine Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf Tochtergesellschaften ausübt, deren Kapital sie zu 100 % hält (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2) 2.      Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien – Vermutung, dass eine Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf Tochtergesellschaften ausübt, deren Kapital sie zu 100 % hält (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2) 3.      Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Entscheidung über die Anwendung der Wettbewerbsregeln – An mehrere Adressaten gerichtete Entscheidung (Art. 81 EG, 82 EG und 253 EG) 4.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Abschreckender Charakter – Berücksichtigung der Größe und des Gesamtumsatzes des mit der Geldbuße belegten Unternehmens – Erheblichkeit – Anwendung eines Multiplikators auf den Ausgangsbetrag (Art. 81 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A) 5.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Nach anderen Bußgeldentscheidungen, bei denen der Gesichtspunkt der Tatwiederholung berücksichtigt wurde, ergangene Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem – Fehlen (Art. 81 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates) 6.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Nichtfestsetzung oder niedrigere Festsetzung der Geldbuße als Gegenleistung für die Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 18 und 23 Abs. 2; Mitteilung 2002/C 45/03 der Kommission, Nrn. 21 und 23 Buchst. b) 7.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Nichtfestsetzung oder niedrigere Festsetzung der Geldbuße als Gegenleistung für die Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 18 und 23 Abs. 2; Mitteilung 2002/C 45/03 der Kommission, Nrn. 21 und 23 Buchst. b) 8.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Berücksichtigung der Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens mit der Kommission außerhalb des durch die Mitteilung über Zusammenarbeit festgelegten Rahmens – Voraussetzungen – Grenzen (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23; Mitteilungen der Kommission 96/C 207/04, 98/C 9/03, Nr. 3, und 2002/C 45/03) 1.      Einer Muttergesellschaft kann das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft insbesondere dann zugerechnet werden, wenn die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen, die die beiden Rechtssubjekte verbinden. Dies liegt darin begründet, dass in einem solchen Fall die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit sind und damit ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden; demnach kann die Kommission eine Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten, ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachzuweisen wäre. In dem besonderen Fall, dass eine Muttergesellschaft 100 % des Gesellschaftskapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstoßen hat, kann zum einen diese Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben und besteht zum anderen eine widerlegliche Vermutung, dass diese Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt. Unter diesen Umständen genügt der Nachweis durch die Kommission, dass die Muttergesellschaft das gesamte Gesellschaftskapital der Tochtergesellschaft hält, um anzunehmen, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik dieses Tochterunternehmens ausübt. Die Kommission kann in der Folge dem Mutterunternehmen als Gesamtschuldner die Haftung für die Zahlung der gegen dessen Tochterunternehmen verhängten Geldbuße zuweisen, sofern die vom Mutterunternehmen, dem es obliegt, diese Vermutung zu widerlegen, vorgelegten Beweise nicht für den Nachweis ausreichen, dass sein Tochterunternehmen auf dem Markt eigenständig auftritt. Die Besitzverhältnisse am Kapital einer Tochtergesellschaft sind ein hinreichendes Kriterium für die genannte Vermutung, ohne dass die Kommission zusätzliche Indizien für die tatsächliche Einflussnahme der Muttergesellschaft beibringen müsste. Dieses Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass solche zusätzlichen Indizien in anderen Rechtssachen festgestellt wurden. Hat die Kommission die Tatsache, dass eine Muttergesellschaft das gesamte oder nahezu gesamte Kapital einer Tochtergesellschaft kontrolliert, als ausreichend angesehen, um diese Vermutung gegenüber allen Adressaten einer Bußgeldentscheidung wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln aufzustellen, und fehlt es an einer Darlegung, die diese Vermutung widerlegt, bedeutet der Umstand, dass die Kommission in Bezug auf einige der Adressaten dieser Entscheidung zusätzliche Indizien angeführt hat, um die Schlussfolgerung, die sich bereits aus der vollständigen Kontrolle über das Kapital der Tochtergesellschaft ergab, zu bekräftigen oder um auf das Vorbringen der betroffenen Unternehmen einzugehen, nicht, dass die Kommission nicht auf alle Adressaten die gleichen Grundsätze angewandt hätte und der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt wäre. (vgl. Randnrn. 31-34, 46-47, 52-53, 59) 2.      Stützt sich die Kommission auf die Vermutung eines bestimmenden Einflusses, um eine Zuwiderhandlung der Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft zuzurechnen, hat diese Muttergesellschaft Beweise vorzulegen, die für den Nachweis ausreichen, dass ihre Tochtergesellschaft auf dem Markt eigenständig auftritt. Insoweit sind sämtliche im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Verbindungen der Tochtergesellschaft zur Muttergesellschaft relevanten Gesichtspunkte, die von Fall zu Fall variieren können, zu berücksichtigen. Diese Bewertung ist jedoch nicht nur auf die Faktoren zu beschränken, die sich auf die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft im engen Sinne, wie die Vertriebs- oder Preisstrategie, beziehen. Insbesondere kann die fragliche Vermutung nicht allein dadurch widerlegt werden, dass dargetan wird, dass das Tochterunternehmen diese spezifischen Aspekte seiner Geschäftspolitik selbst in der Hand hat, ohne insoweit Weisungen zu erhalten. Allein der Umstand, dass eine Gesellschaft eine Holding ist, die nicht operativ tätig ist, reicht nicht aus, um auszuschließen, dass sie vor allem bei der Koordinierung der Finanzanlagen innerhalb der Unternehmensgruppe einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft genommen hätte. Im Kontext einer Unternehmensgruppe ist eine Holding nämlich eine Gesellschaft, die vor allem die Beteiligungen an verschiedenen Gesellschaften bündeln und als deren Leitungsinstanz fungieren soll. Außerdem reicht die Aufgabenverteilung, die in einer Unternehmensgruppe ein normales Phänomen darstellt, nicht aus, um diese Vermutung eines bestimmenden Einflusses zu widerlegen. In Bezug auf das Fehlen eines Informationssystems zwischen der Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft kann der Umstand, dass die Tochtergesellschaft zugunsten ihrer Muttergesellschaft nie eine spezifische Informationspolitik auf dem betreffenden Markt verfolgte, nicht als Beweis ihrer Eigenständigkeit ausreichen, da sich die Eigenständigkeit einer Tochtergesellschaft nicht nur nach den Aspekten der operativen Führung des Unternehmens beurteilt. (vgl. Randnrn. 67-69, 74, 76, 78) 3.      Die nach Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung muss der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. Betrifft eine Entscheidung zur Anwendung von Art. 81 EG eine Mehrzahl von Adressaten und stellt sich die Frage, wem die Zuwiderhandlung zuzurechnen ist, so muss die Entscheidung im Hinblick auf jeden der Adressaten, insbesondere aber im Hinblick auf diejenigen hinreichend begründet sein, denen in der Entscheidung die Zuwiderhandlung zugerechnet wird. Daher muss eine solche Entscheidung hinsichtlich einer Muttergesellschaft, die gesamtschuldnerisch für die Zuwiderhandlung verantwortlich gehalten wird, eine eingehende Darstellung der Gründe enthalten, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, dieser Gesellschaft die Zuwiderhandlung zuzurechnen. Stützt sich die Kommission auf die Vermutung, dass eine Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt, und haben die betreffenden Gesellschaften im Verwaltungsverfahren Anhaltspunkte vorgebracht, mit denen diese Vermutung widerlegt werden sollte, so muss die Entscheidung eine hinreichende Darstellung der Gründe enthalten, die den Standpunkt der Kommission gerechtfertigt erscheinen lassen, dass diese Anhaltspunkte nicht ausreichend waren, um die genannte Vermutung zu widerlegen. Die Kommission braucht jedoch nicht auf alle Argumente einzugehen, die die Betroffenen vor ihr geltend gemacht haben. Daher kann ihr nicht vorgeworfen werden, nicht jedes einzelne von einem Unternehmen vorgetragene Argument präzise beantwortet zu haben. Eine globale Antwort kann nämlich nach den Umständen des konkreten Falles ausreichend sein, damit das Unternehmen seine Interessen sachgerecht wahrnehmen und das Gericht seine Kontrolle ausüben kann. (vgl. Randnrn. 89-91, 96) 4.      Die Kommission verfügt über einen Ermessensspielraum bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße, um das Verhalten der Unternehmen auf die Einhaltung der Wettbewerbsregeln auszurichten. Bei der Bemessung der Geldbuße muss sie sicherstellen, dass diese eine abschreckende Wirkung entfaltet, und darf hierbei vor allem die Größe und Wirtschaftskraft des fraglichen Unternehmens berücksichtigen. Die Notwendigkeit, sicherzustellen, dass die Geldbuße eine hinreichende Abschreckungswirkung entfaltet, verlangt, dass die Geldbuße angepasst wird, damit sie in Einklang mit den Anforderungen, die sich aus der Notwendigkeit, ihre Wirksamkeit zu gewährleisten, und der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ergeben, insbesondere im Hinblick auf die Finanzkraft des betreffenden Unternehmens weder zu niedrig noch zu hoch ausfällt. Es ist vor allem die Möglichkeit des betroffenen Unternehmens, die zur Zahlung seiner Geldbuße erforderlichen Mittel leichter aufbringen zu können, die im Hinblick auf eine hinreichende Abschreckungswirkung der Geldbuße die Anwendung eines Multiplikators rechtfertigen kann. Insoweit ist die Kommission nicht verpflichtet, eine Verbindung zwischen der Verwendung der Ressourcen des betroffenen Unternehmens und der betreffenden Zuwiderhandlung nachzuweisen, sondern darf zu Recht die Größe des Gesamtunternehmens berücksichtigen. Da sich die von der Kommission vorgenommene Erhöhung zu Recht auf die Größe des betroffenen Unternehmens stützt und die im Rahmen der Zuwiderhandlung verwendeten Ressourcen kein relevantes Kriterium sind, kann die Vornahme der Erhöhung, nur weil sie die zuwiderhandelnden Unternehmen nicht nach diesem Kriterium unterscheidet, keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz darstellen. Außerdem kann eine Erhöhung nicht als unverhältnismäßig im Hinblick auf den Abschreckungszweck betrachtet werden, wenn sie angesichts der Größe des betreffenden Unternehmens, die durch die weltweit besonders bedeutenden Umsätze bestätigt werden, in vollem Umfang gerechtfertigt ist. (vgl. Randnrn. 113-115, 117-120) 5.      Die Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem hängt von der dreifachen Voraussetzung der Identität des Sachverhalts, des Zuwiderhandelnden und des geschützten Rechtsguts ab. Dieser Grundsatz verbietet es somit, dieselbe Person mehr als einmal wegen desselben rechtswidrigen Verhaltens zum Schutz desselben Rechtsguts mit einer Sanktion zu belegen. Weil jedoch die Berücksichtigung früherer Zuwiderhandlungen in einer Entscheidung durch die Kommission nicht diese Zuwiderhandlungen erneut ahnden, sondern lediglich das betreffende Unternehmen wegen seiner Beteiligung an dem in dieser Entscheidung bezeichneten Kartell unter Berücksichtigung seines Verhaltens als Wiederholungstäter ahnden soll, führt die Berücksichtigung der gleichen Zuwiderhandlungen in früheren Entscheidungen nicht zu einer Verletzung des Grundsatzes ne bis in idem. (vgl. Randnrn. 127-128) 6.      Aus den Nrn. 21 und 23 der Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen geht hervor, dass ein Unternehmen, um eine Ermäßigung der Geldbuße beanspruchen zu können, der Kommission Beweismittel liefern muss, die einen erheblichen Mehrwert gegenüber den Beweismitteln darstellen, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits in ihrem Besitz befanden. Ferner muss die Kommission für die Anwendung der in Nr. 23 Buchst. b dieser Mitteilung über Zusammenarbeit vorgesehenen Bandbreiten für die Ermäßigung der Geldbuße den Zeitpunkt bestimmen, zu dem das Unternehmen diese Voraussetzung erfüllt hat. Diese Auslegung wird durch den Aufbau der von der fraglichen Mitteilung vorgesehenen Regelung bestätigt, die für das „erste“, das „zweite“ und „jedes weitere“ Unternehmen, das die fraglichen Voraussetzungen erfüllt, drei unterschiedliche Bandbreiten für die Ermäßigung vorsieht und damit voraussetzt, dass die Kommission den genauen Zeitpunkt bestimmt, zu dem das betroffene Unternehmen die Voraussetzungen für die Ermäßigung der Geldbuße erfüllt, indem sie die vorgelegten Beweismittel mit denjenigen vergleicht, die sich zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits in ihrem Besitz befanden. Die Kommission stützt sich zu Recht zum einen auf dieses zeitliche Kriterium und zum anderen auf den Umfang des Mehrwerts der Beiträge der Unternehmen, wenn sie nach Maßgabe der in Nr. 21 dieser Mitteilung bestimmten Voraussetzung prüft, ob die vorgelegten Beweismittel einen erheblichen Mehrwert gegenüber den Beweismitteln haben, die sich zum Zeitpunkt des jeweiligen Antrags bereits in ihrem Besitz befanden. Dieser Ansatz, der sowohl den zeitlichen wie den qualitativen Aspekt des Beitrags berücksichtigt und das Unternehmen belohnt, das als erstes die Voraussetzungen für die Ermäßigung erfüllt hat, entspricht den Zielen dieser Mitteilung, da sie den kooperationswilligen Unternehmen einen Anreiz bietet, sich möglichst früh an der Untersuchung dadurch zu beteiligen, dass sie in ihrem ersten Antrag sämtliche ihnen zur Verfügung stehenden Beweismittel vorlegen. Dadurch, dass sie einen Anreiz schafft, die Schwelle zum erheblichen Mehrwert schon im ersten Antrag zu überschreiten, kann sie insbesondere ausschließen, dass das Unternehmen, das einen Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung stellt, seine Zusammenarbeit stückweise auf das gesamte Verfahren verteilt. Da zudem die Mitteilung über Zusammenarbeit auf einem Ansatz beruht, der die Festlegung einer genauen zeitlichen Reihenfolge der Anträge gemäß den Zielen der Transparenz und Rechtssicherheit erforderlich macht, kann ihre Anwendung nicht unterschiedlich ausfallen, je nachdem, ob der Zeitraum zwischen den Anträgen kurz oder lang ist. (vgl. Randnrn. 146-148, 153-155) 7.      Zwar kann die Kommission im Rahmen ihrer Beurteilung der Kooperation von Mitgliedern eines Kartells den Grundsatz der Gleichbehandlung nicht außer Acht lassen, sie verfügt aber über ein weites Ermessen bei der Beurteilung der Qualität und des Nutzens der von einem bestimmten Unternehmen geleisteten Zusammenarbeit. Daher kann nur ein offensichtlicher Beurteilungsfehler der Kommission beanstandet werden. (vgl. Randnr. 168) 8.      Bei Zuwiderhandlungen, die in den Anwendungsbereich der Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen fallen, kann der Betroffene der Kommission grundsätzlich nicht mit Erfolg vorwerfen, dass sie den Umfang seiner Zusammenarbeit nicht außerhalb des rechtlichen Rahmens der Mitteilung über Zusammenarbeit als mildernden Umstand berücksichtigt habe. Wenn die Kommission die Zusammenarbeit eines Unternehmens berücksichtigte, indem sie die Geldbuße gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit herabsetzte, kann ihr daher nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, die gegen das Unternehmen verhängte Geldbuße nicht zusätzlich außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Mitteilung herabgesetzt zu haben. (vgl. Randnrn. 178-179) URTEIL DES GERICHTS (Sechste erweiterte Kammer) 14. Juli 2011(*) „Wettbewerb – Kartelle – Wasserstoffperoxid und Natriumperborat – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung – Begründungspflicht – Gleichbehandlung – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Geldbußen – Mitteilung über Zusammenarbeit“ In der Rechtssache T‑189/06 Arkema France SA mit Sitz in Colombes (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: zunächst A. Winckler, S. Sorinas Jimeno und P. Geffriaud, dann Sorinas Jimeno und E. Jégou, avocats, Klägerin, gegen Europäische Kommission, vertreten zunächst durch F. Arbault und O. Beynet, dann durch V. Bottka, P. J. Van Nuffel und B. Gencarelli als Bevollmächtigte, Beklagte, wegen teilweiser Nichtigerklärung der Entscheidung K(2006) 1766 endg. der Kommission vom 3. Mai 2006 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/F/38.620 – Wasserstoffperoxid und Perborat), soweit diese die Klägerin betrifft, hilfsweise Nichtigerklärung oder Ermäßigung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße, erlässt DAS GERICHT (Sechste erweiterte Kammer) unter Mitwirkung der Richter V. Vadapalas (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten, M. Prek, A. Dittrich, L. Truchot und K. O’Higgins, Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. September 2010 folgendes Urteil Sachverhalt 1        Die Klägerin, die Arkema France SA (vormals Atofina SA), ist eine Gesellschaft französischen Rechts, die zur Zeit des Sachverhalts u. a. Wasserstoffperoxid (im Folgenden: HP) und Natriumperborat (im Folgenden: PBS) vertrieb. 2        In der Zeit zwischen dem Beginn der Zuwiderhandlung und April 2000 war Hauptaktionärin der Klägerin mit einem Anteil von 97,5 % die Elf Aquitaine SA. Seit April 2000 wurde die Klägerin zu 96,48 % von Elf Aquitaine gehalten, die selbst zu 99,43 % von der Total SA gehalten wurde. 3        Im November 2002 teilte die Degussa AG der Kommission der Europäischen Gemeinschaften das Bestehen eines Kartells auf dem HP- und dem PBS-Markt mit und beantragte die Anwendung der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit). 4        Degussa legte der Kommission konkrete Beweise vor, aufgrund deren diese am 25. und 26. März 2003 Nachprüfungen in den Geschäftsräumen von drei Unternehmen, darunter denen der Klägerin, durchführen konnte. 5        Im Anschluss an diese Nachprüfungen beantragten mehrere Unternehmen, u. a. die EKA Chemicals AB, die Klägerin und die Solvay SA, die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit und übermittelten der Kommission Beweise für das fragliche Kartell. 6        Am 26. Januar 2005 übersandte die Kommission der Klägerin und den anderen betroffenen Unternehmen eine Mitteilung der Beschwerdepunkte. 7        Nach Anhörung der betroffenen Unternehmen am 28. und 29. Juni 2005 erließ die Kommission die Entscheidung K(2006) 1766 endg. vom 3. Mai 2006 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen gegen Akzo Nobel NV, Akzo Nobel Chemicals Holding AB, EKA Chemicals, Degussa, Edison SpA, FMC Corp., FMC Foret SA, Kemira Oyj, L’Air liquide SA, Chemoxal SA, SNIA SpA, Caffaro Srl, Solvay SA, Solvay Solexis SpA, Total, Elf Aquitaine und die Klägerin (Sache COMP/F/38.620 – Wasserstoffperoxid und Perborat) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), von der eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 13. Dezember 2006 (ABl. L 353, S. 54) veröffentlicht wurde. Die Entscheidung wurde der Klägerin mit Schreiben vom 8. Mai 2006 bekannt gegeben. Angefochtene Entscheidung 8        Die Kommission führte in der angefochtenen Entscheidung aus, dass deren Adressaten in Bezug auf HP und das nachgelagerte PBS an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) teilgenommen hätten (zweiter Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 9        Die festgestellte Zuwiderhandlung umfasste vor allem den Austausch geschäftlich wichtiger und vertraulicher Markt- und/oder Unternehmensinformationen durch die Wettbewerber, die Einschränkung und Kontrolle der Produktion und der potenziellen und vorhandenen Produktionskapazitäten, die Aufteilung der Marktanteile und der Kunden sowie die Festsetzung und Überwachung der Einhaltung von Zielpreisen. 10      Die Klägerin, Total und Elf Aquitaine wurden für die Zuwiderhandlung „gesamtschuldnerisch“ verantwortlich gemacht (441. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 11      Zur Berechnung der Höhe der Geldbußen wandte die Kommission das Verfahren an, das in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 [KS] festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), festgelegt ist. 12      Die Kommission setzte die Grundbeträge der Geldbußen nach Maßgabe der Schwere und Dauer des Verstoßes fest (452. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), wobei dieser als sehr schwer eingestuft wurde (457. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 13      Aufgrund einer differenzierten Behandlung wurden die Klägerin, Total und Elf Aquitaine der dritten Gruppe zugeordnet, was einem Ausgangsbetrag von 20 Mio. Euro entspricht (Erwägungsgründe 460 bis 462 der angefochtenen Entscheidung). 14      Um eine hinreichend abschreckende Wirkung sicherzustellen, wurde in Anbetracht des bedeutenden Umsatzes der Muttergesellschaften der Gruppe, d. h. Elf Aquitaine und Total, auf diesen Ausgangsbetrag ein Multiplikator von 3 angewandt (463. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 15      Da die Klägerin nach Auffassung der Kommission vom 12. Mai 1995 bis 31. Dezember 2000, d. h. während eines Zeitraums von fünf Jahren und sieben Monaten, an der Zuwiderhandlung beteiligt war, wurde der Betrag ihrer Geldbuße um 55 % wegen der Dauer erhöht (467. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Diese Erhöhung erfolgte nicht bei der Geldbuße, die auf Total entfiel, deren Verantwortlichkeit für die in Rede stehende Zuwiderhandlung für den Zeitraum vom 30. April bis zum 31. Dezember 2000 berücksichtigt wurde (468. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 16      Da in Bezug auf die Zuwiderhandlungen, die in ihrer Entscheidung 85/74/EWG vom 23. November 1984 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 des EWG-Vertrags (IV/30.907 – Peroxyd-Produkte) (ABl. 1985, L 35, S. 1) und ihrer Entscheidung 94/599/EG vom 27. Juli 1994 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 des EG-Vertrags (IV/31.865 – PVC) (ABl. L 239, S. 14) festgestellt worden waren, ein Wiederholungsfall vorlag, berücksichtigte die Kommission bei der Klägerin einen erschwerenden Umstand. Die Kommission erhöhte daher den Grundbetrag der auf die Klägerin entfallenden Geldbuße um 50 % des Grundbetrags, der auf sie angewandt worden wäre, wenn die Muttergesellschaften der Gruppe nicht Adressaten der angefochtenen Entscheidung gewesen wären (Erwägungsgründe 469 bis 471 und Fn. 409 der angefochtenen Entscheidung). 17      Die Kommission war der Ansicht, dass die Klägerin das zweite Unternehmen gewesen sei, das die Voraussetzungen unter Nr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit erfüllt habe, und gewährte ihr daher eine Ermäßigung der Geldbuße von 30 %, wobei diese Ermäßigung auf den Gesamtbetrag der gegen die Klägerin, Total und Elf Aquitaine festgesetzten Geldbuße angewandt wurde (Erwägungsgründe 509 bis 514 und 529 der angefochtenen Entscheidung). 18      Art. 1 Buchst. o bis q der angefochtenen Entscheidung bestimmt, dass die drei Unternehmen gegen Art. 81 Abs. 1 EG sowie gegen Art. 53 EWR-Abkommen verstoßen haben, indem sie sich an der betreffenden Zuwiderhandlung beteiligt haben, und zwar Total vom 30. April bis zum 31. Dezember 2000 sowie die Klägerin und Elf Aquitaine vom 12. Mai 1995 bis zum 31. Dezember 2000. 19      Art. 2 Buchst. i der angefochtenen Entscheidung verhängt gegen die Klägerin eine Geldbuße von 78,663 Mio. Euro, für die Total und Elf Aquitaine in Höhe von 42 Mio. Euro bzw. 65,1 Mio. Euro gesamtschuldnerisch haften. Verfahren und Anträge der Parteien 20      Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 18. Juli 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben. 21      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Sechsten Kammer zugeteilt worden, und nach Anhörung der Parteien ist die vorliegende Rechtssache der Sechsten erweiterten Kammer zugewiesen worden. 22      Da zwei Mitglieder der erweiterten Kammer an der weiteren Mitwirkung am Verfahren gehindert waren, hat der Präsident des Gerichts gemäß Art. 32 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts zwei andere Richter bestimmt, durch die die Kammer ergänzt wird. 23      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Die Parteien haben in der Sitzung vom 3. September 2010 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 24      Die Klägerin beantragt, –        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit sie die Klägerin betrifft; –        hilfsweise, die gegen sie verhängte Geldbuße für nichtig zu erklären oder herabzusetzen; –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 25      Die Kommission beantragt, –        die Klage abzuweisen; –        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 26      Die Klägerin stützt ihre Klage im Wesentlichen auf sechs Klagegründe: erstens auf einen Verstoß gegen die Regeln über die Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft und gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, zweitens auf Sachverhaltsirrtümer bezüglich der Zurechnung der Zuwiderhandlung an Total und Elf Aquitaine, drittens auf einen Verstoß gegen die Begründungspflicht und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, viertens auf Rechtsfehler und Sachverhaltsirrtümer bezüglich der Erhöhung der Geldbuße zu Abschreckungszwecken, fünftens auf Rechtsfehler und Sachverhaltsirrtümer bezüglich der Erhöhung der Geldbuße wegen Tatwiederholung und sechstens auf Rechtsfehler und Sachverhaltsirrtümer bezüglich der Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit. Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Vorschriften über die Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft und gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung Vorbemerkungen 27      Das Wettbewerbsrecht der Union betrifft die Tätigkeit von Unternehmen, und der Begriff des Unternehmens umfasst jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, C‑97/08 P, Slg. 2009, I‑8237, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). 28      Der Gerichtshof hat ferner klargestellt, dass in diesem Zusammenhang unter dem Begriff des Unternehmens eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen ist, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird (Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 27 angeführt, Randnr. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung). 29      Verstößt eine solche wirtschaftliche Einheit gegen die Wettbewerbsregeln, hat sie nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für diese Zuwiderhandlung einzustehen (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 27 angeführt, Randnr. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung). 30      Die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft muss eindeutig einer juristischen Person zugerechnet werden, gegen die Geldbußen festgesetzt werden können, und die Mitteilung der Beschwerdepunkte muss an diese gerichtet werden. In der Mitteilung der Beschwerdepunkte muss auch angegeben werden, in welcher Eigenschaft einer juristischen Person die behaupteten Tatsachen zur Last gelegt werden (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 27 angeführt, Randnr. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). 31      Nach ständiger Rechtsprechung kann einer Muttergesellschaft das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft insbesondere dann zugerechnet werden, wenn die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen, die die beiden Rechtssubjekte verbinden (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 27 angeführt, Randnr. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). 32      Dies liegt darin begründet, dass in einem solchen Fall die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit sind und damit ein Unternehmen im oben genannten Sinne bilden. Weil eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, kann die Kommission demnach eine Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten, ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachzuweisen wäre (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 27 angeführt, Randnr. 59). 33      Der Gerichtshof hat auch entschieden, dass in dem besonderen Fall, dass eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft verstoßen hat, zum einen diese Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben kann und zum anderen eine widerlegliche Vermutung besteht, dass diese Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 27 angeführt, Randnr. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung). 34      Der Gerichtshof hat daher klargestellt, dass unter diesen Umständen der Nachweis durch die Kommission genügt, dass die Muttergesellschaft das gesamte Kapital der Tochtergesellschaft hält, um anzunehmen, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik dieses Tochterunternehmens ausübt. Die Kommission kann in der Folge dem Mutterunternehmen als Gesamtschuldner die Haftung für die Zahlung der gegen dessen Tochterunternehmen verhängten Geldbuße zuweisen, sofern die vom Mutterunternehmen, dem es obliegt, diese Vermutung zu widerlegen, vorgelegten Beweise nicht für den Nachweis ausreichen, dass sein Tochterunternehmen auf dem Markt eigenständig auftritt (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 27 angeführt, Randnr. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). 35      Die Kommission hat vorliegend in den Erwägungsgründen 370 bis 379 der angefochtenen Entscheidung unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts ihre Grundsätze für die Feststellung der Adressaten der angefochtenen Entscheidung zusammengefasst. 36      Sie wies u. a. darauf hin, dass eine Muttergesellschaft für verantwortlich für das rechtswidrige Verhalten eines Tochterunternehmens gehalten werden müsse, sofern dieses sein Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen die Weisungen ausgeführt habe, die ihm von der Muttergesellschaft auferlegt worden seien. Sie habe vor allem vermuten können, dass ein 100%iges Tochterunternehmen im Wesentlichen die ihm von der Muttergesellschaft gegebenen Weisungen ausführe; diese könne die Vermutung durch den Gegenbeweis entkräften (374. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 37      In Bezug auf die Verantwortlichkeit von Elf Aquitaine stellte die Kommission fest, dass diese 98 % des Kapitals der Klägerin gehalten habe und stets die Mitglieder deren Verwaltungsrats ernannt habe. Sie vermutete daher, dass Elf Aquitaine einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten der Klägerin ausgeübt habe (427. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 38      In Bezug auf Total wies die Kommission darauf hin, dass Total im April 2000 die Kontrolle über 99,43 % des Kapitals von Elf Aquitaine erworben habe, dass jene unmittelbar oder mittelbar das Kapital der Konzerngesellschaft kontrolliert habe, die bei den Zuwiderhandlungen eine unmittelbare Rolle gespielt habe, und dass die Kommission angesichts dieser Umstände die Ausübung eines bestimmenden Einflusses von Total auf das Verhalten von Elf Aquitaine und der Klägerin, ihren Tochtergesellschaften, vermutet habe (Erwägungsgründe 428 und 429 der angefochtenen Entscheidung). 39      In den Erwägungsgründen 430 bis 432 der angefochtenen Entscheidung legte die Kommission dar, mit welchen Argumenten sich die Klägerin sowie Total und Elf Aquitaine dagegen gewandt hatten, dass die Zuwiderhandlung den Letzteren zugerechnet worden war; sie prüfte die Argumente in den Erwägungsgründen 433 bis 440 der angefochtenen Entscheidung. 40      Im 441. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung bestätigte die Kommission ihre Schlussfolgerung, dass die Klägerin, Total und Elf Aquitaine ein einheitliches Unternehmen gebildet hätten, und bejahte deren Verantwortlichkeit für die in Rede stehende Zuwiderhandlung, wobei klargestellt wurde, dass Total für die Zuwiderhandlung erst ab dem Zeitpunkt hafte, zu dem sie die Kontrolle über das Kapital von Elf Aquitaine erworben habe, also für den Zeitraum vom 30. April bis 31. Dezember 2000. 41      Die Klägerin widerspricht dieser Beurteilung und erhebt im Wesentlichen zwei Rügen, die auf einen Verstoß gegen die Vorschriften über die Zurechenbarkeit und einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung gestützt werden. Zum angeblichen Verstoß gegen die Vorschriften über die Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft 42      In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie nicht die Feststellung der in Rede stehenden Zuwiderhandlung angreife, sondern sich nur dagegen wende, dass die Zuwiderhandlung Total und Elf Aquitaine zugrechnet würde, da diese Zurechnung Auswirkungen auf die Höhe der Geldbuße gehabt habe. 43      Sie führt im Wesentlichen aus, der Besitz des gesamten – und erst recht des nahezu gesamten – Kapitals der Tochtergesellschaft lasse für sich genommen nicht automatisch den Schluss zu, dass die Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf die Tochtergesellschaft ausübe, und erlaube nicht, der Muttergesellschaft die Verantwortung für die von der Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung zuzurechnen. Die Kommission habe einen Rechtsfehler begangen, indem sie den Muttergesellschaften der Klägerin allein aufgrund der Vermutung, die an deren Besitz des nahezu gesamten Kapitals geknüpft sei, die Verantwortung für die Zuwiderhandlung zugerechnet habe. 44      Hierzu ist festzustellen, dass die Methode, die die Kommission anwandte, um Total und Elf Aquitaine die streitige Zuwiderhandlung zuzurechnen, mit der oben in den Randnrn. 27 bis 34 angeführten Rechtsprechung im Einklang steht, soweit sie auf die fragliche Vermutung gestützt wird. 45      Zum einen wurde diese Zurechnung, anders als die Klägerin anzudeuten scheint, nicht allein auf die Struktur des Kapitalbesitzes gestützt, sondern auch auf die Feststellung, dass die Vermutung eines bestimmenden Einflusses nicht widerlegt worden war (vgl. insbesondere die Erwägungsgründe 437 und 441 der angefochtenen Entscheidung). 46      Zum anderen ergibt sich aus der genannten Rechtsprechung (vgl. insbesondere oben, Randnrn. 33 und 34), dass die Besitzverhältnisse am Kapital einer Tochtergesellschaft ein hinreichendes Kriterium für die genannte Vermutung sind, ohne dass die Kommission zusätzliche Indizien für die tatsächliche Einflussnahme der Muttergesellschaft beibringen müsste, wie die Klägerin es verlangt. 47      Dieses Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass solche zusätzlichen Indizien in der Rechtssache festgestellt wurden, die zum Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission (T‑112/05, Slg. 2007, II‑5049, Randnrn. 13 und 54), führte. Sowohl aus dem Urteil vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission (Randnrn. 61 f.), als auch aus dem Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 27 angeführt (Randnrn. 61 f.), ergibt sich nämlich eindeutig, dass die Anwendung der in Rede stehenden Vermutung nicht davon abhängt, dass solche Indizien vorliegen. Auch ist nicht erforderlich, dass die Kommission insoweit beweist, dass die Muttergesellschaft zur maßgebenden Zeit Kenntnis von der Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft hatte. 48      Es ist noch darauf hinzuweisen, dass die oben genannte Rechtsprechung speziell den besonderen Fall betrifft, in dem eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals der Tochtergesellschaft besitzt (Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 27 angeführt, Randnr. 60). Im vorliegenden Fall jedoch besaßen Total und Elf Aquitaine nicht das gesamte Kapital der Klägerin (vgl. oben, Randnr. 2). 49      Die Klägerin hat jedoch nichts vorgetragen, das sich darauf stützen würde, dass die Beteiligungen von Total und Elf Aquitaine keine 100 % erreichten. Sie hat in der mündlichen Verhandlung vielmehr ausgeführt, sie mache nicht geltend, dass der genannte Umstand „die Dinge im Hinblick auf die rechtliche Kontrolle [der Tochtergesellschaft] grundlegend ändert“, und hat damit erklärt, dass sie keine Einwände gegen die Anwendung derselben Beweislastregelungen im Fall der vollständigen Kontrolle und der nahezu vollständigen Kontrolle des Kapitals erhebt. 50      Die vorliegende Rüge ist somit zurückzuweisen. Zum angeblichen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung 51      Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe dadurch, dass sie sich in Bezug auf ihre Muttergesellschaften nur auf die in Rede stehende Vermutung gestützt habe, bei der Beweiserhebung eine „ungerechtfertigte Diskriminierung“ vorgenommen. Die Klägerin sei die einzige Tochtergesellschaft gewesen, bei der die Kommission sich nur auf die Vermutung berufen habe, während sie in Bezug auf die sonstigen betroffenen Unternehmen zusätzliche Anhaltspunkte für die Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch die Muttergesellschaften beigebracht habe. 52      Insoweit ergibt sich aus den Erwägungsgründen 370 bis 379 der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission für alle Adressaten dieselbe Regel berücksichtigte, wonach die Kontrolle über das gesamte oder nahezu gesamte Kapital der Tochtergesellschaft genügt, um eine widerlegliche Vermutung zu begründen, aufgrund deren die Verantwortlichkeit der Muttergesellschaft zugerechnet werden kann. Die fragliche Vermutung wurde tatsächlich sowohl auf den Total-Konzern als auch auf die sonstigen von der angefochtenen Entscheidung erfassten Unternehmensgruppen angewandt. 53      Der Umstand, dass sich die Kommission in Bezug auf bestimmte Adressaten der angefochtenen Entscheidung, nämlich Akzo Nobel, FMC, L’Air liquide, SNIA und Edison, über die Vermutung hinaus auf bestimmte zusätzliche Indizien für den von Muttergesellschaften ausgeübten bestimmenden Einfluss berief, kann nicht bedeuten, dass die angewandten Grundsätze nicht für alle Adressaten dieselben waren. 54      Bezüglich Akzo Nobel nämlich ergibt sich aus dem 384. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass, „[d]a [diese] EKA [Chemicals] zu 100 % kontrolliert, … die Kommission der Ansicht [ist], dass [sie] einen bestimmenden Einfluss auf EKA [Chemicals] ausübte, denn es wurde kein Anhaltspunkt vorgebracht, durch den diese Vermutung widerlegt werden konnte“. Dieser Erwägung steht nicht entgegen, dass sich die Kommission im 385. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu ihrer Bestätigung auf bestimmte zusätzliche Indizien bezog. 55      Bezüglich FMC führte die Kommission aus, dass sie die Schlussfolgerung hinsichtlich der Verantwortlichkeit von FMC daraus gezogen habe, „dass FMC Forest eine Tochtergesellschaft ist, die (mittelbar) zu 100 % von FMC beherrscht wird“ (390. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Diese Erwägung lässt den Umstand unberührt, dass die Kommission im 391. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ein zusätzliches Indiz für den bestimmenden Einfluss heranzog, den FMC auf ihre Tochtergesellschaft ausübte. 56      Bezüglich L’Air liquide stellte die Kommission im 403. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest, dass, „[d]a [jene] zur Zeit der Zuwiderhandlung 100 % des Kapitals von Chemoxal hielt und befugt war, die Mitglieder des Verwaltungsrats von Chemoxal zu ernennen, [die Kommission] vermutete …, dass [L’Air liquide] einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft … ausübte“. Die Kommission erläuterte diese Feststellung, indem sie im 405. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausführte, dass „[d]ie 100 %ige Kapitalbeteiligung … eine Vermutung [begründet], die durch den Nachweis widerlegt werden kann, dass … die Tochtergesellschaft … unabhängig ist“. 57      Bezüglich SNIA ergibt sich aus dem 411. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass die Verantwortlichkeit von SNIA bejaht wurde, weil sie mit der Gesellschaft fusionierte, die die 100%ige Muttergesellschaft des Unternehmens war, das unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligt war; dieser Fall ist daher nicht mit dem der Klägerin vergleichbar. 58      Bezüglich Edison schließlich führte die Kommission im 418. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung aus, dass „[wenn] die Vermutung nicht widerlegt worden [ist], … die 100 %ige Kapitalbeteiligung [von der Rechtsprechung] als hinreichender Nachweis angesehen [worden ist]“. Ferner zog die Kommission in den Erwägungsgründen 419 bis 421 der angefochtenen Entscheidung bestimmte zusätzliche Gesichtspunkte heran und führte aus, diese widersprächen dem Vorbringen von Edison über die Eigenständigkeit ihrer Tochtergesellschaft. 59      Aus den vorstehend genannten Erwägungsgründen der angefochtenen Entscheidung ergibt sich somit, dass die Kommission im Hinblick auf alle Adressaten der angefochtenen Entscheidung der Ansicht war, dass einer Muttergesellschaft, die das gesamte oder nahezu gesamte Kapital einer Tochtergesellschaft kontrolliert, mangels Darlegung, die die insoweit bestehende Vermutung widerlegt, die Verantwortlichkeit zugerechnet werden kann; zusätzliche Indizien für einen Einfluss, den eine Reihe betroffener Gesellschaften auf ihre Tochtergesellschaften ausübten, wurden, soweit es solche gab, angeführt, um die Schlussfolgerung, die sich bereits aus der vollständigen Kontrolle über das Kapital der Tochtergesellschaft ergab, zu bekräftigen oder um auf das Vorbringen der betroffenen Unternehmen einzugehen. 60      Was im Übrigen die Unternehmensgruppe betrifft, der die Klägerin angehört, wies die Kommission außer auf die kapitalmäßige Verbindung auch darauf hin, dass die Mitglieder des Verwaltungsrats der Klägerin von Elf Aquitaine ernannt worden seien (427. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), ohne insoweit jedoch die Zurechnung der Zuwiderhandlung einer Tochtergesellschaft, die zu 100 % – oder nahezu 100 % – im Eigentum ihrer Muttergesellschaft steht, vom Vorliegen zusätzlicher Gesichtspunkte abhängig zu machen. 61      Somit ist die vorliegende Rüge und folglich der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum zweiten Klagegrund: Sachverhaltsirrtümer bezüglich der Zurechnung der Zuwiderhandlung an Total und Elf Aquitaine 62      Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe selbst dann, wenn die Berufung auf die fragliche Vermutung eine zulässige Vorgehensweise wäre, die Zuwiderhandlung nicht Total und Elf Aquitaine zurechnen dürfen. 63      Erstens habe sie, die Klägerin, die genannte Zurechnung in Frage gestellt, indem sie nachgewiesen habe, dass die Führungskräfte von Elf Aquitaine und Total an den fraglichen Zuwiderhandlungen nicht beteiligt gewesen seien. 64      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission die streitige Zuwiderhandlung Total und Elf Aquitaine zuwies, weil diese zur maßgebenden Zeit zusammen mit der Klägerin ein einziges Unternehmen bildeten. Zu dieser Schlussfolgerung gelangte die Kommission aufgrund der Vermutung, die aus der Kontrolle des nahezu gesamten Kapitals der Klägerin durch Total und Elf Aquitaine resultierte, und der Feststellung, dass die Vermutung im Verwaltungsverfahren nicht widerlegt worden sei. 65      Da diese Erwägung jedoch nicht auf die Beteiligung der Muttergesellschaften der Klägerin an den Zuwiderhandlungen gestützt wurde, kann sie durch das Vorbringen der Klägerin, die Führungskräfte der genannten Unternehmen seien nicht unmittelbar beteiligt gewesen und hätten von dem zur Last gelegten Verhalten keine Kenntnis gehabt, nicht in Frage gestellt werden. 66      Zweitens macht die Klägerin geltend, sie habe die fragliche Vermutung im Verwaltungsverfahren durch den Nachweis ihrer Eigenständigkeit bei der Bestimmung ihrer Geschäftspolitik widerlegt. 67      Nach der oben in Randnr. 34 angeführten Rechtsprechung hat die Muttergesellschaft, um die fragliche Vermutung zu widerlegen, Beweise vorzulegen, die für den Nachweis ausreichen, dass ihre Tochtergesellschaft auf dem Markt eigenständig auftritt. 68      Insoweit sind sämtliche im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Verbindungen der Tochtergesellschaft zur Muttergesellschaft relevanten Gesichtspunkte, die von Fall zu Fall variieren können, zu berücksichtigen (Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 27 angeführt, Randnrn. 61 und 74). 69      Diese Bewertung ist jedoch nicht nur auf die Faktoren zu beschränken, die sich auf die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft im engen Sinne, wie die Vertriebs- oder Preisstrategie, beziehen. Insbesondere kann die fragliche Vermutung nicht allein dadurch widerlegt werden, dass dargetan wird, dass das Tochterunternehmen diese spezifischen Aspekte seiner Geschäftspolitik selbst in der Hand hat, ohne insoweit Weisungen zu erhalten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 27 angeführt, Randnrn. 65 und 75). 70      Im vorliegenden Fall geht aus den Akten hervor, dass die Klägerin in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte im Wesentlichen geltend machte, dass ihre Geschäftspolitik angesichts vor allem der Konzernstruktur sowie des geringen Anteils, den die von der Zuwiderhandlung betroffenen Tätigkeiten an ihrem Gesamtumsatz hätten, zu keiner Zeit von ihren Muttergesellschaften bestimmt gewesen sei. 71      Es ist sogleich darauf hinzuweisen, dass dieses Vorbringen nur auf bloßen Behauptungen beruht, da die Klägerin keine konkreten Beweise vorgelegt hat, um ihre behauptete Eigenständigkeit auf dem Markt zu untermauern. Insbesondere führt sie in dem betreffenden Teil der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte kein Dokument an, um das Vorbringen in ihrer Antwort zu belegen. 72      Das Vorbringen der Klägerin in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte konnte daher offensichtlich kein hinreichendes Indizienbündel darstellen, um die in Rede stehende Vermutung zu widerlegen. 73      Überdies ist darauf hinzuweisen, dass das in Rede stehende Vorbringen nicht nur durch keine schlüssigen Beweise untermauert wurde, sondern auch nicht geeignet war, die Eigenständigkeit der Klägerin zu belegen. 74      Erstens ist zu dem Vorbringen der Klägerin, bei Total und Elf Aquitaine habe es sich nur um Holdings gehandelt, die nicht operativ tätig gewesen seien, festzustellen, dass dieser Umstand nicht ausreichen kann, um auszuschließen, dass die genannten Unternehmen vor allem bei der Koordinierung der Finanzanlagen innerhalb der Unternehmensgruppe einen bestimmenden Einfluss auf die Klägerin ausübten. Im Kontext einer Unternehmensgruppe ist eine Holding eine Gesellschaft, die vor allem die Beteiligungen an verschiedenen Gesellschaften bündeln und als deren Leitungsinstanz fungieren soll (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, T‑69/04, Slg. 2008, II‑2567, Randnr. 63). 75      Die Klägerin räumt jedoch selbst ein, dass Elf Aquitaine in die wichtigsten Entscheidungen eingriff, die sich auf der Ebene der gesamten Unternehmensgruppe auswirken konnten, und dass sie in Bezug auf die Vereinbarkeit der Tätigkeiten der verschiedenen Unternehmenszweige untereinander, auf die Tätigkeitsänderungen und auf den geografischen Standort der weltweiten Tätigkeiten eine sehr allgemeine Politik festlegte. Diese Darlegungen bestätigen, dass Elf Aquitaine als Leitungsinstanz fungierte und für die Koordinierung sorgte, wodurch das Marktverhalten der Klägerin beeinflusst wurde. 76      Soweit zweitens die Klägerin geltend macht, Total und Elf Aquitaine hätten bei der Bestimmung der Geschäftspolitik im Hinblick auf HP und PBS nicht eingegriffen, ist festzustellen, dass in einer Unternehmensgruppe die Aufgabenverteilung ein normales Phänomen darstellt, das nicht ausreicht, um die Vermutung zu widerlegen, dass die Klägerin, Total und Elf Aquitaine ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bildeten. 77      Keine Schlussfolgerung kann auch daraus gezogen werden, dass die Muttergesellschaften zu keiner Zeit gemeinsame Kunden mit der Klägerin hatten, dass sie auf den Märkten der Klägerin und den verbundenen Märkten nicht tätig waren und dass die Tätigkeit, die sich auf die betreffenden Produkte bezog, nur einen sehr geringen Teil des Gesamtumsatzes der Unternehmensgruppe darstellte. 78      Drittens ist zu dem Vorbringen der Klägerin, es habe zwischen ihr und ihren Muttergesellschaften, abgesehen von den gesetzlichen Informationspflichten auf dem Gebiet des Rechnungswesens und der Finanzaufsicht, kein Informations- und Berichtssystem gegeben, darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass die Tochtergesellschaft zugunsten ihrer Muttergesellschaft nie eine spezifische Informationspolitik auf dem betreffenden Markt verfolgte, nicht als Beweis ihrer Eigenständigkeit ausreichen kann, da sich die Eigenständigkeit der Tochtergesellschaft nicht nur nach den Aspekten der operativen Führung des Unternehmens beurteilt. 79      Viertens ist zu dem erstmals vor dem Gericht von der Klägerin geltend gemachten Argument, sie habe sich am 18. Mai 2006 kapitalmäßig von der Total-Gruppe getrennt, festzustellen, dass diese Trennung, die nach der Zuwiderhandlung und dem Erlass der angefochtenen Entscheidung stattfand, kein relevantes Indiz für die Beurteilung der Bindungen zwischen den betreffenden Unternehmen während des Zeitraums der Zuwiderhandlung sein kann. 80      Fünftens ist zu dem Vorbringen der Klägerin, wonach der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung vertretene Standpunkt von dem Standpunkt abweiche, den die Kommission in der Entscheidung K(2003) 4570 vom 10. Dezember 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-2/37.857 – Organische Peroxide) eingenommen habe, festzustellen, dass sich aus den Erwägungsgründen 373 bis 391 der genannten Entscheidung ergibt, dass die Kommission das Problem der Verantwortlichkeit der Muttergesellschaft der Klägerin nicht prüfte und dass sie sich zu der Frage nach deren Eigenständigkeit im Verhältnis zur Muttergesellschaft nicht äußerte. 81      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, systematisch zu prüfen, ob das wettbewerbswidrige Verhalten einer Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft zugerechnet werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg. 2006, II‑5169, Randnrn. 330 f.). Folglich hindert die bloße Tatsache, dass die Kommission nicht die Möglichkeit in Betracht zog, die Entscheidung K(2003) 4570 an die Muttergesellschaft der Klägerin zu richten, die Kommission nicht daran, dies im Einklang mit den von der Rechtsprechung zur Frage der Zurechenbarkeit entwickelten Grundsätzen im vorliegenden Fall zu tun. 82      Nach alledem ist davon auszugehen, dass die Kommission zu Recht zum Ergebnis gelangte, dass die von der Klägerin vorgebrachten Gesichtspunkte auch als Ganzes gesehen nicht ausreichten, um die in Frage stehende Vermutung zu widerlegen. 83      Zu dem Dokument „Pouvoirs internes et engagements de dépense“ (Interne Befugnisse und Zahlungsverpflichtungen), das die Klägerin als Anlage zur Klageschrift vorgelegt hat und das ihr Vorbringen untermauern soll, dass sich Total darauf beschränkt habe, die von ihren Tochtergesellschaften durchgeführten wichtigsten Investitionen zu genehmigen, ist festzustellen, dass dieses Dokument von der Klägerin in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht vorgelegt wurde und somit nicht geltend gemacht werden kann, um die Beurteilung der Kommission in der angefochtenen Entscheidung anzugreifen. 84      Jedenfalls ist festzustellen, dass das in Rede stehende Dokument kein Beweis für die Eigenständigkeit der Klägerin sein kann, da, wie sich aus der Antwort der Klägerin auf das Auskunftsverlangen der Kommission im Verwaltungsverfahren ergibt, es die Regeln enthält, die für das Recht, die Unternehmensgruppe zu verpflichten, „seit 2001“ gelten und sich somit nicht auf den fraglichen Zeitraum der Zuwiderhandlung beziehen, und da die Erwägung, dass der Eingriff der Konzernspitze in die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft auf Investitionen jenseits einer bestimmten Größenordnung beschränkt ist, nicht als Beweis für die Eigenständigkeit der genannten Tochtergesellschaft ausreicht. 85      Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Kommission zu Recht zu dem Ergebnis gelangte, dass die von der Klägerin in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgelegten Beweise nicht ausreichen, um die in Rede stehende Vermutung zu widerlegen. 86      Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen. Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht und gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung 87      Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe gegen die Begründungspflicht sowie gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen, indem sie es unterlassen habe, auf die Darlegungen zum Nachweis ihrer Eigenständigkeit einzugehen. 88      Was erstens die Begründungspflicht betrifft, macht die Klägerin geltend, die Kommission habe zu dem im 431. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zusammengefassten Vorbringen, dass die Ernennung ihrer Verwaltungsratsmitglieder durch Elf Aquitaine als solche kein Beweis für die Ausübung einer wirksamen Kontrolle sei und dass die Klägerin bei der Festlegung ihrer Geschäftspolitik völlig unabhängig gewesen sei, nicht Stellung genommen. Sie habe es ferner unterlassen, bestimmte Argumente der Klägerin darzustellen, die den Umstand beträfen, dass die Führungskräfte von Total und Elf Aquitaine zu keiner Zeit an den im angefochtenen Beschluss genannten Praktiken beteiligt gewesen seien und dass sich die Kontrolle der Muttergesellschaften auf die Genehmigung der wichtigsten Investitionen beschränkt hätten. 89      Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet zu beurteilen ist (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). 90      Betrifft, wie vorliegend, eine Entscheidung zur Anwendung von Art. 81 EG eine Mehrzahl von Adressaten und stellt sich die Frage, wem die Zuwiderhandlung zuzurechnen ist, so muss die Entscheidung im Hinblick auf jeden der Adressaten, insbesondere aber im Hinblick auf diejenigen hinreichend begründet sein, denen in der Entscheidung die Zuwiderhandlung zugerechnet wird. Daher muss eine solche Entscheidung hinsichtlich einer Muttergesellschaft, die gesamtschuldnerisch für die Zuwiderhandlung verantwortlich gehalten wird, eine eingehende Darstellung der Gründe enthalten, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, dieser Gesellschaft die Zuwiderhandlung zuzurechnen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, SCA Holding/Kommission, T‑327/94, Slg. 1998, II‑1373, Randnrn. 78 bis 80). 91      Stützt sich daher die Kommission, wie vorliegend, auf die Vermutung, dass eine Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt, und haben die betreffenden Gesellschaften im Verwaltungsverfahren Anhaltspunkte vorgebracht, mit denen diese Vermutung widerlegt werden sollte, so muss die Entscheidung eine hinreichende Darstellung der Gründe enthalten, die den Standpunkt der Kommission gerechtfertigt erscheinen lassen, dass diese Anhaltspunkte nicht ausreichend waren, um die genannte Vermutung zu widerlegen. 92      Insoweit ergibt sich aus den Erwägungsgründen 430 bis 441 der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission zu den von der Klägerin und ihren Muttergesellschaften im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Anhaltspunkten begründet Stellung nahm. 93      Die Kommission stellte nämlich in den Erwägungsgründen 430 bis 432 der angefochtenen Entscheidung zunächst die Ausführungen der betroffenen Unternehmen in ihren jeweiligen Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte dar und ging sodann auf deren Vorbringen ein, wonach die Zurechnung des Verhaltens aufgrund der Vermutung vor allem im Hinblick auf die Grundsätze der Selbständigkeit einer rechtlichen Einheit, der individuellen Bestrafung, der persönlichen Verantwortlichkeit, der Unschuldsvermutung und der Waffengleichheit rechtswidrig sei. 94      In den Erwägungsgründen 433 bis 441 der angefochtenen Entscheidung stellte sie ferner fest, dass die Vermutung, die daran geknüpft sei, dass nahezu das gesamte Kapital der Klägerin von Total und Elf Aquitaine gehalten werde, nicht widerlegt worden sei und dass die Schlussfolgerung betreffend die Verantwortlichkeit der Letztgenannten für die fragliche Zuwiderhandlung aufgrund dieser Vermutung aufrechterhalten werden müsse. 95      Es ist davon auszugehen, dass die Kommission mit dieser Begründung auch die wesentlichen Punkte des Vorbringens der Klägerin beantwortet hat. 96      Da die Kommission überdies nicht auf alle Argumente einzugehen braucht, die die Betroffenen vor ihr geltend gemacht haben (Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2005, Corsica Ferries France/Kommission, T‑349/03, Slg. 2005, II‑2197, Randnr. 64; vgl. auch in diesem Sinne Urteil Kommission/Sytraval und Brink’s France, oben in Randnr. 89 angeführt, Randnr. 64), kann ihr nicht vorgeworfen werden, nicht jedes einzelne von der Klägerin vorgetragene Argument präzise beantwortet zu haben. Eine globale Antwort wie die im vorliegenden Fall kann nämlich nach den Umständen des konkreten Falles ausreichend sein, damit das Unternehmen seine Interessen sachgerecht wahrnehmen und das Gericht seine Kontrolle ausüben kann. 97      Die knappe Begründung der angefochtenen Entscheidung zu diesem Punkt ist im Übrigen dadurch gerechtfertigt, dass das Vorbringen der Klägerin aus bloßen Behauptungen bestand und nicht durch konkrete Beweise für ihre angebliche Selbständigkeit auf dem Markt untermauert war. 98      Insoweit ist, was speziell das Vorbringen der Klägerin angeht, die Kommission habe es unterlassen, in den Erwägungsgründen 430 bis 432 der angefochtenen Entscheidung ihr Vorbringen darzustellen, dass sich die von den Muttergesellschaften ausgeübte Kontrolle auf die Genehmigung der wichtigsten Investitionen beschränkt habe, festzustellen, dass dieses Vorbringen in dem im 431. Erwägungsgrund, vierter Gedankenstrich, der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Vorbringen enthalten ist, wonach „[die Klägerin] … in ihrer Geschäftspolitik und ihrem Verhalten auf dem Markt völlig unabhängig [war]“, das im Rahmen der globalen Antwort auf die in Frage stehenden gegenteiligen Gesichtspunkte im 437. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung mit dem Hinweis, dass „die [in Rede stehende] Vermutung … nicht widerlegt [worden ist]“, als unzureichend zurückgewiesen wurde. 99      Ferner ist festzustellen, dass diese knappe Antwort dadurch gerechtfertigt ist, dass die fraglichen Darlegungen durch keinen konkreten Beweis untermauert wurden. 100    Was das Vorbringen betrifft, die Führungskräfte von Total und Elf Aquitaine seien zu keiner Zeit an den zur Last gelegten Praktiken beteiligt gewesen, ergibt sich aus den vorstehenden Randnrn. 64 und 65, dass sich die Kommission nicht auf diesen Umstand stützte, um den Muttergesellschaften der Klägerin die streitige Zuwiderhandlung zuzurechnen, so dass das Unterbleiben einer ausdrücklichen Stellungnahme zum fraglichen Vorbringen nicht zu einem Verstoß gegen die Begründungspflicht führen kann. 101    Was den Umstand angeht, dass die Kommission nicht ausdrücklich auf das im 431. Erwägungsgrund wiedergegebene Vorbringen einging, wonach die Ernennung der Mitglieder des Verwaltungsrats der Klägerin durch Elf Aquitaine kein Beweis für die Ausübung einer wirksamen Kontrolle sei, ist festzustellen, dass sich aus den Erwägungsgründen 427 bis 429 der angefochtenen Entscheidung ergibt, dass dieser Gesichtspunkt neben der in Rede stehenden Vermutung angeführt wurde und nicht die Voraussetzung dafür war, dass die streitige Zuwiderhandlung den Muttergesellschaften der Klägerin zugerechnet wurde. Das Fehlen einer ausdrücklichen Antwort auf das fragliche Vorbringen hinderte somit die Klägerin weder daran, die Begründung für die Zurechnung zu erfahren, noch, diese vor dem Gericht anzugreifen. 102    Was schließlich das Vorbringen der Klägerin betrifft, die in Rede stehende Begründungspflicht habe im vorliegenden Fall besonderes Gewicht gehabt, da die angefochtene Entscheidung auf einem innovativen Ansatz beruhe, ist darauf hinzuweisen, dass die Vermutung eines bestimmenden Einflusses einer Muttergesellschaft auf ihre Tochtergesellschaft, die allein auf die Kapitalbeteiligung gestützt wird, bereits früher von der Kommission angewandt wurde, insbesondere in ihrer Entscheidung K(2004) 4876 vom 19. Januar 2005 in einem Verfahren gemäß Artikel 81 [EG] und Artikel 53 des EWR-Abkommens gegen Akzo Nobel NV, Akzo Nobel Nederland BV, Akzo Nobel Chemicals BV, Akzo Nobel Functional Chemicals BV, Akzo Nobel Base Chemicals AB, Eka Chemicals AB und Akzo Nobel AB gesamtschuldnerisch, Clariant AG und Clariant GmbH gesamtschuldnerisch, Elf Aquitaine SA und Arkema SA gesamtschuldnerisch und die Hoechst AG (Rechtssache C.37.773 – MCE), in der sie die von der Klägerin begangene Zuwiderhandlung Elf Aquitaine zugerechnet hatte. Die Klägerin kann daher nicht geltend machen, die Kommission habe im vorliegenden Fall gegenüber ihren Muttergesellschaften einen radikal neuen Standpunkt eingenommen. 103    Jedenfalls lieferte die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht nur eine summarische Begründung, sondern stellte auch unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts ausdrücklich sowohl ihre Grundsätze für die Feststellung der Adressaten der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 370 bis 379 der angefochtenen Entscheidung) als auch die Anwendung dieser Grundsätze im Hinblick auf die Total-Gruppe dar (Erwägungsgründe 427 bis 441 der angefochtenen Entscheidung). 104    Die Rüge des Verstoßes gegen die Begründungspflicht ist somit unbegründet. 105    Die Klägerin macht zweitens geltend, die Kommission habe gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen, indem sie sich auf die bloße Vermutung eines bestimmenden Einflusses gestützt und es unterlassen habe, die zur Widerlegung dieser Vermutung vorgebrachten Gesichtspunkte, insbesondere die Gesichtspunkte bezüglich der fehlenden Relevanz der Ernennung der Verwaltungsratsmitglieder der Klägerin durch Elf Aquitaine und der Eigenständigkeit der Klägerin bei der Bestimmung ihrer Geschäftspolitik, sorgfältig zu prüfen. 106    Wie jedoch aus den vorstehenden Randnrn. 98 bis 101 hervorgeht, ist die in der angefochtenen Entscheidung erfolgte Stellungnahme zu den genannten Gesichtspunkten gerechtfertigt, und zwar bezüglich der behaupteten Eigenständigkeit der Klägerin, weil diese Behauptung durch keinen konkreten Beweis untermauert wurde, und bezüglich der Ausführungen, dass die Ernennung der Verwaltungsratsmitglieder unerheblich sei, weil dieser Gesichtspunkt keinen tragenden Charakter hatte und nicht Voraussetzung für die in Rede stehende Zurechnung war. Auch der Umstand, dass die Stellungnahme knapp ist, berechtigt nicht zu der Feststellung, dass gegen die Pflicht zu einer sorgfältigen und unparteiischen Prüfung der sich aus dem Veraltungsverfahren ergebenden Gesichtspunkte verstoßen wurde. 107    Die Erwägungsgründe 434 bis 441 der angefochtenen Entscheidung erlauben ferner die Feststellung, dass die Kommission die im 431. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zusammengefassten Ausführungen der Klägerin und ihrer Muttergesellschaften, mit denen die Zurechnung der in Rede stehenden Zuwiderhandlung in Frage gestellt werden sollte, geprüft hat. Die Untersuchung der Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte lässt keine sonstigen relevanten Anhaltspunkte erkennen, die von der Kommission außer Acht gelassen worden wären. 108    Die Rüge des Verstoßes gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung ist somit unbegründet. 109    Nach alledem ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen. Zum vierten Klagegrund: Rechtsfehler und Sachverhaltsirrtümer bezüglich der Erhöhung der Geldbuße zu Abschreckungszwecken 110    Die Klägerin macht erstens geltend, es sei ein Rechtsfehler, dass die Kommission die in Rede stehende Erhöhung aufgrund von Erwägungen im Zusammenhang mit dem von Elf Aquitaine und Total erzielten Umsatz vorgenommen habe, da die Zuwiderhandlung diesen nicht zugerechnet werden könne. 111    Diese Rüge wird vollständig auf die im Rahmen der Prüfung des ersten und zweiten Klagegrundes verworfene Prämisse gestützt, dass die streitige Zuwiderhandlung den Muttergesellschaften der Klägerin nicht zugerechnet werden kann. Sie ist daher zurückzuweisen. 112    Die Klägerin macht zweitens geltend, die Kommission habe gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verstoßen, indem sie bei der in Rede stehenden Erhöhung die Größe und den Umsatz der Unternehmensgruppe berücksichtigt habe, ohne zu belegen, dass die Führungskräfte der Muttergesellschaften an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien oder dass die Tochtergesellschaft die Ressourcen der Unternehmensgruppe verwendet habe. 113    Es ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Kommission bei der Bemessung der Geldbuße sicherstellen muss, dass diese eine abschreckende Wirkung entfaltet, und hierbei vor allem die Größe und Wirtschaftskraft des fraglichen Unternehmens berücksichtigen darf (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnrn. 106 und 120, und vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 243). 114    Die Notwendigkeit, sicherzustellen, dass die Geldbuße eine hinreichende Abschreckungswirkung entfaltet, verlangt, dass die Geldbuße angepasst wird, damit sie in Einklang mit den Anforderungen, die sich aus der Notwendigkeit, ihre Wirksamkeit zu gewährleisten, und der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ergeben, insbesondere im Hinblick auf die Finanzkraft des betreffenden Unternehmens weder zu niedrig noch zu hoch ausfällt (Urteile des Gerichts vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, Slg. 2006, II‑897, Randnr. 283, und vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, T‑410/03, Slg. 2008, II‑881, Randnr. 379). 115    Es ist vor allem die Möglichkeit des betroffenen Unternehmens, die zur Zahlung seiner Geldbuße erforderlichen Mittel leichter aufbringen zu können, die im Hinblick auf eine hinreichende Abschreckungswirkung der Geldbuße die Anwendung eines Multiplikators rechtfertigen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 29. Juni 2006, Showa Denko/Kommission, C‑289/04 P, Slg. 2006, I‑5859, Randnr. 18, sowie Urteile Degussa/Kommission, oben in Randnr. 114 angeführt, Randnr. 284, und Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 114 angeführt, Randnr. 379). 116    Somit durfte die Kommission im vorliegenden Fall angesichts der Größe des Gesamtunternehmens, das von der Klägerin, Total und Elf Aquitaine gebildet wurde, den Ausgangsbetrag der fraglichen Geldbuße erhöhen. 117    Was zudem die Erwägung betrifft, die insbesondere durch die Möglichkeit des betroffenen Unternehmens gerechtfertigt ist, die zur Zahlung seiner Geldbuße erforderlichen Mittel leichter aufbringen zu können, war die Kommission entgegen den Behauptungen der Klägerin nicht verpflichtet, eine Verbindung zwischen der Verwendung der Ressourcen des betroffenen Unternehmens und der betreffenden Zuwiderhandlung nachzuweisen, sondern durfte zu Recht die Größe des Gesamtunternehmens berücksichtigen. 118    Da sich die betreffende Erhöhung zu Recht auf die Größe des betroffenen Unternehmens stützt und die im Rahmen der Zuwiderhandlung verwendeten Ressourcen kein relevantes Kriterium sind, kann die Vornahme der Erhöhung, nur weil sie die zuwiderhandelnden Unternehmen nicht nach diesem Kriterium unterscheidet, keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz darstellen. 119    Zum Vorbringen der Klägerin, die fragliche Erhöhung sei unverhältnismäßig, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die geahndete Zuwiderhandlung Verhaltensweisen entspricht, deren Rechtswidrigkeit die Kommission, seit sie auf diesem Gebiet tätig ist, mehrfach bestätigt hat, und die Festsetzung der Geldbuße auf einen hinreichend abschreckenden Betrag voll und ganz rechtfertigt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2007, BASF und UCB/Kommission, T‑101/05 und T‑111/05, Slg. 2007, II‑4949, Randnrn. 46 f.). 120    Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission über einen Ermessensspielraum bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße verfügt, um das Verhalten der Unternehmen auf die Einhaltung der Wettbewerbsregeln auszurichten. Angesichts der Größe der Klägerin, die durch die weltweit besonders bedeutenden Umsätze von Total und Elf Aquitaine in dem der angefochtenen Entscheidung vorausgegangenen Haushaltsjahr bestätigt werden (463. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), kann die fragliche Erhöhung durch Anwendung eines Multiplikators von 3 nicht als unverhältnismäßig im Hinblick auf den Abschreckungszweck betrachtet werden. 121    Der vierte Klagegrund ist somit zurückzuweisen. Zum fünften Klagegrund: Rechtsfehler und Sachverhaltsirrtümer bezüglich der Erhöhung der Geldbuße wegen Tatwiederholung 122    Dieser Klagegrund gliedert sich in zwei Teile. Zum ersten Teil: Verstoß gegen die Grundsätze der gesetzlichen Bestimmtheit von strafbaren Handlungen und Strafen sowie der Rechtssicherheit 123    In der Klageschrift macht die Klägerin geltend, die Kommission habe gegen die Grundsätze der gesetzlichen Bestimmtheit von strafbaren Handlungen und Strafen sowie der Rechtssicherheit verstoßen, indem sie sich auf frühere Verurteilungen gestützt habe, die Umstände betroffen hätten, die sich mehr als 20 Jahre vor der angefochtenen Entscheidung ereignet hätten. 124    In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin nach Kenntnisnahme von den Urteilen des Gerichtshofs vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission (C‑3/06 P, Slg. 2007, I‑1331), und vom 17. Juni 2010, Lafarge/Kommission (C‑413/08 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), erklärt, dass sie den vorliegenden Teil des sechsten Klagegrundes zurücknehme, das Vorbringen im Rahmen des zweiten Teils des genannten Klagegrundes, der auf einen Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem und gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gestützt wird, jedoch aufrechterhalte, was zu Protokoll genommen worden ist. 125    Der erste Teil des Klagegrundes braucht somit nicht mehr geprüft zu werden. Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 126    Die Klägerin macht erstens geltend, die Kommission habe gegen den Grundsatz ne bis in idem verstoßen, da ihr gegenüber bereits in zwei früheren Entscheidungen, nämlich in den Entscheidungen K(2003) 4570 und K(2004) 4876, dieselben früheren Verurteilungen wie die in der angefochtenen Entscheidung wegen Tatwiederholung berücksichtigt worden seien. 127    Die Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem hängt von der dreifachen Voraussetzung der Identität des Sachverhalts, des Zuwiderhandelnden und des geschützten Rechtsguts ab. Dieser Grundsatz verbietet es somit, dieselbe Person mehr als einmal wegen desselben rechtswidrigen Verhaltens zum Schutz desselben Rechtsguts mit einer Sanktion zu belegen (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 338). 128    Zum einen ist jedoch darauf hinzuweisen, dass, weil die Berücksichtigung früherer Zuwiderhandlungen in der angefochtenen Entscheidung durch die Kommission nicht diese Zuwiderhandlungen erneut ahnden, sondern lediglich die Klägerin wegen ihrer Beteiligung an dem in der angefochtenen Entscheidung bezeichneten Kartell unter Berücksichtigung ihres Verhaltens als Wiederholungstäterin ahnden soll, die Berücksichtigung der gleichen Zuwiderhandlungen in den beiden geltend gemachten früheren Entscheidungen nicht zu einer Verletzung des Grundsatzes ne bis in idem führt. 129    Zum anderen ist auf jeden Fall darauf zu verweisen, dass die kumulativen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Grundsatzes ne bis in idem, wie oben in Randnr. 127 dargestellt, nicht erfüllt sind, weil es an dem Erfordernis der Identität des Sachverhalts fehlt. In der angefochtenen Entscheidung ahndete die Kommission die Klägerin wegen ihrer Beteiligung an dem Kartell, wegen der sie zuvor weder Untersuchungen angestrengt noch Sanktionen ausgesprochen hatte, was die Klägerin im Übrigen auch nicht behauptet. 130    Die Kommission verletzte daher durch die Einbeziehung ihrer Entscheidungen 85/74 und 94/599 zur Feststellung der Tatwiederholung der Klägerin in der angefochtenen Entscheidung nicht den Grundsatz ne bis in idem, obwohl sie diesen erschwerenden Umstand in den Entscheidungen K(2003) 4570 und K(2004) 4876 bereits berücksichtigt hatte. 131    Somit ist die Rüge der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen. 132    Soweit die Klägerin zweitens geltend macht, die Kommission habe durch die Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße wegen Tatwiederholung in der angefochtenen Entscheidung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, ist ihr Vorbringen, der Abschreckungszweck sei bereits dadurch erreicht worden, dass derselbe erschwerende Umstand in den Entscheidungen K(2003) 4570 und K(2004) 4876 berücksichtigt worden sei, zum einen als unbegründet zurückzuweisen. 133    Dadurch, dass die Kommission die Entscheidungen 85/74 und 94/599 zur Feststellung der Tatwiederholung bereits im Rahmen der anderen Zuwiderhandlungen berücksichtigt hatte, war sie keineswegs gehindert, die beiden Entscheidungen in der angefochtenen Entscheidung bei der Prüfung der Schwere der fraglichen Zuwiderhandlung einzusetzen, um die Klägerin davon abzubringen, ihre Zuwiderhandlungen in Zukunft fortzusetzen. 134    Jede dieser Zuwiderhandlungen stellte unabhängig voneinander eine Wiederholung der Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln dar, wie sie im Rahmen der Entscheidungen 85/74 und 94/599 festgestellt wurde, und zeugt von der Neigung der Klägerin, aus diesen Verurteilungen nicht die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen (vgl. in diesem Sinne Urteil Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 124 angeführt, Randnr. 40). 135    Als unerheblich zurückzuweisen ist zum anderen das Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dadurch verletzt, dass sie ihr eine neue Erhöhung wegen Tatwiederholung auferlegt habe, obwohl dieser Umstand in den Entscheidungen K(2003) 4570 und K(2004) 4876 berücksichtigt worden sei und ihr dies daher keine Möglichkeit gelassen habe, ihr Verhalten anzupassen. Da nämlich die Kommission sich nicht auf die genannten Entscheidungen stützte, um die Tatwiederholung der Klägerin festzustellen, ist es im vorliegenden Fall ohne Bedeutung, dass sie nach dem Beginn der in der angefochtenen Entscheidung geahndeten Zuwiderhandlung erlassen wurden. 136    Nach alledem ist die Rüge der Klägerin, dass die Kommission gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe, und damit auch der zweite Teil dieses Klagegrundes sowie der vorliegende Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum sechsten Klagegrund: Rechtsfehler und Sachverhaltsirrtümer bezüglich der Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit 137    Die Mitteilung über Zusammenarbeit bestimmt in den Nrn. 21 bis 23: “21. Um für eine Ermäßigung der Geldbuße in Betracht zu kommen, muss das Unternehmen der Kommission Beweismittel für die mutmaßliche Zuwiderhandlung vorlegen, die gegenüber den bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweismitteln einen erheblichen Mehrwert darstellen, und seine Beteiligung an der mutmaßlich rechtswidrigen Handlung spätestens zum Zeitpunkt der Beweisvorlage einstellen. 22. Der Begriff ‚Mehrwert‘ bezieht sich auf das Ausmaß, in dem die vorgelegten Beweismittel aufgrund ihrer Eigenschaft und/oder ihrer Ausführlichkeit der Kommission dazu verhelfen, den betreffenden Sachverhalt nachzuweisen. Bei ihrer Würdigung wird die Kommission im Allgemeinen schriftlichen Beweisen aus der Zeit des nachzuweisenden Sachverhalts einen größeren Wert beimessen als solchen, die zeitlich später einzuordnen sind. Ebenso werden Beweismittel, die den fraglichen Sachverhalt unmittelbar beweisen, höher eingestuft als jene, die nur einen mittelbaren Bezug aufweisen. 23. Die Kommission wird in ihrer am Ende des Verwaltungsverfahrens erlassenen endgültigen Entscheidung darüber befinden, a)      ob die von einem Unternehmen vorgelegten Beweismittel einen erheblichen Mehrwert gegenüber den Beweismitteln aufweisen, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Besitz der Kommission befanden, b)      und in welchem Umfang die Geldbuße, die andernfalls verhängt worden wäre, ermäßigt wird: –        für das erste Unternehmen, das die Voraussetzungen unter Randnummer 21 erfüllt, eine Ermäßigung zwischen 30 % und 50 %; –        für das zweite Unternehmen, das die Voraussetzungen unter Randnummer 21 erfüllt, eine Ermäßigung zwischen 20 % und 30 %; –        für jedes weitere Unternehmen, das die Voraussetzungen unter Randnummer 21 erfüllt, eine Ermäßigung bis zu 20 %. Um den Umfang der Ermäßigung der Geldbuße innerhalb dieser Bandbreiten zu bestimmen, wird die Kommission den Zeitpunkt berücksichtigen, zu dem das Beweismittel, das die Voraussetzungen unter Randnummer 21 erfüllt, vorgelegt wurde, sowie den Umfang des mit dem Beweismittel verbundenen Mehrwerts. Sie kann ebenfalls berücksichtigen, ob das Unternehmen seit der Vorlage des Beweismittels kontinuierlich mit ihr zusammengearbeitet hat. Falls ein Unternehmen Beweismittel für einen Sachverhalt vorlegt, von denen die Kommission zuvor keine Kenntnis hatte und die die Schwere oder Dauer des mutmaßlichen Kartells unmittelbar beeinflussen, lässt die Kommission diese Faktoren bei der Festsetzung der Geldbuße gegen das Unternehmen, das diese Beweismittel geliefert hat, unberücksichtigt.“ 138    Im vorliegenden Fall stellte die Kommission fest, dass Degussa die Voraussetzungen für einen vollständigen Erlass der Geldbuße erfüllt habe. Da EKA Chemicals, die Klägerin und Solvay als das erste, das zweite und das dritte Unternehmen betrachtet wurden, die die Voraussetzung gemäß Nr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit erfüllten, wurde ihre Geldbuße jeweils um 40 %, 30 % und 10 % herabgesetzt (Erwägungsgründe 501 bis 524 der angefochtenen Entscheidung). 139    Mit dem vorliegenden Klagegrund macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass die angefochtene Entscheidung Sachverhaltsirrtümer und Rechtsfehler enthalte und dass ihr das Gericht eine weitere Ermäßigung der Geldbuße im Hinblick auf den Umfang und die Bedeutung ihrer Zusammenarbeit während des Verwaltungsverfahrens zusprechen müsse. 140    Der vorliegende Klagegrund untergliedert sich in vier Teile. Zum ersten Teil: Rechtsfehler in Bezug auf die Auslegung der Mitteilung über Zusammenarbeit 141    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe im 512. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung einen Rechtsfehler begangen, indem sie die Mitteilung über Zusammenarbeit „rein zeitlich“ ausgelegt habe und den Zeitpunkt des Beitrags als für ihre Anwendung wesentliches Kriterium herangezogen habe. Sie trägt insbesondere vor, dass sie den wichtigsten Beitrag zum Nachweis des Kartells geleistet habe und der erhebliche Mehrwert ihres Beitrags es rechtfertige, dass sie als das „erste Unternehmen“ im Sinne von Nr. 23 der Mitteilung über Zusammenarbeit betrachtet werde. 142    Aus unstreitigen Elementen der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass EKA Chemicals ihren Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung am 29. März 2003 stellte, die mündliche Erklärung am 31. März 2003 abgab und in derselben Woche die Beweismittel für die Zuwiderhandlung lieferte (Erwägungsgründe 67, 503 und 505 der angefochtenen Entscheidung). 143    Unstreitig ist auch, dass die Klägerin der Kommission erst danach ihren Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung durch Fax vom 3. April 2003 um 15.50 Uhr übermittelte, dem 13 Anlagen beigefügt waren, die Unterlagen zu dem fraglichen Kartell enthalten sollten. Am 26. Mai 2003 legte die Klägerin der Kommission neue Beweismittel zu ihrem Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung vor, u. a. Erläuterungen zu den am 3. April 2003 übermittelten Unterlagen (Erwägungsgründe 69, 510 und 516 der angefochtenen Entscheidung). 144    In der angefochtenen Entscheidung führte die Kommission aus, dass EKA Chemicals als das erste Unternehmen die Voraussetzungen gemäß Nr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit erfüllt habe, da sie am 29. und 31. März 2003 Beweismittel vorgelegt habe, die gegenüber den im Zeitpunkt ihres Beitrags bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweismitteln einen erheblichen Mehrwert dargestellt hätten (503. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), und dass die Klägerin als das zweite Unternehmen die genannten Voraussetzungen durch die am 3. April 2003 gelieferten Beweise erfüllt habe (509. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 145    In dem von der Klägerin beanstandeten 512. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung führte die Kommission aus: „… Aus Nr. 23 der Mitteilung [über Zusammenarbeit] geht eindeutig hervor, dass der Zeitpunkt der Vorlage von Beweismitteln, die die Schwelle überschreiten, ab der diese einen erheblichen Mehrwert darstellen, für die Berechnung der Bandbreite der Ermäßigung entscheidend ist. Die Beweismittel werden mit denen verglichen, die sich zu dem Zeitpunkt ihrer Vorlage bereits im Besitz der Kommission befanden. Für die Feststellung, ob die fragliche Mitteilung einen erheblichen Mehrwert darstellt, werden somit nur die bereits zu den Akten der Kommission gereichten Beweismittel und die von dem betroffenen Unternehmen gelieferten Beweise berücksichtigt. [Die Kommission] ist der Ansicht, dass die Mitteilung von EKA [Chemicals] vom 29. März 2003 zusammen mit ihrer Erklärung vom 31. März 2003 die vorstehend genannte Schwelle gemäß Nr. 21 der Mitteilung [über Zusammenarbeit] überschritt. Hieraus folgt, dass EKA [Chemicals] eine Ermäßigung innerhalb der in Nr. 23 der Mitteilung [über Zusammenarbeit] genannten ersten Bandbreite gewährt werden kann. Dies bedeutet, dass der Wert der Mitteilungen [der Klägerin] nur für die Bestimmung des Umfangs einer eventuellen Ermäßigung innerhalb der folgenden Bandbreite relevant sein kann.“ 146    Hierzu ist festzustellen, dass aus den Nrn. 21 und 23 der Mitteilung über Zusammenarbeit hervorgeht, dass ein Unternehmen, um eine Ermäßigung der Geldbuße beanspruchen zu können, der Kommission Beweismittel liefern muss, die einen erheblichen Mehrwert gegenüber den Beweismitteln darstellen, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits in ihrem Besitz befanden 147    Ferner muss die Kommission für die Anwendung der in Nr. 23 Buchst. b dieser Mitteilung vorgesehenen Bandbreiten für die Ermäßigung der Geldbuße den Zeitpunkt bestimmen, zu dem das Unternehmen diese Voraussetzung erfüllt hat. 148    Diese Auslegung wird durch den Aufbau der von der fraglichen Mitteilung vorgesehenen Regelung bestätigt, die für das „erste“, das „zweite“ und „jedes weitere“ Unternehmen, das die fraglichen Voraussetzungen erfüllt, drei unterschiedliche Bandbreiten vorsieht und damit voraussetzt, dass die Kommission den genauen Zeitpunkt bestimmt, zu dem das betroffene Unternehmen die Voraussetzungen für die Ermäßigung der Geldbuße erfüllt, indem sie die vorgelegten Beweismittel mit denjenigen vergleicht, die sich bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung in ihrem Besitz befanden. 149    In Anbetracht dieser Erwägungen bestimmte die Kommission die Bandbreiten gemäß Nr. 23 der Mitteilung über Zusammenarbeit in den Erwägungsgründen 503 und 509 der angefochtenen Entscheidung zu Recht unter Berücksichtigung des Zeitpunkts, zu dem EKA Chemicals und die Klägerin die Voraussetzungen der Nr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit jeweils erfüllten. 150    Diese Erwägungen werden durch das Vorbringen, mit dem die Klägerin dieses Vorgehen mit unterschiedlichen Begründungen angreift, nicht in Frage gestellt. 151    Erstens findet die Auslegung der Klägerin, wonach die Bezugnahme auf das „erste“ Unternehmen in Nr. 23 der Mitteilung über Zusammenarbeit dahin zu verstehen sei, dass das Unternehmen gemeint sei, dessen Beitrag den höchsten Mehrwert habe, keinen Rückhalt in dem Wortlaut der genannten Nummer, die auf „das erste Unternehmen, das die Voraussetzungen unter Randnummer 21 erfüllt“, abstellt, d. h. auf die Voraussetzung, dass die Beweismittel vorgelegt werden, die einen gegenüber den im Zeitpunkt des Antrags bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweismitteln erheblichen Mehrwert aufweisen. 152    Zweitens wirft die Klägerin der Kommission zu Unrecht vor, sie habe sich auf einen „rein zeitlichen“ Ansatz gestützt, der darauf hinauslaufe, dass das erste kooperierende Unternehmen belohnt werde und damit „das zeitliche Kriterium unabhängig vom Umfang des Mehrwerts des Beitrags“ bevorzugt werde. 153    Wie sich nämlich aus den Erwägungsgründen 503, 509 und 515 der angefochtenen Entscheidung ergibt, stützte sich die Kommission bei der Einstufung der Unternehmen, die einen Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung gestellt hatten, innerhalb der in Nr. 23 der Mitteilung über Zusammenarbeit vorgesehenen Bandbreiten nicht nur auf die Reihenfolge, in der die Unternehmen ihre Anträge eingereicht hatten, sondern berücksichtigte auch den Wert ihrer Beiträge, indem sie nach Maßgabe der in Nr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit bestimmten Voraussetzungen prüfte, ob die vorgelegten Beweismittel einen erheblichen Mehrwert gegenüber den Beweismitteln hatten, die sich zum Zeitpunkt des jeweiligen Antrags bereits in ihrem Besitz befanden. 154    Dieser Ansatz, der sowohl den zeitlichen wie den qualitativen Aspekt des Betrags berücksichtigt und das Unternehmen belohnt, das als erstes die Voraussetzungen für die Ermäßigung erfüllt hat, entspricht entgegen den Ausführungen der Klägerin den Zielen der Mitteilung über Zusammenarbeit, da sie den kooperationswilligen Unternehmen einen Anreiz bietet, sich möglichst früh an der Untersuchung dadurch zu beteiligen, dass sie in ihrem ersten Antrag sämtliche ihnen zur Verfügung stehenden Beweismittel vorlegen. Dadurch, dass sie einen Anreiz schafft, die Schwelle zum erheblichen Mehrwert schon im ersten Antrag zu überschreiten, kann sie insbesondere ausschließen, dass das Unternehmen, das einen Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung stellt, seine Zusammenarbeit stückweise auf das gesamte Verfahren verteilt. 155    Da drittens die Mitteilung über Zusammenarbeit auf einem Ansatz beruht, der die Festlegung einer genauen zeitlichen Reihenfolge der Anträge gemäß den Zielen der Transparenz und Rechtssicherheit erforderlich macht, kann ihre Anwendung nicht unterschiedlich ausfallen, je nachdem, ob der Zeitraum zwischen den Anträgen kurz oder lang ist. Die Klägerin kann sich daher nicht darauf berufen, dass vorliegend die Anträge in einem Abstand von wenigen Tagen – bezüglich des Antrags von EKA Chemicals und ihres eigenen Antrags – oder gar nur von wenigen Stunden – bezüglich ihres eigenen Antrags und des Antrags von Solvay – gestellt wurden. 156    Viertens kann sich die Klägerin nicht auf die aus dem Urteil des Gerichts vom 6. Mai 2009, Wieland-Werke/Kommission (T‑116/04, Slg. 2009, II‑1087, Randnr. 127), folgende Lösung berufen, wonach der Gesichtspunkt der zeitlichen Reihenfolge bei der Beurteilung des Umfangs der Mitarbeit zweier Unternehmen nicht berücksichtigt werden kann, wenn die Informationen der Beteiligten zügig und in einem mehr oder weniger gleichen Stadium des Verwaltungsverfahrens erfolgten. 157    Es genügt der Hinweis, dass sich die geltend gemachte Lösung auf Abschnitt D der Mitteilung der Kommunikation über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4) bezieht, in dem nicht auf das Kriterium der früheren Zusammenarbeit eines Unternehmens gegenüber einem anderen Bezug genommen wird, und im Übrigen das Gericht in dem geltend gemachten Urteil das Vorbringen, das auf die analoge Anwendung von Nr. 23 der hier anwendbaren Mitteilung über Zusammenarbeit gestützt wird, zurückgewiesen hat (Urteil Wieland-Werke/Kommission, oben in Randnr. 156 angeführt, Randnrn. 126 und 129). 158    Soweit sich fünftens die Klägerin auf die in einer Reihe von Mitgliedstaaten geltenden Vorschriften beruft, genügt die Feststellung, dass, da das Kronzeugenprogramm der Kommission autonom ist, die von den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten angewandten Programme die Auslegung, die aus den Bestimmungen der Nrn. 21 und 23 der Mitteilung über Zusammenarbeit folgt, nicht erschüttern können. 159    Was sechstens das Modell für Kronzeugenprogramme angeht, das im September 2006 vom europäischen Wettbewerbsnetz ausgearbeitet wurde, ist darauf hinzuweisen, dass dieses Modell, mit dem vor allem eine freiwillige Harmonisierung der von den Mitgliedern des Netzes angewandten Kronzeugenprogramme erreicht werden soll, nach Erlass der Mitteilung über Zusammenarbeit entwickelt wurde und somit für deren Auslegung nicht von Nutzen sein kann. 160    Randnr. 11 dieses Modells, auf die sich die Klägerin beruft, wonach „[b]ei der Festlegung der Höhe der Geldbuße … die Wettbewerbsbehörde dem Zeitpunkt Rechnung [trägt], zu dem die Beweismittel vorgelegt wurden (einschließlich der Tatsache, ob der Antragsteller das erste, zweite oder dritte usw. Unternehmen war, das einen Antrag stellte), sowie ihrer Einschätzung des Mehrwerts der Beweismittel“, schließt jedenfalls die von der Kommission vorliegend gewählte Vorgehensweise, die sich gerade auf die genannten Faktoren stützt, nicht aus. Bezüglich der genauen Kombination der zeitlichen und qualitativen Faktoren sieht Randnr. 24 des Modells die Möglichkeit vor, dass „[d]iese Parameter … auf verschiedene Weise kombiniert werden, um die Höhe der Bußgeldermäßigung zu bestimmen“, hebt jedoch die Bedeutung hervor, „dass zwischen dem Erlass und der Ermäßigung der Geldbuße ein ausreichend hoher Abstand besteht“, was vorliegend nicht in Frage steht. 161    Soweit schließlich die Klägerin in der Klageschrift ausführt, dass sie „das Gericht [auffordert], von Amts wegen zu prüfen, ob die fraglichen Bestimmungen der genannten Mitteilung im Hinblick auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze, insbesondere die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Verhältnismäßigkeit und der Billigkeit, nicht rechtwidrig sind“, genügt der Hinweis, dass diese Darlegungen auf keinem Argument beruhen, das nicht schon vorstehend geprüft und zurückgewiesen wurde; sie können daher nicht durchgreifen. 162    Folglich ist der erste Teil des Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Größerer Mehrwert der von der Klägerin vorgelegten Beweismittel als der von EKA Chemicals vorgelegten Beweismittel 163    Die Klägerin macht geltend, dass, wenn die Kommission die Mitteilung über Zusammenarbeit zutreffend ausgelegt hätte, sie zwangsläufig zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass die Klägerin das erste Unternehmen gewesen sei, das die Voraussetzungen für eine Ermäßigung der Geldbuße erfüllt habe. Die von der Klägerin gelieferten Beweismittel hätten in erheblichem Maße zum Nachweis des Kartells durch die Kommission beigetragen und besäßen vor allem einen weitaus größeren Mehrwert als die, die von EKA Chemicals geliefert worden seien. 164    Aus der Prüfung des ersten Teils des vorliegenden Klagegrundes ergibt sich, dass die Kommission die Reihenfolge der Unternehmen, die die Voraussetzungen für die Ermäßigung der Geldbuße erfüllten, zu Recht dadurch bestimmte, dass sie prüfte, ob das betroffene Unternehmen die Beweismittel, die einen erheblichen Mehrwert im Sinne von Nr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit aufweisen, vorgelegt hatte, bevor ein anderes Unternehmen diese Voraussetzung erfüllte. 165    Da die Kommission feststellte, dass die von EKA Chemicals zwischen dem 29. und 31. März 2003 gelieferten Beweismittel diese Voraussetzung erfüllten – was die Klägerin im Rahmen des vorliegenden Teils des Klagegrundes nicht bestreitet –, stufte sie EKA Chemicals unabhängig von den späteren Beiträgen, zu denen der Beitrag der Klägerin gehörte, zu Recht als das erste Unternehmen im Sinne von Nr. 23 Buchst. b der Mitteilung über Zusammenarbeit ein. 166    Der zweite Teil des Klagegrundes hat somit keine Aussicht auf Erfolg. Zum hilfsweise vorgetragenen dritten Teil: Fehlen eines erheblichen Mehrwerts der von EKA Chemicals gelieferten Beweise 167    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe einen Sachverhaltsirrtum begangen, als sie davon ausgegangen sei, dass die von EKA Chemicals zwischen dem 29. und 31. März 2003 vorgelegten Beweise einen „erheblichen Mehrwert“ im Sinne der Nrn. 21 bis 23 der Mitteilung über Zusammenarbeit dargestellt hätten. Die genannten Beweise würden nur die von Degussa vorgelegten Beweise bestätigen und beträfen im Wesentlichen den skandinavischen Markt und bilaterale Treffen zu Beginn der Zuwiderhandlung, bevor die „Spielregeln“ des fraglichen multilateralen Kartells aufgestellt worden seien. 168    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im Rahmen ihrer Beurteilung der Kooperation von Mitgliedern eines Kartells den Grundsatz der Gleichbehandlung zwar nicht außer Acht lassen kann, aber über ein weites Ermessen bei der Beurteilung der Qualität und des Nutzens der von einem bestimmten Unternehmen geleisteten Zusammenarbeit verfügt. Daher kann nur ein offensichtlicher Beurteilungsfehler der Kommission beanstandet werden (vgl. Urteil Wieland-Werke/Kommission, oben in Randnr. 156 angeführt, Randnr. 124 und die dort angeführte Rechtsprechung). 169    Im vorliegenden Fall stellte die Kommission fest, dass EKA Chemicals der Kommission Beweismittel vorgelegt habe, die einen erheblichen Mehrwert gegenüber den Beweismitteln dargestellt hätten, die sich zu dem Zeitpunkt des fraglichen Beitrags bereits in ihrem Besitz befunden hätten (503. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 170    Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass aus dem 506. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, dass EKA Chemicals zu bestimmten Treffen und anderen kollusiven Kontakten Unterlagen aus der fraglichen Zeit geliefert hat, die sich auf Tatsachen bezogen, die der Kommission zuvor unbekannt waren und die sich, soweit sie den Zeitraum vom 31. Januar 1994 bis 14. Oktober 1997 betrafen, unmittelbar auf die Feststellung der Dauer des Kartells auswirkten, sowie auf Beweise, die die von Degussa vorgelegten Beweise für den Zeitraum vom 14. Oktober 1997 bis 31. Dezember 1999 bestätigten und ergänzten. 171    Was die Feststellung einer einheitlichen Zuwiderhandlung anbelangt, die auf der Ebene des EWR stattfand – was von der Klägerin nicht bestritten wird –, kann die Beurteilung der Informationen von EKA Chemicals nicht dadurch entkräftet werden, dass diese hauptsächlich den skandinavischen Markt betrafen. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass EKA Chemicals Informationen über Kontakte mit den „kontinentalen“ Herstellern übermittelte und dass sich einige der Zuwiderhandlungen ohne Unterschied auf den skandinavischen und den „kontinentalen“ Markt bezogen (vgl. u. a. Erwägungsgründe 106 und 144 der angefochtenen Entscheidung). 172    Ferner ist der von der Klägerin geltend gemachte Umstand, dass der Beitrag von EKA Chemicals weitgehend die Anfangsphase des Kartells betraf, nicht geeignet, den erheblichen Mehrwert des Beitrags in Frage zu stellen. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission aufgrund der von EKA Chemicals gelieferten Beweise den Beginn des Kartells auf den 31. Januar 1994 festlegen und die Tatsachen feststellen konnte, die die Anfangsphase zwischen dem 31. Januar 1994 und dem 14. Oktober 1997 betrafen. Entgegen den Behauptungen der Klägerin beschränkten sich die Beweise daher nicht darauf, die Informationen zu bestätigen, über die die Kommission im Zeitpunkt des betreffenden Antrags bereits verfügte. Wie sich aus dem 506. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ergibt, gehörten zu dem Beitrag von EKA Chemicals auch Beweise, die die von Degussa vorgelegten Beweise für den späteren Zeitraum vom 14. Oktober 1997 bis 31. Dezember 1999 bestätigten und ergänzten. 173    Da diese Beurteilung nicht von dem Wert des Beitrags der Klägerin abhängig ist, kann die Klägerin sie nicht mit Erfolg in Frage stellen, indem sie vorträgt, sie habe ausführlichere Beweise dafür beigebracht, wie das fragliche Kartell in den betreffenden Zeiträumen genau funktioniert habe. 174    Schließlich kann der erhebliche Mehrwert der von EKA Chemicals vorgelegten Beweise auch nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt werden, es werde angeblich nur in einer geringen Zahl von Erwägungsgründen der angefochtenen Entscheidung auf die genannten Beweise Bezug genommen. 175    Angesichts dieser Erwägungen ist festzustellen, dass die Klägerin mit ihrem Vorbringen nicht dartut, dass die Kommission einen offensichtlichen Fehler begangen hat, indem sie zu dem Schluss gelangt ist, dass EKA Chemicals vor dem Antrag der Klägerin auf Anwendung der Kronzeugenregelung Beweismittel mit einem erheblichen Mehrwert im Sinne von Nr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit vorgelegt habe. 176    Der dritte Teil des Klagegrundes ist somit zurückzuweisen. Zum höchst vorsorglich vorgetragenen vierten Teil: weitere Ermäßigung der Geldbuße außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitteilung über Zusammenarbeit 177    Die Klägerin macht geltend, die Kommission hätte ihr, um den „wahren Wert“ ihres Beitrags zum Ausdruck zu bringen, aufgrund ihrer aktiven Mitwirkung außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitteilung über Zusammenarbeit eine weitere Ermäßigung der Geldbuße nach Maßgabe der Leitlinien gewähren müssen, da die gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit gewährte Ermäßigung offensichtlich unzureichend sei. 178    Hierzu genügt der Hinweis, dass der Betroffene bei Zuwiderhandlungen, die in den Anwendungsbereich der Mitteilung über Zusammenarbeit fallen, der Kommission grundsätzlich nicht mit Erfolg vorwerfen kann, dass sie den Umfang seiner Zusammenarbeit nicht außerhalb des rechtlichen Rahmens der Mitteilung über Zusammenarbeit als mildernden Umstand berücksichtigt habe (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, Slg. 2006, II‑497, Randnr. 586 und die dort angeführte Rechtsprechung). 179    Dies gilt vorliegend umso mehr, als die Kommission die Zusammenarbeit der Klägerin berücksichtigte, indem sie die Geldbuße gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit herabsetzte. Der Kommission kann demnach nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße nicht zusätzlich außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Mitteilung herabgesetzt zu haben. 180    Soweit sich die Klägerin ferner auf Umstände beruft, die angeblich eine Abweichung von diesen Erwägungen gerechtfertigt hätten, weil der Wert ihres Beitrags nur teilweise gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit berücksichtigt worden sei, so ist daran zu erinnern, dass die Kommission der Klägerin die größtmögliche Ermäßigung von 30 % innerhalb der Bandbreite gewährte, die gemäß Nr. 23 der Mitteilung über Zusammenarbeit auf diese anwendbar war, obwohl die Klägerin erst am 26. Mai 2003, also mehrere Wochen nach ihrem ursprünglichen Antrag, zusätzliche Beweise übermittelt hatte, beschränkt auf 13 Anlagen, die angeblich Unterlagen zu dem fraglichen Kartell enthielten (Erwägungsgründe 510 und 513 der angefochtenen Entscheidung). 181    Da somit die Zusammenarbeit der Klägerin durch eine größtmögliche Ermäßigung innerhalb der anwendbaren Bandbreite gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit belohnt wurde, kann sie jedenfalls nicht mit Erfolg aus demselben Grund eine zusätzliche Ermäßigung gemäß den Leitlinien beanspruchen. 182    Folglich ist der sechste Klagegrund zurückzuweisen. 183    Was schließlich den hilfsweise gestellten Antrag auf Abänderung der Höhe der gegen die Klägerin festgesetzten Geldbuße betrifft, ist das Gericht der Ansicht, dass in Wahrnehmung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung diesem Antrag nicht stattzugeben ist, da vorliegend nichts angeführt worden ist, was eine Ermäßigung der Geldbuße rechtfertigen kann. 184    Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen. Kosten 185    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Sechste erweiterte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Die Klage wird abgewiesen. 2.      Die Arkema France SA trägt die Kosten. Vadapalas Prek Dittrich Truchot O’Higgins Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Juli 2011. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Sachverhalt Angefochtene Entscheidung Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Vorschriften über die Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft und gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung Vorbemerkungen Zum angeblichen Verstoß gegen die Vorschriften über die Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft Zum angeblichen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung Zum zweiten Klagegrund: Sachverhaltsirrtümer bezüglich der Zurechnung der Zuwiderhandlung an Total und Elf Aquitaine Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht und gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung Zum vierten Klagegrund: Rechtsfehler und Sachverhaltsirrtümer bezüglich der Erhöhung der Geldbuße zu Abschreckungszwecken Zum fünften Klagegrund: Rechtsfehler und Sachverhaltsirrtümer bezüglich der Erhöhung der Geldbuße wegen Tatwiederholung Zum ersten Teil: Verstoß gegen die Grundsätze der gesetzlichen Bestimmtheit von strafbaren Handlungen und Strafen sowie der Rechtssicherheit Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Zum sechsten Klagegrund: Rechtsfehler und Sachverhaltsirrtümer bezüglich der Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit Zum ersten Teil: Rechtsfehler in Bezug auf die Auslegung der Mitteilung über Zusammenarbeit Zum zweiten Teil: Größerer Mehrwert der von der Klägerin vorgelegten Beweismittel als der von EKA Chemicals vorgelegten Beweismittel Zum hilfsweise vorgetragenen dritten Teil: Fehlen eines erheblichen Mehrwerts der von EKA Chemicals gelieferten Beweise Zum höchst vorsorglich vorgetragenen vierten Teil: weitere Ermäßigung der Geldbuße außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitteilung über Zusammenarbeit Kosten * Verfahrenssprache: Französisch.
Urteil des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 28. April 2010.#Gütermann AG und Zwicky & Co. AG gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Europäischer Markt für Industriegarne – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR‑Abkommens festgestellt wird – Geldbußen – Schwere der Zuwiderhandlung – Konkrete Auswirkungen auf den Markt – Dauer der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Zusammenarbeit im Verwaltungsverfahren – Verhältnismäßigkeit – Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen.#Verbundene Rechtssachen T-456/05 und T-457/05.
62005TJ0456
ECLI:EU:T:2010:168
2010-04-28T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2010 II-01443
Verbundene Rechtssachen T‑456/05 und T‑457/05 Gütermann AG und Zwicky & Co. AG gegen Europäische Kommission „Wettbewerb – Kartelle – Europäischer Markt für Industriegarne – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens festgestellt wird – Geldbußen – Schwere der Zuwiderhandlung – Konkrete Auswirkungen auf den Markt – Dauer der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Zusammenarbeit im Verwaltungsverfahren – Verhältnismäßigkeit – Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen“ Leitsätze des Urteils 1.      Gemeinschaftsrecht – Auslegung – Handlungen der Organe – Begründung 2.      Wettbewerb – Kartelle – Verbot – Zuwiderhandlungen – Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen, die als einheitliche Zuwiderhandlung eingestuft werden können –Zurechnung einer Haftung an ein Unternehmen aufgrund einer Beteiligung an der Zuwiderhandlung als Ganzes – Zulässigkeit (Art. 81 Abs. 1 EG) 3.      Wettbewerb – Kartelle – Zurechnung an ein Unternehmen – Verantwortlichkeit für Handlungen anderer Unternehmen im Rahmen der gleichen Zuwiderhandlung – Zulässigkeit – Kriterien (Art. 81 Abs. 1 EG) 4.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Abstellung der Zuwiderhandlungen – Befugnis der Kommission – Anordnungen an die Unternehmen (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 7 Abs. 1) 5.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Höchstbetrag (Verordnungen des Rates Nr. 17, Art. 15 Abs. 2, und Nr. 1/2003, Art. 23 Abs. 2) 6.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung – Möglichkeit der Anhebung des Niveaus der Geldbußen, um deren abschreckende Wirkung zu verstärken (Verordnungen des Rates Nr. 17, Art. 15 Abs. 2, und Nr. 1/2003, Art. 23 Abs. 2) 7.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Angemessenheit – Gerichtliche Nachprüfung (Art. 229 EG und 253 EG; Verordnungen des Rates Nr. 17, Art. 17, und Nr. 1/2003, Art. 31) 8.      Nichtigkeitsklage – Gerichtliche Nachprüfung – Grenzen der Befassung (Art. 233 EG) 9.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Konkrete Auswirkungen auf den Markt – Beurteilungskriterien (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission) 10.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Dauer der Zuwiderhandlung – Zuwiderhandlungen von langer Dauer (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr.1 B Abs. 1) 11.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Tatsächliche Nichtdurchführung einer Vereinbarung – Beurteilung anhand des individuellen Verhaltens jedes einzelnen Unternehmens (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A Abs. 1 und Nr. 3) 12.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Passive Mitwirkung oder Mitläufertum des Unternehmens (Art. 81 EG; Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nrn. 2 und 3) 13.    Verfahren – Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens – Voraussetzungen – Neues Vorbringen – Begriff (Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 48 § 2) 14.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Herabsetzung der Geldbuße als Gegenleistung für eine Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens – Voraussetzungen – Ermessen der Kommission (Verordnung Nr. 17 des Rates; Mitteilung 96/C 207/04 der Kommission, Abschnitt D Nr. 2) 15.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Festsetzung der Geldbuße entsprechend der Gesichtspunkte zur Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2) 1.      Der verfügende Teil eines Rechtsakts kann nicht von seiner Begründung getrennt werden, so dass er, wenn dies erforderlich ist, unter Berücksichtigung der Gründe auszulegen ist, die zu seinem Erlass geführt haben. (vgl. Randnr. 41) 2.      Ein Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG kann sich nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem fortlaufenden Verhalten ergeben. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass ein oder mehrere Teile dieser Reihe von Handlungen oder dieses fortgesetzten Verhaltens auch für sich genommen und isoliert betrachtet einen Verstoß gegen die genannte Vorschrift darstellen könnten. Die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung setzt sich oft aus einer Reihe von Handlungen zusammen, die zeitlich aufeinander folgen und auch für sich genommen zu dem Zeitpunkt, zu dem sie sich ereignen, einen Verstoß gegen die Wettbewerbsvorschriften darstellen können. Die Besonderheit dieser Handlungen besteht darin, dass sie Teil einer Gesamtstrategie sind. (vgl. Randnrn. 45-46) 3.      Ein Unternehmen, das sich durch eigene Handlungen, die unter den Begriff der auf ein wettbewerbswidriges Ziel gerichteten Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG fallen und auf die Mitwirkung an der Verwirklichung der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit abzielen, an einer komplexen einheitlichen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln beteiligt hat, kann für die gesamte Zeit seiner Beteiligung an der genannten Zuwiderhandlung auch für das Verhalten verantwortlich sein, das andere Unternehmen im Rahmen der Zuwiderhandlung an den Tag legen, wenn das betreffende Unternehmen nachweislich von dem eine Zuwiderhandlung darstellenden Verhalten der anderen Beteiligten weiß oder sie vernünftigerweise vorhersehen kann und bereit ist, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen. Ein Unternehmen kann gegen das in Art. 81 Abs. 1 EG vorgesehene Verbot verstoßen, wenn sein mit dem Verhalten anderer Unternehmen koordiniertes Verhalten die Einschränkung des Wettbewerbs auf einem relevanten speziellen Markt innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt, ohne dass dies unbedingt voraussetzen würde, dass es selbst auf diesem relevanten Markt tätig ist. (vgl. Randnrn. 50, 53) 4.      Die Wahrnehmung der Befugnis zum Erlass von Anordnungen durch die Kommission muss der Natur der festgestellten Zuwiderhandlung angepasst sein. In dem Maße, in dem ein Unternehmen nicht mehr auf dem in Rede stehenden Gebiet tätig ist, ist es tatsächlich nicht mehr von der fraglichen Anordnung, die Zuwiderhandlungen einzustellen, betroffen. Es kann also insoweit keine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vorliegen. Die Anwendung von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 zur Durchführung der in den Art. 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln kann das Verbot umfassen, bestimmte Tätigkeiten, Praktiken oder Sachverhalte fortzuführen oder fortdauern zu lassen, deren Rechtswidrigkeit festgestellt worden ist, aber auch das Verbot, sich künftig ähnlich zu verhalten oder jegliche Maßnahme zu ergreifen, die geeignet wäre, einen ähnlichen Zweck zu verfolgen oder eine ähnliche Wirkung zu haben. Hat das betreffende Unternehmen sich nicht verpflichtet, sein wettbewerbswidriges Verhalten nicht zu wiederholen, ist die Kommission berechtigt, die Anordnung mit einzubeziehen, sich künftig jeder Maßnahme zu enthalten, die geeignet wäre, einen ähnlichen Zweck zu verfolgen oder eine ähnliche Wirkung zu haben, selbst wenn dieses Unternehmen auf dem vom Kartell betroffenen Gebiet nicht mehr tätig ist. Derartige Maßnahmen dürfen jedoch nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung des angestrebten Ziels angemessen und erforderlich ist. (vgl. Randnrn. 61, 63, 65, 67) 5.      Bei der Bestimmung des Begriffs „vorausgegangenes Geschäftsjahr“ muss die Kommission in jedem Einzelfall sowie unter Berücksichtigung des Zusammenhangs und der Ziele, die mit der Sanktionsregelung der Verordnung Nr. 17 und der Verordnung Nr. 1/2003 zur Durchführung der in den Art. 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln verfolgt werden, die beabsichtigte Wirkung auf das betreffende Unternehmen beurteilen und dabei insbesondere einen Umsatz berücksichtigen, der die tatsächliche wirtschaftliche Situation des Unternehmens in dem Zeitraum widerspiegelt, in dem die Zuwiderhandlung begangen wurde. Aus den Zielen der Regelung, zu der Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 gehören, und aus der Rechtsprechung ergibt sich jedoch, dass die Anwendung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes zum einen voraussetzt, dass der Kommission die Umsatzzahlen für das letzte Geschäftsjahr vor dem Erlass der Entscheidung vorliegen, und zum anderen, dass diese Zahlen einem abgeschlossenen Jahr normaler wirtschaftlicher Tätigkeit entsprechen, das sich über einen Zeitraum von zwölf Monaten erstreckt. Wenn das Geschäftsjahr vor Erlass der Entscheidung geendet hat, der Jahresabschluss des fraglichen Unternehmens aber noch nicht festgestellt oder der Kommission noch nicht mitgeteilt worden ist, ist diese somit bei der Anwendung von Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und von Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 berechtigt, ja sogar verpflichtet, den Umsatz heranzuziehen, der in einem früheren Geschäftsjahr erzielt worden ist. Ebenso kann die Kommission, wenn ein Unternehmen aufgrund der Umstellung oder Änderung seiner Abrechnungspraxis für das vorausgegangene Geschäftsjahr einen Abschluss vorlegt, der einen Zeitraum von weniger als 12 Monaten betrifft, im Rahmen der genannten Vorschriften einen Umsatz heranziehen, der in einem früheren, vollständigen Geschäftsjahr erzielt worden ist. Gleiches gilt, wenn ein Unternehmen im vorausgegangenen Geschäftsjahr keine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat und die Kommission somit nicht über Umsatzzahlen für eine Wirtschaftstätigkeit des Unternehmens im genannten Geschäftsjahr verfügt. Denn der Umsatz in diesem Zeitraum liefert keinen Anhaltspunkt für die Größe des Unternehmens und genügt damit nicht den Anforderungen der Rechtsprechung, so dass er nicht als Grundlage für die Bestimmung der Obergrenze nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 herangezogen werden kann. Selbst in einem Jahr normaler wirtschaftlicher Tätigkeit kann der Umsatz eines Unternehmens aus verschiedenen Gründen wie z. B. wegen schwieriger wirtschaftlicher Verhältnisse, einer Krise in dem betreffenden Sektor, Schadensfällen oder eines Streiks im Vergleich zu den Vorjahren erheblich, ja sogar ganz entscheidend einbrechen. Hat ein Unternehmen jedoch in einem abgeschlossenen Geschäftsjahr, in dem es eine Geschäftstätigkeit, sei es auch in geringem Umfang, ausgeübt hat, tatsächlich einen Umsatz erwirtschaftet, muss die Kommission zur Bestimmung der Grenze nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 auf diesen Umsatz abstellen. Daher muss die Kommission zumindest in den Fällen, in denen es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass ein Unternehmen seine Geschäftstätigkeit eingestellt oder seinen Umsatz verfälscht hat, um einer schweren Geldbuße zu entgehen, die Höchstgrenze der Geldbuße nach dem letzten Umsatz festsetzen, der ein abgeschlossenes Jahr wirtschaftlicher Tätigkeit widerspiegelt. (vgl. Randnrn. 89-90, 94-97) 6.      Die Befugnis der Kommission, gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zur Durchführung der in den Art. 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln Geldbußen zu verhängen, ist eines der der Kommission zugewiesenen Mittel, um sie in die Lage zu versetzen, die ihr durch das Gemeinschaftsrecht übertragene Überwachungsaufgabe zu erfüllen. Diese Aufgabe umfasst den Auftrag, einzelne Zuwiderhandlungen zu ermitteln und zu ahnden, sowie die Pflicht, eine allgemeine Politik mit dem Ziel zu verfolgen, die im Vertrag niedergelegten Grundsätze auf das Wettbewerbsrecht anzuwenden und das Verhalten der Unternehmen in diesem Sinne zu lenken. Sie umfasst ebenfalls die Aufgaben, rechtswidrige Verhaltensweisen zu ahnden und ihre Wiederholung zu verhüten. Daraus folgt, dass die Kommission auf den abschreckenden Charakter der Geldbußen achten muss. (vgl. Randnrn. 79, 91) 7.      In Bezug auf Klagen gegen die Entscheidungen der Kommission, mit denen Unternehmen Geldbußen wegen Verletzung der Wettbewerbsregeln auferlegt werden, hat der Gemeinschaftsrichter im Rahmen der ihm durch Art. 229 EG, Art. 17 der Verordnung Nr. 17 und Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 zur Durchführung der in den Art. 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln eingeräumten Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zu beurteilen, ob die Höhe der Geldbußen angemessen ist. Diese Beurteilung kann die Vorlage und die Berücksichtigung zusätzlicher Informationen erfordern, die an sich nicht in der die Geldbuße auferlegenden Entscheidung erwähnt zu werden brauchen, damit diese dem Begründungserfordernis gemäß Art. 253 EG genügt. (vgl. Randnrn. 105-106) 8.      Beschließt ein Adressat einer Entscheidung, Nichtigkeitsklage zu erheben, wird der Gemeinschaftsrichter nur mit den Teilen der Entscheidung befasst, die diesen Adressaten betreffen. Diejenigen Teile, die andere Adressaten betreffen und nicht angefochten worden sind, sind nicht Teil des Streitgegenstands, über den der Gemeinschaftsrichter zu entscheiden hat. (vgl. Randnr. 112) 9.      Die Kommission muss sich, wenn sie die konkreten Auswirkungen einer Zuwiderhandlung auf den Markt beurteilt, auf den Wettbewerb beziehen, der normalerweise ohne die Zuwiderhandlung geherrscht hätte. Um auf eine Auswirkung auf den Markt schließen zu können, genügt es, dass die vereinbarten Preise als Grundlage für die Festlegung individueller Verkaufspreise dienten und damit den Verhandlungsspielraum der Kunden einschränkten. Dagegen kann von der Kommission, wenn die Umsetzung eines Kartells erwiesen ist, nicht verlangt werden, systematisch darzutun, dass die Vereinbarungen es den beteiligten Unternehmen tatsächlich ermöglicht haben, ein höheres Niveau der Verkaufspreise zu erreichen, als es ohne das Kartell bestanden hätte. Es wäre unverhältnismäßig, eine solche Darlegung zu verlangen, die beträchtliche Ressourcen in Anspruch nehmen würde, weil sie den Rückgriff auf hypothetische Berechnungen anhand wirtschaftlicher Modelle erfordern würde, deren Genauigkeit nur schwer gerichtlich nachprüfbar und deren Unfehlbarkeit keineswegs erwiesen ist. Bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung ist nämlich entscheidend, ob die Kartellmitglieder alles in ihrer Macht Stehende taten, damit ihre Pläne konkrete Auswirkungen hatten. Was dann auf der Ebene der tatsächlich erzielten Marktpreise geschah, konnte durch andere, von den Kartellmitgliedern nicht kontrollierbare Faktoren beeinflusst werden. Die Kartellmitglieder können externe Faktoren, die ihre Bemühungen durchkreuzten, nicht zu ihren Gunsten anführen und zu Umständen umdeuten, die eine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertigen. Das tatsächliche Verhalten, das ein Unternehmen an den Tag gelegt zu haben vorgibt, ist für die Beurteilung der Auswirkung eines Kartells auf den Markt ohne Belang. Zu berücksichtigen sind allein die Auswirkungen der gesamten Zuwiderhandlung. Somit erfolgt die Berücksichtigung des eine wettbewerbsrechtliche Zuwiderhandlung darstellenden Verhaltens eines betroffenen Unternehmens zur Beurteilung seiner individuellen Lage, kann aber keinen Einfluss auf die Einstufung der Zuwiderhandlung in die Kategorie der „besonders schweren“ Verstöße haben. Bei einer Zuwiderhandlung von langer Dauer ist es wenig wahrscheinlich, dass die betroffenen Unternehmen die ihnen vorgeworfenen Praktiken als völlig wirkungs- und nutzlos angesehen haben sollten. Die Art der Zuwiderhandlung spielt, insbesondere wenn es darum geht, Zuwiderhandlungen als „besonders schwer“ einzustufen, eine übergeordnete Rolle. In dieser Hinsicht ergibt sich aus der Beschreibung der besonders schweren Verstöße in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 § 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, dass Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die u. a. auf die Preisfestsetzung abzielen, allein aufgrund ihres Wesens zu der Einstufung als „besonders schwer“ Anlass geben können, ohne dass derartige Verhaltensweisen durch eine Auswirkung oder eine besondere räumliche Reichweite gekennzeichnet sein müssten. Die Beschreibung der besonders schweren Verstöße enthält kein Erfordernis konkreter Auswirkungen auf den Markt oder auf einen bestimmten räumlichen Bereich. (vgl. Randnrn. 126, 128-130, 133-134, 136-137) 10.    Die Dauer der Zuwiderhandlung ist eines der Elemente, die bei der Festsetzung der Höhe der gegen Unternehmen, die gegen die Wettbewerbsvorschriften verstoßen haben, zu verhängenden Geldbuße zu berücksichtigen sind. Für Verstöße von langer Dauer kann die Kommission automatisch den Erhöhungs-Höchstsatz von 10 % des für die Schwere des Verstoßes ermittelten Betrags pro Jahr anwenden. Auch wenn nämlich Nr. 1 B Abs. 1 dritter Gedankenstrich der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 § 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, keine automatische Erhöhung von 10 % pro Jahr vorsieht, lässt er der Kommission insoweit einen Ermessensspielraum. Nirgends in den Leitlinien ist es untersagt, die tatsächliche Dauer der Zuwiderhandlung im Rahmen der Berechnung der Höhe der Geldbuße zu berücksichtigen. Ein solches Vorgehen ist völlig logisch und vernünftig und vom Ermessen der Kommission gedeckt. Wenn ein Unternehmen nachweislich von dem eine Zuwiderhandlung darstellenden Verhalten der anderen Beteiligten wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und wenn es bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen, wird es auch für den gesamten Zeitraum seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung als für das Verhalten verantwortlich angesehen, das im Rahmen derselben Zuwiderhandlung von anderen Unternehmen an den Tag gelegt wurde. Die Kommission ist berechtigt, implizit die Ansicht zu vertreten, dass die Dauer der Zuwiderhandlung nicht nach der Intensität der Beteiligung des klagenden Unternehmens an der Zuwiderhandlung auf den betreffenden Märkten aufzuteilen sei. Wenn die Rolle, die das fragliche Unternehmen im Kartell gespielt hat, bei der Bestimmung des Ausgangsbetrags der Geldbuße zutreffend berücksichtigt worden ist, kann die Tatsache, dass das Unternehmen nicht an allen Bestandteilen des Kartells beteiligt war, nicht erneut bei der Bestimmung der Dauer der Zuwiderhandlung berücksichtigt werden. Die Erhöhung der Geldbuße anhand der Dauer der Zuwiderhandlung richtet sich prozentual nach dem Ausgangsbetrag, der anhand der Schwere des gesamten Verstoßes ermittelt wird und damit bereits die unterschiedliche Intensität der Zuwiderhandlung widerspiegelt. Es wäre deshalb nicht logisch, wenn im Rahmen der Erhöhung dieses Betrags wegen der Dauer der Zuwiderhandlung ein Schwanken der Intensität der Zuwiderhandlung im betreffenden Zeitraum berücksichtigt würde. Es ist wichtig, stets zwischen der tatsächlichen Wirkungsdauer des Kartells und seiner Schwere, wie sie sich aus seinem Wesen ergibt, zu unterscheiden. (vgl. Randnrn. 147-148, 150, 152, 156-157, 159-160) 11.    Die in Nr. 3 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 § 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, genannten mildernden Umstände beruhen alle auf dem eigenen Verhalten jedes Unternehmens. Folglich ist bei ihrer Beurteilung nicht auf die sich aus der Zuwiderhandlung insgesamt ergebenden Wirkungen abzustellen, denen bei der Beurteilung der konkreten Auswirkungen eines Verstoßes auf den Markt zur Beurteilung der Schwere des Verstoßes Rechnung zu tragen ist, sondern auf das individuelle Verhalten jedes Unternehmens, um die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen Unternehmens festzustellen. Die Unternehmen müssen also weitere Argumente vorbringen, die für den Nachweis geeignet sind, dass sie sich im Zeitraum ihrer Teilnahme an den rechtswidrigen Vereinbarungen tatsächlich deren Durchführung entzogen, indem sie sich auf dem Markt wettbewerbskonform verhielten, oder dass sie sich zumindest den Verpflichtungen zur Umsetzung dieses Kartells so eindeutig und nachdrücklich widersetzten, dass dadurch dessen Funktionieren selbst gestört wurde. (vgl. Randnrn. 178, 180) 12.    Eine passive Mitwirkung impliziert, dass sich das betroffene Unternehmen „nicht hervorgetan“, d. h. nicht aktiv an der Ausarbeitung der wettbewerbswidrigen Absprache(n) teilgenommen hat. Bei den Gesichtspunkten, die die passive Mitwirkung eines Unternehmens an einem Kartell offenbaren können, kann berücksichtigt werden, dass es deutlich seltener als die gewöhnlichen Mitglieder des Kartells an den Zusammenkünften teilgenommen hat, dass es später in den Markt, auf dem die Zuwiderhandlung stattgefunden hat, eingetreten ist, unabhängig davon, wie lange es an der Zuwiderhandlung mitgewirkt hat, oder dass es entsprechende ausdrückliche Aussagen von Vertretern dritter an der Zuwiderhandlung beteiligter Unternehmen gibt. Nur unter besonderen Umständen ist die geringe Größe eines Unternehmens ein wichtiger Gesichtspunkt, der zu berücksichtigen ist. Haben dessen Führungskräfte mehrere Zusammenkünfte organisiert und bei ihnen die Funktion des Vorsitzenden wahrgenommen, so zieht die Kommission hieraus zu Recht den Schluss, dass kein passives Verhalten vorlag: Es steht fest, dass die Anberaumung von Treffen, der Vorschlag einer Tagesordnung und die Verteilung von Unterlagen zur Vorbereitung der Treffen mit der passiven Rolle eines Mitläufers, der sich nicht hervortut, unvereinbar sind. Derartige Initiativen lassen eine positive und aktive Haltung der betroffenen Unternehmen bei der Schaffung, Fortführung und Überwachung des Kartells erkennen. Die Kommission ist durch eine Entscheidungspraxis nicht gebunden. Sie muss nicht deshalb, weil sie in früheren Fällen die wirtschaftliche Situation der Branche als mildernden Umstand berücksichtigt hat, diese Praxis unbedingt fortsetzen. Die Kommission muss die Umstände jedes Einzelfalls individuell prüfen, ohne dass sie dabei durch frühere Entscheidungen gebunden ist, die andere Wirtschaftsteilnehmer, andere Produkt- oder Dienstleistungsmärkte oder andere räumliche Märkte zu anderen Zeiten betrafen. (vgl. Randnrn. 184-185, 189, 193-195) 13.    Aus den Bestimmungen des Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts folgt, dass neue Angriffs‑ und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden können, es sei denn, sie werden auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Ein Angriffsmittel, das eine Erweiterung eines bereits vorher – unmittelbar oder implizit – in der Klageschrift vorgetragenen Angriffsmittels darstellt und mit diesem eng zusammenhängt, ist jedoch für zulässig zu erklären. (vgl. Randnrn. 198-199) 14.    Hinsichtlich der Methode für die Berechnung von Geldbußen steht der Kommission ein weites Ermessen zu, und sie kann insoweit eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigen, zu denen auch die Kooperationsbeiträge der betroffenen Unternehmen während der von den Dienststellen der Kommission durchgeführten Untersuchungen gehören. Die Zusammenarbeit eines Unternehmens mit der Kommission kann eine Herabsetzung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen nur rechtfertigen, wenn sie die Aufgabe der Kommission erleichtert, die darin besteht, das Vorliegen einer Zuwiderhandlung festzustellen und dieser Einhalt zu gebieten. Die Kommission wird durch eine frühere Entscheidungspraxis nicht gebunden, wenn sie für ein bestimmtes Verhalten einen bestimmten Herabsetzungssatz gewährt; sie ist nicht gehalten, bei der Beurteilung eines ähnlichen Verhaltens im Rahmen eines späteren Verwaltungsverfahrens die gleiche proportionale Herabsetzung zu gewähren. Bei der Beurteilung der Qualität und der Nützlichkeit des Kooperationsbeitrags eines Unternehmens, insbesondere im Vergleich zu den Beiträgen anderer Unternehmen, verfügt die Kommission über ein weites Ermessen. In diesem Rahmen muss die Kommission komplexe Tatsachenwürdigungen, wie die Würdigung der jeweiligen Kooperationsbeiträge dieser Unternehmen, vornehmen. Die in Abschnitt D Nr. 2 der Mitteilung über Zusammenarbeit enthaltene Liste der Umstände, die Anlass zu einer Herabsetzung der Geldbuße geben, ist nur beispielhaft. Die Kommission kann die Nützlichkeit der gelieferten Information, die zwangsläufig von den sich bereits in ihrem Besitz befindlichen Beweismitteln abhängt, nicht außer Acht lassen. Wenn ein Unternehmen nur bestimmte Informationen, die ein anderes Unternehmen bereits gegeben hat, bestätigt und dies zudem weniger genau und weniger explizit geschieht, so erleichtert dies die Aufgabe der Kommission nicht erheblich und schließt eine Herabsetzung der Geldbuße aufgrund der Zusammenarbeit aus. Die Kommission lässt Milde walten, wenn ein Unternehmen den Nachweis der Zuwiderhandlung erleichtert, und zwar ganz gleich, in welchem Stadium die Hilfe des Unternehmens erfolgt und ob diese Hilfe in der Lieferung neuer Informationen oder neuer Beweismittel bestand oder darin, dass der Sachverhalt oder dessen rechtliche Einstufung anerkannt wird. Die Herabsetzung der Geldbuße im Hinblick auf die Zusammenarbeit hängt hauptsächlich von der Qualität und Nützlichkeit der geleisteten Zusammenarbeit ab, die die Kommission im Rahmen ihres weiten Wertungsspielraums beurteilt, wobei lediglich ein offenkundiges Überschreiten dieses Spielraums beanstandet werden kann. Bei ihrer Beurteilung der Zusammenarbeit durch die Unternehmen darf die Kommission den Grundsatz der Gleichbehandlung nicht außer Acht lassen, der verletzt ist, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist. Die Beurteilung der Nützlichkeit der Zusammenarbeit beruht nicht auf einer arithmetischen Formel, die von Amts wegen zu einer Herabsetzung um mindestens 20 % führt, wenn beide Gedankenstriche von Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit einschlägig sind. (vgl. Randnrn. 219-225, 238, 246, 248) 15.    Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass die Handlungen der Gemeinschaftsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was für die Erreichung des verfolgten Ziels angemessen und erforderlich ist. Bei der Bemessung von Geldbußen ist die Schwere der Zuwiderhandlungen anhand von zahlreichen Faktoren zu ermitteln, und keinem dieser Faktoren ist gegenüber den anderen Beurteilungsfaktoren unverhältnismäßiges Gewicht beizumessen. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt in diesem Zusammenhang, dass die Kommission die Geldbuße verhältnismäßig nach den Faktoren festsetzen muss, die sie für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt hat, und dass sie diese Faktoren dabei in schlüssiger und objektiv gerechtfertigter Weise bewerten muss. Die Kommission ist nicht verpflichtet, bei der Bemessung der Geldbuße die schlechte Finanzlage eines Unternehmens zu berücksichtigen, da die Anerkennung einer solchen Verpflichtung darauf hinauslaufen würde, den am wenigsten den Marktbedingungen angepassten Unternehmen einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Im Übrigen bedeutet, einmal unterstellt, dass eine von einer Gemeinschaftsbehörde getroffene Maßnahme zur Auflösung eines Unternehmens führt, eine derartige Auflösung eines Unternehmens in seiner bestehenden Rechtsform, auch wenn sie die finanziellen Interessen der Eigentümer, Aktionäre oder Anteilseigner beeinträchtigen kann, gleichwohl nicht, dass auch die durch das Unternehmen repräsentierten personellen, materiellen und immateriellen Mittel ihren Wert verlören. Weder die Verordnung Nr. 17 noch die Verordnung Nr. 1/2003 zur Durchführung der in den Art. 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln oder die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 § 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, sehen vor, dass die Höhe der Geldbußen unmittelbar nach Maßgabe der Größe des betroffenen Marktes festzusetzen ist, da dieser Faktor nur ein einschlägiger Gesichtspunkt unter anderen ist. Zwar sehen die Leitlinien nicht vor, dass die Höhe der Geldbußen anhand des Gesamtumsatzes oder des Umsatzes der Unternehmen auf dem betreffenden Markt berechnet wird; sie schließen es aber auch nicht aus, dass diese Umsätze bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt werden, damit die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts gewahrt bleiben und wenn die Umstände es erfordern. Der Teil des Umsatzes, der mit den Waren erzielt wurde, auf die sich die Zuwiderhandlung bezog, kann einen zutreffenden Anhaltspunkt für das Ausmaß einer Zuwiderhandlung und für die Verantwortlichkeit jedes Kartellmitglieds auf den genannten Märkten liefern. Er ist nämlich ein objektives Element, das einen zutreffenden Maßstab für die Schädlichkeit dieser Verhaltensweise in Bezug auf das normale Spiel des Wettbewerbs und somit einen guten Indikator für die Fähigkeit jedes betroffenen Unternehmens darstellt, einen Schaden zu verursachen. Das Gemeinschaftsrecht enthält jedenfalls keinen allgemein anwendbaren Grundsatz, wonach die Sanktion in angemessenem Verhältnis zu dem Umsatz stehen muss, den das Unternehmen mit dem Verkauf des Produkts erzielt, auf das sich die Zuwiderhandlung bezog. Für den Fall, dass gegen mehrere an der gleichen Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen Geldbußen verhängt werden, muss die Kommission nicht sicherstellen, dass die endgültigen Beträge der Geldbußen, die sich aus ihrer Berechnung für die betreffenden Unternehmen ergeben, jede Differenzierung zwischen diesen Unternehmen hinsichtlich ihres Gesamtumsatzes oder ihres Umsatzes auf dem fraglichen Produktmarkt wiedergeben. Die Kommission muss bei der Bemessung der Geldbuße nicht die Größe der betroffenen Unternehmen berücksichtigen; es gibt keinen Grund, kleine oder mittlere Unternehmen anders als andere Unternehmen zu behandeln, da diese Tatsache sie nicht von ihrer Verpflichtung zur Einhaltung der Wettbewerbsvorschriften befreit. (vgl. Randnrn. 260-261, 264, 266-267, 275, 277-283) URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer) 28. April 2010(*) „Wettbewerb – Kartelle – Europäischer Markt für Industriegarne – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR‑Abkommens festgestellt wird – Geldbußen – Schwere der Zuwiderhandlung – Konkrete Auswirkungen auf den Markt – Dauer der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Zusammenarbeit im Verwaltungsverfahren – Verhältnismäßigkeit – Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen“ In den verbundenen Rechtssachen T‑456/05 und T‑457/05 Gütermann AG mit Sitz in Gutach-Breisgau (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Burrichter und B. Kasten sowie Rechtsanwältin S. Orlikowski-Wolf, Klägerin in der Rechtssache T‑456/05, Zwicky & Co. AG mit Sitz in Wallisellen (Schweiz), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Burrichter und B. Kasten sowie Rechtsanwältin S. Orlikowski-Wolf, Klägerin in der Rechtssache T‑457/05, gegen Europäische Kommission, zunächst vertreten durch F. Castillo de la Torre, M. Schneider und K. Mojzesowicz, sodann durch F. Castillo de la Torre und K. Mojzesowicz als Bevollmächtigte, Beklagte, wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K (2005) 3452 der Kommission vom 14. September 2005 in einem Verfahren nach den Artikeln 81 [EG] und 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP/38.337 – PO/Garne) in ihrer durch die Entscheidung K (2005) 3765 der Kommission vom 13. Oktober 2005 geänderten Fassung und, hilfsweise, Herabsetzung der mit dieser Entscheidung gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße erlässt DAS GERICHT (Fünfte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten M. Vilaras sowie der Richter M. Prek (Berichterstatter) und V. M. Ciucǎ, Kanzler: T. Weiler, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2008 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1.     Gegenstand des Rechtsstreits 1        Mit der Entscheidung K (2005) 3452 vom 14. September 2005 in einem Verfahren nach den Artikeln 81 [EG] und 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP/38.337 – PO/Garne) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) in ihrer durch die Entscheidung K (2005) 3765 der Kommission vom 13. Oktober 2005 geänderten Fassung, von der eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 26. Januar 2008 (ABl. C 21, S. 10) veröffentlicht worden ist, stellte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften fest, dass die Klägerinnen, die Gütermann AG (im Folgenden: Gütermann) und die Zwicky & Co. AG (im Folgenden: Zwicky), an einer Reihe von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen auf dem Markt für Garne für Industriekunden in den Benelux- und den nordischen Ländern beteiligt gewesen seien, und zwar Gütermann im Zeitraum von Januar 1990 bis September 2001 und Zwicky im Zeitraum von Januar 1990 bis November 2000. 2        Gegen Gütermann verhängte die Kommission eine Geldbuße von 4,021 Millionen Euro und gegen Zwicky eine Geldbuße von 0,174 Millionen Euro wegen ihrer Beteiligung an dem Industriegarne betreffenden Kartell in den Benelux- und den nordischen Ländern. 2.     Verwaltungsverfahren 3        Am 7. und am 8. November 2001 führte die Kommission in den Geschäftsräumen mehrerer Hersteller von Nähgarn Nachprüfungen gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) durch. Diese Nachprüfungen erfolgten aufgrund von Auskünften, die The English Needle & Tackle Company im August 2000 erteilt hatte. 4        Am 26. November 2001 stellte die Coats Viyella plc (im Folgenden: Coats) gemäß der Mitteilung der Kommission über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit) einen Kronzeugenantrag, dem Beweise für das Vorliegen folgender Kartelle beigefügt waren: erstens eines Kartells auf dem Markt für Garne für die Automobilindustrie im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), zweitens eines Kartells auf dem Markt für Garne für Industriekunden im Vereinigten Königreich und drittens eines Kartells auf dem Markt für Garne für Industriekunden in den Beneluxländern sowie in Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden (im Folgenden zusammen: nordische Länder). 5        Die Kommission richtete aufgrund der Schriftstücke, die sie bei den Nachprüfungen mitgenommen hatte, und derjenigen, die sie von Coats erhalten hatte, im März und im August 2003 Auskunftsverlangen im Sinne des Art. 11 der Verordnung Nr. 17 an die betroffenen Unternehmen. 6        Am 15. März 2004 nahm die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an, die sie an mehrere Unternehmen wegen ihrer Beteiligung an einem oder mehreren der oben in Randnr. 4 genannten Kartelle richtete, darunter das Kartell auf dem Markt für Garne für Industriekunden in den Benelux- und den nordischen Ländern. 7        Alle Unternehmen, an die die Mitteilung der Beschwerdepunkte gesandt worden war, nahmen schriftlich Stellung. Gütermann antwortete im eigenen Namen und im Namen von Zwicky. 8        Am 19. und 20. Juli 2004 fand eine Anhörung statt. 9        Am 24. September 2004 wurde den Beteiligten Zugang zu der nichtvertraulichen Fassung der Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte sowie zu den Stellungnahmen der Beteiligten zu der Anhörung gewährt und ihnen eine Frist für weitere Stellungnahmen eingeräumt. 10      Am 14. September 2005 erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung. 3.     Angefochtene Entscheidung Bestimmung der relevanten Märkte Produktmarkt 11      In der angefochtenen Entscheidung weist die Kommission darauf hin, dass der Wirtschaftszweig Garne in zwei Kategorien unterteilt werden könne, nämlich zum einen den der Industriegarne zum Nähen oder Sticken verschiedener Bekleidungs- und sonstiger Waren wie Lederwaren, Erzeugnisse für die Automobilindustrie und Matratzen, und zum anderen den Markt der für Endverbraucher bestimmten Garne, die Einzelpersonen zum Nähen, Stopfen und für Handarbeiten verwendeten. 12      Die Kategorie der Industriegarne könne entsprechend ihrer Verwendung in drei Gruppen unterteilt werden: Bekleidungsnähgarne für verschiedene Arten von Bekleidungswaren, Stickereigarne, die auf computergestützten industriellen Stickmaschinen zur Verschönerung von Bekleidungswaren, Sportschuhen und Möbeln verwendet würden, und Spezialgarne, die in verschiedenen Wirtschaftszweigen wie bei der Herstellung von Schuhen und Lederwaren sowie in der Automobilindustrie verwendet würden. 13      Nach Ansicht der Kommission können, da kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Endverwendung und der Faserart und/oder der Garnstruktur bestehe, Industriegarne von der Angebotsseite her betrachtet als ein einziger Produktmarkt gelten. 14      Die Kommission unterscheidet allerdings zwischen den Garnen für die Automobilindustrie und den übrigen Industriegarnen. Denn obwohl diese beiden Garnarten ähnliche oder leicht substituierbare Herstellungsprozesse durchliefen, stamme die Nachfrage der Automobilindustrie von Großkunden, die für einige der von ihnen verwendeten Produkte – beispielsweise Garne für Sicherheitsgurte – höhere Anforderungen stellten und in den verschiedenen Ländern, in denen sie die Garne benötigten, Wert auf die Gleichartigkeit der Waren legten. 15      In den vorliegenden Sachen sei der Produktmarkt, für den die den Klägerinnen zur Last gelegte Zuwiderhandlung geprüft werde, der Markt für Industriegarne unter Ausschluss der Automobilindustrie (im Folgenden: Industriegarne). Die räumlichen Märkte 16      In der angefochtenen Entscheidung stellt die Kommission fest, dass nach den von den Parteien gelieferten Informationen der räumlich relevante Markt für Industriegarne ein regionaler Markt sei. Die Region könne sich je nach Fall über mehrere Länder des EWR, beispielsweise die Benelux- oder die nordischen Länder, oder auf ein einziges Land, beispielsweise das Vereinigte Königreich, erstrecken. 17      Der im vorliegenden Fall von der den Klägerinnen zur Last gelegten Zuwiderhandlung betroffene räumliche Markt sei der Markt in den Benelux- und den nordischen Ländern. Größe und Struktur der relevanten Märkte 18      Aus der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass sich der Umsatz mit Industriegarnen in den Benelux- und den nordischen Ländern auf rund 50 Millionen Euro im Jahr 2000 und rund 40 Millionen Euro im Jahr 2004 belief. 19      Außerdem ergibt sich aus dieser Entscheidung, dass Ende der Neunzigerjahre insbesondere Gütermann, Zwicky, Amann und Söhne GmbH & Co. KG (im Folgenden: Amann), Barbour Threads Ltd, bevor das Unternehmen von Coats übernommen wurde, Belgian Sewing Thread NV (im Folgenden: BST) und Coats die wichtigsten Lieferanten von Industriegarnen in den Benelux- und den nordischen Ländern waren. Beschreibung der Verstöße 20      In der angefochtenen Entscheidung weist die Kommission darauf hin, dass sich die Vorkommnisse betreffend das Kartell auf dem Markt für Industriegarne in den Benelux- und den nordischen Ländern zwischen 1990 und 2001 zugetragen hätten. 21      Die betreffenden Unternehmen hätten mindestens einmal im Jahr ein Treffen abgehalten, und diese Zusammenkünfte hätten in Form zweier Sitzungen – die eine für den Markt der Beneluxländer, die andere für den der nordischen Länder – stattgefunden, wobei das Hauptziel dieser Zusammenkünfte darin bestanden habe, die Preise auf jedem dieser beiden Märkte auf einem hohen Niveau zu halten. 22      Die Teilnehmer hätten Preislisten und Informationen über Rabatte, über die Erhöhung der Listenpreise, über die Senkung von Preisnachlässen und über die Erhöhung der Sonderpreise für bestimmte Kunden ausgetauscht. Es seien auch Vereinbarungen über die zukünftigen Preislisten, Maximalrabatte, Rabattsenkungen und die Erhöhung der Sonderpreise für bestimmte Kunden sowie Vereinbarungen zwecks Verhinderung der Unterbietung der Preise des etablierten Lieferanten und Aufteilung der Kunden geschlossen worden (angefochtene Entscheidung, Erwägungsgründe 99 bis 125). Verfügender Teil der angefochtenen Entscheidung 23      In Art. 1 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass acht Unternehmen, darunter Gütermann und Zwicky, dadurch gegen Art. 81 EG und gegen Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßen hätten, dass sie sich, was Gütermann betrifft, in der Zeit von Januar 1990 bis September 2001 und, was Zwicky angeht, von Januar 1990 bis November 2000 an einer Reihe von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen auf dem Markt für Industriegarne in den Benelux- und den nordischen Ländern beteiligt hätten. 24      Mit Art. 2 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung wurden insbesondere gegen folgende Unternehmen für das Kartell auf dem Markt für Industriegarne in den Benelux- und den nordischen Ländern folgende Geldbußen verhängt: –        Coats: 15,05 Millionen Euro; –        Amann: 13,09 Millionen Euro; –        BST: 0,979 Millionen Euro; –        Gütermann: 4,021 Millionen Euro; –        Zwicky: 0,174 Millionen Euro. 25      In Art. 3 der angefochtenen Entscheidung gab die Kommission den in der genannten Entscheidung aufgeführten Unternehmen auf, die Zuwiderhandlungen, die sie festgestellt habe, unverzüglich einzustellen, soweit dies nicht bereits geschehen sei. Sie verpflichtete sie außerdem dazu, von der Wiederholung der in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Handlungen sowie von allen Handlungen oder Verhaltensweisen abzusehen, die einen ähnlichen Zweck bzw. eine ähnliche Wirkung hätten. Verfahren und Anträge der Parteien 26      Die Klägerinnen haben mit Klageschriften, die am 30. Dezember 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, die vorliegenden Klagen erhoben. 27      Gütermann beantragt in der Rechtssache T‑456/05, –        Art. 1 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin ein Verstoß der Klägerin gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR‑Abkommen für den Markt Finnlands, Norwegens und Schwedens für die Zeit von Januar 1990 bis September 2001 und, hilfsweise, für die Zeit von Januar 1990 bis einschließlich Dezember 1993 festgestellt wird; –        Art. 2 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin der Klägerin eine Geldbuße von 4,021 Millionen Euro auferlegt wird, oder, hilfsweise, den Betrag dieser Geldbuße angemessen herabzusetzen; –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 28      Die Kommission beantragt, –        die Klage abzuweisen; –        Gütermann die Kosten aufzuerlegen. 29      Zwicky beantragt in der Rechtssache T‑457/05, –        Art. 1 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin ein Verstoß der Klägerin gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR‑Abkommen für den Markt Finnlands, Norwegens und Schwedens für die Zeit von Januar 1990 bis November 2000 und, hilfsweise, für die Zeit von Januar 1990 bis einschließlich Dezember 1993 festgestellt wird; –        Art. 2 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin der Klägerin eine Geldbuße von 0,174 Millionen Euro auferlegt wird, oder, hilfsweise, den Betrag dieser Geldbuße angemessen herabzusetzen; –        Art. 3 der angefochtenen Entscheidung bezüglich der Klägerin für nichtig zu erklären; –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 30      Die Kommission beantragt, –        die Klage abzuweisen; –        Zwicky die Kosten aufzuerlegen. 31      Mit Beschluss vom 9. Dezember 2008 hat der Präsident der Fünften Kammer des Gerichts nach Anhörung der Parteien beschlossen, die Rechtssachen T‑456/05 und T‑457/05 gemäß Art. 50 der Verfahrensordnung des Gerichts zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden. Rechtliche Würdigung 32      Erstens machen die Klägerinnen zwei Klagegründe hinsichtlich des eine Zuwiderhandlung darstellenden Verhaltens geltend. Sie führen zunächst den Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) an. Zwicky führt sodann einen Klagegrund an, wonach die Anordnungen, die Zuwiderhandlung abzustellen und sich ihrer Wiederholung zu enthalten, nicht gerechtfertigt seien. 33      Zweitens machen die Klägerinnen eine Reihe von Klagegründen geltend, die auf die Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße gerichtet sind. Zum einen wirft Zwicky der Kommission vor, gegen sie eine Geldbuße verhängt zu haben, deren Betrag die Obergrenze von 10 % ihres Umsatzes übersteige. Zum anderen machen die Klägerinnen fünf Klagegründe geltend, die aus einer unzutreffenden Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung im Hinblick auf deren Wirkungen, einer unzutreffenden Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung, der Nichtberücksichtigung bestimmter mildernder Umstände, einer unzutreffenden Beurteilung der Mitteilung über Zusammenarbeit und der Unverhältnismäßigkeit der Geldbuße hergeleitet werden. 1.     Zu den Klagegründen, die gegen die Feststellung eines Verstoßes und die Anordnungen gerichtet sind, diesen abzustellen und nicht zu wiederholen Zum von Gütermann und Zwicky geltend gemachten Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 Vorbringen der Parteien 34      Nach Ansicht der Klägerinnen hat die Kommission gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen, der bestimmt: „Stellt die Kommission auf eine Beschwerde hin oder von Amts wegen eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 [EG] oder Artikel 82 [EG] fest, so kann sie die beteiligten Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung verpflichten, die festgestellte Zuwiderhandlung abzustellen.“ Indem die Kommission nämlich den Klägerinnen zum Vorwurf gemacht habe, durch ihre Beteiligung an Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, und zwar Gütermann im Zeitraum von Januar 1990 bis September 2001 und Zwicky im Zeitraum von Januar 1990 bis November 2000, auf den Märkten für Industriegarne in den Benelux- und den nordischen Ländern gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR‑Abkommens verstoßen zu haben, habe sie die Tatsache nicht berücksichtigt, dass das EWR‑Abkommen erst am 1. Januar 1994 in Kraft getreten sei und somit seine Bestimmungen vor diesem Datum für Finnland, Norwegen und Schweden nicht gegolten hätten. Außerdem sei, da Finnland und Schweden der Europäischen Gemeinschaft erst am 1. Januar 1995 beigetreten seien, Art. 81 EG erst zu diesem Zeitpunkt unmittelbar anwendbar geworden. 35      Die Klägerinnen sind außerdem der Ansicht, dass die Kommission zu Recht der Auffassung gewesen sei, eine Zuwiderhandlung im Rechtssinn, d. h. ein Verstoß gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR‑Abkommens aufgrund ihres Verhaltens, habe für Finnland, Norwegen und Schweden erst ab dem 1. Januar 1994 vorliegen können. Der Kommission sei somit ein Fehler unterlaufen, indem sie in rechtlicher Hinsicht vom Vorliegen einer sich lediglich intensivierenden Zuwiderhandlung ausgegangen sei. Die Kommission unterscheide nicht zwischen der tatsächlichen Würdigung des Verhaltens der Klägerinnen als einheitliches und von Januar 1990 bis September 2001 (Gütermann) bzw. von Januar 1990 bis November 2000 (Zwicky) fortgesetztes Kartell und der rechtlichen Bewertung dieses Verhaltens als Verstoß gegen die Wettbewerbsvorschriften innerhalb dieser beiden Zeiträume. 36      Ferner halten die Klägerinnen ihren Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 für zulässig. Die Kommission mache zu Unrecht geltend, dieser Klagegrund sei deshalb unzulässig, weil die Klägerinnen keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler bei der Einordnung ihres Verhaltens als einheitliches und fortgesetztes Kartell rügten. Die Kommission habe das Verhalten der Klägerinnen in tatsächlicher Hinsicht als einheitliches und fortgesetztes Kartell eingeordnet, was die Klägerinnen im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes nicht rügten. Dagegen enthalte Art. 1 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung eine rechtlich fehlerhafte Beurteilung, weil zum einen Zwicky auf dem Markt für Industriegarne der nordischen Länder nicht tätig gewesen sei und zum anderen für Schweden, Norwegen und Finnland im Zeitraum Januar 1990 bis Dezember 1993 kein Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln vorgelegen haben könne. 37      Die Kommission macht in erster Linie geltend, der vorliegende Klagegrund sei unzulässig, und stellt hilfsweise dessen Begründetheit in Abrede. Würdigung durch das Gericht 38      Das Gericht ist der Ansicht, dass die Begründetheit des Klagegrundes eines Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 zu beurteilen ist, ohne dass seine Zulässigkeit geprüft zu werden braucht. 39      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Art. 1 Abs. 1 Buchst. g und h der angefochtenen Entscheidung feststellt, dass die Klägerinnen durch ihre Beteiligung an aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen von Januar 1990 bis September 2001 (Gütermann) bzw. von Januar 1990 bis November 2000 (Zwicky) auf den Märkten für Industriegarne in den Benelux- und den nordischen Ländern gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR‑Abkommens verstoßen hätten. 40      Es ist festzustellen, dass dieser Artikel, isoliert betrachtet, so verstanden werden könnte, dass die Kommission eine Zuwiderhandlung der Klägerinnen durch ihre Beteiligung an aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen auf dem Markt für Industriegarne in Finnland, Norwegen und Schweden zwischen Januar 1990 und Dezember 1993, also vor Inkrafttreten des EWR‑Abkommens, bejaht hat. Es steht fest, dass zu dieser Zeit keine Rechtsgrundlage existierte, die es der Kommission erlaubt hätte, eine derartige Zuwiderhandlung den Klägerinnen anzulasten. 41      Allerdings ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass der verfügende Teil eines Rechtsakts nicht von seiner Begründung getrennt werden kann, so dass er, wenn dies erforderlich ist, unter Berücksichtigung der Gründe auszulegen ist, die zu seinem Erlass geführt haben (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Mai 1997, TWD/Kommission, C‑355/95 P, Slg. 1997, I‑2549, Randnr. 21, Urteil des Gerichts vom 13. Juni 2000, EPAC/Kommission, T‑204/97 und T‑270/97, Slg. 2000, II‑2267, Randnr. 39). 42      Insoweit geht klar aus den Erwägungsgründen 246, 295 bis 298 und 331 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass das Kartell, soweit es Finnland, Norwegen und Schweden betrifft, erst ab dem 1. Januar 1994, dem Datum des Inkrafttretens des EWR‑Abkommens, einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft und die des EWR dargestellt hat. Daher ist Art. 1 Abs. 1 Buchst. g und h der angefochtenen Entscheidung im Licht dieser klaren und unmissverständlichen Begründung zu lesen. Somit ist davon auszugehen, dass der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung so zu verstehen ist, dass für Finnland, Norwegen und Schweden der Tatbestand der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung erst ab dem 1. Januar 1994 vorgelegen hat. 43      Zweitens dringen die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen nicht durch, das im Kern darin besteht, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung zwischen der rechtlichen Bewertung eines Verstoßes gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR‑Abkommens zum einen und der tatsächlichen Würdigung ihres Verhaltens als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung in den Erwägungsgründen 264 bis 277 der angefochtenen Entscheidung zum anderen unterschieden. Daraus folgern sie ebenfalls zu Unrecht, dass der Kommission, weil eine Zuwiderhandlung „im Rechtssinn“ für Finnland, Norwegen und Schweden erst ab dem 1. Januar 1994 habe vorliegen können, bei der Bejahung einer sich lediglich intensivierenden Zuwiderhandlung ein Fehler unterlaufen sei. 44      An erster Stelle ist zu beachten, dass die Klägerinnen keineswegs den Charakter der Zuwiderhandlung als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung auf dem Markt für Industriegarne in den Benelux- und den nordischen Ländern in Frage gestellt haben. 45      Sodann ist daran zu erinnern, dass sich ein Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder auch aus einem fortlaufenden Verhalten ergeben kann. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass ein oder mehrere Teile dieser Reihe von Handlungen oder dieses fortgesetzten Verhaltens auch für sich genommen und isoliert betrachtet einen Verstoß gegen die genannte Vorschrift darstellen könnten (Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, Slg. 1999, I‑4125, Randnr. 81, Urteil des Gerichts vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, Slg. 2006, II‑897, Randnr. 155). 46      So setzt sich die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung oft aus einer Reihe von Handlungen zusammen, die zeitlich aufeinanderfolgen und auch für sich genommen zu dem Zeitpunkt, zu dem sie sich ereignen, einen Verstoß gegen die Wettbewerbsvorschriften darstellen können. Die Besonderheit dieser Handlungen besteht darin, dass sie Teil einer Gesamtstrategie sind. Dies hat die Kommission im Kern in den Erwägungsgründen 264 bis 277 der angefochtenen Entscheidung für das Kartell auf dem Markt für Industriegarne in den Benelux- und den nordischen Ländern festgestellt. 47      Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen erschöpfen sich die in den vorgenannten Erwägungsgründen der angefochtenen Entscheidung dargelegten Erwägungen nicht allein in einer bloßen Feststellung von Sachverhaltselementen, sondern führen objektive Gründe an, die die Kommission zu dem Schluss zwingen, dass die Zuwiderhandlung auf dem Markt für Industriegarne in den nordischen Ländern zusammen mit der auf dem Markt für Industriegarne in den Beneluxländern eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bildete. 48      Dass die Rechtsgrundlage, auf die sich die Kommission für die Bejahung der Zuwiderhandlung auf den Märkten für Industriegarne in Finnland, Norwegen und Schweden gestützt hat, erst nach Beginn der Zuwiderhandlung vorlag, ist insoweit ohne Belang, da das Verhalten der Klägerinnen auf diesem Markt, wie dies aus der Begründung der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, erst ab dem 1. Januar 1994 berücksichtigt wurde. 49      An zweiter Stelle ist der von Zwicky vorgebrachte Einwand, dass dieses Unternehmen auf dem Markt der nordischen Länder nicht tätig gewesen sei, zurückzuweisen. Wie oben in Randnr. 44 angeführt, hat Zwicky bestätigt, dass sie die Einstufung des Kartells auf dem Markt für Industriegarne in den Benelux- und den nordischen Ländern als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung nicht in Frage stelle. 50      Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass ein Unternehmen, das sich durch eigene Handlungen, die den Begriff von auf ein wettbewerbswidriges Ziel gerichteten Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen im Sinne von Art. 81 EG erfüllen und zur Mitwirkung an der Verwirklichung der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit bestimmt sind, an einer komplexen einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt hat, für die gesamte Zeit seiner Beteiligung an der genannten Zuwiderhandlung auch für das Verhalten verantwortlich sein kann, das andere Unternehmen im Rahmen der Zuwiderhandlung an den Tag legen, wenn das betreffende Unternehmen nachweislich von dem eine Zuwiderhandlung darstellenden Verhalten der anderen Beteiligten weiß oder sie vernünftigerweise vorhersehen kann und bereit ist, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen (Urteil Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 203, Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, Brugg Rohrsysteme/Kommission, T‑15/99, Slg. 2002, II‑1613, Randnr. 73). 51      Im vorliegenden Fall bestreitet Zwicky nicht, regelmäßig an den Zusammenkünften teilgenommen zu haben, die den Industriegarnen auf dem Markt der nordischen Länder galten, hat in keiner Weise die Behauptung der Kommission in Frage gestellt, sie sei auf diesem Markt der Industriegarne in den nordischen Ländern vor Beginn der einheitlichen Zuwiderhandlung tätig gewesen, hat nicht bestritten, an Tatbestandsmerkmalen der Zuwiderhandlung betreffend den Markt der Industriegarne in den Beneluxländern beteiligt gewesen zu sein, und hat außerdem nicht bestritten, dass die genannten Tatbestandsmerkmale Teil einer Gesamtstrategie und somit nur einige der Bestandteile der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung auf dem Markt für Industriegarne in den Benelux- und den nordischen Ländern waren. 52      Daraus folgt, dass der Umstand allein, dass Zwicky auf dem Markt für Industriegarne in den nordischen Ländern in dem Zeitraum, in dem die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung begangen wurde, nicht tätig war, sie nicht von ihrer Verantwortlichkeit für das Verhalten zu entlasten vermag, das die übrigen Unternehmen im Rahmen der genannten Zuwiderhandlung auf diesem räumlichen Markt gezeigt haben. 53      Außerdem ist, soweit die Rüge von Zwicky so zu verstehen ist, dass nur die Unternehmen, die in ihrer Eigenschaft als Wettbewerber – Anbieter oder Nachfrager – auf dem räumlichen Markt der nordischen Länder tätig sind, ihr Verhalten als (Mit‑)Täter einer Zuwiderhandlung zu koordinieren vermögen, darauf hinzuweisen, dass ein Unternehmen gegen das in Art. 81 Abs. 1 EG vorgesehene Verbot verstoßen kann, wenn sein mit dem anderer Unternehmen koordiniertes Verhalten die Einschränkung des Wettbewerbs auf einem relevanten speziellen Markt innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt, ohne dass dies unbedingt voraussetzen würde, dass es selbst auf diesem relevanten Markt tätig ist (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2008, AC‑Treuhand/Kommission, T‑99/04, Slg. 2008, II‑1501, Randnr. 122). 54      In Anbetracht der oben in Randnr. 51 getroffenen Feststellungen kann Zwicky nicht mit Erfolg in Abrede stellen, dass sie auch als Mittäter für einen Verstoß gegen die Wettbewerbsvorschriften wegen eines Kartells für Industriegarne auf dem Markt der nordischen Länder verantwortlich ist. 55      Folglich ist der Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 zurückzuweisen. Zu dem von Zwicky geltend gemachten Klagegrund, die Anordnungen, die Zuwiderhandlung abzustellen und sich ihrer Wiederholung zu enthalten, seien nicht gerechtfertigt Vorbringen der Parteien 56      Zwicky weist darauf hin, dass die Kommission in Art. 3 der angefochtenen Entscheidung den betreffenden Unternehmen aufgegeben habe, unverzüglich die festgestellten Zuwiderhandlungen einzustellen, soweit dies nicht bereits geschehen sei, und künftig von jeder unter die festgestellten Zuwiderhandlungen fallenden Handlung oder jedem Verhalten mit ähnlichem Zweck abzusehen. 57      Zwicky macht geltend, dass sie nicht nur seit November 2000 nicht mehr auf den von der angefochtenen Entscheidung betroffenen Märkten tätig sei, sondern dass sie auch sämtliche Geschäftsaktivitäten eingestellt habe, um sich nunmehr auf die Verwaltung von Immobilien zu beschränken. Die vorgenannten Anordnungen verstießen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, und Art. 3 der angefochtenen Entscheidung sei rechtswidrig. Soweit es der Kommission möglich sei, ohne Vornahme zusätzlicher Prüfungen festzustellen, dass die Zuwiderhandlungen bereits eingestellt worden seien und dass keine Wiederholungsgefahr bestehe, habe die Kommission kein berechtigtes Interesse daran, eine Anordnung zu erlassen. Hierfür stützt sich Zwicky auf ein Urteil des Gerichtshofs vom 2. März 1983, GVL/Kommission (7/82, Slg. 1983, 483, Randnrn. 24 ff.). 58      Die Kommission beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 59      Mit dem vorliegenden Klagegrund beantragt Zwicky, Art. 3 des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung, soweit dieser Artikel sie betrifft, für nichtig zu erklären. 60      Es ist festzustellen, dass Art. 3 des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung tatsächlich zwei Anordnungen enthält. 61      Zunächst wird in dieser Bestimmung verlangt, dass die betreffenden Unternehmen die in Art. 1 des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung genannten Zuwiderhandlungen unverzüglich einstellen, soweit dies nicht bereits geschehen ist. Da Zwicky zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung nicht mehr auf dem Gebiet der Industriegarne tätig war, hat das gegen diese Bestimmung angeführte Vorbringen offenkundig keine Grundlage. Denn selbst wenn Zwicky zu den in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung aufgeführten Unternehmen gehört, hatte sie durch die genannte Aufgabe ihrer Tätigkeiten bereits die Zuwiderhandlung eingestellt und war somit tatsächlich nicht mehr von der fraglichen Anordnung betroffen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 20. April 1999, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, T‑305/94 bis T‑307/94, T‑313/94 bis T‑316/94, T‑318/94, T‑325/94, T‑328/94, T‑329/94 und T‑335/94, Slg. 1999, II‑931, Randnr. 1247). Aufgrund dieses Umstands geht auch das Vorbringen von Zwicky zu einer insoweit vorliegenden Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ins Leere (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, T‑410/03, Slg. 2008, II‑4451, Randnr. 196). 62      Sodann wird in Art. 3 der angefochtenen Entscheidung verlangt, dass die in Art. 1 aufgeführten Unternehmen künftig von der Wiederholung der in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Handlungen oder Verhaltensweisen sowie von jeder Maßnahme absehen, die einen ähnlichen Zweck bzw. eine ähnliche Wirkung hätte. 63      Es ist daran zu erinnern, dass die Anwendung von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 das Verbot umfassen kann, bestimmte Tätigkeiten, Praktiken oder Sachverhalte fortzuführen oder fortdauern zu lassen, deren Rechtswidrigkeit festgestellt worden ist, aber auch das Verbot, sich künftig ähnlich zu verhalten. Derartige den Unternehmen auferlegte Verpflichtungen dürfen jedoch nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung des angestrebten Ziels angemessen und erforderlich ist (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg. 2000, II‑491, Randnrn. 4704 und 4705 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Übrigen muss die Wahrnehmung der Befugnis zum Erlass von Anordnungen durch die Kommission der Natur der festgestellten Zuwiderhandlung angepasst sein (Urteil des Gerichtshofs vom 6. März 1974, Istituto Chemioterapico Italiano und Commercial Solvents/Kommission, 6/73 und 7/73, Slg. 1974, 223, Randnr. 45; Urteile des Gerichts vom 7. Oktober 1999, Irish Sugar/Kommission, T‑228/97, Slg. 1999, II‑2969, Randnr. 298, und vom 12. Dezember 2000, Aéroports de Paris/Kommission, T‑128/98, Slg. 2000, II‑3929, Randnr. 82). 64      Im vorliegenden Fall hat die Kommission in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass Zwicky mit anderen Unternehmen gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR‑Abkommens verstoßen habe, indem sie sich, überdies über einen sehr langen Zeitraum hinweg, an Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Bereich der Industriegarne in den Benelux- und den nordischen Ländern beteiligt habe, in deren Rahmen sie und andere Unternehmen vereinbart hätten, zukünftige Preislisten, Maximalrabatte, Rabattsenkungen und die Erhöhung der Sonderpreise für bestimmte Kunden festzusetzen sowie die Unterbietung der Preise des etablierten Lieferanten zu vermeiden und die Kunden untereinander aufzuteilen. Zwicky tritt den dazu in der angefochtenen Entscheidung angestellten Erwägungen nicht entgegen. 65      Unter diesen Umständen hat die Kommission dadurch, dass sie den betroffenen Unternehmen aufgab, sich künftig im Rahmen des Marktes der Industriegarne in den Benelux- und den nordischen Ländern jeder Maßnahme zu enthalten, die geeignet wäre, einen ähnlichen Zweck zu verfolgen oder eine ähnliche Wirkung zu haben, nicht die ihr durch Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 übertragenen Befugnisse überschritten (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 61 angeführt, Randnr. 199). 66      Dass Zwicky am Tag des Erlasses der angefochtenen Entscheidung nicht mehr im Bereich der Industriegarne tätig war, vermag dieses Ergebnis nicht in Frage zu stellen. Denn eine Anordnung wie die vorliegende ist ihrem Wesen nach präventiv und hängt nicht von der Lage der betreffenden Unternehmen zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung ab. 67      Die Kommission war umso mehr berechtigt, diese Anordnung in den verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung aufzunehmen, als Zwicky sich nicht verpflichtet hatte, ihr wettbewerbswidriges Verhalten nicht zu wiederholen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 11. März 1999, Thyssen Stahl/Kommission, T‑141/94, Slg. 1999, II‑347, Randnr. 678). 68      Darüber hinaus ist das oben in Randnr. 57 angeführte Urteil GVL/Kommission, auf das Zwicky sich beruft, im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Denn abgesehen davon, dass die Umstände in dieser Rechtssache sich von denjenigen in der vorliegenden Rechtssache unterscheiden, ist in den obigen Randnrn. 60 bis 67 zum einen dargetan worden, dass Zwicky nicht von der Anordnung, unverzüglich die in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Zuwiderhandlungen einzustellen, betroffen war, und zum anderen, dass die Kommission ein völlig berechtigtes Interesse daran hatte, die an Zwicky gerichtete Anordnung zu erlassen, künftig von jeder unter die festgestellten Zuwiderhandlungen fallenden Handlung oder von jedem Verhalten mit ähnlichem Zweck abzusehen. 69      Aus allen diesen Gründen ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen. 2.     Zu den gegen die Geldbuße und ihren Betrag gerichteten Klagegründen Zu dem von Zwicky geltend gemachten Klagegrund, wonach die Obergrenze von 10 % des Umsatzes überschritten worden sei Vorbringen der Parteien 70      Nach dem Hinweis darauf, dass sie ihre Geschäftstätigkeiten in Bezug auf Industriegarne im November 2000 eingestellt habe, wirft Zwicky der Kommission zunächst vor, für ihre Berechnung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes auf den von Gütermann erzielten Umsatz abgestellt zu haben. Denn Gütermann habe lediglich einen Teil ihrer Aktivitäten übernommen und unterliege nicht ihrer Kontrolle. Somit sei allein der Umsatz von Zwicky entscheidend. Da Zwicky seit 2001 keinen Umsatz mehr erziele, könne gegen sie keine Geldbuße in Anwendung von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verhängt werden. Die Verordnung Nr. 1/2003 stelle nämlich auf den Gesamtumsatz des letzten Geschäftsjahrs vor dem Erlass der Entscheidung ab. Die Tatsache, dass für die Geldbuße an diesen Umsatz angeknüpft werde, erlaube es, die Größe und den Einfluss des Unternehmens auf dem Markt zu berücksichtigen. Entscheidend sei daher die aktuelle Umsatzsituation der Unternehmen. Ein keine Umsätze mehr tätigendes Unternehmen habe keinen Einfluss auf den Markt, so dass gegen dieses Unternehmen keine Geldbuße mehr verhängt werden könne. 71      Zwicky weist sodann darauf hin, dass das von der Kommission angeführte Urteil des Gerichts vom 29. November 2005, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission (T‑33/02, Slg. 2005, II‑4973), dahin auszulegen sei, dass die Berücksichtigung eines Umsatzes, der nicht der des abgeschlossenen Geschäftsjahrs vor Erlass der Entscheidung sei, möglich sei, wenn das betreffende Unternehmen seine Geschäftstätigkeiten eingestellt oder seinen Umsatz zur Vermeidung der Verhängung einer schweren Geldbuße verfälscht habe. Im vorliegenden Fall sei dies nicht gegeben. Insoweit trägt Zwicky vor, sie habe ihren Geschäftsbereich ein Jahr vor den Nachprüfungen der Kommission infolge einer Verschlechterung ihrer Wettbewerbssituation veräußert. 72      Zwicky betont weiter, dass im vorliegenden Fall ihre Geschäftstätigkeit von Gütermann im Rahmen eines Asset deal erworben worden sei und daher die mit der so übernommenen Tätigkeit verbundenen Einkünfte auf Gütermann übergegangen seien und deren für die Anwendung von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zu berücksichtigenden Umsatz hätten erhöhen müssen. Ferner handele es sich bei dem Verkauf ihrer Tätigkeiten an Gütermann nicht um eine rein unternehmensinterne Reorganisation. 73      Schließlich erkläre sich der Umstand, dass die Klägerinnen in Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte ein einziges Dokument übersandt hätten, dadurch, dass die Geschäftsaktivitäten im Bereich Industriegarne von Gütermann übernommen worden seien und dass der Präsident des Verwaltungsrats von Zwicky infolge dieses Vorgangs als Mitglied des Vorstands von Gütermann bestellt worden sei. Dies ändere allerdings nichts daran, dass Zwicky von Gütermann unabhängig sei und Gütermann nicht Aktionär von Zwicky geworden sei. 74      Nach Ansicht der Kommission geht dieser Klagegrund ins Leere, da sie, selbst wenn das Vorbringen von Zwicky zuträfe, die maximale Höhe der Geldbuße unter Berücksichtigung des Umsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahrs bestimmt hätte, wie sie es bereits in anderen Rechtssachen getan habe. Sie stellt fest, dass der Gesamtumsatz von Zwicky 1999 4,5 Millionen Euro betragen habe und die Geldbuße von 0,174 Millionen Euro keineswegs die Obergrenze von 10 % dieses Umsatzes übersteige. 75      Hilfsweise macht die Kommission zunächst geltend, dass sie, auch wenn Gütermann im November 2000 den vom Kartell auf dem Markt für Industriegarne betroffenen Geschäftsbereich von Zwicky gekauft habe, berücksichtigt habe, dass Zwicky zehn Jahre lang an der geahndeten Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, und dass sie der Auffassung gewesen sei, dass der Umstand, dass Zwicky nach Verkauf ihrer Geschäftsaktivitäten rechtlich in Form einer „leeren Hülle“ fortbestanden habe, ein mit dem besonderen Ziel inszeniertes Manöver gewesen sei, wegen Verstoßes gegen Wettbewerbsregeln zu verhängenden Sanktionen zu entgehen. Zwicky sei außerdem nicht der Rechtsprechung entgegengetreten, nach der grundsätzlich die natürliche oder juristische Person, die das betreffende Unternehmen zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung leite, für diese einzustehen habe. Da der Präsident des Verwaltungsrats von Zwicky in der Geschäftsleitung von Gütermann vertreten gewesen sei und somit über genaue Kenntnisse über die Beteiligung der beiden Unternehmen an dem Kartell verfügt habe, ließen sich die Gründe für die Entscheidung, Zwicky fortbestehen zu lassen, leicht nachvollziehen. 76      Sodann ist die Kommission der Ansicht, dass die Auslegung von Art. 23 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung Nr. 1/2003, die Zwicky vertrete, mit dem Grundsatz der praktischen Wirksamkeit nicht vereinbar sei, denn sie erlaube es den Unternehmen, sich ihrer Verantwortung durch rein interne Reorganisationen zu entledigen. Dieser Gedanke liege dem oben in Randnr. 71 angeführten Urteil Britannia Alloys & Chemicals/Kommission zugrunde. 77      Schließlich macht die Kommission geltend, dass die engen Verbindungen zwischen Zwicky und Gütermann daraus hervorgingen, dass sie gemeinsam zur Mitteilung der Beschwerdepunkte Stellung genommen hätten und sich vor dem Gericht durch dieselben Anwälte vertreten ließen. Würdigung durch das Gericht 78      Nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 kann die Kommission den Unternehmen Geldbußen auferlegen, die 10 % des Umsatzes nicht übersteigen, den sie im dem Erlass der Entscheidung vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielt haben. Diese Obergrenze von 10 % soll verhindern, dass die Geldbußen außer Verhältnis zur Größe des Unternehmens stehen und insbesondere, dass Geldbußen verhängt werden, bei denen vorhersehbar ist, dass die Unternehmen sie nicht werden begleichen können. Da tatsächlich allein der Gesamtumsatz einen ungefähren Anhaltspunkt in dieser Hinsicht liefern kann, ist dieser Prozentsatz so zu verstehen, dass er sich auf den Gesamtumsatz bezieht (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 119). 79      Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 sollen zudem der Kommission die Befugnis verleihen, Geldbußen zu verhängen, um sie in die Lage zu versetzen, die ihr durch das Gemeinschaftsrecht übertragene Überwachungsaufgabe zu erfüllen (Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 78 angeführt, Randnr. 105, und Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, T‑224/00, Slg. 2003, II‑2597, Randnr. 105). Diese Aufgabe umfasst den Auftrag, einzelne Zuwiderhandlungen zu ermitteln und zu ahnden, sowie die Pflicht, eine allgemeine Politik mit dem Ziel zu verfolgen, die im Vertrag niedergelegten Grundsätze auf das Wettbewerbsrecht anzuwenden und das Verhalten der Unternehmen in diesem Sinne zu lenken. Daraus folgt, dass die Kommission darauf achten muss, dass die Geldbußen abschreckenden Charakter haben (Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, Randnrn. 105 und 106). 80      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass mit dem „vorausgegangenen Geschäftsjahr“ im Sinne von Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr eines jeden der betroffenen Unternehmen zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung gemeint ist (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 2007, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, C‑76/06 P, Slg. 2007, I‑4405, Randnr. 32). 81      Da die angefochtene Entscheidung vom 14. September 2005 datiert, war im vorliegenden Fall das vorausgegangene Geschäftsjahr das vom 1. Juli 2004 bis 30. Juni 2005. Zwicky übertrug ihren Tätigkeitsbereich Industriegarne im November 2000 an Gütermann. Folglich meinte die Kommission, dass sie für Zwicky zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung nicht über Umsatzzahlen verfügt habe, die eine wirtschaftliche Tätigkeit abbildeten, die dieses Unternehmen im vorausgegangenen Geschäftsjahr ausgeübt habe. Indem sie sich außerdem im 383. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung darauf stützte, dass infolge der Übertragung der Aktivitäten im Industriegarnebereich von Zwicky an Gütermann ein Mutter‑Tochter‑Verhältnis zwischen Gütermann und Zwicky bestanden habe, war sie der Ansicht, sie könne sich zur Anwendung der Obergrenze von 10 % auf die Umsätze von Gütermann stützen. 82      Bei den von Zwicky vorgebrachten Rügen sind zwei Gesichtspunkte zu unterscheiden: zum einen, dass die Kommission sich dafür entschieden habe, die Umsätze von Gütermann heranzuziehen, und zum anderen, dass sie nicht die Umsätze von Zwicky im am 30. Juni 2005 zu Ende gegangenen Geschäftsjahr berücksichtigt habe, obwohl diese Umsätze sich auf null belaufen hätten. 83      Zum ersten Gesichtspunkt der von Zwicky vorgebrachten Rügen ist festzustellen, dass die Kommission zu Unrecht auf die Umsätze von Gütermann Bezug genommen hat, um die Obergrenze von 10 % des Umsatzes zu bestimmen, die bei der Berechnung der gegen Zwicky verhängten Geldbußen nicht überschritten werden durfte. 84      Gütermann hat nämlich im November 2000 lediglich die Aktivitäten von Zwicky im Industriegarnebereich übernommen. In der mündlichen Verhandlung hat Zwicky erläutert, dass diese Übertragung der Aktivitäten auf zweierlei Weise vonstatten gegangen sei, nämlich zum einen dadurch, dass in der Schweiz ein Vertrag über die Übertragung von Vermögenswerten wie Lagerstätten und Maschinen geschlossen worden sei, und zum anderen dadurch, dass in Deutschland Aktien veräußert worden seien. 85      Die Kommission hat allerdings in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass Gütermann Zwicky keineswegs übernommen habe und dass folglich Gütermann nicht Eigentümer von Zwicky geworden sei. Die Übertragung der Aktivitäten im Industriegarnebereich hat sich somit nicht auf die rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit von Zwicky ausgewirkt. 86      Das Vorbringen, wonach der Präsident des Verwaltungsrats von Zwicky Mitglied der Geschäftsleitung von Gütermann geworden sei, dass die beiden Unternehmen sich durch denselben Rechtsanwalt beraten ließen und dass sie auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte eine gemeinsame Antwort eingereicht hätten, vermag im vorliegenden Fall für sich genommen nicht den Standpunkt der Kommission zu rechtfertigen, dass zwischen den beiden Unternehmen ein Mutter‑Tochter‑Verhältnis vorliege. 87      Außerdem hat die Kommission keineswegs dargetan, inwiefern sie die von Zwicky auf ihr Ersuchen um Auskünfte hinsichtlich der Übertragung der Aktivitäten und ihrer Beziehungen zu Gütermann gelieferten Informationen zu einem Irrtum veranlasst hätten. 88      Daraus folgt, dass der Kommission dadurch, dass sie auf den Umsatz von Gütermann Bezug genommen hat, ein Beurteilungsfehler unterlaufen ist, dessen Folgen in den Randnrn. 104 ff. dargestellt werden. 89      Zum zweiten Gesichtspunkt der von Zwicky vorgebrachten Rügen, nämlich dass nicht berücksichtigt worden sei, dass sie keine Umsätze aus ihrer angeblichen wirtschaftlichen Tätigkeit während des Jahres vor Erlass der angefochtenen Entscheidung erzielt habe, ist zu prüfen, wie die Kommission den Begriff des „vorausgegangenen Geschäftsjahrs“ in Fällen zu bestimmen hat, in denen wesentliche Änderungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Situation des betroffenen Unternehmens zwischen dem Ende des Zeitraums, in dem die Zuwiderhandlung begangen worden ist, und dem Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung der Kommission, mit der die Geldbuße verhängt wird, eingetreten sind. 90      Zum Begriff des „vorausgegangenen Geschäftsjahrs“ ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung bei der Auslegung einer Gemeinschaftsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen sind, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 7. Juni 2005, VEMW u. a., C‑17/03, Slg. 2005, I‑4983, Randnr. 41, vom 1. März 2007, Jan De Nul, C‑391/05, Slg. 2007, I‑1793, Randnr. 20, und vom 7. Juni 2007, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, oben in Randnr. 80 angeführt, Randnr. 21). 91      Insoweit sollen Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, wie oben in Randnr. 79 dargestellt, der Kommission die Befugnis verleihen, Geldbußen zu verhängen, um sie in die Lage zu versetzen, die ihr durch das Gemeinschaftsrecht übertragene Überwachungsaufgabe zu erfüllen. Dieser Auftrag umfasst u. a. die Aufgaben, rechtswidrige Verhaltensweisen zu ahnden und ihre Wiederholung zu verhüten (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juli 1970, ACF Chemiefarma/Kommission, 41/69, Slg. 1970, 661, Randnr. 173). 92      Weiter hat die Kommission gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 die Schwere und die Dauer der betreffenden Zuwiderhandlung zu berücksichtigen. 93      In Anbetracht dessen soll mit der auf den Umsatz bezogenen Obergrenze in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verhindert werden, dass die von der Kommission verhängten Geldbußen außer Verhältnis zur Größe des betreffenden Unternehmens stehen (Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 78 angeführt, Randnr. 119). 94      Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Kommission bei der Bestimmung des Begriffs des „vorausgegangenen Geschäftsjahrs“ in jedem Einzelfall sowie unter Berücksichtigung des Zusammenhangs und der Ziele, die mit der Sanktionsregelung der Verordnung Nr. 17 und der Verordnung Nr. 1/2003 verfolgt werden, die beabsichtigte Wirkung auf das betreffende Unternehmen beurteilen und dabei insbesondere einen Umsatz berücksichtigen muss, der die tatsächliche wirtschaftliche Situation des Unternehmens in dem Zeitraum widerspiegelt, in dem die Zuwiderhandlung begangen wurde (vgl. Urteil vom 7. Juni 2007, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, oben in Randnr. 80 angeführt, Randnr. 25). 95      Aus den Zielen der Regelung, zu der Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 gehören, und aus der vorstehend in Randnr. 80 angeführten Rechtsprechung ergibt sich jedoch, dass die Anwendung der Obergrenze von 10 % zum einen voraussetzt, dass der Kommission die Umsatzzahlen für das letzte Geschäftsjahr vor dem Erlass der Entscheidung vorliegen, und zum anderen, dass diese Zahlen einem abgeschlossenen Jahr normaler wirtschaftlicher Tätigkeit entsprechen, das sich über einen Zeitraum von zwölf Monaten erstreckt (vgl. Urteil vom 29. November 2005, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnr. 38). 96      Wenn z. B. das Geschäftsjahr vor Erlass der Entscheidung geendet hat, der Jahresabschluss des Unternehmens aber noch nicht festgestellt oder der Kommission noch nicht mitgeteilt worden ist, ist diese bei der Anwendung von Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und von Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 berechtigt, ja sogar verpflichtet, den Umsatz heranzuziehen, der in einem früheren Geschäftsjahr erzielt worden ist. Ebenso kann die Kommission, wenn ein Unternehmen aufgrund der Umstellung oder Änderung seiner Abrechnungspraxis für das vorausgegangene Geschäftsjahr einen Abschluss vorlegt, der einen Zeitraum von weniger als 12 Monaten betrifft, im Rahmen der genannten Vorschriften einen Umsatz heranziehen, der in einem früheren, vollständigen Geschäftsjahr erzielt worden ist (vgl. Urteil vom 29. November 2005, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnr. 39). Gleiches gilt, wenn ein Unternehmen im vorausgegangenen Geschäftsjahr keine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat und die Kommission somit nicht über Umsatzzahlen für eine Wirtschaftstätigkeit des Unternehmens im genannten Geschäftsjahr verfügt. Denn der Umsatz in diesem Zeitraum liefert keinen Anhaltspunkt für die Größe des Unternehmens und genügt damit nicht den Anforderungen der Rechtsprechung, so dass er nicht als Grundlage für die Bestimmung der Obergrenze nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 herangezogen werden kann (vgl. Urteil vom 29. November 2005, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnr. 42). 97      Aus dem oben in Randnr. 71 angeführten Urteil vom 29. November 2005 (Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, Randnr. 49), das auf den vorliegenden Fall entsprechend anwendbar ist, geht zudem hervor, dass selbst in einem Jahr normaler wirtschaftlicher Tätigkeit der Umsatz eines Unternehmens aus verschiedenen Gründen wie z. B. wegen schwieriger wirtschaftlicher Verhältnisse, einer Krise in dem betreffenden Sektor, Schadensfällen oder eines Streiks im Vergleich zu den Vorjahren erheblich, ja sogar ganz entscheidend einbrechen kann. Erwirtschaftet ein Unternehmen in einem abgeschlossenen Geschäftsjahr, in dem es eine Geschäftstätigkeit, sei es auch in geringem Umfang, ausgeübt hat, tatsächlich einen Umsatz, muss die Kommission zur Bestimmung der Grenze nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 auf diesen Umsatz abstellen. Daher muss die Kommission zumindest in den Fällen, in denen es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass ein Unternehmen seine Geschäftstätigkeit eingestellt oder seinen Umsatz verfälscht hat, um einer schweren Geldbuße zu entgehen, die Höchstgrenze der Geldbuße nach dem letzten Umsatz festsetzen, der ein abgeschlossenes Jahr wirtschaftlicher Tätigkeit widerspiegelt (Urteil vom 29. November 2005, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnr. 49). 98      Nach Ansicht von Zwicky hat die Kommission keineswegs dargetan, dass dieses Unternehmen seinen Umsatz verfälscht habe, und daher zu Unrecht die Ausnahme von dem Grundsatz angewandt, auf den Umsatz des letzten Geschäftsjahrs abzustellen. Wie jedoch die Kommission in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, wirft sie Zwicky keineswegs missbräuchliches Handeln zur Vermeidung der Verhängung einer schweren Geldbuße vor, sondern beschränkt sich auf die Feststellung, dass das Unternehmen tatsächlich seine Tätigkeit eingestellt habe und somit als „leere Hülle“ fortbestehe. 99      Zwicky hat in ihren Schriftsätzen ausgeführt, dass sie seit 2001 nur noch Immobilien verwalte und seither keinen Umsatz mehr erziele. Folglich ist festzustellen, dass sie auch im Lauf des der angefochtenen Entscheidung vorausgehenden abgeschlossenen Geschäftsjahrs, nämlich im Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis 30. Juni 2005, keinen Umsatz mehr erzielt hat. Zwicky hat auf die ihr in der Sitzung gestellte Frage, welche Art von Tätigkeit sie ausübe, ihre Behauptungen wiederholt, sie verwalte die Immobilien, die ihr weiterhin gehörten. Ihr Immobilienpark setze sich aus Immobilien zusammen, die sie früher für ihre Tätigkeit im Industriegarnesektor genutzt habe und die seit der Übertragung dieser Tätigkeit auf Gütermann nunmehr leer stünden, sowie aus Wohnungen, die an ehemalige Arbeitnehmer vermietet seien. Diese könnten zum Zweck der Vermietung genutzt werden, und es würden dahin gehende Investitionen getätigt. Außerdem sei zusammen mit den örtlichen Behörden ein Entwicklungsplan erarbeitet worden. Seit der Übertragung ihrer Tätigkeiten auf dem Markt der Industriegarne beschäftige sie keine Arbeitnehmer mehr. 100    Es steht zwar fest, dass Zwicky nach der Übertragung ihrer Aktivitäten auf Gütermann rechtlich fortbestand, doch ist festzustellen, dass ernst zu nehmende Indizien, wie das Fehlen jeglichen Umsatzes während mehrerer Jahre, das Fehlen von Arbeitnehmern oder das Fehlen auch jedes konkreten Beweises für eine Nutzung ihrer Immobilien oder von Investitionsprojekten zum Zweck ihrer Nutzung die Vermutung erlauben, dass Zwicky insbesondere zwischen dem 1. Juli 2004 und dem 30. Juni 2005 keine normale wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung mehr ausgeübt hat. 101    Die Antworten, die Zwicky in ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung gegeben hat, sind vage geblieben und haben es dem Gericht nicht ermöglicht, das Vorhandensein einer „normalen wirtschaftlichen Tätigkeit“ festzustellen. Überdies hat Zwicky den Inhalt eines Aktenauszugs bestätigt, der eine wirtschaftliche Gesamtschau ihrer Lage darstellt und von der Kommission in der mündlichen Verhandlung verlesen worden ist und aus dem sich das Fehlen von Umsatz, Gewinnen und Arbeitnehmern ergibt, und bestreitet nicht, dass es sich insbesondere in dem Zeitraum im Anschluss an die Übertragung ihrer Aktivitäten im Bereich der Industriegarne an Gütermann bis zum 30. Juni 2005 so verhalten habe. 102    Insoweit vermag entgegen dem Vorbringen von Zwicky in der mündlichen Verhandlung die Tatsache allein, dass sich ein Verwaltungsrat und ein Geschäftsleiter mit dem Entwicklungsplan der Gesellschaft befassen, dessen tatsächliches Bestehen im Übrigen nicht bewiesen ist, keinen entscheidenden Beweis für das Vorliegen einer normalen wirtschaftlichen Tätigkeit der genannten Gesellschaft gemäß dem Verständnis des Gerichts in seinem oben in Randnr. 71 angeführten Urteil vom 29. November 2005, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, zu liefern. 103    Daraus folgt, dass die Kommission auf einen Gesamtumsatz von Zwicky abstellen musste, der vor dem des am 30. Juni 2005 zu Ende gegangenen Geschäftsjahrs liegt. 104    Hinsichtlich der Folgen des Beurteilungsfehlers, der der Kommission unterlaufen ist und darin bestanden hat, auf den Gesamtumsatz von Gütermann Bezug zu nehmen, ist festzustellen, ob dieser zugunsten von Zwicky eine Herabsetzung der Geldbuße oder sogar deren Aufhebung durch die Gemeinschaftsrichter rechtfertigt. 105    Hinsichtlich Klagen gegen Entscheidungen der Kommission, mit denen gegen Unternehmen wegen Verletzung der Wettbewerbsregeln Geldbußen festgesetzt werden, verfügt das Gericht über zweierlei Befugnisse. Zum einen hat es ihre Rechtmäßigkeit nach Art. 230 EG zu überprüfen (Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, SCA Holding/Kommission, C‑297/98 P, Slg. 2000, I‑10101, Randnrn. 53 und 54). 106    Zum anderen hat das Gericht im Rahmen der ihm durch Art. 229 EG, Art. 17 der Verordnung Nr. 17 und Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 eingeräumten Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zu beurteilen, ob die Höhe der Geldbußen angemessen ist. Diese Beurteilung kann die Vorlage und die Berücksichtigung zusätzlicher Informationen erfordern, die an sich nicht in der Entscheidung erwähnt zu werden brauchen, damit diese dem Begründungserfordernis gemäß Art. 253 EG genügt (Urteil SCA Holding/Kommission, oben in Randnr. 105 angeführt, Randnr. 55). 107    Im vorliegenden Fall ist das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Ansicht, dass nicht der Umsatz von Gütermann, sondern der von Zwicky heranzuziehen ist. 108    Aus den oben dargelegten Gründen und im Licht der Rechtsprechung Britannia Alloys & Chemicals/Kommission (oben in den Randnrn. 71 und 80 angeführt) ist der letzte sich aus ihren tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeiten ergebende Umsatz von Zwicky, den die Kommission hätte heranziehen müssen, der des Geschäftsjahrs vom 1. Juli 1999 bis 30. Juni 2000. Aus dem 76. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass der genannte Umsatz 4,5 Millionen Euro betrug. Die von der Kommission gegen Zwicky verhängte Geldbuße beläuft sich auf 205 000 Euro und übersteigt somit in keiner Weise 10 % ihres Umsatzes. 109    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass Zwicky in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, dass die hilfsweise Bezugnahme auf ihren Umsatz des am 30. Juni 2000 abgelaufenen Geschäftsjahrs deshalb unzulässig sei, weil dies darauf hinauslaufe, dass ihr Umsatz doppelt veranschlagt werde. Denn da ihre Industriegarne betreffenden Aktivitäten von Gütermann übernommen worden seien, sei der mit diesen Aktivitäten getätigte Umsatz bereits von der Kommission im Rahmen des Gesamtumsatzes von Gütermann berücksichtigt worden. Die Kommission hat vorgetragen, dass es sich hierbei um neues Vorbringen handele, das somit zurückzuweisen sei. 110    Dieses Vorbringen von Zwicky ist zurückzuweisen, da es der Grundlage entbehrt. 111    Das Vorbringen von Zwicky besteht nämlich in der Behauptung, dass der Hilfsansatz darauf hinauslaufe, Zwicky den bereits Gütermann zugewiesenen Umsatz zuzuschreiben. Nach Ansicht des Gerichts stellt sich im vorliegenden Fall allein die Frage, welches der maßgebliche Umsatz ist, auf den für die Berechnung der Obergrenze von 10 % der gegen Zwicky verhängten Geldbuße abzustellen ist. Wie vorstehend dargelegt worden ist, kann hierfür nur der Umsatz von 4,5 Millionen Euro aus dem Geschäftsjahr vom 1. Juli 1999 bis 30. Juni 2000 von Zwicky herangezogen werden. 112    Wäre davon auszugehen, dass dieser Ansatz darauf hinausliefe, auf dieser Ebene der Berechnung der Geldbußen gegen Gütermann und Zwicky den Umsatz von Zwicky doppelt in Ansatz zu bringen, so wäre anzunehmen, dass der Rechtsverstoß zulasten von Gütermann begangen worden wäre. Das Vorbringen von Zwicky liefe somit in Wirklichkeit darauf hinaus, das Gericht zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Höhe der gegen Gütermann festgesetzten Geldbuße aufzufordern. In dieser Hinsicht fehlt Zwicky jedoch die Klagebefugnis. Beschließt nämlich ein Adressat einer Entscheidung, Nichtigkeitsklage zu erheben, wird der Gemeinschaftsrichter nur mit den Teilen der Entscheidung befasst, die diesen Adressaten betreffen. Diejenigen Teile, die andere Adressaten betreffen und nicht angefochten worden sind, sind nicht Teil des Streitgegenstands, über den der Gemeinschaftsrichter zu entscheiden hat (Urteil des Gerichtshofs vom 14. September 1999, Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a., C-310/97, Slg. 1999, I‑5363, Randnr. 53). 113    In Anbetracht dieser Erwägungen ist der von Zwicky geltend gemachte Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gegen Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zurückzuweisen. Zu dem von Gütermann und Zwicky angeführten Klagegrund, die Schwere der Zuwiderhandlung sei im Hinblick auf ihre Auswirkungen falsch beurteilt worden Vorbringen der Parteien 114    Die Klägerinnen tragen erstens vor, dass nach den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 [KS] festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), und nach ständiger Entscheidungspraxis die Ermittlung der Schwere des Verstoßes ausdrücklich von dessen konkreten Auswirkungen auf den Markt abhänge. Die Kommission sei nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichtet, diese Auswirkungen bei der Beurteilung der Schwere des Verstoßes zu berücksichtigen. Die Klägerinnen stellen klar, sie wollten mit dieser Rüge nicht den Verstoß als solchen bestreiten, sondern seine Einordnung in die Kategorie der besonders schweren Zuwiderhandlungen in Frage stellen. 115    Zweitens befassen sich die Klägerinnen mit der Frage der konkreten Auswirkungen des Verstoßes auf den Markt und kommen zu dem Ergebnis, dass solche Auswirkungen nicht vorgelegen hätten. Die Kommission könne sich bei der Einstufung des Verstoßes als besonders schwer nicht auf solche Auswirkungen stützen. Zwar seien die bei den Treffen beschlossenen Listenpreiserhöhungen meistens von den einzelnen Unternehmen umgesetzt worden, sie hätten jedoch nicht zu einer Erhöhung der tatsächlichen Nettopreise geführt. Aus den Argumenten der Kommission in Abschnitt 4.1.4 der angefochtenen Entscheidung könne nicht auf solche Auswirkungen geschlossen werden. Allein aufgrund der Tatsache, dass sich die Unternehmen über einen Zeitraum von elf Jahren getroffen hätten, könne nicht angenommen werden, dass die Preiserhöhungen Einfluss auf die Nettopreise gehabt hätten. Die Klägerinnen hätten vielmehr den Nachweis geführt, dass die Treffen vorrangig dem zulässigen Austausch von Informationen gedient hätten. Die Kommission räume selbst ein, dass ihr Beweise für konkrete Auswirkungen fehlten. 116    Aufgrund der Besonderheiten der Preisgestaltung bei Industriegarnen – den Kunden würden praktisch nie die Listenpreise in Rechnung gestellt – könne aus der Umsetzung der Vereinbarung im vorliegenden Fall nicht geschlossen werden, dass diese auch konkrete Auswirkungen auf den Markt gehabt habe. Vielmehr hätten sich die tatsächlichen Durchschnittspreise nicht entwickelt und sogar nachgegeben. 117    Drittens habe sich die Zuwiderhandlung nicht auf die tatsächlichen Durchschnittspreise der Klägerinnen ausgewirkt, die Zuwiderhandlung individuell hätte nicht als besonders schwer eingeordnet werden dürfen, und die Kommission hätte dies zugunsten der Klägerinnen berücksichtigen müssen. 118    Im Hinblick auf den beachtlichen Größenunterschied der betroffenen Unternehmen und die geringen Umsätze, die sie auf dem betreffenden Markt erzielt hätten, hätte die Kommission gemäß Nr. 1 Abschnitt A der Leitlinien zugunsten der Klägerin berücksichtigen müssen, dass der Verstoß keine tatsächliche Auswirkung auf deren Nettopreise gehabt habe. 119    Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, sie habe, indem sie auf ihre Umsätze abgestellt habe, nur die relative Bedeutung der Unternehmen am Markt verglichen und somit lediglich die abstrakte wirtschaftliche Fähigkeit der einzelnen Unternehmen, den Wettbewerb zu beeinflussen, nicht aber die konkreten Auswirkungen des Verhaltens der einzelnen Unternehmen auf die Nettopreise berücksichtigt. 120    Viertens habe die Kommission zu Unrecht zulasten von Zwicky eine Beteiligung an den Zuwiderhandlungen auf dem Markt für Industriegarne in den nordischen Ländern bejaht, während Zwicky in diesen Ländern niemals auf dem Industriegarnmarkt tätig gewesen sei. 121    Die Kommission beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 122    Vorab ist daran zu erinnern, dass für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes als solchen die Leitlinien unter Nr. 1 Abschnitt A Abs. 1 und 2 Folgendes vorsehen: „Bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes sind seine Art und die konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen. Die Verstöße werden in folgende drei Gruppen unterteilt: minder schwere, schwere und besonders schwere Verstöße …“ 123    In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission drei Feststellungen getroffen: –        Die fragliche Zuwiderhandlung habe hauptsächlich im Austausch sensibler Informationen über Preislisten und/oder die von den einzelnen Kunden verlangten Preise, in Vereinbarungen über Preiserhöhungen und/oder Zielpreise und in der Verhinderung der Unterbietung der Preise des etablierten Lieferanten bestanden, wobei solche Verhaltensweisen ihrem Wesen nach die schwerwiegendsten Verstöße gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 des EWR‑Abkommens darstellten (angefochtene Entscheidung, 345. Erwägungsgrund). –        Die Kartellvereinbarungen seien umgesetzt worden und hätten sich für das betreffende Produkt auf den EWR-Markt ausgewirkt, aber diese Auswirkung lasse sich nicht genau abschätzen (angefochtene Entscheidung, 351. Erwägungsgrund). –        Das Kartell habe sich auf mehrere EWR-Vertragsparteien erstreckt, nämlich die Benelux- und die nordischen Länder (angefochtene Entscheidung, 352. Erwägungsgrund). 124    Die Schlussfolgerung der Kommission lautet wie folgt (angefochtene Entscheidung, 353. Erwägungsgrund): „Unter Berücksichtigung all dieser Einflussfaktoren ist die Kommission der Ansicht, dass die Unternehmen, an die sich die [angefochtene] Entscheidung richtet, eine besonders schwere Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen begangen haben.“ 125    Die Klägerinnen stellen in Abrede, dass es sich um eine besonders schwere Zuwiderhandlung gehandelt habe, und machen zum einen geltend, dass die Kommission auf konkrete Auswirkungen auf den Markt erkannt habe, ohne dies allerdings belegen zu können, und tragen zum anderen vor, es habe keine Auswirkungen auf die Nettopreise oder zumindest keine konkreten Auswirkungen auf die tatsächlichen Durchschnittspreise gegeben. 126    Erstens ist daran zu erinnern, dass sich die Kommission, wenn sie die konkreten Auswirkungen einer Zuwiderhandlung auf den Markt beurteilt, auf den Wettbewerb beziehen muss, der normalerweise ohne die Zuwiderhandlung geherrscht hätte (Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, T‑69/04, Slg. 2008, II‑2567, Randnr. 165; vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, Mayr-Melnhof/Kommission, T‑347/94, Slg. 1998, II‑1751, Randnr. 235, und Thyssen Stahl/Kommission, oben in Randnr. 67 angeführt, Randnr. 645). 127    Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass die Umsetzung des Kartells von den Klägerinnen nicht in Frage gestellt wird. Im Gegenteil geht aus Randnr. 40 der Klageschrift von Gütermann und aus Randnr. 46 der Klageschrift von Zwicky hervor, dass sie „sowohl in der Stellungnahme als auch bei der … Sachverhaltsdarstellung [in den Klageschriften] … ausdrücklich eingeräumt“ haben, dass „die bei den Treffen beschlossenen Listenpreiserhöhungen meistens durch die einzelnen Unternehmen umgesetzt worden sind“. 128    Insbesondere im Fall eines Preiskartells darf die Kommission ihre Schlussfolgerung, dass die Zuwiderhandlung Auswirkungen hatte, daraus ableiten, dass die Kartellmitglieder Maßnahmen zur Anwendung der vereinbarten Preise getroffen haben, indem sie z. B. die Listenpreise, die als Grundlage der Berechnung der tatsächlichen Preise dienen, erhöhten, auf Preisnachlässe verzichteten, Sonderpreise erhöhten und über Beschwerden Druck auf das Unternehmen ausübten, das gegen die Vereinbarung zur Nichtunterbietung der Preise des etablierten Lieferanten verstößt. Um auf eine Auswirkung auf den Markt schließen zu können, genügt es nämlich, dass die vereinbarten Preise als Grundlage für die Festlegung individueller Verkaufspreise dienten und damit den Verhandlungsspielraum der Kunden einschränkten (Urteil Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, oben in Randnr. 126 angeführt, Randnr. 166, vgl. in diesem Sinne Urteil Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, oben in Randnr. 61 angeführt, Randnrn. 743 bis 745). 129    Dagegen kann von der Kommission, wenn die Umsetzung eines Kartells erwiesen ist, nicht verlangt werden, systematisch darzutun, dass es die Vereinbarungen den beteiligten Unternehmen tatsächlich ermöglicht haben, ein höheres Niveau der Verkaufspreise zu erreichen, als es ohne das Kartell bestanden hätte (Urteil Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 61 angeführt, Randnr. 348; vgl. in diesem Sinne Urteil Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, oben in Randnr. 61 angeführt, Randnrn. 743 bis 745). Es wäre unverhältnismäßig, eine solche Darlegung zu verlangen, die beträchtliche Ressourcen in Anspruch nehmen würde, weil sie den Rückgriff auf hypothetische Berechnungen anhand wirtschaftlicher Modelle erfordern würde, deren Genauigkeit nur schwer gerichtlich nachprüfbar und deren Unfehlbarkeit keineswegs erwiesen ist (Urteil Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, oben in Randnr. 126 angeführt, Randnr. 167). 130    Bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung ist nämlich entscheidend, ob die Kartellmitglieder alles in ihrer Macht Stehende taten, damit ihre Pläne konkrete Auswirkungen hatten. Was dann auf der Ebene der tatsächlich erzielten Marktpreise geschah, konnte durch andere, von den Kartellmitgliedern nicht kontrollierbare Faktoren beeinflusst werden. Die Kartellmitglieder können externe Faktoren, die ihre Bemühungen durchkreuzten, nicht zu ihren Gunsten anführen und zu Umständen umdeuten, die eine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertigen (Urteil Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, oben in Randnr. 126 angeführt, Randnr. 168). 131    Außerdem hat die Kommission in Punkt 4.1.4 der angefochtenen Entscheidung eine Reihe konkreter und glaubhafter Indizien angeführt, in denen sich ein Beleg dafür sehen lässt, dass das Kartell konkrete Auswirkungen auf den Markt hatte. Insoweit ist zunächst den Erwägungen der Kommission im 164. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu folgen, wonach die Erhöhungen der Listenpreise, die im Übrigen von Gütermann selbst eingeräumt werden, für einige kleine Kunden, die generell eine geringere Verhandlungsmacht haben, zu Erhöhungen der Nettopreise geführt haben. Sodann ist der von der Kommission im 165. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellung zu folgen, dass die Erhöhung der Listenpreise möglicherweise auch das Niveau der gegenüber den Großkunden angewandten tatsächlichen Preise beeinflusst hat, da die genannten Listenpreise als Ausgangspunkt für die Verhandlungen mit diesen Kunden gedient hatten. Schließlich lässt sich in den Erwägungen der Kommission in Bezug auf die Tatsache, dass einige Unternehmen eine tatsächliche Erhöhung der Sonderpreise vorgenommen und auf Preisnachlässe verzichtet haben, ein Beleg dafür sehen, dass die Zuwiderhandlung konkrete Auswirkungen auf den betreffenden Markt hatte. 132    Aus diesen Erwägungen und der Feststellung, dass das Kartell über elf Jahre bestanden hat, folgt, dass die Kommission zu Recht Auswirkungen auf den Markt bejahen konnte. 133    Was zweitens das Vorbringen angeht, zum einen habe sich das Kartell nicht konkret auf die tatsächlichen Durchschnittspreise der Klägerinnen ausgewirkt und zum anderen sei Zwicky niemals auf dem Markt für Industriegarne in den nordischen Ländern tätig gewesen, so betrifft dieses Vorbringen das individuelle Verhalten dieser beiden Unternehmen und kann daher keinen Erfolg haben. Denn das tatsächliche Verhalten, das ein Unternehmen an den Tag gelegt zu haben vorgibt, ist für die Beurteilung der Auswirkung eines Kartells auf den Markt ohne Belang. Zu berücksichtigen sind allein die Auswirkungen der gesamten Zuwiderhandlung (Urteil Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 152, und Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 1991, Hercules Chemicals/Kommission, T‑7/89, Slg. 1991, II‑1711, Randnr. 342). 134    Somit erfolgt die Berücksichtigung des eine Zuwiderhandlung darstellenden Verhaltens von Gütermann und Zwicky durch die Kommission zur Beurteilung der individuellen Lage dieser Unternehmen, sie kann aber keinen Einfluss auf die Einstufung der Zuwiderhandlung in die Kategorie der „besonders schweren“ Verstöße haben. 135    Dass Zwicky niemals auf dem Markt für Industriegarne in den nordischen Ländern tätig war, ist außerdem ohne Belang. Wie oben in Randnr. 51 ausgeführt, hat Zwicky keineswegs den Charakter der Zuwiderhandlung als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung auf dem Markt für Industriegarne in den Benelux- und den nordischen Ländern in Frage gestellt. 136    In Bezug auf das von der Kommission im 166. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführte Indiz für die Auswirkung des Kartells, das aus der langen Dauer der Zuwiderhandlung hergeleitet wird, ist festzustellen, dass es angesichts der mindestens elfjährigen Dauer der beanstandeten Praktiken wenig wahrscheinlich ist, dass die Hersteller sie damals als völlig wirkungs- und nutzlos angesehen haben sollten (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, oben in Randnr. 61 angeführt, Randnr. 748, und vom 29. November 2005, Heubach/Kommission, T‑64/02, Slg. 2005, II‑5137, Randnr. 130). 137    Schließlich ist festzustellen, dass die drei Aspekte der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung im Rahmen der Gesamtprüfung nicht das gleiche Gewicht haben. Die Art der Zuwiderhandlung spielt, insbesondere wenn es darum geht, Zuwiderhandlungen als „besonders schwer“ einzustufen, eine übergeordnete Rolle. In dieser Hinsicht ergibt sich aus der Beschreibung der besonders schweren Verstöße in den Leitlinien, dass Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die u. a. wie im vorliegenden Fall auf die Preisfestsetzung abzielen, allein aufgrund ihres Wesens zu der Einstufung als „besonders schwer“ Anlass geben können, ohne dass derartige Formen des Verhaltens durch eine Auswirkung oder eine besondere räumliche Reichweite gekennzeichnet sein müssten. Diese Schlussfolgerung wird dadurch bestätigt, dass zwar bei der Beschreibung der schweren Verstöße ausdrücklich die Auswirkung auf den Markt und auf einen größeren Teil des Gemeinsamen Marktes genannt wird, dass aber die Beschreibung der besonders schweren Verstöße demgegenüber kein Erfordernis konkreter Auswirkungen auf den Markt oder auf einen bestimmten räumlichen Bereich enthält (Urteile des Gerichts vom 27. Juli 2005, Brasserie nationale/Kommission, T‑49/02 bis T‑51/02, Slg. 2005, II‑3033, Randnr. 178, vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Randnr. 150, Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 61 angeführt, Randnr. 345, und Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, oben in Randnr. 126 angeführt, Randnr. 171). 138    Im vorliegenden Fall geht aus dem in Teil I der angefochtenen Entscheidung beschriebenen Sachverhalt sowie aus den Erwägungsgründen 345 und 346 dieser Entscheidung hervor, dass die Zuwiderhandlung ihrer Art nach eine besonders schwere war. Daraus folgt, dass die Einstufung als „besonders schwer“ allein aufgrund der Art der Zuwiderhandlung weiterhin angemessen ist. 139    Aus der Gesamtheit der vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der Klagegrund, der aus einer im Hinblick auf ihre Auswirkungen falschen Einstufung der Zuwiderhandlung hergeleitet wird, zurückzuweisen ist. Zu dem von Gütermann und Zwicky geltend gemachten Klagegrund, die Dauer der Zuwiderhandlung sei falsch beurteilt worden Vorbringen der Parteien 140    Dieser Klagegrund stützt sich auf mehrere Rügen. 141    Erstens werfen die Klägerinnen der Kommission vor, die Erhöhung des Ausgangsbetrags um 10 % pro Jahr der Zuwiderhandlung automatisch angewandt zu haben, wohingegen dieser Prozentsatz lediglich die in den Leitlinien für Verstöße von langer Dauer vorgesehene Obergrenze und nicht die Regel sei. Die Leitlinien sähen nämlich nicht vor, dass die Kommission automatisch den Ausgangsbetrag um einen zusätzlichen Betrag erhöhen müsse, der einem bestimmten Prozentsatz pro Jahr der Zuwiderhandlung entspreche, sondern räumten der Kommission ein Ermessen ein. Im vorliegenden Fall habe die Kommission dieses Ermessen weder hinsichtlich des Grundsatzes der zeitbezogenen Erhöhung des Geldbußenausgangsbetrags selbst noch hinsichtlich der Größenordnung dieser Erhöhung ausgeübt. 142    Zweitens widerspreche die Erhöhung der gegen die Klägerinnen wegen der neunmonatigen Zuwiderhandlung von Gütermann im Jahr 2001 und der zehnmonatigen Zuwiderhandlung von Zwicky im Jahr 2000 verhängten Geldbußen um 5 % dem eindeutigen Wortlaut von Nr. 1 Abschnitt B der Leitlinien, die eine Erhöhung nur für ganze Jahre vorsehe. Im Übrigen sei die von der Kommission dazu vertretene Auffassung von der Rechtsprechung nicht bestätigt worden. 143    Drittens seien die pauschalen Erhöhungen um 115 % (für Gütermann) und um 105 % (für Zwicky) der Ausgangsbeträge der gegen diese beiden Unternehmen verhängten Geldbußen rechtswidrig, weil sie in Verkennung der tatsächlichen Dauer der Verstöße einheitlich für alle von der Zuwiderhandlung betroffenen Länder berechnet worden seien. Die Kommission sei nämlich der Ansicht gewesen, dass die Benelux‑ und die nordischen Länder, obwohl es sich dabei um zwei unterschiedliche Märkte handele, zusammen betrachtet werden müssten, weil sie am selben Tag besprochen worden seien und weil dieselben Unternehmen beteiligt gewesen seien. Zwicky macht allerdings geltend, dass sie niemals auf dem Markt für Industriegarne in den nordischen Ländern präsent und daher an den diese Länder betreffenden Zuwiderhandlungen nicht beteiligt gewesen sei. Das EWR-Abkommen sei erst am 1. Januar 1994 in Kraft getreten, und soweit die Vereinbarungen auch Finnland, Norwegen und Schweden betroffen hätten, hätten sie bis zu diesem Zeitpunkt weder gegen Art. 81 EG noch gegen Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßen. Die Kommission hätte dies im Rahmen der Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung berücksichtigen müssen. 144    Die Klägerinnen tragen damit vor, die Kommission habe es versäumt, zwischen dem Sachverhalt, der die Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht ausmache und der sich von Januar 1990 bis September 2001 für Gütermann und von Januar 1990 bis November 2000 für Zwicky erstrecke, im Sinne einer einheitlichen oder fortgesetzten Tathandlung einerseits und der rechtlichen Bewertung dieses Sachverhalts als Verstoß gegen Art. 81 EG und Art. 53 des EWR-Abkommens andererseits zu unterscheiden. 145    Nach Ansicht von Gütermann hätte die Kommission daher konkret eine differenzierende Berechnung des Ausgangsbetrags für die Geldbuße vornehmen müssen, indem sie einerseits den Anteil des auf dem Markt für Industriegarne in den Beneluxländern und Dänemark erzielten Umsatzes und andererseits den Anteil hätte berücksichtigen müssen, der auf dem Markt für Industriegarne in Finnland, Norwegen und Schweden erzielt worden sei. Die Kommission hätte auf diese Weise einen zweigeteilten Ausgangsbetrag erhalten, auf den sodann ein unterschiedlicher Prozentsatz in Anbetracht der Dauer der Zuwiderhandlung für die eine und für die andere dieser Ländergruppen hätte angewandt werden müssen, nämlich 115 % für den Teil des Ausgangsbetrags, der sich auf den die Beneluxländer und Dänemark betreffenden Teil der Zuwiderhandlung bezogen habe, und 75 % für den Ausgangsbetrag, der sich auf den Finnland, Norwegen und Schweden betreffenden Teil bezogen habe. 146    Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück. Würdigung durch das Gericht 147    Nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 ist die Dauer der Zuwiderhandlung eines der Elemente, die bei der Festsetzung der Höhe der gegen die Unternehmen, die gegen die Wettbewerbsvorschriften verstoßen haben, zu verhängenden Geldbuße zu berücksichtigen sind. 148    Beim Kriterium der Dauer der Zuwiderhandlung unterscheiden die Leitlinien zwischen Verstößen von kurzer Dauer (in der Regel weniger als ein Jahr), bei denen der für die Schwere des Verstoßes festgesetzte Ausgangsbetrag nicht zu erhöhen ist, Verstößen von mittlerer Dauer (in der Regel zwischen einem und fünf Jahren), bei denen dieser Betrag um bis zu 50 % erhöht werden kann, und Verstößen von langer Dauer (in der Regel mehr als fünf Jahre), bei denen dieser Betrag um bis zu 10 % für jedes Jahr erhöht werden kann (Teil 1 Abschnitt B Abs. 1). 149    Wie aus den Erwägungsgründen 359 und 360 der angefochtenen Entscheidung, deren Inhalt von den Klägerinnen nicht bestritten wird, hervorgeht, war an dem Kartell auf dem Markt für Industriegarne in den Benelux- und den nordischen Ländern Gütermann von Januar 1990 bis September 2001, also für einen Zeitraum der Zuwiderhandlung von elf Jahren und neun Monaten, und Zwicky von Januar 1990 bis November 2000, also für einen Zeitraum der Zuwiderhandlung von zehn Jahren und zehn Monaten, beteiligt. Beide Zeiträume entsprechen einem Verstoß von langer Dauer. Der Ausgangsbetrag für ihre Geldbuße wurde somit wegen der Dauer des Verstoßes um 115 % bzw. 105 % erhöht. 150    Soweit die Klägerinnen erstens beanstanden, dass die Kommission automatisch den Höchstsatz von 10 % pro Jahr der Zuwiderhandlung angewandt habe, ist daran zu erinnern, dass Nr. 1 Abschnitt B Abs. 1 dritter Gedankenstrich der Leitlinien zwar für Verstöße von langer Dauer keine automatische Erhöhung von 10 % pro Jahr vorsieht, dass er aber der Kommission insoweit einen Ermessensspielraum lässt (Urteile des Gerichts Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 61 angeführt, Randnr. 396, und vom 8. Juli 2008, BPB/Kommission, T‑53/03, Slg. 2008, II‑1333, Randnr. 362). 151    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der vorstehenden Randnr. 149, dass die Kommission die Regeln, die sie sich in den Leitlinien auferlegt hat, beachtet hat, als sie den nach dem Schweregrad der Zuwiderhandlung zugrunde gelegten Geldbußenbetrag gemäß der Dauer der Zuwiderhandlung erhöhte. Unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles ist der Kommission kein offenkundiger Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie die Geldbuße pro Jahr der Zuwiderhandlung um 10 % erhöhte. 152    Zweitens ist die Rüge zurückzuweisen, die fünfprozentige Erhöhung des Ausgangsbetrags der Geldbuße für jeden Zeitraum von mehr als sechs Monaten sei nicht gerechtfertigt. Denn nirgends in den Leitlinien ist es untersagt, die tatsächliche Dauer der Zuwiderhandlung im Rahmen der Berechnung der Höhe der Geldbuße zu berücksichtigen. Ein solches Vorgehen ist völlig logisch und vernünftig und jedenfalls vom Ermessen der Kommission gedeckt (Urteil BPB/Kommission, oben in Randnr. 150 angeführt, Randnr. 361). 153    Drittens machen die Klägerinnen zu Unrecht geltend, die Dauer der Zuwiderhandlung sei für alle von der Zuwiderhandlung betroffenen Länder einheitlich berechnet worden, wobei nicht berücksichtigt worden sei, dass Zwicky auf dem Markt für Industriegarne in den nordischen Ländern nicht tätig gewesen und die tatsächliche Dauer der Zuwiderhandlungen auf dem Markt der Beneluxländer und dem der nordischen Länder verkannt worden sei. 154    Vorab ist daran zu erinnern, dass der Kommission zufolge die Klägerinnen an einer komplexen, einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 des EWR‑Abkommens beteiligt waren und dass diese Zuwiderhandlung sich auf mehrere Länder des Europäischen Wirtschaftsraums erstreckte. Auch ist zu betonen, dass die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung bestätigt haben, nicht zu bestreiten, dass im vorliegenden Fall eine einheitliche Zuwiderhandlung vorliegt. 155    Was erstens das Vorbringen von Zwicky betrifft, wonach das Unternehmen in den nordischen Ländern nicht auf dem Markt für Industriegarne präsent gewesen sei, so hat dieses Unternehmen nicht dargetan, inwiefern sich eine solche fehlende Präsenz auf die durch die Kommission vorgenommene Berechnung der Dauer der Zuwiderhandlung auswirken sollte. Denn die Berechnung des zusätzlichen, der Dauer der Zuwiderhandlung entsprechenden Geldbußenbetrags ist ausgehend vom Ausgangsbetrag der Geldbuße vorgenommen worden, der als solcher in Anbetracht des Umsatzes von Zwicky auf dem betreffenden Markt im Jahr 1999 berechnet worden ist. Das Fehlen von Aktivitäten dieses Unternehmens auf dem Markt für Industriegarne in den nordischen Ländern spiegelt sich daher schon in diesem Umsatz wider, da er definitionsgemäß keine Einkünfte aus einer nicht vorhandenen Tätigkeit auf dem Markt der nordischen Länder enthält. 156    Außerdem ist, wie oben in Randnr. 50 ausgeführt, für die Bejahung einer Zuwiderhandlung nicht von Belang, dass ein Unternehmen nicht an allen Bestandteilen eines Kartells beteiligt war oder, insoweit es nicht beteiligt war, eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Wenn ein Unternehmen nachweislich von dem eine Zuwiderhandlung darstellenden Verhalten der anderen Beteiligten wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und wenn es bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen, wird es auch für den gesamten Zeitraum seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung als für das Verhalten verantwortlich angesehen, das im Rahmen derselben Zuwiderhandlung von anderen Unternehmen an den Tag gelegt wurde (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 328). Im vorliegenden Fall hat Zwicky – der das eine Zuwiderhandlung darstellende Verhalten der anderen Beteiligten auf dem Markt für Industriegarne in den nordischen Ländern keineswegs unbekannt war – effektiv an den diesen Markt betreffenden Zusammenkünften teilgenommen. Daher hat die Kommission Zwicky zu Recht eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung zur Last gelegt, einschließlich des auf dem Markt der nordischen Länder begangenen Teils, und hat implizit die Ansicht vertreten, dass die Dauer der Zuwiderhandlung nicht nach der Intensität ihrer Beteiligung auf den betreffenden Märkten aufzuteilen sei. 157    Wenn nämlich die Rolle, die das fragliche Unternehmen im Kartell gespielt hat, bei der Bestimmung des Ausgangsbetrags der Geldbuße zutreffend berücksichtigt worden ist, kann die Tatsache, dass das Unternehmen nicht an allen Bestandteilen des Kartells beteiligt war, nicht erneut bei der Bestimmung der Dauer der Zuwiderhandlung berücksichtigt werden (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2008, Saint-Gobain Gyproc Belgium/Kommission, T‑50/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 108). 158    Zweitens ist das Vorbringen der Klägerinnen zurückzuweisen, dass die Berechnung der Dauer der Zuwiderhandlung unter Berücksichtigung der Schwankungen in der Intensität der Zuwiderhandlung hätte vorgenommen und dabei folglich nach Ländergruppen – die Beneluxländer und Dänemark auf der einen und Finnland, Norwegen und Schweden auf der anderen Seite – hätte unterschieden werden müssen. 159    Aus der Rechtsprechung geht nämlich hervor, dass sich die Erhöhung prozentual nach dem Ausgangsbetrag richtet, der anhand der Schwere des gesamten Verstoßes ermittelt wird und damit bereits die unterschiedliche Intensität der Zuwiderhandlung widerspiegelt. Es wäre deshalb nicht logisch, wenn im Rahmen der Erhöhung dieses Betrags wegen der Dauer der Zuwiderhandlung ein Schwanken der Intensität der Zuwiderhandlung im betreffenden Zeitraum berücksichtigt würde (Urteil BPB/Kommission, oben in Randnr. 150 angeführt, Randnr. 364). 160    Selbst wenn bestimmte Arten von Kartellen ihrem Wesen nach auf Dauer angelegt sein sollten, ist hierbei nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 stets zwischen ihrer tatsächlichen Wirkungsdauer und ihrer Schwere, wie sie sich aus ihrem Wesen ergibt, zu unterscheiden (Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2005, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑71/03, T‑74/03, T‑87/03 und T‑91/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 275). Daher wird bei der Erhöhung wegen der Dauer der Zuwiderhandlung nicht noch einmal die Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt (Urteil Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 61 angeführt, Randnr. 397). 161    Im vorliegenden Fall manifestierte sich die Zuwiderhandlung zunächst auf dem Markt für Industriegarne in Dänemark und in den Beneluxländern. Mit dem Inkrafttreten des EWR‑Abkommens nahm sie an Intensität zu, weil sie sich auf den Markt für Industriegarne in den nordischen Ländern ausdehnte. Da dargetan worden ist, dass diese sich auf verschiedenen räumlichen Märkten manifestierenden Verstöße Teil einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung waren, ist bei der Berechnung des Geldbußenbetrags auf die Dauer dieser Zuwiderhandlung insgesamt abzustellen. Denn der Ausgangsbetrag, der nach der Schwere des Verstoßes festgesetzt worden ist, hatte bereits die unterschiedliche Intensität der Zuwiderhandlung widergespiegelt. Dieser Überlegung steht nicht entgegen, dass die Zunahme der Intensität der Zuwiderhandlung auf den rechtlichen Umstand zurückgeht, dass die Regelung, mit der wettbewerbswidrige Praktiken mit einer Sanktion bedroht werden, auf Gebiete anwendbar geworden war, auf die diese Regelung sich ursprünglich nicht bezog. 162    Daraus folgt, dass die Kommission nicht gehalten war, die unterschiedliche Intensität der Zuwiderhandlung bei der Erhöhung des Ausgangsbetrags der Geldbuße in Anbetracht der Dauer der genannten Zuwiderhandlung zu berücksichtigen. 163    Unter diesen Umständen ist zu folgern, dass das Vorbringen der Klägerinnen, mit dem die unzutreffende Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung gerügt wird, zurückzuweisen ist. Zu dem von Gütermann und von Zwicky geltend gemachten Klagegrund, bestimmte Milderungsgründe seien nicht berücksichtigt worden Vorbringen der Parteien 164    Vorab erinnern die Klägerinnen daran, dass Nr. 3 der Leitlinien eine Reihe von Milderungsgründen anführe, die zu einer Herabsetzung der Geldbuße führten. Die Kommission habe somit ihr Ermessen bei der Bestimmung des Betrags der Geldbußen beschränkt. 165    Die Klägerinnen betonen außerdem, dass Nr. 3 der Leitlinien es erlaube, andere, nicht ausdrücklich genannte Milderungsgründe zu berücksichtigen, und dass die Kommission solche anderen Milderungsgründe in ihrer bisherigen Entscheidungspraxis konkretisiert habe. 166    Die Klägerinnen stützen diesen Klagegrund darauf, dass die Kommission drei Milderungsgründe hätte berücksichtigen müssen. 167    Erstens tragen die Klägerinnen vor, die Kommission hätte das Fehlen konkreter Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf die tatsächlichen Preise als Grund für eine Herabsetzung der Geldbuße berücksichtigen müssen. Sie nehmen insoweit auf Nr. 3 zweiter Gedankenstrich der Leitlinien Bezug, wonach die tatsächliche Nichtanwendung einer Vereinbarung im Zusammenhang mit dem Verstoß bußgeldmindernd zu berücksichtigen sei. 168    Zweitens hätte nach Ansicht der Klägerinnen ihre rein passive Mitwirkung oder reine Mitläuferrolle gemäß Nr. 3 erster Gedankenstrich der Leitlinien berücksichtigt werden müssen. 169    Zwicky macht dazu geltend, sie habe auf den Märkten der nordischen Länder keine Tätigkeit ausgeübt und somit an den diese Länder betreffenden Zuwiderhandlungen nicht teilnehmen können. Außerdem habe sie in Anbetracht ihrer unbedeutenden Stellung auf dem Markt für Industriegarne in den Beneluxländern keinen Einfluss auf die Preislistengespräche für diese drei Länder oder auf die bilateralen Kontakte ausüben können. Gütermann trägt vor, auch sie habe eine wenig bedeutende Rolle auf dem Markt für Industriegarne in den Benelux‑ und den nordischen Ländern gespielt und habe ebenfalls keinen Einfluss auf die Preislistengespräche oder die bilateralen Kontakte ausüben können; ein derartiger Einfluss sei im Übrigen hauptsächlich von Coats ausgegangen. 170    Zu den bilateralen Kontakten machen die Klägerinnen geltend, an diesen hätten sie sich im Gegensatz zu Coats und Amann, die viel häufiger bilaterale Kontakte unterhalten hätten, nur selten beteiligt. 171    Um darzutun, dass sie in dem beanstandeten Kartell eine unbedeutende Rolle gespielt hätten, führen die Klägerinnen ihre geringen Marktanteile an. Zwicky trägt vor, dass ihr Anteil auf dem Markt für Industriegarne in den Beneluxländern zwischen 1990 und 2000 weniger als 1 % betragen habe. Gütermann macht einen Marktanteil in den Benelux- und den nordischen Ländern von ungefähr 5,6 % geltend. Im Vergleich zu den Marktanteilen von Coats und Amann auf dem Markt der nordischen Länder (44 % bzw. 46 %) und den Anteilen dieser Unternehmen auf dem Markt der Beneluxländer (40 % bzw. 27 %) seien diese Anteile verschwindend gering. 172    Die Passivität ihres Verhaltens werde nicht dadurch widerlegt, dass ihre ehemaligen Mitarbeiter, Herr B. und Herr F., als sogenannte Vorsitzende bei den Zusammenkünften fungiert hätten. Denn der Vorsitz sei nach Seniorität vergeben worden, und die betreffenden Mitarbeiter hätten keinen Einfluss auf den Ablauf und den Inhalt der Treffen gehabt; diesen Einfluss habe auch in organisatorischer Hinsicht Coats ausgeübt. Hierfür berufen sich die Klägerinnen auf eine E‑Mail des Vertreters von Coats, Herrn L., vom 10. November 2000, aus der hervorgehe, dass dieser in einem Hotel bei Frankfurt am Main (Deutschland) einen Raum reserviert habe, um dort am 6. Januar 2001 ein Treffen durchzuführen, dessen Programm er festgelegt habe. 173    Drittens hätte die Kommission die seit Jahren bestehende Wirtschaftskrise in der europäischen Industriegarnindustrie berücksichtigen müssen. Insoweit nehmen die Klägerinnen Bezug auf die Entscheidung „Nahtlose Stahlrohre“ der Kommission vom 8. Dezember 1999 in einem Verfahren nach Artikel [81 EG] (Sache IV/E-1/35.860-B – Nahtlose Stahlrohre, 168. Erwägungsgrund) und die Entscheidung „Legierungszuschlag“ der Kommission vom 21. Januar 1998 in einem Verfahren nach Artikel 65 [KS] (Sache IV/35.814 – Legierungszuschlag, 83. Erwägungsgrund), in denen die Wirtschaftskrise, von denen diese Bereiche betroffen gewesen seien, berücksichtigt worden sei, sowie auf die Entscheidung „Französisches Rindfleisch“ der Kommission vom 2. April 2003 in einem Verfahren nach Artikel [81 EG] (Sache COMP/C.38.279/F3 – Viandes bovines françaises, 185. Erwägungsgrund), in der die durch die Spongiforme Rinderenzephalopathie (BSE) ausgelöste Krise berücksichtigt worden sei. 174    Vorsorglich tragen sie unter Berufung auf die Rechtsprechung vor, dass die Kommission gemäß dem Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen bei der Feststellung der relativen Schwere des Tatbeitrags jedes Unternehmens das eigene Verhalten des einzelnen Unternehmens hätte berücksichtigen und somit die gegen sie festgesetzten Geldbußen stark herabsetzen müssen. 175    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen. Würdigung durch das Gericht 176    Die Leitlinien sehen in Nr. 3 die Verringerung des Grundbetrags der Geldbuße bei „mildernden Umständen“ wie der ausschließlich passiven Mitwirkung oder reinem Mitläufertum, der tatsächlichen Nichtanwendung der Kartellvereinbarungen, der Beendigung der Verstöße nach dem ersten Eingreifen der Kommission und sonstigen nicht ausdrücklich erwähnten Umständen vor. 177    Erstens tragen die Klägerinnen vor, die Kommission hätte zu ihren Gunsten den mildernden Umstand berücksichtigen müssen, dass die Zuwiderhandlung keine konkrete Auswirkungen auf die Preise gehabt habe und die Vereinbarung somit tatsächlich nicht angewandt worden sei. 178    Es ist jedoch daran zu erinnern, dass alle vorgenannten mildernden Umstände auf dem eigenen Verhalten jedes Unternehmens beruhen. Folglich ist bei der Beurteilung der mildernden Umstände, darunter die Nichtanwendung der Vereinbarungen, nicht auf die sich aus der Zuwiderhandlung insgesamt ergebenden Wirkungen abzustellen, denen bei der Beurteilung der konkreten Auswirkungen eines Verstoßes auf den Markt zur Beurteilung der Schwere des Verstoßes Rechnung zu tragen ist (Nr. 1 Abschnitt A Abs. 1 der Leitlinien), sondern auf das individuelle Verhalten jedes Unternehmens, um die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen Unternehmens festzustellen (Urteil Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 137 angeführt, Randnr. 384). 179    Daraus folgt, dass das Vorbringen der Klägerinnen, das auf dem Fehlen konkreter Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf die Preise beruht, zurückzuweisen ist. 180    Zu prüfen ist daher, ob die Klägerinnen weitere Argumente vorbringen, die für den Nachweis geeignet sind, dass sie sich im Zeitraum ihrer Teilnahme an den unzulässigen Vereinbarungen tatsächlich deren Durchführung entzogen, indem sie sich auf dem Markt wettbewerbskonform verhielten, oder dass sie sich zumindest den Verpflichtungen zur Umsetzung dieses Kartells so eindeutig und nachdrücklich widersetzten, dass dadurch dessen Funktionieren selbst gestört wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. März 2006, Daiichi Pharmaceutical/Kommission, T‑26/02, Slg. 2006, II‑713, Randnr. 113). 181    Es ist festzustellen, dass sie nichts vortragen, was einen dahin gehenden Schluss zuließe. Sie räumen vielmehr ein, dass die Erhöhungen der Preise auf den im Lauf der Treffen beschlossenen Listen meistens von den verschiedenen Unternehmen und von ihnen selbst durchgeführt wurden. 182    Folglich können sich die Klägerinnen nicht mit Erfolg auf eine angebliche tatsächliche Nichtanwendung der Vereinbarungen berufen. 183    Zweitens ist zu dem Vorbringen, sie hätten ausschließlich passiv mitgewirkt oder sich als reine Mitläufer verhalten, festzustellen, dass es keine Grundlage hat. 184    Eine passive Mitwirkung impliziert nämlich, dass sich das betroffene Unternehmen nicht hervorgetan hat, d. h. nicht aktiv an der Ausarbeitung der wettbewerbswidrigen Absprachen teilgenommen hat (Urteile des Gerichts vom 9. Juli 2003, Cheil Jedang/Kommission, T‑220/00, Slg. 2003, II‑2473, Randnr. 167, und vom 8. Juli 2008, Lafarge/Kommission, T‑54/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 765). 185    Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass unter den Faktoren, aus denen die passive Mitwirkung eines Unternehmens an einem Kartell erkannt werden kann, berücksichtigt werden kann, dass es im Vergleich zu den gewöhnlichen Mitgliedern des Kartells deutlich seltener an den Zusammenkünften teilgenommen hat, dass es später in den Markt, der Gegenstand der Zuwiderhandlung gewesen ist, eingetreten ist, unabhängig davon, wie lange es an der Zuwiderhandlung mitgewirkt hat, oder dass es entsprechende ausdrückliche Aussagen von Vertretern dritter an der Zuwiderhandlung beteiligter Unternehmen gibt (Urteile des Gerichts Cheil Jedang/Kommission, oben in Randnr. 184 angeführt, Randnr. 168, vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, im Folgenden: Urteil Tokai I, Randnr. 331, und vom 29. November 2005, Union Pigments/Kommission, T‑62/02, Slg. 2005, II‑5057, Randnr. 126). 186    Im vorliegenden Fall ist zunächst daran zu erinnern, dass die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die Klägerinnen an zahlreichen Zusammenkünften des Kartells und bilateralen Treffen teilgenommen haben und wiederholt an mehreren Kartellverstößen beteiligt waren, auf die sich die angefochtene Entscheidung bezieht. Die Behauptung, dass die bilateralen Kontakte, die diese Unternehmen mit anderen am Kartell Beteiligten unterhalten hätten, weniger häufig gewesen seien als die bilateralen Kontakte von Amann und Coats mit ihren Mitbewerbern, ist insofern ohne Belang. 187    Sodann führen weder Gütermann noch Zwicky konkrete Umstände oder Beweise wie Erklärungen anderer Kartellmitglieder an, mit denen sich dartun ließe, dass ihr Verhalten sich durch Passivität oder Mitläufertum erheblich vom Verhalten der übrigen Kartellmitglieder unterschieden hätte. 188    Insofern kann an dem geringen oder fehlenden Marktanteil, auf den sich die Klägerinnen berufen, keine passive Mitwirkung oder reines Mitläufertum erkannt werden. Diesen Umstand als mildernden Umstand zuzulassen, würde neben der Berücksichtigung der Größe von Gütermann und von Zwicky bei der differenzierten Behandlung nach Unternehmenskategorien für die Berechnung der Geldbußen zu einer zweifachen Berücksichtigung ein und desselben Aspekts führen, denn diese Größe nach dem Umsatz spiegelt bereits die Bedeutung jedes der Unternehmen für deren Einordnung in die unterschiedlichen Kategorien wider. 189    Es trifft zu, dass das Gericht in seinem oben in Randnr. 184 angeführten Urteil Cheil Jedang/Kommission (Randnr. 180) eingeräumt hat, dass die geringe Größe eines Unternehmens ein wichtiger Gesichtspunkt ist, der zu berücksichtigen ist, wenn die tatsächliche Auswirkung seines späten Eintritts in den von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt und ihr Verhalten gegenüber den anderen Herstellern bewertet werden soll. Diese Rechtssache war jedoch durch einen ganz spezifischen Kontext gekennzeichnet, denn das betreffende Unternehmen war offenkundig im Rahmen des Kartells bei den Verkaufsquoten gegenüber den übrigen Herstellern „benachteiligt“ worden, und dies konnte als unmittelbare Folge seiner sporadischeren Teilnahme an den Zusammenkünften und seines späten Eintritts in den Markt ausgelegt werden. Derartige besondere Umstände liegen im vorliegenden Fall nicht vor. 190    Schließlich vertritt die Kommission zu Recht die Auffassung, dass sich in der Tatsache, dass die Vertreter von Gütermann bzw. Zwicky bei mehreren Zusammenkünften die Funktion des Vorsitzenden wahrgenommen haben, eine Bestätigung dafür sehen lässt, dass kein passives Verhalten dieser Unternehmen vorlag. 191    Sie bestreiten nämlich keineswegs, dass ihre Vertreter förmlich den Vorsitz bei mehreren Zusammenkünften geführt haben. Sie versuchen allerdings, diese Rolle herunterzuspielen, indem sie geltend machen, dass dieser Vorsitz in Wirklichkeit tatsächlich von einem Vertreter von Coats, Herrn L., wahrgenommen worden sei, und zwar auch dann, wenn ihr jeweiliger Vertreter den Vorsitz wahrgenommen habe. 192    Auch wenn es zutrifft, dass die E-Mail vom 10. November 2000, auf die sie sich stützen, erkennen lässt, dass der Vertreter von Coats eine aktive Rolle bei der Organisation des Treffens vom 16. Januar 2001 gespielt hat, so ändert dies doch nichts daran, dass es der Vertreter von Zwicky, Herr F., war, der die Einladung an die übrigen Teilnehmer versandte. Es ist klarzustellen, dass die Tatsache, dass die Einladung am 2. Dezember 2000, also kurz nach dem Zwicky gegenüber festgestellten Zeitraum der Zuwiderhandlung, versandt wurde, hierbei belanglos ist. Eine derartige Versendung ist der letzte Schritt einer vorbereitenden Arbeit, die unmittelbar nach Erhalt der E-Mail vom 10. November 2000 begann. Jedenfalls zeugt allein die Tatsache, dass Zwicky akzeptiert hat, dass ihr Vertreter die Rolle des Vorsitzenden wahrnahm, von einer Haltung, die keineswegs rein passiv oder nur die eines Mitläufers war. 193    Was den Vertreter von Gütermann, Herrn B., betrifft, so hat dieser nicht nur bei den Zusammenkünften des Kartells als Vorsitzender fungiert, sondern er hat diese Treffen auch organisiert, wie aus seinen Erklärungen hervorgeht, die der Antwort von Gütermann auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte beigefügt ist. 194    Es steht fest, dass die Anberaumung von Treffen, der Vorschlag einer Tagesordnung und die Verteilung von Unterlagen zur Vorbereitung der Treffen mit der passiven Rolle eines Mitläufers, der sich nicht hervortut, unvereinbar ist. Derartige Initiativen lassen eine positive und aktive Haltung der Klägerinnen bei der Schaffung, Fortführung und Überwachung des Kartells erkennen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T‑43/02, Slg. 2006, II‑3435, Randnr. 257). 195    Drittens können sich die Klägerinnen auch nicht mit Erfolg auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten berufen, denen sie in der Zeit des Kartells begegnet seien. Denn gerade wegen der Schwierigkeiten, mit denen alle Akteure auf dem Markt für Industriegarne seit Ende der Neunzigerjahre konfrontiert waren, entschlossen sich mehrere von ihnen, darunter Gütermann und Zwicky, zu einem wettbewerbswidrigen Verhalten. Im Allgemeinen entstehen aber Kartelle wie die hier in Rede stehenden dann, wenn eine Branche in Schwierigkeiten ist (vgl. in diesem Sinne Urteile Tokai I, oben in Randnr. 185 angeführt, Randnr. 345, und Jungbunzlauer/Kommission, oben in Randnr. 194 angeführt, Randnr. 256). 196    Insoweit muss die Kommission, unterstellt man die Richtigkeit der Behauptung von Gütermann und Zwicky, es gebe mehrere Entscheidungen der Kommission, in denen die schlechte Finanzlage der betreffenden Branche berücksichtigt worden sei, nicht deshalb, weil sie in früheren Fällen die wirtschaftliche Situation der Branche als mildernden Umstand berücksichtigt hat, diese Praxis unbedingt fortsetzen (Urteil des Gerichts vom 10. März 1992, ICI/Kommission, T‑13/89, Slg. 1992, II‑1021, Randnr. 372). Die Kommission muss die Umstände jedes Einzelfalls individuell prüfen, ohne dass sie dabei durch frühere Entscheidungen gebunden ist, die andere Wirtschaftsteilnehmer, andere Produkt- oder Dienstleistungsmärkte oder andere räumliche Märkte zu anderen Zeiten betrafen (Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Cableuropa u. a./Kommission, T‑346/02 und T‑347/02, Slg. 2003, II‑4251, Randnr. 191). 197    Viertens rügen die Klägerinnen in ihren Erwiderungen einen Verstoß gegen den Grundsatz der individuellen Strafzumessung. 198    Zum einen ist daran zu erinnern, dass nach Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung neue Angriffs‑ und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden können, es sei denn, sie werden auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. 199    Zum anderen ist nach ständiger Rechtsprechung ein Angriffsmittel, das eine Erweiterung eines bereits vorher – unmittelbar oder implizit – in der Klageschrift vorgetragenen Angriffsmittels darstellt und mit diesem eng zusammenhängt, für zulässig zu erklären (Urteile des Gerichts vom 19. September 2000, Dürbeck/Kommission, T‑252/97, Slg. 2000, II‑3031, Randnr. 39, Cableuropa u. a./Kommission, oben in Randnr. 196 angeführt, Randnr. 111, und vom 12. Juli 2007, AEPI/Kommission, T‑229/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 21). 200    Im vorliegenden Fall ist erstens festzustellen, dass in den Klageschriften nichts zum Grundsatz der individuellen Strafzumessung vorgetragen worden ist, und zweitens, dass dieses Vorbringen keine Erweiterung eines in den Klageschriften vorgetragenen Angriffsmittels darstellt und mit den dort aufgeführten nicht eng zusammenhängt. 201    Da sich das Vorbringen außerdem nicht auf rechtliche oder tatsächliche Gründe bezieht, die während des Verfahrens zutage getreten sind, ist es als unzulässig zurückzuweisen. 202    Daraus folgt, dass der Klagegrund einer fehlenden Berücksichtigung bestimmter mildernder Umstände keinen Erfolg haben kann. Zum von Gütermann und Zwicky geltend gemachten Klagegrund einer fehlerhaften Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit Vorbringen der Parteien 203    Die Klägerinnen tragen vor, ihnen sei für ihre Kooperation vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte und ihr Nichtbestreiten des Sachverhalts in der Stellungnahme zu dieser eine Herabsetzung der Geldbuße um 15 % gewährt worden. Sie halten diese Herabsetzung für unzureichend, da ihre Kooperation nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte über ein bloßes Nichtbestreiten deutlich hinausgegangen sei. 204    Erstens hätten sie Informationen übermittelt, die der Kommission einen vollständigen Überblick über Ablauf, Inhalt und Hintergrund der Treffen und bilateralen Kontakte ermöglicht hätten. 205    Was zum Ersten den Ablauf der Treffen angeht, machen die Klägerinnen geltend, sie hätten die Ausführungen von Coats richtiggestellt, die fälschlicherweise behauptet habe, dass das Treffen vom 19. September 2000 das einzige gewesen sei, bei dem Erhöhungen von Preisen in den Preislisten diskutiert und vereinbart worden seien. Die Preise in den Preislisten und Preiserhöhungen seien nämlich bei allen Treffen diskutiert worden. Sodann hätten die angeblichen Klarstellungen von Coats in ihrer Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte nur den Spezialpreisen gegolten und könnten somit die Nützlichkeit der Richtigstellung durch die Klägerinnen nicht in Frage stellen. Schließlich sind die Klägerinnen der Ansicht, dass die genannten Richtigstellungen einerseits und die Klarstellungen von Coats andererseits im Wesentlichen in demselben Verfahrensabschnitt erfolgt seien, selbst wenn Letztere der Kommission einige Tage vor Ersteren zugegangen seien, so dass die zeitliche Reihenfolge für die Beurteilung der Zusammenarbeit nicht entscheidend sein könne. 206    Die Klägerinnen tragen zum Zweiten vor, sie hätten als einzige Unternehmen klar erklärt, dass es das Ziel der Treffen gewesen sei, die Diskrepanz zwischen den Nettopreisen und den Listenpreisen zu reduzieren, was Erwägungsgrund 167 der angefochtenen Entscheidung bestätige. Insoweit berufe sich die Kommission zu Unrecht auf Nr. 141 der Mitteilung der Beschwerdepunkte, wenn sie ausführe, sie habe diesen Zweck und die Auswirkungen der Vereinbarungen auf die Listenpreise dort bereits festgestellt. Denn aus dieser Randnummer gehe nur hervor, dass die Kommission habe beweisen können, dass die Teilnehmer der Treffen die mittelbare Anhebung der geplanten Nettopreise in einem Fall versucht hätten, dass die Kommission aber noch nicht über einen Hinweis auf den allgemeinen Hintergrund der Listenpreisgespräche verfügt habe. 207    Zweitens machen die Klägerinnen geltend, ihre Kooperation sei unzutreffend als weniger nützlich als die von BST, der die Kommission eine Herabsetzung der Geldbuße um 20 % gewährt habe, eingeschätzt worden, und berufen sich insoweit auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. 208    Drittens halten die Klägerinnen die ihnen von der Kommission gewährte Herabsetzung der Geldbuße um 15 % für unzureichend, weil nach deren bisheriger Entscheidungspraxis und der Rechtsprechung das bloße Nichtbestreiten zu einer Reduktion der Geldbuße von mindestens 10 %, in einigen Fällen sogar von 20 % führe. Eine Kooperation nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte, die über ein bloßes Nichtbestreiten hinausgehe, hätte daher zu einer deutlich stärkeren Herabsetzung durch die Kommission führen müssen. 209    Viertens machen die Klägerinnen geltend, dass sie im Sinne der beiden Gedankenstriche von Abschnitt D Nr. 2 der Mitteilung über Zusammenarbeit mit der Kommission zusammengearbeitet hätten und dass jeder von ihnen deswegen eine Herabsetzung der Geldbuße von mindestens zweimal 10 % hätte gewährt werden müssen. 210    Insoweit lasse sich der angefochtenen Entscheidung nicht entnehmen, dass die Kommission die Zusammenarbeit der Klägerinnen nach Erhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte tatsächlich gewürdigt habe. Selbst wenn sich die Kooperation der Klägerinnen nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte tatsächlich auf das Nichtbestreiten des Sachverhalts beschränkt hätte, hätte ihnen ferner eine Herabsetzung von mindestens 20 % gewährt werden müssen, und zwar selbst dann, wenn ihre Zusammenarbeit keinen anderen Nutzen als die Erhärtung der Beweise der Kommission durch dieses Nichtbestreiten erbracht hätte. Anders als bei der hier anzuwendenden Mitteilung setze die Mitteilung der Kommission vom 19. Februar 2002 über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. C 45, S. 3) voraus, dass die Beweismittel gegenüber den bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweismitteln einen erheblichen Mehrwert hätten. 211    Fünftens habe die Kommission ihre bisherige Entscheidungspraxis nicht beachtet. Die Klägerinnen machen geltend, ihre Kooperation sei mit der des Unternehmens KME in der Sache „Industrierohre“ vergleichbar; für diese Kooperation sei KME eine Herabsetzung der Geldbuße von 30 % zuerkannt worden (Entscheidung der Kommission vom 16. Dezember 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen, Sache COMP/E‑1/38.240 – Industrierohre, Randnr. 423). Der einzige Unterschied bestehe darin, dass die Klägerinnen die fraglichen Richtigstellungen zu den Erklärungen der übrigen Teilnehmer in der Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte und nicht vor dieser Mitteilung vorgenommen hätten. Abschnitt D Nr. 2 der Mitteilung über Zusammenarbeit bewerte die Beiträge der Unternehmen zur Sachverhaltsaufklärung vor und nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht unterschiedlich, so dass die Kommission auch ihnen insgesamt eine Herabsetzung ihrer Geldbußen um mindestens 30 % hätte gewähren müssen. 212    Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück. Würdigung durch das Gericht 213    In ihrer Mitteilung über Zusammenarbeit hat die Kommission die Voraussetzungen definiert, unter denen Unternehmen, die während der Untersuchung eines Kartellfalls mit ihr zusammenarbeiten, entweder von der Geldbuße befreit werden können oder in den Genuss einer Herabsetzung des Betrags der Geldbuße, den sie normalerweise hätten zahlen müssen, kommen können (vgl. Abschnitt A Nr. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit). 214    Abschnitt D Nr. 1 der Mitteilung über Zusammenarbeit lautet: „Arbeitet ein Unternehmen mit der Kommission zusammen, ohne dass es alle Voraussetzungen [der Abschnitte B und C] erfüllt, so wird die Höhe der Geldbuße, die ohne seine Mitarbeit festgesetzt worden wäre, um 10 bis 50 % niedriger festgesetzt.“ 215    Abschnitt D Nr. 2 der Mitteilung über Zusammenarbeit sieht vor: „Dies gilt insbesondere, wenn –        ein Unternehmen der Kommission vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte Informationen, Unterlagen oder andere Beweismittel liefert, die zur Feststellung des Vorliegens eines Verstoßes beitragen; –        ein Unternehmen der Kommission nach Erhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte mitteilt, dass es den Sachverhalt, auf den die Kommission ihre Einwände stützt, nicht bestreitet.“ 216    Im vorliegenden Fall geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission der Ansicht war, gemäß Abschnitt D Nr. 2 erster und zweiter Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit zugunsten von Gütermann und Zwicky den Betrag der Geldbuße um 15 % herabsetzen zu können (angefochtene Entscheidung, 397. Erwägungsgrund). 217    Zur Rechtfertigung ihrer Beurteilung stellte die Kommission zunächst fest, dass die Informationen, Unterlagen und anderen Beweise, die Gütermann und Zwicky vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte geliefert hätten, zum Nachweis des Vorliegens einer Rechtsverletzung beigetragen hätten (angefochtene Entscheidung, 395. Erwägungsgrund). Sie führte sodann aus, dass die Klägerinnen in ihren ersten Antworten auf das Auskunftsverlangen zugegeben hätten, dass die Preislisten während der Treffen ausgetauscht und diskutiert worden seien. Schließlich unterstrich die Kommission, dass die Klägerinnen die Fakten, auf die die Kommission ihre Vorwürfe gestützt habe, nicht substanziell bestritten hätten (angefochtene Entscheidung, 396. Erwägungsgrund). –       Zur Nützlichkeit der Zusammenarbeit 218    Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerinnen nicht in Abrede stellen, dass sie, wie im 385. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgestellt worden ist, nicht die Tatbestandsvoraussetzungen der Abschnitte B und C der Mitteilung über Zusammenarbeit erfüllen, so dass ihr Verhalten anhand von Abschnitt D der genannten Mitteilung zu prüfen ist, der die Überschrift „Spürbar niedrigere Festsetzung der Geldbuße“ trägt. 219    Sodann ist zu bemerken, dass der Kommission hinsichtlich der Methode für die Berechnung von Geldbußen ein weites Ermessen zusteht und dass sie insoweit eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigen kann, zu denen auch die Kooperationsbeiträge der betroffenen Unternehmen während der von den Dienststellen der Kommission durchgeführten Untersuchungen gehören. In diesem Rahmen muss die Kommission komplexe Tatsachenwürdigungen, wie die Würdigung der jeweiligen Kooperationsbeiträge dieser Unternehmen, vornehmen (Urteil des Gerichtshofs vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, C‑328/05 P, Slg. 2007, I‑3921, Randnr. 81). 220    In dieser Hinsicht verfügt die Kommission bei der Beurteilung der Qualität und der Nützlichkeit des Kooperationsbeitrags eines Unternehmens, insbesondere im Vergleich zu den Beiträgen anderer Unternehmen, über ein weites Ermessen (Urteil SGL Carbon/Kommission, oben in Randnr. 219 angeführt, Randnr. 88). 221    Schließlich ist festzustellen, dass die Herabsetzung der Geldbußen im Fall der Zusammenarbeit der Unternehmen, die an Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft beteiligt waren, nach der Rechtsprechung auf der Erwägung beruht, dass eine derartige Zusammenarbeit die Aufgabe der Kommission erleichtert, die darauf abzielt, das Vorliegen einer Zuwiderhandlung festzustellen und dieser gegebenenfalls Einhalt zu gebieten (Urteile des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 399, Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Finnboard/Kommission, T‑338/94, Slg. 1998, II‑1617, Randnr. 363). In Anbetracht des Grundes für die Herabsetzung kann die Kommission nicht die Nützlichkeit der gelieferten Information außer Acht lassen, die zwangsläufig von den sich bereits in ihrem Besitz befindlichen Beweismitteln abhängt. 222    In diesem Sinne geht aus der Rechtsprechung hervor, dass dann, wenn ein Unternehmen bei der Kooperation nur bestimmte Informationen, die ein anderes Unternehmen im Rahmen der Zusammenarbeit bereits gegeben hat, bestätigt und dies zudem weniger genau und weniger explizit geschieht, der Grad der Zusammenarbeit dieses Unternehmens, selbst wenn er nicht eines gewissen Nutzens für die Kommission entbehren mag, nicht als dem Grad der Zusammenarbeit des Unternehmens gleich angesehen werden kann, das die betreffenden Informationen als Erstes gegeben hat. Eine Erklärung, die nur in gewissem Maße eine Erklärung erhärtet, die der Kommission bereits vorlag, erleichtert nämlich deren Aufgabe nicht erheblich. Sie reicht damit nicht aus, um eine Herabsetzung der Geldbuße aufgrund der Zusammenarbeit zu rechtfertigen (vgl. in diesem Sinne Urteil Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 137 angeführt, Randnr. 455). 223    Im vorliegenden Fall ist zunächst klarzustellen, dass die Tatsache, dass Abschnitt D Nr. 2 der Mitteilung über Zusammenarbeit den Fall einer Übermittlung von Informationen und von neuen Beweismitteln nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht behandelt, keineswegs ausschließt, dass ein derartiger Umstand Anlass zu einer Herabsetzung der Geldbuße auf der Grundlage dieser Bestimmung geben kann. Die Liste der in diesem Abschnitt D Nr. 2 aufgeführten Umstände ist nämlich nur beispielhaft, wie sich aus der Verwendung des Adverbs „insbesondere“ ergibt (Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2001, Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, T‑45/98 und T‑47/98, Slg. 2001, II‑3757, Randnr. 274). 224    Diese Analyse wird durch das Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juli 2005, ThyssenKrupp/Kommission (C‑65/02 P und C‑73/02 P, Slg. 2005, I‑6773, Randnr. 59), insoweit bestätigt, als der Gerichtshof dort befunden hat, dass die Kommission es berücksichtigen kann, wenn ein Unternehmen in einem fortgeschrittenen Stadium des Verfahrens die rechtliche Einstufung des beanstandeten Sachverhalts anerkennt, da dies auf ein Eingeständnis der Zuwiderhandlung hinausläuft. Dieser Fall wird in den Abschnitten B und C der Mitteilung über Zusammenarbeit angesprochen, aber nicht explizit in ihrem Abschnitt D behandelt. Der Gerichtshof hat allerdings die Ansicht vertreten, dass nichts dagegen spricht, ein Unternehmen für ein derartiges Eingeständnis zu belohnen, selbst wenn dieses in einem späteren Stadium des Verfahrens erfolgt als dem, auf das in den Abschnitten B und C der Mitteilung über Zusammenarbeit abgestellt wird. Mit dieser Entscheidung hat der Gerichtshof den allgemeinen Grundsatz bestätigt, wonach die Kommission Milde walten lässt, wenn der Nachweis der Zuwiderhandlung erleichtert wird, und zwar ganz gleich, in welchem Stadium die Hilfe des Unternehmens erfolgt und ob diese Hilfe in den Lieferungen neuer Informationen oder neuer Beweismittel bestanden hat oder darin, dass der Sachverhalt oder dessen rechtliche Einstufung anerkannt wird. 225    Daraus folgt, dass im vorliegenden Fall die Frage, ob die von Gütermann und Zwicky nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte gelieferten neuen Informationen und neuen Beweismittel zu berücksichtigen sind und ob dies somit Anlass zu einer Herabsetzung der Geldbuße im Hinblick auf die Zusammenarbeit geben kann, hauptsächlich von der Qualität und Nützlichkeit der geleisteten Zusammenarbeit abhängt, die die Kommission im Rahmen ihres weiten Wertungsspielraums, wie oben in den Randnrn. 219 und 220 ausgeführt, beurteilt. 226    Die genannte Frage lässt sich somit nicht mit der bloßen Feststellung zufriedenstellend beantworten, dass die Informationen und Beweismittel nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt worden sind, sondern impliziert vielmehr, dass konkret sowohl im Hinblick auf die Qualität und die Nützlichkeit dieser Informationen und Beweismittel als auch im Hinblick auf den Zeitpunkt, zu dem diese übermittelt worden sind, zu bestimmen ist, ob der Kommission ein offenkundiger Beurteilungsfehler hinsichtlich des Grades der Zusammenarbeit von Gütermann und Zwicky unterlaufen ist. 227    Zunächst ist zu beachten, dass die Klägerinnen die Feststellung, dass die Informationen von Coats entscheidend für den Nachweis des Bestehens des Kartells auf dem Markt für Industriegarne in den Benelux- und den nordischen Ländern gewesen sind, nicht in Frage stellen. Der 387. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung führt hierfür von Coats beigebrachte Beweise an, auf die zahlreiche Punkte der Mitteilung der Beschwerdepunkte gestützt sind. 228    Allerdings berufen sich die Klägerinnen erstens darauf, dass sie die Erklärungen von Coats zur Häufigkeit der Treffen wegen der Preislisten und der Erhöhung der Preise und zur Häufigkeit der Treffen wegen der Sonderpreise richtiggestellt hätten. 229    Was zum Ersten die Häufigkeit der Treffen wegen der Preislisten und der Erhöhung der Preise betrifft, stützen sich die Klägerinnen zu Unrecht auf eine Erklärung des Vertreters von Coats in dem Antrag auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit, der zufolge das Treffen vom 19. September 2000 das einzige gewesen sei, in dessen Verlauf Erhöhungen der tatsächlichen Preise („actual prices“) besprochen und vereinbart worden seien. 230    Die Kommission hat nämlich in Nr. 100 der Mitteilung der Beschwerdepunkte festgestellt, dass die Hersteller, darunter Coats, BST, Gütermann und Zwicky, eingeräumt hätten, dass während der Zusammenkünfte Preislisten diskutiert und ausgetauscht worden seien. Außerdem ergibt sich aus den Feststellungen in Nr. 102 der Mitteilung der Beschwerdepunkte, dass Coats anders als Gütermann und Zwicky eingeräumt hat, dass die Unternehmen bei diesen Zusammenkünften zukünftige Preislisten sowie die Termine, ab denen die Preiserhöhungen in Kraft treten würden, abgesprochen haben. Die Informationen von Gütermann und Zwicky über die tatsächlichen Preise haben somit der Kommission nicht mehr Klarheit über das verschafft, was sie bereits wusste. Das Vorbringen der Klägerinnen dringt somit nicht durch. 231    Was zum Zweiten die Häufigkeit der Diskussionen über die Sonderpreise betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Nr. 107 der Mitteilung der Beschwerdepunkte betont hat, dass die Hersteller, einschließlich Coats, bestritten oder mitzuteilen unterlassen hätten, dass sie Informationen über Sonderpreise und Nettopreise ausgetauscht und hierüber Vereinbarungen getroffen hätten. Was außerdem den Austausch von Informationen über Rabatte und Skonti betrifft, hat die Kommission in Nr. 105 der Mitteilung der Beschwerdepunkte festgestellt, dass die Hersteller, mit Ausnahme von Coats für den Zeitraum vor Mitte der Neunzigerjahre, bestritten oder den Hinweis darauf unterlassen hätten, dass es ihn gegeben habe. Auch ist festzustellen, dass die betreffenden Unternehmen wie Coats, Zwicky, Gütermann und BST erst nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte angegeben haben, dass bei den Treffen Sonderpreise erörtert und vereinbart wurden. 232    Allerdings macht die Kommission zu Recht geltend, dass sie in der Lage war, diese Bestandteile der Zuwiderhandlung dank der Unterlagen nachzuweisen, die Coats ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen beigefügt hatte. Hierbei handelt es sich zunächst um ein von einem Vertreter von Barbour Threads verfasstes Protokoll eines Treffens vom 8. September 1998, das auf das Bestehen von Vereinbarungen über Rabatte und Skontosenkungen und Vereinbarungen über die Erhöhung der Sonderpreise hinwies. In der Mitteilung der Beschwerdepunkte nimmt die Kommission hierauf mehrfach Bezug (Nrn. 106, 108 und 121). Es handelt sich sodann um eine E-Mail vom 10. Oktober 2000, die den Erklärungen des Vertreters von Coats, F. S., beigefügt war und bestätigte, dass anlässlich eines Treffens vom 19. September 2000 Senkungen von Rabatten und Erhöhungen von Sonderpreisen vereinbart worden waren. Dies erwähnt die Kommission in Nr. 126 der Mitteilung der Beschwerdepunkte. Schließlich handelt es sich um E-Mails, die Coats ihrem Kronzeugenantrag beigefügt hat, darunter die von Oktober 2000, die auf den Informationsaustausch mit Amann und Gütermann wegen der Sonderpreise hinweist. Dieses Dokument wird in Nr. 133 der Mitteilung der Beschwerdepunkte in der Fn. 268 erwähnt. 233    Ebenfalls zu Recht hat die Kommission betont, dass die von BST erteilten Auskünfte ihr auch dabei geholfen hatten, Besprechungen und Vereinbarungen über Sonderpreise festzustellen. Diese Feststellung ergibt sich insbesondere aus den Nrn. 104 und 106 sowie den Fn. 173, 174 und 176 der Mitteilung der Beschwerdepunkte. 234    Daraus folgt, dass die Berichtigungen, die die Klägerinnen in Bezug auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgenommen haben wollen, in Wirklichkeit lediglich bestätigten, was die Kommission bereits dank der vorgenannten, vor der genannten Mitteilung erteilten Informationen wusste. 235    Daher hatte die Tatsache, dass die Bemerkungen von Coats über die Sonderpreise, die sich an die Mitteilung der Beschwerdepunkte anschlossen, der Kommission vor denjenigen der Klägerinnen zugingen, keinen Einfluss auf die Beurteilung der Zusammenarbeit der Klägerinnen. 236    Zweitens ist das Vorbringen der Klägerinnen zurückzuweisen, sie seien die einzigen Unternehmen gewesen, die in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt hätten, dass es das Ziel der Treffen gewesen sei, die Diskrepanz zwischen den Listenpreisen und den tatsächlichen Nettopreisen zu reduzieren und mittelbar die Nettopreise für bestimmte Produkte zu erhöhen. 237    Zwar hat die Kommission nämlich im 167. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung eine Formulierung von Gütermann in deren Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte übernommen, um das Ziel der Zusammenkünfte zu erklären, doch hatte sie dieses Ziel und die Auswirkungen der Vereinbarungen, wie aus den Nrn. 141 und 142 der Mitteilung der Beschwerdepunkte hervorgeht, bereits festgestellt. Die dort erwähnten Auskünfte hat Coats im Rahmen ihres Kronzeugenantrags übermittelt, und sie haben der Kommission ermöglicht, anhand des in ihnen enthaltenen konkreten Beispiels von Listenpreiserhöhungen auf den allgemeinen Zusammenhang der Diskussionen über die Listenpreise hinzuweisen. –       Zur vermeintlich fehlerhaften Beurteilung der Zusammenarbeit im Vergleich mit der von BST 238    Was den Antrag der Klägerinnen betrifft, in den Genuss einer Herabsetzung zu kommen, die mindestens derjenigen von BTS gleichwertig ist, ist daran zu erinnern, dass die Kommission nach gefestigter Rechtsprechung bei ihrer Beurteilung der Zusammenarbeit der betroffenen Unternehmen den Grundsatz der Gleichbehandlung nicht außer Acht lassen darf, der verletzt ist, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil Tokai I, oben in Randnr. 185 angeführt, Randnr. 394 und die dort angeführte Rechtsprechung). Allerdings ist der Kommission ein weiter Wertungsspielraum bei der Beurteilung der Qualität und der Nützlichkeit der Zusammenarbeit der verschiedenen Kartellmitglieder zuzubilligen, wobei lediglich ein offenkundiges Überschreiten dieses Spielraums beanstandet werden kann. 239    Aus dem Vergleich der Zusammenarbeit dieser Unternehmen geht hervor, dass die Kommission nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen hat. 240    Was nämlich zum Ersten die Zusammenarbeit vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 15. März 2004 betrifft, war die Kommission der Ansicht, dass BTS ihr beträchtlich dabei geholfen habe, den Inhalt zahlreicher Vereinbarungen (darunter den größten Teil des Inhalts der Anfang der Neunzigerjahre geschlossenen Vereinbarungen, den Inhalt der Vereinbarung, die am 8. Oktober 1996 in Wien [Österreich] geschlossen worden war, und der am 9. September 1997 in Zürich [Schweiz] geschlossenen Vereinbarung) festzustellen, dass sie das einzige Unternehmen gewesen sei, das ihr die von den Wettbewerbern bei den Treffen erhaltenen Preislisten habe zukommen lassen, und dass BTS Informationen geliefert habe, die weit über dasjenige hinausgegangen seien, was nach dem Auskunftsverlangen vorzulegen gewesen sei. Insoweit nimmt die Kommission zur Stützung ihrer Feststellungen auf zahlreiche Fußnoten der Mitteilung der Beschwerdepunkte Bezug, in denen sich ein Beleg dafür sehen lässt, dass BST zahlreiche Beweise (darunter die Anlage 14 der Antwort von BTS auf das Auskunftsverlangen) vorgelegt hat und dass sie somit eine wichtige Informationsquelle im Rahmen der vorläufigen Feststellungen der Kommission war. 241    In Bezug auf die Zusammenarbeit der Klägerinnen vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission zwar einräumt, dass diese ihr auch Unterlagen zur Verfügung gestellt haben, die einen Überblick über die Treffen zu Beginn der Neunzigerjahre vermittelten. Dennoch war die Kommission der Ansicht, dass diese Informationen sich als weniger nützlich erwiesen als die von BST übermittelten. Diese Beurteilung haben die Klägerinnen nicht in Frage gestellt, sondern haben sich mit der Behauptung begnügt, dass die ihnen vorliegenden Informationen es ihnen nicht erlaubten, sich eine Meinung darüber zu bilden, ob BST mehr Informationen und Beweismittel als sie selbst vorgelegt habe. Wie oben dargelegt, geht klar aus den Erwägungsgründen 391 bis 397 der angefochtenen Entscheidung sowie zahlreichen Bezugnahmen auf die von BST vorgelegten Unterlagen, die in den Fußnoten zur Stützung der Feststellungen der Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten sind, hervor, dass die Zusammenarbeit von BST bedeutender war. 242    Was zum Zweiten die Zusammenarbeit nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte betrifft, ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung, dass sowohl BST als auch die Klägerinnen den festgestellten Sachverhalt nicht bestritten haben und dass die Zusammenarbeit dieser drei Unternehmen in diesem Stadium des Verwaltungsverfahrens identisch war. Denn im Licht dessen, was oben in den Randnrn. 228 bis 237 ausgeführt worden ist, tragen die Klägerinnen zu Unrecht vor, sie hätten nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte Informationen geliefert, die die Kommission nicht gekannt habe. Folglich können sie nicht geltend machen, Informationen von einer solchen Nützlichkeit übermittelt zu haben, dass es gerechtfertigt wäre, ihnen mindestens die gleiche Herabsetzung zu gewähren, wie sie BST gewährt worden ist. 243    Selbst wenn einzuräumen wäre, dass die Klägerinnen ebenso nützliche Klarstellungen geliefert hätten wie die von BST zu bestimmten Punkten der Mitteilung der Beschwerdepunkte, ist der Kommission kein offenkundiger Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie darauf abgestellt hat, dass die von BST gelieferten Informationen und Beweismittel vor der genannten Mitteilung vorgelegt wurden. –       Zur vermeintlich unzutreffenden Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit und der vermeintlichen Nichtberücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichts 244    Die Klägerinnen tragen zu Unrecht vor, dass die Kommission ihnen jeweils eine Herabsetzung der Geldbuße in Höhe von wenigstens zweimal 10 %, mithin mindestens 20 %, hätte gewähren müssen, da sie anerkannt habe, dass die Kooperation der Klägerinnen die Voraussetzungen der beiden Verhaltenskategorien von Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit erfüllt habe. 245    Es ist nämlich festzustellen, dass die in Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit vorgesehene Bandbreite von 10 % bis 50 % reicht, ohne dass besondere Kriterien für die Abstufung der Herabsetzung innerhalb dieser Bandbreite festgelegt würden. Die Mitteilung schafft daher keine berechtigte Erwartung darauf, in den Genuss eines bestimmten Prozentsatzes der Herabsetzung zu kommen. Außerdem ist Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit entgegen dem, was die Klägerinnen im Wesentlichen geltend machen, keineswegs so auszulegen, dass er die Kommission verpflichten würde, eine besondere Herabsetzung von mindestens 10 % für jeden hierunter fallenden festgestellten Fall der Zusammenarbeit zu gewähren, sondern er muss vielmehr so verstanden werden, dass er lediglich eine einzige Herabsetzung von mindestens 10 % vorsieht. 246    Solange die Kommission nicht offenkundig den weiten Wertungsspielraum überschreitet, über den sie verfügt, wenn sie das Ausmaß bewertet, in dem ihre Arbeit durch die Kooperation des Unternehmens erleichtert worden ist, steht es ihr somit völlig frei, in ihrer Entscheidung die einzelnen Prozentsätze anzugeben, die sie für jeden festgestellten Fall zugrunde gelegt hat, der unter Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit fällt, und diese sodann zu addieren, ebenso wie es ihr unbenommen bleibt, lediglich einen einzigen umfassenden Prozentsatz anzugeben, den sie für dieselben Fallkonstellationen meint gewähren zu können. Denn die Beurteilung der Nützlichkeit der Zusammenarbeit beruht, wie die Kommission zu Recht betont, keineswegs auf einer arithmetischen Formel, die von Amts wegen zu einer Herabsetzung von mindestens 20 % führt, wenn beide Gedankenstriche von Abschnitt D einschlägig sind. 247    Das oben in Randnr. 185 angeführte Urteil Tokai I, auf das die Klägerinnen sich berufen, vermag diese Beurteilung nicht in Frage zu stellen. Denn es ergibt sich klar aus der Entscheidung 2002/271/EG der Kommission vom 18. Juli 2001 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 5 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-1/36.490 – Graphitelektroden) (ABl. 2002, L 100, S. 1), um die es in diesem Urteil ging, dass die Kommission lediglich und ausdrücklich auf den ersten Gedankenstrich von Abschnitt D Nr. 2 der Mitteilung über Zusammenarbeit für das betreffende Unternehmen abgestellt hat. Das Gericht hat indes festgestellt, dass das betreffende Unternehmen ebenfalls im Sinne des zweiten Gedankenstrichs kooperiert hatte. Die Kommission hat sich bemüht, zu erklären, dass sie lediglich eine einzige Herabsetzung vorgenommen habe, die den beiden Arten der Zusammenarbeit Rechnung trage. Anders jedoch als in der vorliegenden Rechtssache wurde das Nichtbestreiten des Sachverhalts seitens des betreffenden Unternehmens in keinem der sich auf die Zusammenarbeit dieses Unternehmens beziehenden Erwägungsgründe beurteilt. Daher sah sich das Gericht zu der Feststellung gezwungen, dass die Kommission dem betreffenden Unternehmen Abschnitt D Nr. 2 zweiter Gedankenstrich der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht hatte zugutekommen lassen. –       Zur vermeintlichen Nichtberücksichtigung der früheren Entscheidungspraxis 248    Die Berufung der Klägerinnen auf eine vermeintliche frühere Praxis der Kommission ist zurückzuweisen. Denn allein die Tatsache, dass die Kommission im Rahmen ihrer früheren Entscheidungspraxis für ein bestimmtes Verhalten einen bestimmten Herabsetzungssatz gewährt hat, bedeutet nicht, dass sie gehalten wäre, bei der Beurteilung eines ähnlichen Verhaltens im Rahmen eines späteren Verwaltungsverfahrens die gleiche proportionale Herabsetzung zu gewähren (Urteil Brugg Rohrsysteme/Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 193). 249    Jedenfalls ist die Zusammenarbeit der Klägerinnen in keiner Weise mit der des Unternehmens KME vergleichbar, die in der von den Klägerinnen angeführten Entscheidung der Kommission vom 16. Dezember 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E‑1/38.240 – Industrierohre) festgestellt wurde. Aus dieser Entscheidung ergibt sich eine bedeutende Zusammenarbeit von KME vor Erhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte, die zum materiellen Nachweis des Bestehens des Kartells während seiner ganzen Dauer beigetragen hat. KME hat nämlich Unterlagen betreffend die Zuwiderhandlung und eine detaillierte Beschreibung der Funktionsweise des Kartells vorgelegt und dabei im Einzelnen erklärt, in welchen Zusammenhang verschiedene Unterlagen, die die Kommission bei ihren Nachprüfungen entdeckt hatte, einzuordnen waren. Die Zusammenarbeit der Klägerinnen vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte war nicht von einer solchen Bedeutung. 250    Nach alledem ist der Klagegrund einer unzutreffenden Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit zurückzuweisen. Zu dem von Gütermann und Zwicky geltend gemachten Klagegrund der Unverhältnismäßigkeit der Geldbuße Vorbringen der Parteien 251    Die Klägerinnen stützen ihren Klagegrund der Unverhältnismäßigkeit der Geldbuße auf mehrere Rügen. 252    Erstens machen sie geltend, die erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in denen sie sich seit Jahren infolge des Strukturwandels der Garnindustrie befunden hätten, seien von der Kommission nicht berücksichtigt worden. Die Krise der Branche habe nämlich zu einem Rückgang ihrer Gewinne geführt und Zwicky dazu veranlasst, ihre Aktivitäten auf dem Markt im November 2000 einzustellen. Die Kommission habe außerdem die Probleme von Gütermann mit ihren Banken und die daraus folgende zusätzliche Zinsbelastung außer Acht gelassen. 253    Zweitens seien die gegen Gütermann (4,021 Millionen Euro) und Zwicky (0,174 Millionen Euro) verhängten Geldbußen gegenüber ihren auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt erzielten Umsätzen unverhältnismäßig. In diesem Sinne machen sie geltend, dass das Geschäftsergebnis von Gütermann nach Steuern während der elfeinhalb Jahre der Zuwiderhandlung 318 000 Euro und der Umsatz von Zwicky im Jahr 2000 lediglich 200 000 Euro betragen habe. 254    Ferner trägt Gütermann, die sich insoweit Zwicky in ihrer Erwiderung anschließt, vor, dass die Ausgangsbeträge (2,2 Millionen Euro für Gütermann und 100 000 Euro für Zwicky), die für die Berechnung der Geldbußen herangezogen worden seien, zum einen im Vergleich zu den Gesamtumsätzen sämtlicher Unternehmen mit den von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkten (50 Millionen Euro) unverhältnismäßig seien und zum anderen überzogen erschienen, wenn man den letztgenannten Betrag, der die Größe des Marktes der von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkte widerspiegele, mit der des Weltmarkts für Industriegarne (4 bis 5 Milliarden Euro) vergleiche. 255    Nach der Rechtsprechung müsse die Kommission bei der Prüfung der Schwere der Zuwiderhandlung und der Verhältnismäßigkeit der Geldbuße die Größe des betroffenen Marktes berücksichtigen. Die Kommission mache somit zu Unrecht geltend, dieses Kriterium sei nur ein Faktor unter anderen, so dass sie es nicht habe berücksichtigen müssen. 256    Drittens trägt Gütermann vor, dass die Berechnungsmethode, die zur Ermittlung der ihr gegenüber verhängten Geldbußen angewandt worden sei, kleine und mittlere Unternehmen klar benachteilige. Deren Größe werde nämlich nicht berücksichtigt, so dass die nach dieser Berechnungsmethode ermittelten Geldbußen unverhältnismäßig seien. Dies führe dazu, dass im vorliegenden Fall die Geldbuße, die Gütermann gegenüber festgesetzt worden sei, im Vergleich zu denjenigen, die gegenüber den übrigen Unternehmen wie BST oder Coats festgesetzt worden seien, unverhältnismäßig sei. 257    Viertens sei die Anwendung der Leitlinien im vorliegenden Fall insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit künftigen Fällen, die kleine und mittlere Unternehmen beträfen, für die in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2) eine fairere Behandlung vorgesehen sei, unangemessen. 258    Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück. Würdigung durch das Gericht 259    Erstens tragen die Klägerinnen zu Unrecht vor, dass die gegen sie verhängte Geldbuße im Hinblick auf ihre prekäre finanzielle Lage und die Gefahr, dass die Geldbuße ihre Existenz bedrohe, unverhältnismäßig sei. 260    Nach ständiger Rechtsprechung und wie im 404. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung in Erinnerung gerufen worden ist, ist die Kommission nämlich nicht verpflichtet, bei der Bemessung der Geldbuße die schlechte Finanzlage eines Unternehmens zu berücksichtigen, da die Anerkennung einer solchen Verpflichtung darauf hinauslaufen würde, den am wenigsten den Marktbedingungen angepassten Unternehmen einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu verschaffen (Urteile des Gerichtshofs vom 8. November 1983, IAZ International Belgium u. a./Kommission, 96/82 bis 102/82, 104/82, 105/82, 108/82 und 110/82, Slg. 1983, 3369, Randnrn. 54 und 55, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 221 angeführt, Randnr. 327, und vom 29. Juni 2006, SGL Carbon/Kommission, C‑308/04 P, Slg. 2006, I‑5977, Randnr. 105). 261    Im Übrigen bedeutet, einmal unterstellt, dass eine von einer Gemeinschaftsbehörde getroffene Maßnahme zur Auflösung eines Unternehmens führt, eine derartige Auflösung eines Unternehmens in seiner bestehenden Rechtsform, auch wenn sie die finanziellen Interessen der Eigentümer, Aktionäre oder Anteilseigner beeinträchtigen kann, doch nicht, dass auch die durch das Unternehmen repräsentierten personellen, materiellen und immateriellen Mittel ihren Wert verlören (Urteil Tokai I, oben in Randnr. 185 angeführt, Randnr. 372). 262    In Anbetracht dieser Rechtsprechung war die Kommission keinesfalls verpflichtet, die wirtschaftliche Lage von Gütermann in der angefochtenen Entscheidung zu berücksichtigen oder auch nur in dieser Entscheidung die Erläuterungen des Unternehmens in Bezug auf diese Lage zu erwähnen. Dass die Kommission es für zweckdienlich erachtet hat, die finanzielle Lage von Zwicky und nicht die von Gütermann anzusprechen, ist im Hinblick auf die besonders schwierige wirtschaftliche Lage von Zwicky vollauf verständlich, die dieses Unternehmen dazu veranlasst hat, seine Aktivitäten in Bezug auf die Industriegarne an Gütermann zu verkaufen. 263    Zweitens werfen die Klägerinnen der Kommission im Wesentlichen vor, sie habe nicht die Größe des betroffenen Marktes berücksichtigt und somit eine im Hinblick auf diese Größe unverhältnismäßige Geldbuße festgesetzt. Sie berufen sich auch auf die Unverhältnismäßigkeit der Geldbuße im Vergleich zum Umsatz, den sie jeweils auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt erzielt hätten, sowie auf die Unverhältnismäßigkeit des Ausgangsbetrags der Geldbuße gegenüber ihren jeweiligen Umsätzen. 264    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass die Handlungen der Gemeinschaftsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was für die Erreichung des verfolgten Ziels angemessen und erforderlich ist. Bei der Bemessung von Geldbußen ist die Schwere der Zuwiderhandlungen anhand von zahlreichen Faktoren zu ermitteln, und keinem dieser Faktoren ist gegenüber den anderen Beurteilungsfaktoren unverhältnismäßiges Gewicht beizumessen. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt in diesem Zusammenhang, dass die Kommission die Geldbuße verhältnismäßig nach den Faktoren festsetzen muss, die sie für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt hat, und dass sie diese Faktoren dabei in schlüssiger und objektiv gerechtfertigter Weise bewerten muss (Urteil Jungbunzlauer/Kommission, oben in Randnr. 194 angeführt, Randnrn. 226 bis 228). 265    Was den gegenüber der Kommission erhobenen Vorwurf betrifft, sie habe nicht die Größe des betroffenen Marktes berücksichtigt, ist daran zu erinnern, dass die Kommission nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 gegenüber Unternehmen Geldbußen verhängen darf, deren Betrag 10 % des vom jeweiligen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Umsatzes nicht übersteigt. Zur Bestimmung der Höhe der Geldbuße innerhalb dieser Grenze sehen diese Bestimmungen die Berücksichtigung der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung vor. Außerdem setzt die Kommission gemäß den Leitlinien den Ausgangsbetrag nach Maßgabe der Schwere der Zuwiderhandlung fest, wobei sie deren Art, die konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie den Umfang des betreffenden räumlichen Marktes berücksichtigt. 266    Weder die Verordnung Nr. 17 noch die Verordnung Nr. 1/2003, noch die Leitlinien sehen somit vor, dass die Höhe der Geldbuße unmittelbar nach Maßgabe der Größe des betroffenen Marktes festzusetzen ist, da dieser Faktor nur ein einschlägiger Faktor unter anderen ist. Dieser rechtliche Rahmen als solcher verpflichtet die Kommission daher nicht dazu, die begrenzte Größe des Produktmarkts zu berücksichtigen. (Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Roquette Frères/Kommission, T‑322/01, Slg. 2006, II‑3137, Randnr. 148). 267    Nach der Rechtsprechung muss die Kommission jedoch bei der Beurteilung der Schwere einer Zuwiderhandlung sehr viele Faktoren berücksichtigen, die je nach der Art der fraglichen Zuwiderhandlung und nach den besonderen Umständen des Einzelfalls von unterschiedlicher Art und Bedeutung sind (Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 78 angeführt, Randnr. 120). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass je nach Fall die Größe des fraglichen Produktmarkts zu diesen die Schwere einer Zuwiderhandlung belegenden Faktoren zählen kann. 268    Die Marktgröße kann zwar demnach einen Faktor darstellen, der bei der Ermittlung der Schwere der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen ist, doch ist dieser Faktor je nach der Art und den Umständen der betreffenden Zuwiderhandlung von unterschiedlicher Bedeutung. 269    Im vorliegenden Fall bestand die Zuwiderhandlung im Wesentlichen im Austausch sensibler Informationen über Preislisten und/oder die von den einzelnen Kunden verlangten Preise, in Vereinbarungen über Preiserhöhungen und/oder Zielpreise, in der Verhinderung der Unterbietung der Preise des etablierten Lieferanten sowie der Aufteilung der Kunden (angefochtene Entscheidung, Erwägungsgründe 99 bis 125 und 345). Solche Praktiken stellen eine horizontale Beschränkung von der Art eines „Preiskartells“ im Sinne der Leitlinien dar und sind daher ihrer Art nach „besonders schwere Verstöße“. In diesem Zusammenhang ist die geringe Größe des fraglichen Marktes, vorausgesetzt, sie wäre erwiesen, im Vergleich zu der Gesamtheit der übrigen Faktoren, die die Schwere der Zuwiderhandlung belegen, nur von geringerer Bedeutung. 270    Jedenfalls ist zu berücksichtigen, dass die Kommission die Ansicht vertreten hat, dass die Zuwiderhandlung als besonders schwer im Sinne der Leitlinien anzusehen sei, die für derartige Fälle vorsehen, dass von ihr ein „voraussichtlicher“ Ausgangsbetrag oberhalb von 20 Millionen Euro in Betracht gezogen werden kann. Im vorliegenden Fall hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die betroffenen Unternehmen in mehrere Kategorien nach ihrer relativen Bedeutung auf dem fraglichen Markt aufgeteilt. Aus dem 358. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ergibt sich, dass die Kommission einen Ausgangsbetrag von 14 Millionen Euro nur für Unternehmen zugrunde gelegt hat, die der ersten Kategorie angehören, einen solchen von 5,2 Millionen Euro für diejenigen, die zur zweiten Kategorie gehören, einen von 2,2 Millionen Euro für diejenigen der dritten Kategorie (darunter Gütermann) und einen von 0,1 Millionen Euro für diejenige der vierten Kategorie (nämlich Zwicky). Daraus geht hervor, dass die Ausgangsbeträge, die als Ausgangspunkt für die Berechnung der gegen Gütermann und Zwicky verhängten Geldbußen dienten, deutlich unter denjenigen lagen, die die Kommission nach den Leitlinien für besonders schwere Zuwiderhandlungen „voraussichtlich“ hätte in Betracht ziehen können. In dieser Bestimmung des Ausgangsbetrags der Geldbuße lässt sich eine Bestätigung dafür sehen, dass die Größe des fraglichen Produktmarkts durchaus berücksichtigt worden ist. 271    In Anbetracht dieser Erwägungen ist davon auszugehen, dass die gegen Gütermann und Zwicky verhängten Geldbußen keineswegs außer Verhältnis zur Größe des Industriegarnmarkts in den Benelux‑ und den nordischen Ländern stehen. 272    Des Weiteren ist auch das Vorbringen zurückzuweisen, dass der Ausgangsbetrag angesichts des Umsatzes von Gütermann und desjenigen von Zwicky auf dem betroffenen Markt unverhältnismäßig sei. 273    Es ist nämlich festzustellen, dass die Kommission es bei der Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbußen anhand der Schwere der Zuwiderhandlung für erforderlich erachtet hat, eine Differenzierung zwischen den an den Kartellen beteiligten Unternehmen vorzunehmen, um die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit der Urheber der Zuwiderhandlungen, den Wettbewerb in erheblichem Umfang zu schädigen, zu berücksichtigen und die Geldbuße auf einen Betrag festzusetzen, der eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet. Sie hat hinzugefügt, es sei nötig, das jeweilige Gewicht und damit die tatsächliche Auswirkung des rechtswidrigen Verhaltens jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb zu berücksichtigen. Als Grundlage für eine Beurteilung dieser Gesichtspunkte hat die Kommission den Umsatz gewählt, den jedes Unternehmen auf dem betreffenden Markt und für das vom Kartell betroffene Produkt erzielt hat. 274    Folglich hat die Kommission, wie oben in Randnr. 270 dargelegt, die betroffenen Unternehmen in vier Kategorien aufgeteilt. Gütermann wurde unter Berücksichtigung ihres Umsatzes von 2,36 Millionen Euro in die dritte Kategorie und Zwicky unter Berücksichtigung ihres Umsatzes von 0,2 Millionen Euro in die vierte Kategorie eingestuft. Nach der Schwere der Zuwiderhandlung hat die Kommission einen Ausgangsbetrag von 2,2 Millionen Euro für Gütermann und von 0,1 Millionen Euro für Zwicky zugrunde gelegt (angefochtene Entscheidung, Erwägungsgründe 356 bis 358). 275    Nach ständiger Rechtsprechung kann der Teil des Umsatzes, der mit den Waren erzielt wurde, auf die sich die Zuwiderhandlung bezog, einen zutreffenden Anhaltspunkt für das Ausmaß einer Zuwiderhandlung auf dem betreffenden Markt liefern (Urteile Cheil Jedang/Kommission, oben in Randnr. 184 angeführt, Randnr. 91, und Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, oben in Randnr. 79 angeführt, Randnr. 196). Denn dieser Umsatz kann einen zutreffenden Anhaltspunkt für die Verantwortlichkeit jedes Mitglieds auf den genannten Märkten liefern, da er ein objektives Element ist, das einen zutreffenden Maßstab für die Schädlichkeit dieser Verhaltensweise in Bezug auf das normale Spiel des Wettbewerbs und somit einen guten Indikator für die Fähigkeit jedes betroffenen Unternehmens darstellt, einen Schaden zu verursachen. 276    Aus diesen Erwägungen ist der Schluss zu ziehen, dass die Ausgangsbeträge, die im Rahmen der Berechnung der gegen Gütermann und gegen Zwicky verhängten Geldbußen zugrunde gelegt wurden, gegenüber den Umsätzen dieser Unternehmen auf dem betreffenden Markt keinesfalls unverhältnismäßig erscheinen. 277    Daraus folgt, dass auch das Vorbringen zurückzuweisen ist, die Geldbußen seien gegenüber den jeweiligen Umsätzen der Klägerinnen auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt unverhältnismäßig. Denn die Klägerinnen können nicht mit Erfolg auf eine Unverhältnismäßigkeit des Endbetrags der verhängten Geldbuße schließen, da sich der Ausgangsbetrag ihrer Geldbußen im Licht der von der Kommission für die Beurteilung der Bedeutung jedes Unternehmens auf dem relevanten Markt zugrunde gelegten Kriterien rechtfertigen lässt (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 20. März 2002, LR AF 1998/Kommission, T‑23/99, Slg. 2002, II‑1705, Randnr. 304, und vom 5. Dezember 2006, Westfalen Gassen Nederland/Kommission, T‑303/02, Slg. 2006, II‑4567, Randnr. 185). Jedenfalls ist zu betonen, dass das Gemeinschaftsrecht keinen allgemein anwendbaren Grundsatz enthält, wonach die Sanktion in angemessenem Verhältnis zu dem Umsatz stehen muss, den das Unternehmen mit dem Verkauf des Produkts erzielt, auf das sich die Zuwiderhandlung bezog (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 18. Mai 2006, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, C‑397/03 P, Slg. 2006, I‑4429, Randnr. 339). 278    Drittens ist auch das Vorbringen von Gütermann zurückzuweisen, dass die Berechnungsmethode die kleinen und mittleren Unternehmen benachteilige und im vorliegenden Fall zur Verhängung einer Geldbuße gegen Gütermann geführt habe, die im Vergleich zu denjenigen unverhältnismäßig sei, die gegen die übrigen Unternehmen verhängt worden seien. 279    Da die Kommission nicht verpflichtet ist, die Berechnung der Geldbuße ausgehend von Beträgen vorzunehmen, die auf dem Umsatz der betreffenden Unternehmen beruhen, ist sie auch nicht gehalten, falls gegenüber mehreren an der gleichen Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen Geldbußen verhängt werden, sicherzustellen, dass diese endgültigen Geldbußenbeträge, die sich aus ihrer Berechnung für die betreffenden Unternehmen ergeben, jede Differenzierung zwischen diesen Unternehmen hinsichtlich ihres Gesamtumsatzes oder ihres Umsatzes auf dem fraglichen Produktmarkt wiedergeben (Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, Dansk Rørindustri/Kommission, T‑21/99, Slg. 2002, II‑1681, Randnr. 202). 280    In dieser Hinsicht ist klarzustellen, dass Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 auch nicht verlangen, dass bei Verhängung von Geldbußen gegenüber mehreren an der gleichen Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen die gegen ein kleines oder mittleres Unternehmen festgesetzte Geldbuße, als Prozentsatz vom Umsatz ausgedrückt, nicht höher ist als die gegen die größeren Unternehmen festgesetzten Geldbußen. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich nämlich, dass sowohl bei den kleinen oder mittleren Unternehmen als auch bei den größeren Unternehmen für die Festsetzung der Höhe der Geldbuße die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung berücksichtigt werden müssen. Wenn die Kommission gegen die an derselben Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen Geldbußen verhängt, die angesichts der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung im Fall des jeweiligen Unternehmens gerechtfertigt sind, ist nicht zu beanstanden, dass bei einigen Unternehmen die Geldbuße im Verhältnis zum Umsatz höher ist als bei anderen (Urteile vom 20. März 2002, Dansk Rørindustri/Kommission, oben in Randnr. 279 angeführt, Randnr. 203, und Westfalen Gassen Nederland/Kommission, oben in Randnr. 277 angeführt, Randnr. 174). 281    Die Kommission muss mithin die Geldbußen nicht abmildern, wenn kleine oder mittlere Unternehmen betroffen sind. Der Größe des Unternehmens wird nämlich durch die in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 festgelegte Obergrenze und durch die Leitlinien Rechnung getragen (Urteil Westfalen Gassen Nederland/Kommission, oben in Randnr. 277 angeführt, Randnr. 174). Abgesehen von diesen Erwägungen zur Größe gibt es keinen Grund, kleine oder mittlere Unternehmen anders als andere Unternehmen zu behandeln. Die Tatsache, dass die Unternehmen von kleiner oder mittlerer Größe sind, befreit sie nicht von ihrer Verpflichtung zur Einhaltung der Wettbewerbsvorschriften (Urteil des Gerichts vom 29. November 2005, SNCZ/Kommission, T‑52/02, Slg. 2005, II‑5005, Randnr. 84). 282    Der der Kommission gemachte Vorwurf, sie habe den Gesamtumsatz der verschiedenen Unternehmen bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße nicht berücksichtigt, ist nicht stichhaltig. Es ist nämlich daran zu erinnern, dass es den Leitlinien zufolge nötig ist, die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit der Urheber der Verstöße, andere Wettbewerber und insbesondere den Verbraucher in erheblichem Umfang zu schädigen, zu berücksichtigen und die Geldbuße auf einen Betrag festzusetzen, der eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet (Nr. 1 Abschnitt A Abs. 4). Weiter heißt es in den Leitlinien, dass es bei Verstößen, an denen mehrere Unternehmen beteiligt sind, wie bei Kartellen, angebracht sein kann, den allgemeinen Ausgangsbetrag zu gewichten, um das jeweilige Gewicht und damit die tatsächliche Auswirkung des eine Zuwiderhandlung darstellenden Verhaltens jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb zu berücksichtigen, vor allem, wenn an einem Verstoß derselben Art Unternehmen von sehr unterschiedlicher Größe beteiligt waren, und infolgedessen den allgemeinen Ausgangsbetrag dem spezifischen Charakter jedes Unternehmens anzupassen (Nr. 1 Abschnitt A Abs. 6) (Urteil Cheil Jedang/Kommission, oben in Randnr. 184 angeführt, Randnr. 81). 283    Die Leitlinien sehen nicht vor, dass die Höhe der Geldbußen anhand des Gesamtumsatzes oder des Umsatzes der Unternehmen auf dem betreffenden Markt berechnet wird. Sie schließen jedoch auch nicht aus, dass diese Umsätze bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt werden, damit die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts gewahrt bleiben und wenn die Umstände es erfordern. Insbesondere kann der Umsatz eine Rolle spielen, wenn es um die Berücksichtigung der verschiedenen oben in Randnr. 274 angeführten Faktoren geht (vgl. in diesem Sinne Urteile Cheil Jedang/Kommission, oben in Randnr. 184 angeführt, Randnr. 82, und Tokai I, oben in Randnr. 185 angeführt, Randnr. 195). 284    Im vorliegenden Fall war jedoch, wie oben in Randnr. 275 dargelegt, die Entscheidung der Kommission, auf den Umsatz auf dem betreffenden Markt abzustellen, um die Fähigkeit jedes betreffenden Unternehmens, einen Schaden zu verursachen, zu bestimmen, schlüssig und objektiv gerechtfertigt. Dabei verfolgte die Kommission auch ein Ziel der Abschreckung, da sie öffentlich bekundete, dass sie Unternehmen, die an einem Kartell auf einem Markt beteiligt gewesen waren, auf dem sie eine bedeutende Marktmacht innehatten, strenger bestrafen werde. 285    Viertens beruft sich Gütermann zur Stützung ihres sich auf die Unverhältnismäßigkeit der Geldbuße beziehenden Klagegrundes zu Unrecht für die Berechnung der gemäß Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 verhängten Geldbußen auf die Leitlinien von 2006. Es ist nämlich festzustellen, dass der Umstand allein, dass die Anwendung der neuen Berechnungsmethode für Geldbußen, die in den genannten, auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbaren Leitlinien vorgesehen sind, zu einer niedrigeren Geldbuße als der mit der angefochtenen Entscheidung verhängten führen könnte, nicht darzutun vermag, dass die genannte Geldbuße unverhältnismäßig ist. 286    Diese Feststellung ist lediglich Ausdruck des Wertungsspielraums, über den die Kommission verfügt, um unter Beachtung der Erfordernisse, die sich aus der Verordnung Nr. 17 und der Verordnung Nr. 1/2003 ergeben, die Methode festzusetzen, die sie zur Bestimmung der Höhe der Geldbußen und zur Führung der Wettbewerbspolitik, mit der sie betraut ist, anzuwenden gedenkt. Zu den Beurteilungsfaktoren, die das Gericht bei der Bewertung der Verhältnismäßigkeit des Betrags der zu einem bestimmten Zeitpunkt verhängten Geldbußen zu berücksichtigen hat, können somit insbesondere die tatsächlichen und rechtlichen Umstände sowie die von der Kommission gemäß den Anforderungen des EG‑Vertrags definierten Wettbewerbsziele zählen, die zur Zeit des eine Zuwiderhandlung darstellenden Verhaltens bestehen bzw. gelten. 287    Somit ist der Klagegrund der Unverhältnismäßigkeit der Geldbuße insgesamt zurückzuweisen. 288    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Klagen in den Rechtssachen T‑456/05 und T‑457/05 abzuweisen sind. Kosten 289    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen unterlegen sind, sind ihnen, wie von der Kommission beantragt, die Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Fünfte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Die Klagen werden abgewiesen. 2.      Die Gütermann AG und die Zwicky & Co. AG tragen die Kosten. Vilaras Prek Ciucǎ Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 28. April 2010. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits 1.  Gegenstand des Rechtsstreits 2.  Verwaltungsverfahren 3.  Angefochtene Entscheidung Bestimmung der relevanten Märkte Produktmarkt Die räumlichen Märkte Größe und Struktur der relevanten Märkte Beschreibung der Verstöße Verfügender Teil der angefochtenen Entscheidung Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung 1.  Zu den Klagegründen, die gegen die Feststellung eines Verstoßes und die Anordnungen gerichtet sind, diesen abzustellen und nicht zu wiederholen Zum von Gütermann und Zwicky geltend gemachten Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zu dem von Zwicky geltend gemachten Klagegrund, die Anordnungen, die Zuwiderhandlung abzustellen und sich ihrer Wiederholung zu enthalten, seien nicht gerechtfertigt Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht 2.  Zu den gegen die Geldbuße und ihren Betrag gerichteten Klagegründen Zu dem von Zwicky geltend gemachten Klagegrund, wonach die Obergrenze von 10 % des Umsatzes überschritten worden sei Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zu dem von Gütermann und Zwicky angeführten Klagegrund, die Schwere der Zuwiderhandlung sei im Hinblick auf ihre Auswirkungen falsch beurteilt worden Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zu dem von Gütermann und Zwicky geltend gemachten Klagegrund, die Dauer der Zuwiderhandlung sei falsch beurteilt worden Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zu dem von Gütermann und von Zwicky geltend gemachten Klagegrund, bestimmte Milderungsgründe seien nicht berücksichtigt worden Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum von Gütermann und Zwicky geltend gemachten Klagegrund einer fehlerhaften Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht –  Zur Nützlichkeit der Zusammenarbeit –  Zur vermeintlich fehlerhaften Beurteilung der Zusammenarbeit im Vergleich mit der von BST –  Zur vermeintlich unzutreffenden Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit und der vermeintlichen Nichtberücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichts –  Zur vermeintlichen Nichtberücksichtigung der früheren Entscheidungspraxis Zu dem von Gütermann und Zwicky geltend gemachten Klagegrund der Unverhältnismäßigkeit der Geldbuße Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Kosten * Verfahrenssprache: Deutsch.
Urteil des Gerichts (Vierte erweiterte Kammer) vom 30. März 2022.#Cathay Pacific Airways Ltd gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Luftfrachtmarkt – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Abkommens zwischen der Gemeinschaft und der Schweiz über den Luftverkehr festgestellt wird – Abstimmung von Preisbestandteilen für Luftfrachtdienste (Treibstoffaufschlag, Sicherheitsaufschlag, Zahlung einer Provision auf die Aufschläge) – Austausch von Informationen – Räumliche Zuständigkeit der Kommission – Verteidigungsrechte – Verjährung – Staatlicher Zwang – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Höhe der Geldbuße – Umsatz – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Ermutigung zu wettbewerbswidrigem Verhalten durch Behörden – Sehr geringfügige Beteiligung – Verhältnismäßigkeit – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung.#Rechtssache T-343/17.
62017TJ0343
ECLI:EU:T:2022:184
2022-03-30T00:00:00
Gericht
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Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 24. November 2021.#Eurpean Political Subdivision of the Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) gegen Rat der Europäischen Union.#Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik - Restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus – Einfrieren von Geldern – Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren werden – Beibehaltung des Namens des Klägers auf der Liste – Grundlage der Beschlüsse über das Einfrieren von Geldern – Beurteilungsfehler – Begründungspflicht – Verteidigungsrechte – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz.#Rechtssache T-160/19.
62019TJ0160
ECLI:EU:T:2021:817
2021-11-24T00:00:00
Gericht
EUR-Lex - CELEX:62019TJ0160 - EN - EUR-Lex × Skip to main content Log in My EUR-Lex My EUR-Lex Sign in Register My recent searches (0) English English Select your language Official EU languages: bg български es Español cs Čeština da Dansk de Deutsch et Eesti keel el Ελληνικά en English fr Français ga Gaeilge hr Hrvatski it Italiano lv Latviešu valoda lt Lietuvių kalba hu Magyar mt Malti nl Nederlands pl Polski pt Português ro Română sk Slovenčina sl Slovenščina fi Suomi sv Svenska EUR-Lex Access to European Union law <a href="https://eur-lex.europa.eu/content/help/eurlex-content/experimental-features.html" target="_blank">More about the experimental features corner</a> Experimental features × Choose the experimental features you want to try Do you want to help improving EUR-Lex ? This is a list of experimental features that you can enable. These features are still under development; they are not fully tested, and might reduce EUR-Lex stability. Don't forget to give your feedback! Warning! Experimental feature conflicts detected. Replacement of CELEX identifiers by short titles - experimental feature. It replaces clickable CELEX identifiers of treaties and case-law by short titles. Visualisation of document relationships. It displays a dynamic graph with relations between the act and related documents. It is currently only available for legal acts. Deep linking. It enables links to other legal acts referred to within the documents. It is currently only available for documents smaller than 900 KB. Apply EUR-Lex Access to European Union law This document is an excerpt from the EUR-Lex website You are here EUROPA EUR-Lex home EUR-Lex - CELEX:62019TJ0160 - EN Help Print Menu EU law Treaties Treaties currently in force Founding treaties Accession Treaties Other treaties and protocols Chronological overview Legal acts Consolidated texts International agreements Preparatory documents EFTA documents Lawmaking procedures Summaries of EU legislation Browse by EU institutions European Parliament European Council Council of the European Union European Commission Court of Justice of the European Union European Central Bank European Court of Auditors European Economic and Social Committee European Committee of the Regions Browse by EuroVoc EU case-law Case-law Reports of cases Directory of case-law Official Journal Access to the Official Journal Official Journal L series daily view Official Journal C series daily view Browse the Official Journal Legally binding printed editions Special edition National law and case-law National transposition National case-law JURE case-law Information Themes in focus EUR-Lex developments Statistics ELI register About ELI Technical information ELI implementation overview Resources for implementing ELI ELI highlights ELI testimonials Legislation in schema.org EU budget online Quick search Use quotation marks to search for an "exact phrase". Append an asterisk (* ) to a search term to find variations of it (transp * , 32019R * ). Use a question mark (? ) instead of a single character in your search term to find variations of it (ca ? e finds case, cane, care). Search tips Need more search options? Use the Advanced search Document 62019TJ0160 Help Print The requested document does not exist. This site is managed by the Publications Office of the European Union Need help? Help pages Contact Sitemap Follow us X Legal Legal notice Cookies policy Accessibility Privacy statement Information About EUR-Lex Newsletter Useful links Other services European Data EU tenders EU research results EU Whoiswho EU publications N-Lex EU Law in Force EU Law Tracker Discover more on europa.eu Contact the EU Call us 00 800 6 7 8 9 10 11 Use other telephone options Write to us via our contact form Meet us at one of the EU centres Social media Search for EU social media channels Legal Languages on our websites Privacy policy Legal notice Cookies EU institutions European Parliament European Council Council of the European Union European Commission Court of Justice of the European Union (CJEU) European Central Bank (ECB) European Court of Auditors European External Action Service (EEAS) European Economic and Social Committee European Committee of Regions (CoR) European Investment Bank European Ombudsman European Data Protection Supervisor (EDPS) European Data Protection Board European Personnel Selection Office Publications Office of the European Union Agencies Switch to mobile Switch to desktop
Urteil des Gerichts (Siebte Kammer) vom 12. Februar 2020.#WD gegen Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit.#Öffentlicher Dienst – Zeitbedienstete – Befristeter Vertrag – Entscheidung über die Nichtneueinstufung – Fehlende Beurteilungen – Zuteilung von Neueinstufungspunkten im Wege der Übertragung – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Entscheidung über die Nichtverlängerung – Fürsorgepflicht – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Ermessensmissbrauch – Berechtigtes Vertrauen – Begründungspflicht – Anspruch auf rechtliches Gehör – Haftung.#Rechtssache T-320/18.
62018TJ0320
ECLI:EU:T:2020:45
2020-02-12T00:00:00
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Urteil des Gerichts (Sechste Kammer) vom 27. September 2012.#Koninklijke Wegenbouw Stevin BV gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Niederländischer Straßenbaubitumenmarkt – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Vorliegen und Qualifizierung einer Vereinbarung – Wettbewerbsbeschränkung – Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit – Verteidigungsrechte – Geldbuße – Erschwerende Umstände – Rolle als Anstifter und Anführer – Mangelnde Zusammenarbeit – Nachprüfungsbefugnisse der Kommission – Recht auf anwaltlichen Beistand – Ermessensmissbrauch – Berechnung der Geldbußen – Dauer der Zuwiderhandlung – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung.#Rechtssache T‑357/06.
62006TJ0357
ECLI:EU:T:2012:488
2012-09-27T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62006TJ0357 URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer) 27. September 2012 (*1) „Wettbewerb — Kartelle — Niederländischer Straßenbaubitumenmarkt — Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird — Vorliegen und Qualifizierung einer Vereinbarung — Wettbewerbsbeschränkung — Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 81 EG auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit — Verteidigungsrechte — Geldbuße — Erschwerende Umstände — Rolle als Anstifter und Anführer — Mangelnde Zusammenarbeit — Nachprüfungsbefugnisse der Kommission — Recht auf anwaltlichen Beistand — Ermessensmissbrauch — Berechnung der Geldbußen — Dauer der Zuwiderhandlung — Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“ In der Rechtssache T-357/06 Koninklijke Wegenbouw Stevin BV mit Sitz in Utrecht (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte E. Pijnacker Hordijk und Y. de Vries, dann Rechtsanwälte E. Pijnacker Hordijk und X. Reintjes, Klägerin, gegen Europäische Kommission, vertreten durch A. Bouquet, A. Nijenhuis und F. Ronkes Agerbeek als Bevollmächtigte, zunächst im Beistand der Rechtsanwälte L. Gyselen, F. Tuytschaever und F. Wijckmans, dann des Rechtsanwalts L. Gyselen, Beklagte, wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K(2006) 4090 endg. der Kommission vom 13. September 2006 in einem Verfahren gemäß Artikel 81 [EG] (Sache COMP/F/38.456 – Bitumen [Niederlande]), soweit sie die Klägerin betrifft, hilfsweise Ermäßigung der mit dieser Entscheidung gegen sie festgesetzten Geldbuße, erlässt DAS GERICHT (Sechste Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten M. Jaeger sowie der Richter N. Wahl und S. Soldevila Fragoso (Berichterstatter), Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Mai 2011 folgendes Urteil Sachverhalt I – Die Klägerin 1 Koninklijke Volker Wessels Stevin ist ein niederländischer Konzern im Baubereich mit mehr als 100 aktiv tätigen Unternehmen. Die Muttergesellschaft, die Koninklijke Volker Wessels Stevin NV (im Folgenden: KVWS) ist im Straßenbau tätig, und zwar mittels der Volker Wessels Stevin Verkeersinfra BV und ihrer Tochtergesellschaft, der klagenden Koninklijke Wegenbouw Stevin BV, die für den ganzen Konzern Bitumen für die Asphalterzeugung in den Niederlanden einkauft und vertreibt. Während der Dauer der Zuwiderhandlung hielt KVWS über die Holdings Volker Wessels Stevin Infra BV und Volker Wessels Stevin Verkeersinfra das gesamte Kapital der Klägerin. II – Das Verwaltungsverfahren 2 Mit Schreiben vom 20. Juni 2002 zeigte British Petroleum (im Folgenden: BP) der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an, dass auf dem niederländischen Straßenbaubitumenmarkt ein Kartell bestehe, und beantragte gemäß der Mitteilung der Kommission vom 19. Februar 2002 über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. C 45, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit) den Erlass von Geldbußen. 3 Am 1. Oktober 2002 nahm die Kommission u. a. in den Räumlichkeiten der Klägerin unangekündigte Nachprüfungen vor. Dabei verweigerte die Klägerin den Beamten der Kommission zunächst bis zur Ankunft ihrer auswärtigen Rechtsanwälte den Zutritt zu dem Gebäude und hinderte sie sodann am Betreten des Büros eines ihrer Direktoren. Deshalb ersuchte die Kommission die nationalen Behörden um Unterstützung, um ihre Nachprüfungen durchführen zu können. Die Beamten der Kommission errichteten am 3. Oktober 2002 zwei Protokolle über diese Vorfälle und übersandten sie der Klägerin im Rahmen der ihr von der Kommission am 19. Oktober 2004 gewährten Akteneinsicht. 4 Die Kommission richtete am 30. Juni 2003 Auskunftsverlangen an mehrere Gesellschaften, u. a. an die Klägerin, die am 12. September 2003 darauf antwortete. Am 10. Februar 2004 übersandte die Kommission ein neues Auskunftsverlangen, auf das KVWS am 2. März 2004 antwortete. 5 Am 12. September 2003 beantragte Kuwait Petroleum die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit und fügte eine Unternehmenserklärung bei. Auch die Shell Nederland Verkoopmaatschappij BV (im Folgenden: SNV) stellte am 10. Oktober 2003 einen derartigen Antrag, dem sie eine Unternehmenserklärung sowie die Erklärung eines früheren, im Ruhestand befindlichen Mitarbeiters beifügte. Ferner beantragten die Unternehmen Total und Nynäs in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, ihre Antwort auf das Auskunftsverlangen der Kommission nach der Mitteilung über Zusammenarbeit zu berücksichtigen. 6 Am 18. Oktober 2004 leitete die Kommission ein Verfahren ein und nahm eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an, die sie am 19. Oktober 2004 an mehrere Gesellschaften, darunter KVWS, die Klägerin und Volker Wessels Stevin Infra übersandte. 7 Nach der Anhörung der betroffenen Gesellschaften am 15. und 16. Juni 2005 gaben Nynäs und Kuwait Petroleum am 28. und 30. Juni 2005 Erläuterungen zu bestimmten Erklärungen ab, auf die sich die Kommission in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte gestützt hatte und die andere Gesellschaften bei der Anhörung bestritten hatten. Diese Erläuterungen wurden allen Beteiligten übersandt. Die Klägerin äußerte sich am 26. August 2005 zu diesen Dokumenten. Desgleichen antwortete sie am 28. Juni 2005 auf ein im Anschluss an eine mündliche Frage der Kommission in der Anhörung an sie gerichtetes Auskunftsverlangen; diese Antwort wurde am 24. Mai 2006 allen Beteiligten übersandt. Mit Schreiben vom 25. Januar 2006 an alle Beteiligten erläuterte die Kommission eine die Festsetzung der Preise betreffende Stelle in der Mitteilung der Beschwerdepunkte, auf das die Klägerin mit Schreiben vom 16. Februar 2006 antwortete. Schließlich übermittelte die Kommission der Klägerin am 24. Mai 2006 alle Stellen in den Erwiderungen der übrigen Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die sie als Beweise gegen die Klägerin zu verwenden beabsichtigte. Die Klägerin nahm am 12. Juni 2006 zu diesen Dokumenten Stellung. III – Die angefochtene Entscheidung 8 Am 13. September 2006 erließ die Kommission die Entscheidung K(2006) 4090 endg. in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/F/38.456 – Bitumen [Niederlande]) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), von der eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 28. Juli 2007 veröffentlicht ist (ABl. C 196, S. 40) und die der Klägerin am 25. September 2006 zugestellt wurde. 9 Die Kommission führte aus, dass die Unternehmen, an die die Entscheidung gerichtet war, an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG beteiligt gewesen seien, die darin bestanden habe, dass sie für die betreffenden Zeiträume regelmäßig gemeinsam für Verkäufe und Ankäufe von Straßenbaubitumen in den Niederlanden den Bruttopreis, einen einheitlichen Rabatt auf den Bruttopreis für die an dem Kartell beteiligten Straßenbauunternehmen (im Folgenden: große Straßenbauunternehmen oder W5) und einen geringeren maximalen Rabatt auf den Bruttopreis für die anderen Straßenbauunternehmen (im Folgenden: andere oder kleine Straßenbauunternehmen) festgelegt hätten. 10 Wegen Begehung dieser Zuwiderhandlung in der Zeit vom 1. April 1994 bis 15. April 2002 wurde gegen die Klägerin gesamtschuldnerisch mit KVWS eine Geldbuße von 27,36 Mio. Euro verhängt. 11 Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße qualifizierte die Kommission die Zuwiderhandlung, obwohl der relevante räumliche Markt begrenzt war, aufgrund ihrer Art als besonders schwerer Verstoß (Randnr. 316 der angefochtenen Entscheidung). 12 Um der besonderen Bedeutung des Verhaltens der einzelnen am Kartell beteiligten Unternehmen und dessen tatsächlichen Auswirkungen auf den Wettbewerb Rechnung zu tragen, differenzierte die Kommission bei den betroffenen Unternehmen nach der am Marktanteil gemessenen Bedeutung auf dem relevanten Markt und teilte sie in sechs Kategorien ein. 13 Bei der Klägerin ergab sich so ein Ausgangsbetrag von 9,5 Mio. Euro (Randnr. 322 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission hielt es aufgrund der Größe und des Umsatzes des Konzerns Koninklijke Volker Wessels Stevin nicht für erforderlich, einen Multiplikationsfaktor auf die Klägerin anzuwenden, um die Abschreckungswirkung der Geldbuße sicherzustellen (Randnr. 323 der angefochtenen Entscheidung). 14 Zur Dauer der Zuwiderhandlung stellte die Kommission fest, dass die Klägerin einen Verstoß von langer Dauer begangen habe, da sich dieser über mehr als fünf Jahre hingezogen habe, und ging von einer Gesamtdauer von acht Jahren, vom 1. April 1994 bis 15. April 2002, aus; sie erhöhte den Ausgangsbetrag daher um 80 % (Randnr. 326 der angefochtenen Entscheidung). Deshalb wurde der anhand der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung festgelegte Grundbetrag der Geldbuße für die Klägerin auf 17,1 Mio. Euro festgesetzt (Randnr. 335 der angefochtenen Entscheidung). 15 Die Kommission nahm zu Ungunsten der Klägerin mehrere erschwerende Umstände an: Erstens stellte sie fest, diese habe bei den Nachprüfungen in ihren Geschäftsräumen am 1. Oktober 2002 die Zusammenarbeit verweigert und versucht, die Untersuchungen zu behindern, und erhöhte daher den Grundbetrag der Geldbuße der Klägerin um 10 % (Randnrn. 340 und 341 der angefochtenen Entscheidung). Zweitens machte sie geltend, dass die Klägerin die Rolle des Anstifters und Anführers des Kartells gespielt habe, was eine weitere Erhöhung des Grundbetrags um 50 % rechtfertige (Randnrn. 342 bis 349 der angefochtenen Entscheidung). 16 Die Kommission erkannte der Klägerin im Übrigen keine mildernden Umstände zu (Randnrn. 350 bis 360 der angefochtenen Entscheidung). Verfahren und Anträge der Parteien 17 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 5. Dezember 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben. 18 Das Gericht (Sechste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters die mündliche Verhandlung eröffnet und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gemäß Art. 64 seiner Verfahrensordnung die Parteien aufgefordert, bestimmte Unterlagen vorzulegen und Fragen zu beantworten. Die Parteien sind dem fristgerecht nachgekommen. 19 In der Sitzung vom 26. Mai 2011 haben die Beteiligten mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 20 Da ein Mitglied der Sechsten Kammer an der weiteren Mitwirkung am Verfahren verhindert war, hat der Präsident des Gerichts sich gemäß Art. 32 § 3 der Verfahrensordnung selbst dazu bestimmt, die Kammer zu ergänzen. 21 Mit Beschluss vom 18. November 2011 hat das Gericht (Sechste Kammer) in seiner neuen Zusammensetzung die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung angeordnet und die Verfahrensbeteiligten darauf hingewiesen, dass sie in einer erneuten mündlichen Verhandlung gehört würden. 22 Mit Schriftsätzen vom 25. bzw. 28. November 2011 haben die Klägerin und die Kommission dem Gericht mitgeteilt, dass sie auf eine erneute Anhörung verzichteten. 23 Daraufhin hat der Präsident des Gerichts die mündliche Verhandlung geschlossen. 24 Die Klägerin beantragt, — die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit sie von ihr betroffen ist; — hilfsweise, Art. 2 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit sie von ihm betroffen ist, und die gegen sie festgesetzte Geldbuße erheblich herabzusetzen; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 25 Die Kommission beantragt, — die Klage abzuweisen; — der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 26 Die Klägerin beantragt in erster Linie die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung und hilfsweise die Aufhebung oder Herabsetzung der mit dieser Entscheidung von der Kommission gegen sie festgesetzten Geldbuße. I – Zu dem Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung A – Vorbemerkungen 27 Die Klägerin stützt ihren Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung auf drei Gründe: erstens Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung, zweitens Rechtsfehler bei der Beurteilung der Anwendungsvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 1 EG und drittens Verstoß gegen eine wesentliche Formvorschrift und Verletzung ihrer Verteidigungsrechte. 1. Vorbringen der Parteien 28 Die Klägerin weist darauf hin, dass die Kommission nach ständiger Rechtsprechung genaue und übereinstimmende Beweise für das Vorliegen eines Verstoßes gegen Art. 81 EG beibringen müsse und dass eventuelle Zweifel des Richters dem Unternehmen zugutekommen müssten (Urteile des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T-67/00, T-68/00, T-71/00 und T-78/00, Slg. 2004, II-2501, Randnr. 179, und vom 27. September 2006, Dresdner Bank u. a./Kommission, T-44/02 OP, T-54/02 OP, T-56/02 OP, T-60/02 OP und T-61/02 OP, Slg. 2006, II-3567, Randnrn. 60 und 62). Im vorliegenden Fall habe die Kommission diese Grundsätze bei ihrer Prüfung des Vorliegens einer Zuwiderhandlung und bei der Qualifizierung der Art des Verstoßes nicht beachtet, denn sie habe zu Unrecht den in dem Preis- und Marktaufteilungskartell bestehenden besonders schweren Verstoß der Bitumenlieferanten (im Folgenden: Lieferanten) mit der einfachen von den großen Straßenbauunternehmen geschaffenen gemeinsamen Verhandlungsstruktur gleichgestellt, mit der diese nur auf das Kartell der Lieferanten hätten reagieren und günstigere Bezugsbedingungen erreichen wollen. Aufgrund dieser falschen Beurteilung des Funktionierens des Kartells habe die Kommission den Erklärungen der Lieferanten eine zu große Bedeutung beigemessen und Beweismittel unberücksichtigt gelassen, die sie selbst in der Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgeführt habe und bei denen es sich zum Teil um zeitnahe Belege gehandelt habe. 29 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 2. Würdigung durch das Gericht 30 Nach Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) und der früheren Rechtsprechung (Urteile des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C-185/95 P, Slg. 1998, I-8417, Randnr. 58, und vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C-49/92, Slg. 1999, I-4125, Randnr. 86) trägt bei einem Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG die Behörde, die ihn behauptet, die Beweislast und hat die Beweismittel beizubringen, durch die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend nachgewiesen wird. Der Unionsrichter hat ferner entschieden, dass dem Richter verbleibende Zweifel dem Unternehmen, an das die eine Zuwiderhandlung feststellende Entscheidung gerichtet ist, zugutekommen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 1978, United Brands und United Brands Continental/Kommission, 27/76, Slg. 1978, 207, Randnr. 265); der Richter kann deshalb aufgrund der Unschuldsvermutung, besonders im Rahmen einer Klage auf Nichtigerklärung einer eine Geldbuße verhängenden Entscheidung, nicht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Kommission die betreffende Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn ihm in dieser Frage ein Zweifel verbleibt (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 28 angeführt, Randnr. 177). Jedoch muss nicht jeder von der Kommission vorgelegte Beweis diesen Kriterien notwendigerweise hinsichtlich jedes einzelnen Merkmals der Zuwiderhandlung genügen. Es reicht aus, dass das von der Kommission angeführte Indizienbündel bei seiner Gesamtwürdigung dieser Anforderung genügt (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 28 angeführt, Randnr. 180). Somit muss das Gericht im Rahmen der Untersuchung des ersten Klagegrundes prüfen, ob die Kommission über ausreichende Beweise für das Vorliegen von Tatsachen verfügte, die eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG darstellen. 31 Wie der Gerichtshof überdies festgestellt hat, braucht, wenn es der Kommission gelungen ist, Urkundenbeweise für die behauptete Zuwiderhandlung zu sammeln, die ausreichend erscheinen, um die Existenz einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung zu belegen, nicht geprüft zu werden, ob das beschuldigte Unternehmen ein wirtschaftliches Interesse an der fraglichen Vereinbarung hatte (Urteil des Gerichtshofs vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, C-403/04 P und C-405/04 P, Slg. 2007, I-729, Randnr. 46). Somit braucht das Gericht, wenn es zu der Auffassung kommen sollte, dass die Kommission das Vorliegen von wettbewerbswidrigen Vereinbarungen nachgewiesen hat, auf die Ausführungen über das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Vereinbarung nicht einzugehen. 32 Die Klägerin trägt weiter vor, die Kommission habe den Erklärungen der Lieferanten ganz allgemein zu große Bedeutung beigemessen und sei deshalb auf bestimmte Beweismittel nicht eingegangen. Die Kommission ist jedoch nicht verpflichtet, in der angefochtenen Entscheidung alle von den Parteien im Verwaltungsverfahren aufgestellten Behauptungen zu prüfen und zu beantworten; sie ist allerdings nach Art. 253 EG gehalten, ihre Überlegungen so klar und eindeutig zum Ausdruck zu bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Dieses Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an den Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Anforderungen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile des Gerichtshofs vom 13. März 1985, Niederlande und Leeuwarder Papierwarenfabriek/Kommission, 296/82 und 318/82, Slg. 1985, 809, Randnr. 19, vom 29. Februar 1996, Belgien/Kommission, C-56/93, Slg. 1996, I-723, Randnr. 86, und vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C-367/95 P, Slg. 1998, I-1719, Randnr. 63). B – Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung 33 Die Klägerin wirft der Kommission sechs Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung vor. 1. Zum ersten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung: Verkennung des Gegensatzes zwischen den Interessen der Lieferanten und denen der großen Straßenbauunternehmen a) Vorbringen der Parteien 34 Die Klägerin führt aus, die Lieferanten und die großen Straßenbauunternehmen hätten diametral entgegengesetzte Interessen gehabt, denn die Ersteren seien bestrebt gewesen, die Verkaufspreise zu erhöhen und Kunden zu gewinnen, wobei sie versucht hätten, sich der Mitarbeit der Letzteren zu vergewissern. Die Kommission habe nicht dargetan, dass die großen Straßenbauunternehmen und die Lieferanten ein gemeinsames Ziel verfolgt hätten. Mehrere Beweismittel, u. a. eine interne Notiz von SNV vom 6. Februar 1995, belegten, dass nur die Lieferanten in den 80er Jahren ein Kartell errichtet hätten, an dem sie alle beteiligt gewesen seien. Dies habe die Kommission nicht berücksichtigt. Auch aus anderen Umständen ergebe sich, dass das von den Lieferanten errichtete Kartell zur Zusammenarbeit zwischen den großen Straßenbauunternehmen geführt habe, was die Kommission im Übrigen nicht bestritten habe. Dagegen habe die Zusammenarbeit zwischen den großen Straßenbauunternehmen erst in der ersten Hälfte der 90er Jahre begonnen, als die Asphaltproduktion in den Niederlanden grundlegend reorganisiert worden sei, was zu einer spürbaren Verringerung der Anzahl der Asphaltwerke und zur Errichtung von gemeinsam von mehreren großen Straßenbauunternehmen betriebenen Asphaltwerken geführt habe. Die Bitumengespräche mit den Lieferanten seien zudem die zwingende Konsequenz einer Gesetzesänderung in den Niederlanden gewesen, wo die Verdingungsunterlagen für den Straßenbau seit 1990 ein von den Straßenbauunternehmen beizubringendes Ursprungszeugnis zwingend vorgeschrieben hätten. 35 Außerdem wirft die Klägerin der Kommission vor, sie sei, um ihre Theorie vom Bestehen eines bilateralen Kartells zwischen den Lieferanten und den großen Straßenbauunternehmen zu untermauern, den Marktaufteilungsabsprachen zwischen den Lieferanten nicht weiter nachgegangen, obwohl die Mitteilung der Beschwerdepunkte zahlreiche Hinweise darauf enthalten habe und sie selbst zahlreiche Beweismittel dazu vorgelegt habe. Desgleichen habe die Kommission mehrere Indizien dafür, dass die Lieferanten vertrauliche Informationen über die Ausnutzung der Produktionskapazitäten, die Kunden und die Preise ausgetauscht hätten, und dafür, dass auch in anderen europäischen Ländern Kartelle zwischen diesen Lieferanten bestanden hätten, nicht zur Kenntnis genommen. Schließlich hätten die großen Straßenbauunternehmen niemals Kooperationsvereinbarungen über den Einkauf anderer Rohstoffe getroffen. 36 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. b) Würdigung durch das Gericht 37 Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe Hinweise nicht berücksichtigt, denen zufolge sämtliche Lieferanten in den 80er Jahren ein Kartell errichtet hätten, während sich die großen Straßenbauunternehmen als Reaktion darauf erst in der ersten Hälfte der 90er Jahre daran beteiligt hätten. Sie stützt sich namentlich auf die interne Notiz von SNV vom 6. Februar 1995, die von der Kommission bei Nachprüfungen beschlagnahmt und zu den Verwaltungsakten genommen wurde. Aus diesem Dokument ergibt sich, dass ein Mitarbeiter von SNV einen zusammenfassenden Bericht über den niederländischen Straßenbaumarkt angefertigt hatte, in dem er die Überkapazität des Marktes und die „Ursprünge des Kartells“ seit 1980 beschrieb. So erwähnte er die Gründung von „Nabit“, einer Berufsorganisation der Bitumenproduzenten im Jahr 1980, einer Zeit instabiler Bitumenpreise, dann die Realisierung des Projekts „Star“, eines Kartells der fünf größten Straßenbauunternehmen und der wichtigsten Lieferanten, das 1993 beendet worden sei, und schließlich den Umstand, dass die großen Straßenbauunternehmen 1995 eine größere Preisstabilität gefordert hätten; dabei sollten die Volumina und die Marktaufteilung mehr oder minder auf dem Niveau von 1993 liegen. Abschließend wurde in dem Dokument auf die Verantwortung sowohl der staatlichen Stellen als auch der großen Straßenbauunternehmen und der Lieferanten für den Abschluss bestimmter Vereinbarungen hingewiesen. Anhand dieses Dokuments allein lässt sich jedoch nicht eindeutig bestimmen, ob vor 1994 ein Kartell bestanden hat und ob die Lieferanten das Kartell den großen Straßenbauunternehmen aufgezwungen haben. 38 Im Übrigen müssen auch andere in der angefochtenen Entscheidung genannte Beweismittel berücksichtigt werden. So beschrieben zwei Mitarbeiter von SNV in einer anderen internen Notiz vom 9. Februar 1995, die von der Kommission bei Nachprüfungen beschlagnahmt und zu den Verwaltungsakten genommen wurde, die Lage auf dem niederländischen Straßenbaumarkt und verwiesen insbesondere auf das Bestehen von Preis- und Marktabsprachen zwischen den großen Straßenbauunternehmen, die einen Sonderrabatt erhielten, und den Lieferanten zum Nachteil der öffentlichen Auftraggeber und der übrigen Unternehmen. Diese Mitarbeiter bezeichneten die Lage als „Zusammenarbeit zwischen zwei Kartellen“ und waren sich der Gefahr einer Sanktion seitens der Kommission bewusst. Sie gaben an, dass SNV seit 1992 versucht habe, diese Situation zu beenden, dies jedoch nicht erreicht habe, und prüften die möglichen Entwicklungen der Situation und die damit verbundenen Risiken (Fortführung der Zusammenarbeit und teilweise oder vollständige Beendigung der Zusammenarbeit). Dieses Schriftstück bestätigt die bilaterale Natur des Kartells und widerlegt die Theorie der Klägerin, dass vor 1994 allein auf Seiten der Lieferanten ein Kartell bestanden habe, das diese den großen Straßenbauunternehmen aufgezwungen hätten. Außerdem enthält ein auf den 20. Februar 1992 datierter, von der Kommission bei Nachprüfungen beschlagnahmter und zu den Verwaltungsakten genommener interner Bericht des Unternehmens Wintershall AG, eines Produzenten von Straßenbaubitumen und Adressaten der angefochtenen Entscheidung, durch die ihm eine Geldbuße von 11,625 Mio. Euro auferlegt wurde, einen Hinweis auf Kontakte zwischen SNV und der Klägerin, die SNV als Marktführer um Vorschläge für eine Zusammenarbeit zwischen den Lieferanten und den W5-Unternehmen gebeten habe, die einem Einkaufsmonopol entsprochen habe. Diesem Bericht zufolge bemerkte Wintershall gegenüber der Klägerin bei deren Besuch in ihren Geschäftsräumen am 18. Februar 1992, dass dieses Vorgehen kartellrechtlich bedenklich sei. Die Klägerin hat versucht, den Beweiswert dieses Dokuments unter Hinweis darauf in Zweifel zu ziehen, dass sie nur wenig geschäftliche Kontakte zu Wintershall habe und dass es unwahrscheinlich sei, dass sie ihrem Gesprächspartner eine so vertrauliche Mitteilung gemacht habe. Es erscheint jedoch wenig plausibel, dass Wintershall in einem rein internen Protokoll von 1992 absichtlich eine falsche Information wiedergegeben hat. Jedenfalls reicht der Umstand, dass die Klägerin nur wenig geschäftliche Kontakte zu Wintershall hatte, auch wenn dies bewiesen wäre, für sich allein nicht aus, um den Beweiswert dieses Dokuments in Frage zu stellen. 39 Das Gericht ist deshalb der Überzeugung, dass die Kommission aufgrund mehrerer übereinstimmender Dokumente, die aus der Zeit der Zuwiderhandlung oder aus der Zeit vor ihrer Begehung stammen, zu Recht zu der Auffassung gekommen ist, dass das Kartell nicht auf ein zuvor von den Lieferanten errichtetes Kartell zurückging und dass diese es den großen Straßenbauunternehmen nicht aufgezwungen haben. 40 Die Klägerin wirft der Kommission außerdem vor, dass sie trotz zahlreicher Hinweise in der Mitteilung der Beschwerdepunkte den Marktaufteilungsabsprachen der niederländischen Lieferanten nicht weiter nachgegangen sei und nicht zur Kenntnis genommen habe, dass die Lieferanten vertrauliche Informationen über die Ausnutzung der Produktionskapazitäten, die Kunden und die Preise ausgetauscht hätten und dass auch in anderen europäischen Ländern Kartelle zwischen diesen Lieferanten bestanden hätten. 41 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das eventuelle Bestehen anderer Kartelle zwischen den Lieferanten nicht unvereinbar ist mit der Theorie vom Bestehen eines bilateralen Kartells zwischen diesen Lieferanten und den W5-Unternehmen und dass die Kommission nicht ausgeschlossen hat, dass die großen Straßenbauunternehmen andere Vereinbarungen mit den Lieferanten getroffen haben (Nrn. 174 und 175 der Mitteilung der Beschwerdepunkte). 42 Auch kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, dass sie in der angefochtenen Entscheidung nicht auf etwaige andere Vereinbarungen eingegangen ist, denn ein solches Vorbringen hätte auch dann, wenn es stichhaltig wäre, keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung. 43 Jedenfalls ist auf die vorläufige Natur der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu verweisen, der durch die Unionsverordnungen der Zweck zugewiesen wurde, den Unternehmen alle erforderlichen Angaben zur Verfügung zu stellen, damit sie sich sachgerecht verteidigen können, bevor die Kommission eine endgültige Entscheidung erlässt (Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, Mo och Domsjö/Kommission, T-352/94, Slg. 1998, II-1989, Randnr. 63, Cascades/Kommission, T-308/94, Slg. 1998, II-925, Randnr. 42, und vom 28. Februar 2002, Compagnie générale maritime u. a./Kommission, T-86/95, Slg. 2002, II-1011, Randnr. 442). So darf die Kommission zwar ihre endgültige Entscheidung nur auf Beschwerdepunkte stützen, zu denen sich die Parteien äußern konnten (Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003), sie ist jedoch nicht verpflichtet, auf alle in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannten Umstände einzugehen, besonders, wenn diese als ungenügend erscheinen. Somit braucht die Entscheidung nicht notwendig ein genaues Abbild der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu sein (Urteil des Gerichtshofs vom 29. Oktober 1980, van Landewyck u. a./Kommission, 209/78 bis 215/78 und 218/78, Slg. 1980, 3125, Randnr. 68). 44 Zum Vorbringen der Klägerin, die Errichtung des Kartells durch die großen Straßenbauunternehmen in den 90er Jahren sei eine Reaktion auf die Umstrukturierung des Asphaltmarkts durch den niederländischen Staat gewesen (Aufnahme eines Ursprungszeugnisses in die Verdingungsunterlagen für Straßenbauaufträge, was einen Wechsel des Lieferanten während eines Kalenderjahrs erschwert habe; Verringerung der Zahl der Asphaltwerke und Errichtung von mehreren großen Straßenbauunternehmen gemeinsam betriebener Asphaltwerke), ist festzustellen, dass die Klägerin nicht begründet hat, weshalb diese Änderungen der niederländischen Gesetze die zu den W5 gehörenden Unternehmen zur Errichtung des Kartells veranlassten. Nach der Rechtsprechung kann die Kommission bei Fehlen einer zwingenden Rechtsvorschrift, die ein wettbewerbswidriges Verhalten vorschreibt, nur dann auf eine fehlende Handlungsfreiheit der betroffenen Unternehmen schließen, wenn sich aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien ergibt, dass diesen ihr Verhalten von den nationalen Behörden einseitig durch die Ausübung übermächtigen Drucks aufgezwungen wurde, etwa durch die Drohung mit dem Erlass staatlicher Maßnahmen, die ihnen erhebliche Verluste verursachen könnten (Urteil des Gerichts vom 11. Dezember 2003, Minoan Lines/Kommission, T-66/99, Slg. 2003, II-5515, Randnrn. 176 bis 179). Hier hat die Klägerin nichts dafür vorgetragen, dass das ihr vorgeworfene Verhalten auf der niederländischen Gesetzgebung beruhte. 45 Schließlich ist es für das Vorliegen der hier in Rede stehenden Zuwiderhandlung unerheblich, ob die großen Straßenbauunternehmen – selbst wenn dies nachgewiesen wäre ‐ jemals Kooperationsvereinbarungen für den Einkauf anderer Rohstoffe getroffen haben. 46 Sonach ist der Kommission hinsichtlich der Interessen der Lieferanten und der großen Straßenbauunternehmen kein Beurteilungsfehler unterlaufen. 2. Zum zweiten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung betreffend den Inhalt der Vereinbarungen zwischen den Lieferanten und den großen Straßenbauunternehmen a) Vorbringen der Parteien 47 Nach Auffassung der Klägerin hat die Kommission den Inhalt der Vereinbarungen zwischen den Lieferanten und den großen Straßenbauunternehmen falsch beurteilt. Erstens seien es immer allein die Lieferanten gewesen, die die Erhöhungen des Bruttopreises für Straßenbaubitumen in den Niederlanden (im Folgenden: Bruttopreis) vorgenommen hätten, und es sei den großen Straßenbauunternehmen nur ein einziges Mal, im März 2000, gelungen, sich gegen die von den Lieferanten angekündigte Preiserhöhung zu wehren. Aus zahlreichen Aktenstücken, namentlich aus den Erklärungen von Kuwait Petroleum und Nynäs, zwei Bitumenlieferanten und Adressaten der angefochtenen Entscheidung, durch die ihnen Geldbußen von 16,632 bzw. 13,5 Mio. Euro auferlegt wurden, ergebe sich, dass die Lieferanten immer allein die Initiative für eine Preiserhöhung ergriffen und die großen Straßenbauunternehmen einbestellt hätten, um ihnen diese aufzuzwingen. Zweitens habe der den W5 von den Lieferanten gewährte Sonderrabatt aufgrund der von diesen Firmen bezogenen Bitumenmengen als wirtschaftlich gerechtfertigt gegolten und habe nur einen Ausgangspunkt für die Verhandlungen dargestellt, die jedes Straßenbauunternehmen mit jedem Lieferanten einzeln geführt habe. Drittens gehe aus zahlreichen Angaben in den Verwaltungsakten hervor, dass sich die kleinen Straßenbauunternehmen bei ihren Verhandlungen mit den Lieferanten ebenso verhalten hätten wie ihre größeren Konkurrenten, indem sie auf den niedrigsten Preisen bestanden hätten, und dass die W5-Unternehmen den Verdacht gehabt hätten, dass die Lieferanten ihnen einen höheren Rabatt gewährten. Als die W5 im Jahr 2000 bemerkt hätten, dass die kleinen Straßenbauunternehmen einen ebenso hohen Rabatt erhalten hätten wie sie, habe ihre Reaktion darin bestanden, individuell oder kollektiv (was allerdings nur einmal geschehen sei) einen höheren Rabatt von den Lieferanten zu verlangen. Die W5-Unternehmen hätten ohnehin keine Möglichkeit gehabt, zu kontrollieren, ob die Lieferanten ihre Versprechen einhielten, und erst recht nicht, sie zu bestrafen, wenn sie den kleinen Straßenbauunternehmen einen höheren Rabatt einräumten. Viertens habe die Kommission den irreführenden Eindruck erweckt, dass der den W5-Unternehmen gewährte Rabatt immer höher geworden sei, während er im Jahr 2002 auf das Niveau von 1994 gesunken, der Bruttopreis im Zeitraum der Zuwiderhandlung dagegen ständig gestiegen sei. 48 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. b) Würdigung durch das Gericht 49 Zu dem ersten Argument, durch mehrere Dokumente sei nachgewiesen, dass die Lieferanten allein die Initiative für die Erhöhung des Bruttopreises ergriffen hätten und dass der den W5 gewährte Rabatt nur von den bezogenen Mengen abgehangen habe, wobei die großen Straßenbauunternehmen diesen Rabatt im Übrigen ebenso wie die kleinen Straßenbauunternehmen einzeln mit jedem Lieferanten hätten aushandeln können, ist auf die Notwendigkeit hinzuweisen, die zwischen den W5 und den Lieferanten getroffenen Vereinbarungen insgesamt zu prüfen, da sie zugleich den Bruttopreis, den den W5 gewährten Mindestrabatt und den für die kleinen Straßenbauunternehmen geltenden maximalen Rabatt betrafen. 50 Erstens enthalten mehrere in der angefochtenen Entscheidung zitierte Dokumente die Bestätigung dafür, dass die beiden Parteien Vereinbarungen über den Bruttopreis getroffen haben, dieser also nicht, wie die Klägerin vorträgt, einseitig von den Lieferanten festgesetzt und den großen Straßenbauunternehmen aufgezwungen wurde. So werden in einer vom 8. Juli 1994 datierten Notiz der Firma Hollandsche Beton Groep (im Folgenden: HBG), einem niederländischen Straßenbauunternehmen und Adressaten der angefochtenen Entscheidung, mit der diesem eine Geldbuße von 7,2 Mio. Euro auferlegt wurde, Vereinbarungen zwischen den W5 und den Ölgesellschaften über den bis zum 1. Januar 1995 geltenden Bruttopreis erwähnt (Randnr. 94 der angefochtenen Entscheidung). Auch in einer internen Notiz von SNV ist von Preisabsprachen zwischen den W5 und den Lieferanten die Rede (Randnr. 89 der angefochtenen Entscheidung). Desgleichen verweist eine Notiz von SNV vom 14. Juli 2000 auf Kollektivvereinbarungen zwischen den Lieferanten und den W5 im Jahr 1995 (Randnr. 90 der angefochtenen Entscheidung). Zudem werden in den Notizen der Klägerin über die Bitumengespräche vom 12. März und 14. September 1999 deren Ergebnisse für den Bruttopreis und den den W5 gewährten Rabatt wiedergegeben (Randnrn. 104 und 106 der angefochtenen Entscheidung). Ferner geht aus den Notizen von HBG von 1999 und 2000 hervor, dass Absprachen über Preiserhöhungen und Entschädigungen getroffen wurden und dass die W5-Unternehmen den Vorschlag der Lieferanten, die Preise zum 1. April 2000 zu erhöhen, zurückwiesen (Randnrn. 107 und 110 der angefochtenen Entscheidung). Des Weiteren enthalten Notizen von HBG und der Klägerin einen Hinweis auf ein Bitumengespräch vom 1. März 2001, bei dem die Lieferanten bestrebt waren, den Bruttopreis zu senken, während die W5 es vorzogen, den geltenden Bruttopreis beizubehalten (Randnrn. 115 und 116 der angefochtenen Entscheidung). Schließlich räumte die Klägerin in ihrer Antwort vom 12. September 2003 auf ein Auskunftsverlangen der Kommission ebenso wie in ihrer Erwiderung vom 20. Mai 2005 auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte ein, dass sich die Lieferanten und die W5-Unternehmen auf der Grundlage der Vorschläge der Lieferanten auf einen Bruttopreis einigten (Randnr. 97 der angefochtenen Entscheidung). 51 Die Feststellung, dass der Bruttopreis nicht einseitig von den Lieferanten festgelegt und den großen Straßenbauunternehmen aufgezwungen wurde, wird auch nicht durch die von der Klägerin zitierten Erklärungen von Kuwait Petroleum vom 12. September, 1. und 9. Oktober 2003 sowie von Nynäs vom 2. Oktober 2003 (Randnr. 70 der angefochtenen Entscheidung) widerlegt, denn diese gestatten lediglich die Schlussfolgerung, dass zwischen den Lieferanten vorbereitende Treffen stattfanden, bei denen sie sich auf die den großen Straßenbauunternehmen bei den Kartellgesprächen zu unterbreitenden Preisvorschläge einigten. 52 Zweitens wurde in der angefochtenen Entscheidung auf zahlreiche Dokumente Bezug genommen, die bestätigen, dass die Verhandlungen zwischen den Lieferanten und den großen Straßenbauunternehmen auch den den W5 gewährten Rabatt und den den übrigen Straßenbauunternehmen eingeräumten maximalen Rabatt zum Gegenstand hatten. Dies gilt zum Beispiel für die Antwort der Klägerin vom 12. September 2003 auf ein Auskunftsverlangen der Kommission, in dem die Klägerin angab, dass es in den Diskussionen zwischen den Lieferanten und den großen Straßenbauunternehmen zugleich um die „Listenpreise“ und die „Standardrabatte“ gegangen sei (Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung). Desgleichen wurde in einer internen Notiz von HBG vom 28. März 1994 auf den Standardpreis, den den W5 gewährten Rabatt und einen den übrigen Straßenbauunternehmen eingeräumten maximalen Rabatt Bezug genommen (Randnr. 93 der angefochtenen Entscheidung). Auch aus einer internen Notiz von HBG vom 24. Februar 1994 geht hervor, dass die großen Straßenbauunternehmen dem Umstand, dass sie einen Rabatt erhielten, der den kleinen Straßenbauunternehmen nicht gewährt wurde, und dass vermieden wurde, den Rabatt allen Straßenbauunternehmen zu gewähren, große Bedeutung beimaßen (Randnr. 95 der angefochtenen Entscheidung). Außerdem enthielt ein interner Bericht von HBG vom 14. September 1999 eine Zusammenfassung der im Jahr 1999 zwischen den W5 und den Lieferanten getroffenen Vereinbarungen über „Preiserhöhungen und entsprechende Entschädigungen“ (Randnr. 107 der angefochtenen Entscheidung). Aus der Antwort von Kuwait Petroleum vom 16. September 2003 auf ein Auskunftsverlangen der Kommission ergibt sich ebenfalls, dass das Bitumengespräch vom 27. März 1998 es ermöglichte, den Bruttopreis und die Rabatte festzusetzen (Randnr. 103 der angefochtenen Entscheidung). Auch in einer internen Notiz der Klägerin über ein Treffen vom 12. März 1999 wurde auf den Bruttopreis und den den W5 gewährten Rabatt hingewiesen (Randnr. 104 der angefochtenen Entscheidung). Im Übrigen wurde in Notizen von HBG und der Klägerin auf das Treffen vom 1. März 2001 Bezug genommen, wobei der vereinbarte Bruttopreis, der den W5 gewährte Rabatt und der den übrigen Straßenbauunternehmen gewährte Rabatt präzisiert wurden (Randnr. 116 der angefochtenen Entscheidung). Auch in einer internen Notiz der Klägerin vom 23. Mai 2001, die sie in ihrer Antwort vom 12. September 2003 auf ein Auskunftsverlangen bestätigte, wurden der Bruttopreis und der den W5 gewährte Rabatt angegeben (Randnr. 119 der angefochtenen Entscheidung). Desgleichen bemerkte die Klägerin in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, indem sie einen ihrer Mitarbeiter zitierte: „Erhöhungen der Standardpreise waren kein Problem, solange sich auch die Rabatte bewegten“ (Randnr. 149 der angefochtenen Entscheidung). Schließlich wurde in einer Untersuchung von SNV vom 9. Februar 1995 darauf hingewiesen, dass es für die W5-Unternehmen wichtig war, einen höheren Rabatt zu erhalten als die kleinen Straßenbauunternehmen (Randnr. 153 der angefochtenen Entscheidung). 53 Diese verschiedenen Umstände erbringen den Beweis dafür, dass die Vereinbarungen zwischen den W5 und den Lieferanten sowohl den Bruttopreis als auch den den W5-Unternehmen gewährten Sonderrabatt zum Gegenstand hatten. Dass es bei diesen Verhandlungen zwischen den Lieferanten und den W5 zu Meinungsverschiedenheiten und Konflikten gekommen sein soll, reicht – auch wenn es bewiesen wäre – für den Nachweis dafür, dass die Lieferanten den W5 Erhöhungen des Bruttopreises aufgezwungen haben, nicht aus. 54 Was zweitens das Argument der Klägerin betrifft, die den W5 gewährten Rabatte aufgrund der bezogenen Mengen seien wirtschaftlich gerechtfertigt gewesen, sind die einzeln von jedem Unternehmen der W5 abgenommenen Mengen zu prüfen, nicht dagegen die von allen W5-Mitgliedern abgenommene Gesamtmenge. Insoweit ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung, dass den kleinen Straßenbauunternehmen nicht derselbe Rabatt gewährt wurde wie den Unternehmen der W5, obwohl sie manchmal einzeln größere Bitumenmengen kauften als diese. So gab ein Mitarbeiter von BP in einer Erklärung vom 12. Juli 2002 an, dass die Lieferanten häufig kleinen Straßenbauunternehmen, die größere Bitumenmengen von ihnen bezögen, entgegen den Vereinbarungen mit den W5 einen höheren Rabatt gewährten. Die Kommission hat im Übrigen in Randnr. 157 der angefochtenen Entscheidung schon auf dieses Vorbringen geantwortet, indem sie darauf hinwies, dass die großen Straßenbauunternehmen selbst eingeräumt hätten, dass sie im Allgemeinen einen zusätzlichen Rabatt aufgrund der individuell bezogenen Mengen aushandelten, und dass das Bestehen eines Sanktionsmechanismus für den Fall, dass den kleinen Straßenbauunternehmen ein höherer als der in den Vereinbarungen festgelegte Rabatt gewährt werde ‐ selbst wenn man mit der Klägerin davon ausgehe, dass dieser Mechanismus nur ein einziges Mal angewandt worden sei ‐ ein zusätzliches Indiz dafür darstelle, dass sich der den W5 eingeräumte Rabatt nicht nach den bezogenen Mengen gerichtet habe. Außerdem ergibt sich aus einem internen Dokument von HBG vom 23. Dezember 1999, dass der Rabatt den W5-Unternehmen bei den Bitumengesprächen „für das gesamte Volumen und im Interesse der gegenüber nicht beteiligten Unternehmen führenden Position“ gewährt wurde (Randnr. 108 der angefochtenen Entscheidung). Aufgrund dieser verschiedenen Umstände und der Bedeutung, die die W5 bei den Kartelltreffen der Höhe ihres Rabatts beimaßen (vgl. die vorstehende Randnr. 52) ist davon auszugehen, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass der den W5 gewährte Rabatt von den abgenommenen Mengen abhing. 55 Drittens kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass sich die kleinen Straßenbauunternehmen bei ihren Verhandlungen mit den Lieferanten ebenso verhalten hätten wie ihre größeren Konkurrenten, indem sie auf den niedrigsten Preisen bestanden hätten, denn nach dem Wettbewerbsrecht befindet sich ein Unternehmen, das seine Preise mit seinem Lieferanten individuell aushandelt, in einer anderen Situation als Unternehmen, die gemeinsam handeln. 56 Sodann ist zu der Behauptung der Klägerin, die W5-Unternehmen hätten keine Möglichkeit gehabt, zu kontrollieren, ob die Lieferanten ihre Versprechen einhielten, festzustellen, dass verschiedene übereinstimmende Beweise dafür vorliegen, dass die W5-Unternehmen Strafmaßnahmen für den Fall vorsahen, dass die Lieferanten den kleinen Straßenbauunternehmen einen höheren als den festgesetzten Rabatt gewährten (vgl. die nachstehenden Randnrn. 94 bis 96). Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich nämlich, dass sich die Kommission auf mehrere übereinstimmende Angaben gestützt hat, wonach die W5-Unternehmen gegen Lieferanten, die kleinen Straßenbauunternehmen einen zu hohen Rabatt eingeräumt hatten, individuelle oder – zumindest in einem Fall – kollektive finanzielle Strafmaßnahmen ergriffen und im Fall der Entdeckung eines solchen Rabatts zu anderen Lieferanten wechselten (Randnrn. 82 bis 86 der angefochtenen Entscheidung). So enthält ein interner Bericht von Wintershall vom 4. März 1996 über einen Besuch bei dem Straßenbauunternehmen Heijmans NV einen Hinweis auf derartige im Jahr 1995 verhängte Strafmaßnahmen (Randnr. 82 der angefochtenen Entscheidung). Desgleichen wird in einem Bericht von HBG über das Bitumengespräch vom 14. September 1999 eine Frage bezüglich des zwei kleinen Straßenbauunternehmen gewährten hohen Rabatts aufgeworfen (Randnr. 83 der angefochtenen Entscheidung). Was das Jahr 2000 angeht, verwiesen sowohl die Klägerin selbst als auch BP auf eine kollektive Strafzahlung, die gegen die Lieferanten verhängt wurde, nachdem bemerkt worden war, dass der Firma Krekel, einem kleinen Straßenbauunternehmen, ein Rabatt gewährt worden war (Randnr. 84 der angefochtenen Entscheidung). Auch Kuwait Petroleum und BP beschrieben in ihren Erklärungen die Strafmaßnahmen, die ergriffen wurden, wenn festgestellt wurde, dass einem kleinen Straßenbauunternehmen ein zu hoher Rabatt gewährt worden war (Randnrn. 85 und 86 der angefochtenen Entscheidung). In der internen Notiz von SNV vom 9. Februar 1995 ist ebenfalls die Rede von einer drohenden Reduzierung der Bitumenbestellungen für den Fall, dass nicht zu den W5 gehörenden Unternehmen wettbewerbsfähige Angebote gemacht würden (Randnr. 86 der angefochtenen Entscheidung). Schließlich erwähnte auch die Klägerin in einem ein Vortreffen vom 4. Mai 2001 betreffenden Schriftstück eine gegen die Firma Nynäs wegen ihrer Preispolitik verhängte Strafe (Randnr. 117 der angefochtenen Entscheidung). Dies wurde von Kuwait Petroleum in ihrer Erklärung vom 12. September 2003 bestätigt (Randnr. 118 der angefochtenen Entscheidung). 57 Die viertens von der Klägerin aufgestellte Behauptung, der Bitumenpreis sei während der Dauer der Zuwiderhandlung ständig gestiegen, während der den W5 gewährte Rabatt im Jahr 2002 auf das Niveau von 1994 gefallen sei, ist sachlich falsch. Anhang 1 der angefochtenen Entscheidung zufolge hat nämlich der Bruttopreis zwischen 1994 und 2002 stark fluktuiert und ist nicht systematisch gestiegen, sondern zwischendurch auch regelmäßig gesunken. Bezüglich der Entwicklung des den W5 gewährten Sonderrabatts ergibt sich aus den in den Randnrn. 93 bis 125 der angefochtenen Entscheidung genannten Dokumenten, dass dieser im Allgemeinen den Erhöhungen des Bruttopreises folgte und somit in der Zeit von 1998 bis 2000 ständig stieg, um sich 2002 auf ungefähr demselben Niveau zu befinden wie 1994 (60 niederländische Gulden [NLG] im Jahr 2002, 50 NLG im Jahr 1994). Deshalb ist das Vorbringen der Klägerin, dass sich der den W5 gewährte Rabatt nicht so stark erhöht habe wie der Bruttopreis, unzutreffend. 58 Nach alledem ist der Kommission kein Fehler bei der Beurteilung des Inhalts der Vereinbarungen zwischen den Lieferanten und den großen Straßenbauunternehmen unterlaufen, so dass dieses zweite Vorbringen zurückzuweisen ist. 3. Zum dritten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung: falsche Beurteilung des Interesses der großen Straßenbauunternehmen an dem Kartell a) Vorbringen der Parteien 59 Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe das Interesse der W5-Unternehmen an dem Kartell falsch beurteilt. So habe sie in der angefochtenen Entscheidung ihre in der Mitteilung der Beschwerdepunkte vertretene Theorie aufgegeben, wonach diese Unternehmen ein Interesse daran gehabt hätten, den Bruttopreis künstlich hoch zu halten, und stattdessen eine neue Theorie vertreten. Gestützt auf eine Notiz von SNV vom 6. Februar 1995 habe sie nunmehr vorgetragen, dass die W5-Mitglieder ein Interesse am gleichzeitigen erheblichen Ansteigen der Bitumenpreise gehabt hätten, das dazu geführt habe, dass der von einer gemeinnützigen Einrichtung, die die Preise für Straßenbaubitumen zu veröffentlichen hatte, festgesetzte Index anstieg. Sie hätten aber auch von einem Sinken der Bitumenpreise profitiert, wenn dieses progressiv und zeitlich gestreckt erfolgt sei, denn dies habe nicht zu einem Sinken dieses Index geführt und es ihnen ermöglicht, die Preissenkung nicht an die öffentlichen Auftraggeber weiterzugeben. Die Klägerin behauptet, ohne eine genaue Kenntnis von der Art und Weise der Festsetzung dieses Index zu haben, wisse sie doch, dass dieser monatlich neu festgesetzt werde, und zwar aufgrund der alle Einkaufspreise betreffenden Daten, die direkt von der den Index festsetzenden Einrichtung sowie einzeln bei einer gewissen Anzahl von Asphaltwerken erhoben würden. Diese Theorie der Kommission finde in der tatsächlichen Entwicklung dieses Index keine Bestätigung. Auch hätten sich die großen Straßenbauunternehmen bei dem Treffen vom 12. April 2000 einer Reduzierung des Bitumen-Bruttopreises nicht widersetzt; sie seien vielmehr nach ihrem Versuch, sich von den Bitumengesprächen mit den Lieferanten zurückzuziehen, von diesen mit der gleichzeitigen Senkung des Bruttopreises und des ihnen gewährten Rabatts bedroht worden, wogegen sie sich gewehrt hätten. Dies habe sich übrigens im März 2001 wiederholt. Die Klägerin weist ferner darauf hin, dass eine Preiserhöhung während der Straßenbausaison einem Straßenbauunternehmen nur Nachteile bringe, denn nur 5 % der Verträge enthielten eine Klausel, die eine Entschädigung nach Maßgabe der Entwicklung der Rohstoffpreise vorsehe. Manchmal sei es einem Straßenbauunternehmen möglich gewesen, eine Erhöhung des Bitumenpreises auch bei Fehlen einer solchen Klausel abzuwälzen; dies habe aber für alle Straßenbauunternehmen einschließlich der kleinen Straßenbauunternehmen gegolten. Abschließend trägt die Klägerin vor, dass Preiserhöhungen zu Beginn der Straßenbausaison leichter hätten abgewälzt werden können und dass alle Straßenbauunternehmen deshalb ein Interesse an einer Preisstabilität während der Saison gehabt hätten, wohingegen die Lieferanten jederzeit bestrebt gewesen seien, ihre Preise zu erhöhen. 60 Die Kommission weist das Vorbringen der Klägerin zurück. b) Würdigung durch das Gericht 61 Der Unionsrichter hat bereits entschieden, dass Teilnehmer an ein und demselben Kartell einander ergänzende wirtschaftliche Interessen haben können (Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2006, FNCBV u. a./Kommission, T-217/03 und T-245/03, Slg. 2006, II-4987, Randnr. 322). In der vorliegenden Rechtssache kam die Kommission zu der Auffassung, dass die Lieferanten und die W5-Mitglieder ein gemeinsames Interesse an Vereinbarungen über den Bruttopreis und die Rabatte gehabt hätten, die eine Wettbewerbsbeschränkung seitens der Lieferanten und der großen Straßenbauunternehmen bewirkt hätten. Die Klägerin ist der Meinung, dass die Kommission das von den W5 verfolgte Ziel falsch beurteilt habe, denn diese hätten nicht die Endverbraucher schädigen, sondern die Wirkungen der ihnen von den Lieferanten aufgezwungenen Preiserhöhungen begrenzen wollen. 62 Zunächst ist daran zu erinnern, dass, wie schon in Randnr. 31 ausgeführt, nicht geprüft zu werden braucht, ob das beschuldigte Unternehmen ein wirtschaftliches Interesse an den fraglichen Vereinbarungen hatte, wenn es der Kommission gelungen ist, Urkundenbeweise für die behauptete Zuwiderhandlung zu sammeln, die ausreichend erscheinen, um die Existenz einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung zu belegen (Urteil Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 46). Deshalb prüft das Gericht die Frage einer falschen Beurteilung des von den W5-Mitgliedern verfolgten Ziels nur hilfsweise. 63 Vorab ist kurz auf die Funktionsweise des Centrum voor Regelgeving en Onderzoek in de Grond-, Water- en Wegenbouw en de Verkeerstechniek (Informations- und Technologiezentrum für Verkehr und Infrastruktur; im Folgenden: CROW) einzugehen, einer gemeinnützigen Einrichtung, die seit den 70er Jahren u. a. die Aufgabe hatte, monatlich die Preise für Straßenbaubitumen zu veröffentlichen (Randnrn. 25 und 26 der angefochtenen Entscheidung). Die zugrunde liegenden Daten sind zwischen den Parteien unstreitig. 64 Die Veröffentlichung des Straßenbaubitumenpreises durch das CROW erfolgte bis zum 1. November 1995 nach Konsultation mit den Asphalterzeugern. Danach wurden die Berechnungen vom CBS (Centraal Bureau voor de Statistiek), einer staatlichen Stelle, aufgrund einer Markterhebung bei einer Reihe von Asphaltwerken, d. h. vor einem eventuellen Rabatt zugunsten der Straßenbauunternehmen, vorgenommen. Dieser Preisindex, der vom CROW veröffentlicht wurde (CROW-Index), diente als Referenz für die Ausschreibungen von langfristigen Straßenbauaufträgen. Denn die öffentlichen Auftraggeber waren bei diesen Aufträgen verpflichtet, die Straßenbauunternehmen zu entschädigen, wenn der CROW-Index einen bestimmten Schwellenwert überstieg. Umgekehrt mussten die Straßenbauunternehmen den öffentlichen Auftraggebern einen Preisausgleich gewähren, wenn der CROW-Index unter einen bestimmten Schwellenwert sank. Folglich wurden die Straßenbauunternehmen durch ein Ansteigen der Preise nicht benachteiligt, wenn diese gleichzeitig stiegen und so zu einer Erhöhung des CROW-Index führten. Dagegen hatten sie kein Interesse an einer Preissenkung, wenn diese zu einem Sinken des CROW-Index führte, da sie dann verpflichtet waren, ihren Vertragspartnern die Preisdifferenz zu erstatten. 65 Die Klägerin hat dem Gericht unter Hinweis darauf, dass sie keine genaue Kenntnis von der Art und Weise der Berechnung des CROW-Index habe, ein Dokument vorgelegt, in dem die tatsächliche Entwicklung dieses Index von 1997 bis 2005 wiedergegeben wird, und ausgeführt, dieses widerlege die von der Kommission in den Randnrn. 25 und 26 der angefochtenen Entscheidung vertretene Theorie, wonach die Lieferanten ihre Preise gleichzeitig erheblich erhöht und sie nur nach und nach über einen längeren Zeitraum gesenkt hätten. Dieses Dokument besagt jedoch nichts darüber, ob die Preise gleichzeitig stiegen, aber getrennt sanken. Es ermöglicht lediglich die Feststellung, dass der CROW-Index für den Bitumenpreis im Zeitraum von 1997 bis 2005 ständig stieg, außer in der Zeit von Februar 1998 bis April 1999. Anhang 1 der angefochtenen Entscheidung enthält im Übrigen die Bestätigung dafür, dass der Bruttopreis für Straßenbauunternehmen im gesamten Zeitraum der Zuwiderhandlung um 253 NLG gestiegen ist. Deshalb ist das Gericht der Auffassung, dass die Prüfung der Funktionsweise dieses Index die Erklärung der Kommission bestätigt, dass bei Vorliegen von Verträgen, die eine Risikoklausel enthielten, die Straßenbauunternehmen durch eine Erhöhung der Preise keinen Nachteil erlitten und umgekehrt kein Interesse an einem Sinken der Preise hatten. Die genaue Art und Weise der Berechnung dieses Index, die zwischen den Parteien streitig ist, braucht jedoch nicht unbedingt bestimmt zu werden, um das Interesse der W5-Mitglieder an dem Kartell beurteilen zu können. 66 Die Klägerin bestreitet ferner die Behauptung der Kommission, dass sich die großen Straßenbauunternehmen in den Jahren 2000 und 2001 einer Senkung des Bruttopreises für Bitumen widersetzt hätten. Aus den Notizen, die einer ihrer Mitarbeiter bei dem Bitumengespräch vom 12. April 2000 machte und auf die die Kommission in Randnr. 111 der angefochtenen Entscheidung Bezug nahm, geht jedoch hervor, dass eine Senkung des Bruttopreises bei den großen Straßenbauunternehmen, die sie aufgrund eines Sinkens des CROW-Index teuer zu stehen kam, Unruhe auslöste. Die Klägerin führt aus, dieses Dokument müsse im damaligen Zusammenhang gesehen werden: Die großen Straßenbauunternehmen hätten den Lieferanten mitgeteilt, dass sie aus dem Kartell aussteigen wollten, worauf die Lieferanten ihnen gedroht hätten, den Bruttopreis und den ihnen gewährten Sonderrabatt auf einmal stark zu senken. Diese Behauptung wird jedoch auf keinerlei Beweise gestützt und lässt ohnehin nicht den Schluss zu, dass die Auffassung der Kommission, dass die großen Straßenbauunternehmen weder eine Senkung der Bitumenpreise noch eine Herabsetzung ihres Sonderrabatts wünschten, auf einem Beurteilungsfehler beruht. 67 Bezüglich des Jahres 2001 hat die Kommission in den Randnrn. 115 und 116 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, aus Unterlagen von HBG und der Klägerin gehe hervor, dass die Lieferanten den Bruttopreis wegen des zu großen Preisunterschieds gegenüber den Nachbarländern hätten senken wollen, während die W5-Unternehmen vorgeschlagen hätten, den Bruttopreis beizubehalten und ihren Rabatt zu erhöhen; am Ende sei beschlossen worden, den Bruttopreis leicht zu senken (–20 NLG) und den Rabatt auf einem hohen Niveau zu belassen (80 NLG). Dazu meint die Klägerin, die Kommission habe den Sachverhalt falsch beurteilt, denn aus diesen Unterlagen ergebe sich, dass die Lieferanten das Niveau der Preise nach Abzug des Rabatts beibehalten, den Bruttopreis und ihren Rabatt dagegen hätten senken wollen. Es ist jedoch festzustellen, dass die Kommission anhand dieser Unterlagen beweisen wollte, dass die großen Straßenbauunternehmen weder an einer Senkung des Bruttopreises noch an einer Reduzierung ihres Sonderrabatts interessiert waren und folglich nicht als bloße Opfer der Lieferanten angesehen werden können. 68 Im Übrigen versucht die Klägerin, die Bedeutung des CROW-Index herunterzuspielen, indem sie vorträgt, dass nur bei 5 % der öffentlichen Aufträge eine an die Entwicklung der Rohstoffpreise geknüpfte Entschädigungsklausel vorgesehen sei. Die Kommission weist darauf hin, dass nach den Bekundungen eines anderen zu den W5 gehörenden Straßenbauunternehmens 10 % bis 15 % der betreffenden Verträge eine solche Klausel enthielten. Das Gericht stellt fest, dass diese Frage zahlreichen Dokumenten zufolge Gegenstand von Diskussionen bei den Kartelltreffen war (Randnrn. 94 [Notiz von HBG vom 8. Juli 1994], 101 [interne Notiz von BP von 1996], 107 [Bericht von HBG vom 14. September 1999], 111 [Notizen der Klägerin vom 12. April 2000] und 115 [Notizen von HBG vom 16. Februar 2001] der angefochtenen Entscheidung), so dass sie unabhängig von der Zahl der betroffenen öffentlichen Aufträge als ein zentraler Verhandlungsgegenstand angesehen werden kann. Zudem hat die Klägerin selbst in ihrer Antwort vom 12. September 2003 auf ein Auskunftsverlangen vom 30. Juni 2003 auf diese Art von Klauseln hingewiesen und angegeben, dass sie für die Arbeiten, für die im Fall einer Erhöhung des Bitumenpreises im Vertrag keine Verrechnung vorgesehen gewesen sei, einen Sonderrabatt erhalten habe. 69 Die Klägerin bemerkt ferner, zwar habe ein Straßenbauunternehmen auch bei Fehlen einer Risikoklausel manchmal eine Erhöhung des Bitumenpreises auf den öffentlichen Auftraggeber abwälzen können, diese Möglichkeit habe aber für alle Straßenbauunternehmen einschließlich der kleinen Straßenbauunternehmen bestanden. Zudem habe eine Preiserhöhung zu Beginn der Straßenbausaison leichter von allen Straßenbauunternehmen abgewälzt werden können, so dass sie alle ein Interesse an einer Stabilität der Preise während der Saison gehabt hätten. Dieses Vorbringen genügt jedoch nicht, um die Beurteilung des Interesses der W5 am Kartell durch die Kommission in Frage zu stellen. Nach dem Wettbewerbsrecht ist nämlich zu unterscheiden zwischen bilateralen Verhandlungen zwischen zwei Unternehmen und Kollektivvereinbarungen über Preise und Sonderrabatte. Der Umstand, dass auch die kleinen Straßenbauunternehmen ein Interesse an Preisschwankungen zu Beginn der Straßenbausaison hatten, kann die negativen Auswirkungen der den W5 gewährten höheren Rabatte unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsrechts nicht ausgleichen. 70 Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin selbst in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte ausführte, dass die W5-Mitglieder eine Erhöhung des Bruttopreises unter der Voraussetzung hätten hinnehmen können, dass sie einen höheren Rabatt erhielten als die kleinen Straßenbauunternehmen (Randnr. 149 der angefochtenen Entscheidung). 71 Aus alledem ergibt sich, dass die Lieferanten und die W5-Unternehmen ein gemeinsames Interesse an Vereinbarungen über den Bruttopreis und die Rabatte hatten und dass sich das Interesse der großen Straßenbauunternehmen sowohl aus dem Mechanismus der Risikoklauseln bei öffentlichen Aufträgen als auch aus dem ihnen gewährten Sonderrabatt erklärt, der ihnen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gegenüber den kleinen Straßenbauunternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffte. Der Kommission ist also bei der Beurteilung des Interesses der W5 an dem Kartell kein Fehler unterlaufen. 4. Zum vierten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung: mangelnde Auswirkungen des Kartells auf den Wettbewerb auf dem Straßenbaumarkt a) Vorbringen der Parteien 72 Die Klägerin wendet sich gegen das Vorbringen der Kommission, dass der Bitumenpreis ein sehr wichtiger Kostenfaktor für die Straßenbauunternehmen sei, während sie doch in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte darauf hingewiesen habe, dass die Einkaufskosten für Bitumen nur ungefähr 1,5 % der Gesamtkosten eines Straßenbauvorhabens ausmachten, und die übrigen zu den W5 gehörenden Straßenbauunternehmen dies der Kommission bestätigt hätten. Da die sich aus dem den W5 gewährten Sonderrabatt ergebenden Preisunterschiede nur 1 % betragen hätten, habe die Kommission diese sachlich falsche Feststellung wahrscheinlich nur aufrechterhalten, um die bilaterale Natur des Kartells darzutun. Außerdem habe der Umstand, dass die großen Straßenbauunternehmen einen hohen Rabatt gefordert hätten, nur ihrer Einkaufsstrategie entsprochen und sei kein Mittel zur Einschränkung des Wettbewerbs gewesen. Schließlich dürfe die Kommission im Stadium des Gerichtsverfahrens kein Beweismittel mehr vorlegen. 73 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. b) Würdigung durch das Gericht 74 Vorab ist festzustellen, dass der wettbewerbswidrige Zweck und die wettbewerbswidrige Wirkung einer Vereinbarung keine kumulativen, sondern alternative Voraussetzungen für die Beurteilung sind, ob sie unter das Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG fällt. Der durch die Konjunktion „oder“ gekennzeichnete alternative Charakter dieser Voraussetzung weist darauf hin, dass zunächst der eigentliche Zweck der Vereinbarung in Betracht zu ziehen ist, wobei die wirtschaftlichen Begleitumstände ihrer Durchführung zu berücksichtigen sind. Lässt jedoch die Prüfung des Inhalts der Vereinbarung keine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen, so sind ihre Auswirkungen zu untersuchen. Die Vereinbarung wird nur dann von dem Verbot erfasst, wenn Voraussetzungen vorliegen, aus denen sich insgesamt ergibt, dass der Wettbewerb tatsächlich spürbar verhindert, eingeschränkt oder verfälscht worden ist. Die Auswirkungen einer Vereinbarung brauchen im Übrigen nicht geprüft zu werden, wenn feststeht, dass sie einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt (Urteil des Gerichtshofs vom 6. Oktober 2009, GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission, C-501/06 P, C-513/06 P, C-515/06 P und C-519/06 P, Slg. 2009, I-9291, Randnr. 55). In der vorliegenden Rechtssache brauchte die Kommission somit nur nachzuweisen, dass die Vereinbarungen bezweckten, den Wettbewerb zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen. Sie war dagegen nicht verpflichtet, die wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen dieser Vereinbarungen nachzuweisen. 75 Der angefochtenen Entscheidung zufolge war die Kommission der Auffassung, dass die Vereinbarungen, in denen der Bitumen-Bruttopreis, ein den W5-Mitgliedern gewährter minimaler Sonderrabatt und ein den kleinen Straßenbauunternehmen eingeräumter maximaler Rabatt festgelegt wurden, bezweckten, den Wettbewerb im Straßenbausektor zu beeinträchtigen, und dass es deshalb für die Feststellung, ob sie unter das Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG fielen, nicht nötig war, ihre konkreten Auswirkungen zu untersuchen (Randnrn. 155 bis 160). Die Kommission prüfte deshalb die Auswirkungen dieser Vereinbarungen in den Randnrn. 79 bis 86 und 169 bis 174 nur hilfsweise. 76 Die Klägerin ist der Überzeugung, dass die Kommission die Auswirkungen des Kartells auf den Straßenbaumarkt falsch beurteilt habe, insbesondere aufgrund des geringen Anteils der Kosten für den Ankauf von Bitumen an den Gesamtkosten eines Straßenbauvorhabens (1,5 %). Die Kommission zieht diese Zahl in Zweifel und bemerkt, dass die Klägerin eine sehr extensive Berechnungsmethode angewandt habe und dass in einem öffentlichen Dokument des niederländischen Statistikbüros von 2006 die Bedeutung des Bitumenpreises für die Kosten der Straßenbauarbeiten hervorgehoben werde. Die Klägerin hält dieses Dokument als Beweismittel für unbeachtlich, da es erst im gerichtlichen Verfahren vorgelegt worden ist. 77 Eine Entscheidung über die Beachtlichkeit dieses Dokuments zu fällen, ist nicht erforderlich, denn die Kommission hat sich zum Nachweis dafür, dass der den W5 gewährte Sonderrabatt Auswirkungen auf den Wettbewerb im Straßenbausektor hatte, noch auf weitere Umstände berufen. Sie hat nämlich in der angefochtenen Entscheidung, ohne den Anteil der Bitumenkosten an Straßenbauvorhaben zu beziffern, ausgeführt: „Wichtig für die W5 war weniger das absolute Niveau des Bitumen-Nettopreises als vielmehr die Tatsache, dass sie einen relativen Vorteil gegenüber nicht zu den W5 zählenden Straßenbauunternehmen hatten“, denn dieser relative Vorteil konnte „die W5 in die Lage versetzen, sich in öffentlichen Ausschreibungen für Projekte mit einem verhältnismäßig hohen Bitumenbedarf den Zuschlag zu sichern“ (Randnrn. 70 und 153 der angefochtenen Entscheidung). Diese Behauptung gründet sich auf mehrere übereinstimmende Unterlagen in den Verwaltungsakten. So führte die Klägerin erstens in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte aus: „Die Bitumen-Nettopreise stellten folglich die tatsächlichen Gestehungskosten des Bitumens für das einzelne Straßenbauunternehmen dar, für das sie also den Ausgangspunkt für die Berechnung der Gestehungskosten einer Tonne Asphalt als Teil eines Straßenbauvorhabens bildeten.“ Zweitens unterstrich SNV in ihrer internen Notiz vom 9. Februar 1995, dass die W5-Mitglieder „großen Wert darauf legten, einen möglichst niedrigen Einkaufpreis im Verhältnis zu den Wettbewerbern zu erhalten“, und dass das absolute Preisniveau weit weniger wichtig gewesen sei. Drittens betonte Kuwait Petroleum in ihrer Erklärung vom 9. Oktober 2003, den großen Straßenbauunternehmen sei bekannt gewesen, ob ein Lieferant dadurch gegen die Kartellvereinbarungen verstoßen habe, dass er einem kleinen Straßenbauunternehmen einen höheren Rabatt eingeräumt habe, und zwar dank Cobouw, einer niederländischen Tageszeitung, in der die Ausschreibungen und die Ergebnisse der Vergabeverfahren im Bausektor veröffentlicht würden (Randnr. 70 der angefochtenen Entscheidung). Schließlich bestätigte ein kleines Straßenbauunternehmen, die Firma Veba, in einem Protokoll vom 31. Oktober 2001 über einen Besuch bei der Firma Van Kessel, das Wichtigste für dieses Unternehmen sei nicht der absolute Preis gewesen, sondern die Möglichkeit, einen möglichst niedrigen Preis zu erhalten. 78 Nach Auffassung des Gerichts erbringen diese Umstände den Nachweis dafür, dass der den W5-Unternehmen gewährte Sonderrabatt Auswirkungen auf den Wettbewerb im Straßenbausektor hatte, ohne dass es erforderlich ist, eine Entscheidung über den genauen Anteil der Bitumenkosten an den Gesamtkosten eines Straßenbauvorhabens zu fällen. 79 Die Klägerin trägt weiter vor, der Umstand, dass die großen Straßenbauunternehmen einen hohen Rabatt gefordert hätten, habe nur ihrer Einkaufsstrategie entsprochen, die erfolgreich gewesen sei, jedoch kein Mittel zur Einschränkung des Wettbewerbs gewesen sei. Kollektivvereinbarungen über Preise und Sonderrabatte sind jedoch nach dem Wettbewerbsrecht grundsätzlich verboten und stellen im Gegensatz zu bilateralen kaufmännischen Verhandlungen zwischen zwei Unternehmen keine bloße Handelsstrategie dar. 80 Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Kommission die Auswirkungen des Kartells auf den Straßenbaumarkt nicht falsch beurteilt hat. 5. Zum fünften Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung, betreffend die Funktionsweise des Kartells: Ursprung und Entwicklung des Kartells im Lauf der Zeit und Sanktionsmechanismus a) Vorbringen der Parteien 81 Die Klägerin trägt vor, der Kommission seien im Hinblick auf die Funktionsweise des Kartells drei Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung unterlaufen. 82 Erstens habe sich die Kommission, obwohl mehrere übereinstimmende Erklärungen von Lieferanten (BP, Kuwait Petroleum und Nynäs) sowie ein internes Dokument der Klägerin den Nachweis dafür erbrächten, dass allein die Lieferanten die Initiative für das Kartell ergriffen hätten, in der angefochtenen Entscheidung auf die gegenteiligen Erklärungen von SNV gestützt. 83 Zweitens habe sich die Kommission bezüglich der Entwicklung des Kartells im Lauf der Zeit geirrt. So habe es vor 1996 zwischen den W5 und den Lieferanten keinerlei Diskussionen gegeben; danach hätten Treffen stattgefunden, bei denen es sich um reine Förmlichkeiten gehandelt habe, da sie sich nicht von bilateralen Diskussionen zwischen einem Lieferanten und einem einzelnen Käufer wie etwa den Diskussionen mit jedem kleinen Straßenbauunternehmen unterschieden hätten. Die Lage habe sich erst ab 1999 geändert, als die W5 es aufgrund der starken Entwicklung der Bitumenpreise und der Feststellung, dass den kleinen Straßenbauunternehmen eine hoher Rabatt gewährt worden sei, für zweckmäßig gehalten hätten, vor jedem Treffen mit den Lieferanten eine gemeinsame Position festzulegen. 84 Drittens habe die Kommission die Rolle der großen Straßenbauunternehmen bei der Anwendung des Sanktionsmechanismus falsch eingeschätzt. Diese hätten nämlich nur ein einziges Mal, im April 2000, einen zusätzlichen kollektiven Rabatt verlangt, nachdem sie festgestellt hätten, dass den kleinen Straßenbauunternehmen ein hoher Rabatt gewährt worden sei. Bei dieser Gelegenheit habe auch die Firma ExxonMobil, die die Kommission dennoch nicht als Mitglied des Kartells angesehen habe, den W5 einen zusätzlichen Rabatt gewährt. Der Kommission lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Sanktionsmechanismus bei einer anderen Gelegenheit angewandt worden sei. Im Übrigen gehe aus mehreren Angaben in den Akten der Kommission hervor, dass auch die kleinen Straßenbauunternehmen die Anwendung der niedrigsten Preise am Markt nach Abzug des Rabatts verlangt hätten. 85 Die Kommission weist dieses Vorbringen insgesamt zurück. b) Würdigung durch das Gericht 86 Zu dem ersten Argument, das die Beweismittel für den Ursprung des Kartells betrifft, stellt die Kommission, gestützt auf mehrere übereinstimmende Dokumente, fest, dass die Lieferanten und die großen Straßenbauunternehmen gemeinsam die Initiative für das Kartell ergriffen hätten. Die in Randnr. 70 der angefochtenen Entscheidung angeführten Erklärungen von Lieferanten, auf die sich die Klägerin berufen hat, betreffen dagegen nur die Vortreffen der Lieferanten und enthalten keine Information über den Ursprung des Kartells. 87 Dagegen wird die These der Kommission, dass die W5 ebenso wie die Lieferanten an der Errichtung eines Kartells interessiert waren, durch mehrere Unterlagen aus der Zeit der Anfänge des Kartells bestätigt. So wurde in der internen Notiz von SNV vom 6. Februar 1995 auf die Unruhe der großen Straßenbauunternehmen angesichts der instabilen Bitumenpreise im Jahr 1994 hingewiesen, die „den CROW-Preis und das Ergebnis von Ausschreibungsverfahren gefährde[n]“. Ferner wurde in einer internen Notiz von SNV vom 9. Februar 1995 der bilaterale Charakter des Kartells bestätigt, das als „Zusammenarbeit zweier Kartelle“ bezeichnet wurde. Ebenso wurde in einem Bericht von Wintershall vom 20. Februar 1992 darauf hingewiesen, dass die Klägerin an SNV herangetreten sei und um Vorschläge für die künftige Zusammenarbeit zwischen den Lieferanten und den W5-Unternehmen gebeten habe. Schließlich brachte HBG in einer internen Notiz vom 8. Juli 1994 ihre Besorgnis über die Entscheidung der Lieferanten, die im März 1994 getroffenen Vereinbarungen nicht einzuhalten, zum Ausdruck. 88 Nach Auffassung des Gerichts hat die Kommission diese Unterlagen zu Recht als Nachweis dafür angesehen, dass die W5 zusammen mit den Lieferanten die Initiative für das Kartell ergriffen haben. Die Anweisungen des Sekretariats der Geschäftsleitung der Klägerin, auf die sich diese beruft und in denen es heißt, dass die Initiative für die Bitumengespräche zwischen den großen Straßenbauunternehmen und den Lieferanten von SNV ausgegangen sei ‐ die aber eher die Frage nach dem Anführer des Kartells betreffen ‐ können für sich allein die aus der Prüfung der genannten Unterlagen gezogene Schlussfolgerung nicht widerlegen. 89 Zweitens rügt die Klägerin, die Kommission habe die Entwicklung des Kartells im Lauf der Zeit falsch beurteilt. Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich jedoch, dass mehrere übereinstimmende Beweismittel das Bestehen und die Entwicklung der Zuwiderhandlung von 1994 bis 2002 belegen (Randnrn. 93 bis 126). 90 So verweist die Kommission für die Jahre 1994 und 1995 auf Umstände, die das Bestehen von Vereinbarungen zwischen den Lieferanten und den W5 sowie die Durchführung dieser Vereinbarungen belegen (Randnrn. 93 bis 99 der angefochtenen Entscheidung). 91 Zwar hat sich der angefochtenen Entscheidung zufolge im Jahr 1996 der Mechanismus zur Erzielung dieser Vereinbarungen geändert, denn fortan waren SNV und die Klägerin nicht mehr allein zum Abschluss von Vereinbarungen für Rechnung aller am Kartell Beteiligten befugt. Diese organisatorische Änderung hat jedoch die Gegenstände des Kartells nicht berührt (Randnr. 100). 92 Desgleichen spricht nichts dafür, dass sich die Art der Kartelltreffen 1999 geändert hätte, und namentlich, dass sich die großen Straßenbauunternehmen erst seit dieser Zeit getroffen hätten, um die Zusammenkünfte mit den Lieferanten vorzubereiten. So ergibt sich u. a. aus der Antwort der Klägerin vom 12. September 2003 auf ein Auskunftsverlangen, dass die W5-Mitglieder unmittelbar vor (oder nach) den Bitumengesprächen mit den Lieferanten zusammenkamen, um gemeinsam die Zusammenkünfte vorzubereiten (bzw. zu beurteilen) (Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung). Auch mehrere Lieferanten bestätigten, dass sich die großen Straßenbauunternehmen vor den Bitumengesprächen trafen, um diese vorzubereiten (Randnrn. 73 bis 75 der angefochtenen Entscheidung). Im Übrigen spielt der Umstand, dass angeblich ab 1999 Spannungen zwischen den beiden Gruppen des Kartells aufgetreten sind, für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung dieser Treffen keine Rolle. Schließlich ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass es sich bei den Zusammenkünften der ersten Jahre nur um bilaterale Diskussionen zwischen Lieferanten und Käufern gehandelt habe, denn Kollektivvereinbarungen über Preise und Sonderrabatte können nicht mit bilateralen kaufmännischen Verhandlungen zwischen zwei Unternehmen gleichgesetzt werden. 93 Drittens trägt die Klägerin vor, die Kommission habe die Rolle der W5 bei dem Sanktionsmechanismus überbewertet, denn dieser sei nur einmal, nämlich im Jahr 2000, zum Tragen gekommen. Auch hätten die regelmäßigen Drohungen der W5, die Lieferanten zu wechseln, ein kaufmännisches Verhalten dargestellt, das sich von dem der kleinen Straßenbauunternehmen nicht unterschieden habe. 94 In der angefochtenen Entscheidung hat sich die Kommission jedoch zu Recht auf mehrere übereinstimmende Dokumente gestützt, aus denen sich ergibt, dass die W5 gegen Lieferanten, die kleinen Straßenbauunternehmen einen überhöhten Rabatt gewährten, individuelle und zumindest in einem Fall kollektive Geldstrafen verhängten oder, wenn sie einen solchen Rabatt bemerkten, den Lieferanten wechselten. So enthielt ein interner Bericht von Wintershall vom 4. März 1996 über einen Besuch bei der Firma Heijmans einen Hinweis auf diese Strafmaßnahmen im Jahr 1995 (Randnr. 82 der angefochtenen Entscheidung). Desgleichen wurde in einem Bericht von HBG über das Bitumengespräch vom 14. September 1999 eine Frage nach einem zwei kleinen Straßenbauunternehmen gewährten hohen Rabatt aufgeworfen (Randnr. 83 der angefochtenen Entscheidung). Für das Jahr 2000 verwiesen sowohl die Klägerin selbst als auch BP auf eine kollektive Strafzahlung, die Lieferanten nach der Entdeckung des der Firma Krekel, einem kleinen Straßenbauunternehmen, gewährten Rabatts auferlegt wurde (Randnr. 84 der angefochtenen Entscheidung). Auch Kuwait Petroleum bestätigte in ihren Erklärungen vom 9. Oktober 2003 das Bestehen dieses Sanktionsmechanismus (Randnr. 85 der angefochtenen Entscheidung). Ebenso erklärte BP am 16. September 2003 in Beantwortung eines Auskunftsverlangens, dass die Klägerin im Jahr 2002 kein Bitumen mehr von Veba bezog, nachdem sie festgestellt hatte, dass einem kleinen Straßenbauunternehmen ein hoher Rabatt gewährt worden war (Randnr. 86 der angefochtenen Entscheidung). Außerdem wurde in der internen Notiz von SNV vom 9. Februar 1995 darauf hingewiesen, dass in dem Fall, dass nicht zu den W5 gehörenden großen Straßenbauunternehmen wettbewerbsfähige Angebote gemacht wurden, mit einer Verringerung der Bitumenbestellungen gedroht wurde (Randnr. 86 der angefochtenen Entscheidung). Kuwait Petroleum bestätigte in ihrer Erklärung vom 12. September 2003, dass, wenn ein Lieferant einem kleinen Straßenbauunternehmen einen höheren als den festgesetzten Rabatt einräumte, die W5 drohten, kein Bitumen mehr von ihm zu beziehen (Randnr. 86 der angefochtenen Entscheidung). Schließlich erwähnte die Klägerin in einem das Vortreffen vom 4. Mai 2001 betreffenden Dokument eine Strafe, die gegen Nynäs wegen ihrer Preispolitik verhängt wurde (Randnr. 117 der angefochtenen Entscheidung); dies wurde von Kuwait Petroleum in ihrer Erklärung vom 12. September 2003 bestätigt (Randnr. 118 der angefochtenen Entscheidung). Dass Nynäs in ihrer schriftlichen Antwort auf bestimmte Fragen der Kommission angab, dass nur einmal eine kollektive Strafe verhängt worden sei, genügt nicht zur Widerlegung der Tatsache, dass eine individuelle Strafe gegen sie verhängt wurde. 95 Nach der Überzeugung des Gerichts hat die Kommission zu Recht angenommen, dass diese Dokumente eine genaue Beschreibung des Mechanismus der von den W5 im Jahr 2000 gegen die Lieferanten verhängten kollektiven Strafzahlung enthielten. Im Übrigen ergibt sich aus diesen Dokumenten insgesamt das Bestehen eines individuellen und kollektiven Sanktionsmechanismus bei Nichtbeachtung der Kartellvereinbarungen während der gesamten Dauer des Kartells. Die Strafen bestanden entweder in einer Beendigung der Bestellungen bei dem Lieferanten, der diese Vereinbarungen verletzt hatte, oder in einer dem betreffenden Lieferanten oder allen Lieferanten auferlegten Strafzahlung. 96 Aus alledem ergibt sich somit, dass der Kommission kein Fehler bei der Beurteilung des Ursprungs des Kartells, seiner Entwicklung im Lauf der Zeit und des Sanktionsmechanismus unterlaufen ist. 6. Zum sechsten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung, betreffend die Rolle von ExxonMobil im Kartell a) Vorbringen der Parteien 97 Die Klägerin trägt vor, ein weiterer Fehler der Kommission bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung bestehe darin, dass sie in der angefochtenen Entscheidung nicht mehr auf ExxonMobil zurückgekommen sei, obwohl sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte ausgeführt habe, dass sich ExxonMobil vollkommen an die Kartellvereinbarungen gehalten habe, über die sie regelmäßig informiert worden sei. So habe ExxonMobil einen großen Teil des den W5 im Jahr 2000 als Strafe gewährten Zusatzrabatts übernommen, wie sich aus der Gutschrift ergebe, die sie der Klägerin am 15. November 2000 übersandt habe. Dies sei wichtig für das Verständnis des Funktionierens des Kartells, dem sämtliche Lieferanten angehört hätten. 98 Die Kommission weist darauf hin, dass sie nicht über ausreichende Beweise für die Beteiligung von ExxonMobil an dem Kartell verfügt habe. b) Würdigung durch das Gericht 99 Das Vorbringen der Klägerin ist unbeachtlich, denn selbst wenn es sachlich zutreffend wäre, hätte es keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, soweit sie die Klägerin betrifft (Urteile des Gerichts vom 5. Juni 1996, Günzler Aluminium/Kommission, T-75/95, Slg. 1996, II-497, Randnr. 55, vom 27. Februar 1997, FFSA u. a./Kommission, T-106/95, Slg. 1997, II-229, Randnr. 199, und vom 14. Mai 2002, Graphischer Maschinenbau/Kommission, T-126/99, Slg. 2002, II-2427, Randnr. 49). Denn selbst wenn es ausreichende Beweise für die Beteiligung von ExxonMobil an dem Kartell gäbe, würden dadurch das Bestehen der Zuwiderhandlung und die Beteiligung der Klägerin daran nicht in Frage gestellt. Wäre nachgewiesen, dass auch ExxonMobil und damit alle auf dem Markt tätigen Lieferanten an dem Kartell beteiligt waren, würde dies nichts an der Beurteilung der den Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG bildenden Tatsachen oder der Beteiligung der Klägerin an diesem Verstoß durch die Kommission ändern. 100 Deshalb sind dieses Vorbringen und damit die Gesamtheit der Argumente zurückzuweisen, mit denen die Klägerin zur Begründung ihres Antrags auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung Fehler der Kommission bei der in dieser Entscheidung vorgenommenen Tatsachenfeststellung oder -würdigung gerügt hat. C – Rechtsfehler 1. Vorbemerkungen 101 Die Klägerin wirft der Kommission fünf Fehler bei der Subsumtion des Sachverhalts unter Art. 81 EG vor. Sie rügt insbesondere, dass die Kommission den den W5 eingeräumten Sonderrabatt gegenüber dem Preis- und Marktaufteilungskartell, das allein die Lieferanten errichtet hätten, überbewertet habe. 102 Dieses Vorbringen ist sachlich unzutreffend, denn aus den Randnrn. 155 bis 159 der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass die Kommission die verschiedenen Gegenstände der Vereinbarungen (Festsetzung der Preise, einheitlicher Rabatt für die W5, geringerer Rabatt für die übrigen Straßenbauunternehmen) anhand des Art. 81 Abs. 1 EG geprüft hat, ohne einem Gegenstand größeres Gewicht beizumessen als einem anderen. 2. Zum ersten Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: fehlende Beteiligung der großen Straßenbauunternehmen an dem Kartell der Lieferanten a) Vorbringen der Parteien 103 Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe die großen Straßenbauunternehmen bei der Beurteilung ihres Verhaltens anhand des Art. 81 EG zu Unrecht für alle Verhaltensweisen der Lieferanten verantwortlich gemacht. Nur weil sie nicht bei einer Wettbewerbsbehörde Beschwerde gegen die Lieferanten erhoben hätten, könne noch nicht gesagt werden, dass sie die Zuwiderhandlung begangen hätten. 104 Die Kommission weist darauf hin, dass die Interessen der Lieferanten und der großen Straßenbauunternehmen so weitgehend übereinstimmten, dass von einem wettbewerbswidrigen Verhalten beider Parteien gesprochen werden könne. b) Würdigung durch das Gericht 105 Das Gericht weist darauf hin, dass die Vereinbarungen zwischen den W5 und den Lieferanten insgesamt berücksichtigt werden müssen, da sie zugleich den Bruttopreis, den den W5 eingeräumten Mindestrabatt und den den kleinen Straßenbauunternehmen gewährten maximalen Rabatt betrafen (vgl. die vorstehenden Randnrn. 44 bis 53). Die Kommission hat bei ihrer Subsumtion dieser Vereinbarungen unter Art. 81 Abs. 1 EG zu Recht eine Gesamtbeurteilung vorgenommen. Diese Gesamtbeurteilung bedeutet jedoch nicht, dass sie das Verhalten der Lieferanten den großen Straßenbauunternehmen zugerechnet hat. 3. Zum zweiten Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: Fehlen eines wettbewerbswidrigen Zwecks des Kartells a) Vorbringen der Parteien 106 Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die W5 mit ihrem Verhalten einen wettbewerbswidrigen Zweck zum Schaden der Endverbraucher verfolgt hätten. 107 Zum einen habe nämlich der Unionsrichter ausgeführt, dass bei einer Vereinbarung, die auf eine Begrenzung des Parallelhandels abziele, zwar grundsätzlich davon auszugehen sei, dass sie eine Einschränkung des Wettbewerbs bezwecke, dies jedoch nur insofern, als vermutet werden könne, dass dadurch den Endverbrauchern die genannten Vorteile vorenthalten würden (Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, GlaxoSmithKline Services/Kommission, T-168/01, Slg. 2006, II-2969, Randnr. 121). Die W5 seien jedoch lediglich bestrebt gewesen, den günstigsten Rabatt zu erhalten, was durch das Volumen der von allen W5-Mitgliedern getätigten Einkäufe ermöglicht worden sei und letztlich den Endverbrauchern zugutegekommen sei. 108 Zum anderen könne aus dem Bemühen um Preisstabilität als solchem kein wettbewerbsbeschränkender Zweck entnommen werden. 109 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. b) Würdigung durch das Gericht 110 Vereinbarungen fallen unter das Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG, wenn sie „eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken“. Nach ständiger Rechtsprechung weist der durch die Konjunktion „oder“ gekennzeichnete alternative Charakter dieser Voraussetzung darauf hin, dass zunächst der eigentliche Zweck der Vereinbarung in Betracht zu ziehen ist, wobei die wirtschaftlichen Begleitumstände ihrer Durchführung zu berücksichtigen sind. Lässt jedoch die Prüfung der Bestimmungen dieser Vereinbarung keine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen, so sind ihre Auswirkungen zu untersuchen, und es müssen, damit die Vereinbarung von dem Verbot erfasst wird, Voraussetzungen vorliegen, aus denen sich insgesamt ergibt, dass der Wettbewerb tatsächlich spürbar verhindert, eingeschränkt oder verfälscht worden ist (Urteile des Gerichtshofs vom 30. Juni 1966, LTM, 56/65, Slg. 1966, 282, 304, und vom 20. November 2008, Beef Industry Development Society und Barry Brothers, C-209/07, Slg. 2008, I-8637, Randnr. 15; Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2009, Peugeot und Peugeot Nederland/Kommission, T-450/05, Slg. 2009, II-2533, Randnr. 43). Um zu beurteilen, ob eine Vereinbarung nach Art. 81 Abs. 1 EG verboten ist, brauchen ihre konkreten Auswirkungen daher nicht berücksichtigt zu werden, wenn sich ergibt, dass die Vereinbarung eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt (Urteile des Gerichtshofs vom 13. Juli 1966, Consten und Grundig/Kommission, 56/64 und 58/64, Slg. 1966, 322, 390 und 391, und vom 21. September 2006, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, C-105/04 P, Slg. 2006, I-8725, Randnr. 125). Diese Prüfung ist vor dem Hintergrund des Inhalts der Vereinbarung und des wirtschaftlichen Zusammenhangs, in den sie sich einfügt, vorzunehmen (Urteile des Gerichtshofs vom 28. März 1984, CRAM und Rheinzink/Kommission, 29/83 und 30/83, Slg. 1984, 1679, Randnr. 26, vom 6. April 2006, General Motors/Kommission, C-551/03 P, Slg. 2006, I-3173, Randnr. 66, und das vorgenannte Urteil Beef Industry Development Society und Barry Brothers, Randnr. 16). Schließlich ist diese Untersuchungsmethode allgemein anzuwenden und nicht einer Kategorie von Vereinbarungen vorbehalten (Urteil des Gerichts vom 2. Mai 2006, O2 [Germany]/Kommission, T-328/03, Slg. 2006, II-1231, Randnr. 67). 111 Die Klägerin kann sich nicht auf Randnr. 121 des in der vorstehenden Randnr. 107 angeführten Urteils GlaxoSmithKline Services/Kommission berufen, da dem Gerichtshof zufolge „Art. 81 EG, wie auch die übrigen Wettbewerbsregeln des Vertrags, nicht nur dazu bestimmt ist, die unmittelbaren Interessen einzelner Wettbewerber oder Verbraucher zu schützen, sondern die Struktur des Marktes und damit den Wettbewerb als solchen. Daher setzt die Feststellung, dass mit einer Vereinbarung ein wettbewerbswidriger Zweck verfolgt wird, nicht voraus, dass dadurch den Endverbrauchern die Vorteile eines wirksamen Wettbewerbs hinsichtlich der Bezugsquellen oder der Preise vorenthalten werden“ (Urteil GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a., oben in Randnr. 74 angeführt, Randnr. 63). Die Klägerin hat auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass dieses Vorbringen angesichts dieser Rechtsprechung wohl nicht durchgreifen werde. 112 Somit ist zu prüfen, ob die in Rede stehenden Vereinbarungen einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgten. 113 Art. 81 Abs. 1 EG bezeichnet ausdrücklich als verbotene Vereinbarung „die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen“ und „die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden“. Aus den vorstehenden Randnrn. 49 bis 58 geht hervor, dass die Vereinbarungen zum einen die Festsetzung der An- und Verkaufspreise für Bitumen und zum anderen die Gewährung eines Vorzugsrabatts für die W5-Mitglieder bezweckten. Somit ergibt sich schon aus der Natur dieser Vereinbarungen, dass sie bezweckten, den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen. 114 Dieses Ergebnis wird auch nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt, dass diese Vereinbarungen die Stabilität der Einkaufspreise bezweckt hätten. Diese Vereinbarungen müssen nämlich insgesamt geprüft werden, und das Bemühen um Preisstabilität unterscheidet sich nicht von einer Festsetzung der Einkaufspreise (Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T-329/01, Slg. 2006, II-3255, Randnr. 197). 115 Aus alledem ergibt sich nach Auffassung des Gerichts, dass die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die W5-Mitglieder und die Lieferanten mit ihrem Verhalten einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgten. 4. Zum dritten Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: Weigerung der Kommission, Art. 81 Abs. 3 EG und die Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit anzuwenden a) Vorbringen der Parteien 116 Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe den Sachverhalt insoweit rechtlich falsch bewertet, als sie den Umstand, dass die W5 kollektiv einen Rabatt ausgehandelt hätten, nicht als „gemeinsamen Einkauf“ im Sinne des Art. 81 Abs. 3 EG angesehen habe, der nach den Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 [EG] auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit (ABl. 2001, C 3, S. 2, im Folgenden: Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit) zulässig sei. 117 Zunächst habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ihr Verhalten ausschließlich anhand des Art. 81 Abs. 3 EG und nicht anhand der Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit geprüft, die sie ohnehin zu eng ausgelegt habe. Diese Leitlinien seien jedoch auf sie anwendbar, da sie das Verhalten der Käufer auf ihrem eigenen Verkaufsmarkt beträfen und die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass die W5 den Bruttopreis zusammen mit den Lieferanten festgesetzt hätten. So hätten sich die W5 in der vorliegenden Rechtssache abgestimmt, um im Interesse des Endverbrauchers günstigere Einkaufspreise zu erhalten, was einer gemeinsamen Einkaufsorganisation gleichkomme. 118 Weiter habe die Kommission bei der Prüfung ihres Verhaltens anhand von Art. 81 Abs. 3 EG mehrere Fehler gemacht. So habe sie erstens fälschlich eine Parallele zwischen den Begriffen des gemeinsamen Einkaufs und des gemeinsamen Verkaufs gezogen; nur der letztere sei nach Art. 81 EG verboten. Ferner hätte die Kommission eine Analyse der Marktmacht der großen Straßenbauunternehmen vornehmen müssen, um festzustellen, ob sie den Wettbewerb tatsächlich hätten einschränken können, wobei zu berücksichtigen sei, dass die kleinen Straßenbauunternehmen systematisch einen höheren Rabatt hätten aushandeln können als den, der den W5 gewährt worden sei. 119 Außerdem wendet sich die Klägerin gegen die Feststellung der Kommission in Randnr. 157 der angefochtenen Entscheidung, es sei nicht zutreffend, dass jedes einzelne Unternehmen der W5 immer eine größere Bitumenmenge abnehme als jedes einzelne kleine Straßenbauunternehmen. Diese Behauptung sei völlig unbewiesen und stelle eine bloße Hypothese dar, denn die Kommission habe bei den kleinen Straßenbauunternehmen keine Daten über ihre Einkäufe erhoben. Ein Lieferant könne einem Unternehmen, das weniger große Mengen einkaufe, ohnehin aus besonderen wirtschaftlichen Gründen, insbesondere wenn das Einkaufspotenzial dieser Firma sehr groß sei, einen höheren Rabatt einräumen. Dass das Verhalten der W5 mit dem Wettbewerbsrecht in Einklang gestanden habe, ergebe sich auch daraus, dass die Verhandlungen der W5 mit den Lieferanten nur darin bestanden hätten, einen kollektiven Mindestrabatt festzulegen, der in der Folgezeit habe erhöht werden können. 120 Schließlich wendet sich die Klägerin gegen Randnr. 313 der angefochtenen Entscheidung, in dem die Kommission ausführte, dass die großen Straßenbauunternehmen den Wettbewerb untereinander eingeschränkt hätten; jedes große Straßenbauunternehmen habe nämlich die Höhe seines Rabatts bilateral mit dem Lieferanten ausgehandelt. Dazu komme, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteil des Gerichtshofs vom 12. September 2000, Pavlov u. a., C-180/98 bis C-184/98, Slg. 2000, I-6451, Randnrn. 92 ff.) eine Regelung, die einschränkende Wirkungen nur in Bezug auf einen einzigen Kostenfaktor erzeuge, der dazu noch von geringer Bedeutung sei, den Wettbewerb nicht spürbar einschränke. Insoweit weist die Klägerin darauf hin, dass Bitumen nur 1,5 % der Gesamtkosten für ein Straßenbauunternehmen ausmache. 121 Die Kommission weist das gesamte Vorbringen der Klägerin zurück. b) Würdigung durch das Gericht 122 Nach ständiger Rechtsprechung ist es Sache der Unternehmen, die eine Freistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG beantragen, anhand von Beweismaterial darzutun, dass diese gerechtfertigt ist. Deshalb kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, keine anderen Lösungen vorgeschlagen und auch nicht angegeben zu haben, was ihrer Ansicht nach eine Freistellung rechtfertigen würde (Urteil des Gerichtshofs vom 17. Januar 1984, VBVB und VBBB/Kommission, 43/82 und 63/82, Slg. 1984, 19, Randnr. 52; und Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T-191/98, T-212/98 bis T-214/98, Slg. 2003, II-3275, Randnr. 220). Die Kommission hat im Rahmen ihrer Begründungspflicht lediglich die tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten sowie die Erwägungen anzuführen, die sie zum Erlass der Entscheidung veranlasst haben, mit der der Antrag auf Freistellung zurückgewiesen worden ist; die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Kommission auf alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte eingeht, die sie im Verwaltungsverfahren vorgetragen hat (Urteil des Gerichts vom 21. Februar 1995, SPO u. a./Kommission, T-29/92, Slg. 1995, II-289, Randnrn. 262 und 263). Somit hat die Klägerin nachzuweisen, dass die Ablehnung der Kommission, ihr eine Freistellung gemäß Art. 81 Abs. 3 EG zu gewähren. auf einem Rechtsfehler oder einem Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung beruht. 123 Die Kommission hat in den Randnrn. 162 bis 168 der angefochtenen Entscheidung die Gründe angegeben, aus denen die Beteiligung der W5 an den Vereinbarungen ihrer Meinung nach nicht als gemeinsamer Einkauf im Sinne der Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit anzusehen war. So hat sie in Randnr. 163 der angefochtenen Entscheidung daran erinnert, dass diese Leitlinien nicht bezweckten, Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit allgemein für zulässig zu erklären, sondern nur Grundsätze für ihre Bewertung gemäß Art. 81 EG aufstellten. In Randnr. 165 der angefochtenen Entscheidung hat sie dazu ausgeführt, dass die hier in Rede stehenden Vereinbarungen eine Beschränkung des Wettbewerbs bezweckt und für die nicht daran beteiligten Unternehmen Folgen gehabt hätten (Festsetzung der Preise für alle Straßenbauunternehmen in den Niederlanden und Festlegung einer Höchstgrenze für die Rabatte für die kleinen Straßenbauunternehmen). Zudem haben die W5, wie die Kommission zu Recht in Randnr. 166 der angefochtenen Entscheidung dargelegt hat, bei diesen Verhandlungen mit den Lieferanten ohnehin nicht „eingekauft“; diese hatten nur die Festsetzung der Preise und der Rabatte zum Gegenstand, also ein Verhalten, das in Ziff. 124 der Leitlinien über die Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit als verschleiertes Kartell qualifiziert wird. Darüber hinaus haben die W5 diese Vereinbarungen mit einer Gruppe von Verkäufern getroffen, die ebenfalls ein Kartellverhalten an den Tag legten. Schließlich ist Art. 81 Abs. 3 EG gar nicht anwendbar, denn nach Ziff. 133 der Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit können Einkaufsvereinbarungen nicht freigestellt werden, wenn sie Beschränkungen auferlegen, die zur Erreichung der mit ihnen verbundenen wirtschaftlichen Vorteile nicht unerlässlich sind. Tatsächlich erlegten die hier in Rede stehenden Vereinbarungen den kleinen Straßenbauunternehmen Beschränkungen in Form begrenzter Rabatte auf; dabei handelte es sich um Beschränkungen, die Dritte betrafen und zur Erreichung der angestrebten wirtschaftlichen Vorteile nicht unerlässlich waren. 124 Sonach hat sich die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht darauf beschränkt, ihr Verhalten allein nach Art. 81 Abs. 3 EG zu beurteilen, sondern sie hat auch die Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit berücksichtigt. 125 Außerdem hält die Klägerin die Auffassung der Kommission für rechtsfehlerhaft, dass die Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit kein besonderes Verhalten als zulässig vorsähen, sondern nur Grundsätze für die Bewertung derartiger Vereinbarungen gemäß Art. 81 EG enthielten. Aus Ziff. 1 dieser Leitlinien geht jedoch eindeutig hervor, dass in ihnen „die Grundsätze für die Bewertung von Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit gemäß Artikel 81 [EG] dargelegt“ werden. Der Kommission ist somit in diesem Punkt kein Rechtsfehler unterlaufen. 126 Die Klägerin meint des Weiteren, die Kommission habe den gemeinsamen Einkauf zu Unrecht einem gemeinsamen Verkauf gleichgestellt, der allein nach den Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit verboten sei. So habe sie in Randnr. 159 der angefochtenen Entscheidung eine Voraussetzung hinzugefügt, durch die die Käufer verpflichtet würden, ein autonomes Marktverhalten an den Tag zu legen, während die Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit keine derartige Voraussetzung aufstellten. Aus Randnr. 159 der angefochtenen Entscheidung, die sich auf die Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EG und nicht des Art. 81 Abs. 3 EG bezieht, ergibt sich jedoch, dass die Kommission lediglich auf das die Besonderheiten des niederländischen Marktes betreffende Vorbringen einiger Unternehmen im Verwaltungsverfahren einging und nicht beabsichtigte, die Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit auszulegen. Dieses Vorbringen ist daher zurückzuweisen. 127 Die Klägerin rügt ferner, dass die Kommission keine Untersuchung der Marktmacht der W5 vorgenommen habe, um zu prüfen, ob diese tatsächlich in der Lage gewesen seien, den Wettbewerb zu beschränken. Die Kommission hielt sich jedoch zu Recht nicht für verpflichtet, eine solche Untersuchung vorzunehmen, da es sich nicht um eine Kooperationsvereinbarung handelte, durch die die Käufer versucht hätten, ein Gegengewicht zu den Verkäufern zu bilden, sondern vielmehr um ein gemeinsames Preiskartell zwischen zwei Gruppen. Auch hat die Kommission in Randnr. 24 der angefochtenen Entscheidung vorab klargestellt, dass die W5-Mitglieder 36 der 51 in den Niederlanden bestehenden Asphaltwerke, also mehr als 70 % dieser Werke, kontrollierten. Außerdem brauchen nach Ziff. 18 der Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit bei Vereinbarungen, die durch die Festsetzung der Preise, Begrenzung der Produktion oder Aufteilung der Märkte oder Kunden eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken und bei denen davon ausgegangen wird, dass sie negative Auswirkungen auf den Markt haben, die tatsächlichen Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Markt nicht untersucht zu werden. Da die Kommission zu dem Ergebnis gekommen war, dass die fraglichen Vereinbarungen ihrem Wesen nach auf eine Behinderung des Wettbewerbs abzielten (Randnr. 165 der angefochtenen Entscheidung), brauchte sie die Marktmacht der zu den W5 gehörenden Unternehmen nicht genauer zu untersuchen. 128 Nach Auffassung der Klägerin hat die Kommission einen weiteren Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung gemacht, als sie, ohne irgendeinen Beweis dafür zu erbringen, ausgeführt habe, es treffe nicht zu, dass jedes einzelne Unternehmen der W5 immer eine größere Bitumenmenge abnehme als jedes einzelne kleine Straßenbauunternehmen. Aus der angefochtenen Entscheidung geht jedoch hervor, dass sich die Kommission für ihre Behauptung, dass sich der den großen Straßenbauunternehmen eingeräumte Rabatt nicht nach dem Einkaufsvolumen ihrer Mitglieder gerichtet habe und dass der ihnen gewährte Sonderrabatt bezweckt habe, die übrigen Straßenbauunternehmen zu schädigen, auf mehrere Beweismittel stützte (vgl. die vorstehenden Randnrn. 50 und 51). Auch bildet der Umstand, dass jedes W5-Mitglied versuchte, außer dem kollektiven Rabatt noch einen Zusatzrabatt nach Maßgabe der bezogenen Mengen zu erhalten, ein zusätzliches Indiz dafür, dass der kollektive Rabatt nicht an das Einkaufsvolumen der W5-Mitglieder geknüpft war. 129 Schließlich wendet sich die Klägerin gegen das Vorbringen der Kommission, dass die Vereinbarungen bezweckten, den Wettbewerb zu beschränken (Randnrn. 166 und 313 der angefochtenen Entscheidung). Diese Vereinbarungen hätten weder den Wettbewerb zwischen den W5-Mitgliedern noch den Wettbewerb zwischen allen Straßenbauunternehmen beschränkt, denn Bitumen mache nur 1,5 % der Gesamtkosten dieser Unternehmen aus. Aus der angefochtenen Entscheidung geht jedoch hervor, dass die W5-Mitglieder dadurch, dass sie zusammen mit den Lieferanten, die 80 % des Marktes innehatten, den Bruttopreis und den Rabatt für alle ihre zukünftigen Einkäufe festsetzten, den potenziellen Wettbewerb untereinander beschränkten. Im Übrigen hat die Kommission, auch wenn der Gerichtshof in dem besonderen Fall einer Regelung, die die Pflichtmitgliedschaft in einem Zusatzrentensystem vorschrieb, entschieden hat, dass dies den Wettbewerb nicht beschränke (Urteil Pavlov u. a., oben in Randnr. 120 angeführt, Randnr. 95), zu Recht darauf hingewiesen, dass der den W5 gewährte Rabatt wegen des im Straßenbausektor bestehenden Ausschreibungsmechanismus Auswirkungen auf den Wettbewerb in diesem Sektor hatte (vgl. die vorstehenden Randnrn. 69 bis 73). 130 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Kommission kein Rechtsfehler oder Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts unterlaufen ist, als sie es abgelehnt hat, die Beteiligung der W5 an den Vereinbarungen als „gemeinsamen Einkauf“ im Sinne von Art. 81 Abs. 3 EG anzusehen, der nach den Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit zulässig ist. 5. Zum vierten Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: ungenaue Abgrenzung des relevanten Marktes und falsche Beurteilung der Marktposition der großen Straßenbauunternehmen a) Vorbringen der Parteien 131 Die Klägerin führt aus, die Kommission habe den Sachverhalt rechtlich falsch bewertet, indem sie bei der Beurteilung der Marktposition der W5 den relevanten Markt zu eng definiert habe. So habe sie, der Auffassung der Lieferanten folgend, den relevanten Markt nur deshalb eng definiert, um darzutun, dass der Marktanteil der großen Straßenbauunternehmen beim Einkauf 49,5 % betragen habe (Randnr. 29 der angefochtenen Entscheidung). Die Beanstandung der von der Kommission vorgenommenen Festlegung des Marktes habe keinen autonomen Charakter gegenüber den Rügen einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs (Urteil des Gerichts vom 16. Dezember 2003, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied und Technische Unie/Kommission, T-5/00 und T-6/00, Slg. 2003, II-5761, Randnr. 123). 132 Erstens habe die Kommission keine ausreichenden Gründe dafür angegeben, dass sie das Industriebitumen von dem relevanten Markt ausgeschlossen habe, und insbesondere nicht behauptet, dass es kein geeignetes Ersatzangebot gegeben habe. 133 Zweitens wendet sich die Klägerin gegen die Entscheidung der Kommission, den relevanten Markt räumlich auf die Niederlande zu beschränken. Im Zeitraum der Zuwiderhandlung habe nur noch Kuwait Petroleum Bitumen in den Niederlanden hergestellt, während die übrigen Lieferanten das in den Niederlanden vertriebene Bitumen aus Belgien oder Deutschland eingeführt und über eine strukturierte Vertriebsorganisation für die Benelux-Staaten verfügt hätten. Die Kommission habe auf diese Weise klare Anzeichen für eine grenzüberschreitende Abstimmung zwischen Lieferanten außer Acht gelassen. Desgleichen habe sie grundlos die übereinstimmenden Bekundungen mehrerer großer Straßenbauunternehmen zurückgewiesen, wonach die Lieferanten den niederländischen Bitumenmarkt von den anderen Märkten abgeschottet und sie daran gehindert hätten, sich im Ausland einzudecken (Randnr. 174 der angefochtenen Entscheidung). Hätte die Kommission dagegen bei ihrer Festlegung des relevanten Marktes Belgien und Westdeutschland berücksichtigt, so hätte der Marktanteil der W5 unter 15 % gelegen. Den Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit zufolge besäßen mehrere Unternehmen, die an einem gemeinsamen Einkauf beteiligt seien, keine Marktmacht, wenn ihre gesamten Marktanteile unter 15 % lägen. 134 Die Kommission tritt dem gesamten Vorbringen der Klägerin entgegen. b) Würdigung durch das Gericht 135 Im Rahmen der Anwendung von Art. 81 EG muss die Kommission prüfen, ob die fragliche abgestimmte Verhaltensweise den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt. Die Parteien streiten über den Umfang dieser Verpflichtung der Kommission und über die Festlegung des relevanten Marktes in der angefochtenen Entscheidung. 136 Nach der Rechtsprechung hat die Definition des relevanten Marktes im Rahmen der Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EG nur den Zweck, zu ermitteln, ob die fragliche Vereinbarung den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt (Beschluss des Gerichtshofs vom 16. Februar 2006, Adriatica di Navigazione/Kommission, C-111/04 P, Randnr. 31; und Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi in der Rechtssache Archer Daniels Midland/Kommission, C-511/06 P, Urteil des Gerichtshofs vom 9. Juli 2009, Slg. 2009, I-5843, I-5848, Nrn. 196 und 197). 137 Im Übrigen muss die Kommission, wie bereits in der Rechtsprechung des Gerichts ausgeführt worden ist, in einer Entscheidung nach Art. 81 EG nicht stets den relevanten Markt abgrenzen, sondern nur dann, wenn ohne eine solche Abgrenzung nicht bestimmt werden kann, ob das fragliche Kartell den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt (Urteile des Gerichts vom 6. Juli 2000, Volkswagen/Kommission, T-62/98, Slg. 2000, II-2707, Randnr. 230, vom 8. Juli 2004, Mannesmannröhren-Werke/Kommission, T-44/00, Slg. 2004, II-2223, Randnr. 132, und vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T-38/02, Slg. 2005, II-4407, Randnr. 99). 138 Die Definition des relevanten Marktes ist notwendig, um zu prüfen, ob in einer bestimmten Situation die in Art. 81 Abs. 3 Buchst. b EG für die Nichtanwendung des Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellte Voraussetzung erfüllt ist (vgl. in diesem Sinne die Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft [ABl. 1997, C 372, S. 5] und Urteil des Gerichts vom 19. März 2003, CMA CGM u. a./Kommission [T-213/00, Slg. 2003, II-913, Randnr. 226]); diese Prüfung ist dagegen nicht erforderlich, um festzustellen, ob die anderen drei Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EG erfüllt sind (Urteil CMA CGM u. a./Kommission, Randnr. 226). 139 In der vorliegenden Rechtssache hat die Kommission es zu Recht abgelehnt, Art. 81 Abs. 3 EG, namentlich Art. 81 Abs. 3 Buchst. b EG anzuwenden (siehe die vorstehenden Randnrn. 122 bis 130). Außerdem trägt die Klägerin vor, dass die falsche Definition des relevanten Marktes durch die Kommission einen Einfluss auf die Beurteilung der Marktmacht der W5-Mitglieder gehabt habe, die in Wirklichkeit weit weniger bedeutend gewesen sei als angenommen; sie bestreitet jedoch nicht, dass die fraglichen Vereinbarungen geeignet waren, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und zumindest eine Stabilisierung der Einkaufspreise bezweckten. Dies aber bewirkte, wie schon dargelegt (Randnrn. 113 bis 115), eine Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes. Da die Anwendung des Art. 81 EG keine vorherige Definition des relevanten Marktes erforderte, konnte sich die Kommission darauf beschränken, auf das vom Kartell betroffene Produkt und auf das betroffene Gebiet abzustellen. 140 Die Klägerin rügt, die Kommission habe keine ausreichenden Gründe dafür angegeben, dass sie das Industriebitumen von dem relevanten Markt ausgeschlossen habe, und insbesondere nicht behauptet, dass es kein geeignetes Ersatzangebot gegeben habe. Da sie jedoch nicht verpflichtet war, den Markt festzulegen, kann ihr insoweit keine Verletzung der Begründungspflicht vorgeworfen werden (vgl. das in Randnr. 137 angeführte Urteil Groupe Danone/Kommission, Randnr. 99). 141 Die Klägerin beanstandet ferner, dass die Kommission bei der räumlichen Definition des relevanten Marktes zu Unrecht nur auf die Niederlande abgestellt habe, obwohl nur eine einziges Ölgesellschaft Bitumen in den Niederlanden hergestellt habe, während die anderen Lieferanten ihr Bitumen aus Deutschland oder Belgien eingeführt hätten und einige von ihnen über eine Vertriebsorganisation für die Benelux-Staaten verfügt hätten. Aus den Randnrn. 27 und 28 der angefochtenen Entscheidung geht jedoch hervor, dass die Kommission diese Gegebenheiten berücksichtigt, aber zugleich darauf hingewiesen hat, dass der Vertrieb des Bitumen aufgrund der niederländischen Qualitätsanforderungen, des Mechanismus zur Risikokontrolle und der Eigentumsstrukturen bei den Asphaltwerken auf rein nationaler Ebene erfolgte. 142 Im Übrigen vermögen die Hinweise der Klägerin zur Begründung ihrer Behauptung, dass ein Kartell in Belgien bestanden habe, für sich allein nicht die Annahme zu stützen, dass die Definition des relevanten Marktes durch die Kommission auf einem Rechtsfehler beruhte. Jedenfalls hat die Kommission diese Hinweise in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt. Dabei handelt es sich zum einen um ein handgeschriebenes Protokoll von Kuwait Petroleum über eine Abstimmung zwischen Lieferanten (Nynäs, Klöckner, SNV, BP, Smid & Hollander und Kuwait Petroleum) vom 4. März 1994, in dem die Notwendigkeit betont wurde, „das Preisniveau in Belgien anzuheben“. Zum anderen geht es um Unterlagen, in denen darauf hingewiesen wurde, dass SNV über eine strukturierte Vertriebsorganisation in den Benelux-Staaten verfügte, in der von 1993 bis 1998 ein einziger Leiter für den Vertrieb von Bitumen in diesen Ländern verantwortlich war. Dasselbe gilt für ExxonMobil, deren Vertriebsorganisation in Belgien und in den Niederlanden von denselben Personen geleitet wurde. 143 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Definition des relevanten Marktes durch die Kommission weder auf einem Rechtsfehler noch auf einer falschen Bewertung des Sachverhalts beruhte. 6. Zum fünften Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: keine indirekten Auswirkungen auf den nachgelagerten Straßenbaumarkt a) Vorbringen der Parteien 144 Nach Auffassung der Klägerin beruht die Annahme der Kommission, dass die in Rede stehenden Vereinbarungen indirekte Auswirkungen auf den nachgelagerten Straßenbaumarkt gehabt hätten, auf einer falschen rechtlichen Bewertung des Sachverhalts. Die Kosten für den Einkauf von Bitumen machten nur einen sehr kleinen Teil des Umsatzes der Straßenbauunternehmen in den Niederlanden aus, außer in den seltenen Fällen von Straßenbauvorhaben, die nur die Lieferung sehr großer Asphaltmengen erforderten (weniger als 10 % der Vorhaben) und bei denen die Straßenbauunternehmen ohnehin in der Lage seien, einen zusätzlichen Rabatt auszuhandeln. Die Kommission habe im Übrigen ihre Behauptung, dass ein kleiner Preisunterschied beim Einkauf von Bitumen eine entscheidende Rolle bei der Vergabe öffentlicher Aufträge spielen könne, nicht auf Berechnungen gestützt. Ferner habe sie nicht nachgewiesen, dass die Bruttopreise in den Niederlanden höher gewesen seien als im Ausland. Die Angaben über die Preisentwicklungen in mehreren Ländern seien nämlich in der nicht vertraulichen Fassung der von den Lieferanten stammenden Dokumente gestrichen worden, und aus mehreren Schriftstücken ergebe sich, dass die Preise in den Niederlanden tatsächlich mit denen in den Nachbarländern vergleichbar gewesen seien. 145 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. b) Würdigung durch das Gericht 146 Die Klägerin trägt zunächst vor, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass der Bitumenpreis, der nur einen sehr kleinen Teil der Kosten eines Straßenbauvorhabens ausmache, den Wettbewerb durch seine indirekten Auswirkungen auf den nachgelagerten Straßenbaumarkt beeinflussen könne. Es ist jedoch daran zu erinnern (siehe die vorstehenden Randnrn. 74 bis 79 und 110 bis 115), dass die Vereinbarungen die Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckten. Deshalb war die Kommission nicht gehalten, die konkreten wettbewerbswidrigen Wirkungen dieser Vereinbarungen nachzuweisen. 147 Die Klägerin wirft der Kommission ferner vor, nicht ausreichend nachgewiesen zu haben, dass der Bruttopreis in den Niederlanden während des Zeitraums der Zuwiderhandlung höher gewesen sei als in den Nachbarländern. Aus der angefochtenen Entscheidung geht jedoch hervor (Randnr. 174), dass sich die Kommission auf mehrere bei ihren Nachprüfungen beschlagnahmte Dokumente gestützt hat, darunter eine interne Notiz von SNV vom 9. Februar 1995, in der auf Preisunterschiede zwischen den Niederlanden und ihren Nachbarländern hingewiesen wurde, die a priori nicht zu rechtfertigen seien, sowie auf eine Erklärung von Kuwait Petroleum vom 9. Oktober 2003, in der ebenfalls von einem Preisunterschied zwischen den Niederlanden und ihren Nachbarländern die Rede war. Die Kommission stützte sich außerdem auf in den Geschäftsräumen der Klägerin beschlagnahmte Notizen, die die Zusammenkünfte vom 12. April 2000 und vom 29. Januar 2002 betrafen. Diesen Notizen zufolge lagen die Nettopreise in den Niederlanden im Jahr 2000 um 25 NLG über den Preisen in Belgien (Randnr. 111 der angefochtenen Entscheidung). Ebenso ergibt sich aus diesen Notizen für 2002, dass der Nettopreis in den Niederlanden 183 Euro gegen 162 Euro in Deutschland und Belgien und 158 Euro in Frankreich betrug (Randnr. 123 der angefochtenen Entscheidung). Diese übereinstimmenden Beweise reichen zum Nachweis dafür aus, dass das Niveau des Bruttopreises in den Niederlanden höher war als in den Nachbarländern. 148 Dem von der Klägerin gegenüber der Kommission erhobenen Vorwurf bezüglich der vertraulichen Behandlung der Angaben der Lieferanten über die Preisentwicklungen in mehreren Ländern ist entgegenzuhalten, dass die Lieferanten angesichts des Umstands, dass kein wettbewerbswidriges Verhalten in den Nachbarländern festgestellt worden ist, das Recht hatten, die Informationen über die in diesen Ländern angewandten Preise als Geschäftsgeheimnis zu behandeln. 149 Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Annahme der Kommission, dass die fraglichen Vereinbarungen indirekte Auswirkungen auf den nachgelagerten Straßenbaumarkt hatten, nicht auf einer falschen rechtlichen Bewertung des Sachverhalts beruhte. 150 Folglich ist das gesamte Vorbringen der Klägerin zur Stützung ihres Antrags auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen, soweit damit Rechtsfehler der Kommission in dieser Entscheidung gerügt werden. D – Zur Verletzung wesentlicher Formvorschriften und der Verteidigungsrechte 1. Vorbringen der Parteien 151 Mit dem dritten und letzten Klagegrund, auf den die Klägerin ihren Antrag auf Nichtigerklärung stützt, rügt sie eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften und ihrer Verteidigungsrechte dadurch, dass die Kommission ihr nicht alle Erwiderungen der anderen Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt habe. 152 Die Übermittlung allein der Stellen in den Erwiderungen, auf die sich die Kommission in ihrer angefochtenen Entscheidung ausdrücklich zu stützen beabsichtigte, sei insoweit ungenügend. Die Übermittlung der vollständigen Erwiderungen sei aufgrund des horizontalen und vertikalen Charakters des Kartells und der Voreingenommenheit der Kommission zugunsten der Lieferanten besonders notwendig gewesen. Schließlich habe nicht die Kommission allein darüber zu entscheiden, in welche Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte Einsicht gewährt werden müsse. 153 Die Kommission weist das gesamte Vorbringen der Klägerin zurück. 2. Würdigung durch das Gericht 154 Ausweislich der Akten übersandte die Kommission der Klägerin am 24. Mai 2006 Auszüge aus den Erwiderungen der anderen Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die sie in der angefochtenen Entscheidung als Beweismittel zu verwenden beabsichtigte. Die Klägerin nahm dazu am 12. Juni 2006 Stellung und beantragte, ihr Einsicht in die vollständigen Erwiderungen der anderen Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte zu gewähren. Die Kommission gab diesem Antrag jedoch nicht statt. a) Allgemeine Grundsätze betreffend die Einsicht in die nach Erlass der Mitteilung der Beschwerdepunkte eingegangenen Dokumente 155 Art. 27 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 bestimmt: „Die Verteidigungsrechte der Parteien müssen während des Verfahrens in vollem Umfang gewahrt werden. Die Parteien haben das Recht auf Einsicht in die Akten der Kommission, vorbehaltlich des berechtigten Interesses von Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse. Von der Akteneinsicht ausgenommen sind vertrauliche Informationen sowie interne Schriftstücke der Kommission und der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten.“ 156 In Ziff. 8 der Mitteilung der Kommission über die Regeln für die Einsicht in Kommissionsakten in Fällen einer Anwendung der Artikel 81 [EG] und 82 [EG], der Artikel 53, 54 und 57 des EWR-Abkommens und der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (ABl. 2005, C 325, S. 7) wird die „Akte der Kommission“ definiert als „sämtliche Schriftstücke bzw. Dokumente, die von der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission während des Verfahrens erhalten, erstellt oder zusammengestellt wurden“. In Ziff. 27 der Mitteilung heißt es: „Die Akteneinsicht wird auf Antrag und in der Regel einmalig nach Übermittlung der Mitteilung der Beschwerdepunkte gewährt, damit der Grundsatz der Fairness und die Verteidigungsrechte der Betroffenen gewahrt bleiben. In der Regel wird daher keine Einsicht in die Erwiderungen der übrigen Betroffenen auf die Beschwerdepunkte der Kommission gewährt. Der Betroffene erhält dagegen Einsicht in Dokumente, die nach Übermittlung der Beschwerdepunkte in einem späteren Verfahrensstadium eingehen, sofern diese Dokumente neues be- oder entlastendes Beweismaterial zu den gegen diesen Betroffenen in den Beschwerdepunkten erhobenen Vorwürfen darstellen können. Dies gilt insbesondere insofern, als sich die Kommission auf neue Beweise zu stützen beabsichtigt.“ 157 Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Beachtung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu Sanktionen, namentlich zu Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können, einen fundamentalen Grundsatz des Unionsrechts dar, der auch in einem Verwaltungsverfahren beachtet werden muss (Urteile des Gerichtshofs vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, Slg. 1979, 461, Randnr. 9, und vom 2. Oktober 2003, ARBED/Kommission, C-176/99 P, Slg. 2003, I-10687, Randnr. 19). Dazu bestimmt die Verordnung Nr. 1/2003, dass den Parteien eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übersandt wird, in der alle wesentlichen Tatsachen, auf die sich die Kommission in diesem Stadium des Verfahrens stützt, klar angeführt sein müssen. Eine solche Mitteilung stellt eine Verfahrensgarantie dar, die Ausdruck eines tragenden Grundsatzes des Unionsrechts ist, dem zufolge die Verteidigungsrechte in allen Verfahren beachtet werden müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 3. September 2009, Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission, C-322/07 P, C-327/07 P und C-338/07 P, Slg. 2009, I-7191, Randnrn. 34 und 35). 158 Der Zweck der Akteneinsicht besteht in Wettbewerbssachen insbesondere darin, es den Adressaten einer Mitteilung der Beschwerdepunkte zu ermöglichen, von den Beweisstücken in den Akten der Kommission Kenntnis zu nehmen, damit sie sinnvoll zu den Schlussfolgerungen Stellung nehmen können, zu denen die Kommission in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgrund dieser Beweisstücke gelangt ist. Die Akteneinsicht gehört somit zu den Verfahrensgarantien, die die Verteidigungsrechte schützen und insbesondere die effektive Ausübung des Anhörungsrechts sicherstellen sollen (vgl. Urteil Atlantic Container Line u. a./Kommission, oben in Randnr. 122 angeführt, Randnr. 334 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dieses Recht bedeutet, dass die Kommission dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit geben muss, alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, die möglicherweise für seine Verteidigung erheblich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Corus UK/Kommission, C-199/99 P, Slg. 2003, I-11177, Randnr. 125; und Urteil des Gerichts vom 29. Juni 1995, Solvay/Kommission, T-30/91, Slg. 1995, II-1775, Randnr. 81). Zu ihnen gehören sowohl belastende als auch entlastende Schriftstücke mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen, internen Schriftstücken der Kommission und anderen vertraulichen Informationen (Urteile des Gerichtshofs Hoffmann-La Roche/Kommission, oben in Randnr. 157 angeführt, Randnrn. 9 und 11, und vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C-204/00 P, C-205/00 P, C-211/00 P, C-213/00 P, C-217/00 P und C-219/00 P, Slg. 2004, I-123, Randnr. 68). 159 Nach der Rechtsprechung wird das betroffene Unternehmen erst zu Beginn des kontradiktorischen Abschnitts des Verwaltungsverfahrens durch die Mitteilung der Beschwerdepunkte über alle wesentlichen Gesichtspunkte informiert, auf die sich die Kommission in diesem Verfahrensstadium stützt. Folglich gehört die Erwiderung der anderen Parteien auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte grundsätzlich nicht zu den Unterlagen der Ermittlungsakte, die die Beteiligten einsehen können (Urteil des Gerichts vom 30. September 2009, Hoechst/Kommission, T-161/05, Slg. 2009, II-3555, Randnr. 163). Will sich die Kommission auf eine Stelle einer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder auf eine Anlage zu einer solchen Erwiderung stützen, um in einem Verfahren zur Anwendung von Art. 81 Abs. 1 EG das Bestehen einer Zuwiderhandlung nachzuweisen, so müssen die anderen Beteiligten dieses Verfahrens in die Lage versetzt werden, sich zu einem solchen Beweismittel zu äußern (vgl. Urteile des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, „Zement“, T-25/95, T-26/95, T-30/95 bis T-32/95, T-34/95 bis T-39/95, T-42/95 bis T-46/95, T-48/95, T-50/95 bis T-65/95, T-68/95 bis T-71/95, T-87/95, T-88/95, T-103/95 und T-104/95, Slg. 2000, II-491, Randnr. 386, und vom 27. September 2006, Avebe/Kommission, T-314/01, Slg. 2006, II-3085, Randnr. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). 160 Im Übrigen stellt nach der Rechtsprechung zur Einsicht in die Verwaltungsakten aus der Zeit vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte die unterbliebene Übermittlung eines Schriftstücks nur dann eine Verletzung der Verteidigungsrechte dar, wenn das betreffende Unternehmen dartut, dass sich die Kommission zur Untermauerung ihres Vorwurfs, dass eine Zuwiderhandlung vorliege, auf dieses Schriftstück gestützt hat (Urteile des Gerichtshofs vom 9. November 1983, Nederlandsche Banden-Industrie-Michelin/Kommission, 322/81, Slg. 1983, 3461, Randnrn. 7 und 9, sowie Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 71) und dass dieser Vorwurf nur durch Heranziehung des fraglichen Schriftstücks bewiesen werden konnte (Urteile des Gerichtshofs vom 25. Oktober 1983, AEG-Telefunken/Kommission, 107/82, Slg. 1983, 3151, Randnrn. 24 bis 30, und Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 71; Urteil Solvay/Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 58). Der Gerichtshof unterscheidet insoweit zwischen be- und entlastendem Material. Bei einem belastenden Schriftstück muss das betroffene Unternehmen dartun, dass das Ergebnis, zu dem die Kommission gekommen ist, anders ausgefallen wäre, wenn das Schriftstück ausgeschlossen worden wäre. Wurde dagegen ein entlastendes Schriftstück nicht übermittelt, so muss das betroffene Unternehmen nur nachweisen, dass das Unterbleiben seiner Offenlegung den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission zu seinen Ungunsten beeinflussen konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnrn. 73 und 74). Diese Unterscheidung gilt auch für Schriftstücke aus der Zeit nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte (Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T-43/02, Slg. 2006, II-3435, Randnrn. 351 bis 359). 161 Im Übrigen verstößt das systematische Unterbleiben der Übermittlung der Erwiderungen der anderen Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht gegen den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte. Wie bereits ausgeführt, folgt aus diesem Grundsatz, dass die Kommission den betroffenen Unternehmen im Lauf des Verwaltungsverfahrens alle Tatsachen, Umstände und Unterlagen, auf die sie sich stützt, offenlegen muss, um sie in die Lage zu versetzen, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der behaupteten Tatsachen und Umstände sowie zu den von der Kommission für ihre Behauptungen herangezogenen Unterlagen Stellung zu nehmen. 162 Schließlich kann sich die Klägerin nicht auf die Rechtsprechung berufen, nach der es nicht allein Sache der Kommission – die die Beschwerdepunkte mitteilt und die Entscheidung über die Verhängung einer Sanktion trifft – sein kann, die für die Verteidigung des betroffenen Unternehmens nützlichen Schriftstücke zu bestimmen (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 126; Urteile Solvay/Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnrn. 81 und 83, und Atlantic Container Line u. a./Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 339). Diese Erwägung, die sich auf Dokumente bezieht, die in den Akten der Kommission enthalten sind, kann nämlich auf Antworten anderer betroffener Parteien auf die von der Kommission mitgeteilten Beschwerdepunkte keine Anwendung finden. b) Anwendung auf die vorliegende Rechtssache 163 Die Klägerin macht geltend, dass ihr Einsicht in die vollständigen Antworten der anderen Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die entlastendes Beweismaterial hätten enthalten können, hätte gewährt werden müssen. 164 Wie bereits dargelegt, war es Sache der Klägerin, einen Anfangsbeweis dafür zu erbringen, dass das Unterbleiben der Offenlegung dieser Antworten den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission möglicherweise zu ihren Ungunsten beeinflusst hat. Sie hat aber lediglich ganz allgemein und rein spekulativ behauptet, dass die Antworten der anderen Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte wegen des horizontalen und vertikalen Charakters des Kartells und der angeblichen Parteilichkeit der Kommission zugunsten der Lieferanten möglicherweise sie entlastendes Beweismaterial enthielt, jedoch keine genauen Angaben gemacht, die einen solchen Anfangsbeweis darstellen könnten. 165 Außerdem ist es bei einem Kartell, wie die Kommission geltend macht, recht unwahrscheinlich, dass ein Unternehmen Beweismaterial liefert, das die Rolle eines anderen Kartellunternehmens zu mindern geeignet ist, selbst wenn im vorliegenden Fall die Tatsache, dass das Kartell von zwei Gruppen mit potenziell gegensätzlichen Interessen errichtet wurde, erklärt, dass jede Seite die Tendenz hatte, ihre Rolle im Kartell zulasten der anderen herunterzuspielen. Jedenfalls kann der bloße Umstand, dass andere Unternehmen in ihren Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte die gleichen Argumente vorgetragen haben wie eine Klägerin, diese nach der Rechtsprechung nicht entlasten (Urteil Jungbunzlauer/Kommission, oben in Randnr. 160 angeführt, Randnrn. 353 bis 356). Die Klägerin hat also keinen Anfangsbeweis für die Nützlichkeit einer etwaigen Übermittlung der Antworten der anderen Unternehmen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erbracht. 166 Sonach hat die Kommission die Verteidigungsrechte der Klägerin nicht dadurch verletzt, dass sie es abgelehnt hat, ihr alle Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vollständig zu übermitteln. 167 Aufgrund aller vorstehenden Ausführungen ist der auf Nichtigerklärung gerichtete Klageantrag zurückzuweisen. II – Zum Antrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße 168 Die Klägerin stützt ihren Antrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße auf zwei Gründe: erstens Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung und Rechtsfehler bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße und zweitens Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung und Rechtsfehler sowie Verletzung der Verteidigungsrechte bei der Annahme erschwerender Umstände. 169 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin im Rahmen ihres Antrags auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße das Gericht offensichtlich ersucht, seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung auszuüben, jedoch fast ausschließlich zum Zweck der Berichtigung von angeblichen Fehlern bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung und Rechtsfehlern der Kommission. Denn abgesehen von der Rüge der Unverhältnismäßigkeit der Erhöhung der Geldbuße wegen Verweigerung der Zusammenarbeit erfordert kein zur Stützung der Klagegründe vorgebrachtes Argument die Ausübung der Befugnis des Gerichts zu unbeschränkter Nachprüfung mit dem Ziel, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene zu ersetzen. Folglich muss das Gericht prüfen, ob diese Fehler nachgewiesen sind, und gegebenenfalls seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ausüben, um sie soweit erforderlich zu berichtigen. 170 Auch wenn sich aus dem Antrag der Klägerin auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße, wie ausgeführt, zu ergeben scheint, dass die Klägerin das Gericht ersucht, seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung fast ausschließlich im Rahmen der Beurteilung der ihrer Meinung nach unzutreffenden Überlegungen der Kommission auszuüben, rechtfertigt ihr Vorbringen zur Begründung dieses Antrags nach Auffassung des Gerichts keine andere Beurteilung als die, die die Kommission vorgenommen hat. A – Zur Festlegung des Grundbetrags der Geldbuße 171 Erstens rügt die Klägerin Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung und Rechtsfehler der Kommission bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße. Sie hält den Grundbetrag der gegen sie verhängten Geldbuße (17,1 Mio. Euro) aus vier Gründen für überhöht. 1. Zu der Qualifizierung der Zuwiderhandlung als besonders schwerer Verstoß a) Vorbringen der Parteien 172 Die Klägerin macht in erster Linie geltend, die Kommission habe das Verhalten der W5-Mitglieder zu Unrecht als besonders schweren Verstoß eingestuft, obwohl das gemeinsame Aushandeln eines möglichst hohen Rabatts beim Einkauf, mit dem nur einem Preis- und Marktaufteilungskartell der Lieferanten habe entgegengetreten werden sollen, nicht ebenso hätte behandelt werden dürfen wie dieses. So hätte die Kommission die Schwere des Verstoßes der W5-Mitglieder unterschiedlich bewerten und namentlich seine tatsächlichen Auswirkungen auf den Wettbewerb untersuchen müssen. Sie hätte im Übrigen auch ihre Behauptung, die großen Straßenbauunternehmen hätten wissen müssen, dass ihr Verhalten den Wettbewerb beschränke, begründen und nachweisen müssen, dass dieses Verhalten ebenso wie die angebliche künstliche Erhöhung der Bitumenpreise in den Niederlanden die kleinen Straßenbauunternehmen benachteiligt habe. Schließlich habe die Kommission selbst in der Mitteilung der Beschwerdepunkte eingeräumt, dass die geheimen Absprachen nur die Lieferanten und nicht die großen Straßenbauunternehmen betroffen hätten, die sich kaum Mühe gegeben hätten, ihre Kontakte zu verheimlichen. So seien die Einladungen zu den Treffen durch ihr Sekretariat erfolgt, und nach diesen Treffen sei wegen der summarischen Verhandlungsergebnisse und des Fehlens einer förmlichen Vereinbarung kein Protokoll errichtet worden. 173 Im Ergebnis meint die Klägerin, nach den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 [KS] festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen) hätte die in Rede stehende Zuwiderhandlung allenfalls als minder schwerer Verstoß angesehen werden dürfen, was einem Grundbetrag von höchstens 1 Mio. Euro entspreche. 174 Die Kommission weist das gesamte Vorbringen der Klägerin zurück. b) Würdigung durch das Gericht 175 Nach Nr. 1 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen wird der Grundbetrag nach Maßgabe der Schwere und Dauer des Verstoßes errechnet, wobei bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes seine Art und die konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen sind. So unterscheiden die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen zwischen minder schweren Verstößen (in den häufigsten Fällen vertikale Beschränkungen des Handels mit begrenzten Auswirkungen auf den Markt), schweren Verstößen (horizontale oder vertikale Beschränkungen, die entschlossener angewandt werden und deren Auswirkungen auf den Gemeinsamen Markt umfassender sind) und besonders schweren Verstößen (horizontale Beschränkungen wie z. B. Preiskartelle, Marktaufteilungsquoten und sonstige Beschränkungen der Funktionsweise des Binnenmarkts). 176 Nach ständiger Rechtsprechung ist die Schwere der Zuwiderhandlungen anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln, zu denen die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören und bei deren Beurteilung die Kommission ein weites Ermessen besitzt (Urteile des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C-189/02 P, C-202/02 P, C-205/02 P bis C-208/02 P und C-213/02 P, Slg. 2005, Slg. 2005, I-5425, Randnr. 241, und vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, C-328/05 P, Slg. 2007, I-3921, Randnr. 43; Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, T-69/04, Slg. 2008, II-2567, Randnr. 153). Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung bei der Bemessung der Geldbußen sämtliche Faktoren zu berücksichtigen, die für die Beurteilung der Schwere der Verstöße eine Rolle spielen; dazu gehören namentlich die Rolle, die jedes Unternehmen bei dem Verstoß gespielt hat, sowie die Gefahr, die derartige Zuwiderhandlungen für die Ziele der Union bedeuten (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnrn. 120 und 129, und vom 8. November 1983, IAZ International Belgium u. a./Kommission, 96/82 bis 102/82, 104/82, 105/82, 108/82 und 110/82, Slg. 1983, 3369, Randnr. 52; und Urteil des Gerichts vom 27. Juli 2005, Brasserie nationale u. a./Kommission, T-49/02 bis T-51/02, Slg. 2005, II-3033, Randnrn. 168 bis 183). Wurde eine Zuwiderhandlung von mehreren Unternehmen begangen, ist die relative Schwere des Tatbeitrags jedes Einzelnen von ihnen zu prüfen (Urteile des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Hercules Chemicals/Kommission, C-51/92 P, Slg. 1999, I-4235, Randnr. 110, und Montecatini/Kommission, C-235/92 P, Slg. 1999, I-4539, Randnr. 207). 177 Als ihrer Natur nach besonders schweren Verstoß hat der Unionsrichter auch horizontale Preiskartelle oder Vereinbarungen eingestuft, die insbesondere auf die Aufteilung der Kunden oder auf die Abschottung des Gemeinsamen Marktes gerichtet sind (Urteile des Gerichts vom 15. September 1998, European Night Services u. a./Kommission, T-374/94, T-375/94, T-384/94 und T-388/94, Slg. 1998, II-3141, Randnr. 136, Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 137 angeführt, Randnr. 147, und vom 8. Juli 2008, BPB/Kommission, T-53/03, Slg. 2008, II-1333, Randnr. 279). Diese Vereinbarungen können allein schon aufgrund ihrer Natur als besonders schwerwiegend eingestuft werden, ohne dass diese Verhaltensweisen durch eine besondere geografische Ausdehnung oder besondere Auswirkungen gekennzeichnet zu sein brauchten (Urteil Brasserie nationale u. a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnr. 178). Umgekehrt kann ein horizontales Kartell, das das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erfasst und eine Aufteilung des Marktes sowie eine Abschottung des Gemeinsamen Marktes bezweckt, nicht als minder schwerer Verstoß im Sinne der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen eingestuft werden (Urteil Brasserie nationale u. a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnr. 181). Somit brauchte die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht die tatsächlichen Auswirkungen des in Rede stehenden Verhaltens auf den Wettbewerb zu untersuchen, um die Schwere des Verstoßes beurteilen zu können, indem sie den Nachweis dafür erbrachte, dass die Vereinbarungen die kleinen Straßenbauunternehmen benachteiligten und das Niveau des Bruttopreises in den Niederlanden künstlich in die Höhe trieben. 178 Die Kommission hat in den Randnrn. 312 bis 317 der angefochtenen Entscheidung dargelegt, dass die Klägerin einen besonders schweren Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG begangen habe. Eine Zuwiderhandlung, die darin bestehe, die Ver- und Ankaufspreise unmittelbar oder mittelbar festzusetzen und gegenüber Handelspartnern unterschiedliche Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen anzuwenden, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt würden, gehöre zu den ihrer Natur nach besonders schweren Verstößen. Auch hätten sich die beiden an der Zuwiderhandlung beteiligten Gruppen über die Rechtswidrigkeit des Kartells im Klaren sein müssen, da die W5-Mitglieder den übrigen Straßenbauunternehmen absichtlich einen Schaden zugefügt hätten. Der geheime Charakter der getroffenen Kartellabsprachen erbringe insoweit einen zusätzlichen Beweis dafür, dass die Beteiligten sich ihrer Rechtswidrigkeit bewusst gewesen seien. 179 Die Klägerin bestreitet nicht die Angaben in Randnr. 312 der angefochtenen Entscheidung, dass das Kartell darin bestand, die Verkaufs- und Ankaufspreise unmittelbar oder mittelbar festzusetzen und gegenüber Handelspartnern unterschiedliche Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen anzuwenden, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt wurden. Die so von der Kommission beschriebenen Mechanismen stellen die schwersten Formen von Verstößen gegen den Wettbewerb dar. Die Klägerin versucht lediglich, eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Verhaltensweisen im Rahmen desselben Kartells vorzunehmen, indem sie geltend macht, die Kommission hätte das Verhalten der Lieferanten und das der großen Straßenbauunternehmen getrennt beurteilen müssen, denn die Ersteren seien für ein Preiskartell verantwortlich, während die Letzteren nur einen kollektiven Rabatt auf die Einkaufspreise ausgehandelt hätten. Wie das Gericht bereits ausgeführt hat (vgl. die vorstehenden Randnrn. 49 bis 58), müssen die zwischen den W5 und den Lieferanten getroffenen Vereinbarungen jedoch insgesamt betrachtet werden, denn sie betreffen zugleich den Bruttopreis, den den W5-Mitgliedern gewährten Mindestrabatt und den den kleinen Straßenbauunternehmen eingeräumten maximalen Rabatt. Deshalb sind die von der Klägerin im vorliegenden Fall vorgetragenen Umstände nicht geeignet, die Richtigkeit der von der Kommission vorgenommenen Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung in Frage zu stellen. Somit kann die Schlussfolgerung der Kommission, dass die in Rede stehenden Vereinbarungen und Abstimmungen ihrem Wesen nach einen besonders schweren Verstoß darstellten, nicht ernsthaft bestritten werden. 180 Nach Auffassung der Klägerin war die Kommission verpflichtet, ihre in Randnr. 313 der angefochtenen Entscheidung aufgestellte Behauptung, die großen Straßenbauunternehmen hätten wissen müssen, dass ihr Verhalten den Wettbewerb beschränke, zu begründen. Außerdem hätten diese Vereinbarungen für die großen Straßenbauunternehmen keinen vertraulichen Charakter gehabt. Der Unionsrichter hat bereits entschieden, dass die Kommission bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung den Umstand berücksichtigen kann, dass die Unternehmen weitreichende Vorsichtsmaßnahmen getroffen haben, um die Entdeckung eines Kartells zu verhindern (Urteil Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnr. 154). Hier hat die Kommission darauf hingewiesen, dass auch die W5 geheime Vorkehrungen getroffen hätten, indem sie keine schriftlichen Einladungen zu den Kartelltreffen verschickt und kein Sitzungsprotokoll über diese Treffen errichtet hätten. Jedenfalls wurden, wie in Randnr. 313 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt wird, die dort genannten Faktoren gegenüber den in Randnr. 312 der angefochtenen Entscheidung erwähnten Umständen nur hilfsweise herangezogen. Deshalb hätte, selbst wenn der Einwand der Klägerin gegen die Berücksichtigung des geheimen Charakters des Kartells und des Bewusstseins seiner Rechtswidrigkeit als begründet angesehen werden könnte, dies nicht zur Folge, dass die Beurteilung der Art der Zuwiderhandlung durch die Kommission in Frage gestellt wird, wie sie sich aus den in Randnr. 312 der angefochtenen Entscheidung angeführten schlüssigen und ausreichenden Gründen ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteil Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnr. 157). 181 Nach alledem lässt die Einstufung der Zuwiderhandlung der Klägerin als besonders schwerer Verstoß keinen Beurteilungsfehler der Kommission erkennen. Deshalb ist der Antrag der Klägerin, das Kartell als minder schweren Verstoß zu qualifizieren, zurückzuweisen (Urteil Brasserie nationale u. a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnr. 181). 2. Zur falschen Beurteilung der Auswirkungen des Kartells auf den Markt a) Vorbringen der Parteien 182 In zweiter Linie wirft die Klägerin der Kommission vor, bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße nicht die Auswirkungen des Kartells auf den Markt untersucht zu haben. 183 Die Kommission macht geltend, dass sie nicht verpflichtet gewesen sei, die konkreten Auswirkungen des Kartells auf den relevanten Markt zu berücksichtigen. b) Würdigung durch das Gericht 184 Die Kommission hat in Randnr. 314 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die Bestimmung der Schwere der Zuwiderhandlung und die Berechnung der Geldbußen nicht von den Auswirkungen des Kartells auf den Markt abhingen. Die tatsächlichen Auswirkungen des Kartells könnten nicht ermittelt werden, weil nur unzureichende Informationen darüber vorlägen, wie sich die Bitumenpreise entwickelt hätten, wenn die Vereinbarungen nicht getroffen worden wären. Die Kommission brauche nur die Wahrscheinlichkeit dieser Auswirkungen abzuschätzen. Dazu hat sie ausgeführt, dass die getroffenen Vereinbarungen tatsächlich umgesetzt worden seien, einschließlich eines Vorzugsrabatts nur für die W5-Mitglieder und des Sanktionsmechanismus im Fall der Nichteinhaltung der Vereinbarungen, wodurch künstliche Marktbedingungen geschaffen worden seien. Außerdem sei das Niveau des Bruttopreises in den Niederlanden höher gewesen als in den Nachbarländern, und der den W5-Unternehmen gewährte Sonderrabatt habe möglicherweise für die Erteilung öffentlicher Aufträge eine entscheidende Rolle gespielt. 185 Nach Nr. 1 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen wird der Grundbetrag „nach Maßgabe der Schwere und Dauer des Verstoßes errechnet, wobei bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes seine Art und die konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen sind“. 186 Der Unionsrichter hat bestätigt, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt nachzuweisen, denn die Frage, ob und inwieweit die Einschränkung des Wettbewerbs zu einem Marktpreis geführt hat, der höher war als der, der ohne das Kartell gegolten hätte, ist kein entscheidendes Kriterium für die Festsetzung des Niveaus der Geldbußen (Urteile des Gerichtshofs Musique Diffusion française u a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnrn. 120 und 129, und vom 16. November 2000, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, C-286/98 P, Slg. 2000, I-9925, Randnrn. 68 bis 77; siehe auch Urteil des Gerichts vom 19. Mai 2010, KME Germany u. a./Kommission, T-25/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung). 187 So hat der Gerichtshof ausgeführt, dass nach den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen das Wesen der Zuwiderhandlung genügen kann, um sie unabhängig von ihren konkreten Auswirkungen auf den Markt und ihrem räumlichen Umfang als „besonders schwer“ einzustufen (vgl. die vorstehende Randnr. 177 und Urteil des Gerichtshofs vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C-125/07 P, C-133/07 P, C-135/07 P und C-137/07 P, Slg. 2009, I-8681, Randnr. 103). Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass zwar in der Beschreibung der „schweren“ Verstöße ausdrücklich erwähnt wird, dass sie Auswirkungen auf den Markt haben und in einem größeren Teil des Gemeinsamen Marktes zum Tragen kommen müssen, die Beschreibung der „besonders schweren“ Verstöße aber kein Erfordernis konkreter Auswirkungen auf den Markt oder auf ein besonderes geografisches Gebiet enthält (Urteil Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 137 angeführt, Randnr. 150). Der Gerichtshof hat ferner darauf hingewiesen, dass nach Nr. 1 Teil A Abs. 1 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen diese Auswirkungen nur zu berücksichtigen sind, sofern sie messbar sind (Urteile des Gerichtshofs vom 9. Juli 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, oben in Randnr. 136 angeführt, Randnr. 125, und vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, C-534/07 P, Slg. 2009, I-7415, Randnr. 74). 188 Unter Berücksichtigung der Art der in Rede stehenden Zuwiderhandlung und des Umstands, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen hat, dass die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung nicht messbar sind (Randnrn. 314 bis 316), war sie nicht verpflichtet, für die Qualifizierung der Zuwiderhandlung als besonders schwerer Verstoß eine Beurteilung dieser konkreten Auswirkungen auf den Markt vorzunehmen. 189 Im Übrigen darf sich die Kommission nach der Rechtsprechung, wenn sie es für angebracht hält, für die Bemessung der Geldbuße die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt, sofern sie messbar sind, als fakultatives Element zu berücksichtigen, nicht auf eine bloße Vermutung beschränken, sondern muss konkrete, glaubhafte und ausreichende Indizien vorlegen, die ihr erlauben, die tatsächlichen Auswirkungen, die die Zuwiderhandlung auf den Wettbewerb auf dem genannten Markt haben konnte, zu beurteilen. Die zusätzliche Berücksichtigung dieses Punktes erlaubt es der Kommission, den Ausgangsbetrag der Geldbuße über den in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen festgelegten möglichen Mindestbetrag von 20 Mio. Euro hinaus zu erhöhen, ohne andere Grenze als die für den Gesamtbetrag der Geldbuße in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 festgelegte Obergrenze von 10 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes des betroffenen Unternehmens (Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 187 angeführt, Randnrn. 81 und 82). 190 Da die Kommission in der angefochtenen Entscheidung klargestellt hat, dass die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung nicht messbar seien und deshalb für die Bestimmung der Schwere des Verstoßes und die Berechnung der Geldbuße keine Rolle spielten, kann ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie in der Randnummer, in der von den konkreten Auswirkungen des Kartells auf den Markt die Rede war, auf die Umsetzung der fraglichen Vereinbarungen hingewiesen hat. Ebenso braucht die Frage, ob die übrigen von ihr beigebrachten Indizien zum Nachweis der tatsächlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Wettbewerb auf dem betroffenen Markt ausreichen, nicht geprüft zu werden. 3. Zur Unverhältnismäßigkeit des Ausgangsbetrags a) Vorbringen der Parteien 191 In dritter Linie macht die Klägerin geltend, der Ausgangsbetrag ihrer Geldbuße von 9,5 Mio. Euro stehe zu dem Volumen ihrer Einkäufe, für die sie im Jahr 2001 7,7 Mio. Euro aufgewendet habe, außer Verhältnis. Die Kommission habe namentlich unberücksichtigt gelassen, dass das Kartell für die großen Straßenbauunternehmen den Einkaufspreis und nicht den Verkaufspreis betroffen habe und dass der Einkaufspreis nur einen sehr kleinen Teil ihrer Produktionskosten ausgemacht habe, für die sie nur einen Nettogewinn vor Steuern von weniger als 5 % erzielt habe. Zudem hätte die Kommission berücksichtigen müssen, dass sie diese Senkung ihrer Einkaufskosten durch ihre Angebote an ihre Kunden weitergegeben habe. 192 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. b) Würdigung durch das Gericht 193 Nach Nr. 1 Buchst. A Abs. 6 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen sollten bei Verstößen, an denen mehrere Unternehmen beteiligt sind, in bestimmten Fällen die innerhalb der einzelnen Gruppen von Verstößen festgesetzten Beträge gewichtet werden, „um das jeweilige Gewicht und damit die tatsächliche Auswirkung des Verstoßes jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb zu berücksichtigen, vor allem, wenn an einem Verstoß derselben Art Unternehmen von sehr unterschiedlicher Größe beteiligt waren“. Nach Nr. 1 Buchst. A Abs. 7 kann „[d]er Grundsatz der Strafgleichheit für die gleiche Verhaltensweise … gegebenenfalls dazu führen, dass abgestufte Beträge gegenüber den beteiligten Unternehmen festgesetzt werden, wobei dieser Abstufung keine arithmetische Formel zugrunde liegt“. 194 Die Kommission hat in den Randnrn. 318 bis 322 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass sie, um der spezifischen Bedeutung des rechtswidrigen Verhaltens jedes Kartellunternehmens und seinen tatsächlichen Auswirkungen auf den Wettbewerb Rechnung zu tragen, eine Unterscheidung zwischen den betreffenden Unternehmen nach Maßgabe ihrer jeweiligen Bedeutung auf dem maßgeblichen Markt getroffen habe. Unter Berücksichtigung der besonderen Art des Kartells, die die Verkäufer und die Käufer desselben Produkts in demselben Tätigkeitsbereich betroffen habe, habe sie die relative Bedeutung dieser Unternehmen anhand ihrer Marktanteile gemessen, die sie für die Lieferanten ausgehend von dem Wert der Verkäufe und für die Straßenbauunternehmen ausgehend von dem Wert der Käufe von Straßenbaubitumen im Jahr 2001 als dem letzten vollständigen Jahr der Zuwiderhandlung berechnet habe. So hat sie die Unternehmen in sechs Kategorien eingeteilt und die Klägerin in die dritte Kategorie eingereiht, der die Unternehmen mit einem Marktanteil zwischen 12,4 % und 13,5 % zugeordnet wurden, so dass sie für die Klägerin auf einen Ausgangsbetrag von 9,5 Mio. Euro kam. Im Übrigen hat sie in Randnr. 317 der angefochtenen Entscheidung dargelegt, dass sie, auch wenn für besonders schwere Verstöße Geldbußen von über 20 Mio. Euro festgesetzt werden könnten, den Betrag nur auf 15 Mio. Euro festgesetzt habe; dabei habe sie berücksichtigt, dass sich die Zuwiderhandlung auf in einem einzigen Mitgliedstaat verkauftes Straßenbaubitumen beschränkt habe, dass es um einen verhältnismäßig geringen Marktwert (62 Mio. Euro im Jahr 2001) gegangen sei und dass es viele Beteiligte gegeben habe. 195 Wie der Unionsrichter festgestellt hat, verfügt die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen im Rahmen der Verordnung Nr. 1/2003 über ein Ermessen, um die Unternehmen zur Einhaltung der Wettbewerbsregeln anhalten zu können, und das Gericht hat nachzuprüfen, ob der Betrag der festgesetzten Geldbuße in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung steht, und die Schwere der Zuwiderhandlung und die vom Kläger geltend gemachten Umstände gegeneinander abzuwägen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 21. Oktober 2003, General Motors Nederland und Opel Nederland/Kommission, T-368/00, Slg. 2003, II-4491, Randnr. 189). 196 Der Unionsrichter hat außerdem entschieden, dass die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, auch wenn sie nicht vorsehen, dass die Geldbußen anhand des Gesamtumsatzes oder des relevanten Umsatzes berechnet werden, nicht ausschließen, dass diese Umsätze bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt werden, damit die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts gewahrt bleiben und sofern die Umstände dies erfordern; so kann die Kommission die betroffenen Unternehmen in mehrere Kategorien einteilen, indem sie den Umsatz heranzieht, den jedes Unternehmen mit den in Rede stehenden Produkten erzielt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnrn. 176 und 177). Ebenso kann die Kommission die betroffenen Unternehmen nach ihrer Bedeutung auf dem Markt einteilen, die im Fall eines Kartells zwischen Verkäufern und Käufern anhand ihrer Marktanteile gemessen werden kann, die aufgrund des Umsatzes, den sie mit den fraglichen Verkäufen oder Einkäufen erzielen, berechnet werden. 197 Diese Methode, die Mitglieder eines Kartells im Hinblick auf eine differenzierte Behandlung im Stadium der Festsetzung der Ausgangsbeträge ihrer Geldbußen in Kategorien einzuteilen, die in der Rechtsprechung grundsätzlich als rechtmäßig anerkannt worden ist, obwohl dabei die Größenunterschiede zwischen Unternehmen derselben Kategorie unberücksichtigt bleiben, führt zu einer Pauschalierung des für die Unternehmen derselben Kategorie festgesetzten Ausgangsbetrags. So kann die Kommission die betroffenen Unternehmen in mehrere Kategorien einteilen, indem sie zum Beispiel Stufen von 5 % oder 10 % der Marktanteile anwendet. Der Unionsrichter hat jedoch darauf hingewiesen, dass eine solche Einteilung dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechen muss und dass die Höhe der Geldbußen zumindest in angemessenem Verhältnis zu den Faktoren stehen muss, die für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes eine Rolle gespielt haben; er prüft dann lediglich, ob diese Einteilung in sich stimmig und objektiv gerechtfertigt ist (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 8. Oktober 2008, SGL Carbon/Kommission, T-68/04, Slg. 2008, II-2511, Randnrn. 62 bis 70, und Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 159 angeführt, Randnrn. 123 und 124). 198 Nach ständiger Rechtsprechung ist die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen anhand der Schwere und Dauer der fraglichen Zuwiderhandlung nach Nr. 1 Teil A Abs. 6 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen nicht verpflichtet, die Geldbuße ausgehend von Beträgen zu berechnen, die auf dem Umsatz der betreffenden Unternehmen beruhen. Ebenso braucht sie im Fall eines Kartells zwischen Verkäufern und Käufern diese Berechnung nicht anhand des Umsatzes vorzunehmen, den die betreffenden Unternehmen mit ihren Verkäufen oder Einkäufen erzielen. Sie kann zwar den Umsatz des betreffenden Unternehmens oder im Fall eines Kartells zwischen Verkäufern und Käufern den Umsatz, den sie mit ihren Verkäufen oder Einkäufen des fraglichen Produkts erzielen, berücksichtigen, doch darf ihnen im Verhältnis zu anderen Beurteilungskriterien keine übermäßige Bedeutung beigemessen werden. Der Kommission verbleibt daher hinsichtlich der Frage, ob eine Gewichtung der Geldbußen nach der Größe des einzelnen Unternehmens angezeigt ist, ein gewisses Ermessen. So braucht sie, wenn gegen mehrere an derselben Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen Geldbußen festgesetzt werden, nicht dafür zu sorgen, dass in den Endbeträgen der Geldbußen der betreffenden Unternehmen eine Differenzierung nach ihrem Gesamtumsatz (Urteil des Gerichtshofs vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C-407/04 P, Slg. 2007, I-829, Randnrn. 141 bis 144), nach ihrem Umsatz auf dem fraglichen Produktmarkt (Urteil des Gerichts vom 29. November 2005, Union Pigments/Kommission, T-62/02, Slg. 2005, II-5057, Randnr. 159) oder im Fall eines Kartells zwischen Verkäufern und Käufern nach dem Umsatz, den sie mit ihren Verkäufen oder Einkäufen auf dem fraglichen Markt erzielen, zum Ausdruck kommt. 199 Nach ständiger Rechtsprechung ist es für die Beurteilung der Frage, ob die Kommission gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung und der individuellen Zumessung von Strafen verstoßen hat, auch ohne Belang, dass die in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen dargelegte Berechnungsmethode nicht auf dem von den betreffenden Unternehmen mit ihren Verkäufen oder Einkäufen erzielten Wert basiert und es daher erlaubt, dass Ungleichheiten zwischen den Unternehmen auftreten, was den Zusammenhang zwischen ihren Umsätzen und der Höhe der ihnen auferlegten Geldbußen betrifft (Urteil des Gerichts vom 6. Mai 2009, Wieland-Werke/Kommission, T-116/04, Slg. 2009, II-1087, Randnrn. 86 und 87). 200 Das Gericht braucht somit nur zu prüfen, ob die von der Kommission vorgenommene Einteilung der Unternehmen schlüssig und objektiv gerechtfertigt war. Die Kommission hat in den Randnrn. 29 und 320 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, da die vorliegende Rechtssache ein Kartell zwischen Verkäufern und Einkäufern des gleichen Produkts in der gleichen Geschäftsregion betreffe, müsse eine einzige Rangliste entsprechend dem mit den Verkäufen oder Einkäufen des betroffenen Produkts erzielten Umsatz aufgestellt werden. Somit konnte die Kommission, obwohl das Kartell den Einkaufspreis für die großen Straßenbauunternehmen und den Verkaufspreis für die Lieferanten betraf, eine einzige Rangliste entsprechend dem mit den Verkäufen oder Einkäufen des betroffenen Produkts erzielten Umsatz aufstellen, ohne ihre Verpflichtung, eine schlüssige und objektiv gerechtfertigte Einteilung vorzunehmen, zu verletzen. Schließlich ergibt sich aus der genannten Rechtsprechung, dass die Kommission nicht verpflichtet war, zu berücksichtigen, dass die Klägerin – wenn dies bewiesen wäre – ihre dank des Kartells niedrigeren Einkaufskosten durch ihre Angebote an ihre Kunden weitergegeben hat, und dass der Einkaufspreis für Bitumen nur einen sehr kleinen Teil ihrer Produktionskosten ausmachte. 4. Zur falschen Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung a) Vorbringen der Parteien 201 In vierter Linie führt die Klägerin abschließend aus, sie habe frühestens ab 1996 und nicht ab 1994 an dem Verstoß teilgenommen. Das Aushandeln eines kollektiven Mindestrabatts könne nicht als wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung angesehen werden, und die Kommission habe weder dargetan, dass vor 1996 Verhandlungen in einer anderen Form geführt worden seien, noch dass die Klägerin Vereinbarungen mit den Lieferanten über die Festsetzung eines maximalen Rabatts für die kleinen Straßenbauunternehmen getroffen habe. Die Klägerin räumt lediglich ein, dass die großen Straßenbauunternehmen ein einziges Mal im Jahr 2000 kollektiv mit den Lieferanten einen Zusatzrabatt ausgehandelt hätten, da sie festgestellt hätten, dass diese ihnen keinen effektiven Rabatt entsprechend dem Volumen ihrer Einkäufe gewährt hätten. 202 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. b) Würdigung durch das Gericht 203 Die Kommission führte in Randnr. 326 der angefochtenen Entscheidung aus, dass die Klägerin vom 1. April 1994 bis 15. April 2002 an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Kommission einen Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung gemacht habe, als sie nicht zwischen dem Verhalten der großen Straßenbauunternehmen und dem der Lieferanten unterschieden habe, denn nur diese hätten vor 1996 ein Kartell errichtet. 204 Aus mehreren Angaben in den Akten geht jedoch hervor, dass die großen Straßenbauunternehmen bereits vor 1996 an dem Kartell beteiligt waren, das schon damals den den W5 gewährten Sonderrabatt zum Gegenstand hatte (Randnrn. 175 bis 178 der angefochtenen Entscheidung). So werden in zwei am 28. März und 8. Juli 1994 bei HBG beschlagnahmten Dokumenten Vereinbarungen zwischen den W5 und den Lieferanten über den bis zum 1. Januar 1995 geltenden Bruttopreis und über den den W5 gewährten Sonderrabatt erwähnt (Randnrn. 93 und 94 der angefochtenen Entscheidung). Auch zwei interne Notizen von SNV vom 6. und 9. Februar 1995 enthalten einen Hinweis auf Vereinbarungen zwischen den W5 und den Lieferanten über Preise und Sonderrabatte (Randnr. 89 der angefochtenen Entscheidung). Schließlich bemerkte auch die Klägerin in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, dass schon während dieses Zeitraums eine gesonderte Zusammenkunft der W5 stattgefunden habe (Randnr. 177 der angefochtenen Entscheidung). 205 Die Klägerin bestreitet außerdem, dass es insbesondere vor 1996 für den den kleinen Straßenbauunternehmen eingeräumten Rabatt eine Höchstgrenze gegeben habe. Aus mehreren Dokumenten ergibt sich jedoch, wie oben in Randnr. 52 ausgeführt, dass diese seit 1994 Gegenstand der Kartelltreffen war. Dabei handelt es sich um Erklärungen der Lieferanten (Randnrn. 50, 53, 54 und 82 bis 86 der angefochtenen Entscheidung), Dokumente aus der Zeit der Zuwiderhandlung (Randnrn. 82 bis 85, 93, 95, 108, 115, 116 und 153 der angefochtenen Entscheidung) sowie Antworten der Klägerin auf ein Auskunftsverlangen der Kommission und auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte (Randnrn. 72, 97 und 119 der angefochtenen Entscheidung). 206 Auch dieses Vorbringen ist daher zurückzuweisen. 207 Im Ergebnis ist der auf Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung und Rechtsfehler bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße gestützte Klagegrund zurückzuweisen. B – Zu den erschwerenden Umständen 208 Mit dem zweiten Klagegrund rügt die Klägerin, dass die Kommission durch die Annahme erschwerender Umstände Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung und Rechtsfehler gemacht und ihre Verteidigungsrechte verletzt habe. Sie wirft der Kommission vor, die Geldbuße zu Unrecht erhöht zu haben, wobei sie sich zum einen auf ihre mangelnde Zusammenarbeit bei einer Nachprüfung und zum anderen auf ihre Rolle als Anstifterin und Anführerin des Kartells gestützt habe. 1. Zu dem erschwerenden Umstand der Verweigerung der Zusammenarbeit bei einer Nachprüfung a) Vorbringen der Parteien 209 Die Klägerin trägt vor, die Entscheidung der Kommission, den Grundbetrag ihrer Geldbuße um 10 % zu erhöhen, da sie es abgelehnt habe, bei der Nachprüfung vom 1. Oktober 2002 mit der Kommission zusammenzuarbeiten, und während dieser Nachprüfung Behinderungsversuche unternommen habe, sei aus vier Gründen rechtsfehlerhaft. 210 Erstens habe die Kommission ihre Verteidigungsrechte dadurch verletzt, dass sie sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht davon unterrichtet habe, dass die in Rede stehenden Vorfälle bei der Berechnung der Geldbuße berücksichtigt würden. Zwar habe die Kommission die beiden Vorfälle in dem das Verfahren betreffenden Teil der Mitteilung der Beschwerdepunkte erwähnt, daraus habe sie jedoch nicht schließen können, dass die Kommission beabsichtigte, diese Tatsachen bei der Berechnung der Geldbuße zu berücksichtigen, denn sie seien in dem die erschwerenden Umstände betreffenden Teil der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht erwähnt worden. Auch durch Mitteilungen von Beschwerdepunkten in anderen Verfahren habe sie von der diesbezüglichen Praxis der Kommission keine Kenntnis nehmen können, da es sich dabei nicht um öffentlich zugängliche Dokumente handele. 211 Zweitens sei der Vorwurf der Verweigerung der Zusammenarbeit sachlich falsch, denn es sei kein Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] des Vertrages (ABl. 1962, 13, S. 204, aufgehoben und ersetzt durch die Verordnung Nr. 1/2003) oder gegen die nach Art. 14 Abs. 3 dieser Verordnung erlassene Nachprüfungsentscheidung festgestellt worden. So ergebe sich aus dem ersten die Weigerung betreffenden Protokoll, dass die Sekretärin des Direktors der Klägerin die Beamten der Kommission aufgefordert habe, vor dem Betreten der Geschäftsräume die Ankunft der auswärtigen Rechtsanwälte der Firma abzuwarten. Die Beamten hätten es jedoch abgelehnt zu warten und hätten sofort die Polizei gerufen und seien gewaltsam in die Büros eingedrungen, ohne auch nur zu fragen, ob es einen in der Firma tätigen Juristen gebe, der sie empfangen und begleiten könne. Dieser Vorfall habe entgegen dem Vorbringen der Kommission höchstens 20 Minuten gedauert. Die Kommission habe außerdem die Verteidigungsrechte der Klägerin verletzt, da sie ihr keine ausreichende Zeit gelassen habe, um Rechtsbeistand einzuholen, da sie keinen am Ort der Nachprüfung tätigen Firmenjuristen gehabt habe. Gegenstand des zweiten Protokolls sei die Weigerung der auswärtigen Rechtsanwälte der Klägerin gewesen, den Beamten das Betreten des Büros eines ihrer Direktoren, der abwesend gewesen sei, zu gestatten, denn sie hätten gemeint, dass sich dort kein Bitumen betreffendes Dokument befunden habe und dass sich der Durchsuchungsbefehl der Kommission nicht auf dieses Büro erstreckt habe. Die Kommission trägt vor, um das Büro betreten zu können, habe sie die Unterstützung der niederländischen Wettbewerbsbehörde anfordern müssen, die sich mit der Polizei in Verbindung gesetzt habe. Die Klägerin entgegnet, dieses Protokoll gebe nicht die Tatsachen wieder. Zwar hätten die Rechtsanwälte den Beamten der Kommission zunächst den Zutritt zu dem genannten Büro verweigert, hätten ihn dann jedoch sehr schnell gestattet, so dass nur von einem unbedeutenden Vorfall, nicht aber von einem Versuch der Behinderung der Nachprüfung die Rede sein könne. So werde in dem Protokoll nicht angegeben, dass in diesem kurzen Zeitraum jemand dieses Büro betreten habe oder Beweismittel hätte beiseiteschaffen können. Abschließend weist die Klägerin darauf hin, dass die beiden Protokolle, die am 3. Oktober 2002, also nach Abschluss der in Rede stehenden Nachprüfungen, errichtet worden seien, ihr erst im Rahmen der Akteneinsicht übermittelt worden seien, so dass sie nicht in der Lage gewesen sei, rechtzeitig dazu Stellung zu nehmen. Dies verstoße gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung der Justiz. 212 Drittens verstoße die Erhöhung der Geldbuße wegen Verweigerung der Zusammenarbeit gegen Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17, der zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt gegolten und eine Geldbuße von höchstens 5000 Euro für den Fall vorgesehen habe, dass ein Unternehmen die in einer Entscheidung angeordnete Nachprüfung nicht duldete. Die Kommission sei nicht berechtigt gewesen, unter Berufung auf die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von diesen Bestimmungen abzuweichen, und habe ihr Ermessen überschritten, als sie versucht habe, der Klägerin diese Erhöhung in Anwendung der Verordnung Nr. 1/2003 aufzuerlegen. 213 Viertens schließlich stehe die Erhöhung der Geldbuße um 1,71 Mio. Euro wegen Verweigerung der Zusammenarbeit in keinem angemessenen Verhältnis zu den in den Protokollen der Kommission beschriebenen Tatsachen. 214 Die Kommission weist das gesamte Vorbringen der Klägerin zurück. b) Würdigung durch das Gericht 215 Aus der angefochtenen Entscheidung, namentlich aus ihren Randnrn. 32, 340 und 341 ergibt sich, dass die Kommission am 1. Oktober 2002 Nachprüfungen u. a. in den Geschäftsräumen der Klägerin vornahm. Dabei verweigerte die Klägerin den Beamten der Kommission zunächst bis zur Ankunft ihrer auswärtigen Rechtsanwälte den Zutritt zu den Gebäuden und hinderte sie sodann am Betreten des Büros eines ihrer Direktoren. Die Kommission ersuchte daraufhin die Polizei um Unterstützung, um die Nachprüfungen durchführen zu können. Die Beamten der Kommission errichteten am 3. Oktober 2002 über diese Vorfälle zwei Protokolle, die der Klägerin am 19. Oktober im Rahmen der von der Kommission gewährten Akteneinsicht übermittelt wurden. Die Klägerin macht gegen die Entscheidung der Kommission, aus diesem Grund den Grundbetrag ihrer Geldbuße um 10 % zu erhöhen, vier Argumente geltend. Zur Verletzung der Verteidigungsrechte im Zusammenhang mit dem Inhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte 216 Die Klägerin trägt erstens vor, die Kommission habe ihre Verteidigungsrechte dadurch verletzt, dass sie sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht darüber unterrichtet habe, dass ihre Geldbuße wegen dieser zweifachen Verweigerung der Zusammenarbeit erhöht werden könne. Aus der Mitteilung der Beschwerdepunkte geht jedoch hervor, dass die Kommission in dem das Verfahren betreffenden Teil die zweifache Verweigerung der Zusammenarbeit erwähnt und als Verstoß gegen Art. 1 ihrer Entscheidung vom 26. September 2002 über die Anordnung der Nachprüfung bezeichnet hat (Nr. 85). Ferner hat sie in dem die Abhilfemaßnahmen betreffenden Teil der Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Grundsätze für die Festsetzung der Geldbußen erinnert und ohne weitere Erläuterungen darauf hingewiesen, dass sie u. a. etwaige mildernde oder erschwerende Umstände berücksichtigen werde (Nr. 361). 217 Nach ständiger Rechtsprechung kommt die Kommission ihrer Verpflichtung zur Wahrung des Anhörungsanspruchs der Unternehmen nach, wenn sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich darauf hinweist, dass sie prüfen werde, ob gegen die betroffenen Unternehmen Geldbußen zu verhängen seien, und ferner die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte anführt, die zu einer Geldbuße führen können, wie z. B. die Schwere und die Dauer der angenommenen Zuwiderhandlung sowie den Umstand, dass diese vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde. Dadurch gibt sie den Unternehmen die Angaben an die Hand, die für deren Verteidigung nicht nur gegen die Feststellung einer Zuwiderhandlung, sondern auch gegen die Verhängung von Geldbußen erforderlich sind (Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnr. 21; und Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, ABB Asea Brown Boveri/Kommission, T-31/99, Slg. 2002, II-1881, Randnr. 78). Der Anhörungsanspruch der betroffenen Unternehmen gegenüber der Kommission wird somit, was die Bemessung der Geldbuße angeht, dadurch gewahrt, dass ihnen die Möglichkeit gegeben wird, zu Dauer, Schwere und Erkennbarkeit der Wettbewerbswidrigkeit der Zuwiderhandlung Stellung zu nehmen. Außerdem verfügen die Unternehmen bezüglich der Bemessung der Geldbuße über eine zusätzliche Garantie, weil das Gericht mit Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung entscheidet und mithin gemäß Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 die Geldbuße aufheben oder herabsetzen kann (Urteil des Gerichts vom 6. Oktober 1994, Tetra Pak/Kommission, T-83/91, Slg. 1994, II-755, Randnr. 235; vgl. in diesem Sinne auch Urteil ABB Asea Brown Boveri/Kommission, Randnr. 79). Der Unionsrichter hat daraus gefolgert, dass sich die Kommission darauf beschränken kann, in der Mitteilung der Beschwerdepunkte ohne weitere Erläuterungen darauf hinzuweisen, dass sie berücksichtigen werde, welche Rolle die einzelnen Unternehmen bei den fraglichen Vereinbarungen gespielt hätten, und dass etwaige erschwerende oder mildernde Umstände ihren Niederschlag in der Höhe der Geldbuße finden würden, da in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen im Einzelnen angegeben wird, welche Umstände als erschwerend anzusehen sind (Urteil Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 137 angeführt, Randnrn. 50 bis 56). 218 In der vorliegenden Rechtssache hat die Kommission in Einklang mit dieser Rechtsprechung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte (Nrn. 357 bis 362) ausdrücklich ihre Absicht bekundet, den Adressaten Geldbußen aufzuerlegen, und ferner die tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte angegeben, die sie für die Bemessung der gegen die Klägerin zu verhängenden Geldbuße zu berücksichtigen beabsichtigte. Der Anhörungsanspruch der Klägerin wurde somit gewahrt. Was genauer den zu Ungunsten der Klägerin angenommenen erschwerenden Umstand der Verweigerung der Zusammenarbeit bei den Nachprüfungen angeht, so wird diese Verweigerung in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen als Beispiel für einen erschwerenden Umstand genannt; ferner hat die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte darauf hingewiesen, dass sie berücksichtigen werde, welche Rolle die einzelnen Unternehmen bei den in Rede stehenden Vereinbarungen gespielt hätten, und dass etwaige erschwerende oder mildernde Umstände ihren Niederschlag in der Höhe der Geldbuße finden würden (Nr. 361). Somit konnte der Klägerin nicht unbekannt sein, dass die Kommission diesen erschwerenden Umstand möglicherweise heranziehen würde, wenn sie zu dem Schluss gelangen sollte, dass die dafür aufgestellten Voraussetzungen erfüllt waren. Die Kommission hat demnach die Verteidigungsrechte der Klägerin nicht verletzt. Zur falschen rechtlichen Bewertung des Sachverhalts 219 Zweitens macht die Klägerin geltend, die Ansicht der Kommission, bei den beiden in Rede stehenden Vorfällen handele es sich um eine Weigerung, die in der entsprechenden Entscheidung angeordnete Nachprüfung zu dulden, die unter Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der zur Zeit dieser Nachprüfungen geltenden Verordnung Nr. 17 falle, beruhe auf einer falschen Bewertung des Sachverhalts. Sie habe nur ihre Verteidigungsrechte ausgeübt, als sie die Kommission aufgefordert habe, bis zum Eintreffen ihrer auswärtigen Rechtsanwälte mit den Nachprüfungen zu warten, und es den Beamten der Kommission jedenfalls sehr schnell ermöglicht, die beabsichtigten Nachprüfungen durchzuführen. – Zu dem ersten Vorfall 220 Ausweislich der Akten trafen Beamte der Kommission und Beamte der niederländischen Wettbewerbsbehörde am 1. Oktober 2002 um 9.30 Uhr mit einer Entscheidung der Kommission über die Durchführung von Nachprüfungen bei der Klägerin am Empfang ihrer Geschäftsräume in Utrecht ein. Die Sekretärin des Direktors verweigerte ihnen jedoch den Zutritt zu dem Gebäude und forderte sie auf, bis zur Ankunft der auswärtigen Rechtsanwälte der Klägerin in einem Warteraum im Erdgeschoss zu warten. Der Zutritt zu dem Gebäude wurde ihnen erst nach Eintreffen der Polizei gestattet, die die Beamten der niederländischen Wettbewerbsbehörde auf Bitten der Inspekteure der Kommission gerufen hatten. Nach Schätzung der Kommission betrug die durch diese Weigerung verursachte Verzögerung 47 Minuten. Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie berechtigt gewesen sei, die Kommission aufzufordern, die Ankunft ihrer Rechtsanwälte, deren Kanzlei sich 60 km entfernt in Den Haag (Niederlande) befunden habe, abzuwarten, da sie keinen im Haus tätigen Firmenjuristen gehabt habe. 221 Das Gericht stellt fest, dass die Klägerin lediglich vorträgt, sie sei berechtigt gewesen, die Kommission aufzufordern, mit der vorgesehenen Nachprüfung bis zur Ankunft ihrer auswärtigen Fachanwälte für Wettbewerbsrecht zu warten, ohne sich dabei auf eine bestimmte Vorschrift des Rechts der Europäischen Union oder des niederländischen Rechts zu berufen. 222 In der Tat hat der Unionsrichter bereits entschieden, dass die bloße Ausübung der Verteidigungsrechte nicht als Verweigerung jeder Zusammenarbeit im Sinne von Ziff. 2 zweiter Gedankenstrich der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen angesehen werden kann (Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, HFB u. a./Kommission, T-9/99, Slg. 2002, II-1487, Randnr. 478, in diesem Punkt bestätigt durch das Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnr. 353). 223 Zudem fußt nach ständiger Rechtsprechung der Rechtsgrundsatz eines fairen Verfahrens als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts auf den Grundrechten, die sich auch aus der am 4. November 1950 in Rom abgeschlossenen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) und insbesondere ihrem Art. 6 ergeben. So kann, wenn sich ein Kläger auf diesen Grundsatz beruft, davon ausgegangen werden, dass er sich stillschweigend auch auf Art. 6 EMRK beruft (Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed in der Rechtssache Salzgitter Mannesmann/Kommission, C-411/04 P, Urteil vom 25. Januar 2007, Slg. 2007, I-959, I-962, Nrn. 45 bis 49). 224 Zur Beantwortung dieser Rüge muss das Gericht somit prüfen, ob die Kommission hier die Verfahrensgarantien eingehalten hat, die sich aus den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts und der EMRK ergeben. Außerdem sind die Art. 47 Abs. 1 und 2 und Art. 48 Abs. 2 der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364, S. 1) zu beachten, die, auch wenn sie zur Zeit des Erlasses der angefochtenen Entscheidung nicht eine vergleichbare rechtliche Bindungswirkung hatten wie das primäre Gemeinschaftsrecht, doch als Quelle der Rechtsauslegung ein Licht auf die vom Unionsrecht garantierten Grundrechte warfen (Urteile des Gerichtshofs vom 27. Juni 2006, Parlament/Rat, C-540/03, Slg. 2006, I-5769, Randnr. 38, und vom 13. März 2007, Unibet, C-432/05, Slg. 2007, I-2271, Randnr. 37). 225 Nach Art. 6 Abs. 3 EMRK hat „[j]ede angeklagte Person [das Recht], sich selbst zu verteidigen [oder] sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen …“, und nach Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union kann „[j]ede Person … sich beraten, verteidigen und vertreten lassen“. 226 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Bestimmungen über die Anwesenheit eines Rechtsanwalts bei den Nachprüfungen weder in der zur Zeit der Nachprüfungen geltenden Verordnung Nr. 17 noch in der Verordnung Nr. 1/2003 noch in der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel 81 [EG] und 82 [EG] (ABl. L 123, S. 18) enthalten sind. 227 Außerdem ist der Anspruch auf rechtliches Gehör im Wesentlichen im Rahmen von Gerichts- oder Verwaltungsverfahren gegeben, die auf die Abstellung einer Zuwiderhandlung oder auf Feststellung einer Rechtswidrigkeit gerichtet sind. Das Nachprüfungsverfahren nach Art. 14 der Verordnung Nr. 17 betrifft dagegen nicht die Abstellung einer Zuwiderhandlung oder die Feststellung einer Rechtswidrigkeit; es soll der Kommission vielmehr nur ermöglichen, die Unterlagen zusammenzustellen, die erforderlich sind, um das Bestehen und die Tragweite einer bestimmten Sach- und Rechtslage zu überprüfen. Erst wenn die auf diese Weise zusammengetragenen Beurteilungskriterien nach Auffassung der Kommission den Erlass einer Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird, zulassen, ist das Unternehmen gemäß Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 vor Erlass einer solchen Entscheidung zu hören. Dieser Wesensunterschied zwischen Entscheidungen am Ende eines solchen Verfahrens und Nachprüfungsentscheidungen erklärt gerade den Wortlaut des Art. 19 Abs. 1, wo die Entscheidungen der Kommission aufgeführt sind, vor denen die Betroffenen zu hören sind, die Entscheidung nach Art. 14 Abs. 3 der Verordnung aber nicht erwähnt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 26. Juni 1980, National Panasonic/Kommission, 136/79, Slg. 1980, 2033, Randnr. 21). 228 Der Unionsrichter hat jedoch klargestellt, dass verhindert werden muss, dass die Verteidigungsrechte in Voruntersuchungsverfahren in nicht wiedergutzumachender Weise beeinträchtigt werden; insbesondere gilt dies bei Nachprüfungen, die für die Erbringung von Beweisen für rechtswidrige Verhaltensweisen von Unternehmen, die geeignet sind, deren Haftung auszulösen, von entscheidender Bedeutung sein können. Wenngleich sich somit bestimmte Verteidigungsrechte nur auf streitige Verfahren im Anschluss an eine Mitteilung von Beschwerdepunkten beziehen, sind andere, beispielsweise das Recht auf Hinzuziehung eines juristischen Beistands und der vom Gerichtshof im Urteil vom 18. Mai 1982, AM & S Europe/Kommission (155/79, Slg. 1982, 1575) anerkannte Anspruch auf Wahrung der Vertraulichkeit des Schriftverkehrs zwischen Anwalt und Mandant, schon im Stadium der Voruntersuchung zu beachten (Urteile des Gerichtshofs vom 21. September 1989, Hoechst/Kommission, 46/87 und 227/88, Slg. 1989, 2859, Randnrn. 15 und 16, vom 17. Oktober 1989, Dow Benelux/Kommission, 85/87, Slg. 1989, 3137, Randnr. 27, und Dow Chemical Ibérica u. a./Kommission, 97/87 bis 99/87, Slg. 1989, 3165, Randnrn. 12 und 13). 229 Jedenfalls hat auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strafverfahren anerkannt, dass Art. 6 EMRK zwar normalerweise vorschreibe, dass der Angeklagte vom Beginn der polizeilichen Verhöre an ein Recht auf anwaltlichen Beistand habe, dieses Recht jedoch aus triftigen Gründen Beschränkungen unterworfen werden könne; somit müsse in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung des gesamten Verfahrens geprüft werden, ob dem Angeklagten durch die Beschränkung ein faires Verfahren vorenthalten worden sei (vgl. EGMR, Urteil Murray/Vereinigtes Königreich vom 8. Februar 1996, Recueil des arrêts et décisions, 1996-I, § 63). 230 Im Rahmen der Bestimmungen des Art. 14 der Verordnung Nr. 17 muss jedoch sichergestellt werden, dass die Wahrung der Verteidigungsrechte nicht die praktische Wirksamkeit der Nachprüfungen beeinträchtigt, eines von der Kommission für die Wahrnehmung ihrer Aufgabe als Hüterin des Vertrags auf dem Gebiet des Wettbewerbs benötigten Instruments (Urteil des Gerichts vom 11. Dezember 2003, Ventouris/Kommission, T-59/99, Slg. 2003, II-5257, Randnr. 122). So hat der Gerichtshof anerkannt, dass Befugnisse zur Durchführung von Nachprüfungen ohne vorherige Mitteilung die grundlegenden Rechte der Unternehmen nicht beeinträchtigten, da die der Kommission in Art. 14 der Verordnung Nr. 17 übertragenen Befugnisse ihr die Erfüllung des ihr im Vertrag erteilten Auftrags ermöglichen sollen, über die Beachtung der Wettbewerbsregeln im Binnenmarkt zu wachen, Wettbewerbsverfälschungen zum Schaden des öffentlichen Interesses, der einzelnen Unternehmen und der Verbraucher zu vermeiden und die vom Vertrag gewollte Wettbewerbsordnung, die die Unternehmen zu achten haben, aufrechtzuerhalten (Urteil National Panasonic/Kommission, oben in Randnr. 227 angeführt, Randnr. 20). 231 Deshalb muss eine Abwägung zwischen den die Verteidigungsrechte betreffenden allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts und der praktischen Wirksamkeit der Nachprüfungsbefugnis der Kommission vorgenommen werden, wobei verhindert werden muss, dass entscheidungserhebliche Dokumente vernichtet oder beiseite geschafft werden. 232 Das Gericht ist daher der Auffassung, dass die Anwesenheit eines auswärtigen Rechtsanwalts oder eines in der Firma tätigen Rechtsanwalts bei einer Nachprüfung der Kommission möglich ist, die Rechtmäßigkeit der Nachprüfung aber nicht davon abhängt. So kann ein Unternehmen, das nicht über einen am Ort der Nachprüfung tätigen Juristen verfügt, telefonische Ratschläge eines Rechtsanwalts einholen und ihn bitten, so schnell wie möglich an diesen Ort zu kommen. Damit die Ausübung dieses Rechts auf anwaltlichen Beistand die ordnungsgemäße Durchführung der Nachprüfung nicht beeinträchtigt, muss es den damit beauftragten Personen ermöglicht werden, sofort alle Geschäftsräume zu betreten, dem Unternehmen die Nachprüfungsentscheidung zuzustellen und sich in den Büros ihrer Wahl aufzuhalten, ohne zu warten, bis das Unternehmen seinen Rechtsanwalt konsultiert hat. Den mit der Nachprüfung beauftragten Personen muss es ferner ermöglicht werden, die Telefongespräche und elektronischen Kontakte des Unternehmens zu kontrollieren, um insbesondere zu verhindern, dass dieses Kontakte mit anderen Unternehmen aufnimmt, bei denen ebenfalls eine Nachprüfung angeordnet wurde. Im Übrigen hängt die Zeit, die die Kommission einem Unternehmen für die Kontaktaufnahme mit seinem Anwalt lassen muss, bevor sie beginnt, die Bücher und sonstigen Unterlagen zu prüfen, Kopien davon anzufertigen, Räume oder Dokumente zu versiegeln oder mündliche Erklärungen von Vertretern oder Mitgliedern des Personals des Unternehmens einzuholen, von den besonderen Umständen jedes Einzelfalls ab und kann jedenfalls nur sehr kurz und auf das unbedingt Notwendige beschränkt sein. 233 Hier hat die Kommission die Verteidigungsrechte der Klägerin nicht dadurch verletzt, dass sie es ablehnte, der Aufforderung der Klägerin nachzukommen, vor Betreten ihrer Geschäftsräume, insbesondere des Büros ihres Generaldirektors, das Eintreffen ihrer auswärtigen Rechtsanwälte in einem Warteraum abzuwarten. Die Weigerung der Klägerin, den Beamten der Kommission vor der Ankunft ihrer Rechtsanwälte Zugang zu ihren Geschäftsräumen zu gewähren, die die Nachprüfungen um 47 Minuten verzögerte, ist deshalb als Weigerung, die in der Entscheidung angeordnete Nachprüfung zu dulden, im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 17 anzusehen. – Zu dem zweiten Vorfall 234 Die Klägerin macht geltend, der Vorfall vom Nachmittag des 1. Oktober 2002 stelle keine Weigerung, die in der Entscheidung angeordnete Nachprüfung zu dulden, dar, da er nur sehr kurze Zeit gedauert und somit keine Gefahr bestanden habe, dass Unterlagen vernichtet oder beiseite geschafft werden konnten. 235 Den von der Kommission vorgelegten Unterlagen zufolge verweigerten die auswärtigen Rechtsanwälte der Klägerin jedoch nach ihrem Eintreffen am Nachmittag des 1. Oktober 2002 den Beamten der Kommission den Zutritt zum Büro eines der Direktoren der Klägerin mit der Begründung, dass sich dort kein das Bitumen betreffendes Dokument befinde, bis die Beamten der niederländischen Wettbewerbsbehörde auf Aufforderung der Kommission die Polizei anriefen. In dem von der Kommission errichteten Protokoll wird die Dauer der durch diese Diskussionen bewirkten Verzögerung nicht genau angegeben. In der Nachprüfungsentscheidung der Kommission vom 26. September 2002 wurden die Beamten indessen ermächtigt, zu den normalen Öffnungszeiten der Büros alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel des Unternehmens zu betreten und alle Bücher und Geschäftsunterlagen zu prüfen. 236 Nach der Rechtsprechung sind die Unternehmen jedoch verpflichtet, während der Voruntersuchung aktiv an den Nachprüfungen mitzuarbeiten (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnrn. 65, 207 und 208). 237 Im Übrigen lassen sowohl der Zweck der Verordnung Nr. 17 als auch die Aufzählung der den Beamten der Kommission eingeräumten Befugnisse in Art. 14 dieser Verordnung erkennen, dass die Nachprüfungen sehr weit gehen können. Dabei kommt dem Recht, alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel der Unternehmen zu betreten, insofern besondere Bedeutung zu, als es der Kommission damit ermöglicht werden soll, das Beweismaterial für Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln an den Orten zu sammeln, an denen es sich normalerweise befindet, d. h. in den Geschäftsräumen der Unternehmen (Urteil vom 21. September 1989, Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 228 angeführt, Randnr. 26). 238 Der Unionsrichter hat ferner darauf hingewiesen, dass die Kommission ihre Nachprüfungsbefugnis in allen Geschäftsräumen des von ihrer Entscheidung betroffenen Unternehmens ausüben kann, wobei sie die Verteidigungsrechte wahren muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. September 1989, Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 228 angeführt, Randnrn. 14 und 15) und die mit dem Schutz des Eigentums zusammenhängenden Rechte zu beachten hat (vgl. EGMR, Urteil Colas Est u. a./Frankreich vom 16. April 2002, Recueil des arrêts et décisions, 2002, §§ 40 und 41; Urteil des Gerichtshofs vom 22. Oktober 2002, Roquette Frères, C-94/00, Slg. 2002, I-9011, Randnr. 29; und Beschluss des Gerichtshofs vom 17. November 2005, Minoan Lines/Kommission, C-121/04 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 37). Ferner ist es Sache der Kommission und nicht des betroffenen Unternehmens oder eines Dritten, darüber zu entscheiden, ob der Kommission ein Schriftstück vorzulegen ist (Urteil AM & S Europe/Kommission, oben in Randnr. 228 angeführt, Randnr. 17). 239 Somit kann schon deshalb, weil die Rechtsanwälte der Klägerin den Beamten der Kommission zunächst den Zutritt zu dem Büro eines ihrer Direktoren verweigerten, angenommen werden, dass sich die Klägerin geweigert hat, die in der Entscheidung angeordnete Nachprüfung vollständig zu dulden, ohne dass die Kommission nachzuweisen braucht, dass die durch diese Weigerung bedingte Verzögerung dazu führen konnte, dass Unterlagen vernichtet oder beiseite geschafft wurden. 240 Aus allen diesen Erwägungen folgt, dass die Ansicht der Kommission, dass es sich bei den beiden Vorfällen um eine Weigerung, die in einer Entscheidung angeordnete Nachprüfung zu dulden, handele, nicht auf einer falschen Bewertung des Sachverhalts beruht. Zum Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung 241 Schließlich wirft die Klägerin der Kommission vor, dadurch gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen zu haben, dass sie die Protokolle erst nach Abschluss der Nachprüfungen errichtet und ihr erst im Rahmen der Akteneinsicht, also nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte, übermittelt und sie so gehindert habe, rechtzeitig dazu Stellung zu nehmen. 242 Die Kommission war indessen nach keiner Rechtsvorschrift verpflichtet, ein Protokoll über die Weigerung des betroffenen Unternehmens, sich innerhalb einer bestimmten Frist einer Nachprüfung zu unterwerfen, zu errichten und dem betroffenen Unternehmen binnen einer bestimmten Frist zu übermitteln. Nach Auffassung des Unionsrichters kann man jedoch nicht unter Berufung auf den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung in eine Verpflichtung verwandeln, was der Gesetzgeber nicht als eine solche angesehen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 31. März 1992, Burban/Parlament, C-255/90 P, Slg. 1992, I-2253, Randnr. 20). 243 Das Gericht weist darauf hin, dass die Klägerin jedenfalls zu dem Zeitpunkt, als die Kommission ihr nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte Akteneinsicht gewährte, die Möglichkeit hatte, zum Inhalt dieser beiden Protokolle Stellung zu nehmen, dies jedoch nicht getan hat. Zum Verstoß gegen Art. 15 der Verordnung Nr. 17 244 Drittens macht die Klägerin geltend, da zur entscheidungserheblichen Zeit nur die Verordnung Nr. 17 gegolten habe, hätte die Kommission weder die Verordnung Nr. 1/2003 anwenden dürfen, die keine Geltung besessen habe, noch die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die keine Ausnahmen von den Bestimmungen der Verordnung Nr. 17 hätten vorsehen können. Dadurch habe die Kommission ihr Ermessen missbraucht. 245 Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 17 ermöglichte es der Kommission, gegen Unternehmen, die eine in einer Entscheidung angeordnete Nachprüfung nicht duldeten, eine Geldbuße von bis zu 5000 Euro zu verhängen. Art. 15 Abs. 2 der Verordnung ermächtigte sie, gegen Unternehmen, die gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstießen, Geldbußen von bis zu 10 % ihres Umsatzes zu verhängen, die unter Berücksichtigung der Schwere und der Dauer des Verstoßes zu berechnen waren. Somit ermöglichte es Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 17 der Kommission, gegen ein Unternehmen eine Geldbuße wegen Verweigerung der Zusammenarbeit bei Nachprüfungen zu verhängen, auch wenn kein Verstoß gegen Art. 81 EG nachgewiesen war. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin untersagte es also auch vor Erlass der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen keine Bestimmung der Verordnung Nr. 17 der Kommission, eine Verweigerung der Zusammenarbeit während der Untersuchung im Rahmen der Festsetzung der globalen Höhe der Geldbuße nach Art. 15 Abs. 2 dieser Verordnung zu sanktionieren, statt gegen das Unternehmen eine gesonderte Geldbuße nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung zu verhängen. 246 Nach der Rechtsprechung (vgl. u. a. Urteil des Gerichtshofs vom 13. November 1990, Fedesa, C-331/88, Slg. 1990, I-4023, Randnr. 24) besteht der Ermessensmissbrauch in der Vornahme einer Rechtshandlung durch ein Organ der Union ausschließlich oder zumindest überwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel, ein Verfahren zu umgehen, das der Vertrag speziell vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen. So hat der Unionsrichter darauf hingewiesen, dass eine Rechtshandlung nur dann ermessensmissbräuchlich ist, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie ausschließlich oder zumindest vorwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken erlassen worden ist (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 11. November 2004, Ramondin u. a./Kommission, C-186/02 P und C-188/02 P, Slg. 2004, I-10653, Randnr. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung). 247 Deshalb ist zu prüfen, ob die Kommission, wie die Klägerin meint, die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, in denen es ihr ausdrücklich ermöglicht wird, bei der Festsetzung der Geldbuße eine Verweigerung der Zusammenarbeit oder einen Behinderungsversuch während des Untersuchungsverlaufs als erschwerenden Umstand zu berücksichtigen, vorwiegend zu dem Zweck erlassen hat, die in Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 17 festgesetzte Höchstgrenze von 5000 Euro zu umgehen. 248 Der Unionsrichter hat bereits darauf hingewiesen, dass die Verordnung Nr. 17 der Kommission bei der Festsetzung der Geldbußen ein weites Ermessen einräumte. Somit kann die Einführung einer neuen Methode für die Berechnung der Geldbußen durch den Erlass der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die in einigen Fällen zu höheren Geldbußen führen konnte, ohne dass jedoch die in der Verordnung festgesetzte Höchstgrenze überschritten wurde, nicht als eine den Grundsätzen der Rechtmäßigkeit und der Rechtssicherheit widersprechende rückwirkende Verschärfung der rechtsverbindlich in Art. 15 der Verordnung Nr. 17 vorgesehenen Geldbußen angesehen werden (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnrn. 252, 254, 258, 260, 261 und 267, und Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, LR AF 1998/Kommission, T-23/99, Slg. 2002, II-1705, Randnr. 235). 249 Der Unionsrichter hat ferner entschieden, dass Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 keine abschließende Aufzählung der Kriterien, die die Kommission bei der Festsetzung der Geldbuße heranziehen konnte, enthielt und dass somit das Verhalten des Unternehmens im Verwaltungsverfahren und namentlich eine Verweigerung der Zusammenarbeit oder Behinderungsversuche während des Untersuchungsverlaufs zu den Gesichtspunkten gehören konnten, die bei dieser Festsetzung zu berücksichtigen sind (Urteile des Gerichtshofs vom 11. Januar 1990, Sandoz prodotti farmaceutici/Kommission, C-277/87, Slg. 1990, I-45, und vom 16. November 2000, Finnboard/Kommission, C-298/98 P, Slg. 2000, I-10157, Randnr. 56; Urteil HFB u. a./Kommission, oben in Randnr. 222 angeführt, Randnrn. 474 und 475, in diesem Punkt bestätigt durch Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnr. 351). 250 Nach alledem hat die Klägerin nicht dargetan, dass die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen dadurch, dass sie der Kommission ausdrücklich die Befugnis verleihen, bei der Festsetzung der Geldbuße eine Verweigerung der Zusammenarbeit oder einen Behinderungsversuch während des Untersuchungsverlaufs als erschwerenden Umstand zu berücksichtigen, vorwiegend zu dem Zweck erlassen wurden, das in Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 17 vorgesehene Sanktionsverfahren und namentlich den Höchstbetrag von 5000 Euro zu umgehen. 251 Im Ergebnis ist das Gericht der Auffassung, dass die Kommission in der vorliegenden Rechtssache die Möglichkeit hatte, eine Verweigerung der Zusammenarbeit dadurch zu sanktionieren, dass sie gegen das betreffende Unternehmen entweder eine Geldbuße im Höchstbetrag von 5000 Euro gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 17 festsetzte oder bei der Berechnung der gegen das Unternehmen gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 (nunmehr Art. 23 Abs. 2 der zur Zeit des Erlasses der angefochtenen Entscheidung geltenden Verordnung Nr. 1/2003) verhängten Geldbuße den erschwerenden Umstand einer Verweigerung der Zusammenarbeit während des Untersuchungsverlaufs berücksichtigte. Es liegt somit kein Ermessensmissbrauch vor. Zur Unverhältnismäßigkeit der Erhöhung der Geldbuße wegen der Verweigerung der Zusammenarbeit 252 Viertens macht die Klägerin schließlich geltend, dass die Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße um 10 %, d. h. um 1,71 Mio. Euro, die die Kommission aufgrund einer Verweigerung der Zusammenarbeit vorgenommen hat, jedenfalls in keinem angemessenen Verhältnis zu den in den Protokollen beschriebenen Tatsachen stehe. 253 Bekanntlich stellt die Geldbuße ein Instrument der Wettbewerbspolitik der Kommission dar; diese muss somit bei der Festsetzung ihrer Höhe über einen Ermessensspielraum verfügen, um die Unternehmen zur Einhaltung der Wettbewerbsregeln anhalten zu können (Urteile des Gerichts vom 6. April 1995, Martinelli/Kommission, T-150/89, Slg. 1995, II-1165, Randnr. 59, vom 11. Dezember 1996, Van Megen Sports/Kommission, T-49/95, Slg. 1996, II-1799, Randnr. 53, und vom 21. Oktober 1997, Deutsche Bahn/Kommission, T-229/94, Slg. 1997, II-1689, Randnr. 127). Das Gericht hat jedoch nachzuprüfen, ob der Betrag der festgesetzten Geldbuße in einem angemessenen Verhältnis steht zur Dauer der festgestellten Zuwiderhandlung und zu den anderen Faktoren, die für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes eine Rolle spielen, wie dem Einfluss, den das Unternehmen auf dem Markt ausüben konnte, dem Gewinn, den es aus seinem Verhalten ziehen konnte, dem Volumen und dem Wert der betroffenen Leistungen sowie der Gefahr, die die Zuwiderhandlung für die Ziele der Gemeinschaft bedeutet (Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnrn. 120 und 129). 254 Auch wenn die Kommission nicht an ihre frühere Praxis gebunden ist, ist es möglicherweise für das Gericht von Nutzen, bei der Beurteilung der Frage, ob die Erhöhung der gegen die Klägerin festgesetzten Geldbuße verhältnismäßig war, von den Erhöhungen Kenntnis zu nehmen, die die Kommission aus demselben Grund bei anderen Unternehmen vorgenommen hat. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass das Gericht es in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung für angezeigt hält, diese Erhöhung noch zu verstärken. Dieselbe Erhöhung um 10 % wurde bereits in drei anderen Rechtssachen vorgenommen, in denen die Kommission Unternehmen durch eine besondere Erhöhung der Geldbuße wegen Verweigerung der Zusammenarbeit sanktioniert hat. So wurde ein Unternehmen in der Rechtssache „Griechische Fährschiffe“ durch eine Erhöhung bestraft, weil es die übrigen Gesellschaften von seinen Antworten auf das Auskunftsverlangen der Kommission unterrichtet und ihnen geraten hatte, ihre Preise zu ändern (Urteil Minoan Lines/Kommission, oben in Randnr. 44 angeführt, Randnrn. 335 bis 339). In der Sache Nintendo wurde durch diese Erhöhung ein Unternehmen bestraft, das auf ein Auskunftsverlangen eine falsche Antwort gegeben hatte (Entscheidung der Kommission vom 30. Oktober 2002, COMP/35.706 – PO Nintendo Distribution [ABl. 2003, L 255, S. 33]). Schließlich wurde in der Sache „Industriesäcke“ (Entscheidung der Kommission vom 30. November 2005, COMP/F/38.354 – Industriesäcke) durch diese Erhöhung ein Unternehmen bestraft, in dem einer seiner Angestellten ein von den Beamten der Kommission während der Nachprüfung ausgewähltes Dokument vernichtet hatte, und dies, obwohl das Unternehmen der Kommission in der Folgezeit eine Kopie dieses Dokuments übermittelte. 255 In der vorliegenden Rechtssache hält es das Gericht angesichts der relativ kurzen Dauer der Behinderung der Nachprüfungsmaßnahmen der Kommission durch die Klägerin nicht für angezeigt, in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die von der Kommission vorgenommene Erhöhung noch zu verstärken. Im Übrigen erscheint diese Erhöhung der Geldbuße um 10 % nicht unverhältnismäßig, wenn man zum einen das Verhalten der Klägerin während der Nachprüfungen und ihre wiederholten Behinderungsversuche an ein und demselben Tag berücksichtigt und zum anderen der Bedeutung der Nachprüfungen als eines von der Kommission für die Wahrnehmung ihrer Aufgabe als Hüterin des Vertrags auf dem Gebiet des Wettbewerbs benötigten Instruments (Urteil Ventouris/Kommission, oben in Randnr. 230 angeführt, Randnr. 122) sowie der Notwendigkeit Rechnung trägt, die Unternehmen zur Einhaltung der Wettbewerbsregeln anzuhalten. 256 Das Vorbringen der Klägerin ist daher zurückzuweisen. 2. Zur Anstifter- und Anführerrolle a) Zur Anstifterrolle Vorbringen der Parteien 257 Nach Auffassung der Klägerin hat die Kommission dadurch, dass sie sie zusammen mit SNV als Anstifterinnen des Kartells angesehen hat, Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung gemacht, die die vollständige oder teilweise Nichtigerklärung der Erhöhung der gegen sie aus diesem Grund festgesetzten Geldbuße um 50 % rechtfertigten. Nach der Rechtsprechung sei der Begriff des Anstifters nur auf ein Unternehmen anwendbar, das andere Unternehmen gedrängt oder ermuntert hat, ein Kartell zu errichten oder ihm beizutreten (Urteil des Gerichts vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T-15/02, Slg. 2006, II-497, Randnrn. 316 und 321). In der vorliegenden Rechtssache habe sich die Kommission auf zwei unzureichende Gründe gestützt, um ihr die Rolle der Anstifterin des Kartells zuzuschreiben, während sich SNV doch nur ihrer bedient habe, um an die anderen Straßenbauunternehmen der W5 heranzutreten. 258 Erstens habe sich die Kommission auf eine aus dem Zusammenhang gerissene Stelle in der Erwiderung der Klägerin auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte berufen. Aus diesem Schriftstück gehe lediglich hervor, dass SNV der Klägerin 1993 einen Preisvorschlag gemacht habe, den diese den W5 bei ihrem folgenden Treffen bekannt gegeben habe. Dies reiche zum Nachweis dafür, dass die Klägerin den W5 vorgeschlagen habe, ihn anzunehmen, nicht aus. 259 Zweitens habe sich die Kommission auf einen Bericht von Wintershall vom 20. Februar 1992 berufen, in dem es heiße, dass die Klägerin Wintershall mitgeteilt habe, dass sie an SNV herangetreten sei und sie gebeten habe, Vorschläge für eine Zusammenarbeit zwischen den Lieferanten und den W5 zu machen, und dass SNV ihr daraufhin ein Angebot eines Sonderrabatts für die W5 im Jahr 1993 gemacht habe. Dieses Dokument werde jedoch durch eine interne Notiz von SNV aus dem Jahr 1995 widerlegt, entspreche nicht den Erinnerungen des genannten Mitarbeiters der Klägerin und sei in der Sache unwahrscheinlich, da es sich bei Wintershall um eine Gesellschaft gehandelt habe, die wenig Kontakt zu der Klägerin gehabt habe. 260 Jedenfalls könne sich die Kommission zum Beweis für ihre Rolle als Anstifterin des Kartells nicht auf ein einziges Dokument berufen, das aus dem Jahr 1992, also aus der Zeit vor dessen Errichtung stamme und von keinem anderen in den Akten befindlichen Dokument bestätigt werde. 261 Die Kommission weist darauf hin, dass die Rechtsprechung zwischen Anstifter- und Anführerrolle unterscheide und dass das Gericht, falls es die Beweise für eine der beiden Rollen für nicht ausreichend erachten sollte, dennoch die Erhöhung der Geldbuße um 50 % aufrechterhalten könne (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnrn. 342 bis 349). Zur Qualifizierung als Anstifter eines Kartells heiße es in der Rechtsprechung weiter, dass das fragliche Unternehmen andere Unternehmen gedrängt oder ermuntert haben müsse, ein Kartell zu errichten oder ihm beizutreten (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 321). Im vorliegenden Fall habe sie sich auf zwei Schriftstücke gestützt, aus denen hervorgehe, dass die Klägerin andere Unternehmen ermuntert habe, ein Kartell zu errichten, indem sie als größtes Straßenbauunternehmen die Initiative ergriffen habe, an SNV, die wichtigste Lieferantin, heranzutreten und sie um Vorschläge für eine zukünftige Zusammenarbeit der beiden Gruppen zu bitten, und indem sie sodann den übrigen W5-Unternehmen den Vorschlag von SNV, einen Sonderrabatt zu gewähren, unterbreitet habe. Die von einem Mitarbeiter der Klägerin im Jahr 2005 im Rahmen der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte abgegebene Erklärung dahin gehend, dass er niemals die Initiative für die Zusammenkunft ergriffen habe, stehe somit im Widerspruch zu dem Bericht der Firma Wintershall, in dem eine Unterredung mit demselben Mitarbeiter geschildert werde. Die Kommission weist darauf hin, dass das Dokument von Wintershall von 1992, in dem von einer zukünftigen Zusammenarbeit die Rede sei, im Gegenteil mit dem Umstand zeitlich zusammenfalle, dass das Kartell im Jahr 1993 begonnen habe, wie sich namentlich aus der Erwiderung der Klägerin auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte ergebe, in der von Diskussionen mit SNV über einen den W5 ab 1993 gewährten Sonderrabatt die Rede sei. Würdigung durch das Gericht 262 Ist eine Zuwiderhandlung von mehreren Unternehmen begangen worden, so ist für die Bemessung der Geldbußen die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen Unternehmens zu prüfen (Urteile des Gerichtshofs vom 16. Dezember 1975, Suiker Unie u. a./Kommission, 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, Slg. 1975, 1663, Randnr. 623, und Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 92), wobei insbesondere festzustellen ist, welche Rolle jedes Unternehmen bei der Zuwiderhandlung während der Dauer seiner Beteiligung an ihr gespielt hat (Urteil Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 30 angeführt, Randnr. 150, und Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 1991, Enichem Anic/Kommission, T-6/89, Slg. 1991, II-1623, Randnr. 264). 263 Daraus ergibt sich u. a., dass bei der Bemessung der Geldbuße die von einem oder mehreren Unternehmen im Rahmen eines Kartells eingenommene Rolle als Anstifter oder Anführer berücksichtigt werden muss, da Unternehmen, die eine solche Rolle spielen, im Vergleich zu den anderen Unternehmen eine besondere Verantwortung tragen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, Mayr-Melnhof/Kommission, T-347/94, Slg. 1998, II-1751, Randnr. 291, und vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T-236/01, T-239/01, T-244/01 bis T-246/01, T-251/01 und T-252/01, Slg. 2004, II-1181, Randnr. 301). 264 In Einklang mit diesen Grundsätzen wird in Nr. 2 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen unter der Überschrift „Erschwerende Umstände“ eine nicht abschließende Liste der Umstände aufgestellt, die eine Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße rechtfertigen; dazu gehört u. a. die „Rolle als Anführer oder Anstifter des Verstoßes“ (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnrn. 280 bis 282). 265 Ein Unternehmen ist als Anstifter eines Kartells einzustufen, wenn es andere Unternehmen gedrängt oder ermuntert hat, das Kartell zu errichten oder ihm beizutreten. Dagegen genügt es nicht, dass das Unternehmen zu den Gründungsmitgliedern des Kartells gehörte. Diese Einstufung muss dem Unternehmen vorbehalten bleiben, das die Initiative ergriffen hat, indem es z. B. dem anderen die Zweckmäßigkeit einer Absprache dargelegt oder versucht hat, es von einer solchen Absprache zu überzeugen (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 321). Der Unionsrichter verlangt von der Kommission aber nicht, dass sie über Beweismittel über Einzelheiten der Ausarbeitung oder Konzeption des Kartells verfügt. Er hat schließlich präzisiert, dass die Anstifterrolle den Zeitpunkt der Errichtung oder Ausweitung eines Kartells betrifft (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 316), so dass denkbar ist, dass in ein und demselben Kartell mehrere Unternehmen gleichzeitig eine Anstifterrolle spielen. 266 Die Kommission führte in Randnr. 342 der angefochtenen Entscheidung aus, dass die Klägerin wegen ihrer Rolle als Anstifterin des Kartells eine besondere Verantwortung trage. Sie erinnerte daran, dass die Rechtsprechung als Anstifter eines Kartells ein Unternehmen qualifiziere, das andere Unternehmen gedrängt oder ermuntert hat, ein Kartell zu errichten oder ihm beizutreten (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 321). Sie stützte sich insoweit auf drei Unterlagen, in denen von Initiativen berichtet wurde, die ihrer Meinung nach den Anfang des Kartells bildeten und mit denen andere Unternehmen überzeugt werden sollten, das Kartell zu errichten. Der angefochtenen Entscheidung zufolge erbringen diese Unterlagen den Beweis dafür, dass die Klägerin SNV um Vorschläge für eine Zusammenarbeit zwischen den Lieferanten und den W5 gebeten und sodann den anderen Straßenbauunternehmen den Vorschlag von SNV, ihnen Sonderrabatte zu gewähren, übermittelt habe. Dabei handele es sich um einen Auszug aus der Erwiderung der Klägerin auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, eine Notiz von HBG vom 8. Juli 1994 und einen internen Bericht von Wintershall vom 20. Februar 1992. 267 So stützte sich die Kommission erstens in Randnr. 342 der angefochtenen Entscheidung unter Verweisung auf Randnr. 175 auf eine Notiz von HBG, einem anderen großen Straßenbauunternehmen, vom 8. Juli 1994. Dort war die Rede von Vereinbarungen, die im März 1994 zwischen den W5, vertreten durch die Klägerin, und den Lieferanten, vertreten durch SNV, getroffen und ab 1. April 1994 umgesetzt worden seien, von einem Gerücht, dass die Lieferanten diese Vereinbarungen möglicherweise nicht einhielten, und von der Notwendigkeit, einen Mitarbeiter der Klägerin dazu zu hören. Aus diesem Schriftstück gehe auch hervor, dass die Klägerin im Namen der W5 Vereinbarungen mit SNV getroffen habe und dass ein anderes großes Straßenbauunternehmen sie als den Gesprächspartner ansah, der unter den W5 am ehesten fähig gewesen sei, eine Funktionsstörung des Kartells zu beheben. Dieses Schriftstück stützt zwar die Auffassung, dass die Klägerin eines der Gründungsmitglieder des Kartells war, es reicht aber nicht aus, um im Sinne der oben in Randnr. 265 genannten Rechtsprechung den Beweis dafür zu erbringen, dass die Klägerin andere Unternehmen ermutigt oder überzeugt hat, dem Kartell beizutreten. 268 Zweitens berief sich die Kommission auf einen Auszug aus der Erwiderung der Klägerin auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte (Randnrn. 97 und 177 der angefochtenen Entscheidung), in dem diese selbst ausgeführt habe, dass es 1993 Diskussionen mit SNV über einen den W5 gewährten Sonderrabatt gegeben habe, und dass sie die Information über diesen Rabatt an die anderen W5-Mitglieder weitergeleitet habe. Durch die Übermittlung dieser Information an die anderen W5-Mitglieder hat die Klägerin diese jedoch nicht notwendigerweise ermutigen oder überzeugen wollen, dem Kartell beizutreten. 269 Drittens schließlich verwies die Kommission auf einen internen Bericht von Wintershall vom 20. Februar 1992. In diesem Bericht, der angefertigt wurde, nachdem der Mitarbeiter der Klägerin, der in der Folgezeit regelmäßig an den Kartelltreffen teilnahm, Wintershall am 18. Februar 1992 einen Besuch abgestattet hatte, heißt es, dass die Klägerin SNV als Marktführer um Vorschläge für eine Zusammenarbeit zwischen den Lieferanten und den W5 gebeten habe, die auf ein Einkaufsmonopol hinausgelaufen wären. Diesem Schriftstück zufolge äußerte Wintershall bei diesem Besuch gegenüber der Klägerin, dass dieses Vorgehen kartellrechtlich bedenklich sei. 270 Die Klägerin hat versucht, den Beweiswert dieses Schriftstücks unter Hinweis darauf in Zweifel zu ziehen, dass es durch eine interne Notiz von SNV von 1995 widerlegt werde, wonach diese allein die Initiative ergriffen habe, sich mit den W5 in Verbindung zu setzen. Es entspreche auch nicht den Erinnerungen ihres dort genannten Mitarbeiters und sei in der Sache unwahrscheinlich, denn es sei wenig glaubhaft, dass sie ihrem Gesprächspartner eine so vertrauliche Mitteilung gemacht habe. Das Gericht hält dieses Schriftstück jedoch für beweiskräftig, denn es erscheint wenig plausibel, dass Wintershall in einem rein internen Protokoll von 1992, also aus einer Zeit, in der noch kein Verdacht bestand, absichtlich eine falsche Information wiedergegeben hat. Im Übrigen enthält die Notiz von SNV vom 6. Februar 1995 entgegen dem Vorbringen der Klägerin keine Bestätigung dafür, dass die Initiative für das Kartell allein von den Lieferanten ausging (siehe oben, Randnr. 37). 271 Der Umstand, dass die Kommission glaubte, dass das Kartell erst am 1. April 1994 begonnen habe, vermindert jedoch den Beweiswert dieses Dokuments für die Qualifizierung der Klägerin als Anstifterin, da es mehr als zwei Jahre vor diesem Zeitpunkt aufgesetzt wurde. Dieses Dokument allein rechtfertigt somit nicht den Schluss, dass die Klägerin eine Anstifterrolle bei der in Rede stehenden Zuwiderhandlung gespielt hat. 272 Aus alledem folgt, dass die in der angefochtenen Entscheidung vertretene Auffassung der Kommission, dass die Klägerin bei der in Rede stehenden Zuwiderhandlung eine Anstifterrolle gespielt habe, da sie SNV um Vorschläge für eine Zusammenarbeit zwischen den Lieferanten und den W5 gebeten und den Vorschlag von SNV, Sonderrabatte zu gewähren, an die anderen Straßenbauunternehmen weitergeleitet habe, unzureichend begründet ist. 273 Da die Kommission zum Beweis der Rolle der Klägerin als Anstifterin bei der in Rede stehenden Zuwiderhandlung vor dem Gericht zu den in Randnr. 342 der angefochtenen Entscheidung dargelegten Tatsachen kein weiteres Beweismittel vorgebracht hat, wird sich die Prüfung des Gerichts auf ihre Rolle als Anführerin bei dieser Zuwiderhandlung konzentrieren. b) Zur Anführerrolle Vorbringen der Parteien 274 Die Klägerin führt aus, die Kommission habe ihr die Rolle als Anführerin des Kartells zugeschrieben, obwohl nichts dafür spreche. Nach der Rechtsprechung des Unionsrichters müsse die Kommission jedoch, um ein Unternehmen als Anführer einstufen zu können, beweisen, dass dieses konkrete Handlungen, die der Durchführung der wettbewerbswidrigen Absprachen einen entscheidenden Impuls gegeben hätten, unternommen und sich so klar von den anderen Teilnehmern der Absprache unterschieden habe (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 374). 275 Hier habe die Kommission ihr Urteil, dass die Klägerin das Kartell angeführt habe, auf vier Behauptungen gestützt: Diese habe in den Jahren 1994 und 1995, den ersten Jahren des Kartells, bei den Verhandlungen mit den Lieferanten, die sie im Namen der großen Straßenbauunternehmen geführt habe, eine besondere Rolle gespielt; ab 1996 habe sie die Initiative für die Organisation der Kartelltreffen der Lieferanten mit den großen Straßenbauunternehmen ergriffen; sie habe die Veranstaltung dieser Kartelltreffen dadurch erleichtert, dass sie ihre Räume zur Verfügung gestellt habe, und habe schließlich den Vorsitz bei diesen Treffen geführt. Nach Auffassung der Klägerin ist keine dieser Behauptungen zutreffend. 276 Erstens habe die Kommission ihre Behauptung, dass die Klägerin von 1994 bis 1996 im Namen der großen Straßenbauunternehmen Vereinbarungen mit SNV getroffen habe, ausschließlich auf eine Notiz gestützt, die in den Räumen der Firma HBG beschlagnahmt worden sei. Diese enthalte jedoch nur Gerüchte, die sich zudem später als falsch herausgestellt hätten, da die Lieferanten ihre Preise im Dezember 1994 erhöht hätten. Einer ihrer Mitarbeiter sei im Übrigen in seinen Erklärungen diesen Gerüchten entgegengetreten, und der Verfasser der Notiz von HBG habe niemals an den Kartelltreffen teilgenommen. 277 Zweitens werde die Behauptung der Kommission, dass die Klägerin ab 1996 die Initiative für die Organisation der Kartelltreffen der Lieferanten mit den großen Straßenbauunternehmen ergriffen habe, nur auf Erklärungen gestützt, die SNV und Kuwait Petroleum im Rahmen ihres Versuchs, in den Genuss der Mitteilung über Zusammenarbeit zu kommen, abgegeben hätten; diese Erklärungen widersprächen einander und stünden außerdem im Widerspruch zu mehreren Aktenstücken wie den Anweisungen des Sekretariats der Geschäftsleitung der Klägerin. Mehrere Unterlagen enthielten die Bestätigung dafür, dass die Initiative für die Organisation dieser Treffen immer von SNV ausgegangen sei. 278 Drittens könne die Kommission ihre Auffassung, dass sie eine besondere Rolle gespielt habe, nicht daraus herleiten, dass sie ihre Geschäftsräume regelmäßig für die Veranstaltung der Kartelltreffen zur Verfügung gestellt habe. Denn dies erkläre sich zum einen aus der günstigen zentralen Lage ihrer Büros, und zum anderen hätten die Treffen manchmal an anderen Orten stattgefunden. Ferner sei die Kommission nicht berechtigt gewesen, sich auf ein Schreiben zu berufen, in dem sich die Firma Heijmans bei der Klägerin über mangelnde Absprachebereitschaft bei der Organisation des Treffens vom 16. Februar 2001 beklagt habe, denn dieses Schreiben sei nur Teil einer Korrespondenz zwischen einem Mitarbeiter von Heijmans und seinem Vorgänger, der nunmehr bei der Klägerin arbeite. 279 Viertens führt die Klägerin schließlich aus, dass die Behauptung, dass sie bei den Kartelltreffen den Vorsitz geführt habe, nur auf eine tendenziöse Erklärung eines Mitarbeiters von Kuwait Petroleum gestützt werde, die dieser im Rahmen der Mitteilung über Zusammenarbeit abgegeben habe und die sachlich falsch sei. Diese Erklärung habe für sich allein keinerlei Beweiskraft, umso mehr, als sie falsche Angaben enthalte. Ferner könne sich die Kommission nicht auf die Erklärung eines anderen Mitarbeiters von Kuwait Petroleum berufen, der nie persönlich an den Bitumengesprächen teilgenommen habe. 280 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Würdigung durch das Gericht 281 Nach ständiger Rechtsprechung ist, wenn eine Zuwiderhandlung von mehreren Unternehmen begangen wurde, im Rahmen der Bemessung der Geldbuße ihre jeweilige Rolle bei der Zuwiderhandlung während der Dauer ihrer Beteiligung daran zu ermitteln (Urteile Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 30 angeführt, Randnr. 150, und Enichem Anic/Kommission, oben in Randnr. 262 angeführt, Randnr. 264). Daraus folgt u. a., dass die von einem oder mehreren Unternehmen gespielte Rolle als Anführer eines Kartells bei der Bemessung der Geldbuße zu berücksichtigen ist, da die Unternehmen, die eine solche Rolle gespielt haben, im Verhältnis zu den anderen Unternehmen eine besondere Verantwortung tragen müssen (Urteil Finnboard/Kommission, oben in Randnr. 249 angeführt, Randnr. 45). 282 Im Einklang mit diesen Grundsätzen enthält Nr. 2 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen unter der Überschrift „Erschwerende Umstände“ eine nicht abschließende Aufzählung der Umstände, die zu einer Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße führen können; dazu gehört die „Rolle als Anführer oder Anstifter des Verstoßes“ (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnrn. 280 bis 282). 283 Um als Anführer eines Kartells eingestuft werden zu können, muss ein Unternehmen eine wichtige Antriebskraft für das Kartell gewesen sein oder eine besondere, konkrete Verantwortung für dessen Funktionieren getragen haben. Dieser Umstand ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung des Kontexts des betreffenden Falles zu bewerten (Urteile des Gerichts BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnrn. 299, 300, 373 und 374, und vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, T-410/03, Slg. 2008, II-881, Randnr. 423). Sein Vorliegen ist u. a. daraus zu folgern, dass das Unternehmen dem Kartell durch punktuelle Initiativen spontan einen grundlegenden Impuls gegeben hat (Urteile BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnrn. 348, 370 bis 375 und 427, und vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, Randnr. 426). Er lässt sich auch aus einer Gesamtheit von Indizien schließen, die das Bestreben des Unternehmens zeigen, die Stabilität und den Erfolg des Kartells zu sichern (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 351). 284 Dieser Fall liegt vor, wenn das Unternehmen an den Treffen des Kartells im Namen eines anderen Unternehmens teilgenommen hat, das dabei nicht anwesend war, und dieses von den Ergebnissen dieser Treffen unterrichtet hat (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 439). Das Gleiche gilt, wenn erwiesen ist, dass das betroffene Unternehmen im Rahmen der konkreten Betätigung des Kartells eine zentrale Rolle etwa dadurch spielte, dass es zahlreiche Treffen organisierte, die Informationen innerhalb des Kartells entgegennahm und verteilte und die meisten Vorschläge zur Arbeitsweise des Kartells machte (vgl. in diesem Sinne Urteil IAZ International Belgium u. a./Kommission, oben in Randnr. 176 angeführt, Randnrn. 57 und 58, und Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnrn. 404, 439 und 461). 285 Ferner stellt die Tatsache, dass ein Unternehmen aktiv die Einhaltung der im Rahmen des Kartells getroffenen Absprachen überwacht hat, ein maßgebliches Indiz für seine Anführerrolle dar (Urteil HFB u. a./Kommission, oben in Randnr. 222 angeführt, Randnr. 577). 286 Hingegen ist es nicht zwingend Voraussetzung für die Einstufung eines Unternehmens als Anführer eines Kartells, dass das Unternehmen Druck ausgeübt oder sogar das Verhalten der anderen Kartellmitglieder bestimmt hat (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 374). Auch die Marktstellung eines Unternehmens oder seine Ressourcen können keine Indizien für die Rolle als Anführer des Verstoßes darstellen, obwohl sie zum Kontext gehören, unter dessen Berücksichtigung solche Indizien zu bewerten sind (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 9. Juli 2003, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, T-224/00, Slg. 2003, II-2597, Randnr. 241, und BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 299). 287 Schließlich hat das Gericht bereits entschieden, dass die Kommission davon ausgehen durfte, dass mehrere Unternehmen eine Anführerrolle in einem Kartell gespielt haben (Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, oben in Randnr. 286 angeführt, Randnr. 239). 288 Das Gericht hat somit nach Maßgabe der dargestellten Grundsätze zu beurteilen, ob die von der Kommission vorgebrachten Beweismittel für den Beweis genügen, dass die Klägerin im Kartell eine Anführerrolle gespielt hat. 289 Der angefochtenen Entscheidung zufolge ging die Kommission davon aus, dass SNV seitens der Lieferanten und die Klägerin seitens der W5 wegen ihrer jeweiligen Rolle als Anführerinnen des Kartells während dessen gesamter Dauer eine besondere Verantwortung getragen hätten (Randnrn. 343 bis 349). Sie stützte ihr Urteil, dass die Klägerin bei der Zuwiderhandlung eine Anführerrolle gespielt habe, im Wesentlichen auf vier Behauptungen: Die Klägerin habe in den Jahren 1994 und 1995 Kontakte zu SNV aufgenommen, die die Errichtung des Kartells ermöglicht hätten; ab 1996 habe sich SNV für eine Änderung der Preise mit der Klägerin in Verbindung gesetzt, worauf diese die anderen großen Straßenbauunternehmen zu einem Treffen eingeladen habe; die vorbereitenden Treffen der W5 und die Kartelltreffen seien häufig von der Klägerin organisiert worden, die die Einladungen versandt habe, und hätten in ihren Geschäftsräumen stattgefunden; sie sei die Sprecherin der großen Straßenbauunternehmen gewesen und habe bei den Treffen mit den Lieferanten die Diskussionsleitung übernommen. Dafür berief sich die Kommission auf verschiedene aus der Zeit des Kartells und der Zeit danach stammende Unterlagen. Nach Auffassung der Klägerin ist keine dieser Behauptungen zutreffend. 290 Die Kommission vertrat gestützt auf eine Notiz von HBG vom 8. Juli 1994 die Auffassung, dass die Klägerin bei den Verhandlungen mit den Lieferanten in den Jahren 1994 und 1995 eine herausragende Rolle gespielt habe. 291 Diesem internen Schriftstück von HBG zufolge wurde für das Jahr 1994 eine Vereinbarung zwischen den W5, vertreten durch einen Mitarbeiter der Klägerin, und den Ölgesellschaften, vertreten durch SNV, getroffen; diese Letzteren wollten jedoch unter Verletzung dieser Vereinbarung ihre Preise erhöhen, und HBG beabsichtigte deshalb, mit dem genannten Mitarbeiter der Klägerin Kontakt aufzunehmen. Zwar gibt dieses Schriftstück hinsichtlich der Entscheidung der Ölgesellschaften, ihre Preise zu erhöhen, offensichtlich nur ein Gerücht wieder, es verweist jedoch eindeutig auf das Bestehen einer durch Vermittlung von SNV und der Klägerin getroffenen Vereinbarung und darauf, dass sich HBG an die Klägerin gewandt hat, und bildet somit ein ernsthaftes Indiz für ihre Rolle als Anführerin des Kartells. 292 Ferner ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass der Verfasser der Notiz von HBG niemals an einem Kartelltreffen teilgenommen habe, denn der Unionsrichter hat ausgeführt, dass der Umstand, dass Informationen aus zweiter Hand stammen, ohne Bedeutung für ihren Beweiswert ist (Urteil des Gerichts vom 10. März 1992, Shell/Kommission, T-11/89, Slg. 1992, II-757, Randnr. 86), und dass nach den allgemeinen Beweisregeln als sehr bedeutsam angesehen werden muss, dass die Dokumente in unmittelbarem Anschluss an die Treffen und offenkundig ohne den Gedanken daran, dass sie Unbefugten zur Kenntnis gelangen könnten, ausgearbeitet worden sind (Schlussanträge des zum Generalanwalt bestellten Richters Vesterdorf in der Rechtssache T-1/89, Urteil des Gerichts vom 24. Oktober 1991, Rhône-Poulenc/Kommission, Slg. 1991, II-867, II-869). Der Verfasser der Notiz von HBG war für den Einkauf von Bitumen für HBG zuständig und arbeitete eng mit der Person zusammen, die direkt an den Bitumengesprächen mit den W5 und dann an den Kartelltreffen teilgenommen hat. Seine in der entscheidungserheblichen Zeit verfassten Notizen haben daher eine starke Beweiskraft. 293 Die Kommission hat weiter unter Berufung auf Erklärungen von SNV und Kuwait Petroleum dargelegt, dass die Klägerin seit 1996 zusammen mit SNV die Initiative für die Veranstaltung der Kartelltreffen ergriffen habe. Tatsächlich ergibt sich aus diesen Erklärungen (Erklärungen von SNV vom 10. Oktober 2003 und von Kuwait Petroleum vom 9. Oktober 2003, Randnr. 344 der angefochtenen Entscheidung), dass SNV der Klägerin jede Preisänderung mitteilen musste und dass diese beiden Unternehmen zusammenkamen, um zu entscheiden, ob hinreichender Anlass für ein Kartelltreffen bestand. 294 Die Dokumente, auf die sich die Klägerin beruft, um diese Erklärungen zu widerlegen, vermögen die Schlussfolgerung der Kommission, dass die Klägerin eine Anführerrolle gespielt hat, nicht zu entkräften. Dabei handelt es sich um die interne Notiz von SNV vom 6. Februar 1995, die Randnr. 110 der angefochtenen Entscheidung betreffend die von SNV an die Klägerin gerichtete Bitte, am 28. März 2000 ein Bitumengespräch zu organisieren, und die internen Anweisungen des Sekretariats der Geschäftsleitung der Klägerin vom 1. Oktober 2002, in denen es hieß, dass die Initiative für die Kartelltreffen von SNV ausgehe (Randnr. 345 der angefochtenen Entscheidung). Wie jedoch oben in Randnr. 37 ausgeführt worden ist, lässt sich aufgrund der Notiz von SNV vom 6. Februar 1995 nicht feststellen, ob die Lieferanten das Kartell den großen Straßenbauunternehmen aufgezwungen haben. Zudem reicht der Umstand, dass SNV im Jahr 2000 um die Anberaumung eines Kartelltreffens bat und dass in einem internen Schriftstück der Klägerin aus dem Jahr 2002 darauf hingewiesen wurde, dass die Initiative für die Treffen von SNV ausgehe, nicht aus, um die Behauptung der Kommission zu widerlegen, dass die Kartelltreffen nach Kontakten zwischen SNV und der Klägerin veranstaltet wurden. Es ist nämlich an den bilateralen Charakter dieses Kartells zu erinnern und darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Auffassung des Unionsrichters mehreren Kartellunternehmen die Anführerrolle zuweisen kann (Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, oben in Randnr. 286 angeführt, Randnrn. 299 bis 301). 295 Die Kommission hat bei der Bejahung der Anführerrolle der Klägerin ferner berücksichtigt, dass diese regelmäßig ihre Räume für die Kartelltreffen zur Verfügung stellte. Sie stützte sich dabei auf die Antwort von Kuwait Petroleum vom 16. September 2003 auf ein Auskunftsverlangen, auf die Erklärungen von Kuwait Petroleum vom 9. Oktober 2003 (Randnr. 345 der angefochtenen Entscheidung), auf von der Klägerin versandte Einladungen zu dem Bitumengespräch vom 28. März 2000 (Randnr. 110 der angefochtenen Entscheidung, in der auf Telefaxe verwiesen wird, die die Klägerin am 16. und 21. März 2000 an SNV, NBM, HWZ, Ballast Nedam, Dura Vermeer und Heijmans schickte), sowie auf ein Schreiben, in dem sich Heijmans bei der Klägerin über mangelnde Absprachebereitschaft bei der Organisation des Treffens vom 16. Februar 2001 beklagte (Randnr. 346 der angefochtenen Entscheidung). 296 Die Klägerin entgegnet darauf, dass die Kartelltreffen manchmal aufgrund ihrer zentralen Lage in ihren Räumen stattgefunden hätten und dass die Kommission nicht berechtigt gewesen sei, ein Schreiben eines Angestellten von Heijmans als Beweismittel zu verwenden. Es ist jedoch festzustellen dass die Beschwerde von Heijmans bei der Klägerin unabhängig von dem Kontext, in dem sie erhoben wurde, einen überzeugenden Beweis für deren Anführerrolle bei der Organisation der Kartelltreffen erbringt, wobei sie unter Berücksichtigung der übrigen von der Kommission herangezogenen übereinstimmenden Dokumente gewürdigt werden muss. Im Übrigen kann die Klägerin ihre Rolle in dem Kartell nicht allein mit dem Hinweis auf die zentrale Lage ihrer Räumlichkeiten herunterspielen. 297 Schließlich hat die Kommission unter Berufung auf die Erklärungen von zwei Mitarbeitern von Kuwait Petroleum vom 1. Oktober 2003 die Ansicht vertreten, die Klägerin habe bis zum Jahr 2000 den Vorsitz bei den Kartelltreffen geführt (Randnrn. 346 und 347 der angefochtenen Entscheidung). Die Klägerin zieht die Stichhaltigkeit dieser Erklärungen in Zweifel und macht geltend, diese enthielten im Übrigen zahlreiche Fehler, und eine von ihnen stamme von einem Mitarbeiter, der niemals persönlich an den Kartelltreffen teilgenommen habe. 298 Es ist jedoch festzustellen, dass diese beiden Erklärungen miteinander übereinstimmen und dass der Assistent des Bitumendirektors von Kuwait Petroleum, der an den Kartelltreffen teilnahm, zumindest bei den Vortreffen der Lieferanten anwesend war und somit über die Kartelltreffen genau informiert war. Wie die Kommission zu Recht ausführt, ist ferner zu berücksichtigen, dass Kuwait Petroleum kein Interesse daran hatte, die Rolle der Klägerin während der Kartelltreffen hochzuspielen. 299 Das Gericht kommt aufgrund all dieser Erwägungen zu dem Ergebnis, dass die Kommission mehrere übereinstimmende Beweismittel vorgelegt hat, die bei einer Gesamtwürdigung den Schluss zulassen, dass die Klägerin eine wichtige Antriebskraft für das Kartell war und somit als Anführerin angesehen werden kann, da sie Kontakte zu SNV aufnahm, die die Errichtung des Kartells ermöglichten, ab 1996 die anderen großen Straßenbauunternehmen nach Zusammenkünften mit SNV zu Treffen einlud, zahlreiche Kartelltreffen in ihren Räumen veranstaltete und bei den Kartelltreffen als Sprecherin der W5 auftrat. 300 Der Kommission ist somit kein Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie aufgrund eines Bündels von zusammenhängenden und übereinstimmenden Indizien zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Klägerin bei der Zuwiderhandlung die Anführerrolle gespielt hat. 3. Der die erschwerenden Umstände betreffende Antrag 301 Wie oben in den Randnrn. 262 bis 273 ausgeführt, hat die Kommission rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen, dass die Klägerin bei der vorliegenden Zuwiderhandlung eine Anstifterrolle gespielt hat. Das Gericht muss deshalb in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die Rolle untersuchen, die die Klägerin bei dieser Zuwiderhandlung gespielt hat. Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße der Klägerin wegen des erschwerenden Umstands gemäß Nr. 2 dritter Gedankenstrich der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen einmalig um 50 % erhöht hat. 302 Zwar unterscheidet der Unionsrichter zwischen der Anstifter- und der Anführerrolle, er hält sich jedoch auch dann, wenn die von der Kommission für eine der beiden Rollen erbrachten Beweise nicht ausreichend sind, für berechtigt, in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die Erhöhung der Geldbuße aufrechtzuerhalten (vgl. für den Fall der Aufrechterhaltung nur der Anführerrolle, Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 354). 303 Das Gericht hält es in der vorliegenden Rechtssache aufgrund der oben in den Randnrn. 281 bis 300 dargelegten Bedeutung der Anführerrolle der Klägerin nicht für angezeigt, die genannte Erhöhung herabzusetzen. Denn aus der vorgenommenen Untersuchung ergibt sich namentlich, dass die Klägerin die Initiative für die Errichtung des Kartells ergriff, da sie ab 1996 die Vortreffen der W5-Unternehmen sowie die Kartelltreffen organisierte, die in ihren Räumen stattfanden, und dass sie schließlich im Namen aller W5-Mitglieder die Diskussionsleitung bei den Treffen mit den Lieferanten übernahm. Kosten 304 Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Sechste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Koninklijke Wegenbouw Stevin BV trägt die Kosten. Jaeger Wahl Soldevila Fragoso Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 27. September 2012. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Sachverhalt I – Die Klägerin II – Das Verwaltungsverfahren III – Die angefochtene Entscheidung Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung I – Zu dem Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung A – Vorbemerkungen 1. Vorbringen der Parteien 2. Würdigung durch das Gericht B – Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung 1. Zum ersten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung: Verkennung des Gegensatzes zwischen den Interessen der Lieferanten und denen der großen Straßenbauunternehmen a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch das Gericht 2. Zum zweiten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung betreffend den Inhalt der Vereinbarungen zwischen den Lieferanten und den großen Straßenbauunternehmen a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch das Gericht 3. Zum dritten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung: falsche Beurteilung des Interesses der großen Straßenbauunternehmen an dem Kartell a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch das Gericht 4. Zum vierten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung: mangelnde Auswirkungen des Kartells auf den Wettbewerb auf dem Straßenbaumarkt a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch das Gericht 5. Zum fünften Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung, betreffend die Funktionsweise des Kartells: Ursprung und Entwicklung des Kartells im Lauf der Zeit und Sanktionsmechanismus a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch das Gericht 6. Zum sechsten Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder -würdigung, betreffend die Rolle von ExxonMobil im Kartell a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch das Gericht C – Rechtsfehler 1. Vorbemerkungen 2. Zum ersten Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: fehlende Beteiligung der großen Straßenbauunternehmen an dem Kartell der Lieferanten a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch das Gericht 3. Zum zweiten Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: Fehlen eines wettbewerbswidrigen Zwecks des Kartells a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch das Gericht 4. Zum dritten Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: Weigerung der Kommission, Art. 81 Abs. 3 EG und die Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit anzuwenden a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch das Gericht 5. Zum vierten Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: ungenaue Abgrenzung des relevanten Marktes und falsche Beurteilung der Marktposition der großen Straßenbauunternehmen a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch das Gericht 6. Zum fünften Fehler bei der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts: keine indirekten Auswirkungen auf den nachgelagerten Straßenbaumarkt a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch das Gericht D – Zur Verletzung wesentlicher Formvorschriften und der Verteidigungsrechte 1. Vorbringen der Parteien 2. Würdigung durch das Gericht a) Allgemeine Grundsätze betreffend die Einsicht in die nach Erlass der Mitteilung der Beschwerdepunkte eingegangenen Dokumente b) Anwendung auf die vorliegende Rechtssache II – Zum Antrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße A – Zur Festlegung des Grundbetrags der Geldbuße 1. Zu der Qualifizierung der Zuwiderhandlung als besonders schwerer Verstoß a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch das Gericht 2. Zur falschen Beurteilung der Auswirkungen des Kartells auf den Markt a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch das Gericht 3. Zur Unverhältnismäßigkeit des Ausgangsbetrags a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch das Gericht 4. Zur falschen Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch das Gericht B – Zu den erschwerenden Umständen 1. Zu dem erschwerenden Umstand der Verweigerung der Zusammenarbeit bei einer Nachprüfung a) Vorbringen der Parteien b) Würdigung durch das Gericht Zur Verletzung der Verteidigungsrechte im Zusammenhang mit dem Inhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte Zur falschen rechtlichen Bewertung des Sachverhalts – Zu dem ersten Vorfall – Zu dem zweiten Vorfall Zum Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung Zum Verstoß gegen Art. 15 der Verordnung Nr. 17 Zur Unverhältnismäßigkeit der Erhöhung der Geldbuße wegen der Verweigerung der Zusammenarbeit 2. Zur Anstifter- und Anführerrolle a) Zur Anstifterrolle Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht b) Zur Anführerrolle Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht 3. Der die erschwerenden Umstände betreffende Antrag Kosten (*1) Verfahrenssprache: Niederländisch.
URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST (Erste Kammer) 12. Mai 2011.#Livio Missir Mamachi di Lusignano gegen Europäische Kommission.#Öffentlicher Dienst – Beamte – Schadensersatzklage – Grundsatz der Übereinstimmung zwischen Antrag, Beschwerde und Klage in Schadensersatzsachen – Kontradiktorischer Charakter des Verfahrens – Beiziehung eines als Verschlusssache ‚EU – Nur für den Dienstgebrauch‘ klassifizierten vertraulichen Dokuments vor Gericht – Außervertragliche Haftung der Organe – Verschuldenshaftung – Kausalzusammenhang – Mehrfachkausalität für den Schaden – Handlung eines Dritten – Verschuldensunabhängige Haftung – Beistandspflicht – Pflicht eines Organs, für den Schutz seines Personals zu sorgen – Tötung eines Beamten und seiner Ehefrau durch einen Dritten – Verlust einer Überlebenschance.#Rechtssache F‑50/09.
62009FJ0050
ECLI:EU:F:2011:55
2011-05-12T00:00:00
Gericht für den öffentlichen Dienst
Sammlung der Rechtsprechung – Sammlung von Rechtssachen im öffentlichen Dienst
URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENSTDER EUROPÄISCHEN UNION (Erste Kammer) 12. Mai 2011(*) „Öffentlicher Dienst – Beamte – Schadensersatzklage – Grundsatz der Übereinstimmung zwischen Antrag, Beschwerde und Klage in Schadensersatzsachen – Kontradiktorischer Charakter des Verfahrens – Beiziehung eines als Verschlusssache ,EU – Nur für den Dienstgebrauch‘ klassifizierten vertraulichen Dokuments vor Gericht – Außervertragliche Haftung der Organe – Verschuldenshaftung – Kausalzusammenhang – Mehrfachkausalität für den Schaden – Handlung eines Dritten – Verschuldensunabhängige Haftung – Beistandspflicht – Pflicht eines Organs, für den Schutz seines Personals zu sorgen – Tötung eines Beamten und seiner Ehefrau durch einen Dritten – Verlust einer Überlebenschance“ In der Rechtssache F-50/09 betreffend eine Klage nach den Art. 236 EG und 152 EA, Livio Missir Mamachi di Lusignano, wohnhaft in Kerkhove-Avelgem (Belgien), handelnd im eigenen Namen wie auch in seiner Eigenschaft als Bevollmächtigter der Erben des Alessandro Missir Mamachi di Lusignano, seines Sohnes, eines ehemaligen Beamten der Europäischen Kommission, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte F. Di Gianni, R. Antonini und N. Sibona, Kläger, gegen Europäische Kommission, vertreten durch L. Pignataro, B. Eggers und D. Martin als Bevollmächtigte, Beklagte, erlässt DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST(Erste Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni (Berichterstatter) sowie des Richters H. Kreppel und der Richterin M. I. Rofes i Pujol, Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündlichen Verhandlungen vom 15. Dezember 2009 und vom 8. Dezember 2010 folgendes Urteil 1        Mit Klageschrift, die am 12. Mai 2009 mit Fernkopie (der Eingang der Urschrift ist am 18. Mai 2009 erfolgt) bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragt Herr Missir Mamachi di Lusignano u. a., die Entscheidung vom 3. Februar 2009 aufzuheben, mit der die Kommission der Europäischen Gemeinschaften seinen Antrag auf Ersatz des durch die Tötung seines Sohnes und seiner Schwiegertochter am 18. September 2006 in Rabat (Marokko) erlittenen materiellen und immateriellen Schadens ablehnte, sowie die Kommission zu verurteilen, an ihn und die Hinterbliebenen seines Sohnes zum Ersatz des durch die genannte Tötung erlittenen Vermögensschadens und Nichtvermögensschadens verschiedene Beträge zu zahlen. Rechtlicher Rahmen 2        Art. 1e Abs. 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften in der im vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Fassung (im Folgenden: Statut) lautet wie folgt: „Für Beamte im aktiven Dienst gelten Arbeitsbedingungen, bei denen angemessene Gesundheits- und Sicherheitsnormen eingehalten werden, die zumindest den Mindestvorschriften aufgrund von Maßnahmen entsprechen, die in diesen Bereichen nach den Verträgen erlassen wurden.“ 3        Art. 24 des Statuts bestimmt: „Die Gemeinschaften leisten ihren Beamten Beistand, insbesondere beim Vorgehen gegen die Urheber von Drohungen, Beleidigungen, übler Nachrede, Verleumdungen und Anschlägen auf die Person oder das Vermögen, die auf Grund ihrer Dienststellung oder ihres Amtes gegen sie oder ihre Familienangehörigen gerichtet werden. Sie ersetzen solidarisch den erlittenen Schaden, soweit ihn der Beamte weder vorsätzlich noch grob fahrlässig herbeigeführt hat und soweit er keinen Schadensersatz von dem Urheber erlangen konnte.“ 4        Art. 70 Abs. 1 des Statuts lautet: „Beim Tode eines Beamten haben der überlebende Ehegatte oder die unterhaltsberechtigten Kinder bis zum Ende des dritten auf den Sterbemonat folgenden Monats Anspruch auf die vollen Dienstbezüge des Verstorbenen.“ 5        Art. 73 Abs. 1 und 2 des Statuts bestimmt: „1. Der Beamte wird vom Tage seines Dienstantritts an gemäß einer von den Organen der Gemeinschaften im gegenseitigen Einvernehmen nach Stellungnahme des Statutsbeirats beschlossenen Regelung für den Fall von Berufskrankheiten und Unfällen gesichert. Für die Sicherung bei Krankheit und Unfällen außerhalb des Dienstes hat er bis zu 0,1 v. H. seines Grundgehalts als Beitrag zu leisten. In dieser Regelung ist festzulegen, für welche Fälle die Sicherung nicht gilt. 2. Als Leistungen werden garantiert: a)      im Todesfall: Zahlung eines Kapitalbetrags in fünffacher Höhe des jährlichen Grundgehalts, bemessen nach den Monatsgrundgehältern des Beamten in den letzten zwölf Monaten vor dem Unfall; dieses Kapital wird an die nachstehend aufgeführten Personen gezahlt: –        an den Ehegatten und an die Kinder des verstorbenen Beamten nach dem für ihn geltenden Erbrecht; der an den Ehegatten zu zahlende Betrag darf jedoch nicht unter 25 v. H. des Kapitals liegen; –        falls Personen der vorstehend genannten Gruppe nicht vorhanden sind: an die anderen Abkömmlinge nach dem für den Beamten geltenden Erbrecht; –        falls Personen der vorstehend genannten beiden Gruppen nicht vorhanden sind: an die Verwandten aufsteigender gerader Linie nach dem für den Beamten geltenden Erbrecht; –        falls Personen der vorstehend genannten drei Gruppen nicht vorhanden sind: an das Organ; … Unter den in dieser Regelung festgelegten Bedingungen kann an Stelle der in diesem Absatz vorgesehenen Zahlungen eine Leibrente gewährt werden. Die in diesem Absatz genannten Leistungen können zusätzlich zu den in Kapitel 3 vorgesehenen Leistungen gewährt werden. …“ 6        Die Gemeinsame Regelung zur Sicherung der Beamten der Europäischen Gemeinschaften bei Unfällen und Berufskrankheiten, die zur Durchführung des Art. 73 des Statuts erlassen wurde (im Folgenden: Gemeinsame Regelung), sieht in Art. 7 Abs. 2 dritter Gedankenstrich vor, dass als Unfälle im Sinne der Gemeinsamen Regelung „die Folgen von Angriffen und Anschlägen auf die Person des Versicherten [gelten], auch wenn diese bei Streiks oder Aufruhr unternommen werden, es sei denn, der Versicherte hat sich an den Gewalttätigkeiten, deren Opfer er geworden ist, nachweislich aus freien Stücken beteiligt, ohne sich in Notwehr zu befinden“. 7        Nach Art. 76 des Statuts können Beamten, ehemaligen Beamten oder Rechtsnachfolgern eines verstorbenen Beamten, die sich – namentlich infolge einer schweren oder längeren Krankheit, einer Behinderung oder aus familiären Gründen – in einer besonders schwierigen Lage befinden, Zuwendungen, Darlehen oder Vorschüsse gewährt werden. 8        Art. 80 Abs. 1 des Statuts lautet: „Stirbt ein Beamter …, ohne einen Ehegatten zu hinterlassen, der Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung hat, so erhalten die im Sinne von Anhang VII Artikel 2 zum Zeitpunkt seines Todes unterhaltsberechtigten Kinder ein Waisengeld nach Anhang VIII Artikel 21.“ 9        Anhang VIII Art. 21 des Statuts sieht vor, dass das Waisengeld 8/10 der Hinterbliebenenversorgung beträgt, auf die der überlebende Ehegatte des Beamten Anspruch gehabt hätte, und dass es sich vom zweiten unterhaltsberechtigten Kind ab für jedes Kind um den doppelten Betrag der Kinderzulage erhöht. 10      Anhang X des Statuts enthält die Sondervorschriften für die Beamten der Europäischen Gemeinschaften, die in einem Drittland Dienst tun. Art. 5 dieses Anhangs bestimmt: „1. Stellt das Organ dem Beamten eine Wohnung zur Verfügung, die dem Niveau der von ihm wahrgenommenen Tätigkeiten sowie der Zahl der unterhaltsberechtigten Familienangehörigen entspricht, so hat er diese zu beziehen. 2. Die Anwendungsmodalitäten für Absatz 1 werden nach Anhörung der Personalvertretung von der Anstellungsbehörde festgelegt. Die Anstellungsbehörde befindet nach Maßgabe der an jedem Dienstort herrschenden Lebensbedingungen auch über die Ausstattung mit Möbeln und sonstigen Einrichtungsgegenständen.“ 11      Nach Anhang X Art. 25 des Statuts sind der Ehegatte und die Kinder des Beamten sowie die sonstigen unterhaltsberechtigten Personen gegen mögliche Unfälle in den Ländern außerhalb der Gemeinschaft, die in einem von der Anstellungsbehörde erstellten Verzeichnis aufgeführt sind, versichert. Die erforderliche Prämie wird zur Hälfte vom Beamten getragen, die andere Hälfte geht zulasten des Organs. 12      Am 26. April 2006 erließ die Kommission eine Entscheidung zur Festlegung einer harmonisierten Gesundheits- und Arbeitssicherheitspolitik für alle Beschäftigten (im Folgenden: Entscheidung vom 26. April 2006). 13      Wie aus der Begründung dieser Entscheidung, die dem Kommissionskollegium zur Annahme in der Sitzung vom 26. April 2006 vorgelegt wurde, hervorgeht, bezweckt die Entscheidung, die erlassen wurde, um vor allem den Bestimmungen des Art. 1e des Statuts zu entsprechen, die Gewährleistung und Erhaltung der Gesundheit und Arbeitssicherheit für alle Beschäftigten und in allen Dienststellen des Organs, und zwar nicht nur am Sitz des Organs, sondern auch an allen Dienstorten innerhalb und außerhalb der Union. 14      Die Entscheidung vom 26. April 2006 findet nach ihrem Art. 1 „an allen Dienstorten der Kommission“ Anwendung; als Dienstort gilt nach Art. 2 Buchst. a der genannten Entscheidung der Ort, „an dem ein Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten der Kommission besteht, sowie jeder andere Ort in diesen Räumlichkeiten, zu denen das Personal im Rahmen seiner Arbeit Zugang hat“. Sie enthält allgemeine Bestimmungen, die sich an die Richtlinie des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl. L 183, S. 1) anlehnen. 15      Im Laufe des Verfahrens hat das Gericht nach Anordnung von Beweiserhebungen (vgl. die Randnrn. 46 bis 48 des vorliegenden Urteils) festgestellt, dass die Kommission für das Jahr 2006 eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen für die Wohnungen des Delegationspersonals der Kommission in Drittländern erlassen hatte. Diese Maßnahmen sind in einem als Verschlusssache „EU – Nur für den Dienstgebrauch“ klassifizierten Dokument enthalten, dessen rechtliche Tragweite und dessen Verwendung vor Gericht später geprüft werden. Sachverhalt 16      Alessandro Missir Mamachi di Lusignano trat am 1. November 1993 als Beamter in den Dienst der Kommission und heiratete 1995 Ariane Lagasse de Locht. Das Ehepaar hatte vier Kinder, die zwischen 1996 und 2002 geboren wurden. 17      Nachdem Alessandro Missir Mamachi di Lusignano 1996 in die Besoldungsgruppe A 7 und 2002 in die Besoldungsgruppe A 6 befördert worden war, nahm er u. a. von 2001 bis 2005 im Rahmen des Referats „Türkei“ der Generaldirektion (GD) „Erweiterung“ an den Beitrittsverhandlungen zwischen der Europäischen Union und der Republik Türkei teil. 18      Seit 28. August 2006 war Alessandro Missir Mamachi di Lusignano zur Delegation der Kommission in Rabat als Politikberater und Diplomat abgeordnet. Vor seiner Versetzung hatte er erklärt, dass seine Ehefrau und seine Kinder ihn bei dieser Abordnung begleiten würden. Obwohl er zu den Informationsveranstaltungen eingeladen worden war, die für die bei den Delegationen in Drittländern beschäftigten Beamten eingerichtet werden und sich insbesondere mit den Sicherheitsproblemen an den einzelnen Dienstorten befassen, nahm er an ihnen nicht teil. Die Parteien haben dem Gericht nicht ausreichend Tatsachen vorgetragen, um feststellen zu können, weshalb die Teilnahme nicht erfolgte, ob insbesondere die nicht erfolgte Teilnahme auf eine beruflich bedingte Verhinderung zurückzuführen war. 19      Vom 28. bis zum 31. August 2006 wohnte die Familie Missir Mamachi di Lusignano im Hotel und ab 1. September 2006 vorübergehend in einem von der Delegation der Kommission angemieteten möblierten Haus im Hay-Riad-Viertel in Rabat, Rue Lailak, Nr. G 2, Secteur 16. Der Mietvertrag zwischen dem Eigentümer des Hauses und der Kommission war am 8. August 2006 mit einer ursprünglichen Laufzeit von drei Monaten geschlossen worden und am 15. August 2006 vor der Ankunft der Familie Missir Mamachi di Lusignano in Rabat in Kraft getreten. 20      In der Nacht vom 17. auf den 18. September 2006 drang gegen 00.30 Uhr ein Einbrecher in das Haus, indem er sich durch das Gitter eines Erdgeschossfensters an der Seite des Hauses schob. Alessandro Missir Mamachi di Lusignano, der durch die Anwesenheit des Einbrechers im Elternschlafzimmer des ersten Stocks schlagartig wach wurde, überraschte den Eindringling, als dieser dabei war, das Zimmer zu durchsuchen. Der Straftäter stach mit einem Messer mehrfach auf den Beamten ein und ließ ihn am Boden liegen. Die Ehefrau von Herrn Missir Mamachi di Lusignano, die ebenfalls wach geworden war, erhielt mehrere Messerstiche in den Rücken und erlag offensichtlich sehr schnell ihren Verletzungen. Der Eindringling fesselte und knebelte den Familienvater, duschte sich und erhielt vom schwer verletzten Beamten die Geheimnummer seiner Kreditkarte. Der Beamte erlag schließlich seinen Verletzungen. Der Täter verschonte die Kinder. Er verließ gegen vier Uhr morgens am Steuer des Kraftfahrzeugs der Familie Missir Mamachi di Lusignano den Tatort mit mehreren Gegenständen, darunter ein Fernsehgerät. 21      Am 19. September 2006 verhaftete die marokkanische Polizei Karim Zimach. Bei seiner polizeilichen Vernehmung gestand dieser, den in der Nacht vom 17. auf den 18. September 2006 verübten Doppelmord an den Eheleuten Missir Mamachi di Lusignano begangen zu haben. Karim Zimach wurde dieser Taten für schuldig befunden und mit Urteil der erstinstanzlichen Strafkammer der Cour d’appel Rabat vom 20. Februar 2007, das in der Berufung von der Berufungsstrafkammer desselben Gerichts mit Urteil vom 18. Juni 2007 bestätigt wurde, zum Tode verurteilt. Es ist darauf hinzuweisen, dass seit 1993, dem Jahr der letzten Hinrichtung eines zum Tode Verurteilten in Marokko, die marokkanischen Behörden kein Todesurteil mehr vollstreckt haben. 22      Die Kommission erhob vor dem marokkanischen Strafgericht Privatklage. Mit dem oben genannten Urteil erklärte die erstinstanzliche Strafkammer der Cour d’appel Rabat die Privatklage der Kommission für zulässig und verurteilte Karim Zimach zur Zahlung eines symbolischen Dirham an die Europäische Union. 23      Nach dem tragischen Tod ihrer Eltern wurden die vier Kinder von Alessandro Missir Mamachi di Lusignano mit Beschluss des Friedensrichters von Kraainem (Belgien) vom 24. November 2006 unter die Vormundschaft ihrer Großeltern gestellt, zu denen der Kläger gehört. 24      Vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2006 nahm die Kommission die in Art. 70 Abs. 1 des Statuts vorgesehenen Zahlungen vor. 25      Die Kommission zahlte an die Kinder und Erben des verstorbenen Beamten den Betrag von 414 308,90 Euro als Kapitalbetrag im Todesfall gemäß Art. 73 des Statuts sowie den Betrag von 76 628,40 Euro aufgrund des Todes des Ehegatten gemäß Anhang X Art. 25 des Statuts. 26      Die Kommission gewährte den vier Kindern ferner ab 1. Januar 2007 ein Waisengeld nach Art. 80 des Statuts und eine Erziehungszulage nach Anhang VII des Statuts. 27      Die Kommission beförderte außerdem den verstorbenen Beamten post mortem rückwirkend ab 1. September 2005 in die erste Dienstaltersstufe der Besoldungsgruppe A*11. Diese Beförderung wurde bei der Berechnung des Waisengelds und des Kapitalbetrags im Todesfall berücksichtigt. 28      Überdies gewährte die Kommission mit Beschluss vom 14. Mai 2007 aufgrund des Art. 76 des Statuts jedem der Kinder bis zum 19. Lebensjahr eine außergewöhnliche monatliche Unterstützung aus sozialen Gründen in Höhe einer Kinderzulage. 29      Am 18. September 2007, dem Jahrestag des Doppelmords an den Eheleuten Missir Mamachi di Lusignano, veranstaltete die Kommission auf Initiative der GD „Erweiterung“ in ihren Räumlichkeiten eine Gedenkfeier zum Gedenken an die Verstorbenen. Im Rahmen dieser Feier wurde ein Sitzungssaal dem Gedenken des verstorbenen Beamten gewidmet, und es wurde eine Gedenktafel mit seinem Namen eingeweiht. 30      Mit Schreiben vom 25. Februar 2008 an den Kommissionspräsidenten bedankte sich der Kläger bei der Kommission für die Gedenkfeier vom 18. September 2007. Sodann brachte er in diesem Schreiben sein Unverständnis über die Höhe der an seine vier Enkelkinder geleisteten Zahlungen zum Ausdruck und äußerte seine Unzufriedenheit darüber, dass die Kommission es abgelehnt habe, die unbefristete Einstellung einer Erzieherin oder Familienhelferin zu bewilligen, die angesichts des Alters der Kinder und ihrer Großeltern unerlässlich sei. Der Kläger erkundigte sich ferner, ob die Kommission bereits Verhandlungen mit Marokko über die Zahlung einer angemessenen Entschädigung aufgenommen habe, die über den einen Dirham hinausgehen würde, den das marokkanische Gericht der Europäischen Union als symbolischen Betrag zugesprochen habe. Schließlich machte der Kläger den Kommissionspräsidenten auf eine Antwort aufmerksam, die Frau Ferrero-Waldner, Kommissionsmitglied für Außenbeziehungen, mit Schreiben vom 6. August 2007 auf eine Anfrage von Herrn Coûteaux, Mitglied des Europäischen Parlaments (schriftliche Anfrage vom 25. Juni 2007, P-3367/07, ABl. C 45 vom 16. Februar 2008, S. 179), betreffend die „Ermordung eines Beamten der Generaldirektion für Außenbeziehungen in Marokko“ gegeben hatte (im Folgenden: schriftliche Antwort vom 6. August 2007). Der Kläger vertrat die Auffassung, dass die geeigneten Sicherheitsmaßnahmen, die die Kommission normalerweise vorsehe und auf die in der Antwort des Kommissionsmitglieds für Außenbeziehungen hingewiesen worden sei, vor dem Doppelmord nicht getroffen worden seien. Die Kommission habe sich daher eine grobe Fahrlässigkeit zuschulden kommen lassen, die die Zahlung einer Entschädigung an die minderjährigen Kinder in Höhe von zumindest dem gesamten Gehalt, das der getötete Beamte bis zum voraussichtlichen Zeitpunkt seines Eintritts in den Ruhestand im Jahr 2032 bezogen hätte, also in Höhe von 26 Jahresgehältern, rechtfertigen würde. 31      Mit Schreiben vom 11. Juni 2008 antwortete Herr Kallas, der für das Personal zuständige Vizepräsident der Kommission, dem Kläger. In diesem Schreiben führte Herr Kallas aus, dass ein fahrlässiges oder pflichtwidriges Verhalten der marokkanischen Behörden nicht festgestellt werden könne und dass die Voraussetzungen für die Aufnahme diplomatischer Verhandlungen mit Marokko über eine Entschädigung nicht vorlägen. Er erklärte, die von der Kommission getroffenen Maßnahmen zum Schutz des Personals hätten den Sicherheitsbedingungen für die Delegation in Rabat entsprochen und dem insoweit vom Kläger im Schreiben vom 25. Februar 2008 geltend gemachten Schadensersatzantrag könne nicht stattgegeben werden. Die Zahlungen, die die Kommission bereits geleistet habe (490 937,30 Euro als Kapitalbetrag und Leistung der Unfallversicherung, 4 376,82 Euro monatlich als Waisengeld und Erziehungszulage, 2 287,19 Euro monatlich – einschließlich Steuerfreibetrag – als Kinderzulage und 1 332,76 Euro monatlich als außergewöhnliche monatliche Unterstützung in Höhe einer zusätzlichen Kinderzulage für jedes Kind), seien zutreffend berechnet worden. 32      In diesem Schreiben vom 11. Juni 2008 teilte der Kommissar dem Kläger jedoch auch mit, dass die Kommission in Anbetracht der besonders tragischen Umstände des Falles beschlossen habe, eine zusätzliche Maßnahme zu treffen und ausnahmsweise die nach Art. 76 des Statuts gezahlten Beträge anzuheben. Mit Entscheidung vom 4. Juli 2008 sei daher ab 1. August 2008 jedem Enkelkind bis zum 19. Lebensjahr eine monatliche Zahlung in Höhe von zwei Kinderzulagen zugesprochen worden. Aufgrund dieser Entscheidung belaufe sich die monatliche Zahlung der Kommission an die Kinder des verstorbenen Beamten auf einen Betrag von mehr als 9 800 Euro (9 862 Euro im Februar 2009). 33      Mit Schreiben vom 10. September 2008 legte der Kläger gegen das Schreiben vom 11. Juni 2008 Beschwerde nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts ein. In dieser Beschwerde machte der Kläger geltend, die Kommission treffe eine Haftung aufgrund Verschuldens wegen Verstoßes gegen die Verpflichtung zum Schutz ihres Personals. Auch sei eine verschuldensunabhängige Haftung der Kommission für den durch rechtmäßiges Handeln entstandenen Schaden gegeben. Hilfsweise beruft sich der Kläger auf Art. 24 des Statuts, wonach die Gemeinschaften verpflichtet sind, den Schaden, den einer ihrer Beamten durch einen Dritten erlitten hat, solidarisch zu ersetzen. 34      Mit Entscheidung vom 3. Februar 2009 wies die Anstellungsbehörde die Beschwerde zurück. Anträge der Parteien und Verfahren 35      Der Kläger beantragt, –        die Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 3. Februar 2009 aufzuheben; –        die Kommission zu verurteilen, den Erben und Hinterbliebenen von Alessandro Missir Mamachi di Lusignano –        zum Ersatz des erlittenen Vermögensschadens einen Betrag von 2 552 837,96 Euro zu zahlen, der 26 Jahresgehältern des getöteten Beamten, hochgerechnet nach Maßgabe seiner Karriereaussichten, entspricht; –        zum Ersatz des vom Opfer vor seinem Tod erlittenen immateriellen Schadens einen Betrag von 250 000 Euro zu zahlen; –        zum Ersatz des von ihnen als Zeugen der tragischen Ermordung erlittenen immateriellen Schadens einen Betrag von 1 276 512 Euro zu zahlen; –        die Kommission zu verurteilen, zum Ersatz des vom Kläger als Vater des Opfers erlittenen immateriellen Schadens einen Betrag von 212 752 Euro zu zahlen; –        die Kommission zu verurteilen, die „zwischenzeitlich aufgelaufenen Ausgleichs- und Verzugszinsen“ zu zahlen; –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 36      Die Kommission beantragt, –        die Klage abzuweisen; –        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen. 37      Der Kläger hat seine Schadensersatzanträge in der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2009 unter Vorlage von zwei Tabellen erläutert. Die Kommission hat keine Einwände dagegen erhoben, diese Urkunden zu den Akten zu nehmen. Die erste Tabelle fasst die Schadensersatzanträge des Klägers zusammen. Sie enthält eine Hochrechnung des angeblichen materiellen Schadens. Dieser Schaden, der in der Klage vorläufig auf 2 552 837,96 Euro geschätzt worden ist, wird aufgrund des von der Kommission in der Klagebeantwortung vorgelegten Zahlenmaterials und unter Berücksichtigung der Beförderungen in höhere Besoldungsgruppen, die der Sohn des Klägers bis zum Ende seiner Laufbahn hätte erreichen können, auf den Gesamtbetrag von 3 975 329 Euro erhöht. Anhand der zweiten Tabelle führt der Kläger aus, dass von den Beträgen, die die Kommission an die Hinterbliebenen des verstorbenen Beamten gezahlt habe oder zukünftig zahlen werde, nur der nach Maßgabe von Art. 73 des Statuts geleistete Betrag von 414 308 Euro als zum Ersatz des von den Erben des Beamten erlittenen Schadens gezahlter Betrag angesehen werden könne, während die sonstigen von der Kommission angeführten Beträge nur Leistungen mit Sozialversicherungscharakter seien. 38      Im vorbereitenden Sitzungsbericht hat das Gericht die Parteien darauf hingewiesen, dass für die Prüfung der Frage, ob die Kommission ihrer Verpflichtung, die Sicherheit des Sohnes des Klägers und von dessen Familie zu gewährleisten, ordnungsgemäß nachgekommen ist, auf Art. 1e Abs. 2 des Statuts abzustellen ist, der in Bezug auf die „angemessenen Sicherheitsnormen“ auf die Mindestvorschriften aufgrund von Maßnahmen verweist, die in diesen Bereichen nach den Verträgen erlassen wurden, zu denen die Vorschriften der Richtlinie 89/391 gehören. Das Gericht hat die Parteien aufgefordert, in ihren Schriftsätzen darzulegen, welchen Einfluss diese Vorschriften nach ihrer Auffassung auf das Bestehen einer außervertraglichen Haftung der Verwaltung im vorliegenden Rechtsstreit haben. 39      In demselben vorbereitenden Sitzungsbericht hat das Gericht die Kommission u. a. auch aufgefordert darzulegen, welche Gefahrenstufe die Dienststellen der Kommission 2006 für die nach Marokko abgeordneten Beamten festgesetzt hatten und ob sich aus der Gefahrenstufe, die für dieses Land festgesetzt wurde, nach den internen Richtlinien der GD „Außenbeziehungen“ oder nach sonstigen Vorschriften besondere Sicherheitsmaßnahmen ergaben. Der Kläger hat nämlich in seinen schriftlichen Ausführungen (Schreiben vom 25. Februar 2008, Beschwerde vom 10. September 2008 und Klageschrift) unter Bezugnahme auf die schriftliche Antwort von Frau Ferrero-Waldner vom 6. August 2007 auf eine Anfrage eines Mitglieds des Parlaments behauptet, dass für die Wohnungen des Delegationspersonals der Kommission in Drittländern Sicherheits- und Schutzmaßnahmen vorgesehen und anwendbar gewesen seien und dass diese Maßnahmen im vorliegenden Fall nicht beachtet worden seien. Ferner wurde in einem der Klageschrift beigefügten Bericht, den zwei Angehörige der Sicherheitsdienste der GD „Außenbeziehungen“ und der GD „Personal und Verwaltung“ (im Folgenden: GD Admin) am 4. Oktober 2006 erstellten, die kurz nach der Tötung des Sohns und der Schwiegertochter des Klägers nach Rabat gesandt worden waren, Folgendes festgestellt: „Die Sicherheitsbedingungen für die Delegation in Rabat und für die Wohnungen des Personals sind seit mehreren Monaten in die Gruppe [III] eingestuft. Dies erfordert die Bewachung der Wohnungen des im Ausland lebenden Personals.“ 40      In der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2009 hat die Kommission in ihren Ausführungen die beiden ihr gestellten Fragen, die im ersten Satz der vorstehenden Randnummer angeführt worden sind, nicht unmittelbar beantwortet. Sie hat dargelegt, dass die schriftliche Antwort vom 6. August 2007 fast ein Jahr nach dem Doppelmord abgegeben worden sei, um die verschiedenen Arten von Maßnahmen zu verdeutlichen, die 2007 in den Delegationen vorgesehen gewesen seien, und daher im vorliegenden Fall nicht von Belang sei. 41      In Beantwortung der Frage des Gerichts, ob es interne Vorschriften über Sicherheitsmaßnahmen für die Beamten der Delegationen gab, die 2006 in Drittländer abgeordnet wurden, hat die Kommission mitgeteilt, dass es in diesem Bereich keine zwingende Vorschrift gegeben habe und dass sich die Pflicht der Kommission, für den Schutz ihres abgeordneten Personals in den Delegationen zu sorgen, allein aus dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung ergebe, wobei die Kommission in diesem Bereich über ein weites Ermessen verfüge. Die Kommission hat die Auffassung vertreten, dass die Richtlinie 89/391 nur den Arbeitsplatz der Arbeitnehmer betreffe und somit im vorliegenden Rechtsstreit, der sich mit der Sicherheit der privaten Wohnung des Beamten befasse, nicht von Belang sein könne. Die Entscheidung vom 26. April 2006 habe die „Umsetzung“ der genannten Richtlinie in den Dienststellen der Kommission bezweckt. In Beantwortung weiterer Fragen hat die Kommission ferner erneut darauf hingewiesen, dass die Verpflichtung zum Erlass bestimmter Schutzmaßnahmen nicht die Privatwohnung der Beamten der Delegation betreffe. 42      Die Erörterung in der mündlichen Verhandlung hat sodann ergeben, dass die Dienststellen der Kommission anhand einer Reihe von Kriterien je nach dem Grad der in dem betreffenden Staat bestehenden Gefahr (schwach, mittel oder stark) eine Klassifizierung der Drittländer vornehmen, in denen Delegationen eingerichtet sind, und dass 2006 für Marokko die Gefahr als „stark“ eingestuft wurde. Die Kommission hat auch eingeräumt, dass in den betreffenden Delegationen besondere Sicherheitsmaßnahmen hätten getroffen und durchgeführt werden müssen, die der Gefahrenstufe „stark“ entsprochen hätten. 43      Die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2009 war auf Antrag der Kommission teilweise nicht öffentlich, ohne dass der Kläger hiergegen Einwände erhoben hat. In dem nicht öffentlichen Teil der mündlichen Verhandlung hat die Kommission dem Gericht und dem Kläger eine Reihe ergänzender Erläuterungen gegeben, hat jedoch – unabhängig von der rechtlichen Bedeutung oder Form (Entscheidungen, interne Richtlinien, Empfehlungen usw.) – keine Vorschriften oder Dokumente genannt, die die in der vorstehenden Randnummer angeführten Sicherheitsmaßnahmen betreffen. Die Kommission ist auch auf die Inspektionen und Sicherheitsüberprüfungen eingegangen, die, wie sie ausgeführt hat, im ersten Halbjahr 2006 in Rabat durchgeführt worden seien und sich nur auf die Räumlichkeiten der Delegation unter Ausschluss der 18 „ständigen“ Wohnungen, die den Beamten der Delegation zur Verfügung gestellt worden seien, erstreckt hätten. 44      Da sich das Gericht aufgrund der Antworten der Kommission in der mündlichen Verhandlung nicht für ausreichend informiert gehalten hat, hat es die Kommission mit Beschluss vom 22. Januar 2010 aufgefordert, erstens die Vorschriften oder Dokumente unabhängig von ihrer rechtlichen Bedeutung oder Form vorzulegen, aus denen hervorgeht, welche Sicherheitsmaßnahmen 2006 für die Delegation in Rabat empfohlen/vorgesehen/vorgeschrieben waren, die der damals für Marokko zugrunde gelegten Gefahrenstufe entsprachen, zweitens die etwaigen Berichte über die im ersten Halbjahr 2006 in Rabat eingeleiteten Inspektionen und Überprüfungen oder die Dokumente vorzulegen, in denen Inhalt und Ergebnisse dieser Inspektionen und Überprüfungen festgehalten sind, drittens den zwischen der Kommission und dem Eigentümer geschlossenen Mietvertrag über die vorläufige Wohnung sowie viertens die Entscheidung vom 26. April 2006 vorzulegen. 45      Mit Schreiben vom 12. Februar 2010 hat die Kommission die angeforderten Dokumente vorgelegt und mitgeteilt, dass eines der Dokumente – ein Vermerk vom 6. Juni 2006, den der Leiter der Delegation in Marokko an den für die Sicherheitsfragen der GD „Außenbeziehungen“ zuständigen Direktor der Direktion „Außendienst“ gerichtet hatte und dem der Prüfbericht des für die regionale Sicherheit Zuständigen beigefügt war – nur den Anwälten des Klägers und nur in der Kanzlei des Gerichts ohne Möglichkeit der Anfertigung einer Kopie zugänglich gemacht werden dürfe. In demselben Schreiben hat die Kommission erklärt, es gebe zwei weitere Dokumente, die sie wegen ihrer Klassifizierung als Verschlusssache „EU – Nur für den Dienstgebrauch“ nicht vorlegen könne und die außerdem für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht von Belang seien, die sie aber bereit sei, ausschließlich dem Gericht unter der Voraussetzung vorzulegen, dass Sicherheitsmaßnahmen, die den von dem Beschluss 2001/844/EG, EGKS, Euratom der Kommission vom 29. November 2001 zur Änderung ihrer Geschäftsordnung (ABl. L 317, S. 1) festgelegten Sicherheitsmaßnahmen gleichwertig seien, genauestens eingehalten würden. 46      Das Gericht war der Ansicht, dass eines der beiden als Verschlusssache „EU – Nur für den Dienstgebrauch“ klassifizierten Dokumente, das die Kommission als „Auszug aus dem Dokument ‚Normen und Kriterien‘ der GD [‚Personal und Verwaltung‘ – Direktion ‚Sicherheit‘]“ bezüglich der Sicherheitsmaßnahmen gemäß Gruppe III für die endgültigen Wohnungen dargestellt hat, für die Entscheidung der Rechtssache von besonderer Bedeutung sein kann. Mit Beschluss vom 17. März 2010 hat das Gericht die Kommission daher aufgefordert, dieses Dokument vorzulegen. In dem Beschluss hat es die Sicherheitsmaßnahmen bestimmt, unter denen die Einsichtnahme in das Dokument erfolgen kann. Es hat insbesondere darauf hingewiesen, dass nur der Kanzler und die Mitglieder des Spruchkörpers berechtigt sind, das Dokument einzusehen, und zwar nur in der Kanzlei, wo es verwahrt wird, und dass weder der Kläger noch sein Rechtsanwalt diese Urkunde einsehen dürfen. 47      In seinem Beschluss vom 17. März 2010 hat das Gericht darauf hingewiesen, dass, falls das Gericht die Entscheidung des Rechtsstreits auf dieses Dokument stützen wollte, sich die Frage stellen würde, wie im vorliegenden Fall dem Grundsatz des kontradiktorischen Charakters des Verfahrens und den Bestimmungen des Art. 44 Abs. 1 der Verfahrensordnung Rechnung zu tragen wäre, da dieser Grundsatz und diese Bestimmungen voraussetzen können, dass der Kläger zumindest teilweise Zugang zu dem Dokument hat. Insoweit hat das Gericht festgestellt, dass der Umstand, dass das Dokument als Verschlusssache „EU – Nur für den Dienstgebrauch“ – dem niedrigsten Schutzniveau nach dem Beschluss 2001/844 – klassifiziert wurde, für sich genommen kein absoluter Grund sein kann, dem Kläger die Einsicht in das Dokument zu verweigern. Das Gericht hat nämlich erstens festgestellt, dass die als Verschlusssache „EU – Nur für den Dienstgebrauch“ klassifizierten Dokumente nicht zu den Dokumenten gehören, die als „sensible Dokumente“ im Sinne von Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43) gelten; es hat hieraus abgeleitet, dass auf ein solches Dokument die von dieser Verordnung getroffene allgemeine Regelung angewandt werden kann, die vorbehaltlich der in Art. 4 der genannten Verordnung aufgeführten Ausnahmen den Zugang zu Dokumenten der Organe vorsieht. Das Gericht hat zweitens festgestellt, dass der Beschluss 2001/844 vorsieht, dass ein als Verschlusssache eingestuftes Dokument Gegenstand einer Entscheidung des Urhebers sein kann, mit der die Aufhebung der Geheimhaltung oder die Herabstufung der Verschlusssache erfolgt. 48      Mit Schreiben vom 30. März 2010 hat die Kommission zu Händen des Kanzlers des Gerichts persönlich in versiegeltem Umschlag gegen Empfangsbestätigung ein aus fünf Seiten bestehendes Dokument übersandt, das Auszüge aus einem Dokument mit der Bezeichnung „Document sur les Normes et Critères“, Ausgabe 2006 („N & C édition 2006/ DS3/A.W“, im Folgenden: Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien), betreffend Sicherheitsmaßnahmen vereinte, die u. a. auf die dem Delegationspersonal überlassenen Wohnungen („staff houses“) anwendbar sind. In dem genannten Schreiben hat die Kommission darauf hingewiesen, dass sie das genannte Dokument „nur [vorlege,] damit das Gericht prüfen kann, ob das Dokument im Sinne von Art. 44 Abs. 2 der Verfahrensordnung als vertraulich zu behandeln ist“. Das Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien sei ihres Erachtens für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht von Belang, vor allem weil es nur die Situation der endgültigen – und nicht vorläufigen – Wohnungen betreffe, die dem Delegationspersonal in Drittländern zur Verfügung gestellt würden. Es sei jedenfalls ausgeschlossen, dass die Geheimhaltung des Dokuments aufgehoben werde und dass es auch nur teilweise dem Kläger zur Kenntnis gebracht werde, da eine solche Verbreitung die Sicherheit der Beamten der Delegationen in den Drittländern gefährden könne. Die Verordnung Nr. 1049/2001 sei auf das vorliegende Verfahren nicht anwendbar, und die Verweigerung der Weitergabe des Dokuments an den Kläger sei jedenfalls aus Erwägungen der öffentlichen Sicherheit gemäß Art. 4 Abs. 1 der genannten Verordnung gerechtfertigt. Sollte jedoch das Gericht der Auffassung sein, dass das Dokument für die Entscheidung des Rechtsstreits von Belang sei, müsse das Gericht zusammen mit der Kommission die Bedingungen prüfen, die erforderlich seien, um den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens mit dem Schutz der Vertraulichkeit der in dem Dokument enthaltenen Informationen in Einklang zu bringen, „z. B. [durch] die Vorlage einer Zusammenfassung des Dokuments (vgl. Beschluss des Gerichtshofs vom 4. Februar 1981, AM & S/Kommission, 155/79), das der Anwalt der klagenden Partei nach Maßgabe der in der Rechtssache F-2/07 [Matos/Kommission, in der das Urteil des Gerichts vom 15. April 2010 erging] vorgesehenen Bedingungen allein einsehen darf“. 49      Das Schreiben vom 30. März 2010 ist am 31. März 2010 vom Kanzler des Gerichts entgegengenommen worden. Die Mitglieder des Spruchkörpers haben die Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien in der Kanzlei eingesehen. 50      Der Anwalt des Klägers hat in der Kanzlei des Gerichts das oben in Randnr. 45 Satz 1 genannte Dokument eingesehen. Er hat keinen Zugang zu den Auszügen aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien gehabt. 51      Mit Schriftsatz vom 12. April 2010 hat der Kläger zu den Dokumenten, die die Kommission in Reaktion auf den Beschluss vom 22. Januar 2010 vorgelegt hat, sowie insbesondere zu dem Dokument, das der Kläger in der Kanzlei des Gerichts einsehen konnte, Stellung genommen. In diesem Schriftsatz hat der Kläger vorgetragen, das Dokument beweise, dass die Kommission eine Sicherheitspflicht treffe, die sich auch auf die vorläufigen Wohnungen des nach Marokko abgeordneten Personals erstrecke, und dass zu den Maßnahmen, zu deren Vornahme die Kommission verpflichtet gewesen sei, die Einrichtung eines ständigen professionellen Bewachungsdienstes durch ein hierauf spezialisiertes Unternehmen gehöre. Eine Bewachung dieser Art sei im vorliegenden Fall nicht eingerichtet worden, obwohl dies innerhalb weniger Tage möglich gewesen wäre. Eine solche Sicherheitsmaßnahme hätte den Täter mit Sicherheit von der Begehung seiner Straftaten abgehalten und hätte zumindest das Eingreifen der Notdienste ermöglicht, durch das das Leben des Sohnes des Klägers hätte gerettet werden können. 52      Mit Beschluss vom 20. Mai 2010 hat das Gericht der Kommission aufgegeben, einen weiteren Auszug aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien vorzulegen, der diesmal die für die Wohnungen des Delegationspersonals in den Drittländern der Gruppe II oder III (entsprechend der Gefahrenstufe „mittel“ bzw. „stark“) geltenden Voraussetzungen für die Installation von Gittern („installation requirements for grids“) betraf. In dem genannten Beschluss hat das Gericht angeordnet, dass die Vorlage dieses Dokuments und der Zugang zu ihm unter denselben Bedingungen wie im Beschluss des Gerichts vom 17. März 2010 erfolgen sollten. 53      Mit Schriftsatz vom 2. Juni 2010 hat die Kommission zu dem Schriftsatz des Klägers vom 12. April 2010 Stellung genommen. In ihrer Stellungnahme (von der die Randnrn. 57 bis 60 nur dem Anwalt des Klägers in der Kanzlei des Gerichts zur Kenntnis gebracht worden sind) hat die Kommission vorgetragen, dass sie bezüglich der privaten Wohnungen der in einer Delegation beschäftigten Beamten über ein weites Ermessen verfüge und dass sie nur eine allgemeine Sorgfaltspflicht treffe. Ihre außervertragliche Haftung könne nur durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsvorschrift ausgelöst werden, die dem Einzelnen Rechte einräumen solle. Die Entscheidung vom 26. April 2006 gelte nur für die Dienstorte und verpflichte daher zu keiner Sicherheitsmaßnahme in den Wohnungen des Delegationspersonals, unabhängig davon, ob es sich um endgültige oder vorläufige Wohnungen handele. Die einzige Vorschrift, die sich auf Sicherheitsmaßnahmen für die endgültigen Wohnungen beziehe, sei das Vademekum der GD „Außenbeziehungen“, das ihrem Schriftsatz vom 12. Februar 2010 beigefügt worden sei. Dieses Vademekum empfehle den Delegationsleitern nur allgemein, Schutzmaßnahmen für Wohnanlagen und/oder Dienstwohnungen zu ergreifen, und lasse der Verwaltung hinsichtlich der Modalitäten ihrer Durchführung ein weites Ermessen. Da die Wohnung des Sohnes des Klägers nur eine vorläufige Wohnung gewesen sei, habe es keine Rechtsvorschrift gegeben, die eine besondere Sicherheitsmaßnahme vorgeschrieben hätte. Außerdem sei der Sohn des Klägers damit einverstanden gewesen, die Wohnung mit seiner Familie zu beziehen. Jedenfalls sei diese vorläufige Wohnung sicher gewesen und mit Sicherheitsmaßnahmen versehen gewesen, die angesichts der für Marokko festgestellten geringen Kriminalitätsrate angemessen gewesen seien, u. a. mit einem Bewachungsdienst, der mit dem im Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien für die endgültigen Wohnungen vorgesehenen Bewachungsdienst vergleichbar gewesen sei. Selbst wenn man unterstelle, dass sich die Kommission einer Unterlassung schuldig gemacht habe, so weise der Kläger nicht nach, dass der Schaden unmittelbar durch die vorgeworfene Untätigkeit verursacht worden sei. 54      Mit Schriftsatz vom 8. Juni 2010 hat die Kommission den Auszug aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien vorgelegt, der die Voraussetzungen für die Installation von Gittern betrifft. In diesem Schriftsatz hat die Kommission vorgetragen, dass entgegen den Feststellungen des Gerichts in seinem Beschluss vom 20. Mai 2010 die in Abschnitt 54.3 des Dokuments von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien genannten Voraussetzungen für die Installation von Gittern nur für die endgültigen Wohnungen des Delegationspersonals der Gruppe III, nicht aber der Gruppe II gelten würden. 55      Die Mitglieder des Spruchkörpers haben den Auszug aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien bezüglich der Voraussetzungen für die Installation von Gittern in der Kanzlei des Gerichts eingesehen. 56      Mit Schreiben vom 2. Juli 2010 hat das Gericht die Parteien darauf hingewiesen, dass es davon ausgehe, dass die Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien für die Entscheidung des Rechtsstreits von Belang seien. Entsprechend dem Vorschlag, den die Kommission in ihrem Schriftsatz vom 30. März 2010 gemacht hat, hat das Gericht die Parteien davon in Kenntnis gesetzt, dass es beabsichtige, von den Auszügen eine Zusammenfassung zu erstellen und diese zu den Akten zu nehmen. Es hat dargelegt, dass diese Zusammenfassung bestimmte Abschnitte des genannten Dokuments zum Inhalt haben werde (die sich auf den S. 37, 140 und 142 befinden, also auf 3 der 7 Seiten, die die Kommission am Gericht vorgelegt hat). Die Parteien sind aufgefordert worden, sich zu dem Schreiben vom 2. Juli 2010 zu äußern. 57      Mit Schriftsatz vom 9. Juli 2010 hat die Kommission den Eingang des Schreibens des Gerichts vom 2. Juli 2010 bestätigt und ausgeführt, dass sie wegen der bereits in ihren Schriftsätzen vom 30. März und 8. Juni 2010 geltend gemachten Sicherheitserfordernisse für Beamte der Delegationen in Drittländern nur damit einverstanden sein könne, dass sich die Zusammenfassung des Dokuments von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien auf den Gegenstand der betreffenden Abschnitte dieses Dokuments beziehe, nicht aber, dass sie Auszüge aus dem genannten Dokument enthalte. In Beantwortung einer Frage des Gerichts hat die Kommission mit Schriftsatz vom 22. September 2010 an einem Beispiel für eine mögliche Zusammenfassung des auf S. 140 des Dokuments von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien befindlichen Abschnitts 54.3 deutlich gemacht, was unter einer Zusammenfassung „des Gegenstands“ der relevanten Abschnitte zu verstehen sei. 58      Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2010 hat der Kläger dem Gericht mitgeteilt, dass er mit dem Vorschlag, dass das Gericht eine Zusammenfassung der Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien erstelle, einverstanden sei. 59      Mit Schreiben vom 6. Oktober 2010 hat das Gericht der Kommission den Entwurf einer Zusammenfassung der relevanten Abschnitte der S. 37, 140 und 142 des Dokuments von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien übersandt, wobei die Zusammenfassung nicht eine solche der Auszüge aus dem Dokument war, sondern sich auf den Gegenstand der genannten Abschnitte bezog, wie die Kommission dies vorgeschlagen hatte. 60      Mit Schreiben vom 6. Oktober 2010 hat das Gericht die Frage an den Kläger gerichtet, ob er um die Nichtbekanntgabe seiner Identität ersuche. Diese Frage ist ohne Antwort geblieben. 61      Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2010 hat die Kommission zu dem Entwurf der Zusammenfassung Stellung genommen und beantragt, in der Überschrift der Zusammenfassung die Erwähnung der S. 37 des Dokuments von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien wegzulassen. 62      Das Gericht hat diesem Antrag der Kommission stattgegeben und die endgültige Zusammenfassung der Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien erstellt. 63      Diese Zusammenfassung ist der Kommission übersandt worden. Was die Klägerseite angeht, so ist die Zusammenfassung nur dem Anwalt des Klägers am 30. November 2010 in der Kanzlei des Gerichts zugänglich gemacht worden. 64      Angesichts der Informationen, die nach der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2009 vorgetragen worden sind, hat das Gericht eine zweite mündliche Verhandlung für erforderlich gehalten. 65      Im vorbereitenden Sitzungsbericht für diese zweite mündliche Verhandlung hat das Gericht die Parteien aufgefordert, ihre mündlichen Ausführungen auf die folgenden Fragen zu konzentrieren: 1.      Verfahrensrechtliche Fragen: a)      Als der Kläger seinen Schadensersatzantrag auf der Grundlage des Art. 90 Abs. 1 des Statuts geltend machte, beantragte er nicht den Ersatz des immateriellen Schadens; sind seine dahin gehenden Schadensersatzanträge vor dem Gericht zulässig? b)      Gehört das Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien zum rechtlichen Rahmen des Rechtsstreits? c)      Können die relevanten Auszüge aus diesem Dokument, die aus berechtigten Gründen der Sicherheit dem Kläger nur in Form einer kurzen Zusammenfassung zugänglich gemacht werden können, dennoch vom Gericht bei der Prüfung, ob im vorliegenden Fall die Kommission eine Pflichtverletzung begangen hat, berücksichtigt werden? Verlangt nicht die Suche nach einem gerechten Ausgleich zwischen dem Schutz der Vertraulichkeit des genannten Dokuments und dem Anspruch des Klägers auf eine effektive gerichtliche Kontrolle unter den gegebenen Umständen, dass das Gericht von Art. 44 Abs. 1 der Verfahrensordnung abweicht (vgl. entsprechend [EGMR, Urteil A u. a./Vereinigtes Königreich vom 19. Februar 2009, Nr. 3455/05], insbesondere Randnrn. 205 bis 208)? 2.      Materiellrechtliche Fragen: a)      Welche rechtliche Tragweite hat das Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien? b)      Hat die Kommission bei der Durchführung der Sicherheitsmaßnahmen, die auf die dem Sohn des Klägers zur Verfügung gestellte vorläufige Wohnung anwendbar waren, eine Pflichtverletzung begangen? c)      Ist der ursächliche Zusammenhang zwischen einer eventuellen Pflichtverletzung der Kommission und den geltend gemachten Schäden unmittelbar und sicher? d)      Unterstellt, die Kommission hat eine Pflichtverletzung begangen, die geeignet wäre, ihre Haftung zu begründen, kann die Kommission für den gesamten entstandenen Schaden haftbar gemacht werden oder – wegen des eventuellen fehlerhaften Verhaltens der Opfer oder wegen des Verhaltens eines Dritten – nur für einen Teil dieses Schadens? e)      Ist der Teil des Schadens, der unmittelbar mit der Pflichtverletzung der Kommission verknüpft wäre, ausreichend durch die Kommission ersetzt worden? 66      Vor der mündlichen Verhandlung hat die Kommission mit Schriftsatz vom 26. November 2010 zu dem vorbereitenden Sitzungsbericht Stellung genommen und sich zu Frage 1 Buchst. c dieses Berichts geäußert. Sie hat insbesondere darauf hingewiesen, dass nach ihrer Auffassung mit der vom Gericht erstellten Zusammenfassung ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen dem Erfordernis der Wahrung der Vertraulichkeit des Dokuments von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien und den Verteidigungsrechten des Klägers gefunden worden sei. Das Gericht könne daher seiner Aktenprüfung keine Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien zugrunde legen, die in dieser Zusammenfassung nicht enthalten seien, weil dadurch Art. 44 Abs. 1 der Verfahrensordnung missachtet würde. Die Kommission hat sich jedoch für den Fall, dass das Gericht der Auffassung sein sollte, dass die von ihr übermittelten Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien Informationen enthielten, die nicht in der Zusammenfassung aufgeführt seien, bereit erklärt, die Möglichkeit zu prüfen, ob das Gericht im anhaltenden Bemühen um ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen dem Erfordernis der Wahrung der Vertraulichkeit des Dokuments und den Verteidigungsrechten des Klägers die Zusammenfassung ergänzen könne, und zwar noch vor der zweiten mündlichen Verhandlung. 67      Mit einem per Fernkopie an die Parteien gesandten Schreiben vom 2. Dezember 2010 hat das Gericht festgestellt, dass es im vorliegenden Rechtsstreit nicht darum gehe, ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen dem Erfordernis der Wahrung der Vertraulichkeit des Dokuments und den Verteidigungsrechten des Klägers zu finden, sondern zwischen der Wahrung der Vertraulichkeit des Dokuments und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes, wobei dem Kläger eine effektive gerichtliche Kontrolle zugutekommen müsse, obwohl bestimmte für seine Klage nützliche Dokumente von der Verwaltung zurückgehalten würden. Das Gericht hat die Parteien aufgefordert, sich für diese Frage auf die Urteile des Gerichtshofs vom 13. Juli 2006, Mobistar (C-438/04, Randnr. 40), und vom 14. Februar 2008, Varec (C-450/06, insbesondere die Randnrn. 52, 53, und Tenor), zu beziehen. Das Gericht hat auch die Kommission aufgefordert, sich vor der mündlichen Verhandlung darüber zu erklären, ob sie damit einverstanden sei, dass die Zusammenfassung erwähne, welche konkreten Sicherheitsmaßnahmen (Merkmale des Bewachungsdienstes, des Alarmsystems, der Notrufvorrichtung, der Fensterschutzgitter) in dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien für die Wohnungen des Personals der Delegationen vorgesehen seien, für die die Gefahrenstufe der Gruppe III gelte. Das Gericht hat klargestellt, dass nur der Anwalt des Klägers Zugang zu dieser neuen Zusammenfassung haben würde. 68      Mit Schreiben, das bei der Kanzlei des Gerichts am 3. Dezember 2010 mit Fernkopie eingegangen ist, hat die Kommission geantwortet, dass sie nicht damit einverstanden sei, dass die Zusammenfassung die im Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien vorgesehenen konkreten Sicherheitsmaßnahmen erwähne. 69      Mit Schreiben, das bei der Kanzlei des Gerichts am 6. Dezember 2010 mit Fernkopie eingegangen ist, hat sich der Kläger darauf berufen, dass das Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien für die Entscheidung des Rechtsstreits von Belang sei. Er hat darauf hingewiesen, dass sich die Zusammenfassung, zu der sein Anwalt Zugang gehabt habe, nur auf den Gegenstand des genannten Dokuments erstrecke, nicht aber auf den Inhalt der dort angeführten Sicherheitsmaßnahmen, und hat sodann unter Berufung auf sein Recht auf einen effektiven Rechtsschutz und gemäß dem Grundsatz der Waffengleichheit die Einsichtnahme in die relevanten Auszüge aus diesem Dokument zumindest durch seinen Anwalt beantragt. Der Kläger hat hervorgehoben, dass die Einstufung des Dokuments von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien – die niedrigste Einstufung nach dem Beschluss 2001/844 – die von der Kommission verweigerte Einsichtnahme offensichtlich nicht rechtfertigen könne. Im Bereich des Wettbewerbsrechts seien die als Verschlusssache „EU – Nur für den Dienstgebrauch“ klassifizierten Dokumente für die Parteien des Verfahrens durch Anordnung von erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen (Verbot der Anfertigung von Fotokopien, Einsichtnahme nur durch die Anwälte der Parteien) normalerweise zugänglich. Sollte das Gericht der Meinung sein, dass es die bereits erstellte Zusammenfassung nicht ergänzen dürfe und dem Kläger auch nicht die Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien zugänglich machen dürfe, müsse das Gericht aufgrund der Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteil Varec) unter Abweichung von Art. 44 Abs. 1 der Verfahrensordnung den Rechtsstreit unter Zugrundelegung der in seinem Besitz befindlichen relevanten Auszüge aus diesem Dokument entscheiden und dürfe sich nicht mit der Zusammenfassung begnügen. 70      Die zweite mündliche Verhandlung hat am 8. Dezember 2010 stattgefunden. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission erklärt, dass sie, falls das Gericht der Ansicht sein sollte, dass das Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien auf die vorläufigen Wohnungen anwendbar sei, keine Bedenken dagegen habe, dass das Gericht über den Rechtsstreit unter Zugrundelegung der relevanten Auszüge aus diesem Dokument – und nicht nur unter Zugrundelegung der Zusammenfassung – entscheide. Rechtliche Würdigung I –  Zum Gegenstand der Klage 71      Der Kläger hat zwar förmlich die Aufhebung der Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 3. Februar 2009 beantragt, doch ist diese Entscheidung, mit der die Verwaltung zu den Schadensersatzansprüchen des Klägers Stellung nahm, wesentlicher Bestandteil des Verwaltungsverfahrens, das einer beim Gericht erhobenen Schadensersatzklage vorausgeht und nur bewirkt, dass der Kläger beim Gericht Schadensersatzklage erheben kann. Die Aufhebungsanträge des Klägers können daher nicht unabhängig von den Schadensersatzanträgen beurteilt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts erster Instanz vom 18. Dezember 1997, Gill/Kommission, T-90/95, Randnr. 45). 72      Die Klage ist somit dahin zu verstehen, dass sie nur den Ersatz der Schäden betrifft, die der Kläger, der verstorbene Beamte und seine Kinder aufgrund des Verhaltens der Kommission erlitten haben. II –  Zur Zulässigkeit A –  Vorbringen der Parteien 73      Die Kommission erhebt mehrere Einreden der Unzulässigkeit. 74      Erstens macht die Kommission geltend, der Kläger habe in seinem gemäß Art. 90 Abs. 1 des Statuts eingereichten Schadensersatzantrag vom 25. Februar 2008 seine Ansprüche auf den Ersatz des materiellen Schadens beschränkt und keinen Antrag gestellt, mit dem der Ersatz eines immateriellen Schadens begehrt worden sei. Die Klage sei somit unzulässig, soweit sie auf den Ersatz der immateriellen Schäden des verstorbenen Beamten, seiner Kinder und des Klägers gerichtet sei. 75      Was zweitens den immateriellen Schaden des Beamten betreffe, so führe zum einen Art. 73 des Statuts unter den Anspruchsberechtigten nicht das Opfer auf. Das Opfer könne somit im Rahmen einer auf Art. 236 EG gestützten Klage aus außervertraglicher Haftung keinen Schaden geltend machen. Da folglich dem verstorbenen Beamten nach Art. 73 des Statuts kein Anspruch zustehe, könne nach dem Rechtsgrundsatz nemo dat quod non habet auch kein Anspruch auf den Kläger übergehen. Eine aufgrund von Art. 236 EG erhobene Schadensersatzklage erlaube zum anderen die Geltendmachung nur einer solchen Entschädigung, die die nach Art. 73 des Statuts gewährte Entschädigung ergänze, und sei nur zulässig, wenn sie von Personen eingereicht werde, die in den persönlichen Anwendungsbereich der genannten Bestimmung fielen. 76      Was drittens den immateriellen Schaden des Klägers betreffe, so sei dieser Schaden in der Beschwerde vom 10. September 2008 nicht erwähnt worden und seine Geltendmachung somit unzulässig. Außerdem gehöre der Kläger nicht zu den Berechtigten nach Art. 73 des Statuts und könne sich daher im Rahmen der außervertraglichen Haftung im Sinne von Art. 236 EG nicht mit Erfolg auf einen Schaden berufen. 77      Was viertens den immateriellen Schaden der Kinder des verstorbenen Beamten angehe, so könne dieser Schaden nicht zur Begründung einer auf Art. 236 EG gestützten Schadensersatzklage herangezogen werden, da den Kindern des Opfers kein Anspruch nach Art. 73 des Statuts zustehe. Außerdem biete der Kläger auch nicht ansatzweise einen Beweis für den erlittenen existenziellen Schaden an. 78      Fünftens sei das Vorbringen des Klägers, wonach der verstorbene Beamte, wenn er gelebt hätte, seinen Kindern einen wesentlich höheren Kapitalbetrag als den von der Kommission gemäß Art. 73 des Statuts gezahlten Betrag hinterlassen hätte, nicht unter Beweis gestellt und nicht näher konkretisiert worden. Außerdem habe der Kläger keine alternativen Einkunftsquellen angeführt (z. B. eventuelle Einkünfte aus Lebensversicherungen, deren Inhaber der verstorbene Beamte und seine Ehefrau gewesen wären), anhand deren der Einkommensverlust bestimmt werden könnte, der den vom Kläger gesetzlich vertretenen Hinterbliebenen tatsächlich entstanden sei. 79      Sechstens sei weder der zweite noch der dritte Klagegrund – die verschuldensunabhängige Haftung der Kommission auch bei rechtmäßigem Handeln bzw. die Haftung nach Art. 24 des Statuts – im Schadensersatzantrag vom 25. Februar 2008 enthalten gewesen. Die beiden Klagegründe seien ferner nicht mit Beweisen belegt, so dass der angebliche Schaden nicht quantifiziert werden könne, und sie seien nicht Gegenstand von Anträgen in der Klageschrift. Die Klagegründe seien daher für unzulässig zu erklären. 80      Schließlich habe der Kläger keine Vollmacht der anderen Vormünder der Kinder des verstorbenen Beamten vorgelegt, aus der sich ergeben würde, dass der Kläger berechtigt sei, namens und für Rechnung der Kinder Klage zu erheben. Es fehle daher an einer Klagebefugnis. B –  Würdigung durch das Gericht 81      Zunächst sind die in den Randnrn. 74 bis 77 des vorliegenden Urteils angeführten Einreden der Unzulässigkeit zu prüfen, die sich sämtlich auf die Anträge des Klägers auf Ersatz immaterieller Schäden beziehen. 82      Insoweit ist daran zu erinnern, dass, wenn mit einer Klage ausschließlich Schadensersatz in dem Sinne begehrt wird, dass die Klage keinen Antrag auf Aufhebung eines bestimmten Rechtsakts beinhaltet, sondern ausschließlich auf den Ersatz von Schäden gerichtet ist, die angeblich durch rechtswidrige Handlungen oder Unterlassungen verursacht wurden, die mangels jeglicher Rechtswirkungen nicht als beschwerende Maßnahmen angesehen werden können, das Verwaltungsverfahren in dem System der Klagemöglichkeiten nach den Art. 90 und 91 des Statuts zwingend durch einen Antrag, mit dem der Betroffene die Anstellungsbehörde zum Ersatz der angeblichen Schäden auffordert, eingeleitet und gegebenenfalls durch Einlegung einer Beschwerde gegen die den Antrag versagende Entscheidung fortgeführt werden muss; andernfalls wäre die spätere Klage unzulässig (vgl. insbesondere Urteil des Gerichts erster Instanz vom 13. Juli 1995, Saby/Kommission, T-44/93, Randnr. 31). 83      Nach ständiger Rechtsprechung müssen ferner die beim Unionsgericht gestellten Anträge denselben Gegenstand haben wie die in der Beschwerde enthaltenen Anträge, und mit ihnen können nur solche Rügen erhoben werden, die auf demselben Grund beruhen wie die in der Beschwerde genannten Rügen; diese Rügen können jedoch im gerichtlichen Verfahren durch Gründe und Argumente weiterentwickelt werden, die nicht notwendigerweise in der Beschwerde enthalten sind, sich aber eng an diese anlehnen (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofs vom 23. April 2002, Campogrande/Kommission, C-62/01 P, Randnr. 34). 84      Das Gericht hat kürzlich entschieden, dass der Begriff „Grund“ weit auszulegen ist (Urteil des Gerichts vom 1. Juli 2010, Mandt/Parlament, F-45/07, Randnr. 119). Zwar wurde diese Rechtsprechung vom Gericht aus Anlass einer Nichtigkeitsklage entwickelt, doch schließt dies nicht aus, dass sie auf den Bereich der Schadensersatzklage übertragen werden kann, sofern die Besonderheiten der Schadensersatzklage beachtet werden. Im Bereich der reinen Schadensersatzklage wird der Begriff „Grund“ nicht unter Bezugnahme auf „Rügen“ im Sinne der in der vorstehenden Randnummer angeführten Rechtsprechung, sondern unter Bezugnahme auf „Schäden“ definiert, die der betroffene Beamte in seinem Schadensersatzantrag geltend macht. Die Schäden bestimmen den Gegenstand des vom Beamten begehrten Schadensersatzes und folglich den Gegenstand des Antrags, über den die Verwaltung zu entscheiden hat. 85      Aus den in den drei vorangegangenen Randnummern genannten Erwägungen ergibt sich, dass Anträge auf Schadensersatz, die auf verschiedene Schäden gestützt werden, vor dem Gericht nur zulässig sind, wenn ihnen ein an die Verwaltung gerichteter Antrag, der denselben Gegenstand hat und auf dieselben Schäden gestützt ist, und sodann eine Beschwerde gegen die Entscheidung der Verwaltung voranging, die ausdrücklich oder stillschweigend über den genannten Antrag entschieden hat. 86      Damit ist es dem betreffenden Beamten nicht untersagt, die Höhe der in seinem Antrag an die Verwaltung aufgeführten Ansprüche anzupassen, insbesondere wenn seine Schäden später größer werden oder der Umfang seiner Schäden nicht bekannt ist oder erst nach Einreichung des Antrags ermittelt werden kann (vgl. in diesem Sinne zu der Möglichkeit, einen Schaden im Stadium der Klage zu beziffern, Urteil vom 23. September 2004, Hectors/Parlament, C-150/03 P, Randnr. 62), jedoch nur, sofern die Schäden, für die er Ersatz verlangt, in dem genannten Antrag enthalten sind. 87      Im vorliegenden Fall begehrt der Kläger zwar Ersatz der Schäden, die durch dieselben Umstände wie die in seinem Antrag vom 25. Februar 2008 genannten entstanden sind, doch werden seine Schadensersatzanträge auf verschiedene immaterielle Schäden gestützt, die ihm selbst, seinem verstorbenen Sohn und seinen Enkelkindern entstanden seien. 88      Unstreitig hat der Kläger jedoch in dem Schadensersatzantrag, der in seinem Schreiben vom 25. Februar 2008 enthalten ist, nur den Ersatz materieller Schäden begehrt, nicht aber die immateriellen Schäden geltend gemacht, auf die er sich vor dem Gericht berufen hat. 89      Zwar beantragte der Kläger später in der Beschwerde nicht nur den Ersatz materieller Schäden, sondern auch den Ersatz immaterieller Schäden, weshalb die Verwaltung in der Zurückweisung der Beschwerde zu diesen Schäden vor Klageerhebung Stellung nehmen konnte. Dieser Teil der Zurückweisung der Beschwerde ist jedoch als erste Entscheidung der Verwaltung über die genannten Schäden anzusehen. Der Kläger legte aber nicht, wie es seine Pflicht gewesen wäre, gegen diese letzte Entscheidung Beschwerde ein und hielt somit nicht das zweiphasige Verwaltungsverfahren ein, das Voraussetzung für die Zulässigkeit der auf diese Schäden gestützten Schadensersatzanträge ist. 90      Den Ausführungen des Klägers in der zweiten mündlichen Verhandlung, die er auf das Urteil des Gerichtshofs vom 26. Januar 1989, Koutchoumoff/Kommission (224/87), gestützt hat, kann nicht gefolgt werden. Denn wenn der Gerichtshof in diesem Urteil zugelassen hat, dass ein Beamter einen Schadensersatzantrag erstmals vor dem Richter stellt, so ist dies geschehen, weil die in der Beschwerde erfolgte Berufung auf die Rechtswidrigkeit der den Betreffenden beschwerenden Handlung einen Antrag auf Ersatz des durch diese Handlung verursachten Schadens umfassen konnte. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft hingegen ausschließlich Schadensersatzansprüche und ist nicht die Folge der Berufung auf die Rechtswidrigkeit einer den Kläger beschwerenden Handlung. 91      Folglich sind die Anträge auf Ersatz der immateriellen Schäden im vorliegenden Verfahren als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass die insoweit erhobenen weiteren Einreden der Unzulässigkeit zu prüfen wären. 92      Was zweitens das in Randnr. 78 des vorliegenden Urteils wiedergegebene Vorbringen der Kommission betrifft, geht es bei ihm um die Frage, ob nicht aufgrund der Zahlungen, die die Kommission bereits als Leistungen nach dem Statut erbrachte, das Rechtsschutzinteresse des Klägers entfallen ist. Diese Frage wird später bei der Prüfung der Begründetheit des ersten Klagegrundes zu untersuchen sein. 93      Was drittens die in Randnr. 79 des vorliegenden Urteils angeführten Einreden der Unzulässigkeit betrifft, die gegenüber dem zweiten und dritten Klagegrund erhoben worden sind, ist in Anbetracht der dem Gericht vorliegenden Beweise und aus Gründen der geordneten Rechtspflege zunächst zu prüfen, ob die Haftung des Organs auch ohne Verschulden bei rechtmäßigem Handeln ausgelöst werden kann oder ob sie auf die Bestimmungen des Art. 24 des Statuts gestützt werden kann. Sollte das Gericht zu dem Ergebnis kommen, dass die Schadensersatzansprüche des Klägers, die auf diese beiden Klagegründe gestützt werden, unbegründet sind und die Klage daher abzuweisen ist, brauchen die beiden genannten Einreden der Unzulässigkeit nicht geprüft zu werden (Urteil des Gerichtshofs vom 26. Februar 2002, Rat/Boehringer, C-23/00 P, Randnr. 52; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 22. Mai 2008, Ott u. a./Kommission, T-250/06 P, Randnrn. 75 und 76; Urteile des Gerichts vom 14. November 2006, Villa u. a./Parlament, F-4/06, Randnr. 21, und vom 20. Januar 2009, Klein/Kommission, F-32/08, Randnr. 20). 94      Was schließlich viertens die Einrede der Unzulässigkeit angeht, die darauf gestützt wird, dass der Kläger als gesetzlicher Vertreter der Hinterbliebenen des verstorbenen Beamten nicht klagebefugt sei, da die anderen Vormünder der genannten Hinterbliebenen nicht ihr Einverständnis gegeben hätten, ist festzustellen, dass der Kläger, nachdem er mit Schreiben des Gerichts vom 15. Juni 2010 aufgefordert worden war, eine Urkunde vorzulegen, aus der sich ergebe, dass er mit Einverständnis der Mitvormünder handele, mit Schreiben vom 17. Juni 2010 eine von den Mitvormündern unterzeichnete Vollmacht vorgelegt hat. Das Gericht kann daher gemäß Art. 36 der Verfahrensordnung feststellen, dass die Klageschrift den Erfordernissen des Art. 35 Abs. 1 Buchst. b der Verfahrensordnung entspricht. Die Einrede der Unzulässigkeit ist somit zurückzuweisen. 95      Selbst wenn das Fehlen dieser Vollmacht bei Einreichung der Klageschrift im Laufe des Verfahrens nicht geheilt werden könnte, ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits festgestellt hat, dass eine Vereinigung die Möglichkeit, den Unionsrichter anzurufen, nicht zwangsläufig dadurch verliert, dass sie ihre Klagebefugnis nach dem nationalen Recht nicht nachgewiesen hat (vgl. in diesem Sinne bezüglich einer in Gründung befindlichen Gesellschaft, die die Kommission zur Teilnahme an einer Ausschreibung zugelassen hatte und deren Angebot sie als gültig anerkannt hatte, Urteil des Gerichtshofs vom 28. Oktober 1982, Groupement des Agences de voyages/Kommission, 135/81). 96      Ferner hat die Kommission im vorliegenden Fall in der Erwiderung auf die Beschwerde des Klägers nicht geltend gemacht, dass dieser nur im Einverständnis der anderen Mitvormünder der Hinterbliebenen des verstorbenen Beamten tätig werden könne, obwohl die Beschwerde den letzten Abschnitt vor der Klageerhebung darstellte. III –  Zur Begründetheit A –  Zum ersten Klagegrund: Verstoß der Kommission gegen ihre Pflicht, für den Schutz ihres Beamten zu sorgen 1.     Vorbringen der Parteien 97      Nach Auffassung des Klägers ist die Voraussetzung für eine außervertragliche Haftung der Kommission, die die Rechtswidrigkeit des der Kommission zur Last gelegten Verhaltens betreffe, erfüllt. Die Kommission habe bei der Befolgung der sie als Arbeitgeber treffenden allgemeinen Sicherheitspflicht fahrlässig gehandelt; diese Sicherheitspflicht ergebe sich unmittelbar aus der Beistandspflicht nach Art. 24 Abs. 1 des Statuts und habe in Bezug auf die in Drittländern beschäftigten Beamten und ihre Familien eine spezifische Bedeutung. 98      Die Kommission habe gegen ihre Verpflichtung verstoßen, dem verstorbenen Beamten und seiner Familie eine sichere Wohnung zu beschaffen. Diese Verpflichtung sei umso zwingender, als der Beamte nach Art. 5 Abs. 1 des Anhangs X zum Statut verpflichtet sei, die Wohnung zu beziehen, die ihm die Kommission zur Verfügung stelle. Die Fahrlässigkeit der Kommission sei durch die Tatsache belegt, dass ein Gelegenheitsstraftäter, noch dazu unter dem Einfluss von Alkohol und Betäubungsmitteln, mühelos ohne Sachbeschädigung und ohne Überwindung von Hindernissen in das Innere des vom verstorbenen Beamten bewohnten Hauses eingedrungen sei. Die Kommission habe sich nicht vergewissert, ob die Fenstergitter des Esszimmers ein wirksames Hindernis darstellten. Sie hätten diese Funktion aber nicht erfüllen können. Was den Umstand betreffe, dass das Fenster des genannten Zimmers offen gewesen sei, sei dieser Umstand nicht bewiesen und jedenfalls ungeeignet, die Kommission von ihrer Haftung zu befreien. Darüber hinaus müsse die Kommission als dafür verantwortlich angesehen werden, dass der Nachtwächter zum Zeitpunkt des Einbruchs nicht anwesend gewesen sei. Ferner seien so kostengünstige und wirksame Maßnahmen wie die Installation eines Alarmsystems und/oder einer Notrufvorrichtung nicht getroffen worden, obwohl sie vom Verfasser der schriftlichen Antwort vom 6. August 2007 als „Standard“-Sicherheitsmaßnahmen dargestellt worden seien. 99      Was die Zustimmung angehe, die der verstorbene Beamte bei der Überlassung der vorläufigen Wohnung erklärt habe, so könne diese die Kommission in keinem Fall von ihren Pflichten im Bereich der Sicherheit befreien. Der Kläger habe im Übrigen die Wohnung, die die Kommission vor seiner Ankunft in Rabat angemietet habe, nicht ausgesucht. 100    Der Kläger stellt klar, er mache nicht geltend, dass die Kommission verpflichtet gewesen sei, dem verstorbenen Beamten und seiner Familie absolute Sicherheit zu bieten, sondern lediglich, dass die wirksamen und angemessenen Mindestmaßnahmen, die für die Sicherheit seines Sohnes und dessen Familie einen konkreten Schutz hätten darstellen können, nicht ergriffen worden seien. 101    Die Kommission verweist auf die Rechtsprechung, wonach ein Beamter (oder seine Hinterbliebenen), der Leistungen nach Art. 73 des Statuts erhält, eine Klage aus außervertraglicher Haftung gegen das betreffende Organ nur dann mit Erfolg erheben kann, wenn die Leistungen nicht ausreichen, um die erlittenen Schäden zu ersetzen. Diese Rechtsprechung könne auf die anderen Leistungen nach dem Statut, die im vorliegenden Rechtsstreit an die Hinterbliebenen des verstorbenen Beamten erbracht worden seien, übertragen werden. Der Kläger, der die Beweislast trage, habe nicht nachgewiesen, dass die von der Kommission im vorliegenden Fall geleisteten Beträge insoweit nicht ausreichend seien. Die Kommission äußert daher Zweifel an dem Rechtsschutzinteresse des Klägers, zumindest in Bezug auf die behaupteten immateriellen Schäden. Bezüglich der materiellen Schäden habe der Kläger bei der Bemessung des von ihm geltend gemachten Schadensersatzes die den Hinterbliebenen des verstorbenen Beamten gewährten Leistungen nach dem Statut unberücksichtigt gelassen, obwohl die vorstehend genannte Rechtsprechung ausschließe, dass über eine zusätzliche Klage aus außervertraglicher Haftung dieselben Schäden zweifach ersetzt würden. 102    Die Kommission stellt ihre allgemeine Sicherheitspflicht als Arbeitgeberin nicht in Frage, hält dem Kläger aber entgegen, dass sie die nach Lage der Dinge angemessenen Maßnahmen getroffen habe, weshalb ausgeschlossen sei, dass sie eine Pflichtverletzung begangen habe. Das Verteidigungsvorbringen der Kommission zu diesen Fragen ist oben in Randnr. 53 dieses Urteils dargelegt. Im Übrigen ist die Kommission der Auffassung, dass für die Schäden, die der Kläger geltend gemacht habe, ausschließlich der Straftäter hafte. Der Sohn des Klägers habe ebenfalls eine gewisse Fahrlässigkeit an den Tag gelegt, die die Verursachung der Schäden mitverantwortet habe, insbesondere dadurch, dass er vor seiner Abfahrt nach Marokko nicht an den Informationsveranstaltungen über die Sicherheit teilgenommen habe, die die Kommission für die bei den Delegationen in Drittländern beschäftigten Personen eingerichtet habe, und in der Nacht des Doppelmords ein Fenster seiner Wohnung offen gelassen habe. 103    Nach Einsichtnahme in die Zusammenfassung der Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien in der Kanzlei des Gerichts hat der Anwalt des Klägers vorgetragen, dass dieses Dokument für die Kommission zwingend sei und dass es die Voraussetzungen wiedergebe, die die Kommission für die Ausübung ihres Ermessens selbst aufgestellt habe. Obwohl die Kommission von den Gefahren gewusst habe, denen ihre in Marokko beschäftigten Beamten ausgesetzt gewesen seien, habe sie keine der in dem genannten Dokument vorgeschriebenen Maßnahmen beachtet. Ohne diese Pflichtverletzung der Kommission wäre der Doppelmord nicht begangen worden. Wären ferner die in dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt worden, hätte der Sohn des Klägers Alarm auslösen können und wäre seinen Verletzungen möglicherweise nicht erlegen. Ihm sei daher eine Überlebenschance versagt worden. Der Kausalitätszusammenhang zwischen der Pflichtverletzung der Kommission und den Schäden sei eindeutig erwiesen. Die Haftung der Kommission werde durch keine Pflichtverletzung des getöteten Beamten eingeschränkt. 104    Die Kommission hat erwidert, das Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien habe für die vorläufigen Wohnungen wie die dem Sohn des Klägers zur Verfügung gestellte nicht gegolten und enthalte nur Empfehlungen, nicht aber Maßnahmen zwingenden Charakters. Die Verwaltung habe somit im vorliegenden Fall über ein weites Ermessen verfügt, dessen Grenzen sie offenkundig nicht überschritten habe, da die im vorliegenden Fall durchgeführten Schutzmaßnahmen ausreichend und angemessen gewesen seien. 2.     Würdigung durch das Gericht a)     Zu dem Einwand der Kommission, die angeblichen Schäden seien bereits vollständig ersetzt 105    Vorab ist zu prüfen, ob der Kläger die Voraussetzung des Nachweises eines ersatzfähigen Schadens erfüllt, da andernfalls seine Schadensersatzklage abzuweisen wäre. Die Kommission behauptet nämlich, die vom Kläger geltend gemachten Schäden seien durch die statutsmäßigen Leistungen, die an die Hinterbliebenen des verstorbenen Beamten erbracht worden seien, vollständig ersetzt worden. Eine der Voraussetzungen, von der die Haftung der Union abhänge, nämlich der Nachweis eines nicht ersetzten Schadens, liege somit nicht vor, so dass die Klage von vornherein abzuweisen wäre, ohne dass zu prüfen wäre, ob die Kommission eine Pflichtverletzung begangen habe. Der Kläger dagegen trägt vor, die statutsmäßigen Leistungen, die pauschalen Charakter hätten, seien völlig unzureichend, um einen angemessenen Ersatz der vorliegend erlittenen, in der Geschichte der Organe der Union beispiellosen materiellen und immateriellen Schäden zu gewährleisten. Angesichts der außergewöhnlichen Umstände des Rechtsstreits sei ein zusätzlicher Schadensersatz auf der Grundlage der Rechtsprechung erforderlich (Urteil des Gerichtshofs vom 8. Oktober 1986, Leussink/Kommission, 169/83 und 136/84). 106    Insoweit ist entschieden worden, dass wegen des pauschalen Charakters der Leistungen nach dem Statut für die Hinterbliebenen eines verstorbenen Beamten diese gegenüber dem Organ Anspruch auf eine ergänzende Entschädigung für den Fall haben, dass das Organ für den Tod des Beamten haftbar gemacht werden kann und die Leistungen nach dem Statut nicht ausreichen, um den vollen Ersatz des erlittenen Schadens sicherzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil Leussink/Kommission, Randnr. 13; Urteil des Gerichtshofs vom 9. September 1999, Lucaccioni/Kommission, C-257/98 P, Randnrn. 22 und 23). 107    Es ist in erster Linie Sache der Partei, die sich auf die Haftung der Gemeinschaft beruft, schlüssige Beweise für das Vorliegen und den Umfang des von ihr geltend gemachten Schadens zu erbringen und den Kausalzusammenhang zwischen diesem Schaden und dem beanstandeten Verhalten der Organe nachzuweisen (vgl. u. a. Urteile des Gerichtshofs vom 21. Mai 1976, Roquette frères/Kommission, 26/74, Randnrn. 22 und 23, und vom 7. Mai 1998, Somaco/Kommission, C-401/96 P, Randnr. 71). 108    Das Vorbringen der Kommission, der durch die Leistungen nach dem Statut bewirkte Ersatz sei ausreichend, scheint zwar eine Einrede der Unzulässigkeit darzustellen, da die Kommission offenbar der Ansicht ist, dass dem Kläger das Rechtsschutzinteresse fehle. Es könnte daher nach ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen werden, dass die Beklagte, die sich auf das fehlende Rechtsschutzinteresse des Klägers beruft, den Nachweis zu erbringen hat, dass die Klage durch das Fehlen dieser Zulässigkeitsvoraussetzung in Frage gestellt ist. 109    Dieser Auslegung des Vorbringens der Kommission kann jedoch nicht gefolgt werden. Die These der Kommission besteht darin, dass der Kläger eine der Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Union, nämlich den Nachweis eines ersatzfähigen Schadens, nicht erfüllt habe. Da aber der Kläger das Bestehen und den Umfang der Schäden, deren Ausgleich er verlangt, zu beweisen hat, ist es an ihm, den Beweis zu erbringen, dass die von ihm geltend gemachten Schäden durch die Leistungen nach dem Statut nicht vollständig ausgeglichen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Lucaccioni/Kommission, Randnr. 16). 110    Im vorliegenden Fall hat der Kläger insoweit ausreichende Nachweise erbracht. 111    Erstens erscheint die Annahme, die der Kläger der Schätzung des als materieller Schaden geltend gemachten Betrags zugrunde gelegt hat – eine Schätzung, die eine zumindest annäherungsweise Beurteilung des finanziellen Verlusts darstellt, den die Hinterbliebenen des verstorbenen Beamten erlitten haben –, nämlich dass der verstorbene Beamte seine Tätigkeit bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand hätte fortsetzen können, plausibel und angemessen, auch wenn der dafür berücksichtigte Zeitraum 26 Jahre beträgt. Der in der Klage genannte Betrag von 2 552 837,96 Euro, der der Höhe der Dienstbezüge entspricht, die der Sohn des Klägers erhalten hätte, wenn er bis zum Ruhestandsalter tätig gewesen wäre, ist somit nicht a priori übermäßig hoch. Im Übrigen hat der Kläger keinen Antrag wegen des Verlusts von Ruhegehaltsansprüchen gestellt, die sein Sohn während des genannten Zeitraums hätte erwerben können, obwohl unionsrichterlich anerkannt ist, dass diese Ansprüche bei der Beurteilung eines materiellen Schadens berücksichtigt werden können (vgl. Urteile des Gerichts erster Instanz vom 5. Oktober 2004, Sanders u. a./Kommission, T-45/01, Randnr. 167, und vom 12. Juli 2007, Sanders u. a./Kommission, T-45/01, Randnrn. 87 bis 90). 112    Zweitens ist festzustellen, dass der so errechnete Betrag die Gesamthöhe der statutsmäßigen Leistungen übersteigt, die die Kommission an die Hinterbliebenen des verstorbenen Beamten erbracht hat und noch erbringen wird, und zwar auch in dem von der Kommission in Randnr. 54 ihrer Klagebeantwortung erörterten Fall, dass die genannten Leistungen bis zu dem Zeitpunkt erbracht werden, zu dem die Waisenkinder das 26. Lebensjahr vollendet haben werden (der Betrag beläuft sich in diesem Fall auf geschätzte 2 478 375,47 Euro). 113    Drittens ist der vom Kläger geltend gemachte Betrag von 2 552 837,96 Euro in einer Tabelle, die in der ersten mündlichen Verhandlung überreicht worden ist, auf einen Betrag von ungefähr 4 Mio. Euro berichtigt worden, mit dem insbesondere den Beförderungen in höhere Besoldungsgruppen Rechnung getragen werden sollte, die nach Auffassung des Klägers sein Sohn erreicht hätte. Zwar sind diese Beförderungen ihrer Natur nach hypothetisch, da die Beamten keinen Anspruch auf derartige Laufbahnentwicklungen haben. Auch nahm die Kommission posthum eine außerordentliche Beförderung des verstorbenen Beamten vor, die bei der Berechnung der statutsmäßigen Leistungen, die den Hinterbliebenen des Verstorbenen gezahlt werden, berücksichtigt wurden. Dennoch darf angenommen werden, dass der oben genannte Betrag von 2 552 837,96 Euro mehrfach erhöht worden wäre, zumindest aufgrund des Aufstiegs in den Dienstaltersgruppen, die der verstorbene Beamte entsprechend seinem Dienstalter hätte erreichen können (wegen der genaueren Bestimmung der Höhe der materiellen Schäden vgl. Randnrn. 199 und 200 des vorliegenden Urteils). 114    Aufgrund der Angaben des Klägers kann in dem Fall, dass die Kommission für den gesamten erlittenen materiellen Schaden in voller Höhe haften würde, nicht ausgeschlossen werden, dass die statutsmäßigen Leistungen, die an die Betroffenen – sämtlich minderjährig und Vollwaisen – gezahlt werden, nicht ausreichen, um den vollen Ersatz der von den Betroffenen erlittenen erheblichen materiellen Schäden sicherzustellen. Entgegen den Ausführungen der Kommission in der mündlichen Verhandlung ist der Umstand, dass die monatlich an die Hinterbliebenen des verstorbenen Beamten als statutsmäßige Leistungen gezahlten Beträge den Betrag der Dienstbezüge überschreiten, den der Beamte im Juni 2009 erhalten hätte, nicht geeignet, dieses Ergebnis in Frage zu stellen. Diese Dienstbezüge wären nämlich, wie ausgeführt, an den Sohn des Klägers bis zu dem Zeitpunkt gezahlt worden, in dem er das Ruhestandsalter erreicht hätte, also während eines Zeitraums, der länger ist als der, für den die statutsmäßigen Leistungen an die Hinterbliebenen vorgesehen sind. 115    Die Kommission kann somit nicht geltend machen, dass die Schadensersatzklage von vornherein abzuweisen sei, weil der Kläger nicht nachgewiesen habe, dass die angeblichen Schäden durch die den Hinterbliebenen seines Sohns bereits zuerkannten Leistungen nach dem Statut nicht vollständig ausgeglichen worden seien. b)     Zu der Rüge, die Kommission habe gegen ihre Verpflichtung verstoßen, für die Sicherheit des verstorbenen Beamten und seiner Familie zu sorgen Zu den Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung der Kommission 116    Nach ständiger unionsrichterlicher Rechtsprechung fällt ein auf Schadensersatz gerichteter Rechtsstreit zwischen einem Beamten und seinem derzeitigen oder früheren Dienstherrn, wenn er seinen Ursprung in einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis zwischen dem Beamten und dem Dienstherrn hat, unter Art. 236 EG sowie die Art. 90 und 91 des Statuts und liegt außerhalb des Anwendungsbereichs der Art. 235 EG und 288 EG (Urteile des Gerichtshofs vom 22. Oktober 1975, Meyer-Burckhardt/Kommission, 9/75, Randnr. 7, vom 17. Februar 1977, Reinarz/Kommission und Rat, 48/76, Randnr. 10; Beschluss des Gerichtshofs vom 10. Juni 1987, Pomar/Kommission, 317/85, Randnr. 7; Urteil des Gerichtshofs vom 7. Oktober 1987, Schina/Kommission, 401/85, Randnr. 9; Beschluss des Gerichts erster Instanz vom 26. Juni 2009, Marcuccio/Kommission, T-114/08 P, Randnrn. 12, 13 und 24; Urteil des Gerichts vom 11. Mai 2010, Nanopoulos/Kommission, F-30/08, Randnrn. 130 bis 133, Rechtsmittel beim Gericht der Europäischen Union anhängig, Rechtssache T-308/10 P). Diese Rechtsprechung kann auf einen Rechtsstreit zwischen den Hinterbliebenen eines verstorbenen Beamten oder deren gesetzlichem Vertreter und dem früheren Dienstherrn des Beamten übertragen werden, da dieser Rechtsstreit seinen Ursprung in dem Dienstverhältnis zwischen dem Beamten und dem Dienstherrn hat. 117    Die Haftung eines Organs im Rahmen des Art. 236 EG ist an das Zusammentreffen mehrerer Voraussetzungen geknüpft, nämlich daran, dass das Organ einen Amtsfehler oder einen Rechtsverstoß begangen hat, dass tatsächlich ein bestimmter und messbarer Schaden entstanden ist und dass zwischen der Pflichtverletzung und dem behaupteten Schaden ein Kausalzusammenhang besteht (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts erster Instanz vom 13. Dezember 1990, Moritz/Kommission, T-20/89, Randnr. 19, vom 9. Februar 1994, Latham/Kommission, T-82/91, Randnr. 72, und vom 21. Februar 1995, Moat/Kommission, T-506/93, Randnr. 46). Da diese Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssen, genügt es für die Abweisung einer Schadensersatzklage, dass eine von ihnen nicht vorliegt (Urteil Lucaccioni/Kommission, Randnr. 14). 118    Was die erste dieser Voraussetzungen betrifft, die das Gericht als Erstes zu prüfen hat, so hat der Unionsrichter, auch wenn nicht die Rechtmäßigkeit eines Verhaltens mit Entscheidungscharakter, sondern, wie im vorliegenden Fall, die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens ohne Entscheidungscharakter in Frage steht, aus dem Kreis der relevanten Umstände des ihm vorgelegten Falles das Ermessen zu berücksichtigen, über das die Verwaltung im Zeitpunkt der streitigen Ereignisse verfügte. 119    Verfügt das Organ über ein weites Ermessen, ist es insbesondere nicht verpflichtet, aufgrund des geltenden rechtlichen Rahmens in einer bestimmten Weise tätig zu werden, so ist das entscheidende Kriterium für die Bejahung der ersten Voraussetzung, dass das Organ die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat. Hat die Verwaltung keinen offensichtlichen Irrtum begangen, kann ihr ein rechtswidriges Handeln nicht zur Last gelegt werden, und ihre Haftung ist ausgeschlossen. Die Einleitung einer Untersuchung z. B., an deren Ende der betreffende Beamte von jedem Verdacht entlastet wird, ist nicht geeignet, die Haftung eines Organs zu begründen, wenn die Entscheidung über die Einleitung der Untersuchung auf einer Reihe hinreichender und relevanter Informationen beruht und deshalb nicht offensichtlich fehlerhaft ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 2. Mai 2007, Giraudy/Kommission, F-23/05, Randnrn. 104, 105 und 167). 120    Ist dagegen der Ermessensspielraum der Verwaltung erheblich verringert oder gar auf null reduziert, kann die bloße Verletzung des Unionsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen, der geeignet ist, die Haftung des Organs auszulösen (Urteil des Gerichtshofs vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C-352/98 P, Randnr. 44). Ist daher die Verwaltung zu einem Verhalten verpflichtet, das ihr durch die geltenden Rechtsvorschriften, die allgemeinen Grundsätze, die Grundrechte oder auch durch Vorschriften vorgegeben wird, die sie sich selbst gegeben hat, kann der bloße Verstoß gegen eine solche Verpflichtung die Haftung des betreffenden Organs auslösen. 121    Dementsprechend hat der Unionsrichter die Haftung eines Organs in folgenden Fällen bejaht: bei einem Organ, das die ihm als Dienstherrn obliegende Sorgfaltspflicht in Bezug auf Überwachung, Wartung und Benutzung des Dienstfahrzeugs verletzte, in dem ein Beamter fuhr, als es zu einem Unfall kam (Urteil Leussink/Kommission, Randnrn. 15 bis 17); bei einem Organ, das einen Beamten nicht vom Vorliegen einer Krankheit unterrichtete, die sich aus den ärztlichen Akten ergab, obwohl es verpflichtet war, den Betreffenden vor gesundheitsschädlichen Verhaltensweisen zu warnen (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 18. Dezember 1997, Gill/Kommission, Randnr. 34); bei einem Organ, dessen ärztlicher Dienst einen Beamten nicht über Risikofaktoren informierte, die zum Entstehen einer Krankheit führen können (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 25. September 1991, Nijman/Kommission, T-36/89, Randnr. 37), und bei einem Organ, das nicht innerhalb angemessener Frist über einen Antrag auf Anerkennung einer Krankheit als Berufskrankheit entschied (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 11. April 2006, Angeletti/Kommission, T-394/03, Randnrn. 161 und 167). 122    Die Kommission trägt zwar unter Berufung auf die Urteile des Gerichts erster Instanz vom 8. Juli 2008, Franchet und Byk/Kommission (T-48/05, Randnrn. 95 bis 97), und vom 10. Dezember 2008, Nardone/Kommission (T-57/99, Randnr. 162) vor, die erste Voraussetzung der außervertraglichen Haftung der Verwaltung verlange auf jeden Fall, dass ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm nachgewiesen werde, die bezwecke, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, doch gilt diese Voraussetzung nach ständiger Rechtsprechung für Schadensersatzklagen, die der Einzelne aufgrund von Art. 288 EG erhebt, ist indessen nicht auf Schadensersatzklagen anwendbar, die ihren Ursprung in einem Dienstverhältnis zwischen einem Beamten und seinem Dienstherrn haben. Insbesondere in den in der vorstehenden Randnummer angeführten Urteilen hat der Unionsrichter das Vorliegen eines Amtsfehlers der Verwaltung allein aus der Feststellung abgleitet, dass ein Rechtsverstoß begangen wurde, ohne auf einen „hinreichend qualifizierten“ Verstoß Bezug zu nehmen oder zu prüfen, ob die verletzte Rechtsnorm als eine Norm eingestuft werden kann, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen. Das Gericht erster Instanz hat als Rechtsmittelkammer in dem Beschluss Marcuccio/Kommission (Randnrn. 11, 12 und 13), der nach den Urteilen Franchet und Byk/Kommission sowie Nardone/Kommission erlassen wurde, bekräftigt, dass ein Beamter aufgrund des Dienstverhältnisses zwischen ihm und der Union nicht als Privatperson behandelt werden kann und dass sich die Haftungsvoraussetzungen nach Art. 236 EG von denen nach Art. 288 EG unterscheiden. Würde man der Auffassung der Kommission folgen, unterlägen die Haftungsklagen der Beamten gegen die Verwaltung grundsätzlich der Voraussetzung einer schweren oder qualifizierten Pflichtverletzung, obwohl das Erfordernis einer schweren Pflichtverletzung nur in den Bereichen sinnvoll ist, in denen die Verwaltung über ein weites Ermessen verfügt. 123    Mit Urteil vom 16. Dezember 2010, Kommission/Petrilli (T-143/09 P, Randnr. 46), das nach der zweiten mündlichen Verhandlung in der vorliegenden Rechtssache erlassen wurde, hat das Gericht der Europäischen Union die genannte Auffassung der Kommission eindeutig zurückgewiesen und ist von der Rechtsprechung im Urteil Nardone/Kommission abgewichen. Es hat entschieden, dass entgegen den in dem genannten Urteil getroffenen Feststellungen die Rechtsstreitigkeiten im Bereich des öffentlichen Dienstes aufgrund des Art. 236 EG und der Art. 90 und 91 des Statuts einschließlich der Rechtsstreitigkeiten, die sich mit dem Ersatz des einem Beamten oder Bediensteten entstandenen Schadens befassen, besonderen und speziellen Regeln unterliegen, die sich von denen absetzen, die sich aus den für die außervertragliche Haftung im Rahmen der Art. 235 EG und 288 Abs. 2 EG geltenden Grundsätzen ergeben (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts erster Instanz vom 12. Juni 2002, Mellone/Kommission, T-187/01, Randnr. 74, und vom 14. Oktober 2004, Polinsky/Gerichtshof, T-1/02, Randnr. 47). Insbesondere aus dem Statut ergibt sich nämlich, dass der Beamte oder Bedienstete der Union im Unterschied zu jeder anderen Privatperson an seinen Dienstherrn durch ein Dienstverhältnis gebunden ist, das ein durch die Fürsorgepflicht des Organs gegenüber dem Betroffenen widergespiegeltes Gleichgewicht zwischen den wechselseitigen besonderen Rechten und Pflichten beinhaltet (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 29. Juni 1994, Klinke/Gerichtshof, C-298/93 P, Randnr. 38). Ein solches Gleichgewicht ist hauptsächlich dazu bestimmt, das Vertrauensverhältnis aufrechtzuerhalten, das zwischen den Organen und ihren Beamten bestehen muss, um dem Bürger die ordnungsgemäße Erfüllung der im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben zu garantieren, mit denen die Organe betraut sind (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 6. März 2001, Connolly/Kommission, C-274/99 P, Randnrn. 44 bis 47). Handelt daher die Union als Arbeitgeber, unterliegt sie einer größeren Verantwortung, was sich in der Verpflichtung zeigt, die Schäden zu ersetzen, die ihrem Personal durch jedweden von ihr als Arbeitgeber begangenen Rechtsverstoß entstanden sind. 124    Selbst wenn die von der Kommission vertretene Auslegung der ersten Haftungsvoraussetzung zutreffend wäre, müsste jedenfalls festgestellt werden, dass die Regel, gegen die im vorliegenden Fall eventuell verstoßen wurde, d. h. die Verpflichtung der Kommission, die Sicherheit ihres Personals zu gewährleisten, eine Regel ist, die im Sinne der zu Art. 288 EG entwickelten Rechtsprechung bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen (vgl. entsprechend zu der sich aus der Sorgfaltspflicht ergebenden Verpflichtung, ein gesundes Arbeitsumfeld zu schaffen, Urteil Nardone/Kommission). Die Frage, ob der eventuelle Verstoß gegen diese Regel hinreichend qualifiziert ist, wird im Folgenden zu prüfen sein. 125    Aus alledem folgt, dass für die Frage, ob die Kommission eine Pflichtverletzung begangen hat und ob diese Pflichtverletzung ihre Haftung auslösen kann, zunächst zu prüfen ist, welcher Ermessensspielraum der Kommission im vorliegenden Fall bei der Sorge um den Schutz des verstorbenen Beamten und seiner Familie zur Verfügung stand. Zum Umfang des Ermessens, das der Kommission bei der Sorge um die Sicherheit ihrer in einer Delegation in einem Drittland beschäftigten Beamten zur Verfügung steht 126    Was die Sicherheit der Arbeitsbedingungen ihres Personals angeht, kann nicht bestritten werden, dass die Kommission wie jeder öffentliche oder private Arbeitgeber einer Pflicht zum Handeln unterliegt. Das Personal kann sich nämlich auf das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen berufen, wie es im Übrigen in Art. 31 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vorgesehen wird. Schon allein aus diesem Grund verbietet sich die These, dass die Kommission in diesem Bereich über ein weites Ermessen verfügt – eine Formulierung, die in den Bereichen verwendet wird, in denen die Verwaltung frei über ihre Handlungsmöglichkeiten bestimmen kann, ohne ein Recht garantieren zu müssen. Ferner geht sowohl aus den insoweit geltenden allgemeinen Vorschriften wie auch aus der Rechtsprechung hervor, dass die Pflicht der Kommission, als Arbeitgeberin für die Sicherheit ihres Personals zu sorgen, in besonderem Maß gilt und dass das Ermessen der Verwaltung auf diesem Gebiet zwar nicht auf null reduziert, aber verringert ist. 127    Was zum einen die insoweit einschlägigen allgemeinen Vorschriften angeht, bestimmt Art. 1e Abs. 2 des Statuts, dass für Beamte im aktiven Dienst Arbeitsbedingungen gelten, bei denen angemessene Gesundheits- und Sicherheitsnormen eingehalten werden, die zumindest den Mindestvorschriften aufgrund von Maßnahmen entsprechen, die in diesen Bereichen nach den Verträgen erlassen wurden (vgl. zu diesem Artikel Urteil des Gerichts vom 30. April 2009, Aayhan u. a./Parlament, F-65/07, Randnr. 116). Aus einer Reihe europäischer Richtlinien, insbesondere aus der Richtlinie 89/391, ergibt sich, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz des Personals in Bezug auf alle Aspekte, die die Arbeit betreffen, zu sorgen. Der Inhalt der Verpflichtung, für ein sicheres Arbeitsumfeld zu sorgen, wird in den Art. 6 bis 12 der Richtlinie 89/391 sowie durch mehrere weitere Richtlinien näher bestimmt, die vorbeugende Maßnahmen vorsehen, die in bestimmten spezifischen Bereichen ergriffen werden müssen. Die Kommission in ihrer Eigenschaft als Hüterin der Verträge ist überdies zu einer engen Auslegung der den Arbeitgebern auferlegten Pflichten verpflichtet (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007, Kommission/Vereinigtes Königreich, C-127/05). Darüber hinaus bestätigt der Erlass der Entscheidung vom 26. April 2006 durch die Kommission, dass diese die sich aus Art. 1e Abs. 2 des Statuts ergebenden Konsequenzen zog und sich von den Normen leisten ließ, die aufgrund der Richtlinie 89/391 in den Mitgliedstaaten gelten. 128    Überdies ist die Verpflichtung der Kommission zum Schutz ihres Personals, wie der Kläger zu Recht geltend macht, ein Prinzip, das Art. 24 des Statuts zugrunde liegt, und hat eine besondere Bedeutung für die Beamten, die in Drittländern beschäftigt sind, wo sie nach Art. 5 Abs. 1 des Anhangs X zum Statut die Wohnung, die ihnen zur Verfügung gestellt wird, zu beziehen haben. Art. 5 Abs. 2 des Anhangs X zum Statut sieht insoweit vor, dass die Anstellungsbehörde nach Maßgabe der an jedem Dienstort herrschenden Lebensbedingungen über die Ausstattung mit Möbeln und sonstigen Einrichtungsgegenständen befindet. Die Wohnungen unterliegen somit einer spezifischen rechtlichen Regelung, und es kann namentlich in den Dienstorten, in denen für die Beamten ein besonderes Sicherheitsrisiko besteht, nicht davon ausgegangen werden, dass die Wohnungen der Verantwortung der Verwaltung entzogen sind. Die Schutzpflicht erstreckt sich ferner auf die Familienmitglieder des Beamten, die mit ihm in dem betreffenden Drittland wohnen, wie dies durch den Umstand bestätigt wird, dass auch die Ehegatten an bestimmten Veranstaltungen zu Sicherheitsfragen im Rahmen der „Pre-posting“-Zyklen teilzunehmen haben. 129    Zum anderen ist der Gerichtshof in den Fällen, in denen er die Haftung eines Organs wegen des Verstoßes gegen seine Verpflichtung, für die Sicherheit seines Personals zu sorgen, bejahte, nicht davon ausgegangen, dass die Verwaltung insoweit über ein weites Ermessen verfügte oder dass der festgestellte Verstoß besonders schwerwiegend sein musste. So ist ein Organ verurteilt worden, die Folgen eines Unfalls, der sich in einer Ferienkolonie für die Kinder seiner Beamten ereignet hatte, zu beheben, weil es für keinen angemessenen vertraglichen Versicherungsschutz gesorgt und die Betroffenen nicht informiert hatte (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Oktober 1982, Berti/Kommission, 131/81, Randnrn. 23 und 24), und in einem anderen Fall, Schadensersatz an einen Beamten zu leisten, der auf einer Dienstreise in einem mangelhaft gewarteten Dienstfahrzeug verunglückte, das von einem anderen Beamten des Organs gesteuert wurde (Urteil Leussink/Kommission, Randnrn. 15 bis 17). Das Gericht ist sogar davon ausgegangen, dass diese Sicherheitspflicht auch in Bezug auf einen Bauhandwerker galt, der weder Beamter noch Bediensteter des Organs war und der von einem Gebäude des Organs stürzte, für das er tätig geworden war (Urteil des Gerichtshofs vom 27. März 1990, Grifoni/EAG, C-308/87, Randnrn. 13 und 14). 130    Diese Pflicht, für die Sicherheit seines Personals zu sorgen, kann jedoch, so umfassend sie auch sein mag, nicht so weit gehen, dass das betreffende Organ eine absolute Erfolgspflicht trifft. Es dürfen insbesondere nicht die budgetären, administrativen oder technischen Zwänge außer Acht gelassen werden, denen die Verwaltung ausgesetzt ist und die die kurzfristige Durchsetzung auch dringender und notwendiger Maßnahmen trotz der Bemühungen der zuständigen Behörden manchmal erschweren oder auch unmöglich machen. Ferner ist diese Verpflichtung heikel, wenn der betreffende Beamte im Unterschied zu einem Arbeitnehmer, der einen festen Arbeitsplatz an einem bestimmten Ort innehat, seine Tätigkeiten, wie es bei dem Sohn des Klägers der Fall war, in einem Drittland auszuüben hat und eine – mit einem diplomatischen Amt vergleichbare – Aufgabe wahrzunehmen hat, die unterschiedlichen und weniger leicht feststellbaren und beherrschbaren Risiken ausgesetzt ist. 131    Insoweit kann die Wohnung eines solchen Beamten, selbst wenn sie ihm wegen seines Amtes zur Verfügung gestellt wurde und Gegenstand spezifischer, in bestimmten Drittlanddelegationen geltender Schutzmaßnahmen ist, nicht völlig mit einem Arbeitsplatz im Sinne der Richtlinie 89/391 gleichgestellt werden. Die Wohnungen des Delegationspersonals in den Drittländern entsprechen ferner weder der Definition der „Dienstorte“ noch derjenigen der „Dienststellen der Kommission“, wie sie restriktiv in der Entscheidung vom 26. April 2006 enthalten sind. Auch bestimmt die Richtlinie 89/391 in ihrem Art. 5 Abs. 4, dass die Mitgliedstaaten den Ausschluss oder die Einschränkung der Verantwortung des Arbeitgebers bei Vorkommnissen vorsehen können, die auf nicht von diesem zu vertretende anormale und unvorhersehbare Umstände oder auf außergewöhnliche Ereignisse zurückzuführen sind, deren Folgen trotz aller Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können. Diese Einschränkung der Verantwortung, die die Richtlinie 89/391 für die Arbeitgeber in den Mitgliedstaaten vorsieht, kann somit für die Organe der Union als Arbeitgeber im Rahmen des Art. 1e Abs. 2 des Statuts zugelassen werden. 132    In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen sowie unter gebührender Berücksichtigung der besonderen Lebens- und Arbeitsbedingungen eines Beamten, der in einem Drittland Dienst tut, beinhaltet die der Kommission obliegende Sicherheitspflicht im Licht der wichtigsten Vorschriften der Richtlinie 89/391 in diesem Zusammenhang zunächst, dass das Organ die Risiken bewertet, denen sein Personal ausgesetzt ist, und einen integrierten präventiven Ansatz auf allen Dienstebenen verfolgt, sodann dass sie das betreffende Personal über die festgestellten Risiken informiert und sich vergewissert, dass das Personal die geeigneten Instruktionen bezüglich der für sie geltenden Sicherheitsrisiken erhalten hat, und schließlich dass sie angemessene Schutzmaßnahmen ergreift und die Organisation und die Mittel bereitstellt, die sie für erforderlich hält. 133    Im vorliegenden Fall richtet der Kläger seine Beanstandungen auf den dritten Aspekt, der die Schutzmaßnahmen betrifft, die die Kommission nach seiner Behauptung unterlassen hat. Er beruft sich nicht darauf, dass die Kommission ihre Pflicht zur vorherigen Risikobewertung und zur Information seines Sohns verletzt habe. 134    Das Gericht hält es gleichwohl für erforderlich, vor der Prüfung, welche Art von Maßnahmen die Kommission zu treffen hatte, darauf hinzuweisen, dass das Organ seine Pflicht, die Risiken für seine zur Delegation in Rabat abgeordneten Beamten vorher zu beurteilen, nicht verletzt hat. 135    Zum einen nämlich hatte die Kommission für ihr Personal, das zum Zeitpunkt der streitigen Ereignisse nach Rabat abgeordnet wurde, die Risiken, denen das Personal ausgesetzt war, einer präventiven Beurteilung unterzogen. Aus den Sicherheitsanweisungen, die den Beamten vor Aufnahme ihrer Tätigkeit in der Delegation im Rahmen des sogenannten „Pre-posting“ erteilt wurden, geht hervor, dass die von der Kommission für Marokko angenommenen Risiken solche waren, denen Personen mit relativ hohem Lebensstandard während ihres Aufenthalts ausgesetzt sind, nämlich das Risiko, an bestimmten Orten oder zu bestimmten Tageszeiten überfallen zu werden oder einem Diebstahl oder Einbruch ausgesetzt zu sein. Zum anderen war im Januar 2006, also mehrere Monate vor dem Doppelmord, die Gefahrenstufe für die Delegation in Rabat und für die Wohnungen des Personals auf die „Gruppe III“, die höchste Gefahrenstufe für die Delegationen in Drittländern, angehoben worden, was insbesondere die ständige Bewachung des im Ausland lebenden Personals durch ein spezialisiertes Unternehmen bedeutete. Vor 2006 war Marokko zwar nicht als Land eingestuft, in dem die Gefahren eines Anschlags auf Angehörige des diplomatischen Korps besonders hoch waren, da Übergriffe auf diese bis dahin nicht berichtet wurden (mit Ausnahme des Übergriffs auf die betroffenen Diplomaten bei dem Attentat auf den König in Skhirat 1971), doch ging die Kommission damals davon aus, dass in mehreren Ländern, darunter Marokko, eine terroristische Bedrohung bestehen könne, die sich unmittelbarer gegen die Europäische Union richten könne und die es rechtfertige, für die Delegation in Rabat die Gefahrenstufe von Gruppe II auf Gruppe III anzuheben. Zudem hatte der Leiter der Direktion „Außendienst“ der GD „Außenbeziehungen“ in einem an die Delegationsleiter gerichteten Vermerk vom 6. Februar 2006 in diesem Zusammenhang an mehrere Empfehlungen erinnert, namentlich daran, das Überwachungspersonal für eine „größere Wachsamkeit bei der Beaufsichtigung der Diensträume, Wohnanlagen und Wohnungen“ zu sensibilisieren sowie darauf zu achten, dass „die vertraglichen Anordnungen und Verfahren genauestens eingehalten werden“. 136    Die Kommission hatte somit die Risiken, denen die zur Delegation in Rabat abgeordneten Beamten ausgesetzt waren, keineswegs unterschätzt. Zum Vorliegen eines Mangels bei der Durchführung angemessener Schutzmaßnahmen 137    Was die vorliegend getroffenen Schutzmaßnahmen betrifft, ist das Gericht aufgrund der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kommission ihre Pflichten verletzt hat. 138    Bei einer ersten Prüfung konnte aufgrund allein der Informationen, die dem Gericht vor der ersten mündlichen Verhandlung zur Verfügung standen, davon ausgegangen werden, dass die Maßnahmen zum Schutz der vom verstorbenen Beamten und seiner Familie bewohnten Wohnung angemessen waren. Die Wohnung befand sich in einem ruhigen Wohnviertel, in dem hohe Beamte des marokkanischen Staates sowie im Ausland lebendes Personal und Diplomaten wohnten. Die Wohnung lag nicht abgesondert, sondern innerhalb einer Wohnsiedlung, die von einer zwei Meter hohen Mauer umgeben war. Der Eingang zur Wohnsiedlung wurde grundsätzlich von einem Wachposten in einem Schilderhaus bewacht, das sich gegenüber dem vom verstorbenen Beamten und seiner Familie bewohnten Haus in ungefähr zehn Meter Entfernung vom Haupteingang dieses Hauses befand. Das Haus fiel somit unter eine der Schutzmaßnahmen, die der Verfasser der schriftlichen Antwort vom 6. August 2007 als „komplementär“ bezeichnet hatte. Das Haus war ferner mit Vorrichtungen versehen, die geeignet waren, der normalerweise vorhersehbaren Gefahr eines Eindringens vorzubeugen: Alle Eingangstüren waren mit Schlössern des Typs „Yale“ versehen, die vor der Ankunft des verstorbenen Beamten vom Delegationsbüro ausgetauscht worden waren, und alle Öffnungen (mit Ausnahme der Haupteingangstür und der Terrassentür im ersten Stock) waren durch Eisengitter geschützt. 139    In der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2009 hat das Gericht jedoch erstmals Kenntnis von bestimmten Informationen über die Sicherheitsmaßnahmen erhalten, die für das Personal der Delegationen in Drittländern galten, insbesondere davon, dass Marokko 2006 als ein Land mit erhöhtem Risiko für das Personal der Delegation angesehen wurde. 140    Um Art und Tragweite dieser Maßnahmen festzustellen und somit auf das Vorbringen des Klägers antworten zu können, der behauptet hat, dass die Kommission in der vorläufigen Wohnung, in der die Morde begangen wurden, die Schutzmaßnahmen nicht umgesetzt habe, die sie für die Wohnungen, die sie ihrem nach Rabat abgeordneten Personal zur Verfügung gestellt habe, selbst als erforderlich angesehen habe, hat das Gericht drei Beschlüsse erlassen, mit denen es der Kommission aufgegeben hat, die für die Prüfung relevanten Dokumente vorzulegen. 141    Vor der Anordnung dieser Beweiserhebungen war das Gericht davon ausgegangen, dass der Kläger vor allem durch seine Bezugnahme auf die schriftliche Antwort vom 6. August 2007 mit hinreichender Genauigkeit und Wahrscheinlichkeit ausgeführt hatte, dass in den dem Personal der Delegationen überlassenen Wohnungen Schutzmaßnahmen zu beachten gewesen seien. Zudem waren die Dokumente, die das Gericht einsehen wollte, keine Beweismittel, sondern bildeten den rechtlichen Rahmen des Rechtsstreits. Das Gericht kann nicht darüber entscheiden, ob die Kommission ihren Sicherheitspflichten nachgekommen ist, ohne die Art und die Tragweite dieser Pflichten zu kennen, die sich aus dem für den Rechtsstreit geltenden rechtlichen Rahmen ergeben. 142    Von den Dokumenten, die die Kommission vorgelegt hat, sind nach Auffassung des Gerichts die Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien in besonderem Maß zu berücksichtigen; um dem vertraulichen Charakter des als Verschlusssache „EU – Nur für den Dienstgebrauch“ klassifizierten Dokuments Rechnung zu tragen, hat es eine Zusammenfassung dieser Auszüge erstellt. 143    Die Kommission hat jedoch Einwände dagegen erhoben, dass die Auszüge als solche zu den Akten genommen werden und der Kläger Zugang zu ihnen bekommt. Der Kläger hat ausgeführt, diese Verweigerungshaltung der Kommission sei ungerechtfertigt und beschneide sein Recht auf effektiven Rechtsschutz. Er macht geltend, dass sich die vom Gericht erstellte Zusammenfassung nur auf den Gegenstand der Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien, nicht aber auf den Inhalt dieser Auszüge selbst erstrecke und dass sie daher nicht ausreichend sei, um die Waffengleichheit im Verfahren zu garantieren. Er hat daher die Einsichtnahme in die Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien beantragt, hilfsweise, dass das Gericht unter Abweichung von Art. 44 Abs. 1 der Verfahrensordnung die Auszüge bei der Prüfung der Rechtssache berücksichtigen kann. 144    Es ist daher über den Antrag des Klägers auf Einsichtnahme in das Dokument zu entscheiden und, falls dieser Antrag zurückzuweisen ist, zu prüfen, unter welchen Bedingungen das Dokument vom Gericht verwendet werden kann. –       Zum Antrag des Klägers auf Einsichtnahme in die Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien 145    Zunächst ist festzustellen, dass das Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien als Verschlusssache „EU – Nur für den Dienstgebrauch“ klassifiziert ist und dass ein als Verschlusssache klassifiziertes Dokument grundsätzlich nur von den Personen eingesehen werden kann, die hierzu eigens ermächtigt sind, wie dies ausdrücklich im Beschluss 2001/844 vorgesehen ist. Der Kläger könnte somit das Dokument nur dann einsehen, wenn er hierzu ermächtigt wäre, was nicht ohne weiteres in Betracht gezogen werden kann, da der Kläger mit den Organen in keinem beruflichen Zusammenhang steht. Er könnte es auch einsehen, wenn es ausdrücklich herabgestuft würde. Die Kommission hat aber auf die Befragung durch das Gericht zu diesem Punkt den Erlass einer Herabstufungsentscheidung von vornherein ausgeschlossen. 146    Wenn das Gericht außerhalb eines Ermächtigungs- oder Herabstufungsverfahrens beschließen würde, dem Kläger die Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien zugänglich zu machen, würde es gegen die für dieses Dokument geltenden Behandlungsvorschriften verstoßen. Eine solche Entscheidung würde auch das Vertrauen und die Loyalität beeinträchtigen, die für die Beziehungen zwischen dem Richter und der Verwaltung der Union maßgebend sein müssen, da das Organ diese Auszüge dem Gericht nur zur Prüfung von deren vertraulichem Charakter überlassen hat. Nur zwingende Erwägungen, insbesondere solche, die auf den Schutz der Grundrechte abstellen, könnten ausnahmsweise rechtfertigen, dass das Gericht ein als Verschlusssache eingestuftes Dokument ohne Zustimmung der Verwaltung zu den Akten nimmt und allen Parteien zugänglich macht. Derartige Umstände liegen hier jedoch nicht vor. 147    Sodann ist entgegen den Ausführungen des Klägers die Berufung der Kommission auf die Vertraulichkeit des Dokuments von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien weder missbräuchlich noch unverhältnismäßig. Der Schutz der Vertraulichkeit ist nämlich geboten, um die Sicherheit des Personals der Delegationen in den Drittländern sicherzustellen und erst recht die des Personals, das in Delegationen mit der Gefahrenstufe der Gruppe III Dienst tut, wo die Terrorismusgefahr als besonders hoch angesehen wird, wie dies für Marokko seit 2006 der Fall ist. 148    Zwar könnte die Einsichtnahme in die Auszüge aus dem Dokument nur durch den Anwalt des Klägers in den Räumen des Gerichts, die durch die im Zusammenhang mit der Ausübung des Anwaltsberufs bestehenden Garantien – insbesondere disziplinarischer Art – gerechtfertigt wäre, eine weniger einschränkende Maßnahme als die Ablehnung der Einsichtnahme sein, doch würde auch diese Maßnahme die Gefahr einer Weitergabe von Informationen beinhalten, die die Sicherheit des Delegationspersonals gefährden könnte, auch wenn die Redlichkeit des Anwalts außer Frage steht. 149    Schließlich ist das Gericht der Auffassung, dass das Recht des Klägers auf einen effektiven Rechtsschutz und auf Wahrung der Waffengleichheit vorliegend nicht verlangt, dass der Kläger oder sein Anwalt Kenntnis von dem Inhalt der Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien erhält. Das Gericht hat nämlich die Möglichkeit, die Auszüge aus dem genannten Dokument gemäß Modalitäten zu verwenden, die sowohl die Rechte des Klägers als auch die Vertraulichkeit der genannten Urkunde achten. –       Zur Verwendung des Dokuments von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien durch das Gericht 150    Wie sich aus dem Teil des vorliegenden Urteils ergibt, der sich mit dem Verfahren befasst, ist das Gericht der Auffassung, dass die ihm vorgelegten Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien für die Entscheidung des Rechtsstreits relevant sind. Die Auszüge machen nämlich deutlich, welche Sicherheitsmaßnahmen die Kommission für die Wohnungen des Personals der Delegationen der Gefahrenstufe der Gruppe III vorsah, zu denen Marokko seit Januar 2006 gehört. Um den Schutz der Vertraulichkeit des genannten Dokuments mit dem Grundsatz des kontradiktorischen Charakters des Verfahrens und dem Anspruch des Klägers auf einen effektiven Rechtsschutz in Einklang zu bringen, hat das Gericht entsprechend dem Vorschlag der Kommission eine Zusammenfassung der betreffenden Auszüge hergestellt (vgl. entsprechend Beschluss AM & S/Kommission). 151    Der Kläger führt zu Recht aus, dass diese Zusammenfassung nur den Gegenstand der maßgeblichen Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien wiedergebe und, da sie keine Angaben über den Inhalt der in den Auszügen präzise dargestellten Sicherheitsmaßnahmen mache, ihm keine Möglichkeit gebe, sein Recht auf effektiven Rechtsschutz geltend zu machen. Die Zusammenfassung könne als solche weder die Wahrung des Gleichgewichts zwischen den in der vorstehenden Randnummer angeführten widerstreitenden Interessen noch die Waffengleichheit zwischen den Parteien garantieren (vgl. entsprechend zu einer Rechtssache, in der es, um die Verteidigungsrechte zu garantieren, als nicht ausreichend angesehen wurde, dass ein vertrauliches Dokument in Form einer Zusammenfassung dem Gericht und dem Kläger vorgelegt wurde, Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 30. September 2010, Kadi/Kommission, T-85/09, Randnr. 174, nach Einlegung von Rechtsmitteln im Rechtsmittelverfahren vor dem Gerichtshof anhängig, C-584/10 P, C-593/10 P und C-595/10 P). 152    In einem solchen Zusammenhang muss das Gericht ein angemessenes Verhältnis zwischen den betroffenen Interessen finden, indem es u. a. prüft, ob im vorliegenden Fall von Art. 44 Abs. 1 der Verfahrensordnung abgewichen werden kann, aufgrund dessen das Gericht nur Unterlagen und Beweisstücke berücksichtigt, von denen die Vertreter der Parteien Kenntnis nehmen und zu denen sie Stellung nehmen konnten. 153    Wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt hat, kann das Recht auf ein vollständig kontradiktorisches Verfahren insoweit eingeschränkt werden, als es zur Wahrung eines wichtigen öffentlichen Interesses wie der nationalen Sicherheit, des Erfordernisses, bestimmte polizeiliche Methoden zur Aufdeckung von Gesetzesverstößen geheim zu halten, oder des Schutzes von Menschenrechten Dritter unbedingt notwendig ist. Um jedoch sicherzustellen, dass gegen den Beschuldigten in einem fairen Verfahren verhandelt wird, müssen die Schwierigkeiten, die aufgrund einer Beschränkung der Rechte des Betroffenen entstehen, durch die von den Justizbehörden eingehaltenen Verfahren hinreichend aufgewogen werden (vgl. in diesem Sinne EGMR, Urteil A u. a./Vereinigtes Königreich, insbesondere Randnrn. 205 bis 208 und die dort angeführte Rechtsprechung). 154    Zwar gilt diese Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte für den Bereich des Strafrechts, worauf die Kommission zu Recht hingewiesen hat, und kann nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden, der nicht diesen Bereich betrifft und der zudem nicht das Problem der Verteidigungsrechte des Klägers, sondern das des Rechts auf einen effektiven Rechtsbehelf aufwirft. Sie gibt jedoch Hinweise, an denen sich der Unionsrichter bei der Durchführung der bei ihm anhängigen Verfahren orientieren kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Varec, Randnrn. 46 bis 48). 155    Ferner hat der Gerichtshof entschieden, dass das Recht auf effektiven Rechtsschutz voraussetzt, dass der Richter für die Entscheidung über den bei ihm anhängig gemachten Rechtsstreit über sämtliche Informationen, also auch über vertrauliche Informationen, verfügen kann, die erforderlich sind, um in voller Kenntnis der Umstände entscheiden zu können (vgl. in diesem Sinne Urteil Varec, Randnrn. 53 und 55). 156    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Schutz der Vertraulichkeit der Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien im vorliegenden Rechtsstreit verlangt, dass der Kläger Zugang zu dem genannten Dokument nur in Form der Zusammenfassung erhält und dass folglich das Verfahren nicht vollständig kontradiktorisch ist. Dennoch kann das Recht des Klägers auf effektiven Rechtsschutz in einer solchen Lage nur sichergestellt werden, wenn das Gericht unter Abweichung von Art. 44 Abs. 1 der Verfahrensordnung sich selbst auf die relevanten Auszüge aus dem Dokument stützt, um in voller Kenntnis der Umstände entscheiden zu können, auch wenn die Kommission die Auszüge dem Gericht nur zur Prüfung der Vertraulichkeit des Dokuments vorgelegt hat. 157    Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, die in ihrer Stellungnahme vom 26. November 2010 zum vorbereitenden Sitzungsbericht der zweiten mündlichen Verhandlung einer derartigen Vorgehensweise des Gerichts widersprochen hat, in dieser zweiten mündlichen Verhandlung keine Bedenken mehr gegen die Berücksichtigung der relevanten Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien durch das Gericht erhoben hat, sofern das Gericht davon ausgehen sollte, dass das genannte Dokument die Situation der vorläufigen Wohnungen des Delegationspersonals regelt. –       Zur Anwendbarkeit des Dokuments von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien auf die vorläufige Wohnung, die dem Sohn des Klägers und seiner Familie überlassen wurde 158    Entgegen den Behauptungen der Kommission betrifft das Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien nicht nur die Situation der Wohnungen, die das Organ als „endgültig“ einstuft. 159    Erstens verwendet keiner der genannten Auszüge, die das Gericht hat einsehen können, die genannte Einstufung. Die Auszüge beziehen sich lediglich auf die „Wohnungen“ des Personals der Delegationen („staff houses“). Auch die sonstigen für die Prüfung des Falls einschlägigen Vorschriften oder Dokumente bestätigen im Bereich der Sicherheit keine solche Unterscheidung zwischen endgültigen und vorläufigen Wohnungen. So regelt Art. 18 des Anhangs X zum Statut nur, dass der Beamte, der bei seiner Ankunft im Drittland in einem Hotel oder in einer vorläufigen Wohnung unterkommen muss, nach vorheriger Zustimmung der Anstellungsbehörde Anspruch auf Erstattung der tatsächlichen Kosten für eine solche Wohnung hat. Das Vademekum der GD „Außenbeziehungen“ enthält ebenfalls keine Bestimmung über die für die vorläufigen Wohnungen geltenden Sicherheitsmaßnahmen und beschränkt sich auf die Angabe, unter welchen Voraussetzungen die Mietkosten für diese Wohnungen übernommen werden und das Tagegeld an den betreffenden Beamten ausgezahlt wird. In Nr. 15.3.3 des Vademekums („Grenzen“) wird nur darauf hingewiesen, dass die budgetären Aspekte und die Sicherheitsaspekte bei der Wahl der vorläufigen Wohnungen berücksichtigt werden und dass die Dauer des Aufenthalts in vorläufigen Wohnungen so kurz wie möglich sein sollte. Es wird daher für zweckmäßig gehalten, dass am Ende einer dienstlichen Verwendung die Aufenthaltsdauer in der vorläufigen Wohnung eine Woche nicht überschreitet. Angesichts der Aufnahme dieses Punktes in einen Abschnitt des Vademekums, der sich den budgetären und administrativen Aspekten des Einzugs in eine vorläufige Wohnung widmet, kann aus dieser Darstellung kein Schluss über die Art der in einer solchen Wohnung anwendbaren Sicherheitsmaßnahmen gezogen werden. 160    Zweitens enthält das Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien auf S. 142, die zu den Auszügen aus dem Dokument gehört, die dem Gericht übermittelt wurden, folgenden Satz, der in der vom Anwalt des Klägers eingesehenen Zusammenfassung wiedergegeben wird: „[D]ie in dem genannten Dokument genannten Empfehlungen sind Mindestsicherheitserfordernisse, die unter allen Umständen erfüllt sein müssen; Ausnahmen oder Alternativlösungen dürfen ohne vorherige Zustimmung der GD ‚Personal und Verwaltung‘ – Direktion ‚Sicherheit‘ nicht vorgesehen werden“. Würde die Feststellung, dass diese Mindestsicherheitserfordernisse „unter allen Umständen“ erfüllt sein müssen, nur die „endgültigen“ Wohnungen betreffen, würde sie ihren Sinn verlieren. Den Verfassern des Dokuments von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien ist die gelegentliche Nutzung von vorläufigen Wohnungen in den Delegationen bekannt, und sie hätten wahrscheinlich die besondere Situation dieser Wohnungen geregelt, wenn sie sie vom Anwendungsbereich des genannten Dokuments hätten ausschließen wollen. 161    Drittens können zwar, wie die Kommission in der zweiten mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, die vorläufigen Wohnungen schon ihrem Wesen nach nicht in allen Fällen dieselben Schutzvorrichtungen wie die ständigen oder „endgültigen“ Wohnungen haben, doch rechtfertigt dieser Umstand nicht, dass das Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien nicht auf sie anwendbar ist. Indem nämlich das Dokument vorsieht, dass mit vorheriger Zustimmung der zuständigen Dienststelle von den genannten Maßnahmen abgewichen werden kann, bietet es die Möglichkeit, dass die Sicherheitsmaßnahmen an die Eigenschaften der betreffenden Wohnungen angepasst werden und dem vorläufigen Charakter der Wohnung Rechnung getragen wird. 162    Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass das Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien durchaus für die Beurteilung relevant ist, ob die vorläufige Wohnung, die der Sohn des Klägers und seine Familie bezogen hatten, Gegenstand geeigneter Sicherheitsmaßnahmen war, denn die in dem genannten Dokument angeführten Maßnahmen für die Wohnungen des Personals der Delegationen der Gefahrenstufe der Gruppe III waren „unter allen Umständen“ anwendbar. 163    Selbst wenn das genannte Dokument auf die in Rede stehende Wohnung nicht anwendbar gewesen sein sollte, müsste das Bestehen solcher Vorschriften für die endgültigen Wohnungen hilfsweise herangezogen werden, um zu beurteilen, ob die Kommission in Bezug auf eine vorläufige Wohnung die erforderliche Sorgfalt walten ließ. Diese hilfsweise Prüfung wird weiter unten erfolgen. –       Zur rechtlichen Tragweite des Dokuments von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien 164    Wie der Kläger in der zweiten mündlichen Verhandlung zu Recht vorgetragen hat, stellt das genannte Dokument eine innerdienstliche Richtlinie dar, durch die die Kommission das ihr bei der Durchführung der Maßnahmen zum Schutz ihres Personals zustehende Ermessen eingeschränkt hat und die ihr entgegengehalten werden kann, solange sie von ihr nicht geändert wird. 165    Zum einen sind die in diesem Dokument genannten Maßnahmen angesichts ihres Zwecks, ihrer Formulierung, ihres Grades an Genauigkeit, ihrer Anwendungsvoraussetzungen und angesichts der Inspektionen, denen sie unterzogen werden können, offensichtlich verbindliche Maßnahmen und nicht nur Empfehlungen, die keine rechtlich bindende Wirkung haben, da andernfalls der Sicherheitspflicht der Kommission jede Wirksamkeit genommen würde. Die Kommission hat daher bis zur ersten mündlichen Verhandlung zu Unrecht behauptet, dass es keine Vorschrift, gleich welcher Art, gebe, die für die Wohnungen des Delegationspersonals in Marokko Sicherheitsmaßnahmen beinhalten würden, und dass es nur eine in dem Vademekum der GD „Außenbeziehungen“ enthaltene, an die Delegationsleiter gerichtete allgemeine Empfehlung zum Ergreifen von Schutzmaßnahmen für Wohnanlagen und Dienstwohnungen gebe. 166    Zum anderen geht aus den Akten eindeutig hervor, dass sich die Dienststellen der Delegation in Marokko 2006 für verpflichtet hielten, diese Maßnahmen besonders rasch durchzuführen, da die Delegation im Januar 2006 von der Gefahrenstufe der Gruppe II in die Gruppe III gelangte, der höchsten Stufe in der Risikobewertung. Die Dienststellen der Delegation in Rabat waren von den zuständigen Dienststellen der GD „Außenbeziehungen“ im November 2005 zudem einer Inspektion unterzogen worden, die die „Übereinstimmung der Delegation mit den ‚Normen und Kriterien‘“ zum Gegenstand hatte, wobei die Normen und Kriterien genau diejenigen waren, die im Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien aufgeführt sind. Ferner geht aus einem Vermerk des Delegationsleiters vom 6. Juni 2006 und aus dem Prüfbericht, der diesem Vermerk beigefügt war und der von dem Angehörigen der regionalen Sicherheit nach seiner vom 10. bis 13. Mai 2006 durchgeführten Inspektion in Rabat verfasst worden war, hervor, dass erstens „die Verpflichtung des einzelnen Beamten oder Vertragsbediensteten, … tagtäglich rund um die Uhr einen Bewachungsdienst zur Verfügung zu haben“, in vollem Umfang beachtet werden musste, dass zweitens Arbeiten für die Sicherung der Wohnungen erforderlich waren und dass drittens besonderer Nachdruck auf die dringend empfohlene Anbringung von Gittern an den Fenstern einer der Wohnungen sowie auf die Verpflichtung gelegt wurde, „die Wohnungen“ mit einem Alarmsystem und einer Notrufvorrichtung zu versehen. 167    Selbst wenn man unterstellt, dass diese Sicherheitsmaßnahmen eine ähnliche Bedeutung wie die innerdienstlichen Richtlinien haben, die nach der Rechtsprechung als Verhaltensnormen „mit Hinweischarakter“ eingestuft werden, die sich die Verwaltung selbst auferlegt, so hat die Kommission nicht geltend gemacht, dass im vorliegenden Fall Erwägungen des Allgemeininteresses oder Gründe des dienstlichen Interesses die Nichtanwendung dieser Maßnahmen gerechtfertigt hätten. Die Kommission hat lediglich – zu Unrecht – vorgetragen, dass die im Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien aufgeführten Maßnahmen auf die vorläufigen Wohnungen keine Anwendung fänden. 168    Nach alledem sind für die Prüfung, ob die Kommission ihre Sicherheitspflichten verletzt hat, die Maßnahmen zu berücksichtigen, von denen die Kommission der Meinung war, dass sie – wie dies aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien hervorgeht – der 2006 in Marokko geltenden Gefahrenstufe entsprächen. –       Zum Vorliegen einer Pflichtverletzung der Kommission 169    Aus den Akten, insbesondere aus der Zusammenfassung und den Auszügen aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien, geht hervor, dass die Kommission für die Wohnungen ihres zur Delegation in Rabat abgeordneten Personals Mindestsicherheitserfordernisse festgelegt hatte. Diese beinhalteten die Anbringung von Schutzvorrichtungen, die der für Marokko ermittelten Gefahrenstufe entsprachen und unter allen Umständen anwendbar waren, namentlich die Installation einer Alarmanlage zur Sicherung gegen Einbruch, die Installation von Notrufvorrichtungen, von Schutzgittern mit genau festgelegten Eigenschaften sowie eine ständige Bewachung durch ein spezialisiertes Unternehmen. 170    Wie ausgeführt, waren die Maßnahmen auf alle Wohnungen anwendbar, die dem Personal der Delegation überlassen wurden, sofern nicht Ausnahmen von der zuständigen Dienststelle zuvor genehmigt worden waren. Die genannten Maßnahmen sollten einer Terrorismusgefahr entgegenwirken, die für so ernsthaft gehalten worden war, dass sie die Rechtfertigung für die Einstufung der Delegation in die Gefahrenstufe der Gruppe III war. Der Delegationsleiter hatte darüber hinaus die GD „Außenbeziehungen“ um die Vornahme einer Inspektion gebeten. Diese Inspektion, die vom 10. bis zum 13. Mai 2006 durchgeführt wurde, brachte bestimmte Unzulänglichkeiten beim Schutz der dem Delegationspersonal überlassenen Wohnungen zutage. 171    Obwohl sich die Verwaltung der Kommission der besonders hohen Risiken, denen ihr Personal ausgesetzt war, voll und ganz bewusst war, war in der vom Sohn des Klägers und seiner Familie bewohnten Wohnung keine der Maßnahmen, die zum Schutz der Wohnungen in den Delegationen der Gefahrenstufe der Gruppe III vorgesehen waren, durchgeführt worden. 172    Die genannte Wohnung war weder mit einer Einbruchsicherung noch mit einer Notrufvorrichtung versehen. Die Gitterstäbe, durch die sich der Straftäter schieben konnte, entsprachen nicht den Empfehlungen des Dokuments von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien, von denen das Gericht durch einen von der Kommission vorgelegten Auszug aus dem Dokument Kenntnis genommen hat, und die, wenn sie befolgt worden wären, die Gitterstäbe auch für einen Eindringling mit geringem Leibesumfang unpassierbar gemacht hätten. Die Gitterstäbe waren somit, wie der Kläger geltend gemacht hat, für ihre Aufgabe ungeeignet. Die Bewachung des Hauses schließlich wurde nicht durch ein spezialisiertes Unternehmen durchgeführt, das mit dem speziellen Schutz dieses Gebäudes tagtäglich und rund um die Uhr beauftragt war. Wie die Kommission in der zweiten mündlichen Verhandlung ausgeführt wurde, war die Wache, deren Schilderhaus in der Nähe des Hauseingangs stand, mit der Bewachung einer Reihe von Häusern in derselben Wohnsiedlung betraut und hatte nicht speziell das Haus zu bewachen, in dem der Sohn des Klägers wohnte. Überdies enthält der Mietvertrag keine Angaben über die Bedingungen, unter denen die Bewachung des Hauses stattfand. Auch ist festzustellen, dass, falls die Wache in der Nacht der Straftat beim Eindringen des Täters anwesend gewesen sein sollte, eine Stunde später jedenfalls offensichtlich keine Bewachung vorhanden war: Der Täter konnte das Fahrzeug der Opfer, das vor dem Eingang geparkt war, mit den Gegenständen beladen, die er in dem Haus gestohlen hatte (eine Golfausrüstung, Gemälde und Ziergegenstände, einen Fernseher usw.), und am Steuer dieses Fahrzeugs fortfahren, ohne dass ihn irgendjemand gehindert hätte. Das Gericht stellt ferner fest, dass bestimmte Maßnahmen, die für die Wohnungen der Delegationen der Gefahrenstufe der Gruppe II vorgesehen waren, in der Wohnung ebenfalls nicht durchgeführt worden waren (Einbruchsicherung und Notrufvorrichtung). 173    Sicher kann sich das Gericht für die Feststellung, dass die Kommission ihre Pflichten im Bereich der Sicherheit verletzt hat, nicht mit dem Hinweis begnügen, dass die im Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien aufgeführten Schutzmaßnahmen nicht eingehalten wurden. Es versteht sich von selbst, dass unter besonderen Umständen, insbesondere im Fall von Dringlichkeit, der Bezug einer vorläufigen Wohnung, die nicht dieselben Sicherheitsvorrichtungen wie eine endgültige Wohnung aufweist, für eine begrenzte Zeit in Frage kommen kann. 174    Auch in einem solchen Fall kann die Verwaltung jedoch nicht auf die Vornahme von Mindestmaßnahmen verzichten, mit denen unter budgetär und administrativ vertretbaren Bedingungen den Hauptrisiken für die Sicherheit der Bewohner der vorläufigen Wohnung begegnet und die Wahrscheinlichkeit von deren Eintritt beschränkt werden kann. Dies gilt umso mehr, wenn der Kommission besondere Umstände zur Kenntnis gebracht wurden. 175    Im vorliegenden Fall stellten die wegen der für Unionsbeamte angenommenen terroristischen Bedrohung für Marokko festgelegte hohe Gefahrenstufe, die im Mai 2006 durchgeführte Inspektion, die die Unzulänglichkeiten beim Schutz der Wohnungen für das Delegationspersonal zutage gebracht hatte, und schließlich die Anwesenheit von vier kleinen Kindern im Haushalt des betreffenden Beamten Gesichtspunkte dar, die besondere Vorkehrungen rechtfertigen konnten, bevor sich der Beamte in der betreffenden Wohnung, wenn auch nur vorübergehend, niederließ. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht vorgetragen hat, dass die Schutzmaßnahmen, die in der dem verstorbenen Beamten überlassenen Wohnung vorhanden waren, Gegenstand einer Ausnahmegenehmigung der zuständigen Dienststelle nach Maßgabe des Dokuments von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien waren. Die Kommission hat ferner nicht behauptet, dass die zusätzlichen Arbeiten zur Herstellung der Sicherheit in dem betreffenden Gebäude wie z. B. die Veränderung der Fenstergitter, durch die der Straftäter in die Wohnung eindrang, oder die Einrichtung eines Alarmsystems und einer Notrufvorrichtung oder auch die vorübergehende Erweiterung des Vertrags, der die Bewachung durch ein qualifiziertes Unternehmen zum Gegenstand hatte, Schwierigkeiten budgetärer oder administrativer Art hervorgerufen hätten. Die Kommission wusste im Übrigen seit dem 6. April 2006, dem Tag, an dem der Sohn des Klägers seiner Abordnung nach Marokko zustimmte, dass sie den Sohn des Klägers und seine Familie in Rabat würde unterbringen müssen. Der Umstand schließlich, dass der Sohn des Klägers und seine Familie das Hotel verlassen wollten, in dem sie vorübergehend unter für eine Familie mit vier Kindern unangenehmen Bedingungen untergebracht waren, konnte die Verwaltung nicht von ihrer Verpflichtung befreien, Sicherheitsvorrichtungen entsprechend der für die Delegation festgelegten Gefahrenstufe zu schaffen, indem sie, wenn auch nicht alle im Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien vorgesehenen Maßnahmen, so doch zumindest eine oder mehrere der dort genannten Maßnahmen durchführte, die für das Organ keine größeren Schwierigkeiten bedeuten konnten, z. B. die Anbringung von Fenstergittern und die Installation einer Notrufvorrichtung. 176    Nach alledem macht der Kläger zu Recht geltend, dass die Kommission einen Fehler begangen habe, der ihre Haftung auslösen könne. 177    Soweit erforderlich stellt das Gericht fest, dass dieser Verstoß der Kommission gegen ihre Verpflichtung, für den Schutz ihres in ein Drittland entsandten Beamten und seiner Familie zu sorgen, aus den oben in den Randnrn. 171 bis 175 des vorliegenden Urteils genannten Gründen einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Vorschrift darstellt, die dem Sohn des Klägers und seiner Familie Rechte einräumen soll. Der Verstoß ist daher geeignet, die Haftung der Kommission auszulösen. Zum Kausalzusammenhang und zum Vorliegen eines Haftungsbefreiungsgrundes (Pflichtverletzung der Opfer und Handlung eines Dritten) 178    In der zweiten mündlichen Verhandlung haben der Kläger und die Kommission zwei Auffassungen zu der Frage vertreten, wann der Kausalzusammenhang, der zwischen der Pflichtverletzung des Organs und dem geltend gemachten Schaden bestehen muss, unmittelbar und sicher ist. Der Kläger ist der Ansicht, dass dann, wenn die Pflichtverletzung darin bestehe, dass ein Organ gegen seine Pflicht zum Tätigwerden verstoße, diese Unterlassung eine unmittelbare und sichere Ursache des Schadens sei, wenn nachgewiesen werde, dass der Schaden „wahrscheinlich nicht eingetreten“ wäre, falls das Organ die erforderlichen Handlungen vorgenommen hätte. Diese Auffassung ergebe sich aus dem Urteil des Gerichts erster Instanz vom 13. Dezember 2006, Abad Pérez u. a./Rat und Kommission (T-304/01). Das Gericht erster Instanz habe auch entschieden, dass ein Rechtsverstoß die sichere und unmittelbare Ursache des Schadens sei, wenn gezeigt werde, dass durch ein rechtmäßiges Verhalten dem Kläger „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ Befriedigung hätte verschafft werden können (Urteil vom 5. Oktober 2004, Sanders u. a./Kommission, Randnr. 150). Die Kommission hat dagegen vorgetragen, es müsse mit Sicherheit feststehen, dass der Schaden ohne pflichtwidriges Unterlassen nicht eingetreten wäre, um zu zeigen, dass der Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtwidrigkeit und dem Schaden unmittelbar und sicher sei (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 13. Dezember 2006, É. R. u. a./Rat und Kommission, T-138/03, Randnr. 127). 179    Die Rechtsprechung zum Kausalzusammenhang ist sehr differenziert und vielschichtig, wie das Parteivorbringen bestätigt. Unabhängig von den Unterschieden in den Formulierungen des Unionsrichters ist es jedoch ständige Rechtsprechung, dass nur eine Pflichtverletzung, die aufgrund eines unmittelbaren Kausalzusammenhangs zu einem Schaden geführt hat, die Haftung des Organs auslöst. Die Union haftet nur für Schäden, die sich mit hinreichender Unmittelbarkeit aus dem fehlerhaften Verhalten des betreffenden Organs ergeben (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 24. Oktober 2000, Fresh Marine/Kommission, T-178/98, Randnr. 118 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 19. März 2010, Gollnisch/Parlament, T-42/06, Randnr. 110 und die dort angeführte Rechtsprechung). 180    Der Kläger muss nachweisen, dass der Schaden ohne das schuldhafte Verhalten nicht eingetreten wäre und dass das schuldhafte Verhalten der ausschlaggebende Grund für den Schaden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts erster Instanz vom 30. September 1998, Coldiretti u. a./Rat und Kommission, T-149/96, Randnrn. 116 und 122). Wenn der Schaden die unmittelbare und unvermeidbare Folge des begangenen Fehlers ist, ist der Kausalzusammenhang dargetan (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 9. Juli 1999, New Europe Consulting und Brown/Kommission, T-231/97, Randnrn. 57 bis 60). 181    Darüber hinaus ist der Unionsrichter der Auffassung, dass der Schaden unmittelbar und sicher nicht nur durch eine Ursache ausgelöst worden sein kann, sondern durch mehrere Ursachen, die ausschlaggebend zum Schadenseintritt beigetragen haben (Urteile des Gerichtshofs vom 12. Juni 1986, Sommerlatte/Kommission, 229/84, Randnrn. 24 bis 27, und Grifoni/EAG, Randnrn. 17 und 18; Urteil FreshMarine/Kommission, Randnrn. 135 und 136). 182    Im vorliegenden Fall macht der Kläger geltend, dass, wenn die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt worden wären, erstens die Morde nicht begangen worden wären und zweitens ein Alarm hätte ausgelöst werden können, wodurch der Kläger, der den Messerstichen nicht sofort erlegen war, die Chance gehabt hätte, trotz seiner Verletzungen zu überleben. Es ist aufgrund dieser beiden Punkte zu prüfen, ob der Kausalzusammenhang zwischen dem schuldhaften Verhalten und den geltend gemachten Schäden erwiesen ist. 183    Was erstens den Kausalzusammenhang zwischen dem schuldhaften Verhalten und dem Doppelmord betrifft, so hat der Kläger rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass der Doppelmord nicht begangen worden wäre, wenn die Kommission ihrer Verpflichtung, für die Sicherheit ihres Beamten zu sorgen, nachgekommen wäre. Wenn nämlich ein ständiger Wachdienst eingerichtet worden wäre, der nur mit dem Schutz des vom Sohn des Klägers bewohnten Hauses betraut gewesen wäre, und wenn Fenstergitter installiert worden wären, die den von den zuständigen Dienststellen der Kommission festgelegten Eigenschaften entsprochen hätten, wäre der Straftäter, wenn nicht abgehalten, so doch zumindest physisch gehindert worden, in das Haus einzudringen. Die Kommission hat somit die Schadensverursachung unmittelbar mitzuverantworten, indem sie die Voraussetzungen für den Schadenseintritt schuf. Der unmittelbare und sichere Kausalzusammenhang ist damit erwiesen. 184    Zwar stand das Risiko für die Sicherheit des Personals, das die Kommission berücksichtigte und das die Einordnung der Delegation in Rabat in die Gefahrenstufe der Gruppe III rechtfertigte, im Zusammenhang mit einer terroristischen Bedrohung und nicht mit einer gewöhnlichen Kriminalität wie die, deren Opfer der Sohn und die Schwiegertochter des Klägers wurden. Dieser Umstand hat jedoch keine Auswirkung auf die in der vorstehenden Randnummer vorgenommene Beurteilung der Unmittelbarkeit und Sicherheit des Kausalzusammenhangs. Es liegt nämlich auf der Hand, dass Maßnahmen, die die Begehung eines terroristischen Attentats oder die Ermordung eines Beamten aus politischen Gründen oder durch terroristische Gruppen verhindern sollen, erst recht für einen wirksamen Schutz vor dem Eindringen eines Individuums in die Wohnung eines Beamten sorgen müssten. Die Kommission kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass sie von der Haftung befreit sei, weil das Motiv des Straftäters ein anderes als das ursprünglich befürchtete gewesen sei. 185    Die Kommission kann sich ferner nicht auf ein Fehlverhalten ihres Beamten berufen, das den Kausalzusammenhang unterbrechen oder die Haftung der Verwaltung einschränken würde. 186    Zum einen stellt die unterbliebene Teilnahme des Betroffenen an den Fortbildungsveranstaltungen über die Sicherheit im Rahmen des „Pre-posting“ zweifellos eine Fahrlässigkeit des Betroffenen dar. Das Gericht konnte jedoch nicht feststellen, aus welchen Gründen die Teilnahme unterblieb, die auch dienstlich bedingt sein konnten. Ferner ging aus den Einladungen zu diesen Veranstaltungen, die sich darauf beschränkten, den verstorbenen Beamten „um Teilnahme [an der Veranstaltung zu bitten]“, nicht hervor, dass die Teilnahme als eine dienstliche Verpflichtung dargestellt wurde, die vor der Entsendung zur Delegation unbedingt zu erfüllen war. Der Sohn des Klägers konnte ferner nach Marokko abgeordnet werden, ohne dass er an dieser Fortbildung teilgenommen hatte. Außerdem kann die Organisation dieser „Pre-posting“-Veranstaltungen für sich genommen die Kommission nicht von ihrer Verpflichtung befreien, ihre Beamten über die Sicherheitsrisiken zu informieren, denen diese in der Delegation ausgesetzt sind, namentlich die Beamten, die zu den Delegationen mit der Gefahrenstufe der Gruppe III abgeordnet sind. Nimmt ein Beamter, der zu einer derartigen Delegation abgeordnet ist, vor seiner Abreise nicht an den genannten Veranstaltungen teil, hat die Verwaltung sich zu vergewissern, dass er die erforderlichen Informationen wirklich erhalten hat. Die Kommission hat aber nicht vorgetragen, dass dem Sohn des Klägers vor seiner Abreise nach Marokko die für seine Sicherheit relevanten Dokumente ausgehändigt wurden. 187    Aus den Erörterungen in der zweiten mündlichen Verhandlung ergibt sich, dass die zu Delegationen entsandten Beamten normalerweise keinen Zugang zu dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien haben, da ihnen das als Verschlusssache „EU – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestufte Dokument nicht vorgelegt wird. Selbst wenn der Sohn des Klägers daher an den „Pre-posting“-Veranstaltungen teilgenommen hätte, wäre er wahrscheinlich nicht in der Lage gewesen zu beurteilen, welche Sicherheitsmaßnahmen genau für die ihm in Marokko überlassene Wohnung vorgesehen waren. Dem Vorbringen der Kommission, der Betroffene habe die in Marokko vorherrschenden Lebens- und Wohnbedingungen akzeptiert und sich mit dem Bezug der vorläufigen Wohnung einverstanden erklärt, kann somit nicht gefolgt werden, da dieses Einverständnis nicht in voller Kenntnis der Sachlage abgegeben wurde. Die Kommission bat den Sohn des Klägers am 6. April 2006 um Bestätigung, dass er mit der Abordnung nach Rabat einverstanden sei und dass er insbesondere von der ihm zur Verfügung gestellten Wohnung volle Kenntnis erlangt habe, obwohl der Mietvertrag über diese Wohnung erst am 8. August 2006 zwischen dem Eigentümer und der Kommission geschlossen wurde. Als ferner der Sohn des Klägers am 24. August 2006 bestätigte, dass er mit der ihm angebotenen Wohnung einverstanden sei, war in dem Formular über die Einverständniserklärung der klare Hinweis enthalten, dass zu dem genannten Zeitpunkt eine der Größe seiner Familie entsprechende Mietwohnung nicht verfügbar war. 188    Zum anderen ist zwar unstreitig, dass die Bewohner des Hauses das Fenster, durch das der Täter in das Haus eindrang, offen gelassen hatten und dass der Rollladen vor diesem Fenster nicht vollständig heruntergelassen war, doch kann dieser Umstand nicht als das Ergebnis eines fahrlässigen oder pflichtwidrigen Verhaltens der Opfer angesehen werden. Das Fenster befand sich nämlich hinter dem Gitter, von dem der Sohn des Klägers, der das Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien nicht kannte, vernünftigerweise annehmen konnte, dass es für einen etwaigen Einbrecher ein ausreichendes Hindernis darstellte. Die Kommission hat im Übrigen in ihren Schriftsätzen und in der ersten mündlichen Verhandlung selbst vorgetragen, dass das Gitter geeignet war, eine erwachsene Person mittleren Körperumfangs am Eindringen zu hindern. Zudem war es zu jener Jahreszeit noch warm, und es kann nicht als ein fahrlässiges Verhalten angesehen werden, wenn ein Fenster hinter einem auf den ersten Blick ausreichenden Gitter in einer nicht klimatisierten Wohnung, in der sich vier kleine Kinder aufhalten, offen gelassen wird. 189    Die Kommission hat somit weder nachgewiesen, dass der Sohn des Klägers fahrlässig eine Pflichtverletzung beging, die geeignet wäre, die Verwaltung von ihrer Haftung zu befreien, noch dass der Kausalzusammenhang zwischen der begangenen Pflichtverletzung und den Tötungen unterbrochen wäre. 190    Was zweitens den Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Verlust einer Überlebenschance des Sohns des Klägers betrifft, so hat der Kläger rechtlich hinreichend bewiesen, dass, wenn die geeigneten Sicherheitsmaßnahmen installiert gewesen wären, mittels einer Notrufvorrichtung auf die eine oder andere Weise nach dem Eindringen des Täters in das Gebäude entweder durch einen aufmerksamen Wächter, durch den verletzten Beamten selbst oder durch eines seiner Kinder Alarm hätte ausgelöst werden können. Der Täter wäre mit Sicherheit nicht so lange in dem Haus geblieben, wo er sich ungefähr vier Stunden aufhielt, wenn eine der Maßnahmen getroffen worden wäre, die die Auslösung eines Alarms ermöglicht. Der Sohn des Klägers verlor daher aufgrund der Pflichtverletzung der Kommission eine ernsthafte Chance, Hilfe zu bekommen, und eine Chance, trotz seiner Verletzungen zu überleben. 191    Es bleibt noch festzustellen, welchen Grad der Verantwortung der Täter für die Verursachung der Schäden trägt. 192    Was den Doppelmord angeht, so kann nicht ernsthaft behauptet werden, dass die Kommission die Hauptverantwortung für diesen Schaden trägt. Zwar hat die Kommission die Voraussetzungen für den Schadenseintritt geschaffen, indem sie es unterließ, Sicherheitsmaßnahmen zu treffen, die den Täter am Eindringen hindern konnten, doch hatte diese Pflichtverletzung nicht unmittelbar und zwangsläufig den Doppelmord zur Folge. Die vorsätzlichen Tötungen waren die Tat einer Person, deren Beweggrund der Diebstahl war und deren Verhalten unvorhersehbar war. Die normalerweise vorhersehbare Folge der Pflichtverletzung der Kommission ist, was eine derartige Person angeht, ein Einbruch, der unter Umständen mit physischen Bedrohungen der Rauminhaber, nicht aber mit Handlungen einhergeht, die derart gravierend wie die hier verübten sind. Diese Beurteilung entfernt sich nicht von den Grundsätzen der Richtlinie 89/391, die in Art. 5 Abs. 4 vorsieht, dass die Verantwortung eines Arbeitgebers namentlich bei Vorkommnissen eingeschränkt sein kann, die auf nicht von diesem zu vertretende anormale und unvorhersehbare Umstände zurückzuführen sind. 193    Die Handlungen des Täters können jedoch das Organ nicht vollständig von seiner Verantwortung befreien. Ginge man davon aus, dass der Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung der Kommission und dem Doppelmord unterbrochen wäre, so hätte die Verwaltung keinerlei Folgen ihres schuldhaften Unterlassens zu tragen, obwohl sie die Bedingungen für den Eintritt dieses Schadens schuf. Diese Lösung stände nicht im Einklang mit der Rechtsprechung, die davon ausgeht, dass ein Schaden mehrere Ursachen haben kann, und die daher für eine Haftung der Verwaltung nicht zwingend verlangt, dass das Organ die alleinige Verantwortung für den Schaden trägt. 194    Das Gericht geht daher davon aus, dass die Kommission zu 30 % für den erlittenen Schaden verantwortlich ist. 195    Was den Verlust einer Überlebenschance angeht, so gelangt das Gericht bei seiner Beurteilung zu einem anderen Ergebnis. Die Pflichtverletzung der Kommission ist hier nämlich die unmittelbare und ausschließliche Ursache des genannten Schadens. Das Verhalten des Täters ist nicht geeignet, die Verantwortung des Organs einzuschränken. 196    Zwar ist der Verlust einer Überlebenschance sicher, doch war die Chance des Sohns des Klägers, trotz seiner Verletzungen zu überleben, sehr gering. Ohne genaue Angaben in den Akten und angesichts der mit dieser Art von Beurteilung untrennbar verbundenen Unsicherheiten ist es sehr schwer zu beurteilen, wie hoch die Überlebenschance war. Das Gericht geht davon aus, dass sie mit 20 % bewertet werden kann. Aus den Akten ergibt sich nämlich, dass der Beamte am Hals getroffen wurde und, sofern er nicht sofort gestorben ist, sehr schwer verletzt wurde, was seine Überlebenschancen ernsthaft in Frage stellte, selbst wenn Hilfe rasch eingetroffen wäre. 197    Unter Berücksichtigung der beiden geltend gemachten Schäden, d. h. des Doppelmords und des Verlusts einer Überlebenschance, sowie des Umstands, dass der zweite Schaden eine geringere Reichweite als der erste hat, geht das Gericht folglich davon aus, dass die Kommission für 40 % der entstandenen Schäden verantwortlich ist. Zum Schaden 198    Der sichere Schaden, der im vorliegenden Fall grundsätzlich ersatzfähig ist, ist nur der Schaden, dessen Ersatz der Kläger vor dem Gericht verlangen kann, d. h. der materielle Schaden, den die Hinterbliebenen des verstorbenen Beamten erlitten haben und der unter Bezugnahme auf die Dienstbezüge, die der Sohn des Klägers bis zum Rentenalter erhalten hätte, ermittelt worden sowie vom Kläger mit insgesamt 3 975 329 Euro angegeben worden ist. 199    Der genannte Betrag stellt in Anbetracht der Unsicherheit einer derartigen Berechnung und der in ihr enthaltenen Vermutungen über den Verlauf, den die Laufbahn des Betroffenen hätte nehmen können, eine auf den ersten Blick vernünftige Ermittlung der Dienstbezüge dar, die der verstorbene Beamte hätte erhalten können, und bildet eine zwar sehr grobe, aber sachgerechte Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Einkommensverluste der Hinterbliebenen des Sohns des Klägers. 200    Der Betrag kann jedoch für die Feststellung des materiellen Schadens, den die Hinterbliebenen tatsächlich erlitten haben, nicht in dieser Höhe vom Gericht berücksichtigt werden. Wären nämlich der Sohn und die Schwiegertochter des Klägers nicht ermordet worden, hätten sie einen erheblichen Teil dieses Betrags für eigene Bedürfnisse ausgegeben. Der genannte Betrag wäre ihren Kindern somit nicht in voller Höhe zugutegekommen. Außerdem ist es wahrscheinlich, dass die Kinder der verstorbenen Eltern jetzt oder in einigen Jahren den Nachlass erwerben, der ihnen gesetzlich zusteht und den sie nicht erhalten hätten, wenn ihre Eltern am Leben geblieben wären. Ferner hat die Kommission geltend gemacht, ohne dass ihr widersprochen worden wäre, dass es nicht ausgeschlossen sei, dass die Hinterbliebenen der verstorbenen Eltern infolge des Doppelmords Zahlungen aufgrund von Lebensversicherungsverträgen erhalten hätten. Das Gericht geht daher davon aus, dass sich der im vorliegenden Rechtsstreit zu berücksichtigende materielle Schaden aufgrund von Einkommenseinbußen auf 3 Mio. Euro beläuft. 201    Wie ausgeführt, hat die Kommission 40 % dieses Schadens zu ersetzen, d. h. den Hinterbliebenen des verstorbenen Ehepaars einen Betrag von insgesamt 1,2 Mio. Euro zu zahlen. 202    Aus der Klagebeantwortung geht jedoch hervor, dass, was nicht bestritten worden ist, die Beträge, die die Kommission bereits gezahlt hat und die sie den Hinterbliebenen weiterhin zahlen wird und die über die im Statut normalerweise vorgesehenen Leistungen hinausgehen, sich auf ungefähr 1,4 Mio. Euro belaufen und etwa 2,4 Mio. Euro erreichen könnten, wenn die betreffenden Leistungen jeweils bis zum 26. Lebensjahr der vier Kinder erbracht würden. 203    Die Kommission hat somit den materiellen Schaden, für den sie die Verantwortung zu tragen hat, bereits vollständig ersetzt. 204    Der vom Kläger geltend gemachte Umstand, dass die von der Kommission gezahlten Beträge den Charakter von Sozialleistungen haben, ist für diese Beurteilung, selbst wenn sie zuträfe, ohne Bedeutung. Die erbrachten Leistungen haben den Zweck, die finanziellen Folgen des Todes eines Beamten unabhängig von dessen Ursache auszugleichen. Zwar ist die Verwaltung, wenn sie eine Pflichtverletzung begeht, verpflichtet, den Schaden vollständig zu ersetzen und gegebenenfalls die Leistungen nach dem Statut zu ergänzen (vgl. in diesem Sinne Urteil Leussink/Kommission, Randnrn. 18 bis 20), doch steht fest, dass der Richter bei der Beurteilung, ob der erlittene Schaden von der Verwaltung ersetzt wurde, die Leistungen nach dem Statut zu berücksichtigen hat. Diese Leistungen haben daher durchaus den Zweck, für den Ausgleich eines Schadens zu sorgen, selbst wenn die Verwaltung eine ihre Haftung auslösende Pflichtverletzung begangen hat. Außerdem ist die Kommission im vorliegenden Fall über ihre Verpflichtungen nach dem Statut hinausgegangen, indem sie erstens den verstorbenen Beamten post mortem beförderte, indem sie zweitens die den Hinterbliebenen geschuldeten Leistungen auf dieser Grundlage errechnete und indem sie drittens aufgrund von Art. 76 des Statuts die genannten Leistungen erhöhte. 205    Nach alledem lässt der erste Klagegrund, auch wenn er begründet ist, nicht zu, dass das Gericht den Anträgen des Klägers auf Ersatz der erlittenen materiellen Schäden stattgibt. 206    Das Gericht hat daher die beiden weiteren Klagegründe zu prüfen, mit denen der Kläger geltend macht, die Kommission hafte zum einen aufgrund eines rechtmäßigen Handelns auch ohne Verschulden und zum anderen aufgrund ihrer Beistandspflicht. B –  Zum zweiten Klagegrund: Haftung der Kommission aufgrund eines rechtmäßigen Handelns auch ohne Verschulden 1.     Vorbringen der Parteien 207    Der Kläger macht geltend, dass, selbst wenn die Kommission sich keiner Nachlässigkeit schuldig gemacht haben sollte, die Voraussetzungen einer verschuldensunabhängigen Haftung für rechtmäßiges Handeln der Verwaltung vorliegen würden. Der Nachweis des tatsächlichen Schadenseintritts und des Kausalzusammenhangs zwischen dem Schaden und dem rechtmäßigen Handeln sei erbracht; der Schaden sei ein außergewöhnlicher, schwerwiegender und besonderer Schaden. Zwar habe der Gerichtshof in seinem Urteil vom 9. September 2008, FIAMM und FIAMM Technologies/Rat und Kommission (C-120/06 P und C-121/06 P), eine verschuldensunabhängige Haftung der Union ausgeschlossen, jedoch nur in Bezug auf die Rechtsetzungsakte der Union, die im Ermessen des Gesetzgebers läge. Der Gerichtshof habe keineswegs ausgeschlossen, dass eine solche Haftung in einem Fall wie dem vorliegenden für die Organe gelten könne. Bei der Beurteilung dieser Frage müsse das Gericht berücksichtigen, dass die Ereignisse, denen die Kinder des verstorbenen Beamten ausgesetzt gewesen seien, ungewöhnlich bedrohlich und tragisch gewesen seien und dass die Kinder ihre Eltern frühzeitig verloren hätten und ohnmächtig der grausamen Ermordung ihres Vaters und ihrer Mutter hätten beiwohnen müssen. Das Gericht müsse über den Schadensersatzantrag gemäß den Gerechtigkeitskriterien entscheiden, die Ausdruck des die Organe der Union auszeichnenden tiefen Gerechtigkeitssinns seien. 208    Wie ausgeführt, ist die Kommission der Auffassung, dass dieser Klagegrund unzulässig sei, da er in dem ursprünglichen Schadensersatzantrag nicht geltend gemacht worden sei und keine Angaben enthalte, mit denen der Umfang des angeblichen Schadens quantifiziert werde. Zur Begründetheit führt die Kommission aus, das Prinzip einer Haftung für rechtmäßiges Handeln sei vom Gerichtshof bis zum heutigen Tag nicht anerkannt worden. Der Kläger bringe nichts zum Beleg dafür vor, dass das Gericht eine solche Haftung für das Verhalten der Organe zulassen müsse. Im vorliegenden Fall lege der Kläger jedenfalls nicht dar, dass die Voraussetzungen einer solchen verschuldensunabhängigen Haftung vorliegen würden. 2.     Würdigung durch das Gericht 209    Aus dem Urteil des Gerichtshofs FIAMM und FIAMM Technologies/Rat und Kommission (Randnr. 175) ergibt sich, dass der Gerichtshof zwar aufgrund der vergleichenden Prüfung der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten sehr früh die Feststellung einer Übereinstimmung dieser Rechtsordnungen hinsichtlich der Anerkennung eines Grundsatzes der Haftung für rechtswidriges Handeln oder Unterlassen der öffentlichen Gewalt, einschließlich normativer Art, getroffen hat, dass dies aber keineswegs auch in Bezug auf das eventuelle Bestehen eines Grundsatzes der Haftung für rechtmäßiges Handeln oder Unterlassen der öffentlichen Gewalt, insbesondere wenn es normativer Art ist, gilt. Der Gerichtshof hat daher beim derzeitigen Stand des Unionsrechts ausgeschlossen, dass Art. 288 EG, der auf die „allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind“, verweist, dahin ausgelegt werden kann, dass nach ihm eine verschuldensunabhängige Haftung der Union für rechtmäßiges Handeln oder Unterlassen ausgelöst werden kann. 210    Entgegen den Ausführungen des Klägers geht aus dem Wortlaut, den der Gerichtshof in der angeführten Randnummer seines Urteils verwendet hat („einschließlich normativer Art“ und „insbesondere wenn [das rechtmäßige Handeln oder Unterlassen] normativer Art ist“), hervor, dass die Schlussfolgerung, zu der der Gerichtshof in diesem Urteil gelangt ist, nicht auf den Bereich der Normsetzungskompetenz der Union beschränkt ist. 211    Wie in Randnr. 116 des vorliegenden Urteils ausgeführt, fällt zwar ein auf Schadensersatz gerichteter Rechtsstreit zwischen einem Beamten und seinem derzeitigen oder früheren Dienstherrn, wenn er seinen Ursprung in dem zwischen dem Beamten und dem Dienstherrn bestehenden Dienstverhältnis hat, unter Art. 236 EG sowie die Art. 90 und 91 des Statuts und liegt außerhalb des Anwendungsbereichs der Art. 235 EG und 288 EG. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts der Union zu den Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung aufgrund des Art. 288 EG ist somit nicht ohne Weiteres auf die Klagen aus außervertraglicher Haftung übertragbar, die ein Beamter und seine Hinterbliebenen gegen die Organe aufgrund des Art. 236 EG und der Art. 90 und 91 des Statuts erheben. Insoweit weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass diese Klagen die Organe nicht in der Wahrnehmung ihrer im Vertrag vorgesehenen Normativ- oder Regulierungsbefugnisse beträfen, sondern in ihrem Verhalten als Arbeitgeber gegenüber ihrem Personal. 212    Angesichts der allgemeinen Wendungen, die der Gerichtshof benutzt hat, und angesichts des Grundsatzcharakters, der insbesondere diesem Urteil zukommt, sieht das Gericht jedoch keinen Grund, weshalb – abweichend von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind – die Haftung der Organe der Union in den Beziehungen zu ihrem Personal aufgrund von Voraussetzungen ausgelöst werden könnte, die sich grundlegend von denen unterscheiden, die im Rahmen des Art. 288 EG gelten. 213    Zwar sind die Umstände des vorliegenden Rechtsstreits außergewöhnlich, doch reicht diese Feststellung – die einzige, die der Kläger vorgebracht hat – nicht aus, um eine verschuldensunabhängige Haftung bei Klagen aus außervertraglicher Haftung, die auf der Grundlage des Art. 236 EG erhoben werden und nur den Beamten der Union und ihren Hinterbliebenen zugutekommen, grundsätzlich anzuerkennen. 214    Der Gerichtshof hat bezüglich der Richtlinie 89/391, die einen relevanten Bezugsrahmen für die Festlegung der den Organen der Union nach Art. 1e des Statuts obliegenden Verpflichtungen darstellt, die Auffassung vertreten, dass die genannte Richtlinie nicht so verstanden werden könne, dass sie die Mitgliedstaaten zwingt, eine verschuldensunabhängige Haftung der Arbeitgeber für Beeinträchtigungen der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer einzuführen (Urteil Kommission/Vereinigtes Königreich, Randnrn. 37 bis 51). Die Kommission hatte dagegen vor dem Gerichtshof geltend gemacht, dass die Richtlinie 89/391 eine verschuldensunabhängige Haftung der Arbeitgeber vorgesehen habe, die die Folgen jedes Ereignisses umfasse, das die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer beeinträchtige, unabhängig davon, ob dieses Ereignis oder dessen Folgen auf irgendein fahrlässiges Verhalten des Arbeitgebers beim Erlass der vorbeugenden Maßnahmen zurückgeführt werden könne. 215    Selbst wenn man davon ausgeht, dass die verschuldensunabhängige Haftung der Kommission grundsätzlich geltend gemacht werden kann, so wäre festzustellen, dass diese Form objektiver Haftung des Arbeitgebers, die auf der Verpflichtung zur Beseitigung der Folgen einer berufsbedingten Gefahr, nicht aber auf der Feststellung eines schuldhaften Verhaltens des Arbeitgebers beruht, dessen Folgen der Arbeitgeber zu beseitigen hat, bereits der Verpflichtung des Organs zugrunde liegt, dem Beamten oder seinen Hinterbliebenen im Fall eines Unfalls in Ausübung des Dienstes, einer Berufskrankheit oder des Todes die statutsmäßigen Leistungen zu erbringen. Ohne dass der Nachweis erbracht werden müsste, dass das Organ in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber schuldhaft gehandelt hat, erhalten der Beamte oder seine Hinterbliebenen eine pauschale Entschädigung, um die Folgen dieser Ereignisse auszugleichen. Das nach ständiger Rechtsprechung bestehende Erfordernis, dass ein schuldhaftes Verhalten nachgewiesen werden muss, damit der Beamte oder seine Hinterbliebenen zusätzlich zu den statutsmäßigen Leistungen eine Entschädigung zum vollständigen Ausgleich des nach ihrer Ansicht erlittenen Schadens erhalten, zeigt, dass das Bestehen der außervertraglichen Haftung der Verwaltung von dem Vorliegen eines Amtsfehlers oder eines Rechtsverstoßes abhängig ist. 216    Nach alledem kann der Kläger beim Gericht nicht mit Erfolg die Feststellung beantragen, dass die Voraussetzungen einer verschuldensunabhängigen Haftung der Kommission vorliegen. 217    Somit ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen, ohne dass über seine Zulässigkeit entschieden zu werden braucht. C –  Zum dritten Klagegrund: Verpflichtung der Kommission zum solidarischen Ersatz der erlittenen Schäden nach Art. 24 des Statuts 1.     Vorbringen der Parteien 218    Der Kläger macht hilfsweise geltend, die Kommission müsse jedenfalls nach Art. 24 Abs. 2 des Statuts den Schaden ersetzen, den ihr Beamter aufgrund seiner Dienststellung oder seines Amtes erlitten habe. Der Doppelmord stehe objektiv in einem kausalen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Sohnes des Klägers auf dem marokkanischen Hoheitsgebiet, wo er sich wegen seines Amtes aufgehalten habe. Dieser Mord sei ferner in einer Wohnung begangen worden, die die Kommission ausgewählt habe. Die Kommission hätte unter den außergewöhnlichen Umständen des vorliegenden Falles auch ohne entsprechenden Antrag von sich aus tätig werden müssen und den Schaden, der dem Beamten und seiner Ehefrau durch einen Dritten entstanden sei, solidarisch ersetzen müssen. 219    Die Kommission trägt, wie ausgeführt, vor, dieser Klagegrund sei unzulässig, da er in dem ursprünglichen Schadensersatzantrag nicht geltend gemacht worden sei. Zur Begründetheit führt die Kommission aus, dass die dramatischen Ereignisse, die zum Tod des Sohnes des Klägers geführt hätten, in keinem Bezug zu dessen Dienststellung als Beamter ständen und dass daher die Voraussetzung nach Art. 24 Abs. 2 des Statuts in der Auslegung der Rechtsprechung, wonach der Beamte aufgrund der genannten Dienststellung einen Schaden erlitten haben müsse, nicht erfüllt sei. 2.     Würdigung durch das Gericht 220    Wie der Gerichtshof entschieden hat, soll Art. 24 des Statuts den Beamten und Bediensteten im aktiven Dienst Sicherheit für die Gegenwart und die Zukunft geben, damit sie ihre Aufgaben im allgemeinen dienstlichen Interesse besser erfüllen können (vgl. Urteil Sommerlatte/Kommission, Randnr. 19). 221    Nach Art. 24 des Statuts und nach der Rechtsprechung dazu sind die Organe der Union aufgrund dieser Vorschrift lediglich verpflichtet, ihren Beamten bei Handlungen Dritter Beistand zu leisten, die aufgrund ihrer Dienststellung oder ihres Amtes gegen sie gerichtet werden (vgl. insbesondere Urteil des Gerichtshofs vom 5. Oktober 1988, Hamill/Kommission, 180/87, Randnr. 15; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 27. Juni 2000, K/Kommission, T-67/99, Randnr. 32). 222    Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen für die Anwendung des Art. 24 des Statuts, die mit dem Urheber der Straftat im Zusammenhang stehen, unstreitig vor. Der Sohn des Klägers war das Opfer von Handlungen eines Dritten. 223    Art. 24 des Statuts verlangt jedoch auch, dass die Dienststellung des Klägers oder sein Amt die Grundlage der betreffenden Handlungen bilden. Wegen dieser Dienststellung oder dieses Amtes müssen die Handlungen, in Bezug auf die der Beistand begehrt wird, begangen worden sein, denn das Organ ist sowohl um den Schutz seines Personals als auch um den Schutz seiner eigenen Interessen bemüht. Der Gerichtshof hat daher festgestellt, dass eine Beistandspflicht nicht bei Zwangsmaßnahmen nationaler Polizeibehörden gegen die Person eines Beamten angenommen werden kann, die durch das persönliche Verhalten dieses Beamten veranlasst waren, der wegen eines Delikts verfolgt wurde, das mit der Ausübung seiner Amtstätigkeit nichts zu tun hatte (Urteil Hamill/Kommission, Randnrn. 16 und 17). Ebenfalls ist festgestellt worden, dass allein die Tatsache, dass ein Kind wegen der Zughörigkeit eines Elternteils zum öffentlichen Dienst der Union in einen Kindergarten aufgenommen wurde, wo es schweren Misshandlungen ausgesetzt war, nicht den Schluss zulässt, dass der Zusammenhang zwischen den Handlungen des betreffenden Dritten und der Dienststellung des genannten Elternteils bewiesen wäre (Urteil K/Kommission, Randnrn. 36 bis 38). 224    Im vorliegenden Rechtsstreit jedoch wurde der Sohn des Klägers nicht wegen seiner Dienststellung oder seines Amtes getötet. Wie ausgeführt, war er das Opfer eines gewöhnlichen Straftäters, der ihm, seiner Ehefrau und seinem Vermögen Schaden zufügte, ohne von der Dienststellung seines Opfers als Beamter der Union oder von der Art seines Amtes zu wissen. Der Täter nahm wahrscheinlich an, dass die Bewohner der Villa, in der er seine Straftaten beging, einen höheren Lebensstandard hatten als der durchschnittliche Bewohner von Rabat. Aber weder dieser Umstand noch die Abordnung des Sohnes des Klägers nach Marokko noch auch das Bewohnen einer Wohnung, die die Kommission ausgewählt hatte, lassen den Schluss zu, dass der Beamte wegen dieser Dienststellung oder wegen dieses Amtes zur Zielscheibe wurde. 225    Der Kläger kann sich daher nicht mit Erfolg auf Art. 24 des Statuts berufen. 226    Selbst wenn man unterstellt, dass der Sohn des Klägers das Opfer eines Mordes war, der wegen seines Amtes begangen wurde, so ist das Gericht jedenfalls der Auffassung, dass die statutsmäßigen Leistungen, die für den Fall des Todes eines Beamten vorgesehen werden, insbesondere nach Art. 7 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Gemeinsamen Regelung („Als Unfälle im Sinne [der Gemeinsamen Regelung] gelten …: … die Folgen von Angriffen und Anschlägen auf die Person des Versicherten …“) die Schutzpflicht konkretisieren, die jedes Organ als Arbeitgeber und aufgrund des Art. 24 des Statuts gegenüber seinen Beamten und dessen Hinterbliebenen zu erfüllen hat. Der Kläger behauptet indessen nicht, dass ihm zu Unrecht eine der nach dem Statut vorgesehenen Garantien vorenthalten worden sei. Ferner hat die Kommission von der Möglichkeit nach Art. 76 des Statuts Gebrauch gemacht, in besonderen Fällen den betroffenen Personen eine außergewöhnliche Hilfe zu gewähren. Die Kommission ist somit ihrer Beistands- und Schutzpflicht nach Art. 24 des Statuts ordnungsgemäß nachgekommen. 227    Jedenfalls kann der Kläger somit nicht mit Erfolg geltend machen, die Kommission habe gegen die genannte Vorschrift des Statuts verstoßen. Der dritte Klagegrund ist daher zurückzuweisen, ohne dass über die gegen ihn erhobene Einrede der Unzulässigkeit entschieden zu werden braucht. 228    Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen. Kosten 229    Nach Art. 87 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist vorbehaltlich der übrigen Bestimmungen des Achten Kapitels des Zweiten Titels der Verfahrensordnung die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Abs. 2 dieses Artikels kann das Gericht aus Gründen der Billigkeit entscheiden, dass eine unterliegende Partei zur Tragung nur eines Teils der Kosten oder gar nicht zur Tragung der Kosten zu verurteilen ist. Nach Art. 88 der Verfahrensordnung kann eine Partei, auch wenn sie obsiegt, zur Tragung eines Teils der Kosten oder sämtlicher Kosten verurteilt werden, wenn dies wegen ihres Verhaltens, auch vor Klageerhebung, gerechtfertigt erscheint; dies gilt insbesondere, wenn sie der Gegenpartei Kosten ohne angemessenen Grund oder böswillig verursacht hat. 230    Im vorliegenden Verfahren hat die Kommission trotz der von ihr geltend gemachten berechtigten Gründe der Vertraulichkeit den Verfahrensablauf erheblich verzögert, indem sie sich zunächst geweigert hat, dem Gericht bestimmte Dokumente und Informationen zu übermitteln, und das Gericht gezwungen hat, eine zweite mündliche Verhandlung anzuberaumen. Die Kommission hat auch dem Gericht in mehreren Punkten unzutreffende Antworten gegeben, namentlich mit der Behauptung, dass es keine Vorschriften über die für Wohnungen des Delegationspersonals in Drittländern geltenden Sicherheitsmaßnahmen gebe und dass die Maßnahmen, die der Verfasser der schriftlichen Antwort vom 6. August 2007 angeführt habe, keine Bedeutung für Handlungen hätten, die im vorangegangenen Jahr begangen worden seien. Der Widerstand der Kommission gegen die Heranziehung des für die Entscheidung des Rechtsstreits wichtigen Dokuments von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien durch das Gericht, den sie erst in der zweiten mündlichen Verhandlung aufgegeben hat, offenbart ein Verhalten, das mit den Regeln über einen fairen Prozess kaum zu vereinbaren ist. Dieses Verhalten der Kommission in einem für den Kläger so schmerzhaften Verfahren ist umso weniger angemessen, als die Kommission vor Klageerhebung Anstand und Fürsorge an den Tag legte. 231    Im Übrigen durfte sich der Kläger für klageberechtigt halten. Zum einen hat das Gericht festgestellt, dass die Kommission einen ihre Haftung auslösenden Fehler beging. Zum anderen konnte das Verhalten der Kommission während des Verfahrens beim Kläger die Überzeugung wecken, dass die Kommission ihm die Ursachen der Ermordung seines Sohnes und seiner Schwiegertochter teilweise verschleiert hatte. 232    Es erscheint daher bei angemessener Berücksichtigung der Umstände des Falles geboten, der Kommission neben ihren eigenen Kosten die angemessenen und ordnungsgemäß begründeten Kosten des Klägers aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST(Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Die Klage wird abgewiesen. 2.      Die dem Gericht im Verfahren von der Europäischen Kommission übermittelten Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien werden der Europäischen Kommission unverzüglich als vertrauliche Verschlusssache mit dem Vermerk „EU – Nur für den Dienstgebrauch“ rückübermittelt. 3.      Die Europäische Kommission trägt die gesamten Kosten. Gervasoni Kreppel Rofes i Pujol Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Mai 2011. Die Kanzlerin Der Präsident W. Hakenberg S. Gervasoni Inhaltsverzeichnis Rechtlicher Rahmen Sachverhalt Anträge der Parteien und Verfahren Rechtliche Würdigung I – Zum Gegenstand der Klage II – Zur Zulässigkeit A – Vorbringen der Parteien B – Würdigung durch das Gericht III – Zur Begründetheit A – Zum ersten Klagegrund: Verstoß der Kommission gegen ihre Pflicht, für den Schutz ihres Beamten zu sorgen 1. Vorbringen der Parteien 2. Würdigung durch das Gericht a) Zu dem Einwand der Kommission, die angeblichen Schäden seien bereits vollständig ersetzt b) Zu der Rüge, die Kommission habe gegen ihre Verpflichtung verstoßen, für die Sicherheit des verstorbenen Beamten und seiner Familie zu sorgen Zu den Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung der Kommission Zum Umfang des Ermessens, das der Kommission bei der Sorge um die Sicherheit ihrer in einer Delegation in einem Drittland beschäftigten Beamten zur Verfügung steht Zum Vorliegen eines Mangels bei der Durchführung angemessener Schutzmaßnahmen – Zum Antrag des Klägers auf Einsichtnahme in die Auszüge aus dem Dokument von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien – Zur Verwendung des Dokuments von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien durch das Gericht – Zur Anwendbarkeit des Dokuments von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien auf die vorläufige Wohnung, die dem Sohn des Klägers und seiner Familie überlassen wurde – Zur rechtlichen Tragweite des Dokuments von 2006 über die Sicherheitsnormen und -kriterien – Zum Vorliegen einer Pflichtverletzung der Kommission Zum Kausalzusammenhang und zum Vorliegen eines Haftungsbefreiungsgrundes (Pflichtverletzung der Opfer und Handlung eines Dritten) Zum Schaden B – Zum zweiten Klagegrund: Haftung der Kommission aufgrund eines rechtmäßigen Handelns auch ohne Verschulden 1. Vorbringen der Parteien 2. Würdigung durch das Gericht C – Zum dritten Klagegrund: Verpflichtung der Kommission zum solidarischen Ersatz der erlittenen Schäden nach Art. 24 des Statuts 1. Vorbringen der Parteien 2. Würdigung durch das Gericht Kosten * Verfahrenssprache: Italienisch.
Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 8. September 2010.#Deltafina SpA gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb - Kartelle - Spanischer Markt für den Kauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak - Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird - Festsetzung der Preise und Aufteilung des Marktes - Übereinstimmung zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung - Verteidigungsrechte - Definition des relevanten Marktes - Geldbußen - Schwere der Zuwiderhandlung - Erschwerende Umstände - Rolle als Anführer - Zusammenarbeit.#Rechtssache T-29/05.
62005TJ0029
ECLI:EU:T:2010:355
2010-09-08T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2010 II-04077
Rechtssache T‑29/05 Deltafina SpA gegen Europäische Kommission „Wettbewerb – Kartelle – Spanischer Markt für den Kauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Festsetzung der Preise und Aufteilung des Marktes – Übereinstimmung zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung – Verteidigungsrechte – Definition des relevanten Marktes – Geldbußen – Schwere der Zuwiderhandlung – Erschwerende Umstände – Rolle als Anführer – Zusammenarbeit“ Leitsätze des Urteils 1.      Wettbewerb – Kartelle – Zurechnung an ein Unternehmen – Entscheidung der Kommission, mit der die Verantwortlichkeit eines Unternehmens festgestellt wird, das auf einem dem betroffenen Markt unmittelbar nachgeschalteten Markt tätig ist und aktiv und vorsätzlich an dem Kartell beteiligt war (Art. 3 Abs.1 Buchst. g EG und Art. 81 Abs. 1 EG) 2.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Mitteilung der Beschwerdepunkte – Notwendiger Inhalt – Wahrung der Verteidigungsrechte – Umfang (Verordnungen Nr. 17 und Nr. 1/2003 des Rates) 3.      Wettbewerb – Kartelle – Vereinbarungen zwischen Unternehmen – Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Beurteilungskriterien (Art. 81 Abs. 1 EG) 4.      Handlungen der Organe – Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission) 5.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Bestimmung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Beurteilung – Einzelfallprüfung (Verordnungen Nr. 17, Art. 15 Abs. 2, und Nr. 1/2003, Art. 23 Abs. 3 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission) 6.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Bestimmung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Beurteilung – Wechselbeziehung zwischen den drei ausdrücklich in den Leitlinien der Kommission erwähnten Kriterien – Einstufung einer Zuwiderhandlung als besonders schwer – Vorrangige Rolle des Kriteriums der Art der Zuwiderhandlung (Verordnungen Nr. 17, Art. 15 Abs. 2, und Nr. 1/2003, Art. 23 Abs. 3 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission) 7.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Bestimmung – Kriterien – Konkrete Auswirkungen auf den Markt (Verordnungen Nr. 17, Art. 15 Abs. 2, und Nr. 1/2003, Art. 23 Abs. 3 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 Teil A Abs. 1) 8.      Wettbewerb – Geldbußen – Rechtlicher Rahmen – Bestimmung – Unbeachtlichkeit der früheren Entscheidungspraxis der Kommission (Verordnungen Nr. 17 und Nr. 1/2003 des Rates) 9.      Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang (Art. 253 EG) 10.    Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Mitteilung der Beschwerdepunkte – Notwendiger Inhalt – Wahrung der Verteidigungsrechte (Verordnungen Nr. 17 und Nr. 1/2003 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 2) 11.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Bestimmung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Erschwerende Umstände – Rolle als Anführer der Zuwiderhandlung – Begriff (Verordnungen Nr. 17, Art. 15 Abs. 2, und Nr. 1/2003, Art. 23 Abs. 3 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 2) 12.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Bestimmung – Kriterien – Mildernde Umstände – Beurteilung – Erforderlichkeit der gesonderten Berücksichtigung aller Umstände – Fehlen – Gesamtbeurteilung (Verordnungen Nr. 17, Art. 15 Abs. 2, und Nr. 1/2003, Art. 23 Abs. 3 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 3) 13.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Bestimmung – Kriterien – Mildernde Umstände – Von den kartellinternen Vereinbarungen abweichendes Verhalten – Beurteilung (Verordnungen Nr. 17, Art. 15, und Nr. 1/2003, Art. 23 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 3 zweiter Gedankenstrich) 14.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Bestimmung – Kriterien – Mildernde Umstände – Beendigung der Zuwiderhandlung vor dem Eingreifen der Kommission – Ausschluss (Verordnungen Nr. 17, Art. 15 Abs. 2, und Nr. 1/2003, Art. 23 Abs. 3 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 3 dritter Gedankenstrich) 15.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Bestimmung – Kriterien – Herabsetzung der Geldbuße als Gegenleistung für eine Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens – Voraussetzungen (Verordnungen Nr. 17 und Nr. 1/2003 des Rates; Mitteilung 96/C 207/04 der Kommission) 16.    Wettbewerb – Gemeinschaftsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Geldbußen – Bestimmung – Kriterien – Anhebung des allgemeinen Niveaus der Geldbußen – Zulässigkeit – Voraussetzungen (Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 82 EG; Verordnungen Nr. 17 und Nr. 1/2003 des Rates) 1.      Die Kommission geht nicht dadurch über die Grenzen des in Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellten Verbots hinaus, dass sie die Verantwortlichkeit eines Unternehmens für eine Zuwiderhandlung gegen diese Vorschrift für den Fall feststellt, dass sich dieses, obwohl es auf einem Markt tätig ist, der demjenigen unmittelbar nachgeschaltet ist, auf dem die wettbewerbsbeschränkenden Handelspraktiken ausgeübt wurden, aktiv und vorsätzlich an einem Kartell zwischen Herstellern beteiligt, die auf einem anderen Markt als es selbst tätig sind. Ein Unternehmen kann nämlich gegen das in Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellte Verbot verstoßen, wenn sein mit dem anderer Unternehmen koordiniertes Verhalten die Einschränkung des Wettbewerbs auf einem relevanten speziellen Markt innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt, ohne dass dies unbedingt voraussetzen würde, dass es selbst auf diesem relevanten Markt tätig ist. Daher kann sich ein Unternehmen an der Durchführung einer Wettbewerbsbeschränkung auch dann beteiligen, wenn es seine eigene Handlungsfreiheit auf dem Markt, auf dem es hauptsächlich tätig ist, nicht einschränkt. Jede andere Auslegung könnte nämlich die Bedeutung des in Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellten Verbots in einer Weise mindern, die im Widerspruch zu seiner Wirksamkeit und seinem in Art. 3 Abs. 1 Buchst. g EG niedergelegten Hauptziel der Aufrechterhaltung eines unverfälschten Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes stünde, da die aktive Beteiligung eines Unternehmens an einer Wettbewerbsbeschränkung dann allein deshalb nicht verfolgt werden könnte, weil diese Beteiligung nicht von einer wirtschaftlichen Tätigkeit auf dem relevanten Markt ausgeht, auf dem die Beschränkung eintritt oder eintreten soll. Eine Betrachtung der Wendung „Vereinbarungen zwischen Unternehmen“ im Licht der mit Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 3 Abs. 1 Buchst. g EG verfolgten Ziele spricht für eine Konzeption des Kartells und des zuwiderhandelnden Unternehmens, bei der nicht danach unterschieden wird, in welchem Sektor oder auf welchem Markt die betroffenen Unternehmen tätig sind. Es entspricht den Erfordernissen des Grundsatzes der persönlichen Verantwortlichkeit, einem an einem Kartell beteiligten Unternehmen die Zuwiderhandlung insgesamt zur Last zu legen, wenn zwei Voraussetzungen, eine objektive und eine subjektive, erfüllt sind. Was die erste Voraussetzung betrifft, ist diese, sofern es um das Verhältnis zwischen auf demselben relevanten Markt tätigen Unternehmen sowie zwischen solchen Wettbewerbern und ihren Kunden geht, erfüllt, wenn das teilnehmende Unternehmen – auch in untergeordneter Stellung, nebensächlich oder passiv – zur Durchführung des Kartells beigetragen hat, etwa durch eine stillschweigende Billigung und die unterbliebene Anzeige des entsprechenden Kartells bei den Behörden. Was die zweite Voraussetzung betrifft, kann einem beteiligten Unternehmen im Übrigen die Gesamtheit einer Zuwiderhandlung nur dann zur Last gelegt werden, wenn es seinen eigenen Willen so geäußert hat, dass deutlich wird, dass es – und sei es nur stillschweigend – die Ziele des Kartells teilt. (vgl. Randnrn. 48-49, 51, 57-58, 62) 2.      Die Beachtung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu Sanktionen, namentlich zu Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können, verlangt vor allem, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die die Kommission an ein Unternehmen richtet, gegen das sie eine Sanktion wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln zu verhängen beabsichtigt, die wesentlichen diesem Unternehmen zur Last gelegten Gesichtspunkte wie den ihm vorgeworfenen Sachverhalt, dessen Einstufung und die von der Kommission herangezogenen Beweismittel enthält, damit sich das Unternehmen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, das gegen es eingeleitet worden ist, sachgerecht äußern kann. Eine Verletzung der Verteidigungsrechte im Verwaltungsverfahren ist anhand der Rügen zu beurteilen, die die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der Entscheidung erhoben hat, die dieses Verfahren beendet. Unter diesen Umständen setzt die Feststellung einer Verletzung der Verteidigungsrechte voraus, dass die Rüge, die dem Unternehmen zufolge in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht erhoben worden sein soll, von der Kommission in ihrer abschließenden Entscheidung ausgesprochen wird. In einer bloß unterschiedlichen Darstellung des Sachverhalts, mit der diesem in der endgültigen Entscheidung genauer Rechnung getragen werden soll, kann keine inhaltliche Änderung der Beschwerdepunkte gesehen werden. (vgl. Randnrn. 113-115, 120) 3.      Ein Beschluss, eine Vereinbarung oder eine Verhaltensweise kann den Handel zwischen Mitgliedstaaten nur dann beeinträchtigen, wenn sich anhand einer Gesamtheit rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass sie unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell die Handelsströme zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise beeinflussen, die die Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes hemmen könnte. Außerdem darf diese Beeinträchtigung nicht nur geringfügig sein. Damit ergibt sich eine Auswirkung auf den innergemeinschaftlichen Handel im Allgemeinen daraus, dass mehrere Voraussetzungen erfüllt sind, die für sich allein genommen nicht unbedingt entscheidend sind. Art. 81 Abs. 1 EG setzt nämlich nicht voraus, dass die Kartelle, auf die er sich bezieht, den innergemeinschaftlichen Handel tatsächlich spürbar beeinträchtigen, sondern lässt den Nachweis genügen, dass sie hierzu geeignet sind. (vgl. Randnrn. 167-169) 4.      Auch wenn die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, nicht als Rechtsnorm qualifiziert werden können, die die Verwaltung auf jeden Fall zu beachten hat, stellen sie doch eine Verhaltensnorm dar, die einen Hinweis auf die zu befolgende Verwaltungspraxis enthält und von der die Verwaltung im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen abweichen kann, die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar sind. (vgl. Randnr. 230) 5.      Die Kommission ist dadurch, dass sie in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, ihre Vorgehensweise bei der Bewertung der Schwere eines Verstoßes präzisiert hat, nicht daran gehindert, die Schwere umfassend anhand aller relevanten Umstände des Einzelfalls einschließlich der Gesichtspunkte zu beurteilen, die in den Leitlinien nicht ausdrücklich erwähnt sind. (vgl. Randnr. 230) 6.      Bei den drei Kriterien, die nach den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln zu berücksichtigen sind, handelt es sich um die Art des Verstoßes, seine konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie die Größe des betreffenden räumlichen Marktes. Diese drei Kriterien für die Bewertung der Schwere des Verstoßes haben im Rahmen der Gesamtprüfung nicht das gleiche Gewicht. Die Art der Zuwiderhandlung spielt insbesondere bei der Einstufung der Zuwiderhandlungen als „besonders schwer“ eine vorrangige Rolle. Insoweit ergibt sich aus der Beschreibung der besonders schweren Verstöße in den Leitlinien, dass Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die insbesondere wie hier auf die Festsetzung der Preise abzielen, allein schon aufgrund ihres Wesens als „besonders schwer“ eingestuft werden können, ohne dass diese Verhaltensweisen durch eine besondere Auswirkung oder einen besonderen räumlichen Umfang gekennzeichnet zu sein brauchen. Dies wird dadurch bekräftigt, dass zwar in der Beschreibung der schweren Verstöße ausdrücklich erwähnt wird, dass sie Auswirkungen auf den Markt haben und in einem größeren Teil des Gemeinsamen Marktes zum Tragen kommen, während die Beschreibung der besonders schweren Verstöße kein Erfordernis konkreter Auswirkungen auf den Markt oder von Auswirkungen in einem besonderen räumlichen Bereich enthält. Zwischen den drei Kriterien für die Ermittlung der Schwere eines Verstoßes besteht insofern eine Wechselbeziehung, als ein höherer Schweregrad hinsichtlich des einen oder anderen Kriteriums die geringere Schwere der Zuwiderhandlung unter anderen Aspekten ausgleichen kann. Der Umfang des räumlichen Marktes stellt nur eines der drei einschlägigen Kriterien für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung insgesamt dar und ist kein eigenständiges Kriterium in dem Sinn, dass nur Zuwiderhandlungen, die die Mehrzahl der Mitgliedstaaten betreffen, als „besonders schwer“ eingestuft werden könnten. Weder der EG-Vertrag noch die Verordnung Nr. 17 oder die Verordnung Nr. 1/2003, die Leitlinien oder die Rechtsprechung lassen die Annahme zu, dass nur räumlich sehr ausgedehnte Beschränkungen so eingestuft werden können. Der geringe Umfang des relevanten räumlichen Marktes steht daher der Einstufung der festgestellten Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ nicht entgegen. Dies gilt umso mehr im Hinblick auf den geringen Umfang des relevanten Produktmarkts, da der Umfang des Produktmarkts grundsätzlich kein Kriterium darstellt, das zwingend zu berücksichtigen ist, sondern für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung und die Festsetzung der Geldbuße nur ein Kriterium unter anderen bildet. Der den Tabakverarbeitern und einem betroffenen Unternehmen, zu dessen Tätigkeiten die Vermarktung von verarbeitetem Tabak gehört, vorgeworfene Verstoß, der in der Festsetzung der Preise der verschiedenen Rohtabaksorten in Spanien und der Aufteilung der Mengen für jede Sorte Rohtabak, die jeder Verarbeiter bei den Erzeugern kaufen konnte, besteht, ist seiner Art nach klar ein besonders schwerer Verstoß. Solche Zuwiderhandlungen werden als besonders schwerwiegend eingestuft, da sie einen unmittelbaren Eingriff in die wesentlichen Wettbewerbsparameter auf dem betreffenden Markt oder offenkundige Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft bedeuten. (vgl. Randnrn. 231, 233-234, 238, 240-242) 7.      Im Rahmen der Beurteilung der Schwere des Verstoßes gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln bei Festsetzung der Geldbuße hat die Tatsache, dass die Kommission nicht rechtlich hinreichend dargetan hat, dass das Kartell konkrete Auswirkungen auf den Markt hat, keinen Einfluss auf die Einstufung der Zuwiderhandlung als „besonders schwer“. Der Ausgangsbetrag der Geldbuße, den die Kommission nach der Schwere der Zuwiderhandlung festgelegt hat, kann nicht deshalb in Frage gestellt werden, weil konkrete Auswirkungen auf den Markt nicht hinreichend nachgewiesen sind. (vgl. Randnrn. 250-251) 8.      Die frühere Entscheidungspraxis der Kommission bildet nicht selbst den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen. (vgl. Randnrn. 292, 426) 9.      Die Begründung einer Einzelfallentscheidung muss die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, weil die Frage, ob sie den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand des Wortlauts des fraglichen Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand des Zusammenhangs, in dem dieser Rechtsakt erlassen wurde, sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. (vgl. Randnr. 319) 10.    Die Kommission erfüllt ihre Verpflichtung zur Wahrung des Anhörungsrechts der Unternehmen, wenn sie in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich darauf hinweist, dass sie prüfen werde, ob gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen festzusetzen seien, und die für die etwaige Festsetzung einer Geldbuße wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte wie die Schwere und Dauer der vermuteten Zuwiderhandlung anführt sowie darlegt, ob diese „vorsätzlich oder fahrlässig“ begangen worden sei. Damit macht sie die Angaben, die für eine Verteidigung nicht nur gegen die Feststellung einer Zuwiderhandlung, sondern auch gegen die Festsetzung einer Geldbuße erforderlich sind. Eine Verpflichtung der Kommission, den beschuldigten Unternehmen zum Zeitpunkt der Mitteilung der Beschwerdepunkte konkrete Angaben zur Höhe der in Aussicht genommenen Geldbußen zu machen, liefe jedoch darauf hinaus, von ihr eine nicht sachgerechte Vorwegnahme der endgültigen Entscheidung zu verlangen. In diesem Zusammenhang führt die Einstufung eines Unternehmens als Anführer zu erheblichen Auswirkungen auf die Höhe der gegen dieses Unternehmen zu verhängenden Geldbuße. So handelt es sich gemäß Nr. 2 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, um einen erschwerenden Umstand, der zu einer nicht unerheblichen Steigerung des Grundbetrags der Beihilfe führt. Außerdem schließt eine solche Einstufung gemäß Abschnitt B Buchst. e der Mitteilung über Zusammenarbeit eine wesentliche Herabsetzung der Geldbuße von vornherein aus, selbst wenn das als Anführer eingestufte Unternehmen alle Bedingungen für eine solche Herabsetzung erfüllt. Daher obliegt es der Kommission, in der Mitteilung der Beschwerdepunkte die aus ihrer Sicht einschlägigen Gesichtspunkte anzuführen, um dem Unternehmen, das als Anführer eines Kartells eingestuft werden kann, Gelegenheit zu geben, sich zu einer solchen Rüge zu äußern. Da eine solche Mitteilung nur ein Schritt im Verfahren zur Annahme der endgültigen Entscheidung ist und daher keine endgültige Stellungnahme der Kommission darstellt, kann nicht verlangt werden, dass diese in diesem Stadium bereits eine rechtliche Bewertung der Kriterien vornimmt, auf die sie sich in ihrer endgültigen Entscheidung über die Einstufung eines Unternehmens als Anführer des Kartells stützen wird. (vgl. Randnrn. 324-325, 327) 11.    Bei der Festsetzung der Geldbuße für den Verstoß gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln muss ein betroffenes Unternehmen, um als Anführer angesehen zu werden, eine wichtige Antriebskraft für das Kartell gewesen sein und eine besondere und konkrete Verantwortung für dessen Funktionieren getragen haben. Auch wenn mit den von der Kommission angeführten Umständen dargetan wird, dass dieses Unternehmen eine aktive und unmittelbare Rolle in einem Kartell gespielt hat, sind sie gleichwohl kein ausreichender Nachweis dafür, dass es eine bedeutende Antriebskraft für dieses Kartell darstellte, vor allem, wenn nichts in den Akten darauf hinweist, dass das betroffene Unternehmen irgendeine Initiative ergriffen hätte, um dieses Kartell zu errichten oder eines der anderen Unternehmen zu einem Beitritt zu bewegen, und wenn auch nichts in den Akten darauf hinweist, dass das betroffene Unternehmen die Tätigkeiten übernommen hat, die normalerweise mit der Rolle des Anführers eines Kartells verbunden sind, wie beispielsweise den Vorsitz bei den Treffen oder die Zentralisierung und Verteilung bestimmter Informationen. (vgl. Randnrn. 332-335) 12.    Die Kommission muss sich bei der Festsetzung der Höhe von Geldbußen für Verstöße gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln grundsätzlich an ihre eigenen Leitlinien halten. Die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, schreiben ihr aber nicht vor, alle in Nr. 3 der Leitlinien aufgeführten mildernden Umstände stets gesondert zu berücksichtigen; die Kommission ist nicht verpflichtet, insoweit automatisch eine zusätzliche Herabsetzung zu gewähren, weil die Frage, ob eine Herabsetzung der Geldbuße wegen mildernder Umstände angemessen ist, unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände im Weg einer Gesamtwürdigung zu beurteilen ist. Der Erlass der Leitlinien hat der früheren Rechtsprechung nicht ihre Bedeutung genommen, nach der die Kommission über ein Ermessen verfügt, das es ihr erlaubt, bei der Bemessung der von ihr zu verhängenden Geldbußen insbesondere nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls bestimmte Gesichtspunkte zu berücksichtigen oder nicht. Da sich aus den Leitlinien kein zwingender Anhaltspunkt dafür ergibt, welche mildernden Umstände berücksichtigt werden können, ist davon auszugehen, dass der Kommission ein gewisser Spielraum verblieben ist, um im Weg einer Gesamtwürdigung über die Höhe einer etwaigen Herabsetzung der Geldbußen wegen mildernder Umstände zu entscheiden. (vgl. Randnrn. 347-348) 13.    Bei der Festsetzung der Geldbuße wegen Zuwiderhandlung gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln braucht die Kommission das Vorliegen eines mildernden Umstands wegen tatsächlicher Nichtanwendung einer Vereinbarung nur anzuerkennen, wenn das Unternehmen, das diesen Umstand geltend macht, nachweisen kann, dass es sich der Anwendung der Vereinbarung so eindeutig und nachdrücklich widersetzt hat, dass dadurch sogar deren Funktionieren gestört wurde, und dass es der Vereinbarung auch nicht scheinbar zugestimmt und dadurch andere Unternehmen zu deren Anwendung veranlasst hat. Unternehmen könnten nämlich das Risiko, eine beträchtliche Geldbuße zahlen zu müssen, zu leicht minimieren, wenn sie zunächst aus einer rechtswidrigen Vereinbarung Vorteil ziehen und anschließend eine Herabsetzung der Geldbuße mit der Begründung beanspruchen könnten, dass sie bei der Durchführung der Zuwiderhandlung nur eine begrenzte Rolle gespielt hätten, obgleich ihre Haltung andere Unternehmen dazu veranlasste, sich in stärkerem Maße wettbewerbsschädigend zu verhalten. (vgl. Randnr. 350) 14.    Bei der Festsetzung der Geldbuße wegen Zuwiderhandlung gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln kann die in Nr. 3 dritter Gedankenstrich der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, erwähnte „Beendigung der Zuwiderhandlung nach dem ersten Eingreifen der Kommission (insbesondere Nachprüfungen)“ logischerweise nur dann einen mildernden Umstand bilden, wenn es Gründe für die Annahme gibt, dass die fraglichen Unternehmen durch dieses Eingreifen zur Beendigung ihres wettbewerbswidrigen Verhaltens veranlasst wurden, während der Fall, dass die Zuwiderhandlung bereits vor dem ersten Eingreifen der Kommission beendet worden war, dieser Bestimmung der Leitlinien nicht unterfällt. (vgl. Randnrn. 354-355) 15.    Der Kommission steht hinsichtlich der Methode für die Berechnung von Geldbußen für Verstöße gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln ein weites Ermessen zu; sie kann insoweit eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigen, zu denen auch die Kooperationsbeiträge der betroffenen Unternehmen während der von den Dienststellen der Kommission durchgeführten Untersuchungen gehören. Sie verfügt bei der Beurteilung von Qualität und Nützlichkeit des Kooperationsbeitrags eines Unternehmens, insbesondere im Vergleich zu den Beiträgen anderer Unternehmen, über ein weites Ermessen. Die Herabsetzung einer Geldbuße wegen Kooperation ist nur gerechtfertigt, wenn das Verhalten eines Unternehmens der Kommission die Wahrnehmung ihrer Aufgabe erleichtert hat, diese Zuwiderhandlungen festzustellen und zu verfolgen. Die Kommission darf bei der Beurteilung der Kooperation der Unternehmen nicht den Grundsatz der Gleichbehandlung außer Acht lassen, der verletzt ist, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist. (vgl. Randnrn. 389-390, 399) 16.    Die Kommission ist dadurch, dass sie in der Vergangenheit für bestimmte Arten von Zuwiderhandlungen Geldbußen in einer bestimmten Höhe verhängt hat, nicht daran gehindert, dieses Niveau innerhalb der durch die Verordnung Nr. 1/2003 gezogenen Grenzen anzuheben, wenn dies erforderlich ist, um die Durchführung der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik sicherzustellen. Die Wirtschaftsteilnehmer sind nicht berechtigt, auf die Beibehaltung einer bestehenden Situation zu vertrauen, die die Gemeinschaftsorgane im Rahmen ihres Ermessens ändern können. Folglich können Unternehmen, die von einem Verwaltungsverfahren betroffen sind, das zu einer Geldbuße führen kann, nicht darauf vertrauen, dass die Kommission das zuvor praktizierte Bußgeldniveau nicht überschreiten wird. Jedes Unternehmen, das von einem Verwaltungsverfahren betroffen ist, das zur Verhängung einer Geldbuße führen kann, muss die Möglichkeit berücksichtigen, dass die Kommission jederzeit entscheiden kann, die Höhe der Geldbußen gegenüber den in der Vergangenheit verhängten Geldbußen zu erhöhen. (vgl. Randnrn. 426, 435) URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer 8. September 2010(*) „Wettbewerb – Kartelle – Spanischer Markt für den Kauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Festsetzung der Preise und Aufteilung des Marktes – Übereinstimmung zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung – Verteidigungsrechte – Definition des relevanten Marktes – Geldbußen – Schwere der Zuwiderhandlung – Erschwerende Umstände – Rolle als Anführer – Zusammenarbeit“ In der Rechtssache T‑29/05 Deltafina SpA mit Sitz in Orvieto (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte R. Jacchia, A. Terranova, I. Picciano, F. Ferraro, J.‑F. Bellis und F. Di Gianni, Klägerin, gegen Europäische Kommission, zunächst vertreten durch É. Gippini Fournier und F. Amato, dann durch É. Gippini Fournier und V. Di Bucci als Bevollmächtigte, Beklagte, wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K (2004) 4030 endg. der Kommission vom 20. Oktober 2004 in einem Verfahren nach Artikel 81 Absatz 1 [EG] (Sache COMP/C.38.238/B.2 – Rohtabak – Spanien), hilfsweise, Herabsetzung der gegen die Klägerin in dieser Entscheidung verhängten Geldbuße erlässt DAS GERICHT (Vierte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz, der Richterin I. Labucka und des Richters K. O’Higgins (Berichterstatter), Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juni 2009 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1        Die Klägerin, die Deltafina SpA, ist eine italienische Gesellschaft, deren Haupttätigkeit in der Erstverarbeitung von Rohtabak und der Vermarktung von verarbeitetem Tabak besteht. Sie steht über ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der amerikanischen Gesellschaft Universal Corp., der amerikanischen Gesellschaft Universal Leaf Tobacco Company Inc. (im Folgenden: Universal Leaf), zu 100 % in deren Besitz. 2        Universal Leaf hält auch das gesamte Kapital der Tabacos Españoles, SL (im Folgenden: Taes), eines der vier Erstverarbeitungsunternehmen für Rohtabak in Spanien (im Folgenden: Verarbeiter oder spanische Verarbeiter). 3        Die Unternehmensgruppe, zu der die verschiedenen vorstehend in den Randnrn. 1 und 2 erwähnten Gesellschaften gehören, wird im Folgenden als „Universal-Gruppe“ bezeichnet. 4        Auf der Grundlage von Informationen, aus denen hervorging, dass die spanischen Rohtabakverarbeiter und -erzeuger gegen Art. 81 EG verstoßen hatten, führte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 3. und 4. Oktober 2001 in den Geschäftsräumen von dreien dieser Verarbeiter, namentlich der Compañia española de tabaco en rama, SA (im Folgenden: Cetarsa), der Agroexpansión, SA und der World Wide Tobacco España, SA (im Folgenden: WWTE) sowie der Asociación Nacional de Empresas Transformadoras de Tabaco (im Folgenden: Anetab) Nachprüfungen gemäß Art. 14 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962: Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) durch. 5        Außerdem führte die Kommission am 3. Oktober 2001 Nachprüfungen in den Geschäftsräumen des Hauses der Tabakberufe und der Europäischen Vereinigung der Tabakverarbeiter und am 5. Oktober 2001 in den Geschäftsräumen der Federación nacional de cultivadores de tabaco (im Folgenden: FNCT) durch. 6        Unter Berufung auf die Mitteilung der Kommission über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit) kündigten die Verarbeiter und die Anetab der Kommission mit Schreiben vom 16. Januar 2002 an, dass sie bereit seien, mit ihr zusammenzuarbeiten. 7        Mit Schreiben vom 21. Januar 2002 übermittelten sie der Kommission bestimmte Informationen. 8        Mit Schreiben vom 15. Februar 2002 teilte Universal Leaf der Kommission mit, dass sie die Initiative von Taes zur Kooperation im Rahmen der Mitteilung über Zusammenarbeit uneingeschränkt unterstütze. Sie wies auch darauf hin, dass Deltafina zusammen mit Taes einen Vermerk über deren Rolle und Aktivitäten auf dem spanischen Tabakmarkt erarbeite und dass sie hoffe, dass Deltafina auf diese Weise ebenfalls die Vorteile aus der Mitteilung über Zusammenarbeit nutzen könne. 9        Am 18. Februar 2002 schickte Taes der Kommission den vorstehend in Randnr. 8 erwähnten Vermerk. 10      Danach richtete die Kommission gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 17 mehrere Auskunftsverlangen an die spanischen Verarbeiter, an die Anetab sowie die FNCT. Sie ersuchte auch das spanische Ministerium für Landwirtschaft, Fischerei und Ernährung (im Folgenden: Ministerium für Landwirtschaft) um Auskünfte über die für landwirtschaftliche Erzeugnisse geltende spanische Regelung. 11      Am 11. Dezember 2003 leitete die Kommission das der vorliegenden Rechtssache zugrunde liegende Verfahren ein und erließ eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, die sie an 20 Unternehmen und Vereinigungen, u. a. die spanischen Verarbeiter, Deltafina, Universal, Universal Leaf, die Anetab und die FNCT, richtete. 12      Diese Unternehmen und Vereinigungen erhielten mittels einer ihnen übersandten CD-ROM Einsicht in die Ermittlungsakten der Kommission und nahmen zu den Beschwerdepunkten der Kommission schriftlich Stellung. Deltafina gab ihre schriftliche Stellungnahme am 1. März 2004 ab. 13      Am 29. März 2004 fand eine Anhörung statt, an der Deltafina teilnahm. 14      Nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen und in Kenntnis des Abschlussberichts des Anhörungsbeauftragten in dieser Sache erließ die Kommission am 20. Oktober 2004 die Entscheidung K (2004) 4030 endg. in einem Verfahren nach Artikel 81 Absatz 1 [EG] (Sache COMP/C.38.238/B.2 − Rohtabak – Spanien) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), von der eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 19. April 2007 (ABl. L 102, S. 14) veröffentlicht wurde. 15      Die angefochtene Entscheidung betrifft zwei auf dem spanischen Markt für Rohtabak gegründete und durchgeführte horizontale Kartelle. 16      Das erste Kartell, das die Verarbeiter und Deltafina betraf, zielte darauf ab, jedes Jahr zwischen 1996 und 2001 den (maximalen) durchschnittlichen Lieferpreis für jede Sorte Rohtabak festzulegen und die Mengen jeder Rohtabaksorte aufzuteilen, die die einzelnen Verarbeiter bei den Erzeugern kaufen konnten (vgl. u. a. die Erwägungsgründe 74 bis 76 und 276 der angefochtenen Entscheidung). Von 1999 bis 2001 vereinbarten die Verarbeiter und Deltafina untereinander auch die Preisklassen für jede Qualitätsstufe der in den Tabellen im Anhang zu den „Anbauverträgen“ enthaltenen einzelnen Rohtabaksorten sowie „zusätzliche Bedingungen“, d. h. den Mindestpreis pro Erzeuger und den Mindestpreis pro Erzeugergemeinschaft (vgl. u. a. Erwägungsgründe 77 bis 83 und 276 der angefochtenen Entscheidung). 17      Das vorstehend in Randnr. 16 beschriebene Kartell wird im Folgenden als „Verarbeiterkartell“ bezeichnet. 18      Das zweite in der angefochtenen Entscheidung festgestellte Kartell umfasste die drei in Spanien bestehenden landwirtschaftlichen Verbände, nämlich die Asociación agraria de jóvenes agricultores (im Folgenden: ASAJA), die Unión de pequeños agricultores (im Folgenden: UPA) und die Coordinadora de organizaciones de agricultores y ganaderos (im Folgenden: COAG) sowie die Confederación de cooperativas agrarias de España (im Folgenden: CCAE). Dieses Kartell sollte jedes Jahr zwischen 1996 und 2001 die Preisklassen für die einzelnen Qualitätsstufen der in den Tabellen im Anhang zu den „Anbauverträgen“ enthaltenen einzelnen Rohtabaksorten sowie die „zusätzlichen Bedingungen“ festlegen (vgl. u. a. Erwägungsgründe 77 bis 83 und 277 der angefochtenen Entscheidung). 19      Das vorstehend in Randnr. 18 beschriebene Kartell wird im Folgenden als „Erzeugerkartell“ bezeichnet. 20      In der angefochtenen Entscheidung vertritt die Kommission die Auffassung, dass diese Kartelle jeweils nur eine einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG darstellten (vgl. u. a. Erwägungsgründe 275 bis 277 der angefochtenen Entscheidung). 21      In Art. 1 dieser Entscheidung macht sie neun Unternehmen, u. a. die spanischen Verarbeiter und Deltafina, für das Verarbeiterkartell und die ASAJA, die UPA, die COAG und die CCAE (im Folgenden zusammen: die Erzeugervertreter) für das Erzeugerkartell verantwortlich. 22      In Art. 2 der angefochtenen Entscheidung legt die Kommission diesen Unternehmen und den Erzeugervertretern auf, sofern nicht bereits geschehen, die in Art. 1 festgestellte Zuwiderhandlung umgehend einzustellen und sich fortan jeder wettbewerbsbeschränkenden Praktik zu enthalten, die dasselbe oder ein ähnliches Ziel verfolgt oder sich in derselben oder ähnlicher Weise auswirkt. 23      In Art. 3 der angefochtenen Entscheidung werden folgende Geldbußen verhängt: –        Deltafina: 11 880 000 Euro, –        Cetarsa: 3 631 500 Euro, –        Agroexpansión: 2 592 000 Euro, –        WWTE: 1 822 500 Euro, –        Taes: 108 000 Euro, –        ASAJA: 1 000 Euro, –        UPA: 1 000 Euro, –        COAG: 1 000 Euro, –        CCAE: 1 000 Euro. 24      Die Höhe der gegen Deltafina verhängten Geldbuße berücksichtigt u. a. deren führende Rolle im Verarbeiterkartell (Erwägungsgründe 435 und 436 der angefochtenen Entscheidung). Wegen dieser Rolle erhöht die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße wegen erschwerender Umstände um 50 %. Aufgrund mildernder Umstände wird Deltafina jedoch eine Herabsetzung um 40 % des Grundbetrags der Geldbuße (Erwägungsgründe 437 und 438 der angefochtenen Entscheidung) und aufgrund ihrer Mitwirkung im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eine Herabsetzung um 10 % der Geldbuße (Erwägungsgründe 448 bis 456 der angefochtenen Entscheidung) gewährt. 25      Aus Art. 3 der angefochtenen Entscheidung geht ebenfalls hervor, dass die Muttergesellschaften von WWTE für die Zahlung der gegen WWTE und die Muttergesellschaft von Agroexpansión für die gegen Agroexpansión festgesetzte Geldbuße gesamtschuldnerisch haften. Verfahren und Anträge der Parteien 26      Mit Klageschrift, die am 20. Januar 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Deltafina die vorliegende Klage erhoben. 27      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Vierte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen der in Art. 64 seiner Verfahrensordnung vorgesehenen prozessleitenden Maßnahmen die Parteien zur Vorlage bestimmter Schriftstücke und zur Beantwortung von Fragen aufgefordert. Die Parteien sind dieser Aufforderung fristgemäß nachgekommen. 28      Die Parteien haben in der öffentlichen Sitzung vom 9. Juni 2009 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 29      Deltafina beantragt, –        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären; –        hilfsweise, die Geldbuße herabzusetzen; –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 30      Die Kommission beantragt, –        die Klage als teilweise unzulässig und jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen; –        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen; –        andernfalls jede Partei zur Tragung ihrer eigenen Kosten zu verurteilen, wenn die Klägerin in gleichem Maß wie die Kommission unterliegt, oder die Klägerin zur Tragung ihrer Kosten sowie eines Teils der Kosten der Kommission zu verurteilen, wenn die Klägerin im Wesentlichen unterliegt. Rechtliche Würdigung 31      Deltafina stützt ihre Klage auf elf Gründe: –        erstens, Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG, Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) und die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der persönlichen Haftung sowie unzureichende Begründung und Ermessensmissbrauch; –        zweitens, Verstoß gegen Art. 27 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003, die Verteidigungsrechte und das Recht auf ein faires Verfahren, wesentliche Formvorschriften und die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit sowie unzureichende Begründung und Ermessensmissbrauch; –        drittens, Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG, Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 43 der Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] (ABl. 2004, C 101, S. 81) sowie unzureichende Begründung; –        viertens, Verstoß gegen Art. 2 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, Nr. 1 Teil A und Nr. 5 Buchst. d der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), und der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, „der Gleichbehandlung und der Sanktionsgleichheit“ sowie unzureichende Begründung und Ermessensmissbrauch; –        fünftens, Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, Nr. 1 Teil B der Leitlinien und den Grundsatz der Gleichbehandlung sowie Ermessensmissbrauch; –        sechstens, Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 2 der Leitlinien sowie unzureichende Begründung und Ermessensmissbrauch; –        siebtens, Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 3 der Leitlinien sowie Ermessensmissbrauch; –        achtens, Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 5 Buchst. a der Leitlinien; –        neuntens, Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, die Einleitung und Nr. 4 der Leitlinien, Abschnitt B Buchst. e und Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit und den Grundsatz der Gleichbehandlung sowie unzureichende Begründung und Ermessensmissbrauch; –        zehntens, Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie Ermessensmissbrauch und –        elftens, Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung, des Verbots der Rückwirkung von Strafen und des Vertrauensschutzes sowie Ermessensmissbrauch. 32      Die ersten drei Klagegründe werden im Rahmen des Hauptantrags auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung geltend gemacht. Die folgenden sieben Gründe werden hilfsweise vorgebracht und beziehen sich auf den Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße. Der letzte Klagegrund wird äußerst hilfsweise für den Fall vorgebracht, dass die vorangehenden sieben Klagegründe zurückgewiesen werden, und zielt ebenfalls auf Herabsetzung der Geldbuße. 1.     Zur Zulässigkeit der Rügen eines Ermessensmissbrauchs 33      Deltafina wirft der Kommission im Rahmen der verschiedenen Gründe, die sie zur Stützung ihrer Klage geltend macht, mit Ausnahme des dritten und des achten Klagegrundes, u. a. Ermessensmissbrauch vor. 34      Nach ständiger Rechtsprechung betrifft der Begriff des Ermessensmissbrauchs den Fall, dass eine Verwaltungsbehörde ihre Befugnisse zu einem anderen Zweck einsetzt als demjenigen, zu dem sie ihr übertragen worden sind. Eine Entscheidung ist nur dann ermessensmissbräuchlich, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie ausschließlich oder zumindest maßgeblich zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel erlassen worden ist, ein Verfahren zu umgehen, das der EG-Vertrag speziell vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen (Urteile des Gerichtshofs vom 13. November 1990, Fedesa u. a., C‑331/88, Slg. 1990, I‑4023, Randnr. 24, und vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C‑407/04 P, Slg. 2007, I‑829, Randnr. 99). 35      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass Deltafina eine Reihe von Rügen, die auf Ermessensmissbrauch gestützt sind, lediglich in abstrakter Weise vorbringt, ohne den geringsten Anhaltspunkt dafür oder Erläuterungen dazu zu geben oder auch deutlich zu machen, welches Ziel die Kommission tatsächlich mit der angefochtenen Entscheidung verfolgt. In der vorgetragenen Weise genügen diese Rügen nicht den Anforderungen des Art. 44 Abs. 1 Buchst. c der Verfahrensordnung, da sie nicht hinreichend deutlich und genau sind, damit der Beklagte seine Verteidigung vorbereiten und das Gericht, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, über die Klage entscheiden kann. Sie sind daher als unzulässig zurückzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Mo och Domsjö/Kommission, T‑352/94, Slg. 1998, II‑1989, Randnrn. 333 und 334). 2.     Zum Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG, Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 und die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der persönlichen Haftung sowie unzureichende Begründung 36      Der erste Klagegrund besteht aus vier Teilen. Im ersten Teil rügt Deltafina, die Kommission mache sie für eine Zuwiderhandlung auf einem Markt verantwortlich, auf dem sie nicht tätig sei. Im zweiten Teil macht sie geltend, die ihr vorgeworfenen Verhaltensweisen seien weder in Art. 81 Abs. 1 EG noch in Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehen. Im dritten Teil führt sie an, die Kommission habe sie zu Unrecht als Anführer eines Verarbeiterkartells eingestuft. Im vierten Teil schließlich trägt sie vor, die Kommission habe es versäumt, in der angefochtenen Entscheidung den relevanten Markt abzugrenzen. 37      Das Gericht wird die ersten beiden Teile zusammen und dann den dritten und den vierten Teil getrennt prüfen. 38      Zur Rüge einer Verletzung der Begründungspflicht, die Deltafina im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes unabhängig von den vier Teilen geltend macht, ist festzustellen, dass sie dazu keinerlei Erläuterung vorträgt. Diese Rüge ist daher gemäß Art. 44 Abs. 1 Buchst. c der Verfahrensordnung als unzulässig zurückzuweisen (siehe oben, Randnr. 35). Zum ersten und zum zweiten Teil: Die Kommission mache Deltafina für eine Zuwiderhandlung auf einem Markt verantwortlich, auf dem diese nicht tätig sei, und die Deltafina vorgeworfenen Verhaltensweisen seien weder in Art. 81 Abs. 1 EG noch in Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehen –       Vorbringen der Parteien 39      Erstens macht Deltafina geltend, sie sei nicht auf dem Einkaufs- und Verarbeitungsmarkt für Rohtabak in Spanien tätig, so dass sie, vorausgesetzt, es handele sich hierbei um den relevanten Markt, nicht für ein Verhalten auf diesem Markt verantwortlich gemacht werden könne. 40      Zweitens sei sie, da sie nicht als Verarbeiter in Spanien zugelassen und daher weder zur Verhandlung und zum Abschluss von Verträgen mit den spanischen Erzeugern von Rohtabak noch zur Mitwirkung bei der Aufteilung der zu erwerbenden Rohtabakmengen befugt gewesen sei, nicht daran beteiligt gewesen, Vereinbarungen zwischen den Verarbeitern auszuarbeiten oder durchzuführen. Ihr könne nicht die Rolle des „Täters oder Mittäters der Verhaltensweisen“ und schon gar nicht die des Anführers des Verarbeiterkartells zugeschrieben werden, sondern allenfalls die Rolle einer „objektiv und subjektiv außerhalb des Kartells stehenden Person, die aber mittelbar die Verhaltensweisen der Täter durch Teilnahme an Zusammenkünften, Austausch von Informationen und Mitteilungen, Vermittlung bei Streitigkeiten zwischen den Teilnehmern sowie der Aufbewahrung von Unterlagen und Informationen [begünstige]“. Dieses Verhalten werde jedoch weder von Art. 81 Abs. 1 EG noch von Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 erfasst und könne daher nicht mit einer Sanktion belegt werden. 41      Deltafina stützt ihr Vorbringen auf die Entscheidung 2005/349/EG der Kommission vom 10. Dezember 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-2/37.857 – Organische Peroxide) (ABl. 2005, L 110, S. 44, im Folgenden: Entscheidung Organische Peroxide). Darin habe die Kommission einen Verstoß eines außerhalb des fraglichen Kartells stehenden Unternehmens, des Beratungsunternehmens AC‑Treuhand AG, gegen Art. 81 Abs. 1 EG wegen bestimmter Verhaltensweisen angenommen, die den ihr vorgeworfenen Verhaltensweisen vergleichbar seien. Obwohl dieses Beratungsunternehmen bei der Organisation und Durchführung des Kartells eine maßgebende Rolle gespielt habe und als dessen „Hüter“ betrachtet worden sei, sei es, „weil es noch kaum Präzedenzfälle [gebe]“, nur mit einer symbolischen Geldbuße in Höhe von 1 000 Euro belegt worden. 42      Die Kommission entgegnet erstens, die Auffassung von Deltafina, Art. 81 Abs. 1 EG sei auf Unternehmen, die auf dem relevanten Markt nicht unmittelbar tätig seien, nicht anwendbar, finde im Wortlaut dieser Bestimmung keine Stütze. Für dessen Anwendung komme es darauf an, dass das betroffene Unternehmen an einer wettbewerbsbeschränkenden Praktik beteiligt gewesen sei, die zumindest potenziell spürbare Auswirkungen auf den Wettbewerb zwischen Mitgliedstaaten habe. 43      Zweitens entbehre das Vorbringen von Deltafina, die ihr vorgeworfenen Verhaltensweisen fielen nicht unter das Verbot von Art. 81 Abs. 1 EG, nicht nur jeglicher Grundlage, sondern werde auch durch verschiedene Angaben in der Klageschrift widerlegt. 44      Im Übrigen sei Deltafina selbst der Auffassung, ihre Rolle könne mit der Rolle gleichgesetzt werden, die AC‑Treuhand in der Rechtssache eingenommen habe, die zu der Entscheidung Organische Peroxide geführt habe, und eine solche Rolle könne gemäß Art. 81 Abs. 1 EG geahndet werden. –       Würdigung durch das Gericht 45      Was den ersten Teil des vorliegenden Klagegrundes anbelangt, ist zwischen den Parteien unstreitig, dass Deltafina in Spanien, dem im vorliegenden Fall räumlich relevanten Markt, weder Rohtabak bei den Erzeugern kauft, noch Tätigkeiten der Erstverarbeitung von Rohtabak ausübt. Deltafina ist in diesem Mitgliedstaat nur auf der nachfolgenden Wirtschaftsstufe tätig, d. h., sie kauft verarbeiteten Tabak für den Weiterverkauf an Tabakfabrikanten. 46      Festzustellen ist daher, dass Deltafina auf dem relevanten Markt, d. h., wie nachstehend in Randnr. 82 festzustellen sein wird, dem spanischen Markt für den Einkauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak, nicht tätig ist. 47      Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Kommission nicht berechtigt war, gegen Deltafina eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen Art. 81 Abs. 1 EG zu verhängen. 48      Wie das Gericht bereits in Randnr. 122 seines Urteils vom 8. Juli 2008, AC‑Treuhand/Kommission (T‑99/04, Slg. 2008, II‑1501), befunden hat, kann ein Unternehmen gegen das in Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellte Verbot verstoßen, wenn sein mit dem anderer Unternehmen koordiniertes Verhalten die Einschränkung des Wettbewerbs auf einem relevanten speziellen Markt innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt, ohne dass dies unbedingt voraussetzen würde, dass es selbst auf diesem relevanten Markt tätig ist. 49      In diesem Sinne hat das Gericht in Randnr. 127 des Urteils AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, festgestellt, dass sich ein Unternehmen an der Durchführung einer Wettbewerbsbeschränkung auch dann beteiligen kann, wenn es seine eigene Handlungsfreiheit auf dem Markt, auf dem es hauptsächlich tätig ist, nicht einschränkt. Jede andere Auslegung könnte nämlich die Bedeutung des in Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellten Verbots in einer Weise mindern, die im Widerspruch zu seiner Wirksamkeit und seinem in Art. 3 Abs. 1 Buchst. g EG niedergelegten Hauptziel der Aufrechterhaltung eines unverfälschten Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes stünde, da die aktive Beteiligung eines Unternehmens an einer Wettbewerbsbeschränkung dann allein deshalb nicht verfolgt werden könnte, weil diese Beteiligung nicht von einer wirtschaftlichen Tätigkeit auf dem relevanten Markt ausgeht, auf dem die Beschränkung eintritt oder eintreten soll. In Randnr. 128 dieses Urteils hat das Gericht befunden, dass eine Betrachtung der Wendung „Vereinbarungen zwischen Unternehmen“ im Licht der mit Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 3 Abs. 1 Buchst. g EG verfolgten Ziele ebenfalls für eine Konzeption des Kartells und des zuwiderhandelnden Unternehmens spricht, bei der nicht danach unterschieden wird, in welchem Sektor oder auf welchem Markt die betroffenen Unternehmen tätig sind. 50      Im vorliegenden Fall steht jedoch, wie nachfolgend in den Randnrn. 122 bis 133 näher ausgeführt wird, fest, dass Deltafina mit den Verarbeitern aktiv und unmittelbar an einem Kartell beteiligt war, von dem sie wusste oder wissen musste, dass es den Wettbewerb im Sektor Rohtabak in Spanien ausschließen oder beschränken sollte. 51      Die vorstehend in Randnr. 48 dargelegte Beurteilung des Gerichts trifft im vorliegenden Fall umso mehr zu, als AC‑Treuhand als Beratungsunternehmen in keiner Weise als Wettbewerber oder auf der Seite von Angebot oder Nachfrage auf dem Markt des betreffenden Erzeugnisses, nämlich dem Markt für organisches Peroxid, tätig war, während Deltafina als Hauptabnehmer der spanischen Verarbeiter auf einem Markt in Spanien tätig war, der demjenigen unmittelbar nachgeschaltet ist, auf dem die umstrittenen wettbewerbsbeschränkenden Handelspraktiken ausgeübt wurden. Außerdem war Deltafina in Italien auf demselben sachlich relevanten Markt wie dem vorliegenden tätig. 52      Der erste Teil des ersten Klagegrundes ist daher als unbegründet zurückzuweisen. 53      Der zweite Teil des vorliegenden Klagegrundes beruht auf der Annahme, dass Deltafina an dem Verarbeiterkartell nicht in gleicher Weise wie diese aktiv und unmittelbar beteiligt war, sondern dessen Durchführung lediglich „mittelbar“ begünstigt hat. 54      Wie bereits vorstehend in Randnr. 50 festgestellt worden ist und wie nachfolgend in den Randnrn. 122 bis 133 noch darzulegen sein wird, ist diese Annahme unrichtig. 55      Jedenfalls ist auch die Auffassung von Deltafina, die Unternehmen, die nur in untergeordneter Stellung, beiläufig oder passiv zu einem Kartell beigetragen hätten, verstießen nicht gegen Art. 81 Abs. 1 EG, so dass gegen sie keine Geldbuße gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verhängt werden könne, unrichtig. 56      Daher hat das Gericht im Urteil AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, eine derartige Auffassung nach dem Hinweis auf die Rechtsprechung zu den Voraussetzungen, unter denen ein Unternehmen aufgrund seiner Beteiligung an einem Kartell als Mittäter der gesamten Zuwiderhandlung zur Verantwortung gezogen werden kann, zurückgewiesen (Randnrn. 129 bis 136). 57      Insbesondere hat das Gericht in diesem Urteil festgestellt, dass es den Erfordernissen des Grundsatzes der persönlichen Verantwortlichkeit entspricht, einem an einem Kartell beteiligten Unternehmen die Zuwiderhandlung insgesamt zur Last zu legen, wenn zwei Voraussetzungen, eine objektive und eine subjektive, erfüllt sind. 58      Zu der ersten Voraussetzung hat das Gericht festgestellt, dass die Rechtsprechung, sofern es um das Verhältnis zwischen auf demselben relevanten Markt tätigen Unternehmen sowie zwischen solchen Wettbewerbern und ihren Kunden geht, diese als erfüllt ansieht, wenn das teilnehmende Unternehmen – auch in untergeordneter Stellung, nebensächlich oder passiv – zur Durchführung des Kartells beigetragen hat, etwa durch eine stillschweigende Billigung und die unterbliebene Anzeige des entsprechenden Kartells bei den Behörden (Urteil AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, Randnr. 133). 59      Um zu dieser Feststellung zu gelangen, hat das Gericht zunächst darauf hingewiesen, dass es für einen hinreichenden Nachweis der Beteiligung des betreffenden Unternehmens an dem Kartell ausreicht, dass die Kommission belegt, dass das Unternehmen an Sitzungen teilgenommen hat, bei denen wettbewerbswidrige Vereinbarungen geschlossen wurden, ohne sich offen dagegen auszusprechen (Urteil AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, Randnr. 130). Um die Beteiligung eines Unternehmens an einer einheitlichen Vereinbarung darzutun, die eine Gesamtheit von zu unterschiedlichen Zeiten begangenen Zuwiderhandlungen umfasst, muss die Kommission beweisen, dass das Unternehmen durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung der von allen Beteiligten verfolgten gemeinsamen Ziele beitragen wollte, dass es das von anderen Unternehmen in Verfolgung dieser Ziele beabsichtigte oder an den Tag gelegte tatsächliche Verhalten kannte oder vernünftigerweise vorhersehen konnte und dass es bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen. In dieser Hinsicht führt die stillschweigende Billigung einer rechtswidrigen Initiative, ohne sich offen von deren Inhalt zu distanzieren oder sie bei den Verwaltungsbehörden anzuzeigen, dazu, dass die Fortsetzung der Zuwiderhandlung begünstigt und ihre Entdeckung verhindert wird. Diese Komplizenschaft stellt eine passive Form der Beteiligung an der Zuwiderhandlung dar und ist daher geeignet, die Verantwortlichkeit eines Unternehmens im Rahmen einer einheitlichen Vereinbarung auszulösen. Diese Grundsätze finden entsprechend auf Sitzungen Anwendung, an denen nicht nur miteinander konkurrierende Erzeuger, sondern auch deren Kunden teilgenommen haben. 60      Sodann hat das Gericht in Randnr. 131 des Urteils AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, in Bezug auf die Bestimmung der persönlichen Verantwortung eines Unternehmens, das sich nicht so umfassend und intensiv wie andere Unternehmen an dem Kartell beteiligt hat, festgestellt, dass sich nach der Rechtsprechung zwar die Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG notwendigerweise aus einem Zusammenwirken mehrerer Unternehmen ergeben, die alle Mittäter der Zuwiderhandlung sind, dass deren Beteiligung aber insbesondere in Abhängigkeit von den Merkmalen des relevanten Marktes und der Stellung des einzelnen Unternehmens auf diesem Markt, den verfolgten Zielen und der gewählten oder vorgesehenen Art und Weise der Durchführung verschiedene Formen aufweisen kann; die Verantwortung des einzelnen Unternehmens für die gesamte Zuwiderhandlung einschließlich des Verhaltens, das zwar tatsächlich von anderen beteiligten Unternehmen an den Tag gelegt worden ist, aber dieselbe wettbewerbswidrige Zielsetzung oder Wirkung hat, kann dabei nicht allein deshalb ausgeschlossen sein, weil jedes Unternehmen sich auf eine ihm eigene Art und Weise an der Zuwiderhandlung beteiligt. 61      Das Gericht hat schließlich in Randnr. 132 des Urteils AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, befunden, dass die Tatsache, dass sich ein Unternehmen nicht an allen Tatbestandsmerkmalen eines Kartells beteiligt hat oder dass es bei den Aspekten, an denen es beteiligt war, eine untergeordnete Rolle gespielt hat, daher für den Nachweis des Vorliegens einer Zuwiderhandlung dieses Unternehmens irrelevant ist. Die gegebenenfalls begrenzte Bedeutung der Beteiligung des betroffenen Unternehmens kann somit seine persönliche Verantwortung für die gesamte Zuwiderhandlung nicht in Frage stellen, doch kann sie sich nichtsdestoweniger auf die Beurteilung des Umfangs und der Schwere der Zuwiderhandlung und gegebenenfalls die Bemessung der Sanktion auswirken. 62      Zur zweiten Voraussetzung hat das Gericht in Randnr. 134 des Urteils AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, festgestellt, dass einem beteiligten Unternehmen im Übrigen die Gesamtheit einer Zuwiderhandlung nur dann zur Last gelegt werden kann, wenn es seinen eigenen Willen so geäußert hat, dass deutlich wird, dass es – und sei es nur stillschweigend – die Ziele des Kartells teilt. Diese subjektive Voraussetzung ist zum einen in den Kriterien der stillschweigenden Billigung des Kartells und der fehlenden öffentlichen Distanzierung von seinem Inhalt enthalten, da diese Kriterien die Vermutung implizieren, dass das betroffene Unternehmen weiterhin die Ziele und die Durchführung des Kartells billigt; sie ist zum anderen die Rechtfertigung dafür, dass das betroffene Unternehmen als mitverantwortlich betrachtet werden kann, da es durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung der von allen Beteiligten verfolgten gemeinsamen Ziele beitragen wollte, die Zuwiderhandlungen der anderen Beteiligten kannte oder vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen. 63      Nach Randnr. 136 des Urteils AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, finden die vorstehend in den Randnrn. 57 bis 62 dargelegten Grundsätze entsprechend auf die Beteiligung eines Unternehmens Anwendung, das aufgrund seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und seines beruflichen Sachverstands die Wettbewerbswidrigkeit der fraglichen Verhaltensweisen erkennen musste und so die Begehung der Zuwiderhandlung in nicht zu vernachlässigender Weise unterstützen konnte. 64      Nach alledem ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes ebenfalls als unbegründet zurückzuweisen. Zum dritten Teil: Die Kommission habe Deltafina rechtsfehlerhaft als Anführer des Verarbeiterkartells eingestuft –       Vorbringen der Parteien 65      Deltafina macht geltend, die Kommission habe sie rechtsfehlerhaft als Anführer des Verarbeiterkartells eingestuft. 66      Hierfür trägt sie folgende Gesichtspunkte vor, durch die sich ihre Lage von der anderer Unternehmen unterscheide, die in anderen Fällen als Anführer eines Kartells angesehen worden seien: –        Sie habe im Hinblick auf das den Verarbeitern vorgeworfene Verhalten keine impulsgebende Rolle wahrgenommen. –        Sie habe kein Unternehmen dazu bewegt – und erst recht nicht dazu gezwungen –, sich dem Verarbeiterkartell anzuschließen. –        Sie habe auf niemanden Druck ausgeübt und sei dazu ohnehin nicht in der Lage gewesen. –        Sie habe keine Rolle bei der Leitung oder Überwachung des Verarbeiterkartells wahrgenommen, das zudem auch über keine „Leitungsorgane“ verfügt habe. –        Ihr Vorsitzender, Herr M., habe nur an vier Sitzungen des Verarbeiterkartells teilgenommen und dabei nicht dessen „Strategien inszenieren“ können. –        Sie habe nicht das Verhalten des „Preisführers“ (price leader) auf der Nachfrageseite annehmen können, da sie nicht auf derselben Stufe der Wirtschaftskette wie die spanischen Verarbeiter tätig gewesen sei und daher keinen Rohtabak bei den Erzeugern erworben habe. –        Sie habe zu keiner Zeit über die rechtliche oder tatsächliche Möglichkeit verfügt, Sanktionen oder Retorsionsmaßnahmen gegen Mitglieder des Verarbeiterkartells zu verhängen, die den gemeinsamen Maßnahmen nicht entsprochen hätten. 67      Im Übrigen bestreitet Deltafina das Vorbringen der Kommission, wonach die ihr zugeschriebene Anführerrolle in der angefochtenen Entscheidung nur als erschwerender Umstand berücksichtigt worden sei. Diese Rolle sei nämlich der einzige Vorwurf, der gegen sie erhoben worden sei. 68      Die Kommission hält dem zunächst entgegen, selbst wenn sie Deltafina zu Unrecht als Anführer des Verarbeiterkartells betrachtet hätte, könnte dies das Unternehmen nicht von jeder Verantwortung für die ihr vorgeworfenen Zuwiderhandlungen entbinden, sondern allenfalls zu einer Ermäßigung der Geldbuße führen. Die Anführerrolle von Deltafina im Verarbeiterkartell sei in der angefochtenen Entscheidung nämlich nur als erschwerender Umstand bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt worden. 69      Im Übrigen sei der vorliegende Teil jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen. Hierzu weist die Kommission zum einen darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung ihre frühere Entscheidungspraxis als solche nicht als Rechtsrahmen für wettbewerbsrechtliche Geldbußen diene. Zum anderen verweist sie auf den 435. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, der hinreichend deutlich und genau angebe, aus welchen Gründen Deltafina als Anführer des Verarbeiterkartells betrachtet worden sei. –       Würdigung durch das Gericht 70      Festzustellen ist, dass Deltafina den vorliegenden Teil zur Stützung ihres Antrags auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung vorgebracht hat und sie damit wie mit den ersten beiden Teilen dartun will, dass die Kommission sie nicht für das Verarbeiterkartell hätte verantwortlich machen dürfen. 71      Wie die Kommission zu Recht geltend macht, wurde die Anführerrolle von Deltafina im Verarbeiterkartell in der angefochtenen Entscheidung nur im Zusammenhang mit der Bemessung der Geldbuße, und zwar als erschwerender Umstand, berücksichtigt (vgl. Erwägungsgründe 435 und 436 der angefochtenen Entscheidung). Entgegen den Ausführungen von Deltafina hat die Kommission die Verantwortlichkeit von Deltafina für die Zuwiderhandlung nicht daraus abgeleitet, dass sie im Verarbeiterkartell eine führende Rolle gespielt habe, sondern aus der vor allem auf die in den Erwägungsgründen 359 bis 369 der angefochtenen Entscheidung zusammengefassten Gründe gestützten Feststellung, dass sie unmittelbar und aktiv an diesem Kartell beteiligt gewesen sei. Die Deltafina zugeschriebene Eigenschaft des Anführers des Verarbeiterkartells hatte, mit anderen Worten, keine Auswirkungen auf ihre Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung. 72      Die Kommission hat Deltafina im Wesentlichen aufgrund derselben Verhaltensweisen als Anführer des Verarbeiterkartells eingestuft, aus denen sie auch ihre Beteiligung an diesem Kartell hergeleitet hat. Wie die Kommission zu Recht in ihren Schriftsätzen feststellt, geht es jedoch bei der Frage, ob ein Unternehmen an einem Kartell beteiligt war und gegebenenfalls bei der Frage nach dem Ausmaß und der Intensität dieser Beteiligung um zwei unterschiedliche Beurteilungen, nämlich erstens um die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 81 Abs. 1 EG und zweitens um die Bestimmung des Strafmaßes. 73      Nach alledem kann der dritte Teil des ersten Klagegrundes, selbst wenn er begründet sein sollte, nicht zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen. Er ist daher im Rahmen dieses Klagegrundes als ins Leere gehend zurückzuweisen. Jedoch wird er bei der Prüfung des sechsten Klagegrundes zu berücksichtigen sein, der teilweise auf denselben Argumenten beruht. Zum vierten Teil: Die Kommission habe es unterlassen, in der angefochtenen Entscheidung den relevanten Markt abzugrenzen –       Vorbringen der Parteien 74      Deltafina wirft der Kommission vor, es unterlassen zu haben, in der angefochtenen Entscheidung die relevanten Produktmärkte und räumlichen Märkte abzugrenzen. 75      Hierzu bezieht sich Deltafina zunächst auf die Randnrn. 27 ff. des Urteils des Gerichts vom 11. Dezember 2003, Adriatica di Navigazione/Kommission (T‑61/99, Slg. 2003, II‑5349). Nach Randnr. 30 dieses Urteils könnten die Rügen wegen der Abgrenzung des relevanten Marktes durch die Kommission auch andere Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EG betreffen als das Bestehen einer „Vereinbarung“ zwischen Unternehmen, „die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten“ und „die Beeinträchtigung des Wettbewerbs“, wie z. B. die Reichweite des fraglichen Kartells, seinen einheitlichen oder umfassenden Charakter oder das Ausmaß der individuellen Beteiligung jedes der betroffenen Unternehmen. Es handele sich dabei um Gesichtspunkte, die mit dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für die Begehung kollektiver Zuwiderhandlungen und mit allgemeinen Rechtsgrundsätzen wie den Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit eng verknüpft seien. Nach Randnr. 32 dieses Urteils sei es „daher wünschenswert, dass die Kommission, wenn sie eine Entscheidung erlässt, in der die Beteiligung eines Unternehmens an einer komplexen, kollektiven und ununterbrochenen Zuwiderhandlung, wie sie bei Kartellen oft vorliegt, festgestellt wird, über die Prüfung der besonderen Tatbestandsmerkmale des Artikels [81 Abs. 1 EG] hinaus berücksichtigt, dass eine solche Entscheidung nur insoweit zur persönlichen Verantwortlichkeit jedes ihrer Adressaten führen kann, als deren Beteiligung an den geahndeten kollektiven Verhaltensweisen nachgewiesen ist und diese zutreffend umrissen sind. Da eine derartige Entscheidung erhebliche Folgen für die Beziehungen der betroffenen Unternehmen nicht nur zur Verwaltung, sondern auch zu Dritten haben kann, hat die Kommission den oder die relevanten Märkte zu prüfen und in den Gründen der Entscheidung, in der eine Zuwiderhandlung gegen Artikel [81 Abs. 1 EG] geahndet wird, genau genug zu bestimmen, um die Funktionsweise des Marktes, auf dem der Wettbewerb verfälscht wird, zu erfassen und gleichzeitig den wesentlichen Anforderungen der Rechtssicherheit zu genügen.“ 76      Ferner trägt Deltafina vor, da sie nicht auf dem Markt tätig gewesen sei, auf dem das wettbewerbsbeschränkende Verhalten stattgefunden habe, verstoße die Kommission gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit, wenn sie sie für verantwortlich für diese Verhaltensweisen erkläre und gegen sie eine Sanktion verhänge. 77      Aus dem gleichen Grund stelle die Kommission schließlich in der angefochtenen Entscheidung keine „Verbindung zwischen [diesen] Verhaltensweisen und den Wirkungen auf dem Markt auf, die, selbst wenn ihrem Gegenstand nach eine Zuwiderhandlung vorliegt, in einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs zum Ausdruck kommen muss“. Der Hinweis der Kommission im 368. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung auf Randnr. 136 des Urteils des Gerichts vom 15. September 1998, European Night Services u. a./Kommission (T‑374/94, T‑375/94, T‑384/94 und T‑388/94, Slg. 1998, II‑3141), gehe fehl. 78      Die Kommission hält dem Vorbringen von Deltafina zunächst entgegen, sie habe in der angefochtenen Entscheidung den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang des Marktes hinreichend deutlich und genau bestimmt, auf dem die fraglichen wettbewerbswidrigen Praktiken erfolgt seien. 79      Sodann weist die Kommission den Vorwurf von Deltafina zurück, sie habe den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit verletzt, indem sie diese als für die fraglichen wettbewerbsbeschränkenden Praktiken verantwortlich betrachtet habe, obwohl die Gesellschaft nicht auf dem Markt, auf dem diese Verhaltensweisen beobachtet worden seien, tätig gewesen sei. 80      Die Kommission hält schließlich das Vorbringen von Deltafina, da diese nicht auf dem fraglichen Markt tätig gewesen sei, habe es keine Verbindung zwischen dem betreffenden rechtswidrigen Verhalten und dessen Aufwirkungen auf diesen Markt gegeben, für „vollkommen unsinnig“. Die Tatsache, dass Deltafina auf dem Markt, auf dem die wettbewerbsbeschränkenden Praktiken festgestellt worden seien, nicht unmittelbar tätig gewesen sei, entbinde sie weder von ihrer Verantwortlichkeit für diese Praktiken, noch müsse sie zu dem Schluss führen, dass sie sich nicht auf diesen Markt ausgewirkt hätten. Unter Bezugnahme insbesondere auf Randnr. 136 des Urteils European Night Services u. a./Kommission, oben in Randnr. 77 angeführt, trägt sie vor, nach ständiger Rechtsprechung sei es nicht erforderlich, die konkreten Wirkungen von Übereinkünften auf dem Markt zu beurteilen, die den Wettbewerb, wie im vorliegenden Fall, offensichtlich beschränkten. –       Würdigung durch das Gericht 81      Entgegen dem Vorbringen von Deltafina hat es die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht versäumt, den Produktmarkt und den räumlichen Markt abzugrenzen. 82      Aus dieser Entscheidung geht nämlich hinreichend deutlich und genau hervor, dass es sich bei dem relevanten Markt um den spanischen Markt für den Einkauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak handelt. Die Kommission gibt vor allem in den Erwägungsgründen 19 bis 65 der angefochtenen Entscheidung eine genaue Beschreibung der in der Erstverarbeitung von Rohtabak tätigen Unternehmen in Spanien – indem sie u. a. Einzelheiten zum Einkauf und zur Verarbeitung von Rohtabak sowie zu den geschäftlichen Beziehungen zwischen den Unternehmen nennt –, der Erzeuger von Rohtabak, ihrer Vertreter, unterschiedlicher Gesichtspunkte zum Rohtabaksektor in Spanien, wie z. B. Erzeugungsgebiete, Menge und Wert der Erzeugung, Verkaufswert, verschiedene Rohtabaksorten und deren (maximale) durchschnittliche Lieferpreise, sowie des für Rohtabak geltenden gemeinschaftlichen und innerstaatlichen Gesetzesrahmens. 83      Im Übrigen können die Bedingungen für die Funktionsweise des Marktes, auf dem der Wettbewerb verfälscht wird, aufgrund der Untersuchung der Kommission in der angefochtenen Entscheidung vollständig erfasst werden, auch wenn Deltafina unter Hinweis auf den letzten Satz von Randnr. 32 des Urteils Adriatica di Navigazione/Kommission, oben in Randnr. 75 angeführt, das Gegenteil behauptet. 84      Das Vorbringen von Deltafina, die Kommission habe es unterlassen, in der angefochtenen Entscheidung den relevanten Markt zu bestimmen, ist umso weniger begründet, als aus zahlreichen Unterlagen hervorgeht, dass sie durchaus verstanden hat, dass es sich hierbei um den spanischen Markt für den Einkauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak handelt. So beruhen, um nur ein Beispiel zu nennen, alle Argumente, auf die sie den ersten Teil des vorliegenden Klagegrundes stützt, eben darauf. 85      Der vierte Teil des ersten Klagegrundes entbehrt daher jeder sachlichen Grundlage. 86      Dem von Deltafina vorgetragenen Argument, die Kommission habe den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit missachtet, indem sie Deltafina für ein Kartell verantwortlich gemacht habe, das auf einem Markt durchgeführt worden sei, auf dem dieses Unternehmen nicht tätig gewesen sei, kann nicht gefolgt werden. Wie bereits vorstehend in den Randnrn. 48 und 49 ausgeführt, kann ein Unternehmen das in Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellte Verbot verletzen, wenn sein mit dem anderer Unternehmen koordiniertes Verhalten die Einschränkung des Wettbewerbs auf einem relevanten speziellen Markt innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt, ohne dass dies unbedingt voraussetzen würde, dass es selbst auf diesem relevanten Markt tätig ist. Ausschlaggebend für die Einhaltung der Anforderungen an den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit, wenn einem an einem Kartell beteiligten Unternehmen die Zuwiderhandlung insgesamt zur Last gelegt werden soll, ist, dass dieses Unternehmen die beiden vorstehend in den Randnrn. 57 bis 63 erwähnten Voraussetzungen − die objektive und die subjektive − erfüllt; dies trifft, wie vorstehend in den Randnrn. 122 bis 133 festgestellt, bei Deltafina zu. 87      Entgegen dem Vorbringen von Deltafina (siehe oben, Randnr. 77) schließlich geht allein daraus, dass sie auf dem relevanten Markt nicht tätig war, nicht hervor, dass das Verarbeiterkartell keine nachteiligen Auswirkungen auf den Wettbewerb auf diesem Markt haben konnte. 88      Nach alledem ist der vierte Teil des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen. 89      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der erste Klagegrund in keinem seiner Teile durchgreift. Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 27 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003, die Verteidigungsrechte und das Recht auf ein faires Verfahren, wesentliche Formvorschriften und die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit sowie unzureichende Begründung 90      Der zweite Klagegrund besteht aus vier Teilen. Im ersten Teil beanstandet Deltafina, die Kommission habe ihr in der angefochtenen Entscheidung eine andere Rolle als in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zugeschrieben. Im zweiten Teil macht sie geltend, das ihr vorgeworfene Verhalten müsse vielmehr ihrem Vorsitzenden vorgeworfen werden. Im dritten Teil trägt sie vor, die Kommission habe ihr den Zugang zu bestimmten belastenden Unterlagen verwehrt. Im vierten Teil schließlich macht sie geltend, die Kommission habe in der Mitteilung der Klagegründe den Produktmarkt und den relevanten räumlichen Markt nicht hinreichend genau abgegrenzt. 91      Was die Rüge eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht anbelangt, die Deltafina im Rahmen des zweiten Klagegrundes vorbringt, ohne sie ausdrücklich einem der vier Teile zuzuordnen, trägt sie dazu keinerlei Erläuterung vor. Die Rüge ist daher gemäß Art. 44 Abs. 1 Buchst. c der Verfahrensordnung als unzulässig zurückzuweisen (siehe oben, Randnr. 35). Zum ersten Teil: Die Kommission habe Deltafina in der angefochtenen Entscheidung eine andere Rolle zugeschrieben als in der Mitteilung der Beschwerdepunkte –       Vorbringen der Parteien 92      Deltafina macht geltend, die Kommission habe ihr dadurch, dass sie sie in der angefochtenen Entscheidung als „Täter“ oder „Mittäter“ für die Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht und als Anführer des Verarbeiterkartells eingestuft habe, eine andere – bedeutendere – Rolle als in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zugeschrieben. 93      Zur Begründung verweist sie auf eine Reihe von Unterschieden im Wortlaut der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung. Unter anderem werde in der angefochtenen Entscheidung behauptet, sie sei unmittelbar und aktiv an den umstrittenen Vereinbarungen und Praktiken beteiligt gewesen, während ihr in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht vorgeworfen werde, an diesen Vereinbarungen und Praktiken beteiligt gewesen zu sein; ein solcher Vorwurf werde nur gegenüber den spanischen Verarbeitern erhoben. Auch werde in der Mitteilung der Beschwerdepunkte an keiner Stelle erwähnt, dass Deltafina als Anführer des Verarbeiterkartells betrachtet werden könnte. Außerdem rügt Deltafina eine Reihe von Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung. 94      Deltafina trägt vor, die Kommission habe mit dieser Vorgehensweise nicht nur eine Behauptung aufgestellt, die nicht durch Angaben in den Akten belegt werde, sondern auch ihre Verteidigungsrechte beeinträchtigt. Insbesondere habe die Kommission es ihr verwehrt, sich zu der in der angefochtenen Entscheidung gegen sie vorgebrachten Einstufung als Täter oder Mittäter einer Zuwiderhandlung und als Anführer des Verarbeiterkartells zu äußern. 95      Die Kommission hält dem entgegen, sie habe Deltafina niemals als „Täter“ oder „Mittäter“ der fraglichen wettbewerbsbeschränkenden Handelspraktiken eingestuft, zumal diese Einstufungen im Wettbewerbsrecht auch keine „rechtliche Bedeutung“ besäßen. Unter Berufung auf die Ausführungen zum Sachverhalt in den Erwägungsgründen 362 bis 366 der angefochtenen Entscheidung weist sie darauf hin, dass sie dort zu der Schlussfolgerung gelangt sei, Deltafina sei in vollem Umfang an diesen Praktiken „beteiligt“ gewesen und daher als „uneingeschränkt“ mitverantwortlich für die Zuwiderhandlung zu betrachten. 96      In der Mitteilung der Beschwerdepunkte habe sie die Feststellung, dass Deltafina an dem Verarbeiterkartell beteiligt und damit für den Verstoß gegen Art. 81 EG mitverantwortlich gewesen sei, auf denselben Sachverhalt gestützt. Im Übrigen habe sich Deltafina in ihrer Erwiderung auf diese Mitteilung der Beschwerdepunkte weitgehend gegen die Rolle verteidigt, die ihr im Verarbeiterkartell zugeschrieben worden sei. Keiner der von Deltafina geltend gemachten „redaktionellen Unterschiede“ zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung könne daher eine Verletzung der Verteidigungsrechte von Deltafina belegen. 97      Im Übrigen weist die Kommission die Kritik von Deltafina an bestimmten Erwägungen der angefochtenen Entscheidung zurück. 98      Angesichts der in den Erwägungsgründen 363 bis 365 der angefochtenen Entscheidung beschriebenen Verhaltensweisen entbehre es keineswegs einer sachlichen Begründung, wenn sie, wie im 361. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geschehen, feststelle, dass Deltafina eine „besonders aktive“ Rolle im Verarbeiterkartell gespielt habe. 99      Aus dem Vorstehenden folge, dass sie weder ermessensfehlerhaft gehandelt noch die Verteidigungsrechte von Deltafina verletzt habe, indem sie diese als an den in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten wettbewerbswidrigen Handelspraktiken beteiligt angesehen und sie für mitverantwortlich für diese Praktiken erklärt habe. 100    Auf die Kritik von Deltafina an ihrer Einstufung in der angefochtenen Entscheidung als Anführer des Verarbeiterkartells entgegnet die Kommission zunächst, diese könne, ihre Begründetheit einmal unterstellt, allenfalls zu einer Herabsetzung der Geldbuße führen. 101    Nach ständiger Rechtsprechung erfülle sie auch ihre Verpflichtung zur Wahrung des Anhörungsrechts der Unternehmen, wenn sie in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich darauf hinweise, dass sie prüfen werde, ob gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen festzusetzen seien, und die für die etwaige Festsetzung einer Geldbuße wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte wie die Schwere und Dauer der vermuteten Zuwiderhandlung anführe sowie angebe, ob diese „vorsätzlich oder fahrlässig“ begangen worden sei (Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, LR AF 1998/Kommission, T‑23/99, Slg. 2002, II‑1705, Randnr. 199). Die nach dieser Rechtsprechung erforderlichen Angaben seien in der Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten. 102    Schließlich habe es jedenfalls keine Auswirkungen auf die Verteidigung von Deltafina, dass sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht ausdrücklich angegeben habe, dass sie die besondere Rolle, die dieses Unternehmen im Rahmen des Verarbeiterkartells gespielt habe, als erschwerenden Umstand bewerten wolle. So habe dieses in seiner Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, S. 31 bis 37, ausdrücklich Argumente vorgebracht, die seine Rolle herunterspielen sollten. –       Würdigung durch das Gericht 103    Der vorliegende Teil besteht im Wesentlichen aus zwei Punkten. Zum einen macht Deltafina geltend, ihre Rolle in dem Verarbeiterkartell werde in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der angefochtenen Entscheidung unterschiedlich bewertet. Zum anderen bestreitet sie die Richtigkeit der Bewertung in der angefochtenen Entscheidung. 104    Hinsichtlich beider Punkte rügt Deltafina u. a. ihre Einstufung als Anführer des Verarbeiterkartells. So wirft sie der Kommission im Rahmen des ersten Punktes vor, diese habe in der Mitteilung der Beschwerdepunkte den Umstand nicht erwähnt, dass sie als Anführer des Verarbeiterkartells betrachtet werden könne, und habe dadurch ihre Verteidigungsrechte verletzt. Im Rahmen des zweiten Punktes macht sie geltend, in der angefochtenen Entscheidung werde die Schlussfolgerung der Kommission, sie habe eine solche Rolle in dem Verarbeiterkartell eingenommen, nicht hinreichend belegt. 105    Wie bereits vorstehend in Randnr. 71 festgestellt und von der Kommission zu Recht hervorgehoben, wurde die Deltafina zugeschriebene Eigenschaft als Anführer des Verarbeiterkartells in der angefochtenen Entscheidung nur im Zusammenhang mit der Bemessung der Geldbuße, und zwar als erschwerender Umstand, berücksichtigt. Selbst wenn die dieser Einstufung entgegengehaltene Verletzung der Verteidigungsrechte dargetan oder diese Einstufung nicht rechtlich hinreichend bewiesen worden sei, könnte dies nicht die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zur Folge haben, auf die der vorliegende Teil abzielt, sondern höchstens eine Herabsetzung der gegen Deltafina verhängten Geldbuße. Die vorgebrachte Kritik ist daher im Rahmen des vorliegenden Teils als ins Leere gehend zurückzuweisen. Sie wird nachstehend im Rahmen des sechsten Klagegrundes geprüft, auf den Deltafina ihren Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße stützt und der im Wesentlichen auf denselben Erwägungen beruht. 106    Die übrigen Rügen, auf die Deltafina den vorliegenden Teil stützt, werfen drei verschiedene Fragen auf, erstens, auf welcher Grundlage die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu dem Schluss gelangt ist, Deltafina habe gegen Art. 81 EG verstoßen, zweitens, ob es hierbei Unterschiede zwischen der Entscheidung und der Mitteilung der Beschwerdepunkte gibt, und drittens, ob die erwähnte Schlussfolgerung der Kommission hinreichend gerechtfertigt sei. 107    Zur ersten Frage ist darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Entscheidung, wie bereits vorstehend in den Randnrn. 15 bis 21 festgestellt, zwei auf dem spanischen Markt für Rohtabak gegründete und durchgeführte horizontale Kartelle betrifft, das Kartell der spanischen Verarbeiter und Deltafina und das Kartell der Erzeugervertreter. Der angefochtenen Entscheidung zufolge werden beide Kartelle durch eine Reihe von Vereinbarungen und/oder abgestimmten Handelspraktiken gekennzeichnet und stellen jeweils eine einzige und fortgesetzte Verletzung von Art. 81 Abs. 1 EG dar (vgl. u. a. Erwägungsgründe 275 bis 277 und 296 bis 298 der angefochtenen Entscheidung). 108    Die spanischen Verarbeiter und Deltafina werden für die gesamte erste Verletzung und die Erzeugervertreter für die gesamte zweite Verletzung verantwortlich gemacht (vgl. u. a. Art. 1 und Erwägungsgründe 358, 359 und 366 der angefochtenen Entscheidung). 109    Aus mehreren Erwägungsgründen der angefochtenen Entscheidung ergibt sich, dass die Kommission davon ausgeht, dass Deltafina wie die spanischen Verarbeiter Vereinbarungen geschlossen und/oder sich an aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt hat, die darauf abzielten, jedes Jahr zwischen 1996 und 2001 den (maximalen) durchschnittlichen Lieferpreis für jede Sorte Rohtabak − alle Qualitäten − festzulegen und die Mengen für jede Rohtabaksorte aufzuteilen, die die einzelnen Verarbeiter bei den Erzeugern kaufen konnten (vgl. u. a. die Erwägungsgründe 85, 88, 112, 144, 274, 276, 278, 279, 281 bis 283, 285 bis 287, 301, 303, 305 und 357 der angefochtenen Entscheidung). Außerdem wird davon ausgegangen, dass Deltafina wie die spanischen Verarbeiter zwischen 1999 und 2001 Abkommen geschlossen und/oder an aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt war, die die Preisklassen für jede Qualitätsstufe der in den Tabellen im Anhang zu den „Anbauverträgen“ enthaltenen einzelnen Rohtabaksorten festlegen und zusätzliche Bedingungen erfüllen sollten (vgl. u. a. Erwägungsgründe 85, 274, 276, 290 und 357 der angefochtenen Entscheidung). 110    Deltafina wird, mit anderen Worten, vorgeworfen, unmittelbar und aktiv an dem Verarbeiterkartell beteiligt gewesen zu sein (vgl. u. a. Erwägungsgründe 357, 361, 366 und 369 der angefochtenen Entscheidung). Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission vor allem im 369. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung darauf hinweist, dass „die Rolle von Deltafina in diesem konkreten Fall als direkt und führend und nicht auf die Funktion des externen Koordinators und/oder Unterstützers beschränkt ist“. 111    In den Erwägungsgründen 359 bis 366 der angefochtenen Entscheidung legt die Kommission unter Hinweis auf weitere Erwägungsgründe dieser Entscheidung dar, auf welchen Erwägungen und besonderen Tatsachen ihre vorstehend in den Randnrn. 109 und 110 erwähnten Schlussfolgerungen beruhen. 112    Es handelt sich dabei um folgende Erwägungen und Tatsachen: –        Der Vorsitzende von Deltafina und – gelegentlich – andere Vertreter von Deltafina nahmen an bestimmen Treffen des Verarbeiterkartells teil (Erwägungsgründe 67, 112 und 363 der angefochtenen Entscheidung), konkret an dem Treffen vom 13. März 1996 in Madrid (Spanien) (Erwägungsgründe 88 und 92 der angefochtenen Entscheidung), vom 17. Dezember 1996 (117. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), vom 30. Januar 1997 in Rom (Italien) (118. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und vom März 1999 (186. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). –        Nahm Deltafina an einem bestimmten Treffen des Verarbeiterkartells nicht teil, so wurde sie in der Regel von den Verarbeitern über die Lage auf dem Rohtabakmarkt in Spanien und über deren Vorgehensweisen unterrichtet (Erwägungsgründe 112, 133 bis 136, 140 bis 143, 145, 149 und 364 der angefochtenen Entscheidung). –        Im Jahr 1997 wurde dem Vorsitzenden von Deltafina auch ein Vermerk übergeben, den die spanischen Verarbeiter bei einem ihrer Treffen verfasst und unterzeichnet hatten und der die zwischen ihnen getroffenen Vereinbarungen im Einzelnen wiedergab (Erwägungsgründe 122 und 364 der angefochtenen Entscheidung). –        Deltafina schaltete sich in die Organisation des Verarbeiterkartells ein, insbesondere in Form von Briefen zur Sicherstellung einer reibungslosen Umsetzung der rechtswidrigen Vereinbarungen, und damit als Vermittler bei Auseinandersetzungen zwischen ihnen (Erwägungsgründe 140 und 365 der angefochtenen Entscheidung). –        Deltafina nahm eine zentrale Rolle bei den Verhandlungen zwischen den spanischen Verarbeitern und den Erzeugervertretern über die Preisklassen für Überschusstabak aus der Ernte von 1999 ein (Erwägungsgründe 207, 221 und 365 der angefochtenen Entscheidung). 113    Zur zweiten Frage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Beachtung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu Sanktionen, namentlich zu Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können, einen fundamentalen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts darstellt, der auch in einem Verwaltungsverfahren beachtet werden muss (Urteile des Gerichtshofs vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, Slg. 1979, 461, Randnr. 9, und vom 2. Oktober 2003, ARBED/Kommission, C‑176/99 P, Slg. 2003, I‑10687, Randnr. 19). 114    Dieser Grundsatz verlangt vor allem, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die die Kommission an ein Unternehmen richtet, gegen das sie eine Sanktion wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln zu verhängen beabsichtigt, die wesentlichen diesem Unternehmen zur Last gelegten Gesichtspunkte wie den ihm vorgeworfenen Sachverhalt, dessen Einstufung und die von der Kommission herangezogenen Beweismittel enthält, damit sich das Unternehmen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, das gegen es eingeleitet worden ist, sachgerecht äußern kann (vgl. Urteil ARBED/Kommission, oben in Randnr. 113 angeführt, Randnr. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung). 115    Zudem ist eine Verletzung der Verteidigungsrechte im Verwaltungsverfahren anhand der Rügen zu beurteilen, die die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der Entscheidung erhoben hat, die dieses Verfahren beendet (Urteile des Gerichts vom 29. Juni 1995, Solvay/Kommission, T‑30/91, Slg. 1995, II‑1775, Randnr. 60, und ICI/Kommission, T‑36/91, Slg. 1995, II‑1847, Randnr. 70). Unter diesen Umständen setzt die Feststellung einer Verletzung der Verteidigungsrechte voraus, dass die Rüge, die dem Unternehmen zufolge in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht erhoben worden sein soll, von der Kommission in ihrer abschließenden Entscheidung ausgesprochen wird. 116    Im vorliegenden Fall unterscheidet die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte wie in der angefochtenen Entscheidung zwischen zwei horizontalen Kartellen, die durch ein Netz von Vereinbarungen und/oder konzertierten Praktiken auf dem spanischen Markt für Rohtabak gekennzeichnet sind, wobei das erste den Sektor der Erstverarbeitung und das zweite den der Erzeugung umfasst, und bezeichnet diese Kartelle jeweils als einzige und fortgesetzte Verletzung von Art. 81 Abs. 1 EG (vgl. u. a. Nrn. 1, 316 bis 318 und 338 bis 340 der Mitteilung der Beschwerdepunkte). Wie in der angefochtenen Entscheidung werden die spanischen Verarbeiter und Deltafina darin für die gesamte erste Verletzung und die Erzeugervertreter für die gesamte zweite Verletzung verantwortlich gemacht (vgl. u. a. Nrn. 411, 412 und 420 der Mitteilung der Beschwerdepunkte). 117    Was Deltafina anbelangt, geht aus der Mitteilung der Beschwerdepunkte klar hervor, dass diese Gesellschaft wie in der angefochtenen Entscheidung aufgrund ihrer unmittelbaren und aktiven Beteiligung an der Tätigkeit des Verarbeiterkartells für die Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht wird. So stellt die Kommission in Nr. 415 Satz 1 der Mitteilung der Beschwerdepunkte, der mit dem 361. Erwägungsgrund Satz 1 der angefochtenen Entscheidung fast übereinstimmt, fest, dass „Deltafina … eine besonders aktive Rolle bei der restriktiven Praktik der Rohtabakverarbeiter in Spanien [gespielt habe]“. Ebenso stellt die Kommission u. a. in Nr. 420 der Mitteilung der Beschwerdepunkte, die ähnlich wie der 366. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung lautet, fest, dass „Deltafina eine aktive Rolle bei der Ausarbeitung und der Durchführung der zwischen den [Verarbeitern] ab dem Jahr 1996 geschlossenen Vereinbarung über durchschnittliche Preise und über die Mengen sowie bei der Aushandlung von Preisklassen für Überschusstabak im Jahr 2000 zugeschrieben werden“ müsse. 118    Im Übrigen entsprechen die Begründung und der Sachverhalt, auf den die Kommission ihre Rüge einer unmittelbaren und aktiven Beteiligung von Deltafina an der entsprechenden Verletzung stützt, im Wesentlichen der Begründung und dem Sachverhalt, die sie in der angefochtenen Entscheidung vorbringt und die vorstehend in Randnr. 112 festgestellt worden sind (vgl. u. a. Nrn. 412 bis 420 der Mitteilung der Beschwerdepunkte und die verschiedenen Nummern dieser Mitteilung, auf die dort Bezug genommen wird). 119    Festzustellen ist daher, dass sich die angefochtene Entscheidung entgegen dem Vorbringen von Deltafina im Hinblick auf die Gründe, aus denen diese für die Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht wird, nicht von der Mitteilung der Beschwerdepunkte unterscheidet. Aufgrund der Mitteilung der Beschwerdepunkte hätte Deltafina ohne Weiteres verstehen müssen, dass sich die Kommission wie in der angefochtenen Entscheidung auf ihre unmittelbare und aktive Beteiligung an den Tätigkeiten des Verarbeiterkartells stützen wollte. Da Deltafina durch die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht nur von dem Vorwurf einer unmittelbaren und aktiven Beteiligung an der Zuwiderhandlung, sondern auch von dem Sachverhalt, auf den die Kommission diese Rüge in der angefochtenen Entscheidung stützt, Kenntnis nehmen konnte, war die Klägerin voll und ganz in der Lage, ihre Verteidigung im Verwaltungsverfahren sicherzustellen. 120    Deltafina wird zwar in der angefochtenen Entscheidung an mehreren Stellen ausdrücklich in der Weise erwähnt, dass sie neben den spanischen Verarbeitern an den Vereinbarungen und/oder den umstrittenen konzertierten Praktiken teilgenommen habe (siehe oben, Randnr. 109), nicht aber in der Mitteilung der Beschwerdepunkte. Dabei handelt es sich jedoch nur um eine unterschiedliche Darstellung des Sachverhalts, mit der diesem in der angefochtenen Entscheidung nur genauer Rechnung getragen werden soll, und in der keine inhaltliche Änderung der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte festgestellten Beschwerdepunkte gesehen werden kann. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die endgültige Entscheidung der Kommission nicht notwendig ein Abbild der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu sein braucht (Urteile des Gerichtshofs vom 15. Juli 1970, ACF Chemiefarma/Kommission, 41/69, Slg. 1970, 661, Randnr. 91, und vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 14; Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 1996, Compagnie maritime belge de transports u. a./Kommission, T‑24/93 bis T‑26/93 und T‑28/93, Slg. 1996, II‑1201, Randnr. 113). 121    Ebenso stellt die Kommission in Nr. 413 der Mitteilung der Beschwerdepunkte unter Hinweis auf ihre Entscheidung 80/1334/EWG vom 17. Dezember 1980 betreffend ein Verfahren nach [Art. 81 EG] (IV/29.869 – Gussglas in Italien) (ABl. L 383, S. 9, im Folgenden: Entscheidung Gussglas) fest, dass nach ihrer Entscheidungspraxis „ein Unternehmen, das bei der Durchführung von Wettbewerbsbeschränkungen, die ausdrücklich Zweck der fraglichen Vereinbarungen sind, ‚bewusst‘ mitgewirkt hat, für die wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen ‚mitverantwortlich‘ gemacht werden kann“. Diese Bemerkung, die sich so in der angefochtenen Entscheidung nicht wiederfindet und die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte im Abschnitt über die Adressaten, insbesondere Deltafina, enthalten ist, könnte dem ersten Anschein nach dahin ausgelegt werden, dass die Kommission Deltafina lediglich vorwirft, sie habe die Begehung der Zuwiderhandlung begünstigt, nicht aber, sie sei an dem Kartell unmittelbar und aktiv beteiligt gewesen. Einer solchen Auslegung kann jedoch nicht gefolgt werden, da sie die Mitteilung der Beschwerdepunkte insofern nicht berücksichtigt, als Deltafina darin, insbesondere in den Nrn. 415 und 420, eindeutig vorgeworfen wird, aktiv an dem Verarbeiterkartell beteiligt gewesen zu sein (siehe oben, Randnr. 117). Tatsächlich wollte die Kommission mit dieser Feststellung in Randnr. 413 der Mitteilung der Beschwerdepunkte – selbst wenn man bedauern kann, dass sie dies nicht genauer formuliert hat – zum Ausdruck bringen, dass ein Unternehmen gegen das in Art. 81 Abs. 1 EG vorgesehene Verbot verstoßen könne, wenn sein mit anderen Unternehmen abgestimmtes Verhalten den Wettbewerb auf einem relevanten Markt innerhalb des Gemeinsamen Marktes beschränken solle, ohne dass dies notwendig voraussetze, dass es selbst auf diesem relevanten Markt tätig sei. Dies wird deutlich, wenn diese Feststellung im Zusammenhang mit der Entscheidung Gussglas gelesen wird, auf die sie zurückgeht. 122    Hinsichtlich der dritten Frage bestreitet Deltafina nicht, dass der Sachverhalt, auf den sich die Kommission, wie vorstehend in Randnr. 112 festgestellt, in den Erwägungsgründen 359 bis 366 der angefochtenen Entscheidung beruft, um sie für einen Verstoß gegen Art. 81 EG verantwortlich zu machen, auf Beweismittel gestützt ist, die in den Akten enthalten sind. Tatsächlich stellt Deltafina im Rahmen des vorliegenden Teils die Schlussfolgerung der Kommission in Frage, aufgrund dieses Sachverhalts könne ihr die gesamte erste Verletzung zugerechnet werden. 123    In dieser Hinsicht sind, wie dargelegt, nur zwei Voraussetzungen, eine objektive und eine subjektive, erforderlich, um einem an einem Kartell beteiligten Unternehmen die gesamte Verletzung zuzurechnen (siehe oben, Randnrn. 57 bis 63). Was die erste Voraussetzung anbelangt, muss dieses Unternehmen – auch in untergeordneter Stellung, beiläufig oder passiv – zur Durchführung des Kartells beigetragen haben. Was die zweite Voraussetzung anbelangt, muss das Unternehmen seinen eigenen Willen so geäußert haben, dass deutlich wird, dass es – und sei es nur stillschweigend – die Ziele des Kartells teilt. 124    Im vorliegenden Fall hat Deltafina für den Zeitraum der Zuwiderhandlung erwiesenermaßen aktiv und unmittelbar zur Durchführung des Kartells beigetragen. 125    So ergibt sich aus dem Akteninhalt, dass zwei Vertreter von Deltafina, ihr Vorsitzender Herr M. und ihr Verkaufsdirektor Herr C., an dem ersten Treffen des Verarbeiterkartells, der Sitzung vom 13. März 1996 in Madrid, teilgenommen haben, bei dem Preise und Einkaufsmengen von Rohtabak für das Wirtschaftsjahr 1996/1997 erörtert sowie eine Preisvereinbarung getroffen worden sind. Aus einem im 95. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführten Fax von WWTE an Deltafina vom 10. April 1996 geht hervor, dass Deltafina aktiv am Abschluss dieser Vereinbarung beteiligt war und das Protokoll über die Vereinbarung erstellt hat. Aus diesem Fax sowie dem Fax von Agroexpansión an Deltafina vom 22. April 1996 geht ebenfalls hervor, dass WWTE und Agroexpansión sich bei Deltafina über die Missachtung der Vereinbarung durch Cetarsa beschwert haben. 126    Ein weiteres Treffen des Verarbeiterkartells war für den 17. Dezember 1996 anberaumt. Bei diesem Treffen war Herr M. anwesend. Er und Herr C. haben auch an dem Treffen des Verarbeiterkartells vom 30. Januar 1997 in Rom teilgenommen, bei dem Vereinbarungen über die Preise und die Einkaufsmengen von Rohtabak für das Wirtschaftsjahr 1997/1998 getroffen worden sind. Aus den Akten geht hervor, dass Herr M. einen während dieses letzten Treffens verfassten und von den spanischen Verarbeitern unterzeichneten Vermerk aufbewahrt hat, in dem die Einzelheiten dieser unterschiedlichen Vereinbarungen dargelegt waren und der schließlich auf Bitten der Verarbeiter vernichtet worden ist. 127    In der Folge wurde Deltafina mehrfach von WWTE und Agroexpansión über die Lage auf dem spanischen Rohtabakmarkt informiert und erhielt Beschwerden, dass die vorstehend in Randnr. 126 erwähnten Vereinbarungen sowie weitere Vereinbarungen, die in den ersten Monaten des Jahres 1997 geschlossen worden seien, nicht eingehalten würden. So sandte WWTE am 29. April 1997 ein Fax an Herrn M., in dem sie ihn darauf hinwies, dass der (durchschnittliche) Mindestpreis, zu dessen Zahlung sich Cetarsa gegenüber den Erzeugern verpflichtet habe, der im Beisein von Herrn M. geschlossenen Vereinbarung zwischen den Verarbeitern entgegenlaufe und es daher unmöglich sei, die Zusage einzuhalten, einen Durchschnittspreis von 50/60 ESP pro Kilo zu zahlen. Auf dieses Fax hin forderte Herr M. mit Fax vom selben Tag auf Geschäftspapier von Deltafina WWTE auf, „Ruhe zu bewahren“, und stellte fest: „… immer mehr zu zahlen, hilft niemandem“. Am 30. April 1997 sandte Agroexpansión ein Fax an Herrn M., in dem sie ihm u. a. mitteilte: „Wieder einmal waren die Vereinbarungen und Treffen mit den anderen [Verarbeitern] nutzlos und lächerlich. Agroexpansión ist auf den Kompromiss eingegangen und wird 5 Mio. kg kaufen, aber 30 ESP mehr als im letzten Jahr zahlen.“ Mit Fax vom 9. Juli 1997 beschwerte sich WWTE erneut bei Deltafina über das Verhalten von Cetarsa, indem sie u. a. die Notwendigkeit bekräftigte, „dass in dem Sektor endlich Frieden einkehrt“, und dass „eine Einigung ohne Vereinbarung“ erzielt werde. Im Fax von WWTE hieß es weiter: „Wie Du bei vielen Gelegenheiten gesagt hast: Eine Vereinbarung über Preise ist ohne Vereinbarung über Mengen nicht möglich. Die Vereinbarung über Mengen kann sich nicht nur auf ein Jahr beziehen … Es bedarf einer Vereinbarung [für einen Zeitraum von] möglicherweise fünf Jahren [oder] mindestens drei Jahren.“ 128    Am 1. Oktober 1997 sandte Agroexpansión ein Fax an Deltafina, um ihr mitzuteilen, dass WWTE zugesagt habe, höhere Preise als vereinbart zu zahlen. Daraufhin schrieb Herr M. am selben Tag auf Geschäftspapier von Deltafina an WWTE, um sie darauf hinzuweisen, dass sich, wenn sich diese Information als richtig erweise, ein ernsthaftes Problem stelle und ihr Verhalten als ein „heftiger Angriff“ gegen Agroexpansión ausgelegt werden könne. WWTE äußerte sich dazu mit Fax vom 2. Oktober 1997 an Deltafina. 129    Am 6. November 1997 sandte WWTE ein Fax an Deltafina, in dem sie u. a. darauf hinwies, dass sie „alles“ versuche, damit eine Vereinbarung über die Mengen zustande komme, und dass sie bei dem Treffen, zu dem sie mit den anderen Verarbeitern am 20. November 1997 zusammenkommen werde, „die Absicherung [der] Vereinbarungen durch Hinterlegung bedeutender Summen Geld vorschlagen wird. Dies wird eine gewisse Sicherheit in die Ausführung der Vereinbarungen bringen.“ Diesem Fax war eine Tabelle mit Informationen über bestimmte Preise beigefügt, die von den spanischen Verarbeitern jeweils gezahlt wurden. 130    Deltafina wurde von Taes über die Rahmenvereinbarung über die Bedingungen für den Einkauf während des Wirtschaftsjahrs 1998/1999 unterrichtet, die von den Verarbeitern im Anschluss an dieses Treffen bei dem Treffen in Madrid am 20. Januar 1998 geschlossen worden war. 131    Aus einem Tätigkeitsbericht von Agroexpansión vom 6. April 1999 geht hervor, dass Herr M. im März 1999 an einem Treffen mit den spanischen Verarbeitern und der Anetab teilnahm, bei der die Rohtabakpreise und die Aufteilung der Einkaufsmengen von Rohtabak für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 erörtert wurden. 132    Deltafina trat schließlich im Jahr 2000 in die Verhandlungen mit den Verarbeitern und den Erzeugervertretern ein, die sich auf die Preisklassen für den Überschussrohtabak von 1999 bezogen. Im Hinblick auf eine für Ende Februar 2000 anberaumte Sitzung der Anetab sandte Herr M. am 15. Februar ein Fax auf Geschäftspapier von Deltafina an Cetarsa, Agroexpansión und WWTE, um ihnen dazu seine Überlegungen, Anregungen und Vorschläge zukommen zu lassen. 133    Angesichts der objektiven Umstände der Beteiligung von Deltafina insgesamt ist festzustellen, dass sie in voller Kenntnis der Sachlage vorsätzlich an dem Verarbeiterkartell mitgewirkt hat. Es ist nämlich offensichtlich, dass Deltafina sich entweder über den wettbewerbswidrigen und rechtswidrigen Zweck dieses Kartells nicht im Unklaren sein konnte oder ihn kannte, wobei dieser Zweck vor allem darin bestand, Treffen mit wettbewerbswidrigem Ziel abzuhalten und sensible Informationen auszutauschen, woran sie während des gesamten Zeitraums der Zuwiderhandlung und im Zusammenhang mit einem Vermerk über die Einzelheiten bestimmter Vereinbarungen über die Preise und die Einkaufsmengen von Rohtabak, den sie verwahrte, aktiv beteiligt war. Hinzuzufügen ist in diesem Zusammenhang, dass Deltafina angesichts der wichtigen Rolle, die sie auf dem Einkaufsmarkt für verarbeiteten spanischen Tabak einnahm, und ihrer Rolle als Verantwortlicher für die Koordinierung und Überwachung der Handelstätigkeiten der Universal-Gruppe in Europa (siehe nachstehend Randnrn. 142 und 268 bis 272) ein Interesse daran hatte, dass die fraglichen wettbewerbswidrigen Praktiken durchgeführt würden. 134    Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ohne Verletzung der Verteidigungsrechte von Deltafina zu Recht festgestellt hat, dass die Klägerin für die Zuwiderhandlung, die in dem Verarbeiterkartell besteht, verantwortlich war. 135    Der erste Teil ist daher als unbegründet zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Das Deltafina vorgeworfene Verhalten müsse vielmehr ihrem Vorsitzenden vorgeworfen werden –       Vorbringen der Parteien 136    Deltafina macht geltend, das ihr vorgeworfene Verhalten hätte lediglich ihrem Vorsitzenden, Herrn M., zugeschrieben werden können, da dieser im Rahmen des Verarbeiterkartells stets im eigenen Namen und nicht als Vertreter oder Organ der Gesellschaft gehandelt habe. 137    Die spanischen Verarbeiter hätten Herrn M. aufgrund der von ihm gebotenen Neutralität und der Autorität, über die er in der Tabakindustrie sowohl in Spanien und Italien als auch in der übrigen Welt verfügt habe, als „Hüter ihrer Vereinbarungen“ gewählt. 138    Die Kommission beantragt, das Vorbringen von Deltafina zurückzuweisen. –       Würdigung durch das Gericht 139    Aus einer Reihe von Unterlagen in den Akten geht hervor, dass Herr M. an dem Verarbeiterkartell nicht im eigenen Namen, sondern in seiner Eigenschaft als Vertreter von Deltafina beteiligt war. 140    Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Herr M. Vorsitzender dieser Gesellschaft ist. 141    Außerdem wurde Herr M. bei bestimmten Treffen des Kartells von einem anderen Vertreter von Deltafina begleitet, der wichtige Funktionen innerhalb dieser Gesellschaft innehatte (siehe oben, Randnrn. 125 und 126). Im Übrigen fand die Sitzung vom 30. Januar 1997 in Rom (siehe oben, Randnr. 126) in den Geschäftsräumen von Deltafina statt, und der Schriftverkehr von Herrn M. an die spanischen Verarbeiter im Rahmen des Verarbeiterkartells erfolgte auf Geschäftspapier der Gesellschaft. Außerdem setzte Herr M. im Fax vom 29. April 1997 an WWTE neben seinen eigenen Namen den Namen der Gesellschaft (siehe oben, Randnr. 127). 142    Schließlich sollten mit der Beteiligung von Herrn M. an den Aktivitäten des Verarbeiterkartells eindeutig die Geschäftsinteressen von Deltafina auf dem spanischen Markt wahrgenommen werden. So ist Deltafina zum einen für die Zusammenarbeit und die Überwachung der Handelstätigkeit der Universal-Gruppe in Europa verantwortlich und besitzt durch den Kauf von Rohtabak von ihrer Schwestergesellschaft in Spanien, Taes, ein unmittelbares Interesse. Zum anderen hat Deltafina, abgesehen davon, dass sie fast den gesamten verarbeiteten Tabak von Taes kaufte (27. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), bedeutende Verträge über den Ankauf von verarbeitetem Tabak mit Cetarsa (Erwägungsgründe 20 und 29 der angefochtenen Entscheidung) und Agroexpansión (Erwägungsgründe 21 und 29 der angefochtenen Entscheidung) geschlossen. Wie aus bestimmten Aktenstücken hervorgeht und zwischen den Parteien unstreitig ist, beeinflusste der von den spanischen Verarbeitern für den Einkauf von Rohtabak gezahlte Preis unmittelbar den von Deltafina für den Einkauf von verarbeitetem Tabak gezahlten Preis (vgl. auch den 32. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 143    Des Weiteren besaß Deltafina dem Bericht von Taes vom 18. Februar 2002 (siehe oben, Randnr. 9) zufolge durch den Abschluss der Vereinbarung über den Kaufpreis von Überschussrohtabak von 1999 ein geschäftliches Interesse, da sie zusätzliche Mengen an verarbeitetem Tabak erwerben wollte. Ferner wird in dem Schriftwechsel zwischen Deltafina und den spanischen Verarbeitern im Rahmen des Verarbeiterkartells mehrfach ausdrücklich auf die Lage von Deltafina Bezug genommen. 144    Nach alledem ist der zweite Teil als unbegründet zurückzuweisen. Zum dritten Teil: Die Kommission habe Deltafina den Zugang zu bestimmten belastenden Unterlagen verweigert –       Vorbringen der Parteien 145    Deltafina macht geltend, dadurch, dass ihr der Zugang zu Dokumenten verweigert worden sei, aus denen sich ergebe, dass sie die Rolle des Anführers des Kartells gespielt habe, habe die Kommission ihre Verteidigungsrechte und ihr Recht auf ein faires Verfahren verletzt. 146    Die Kommission habe ihrem Antrag auf Zugang zu den Stellungnahmen der anderen Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht entsprochen, den sie mit Fax vom 23. März 2004 gestellt und mit Fax vom 24. November 2004 wiederholt habe. Die Hauptpunkte, auf die sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung beziehe, um ihr die Anführerrolle zuzuschreiben, seien jedoch Teil der Erwiderungen von Agroexpansión und WWTE auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte. 147    Die Kommission bestreitet, ihre Feststellung, dass Deltafina eine führende Rolle im Rahmen des Verarbeiterkartells gespielt habe, aus Gesichtspunkten hergeleitet zu haben, die in der Erwiderung von Agroexpansión und WWTE auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten gewesen seien. Wie aus dem 436. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgehe, hätten Agroexpansión und WWTE diese Rolle oder, genauer, den „Sachverhalt, aus dem sich diese Rolle ergibt“, einfach bestätigt. Sie hätten keinen Sachverhaltsgesichtspunkt vorgetragen, der Deltafina nicht schon in der Mitteilung der Beschwerdepunkte entgegengehalten worden sei und gegen den sie sich daher nicht habe verteidigen können. –       Würdigung durch das Gericht 148    Aus denselben Gründen, die vorstehend in den Randnrn. 70 bis 73 und 105 angeführt sind, ist das Vorbringen, auf das Deltafina den vorliegenden Teil stützt, als ins Leere gehend zurückzuweisen. Es ist nachfolgend im Rahmen des sechsten Klagegrundes zu prüfen, auf den Deltafina ihren Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße stützt. Zum vierten Teil: Die Kommission habe den relevanten Produktmarkt und den räumlichen Markt in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht hinreichend genau bestimmt –       Vorbringen der Parteien 149    Deltafina macht geltend, die Kommission habe den relevanten Produktmarkt und den räumlichen Markt in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht hinreichend genau bestimmt und dadurch ihre Verteidigungsrechte nachhaltig beeinträchtigt. 150    Wenn dieser Markt in der Mitteilung der Beschwerdepunkte „unmissverständlich“ bestimmt worden wäre, hätte sie der Kommission tatsächliche und rechtliche Argumente vortragen können, aufgrund deren diese zu anderen Schlussfolgerungen als den in der angefochtenen Entscheidung gezogenen gelangt wäre. Insbesondere wäre es ihr ermöglicht worden, Argumente zu ihrer Präsenz auf dem relevanten Markt und ihrer dortigen Rolle vorzubringen. 151    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Deltafina entgegen. –       Würdigung durch das Gericht 152    Zunächst ergibt sich aus der Mitteilung der Beschwerdepunkte hinreichend klar und genau, dass es sich bei dem relevanten Markt um den spanischen Markt für den Einkauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak handelt. In der Mitteilung der Beschwerdepunkte beschreibt die Kommission wie in der angefochtenen Entscheidung (siehe oben, Randnrn. 82 und 83) die Erstverarbeiter von Rohtabak in Spanien – wobei sie vor allem Einzelheiten zum Einkauf und zur Verarbeitung von Rohtabak sowie zu den zwischen den Unternehmen bestehenden Handelsbeziehungen aufführt –, die Erzeuger von Rohtabak und ihre Vertreter, verschiedene Aspekte des Rohtabaksektors in Spanien, wie z. B. die Erzeugungsgebiete, den Verkaufswert, die verschiedenen Rohtabaksorten und die (maximalen) durchschnittlichen Lieferpreise für diese jeweiligen Sorten sowie den für Rohtabak geltenden gemeinschaftlichen und innerstaatlichen Gesetzesrahmen (vgl. Nrn. 15 bis 81 der Mitteilung der Beschwerdepunkte). Aufgrund der Untersuchung der Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte war vollkommen klar, wie der Markt, auf dem der Wettbewerb verfälscht wird, funktionierte. 153    Ferner geht aus der Erwiderung von Deltafina auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hervor, dass es diese nicht nur sehr wohl verstanden hat, wie die Kommission den relevanten Markt im vorliegenden Fall aufgefasst hat, sondern dass sie sich auch zu ihrer Rolle auf diesem Markt geäußert hat. 154    Daher ist der vierte Teil des zweiten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen. 155    Nach alledem kann der zweite Klagegrund nicht durchgreifen. Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG, Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 43 der Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] sowie unzureichende Begründung Vorbringen der Parteien 156    Deltafina macht geltend, die Kommission habe nicht hinreichend dargetan, dass die fraglichen restriktiven Praktiken den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt hätten. 157    Sie stützt diese Behauptung zunächst darauf, dass die Kommission sich widerspreche, indem sie zum einen im 316. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung behaupte, dass „[d]ie restriktive Praktik zwischen den [Verarbeitern] und Deltafina … [unmittelbare oder mittelbare, tatsächliche oder potenzielle] Auswirkungen auf die Handelsströme zwischen Spanien und den anderen Mitgliedstaaten [hatte], da das Ziel der restriktiven Praktik darin bestand, den Export von in Spanien verarbeitetem Tabak zu garantieren“, und zum anderen im 412. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, ihr liege „kein aussagekräftiges Belegmaterial vor, das Rückschlüsse auf die tatsächlichen Auswirkungen der von den Erzeugern und [Verarbeitern] begangenen Verletzungen auf den Markt zulässt“. 158    Ferner rügt Deltafina, die Kommission sei im vorliegenden Fall „aus dem einzigen objektiven Grund“ von einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten ausgegangen, „weil ein anderes Produkt als dasjenige des wahrscheinlich relevanten Marktes manchmal auf andere Märkte ausgeführt werden kann“. So berücksichtige die Kommission einen dem relevanten Markt nachgelagerten Markt, den Markt für verarbeiteten Tabak. Außerdem beschreibe die Kommission weder die „Marktkräfte“ auf diesem nachgelagerten Markt, noch erkläre sie, wie dieser „in wettbewerbswidriger und erheblicher Weise“ durch Verhaltensweisen auf dem relevanten Markt hätte beeinträchtigt werden können. Deltafina wirft der Kommission auch vor, außer Acht zu lassen, dass der Rohtabakmarkt ein „ausschließlich nationaler Markt“ sei, da nichtspanische Unternehmen in Spanien als Verarbeiter nicht zugelassen seien und bei den spanischen Erzeugern keinen Rohtabak kaufen könnten. Es gebe auch weder Einfuhren von Rohtabak aus Spanien noch Ausfuhren von Rohtabak dorthin. 159    Ferner habe die Kommission gegen Nr. 43 der Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] verstoßen, in der es u. a. heiße: „Die Behörde …, die vorbringt, dass der Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar beeinträchtigt werden könnte, muss darlegen, warum eine bestimmte Vereinbarung wahrscheinlich nur mittelbare oder potenzielle Auswirkungen haben wird. Hypothetische oder spekulative Auswirkungen genügen nicht, um die Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts zu begründen.“ 160    Deltafina macht schließlich geltend, das fragliche Kartell ähnele einem „[Kartell, das] nur einen einzigen Mitgliedstaat [betrifft]“, im Sinne der Nrn. 78 bis 82 der Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG]. Diesen Leitlinien zufolge bestehe die „Fähigkeit dieser Kartelle zur Verfälschung des Handels im Wesentlichen darin, dass sie Wettbewerber aus anderen Mitgliedstaaten auszuschließen könnten“. In der angefochtenen Entscheidung weise jedoch nichts darauf hin, dass im vorliegenden Fall eine solche Ausschlusswirkung vorliege. Vielmehr sei wegen der regulatorischen Schranken, die der Niederlassung ausländischer Verarbeiter in Spanien entgegenstünden, und der Eigenschaften des Rohtabaks, aufgrund deren dieses Erzeugnis sofort nach der Ernte in der Nähe des Anbauorts verarbeitet werden müsse, „das Auftreten selbst mittelbarer Auswirkungen, bei deren Eintreten eine nur hypothetische Beeinträchtigung des Handels in eine potenzielle Beeinträchtigung umgewandelt werden könne“, wenig wahrscheinlich. 161    Nach Auffassung der Kommission ist der dritte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. 162    Zunächst sei die Bedingung, dass der Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt werde, erfüllt, wenn sich anhand einer Gesamtheit rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lasse, dass die fragliche Vereinbarung den Warenverkehr zwischen Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell in einem der Erreichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes nachteiligen Sinn beeinflussen könne. Für die Anwendung von Art. 81 EG sei es daher nicht erforderlich, darzutun, dass der Warenverkehr tatsächlich beeinträchtigt werde. 163    Sodann weist die Kommission darauf hin, dass sie in den Erwägungsgründen 316 und 317 der angefochtenen Entscheidung die Gründe dargelegt habe, warum die wettbewerbsbeschränkenden Praktiken den Handel zwischen Mitgliedstaaten „beeinflussen können“. Es gebe keinen Widerspruch zwischen den Erwägungsgründen 316 und 412 der angefochtenen Entscheidung. 164    Im Übrigen bestreite Deltafina weder, dass ein Kartell in Bezug auf den Kaufpreis von Rohtabak Auswirkungen auf den Preis von verarbeitetem Tabak haben könne, noch, dass der spanische verarbeitete Tabak hauptsächlich zur Ausfuhr bestimmt sei. Angesichts dieser Umstände müsse die Kommission nicht den Markt für verarbeiteten Tabak beschreiben, um zu dem Schluss zu gelangen, dass ein Kartell Auswirkungen auf die Ausfuhr dieses Erzeugnisses haben könne. 165    Die Kommission weist schließlich das Vorbringen von Deltafina zurück, da sich das fragliche Kartell als ein Kartell darstelle, das sich nur auf einen einzigen Mitgliedstaat beziehe, habe sie darzutun, dass Wettbewerber anderer Mitgliedstaaten ausgeschlossen würden. Sie verweist hierzu u. a. auf den 317. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung. Würdigung durch das Gericht 166    Nach gefestigter Rechtsprechung müssen Auslegung und Anwendung des Tatbestandsmerkmals der Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten in den Art. 81 EG und 82 EG vom Zweck dieses Merkmals ausgehen, auf dem Gebiet der Wettbewerbsregeln den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts von dem des Rechts der Mitgliedstaaten abzugrenzen. In den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen dabei alle Kartelle und alle Verhaltensweisen, die geeignet sind, die Freiheit des Handels zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise zu gefährden, die für die Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen Marktes zwischen den Mitgliedstaaten nachteilig sein kann, indem insbesondere die nationalen Märkte abgeschottet werden oder die Wettbewerbsstruktur im Gemeinsamen Markt verändert wird (Urteile des Gerichtshofs vom 31. Mai 1979, Hugin Kassaregister und Hugin Cash Registers/Kommission, 22/78, Slg. 1979, 1869, Randnr. 17, und vom 25. Oktober 2001, Ambulanz Glöckner, C‑475/99, Slg. 2001, I‑8089, Randnr. 47). 167    Ein Beschluss, eine Vereinbarung oder eine Verhaltensweise kann den Handel zwischen Mitgliedstaaten nur dann beeinträchtigen, wenn sich anhand einer Gesamtheit rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass sie unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell die Handelsströme zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise beeinflussen, die die Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes hemmen könnte. Außerdem darf diese Beeinträchtigung nicht nur geringfügig sein (Urteile des Gerichtshofs vom 28. April 1998, Javico, C‑306/96, Slg. 1998, I‑1983, Randnr. 16, und Ambulanz Glöckner, oben in Randnr. 166 angeführt, Randnr. 48). 168    Damit ergibt sich eine Auswirkung auf den innergemeinschaftlichen Handel im Allgemeinen daraus, dass mehrere Voraussetzungen erfüllt sind, die für sich allein genommen nicht unbedingt entscheidend sind (Urteile des Gerichtshofs vom 21. Januar 1999, Bagnasco u. a., C‑215/96 und C‑216/96, Slg. 1999, I‑135, Randnr. 47, und vom 29. April 2004, British Sugar/Kommission, C‑359/01 P, Slg. 2004, I‑4933, Randnr. 27). 169    Außerdem setzt Art. 81 Abs. 1 EG nach ständiger Rechtsprechung nicht voraus, dass die Kartelle, auf die er sich bezieht, den innergemeinschaftlichen Handel tatsächlich spürbar beeinträchtigen, sondern lässt den Nachweis genügen, dass sie hierzu geeignet sind (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 23. November 2006, Asnef-Equifax und Administración del Estado, C‑238/05, Slg. 2006, I‑11125, Randnr. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung). 170    Im vorliegenden Fall hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass das Verarbeiterkartell geeignet war, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. 171    Die Kommission hat im Einzelnen im 316. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass dieses Tatbestandsmerkmal des Art. 81 EG erfüllt gewesen sei, da das Verarbeiterkartell geeignet gewesen sei, sich auf die Ausfuhren von verarbeitetem Tabak aus Spanien in die anderen Mitgliedstaaten auszuwirken. 172    Hierzu ist festzustellen, dass, wie aus verschiedenen Passagen der angefochtenen Entscheidung hervorgeht (vgl. u. a. Erwägungsgründe 20, 23, 27, 32 und 84 der angefochtenen Entscheidung), zum einen der Kaufpreis von Rohtabak den Preis von verarbeitetem Tabak unmittelbar beeinflusst und zum anderen der spanische verarbeitete Tabak hauptsächlich zur Ausfuhr bestimmt ist. Diese im Übrigen von Deltafina nicht bestrittenen Voraussetzungen reichen aus, um darzutun, dass das Verarbeiterkartell geeignet war, sich auf die Ausfuhr von spanischem verarbeitetem Tabak auszuwirken, so dass Deltafina nicht rügen konnte, die Kommission habe die „Marktkräfte“ für dieses Erzeugnis nicht beschrieben. 173    Zwar hat die Kommission die Prüfung, ob die Voraussetzung der Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten erfüllt ist, auf ein Erzeugnis – verarbeiteten Tabak – bezogen, das sich auf einem dem relevanten Markt nachgelagerten Markt befindet. Wie Deltafina jedoch in der Klageschrift ausdrücklich festgestellt hat, entspricht diese Vorgehensweise nicht nur der Rechtsprechung, nach der der Einfluss auf die Handelsströme mittelbar sein kann (siehe oben, Randnr. 167), sondern auch den Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG]. In Nr. 38 dieser Leitlinien heißt es u. a.: „Mittelbare Auswirkungen entstehen häufig in Bezug auf Waren, die mit den von einer Vereinbarung oder Verhaltensweise erfassten Waren verwandt sind. Mittelbare Auswirkungen können sich … ergeben, wenn eine Vereinbarung oder Verhaltensweise Einfluss auf grenzüberschreitende wirtschaftliche Tätigkeiten von Unternehmen hat, welche die von der Vereinbarung oder Verhaltensweise erfassten Waren nutzen oder anderweitig darauf zurückgreifen. Solche Auswirkungen können beispielsweise entstehen, wenn eine Vereinbarung oder Verhaltensweise ein Zwischenerzeugnis betrifft, das zwar nicht gehandelt, aber bei der Lieferung eines gehandelten Endprodukts verwendet wird.“ 174    Außerdem wird die Schlussfolgerung der Kommission, das Verarbeiterkartell sei geeignet, sich auf die Ausfuhr von spanischem verarbeitetem Tabak und damit auf den innergemeinschaftlichen Handel auszuwirken, nicht durch die Feststellung im 412. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung widerlegt, wonach „[ihr] … kein aussagekräftiges Belegmaterial vorliegt, das Rückschlüsse auf die tatsächlichen Auswirkungen der von den Erzeugern und [Verarbeitern] begangenen Verletzungen auf den Markt zulässt. Faktisch ist es nicht möglich, im Nachhinein die Preise zu ermitteln, zu denen der Rohtabak auf dem Markt in Spanien gehandelt worden wäre, wenn das dargelegte Verfahren nicht stattgefunden hätte.“ Mit dieser Aussage, die im Zusammenhang mit der Prüfung der Schwere der Zuwiderhandlung getroffen wird, beschränkt sich die Kommission auf die Feststellung, dass sie die tatsächlichen Wirkungen des Verarbeiterkartells auf den Markt nicht genau messen könne. Sie schließt nicht aus, dass das Kartell solche Wirkungen haben könnte. Wie nachfolgend in den Randnrn. 245 bis 259 genauer darzulegen sein wird, hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung bei der Prüfung der Schwere der Zuwiderhandlung vielmehr im Gegenteil berücksichtigt, dass das Verarbeiterkartell seit 1998 konkrete Wirkungen auf den Markt hatte. 175    Da der Gedankengang der Kommission im 316. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung aus den vorstehend ausgeführten Gründen für sich allein hinreichend beweist, dass das Verarbeiterkartell geeignet war, Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu haben, müssen die Rügen, die Deltafina gegen das von der Kommission im 317. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hilfsweise vorgebrachte Argument, dass „eine Vereinbarung, ein Beschluss oder eine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise, die sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats bezieht, dazu geeignet ist, die Aufteilung der nationalen Märkte zu stärken und damit die gegenseitige wirtschaftliche Durchdringung zu behindern, deren Verwirklichung Gegenstand des EG-Vertrags ist“, geltend macht, nicht geprüft werden. 176    Was schließlich den spürbaren Charakter der Handelsbeeinträchtigung durch das Verarbeiterkartell anbelangt, hat die Kommission im 317. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dieses Kartell habe alle anerkannten Verarbeiter in Spanien zusammengebracht, diese kauften praktisch den gesamten in Spanien jedes Jahr erzeugten Rohtabak, das Kartell habe sich auf die gesamte Menge des so erworbenen Rohtabaks bezogen und der Rohtabak sei nach seiner Verarbeitung überwiegend zur Ausfuhr verkauft worden. Diese verschiedenen Punkte reichen für den Nachweis aus, dass das Verarbeiterkartell geeignet war, sich spürbar auf den innergemeinschaftlichen Handel auszuwirken. 177    Nach alledem ist der dritte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. 178    Daher können die Anträge auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung keinen Erfolg haben. 3.     Zu den Anträgen auf Herabsetzung der Geldbuße Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 2 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, Nr. 1 Teil A und Nr. 5 Buchst. d der Leitlinien und der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, „der Gleichbehandlung und der Sanktionsgleichheit“ sowie unzureichende Begründung Zusammenfassung der angefochtenen Entscheidung 179    In den Erwägungsgründen 404 bis 458 der angefochtenen Entscheidung prüft die Kommission die Frage, welche Geldbußen gegen die Adressaten zu verhängen sind. 180    Im 405. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung weist sie darauf hin, dass sie bei der Festlegung der Geldbuße die Schwere und die Dauer der Verletzung berücksichtigen müsse. 181    Um den der Schwere entsprechenden Ausgangsbetrag zu bestimmen, prüft die Kommission zunächst in den Erwägungsgründen 407 bis 414 der angefochtenen Entscheidung die Schwere des fraglichen Verstoßes. 182    So weist sie zunächst im 407. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass für eine solche Prüfung die Art des Verstoßes, seine konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar seien, sowie die Größe des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen seien. 183    Sodann stellt die Kommission im 408. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest: „Die Produktion von Rohtabak in Spanien macht 12 % der Produktionsmenge der Gemeinschaft aus. Insgesamt wird in Spanien auf 14 571 Hektar Land Tabak angebaut. Die Anbauflächen befinden sich vor allem in den autonomen Regionen Extremadura (84 %), Andalusien (11,5 %) und Kastilien-León (3 %). Der Markt ist verhältnismäßig klein und überwiegend auf eine Region in Spanien konzentriert.“ 184    Im 409. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung wird „[d]ie Verletzung … als besonders schwer eingestuft, da sie die Festsetzung von Preisen und Aufteilung der Mengen von Rohtabaksorten in Spanien betrifft“. 185    In Bezug auf die Erzeugervertreter weist die Kommission im 410. Erwägungsgrund darauf hin, dass diese an Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen teilgenommen hätten, die u. a. die Festsetzung von Preisklassen pro Qualitätsstufe für jede Rohtabaksorte – innerhalb welcher die Erzeuger später den Endpreis des Rohtabaks bei der Lieferung ausgehandelt hätten – sowie den durchschnittlichen Mindestpreis pro Erzeuger und pro Erzeugergemeinschaft beträfen. Selbst wenn die Spannen innerhalb der Preisklassen sehr breit gewesen seien und eine Differenz von 100 % bis 380 % zwischen dem Mindest- und dem Höchstpreis für jede Qualitätsstufe einer Rohtabaksorte ausgemacht hätten, hätten die Erzeugervertreter das Ziel verfolgt, durch die Vereinbarung eines durchschnittlichen Mindestpreises – pro Erzeuger und pro Erzeugergemeinschaft – einen höheren Endverkaufspreis für ihren Rohtabak zu erzielen, als er durch den Wettbewerb auf dem Markt zustande gekommen sei. 186    Hinsichtlich der spanischen Verarbeiter und Deltafina hebt die Kommission im 411. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervor, dass diese, abgesehen davon, dass sie ebenfalls eine Vereinbarung über die Preisklassen pro Qualitätsstufe und zusätzliche Bedingungen getroffen hätten, „unter der Hand verschiedene andere Aspekte der anzuwendenden Preise und Mengen, insbesondere die durchschnittlichen Lieferhöchstpreise für jede Rohtabaksorte (alle Qualitäten) sowie die Mengen des von den einzelnen [Verarbeitern] zu kaufenden Rohtabaks [vereinbart]“ hätten. Außerdem hätten sie seit 1998 ausgefeilte Entschädigungs- und Übertragungsmechanismen eingesetzt, um ihr geheimes Kartell über Preise und Mengen durchzusetzen. 187    Im 412. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung weist die Kommission schließlich darauf hin, dass ihr „kein aussagekräftiges Belegmaterial [vorliegt], das Rückschlüsse auf die tatsächlichen Auswirkungen der von den Erzeugern und [Verarbeitern] begangenen Verletzungen auf dem Markt zulässt. Faktisch ist es nicht möglich, im Nachhinein die Preise zu ermitteln, zu denen der Rohtabak auf dem Markt in Spanien gehandelt worden wäre, wenn das dargelegte Verhalten nicht stattgefunden hätte.“ Nach dem folgenden Erwägungsgrund „lässt sich jedoch feststellen, dass zumindest seit 1998 das Kartell der [Verarbeiter] als Folge der geheimen Preis- und Mengenabsprachen vor und nach dem Abschluss von Anbauverträgen und bis zum Abschluss der letzten Transaktionen voll funktionsfähig und aktiv war und somit sehr wahrscheinlich einen bedeutenden Einfluss auf den Markt ausgeübt hat“. 188    Im 414. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung weist die Kommission darauf hin, dass auf der Grundlage der vorausgehenden Überlegungen festzustellen sei, dass beide Verletzungen als „besonders schwer“ einzustufen seien. Sie werde aber „die relativ geringe Größe des Produktmarkts berücksichtigen“. 189    Anschließend gelangt die Kommission zu einer unterschiedlichen Behandlung der fraglichen Unternehmen, da „die jeweilige Gewichtung aller betreffenden Unternehmen sowie die tatsächlichen Auswirkungen ihres ungesetzlichen Handelns bei der Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße berücksichtigt werden [müssen]. Auf diese Weise soll die abschreckende Wirkung der für jedes Unternehmen festgesetzten Geldbuße im Verhältnis zu ihrem Beitrag zu den illegalen Verhaltensweisen stehen“ (415. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 190    So unterscheidet sie zunächst zwischen dem Verarbeiterkartell einerseits (Erwägungsgründe 416 bis 424 der angefochtenen Entscheidung) und dem Erzeugerkartell andererseits (Erwägungsgründe 425 bis 431 der angefochtenen Entscheidung). 191    In Bezug auf das Verarbeiterkartell ist die Kommission sodann der Ansicht, dass „die Höhe der Geldbußen gemäß dem jeweiligen Beitrag zu den illegalen Verhaltensweisen und der Marktposition der einzelnen Parteien … abgestuft werden sollte“ (416. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 192    Hierzu erklärt die Kommission, dass „gegen Deltafina angesichts seiner starken Marktposition als Hauptabnehmer von verarbeitetem spanischem Tabak der höchste Ausgangsbetrag festgesetzt werden sollte (die Wirtschaftsbeziehungen von Deltafina mit Cetarsa, Agroexpansión und Taes werden in [den Randnrn.] 20, 21 und 27 behandelt). Wegen dieser Nachfragemacht hat Deltafina mehr als irgendein anderer die Fähigkeit, das Verhalten der spanischen Verarbeiter zu beeinflussen“ (417. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 193    In Bezug auf die spanischen Verarbeiter ist die Kommission der Ansicht, dass deren „Beitrag … zu den illegalen Verhaltensweisen … im Allgemeinen als gleich angesehen werden kann“ (418. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Die Größe und der jeweilige Marktanteil der beteiligten Verarbeiter sollten jedoch berücksichtigt werden. 194    Auf dieser Grundlage teilt die Kommission die spanischen Verarbeiter in drei Gruppen ein: –        Einer ersten Gruppe ordnet sie Cetarsa zu, da diese mit einem Marktanteil von etwa 67 % beim Einkauf von spanischem Rohtabak unter den spanischen Verarbeitern eindeutig führend sei, so dass ihr der höchste Ausgangsbetrag der Geldbuße aufzuerlegen sei (419. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). –        Einer zweiten Gruppe ordnet sie Agroexpansión und WWTE zu, da diese jeweils einen Marktanteil von etwa 15 % hielten und ihnen der gleiche Ausgangsbetrag aufzuerlegen sei (420. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). –        Einer dritten Gruppe ordnet sie schließlich Taes zu, da diese lediglich einen Marktanteil von 1,6 % halte und ihr daher der niedrigste Ausgangsbetrag aufzuerlegen sei (421. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 195    Um eine hinreichend abschreckende Wirkung der Geldbuße sicherzustellen, hält die Kommission die Anwendung eines Multiplikators auf den für WWTE sowie den für Agroexpansión festgesetzten Ausgangsbetrag für erforderlich. Obwohl diese beiden Gesellschaften einen relativ geringen Anteil am spanischen Markt hielten, gehörten sie zu multinationalen Gruppen von „beträchtlicher wirtschaftlicher und finanzieller Stärke“ und hätten „darüber hinaus … unter dem entscheidenden Einfluss ihrer jeweiligen Mutterunternehmen gehandelt“ (422. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Daher sei es erforderlich, den Ausgangsbetrag unter Anwendung eines Vervielfältigungsfaktors zu erhöhen, welcher einerseits der Größe der Gruppen, denen die beiden Unternehmen angehörten, und andererseits ihrer Größe im Verhältnis zu den anderen spanischen Verarbeitern Rechnung trage (423. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). So wendet sie auf den Ausgangsbetrag von WWTE einen Multiplikator von 1,5 – also eine Erhöhung um 50 % – und auf den Ausgangsbetrag für Agroexpansión einen Multiplikator von 2 – also eine Erhöhung um 100 % – an. 196    Aus diesen Gründen setzt die Kommission im 424. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung folgende Ausgangsbeträge der Geldbußen fest: –        Deltafina:          8 000 000 Euro –        Cetarsa:                8 000 000 Euro –        WWTE:                1 800 000 Euro x 1,5 = 2 700 000 Euro –        Agroexpansión: 1 800 000 Euro x 2 = 3 600 000 Euro –        Taes:                   200 000 Euro. 197    Im Hinblick auf die Erzeugervertreter ist die Kommission schließlich der Ansicht, dass gegen jeden von ihnen lediglich eine symbolische Geldbuße von 1 000 Euro festgesetzt werden sollte (Erwägungsgründe 425 und 430 der angefochtenen Entscheidung). Dies sei u. a. dadurch gerechtfertigt, dass „der Rechtsrahmen für die gemeinsamen Verhandlungen über Standardvereinbarungen zu erheblicher Unsicherheit im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Handelns von Erzeugervertretern und [Verarbeitern] bei ihren gemeinsamen Verhandlungen über Standardvereinbarungen führen kann“ (428. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Außerdem solle berücksichtigt werden, dass „Verhandlungen über Standardverträge und deren Ergebnisse im Allgemeinen öffentlich bekannt waren und dass vor Beginn dieses Verfahrens keine Behörde ihre Rechtmäßigkeit gemäß spanischem Recht oder Gemeinschaftsrecht in Frage gestellt hatte“ (429. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Vorbringen der Parteien 198    Mit ihrem vierten Klagegrund, der hilfsweise vorgebracht wird, macht Deltafina im Wesentlichen geltend, die Kommission habe bei Bewertung der Schwere der Verletzung und bei Festsetzung des Ausgangsbetrags der gegen sie verhängten Geldbuße die Leitlinien nicht beachtet und die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit sowie „der Gleichbehandlung und der Sanktionsgleichheit“ missachtet. Außerdem sei die angefochtene Entscheidung nicht hinreichend begründet. 199    Im Rahmen dieses vierten Klagegrundes bringt Deltafina eine Reihe von Rügen und Argumenten vor, die in sieben Teile gegliedert werden können. 200    Erstens rügt sie, die Kommission habe die Verletzung als „besonders schwer“ eingestuft, obwohl sie eingeräumt habe, dass der relevante Markt eine „relativ geringe Größe“ aufgewiesen habe. 201    Zweitens wirft sie der Kommission vor, die Verletzung als „besonders schwer“ eingestuft zu haben, obwohl ihr kein Beweis für konkrete Wirkungen auf den Markt vorgelegen habe, und daher Nr. 1 Teil A der Leitlinien missachtet zu haben. Aus einem Bericht ihres Ökonomen vom 13. Januar 2005, auf den sie verweist, ergebe sich, dass die beanstandeten Verhaltensweisen wahrscheinlich keine Auswirkungen auf den spanischen Rohtabakmarkt gehabt hätten. Insbesondere werde in diesem Bericht dargetan, dass sich die Preise der spanischen Haupttabaksorte während des Zeitraums der Zuwiderhandlung keineswegs stabilisiert oder verringert, sondern um 21 % erhöht hätten und dass die Preise für spanischen Tabak im selben Zeitraum „im Wesentlichen mit den Preisen in Europa und … der Welt übereingestimmt“ hätten. 202    Drittens sei die angefochtene Entscheidung widersprüchlich, da die Kommission einerseits im 413. Erwägungsgrund feststelle, dass „das Kartell der [Verarbeiter] voll funktionsfähig und aktiv war“ und andererseits in den Erwägungsgründen 85, 88, 111, 113, 122, 126, 130, 133, 144, 175, 186, 206, 229, 231, 232, 233, 235, 239, 244, 255, 256, 257, 284, 294, 295, 296, 307 und 319 vom Gegenteil ausgehe. 203    Viertens macht Deltafina geltend, die Kommission habe den Sachverhalt verzerrt, indem sie im 417. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgestellt habe, sie sei der Hauptabnehmer von verarbeitetem spanischem Tabak und könne wegen ihrer Nachfragemacht das Verhalten der spanischen Verarbeiter beeinflussen. Sie stützt sich hierbei wiederum auf den Bericht ihres Ökonomen vom 13. Januar 2005, vor allem auf die Tabelle 5 dieses Berichts, aus der hervorgehe, dass ihr durchschnittlicher Marktanteil am Kauf von verarbeitetem spanischem Tabak 27,5 %, der Marktanteil von Dimon (einschließlich Agroexpansión) 25,2 %, von Cetarsa 31,6 % und von Standard Commercial Tobacco Co., Inc (einschließlich WWTE) ungefähr 15 % betragen habe. 204    Deltafina führt ferner aus, entgegen der im Amtsblatt gemäß Art. 30 der Verordnung Nr. 1/2003 veröffentlichten Zusammenfassung der angefochtenen Entscheidung sei sie nicht „wichtigster Kunde der drei spanischen Verarbeiter“ gewesen. Nach der Tabelle 7 des erwähnten Berichts ihres Ökonomen habe sie während des Zeitraums der Zuwiderhandlung die gesamte Produktion ihrer Schwestergesellschaft Taes, 32,3 % der Produktion von Cetarsa, durchschnittlich 19,8 % der Produktion von Agroexpansión und einen kleinen Teil der Produktion von WWTE gekauft. Tatsächlich sei Hauptkunde von Cetarsa ein „historischer Kunde“, mit dem diese verbunden sei, nämlich Altadis, SA (vormals Tabacalera), Hauptkunde von Agroexpansión die Gruppe Dimon und Hauptkunde von WWTE die Gruppe Standard. 205    Deltafina rügt schließlich die Auffassung der Kommission, für die Bestimmung der Marktanteile am Einkauf von verarbeitetem spanischem Tabak seien die zwischen Cetarsa und Tabacalera/Altadis vorgenommenen Verkäufe außer Acht zu lassen (siehe nachstehend, Randnr. 218). 206    Fünftens macht Deltafina geltend, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass „der Rechtsrahmen für die gemeinsamen Verhandlungen über Standardvereinbarungen zu erheblicher Unsicherheit im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Handelns von Erzeugervertretern und [Verarbeitern] bei ihren gemeinsamen Verhandlungen über Standardvereinbarungen führen kann“ (428. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und dass „Verhandlungen über Standardverträge und deren Ergebnisse im Allgemeinen öffentlich waren und dass vor Beginn dieses Verfahrens keine Behörde ihre Rechtmäßigkeit gemäß spanischem Recht oder Gemeinschaftsrecht in Frage gestellt hatte“ (429. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Aufgrund dieser Umstände habe die Kommission nur gegen die Erzeuger eine symbolische Geldbuße in Höhe von 1 000 Euro verhängt und in der angefochtenen Entscheidung nicht erläutert, warum diese Lösung nicht auch in ihrem – Deltafinas – Fall gelte. Im Übrigen habe die Kommission gegen Nr. 5 Buchst. d der Leitlinien verstoßen, wonach „[d]ie Begründung für eine [solche] Geldbuße … im Text der Entscheidung aufgeführt sein [sollte]“. 207    Sechstens rügt Deltafina unter Berufung auf die „Sanktionsgleichheit“, die Kommission habe bei der Prüfung der Schwere des Verstoßes nicht berücksichtigt, dass ihr, anders als den spanischen Verarbeitern, kein „rechtswidriges Kartellverhalten und keine vertikalen Vereinbarungen mit den Erzeugern, ihren Vereinigungen und Kooperativen“ vorgeworfen worden seien. 208    Siebtens führt Deltafina aus, die Kommission habe den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt, da sie erheblich von ihrer früheren Praxis im Bereich der Berechnung der Geldbußen bei Absprachen abgewichen sei, die nur Unternehmen einbezogen habe, die auf dem Produktmarkt tätig gewesen seien, auf dem sich der rechtswidrige Sachverhalt ereignet habe. Unter Berufung auf einen zweiten Bericht ihres Ökonomen vom 13. Januar 2005 weist sie darauf hin, dass diese Art Kartell im Lauf der Jahre 1991 bis 2004 durch Geldbußen geahndet worden sei, deren Gesamtbetrag sich auf durchschnittlich 0,91 % des Wertes des relevanten Marktes belaufen habe. Sie wirft der Kommission auch vor, in der angefochtenen Entscheidung nicht angegeben zu haben, aus welchen Gründen sie es für erforderlich gehalten habe, von ihrer früheren Praxis abzurücken. 209    Nach alledem beantragt Deltafina die Herabsetzung der Geldbuße durch das Gericht. 210    Nach Auffassung der Kommission ist der vierte Klagegrund in keinem seiner Teile begründet. 211    Die Kommission macht als Erstes geltend, sie habe bei Festlegung des Ausgangsbetrags der Geldbuße die geringe Größe des relevanten Marktes berücksichtigt, obwohl die fragliche Verletzung ihrer Art nach „besonders schwer“ gewesen sei. 212    Als Zweites tritt sie dem Vorbringen von Deltafina entgegen, ihr liege kein Nachweis vor, dass die fragliche Verletzung konkrete Auswirkungen auf den Markt gehabt habe. 213    Hierzu weist sie erstens darauf hin, dass die restriktiven Praktiken bei der Festsetzung der Preise und der Aufteilung der Versorgungsquellen an sich besonders schwere Verletzungen darstellten, selbst wenn die konkreten Auswirkungen dieser Praktiken auf den Markt nicht bewiesen seien (Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, Enso Española/Kommission, T‑348/94, Slg. 1998, II‑1875, Randnr. 232, und European Night Services u. a./Kommission, oben in Randnr. 77 angeführt, Randnr. 136). 214    Zweitens wiederholt sie unter Berufung auf den 413. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass das Verarbeiterkartell zumindest seit 1998 vollständig durchgeführt und beachtet worden sei, und weist darauf hin, dass daher nach vernünftigem Ermessen davon auszugehen sei, dass Auswirkungen auf den Markt möglich gewesen seien, selbst wenn diese nicht messbar seien. Wenn keine Auswirkungen des Kartells auf die Entwicklung der Rohtabakpreise möglich gewesen seien, hätten die Verarbeiter und Deltafina im Übrigen keinen Grund gehabt, sich mehr als fünf Jahre lang daran zu beteiligen. 215    Drittens stellt sie fest, der Bericht des Ökonomen von Deltafina vom 13. Januar 2005 belege nicht, dass das Verarbeiterkartell keine konkreten Auswirkungen auf den Markt gehabt habe. 216    Als Drittes macht die Kommission geltend, die anderen von Deltafina herangezogenen Erwägungsgründe der angefochtenen Entscheidung stünden nicht im Widerspruch zu ihrer Feststellung im 413. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung. 217    Als Viertes sei ihre Feststellung, Deltafina habe eine Vorrangstellung auf dem spanischen Rohtabakmarkt eingenommen, nicht fehlerhaft. 218    Hierzu macht die Kommission geltend, der von Deltafina benannte Ökonom habe in seinem Bericht vom 13. Januar 2005 Cetarsa unter den Käufern von verarbeitetem Tabak angeführt, obwohl diese Gesellschaft keinen verarbeiteten Tabak bei Dritten erwerbe. Wenn er die Verkäufe von Cetarsa an Tabacalera/Altadis zu den Gesamtumsätzen auf dem spanischen Markt für verarbeiteten Tabak zählen wolle, seien die Angaben in seinem Bericht nicht richtig, da diese Verkäufe „nicht mit Verkäufen an Drittausführer (wie Universal/Deltafina, Standard und Dimon) verglichen werden [könnten], von denen die Dynamik des Verarbeiterkartells ausgehe“. Bis Mitte der Neunzigerjahre habe Cetarsa fast den gesamten von ihr verarbeiteten Tabak an Tabacalera verkauft, und die beiden Unternehmen seien zumindest bis 1998 in staatlicher Hand gewesen. Daher seien die Handelstätigkeiten zwischen Tabacalera und Cetarsa in den ersten Jahren des Verarbeiterkartells, d. h. von 1996 bis 1998, Verkäufen innerhalb derselben Gruppe gleichzustellen gewesen und könnten nicht in die Berechnung der von Dritten erworbenen Mengen Tabak einbezogen werden („Ausfuhrtabak“). Indem somit die Verkäufe von Cetarsa an Tabacalera/Altadis ausgenommen würden, liege der durchschnittliche Marktanteil von Deltafina auf dem Einkaufsmarkt von verarbeitetem Tabak in Spanien von 1996 bis 2001 erheblich über 27,5 % und sei jedenfalls der größte. 219    Außerdem bestehe kein Zweifel, dass Deltafina auch der Hauptkunde von Cetarsa, Agroexpansión und Taes gewesen sei. 220    Unter Bezugnahme auf verschiedene Passagen der angefochtenen Entscheidung weist die Kommission schließlich darauf hin, dass Deltafina noch andere „Handelsbeziehungen“ mit den Verarbeitern unterhalte, da sie „mit Cetarsa Verträge für die Behandlung und das Dreschen eines Teils des Tabaks von Taes und Agroexpansión unterzeichnet“ habe. 221    Aufgrund der Tabakkäufe von Taes, Agroexpansión und Cetarsa und aufgrund des Abschlusses von Verträgen mit Cetarsa über die Tabakverarbeitung von Taes habe Deltafina eine „ganz besondere“ Rolle auf dem spanischen Markt eingenommen. 222    Als Fünftes macht die Kommission geltend, sie habe in der angefochtenen Entscheidung ihre Beurteilung der Folgen hinreichend begründet, die die Ungewissheit, die sich aus dem spanischen Rechtsrahmen ergebe, für das Verhalten der verschiedenen Unternehmen und betroffenen Vereinigungen mit sich gebracht habe. 223    Als Sechstes weist die Kommission die Kritik daran als unbegründet zurück, dass nicht berücksichtigt worden sei, dass Deltafina nicht vorgeworfen worden sei, sie habe „an den Unterredungen und rechtswidrigen vertikalen Verhandlungen“ mit den Erzeugern, ihren Vereinigungen und ihren Genossenschaften teilgenommen. 224    Als Siebtes macht die Kommission geltend, sie sei niemals – weder formell noch informell – eine Verpflichtung eingegangen, die von Deltafina behauptete Praxis im Bereich der Berechnung der Geldbußen zu berücksichtigen. Im Übrigen verfüge sie im Rahmen der Verordnung Nr. 1/2003 über einen weiten Wertungsspielraum für die Festsetzung der Höhe der Geldbußen, beurteile die Schwere der Verletzungen nach verschiedenen Gesichtspunkten, die nicht auf einer zwingenden oder abschließenden Liste von Kriterien beruhten, die berücksichtigt werden müssten, und ihre frühere Entscheidungspraxis sei als solche kein Rechtsrahmen für die Geldbußen auf dem Gebiet des Wettbewerbs, da dieser nur in der Verordnung Nr. 1/2003 festgelegt sei. Würdigung durch das Gericht 225    Der Prüfung der verschiedenen Rügen von Deltafina sind einige allgemeine Erwägungen zur Bestimmung der Höhe der Geldbußen und vor allem zur Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung vorauszuschicken. –       Allgemeine Erwägungen 226    Nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 „[ist b]ei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße … sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen“. Dies sah auch Art. 15 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung Nr. 17 vor, die in der vorliegenden Rechtssache zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung galt. 227    Nach ständiger Rechtsprechung verfügt die Kommission über einen Ermessensspielraum für die Festsetzung der Höhe der Geldbuße, um das Verhalten der Unternehmen auf die Einhaltung der Wettbewerbsregeln auszurichten (Urteile des Gerichts vom 6. April 1995, Martinelli/Kommission, T‑150/89, Slg. 1995, II‑1165, Randnr. 59, vom 11. Dezember 1996, Van Megen Sports/Kommission, T‑49/95, Slg. 1996, II‑1799, Randnr. 53, und vom 21. Oktober 1997, Deutsche Bahn/Kommission, T‑229/94, Slg. 1997, II‑1689, Randnr. 127). 228    Außerdem ist nach ständiger Rechtsprechung die Schwere der Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln, zu denen u. a. die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (Urteile des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 241, und Dalmine/Kommission, oben in Randnr. 34 angeführt, Randnr. 129). 229    Im vorliegenden Fall geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission die Höhe der gegen die verschiedenen Adressaten verhängten Geldbuße anhand der allgemeinen Methode festgesetzt hat, die sie sich in den Leitlinien auferlegt hat, selbst wenn diese in der Entscheidung nicht ausdrücklich erwähnt werden. 230    Auch wenn die Leitlinien nicht als Rechtsnorm qualifiziert werden können, die die Verwaltung auf jeden Fall zu beachten hat, stellen sie doch eine Verhaltensnorm dar, die einen Hinweis auf die zu befolgende Verwaltungspraxis enthält und von der die Verwaltung im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen abweichen kann, die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar sind (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 18. Mai 2006, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, C‑397/03 P, Slg. 2006, I‑4429, Randnr. 91). Die Kommission ist dadurch, dass sie in den Leitlinien ihre Vorgehensweise bei der Bewertung der Schwere eines Verstoßes präzisiert hat, nicht daran gehindert, die Schwere umfassend anhand aller relevanten Umstände des Einzelfalls einschließlich der Gesichtspunkte zu beurteilen, die in den Leitlinien nicht ausdrücklich erwähnt sind (Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg. 2006, II‑5169, Randnr. 237). 231    Nach der in den Leitlinien vorgesehenen Methode wählt die Kommission als Ausgangspunkt bei der Berechnung der gegen die fraglichen Unternehmen zu verhängenden Geldbußen einen nach der Schwere des Verstoßes ermittelten Betrag. Bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes sind seine Art und seine konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen (Nr. 1 Teil A Abs. 1 der Leitlinien). 232    In diesem Rahmen werden die Verstöße in drei Gruppen unterteilt, nämlich die „minder schweren Verstöße“, für die die in Betracht kommenden Bußgeldbeträge zwischen 1 000 und 1 Million Euro betragen, die „schweren Verstöße“, für die Bußgeldbeträge zwischen 1 000 und 20 Millionen Euro in Betracht kommen, und die „besonders schweren Verstöße“ mit in Betracht kommenden Bußgeldbeträgen oberhalb von 20 Millionen Euro (Nr. 1 Teil A Abs. 2 erster bis dritter Gedankenstrich der Leitlinien). Zu den besonders schweren Verstößen führt die Kommission aus, es handele sich im Wesentlichen um horizontale Beschränkungen wie z. B. „Preiskartelle“, Marktaufteilungsquoten und sonstige Beschränkungen der Funktionsweise des Binnenmarkts, wie z. B. die Abschottung der nationalen Märkte oder Missbräuche marktbeherrschender Stellungen von Unternehmen in Quasimonopolstellung (Nr. 1 Teil A Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Leitlinien). 233    Des Weiteren haben die drei vorstehend in Randnr. 231 aufgeführten Kriterien für die Bewertung der Schwere des Verstoßes im Rahmen der Gesamtprüfung nicht das gleiche Gewicht. Die Art der Zuwiderhandlung spielt insbesondere bei der Einstufung der Zuwiderhandlungen als „besonders schwer“ eine vorrangige Rolle. Insoweit ergibt sich aus der Beschreibung der besonders schweren Verstöße in den Leitlinien, dass Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die insbesondere wie hier auf die Festsetzung der Preise abzielen, allein schon aufgrund ihres Wesens als „besonders schwer“ eingestuft werden können, ohne dass diese Verhaltensweisen durch eine besondere Auswirkung oder einen besonderen räumlichen Umfang gekennzeichnet zu sein brauchen. Dies wird dadurch bekräftigt, dass zwar in der Beschreibung der schweren Verstöße ausdrücklich erwähnt wird, dass sie Auswirkungen auf den Markt haben und in einem größeren Teil des Gemeinsamen Marktes zum Tragen kommen, während die Beschreibung der besonders schweren Verstöße kein Erfordernis konkreter Auswirkungen auf den Markt oder von Auswirkungen in einem besonderen räumlichen Bereich enthält (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 27. Juli 2005, Brasserie nationale u. a./Kommission, T‑49/02 bis T‑51/02, Slg. 2005, II‑3033, Randnr. 178, und vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Randnr. 150). 234    Schließlich besteht zwischen den drei Kriterien für die Ermittlung der Schwere eines Verstoßes insofern eine Wechselbeziehung, als ein höherer Schweregrad hinsichtlich des einen oder anderen Kriteriums die geringere Schwere der Zuwiderhandlung unter anderen Aspekten ausgleichen kann (Urteil Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, oben in Randnr. 230 angeführt, Randnr. 241). –       Zum ersten Teil: Nichtberücksichtigung des relativ geringen Umfangs des Produktmarkts 235    Aus dem 408. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass die Kommission bei Bewertung der Schwere der Verletzung den geringen Umfang sowohl des betreffenden räumlichen Marktes als auch des relevanten Produktmarkts berücksichtigt hat. 236    Aus diesem Erwägungsgrund in Verbindung mit dem 409. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung (siehe oben, Randnr. 184), und vor allem aus der Verwendung des Adverbs „toutefois“ (jedoch) in der französischen Fassung dieses Erwägungsgrundes geht hervor, dass die Verletzung trotz des geringen Umfangs jedes dieser beiden Märkte nach Ansicht der Kommission als „besonders schwer“ einzustufen war, da sie „die Festsetzung von Preisen und Aufteilung der Mengen von Rohtabaksorten in Spanien betrifft“. 237    Zunächst ist festzustellen, dass diese Beurteilung begründet ist. 238    So stellt der Umfang des räumlichen Marktes nach den Leitlinien nur eines der drei einschlägigen Kriterien für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung insgesamt dar. Von diesen voneinander unabhängigen Kriterien spielt die Art der Zuwiderhandlung eine vorrangige Rolle (siehe oben, Randnrn. 233 und 234). 239    Der den Verarbeitern und Deltafina vorgeworfene Verstoß, der in der Festsetzung der Preise der verschiedenen Rohtabaksorten in Spanien und der Aufteilung der Mengen für jede Sorte Rohtabak, die jeder Verarbeiter bei den Erzeugern kaufen konnte, besteht, ist seiner Art nach klar ein besonders schwerer Verstoß. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Art. 81 Abs. 1 Buchst. a, b und c EG aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die in der unmittelbaren oder mittelbaren Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen bestehen, ausdrücklich für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt. Die Rechtsprechung hat solche Zuwiderhandlungen, insbesondere wenn es sich um horizontale Kartelle handelt, als besonders schwerwiegend eingestuft, da sie einen unmittelbaren Eingriff in die wesentlichen Wettbewerbsparameter auf dem betreffenden Markt (Urteil des Gerichts vom 11. März 1999, Thyssen Stahl/Kommission, T‑141/94, Slg. 1999, II‑347, Randnr. 675) oder offenkundige Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft bedeuten (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, BPB de Eendracht/Kommission, T‑311/94, Slg. 1998, II‑1129, Randnr. 303). Weiter ist zu beachten, dass zu den besonders schweren Verstößen im Sinne von Nr. 1 Teil A Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Leitlinien „im Wesentlichen … horizontale Beschränkungen wie z. B. Preiskartelle [und] Marktaufteilungsquoten“ gehören. Hinzu kommt, dass das Verarbeiterkartell, wie im 411. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgestellt, geheime Abmachungen enthielt, was einen Umstand darstellt, der die Schwere der Zuwiderhandlung verstärken kann. 240    Dagegen ist der Umfang des räumlichen Marktes kein eigenständiges Kriterium in dem Sinn, dass nur Zuwiderhandlungen, die die Mehrzahl der Mitgliedstaaten betreffen, als „besonders schwer“ eingestuft werden könnten. Weder der EG-Vertrag noch die Verordnung Nr. 17 oder die Verordnung Nr. 1/2003, die Leitlinien oder die Rechtsprechung lassen die Annahme zu, dass nur räumlich sehr ausgedehnte Beschränkungen so eingestuft werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 18. Juli 2005, Scandinavian Airlines System/Kommission, T‑241/01, Slg. 2005, II‑2917, Randnr. 87). 241    Der geringe Umfang des relevanten räumlichen Marktes steht daher der Einstufung der im vorliegenden Fall festgestellten Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ nicht entgegen. 242    Dies gilt umso mehr im Hinblick auf den geringen Umfang des relevanten Produktmarkts, da der Umfang des Produktmarkts grundsätzlich kein Kriterium darstellt, das zwingend zu berücksichtigen ist, sondern für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung und die Festsetzung der Geldbuße nur ein Kriterium unter anderen bildet (vgl. in diesem Sinne Urteil Dalmine/Kommission, oben in Randnr. 34 angeführt, Randnr. 132). 243    Ferner hat die Kommission, auch wenn sie der Auffassung war, dass der geringe Umfang des relevanten räumlichen Marktes und des relevanten Produktmarkts einer Einstufung der Zuwiderhandlung als besonders schwer nicht entgegenstehe, diesen geringen Umfang bei der Festlegung des Ausgangsbetrags der Geldbußen nach der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt (vgl. u. a. den 414. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). So hat sie für Deltafina nur einen Ausgangsbetrag von 8 000 000 Euro festgesetzt, obwohl sie, da es sich um eine besonders schwere Zuwiderhandlung handelte, gemäß den Leitlinien einen Ausgangsbetrag von mindestens 20 000 000 Euro in Betracht ziehen konnte. 244    Nach alledem ist der erste Teil des vierten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen. –       Zum zweiten Teil: Beurteilung der konkreten Auswirkungen des Verstoßes auf den Markt 245    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach Nr. 1 Teil A Abs. 1 der Leitlinien „[b]ei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes … seine Art und die konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen [sind]“. 246    Zu beachten ist auch, dass die Art der Zuwiderhandlung bei der Einstufung von Zuwiderhandlungen als besonders schwer eine vorrangige Rolle spielt und dass Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die auf die Festsetzung der Preise oder auf die Aufteilung der Märkte abzielen, allein schon ihrer Art nach als „besonders schwer“ eingestuft werden können, ohne dass diese Verhaltensweisen durch eine besondere Auswirkung oder einen besonderen räumlichen Umfang gekennzeichnet sein müssen (siehe oben, Randnr. 233). 247    In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission bei der Bewertung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt, dass das Verarbeiterkartell ab 1998 konkrete Auswirkungen auf den Markt hatte, auch wenn sie diese Zuwiderhandlung einerseits bereits ihrer Art nach als „besonders schwer“ eingestuft hatte (Erwägungsgründe 409 bis 411 der angefochtenen Entscheidung) und andererseits der Ansicht war, dass diese Auswirkungen nicht genau messbar gewesen seien (412. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 248    Wenn die Kommission somit den konkreten Auswirkungen des Verstoßes auf den Markt Rechnung tragen will, muss sie konkrete, glaubwürdige und hinreichende Indizien vorlegen, auf deren Grundlage der tatsächliche Einfluss, den die Verletzung auf den Wettbewerb auf diesem Markt haben konnte, beurteilt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Roquette Frères/Kommission, T‑322/01, Slg. 2006, II‑3137, Randnrn. 73 bis 75). 249    Im vorliegenden Fall hat die Kommission jedoch in dem Teil der angefochtenen Entscheidung, der der Beurteilung der Schwere der Verletzung gewidmet ist (vgl. den 413. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), keine solchen Indizien beigebracht, aus denen sie auf tatsächliche Auswirkungen des Verarbeiterkartells seit 1998 auf den Markt schließen konnte, sondern lediglich darauf Bezug genommen, dass dieses Kartell ab diesem Zeitpunkt voll funktionsfähig und aktiv war, was nur ein Anfangsindiz für das Vorliegen solcher Auswirkungen darstellen konnte (siehe nachstehend, Randnr. 252). 250    Die Tatsache, dass die Kommission in diesem Teil der angefochtenen Entscheidung nicht rechtlich hinreichend dargetan hat, dass das Verarbeiterkartell konkrete Auswirkungen auf den Markt hatte, hat jedoch keinen Einfluss auf die Einstufung der Zuwiderhandlung als „besonders schwer“. Diese Einstufung bleibt angesichts der Art dieser Zuwiderhandlung völlig angemessen (siehe oben, Randnrn. 233, 238, 239 und 246). 251    Ferner ist das Gericht im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Auffassung, dass der Ausgangsbetrag der Geldbuße, den die Kommission nach der Schwere der Zuwiderhandlung festgelegt hat, nicht deshalb in Frage gestellt werden kann, weil konkrete Auswirkungen auf den Markt nicht hinreichend nachgewiesen sind. 252    Als Erstes stellt die tatsächliche Durchführung des Kartells ein Anfangsindiz für das Vorliegen von Auswirkungen auf den Markt dar, da das Verarbeiterkartell alle in Spanien anerkannten Verarbeiter zusammengebracht hat, diese fast den gesamten dort jedes Jahr erzeugten Rohtabak kauften und sich dieses Kartell auf den gesamten von den Verarbeitern erworbenen Rohtabak bezog. 253    Als Zweites enthält die angefochtene Entscheidung an anderer Stelle als bei der Bewertung der Schwere der Zuwiderhandlung Hinweise auf konkrete Auswirkungen auf den Markt. 254    So stellt die Kommission im 173. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest: „1998 setzte sich die in den vorangegangenen Jahren erlebte Preiseskalation nicht fort. Preise fielen sogar.“ Agroexpansión habe ihr in einer Erklärung vom 15. Februar 2002 Folgendes erläutert: „Im Laufe des Wirtschaftsjahrs 1998/1999 hielten sich die spanischen [Verarbeiter] im Großen und Ganzen an die … beschriebenen Kompromisse. Es ist [ihnen] z. B. gelungen, zum ersten Mal eine gewisse Stabilität des Marktes zu erreichen, die dazu geführt hat, dass sich die Eskalation der Einkaufspreise, die für die letzten Jahre kennzeichnend war, nicht weiter fortgesetzt hat und dass der Produktionssektor sein gemeinsames Verhandlungspotenzial voll ausschöpfen konnte.“ 255    Ebenso erläutert die Kommission im 301. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass der durchschnittliche Lieferhöchstpreis, den die Verarbeiter und Deltafina vereinbart hatten, „sehr direkt den tatsächlich bezahlten Endpreis für jede Rohtabaksorte bestimmt“ und „[d]ie Auswirkungen [der] Verletzung auf den Wettbewerb … insofern beträchtlich [waren], als die [Verarbeiter] dank der Vereinbarung eines durchschnittlichen Lieferhöchstpreises für die Erzeuger in der Lage waren, die von ihnen an die Erzeuger gezahlten Endpreise weitgehend einander anzugleichen und sie zu ihrem eigenen Vorteil auf ein Niveau zu drücken, das unterhalb dessen lag, was aus einem freien Wettbewerb resultiert hätte“. 256    Im 314. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung stellt die Kommission schließlich fest, die Tabelle im 38. Erwägungsgrund dieser Entscheidung zeige, dass „die Preise sich seit 1998 … stabilisierten und tatsächlich sanken (1998 wurde ein Rückgang um 4,8 % für alle Sorten verzeichnet)“. Unter Hinweis auf den 173. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung wiederholt sie, dass Agroexpansión ebenfalls das Vorliegen einer Verbindung zwischen dem Verarbeiterkartell und der Preissenkung bestätigt habe. 257    Die vorstehenden Ausführungen werden nicht durch die Feststellungen in dem Bericht des Ökonomen von Deltafina vom 13. Januar 2005 in Frage gestellt. Dieser erkennt nämlich zum einen ausdrücklich an, dass 1998 eine Preissenkung aller Rohtabaksorten stattgefunden habe. Zum anderen geht aus dem Bericht im Hinblick auf den Zeitraum 1999–2001 hervor, dass zwar die Preise der Sorte „Virginia“ gestiegen, die Preise der anderen Sorten aber stabil geblieben oder gesunken seien. Ferner kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Preise der Sorte „Virginia“ ohne das Kartell in noch erheblicherem Maß gestiegen wären oder dass die Preise der anderen Tabaksorten gestiegen wären, anstatt stabil zu bleiben oder zu sinken. Der Vergleich, der in dem Bericht zwischen der Entwicklung der Preise der Sorte „Virginia“ auf dem spanischen Markt einerseits und auf dem Markt der drei anderen wichtigsten Erzeugermitgliedstaaten andererseits angestellt wird, ist nicht schlüssig, da die Wettbewerbsbedingungen und die für diese nationalen Märkte jeweils geltenden Regelungen nicht notwendigerweise gleichwertig sind. 258    Als Drittes hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Schwere der Zuwiderhandlung zwar unter Berücksichtigung der tatsächlichen Auswirkungen des Verarbeiterkartells auf dem Markt bestimmt, weil aber solche Auswirkungen nur zeitweise während der Zuwiderhandlung, im vorliegenden Fall ab 1998, eingetreten sind, und wegen des geringen Umfangs des relevanten räumlichen Marktes und des relevanten Produktmarkts hat sie gegen Deltafina nur einen Ausgangsbetrag von 8 000 000 Euro festgesetzt, obwohl sie, da es sich um eine besonders schwere Verletzung handelte, nach den Leitlinien einen Ausgangsbetrag von mindestens 20 000 000 Euro hätte in Erwägung ziehen können. 259    Nach alledem ist der zweite Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. –       Zum dritten Teil: Widerspruch zwischen dem 413. Erwägungsgrund der angefochten Entscheidung und anderen Erwägungsgründen dieser Entscheidung 260    Entgegen dem Vorbringen von Deltafina ist festzustellen, dass kein Widerspruch zwischen dem 413. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, wonach „das Kartell der [Verarbeiter] voll funktionsfähig und aktiv war“, und den anderen von Deltafina angeführten Erwägungsgründen besteht. 261    Zunächst beruht die Feststellung von Deltafina auf einem verkürzten Verständnis der fraglichen Passage des 413. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung. Die Kommission geht darin nur von einer vollen Funktionsfähigkeit und Aktivität des Verarbeiterkartells ab dem Jahr 1998 aus. Die Erwägungsgründe 85, 88, 111, 122, 133, 144, 284 und 307 der angefochtenen Entscheidung betreffen jedoch die Durchführung dieses Kartells in den Jahren 1996 und 1997. 262    Was sodann die Angaben in den Erwägungsgründen 113, 126 und 130 der angefochtenen Entscheidung anbelangt, so sind diese nicht einschlägig, da sie das Kartell der Erzeugervertreter und nicht das Verarbeiterkartell betreffen. 263    Ebenso geht es in den Erwägungsgründen 175, 206, 229, 231 bis 233, 235, 239, 255 bis 257, 294, 295 und 319 der angefochtenen Entscheidung um Probleme hinsichtlich der bilateralen Verhandlungen zwischen den Verarbeitern einerseits und den Erzeugervertretern andererseits. Wie aber im 295. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, „[ändert] der Fehlschlag der bilateralen Verhandlungen zwischen [Verarbeitern] und Erzeugervertretern nichts am wettbewerbsschädigenden Verhalten der [Verarbeiter]“. Die genannten Probleme sind, mit anderen Worten, für die Durchführung und Beachtung des Verarbeiterkartells ab 1998 ohne Bedeutung. 264    Was den 186. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung anbelangt, so sind danach zwar die Verhandlungen zwischen den Verarbeitern Anfang des Jahres 1999 erfolglos geblieben, jedoch heißt es darin auch, diese hätten beschlossen, die Rahmenvereinbarung des Vorjahrs zu verlängern. Dies ergibt sich noch klarer aus dem folgenden Erwägungsgrund. 265    Im 244. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, der das Jahr 2001 betrifft, weist die Kommission lediglich darauf hin, dass sie „keine Belege dafür [besitzt], dass während der Ernteperiode Informationen ausgetauscht wurden“. Sie behauptet hierzu nicht, die Abkommen zwischen Deltafina und den spanischen Verarbeitern seien in jenem Jahr nicht vollständig umgesetzt worden. Vielmehr stellt sie im Gegenteil im 236. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest, dass die Rahmenvereinbarung von 1998 im Jahr 2001 verlängert worden sei. Zudem ergibt sich aus dem 240. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass alle spanischen Verarbeiter im Lauf des Verwaltungsverfahrens ausdrücklich eingestanden haben, dass diese Rahmenvereinbarung bis zum 3. Oktober 2001 verlängert worden sei. 266    Was schließlich den 296. Erwägungsgrund anbelangt, weist die Kommission dort nur darauf hin, dass die Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, die zwischen den Verarbeitern und Deltafina ausgehandelt worden sein, als „einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung“ anzusehen seien. 267    Der dritte Teil des vierten Klagegrundes ist daher als unbegründet zurückzuweisen. –       Zum vierten Teil: fehlerhafte Einstufung von Deltafina als Hauptkäufer von verarbeitetem Tabak in Spanien 268    Entgegen dem Vorbringen von Deltafina ist die Kommission fehlerfrei davon ausgegangen, dass dieses Unternehmen eine führende Rolle auf dem Einkaufsmarkt für verarbeiteten spanischen Tabak eingenommen habe. 269    Als Erstes wird diese Beurteilung der Kommission durch die Angaben in dem Bericht des Ökonomen von Deltafina keineswegs bestritten. Hierzu ist zunächst festzustellen, dass Cetarsa in Tabelle 5 dieses Berichts unter den Unternehmen genannt wird, die spanischen verarbeiteten Tabak ankaufen, obwohl es sich um ein Erstverarbeitungsunternehmen handelt, das keinen verarbeiteten Tabak bei Dritten kauft. Wie Deltafina in ihrer Antwort auf eine der schriftlichen Fragen, die ihr das Gericht gestellt hat, erklärt hat, beziehen sich die Angaben in dieser Tabelle jedoch auf die Verkäufe von spanischem verarbeitetem Tabak an die Zigarettenhersteller. Sodann ist festzustellen, dass auch unter Berücksichtigung der Daten, die der Ökonom von Deltafina vorgelegt hat, diese und nicht Cetarsa in den Jahren 2000 und 2001 der Hauptverkäufer von spanischem verarbeitetem Tabak war. So hielt Deltafina in diesen Jahren Anteile von 31,6 % und 28,7 % des Verkaufsmarkts für spanischen verarbeiteten Tabak, während die Marktanteile von Cetarsa 26,7 % und 27,6 % betrugen. 270    Als Zweites kann nicht in Abrede gestellt werden, dass Deltafina der Hauptkunde von drei der vier spanischen Verarbeiter war. So ist zunächst zwischen den Parteien unstreitig, das Taes den größten Teil seiner Erzeugung an Deltafina verkaufte. Wie sodann aus dem 21. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und Tabelle 7 des Berichts des Ökonomen von Deltafina hervorgeht, war diese in den Jahren 1996 bis 1998 bei weitem größter Kunde von Agroexpansión. Im Übrigen hat Cetarsa in ihrer Antwort vom 15. März 2002 auf ein Auskunftsersuchen der Kommission als ihre Hauptkunden, in der Reihenfolge ihrer Bedeutung, Deltafina, Altadis und Dimon genannt. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass Deltafina derselben Tabelle zufolge in den Jahren 1999 und 2000 Kunde von vier spanischen Verarbeitern war. 271    Als Drittes ist auch darauf hinzuweisen, dass Deltafina außer den vorstehend aufgeführten Handelsbeziehungen weitere Handelsbeziehungen mit bestimmten Verarbeitern unterhielt. Wie aus dem 29. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, dessen Richtigkeit Deltafina nicht in Frage stellt, hatte sie mit Cetarsa, die überschüssige Verarbeitungskapazitäten besaß, für einen Teil des Tabaks von Taes und Agroexpansión Verträge über das Behandeln und Dreschen abgeschlossen. 272    Die vorstehenden Ausführungen zeigen rechtlich hinreichend, dass, wie die Kommission im 417. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung feststellt, Deltafina mehr als jeder andere in der Lage war, das Verhalten der spanischen Verarbeiter zu beeinflussen. 273    Daher ist der vierte Teil des vierten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen. –       Zum fünften Teil: unzureichende Begründung der Folgerungen, die aus der durch den gesetzlichen Rahmen in Spanien und die Haltung der spanischen Behörden hervorgerufenen Unsicherheit für die Bemessung der Geldbuße zu ziehen seien 274    Entgegen dem Vorbringen von Deltafina erläutert die Kommission in der angefochtenen Entscheidung sehr genau, aus welchen Gründen es angesichts der durch den Rechtsrahmen in Spanien und die Haltung der spanischen Behörden hervorgerufenen Unsicherheit bei der Verhandlung über Standardvereinbarungen nur im Fall der Erzeugervertreter gerechtfertigt sei, eine symbolische Geldbuße zu verhängen. 275    Hierzu ist als Erstes darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Entscheidung, wie in den Erwägungsgründen 275 bis 277 der angefochtenen Entscheidung zusammengefasst und bereits vorstehend in den Randnrn. 15 bis 21 und 107 dargelegt, zwei horizontale Kartelle betrifft, von denen das erste die spanischen Verarbeiter und Deltafina und das zweite die Erzeugervertreter betrifft. Aus diesen Erwägungsgründen folgt auch, dass die Kartelle jeweils durch eine Reihe von Vereinbarungen und/oder abgestimmten Handelspraktiken gekennzeichnet sind und eine einzige und fortgesetzte Verletzung von Art. 81 Abs. 1 EG darstellen. 276    Aus der angefochtenen Entscheidung geht ebenfalls eindeutig hervor, dass das Verarbeiterkartell zwei Bereiche umfasse: –        Zum einen haben die Verarbeiter und Deltafina zwischen 1996 und 2001 unter der Hand Vereinbarungen geschlossen und/oder an aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen teilgenommen, um jedes Jahr den (maximalen) durchschnittlichen Lieferpreis für die einzelnen Rohtabaksorten (alle Qualitäten) festzulegen und die Tabakmengen aufzuteilen, die von jedem Verarbeiter gekauft werden könnten (vgl. u. a. die Zusammenfassung in den Erwägungsgründen 276 und 278 der angefochtenen Entscheidung und zur Einstufung dieses Teils des Kartells als „geheim“ die Erwägungsgründe 411, 413, 438 und 454 der angefochtenen Entscheidung). –        Zum anderen haben die Verarbeiter und Deltafina zwischen 1999 und 2001 auch Vereinbarungen geschlossen und/oder an aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen teilgenommen, um die Preisklassen für jede Qualitätsstufe der einzelnen Rohtabaksorten und zusätzliche Bedingungen festzulegen, die sie den Erzeugervertretern bei den gemeinsamen Verhandlung zwischen diesen beiden Sektoren vorgeschlagen haben (vgl. u. a. die Zusammenfassung in den Erwägungsgründen 276 und 280 der angefochtenen Entscheidung). 277    Was das Kartell der Erzeugervertreter anbelangt, wird in der angefochtenen Entscheidung klar dargelegt, dass sich dieses durch eine Reihe von Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen im Zeitraum zwischen 1996 und 2001 auszeichnet, die im Wesentlichen darauf abzielen, jährlich die Preisklassen für jede Qualitätsstufe der einzelnen Rohtabaksorten und zusätzliche Bedingungen festzulegen, die die Erzeugervertreter sodann den Verarbeitern bei den gemeinsamen Verhandlungen zwischen den beiden Sektoren vorschlagen (vgl. u. a. die Zusammenfassung in den Erwägungsgründen 277 und 318 der angefochtenen Entscheidung). 278    Aus der angefochtenen Entscheidung geht, mit anderen Worten, klar hervor, dass das Verarbeiterkartell sehr viel umfassender war als das Kartell der Erzeugervertreter, da es einen geheimen Teil umfasste, der unabhängig von den gemeinsamen Verhandlungen zwischen den beiden Sektoren zustande gekommen ist. 279    Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung im Zusammenhang mit der Festsetzung der Geldbuße die Auswirkungen prüft, die der gesetzliche Rahmen in Spanien und die Haltung der spanischen Behörden auf das Verhalten der verschiedenen Adressaten hatte, und dies genau begründet. 280    So prüft die Kommission erstens das Kartell der Erzeugervertreter (Erwägungsgründe 425 bis 430 der angefochtenen Entscheidung). 281    Hierzu weist die Kommission zunächst unter Berufung auf die Erwägungsgründe 350 ff. der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass die anwendbaren nationalen Regeln die spanischen Erzeugervertreter und Verarbeiter nicht verpflichteten, eine Vereinbarung über die Preisklassen und die zusätzlichen Bedingungen zu treffen. Auch wenn diese Regeln zwischen 1982 und 2000 vorgesehen hätten, dass eine Genehmigung der Standardvereinbarungen durch das Ministerium für Landwirtschaft voraussetze, dass sie eine Klausel zum „garantierten Mindestpreis“ und „dem Preis, den der Erzeuger für das Rohmaterial erhalten muss“, enthielten, verpflichteten sie jedoch die Parteien, die diese Standardvereinbarungen verhandelten, nicht zu einer Einigung über „die tatsächlichen Beträge, die in die Preisklauseln … einzufügen waren“. Im Übrigen habe das Ministerium für Landwirtschaft zwischen 1995 und 1998 Standardverträge mit einer Preisklausel ohne konkrete Zahlen genehmigt (426. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 282    Sodann führt die Kommission im 427. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung bestimmte Gesichtspunkte an, aufgrund deren sie im folgenden Erwägungsgrund gleichwohl davon ausgeht, dass „der Rechtsrahmen für die gemeinsamen Verhandlungen über Standardvereinbarungen zu erheblicher Unsicherheit im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Handelns von Erzeugervertretern und [Verarbeitern] bei ihren gemeinsamen Verhandlungen über Standardvereinbarungen führen kann“. Es handelt sich dabei um folgende Gesichtspunkte: –        Den zwischen 1995 und 1998 geschlossenen und vom Ministerium für Landwirtschaft genehmigten Standardverträgen zufolge handelten sämtliche Erzeugervertreter gemeinsam die Preislisten und die zusätzlichen Bedingungen mit jedem einzelnen Verarbeiter aus. –        Im Jahr 1999 habe das Ministerium für Landwirtschaft sogar die Preistabellen genehmigt, die bereits von allen Erzeugervertretern und den vier Verarbeitern gemeinsam ausgehandelt worden seien. –        Diese Preisklassen seien in die Anhänge des in jenem Jahr im Boletín Oficial del Estado veröffentlichten Standardvertrags eingefügt worden. –        In den Jahren 2000 und 2001 habe das Ministerium für Landwirtschaft die Vertreter der beiden Sektoren zu einer Reihe von Treffen eingeladen, die teilweise im Ministerium selbst stattgefunden hätten und in deren Rahmen eine Einigung über die Preisklassen habe erzielt werden sollen, und die Parteien auf diese Weise ermuntert, ihre gemeinsamen Verhandlungen über diese Preisklassen fortzuführen. 283    Im 429. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung heißt es, dass Verhandlungen über Standardverträge und deren Ergebnisse grundsätzlich allgemein zugänglich waren und dass vor Beginn dieses Verfahrens keine Behörde ihre Rechtmäßigkeit gemäß spanischem Recht oder Gemeinschaftsrecht in Frage gestellt habe. 284    Aus dem 430. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geht schließlich hervor, dass die Kommission aufgrund der vorstehend in den Randnrn. 282 und 283 aufgeführten Gesichtspunkte gegen die Erzeugervertreter nur eine symbolische Geldbuße von 1 000 Euro festsetzte. 285    Was zweitens das Verarbeiterkartell anbelangt, äußert sich die Kommission in den Erwägungsgründen 437 und 438 der angefochtenen Entscheidung zum Einfluss des Rechtsrahmens in Spanien und zur Haltung der spanischen Behörden. 286    Hierbei unterscheidet sie zwischen dem Teil dieses Kartells, das sich auf die „öffentliche“ Verhandlung und die Abschlüsse von Standardverträgen mit den Erzeugervertretern bezieht – vor allem die Aushandlung von Preisklassen und zusätzlichen Bedingungen –, und dem „geheimen“ Teil dieses Kartells. 287    So gelten zum einen dem 437. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zufolge die Feststellungen der Kommission in den Erwägungsgründen 427 bis 429 der angefochtenen Entscheidung zum Verhalten der Erzeugervertreter (siehe oben, Randnrn. 282 und 283) auch für den ersten dieser beiden Teile des Verarbeiterkartells. 288    Was zum anderen den „geheimen“ Teil dieses Kartells anbelangt, stellt die Kommission im 438. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest, dass das Verhalten der Verarbeiter „weit über den geltenden Rechtsrahmen hinausging und auch nicht durch die öffentlichen Verhandlungen und Vereinbarungen mit den Erzeugervertretern zu rechtfertigen ist“. Im selben Erwägungsgrund räumt sie jedoch ein, dass „die öffentlichen Verhandlungen zwischen Erzeugervertretern und [Verarbeitern] zumindest bis zu einem gewissen Grad den materiellen Rahmen insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit zu Verhandlungen untereinander sowie zur Annahme einer gemeinsamen Position bestimmten. In diesem Rahmen konnten die [Verarbeiter] abgesehen von ihrer gemeinsamen Position bei den öffentlichen Verhandlungen ihre geheime Strategie für durchschnittliche Lieferhöchstpreise und Mengen verfolgen.“ 289    Wie aus dem letzten Satz des 438. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, hat die Kommission in Anbetracht der vorstehend in den Randnrn. 287 und 288 erwähnten Gesichtspunkte entschieden, den Grundbetrag der gegen die Verarbeiter und Deltafina festgesetzten Geldbuße aufgrund der mildernden Umstände um 40 % zu senken. 290    Nach alledem ist der fünfte Teil des vierten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen. –       Zum sechsten Teil: Nichtberücksichtigung der Tatsache, dass Deltafina an den Verhandlungen zwischen den spanischen Verarbeitern und den Erzeugervertretern nicht teilgenommen habe 291    Der sechste Teil des vierten Klagegrundes geht in tatsächlicher Hinsicht fehl, da die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht festgestellt hat, dass die „vertikalen“ Absprachen und Vereinbarungen zwischen den spanischen Verarbeitern einerseits und den Erzeugervertretern andererseits gegen Art. 81 EG verstoßen haben. Daher kann der Umstand, dass Deltafina an diesen Absprachen und Vereinbarungen nicht teilgenommen hat, weder irgendeinen Einfluss auf die Beurteilung der Schwere der ihr vorgeworfenen Verletzung noch folglich auf die Höhe des Ausgangsbetrags der in ihrem Fall verhängten Geldbuße haben. –       Zum siebten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, soweit die Kommission von ihrer früheren Verwaltungspraxis abgerückt sei 292    Da die frühere Entscheidungspraxis der Kommission nicht selbst den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bildet (Urteil LR AF 1998/Kommission, oben in Randnr. 101 angeführt, Randnr. 234), greift der siebte Teil des vierten Klagegrundes nicht durch. –       Ergebnis in Bezug auf den vierten Klagegrund 293    Nach alledem ist der vierte Klagegrund in vollem Umfang zurückzuweisen. Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, Nr. 1 Teil B der Leitlinien und den Grundsatz der Gleichbehandlung Zusammenfassung der angefochtenen Entscheidung 294    In den Erwägungsgründen 432 und 433 der angefochtenen Entscheidung prüft die Kommission die Frage nach der Dauer der den Verarbeitern und Deltafina vorgeworfenen Zuwiderhandlung. 295    Zunächst weist die Kommission unter Hinweis auf den 92. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass die restriktive Praktik der Verarbeiter am 13. März 1996 begonnen habe (432. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 296    Sodann führt sie aus, diese Praktik habe den Erklärungen der Verarbeiter zufolge am 3. Oktober 2001 geendet. Da sich jedoch die „jüngsten ihr vorliegenden Beweise“ auf ein im 260. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung erwähntes Treffen am 10. August 2001 bezögen, bestimmt sie dieses Datum als das Ende der Zuwiderhandlung (432. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 297    Dementsprechend legt die Kommission die Dauer der Zuwiderhandlung auf fünf Jahre und vier Monate fest, was einer Zuwiderhandlung über einen langen Zeitraum entspricht. Sie erhöht daher im 433. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung den Ausgangsbetrag der Geldbußen gegen die spanischen Verarbeiter und Deltafina um 50 %. Vorbringen der Parteien 298    Im Rahmen ihres fünften Klagegrundes, der hilfsweise vorgebracht wird, trägt Deltafina vor, die Kommission fasse in den Erwägungsgründen 432 und 433 der angefochtenen Entscheidung einfach alle Verhaltensweisen − die den Verarbeitern vorgeworfenen „tatsächlichen“ und die Deltafina vorgeworfenen „virtuellen“ Praktiken − zusammen, lege die Dauer der Zuwiderhandlung auf „länger als fünf Jahre und vier Monate“ fest, halte diese Zuwiderhandlung in Bezug auf sämtliche Parteien für eine Verletzung über einen langen Zeitraum und erhöhe den Ausgangsbetrag der Geldbuße gegen jede dieser Parteien um 50 %. Nach Auffassung der Klägerin hätte die Kommission zumindest, soweit sie ihr eine „Mitverantwortung für Vorsatz, die nicht in Tatsachen oder spezifischen Verhaltensweisen verankert [sei]“, auferlegt habe, den „Ausgangstag“ der Zuwiderhandlung genau bestimmen, d. h. „angeben [müssen], wo und wann der Wille von Deltafina eingesetzt habe, von außen zu der Zuwiderhandlung der vier spanischen Verarbeiter beizutragen, indem sie Einfluss auf deren Verhalten nahm oder es bestimmte“. 299    Deltafina beantragt daher, die Geldbuße unter Berücksichtigung der Tatsache herabzusetzen, dass die Zuwiderhandlung nur von mittlerer Dauer gewesen sein könne. 300    Die Kommission hält dem entgegen, der Ausgangspunkt des Verarbeiterkartells müsse auf den 13. März 1996, das Datum des ersten Treffens, gelegt werden. Würdigung durch das Gericht 301    Im 432. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission als Ausgangspunkt des Verarbeiterkartells ausdrücklich den 13. März 1996 bestimmt. 302    Wie aus dem 92. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, auf den der 432. Erwägungsgrund verweist, entspricht dieses Datum dem Zeitpunkt, zu dem – den Erklärungen von Taes, WWTE und Agroexpansión zufolge – Deltafina und die spanischen Verarbeiter zu einem ersten Treffen zusammenkamen, um Preise und Einkaufsmengen von Rohtabak für das Wirtschaftsjahr 1996/1997 zu erörtern. 303    Die Kommission konnte dieses Datum in Bezug auf Deltafina umso eher als Ausgangspunkt für die Zuwiderhandlung betrachten, als diese, wie bereits vorstehend in Randnr. 125 ausgeführt, bei dem fraglichen Treffen sowohl durch ihren Präsidenten, Herrn M., als auch durch ihren Verkaufsdirektor, Herrn C., vertreten war. 304    Zudem beruht das Vorbringen von Deltafina auf der unrichtigen Prämisse, dass sie das Verarbeiterkartell lediglich von außen unterstützt habe (siehe oben, Randnrn. 122 bis 133). 305    Da Deltafina die Auffassung der Kommission, die Zuwiderhandlung sei am 10. August 2001 beendet worden, nicht in Frage stellt, hat die Kommission zu Recht die Dauer dieser Zuwiderhandlung auf mehr als fünf Jahre und vier Monate – das entspricht einer Zuwiderhandlung von langer Dauer im Sinne der Leitlinien – festgelegt und daher den Ausgangsbetrag der gegen Deltafina verhängten Geldbuße um 50 % erhöht. 306    Der fünfte Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen. Zum sechsten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 2 der Leitlinien sowie unzureichende Begründung Zusammenfassung der angefochtenen Entscheidung 307    Aus dem 436. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass der Betrag der gegen Deltafina verhängten Geldbuße aufgrund erschwerender Umstände erhöht worden ist, da das Unternehmen eine führende Rolle im Verarbeiterkartell eingenommen hat. 308    Hierzu führt die Kommission im 435. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung aus: „Aus den in Erwägungsgrund (361) [der angefochtenen Entscheidung] dargestellten Tatsachen geht hervor, dass Deltafina beim Entwurf und bei der Umsetzung der Vereinbarungen über durchschnittliche Lieferhöchstpreise und Mengen zwischen den [Verarbeitern] nach 1996 eine Schlüsselrolle gespielt hat. Deltafina (vertreten durch ihren Vorsitzenden) veranlasste die spanischen [Verarbeiter] zur Koordinierung ihrer Einkaufsstrategien und fungierte als Bewahrungsstelle und Schiedsstelle für die wettbewerbswidrigen Vereinbarungen der [Verarbeiter], insbesondere zu Beginn des wettbewerbswidrigen Verhaltens.“ 309    Im 436. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fügt die Kommission hinzu, dass „[d]ie führende Rolle von Deltafina im Kartell der [Verarbeiter] außerdem durch die Erwiderung von Agroexpansión und WWTE auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte sowie durch die sich anschließenden … Anhörungen untermauert“ werde. Vorbringen der Parteien 310    Mit dem sechsten Klagegrund, der hilfsweise vorgebracht wird, macht Deltafina geltend, da die Kommission ihre führende Rolle als erschwerend ansehe, sei die angefochtene Entscheidung in zweierlei Hinsicht fehlerhaft. 311    Erstens sei die angefochtene Entscheidung mit einem Begründungsfehler behaftet, sofern sich die Kommission im 435. Erwägungsgrund dieser Entscheidung darauf beschränke, vage auf die „in Erwägungsgrund (361) dargestellten Tatsachen“ zu verweisen. 312    Hierzu führt Deltafina aus, diese Tatsachen beschränkten sich auf die Teilnahme an Zusammenkünften, Vorschläge, die Entgegennahme von Informationen, die Aufbewahrung eines Schriftstücks, das Versenden von Schreiben, die Vermittlung bei Streitigkeiten und die Teilnahme an Diskussionen, d. h. auf „passive, externe und auf eine bloße Anwesenheit beschränkte Verhaltensweisen oder vielmehr solche, die mittelbar die Tätigkeiten der spanischen Verarbeiter als den tatsächlichen Protagonisten des Kartells unterstützten“. Sie bewiesen nicht, dass sie in dem Kartell die Anführerrolle eingenommen habe. 313    Zweitens weist Deltafina darauf hin, dass die Kommission sich, um ihr eine solche Rolle zuzuschreiben, auf bestimmte Teile der Erwiderungen von Agroexpansión und WWTE auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte gestützt habe. Sie wirft der Kommission wiederum vor, es abgelehnt zu haben, ihr Zugang zu diesen Stellungnahmen zu gewähren, und damit ihre Verteidigungsrechte nachhaltig verletzt zu haben. 314    Aus diesen verschiedenen Gesichtspunkten beantragt Deltafina, die Geldbuße herabzusetzen, indem aus deren Berechnung die von der Kommission aufgrund erschwerender Umstände vorgenommene Erhöhung um 50 % ausgenommen werde. 315    Die Kommission beantragt, diesen sechsten Klagegrund zurückzuweisen. 316    Erstens gebe sie in der angefochtenen Entscheidung hinreichend deutlich und genau an, aus welchen Gründen sie von einer führenden Rolle von Deltafina in dem Kartell ausgehe. Sie beruft sich u. a. auf den 435. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, der auf den Sachverhalt in den Erwägungsgründen 361 bis 369 dieser Entscheidung verweist. 317    Dieser Sachverhalt belege deutlich die Deltafina zugeschriebene Rolle als Anführer des Kartells. 318    Unter Verweis auf die vorstehend in Randnr. 147 wiedergegebenen Erwägungen tritt die Kommission zweitens dem Vorbringen entgegen, die Verteidigungsrechte von Deltafina dadurch verletzt zu haben, dass sie ihr keinen Zugang zu der Erwiderung von Agroexpansión und WWTE auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte gewährt habe. Würdigung durch das Gericht 319    Was als Erstes die Behauptung der unzureichenden Begründung anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Begründung einer Einzelfallentscheidung die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, weil die Frage, ob sie den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand des Wortlauts des fraglichen Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand des Zusammenhangs, in dem dieser Rechtsakt erlassen wurde, sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). 320    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission im 435. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung die Gründe hinreichend genau angegeben hat, auf die sie die Einstufung von Deltafina als Anführer des Verarbeiterkartells gestützt hat. So hat sie in diesem Erwägungsgrund nicht nur die Verhaltensweisen von Deltafina, die ihrer Ansicht nach eine solche Einstufung rechtfertigen, klar bezeichnet, sondern auch ausdrücklich auf den in den Erwägungsgründen 361 ff. der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Sachverhalt verwiesen, die ihrerseits auf weitere Erwägungsgründe verweisen. 321    Außerdem hat die Kommission im 436. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgestellt, Agroexpansión und WWTE hätten in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der Anhörung die führende Rolle von Deltafina in dem Verarbeiterkartell bestätigt. 322    Daher ist die Rüge einer unzureichenden Begründung als unbegründet zurückzuweisen. 323    Als Zweites ist die von Deltafina im Rahmen des ersten Teils des zweiten Klagegrundes vorgebrachte Rüge (siehe oben, Randnrn. 104 und 105) zu prüfen, die Kommission habe in der Mitteilung der Beschwerdepunkte den Umstand nicht erwähnt, dass sie als Anführer des Verarbeiterkartells angesehen werden könnte, und damit ihre Verteidigungsrechte verletzt. 324    Hierzu ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Kommission ihre Verpflichtung zur Wahrung des Anhörungsrechts der Unternehmen erfüllt, wenn sie in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich darauf hinweist, dass sie prüfen werde, ob gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen festzusetzen seien, und die für die etwaige Festsetzung einer Geldbuße wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte wie die Schwere und Dauer der vermuteten Zuwiderhandlung anführt sowie darlegt, ob diese „vorsätzlich oder fahrlässig“ begangen worden sei. Damit macht sie die Angaben, die für eine Verteidigung nicht nur gegen die Feststellung einer Zuwiderhandlung, sondern auch gegen die Festsetzung einer Geldbuße erforderlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 228 angeführt, Randnr. 428, und vom 18. Dezember 2008, Coop de France bétail et viande u. a./Kommission, C‑101/07 P und C‑110/07 P, Slg. 2008, I‑10193, Randnr. 49). 325    Im Übrigen geht aus der Rechtsprechung hervor, dass eine Verpflichtung der Kommission, den beschuldigten Unternehmen zum Zeitpunkt der Mitteilung der Beschwerdepunkte konkrete Angaben zur Höhe der in Aussicht genommenen Geldbußen zu machen, darauf hinausliefe, von ihr eine nicht sachgerechte Vorwegnahme der endgültigen Entscheidung zu verlangen (vgl. in diesem Sinne Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 120 angeführt, Randnr. 21). 326    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission gemäß der erwähnten Rechtsprechung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte die für die etwaige Festsetzung einer Geldbuße gegen Deltafina wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte angeführt hat. So hat sie in Nr. 459 dieser Mitteilung u. a. darauf hingewiesen, dass sie zur Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlungen der Tatsache Rechnung tragen wollte, dass Vereinbarungen zur Festlegung von Preisen und Mengen zu den schwerwiegendsten Wettbewerbsverstößen gehörten. In Nr. 460 der Mitteilung der Beschwerdepunkte hat sie zu der Zuwiderhandlung, die den Verarbeitern vorgeworfen wird, angeführt, diese habe am 13. März 1996 begonnen und deren Erklärungen zufolge am 3. Oktober 2001 geendet. Das letzte ihr zur Verfügung stehende Beweismittel beziehe sich jedoch auf ein Treffen vom 10. August 2001. Die Kommission hat schließlich in Nr. 461 der Mitteilung der Beschwerdepunkte darauf hingewiesen, dass sie sämtliche in dieser Mitteilung beschriebenen Umstände des Falles berücksichtigt habe, insbesondere die Rolle, die jeder einzelne Adressat dieser Mitteilung gespielt habe, den Einfluss, den die spanische Regelung auf dem Gebiet der landwirtschaftlichen Erzeugnisse auf das Verhalten dieser Adressaten haben könne, und die Zusammenarbeit der Verarbeiter und ihrer Vereinigung gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit. 327    Allerdings hat die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht angegeben, dass Deltafina wahrscheinlich als Anführer eingestuft würde. Diese Einstufung führt jedoch zu erheblichen Auswirkungen auf die Höhe der gegen das fragliche Unternehmen zu verhängenden Geldbuße. So handelt es sich gemäß Nr. 2 der Leitlinien um einen erschwerenden Umstand, der zu einer nicht unerheblichen Steigerung des Grundbetrags der Beihilfe führt. Außerdem schließt eine solche Einstufung gemäß Abschnitt B Buchst. e der Mitteilung über Zusammenarbeit eine wesentliche Herabsetzung der Geldbuße von vornherein aus, selbst wenn das als Anführer eingestufte Unternehmen alle Bedingungen für eine solche Herabsetzung erfüllt. Daher obliegt es der Kommission, in der Mitteilung der Beschwerdepunkte die aus ihrer Sicht einschlägigen Gesichtspunkte anzuführen, um dem Unternehmen, das als Anführer eines Kartells eingestuft werden kann, Gelegenheit zu geben, sich zu einer solchen Rüge zu äußern. Da eine solche Mitteilung nur ein Schritt im Verfahren zur Annahme der endgültigen Entscheidung ist und daher keine endgültige Stellungnahme der Kommission darstellt, kann nicht verlangt werden, dass diese in diesem Stadium bereits eine rechtliche Bewertung der Kriterien vornimmt, auf die sie sich in ihrer endgültigen Entscheidung über die Einstufung eines Unternehmens als Anführer des Kartells stützen wird. 328    Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den Sachverhaltskriterien, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zur Einstufung von Deltafina als Anführer des Verarbeiterkartells vorgebracht hat, ihren eigenen Erklärungen zufolge um die im 435. Erwägungsgrund dieser Entscheidung zusammengefassten Umstände. Was die Angaben im ersten Satz des 436. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung anbelangt (siehe oben, Randnr. 321), nimmt das Gericht die Erklärung der Kommission zur Kenntnis, dass WWTE und Agroexpansión in ihren Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der Anhörung lediglich die vorstehend erwähnten Umstände bestätigt und in tatsächlicher Hinsicht nichts vorgetragen hätten, was Deltafina nicht bereits in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zur Kenntnis gebracht worden sei (siehe oben, Randnrn. 147 und 316 bis 318). Unter diesen Umständen ist unabhängig davon, ob diese Umstände, auf die die Kommission sich ihrem Vortrag zufolge gestützt hat, als Nachweis dafür ausreichen, dass Deltafina Anführer des Verarbeiterkartells gewesen ist, davon auszugehen, dass die Kommission deren Verteidigungsrechte nicht dadurch verletzt hat, dass sie es ablehnte, ihr vor der Annahme der angefochtenen Entscheidung Zugang zu den Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte zu gewähren. 329    Im Übrigen ist festzustellen, dass die Tatsachen, von denen die Kommission somit in der angefochtenen Entscheidung für die Einstufung von Deltafina als Anführer des Verarbeiterkartells ausgegangen ist, in der Mitteilung der Beschwerdepunkte bereits aufgeführt worden sind, so dass Deltafina sich dazu vor der Annahme dieser Entscheidung wirksam äußern konnte. So waren die im 435. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genannten Tatsachen schon in den Nrn. 416 bis 420 der Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten. 330    Daher hat die Kommission die Verteidigungsrechte von Deltafina nicht verletzt, indem sie es unterlassen hat, in der Mitteilung der Beschwerdepunkte anzugeben, dass diese als Anführer des Verarbeiterkartells angesehen werden könnte. 331    Drittens ist zu prüfen, ob die Tatsachen, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, um Deltafina als Anführer des Verarbeiterkartells einzustufen, eine solche Einstufung zuließen. Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes (siehe oben, Randnr. 312) sowie im Rahmen des dritten Teils des ersten Klagegrundes (siehe oben, Randnr. 73) und des ersten Teils des zweiten Klagegrundes (siehe oben, Randnr. 105) rügt Deltafina, die Kommission habe nicht dargetan, dass sie in dem Verarbeiterkartell eine solche Rolle eingenommen habe. 332    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass das fragliche Unternehmen, um als Anführer angesehen zu werden, eine wichtige Antriebskraft für das Kartell gewesen sein (Urteile des Gerichts vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, Slg. 2006, II‑497, Randnr. 374, und vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, T‑410/03, Slg. 2008, II‑881, Randnr. 423) und eine besondere und konkrete Verantwortung für dessen Funktionieren tragen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil BASF/Kommission, Randnrn. 300 und 375). 333    Auch wenn mit den von der Kommission im 435. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführten Umständen dargetan wird, dass Deltafina eine aktive und unmittelbare Rolle im Verarbeiterkartell gespielt hat, sind sie jedoch kein ausreichender Nachweis dafür, dass diese Gesellschaft eine bedeutende Antriebskraft für dieses Kartell darstellte oder ihre Rolle wichtiger war als die aller anderen spanischen Verarbeiter. Vor allem ist darauf hinzuweisen, dass Deltafina, selbst wenn die Kommission ihr aus den vorstehend in den Randnrn. 122 bis 133 erwähnten Gründen zu Recht die gesamte Zuwiderhandlung zugerechnet hat, doch im Lauf eines Zuwiderhandlungszeitraums von mehr als fünf Jahren nur an einer sehr begrenzten Anzahl von Treffen des Verarbeiterkartells – d. h. höchstens an vier von fast dreißig Treffen – teilgenommen hat, bei denen die rechtswidrigen Abkommen geschlossen wurden, und dass sie nur in verhältnismäßig beschränktem Umfang an dem Schriftwechsel und Informationsaustausch zwischen den Mitgliedern dieses Kartells beteiligt war. 334    Im Übrigen weist nichts in den Akten darauf hin, dass Deltafina irgendeine Initiative ergriffen hätte, um dieses Kartell zu errichten oder irgendeinen der spanischen Verarbeiter zu einem Beitritt zu bewegen. Insbesondere ist die Behauptung der Kommission im 435. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, wonach Deltafina „die spanischen [Verarbeiter] zur Koordinierung ihrer Einkaufsstrategien [veranlasste],“ nicht hinreichend dargetan. Der schlichte Umstand, dass WWTE in ihrem Fax vom 9. Juli 1997 (siehe oben, Randnr. 127) erwähnt, dass der Vorsitzende von Deltafina wiederholt festgestellt habe, dass „eine Vereinbarung über die Preise ohne Vereinbarung über die Mengen nicht möglich ist“, kann für die Untermauerung dieser Behauptung nicht ausreichen. Dies gilt umso mehr, als sich diesem Fax vielmehr entnehmen lässt, dass WWTE selbst wünschte, dass ein Abkommen über die Mengen geschlossen werde, wobei sie sogar die Notwendigkeit hervorhob, dass es eine Laufzeit von fünf oder zumindest drei Jahren haben müsse. Hierzu weist WWTE in dem im 143. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung erwähnten Fax vom 6. November 1997 an den Vorsitzenden von Deltafina darauf hin, dass sie versuche, „alles [daranzusetzen], eine Vereinbarung über Mengen zu schließen“, indem sie auf dem folgenden Treffen des Verarbeiterkartells „die Absicherung [der] Vereinbarungen durch Hinterlegung großer Geldbeträge“ vorschlagen würde. 335    Es weist auch nichts in den Akten darauf hin, dass Deltafina die Tätigkeiten übernommen hat, die normalerweise mit der Rolle des Anführers eines Kartells verbunden sind, wie beispielsweise den Vorsitz bei den Treffen oder die Zentralisierung und Verteilung bestimmter Informationen. Zwar hat Deltafina über einen kurzen Zeitraum einen Vermerk verwahrt, der Einzelheiten zu bestimmten rechtswidrigen Vereinbarungen enthielt, doch handelt es sich dabei nur um einen Einzelfall. Ebenso waren, auch wenn aus den Akten hervorgeht, dass Deltafina als Vermittler bei Streitigkeiten zwischen den Verarbeitern tätig war, solche Eingriffe eher selten und beschränkten sich auf die ersten beiden Jahre des Verarbeiterkartells. Im Übrigen waren sie nicht mit einer konkreten Drohung oder einer disziplinierenden Maßnahme verbunden. 336    Der sechste Klagegrund greift also teilweise durch, so dass die angefochtene Entscheidung abzuändern ist, sofern Deltafina darin die Anführerrolle als erschwerender Umstand unterstellt wird. Die konkreten Auswirkungen dieser Abänderung werden nachfolgend in den Randnrn. 437 bis 439 im Einzelnen dargestellt. Zum siebten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 3 der Leitlinien Vorbringen der Parteien 337    Deltafina rügt, die Kommission habe im vorliegenden Fall die mildernden Umstände, die in Nr. 3 zweiter und dritter Gedankenstrich der Leitlinien angesprochen seien – „tatsächliche Nichtanwendung der Vereinbarungen über Verstöße“ und die „Beendigung der Verstöße nach dem ersten Eingreifen der Kommission“ –, nicht berücksichtigt. 338    So macht Deltafina als Erstes geltend, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nachdrücklich eine „zumindest teilweise“ Nichtbeachtung von Vereinbarungen und Verletzungen in den Jahren 1996 (Erwägungsgründe 85, 88 und 111 der angefochtenen Entscheidung), 1997 (Erwägungsgründe 113, 122, 126, 130 und 133 der angefochtenen Entscheidung), 1998 (Erwägungsgründe 144 und 175 der angefochtenen Entscheidung), 1999 (Erwägungsgrund 186 der angefochtenen Entscheidung), 2000 (Erwägungsgründe 206, 229, 231 bis 233 und 235 der angefochtenen Entscheidung) und 2001 (Erwägungsgründe 239, 244 und 255 bis 257 der angefochtenen Entscheidung) feststellt. Sie bezieht sich auch auf bestimmte Passagen der Erwägungsgründe 295, 307 und 319 der angefochtenen Entscheidung. 339    In diesem Zusammenhang weist Deltafina darauf hin, dass das Gericht in seinem Urteil vom 9. Juli 2003, Cheil Jedang/Kommission (T‑220/00, Slg. 2003, II‑2473), festgestellt habe, dass die Leitlinien, „nunmehr ausdrücklich die Berücksichtigung der tatsächlichen Nichtanwendung einer Vereinbarung über einen Verstoß als mildernden Umstand vorsehen“ (Randnr. 191), dass Nr. 3 zweiter Gedankenstrich der Leitlinien nicht nur den Fall betreffe, „dass eine Absprache unabhängig vom individuellen Verhalten des jeweiligen Unternehmens insgesamt nicht durchgeführt werde“ (Randnr. 188), und dass „entsprechend dem Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen die relative Schwere des Tatbeitrags des Unternehmens zu prüfen ist“ (Randnr. 189). 340    Deltafina rügt als Zweites, die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass die ihr vorgeworfene Verletzung am 10. August 2001, d. h. vor dem Zeitpunkt ihres ersten Eingreifens, beendet worden sei. 341    Nach alledem beantragt Deltafina die Herabsetzung ihrer Geldbuße. 342    Die Kommission beantragt die Zurückweisung des siebten Klagegrundes. 343    Als Erstes macht sie geltend, sie sei nicht gehalten gewesen, im vorliegenden Fall den mildernden Umstand gemäß Nr. 3 zweiter Gedankenstrich der Leitlinien zu berücksichtigen. 344    Die Tatsache, dass das Kartell vor 1998 nicht in vollem Umfang beachtet worden sei, sei bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt worden, da der Ausgangsbetrag der Geldbuße ungeachtet der besonderen Schwere dieser Zuwiderhandlung auf 8 000 000 Euro statt auf 20 000 000 Euro festgesetzt worden sei. 345    Ferner sieht sie ihre Auffassung durch die Randnrn. 189 und 192 des Urteils Cheil Jedang/Kommission, oben in Randnr. 339 angeführt, sowie durch die Randnrn. 276 und 277 des Urteils des Gerichts vom 8. Juli 2004, Mannesmannröhren-Werke/Kommission (T‑44/00, Slg. 2004, II‑2223, Randnrn. 276 und 277), bestätigt. Deltafina habe sich nicht nur niemals eindeutig und nachdrücklich gegen die Durchführung des Kartells mit den Verarbeitern gewandt, sondern sei diesem Kartell auch uneingeschränkt beigetreten, indem sie bei der Koordinierung und der Vermittlung eine besonders aktive Rolle gespielt habe. 346    Als Zweites meint die Kommission, sie sei auch nicht gehalten gewesen, die Tatsache, dass die Verletzung vor ihrem ersten Eingreifen beendet worden sei, als mildernden Umstand zu berücksichtigen. Würdigung durch das Gericht 347    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission bei der Festsetzung der Höhe von Geldbußen grundsätzlich an ihre eigenen Leitlinien halten muss (siehe oben, Randnr. 230). Diese schreiben ihr aber nicht vor, alle in Nr. 3 der Leitlinien aufgeführten mildernden Umstände stets gesondert zu berücksichtigen; die Kommission ist nicht verpflichtet, insoweit automatisch eine zusätzliche Herabsetzung zu gewähren, weil die Frage, ob eine Herabsetzung der Geldbuße wegen mildernder Umstände angemessen ist, unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände im Weg einer Gesamtwürdigung zu beurteilen ist. 348    Der Erlass der Leitlinien hat der früheren Rechtsprechung nicht ihre Bedeutung genommen, nach der die Kommission über ein Ermessen verfügt, das es ihr erlaubt, bei der Bemessung der von ihr zu verhängenden Geldbußen insbesondere nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls bestimmte Gesichtspunkte zu berücksichtigen oder nicht. Da sich aus den Leitlinien kein zwingender Anhaltspunkt dafür ergibt, welche mildernden Umstände berücksichtigt werden können, ist davon auszugehen, dass der Kommission ein gewisser Spielraum verblieben ist, um im Weg einer Gesamtwürdigung über die Höhe einer etwaigen Herabsetzung der Geldbußen wegen mildernder Umstände zu entscheiden (vgl. Urteil Raiffeisen Zentralbank Österreich/Kommission, oben in Randnr. 230 angeführt, Randnr. 473 und die dort angeführte Rechtsprechung). 349    Zum ersten Vorwurf von Deltafina ist darauf hinzuweisen, dass die „tatsächliche Nichtanwendung der Vereinbarungen über Verstöße“ gemäß Nr. 3 zweiter Gedankenstrich der Leitlinien einen mildernden Umstand darstellen kann. 350    Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass die Kommission das Vorliegen eines mildernden Umstands wegen tatsächlicher Nichtanwendung einer Vereinbarung nur anzuerkennen braucht, wenn das Unternehmen, das diesen Umstand geltend macht, nachweisen kann, dass es sich der Anwendung der Vereinbarung so eindeutig und nachdrücklich widersetzt hat, dass dadurch sogar deren Funktionieren gestört wurde, und dass es der Vereinbarung auch nicht scheinbar zugestimmt und dadurch andere Unternehmen zu deren Anwendung veranlasst hat. Unternehmen könnten nämlich das Risiko, eine beträchtliche Geldbuße zahlen zu müssen, zu leicht minimieren, wenn sie zunächst aus einer rechtswidrigen Vereinbarung Vorteil ziehen und anschließend eine Herabsetzung der Geldbuße mit der Begründung beanspruchen könnten, dass sie bei der Durchführung der Zuwiderhandlung nur eine begrenzte Rolle gespielt hätten, obgleich ihre Haltung andere Unternehmen dazu veranlasste, sich in stärkerem Maße wettbewerbsschädigend zu verhalten (Urteil Mannesmannröhren-Werke/Kommission, oben in Randnr. 345 angeführt, Randnrn. 277 und 278). 351    Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes trägt Deltafina nichts vor, woraus sich entnehmen ließe, dass sie sich dem Verarbeiterkartell so klar und nachdrücklich widersetzt hätte, dass dadurch sogar dessen Funktionieren gestört worden sei. Sie führt nämlich lediglich bestimmte Erwägungsgründe der angefochtenen Entscheidung an, die, wie bereits vorstehend in den Randnrn. 260 bis 267 festgestellt, entweder im Hinblick auf die vorliegende Rüge nicht einschlägig sind, vor allem da sie nicht das Verarbeiterkartell betreffen, oder in denen lediglich festgestellt wird, dass dieses Kartell bis 1998 von seinen Mitgliedern generell und nicht nur von Deltafina nicht vollständig durchgeführt und beachtet worden sei. 352    Zu diesem letzten Punkt ist darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass das Verarbeiterkartell erst seit 1998 vollständig durchgeführt worden ist, zu den Umständen gehört, die die Kommission bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung und bei der Festlegung des Ausgangsbetrags der Geldbuße nach Maßgabe dieser Schwere berücksichtigt hat. Die Kommission hat nämlich für Deltafina nur einen Ausgangsbetrag in Höhe von 8 000 000 Euro festgelegt, obwohl sie nach den Leitlinien einen Ausgangsbetrag von mindestens 20 000 000 Euro hätte in Betracht ziehen können, da es sich um eine besonders schwere Zuwiderhandlung handelte. 353    Die erste Rüge von Deltafina kann daher keinen Erfolg haben. 354    Zur zweiten Rüge ist darauf hinzuweisen, dass die „Beendigung der Zuwiderhandlung nach dem ersten Eingreifen der Kommission (insbesondere Nachprüfungen)“ gemäß Nr. 3 dritter Gedankenstrich der Leitlinien zu den mildernden Umständen gehört. 355    Diese Beendigung kann logischerweise nur dann einen mildernden Umstand bilden, wenn es Gründe für die Annahme gibt, dass die fraglichen Unternehmen durch dieses Eingreifen zur Beendigung ihres wettbewerbswidrigen Verhaltens veranlasst wurden, während der Fall, dass die Zuwiderhandlung bereits vor dem ersten Eingreifen der Kommission beendet worden war, dieser Bestimmung der Leitlinien nicht unterfällt (Urteil Dalmine/Kommission, oben in Randnr. 34 angeführt, Randnr. 158). 356    Im vorliegenden Fall wurde die Zuwiderhandlung aber – wie Deltafina geltend macht – am 10. August 2001 beendet, d. h. vor dem ersten Eingreifen der Kommission, dem 3. Oktober 2001. Diese Beendigung kann daher keinen mildernden Umstand für die Festsetzung der Geldbuße darstellen. 357    Im Übrigen kann eine Herabsetzung der Geldbuße wegen der Beendigung einer Zuwiderhandlung nach dem ersten Eingreifen der Kommission nicht automatisch eintreten, sondern hängt von einer Bewertung der Umstände des Einzelfalls durch die Kommission im Rahmen ihres Ermessens ab. Insoweit erscheint die Anwendung von Nr. 3 dritter Gedankenstrich der Leitlinien zugunsten eines Unternehmens besonders angezeigt, wenn der wettbewerbswidrige Charakter des fraglichen Verhaltens nicht offenkundig ist. Umgekehrt erscheint ihre Anwendung grundsätzlich weniger angebracht, wenn das fragliche Verhalten, sofern es erwiesen ist, klar wettbewerbswidrig ist (Urteil Mannesmannröhren-Werke/Kommission, oben in Randnr. 345 angeführt, Randnr. 281). 358    Im vorliegenden Fall kann jedoch nicht angenommen werden, dass Deltafina einen vernünftigen Zweifel an dem wettbewerbswidrigen Charakter ihres Verhaltens haben konnte, da es sich hierbei um die Beteiligung an einem horizontalen Kartell handelte, das auf Festlegung der Preise und Aufteilung der Mengen abzielte und das einen geheimen Teil umfasste, und daher einen offensichtlichen Verstoß gegen Art. 81 EG darstellte. 359    Daher kann der zweite Klagegrund von Deltafina nicht durchgreifen. 360    Nach alledem ist der siebte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. Zum achten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 5 Buchst. a der Leitlinien Vorbringen der Parteien 361    Im Rahmen ihres achten Klagegrundes, der hilfsweise vorgebracht wird, wirft Deltafina der Kommission vor, für die Berechnung der Obergrenze von 10 % gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ihre Umsätze im Geschäftsjahr 2002/2003 nicht berücksichtigt zu haben. Die Kommission hätte die Umsätze für das zum 31. März 2004 abgeschlossene Geschäftsjahr berücksichtigen müssen, da ihr Geschäftsjahr jedes Jahr zum 31. März abgeschlossen werde und die angefochtene Entscheidung am 20. Oktober 2004 angenommen worden sei. 362    Ihre Umsätze in dem zum 31. März 2004 abgeschlossenen Geschäftsjahr hätten sich auf 127 360 989 Euro belaufen, also auf einen Betrag, der unter dem im 443. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genannten Betrag von 133 228 000 Euro gelegen habe. Die gegen Deltafina verhängte Geldbuße hätte daher vor Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit 12 736 000 Euro nicht überschreiten dürfen. 363    Die Kommission räumt ein, dass zur Beurteilung, ob die Obergrenze von 10 % überschritten gewesen sei oder nicht, die Umsätze im Lauf des zum 31. März 2004 abgeschlossenen Geschäftsjahrs zu berücksichtigen gewesen seien. Die Obergrenze wäre jedoch auch bei Berücksichtigung dieser Umsätze nicht überschritten worden. 364    Hilfsweise macht die Kommission geltend, das Gericht habe in seinem Urteil vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission (T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, Randnr. 352 bis 354), entschieden, dass die Obergrenze von 10 % auf den „Endbetrag der … ermittelten Geldbuße“ anzuwenden sei und nicht in einem früheren Stadium, also vor Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit. Im vorliegenden Fall überschreite jedoch der Endbetrag der gegen Deltafina verhängten Geldbuße, d. h. 11 880 000 Euro, unbestritten nicht 10 % ihrer Umsätze in dem zum 31. März 2004 abgeschlossenen Geschäftsjahr. Würdigung durch das Gericht 365    Im 439. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung legt die Kommission die Höhe der Geldbuße gegen Deltafina vor Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit auf 13 200 000 Euro fest. Im 443. Erwägungsgrund dieser Entscheidung führt sie aus, dieser Betrag solle nicht nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 gesenkt werden, „[d]a sich der Gesamtumsatz von Deltafina im Jahr 2003 auf 133 228 000 Euro“ belaufen habe. 366    Gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ist der Umsatz, der zur Berechnung der Obergrenze von 10 % im Sinne dieser Bestimmung zu berücksichtigen ist, der Umsatz des vorausgegangenen Geschäftsjahrs. Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, hätte die Kommission daher zur Bestimmung, ob diese Obergrenze überschritten war oder nicht, den Umsatz von Deltafina in dem zum 31. März 2004 abgeschlossenen Geschäftsjahr berücksichtigen müssen. 367    Die Kommission ist daher im 443. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht von dem Umsatz ausgegangen, den Deltafina in dem zum 31. März 2003 abgeschlossenen Geschäftsjahr erzielt hat. 368    Gleichwohl geht der auf diesen Rechtsfehler gestützte Klagegrund ins Leere, da die Obergrenze von 10 % auch bei Berücksichtigung des Umsatzes nicht überschritten worden ist, den Deltafina in dem zum 31. März 2004 abgeschlossenen Geschäftsjahr erzielt hat. Aus einer Tabelle in dem der Klageschrift beigefügten Jahresabschluss von Deltafina zum 31. März 2004 geht hervor, dass sich deren Umsatz auf 139 904 230,95 Euro belief, d. h. auf einen Betrag, der das Zehnfache des genannten Betrags von 13 200 000 Euro überstieg. Hierzu ist festzustellen, dass von dem Betrag auszugehen ist, der sich neben dem Rechnungsposten „Erlöse aus Umsätzen und Dienstleistungen“ dieser Tabelle befindet, und nicht, wie es Deltafina getan hat, von dem Betrag neben dem Titel „Gesamterlöse“, der Rechnungsposten umfasst, die nicht berücksichtigt werden können, im vorliegenden Fall die Posten „Vorratsveränderung bei Endprodukten“ und „Andere Erzeugnisse und Erlöse“. 369    Nach alledem ist der achte Klagegrund als ins Leere gehend zurückzuweisen. Zum neunten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, die Einleitung und Nr. 4 der Leitlinien, Abschnitt B Buchst. e und Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit und den Grundsatz der Gleichbehandlung sowie unzureichende Begründung Zusammenfassung der angefochtenen Entscheidung 370    In den Erwägungsgründen 448 bis 456 der angefochtenen Entscheidung äußert sich die Kommission zur Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit im Fall der Verarbeiter und Deltafina. 371    Als Erstes führt sie an, diese hätten die Anwendung der Mitteilung vor der Veröffentlichung der Beschwerdepunkte beantragt (449. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 372    Als Zweites stellt sie fest, Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit sei auf die spanischen Verarbeiter anwendbar. Obwohl ihr der Großteil der wesentlichen Nachweise für die Verletzung schon vorgelegen habe, hätten ihr die von den Verarbeitern zur Verfügung gestellten Informationen geholfen, die Verletzung zu klären und zu beweisen (Erwägungsgründe 450 und 451 der angefochtenen Entscheidung). 373    Als Drittes vertritt die Kommission die Auffassung, Taes sollten wegen ihrer „besonders hilfreichen“ Kooperation während des Verfahrens − vor allem die Beteiligung von Deltafina an der Zuwiderhandlung betreffend − und der Tatsache, dass sie den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargestellten Sachverhalt nie bestritten habe, in Übereinstimmung mit Abschnitt D Abs. 2 erster und zweiter Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit 40 % der Geldbuße erlassen werden (452. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 374    Als Viertes macht die Kommission geltend, dass die von Cetarsa und WWTE zur Verfügung gestellten Informationen zwar wichtig gewesen seien, dass sie sich aber nicht als so nützlich für ihre Untersuchung erwiesen hätten wie die von Taes überlassenen Informationen (453. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). In ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hätten Cetarsa und WWTE eine Behauptung aufgestellt, die nicht den Tatsachen entsprochen habe. Sie entscheidet daher, diesen beiden Verarbeitern gemäß Abschnitt D Abs. 2 erster Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit eine Herabsetzung der Geldbuße um 25 % zu gewähren. 375    Als Fünftes stellt die Kommission fest, dass auch Agroexpansión nützliche Informationen zur Verfügung gestellt habe, den Sachverhalt jedoch in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte „ebenso wie Cetarsa und WWTE“ bestritten habe (454. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Sie fügt hinzu, Agroexpansión habe geleugnet, dass die Vereinbarungen der Verarbeiter über (maximale) durchschnittliche Lieferpreise geheim gewesen seien. In Anbetracht dieser Umstände gewährt sie dieser Gesellschaft eine Herabsetzung der Geldbuße um 20 %. 376    Als Sechstes setzt die Kommission schließlich die gegen Deltafina verhängte Geldbuße um 10 % herab (456. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Obwohl weder Universal noch Deltafina Angaben zu einem Beitrag von Deltafina zur Kooperation von Taes mit der Kommission gemacht hätten, könne nicht außer Acht gelassen werden, dass ein Teil der Dokumente im Anhang des Vermerks von Taes vom 18. Februar 2002 offenbar von Deltafina stamme und im Hinblick auf diese Kooperation bereitgestellt worden sei. Die Kommission wiederholt, dass die von Taes bereitgestellten Informationen besonders wertvoll für ihre Untersuchung und zudem Voraussetzung für den Nachweis der Verantwortlichkeit von Deltafina gewesen seien. Gleichwohl habe Deltafina nicht unmittelbar deutlich gemacht, in welcher Form und in welchem Umfang sie zur Kooperation bereit gewesen sei, und sie habe in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte den darin erhobenen Vorwürfen zu ihrer Verantwortlichkeit widersprochen. Im Übrigen weist sie auch darauf hin, dass Deltafina „nicht die Anforderungen erfüllt, die unter Abschnitt B Buchst. e der [Mitteilung über Zusammenarbeit] vorausgesetzt werden“. Vorbringen der Parteien 377    Im Rahmen ihres neunten Klagegrundes, der hilfsweise vorgebracht wird, macht Deltafina geltend, die Kommission habe bei der Bewertung ihrer Kooperation im Lauf des Verwaltungsverfahrens eine Reihe von Fehlern begangen. Diese Rügen können in vier Teile zusammengefasst werden. 378    Im Rahmen des ersten Teils macht Deltafina geltend, die Kommission sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass sie der Begründetheit der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte erhobenen Vorwürfe zu ihrer Verantwortlichkeit widersprochen habe. So habe sie sich, indem sie zugegeben habe, dass Herr M. im eigenen Namen gehandelt habe, darauf beschränkt, die Auslegung und die rechtliche Würdigung bestimmter Tatsachen durch die Kommission zu bestreiten. Zudem habe auch Taes in einem Vermerk vom 18. Februar 2002 eine solche Erklärung abgegeben, und es sei merkwürdig, dass gegen diese gleichwohl eine niedrigere Geldbuße festgesetzt worden sei als gegen sie. 379    Im Rahmen des zweiten Teils trägt Deltafina vor, die Kommission habe die Mitteilung über Zusammenarbeit verletzt, indem sie ihr im 456. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung vorgeworfen habe, nicht die Anforderung gemäß Abschnitt B Buchst. e dieser Mitteilung zu erfüllen. Im vorliegenden Fall finde diese jedoch keine Anwendung, da die Kommission in der angefochtenen Entscheidung Abschnitt D dieser Mitteilung anwende, der gerade den Fall betreffe, dass „ein Unternehmen … zusammen[arbeitet], ohne dass es alle [in den Abschnitten B und C aufgeführten] Voraussetzungen erfüllt“. Die Kommission habe in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zudem keine Verhaltensweisen gemäß Abschnitt B Buchst. e der Mitteilung über Zusammenarbeit gerügt und in der angefochtenen Entscheidung jedenfalls nicht nachgewiesen, dass Deltafina Täter solcher Verhaltensweisen gewesen sei. 380    Im Rahmen des dritten Teils vertritt Deltafina die Auffassung, dass die angefochtene Entscheidung insofern „mit einem schweren Widerspruch in der Begründung behaftet“ sei, als die Kommission die Geldbuße ihr gegenüber in geringerem Maß herabgesetzt habe als gegenüber Taes. Da die Kommission im 360. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung feststelle, dass sie die Koordinierung und Beaufsichtigung der Aktivitäten der Universal-Gruppe in Europa, einschließlich derjenigen ihrer Tochtergesellschaft Taes, wahrnehme, sollten ihr sinnvollerweise „nicht nur die Verantwortlichkeiten, sondern auch die Vorteile, … zugute[kommen]“. Außerdem könnten die besonders nützlichen „Beiträge“ von Taes, vor allem was ihre Beteiligung an dem Verarbeiterkartell anbelange, nur von ihr selbst stammen. Sie hebt hervor, dass sie mit der Kommission ab dem Zeitpunkt zusammengearbeitet habe, zu dem Taes in die vorliegende Rechtssache verwickelt worden sei. Die der Kommission übermittelten Angaben seien sowohl im Namen von Taes als auch in ihrem Namen gemacht und unter der Aufsicht von Universal gemeinsam mit den Vertretern und Leitungsorganen der beiden Gesellschaften vorbereitet worden und stammten weitgehend von ihr selbst. 381    Deltafina macht schließlich im Rahmen des vierten Teils geltend, die Kommission habe die Mitteilung über Zusammenarbeit in diskriminierender Weise angewandt. Hierbei rügt sie zunächst, dass gegen Cetarsa, WWTE und Agroexpansión eine niedrigere Geldbuße festgesetzt worden sei als gegen sie, obwohl diese, „wenn auch in anderem Maße“, den Sachverhalt bestritten hätten. Sodann weist sie darauf hin, dass WWTE und Agroexpansión erst in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erstmals erklärt hätten, dass sie eine Anführerrolle in dem Verarbeiterkartell eingenommen habe. Zweifel an der „Intensität und der Loyalität ihrer Zusammenarbeit in den beiden vorangegangenen Jahren“ seien daher angebracht. Sie wirft der Kommission schließlich vor, in ihrem Fall die Anforderungen gemäß Abschnitt B Buchst. e der Mitteilung über Zusammenarbeit nicht angewandt zu haben. 382    Aufgrund der vorstehenden Erwägungen beantragt Deltafina die Herabsetzung ihrer Geldbuße um denselben Prozentsatz, der auf die Geldbuße gegen Taes angewandt worden sei, d. h. um 40 %. 383    Die Kommission hält keinen dieser Teile für begründet. 384    Als Erstes macht sie geltend, Deltafina habe in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte festgestellt, dass alle ihr vorgeworfenen Verhaltensweisen vielmehr Herrn M. zuzurechnen gewesen seien, der ausschließlich im eigenen Namen gehandelt habe. Diese Feststellung stelle jedoch einen „offensichtlichen Versuch [dar], den Sachverhalt zu verdrehen“. 385    Als Zweites bestreitet sie, Abschnitt B Buchst. e der Mitteilung über Zusammenarbeit fehlerhaft angewandt zu haben. Zum einen schließe die Tatsache, dass sie Abschnitt D dieser Mitteilung anwende, nicht aus, dass sie zur Bestimmung des Prozentsatzes, um den die Geldbuße des kooperierenden Unternehmens herabzusetzen sei, berücksichtige, dass dieses Unternehmen bestimmte in den Abschnitten B und C dieser Mitteilung genannte Bedingungen nicht erfülle. Zum anderen sei die Behauptung falsch, sie habe Deltafina keine Verhaltensweisen im Sinne von Abschnitt B Buchst. e der Mitteilung über Zusammenarbeit vorgeworfen. 386    Als Drittes meint sie, sie sei nicht gehalten, die Geldbuße gegen Deltafina um denselben Prozentsatz herabzusetzen wie die Geldbuße gegen Taes. 387    Zum einen sei Deltafina nicht wegen ihrer Koordinierung und Beaufsichtigung der Aktivitäten von Taes für den Verstoß gegen Art. 81 EG verantwortlich gemacht worden, sondern weil sie selbst eine „Reihe bedeutender, zum Teil entscheidender Verhaltensweisen im Rahmen des Kartells [der Verarbeiter]“ durchgeführt habe. Zum anderen habe sich die Zusammenarbeit von Deltafina auf die gemeinsame Abfassung des Vermerks vom 18. Februar 2002 mit Taes beschränkt. 388    Als Viertes ist die Kommission der Auffassung, sie habe den Grundsatz der Gleichbehandlung nicht verletzt, indem sie für Deltafina einen geringeren Prozentsatz angewandt habe, als er anderen Adressaten der angefochten Entscheidung zugutegekommen sei. Würdigung durch das Gericht 389    Der Kommission steht hinsichtlich der Methode für die Berechnung von Geldbußen ein weites Ermessen zu; sie kann insoweit eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigen, zu denen auch die Kooperationsbeiträge der betroffenen Unternehmen während der von den Dienststellen der Kommission durchgeführten Untersuchungen gehören. In diesem Zusammenhang verfügt die Kommission bei der Beurteilung von Qualität und Nützlichkeit des Kooperationsbeitrags eines Unternehmens, insbesondere im Vergleich zu den Beiträgen anderer Unternehmen, über ein weites Ermessen (Urteil des Gerichtshofs vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, C‑328/05 P, Slg. 2007, I‑3921, Randnrn. 81 und 88). 390    Die Herabsetzung einer Geldbuße wegen Kooperation ist nur gerechtfertigt, wenn das Verhalten eines Unternehmens der Kommission die Wahrnehmung ihrer Aufgabe erleichtert hat, Zuwiderhandlungen gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln festzustellen und zu verfolgen (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Randnr. 499 und die dort angeführte Rechtsprechung); außerdem muss das Verhalten ein Zeichen echter Zusammenarbeit sein (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 228 angeführt, Randnrn. 395 und 396). 391    In der Mitteilung über Zusammenarbeit hat die Kommission die Voraussetzungen näher bestimmt, unter denen Geldbußen für Unternehmen, die während der Untersuchung eines Kartellfalls mit ihr zusammenarbeiten, entweder nicht oder niedriger festgesetzt werden können (vgl. Abschnitt A Nr. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit). 392    Nach Abschnitt B der Mitteilung über Zusammenarbeit kann gegenüber einem Unternehmen die Höhe der Geldbuße wesentlich, d. h. um mindestens 75 %, niedriger festgesetzt werden oder auf die Festsetzung der Geldbuße ganz verzichtet werden, wenn es sämtliche Anforderungen nach Abschnitt B Buchst. a bis e erfüllt. Nach Abschnitt B Buchst. e kann die Höhe der Geldbuße nicht niedriger festgesetzt oder auf die Festsetzung der Geldbuße ganz verzichtet werden, wenn ein Unternehmen „zu der rechtswidrigen Handlung angestiftet oder bei ihrer Durchführung eine entscheidende Rolle gespielt hat“. 393    Nach Abschnitt C dieser Mitteilung „[wird die Geldbuße g]egenüber einem Unternehmen, das die unter Abschnitt B Buchstaben b) bis e) genannten Voraussetzungen erfüllt und die geheime Absprache anzeigt, nachdem die Kommission aufgrund einer Entscheidung bei den am Kartell beteiligten Unternehmen eine Nachprüfung vorgenommen hat, die keine ausreichenden Gründe für die Eröffnung eines Verfahrens im Hinblick auf den Erlass einer Entscheidung geliefert hat, … um 50 bis 75 % niedriger festgesetzt“. 394    Abschnitt D („Spürbar niedrigere Festsetzung der Geldbuße“) der Mitteilung über Zusammenarbeit sieht vor: „1.       Arbeitet ein Unternehmen mit der Kommission zusammen, ohne dass es alle Voraussetzungen [der Abschnitte B und C] erfüllt, so wird die Höhe der Geldbuße, die ohne seine Mitarbeit festgesetzt worden wäre, um 10 bis 50 % niedriger festgesetzt. 2.      Dies gilt insbesondere, wenn –        ein Unternehmen der Kommission vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte Informationen, Unterlagen oder andere Beweismittel liefert, die zur Feststellung des Vorliegens eines Verstoßes beitragen; –        ein Unternehmen der Kommission nach Erhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte mitteilt, dass es den Sachverhalt, auf den die Kommission ihre Einwände stützt, nicht bestreitet.“ 395    Vor diesem Hintergrund ist die Begründetheit des vorliegenden Klagegrundes zu prüfen. Der zweite Teil des Klagegrundes wird als Letzter geprüft werden. 396    Zum ersten Teil ist festzustellen, dass die Kommission im 456. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu Recht darauf hingewiesen hat, dass Deltafina in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte „in wesentlichen Punkten … den darin dargelegten Ergebnissen zur Haftbarkeit des Unternehmens“ widersprochen habe. In dieser Erwiderung hat Deltafina ihre Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung entschieden zurückgewiesen, indem sie wiederholt vorgebracht hat, dass Herr M., der im Rahmen des Verarbeiterkartells ausschließlich im eigenen Namen und nicht als Vertreter der Gesellschaft gehandelt habe, haften müsse. Mit dieser Vorgehensweise hat Deltafina den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte festgestellten Sachverhalt in Frage gestellt und sich nicht nur darauf beschränkt, ihn anders auszulegen oder der rechtlichen Würdigung, die die Kommission vorgenommen hat, zu widersprechen. 397    Zu dem von Deltafina daraus abgeleiteten Recht, dass Taes nicht vorgeworfen werde, den Sachverhalt inhaltlich bestritten zu haben, obwohl auch sie im Lauf des Verwaltungsverfahrens festgestellt habe, dass Herr M. ausschließlich im eigenen Namen gehandelt habe, genügt die Feststellung, dass sie damit anders als Deltafina keine sie unmittelbar betreffende Tatsache zurückweisen und ihre eigene Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung in Frage stellen wollte. 398    Zum dritten Teil ist zunächst festzustellen, dass er auf einer unzutreffenden Prämisse beruht. Wie aus den Erwägungsgründen 359 bis 366 der angefochtenen Entscheidung und den Randnrn. 107 bis 112 des vorliegenden Urteils eindeutig hervorgeht, wurde Deltafina nicht aufgrund von Überwachungs- und Kontrollaufgaben hinsichtlich der Aktivitäten von Taes, sondern aufgrund ihrer unmittelbaren und aktiven Beteiligung an dem Verarbeiterkartell für verantwortlich für die Zuwiderhandlung erklärt. 399    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach ständiger Rechtsprechung bei der Beurteilung der Kooperation von Mitgliedern eines Kartells nicht den Grundsatz der Gleichbehandlung außer Acht lassen darf, der verletzt ist, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, oben in Randnr. 364 angeführt, Randnr. 394 und die dort angeführte Rechtsprechung). 400    Die Kommission hat jedoch ihr Ermessen nicht offensichtlich überschritten, indem sie die Auffassung vertrat, dass die Kooperation von Taes nützlicher gewesen sei als die von Deltafina. 401    Wie bereits vorstehend in den Randnrn. 396 und 397 ausgeführt, hat Deltafina, anders als Taes, bestimmte Tatsachen im Sinne von Abschnitt D Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit inhaltlich bestritten. 402    Im Übrigen hat Deltafina, anders als Taes, niemals unmittelbar mit der Kommission zusammengearbeitet. Insbesondere war die Kommission zu Recht der Auffassung, dass sich die Zusammenarbeit von Deltafina darauf beschränkt habe, dass sie an der Abfassung des Vermerks von Taes vom 18. Februar 2002 beteiligt gewesen sei (siehe oben, Randnrn. 8 und 9). Universal Leaf hat nämlich in ihrem Schreiben vom 15. Februar 2002 an die Kommission eine Kooperation von Deltafina nur in Bezug auf die Vorbereitung dieses Vermerks festgestellt. Später haben weder Universal Leaf noch Taes oder Deltafina der Kommission mitgeteilt, dass Deltafina weiterhin über Taes bei der Untersuchung kooperiere oder dass die Informationen, die sie von Taes erhalten habe, gemeinsam mit Deltafina erstellt worden seien. 403    Daher hat die Kommission die Geldbuße gegen Deltafina zu Recht in geringerem Maß herabgesetzt als gegen Taes. 404    Zum vierten Teil ist festzustellen, dass Deltafina keine Benachteiligung im Verhältnis zu Cetarsa, WWTE und Agroexpansión geltend machen kann, da ihre Kooperation weit begrenzter war als die von diesen Unternehmen geleistete Zusammenarbeit. 405    Haben Cetarsa, WWTE und Agroexpansión, wie Deltafina in ihrer Klageschrift selbst feststellt, inhaltlich bestimmte Tatsachen ebenfalls bestritten, so geschah dies jedoch zum einen „in anderem Umfang“ als bei Deltafina. So hat allein Deltafina dadurch, dass sie in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte wiederholt geltend gemacht hat, dass ihr Vorsitzender im eigenen Namen gehandelt habe, während des gesamten Verwaltungsverfahrens jede Beteiligung an den Aktivitäten des Verarbeiterkartells bestritten. 406    Während Cetarsa, WWTE und Agroexpansión der Kommission im Lauf des Verwaltungsverfahrens sehr nützliche Gesichtspunkte mitgeteilt haben (vgl. Erwägungsgründe 453 und 454 der angefochtenen Entscheidung), beschränkte sich zum anderen die Zusammenarbeit mit Deltafina, wie bereits vorstehend in Randnr. 402 festgestellt, auf die Beteiligung an der Abfassung des Vermerks von Taes vom 18. Februar 2002. 407    Der vierte Teil ist daher als nicht begründet zurückzuweisen. 408    Zum zweiten Teil schließlich ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Kommission in keiner Weise daran gehindert ist, im Rahmen ihres weiten Ermessens auf diesem Gebiet die Tatsache zu berücksichtigen, dass das fragliche Unternehmen keine der Anforderungen gemäß Abschnitt B Buchst. a bis e der Mitteilung über Zusammenarbeit erfüllt, wenn sie bei der Anwendung von Abschnitt D dieser Mitteilung innerhalb der in Abs. 1 dieses Abschnitts vorgesehenen Spanne von 10 % bis 50 % den Prozentsatz für die diesem Unternehmen zu gewährende Ermäßigung bestimmen soll. 409    Sodann ist festzustellen, dass aus den Schriftsätzen der Kommission sowie ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung hervorgeht, dass die Kommission ihren Hinweis im 456. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, Deltafina habe die Anforderungen gemäß Abschnitt B Buchst. e der Mitteilung über Zusammenarbeit nicht erfüllt, darauf bezogen hat, dass Deltafina Anführer des Verarbeiterkartells gewesen sei. Wie aus Abschnitt B Buchst. e der Mitteilung über Zusammenarbeit hervorgeht, gedenkt die Kommission nicht, eine wesentlich niedrigere Geldbuße festzusetzen – und erst recht nicht, keine Geldbuße festzusetzen –, wenn der Betroffene eine besonders entscheidende Rolle in dem Kartell, z. B. die Rolle eines Anführers, Initiators oder Anstifters, gespielt hat. 410    Wie vorstehend in den Randnrn. 331 bis 335 festgestellt, reichen die Unterlagen der Kommission jedoch nicht aus, um darzutun, dass Deltafina eine Anführerrolle gespielt hat. Daher hat die Kommission rechtsfehlerhaft gehandelt, indem sie neben anderen Gesichtspunkten einer Anführerrolle von Deltafina Rechnung getragen hat, um den Prozentsatz für die Ermäßigung der Geldbuße aufgrund der Kooperation auf nur 10 % festzusetzen. 411    Nach alledem greift der neunte Klagegrund teilweise durch, so dass die angefochtene Entscheidung in Bezug auf die Festsetzung des für Deltafina geltenden Ermäßigungssatzes abzuändern ist. In Wahrnehmung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung hält das Gericht es für angemessen, die Geldbuße um 15 % herabzusetzen, um der Kooperation von Deltafina Rechnung zu tragen. Die konkreten Folgen dieser Neufassung werden nachstehend in den Randnrn. 437 bis 439 bestimmt. Zum zehnten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Vorbringen der Parteien 412    Im Rahmen ihres zehnten Klagegrundes, der hilfsweise vorgebracht wird, wirft Deltafina der Kommission vor, bei Herabsetzung des endgültigen Betrags ihrer Geldbuße nicht gemäß Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien dem „wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhang von Rohtabak in Spanien“ Rechnung getragen zu haben. 413    Deltafina stützt diesen Klagegrund darauf, dass der Tabakanbau in der Europäischen Union infolge der Beendigung der in der gemeinsamen Marktorganisation für Tabak vorgesehenen Prämienregelung einen strukturellen Rückgang erfahren habe. So werde nach einer vierjährigen Übergangsphase im Jahr 2010 eine neue Marktorganisation eingeführt, bei der die Einkommensbeihilfen nicht mehr von der Tabakerzeugung abhingen, sondern an die Ziele der Umstellung und der Unterstützung verschiedener Anbauarten gebunden seien. Nach den Vorhersagen der Kommission werde „die Nettowirkung des neuen Modells eine sehr behutsame Reduzierung der gemeinschaftlichen Tabakherstellung mit der Folge sein, dass der größte Teil der landwirtschaftlichen Beschäftigung dieses Sektors außerhalb der Familie und der Erstverarbeitungsindustrie nicht beibehalten werden“ könne. Außerdem würden die in der Union angebauten Tabaksorten nicht als strategisch für das verarbeitende Gewerbe angesehen und könnten leicht durch in Drittländern zu niedrigeren Kosten angebauten Tabak ersetzt werden. Schließlich machten die Prämien derzeit mehr als 80 % des Einkommens der Erzeuger aus. 414    Hinzu komme, dass die Kommission in ihrer Entscheidung 2003/600/EG vom 2. April 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/C.38.279/F3 – Viandes bovines françaises) (ABl. L 209, S. 12) ausdrücklich den „besonderen wirtschaftlichen Zusammenhang“ im Sinne von Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien berücksichtigt habe. So habe die Kommission in dieser Rechtssache die gegen die Parteien jeweils verhängten Geldbußen bis zu 60 % herabgesetzt. 415    Nach Auffassung der Kommission war der von Deltafina geltend gemachte strukturelle Rückgang bei der Festsetzung der Geldbuße nicht zu berücksichtigen. Der zehnte Klagegrund sei daher als unbegründet zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 416    Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien bestimmt: „Nach Durchführung der vorstehenden Berechnungen kann es je nach Fall angezeigt sein, im Hinblick auf die entsprechende Anpassung der vorgesehenen Geldbußen einige objektive Faktoren zu berücksichtigen, wie z. B. ein besonderer wirtschaftlicher Zusammenhang, die von den Beteiligten an dem Verstoß eventuell erzielten wirtschaftlichen oder finanziellen Vorteile … und die besonderen Merkmale der betreffenden Unternehmen wie z. B. ihre tatsächliche Steuerkraft in einem gegebenen sozialen Umfeld.“ 417    Es ist festzustellen, dass die Kommission entgegen dem Vorbringen von Deltafina in keiner Weise verpflichtet war, einen angeblichen strukturellen Rückgang des Tabakanbaus in der Union zu berücksichtigen, um die endgültige Höhe ihrer Geldbuße auf der Grundlage von Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien festzusetzen, da dieser Rückgang zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung nur ein künftiges ungewisses Ereignis darstellte. 418    Ferner kann sich Deltafina nicht auf die Entscheidung 2003/600 berufen, da der Sachverhalt in dieser Rechtssache nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar ist. Im Einzelnen lag im vorliegenden Fall keiner der außergewöhnlichen Umstände vor, die von der Kommission in dieser Entscheidung gemäß Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien berücksichtigt worden sind. Im Übrigen verfügt die Kommission nach ständiger Rechtsprechung im Bereich der Festsetzung der Höhe der Geldbußen über ein weites Ermessen und ist bei dessen Ausübung nicht an frühere eigene Beurteilungen gebunden (Urteil des Gerichtshofs vom 19. März 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, C‑510/06 P, Slg. 2009, I‑1843, Randnr. 82). 419    Demnach ist der zehnte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. Zum elften Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung, des Verbots der Rückwirkung von Strafen und des Vertrauensschutzes Vorbringen der Parteien 420    Im Rahmen ihres elften Klagegrundes, der hilfsweise vorgebracht wird, macht Deltafina zunächst geltend, die Kommission habe den Grundsatz des Vertrauensschutzes dadurch verletzt, dass sie sich nicht ihrer früheren Entscheidungspraxis entsprechend darauf beschränkt habe, gegen sie eine symbolische Geldbuße festzusetzen. Sie stützt dieses Vorbringen darauf, dass die Kommission in der Entscheidung Organische Peroxide wegen der relativen Neuheit der Situation, die darin bestanden habe, dass nicht nur die Mitgliedsunternehmen des Kartells, sondern auch die Unternehmen, die, ohne auf dem relevanten Markt tätig zu sein, dieses Kartell organisiert und unterstützt hätten, gegen die Gesellschaft AC‑Treuhand nur eine Geldbuße in Höhe von 1 000 Euro verhängt habe. Aus dieser Entscheidung, der entsprechenden Pressemitteilung sowie Nr. 33 des Berichts der Kommission über die Wettbewerbspolitik von 2003 (XXXIII. Bericht über die Wettbewerbspolitik – 2003) gehe hervor, dass die Kommission der Ansicht gewesen sei, sie könne von ihrer Praxis, in einem solchen Fall nur eine symbolische Geldbuße zu verhängen, nur für die Zukunft abweichen. Alle Deltafina vorgeworfenen Verhaltensweisen lägen zeitlich vor dem 11. August 2001, also zwei Jahre und vier Monate vor der Entscheidung Organische Peroxide. 421    Ferner macht Deltafina einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung geltend, indem sie auf die folgenden Ausführungen des Gerichts hinweist: „Im Bereich der Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln verlangt die Beachtung dieses Grundsatzes zweifellos, dass gegenüber Unternehmen, die im selben Zeitraum Zuwiderhandlungen derselben Art begangen haben, unabhängig von dem zwangsläufig zufallsbedingten Zeitpunkt, zu dem eine Entscheidung gegen sie ergeht, die gleiche gesetzliche Sanktionsandrohung besteht. Insoweit ist dieser Grundsatz eng mit dem Verbot der Rückwirkung von Strafen verbunden, wonach eine Sanktion, die wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln gegen ein Unternehmen verhängt wird, der Sanktion entsprechen muss, die zur Zeit der Zuwiderhandlung vorgesehen war“ (Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, T‑224/00, Slg. 2003, II‑2597, Randnr. 70). 422    Aufgrund der vorstehenden Erwägungen fordert Deltafina das Gericht auf, die Geldbuße auf den symbolischen Betrag von 1 000 Euro herabzusetzen. 423    Nach Auffassung der Kommission ist der elfte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. 424    Hierzu weist die Kommission zunächst darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung ihre frühere Entscheidungspraxis als solche nicht als Rechtsrahmen für wettbewerbsrechtliche Geldbußen diene. Ferner wiederholt sie, dass die Sache, in der die Entscheidung Organische Peroxide ergangen sei, nicht mit der vorliegenden Rechtssache vergleichbar sei. Im Übrigen enthielten weder diese Entscheidung noch die entsprechende Pressemitteilung, noch der Bericht über die Wettbewerbspolitik von 2003 (XXXIII. Bericht über die Wettbewerbspolitik – 2003) präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen, dass für Verhaltensweisen, wie sie Deltafina vorgeworfen würden, „besonders geringe“ Geldbußen verhängt würden. Würdigung durch das Gericht 425    Als Erstes ist zum Vorwurf eines Verstoßes gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes festzustellen, dass keiner der von Deltafina vorgebrachten Gesichtspunkte bei ihr ein solches Vertrauen auf ihre Ahndung durch eine nur symbolische Geldbuße entstehen lassen könnte. 426    In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die frühere Entscheidungspraxis der Kommission nicht selbst den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bildet (siehe oben, Randnr. 292). Die Kommission ist dadurch, dass sie in der Vergangenheit für bestimmte Arten von Zuwiderhandlungen Geldbußen in einer bestimmten Höhe verhängt hat, nicht daran gehindert, dieses Niveau innerhalb der durch die Verordnung Nr. 1/2003 gezogenen Grenzen anzuheben, wenn dies erforderlich ist, um die Durchführung der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik sicherzustellen (vgl. entsprechend Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 120 angeführt, Randnr. 109). Zudem sind die Wirtschaftsteilnehmer nicht berechtigt, auf die Beibehaltung einer bestehenden Situation zu vertrauen, die die Gemeinschaftsorgane im Rahmen ihres Ermessens ändern können (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 1990, Delacre u. a./Kommission, C‑350/88, Slg. 1990, I‑395, Randnr. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich können Unternehmen, die von einem Verwaltungsverfahren betroffen sind, das zu einer Geldbuße führen kann, nicht darauf vertrauen, dass die Kommission das zuvor praktizierte Bußgeldniveau nicht überschreiten wird (Urteile des Gerichts vom 12. Juli 2001, Tate & Lyle u. a./Kommission, T‑202/98, T‑204/98 und T‑207/98, Slg. 2001, II‑2035, Randnr. 146, und LR AF 1998/Kommission, oben in Randnr. 101 angeführt, Randnr. 243). 427    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass sich jeder auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen kann, bei dem die Gemeinschaftsverwaltung begründete Erwartungen geweckt hat (Urteil des Gerichtshofs vom 11. März 1987, Van den Bergh en Jurgens und Van Dijk Food Products [Lopik]/Kommission, 265/85, Slg. 1987, 1155, Randnr. 44), wobei eine Verletzung dieses Grundsatzes nur dann geltend gemacht werden kann, wenn die Verwaltung präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen von zuständiger und zuverlässiger Seite gegeben hat (vgl. Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, oben in Randnr. 364 angeführt, Randnr. 152 und die dort angeführte Rechtsprechung). 428    Im vorliegenden Fall war die Tatsache, dass die Kommission in mehreren, der Entscheidung Organische Peroxide vorangegangenen Entscheidungen gegen Unternehmen, die zur Durchführung eines Kartells beigetragen haben, aber auf dem relevanten Markt nicht tätig waren, keine Geldbuße verhängt hat, nicht geeignet, bei Deltafina ein Vertrauen zu begründen, dass sie solche Unternehmen künftig nicht verfolgen und mit einer Sanktion belegen wird. Wie das Gericht bereits in den Randnrn. 163 bis 165 des Urteils AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, befunden hat, ist die Neuorientierung der Entscheidungspraxis der Kommission in der Entscheidung Organische Peroxide auf eine korrekte Auslegung der Tragweite des in Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellten Verbots gestützt. 429    Diese Neuorientierung der Entscheidungspraxis der Kommission war für Deltafina umso vorhersehbarer, als es mit der Entscheidung Gussglas in Italien aus dem Jahr 1980 einen Präzedenzfall gab. Auch konnte die Entscheidungspraxis der Kommission aus der Zeit nach 1980 vernünftigerweise nicht als endgültige Aufgabe des ursprünglichen, in der Entscheidung Gussglas in Italien verfolgten Ansatzes verstanden werden. Diese Entscheidungspraxis beschränkt sich darauf, die Beratungsunternehmen nicht zu verurteilen und mit einer Sanktion zu belegen, ohne den ursprünglichen, in der Entscheidung Gussglas verfolgten Ansatz zu verwerfen (Urteil AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, Randnr. 164). 430    Was das Vorbringen von Deltafina anbelangt, aus der Entscheidung Organische Peroxide, der entsprechenden Pressemitteilung sowie Nr. 33 des Berichts der Kommission über die Wettbewerbspolitik von 2003 (XXXIII. Bericht über die Wettbewerbspolitik – 2003) gehe hervor, dass die Kommission nur für die Zukunft erklärt habe, sie werde sich nicht mehr darauf beschränken, eine nur symbolische Geldbuße zu verhängen, ohne dass es erforderlich sei, festzustellen, ob diese Texte präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen enthielten, genügt die Feststellung, dass diese Texte mehr als sechs Jahre, nachdem die Deltafina vorgeworfenen Verhaltensweisen begonnen haben, und mehr als zwei Jahre nach ihrer Beendigung veröffentlicht worden sind. Deltafina konnte daher zu dem Zeitpunkt, als sie die fragliche Zuwiderhandlung begangen hat, nicht annehmen, dass die Kommission nur eine symbolische Geldbuße gegen sie verhängen werde. 431    Schließlich ist, wie bereits vorstehend in Randnr. 51 festgestellt, die Lage von Deltafina im vorliegenden Fall nicht mit der Lage von AC‑Treuhand in der Sache zu vergleichen, in der die Entscheidung Organische Peroxide ergangen ist. Während es sich bei AC‑Treuhand um ein Beratungsunternehmen handelte, das in keiner Weise als Wettbewerber oder auf der Seite von Angebot oder Nachfrage auf dem in dieser Rechtssache fraglichen Produktmarkt tätig war, war Deltafina als Hauptabnehmer der spanischen Verarbeiter auf einem Markt in Spanien tätig, der demjenigen unmittelbar nachgeschaltet war, auf dem die wettbewerbsbeschränkenden Handelspraktiken ausgeübt wurden. Im Übrigen war Deltafina in Italien auf dem Markt der ersten Verarbeitung tätig und unterhielt sehr enge Geschäftsbeziehungen zu bestimmten spanischen Verarbeitern. 432    Als Zweites ist zu dem von Deltafina behaupteten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung darauf hinzuweisen, dass die Entscheidungspraxis der Kommission als solche nicht als Rechtsrahmen für wettbewerbsrechtliche Geldbußen dient (siehe oben, Randnr. 292). 433    Allerdings hat die Kommission bei der Verhängung solcher Geldbußen die allgemeinen Rechtsgrundsätze zu beachten, zu denen der Grundsatz der Gleichbehandlung gehört. 434    Daher können die von Deltafina vorgenommenen Vergleiche mit anderen Entscheidungen der Kommission über Geldbußen im Hinblick auf die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung nur einschlägig sein, sofern die Umstände der Sachen, die zu diesen anderen Entscheidungen geführt haben, mit denjenigen im vorliegenden Fall vergleichbar sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. Januar 2004, JCB Service/Kommission, T‑67/01, Slg. 2004, II‑49, Randnr. 187). Wie jedoch bereits vorstehend in den Randnrn. 51 und 431 festgestellt, ist die Situation von Deltafina im vorliegenden Fall nicht vergleichbar mit der Situation von AC‑Treuhand in der Sache, in der die Entscheidung Organische Peroxide ergangen ist. 435    Als Drittes ist zum Vorwurf einer Verletzung des Rückwirkungsverbots von Strafen festzustellen, dass, wie aus den Randnrn. 137 bis 150 des Urteils AC‑Treuhand/Kommission, vorstehend in Randnr. 48 angeführt, hervorgeht, jedes Unternehmen, das zur Durchführung eines Kartells beigetragen hat, einschließlich der Unternehmen, die nicht auf dem relevanten, von der Wettbewerbsbeschränkung betroffenen Markt tätig sind, zum Zeitpunkt der fraglichen Zuwiderhandlung vernünftigerweise vorhersehen konnte, dass das in Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellte Verbot grundsätzlich für es galt. Im Übrigen muss angesichts der vorstehend in Randnr. 426 angestellten Erwägungen jedes Unternehmen, das von einem Verwaltungsverfahren betroffen ist, das zur Verhängung einer Geldbuße führen kann, die Möglichkeit berücksichtigen, dass die Kommission jederzeit entscheiden kann, die Höhe der Geldbußen gegenüber den in der Vergangenheit verhängten Geldbußen zu erhöhen. Daher hat die Kommission dadurch, dass sie gegen Deltafina nicht nur eine bloß symbolische Geldbuße verhängt hat, nicht gegen das Verbot der Rückwirkung von Strafen verstoßen. 436    Angesichts der vorangegangenen Erwägungen ist der elfte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. Zur Festsetzung des Endbetrags der gegen Deltafina verhängten Geldbuße 437    Gemäß den Randnrn. 331 bis 336 sowie 410 und 411 des vorliegenden Urteils ist die angefochtene Entscheidung insofern abzuändern, als die Kommission darin nicht hinreichend dargetan hat, dass Deltafina eine Anführerrolle im Verarbeiterkartell gespielt hat. Daher durfte die Kommission weder die Geldbuße aufgrund erschwerender Umstände um 50 % erhöhen noch diese angebliche Rolle berücksichtigen, um die Geldbuße aufgrund der Kooperation um 10 % herabzusetzen. 438    Im Übrigen bleiben die in der angefochtenen Entscheidung dargelegten Erwägungen der Kommission sowie die im vorliegenden Fall zur Berechnung der Geldbußen angewandte Methode unberührt. 439    Der Endbetrag der Geldbuße wird somit wie folgt berechnet: Der Ausgangsbetrag der gegen Deltafina verhängten Geldbuße (12 000 000 Euro) wird aufgrund mildernder Umstände um 40 % ermäßigt, was zu einem Betrag von 7 200 000 Euro vor Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit führt. Dieser Betrag wird aufgrund der Mitteilung um 15 % herabgesetzt. Der Endbetrag der gegen Deltafina zu verhängenden Geldbuße beläuft sich somit auf 6 120 000 Euro. Kosten 440    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 87 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. 441    Da im vorliegenden Fall der Klage teilweise stattgegeben worden ist, erscheint es bei angemessener Berücksichtigung der Umstände des Falles geboten, dass Deltafina drei Viertel ihrer eigenen Kosten und der Kosten der Kommission trägt, während die Kommission ein Viertel ihrer eigenen Kosten und der Kosten von Deltafina trägt. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Der Betrag der in Art. 3 der Entscheidung K (2004) 4030 endg. in einem Verfahren nach Artikel 81 Absatz 1 [EG] (Sache COMP/C.38.238/B.2 − Rohtabak – Spanien) gegen Deltafina SpA verhängten Geldbuße wird auf 6 120 000 Euro festgesetzt. 2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3.      Deltafina trägt drei Viertel ihrer eigenen Kosten und der Kosten der Kommission; diese trägt ein Viertel ihrer eigenen Kosten und der Kosten von Deltafina. Czúcz Labucka O’Higgins Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 8. September 2010. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung 1.  Zur Zulässigkeit der Rügen eines Ermessensmissbrauchs 2.  Zum Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG, Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 und die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der persönlichen Haftung sowie unzureichende Begründung Zum ersten und zum zweiten Teil: Die Kommission mache Deltafina für eine Zuwiderhandlung auf einem Markt verantwortlich, auf dem diese nicht tätig sei, und die Deltafina vorgeworfenen Verhaltensweisen seien weder in Art. 81 Abs. 1 EG noch in Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehen –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum dritten Teil: Die Kommission habe Deltafina rechtsfehlerhaft als Anführer des Verarbeiterkartells eingestuft –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum vierten Teil: Die Kommission habe es unterlassen, in der angefochtenen Entscheidung den relevanten Markt abzugrenzen –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 27 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003, die Verteidigungsrechte und das Recht auf ein faires Verfahren, wesentliche Formvorschriften und die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit sowie unzureichende Begründung Zum ersten Teil: Die Kommission habe Deltafina in der angefochtenen Entscheidung eine andere Rolle zugeschrieben als in der Mitteilung der Beschwerdepunkte –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum zweiten Teil: Das Deltafina vorgeworfene Verhalten müsse vielmehr ihrem Vorsitzenden vorgeworfen werden –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum dritten Teil: Die Kommission habe Deltafina den Zugang zu bestimmten belastenden Unterlagen verweigert –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum vierten Teil: Die Kommission habe den relevanten Produktmarkt und den räumlichen Markt in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht hinreichend genau bestimmt –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG, Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 43 der Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] sowie unzureichende Begründung Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht 3.  Zu den Anträgen auf Herabsetzung der Geldbuße Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 2 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, Nr. 1 Teil A und Nr. 5 Buchst. d der Leitlinien und der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, „der Gleichbehandlung und der Sanktionsgleichheit“ sowie unzureichende Begründung Zusammenfassung der angefochtenen Entscheidung Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht –  Allgemeine Erwägungen –  Zum ersten Teil: Nichtberücksichtigung des relativ geringen Umfangs des Produktmarkts –  Zum zweiten Teil: Beurteilung der konkreten Auswirkungen des Verstoßes auf den Markt –  Zum dritten Teil: Widerspruch zwischen dem 413. Erwägungsgrund der angefochten Entscheidung und anderen Erwägungsgründen dieser Entscheidung –  Zum vierten Teil: fehlerhafte Einstufung von Deltafina als Hauptkäufer von verarbeitetem Tabak in Spanien –  Zum fünften Teil: unzureichende Begründung der Folgerungen, die aus der durch den gesetzlichen Rahmen in Spanien und die Haltung der spanischen Behörden hervorgerufenen Unsicherheit für die Bemessung der Geldbuße zu ziehen seien –  Zum sechsten Teil: Nichtberücksichtigung der Tatsache, dass Deltafina an den Verhandlungen zwischen den spanischen Verarbeitern und den Erzeugervertretern nicht teilgenommen habe –  Zum siebten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, soweit die Kommission von ihrer früheren Verwaltungspraxis abgerückt sei –  Ergebnis in Bezug auf den vierten Klagegrund Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, Nr. 1 Teil B der Leitlinien und den Grundsatz der Gleichbehandlung Zusammenfassung der angefochtenen Entscheidung Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum sechsten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 2 der Leitlinien sowie unzureichende Begründung Zusammenfassung der angefochtenen Entscheidung Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum siebten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 3 der Leitlinien Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum achten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 5 Buchst. a der Leitlinien Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum neunten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, die Einleitung und Nr. 4 der Leitlinien, Abschnitt B Buchst. e und Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit und den Grundsatz der Gleichbehandlung sowie unzureichende Begründung Zusammenfassung der angefochtenen Entscheidung Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum zehnten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum elften Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung, des Verbots der Rückwirkung von Strafen und des Vertrauensschutzes Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zur Festsetzung des Endbetrags der gegen Deltafina verhängten Geldbuße Kosten * Verfahrenssprache: Italienisch.
Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 20. September 2011. # Regione autonoma della Sardegna (T-394/08), SF Turistico Immobiliare Srl (T-408/08), Timsas Srl (T-453/08) und Grand Hotel Abi d’Oru SpA (T-454/08) gegen Europäische Kommission. # Staatliche Beihilfen - Beihilfen für das Hotelgewerbe in der Region Sardinien - Entscheidung, mit der die Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt teils vereinbar und teils unvereinbar erklärt worden sind und ihre Rückforderung angeordnet worden ist - Neue Beihilfen - Begründungspflicht - Schutz des berechtigten Vertrauens - Anreizwirkung - De-Minimis-Regel. # Rechtssachen T-394/08, T-408/08, T-453/08 und T-454/08.
62008TJ0394
ECLI:EU:T:2011:493
2011-09-20T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2011 II-06255
Rechtssachen T‑394/08, T‑408/08, T‑453/08 und T‑454/08 Regione autonoma della Sardegna (Italien) u. a. gegen Europäische Kommission „Staatliche Beihilfen – Beihilfen zugunsten des Hotelgewerbes in der Region Sardinien – Entscheidung, mit der die Beihilfen zum Teil für vereinbar, zum Teil für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt werden und ihre Rückforderung angeordnet wird – Neue Beihilfen – Begründungspflicht – Vertrauensschutz – Anreizwirkung – De‑minimis‑Regel“ Leitsätze des Urteils 1.      Verfahren – Streithilfe – Andere Angriffs‑ und Verteidigungsmittel als die der unterstützten Partei – Zulässigkeit – Voraussetzung – Anknüpfung an den Streitgegenstand (Satzung des Gerichtshofs, Art. 40 Abs. 4; Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 116 § 4) 2.      Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Entscheidung, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG zu eröffnen – Entscheidung, die auf einem unvollständigen Sachverhalt oder auf einer rechtlich fehlerhaften Beurteilung dieses Sachverhalts beruht (Art. 88 Abs. 2 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 6 Abs. 1 und Art. 7) 3.      Nichtigkeitsklage – Anfechtbare Handlungen – Handlungen mit verbindlichen Rechtswirkungen – Entscheidung der Kommission, mit der das beihilferechtliche förmliche Prüfverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG abgeschlossen wird (Art. 88 Abs. 2 EG und 230 EG) 4.      Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Prüfung einer Beihilferegelung in ihrer Gesamtheit – Zulässigkeit – Folge (Art. 87 EG und 88 Abs. 3 EG) 5.      Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens – Frist von höchstens zwei Monaten – Unanwendbarkeit im Fall einer nicht angemeldeten Beihilfe – Kommission im Besitz von Informationen über eine angeblich rechtswidrige Beihilfe – Unverzügliche Prüfung – Umfang (Art. 87 EG und 88 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 10 Abs. 1) 6.      Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Verpflichtung, die infolge einer Beschwerde eingeleitete Vorprüfung innerhalb einer angemessenen Frist abzuschließen (Art. 87 EG und 88 EG) 7.      Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Entscheidung der Kommission im Bereich staatlicher Beihilfen (Art. 87 EG, 88 EG und 253 EG) 8.      Staatliche Beihilfen – Verwaltungsverfahren – Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt – Dem Geber und dem potenziellen Empfänger der Beihilfe obliegende Beweislast (Art. 88 Abs. 2 EG) 9.      Staatliche Beihilfen – Beihilfevorhaben – Durchführung ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission – Entscheidung der Kommission, mit der die Rückforderung der Beihilfe angeordnet wird – Begründungspflicht – Umfang (Art. 88 Abs. 3 EG und 253 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 14 Abs. 1) 10.    Staatliche Beihilfen – Bestehende und neue Beihilfen – Maßnahme zur Änderung einer bestehenden Beihilferegelung – Qualifizierung als neue Beihilfen – Kriterien – Beurteilung (Art. 87 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Art. 1 Buchst. b und c) 11.    Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt – Ermessen (Art. 87 EG und 88 EG) 12.    Einrede der Rechtswidrigkeit – Umfang – Handlungen, deren Rechtswidrigkeit geltend gemacht werden kann – Leitlinien der Kommission für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung – Einbeziehung – Voraussetzungen (Art. 87 Abs. 3 Buchst. a und c EG, 230 EG und 241 EG; Mitteilung 98/C 74/06 der Kommission) 13.    Staatliche Beihilfen – Verbot – Ausnahmen – Staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung – Kriterien (Art. 87 EG und 88 EG; Mitteilung 98/C 74/06 der Kommission, Ziff. 4.2) 14.    Staatliche Beihilfen – Verwaltungsverfahren – Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt – Dem Geber und dem potenziellen Empfänger der Beihilfe obliegende Beweislast (Art. 88 Abs. 2 EG) 15.    Staatliche Beihilfen – Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt – Mögliches berechtigtes Vertrauen der Betroffenen – Schutz – Voraussetzungen und Grenzen (Art. 88 EG) 16.    Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Beihilfen von geringer Bedeutung – Aufteilung einer Beihilfe, die den geltenden Schwellenwert übersteigt, um einen Teil von ihr der De‑minimis‑Regel unterstellen zu können – Unzulässigkeit (Art. 88 Abs. 3 EG; Verordnungen der Kommission Nr. 69/2001, Art. 2 Abs. 1 und 2, und Nr. 1998/2006, Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 2) 1.      Art. 40 Abs. 4 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 116 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichts verleihen dem Streithelfer das Recht, nicht nur Argumente, sondern auch Angriffs- und Verteidigungsmittel selbständig vorzubringen, soweit sie die Anträge einer der Parteien unterstützen und nicht völlig anderer Natur sind als die Erwägungen, die dem Rechtsstreit, wie er zwischen dem Kläger und dem Beklagten begründet worden ist, zugrunde liegen, was den Gegenstand des Rechtsstreits verändern würde. Das Gericht hat daher bei der Entscheidung über die Zulässigkeit der von einem Streithelfer angeführten Angriffs- und Verteidigungsmittel zu prüfen, ob diese mit dem Streitgegenstand in Zusammenhang stehen, wie er von den Parteien festgelegt worden ist. (vgl. Randnrn. 42-43) 2.      Im Rahmen des Verfahrens zur Prüfung der Vereinbarkeit von Beihilfen der Mitgliedstaaten mit dem Gemeinsamen Markt kann die abschließende Entscheidung der Kommission in gewissem Maße vom Einleitungsbeschluss abweichen, ohne dass dies zur Rechtswidrigkeit der abschließenden Entscheidung führt. Demgemäß muss die Kommission keine Berichtigung der Entscheidung zur Einleitung eines förmlichen Prüfungsverfahrens vornehmen. Gleichwohl ist es logisch und liegt darüber hinaus im Interesse der potenziellen Begünstigten einer Beihilferegelung, dass die Kommission, wenn sie nach Erlass einer Entscheidung zur Eröffnung eines förmlichen Verfahrens zur Prüfung einer von einem Mitgliedstaat gewährten Beihilfe bemerkt, dass diese entweder auf einem unvollständigen Sachverhalt oder auf einer rechtlich fehlerhaften Beurteilung dieses Sachverhalts beruht, die Möglichkeit haben muss, ihren Standpunkt mit Hilfe einer Berichtigungsentscheidung anzupassen. Eine solche Berichtigungsentscheidung nebst einer Aufforderung an die Beteiligten, Stellung zu nehmen, erlaubt diesen nämlich, auf die eingetretene Veränderung in der vorläufigen Beurteilung der betreffenden Maßnahme durch die Kommission zu reagieren und ihren Standpunkt hierzu zur Geltung zu bringen. Hierbei könnte sich die Kommission auch dafür entscheiden, zunächst eine Entscheidung der Beendigung des Verfahrens ohne Folgen und dann aufgrund ihrer geänderten rechtlichen Beurteilung eine neue Entscheidung zur Eröffnung eines förmlichen Prüfungsverfahrens zu erlassen, die im Wesentlichen den gleichen Inhalt wie die Berichtigungsentscheidung hätte. Unter diesen Umständen sollte aufgrund von Erwägungen der Verfahrensökonomie und des Grundsatzes der ordnungsgemäßer Verwaltung der Erlass einer Berichtigungsentscheidung im Vergleich zur Beendigung des Verfahrens und der Eröffnung eines neuen Verfahrens den Vorzug verdienen. Bei der rechtlichen Einstufung einer solchen Berichtigungsentscheidung, die zu der Eröffnungsentscheidung hinzutritt, um mit dieser zusammen eine geänderte Eröffnungsentscheidung zu bilden, ist festzustellen, dass sie deren rechtliche Qualität teilt. Denn die Mitteilung über die Eröffnung eines förmlichen Prüfungsverfahrens dient lediglich dem Zweck, von den Beteiligten alle Auskünfte zu erhalten, die dazu beitragen können, der Kommission Klarheit über ihr weiteres Vorgehen zu verschaffen. (vgl. Randnrn. 70-73) 3.      Die abschließende Entscheidung, die die Kommission zur Beendigung des förmlichen Verfahrens zur Prüfung einer staatlichen Beihilfe nach Art. 88 Abs. 2 EG erlassen hat, stellt eine nach Art. 230 EG anfechtbare Handlung dar. Eine solche Entscheidung erzeugt nämlich bindende Rechtswirkungen, die die Interessen der Betroffenen beeinträchtigen können, da sie das in Rede stehende Verfahren beendet und eine abschließende Äußerung zur Vereinbarkeit der geprüften Maßnahme mit den für staatliche Beihilfen geltenden Regeln enthält. Folglich haben die Betroffenen immer die Möglichkeit, die abschließende Entscheidung, die das förmliche Prüfungsverfahren beendet, anzufechten, und sie müssen in diesem Rahmen die verschiedenen Gesichtspunkte, die dem endgültigen Standpunkt der Kommission zugrunde liegen, angreifen können. Diese Möglichkeit besteht unabhängig von der Frage, ob der Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfungsverfahrens Rechtswirkungen hervorbringt, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein können. Es ist allerdings möglich, Klage gegen die Eröffnungsentscheidung zu erheben, wenn diese endgültige Rechtswirkungen zeitigt, die nicht durch die abschließende Entscheidung a posteriori beseitigt werden können. Dies ist dann der Fall, wenn die Kommission das förmliche Prüfungsverfahren für eine Maßnahme eröffnet, die sie vorläufig als neue Beihilfe einstuft, und diese Eröffnungsentscheidung im Vergleich zur abschließenden Entscheidung eigenständige Rechtswirkungen mit sich bringt. Die Aussetzung der Vollziehung der betreffenden Maßnahme, die sich gemäß Art. 88 Abs. 3 EG aus der vorläufigen Einstufung dieser Maßnahme als neue Beihilfe ergibt, weist gegenüber der abschließenden Entscheidung Eigenständigkeit auf, die zeitlich bis zum Abschluss des förmlichen Verfahrens begrenzt ist. Die Möglichkeit, einen Einleitungsbeschluss anzufechten, kann jedoch nicht zu einer Schmälerung der Verfahrensrechte der Betroffenen führen und sie daran hindern, die abschließende Entscheidung anzufechten und zur Begründung der Klage Mängel geltend zu machen, die alle Abschnitte des Verfahrens betreffen, das zu dieser Entscheidung geführt hat. Demnach hindert der Umstand, dass die Klägerinnen und die Streithelferinnen nicht binnen der vorgeschriebenen Frist Klage gegen eine Berichtigungsentscheidung der Kommission erheben, sie nicht daran, Klagegründe geltend zu machen, die sich auf die Rechtswidrigkeit der abschließenden Entscheidung der Kommission stützen, so dass der Unzulässigkeitseinwand der Kommission zurückzuweisen ist. (vgl. Randnrn. 77-79) 4.      Im Rahmen einer staatlichen Beihilferegelung ist die Kommission grundsätzlich nicht verpflichtet, die in einzelnen Fällen gewährten Beihilfen zu prüfen, sondern kann sich darauf beschränken, die Merkmale der betreffenden Regelung zu untersuchen. Im Übrigen können besondere Umstände bei einzelnen Begünstigten einer Beihilferegelung erst im Stadium der Rückforderung der Beihilfe durch den betreffenden Mitgliedstaat gewürdigt werden. Andernfalls trüge die Kommission im Fall einer entgegen Art. 88 Abs. 3 EG rechtswidrig durchgeführten Regelung eine schwerere Beweislast als in dem Fall, dass der betreffende Mitgliedstaat die Pflicht zur Anzeige nach dieser Vorschrift eingehalten hätte, weil im letztgenannten Fall die besonderen Umstände bei den potenziell Begünstigten im Stadium der Prüfung definitionsgemäß unbekannt sind. Die Kommission kann sich daher darauf beschränken, die Beihilferegelung als solche zu prüfen, und hat weder die Beziehungen zwischen den begünstigten Unternehmen und dem betroffenen Staat noch die Unterschiede zwischen den verschiedenen betroffenen Unternehmen, noch das etwaige berechtigte Vertrauen zu berücksichtigen, das von einigen dieser Unternehmen geltend gemacht werden könnte. Diese Umstände können erst im Stadium der Rückforderung der einzelnen Beihilfen Berücksichtigung finden. (vgl. Randnrn. 91-92) 5.      Nach Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 88 EG prüft die Kommission, wenn sie sich im Besitz von Informationen gleich welcher Herkunft über angeblich rechtswidrige Beihilfen befindet, diese Informationen unverzüglich. Diese Vorschrift ist nicht als Verweisung auf die Beendigung der Vorprüfungsphase zu verstehen, sondern als Bezugnahme auf den Beginn der Vorprüfung, was dadurch bestätigt wird, dass die Kommission nicht an die übliche Frist im Fall einer Vorprüfung gebunden ist, die durch eine Beschwerde ausgelöst wird. Denn die Frist von zwei Monaten, in der die Kommission die Vorprüfungsphase abschließen muss, gilt ausschließlich für Beihilfen, die von den Mitgliedstaaten angemeldet wurden, nicht aber für die Fälle, in denen die Vorprüfungsphase zum Beispiel durch eine Beschwerde ausgelöst wurde. (vgl. Randnrn. 97-98) 6.      Da die Kommission eine ausschließliche Zuständigkeit für die Beurteilung der Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt besitzt, hat sie im Interesse einer ordnungsgemäßen Anwendung der grundlegenden Vorschriften des Vertrags auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen eine Beschwerde, mit der beanstandet wird, dass eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe gewährt worden sei, sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen, und kann die Vorprüfung staatlicher Maßnahmen, gegen die eine Beschwerde wegen ihrer Beihilfenatur erhoben worden ist, nicht unbegrenzt hinausschieben. Die Angemessenheit der Dauer eines solchen Verwaltungsverfahrens beurteilt sich nach den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls und insbesondere nach dessen Kontext, den verschiedenen Verfahrensabschnitten, die die Kommission zu durchlaufen hat, dem Verhalten der Beteiligten im Laufe des Verfahrens, der Komplexität der Angelegenheit sowie ihrer Bedeutung für die verschiedenen Beteiligten. (vgl. Randnr. 99) 7.      Die Begründungspflicht der Kommission gilt nicht für die Dauer des Prüfungsverfahrens einer staatlichen Beihilfe, sondern nur für den eigentlichen Inhalt der Entscheidung. Denn die nach Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung muss der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. Die Dauer eines Verfahrens ergibt sich nicht aus Erwägungen des betreffenden Organs, mit denen diese Dauer gerechtfertigt werden könnte, sondern ist ein rein faktischer Umstand, der allein von der Zeit abhängig ist, die das Organ benötigt, um dieses Verfahren zu Ende zu führen. Sie gehört daher nicht zum Inhalt der Entscheidung, der der Begründung bedürfte. Sie erfordert allein die rein faktische Anführung der verschiedenen Verfahrensstufen bis zum Erlass der betreffenden Entscheidung. (vgl. Randnrn. 120-122) 8.      Sofern die Entscheidung über die Verfahrenseröffnung gemäß Art. 88 Abs. 2 EG eine hinreichende vorläufige Beurteilung der Kommission enthält, in deren Rahmen die Gründe erläutert werden, aus denen sie Zweifel an der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt hat, ist es Sache des betroffenen Mitgliedstaats und des Beihilfeempfängers, die Gesichtspunkte vorzutragen, die die Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt belegen. Gleichwohl handelt es sich hier nur um eine Regel der Beweislast und nicht der Begründungspflicht, so dass gegebenenfalls die Kommission in ihrer Entscheidung die Gründe anzuführen hat, die sie zu der Annahme bewogen haben, dass trotz der vom Mitgliedstaat oder den Begünstigten beigebrachten Gesichtspunkte die betreffenden Beihilfen nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind. (vgl. Randnr. 132) 9.      Die Kommission ist im Bereich staatlicher Beihilfen, wenn entgegen Art. 88 Abs. 3 EG eine Beihilfe bereits ausgezahlt wurde, nicht verpflichtet, besondere Gründe für die Ausübung ihrer Befugnis anzugeben, den nationalen Behörden die Rückforderung der Beihilfe aufzugeben. Diese vor Inkrafttreten der Verordnung Nr. 659/1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 88 EG gefundene Lösung ist im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 dieser Verordnung weiterhin anzuwenden. Die Entscheidung, die Beihilfe zurückfordern zu lassen, ist somit die nahezu automatische Konsequenz der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und ihrer Unvereinbarkeit – unter dem einzigen Vorbehalt, der sich aus Art. 14 Abs. 2 ergibt, dass die Rückforderung der Beihilfe nicht gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstößt. Die Kommission hat also insoweit keinen Ermessensspielraum. Unter solchen Umständen kann sie, wenn sie einmal die Gründe dargelegt hat, aus denen ihrer Meinung nach die betreffende Beihilfe rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, nicht verpflichtet sein, ihre Entscheidung, die die Rückforderung anordnet, zu begründen. (vgl. Randnr. 152) 10.    Im Bereich staatlicher Beihilfen sind Maßnahmen zur Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen neue Beihilfen. Insbesondere wird die ursprüngliche Regelung in eine neue Beihilferegelung umgewandelt, wenn die Änderung sie in ihrem Kern selbst betrifft. Ist die Umgestaltung aber nicht wesentlich, so kann nur sie als neue Beihilfe eingestuft werden. Insbesondere wenn eine Genehmigungsentscheidung der Kommission ausdrücklich die Voraussetzung erwähnt, dass der Beihilfeantrag zwingend dem Beginn der Durchführung der Investitionsvorhaben vorauszugehen hat, und der betroffene Mitgliedstaat aufgrund einer nach der Genehmigungsentscheidung erlassenen Regelung Beihilfen für regionale Projekte gewährt, deren Durchführung vor der Einreichung der Beihilfeanträge begonnen hat, handelt es sich um neue Beihilfen im Sinne von Art. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 659/1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 88 EG. Denn eine solche Änderung kann nicht als geringfügig oder unbedeutend betrachtet werden. Da die Kommission regelmäßig ihre Genehmigung von Beihilferegelungen mit regionaler Zielsetzung von der Voraussetzung abhängig macht, dass der Beihilfeantrag zwingend dem Beginn der Durchführung der Projekte vorauszugehen hat, liegt auf der Hand, dass der Wegfall dieser Voraussetzung nicht ohne Einfluss auf die Beurteilung der Vereinbarkeit dieser Beihilfemaßnahme mit dem Gemeinsamen Markt bleiben kann. (vgl. Randnrn. 176-179) 11.    Die Vereinbarkeit einer Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt ist ausschließlich aufgrund der ihr eigenen Merkmale nach dem Maßstab der Politik zu beurteilen, die die Kommission zum Zeitpunkt dieser Beurteilung verfolgt. Demgegenüber kann die Beurteilung der Vereinbarkeit einer Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt nicht dadurch beeinflusst werden, dass ihr möglicherweise andere Regelungen vorausgegangen sind, bei denen die Kommission bestimmte Modalitäten akzeptiert hat. Andernfalls könnte nämlich nicht so wäre, könnte die Kommission die Kriterien, nach denen sie die Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen beurteilt, nicht mehr ändern; diese Befugnis muss sie aber haben, um sowohl auf die Entwicklung der Beihilfenpraxis der Mitgliedstaaten als auch auf die Entwicklung des Gemeinsamen Marktes reagieren zu können. (vgl. Randnr. 190) 12.    Art. 241 EG ist der Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes, der jeder Partei das Recht gewährleistet, zum Zweck der Nichtigerklärung einer sie unmittelbar und individuell betreffenden Entscheidung die Gültigkeit derjenigen früheren Rechtshandlungen der Gemeinschaftsorgane zu bestreiten, welche die Rechtsgrundlage für die angegriffene Entscheidung bilden, falls die Partei nicht das Recht hatte, gemäß Art. 230 EG unmittelbar gegen diese Rechtshandlungen zu klagen, deren Folgen sie nunmehr erleidet, ohne dass sie ihre Nichtigerklärung hätte beantragen können. Bei den Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung ergibt sich aus ihrem einleitenden Teil, dass sie allgemein und abstrakt die Kriterien festlegen, die die Kommission bei der Würdigung der Vereinbarkeit von Beihilfen mit regionaler Zielsetzung mit dem Gemeinsamen Markt auf der Grundlage des Art. 87 Abs. 3 Buchst. a und c EG heranzieht und die folglich für die Mitgliedstaaten, die solche Beihilfen gewähren, die Rechtssicherheit sicherstellen. Insbesondere gilt die in Ziff. 4.2 dieser Leitlinien festgelegte Voraussetzung für sämtliche in diesen Leitlinien behandelten Beihilfen ohne Rücksicht auf ihren Gegenstand, ihre Form oder ihren Betrag. Da sich die Kommission in ihrer abschließenden Entscheidung im Rahmen ihrer Würdigung der Vereinbarkeit bestimmter Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt ausdrücklich auf Ziff. 4.2 der Leitlinien beruft, kann die dort niedergelegte Voraussetzung, auch wenn Ziff. 4.2 nicht die Rechtsgrundlage dieser Entscheidung bildet, als allgemein und abstrakt die Art und Weise bestimmend betrachtet werden, in der die Kommission die Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt gewürdigt hat. In diesem Fall besteht ein unmittelbarer rechtlicher Zusammenhang zwischen der abschließenden Entscheidung der Kommission und den Leitlinien; da eine Partei nicht die Nichtigerklärung dieser Leitlinien, die ein allgemeiner Rechtsakt sind, verlangen konnte, können diese mit dem Einwand der Rechtswidrigkeit angegriffen werden. (vgl. Randnrn. 206, 208-210) 13.    Die Anwendung des Kriteriums der Ziff. 4.2 der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung, nach dem die Beihilferegelungen vorsehen müssen, dass der Beihilfeantrag vor Beginn der Projektausführung gestellt wird, soll feststellen helfen, ob eine Beihilfemaßnahme eine Anreizwirkung hat, wenn es in einem Fall nicht möglich ist, eine vollständige Prüfung sämtlicher wirtschaftlicher Aspekte der Investitionsentscheidung der zukünftigen Beihilfeempfänger durchzuführen. Insoweit ergibt sich aus Ziff. 2 Abs. 2 bis 4 der Leitlinien, dass die Kommission grundsätzlich Beihilfen mit regionaler Zielsetzung nur in Form von Beihilferegelungen zulässt, weil sie der Meinung ist, dass einzelne Ad-hoc-Beihilfen nicht die Voraussetzung erfüllen, dass zwischen den hieraus resultierenden Wettbewerbsverfälschungen und den Vorteilen der Beihilfe für die Entwicklung eines benachteiligten Gebiets ein Gleichgewicht gewährleistet werden kann. Bei der Prüfung der Vereinbarkeit einer notifizierten Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt sind die besonderen Umstände, wie sie bei den verschiedenen potenziellen Begünstigten der Regelung und bei den konkreten Projekten, für die diese Subventionen beantragen können, vorliegen, der Kommission per definitionem unbekannt. Diese muss sich folglich bei der Bewertung der Vereinbarkeit einer Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt auf Kriterien stützen, die entweder unabhängig von den besonderen Umständen sind, wie sie bei den zukünftigen Begünstigten vorliegen, oder die bei allen zukünftigen Begünstigten übereinstimmen. Die Forderung, dass der Beihilfeantrag dem Beginn der Durchführung des subventionierten Projekts vorausgehen muss, erlaubt es, sicherzustellen, dass das betreffende Unternehmen klar seinen Willen manifestiert hat, die betreffende Beihilferegelung in Anspruch zu nehmen, bevor mit der Durchführung des Projekts begonnen wird. Damit kann vermieden werden, dass nachträglich Anträge für Projekte eingereicht werden, mit deren Durchführung unabhängig von der Geltung einer Beihilferegelung begonnen wurde. Angesichts dieser Erwägungen ist die einfache Feststellung, dass der Beihilfeantrag dem Beginn der Durchführung des Investitionsprojekts vorausgeht, ein einfaches, sachgerechtes und angemessenes Kriterium, das der Kommission erlaubt, das Vorliegen einer Anreizwirkung zu vermuten. (vgl. Randnr. 215) 14.    Im Bereich staatlicher Beihilfen ist es, wenn die Kommission die Einleitung des förmlichen Prüfungsverfahrens beschließt, Sache des betreffenden Mitgliedstaats und der Begünstigten der entsprechenden Maßnahmen, die Gründe vorzutragen, die belegen sollen, dass die betreffende Maßnahme keine Beihilfe oder doch mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, da es das Ziel des förmlichen Prüfungsverfahrens ist, die Kommission über alle Gegebenheiten der Sache aufzuklären. Zwar muss die Kommission ihre Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beihilfe klar zum Ausdruck bringen, wenn sie ein förmliches Verfahren eröffnet, um es dem Mitgliedstaat und den Beteiligten zu ermöglichen, sich umfassend dazu zu äußern, doch ändert dies nichts daran, dass es Sache desjenigen ist, der die Beihilfe beantragt hat, diese Zweifel auszuräumen und nachzuweisen, dass seine Investition die Voraussetzung für die Gewährung der Beihilfe erfüllt. Insbesondere ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass es bei dem Versuch, für neue oder geänderte Beihilfen abweichend von den Vorschriften des EG‑Vertrags eine Genehmigung zu erhalten, Sache des betreffenden Mitgliedstaats ist, aufgrund seiner Pflicht zur Zusammenarbeit mit der Kommission gemäß Art. 10 EG alle Angaben zu übermitteln, die geeignet sind, diesem Organ die Nachprüfung zu ermöglichen, ob die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung erfüllt sind. (vgl. Randnr. 246) 15.    Außer bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände ist eine Berufung auf berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit einer Beihilfe grundsätzlich nur möglich, wenn diese Beihilfe unter Beachtung des in Art. 88 EG vorgeschriebenen Verfahrens gewährt wurde. Einem sorgfältigen Gewerbetreibenden muss es nämlich regelmäßig möglich sein, sich zu vergewissern, ob dieses Verfahren beachtet wurde. Folglich kann es Empfängern von Beihilfen, die die in der Genehmigungsentscheidung der Kommission genannten Voraussetzungen nicht beachten, grundsätzlich nicht gestattet werden, sich auf ein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit dieser Beihilfen zu berufen. Es ist zwar keineswegs ausgeschlossen, dass die Empfänger einer rechtswidrigen Beihilfe im Verfahren zur Rückforderung dieser Beihilfe außergewöhnliche Umstände, die bei ihnen ein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit dieser Beihilfe begründen konnten, geltend machen und sie der Rückforderung entgegenhalten können. Jedoch können sich diese Begünstigten auf außergewöhnliche Umstände nach den einschlägigen Vorschriften des nationalen Rechts nur im Rahmen des Verfahrens der Rückforderung vor den nationalen Gerichten berufen, die allein dafür zuständig sind, nachdem sie gegebenenfalls dem Gerichtshof Auslegungsfragen zur Vorabentscheidung vorgelegt haben, die Umstände des Falles zu beurteilen. Da nach dem in Art. 87 Abs. 1 EG aufgestellten allgemeinen Grundsatz staatliche Beihilfen verboten und Ausnahmen von diesem Grundsatz eng auszulegen sind, betrifft eine Entscheidung, keine Einwände gegen eine Beihilferegelung zu erheben, nur die tatsächliche Gewährung der unter diese Regelung fallenden Beihilfen und kann somit ein berechtigtes Vertrauen der von ähnlichen zukünftigen Beihilfeprojekten potenziell Begünstigten in die Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt nicht entstehen lassen. (vgl. Randnrn. 274-277, 283) 16.    Im Bereich staatlicher Beihilfen ist Ziel der De‑minimis‑Regel die Vereinfachung der Verwaltungsverfahren sowohl im Interesse der Empfänger von verhältnismäßig unbedeutenden Beihilfen, die daher den Wettbewerb nicht verfälschen können, als auch der Kommission, die ihren Personaleinsatz auf die Fälle von wirklicher Bedeutung auf Gemeinschaftsebene konzentrieren können muss. Insoweit würde die Zulassung der Aufteilung einer Beihilfe, um einen Teil von ihr der De‑minimis‑Regel unterstellen zu können, nicht der Verfolgung des genannten Ziels dienen. Der bloße Abzug des dem Schwellenbetrag entsprechenden Betrags vom Betrag einer geplanten Beihilfe für ein Unternehmen erspart es der Kommission weder, die Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt für den diesen Schwellenwert übersteigenden Betrag prüfen zu müssen, noch dem betreffenden Unternehmen, bis zum Erhalt der Beihilfe auf das Ende dieser Prüfung warten zu müssen oder aber, im Fall einer rechtswidrigen Beihilfe, diese gegebenenfalls zurückzahlen zu müssen. Außerdem besagt der Begriff der De‑minimis‑Beihilfe, dass es sich um eine Beihilfe von geringer Höhe handelt. Ließe man aber nachträglich die Aufteilung von Beihilfen zu, die den insoweit geltenden Schwellenwert überstiegen, liefe dies darauf hinaus, Beihilfen, die anfangs keineswegs geringfügig waren, teilweise die De‑minimis‑Regel zugutekommen zu lassen. Zwar kann der betreffende Mitgliedstaat im Anschluss an die Rückforderung des Gesamtbetrags der rechtswidrig gewährten Beihilfe dem Unternehmen grundsätzlich sofort eine neue De‑minimis‑Beihilfe bis zum Schwellenwert von 100 000 Euro gewähren. Dies erfordert jedoch eine neue Entscheidung über die Zuweisung öffentlicher Mittel seitens des Mitgliedstaats, so dass das Verbot der Aufteilung nicht als eine bloße Formvorschrift verstanden werden kann. Somit ist Art. 2 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 69/2001 über die Anwendung der Artikel 87 EG und 88 EG auf De‑minimis‑Beihilfen dahin auszulegen, dass die Entbindung von der Notifizierungspflicht gemäß Art. 88 Abs. 3 EG nicht auf Beträge Anwendung finden kann, die Teil einer Beihilfe sind, deren Gesamtbetrag den Schwellenwert von 100 000 Euro für einen Zeitraum von drei Jahren übersteigt. Auf jeden Fall ist die ausdrückliche Aufnahme dieser restriktiven Auslegung in Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1998/2006 über die Anwendung der Artikel 87 EG und 88 EG auf De‑minimis‑Beihilfen im Sinne der Einführung einer Klarstellung und nicht als Aufstellung einer neuen Voraussetzung für die Anwendung der De‑minimis‑Regel zu verstehen. (vgl. Randnrn. 304-305, 308-311) URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer) 20. September 2011(*) „Staatliche Beihilfen – Beihilfen zugunsten des Hotelgewerbes in der Region Sardinien – Entscheidung, mit der die Beihilfen zum Teil für vereinbar, zum Teil für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt werden und ihre Rückforderung angeordnet wird – Neue Beihilfen – Begründungspflicht – Vertrauensschutz – Anreizwirkung – De-minimis-Regel“ In den Rechtssachen T‑394/08, T‑408/08, T‑453/08 und T‑454/08 Regione autonoma della Sardegna (Italien), Prozessbevollmächtigte: A. Fantozzi, P. Carrozza und G. Mameli, avvocati, Klägerin in der Rechtssache T‑394/08, unterstützt durch Selene di Alessandra Cannas Sas mit Sitz in Cagliari (Italien), HGA Srl mit Sitz in Golfo Aranci (Italien), Gimar Srl mit Sitz in Sassari (Italien), Coghene Costruzioni Srl mit Sitz in Alghero (Italien), Camping Pini e Mare di Cogoni Franco & C. Sas mit Sitz in Quartu Sant’Elena (Italien), Immobiliare 92 Srl mit Sitz in Arzachena (Italien), Gardena Srl mit Sitz in Santa Teresa di Gallura (Italien), Hotel Stella 2000 Srl mit Sitz in Olbia (Italien), Vadis Srl mit Sitz in Valledoria (Italien), Macpep Srl mit Sitz in Sorso (Italien), San Marco Srl mit Sitz in Alghero, Due Lune SpA mit Sitz in Mailand (Italien), Nicos Residence Srl mit Sitz in Santa Teresa di Gallura, Rosa Murgese mit Sitz in Iglesias (Italien), Mavi Srl mit Sitz in Arzachena, Hotel Mistral di Bruno Madeddu & C. Sas mit Sitz in Alghero, L’Esagono di Mario Azara & C. Snc mit Sitz in San Teodoro (Italien), Le Buganville di Cogoni Giuseppe & C. Snc mit Sitz in Villasimius (Italien), Le Dune di Stefanelli Vincenzo & C. Snc mit Sitz in Arbus (Italien), Prozessbevollmächtigte: G. Dore, F. Ciulli, A. Vinci, avvocati, Streithelferinnen in der Rechtssache T‑394/08, SF Turistico Immobiliare Srl mit Sitz in Orosei (Italien), Prozessbevollmächtigter: L. Marcialis, avvocato, Klägerin in der Rechtssache T‑408/08, Timsas Srl mit Sitz in Arezzo (Italien), Prozessbevollmächtigte: D. Dodaro, S. Pinna und S. Cianciullo, avvocati, Klägerin in der Rechtssache T‑453/08, Grand Hotel Abi d’Oru SpA mit Sitz in Olbia, Prozessbevollmächtigte: D. Dodaro, S. Cianciullo und R. F. Masuri, avvocati, Klägerin in der Rechtssache T‑454/08, gegen Europäische Kommission, vertreten in den Rechtssachen T‑394/08 und T‑454/08 durch E. Righini, D. Grespan und C. Urraca Caviedes, in der Rechtssache T‑408/08 durch E. Righini und M. Grespan sowie in der Rechtssache T‑453/08 durch D. Grespan und C. Urraca Caviedes als Bevollmächtigte, Beklagte in den Rechtssachen T‑394/08, T‑408/08, T‑453/08 und T‑454/08, wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2008/854/EG der Kommission vom 2. Juli 2008 über die Beihilferegelung „Regionalgesetz Nr. 9/1998 – missbräuchliche Anwendung der Beihilfe Nr. 272/98“ C 1/04 (ex NN 158/03 und CP 15/2003) (ABl. L 302, S. 9), mit dem die Autonome Region Sardinien Beihilfen für Startinvestitionen im Hotelgewerbe in Sardinien gewährt hat, erlässt DAS GERICHT (Vierte Kammer) unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová (Berichterstatterin), der Richterin K. Jürimäe und des Richters M. van der Woude, Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Februar 2011 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1        Am 11. März 1998 verabschiedete die Autonome Region Sardinien (im Folgenden: Region Sardinien) die legge regionale n° 9, incentivi per la riqualificazione e l’adeguamento delle strutture alberghiere e norme modificative e integrative della legge regionale 14 settembre 1993, n. 40 (interventi creditizi a favore dell’industria alberghiera) (Regionalgesetz Nr. 9 über Kreditmaßnahmen zur Förderung der Erneuerung und Anpassung der Hotelstrukturen mit Vorschriften zur Änderung und Ergänzung des Regionalgesetzes Nr. 40 vom 14. September 1993, Bollettino ufficiale della Regione Autonoma della Sardegna Nr. 9 vom 21. März 1998, im Folgenden: Gesetz Nr. 9/1998), die am 5. April 1998 in Kraft trat. 2        Art. 2 dieses Gesetzes führte zugunsten der Unternehmen des Hotelgewerbes Beihilfen ein für Startinvestitionen in Form von Subventionen und Vorzugsdarlehen sowie Betriebsbeihilfen nach der De-minimis-Regel (im Folgenden: Startbeihilferegelung oder Startregelung). 3        Mit Schreiben vom 6. Mai 1998 übermittelten die italienischen Behörden der Kommission das Gesetz Nr. 9/1998 und verpflichteten sich zugleich, die Startbeihilferegelung vor dessen etwaiger Genehmigung durch die Kommission nicht anzuwenden. 4        Mit Schreiben vom 22. Juni 1998 teilten die italienischen Behörden der Kommission in Beantwortung eines Ersuchens um zusätzliche Informationen mit, dass die Durchführungsvorschriften zur Startbeihilferegelung erst nach etwaiger Genehmigung dieser Regelung erlassen würden. 5        Mit Schreiben vom 28. September 1998 teilten die italienischen Behörden der Kommission ferner mit, dass die Gewährung der im Gesetz Nr. 9/1998 vorgesehenen Beihilfen nur „später“ durchzuführende Projekte betreffen könne und dass diese Bedingung in den Durchführungsvorschriften zu diesem Gesetz festgehalten werde. 6        Mit Entscheidung SG(1998) D/9547 vom 12. November 1998 genehmigte die Kommission die durch das Gesetz Nr. 9/1998 geschaffene Beihilferegelung „N 272/98 – Italien – Hilfe für das Hotelgewerbe“. In dieser Entscheidung gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass die ursprüngliche Beihilferegelung gemäß Art. 92 Abs. 3 Buchst. a EG (jetzt Art. 87 Abs. 3 Buchst. a EG) mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei. 7        Am 29. April 1999 erließ der Assessore del Turismo, Artigianato e Commercio (Beigeordneter für Tourismus, Handwerk und Gewerbe) der Region Sardinien das decreto n. 285, Esecutività della deliberazione della giunta regionale n. 58/60 del 22.12.1998 come modificata dalla deliberazione n° 16/20 del 16.03.1999 che approva la direttiva di attuazione prevista dall’art. 2 della L.R. 11 marzo 1998 n. 9 disciplinante: incentivi per la riqualificazione delle strutture alberghiere e norme modificativi della L.R. 14. settembre 1993 n. 40 (Dekret Nr. 285 zur Durchführung des Gesetzes Nr. 9/1998, Bollettino ufficiale della Regione Autonoma della Sardegna Nr. 15 vom 8. Mai 1999, im Folgenden: Dekret Nr. 285/1999). 8        Gemäß Art. 2 des Dekrets Nr. 285/1999 sollte die ursprüngliche Beihilferegelung im Rahmen eines Verfahrens zur Aufforderung zur Abgabe von Anträgen angewandt werden. Die Art. 4 und 5 dieses Dekrets sahen jeweils vor, dass die gewährten Beihilfen Projekte betreffen mussten, die nach Einreichung der Anträge durchgeführt werden sollten, und dass die beihilfefähigen Ausgaben zeitlich nach diesen Anträgen erfolgen sollten. Art. 17 („Übergangsvorschrift“) des Dekrets Nr. 285/1999 sah indessen vor, dass beihilfefähig die nach dem 5. April 1998, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes Nr. 9/1998, getätigten oder übernommenen Ausgaben und Maßnahmen seien. 9        Am 27. Juli 2000 erließ die Region Sardinien den Beschluss Nr. 33/3 zur Aufhebung des Dekrets Nr. 285/1999 wegen Formfehlern und den Beschluss Nr. 33/4 mit neuen Durchführungsvorschriften für die ursprüngliche Beihilferegelung (im Folgenden: Beschluss Nr. 33/3 bzw. 34/3). 10      Am gleichen Tag erließ die Region Sardinien ebenfalls den Beschluss Nr. 33/6, in dem festgelegt wurde, dass, soweit die Veröffentlichung des Dekrets Nr. 285/1999, das dem Gemeinschaftsrecht nicht entsprechende Bestimmungen enthielt, bei den potenziellen Empfängern einer Beihilfe die Erwartung begründet haben könnte, dass alle nach dem 5. April 1998 durchgeführten Arbeiten als beihilfefähig angesehen würden, bei der ersten Anwendung des Gesetzes Nr. 9/1998 die nach diesem Zeitpunkt durchgeführten Arbeiten zu berücksichtigen sind, soweit sie Gegenstand eines Beihilfeantrags im Rahmen der ersten jährlichen Aufforderung zur Einreichung von Anträgen waren. 11      Mit Schreiben vom 2. November 2000 teilten die italienischen Behörden in Beantwortung einer Anfrage der Kommission zu den zur Sicherstellung der Vereinbarkeit der geltenden Beihilferegelungen ab 1. Januar 2000 mit den Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung vom 10. März 1998 (ABl. C 74, S. 9, im Folgenden: Leitlinien von 1998) ergriffenen Maßnahmen dieser die Durchführungsvorschriften zum Gesetz Nr. 9/1998 mit und übermittelten eine Kopie des Beschlusses Nr. 33/4, ohne allerdings den Beschluss Nr. 33/6 zu erwähnen. 12      Am 29. Dezember 2000 veröffentlichte die Region Sardinien die erste Aufforderung zur Einreichung von Anträgen in Anwendung der ursprünglichen Beihilferegelung. 13      Mit Schreiben vom 28. Februar 2001 ersuchte die Kommission die italienischen Behörden um ergänzende Information zur Anwendung des Gesetzes Nr. 9/1998 sowie zum Aufforderungsverfahren und zur Art und Weise, wie im Rahmen dieses Verfahrens die Vorschrift beachtet worden sei, dass der Antrag vor Beginn der Durchführung des Projekts gestellt werden müsse. 14      Mit Schreiben vom 25. April 2001, dem erneut der Beschluss Nr. 33/4 beigefügt war, bestätigten die italienischen Behörden, dass die Beihilferegelung, wie sie angewendet werde, den Leitlinien von 1998 entspreche. 15      Am 21. Februar 2003 erhielt die Kommission eine Beschwerde, mit der eine missbräuchliche Anwendung der ursprünglichen Beihilferegelung beanstandet wurde. Im Anschluss an diese Beschwerde ersuchte die Kommission am 26 Februar 2003 die italienischen Behörden um ergänzende Informationen. 16      Mit Schreiben vom 22. April 2003 antworteten die italienischen Behörden auf das Ersuchen um ergänzende Informationen der Kommission und erwähnten dabei zum ersten Mal den Beschluss Nr. 33/6. 17      Mit Beschluss vom 3. Februar 2004 leitete die Kommission das Verfahren gemäß Art. 88 Abs. 2 EG wegen missbräuchlicher Anwendung [der ursprünglichen Beihilferegelung] ein (ABl. L 79, S. 4, im Folgenden: Einleitungsbeschluss). In diesem Beschluss wies die Kommission darauf hin, dass die italienischen Behörden mit der Zulassung der Gewährung von Beihilfen für Investitionsprojekte, die vor dem Zeitpunkt des Beihilfeantrags begonnen worden waren, weder die in der Genehmigungsentscheidung enthaltene Verpflichtung noch die in den Leitlinien von 1998 aufgeführten Bedingungen eingehalten hätten. Die Kommission schloss daraus, dass eine missbräuchliche Anwendung der ursprünglichen Beihilferegelung im Sinne von Art. 16 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88] des EG-Vertrags (ABl. L 83, S. 1) vorliegen könne, und äußerte Zweifel bezüglich der Vereinbarkeit der Beihilfen zugunsten von Investitionsprojekten, die vor dem Zeitpunkt der Stellung des Beihilfeantrags begonnen worden waren. 18      Die italienischen Behörden übermittelten der Kommission mit Schreiben vom 19. April 2004 ihre Stellungnahme. Am 30. April 2004 erhielt die Kommission die Stellungnahme der Klägerin in der Rechtssache T‑454/08, der Grand Hotel Abi d’Oru SpA. Am 25. Juni 2005 erhielt sie ergänzende Informationen von den italienischen Behörden. 19      Am 22. November 2006 erließ die Kommission eine Entscheidung über eine Berichtigung und Ausweitung des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag in der Sache C 1/2004 (ABl. 2007, C 32, S. 2, im Folgenden: Berichtigungsentscheidung). In dieser Entscheidung wies die Kommission unter der Überschrift „Gründe für die Berichtigung und Ausweitung des Verfahrens“ insbesondere darauf hin, dass der Beschluss Nr. 33/6 nicht im Einleitungsbeschluss genannt sei, obwohl auf der Grundlage dieses Beschlusses in 28 Fällen eine Beihilfe für Investitionsprojekte gewährt worden sei, die vor dem Beihilfeantrag begonnen worden seien, nicht aber aufgrund des Beschlusses Nr. 33/4, wie im Einleitungsbeschluss irrtümlich angegeben. Außerdem treffe der Begriff der missbräuchlichen Anwendung einer Beihilfe im Sinne des Art. 16 der Verordnung Nr. 659/1999, auf den der Einleitungsbeschluss verweise, Sachverhalte, in denen der Empfänger einer genehmigten Beihilfe diese entgegen den in der Bewilligungsentscheidung festgelegten Bedingungen anwende, nicht aber Sachverhalte, in denen ein Mitgliedstaat durch Änderung einer bestehenden Beihilferegelung eine neue rechtswidrige Beihilfe einführe (Art. 1 Buchst. c und f der Verordnung Nr. 659/1999). Angefochtene Entscheidung 20      Am 2. Juli 2008 erließ die Kommission die Entscheidung 2008/854/EG über die Beihilferegelung „Regionalgesetz Nr. 9 aus dem Jahr 1998“ und die missbräuchliche Anwendung der Beihilfe N 272/98 C 1/04 (ex NN 158/03 und CP 15/2003) (ABl. L 302, S. 9, im Folgenden: angefochtene Entscheidung). 21      In dieser Entscheidung wies die Kommission insbesondere darauf hin, dass der Beschluss Nr. 33/6 Änderungen der angezeigten Maßnahme eingeführt habe, die nicht mit der Genehmigungsentscheidung vereinbar seien. Der Beschluss Nr. 33/6 sei der Kommission entgegen Art. 88 Abs. 3 EG und der Pflicht der Italienischen Republik zur Zusammenarbeit gemäß Art. 10 EG nicht angezeigt worden. Demnach beachte die Beihilferegelung, wie sie tatsächlich angewandt werde, die Genehmigungsentscheidung nicht, und die Beihilfeprojekte, deren Durchführung vor der Einreichung eines Beihilfeantrags begonnen habe, müssten als rechtswidrig angesehen werden. 22      Was die Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt angeht, hält die Kommission nach dem Hinweis auf ihre Beurteilung in den Einleitungs- und Berichtigungsentscheidungen Einzelbeihilfen, die für Projekte gewährt worden seien, deren beihilfefähigen Kosten vor Einreichung eines Beihilfeantrags entstanden seien, auf der Grundlage der maßgebenden Durchführungsmodalitäten, wie sie zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags gegolten hätten, für unvereinbar, wenn sie über dem De-minimis-Betrag lägen, der dem Begünstigten zu diesem Zeitpunkt bei Berechnung nach der Verordnung (EG) Nr. 69/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87 [EG] und 88 [EG] auf „De-minimis“-Beihilfen (ABl. L 10, S. 30) zugänglich gewesen wäre. 23      Der Tenor der angefochtenen Entscheidung lautet: „Artikel 1 Die staatlichen Beihilfen, die auf der Grundlage des Regionalgesetzes Nr. 9 aus dem Jahr 1998 gewährt wurden, das mit dem Beschluss Nr. 33/6 und der ersten Aufforderung zur Einreichung von Beihilfeanträgen rechtswidrig umgesetzt wurde, sind mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, außer wenn der Begünstigte die Beihilfe auf der Grundlage der Regelung beantragt hat, bevor er mit der Durchführung eines Erstinvestitionsvorhabens begonnen hat. Artikel 2 (1)      Die Italienische Republik fordert die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfen, die aufgrund der in Artikel 1 genannten Beihilferegelung gewährt wurden, von den Begünstigten zurück. (2)      Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die von dem Zeitpunkt, ab dem die Beihilfen den Begünstigten zur Verfügung standen, bis zu deren tatsächlicher Rückzahlung berechnet werden. (3)      … (4)      Italien stellt mit dem Tag des Erlasses dieser Entscheidung alle aufgrund der in Artikel 1 genannten Beihilferegelung ausstehenden Zahlungen ein. Artikel 3 (1)      Die Beihilfen, die aufgrund der in Artikel 1 genannten Regelung gewährt wurden, werden sofort und tatsächlich zurückgefordert. (2)      Die Italienische Republik stellt sicher, dass diese Entscheidung binnen vier Monaten nach ihrer Bekanntgabe umgesetzt wird. Artikel 4 … Artikel 5 Diese Entscheidung ist an die Italienische Republik gerichtet.“ Verfahren 24      Mit Klageschrift, die am 16. September 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Region Sardinien in der Rechtssache T‑394/08 Klage erhoben. 25      Mit Klageschrift, die am 25. September 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die SF Turistico Immobiliare Srl in der Rechtssache T‑408/08 Klage erhoben. 26      Mit Klageschrift, die am 3. Oktober 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Timsas Srl in der Rechtssache T‑453/08 Klage erhoben. 27      Mit Klageschrift, die am 6. Oktober 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Grand Hotel Abi d’Oru SpA in der Rechtssache T‑454/08 Klage erhoben. 28      Mit Schriftsatz, der am 19. Dezember 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben Selene di Alessandra Cannas Sas, HGA Srl, Gimar Srl, Coghene Costruzioni Srl, Camping Pini e Mare di Cogoni Franco & C. Sas, Immobiliare 92 Srl, Gardena Srl, Hotel Stella 2000 Srl, Vadis Srl, Macpep Srl, San Marco Srl, Due Lune SpA, Nicos Residence Srl, Rosa Murgese, Mavi Srl, Hotel Mistral di Bruno Madeddu & C. Sas, L’Esagono di Mario Azara & C. Snc, Le Buganville di Cogoni Giuseppe & C. Snc sowie Le Dune di Stefanelli Vincenzo & C. Snc (im Folgenden: Streithelferinnen) beantragt, in dem Verfahren der Rechtssache T‑394/08 als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der Region Sardinien zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 15. Juni 2009 hat der Präsident der Zweiten Kammer des Gerichts diesem Antrag stattgegeben. 29      Mit Beschluss vom 25. Juni 2009 hat der Präsident der Zweiten Kammer des Gerichts nach Anhörung der Parteien die Rechtssachen T‑394/08, T‑408/08, T‑453/08 und T‑454/08 gemäß Art. 50 der Verfahrensordnung des Gerichts zu gemeinsamer mündlicher Verhandlung verbunden. 30      Am 27. Juli 2009 haben die Streithelferinnen in der Rechtssache T‑394/08 einen Streithilfeschriftsatz eingereicht. Am 21. September 2009 hat die Kommission ihre Stellungnahme zu diesem Schriftsatz eingereicht. Die Region Sardinien hat binnen der von der Kanzlei des Gerichts festgelegten Frist keine Stellung bezogen. 31      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Vierten Kammer zugeteilt worden, der deshalb die vorliegenden Rechtssachen zugewiesen worden sind. 32      Am 7. Dezember 2010 hat das Gericht im Wege einer prozessleitenden Maßnahme schriftliche Fragen an die Kommission und Grand Hotel Abi d’Oru, Klägerin in der Rechtssache T‑454/08, gerichtet, die fristgerecht beantwortet worden sind. Anträge der Beteiligten 33      In der Rechtssache T‑394/08 beantragt die Region Sardinien, unterstützt durch die Streithelferinnen, –        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 34      In der Rechtssache T‑408/08 beantragt die Klägerin SF Turistico Immobiliare, –        mit ihrem Hauptantrag, –        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen; –        hilfsweise, die angefochtene Entscheidung teilweise für nichtig zu erklären, soweit sie die gesamte Beihilferegelung für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt und die Rückforderung auch der Beträge anordnet, die innerhalb der Grenzen der Vorschriften über De-minimis-Beihilfen liegen; –        äußerst hilfsweise, –        zum einen Ziff. 4.2. der Leitlinien von 1998 für nichtig zu erklären, soweit sie für den gesamten den Begünstigten gewährten Betrag die Beihilfefähigkeit ausschließt, ohne den Teil der Beihilfe auszunehmen, der sich auf die nach der Stellung des Antrags durchgeführten Investitionen bezieht und eine funktionale oder strukturelle Selbständigkeit aufweist, –        zum anderen die angefochtene Entscheidung teilweise für nichtig zu erklären, soweit sie die Rückforderung der ausgezahlten Beträge durch den italienischen Staat anordnet, ohne die Beihilfe für die Kosten auszunehmen, die vom Begünstigten nach Stellung des Beihilfeantrags getragen wurden und funktional oder strukturell selbständige Teile des geplanten Projekts betreffen. 35      In der Rechtssache T‑453/08 beantragt Timsas, –        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 36      In der Rechtssache T‑454/08 beantragt die Klägerin Grand Hotel Abi d’Oru, –        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 37      Die Kommission beantragt, –        die Klagen abzuweisen, –        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen, –        den Streithelferinnen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten aufzuerlegen, die ihr selbst durch den Beitritt der Streithelferinnen entstanden sind. Rechtliche Würdigung 38      Das Gericht hält es nach Anhörung der Parteien für sachdienlich, die vorliegenden Rechtssachen gemäß Art. 50 seiner Verfahrensordnung zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden. 1.     Zur Zulässigkeit einiger von den Streithelferinnen in der Rechtssache T‑394/08 geltend gemachter Klagegründe 39      Die Kommission verweist darauf, dass die Streithelferinnen bestimmte Klagegründe geltend machten, die nicht von der Region Sardinien, Klägerin in der Rechtssache T‑394/08, vorgebracht worden seien und die deshalb außerhalb des Rahmens des Rechtsstreits in dieser Rechtssache gehörten, der durch die Angriffsmittel begrenzt werde, die die Region Sardinien in ihrer Klageschrift vorgebracht habe. 40      Nach Auffassung der Kommission betrifft dies die folgenden Klagegründe: –        den Klagegrund, dass sie das förmliche Prüfungsverfahren eingeleitet und sich dabei fälschlicherweise auf die Annahme der Verletzung einer früheren bedingten Entscheidung gestützt habe; –        den Klagegrund der Verletzung von Art. 9 der Verordnung Nr. 659/1999, weil sie vor Erlass der angefochtenen Entscheidung die Genehmigungsentscheidung hätte zurücknehmen müssen; –        den Klagegrund der Verletzung des Art. 16 der Verordnung Nr. 659/1999, der keine Berichtigung und Ausweitung eines bereits begonnenen Verfahrens kenne; –        den Klagegrund einer Verletzung des Art. 87 Abs. 3 Buchst. a und c EG, weil sie zu Unrecht die Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt ausgeschlossen habe, sowie eines Begründungsmangels der angefochtenen Entscheidung in dieser Hinsicht wegen des Widerspruchs zu früheren Entscheidungen; –        den Klagegrund der Verletzung bestimmter Vorschriften der Verordnung Nr. 659/1999 über die Verfahrensfristen sowie des Grundsatzes einer angemessenen Verfahrensdauer; –        den Klagegrund der Verletzung der Grundsätze der Unparteilichkeit und des Wettbewerbsschutzes; –        den Klagegrund der Verletzung der De-minimis-Regel wegen Unterlassung des Abzugs eines Betrags von 100 000 bzw. von 200 000 Euro von den Beihilfen, deren Rückforderung sie angeordnet habe. 41      Nach Art. 40 Abs. 4 der Satzung des Gerichtshofs können mit den aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen nur die Anträge einer Partei unterstützt werden. Nach Art. 116 § 4 der Verfahrensordnung muss der Streithilfeschriftsatz insbesondere die Anträge des Streithelfers, die der vollständigen oder teilweisen Unterstützung oder Bekämpfung der Anträge einer Partei zu dienen bestimmt sind, und die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie die Argumente des Streithelfers enthalten. 42      Diese Bestimmungen verleihen dem Streithelfer das Recht, nicht nur Argumente, sondern auch Angriffs- und Verteidigungsmittel selbständig vorzubringen, soweit sie die Anträge einer der Parteien unterstützen und nicht völlig anderer Natur sind als die Erwägungen, die dem Rechtsstreit, wie er zwischen dem Kläger und dem Beklagten begründet worden ist, zugrunde liegen, was den Gegenstand des Rechtsstreits verändern würde (Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2005, Regione autonoma della Sardegna/Kommission, T‑171/02, Slg. 2005, II‑2123, Randnr. 152 und die dort angeführte Rechtsprechung). 43      Das Gericht hat daher bei der Entscheidung über die Zulässigkeit der von einem Streithelfer angeführten Angriffs- und Verteidigungsmittel zu prüfen, ob diese mit dem Streitgegenstand in Zusammenhang stehen, wie er von den Parteien festgelegt worden ist. 44      Zeigt sich jedoch, dass eine Klage, deren Zulässigkeit streitig ist, jedenfalls als unbegründet abzuweisen ist, so kann der Gemeinschaftsrichter aus Gründen der Verfahrensökonomie ohne Weiteres über die Begründetheit entscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 26. Februar 2002, Rat/Boehringer, C‑23/00 P, Slg. 2002, I‑1873, Randnr. 52, und vom 23. März 2004, Frankreich/Kommission, C-233/02, Slg. 2004, I‑2759, Randnr. 26). Ebenso kann der Gemeinschaftsrichter, wenn sich zeigt, dass ein Angriffs- und Verteidigungsmittel, bei dem fraglich ist, ob es mit dem Streitgegenstand in Zusammenhang steht, jedenfalls aus einem anderen Grund als unzulässig oder als unbegründet zurückzuweisen ist, dieses Angriffs- und Verteidigungsmittel zurückweisen, ohne darüber zu entscheiden, ob der Streithelfer über seine Rolle als Unterstützer der Anträge einer der Parteien hinausgegangen ist (Urteil des Gerichtshofs vom 24. Januar 2002, Frankreich/Kommission, C‑118/99, Slg. 2002, I‑747, Randnrn. 64 und 65, und Urteil Regione autonoma della Sardegna/Kommission, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 155). 45      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass zum einen die meisten von den Streithelferinnen geltend gemachten Klagegründe, die nicht zugleich von der Region Sardinien vorgebracht worden sind, von einer der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑408/08, T‑453/08 und T‑454/08 geltend gemacht worden sind. Zum anderen sind diese Klagegründe auf jeden Fall unbegründet, wie die nachstehende Begründung zeigen wird. 46      Unter diesen Umständen und aus Gründen der Prozessökonomie bedarf es einer Prüfung des von der Kommission erhobenen Unzulässigkeitseinwands nicht. 2.     Zur Zulässigkeit einiger in der Erwiderung erhobenen Rügen 47      Die Kommission bringt vor, die Klägerinnen hätten erstmals in der Erwiderung neue Klagegründe vorgebracht, die somit als unzulässig zurückzuweisen seien. Rechtssache T‑394/08 48      In der Rechtssache T‑394/08 hält die Kommission für neu erstens den Klagegrund eines offenbaren Fehlers bei der Beurteilung der Anreizwirkung der Beihilfe, zweitens den Klagegrund einer Verletzung der Untersuchungspflicht der Kommission und drittens den Klagegrund, dass eine Verletzung des Grundsatzes der Notwendigkeit der Beihilfe durch die betreffende Regelung nur scheinbar vorliege. 49      Was den ersten und den dritten Klagegrund angeht, die die Kommission in Zweifel zieht, sind die Darlegungen, die die Kommission als neue Klagegründe betrachtet, tatsächlich nur dazu bestimmt, die bereits in der Klageschrift als ersten Klagegrund eingeführten Rügen weiterzuentwickeln. 50      Der erste von der Region Sardinien angeführte Klagegrund trägt zwar die Überschrift „Verletzung wesentlicher Formvorschriften wegen Widerspruchs in der Begründung: angebliche Unerheblichkeit des Vertrauens in die Beurteilung der ‚Anreizwirkung‘ seitens der Begünstigten und damit in die Beurteilung der Voraussetzung der ‚Notwendigkeit der Beihilfe‘“. Diese Überschrift scheint die Tragweite dieses Klagegrundes auf eine Verletzung der Begründungspflicht zu begrenzen. Die auf diese Überschrift folgenden Ausführungen beziehen sich jedoch klar auf einen Fehler bei der Beurteilung der Anreizwirkung der Beihilfe, wie etwa in Nr. 17 vierter Gedankenstrich und den Nrn. 18, 20 und 23 der Klageschrift. Das Kriterium der Anreizwirkung einer Beihilfe wird aber von der Region Sardinien als Synonym für das Kriterium der Notwendigkeit eingesetzt, da die Gewährung der Beihilfe den Begünstigten dazu anhalten soll, ein bestimmtes Projekt in Angriff zu nehmen, das sonst nicht verwirklicht worden wäre. Somit enthält der erste Klagegrund, den die Region Sardinien geltend macht, in Wirklichkeit zwei Klagegründe: einmal den eines Fehlers bei der Beurteilung der Anreizwirkung der Beihilfe und zum anderen den der fehlenden Begründung zu diesem Punkt. 51      Zum zweiten von ihr beanstandeten Klagegrund bringt die Kommission vor, dass die Region Sardinien in ihrer Erwiderung unter dem Vorwand, ihr Vorbringen zur angeblichen Verletzung der Begründungspflicht bei der Würdigung der Anreizwirkung zu stützen, rüge, dass die Kommission der angefochtenen Entscheidung keine ausreichenden Ermittlungen zugrunde gelegt habe. 52      Aus den entsprechenden Passagen der Erwiderung geht aber hervor, dass die Region Sardinien, ohne einen neuen Klagegrund fehlender Ermittlungen einführen zu wollen, lediglich ihren ersten Klagegrund stützen wollte, der, wie in der vorstehenden Randnr. 50 ausgeführt, sowohl auf einem Fehler bei der Beurteilung der Anreizwirkung der Beihilfe als auch auf dem Fehlen der Begründung zu diesem Punkt beruht. 53      Mithin hat die Region Sardinien in der Erwiderung keine neuen Klagegründe angeführt, so dass der Unzulässigkeitseinwand der Kommission zurückzuweisen ist. Rechtssache T‑408/08 54      In der Rechtssache T‑408/08 hält die Kommission den Klagegrund fehlender Begründung in Bezug auf die Auswirkung der betreffenden Regelung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten für neu. 55      Dieser Unzulässigkeitseinwand beruht auf einem fehlerhaften Verständnis der Schriftsätze der Klägerin SF Turistico Immobiliare, auch wenn diese verwirrend sein mögen. Diese Klägerin hat nämlich bereits in der Klageschrift die „Veränderung der Handelsbedingungen in einem gegen das Gemeinwohl verstoßenden Maße“ im Rahmen ihres neunten Klagegrundes − Verletzung von Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG und der Leitlinien von 1998 − erwähnt. Damit hat sie allerdings nur diesen Klagegrund der Verletzung der Vorschriften über die Vereinbarkeit untermauern und nicht einen besonderen Klagegrund der Verletzung von Art. 87 Abs. 1 EG geltend machen wollen, weil die Kommission zu Unrecht das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe bejaht habe. 56      Daher ist die Ausführung von SF Turistico Immobiliare in der Erwiderung, sie habe „ferner [in der Klageschrift] das spürbare Fehlen einer ausreichenden Begründung bezüglich der Auswirkung der Beihilfe auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten geltend gemacht“, in demselben Sinne zu verstehen, nämlich als eine beabsichtigte Stützung des Klagegrundes einer Verletzung der Vorschriften über die Vereinbarkeit der Beihilfe. 57      Somit hat SF Turistico Immobiliare in der Erwiderung keine neuen Klagegründe angeführt, so dass der Unzulässigkeitseinwand der Kommission zurückzuweisen ist. Rechtssache T‑453/08 58      In dieser Rechtssache sieht die Kommission den Klagegrund der Verletzung des Art. 253 EG bezüglich der Anwendung der De-minimis-Regel als neu an. 59      Sie macht hierzu geltend, dass der in der Klageschrift angeführte Klagegrund sich auf die genaue Anwendung der Geringfügigkeitsschwelle beziehe und nicht auf die angemessene Begründung für diese Anwendung. 60      Dieses Vorbringen ist indessen angesichts der Abfassung der betreffenden Punkte der Klageschrift nicht zutreffend, in denen vom „Fehlen der Begründung für das Vorliegen der Voraussetzung der Förderung durch die Beihilfe in Verbindung mit dem Umstand, dass der Teil der Subvention, der sich auf die Ausgaben vor Antragstellung bezieht, unterhalb der Geringfügigkeitsschwelle liegt“, und einem „Widerspruch“ zwischen der angefochtenen Entscheidung und den Aussagen der Kommission über die Geringfügigkeitsschwelle aus Anlass anderer Kontakte mit der Region Sardinien die Rede ist. 61      Es ist daher davon auszugehen, dass der Klagegrund fehlerhafter Begründung bei der Anwendung der De-minimis-Regel von Timsas bereits in der Klageschrift angeführt worden ist, so dass der Unzulässigkeitseinwand der Kommission zurückzuweisen ist. Rechtssache T‑454/08 62      In diese Rechtssache hält die Kommission den Klagegrund der Verletzung der Verteidigungsrechte, den Grand Hotel Abi d’Oru mit der Erwiderung angeführt haben soll, für neu. 63      Sie macht hierzu geltend, dass sich Grand Hotel Abi d’Oru in Zusammenhang damit, dass die Kommission ihr bestimmte Dokumente nicht mitgeteilt habe, eindeutig auf eine Verletzung von Art. 254 EG und von Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 berufen habe. 64      In Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts hat aber Grand Hotel Abi d’Oru bekräftigt, dass sie mit der von der Kommission angeführten Passage ihrer Erwiderung keinen neuen Klagegrund der Verletzung der Verteidigungsrechte habe anführen wollen, da diese Passage lediglich den bereits in der Klageschrift geltend gemachten Klagegrund einer Verletzung von Art. 254 EG und von Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 habe untermauern sollen. Folglich ist kein von Grand Hotel Abi d’Oru eingeführter Klagegrund als unzulässig zurückzuweisen. 3.     Zur Zulässigkeit der Klagegründe der Rechtswidrigkeit der Berichtigungsentscheidung 65      Die Streithelferinnen und SF Turistico Immobiliare haben sich auf die Rechtswidrigkeit der Berichtigungsentscheidung berufen, um so die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung geltend zu machen. 66      Die Kommission ist, ohne insoweit förmlich eine Unzulässigkeitseinrede zu erheben, der Auffassung, dass die betreffenden Klagegründe unzulässig sind, da die Berichtigungsentscheidung bestandskräftig sei. Sie sei nämlich am 14. Februar 2007 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und nicht innerhalb der Fristen nach Art. 230 Abs. 5 EG angefochten worden. 67      SF Turistico Immobiliare macht geltend, dass die Berichtigungsentscheidung sie nicht beeinträchtigt habe, weil der einzige konkrete Nachteil für ihre Interessen aus der angefochtenen Entscheidung folge. Sie habe daher nur bezüglich dieser Entscheidung ein Rechtsschutzinteresse. 68      Insoweit ist zunächst die Rechtsnatur der Berichtigungsentscheidung zu ermitteln, um dann gegebenenfalls festzustellen, ob die Klägerinnen, die diese nicht innerhalb der Frist des Art. 230 Abs. 5 EG gerichtlich angefochten haben, damit gehindert sind, ihre Rechtswidrigkeit im Rahmen einer Nichtigkeitsklage gegen die angefochtene Entscheidung geltend zu machen. Zur Rechtsnatur der Berichtigungsentscheidung 69      Die Verfahrensvorschriften sehen für staatliche Beihilfen eine Entscheidung der „Berichtigung und Ausweitung“ eines anhängigen Verfahrens nicht ausdrücklich vor. 70      Hierzu ergibt sich aus dem achten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 659/1999 und aus Art. 6 Abs. 1 dieser Verordnung, dass die Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfungsverfahrens eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der geplanten Maßnahme durch die Kommission und Ausführungen über ihre Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt enthalten muss, damit der betreffende Mitgliedstaat und die sonstigen Beteiligten ihre Stellungnahmen abgeben können und damit der Kommission alle zur Beurteilung der Vereinbarkeit der Beihilfe erforderlichen Angaben zur Verfügung stellen. Im förmlichen Prüfungsverfahren können die in der Eröffnungsentscheidung aufgeworfenen Fragen vertieft und geklärt werden. Aus Art. 7 der Verordnung Nr. 659/1999 geht hervor, dass die Beurteilung durch die Kommission am Ende dieses Verfahrens anders ausfallen kann, denn sie kann abschließend entscheiden, dass die Maßnahme keine Beihilfe darstellt oder dass die Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit ausgeräumt sind. Folglich kann die abschließende Entscheidung in gewissem Maße vom Einleitungsbeschluss abweichen, ohne dass dies zur Rechtswidrigkeit der abschließenden Entscheidung führt (Urteil des Gerichts vom 4. März 2009, Italien/Kommission, T‑424/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 69). Demgemäß muss die Kommission keine Berichtigung der Entscheidung zur Einleitung eines förmlichen Prüfungsverfahrens vornehmen. 71      Gleichwohl ist es logisch und liegt darüber hinaus im Interesse der potenziellen Begünstigten einer Beihilferegelung, dass die Kommission, wenn sie nach Erlass einer Entscheidung zur Eröffnung eines förmlichen Prüfungsverfahrens bemerkt, dass diese entweder auf einem unvollständigen Sachverhalt oder auf einer rechtlich fehlerhaften Beurteilung dieses Sachverhalts beruht, die Möglichkeit haben muss, ihren Standpunkt mit Hilfe einer Berichtigungsentscheidung anzupassen. Eine solche Berichtigungsentscheidung nebst einer Aufforderung an die Beteiligten, Stellung zu nehmen, erlaubt diesen nämlich, auf die eingetretene Veränderung in der vorläufigen Beurteilung der betreffenden Maßnahme durch die Kommission zu reagieren und ihren Standpunkt hierzu zur Geltung zu bringen. 72      Im Übrigen hätte die Kommission sich auch dafür entscheiden können, zunächst eine Entscheidung der Beendigung des Verfahrens ohne Folgen und dann aufgrund ihrer geänderten rechtlichen Beurteilung eine neue Entscheidung zur Eröffnung eines förmlichen Prüfungsverfahrens zu erlassen, die im Wesentlichen den gleichen Inhalt wie die Berichtigungsentscheidung gehabt hätte. Unter diesen Umständen sollte aufgrund von Erwägungen der Verfahrensökonomie und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung der Erlass einer Berichtigungsentscheidung im Vergleich zur Beendigung des Verfahrens und der Eröffnung eines neuen Verfahrens den Vorzug verdienen. In diesem Zusammenhang hat es die Berichtigung des Verfahrensgegenstands der Kommission gestattet, die Äußerungen von Grand Hotel Abi d’Oru im Anschluss an die Eröffnungsentscheidung bei der angefochtenen Entscheidung zu berücksichtigen, was nicht der Fall gewesen wäre, wenn sie das förmliche Prüfungsverfahren beendet hätte, um ein neues einzuleiten. 73      Bei der rechtlichen Einstufung einer solchen Berichtigungsentscheidung, die zu der Eröffnungsentscheidung hinzutritt, um mit dieser zusammen eine geänderte Eröffnungsentscheidung zu bilden, ist davon auszugehen, dass sie deren rechtliche Qualität teilt. Überdies dient nach ständiger Rechtsprechung die Mitteilung über die Eröffnung eines förmlichen Prüfungsverfahrens lediglich dem Zweck, von den Beteiligten alle Auskünfte zu erhalten, die dazu beitragen können, der Kommission Klarheit über ihr weiteres Vorgehen zu verschaffen (Urteile des Gerichtshofs vom 12. Juli 1973, Kommission/Deutschland, 70/72, Slg. 1973, 813, Randnr. 19, und des Gerichts vom 22. Oktober 1996, Skibsværftsforeningen u. a./Kommission, T-266/94, Slg. 1996, II‑1399, Randnr. 256). 74      Im vorliegenden Fall hat die Kommission in der Berichtigungsentscheidung die Gründe dargelegt, weshalb ihrer Meinung nach die rechtliche Bewertung der betreffenden Beihilferegelung in der Eröffnungsentscheidung berichtigt werden müsse. Sie hat insbesondere erläutert, dass es sich ihrer Meinung nach um eine rechtswidrige Regelung und nicht um die missbräuchliche Anwendung einer von ihr genehmigten Regelung handele. Die Kommission hat diesen Erläuterungen eine Aufforderung an die Beteiligten zur Abgabe einer Stellungnahme beigefügt. Folglich hatte die Berichtigungsentscheidung den gleichen Gegenstand und die gleiche Zielrichtung wie eine Eröffnungsentscheidung, so dass sie auch als solche einzustufen ist. Zu den Folgen für die Zulässigkeit der auf die Rechtswidrigkeit der Berichtigungsentscheidung gestützten Klagegründe 75      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung nur Maßnahmen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen des Klägers durch einen Eingriff in seine Rechtsstellung beeinträchtigen, Handlungen oder Entscheidungen sein können, gegen die die Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EG gegeben ist (Urteil des Gerichtshofs vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, Slg. 1981, 2639, Randnr. 9, und Urteil des Gerichts vom 18. Dezember 1992, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑10/92 bis T‑12/92 und T‑15/92, Slg. 1992, II‑2667, Randnr. 28). 76      Handlungen oder Entscheidungen, die in einem mehrphasigen Verfahren, insbesondere zum Abschluss eines internen Verfahrens, ergehen, sind grundsätzlich nur dann anfechtbar, wenn es sich um Maßnahmen handelt, die den Standpunkt des Organs zum Abschluss dieses Verfahrens endgültig festlegen, nicht aber um Zwischenmaßnahmen, die die abschließende Entscheidung vorbereiten sollen (Urteile IBM/Kommission, Randnr. 10, und Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission, Randnr. 28, beide oben in Randnr. 75 angeführt). 77      Nach dieser Rechtsprechung stellt die abschließende Entscheidung, die die Kommission zur Beendigung des förmlichen Prüfungsverfahrens nach Art. 88 Abs. 2 EG erlassen hat, eine nach Art. 230 EG anfechtbare Handlung dar. Eine solche Entscheidung erzeugt nämlich bindende Rechtswirkungen, die die Interessen der Betroffenen beeinträchtigen können, da sie das in Rede stehende Verfahren beendet und eine abschließende Äußerung zur Vereinbarkeit der geprüften Maßnahme mit den für staatliche Beihilfen geltenden Regeln enthält. Folglich haben die Betroffenen immer die Möglichkeit, die abschließende Entscheidung, die das förmliche Prüfungsverfahren beendet, anzufechten, und sie müssen in diesem Rahmen die verschiedenen Gesichtspunkte, die dem endgültigen Standpunkt der Kommission zugrunde liegen, angreifen können (Urteil des Gerichts vom 27. November 2003, Regione Siciliana/Kommission, T‑190/00, Slg. 2003, II‑5015, Randnr. 45). Diese Möglichkeit besteht unabhängig von der Frage, ob der Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfungsverfahrens Rechtswirkungen hervorbringt, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein können. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts hat zwar die Möglichkeit zugelassen, Klage gegen die Eröffnungsentscheidung zu erheben, wenn diese endgültige Rechtswirkungen zeitigt, die nicht durch die abschließende Entscheidung a posteriori beseitigt werden können. Dies ist dann der Fall, wenn die Kommission wie im vorliegenden Fall das förmliche Prüfungsverfahren für eine Maßnahme eröffnet, die sie vorläufig als neue Beihilfe einstuft, und diese Eröffnungsentscheidung im Vergleich zur abschließenden Entscheidung eigenständige Rechtswirkungen mit sich bringt. Die Aussetzung der Vollziehung der betreffenden Maßnahme, die sich gemäß Art. 88 Abs. 3 EG aus der vorläufigen Einstufung dieser Maßnahme als neue Beihilfe ergibt, weist gegenüber der abschließenden Entscheidung Eigenständigkeit auf, die zeitlich bis zum Abschluss des förmlichen Verfahrens begrenzt ist (Urteile des Gerichtshofs vom 30. Juni 1992, Spanien/Kommission, C‑312/90, Slg. 1992, I‑4117, Randnrn. 12 bis 24, vom 5. Oktober 1994, Italien/Kommission, C‑47/91, Slg. 1994, I‑4635, Randnrn. 29 und 30, und vom 9. Oktober 2001, Italien/Kommission, C‑400/99, Slg. 2001, I‑7303, Randnrn. 56 bis 62 und 69; Urteil des Gerichts vom 30. April 2002, Government of Gibraltar/Kommission, T‑195/01 und T‑207/01, Slg. 2002, II‑2309, Randnrn. 80 bis 86). 78      Die Möglichkeit, einen Einleitungsbeschluss anzufechten, kann jedoch nicht zu einer Schmälerung der Verfahrensrechte der Betroffenen führen und sie daran hindern, die abschließende Entscheidung anzufechten und zur Begründung der Klage Mängel geltend zu machen, die alle Abschnitte des Verfahrens betreffen, das zu dieser Entscheidung geführt hat (Urteil Regione Siciliana/Kommission, oben in Randnr. 77 angeführt, Randnr. 47). 79      Demnach hindert der Umstand, dass die Klägerinnen und die Streithelferinnen nicht binnen der vorgeschriebenen Frist Klage gegen die Berichtigungsentscheidung erhoben haben, sie nicht daran, Klagegründe gelten zu machen, die sich auf deren Rechtswidrigkeit stützen, so dass der Unzulässigkeitseinwand der Kommission zurückzuweisen ist. 4.     Zu den auf Verfahrensmängel gestützten Klagegründen 80      Die Klägerinnen und die Streithelferinnen machen drei Klagegründe geltend, mit denen Verfahrensmängel gerügt werden: erstens Verletzung des Art. 88 Abs. 2 EG und der Verordnung Nr. 659/1999, zweitens Verletzung von Art. 254 Abs. 3 EG und von Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 und drittens Begründungsmängel der angefochtenen Entscheidung. Zum Klagegrund der Verletzung des Art. 88 Abs. 2 EG und der Verordnung Nr. 659/1999 81      Dieser Klagegrund gliedert sich in drei Rügen, mit denen jeweils eine Verletzung des Art. 9 der Verordnung Nr. 659/1999, ein Untersuchungsmangel und die Nichteinhaltung der Fristen der Verordnung Nr. 659/1999 beanstandet werden. Zur Rüge einer Verletzung des Art. 9 der Verordnung Nr. 659/1999 82      Die Streithelferinnen machen geltend, die Kommission hätte, da die mit der angefochtenen Entscheidung für unvereinbar erklärte Beihilfe zuvor von ihr genehmigt worden sei, die Genehmigungsentscheidung rückgängig machen müssen, wie dies Art. 9 der Verordnung Nr. 659/1999 vorschreibe. 83      Die Kommission hat sich zur Begründetheit dieser Rüge nicht ausdrücklich geäußert. 84      Gemäß Art. 9 der Verordnung Nr. 659/1999 kann die Kommission, nachdem sie dem betreffenden Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, insbesondere eine Entscheidung zur Genehmigung einer Beihilfe widerrufen, wenn diese auf während des Verfahrens übermittelten unrichtigen Informationen beruht, die ein für die Entscheidung ausschlaggebender Faktor waren. 85      Allerdings ist festzustellen, dass die Genehmigungsentscheidung nicht auf unzutreffenden Informationen beruht. Wie sich aus den Erwägungsgründen 51, 54, 59, 61 und 72 der angefochtenen Entscheidung ergibt, wirft die Kommission den italienischen Behörden nicht vor, ihr während des Verfahrens vor der Genehmigungsentscheidung unzutreffende oder unvollständige Informationen übermittelt zu haben. Sie führt die Unvereinbarkeit der betreffenden Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in der vorliegenden Sache nämlich darauf zurück, dass der Beschluss Nr. 33/6 Änderungen der ursprünglich mitgeteilten Maßnahme bewirkt habe, die mit den Bedingungen der Genehmigungsentscheidung nicht vereinbar seien, weil bei der ersten Aufforderung zur Einreichung von Anträgen im Rahmen der betreffenden Regelung auch Projekte berücksichtigt werden konnten, deren Durchführung vor Einreichung des Beihilfeantrags bereits begonnen hatte (im Folgenden: streitige Beihilferegelung oder streitige Regelung). Der Beschluss Nr. 33/6 stammt vom 27. Juli 2000 und liegt daher zeitlich später als die Genehmigungsentscheidung vom 12. November 1998. 86      Mithin war Art. 9 der Verordnung Nr. 659/1999 im vorliegenden Fall nicht anwendbar. 87      Hinzu kommt insoweit, dass es keinen Grund für die Kommission gab, die Genehmigungsentscheidung zu widerrufen, weil ihre Einschätzung bezüglich der Vereinbarkeit der mit dieser Entscheidung genehmigten Beihilferegelung sich nicht geändert hatte. Die Kommission hat nämlich in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass „[d]ie staatlichen Beihilfen, die auf der Grundlage des Regionalgesetzes Nr. 9 … gewährt wurden, das mit dem Beschluss Nr. 33/6 … rechtswidrig umgesetzt wurde, … mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar [sind], außer wenn der Begünstigte die Beihilfe auf der Grundlage der Regelung beantragt hat, bevor er mit der Durchführung eines Erstinvestitionsvorhabens begonnen hat“. Daraus ergibt sich, dass die angefochtene Entscheidung die Vereinbarkeit der aufgrund des Gesetzes Nr. 9/1998 gewährten staatlichen Beihilfen nicht berührt, wenn ein Beihilfeantrag vor Beginn des Projekts gestellt wurde. Genau unter dieser Bedingung aber hatte die Kommission in der Genehmigungsentscheidung erklärt, keine Einwände gegen die von Italien notifizierte Beihilferegelung zu erheben. 88      Folglich ist die von den Streithelferinnen erhobene Rüge einer Verletzung des Art. 9 der Verordnung Nr. 659/1999 zurückzuweisen. Zur Rüge eines Untersuchungsmangels 89      Timsas und Grand Hotel Abi d’Oru werfen der Kommission einen Untersuchungsmangel vor, weil sie ihre besondere Lage nicht berücksichtigt habe. Insbesondere habe es die Kommission unterlassen, ihre Lage als Private gegenüber der Region Sardinien und die Unterschiede zu prüfen, die zwischen den verschiedenen Unternehmen bestanden hätten, die von der Durchführung der betreffenden Beihilferegelung betroffen gewesen seien. Außerdem habe die Kommission das berechtigte Vertrauen nicht geprüft, das sowohl die Region Sardinien als auch die Kommission bei ihnen hervorgerufen hätten. 90      Die Kommission weist das Vorbringen von Timsas und von Grand Hotel Abi d’Oru zurück. 91      Nach ständiger Rechtsprechung ist die Kommission im Rahmen einer Beihilferegelung grundsätzlich nicht verpflichtet, die in einzelnen Fällen gewährten Beihilfen zu prüfen, sondern kann sich darauf beschränken, die Merkmale der betreffenden Regelung zu untersuchen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 14. Oktober 1987, Deutschland/Kommission, 248/84, Slg. 1987, 4013, Randnr. 18, vom 7. März 2002, Italien/Kommission, C‑310/99, Slg. 2002, I‑2289, Randnr. 89, und vom 29. April 2004, Griechenland/Kommission, C‑278/00, Slg. 2004, I‑3997, Randnr. 24). Im Übrigen können besondere Umstände bei einzelnen Begünstigten einer Beihilferegelung erst im Stadium der Rückforderung der Beihilfe durch den betreffenden Mitgliedstaat gewürdigt werden (Urteil vom 7. März 2002, Italien/Kommission, vorstehend angeführt, Randnr. 91, sowie Urteil des Gerichts vom 31. Mai 2006, Kuwait Petroleum [Nederland]/Kommission, T‑354/99, Slg. 2006, II‑1475, Randnr. 67). Andernfalls trüge die Kommission im Fall einer entgegen Art. 88 Abs. 3 EG rechtswidrig durchgeführten Regelung eine schwerere Beweislast als in dem Fall, dass der betreffende Mitgliedstaat die Pflicht zur Anzeige nach dieser Vorschrift eingehalten hätte, weil im letztgenannten Fall die besonderen Umstände bei den potenziell Begünstigten im Stadium der Prüfung definitionsgemäß unbekannt sind. 92      Die Kommission konnte sich daher im vorliegenden Fall darauf beschränken, die Beihilferegelung als solche zu prüfen, und hatte weder die Beziehungen zwischen den Klägerinnen und der Region Sardinien noch die Unterschiede zwischen den verschiedenen betroffenen Unternehmen, noch das etwaige berechtigte Vertrauen zu berücksichtigen, das von einigen dieser Unternehmen geltend gemacht werden könnte und das entweder die Region Sardinien oder die Kommission bei ihnen hervorgerufen hätte. Diese Umstände können erst im Stadium der Rückforderung der einzelnen Beihilfen Berücksichtigung finden. 93      Somit ist die Rüge eines Untersuchungsmangels zurückzuweisen. Zur Rüge der Nichteinhaltung der Fristen der Verordnung Nr. 659/1999 94      Die Streithelferinnen werfen der Kommission vor, sie habe die folgenden in der Verordnung Nr. 659/1999 festgelegten Fristen nicht eingehalten: –        die Frist von zwei Monaten nach Eingang der vollständigen Anmeldung, binnen deren die Kommission gemäß Art. 4 Abs. 5 der Verordnung Nr. 659/1999 nach Beendigung der vorläufigen Prüfung eine Entscheidung zu treffen hat; –        die Frist von zwei Monaten, binnen deren die Kommission nach Beendigung der vorläufigen Prüfung gemäß Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 in seiner Auslegung durch die Rechtsprechung eine Entscheidung zu treffen hätte, wenn sie im Besitz von Informationen über eine angeblich rechtswidrige Beihilfe ist; –        die Frist von 18 Monaten nach Eröffnung des förmlichen Prüfungsverfahrens, binnen deren die Kommission gemäß Art. 7 Abs. 6 der Verordnung Nr. 659/1999 eine Entscheidung zur Beendigung dieses Verfahrens erlassen sollte. 95      Die Kommission hat sich nicht ausdrücklich zur Begründetheit dieser Rüge geäußert. 96      Insoweit ist erstens zu beachten, dass die Frist von zwei Monaten für den Abschluss der Vorprüfungsphase gemäß Art. 4 Abs. 5 der Verordnung Nr. 659/1999 am Tag nach dem Eingang der vollständigen Anmeldung beginnt. Im vorliegenden Fall ist aber die Vorprüfung der streitigen Regelung nicht durch eine Anmeldung dieser Regelung durch die Italienische Republik ausgelöst worden, sondern durch eine Beschwerde gegen die missbräuchliche Anwendung der ursprünglichen Regelung, die bei der Kommission am 21. Februar 2003 einging. Mithin war die Kommission nicht an die Frist von zwei Monaten gemäß Art. 4 Abs. 5 der Verordnung Nr. 659/1999 gebunden (vgl. in diesem Sinne – bereits vor Inkrafttreten der Verordnung Nr. 659/1999 – Urteile des Gerichts vom 15. September 1998, Gestevisión Telecinco/Kommission, T‑95/96, Slg. 1998, II‑3407, Randnr. 79, und vom 10. Mai 2000, SIC/Kommission, T‑46/97, Slg. 2000, II‑2125, Randnr. 103). 97      Zweitens ist zu der Frist von zwei Monaten, die angeblich im Hinblick auf Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 von der Rechtsprechung vorgegeben wird, zunächst darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wenn sie sich im Besitz von Informationen gleich welcher Herkunft über angeblich rechtswidrige Beihilfen befindet, diese Informationen unverzüglich prüft. Diese Vorschrift ist nicht als Verweisung auf die Beendigung der Vorprüfungsphase zu verstehen, sondern als Bezugnahme auf den Beginn der Vorprüfung, was dadurch bestätigt wird, dass die Kommission nicht an die übliche Frist im Fall einer Vorprüfung gebunden ist, die durch eine Beschwerde ausgelöst wird. 98      Aus der von den Klägerinnen angeführten Rechtsprechung ergibt sich keine andere Auslegung dieser Vorschriften als die vorstehende. Zwar unterstreicht diese Rechtsprechung, dass die Kommission diese Vorprüfungsphase in einer Frist von zwei Monaten abschließen muss, doch gilt diese Frist ausschließlich für Beihilfen, die von den Mitgliedstaaten angemeldet wurden, wie sich eindeutig aus dem Kontext der von den Streithelferinnen angeführten Punkte ergibt, nicht aber für die Fälle, in denen wie im vorliegenden Fall die Vorprüfungsphase durch eine Beschwerde ausgelöst wurde. 99      Dies darf allerdings nicht dazu führen, dass es der Kommission erlaubt wäre, die Vorprüfungsphase nach Belieben zu verlängern. So ist entschieden worden, dass die Kommission, da sie eine ausschließliche Zuständigkeit für die Beurteilung der Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt besitzt, im Interesse einer ordnungsgemäßen Anwendung der grundlegenden Vorschriften des Vertrags auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen eine Beschwerde, mit der beanstandet wird, dass eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe gewährt worden sei, sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 62, und Urteil Gestevisión Telecinco/Kommission, oben in Randnr. 96 angeführt, Randnr 72) und die Vorprüfung staatlicher Maßnahmen, gegen die eine Beschwerde wegen ihrer Beihilfenatur erhoben worden ist, nicht unbegrenzt hinausschieben kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Gestevisión Telecinco/Kommission, oben in Randnr. 96 angeführt, Randnr 74). Nach ständiger Rechtsprechung beurteilt sich die Angemessenheit der Dauer eines Verwaltungsverfahrens nach den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls und insbesondere nach dessen Kontext, den verschiedenen Verfahrensabschnitten, die die Kommission zu durchlaufen hat, dem Verhalten der Beteiligten im Laufe des Verfahrens, der Komplexität der Angelegenheit sowie ihrer Bedeutung für die verschiedenen Beteiligten (Urteile des Gerichts vom 19. März 1997, Oliveira/Kommission, T-73/95, Slg. 1997, II‑381, Randnr. 45, vom 22. Oktober 1997, SCK und FNK/Kommission, T-213/95 und T-18/96, Slg. 1997, II‑1739, Randnr. 57, und Urteil Gestevisión Telecinco/Kommission, oben in Randnr. 96 angeführt, Randnr 75). 100    Im vorliegenden Fall liegt zwischen dem Eingang der Beschwerde bei der Kommission am 21. Februar 2003 und dem Erlass des Einleitungsbeschlusses am 3. Februar 2004 eine Zeitspanne von etwas mehr als elf Monaten. Berücksichtigt man insbesondere, dass die Kommission unter Einschaltung der Italienischen Republik ergänzende Auskünfte bei der Region Sardinien einholen musste, kann ein solcher Zeitraum nicht als überzogen angesehen werden. 101    Drittens ist gemäß Art. 13 Abs. 2 und Art. 16 der Verordnung Nr. 659/1999 die Kommission im Fall einer mutmaßlich rechtswidrigen Beihilfe wie auch im Fall einer mutmaßlich missbräuchlich angewandten Beihilfe insbesondere nicht an die Frist gemäß Art. 7 Abs. 6 der Verordnung Nr. 659/1999 gebunden. Im vorliegenden Fall nun betraf das von der Kommission eröffnete förmliche Prüfungsverfahren eine Beihilfe, die mutmaßlich missbräuchlich angewandt worden war, und dann nach der Berichtigungsentscheidung eine mutmaßlich rechtswidrige Beihilfe. 102    Folglich ist die Rüge der Nichteinhaltung der Fristen der Verordnung Nr. 659/1999 zurückzuweisen. Zum Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 254 Abs. 3 EG und Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 103    Grand Hotel Abi d’Oru macht geltend, die Kommission habe ihre Pflicht zur Bekanntgabe gemäß Art. 254 Abs. 3 EG und Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 verletzt, weil sie ihr weder das zusätzliche Auskunftsverlangen der Kommission an die Italienische Republik vom 26. Februar 2003 (vgl. Randnr. 15 des vorliegenden Urteils) noch ihre Berichtigungsentscheidung übermittelt habe, obwohl sie selbst entsprechend der Aufforderung in der Eröffnungsentscheidung zu der streitigen Beihilferegelung Stellung genommen habe. 104    Die Kommission tritt dem Vorbringen von Grand Hotel Abi d’Oru entgegen. 105    Als Erstes ist zu beachten, dass gemäß Art. 254 Abs. 3 EG Entscheidungen denjenigen, für die sie bestimmt sind, bekannt gegeben und durch diese Bekanntgabe wirksam werden. 106    Was erstens die Berichtigungsentscheidung angeht, sind nach ständiger Rechtsprechung Adressaten der Entscheidungen, die die Kommission im Bereich der staatlichen Beihilfen erlässt, stets die betroffenen Mitgliedstaaten (Urteil Kommission/Sytraval und Brink’s France, oben in Randnr. 99 angeführt, Randnr. 45, Urteile des Gerichts vom 17. Juni 1999, ARAP u. a./Kommission, T‑82/96, Slg. 1999, II‑1889, Randnr. 28, und SIC/Kommission, oben in Randnr. 96 angeführt, Randnr. 45). Diese Rechtsprechung, die der Verordnung Nr. 659/1999 vorausgeht, ist durch Art. 25 dieser Verordnung ausdrücklich bestätigt worden, der bestimmt, dass Entscheidungen nach den Kapiteln II, III, IV, V und VII dieser Verordnung an den betreffenden Mitgliedstaat gerichtet sind, dem die Kommission diese Entscheidungen unverzüglich mitteilt. Die Berichtigungsentscheidung ist insoweit, wie bereits in den Randnrn. 69 bis 74 des vorliegenden Urteils festgestellt, rechtlich als Entscheidung der Einleitung des förmlichen Prüfungsverfahrens einzustufen. 107    Mithin war die Berichtigungsentscheidung ausschließlich an die Italienische Republik und nicht an die durch die streitige Regelung Begünstigten gerichtet. Demgemäß verpflichtete Art. 254 Abs. 3 EG die Kommission nicht, die Berichtigungsentscheidung Grand Hotel Abi d’Oru bekannt zu geben. 108    Zweitens handelt es sich bei der Anforderung ergänzender Informationen nicht um eine Entscheidung im Sinne von Art. 249 Abs. 4 EG, so dass Art. 254 Abs. 3 EG auf sie nicht anzuwenden ist. 109    Somit ist die Rüge eines Verstoßes gegen diese Vorschrift zurückzuweisen. 110    Als Zweites ist zu beachten, dass gemäß Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 jeder Beteiligte, der im Anschluss an die Entscheidung der Kommission, das förmliche Prüfungsverfahren einzuleiten, eine Stellungnahme abgegeben hat, eine Kopie der von der Kommission gemäß Art. 7 getroffenen Entscheidung erhält. 111    Weder die Berichtigungsentscheidung noch die Anforderung zusätzlicher Informationen können aber als „gemäß Artikel 7 [der Verordnung Nr. 659/1999] getroffene Entscheidung“ eingestuft werden. Dieser Artikel zielt nämlich sowohl seiner Überschrift als auch seinem Inhalt nach ausschließlich auf Entscheidungen der Kommission, die das förmliche Prüfungsverfahren abschließen. Zum einen darf aber die Berichtigungsentscheidung, wie in den Randnrn. 73 und 74 des vorliegenden Urteils ausgeführt, nicht als Entscheidung eingestuft werden, mit der das förmliche Prüfungsverfahren abgeschlossen wird, sondern muss im Gegenteil als Entscheidung der Einleitung dieses Verfahrens angesehen werden. Zum anderen ist die Anforderung zusätzlicher Informationen, wie in Randnr. 108 des vorliegenden Urteils dargelegt, keine Handlung, die als Entscheidung eingestuft werden könnte, so dass sie ebenfalls nicht von Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 erfasst wird. 112    Somit ist die Rüge eines Verstoßes gegen diese Vorschrift zurückzuweisen. 113    Folglich ist auch der Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 254 Abs. 3 EG und gegen Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 zurückzuweisen. Zum Klagegrund von Begründungsmängeln der angefochtenen Entscheidung 114    Die Klägerinnen und die Streithelferinnen machen sechs Rügen zu den Begründungsmängeln der angefochtenen Entscheidung und der Berichtigungsentscheidung geltend. Zur Rüge einer unzureichenden Begründung im Zusammenhang mit der Verletzung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer 115    SF Turistico Immobiliare bringt vor, dass sowohl die Berichtigungsentscheidung als auch die angefochtene Entscheidung keine Begründung zu der gerügten Verletzung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer enthielten. 116    Die Berichtigungsentscheidung erläutere nicht die Gründe, die die Kommission bewogen hätten, zweieinhalb Jahre zu warten, um den Einleitungsbeschluss zu berichtigen und auszuweiten, obwohl ihr seit April 2003 alle sachdienlichen Gesichtspunkte umfassend bekannt gewesen seien. 117    Für die angefochtene Entscheidung räumt SF Turistico Immobiliare ein, dass die Kommission aufgrund von Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 659/1999 im Fall einer etwaigen rechtswidrigen Beihilfe nicht an die in Art. 4 Abs. 5, Art. 7 Abs. 6 und Art. 7 Abs. 7 der Verordnung Nr. 659/1999 festgelegten Fristen gebunden sei. Das bedeute allerdings nicht, dass der Grundsatz einer angemessenen Dauer des Verfahrens in einem solchen Fall nicht gelte. Die angefochtene Entscheidung weise, da sie keine Begründung dafür enthalte, dass das Prüfungsverfahren mehr als vier Jahre und fünf Monate gedauert habe, einen Begründungsmangel auf. 118    Die Kommission tritt dem Vorbringen von SF Turistico Immobiliare entgegen. 119    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass es bei der Prüfung dieser Rüge nicht darum geht, ob die Dauer des Verfahrens im vorliegenden Fall tatsächlich überzogen war, sondern nur um die Beantwortung der Frage, ob die Begründungspflicht der Kommission auch für die Verfahrensdauer gilt und, falls ja, ob dieser Pflicht genügt wurde. 120    Die erste dieser Fragen ist zu verneinen – die Begründungspflicht der Kommission gilt mit anderen Worten nicht für die Dauer des Verfahrens, sondern nur für den eigentlichen Inhalt der Entscheidung. 121    Nach ständiger Rechtsprechung muss nämlich die nach Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können (vgl. Urteile des Gerichtshofs Kommission/Sytraval und Brink’s France, oben in Randnr 99 angeführt, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C‑413/06 P, Slg. 2008, I‑4951, Randnr. 166 und die dort angeführte Rechtsprechung). 122    Die Dauer eines Verfahrens ergibt sich nicht aus Erwägungen des betreffenden Organs, mit denen diese Dauer gerechtfertigt werden könnte, sondern ist ein rein faktischer Umstand, der allein von der Zeit abhängig ist, die das Organ benötigt, um dieses Verfahren zu Ende zu führen. Sie gehört daher nicht zum Inhalt der Entscheidung, der nach der in der vorstehenden Randnummer angeführten Rechtsprechung der Begründung bedürfte. Sie erfordert, wie die Kommission zu Recht geltend gemacht hat, allein die rein faktische Anführung der verschiedenen Verfahrensstufen bis zum Erlass der betreffenden Entscheidung. 123    Folglich ist die Rüge einer unzureichenden Begründung im Zusammenhang mit der Verletzung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer zurückzuweisen. Zur Rüge der unzureichenden Begründung für die Einstufung der Beihilfe als neue rechtswidrige Beihilfe 124    Die Region Sardinien rügt eine unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung bezüglich der Einstufung der Beihilfen bei den Projekten, mit deren Durchführung vor Stellung des Antrags begonnen worden sei, als rechtswidrig und nicht als missbräuchlich. 125    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Region Sardinien entgegen. 126    Insoweit genügt der Hinweis, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 48 bis 55 der angefochtenen Entscheidung im Kern dargelegt hat, dass die Beihilferegelung, die insbesondere durch den Erlass des Beschlusses Nr. 33/6 ins Werk gesetzt worden sei, die Bedingungen der Genehmigungsentscheidung nicht erfülle, weil sie die Anreizwirkung der betreffenden Beihilfen nicht sicherstelle, und dass daher die Beihilfen, die für Projekte bereitgestellt worden seien, mit deren Durchführung vor Einreichung des Beihilfeantrags begonnen worden sei, als rechtswidrig angesehen werden müssten. 127    Diese Begründung bringt die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, im Sinne der oben in Randnr. 121 angeführten Rechtsprechung so klar und eindeutig zum Ausdruck, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Rechtmäßigkeitskontrolle durchführen kann. 128    Folglich ist diese Rüge als unbegründet zurückzuweisen. Zur Rüge einer unzureichenden Begründung für die Unvereinbarkeit der Beihilfen unter dem Blickwinkel der regionalen Entwicklung 129    Die Streithelferinnen und SF Turistico Immobiliare rügen eine unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung bezüglich der Vereinbarkeit der nach der streitigen Regelung gewährten Beihilfen (im Folgenden: streitige Beihilfen) insbesondere unter dem Blickwinkel ihres Beitrags zur regionalen Entwicklung im Sinne von Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG. Die Kommission habe insbesondere nicht die Gründe dafür angeführt, dass sie anders als in anderen Fällen mit ähnlichen Umständen die Ausnahmen gemäß Art. 87 Abs. 3 Buchst. a und c EG nicht für anwendbar gehalten habe. 130    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Streithelferinnen und der SF Turistico Immobiliare entgegen. 131    Da es als Erstes bei der Zulässigkeit der Rüge von SF Turistico Immobiliare bezüglich des Begründungsmangels um einen Klagegrund zwingenden Rechts geht, kann diese Rüge nicht als unzulässig zurückgewiesen werden, da sie vom Gericht von Amts wegen geprüft werden muss (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2005, Corsica Ferries France/Kommission, T‑349/03, Slg. 2005, II‑2197, Randnr. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung). 132    Als Zweites ist das Vorbringen der Kommission zurückzuweisen, dass nicht sie die Unvereinbarkeit der Beihilfe nachzuweisen habe, weil es Sache des betreffenden Mitgliedstaats sei, deren Vereinbarkeit nachzuweisen. Es trifft zwar zu, dass es, sofern die Entscheidung über die Verfahrenseröffnung gemäß Art. 88 Abs. 2 EG eine hinreichende vorläufige Beurteilung der Kommission enthält, in deren Rahmen die Gründe erläutert werden, aus denen sie Zweifel an der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt hat, Sache des betroffenen Mitgliedstaats und des Beihilfeempfängers ist, die Gesichtspunkte vorzutragen, die die Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt belegen (Urteil des Gerichts vom 14. Januar 2004, Fleuren Compost/Kommission, T‑109/01, Slg. 2004, II‑127, Randnr. 45; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 18. November 2004, Ferriere Nord/Kommission, T‑176/01, Slg 2004, II‑3931, Randnrn. 93 und 94; vgl. auch entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 24. September 2002, Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission, C‑74/00 P und C‑75/00 P, Slg. 2002, I‑7869, Randnr. 170). Gleichwohl handelt es sich hier nur um eine Regel der Beweislast und nicht der Begründungspflicht, so dass gegebenenfalls die Kommission in ihrer Entscheidung die Gründe anzuführen hat, die sie zu der Annahme bewogen haben, dass trotz der vom Mitgliedstaat oder den Begünstigen beigebrachten Gesichtspunkte die betreffenden Beihilfen nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind. 133    Als Drittes hat die Kommission im vorliegenden Fall ihre Pflicht zur Begründung in dieser Hinsicht erfüllt. 134    Sie hat nämlich in den Erwägungsgründen 56 bis 73 der angefochtenen Entscheidung im Kern angegeben, dass der Grund, weshalb die streitigen Beihilfen nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar gewesen seien, die fehlende Anreizwirkung dieser Beihilfen sei, die darauf zurückzuführen sei, dass sie für Projekte gewährt worden seien, die vor Stellung des Beihilfeantrags in Angriff genommen worden seien. Sie hat hierzu insbesondere darauf verwiesen, dass der Grundsatz der Erforderlichkeit der Beihilfe ein durch die Rechtsprechung bestätigtes Prinzip sei, das darüber hinaus sowohl in der Genehmigungsentscheidung als auch in den Leitlinien von 1998 übernommen worden sei (vgl. Erwägungsgründe 58 bis 61 der angefochtenen Entscheidung). Diese Feststellung reichte bereits aus, die Unvereinbarkeit der Beihilfe zu begründen, weil sie geeignet war, die Vereinbarkeit jeder Beihilfe für die regionale Entwicklung auszuschließen. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass das Gericht bereits entschieden hat, dass die Kommission durch die Bezugnahme auf die in den Leitlinien festgelegten Kriterien und durch die Feststellung, dass diese Kriterien in einem bestimmten Fall nicht erfüllt seien, ihre Entscheidung, eine Freistellung gemäß Art. 87 Abs. 3 EG abzulehnen, rechtlich hinreichend begründet hat (Urteil des Gerichts vom 30. April 1998, Vlaams Gewest/Kommission, T‑214/95, Slg. 1998, II‑717, Randnr. 102). Wenn die Kommission in den Erwägungsgründen 62 bis 69 der angefochtenen Entscheidung mehrere Argumente der italienischen Behörden zurückgewiesen und im 71. Erwägungsgrund dieser Entscheidung dargelegt hat, dass die streitigen Beihilfen ebenfalls nicht aufgrund anderer Rechtsgrundlagen genehmigt werden könnten, so haben solche Darlegungen lediglich ergänzenden Charakter. 135    Daher ist die Rüge einer unzureichenden Begründung für die Unvereinbarkeit der Beihilfen unter dem Blickwinkel der regionalen Entwicklung zurückzuweisen. Zur Rüge einer unzureichenden Begründung im Zusammenhang mit der Würdigung der Anreizwirkung der streitigen Beihilfen 136    Im Rahmen dieser Rüge führen die Region Sardinien, die Streithelferinnen, SF Turistico Immobiliare, Timsas und Grand Hotel Abi d’Oru zur unzureichenden Begründung im Zusammenhang mit der Würdigung der Anreizwirkung der streitigen Beihilfen durch die Kommission drei Argumente an. 137    Erstens machen die Streithelferinnen geltend, dass die Kommission die Gründe hätte erläutern müssen, weshalb im vorliegenden Fall die in Ziff. 4.2 der Leitlinien von 1998 genannte Vermutung, dass die Anreizwirkung fehle, wenn der Beginn der Arbeiten dem Beihilfeantrag vorangehe, nicht durch das Vorbringen der Region Sardinien widerlegt werden könne. Zumindest hätte die Kommission einen konkreten Vergleich mit dem angeblichen Ungleichgewicht vornehmen müssen, das die Zahlung der betreffenden Beihilfe im Referenzmarkt herbeigeführt haben solle. Es gebe aber keine Spur einer solchen Rechtfertigung in der angefochtenen Entscheidung. 138    Zweitens macht die Region Sardinien geltend, die angefochtene Entscheidung entbehre der Begründung und sei widersprüchlich, was den Grund angehe, aus dem die Kommission bei der Würdigung der Anreizwirkung der streitigen Beihilferegelung nicht das Vertrauen der von dieser Regelung Begünstigten in die nationale und gemeinschaftliche Gesetzgebung zu dem Zeitpunkt berücksichtigt habe, zu dem sie ihre Investitionsentscheidung getroffen hätten. 139    Drittens machen SF Turistico Immobiliare, Timsas und Grand Hotel Abi d’Oru geltend, die angefochtene Entscheidung entbehre der Begründung, was den Grund angehe, aus dem die Kommission bei der Würdigung der Anreizwirkung der streitigen Beihilferegelung nicht die besondere Lage der Begünstigten dieser Regelung berücksichtigt habe. 140    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 141    Als Erstes ist sogleich das Vorbringen der Region Sardinien und der Streithelferinnen zurückzuweisen, die Kommission hätte einen konkreten Vergleich mit dem angeblichen Ungleichgewicht vornehmen müssen, das die Zahlung der betreffenden Beihilfe im Referenzmarkt herbeigeführt haben solle. Die Frage nämlich, ob die betreffenden Beihilfen ein Ungleichgewicht auf dem Markt verursacht haben, eine Frage, die grundsätzlich zum Begriff der Beihilfe gehört, ist für die Einschätzung ihrer Anreizwirkung unerheblich, die zur Prüfung der Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt gehört. 142    Zurückzuweisen ist ferner das Vorbringen, die Kommission hätte die Gründe erläutern müssen, aus denen im vorliegenden Fall die in Ziff. 4.2 der Leitlinien von 1998 genannte Vermutung nicht durch das Vorbringen der Region Sardinien und insbesondere durch Erwägungen zum Vertrauensschutz der von der streitigen Regelung Begünstigten widerlegt werden könne, ohne dass es an dieser Stelle erforderlich wäre, zu dem Vorbringen der Streithelferinnen Stellung zu nehmen, das Erfordernis der Einreichung des Beihilfeantrags vor Beginn der Arbeiten beruhe auf einer Vermutung, die widerlegt werden könne. Es ist nämlich festzustellen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 62 bis 67 der angefochtenen Entscheidung zunächst zusammenfassend die von den italienischen Behörden im Rahmen des förmlichen Prüfungsverfahrens vorgebrachten Argumente dargestellt hat, die dann in den Erwägungsgründen 36 bis 43 dieser Entscheidung ausgiebiger behandelt werden. Sie hat dann zu jedem von ihnen angegeben, weshalb sie ihrer Meinung nach zurückzuweisen seien. Auf jeden Fall kann insoweit keine Rede von einem Begründungsmangel sein, so dass dieses Vorbringen der Region Sardinien und der Streithelferinnen zurückzuweisen ist. 143    Als Zweites ist das oben in Randnr. 139 dargestellte Argument zurückzuweisen, ohne dass es, wie in Randnr. 44 des vorliegenden Urteils dargelegt, erforderlich wäre, sich zu dessen Zulässigkeit zu äußern, soweit es von SF Turistico Immobiliare vorgebracht wird. 144    Die Kommission ist nämlich, wie in den Randnrn. 91 und 92 des vorliegenden Urteils dargelegt, im Rahmen der Prüfung einer Beihilferegelung befugt, ihre Prüfung auf die allgemeinen und abstrakten Merkmale dieser Regelung zu beschränken, ohne dass sie die besondere Lage der einzelnen Begünstigten zu untersuchen hätte. Da aber die Kommission nicht verpflichtet war, die besondere Lage der einzelnen Begünstigten zu untersuchen, galt insoweit auch die Begründungspflicht nicht, so dass dieses Vorbringen von SF Turistico Immobiliare, Timsas und Grand Hotel Abi d’Oru zurückzuweisen ist. 145    Folglich ist die Rüge einer unzureichenden Begründung im Zusammenhang mit der Würdigung der Anreizwirkung der Beihilfe zurückzuweisen. Zur Rüge einer unzureichenden Begründung im Zusammenhang mit der Ablehnung der Anwendung der De-minimis-Regel 146    SF Turistico Immobiliare und Timsas machen geltend, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung nicht erläutert, warum sie den Teil der Beihilfe, der den vor Einreichung des Beihilfeantrags entstandenen Kosten entspreche, von der Anwendung der De-minimis-Regel ausgeschlossen habe. 147    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 148    Insoweit genügt der Hinweis, dass die Kommission in Randnr. 68 der angefochtenen Entscheidung die Gründe angeführt hat, aus denen ihrer Meinung nach die De-minimis-Regel im vorliegenden Fall nicht herangezogen werden könne, um sich der Verpflichtung zu entziehen, den Beihilfeantrag vor Beginn der Durchführung des Projekts zu stellen. So hat sie unterstrichen, dass der Betrag, der zu berücksichtigen sei, das Projekt in seiner Gesamtheit umfassen müsse, so dass es nicht möglich sei, die Anfangsarbeiten als nach der De-minimis-Regel beihilfefähig anzusehen. Außerdem hätten die italienischen Behörden offensichtlich nicht berücksichtigt, dass ein Begünstigter De-minimis-Beihilfen aufgrund anderer Regelungen erhalten haben könnte. 149    Somit ist die Rüge einer unzureichenden Begründung im Zusammenhang mit der Ablehnung der Anwendung der De-minimis-Regel zurückzuweisen, ohne dass nach der in Randnr. 44 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ihre Zulässigkeit zu prüfen wäre. Zur Rüge einer unzureichenden Begründung im Zusammenhang mit der Anordnung der Rückforderung 150    Die Region Sardinien vermisst in der angefochtenen Entscheidung eine Begründung im Zusammenhang mit der Anordnung, die Beihilfen bei den Begünstigten zurückzufordern. Die Kommission hätte in den Gründen dieser Entscheidung berücksichtigen müssen, dass der Empfänger einer rechtswidrigen Beihilfe sich nach der Rechtsprechung auf außergewöhnliche Umstände berufen dürfe, die ein schutzwürdiges Vertrauen in die Rechtmäßigkeit der Beihilfe begründet hätten. 151    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 152    Nach ständiger Rechtsprechung im Bereich staatlicher Beihilfen ist, wenn entgegen Art. 88 Abs. 3 EG eine Beihilfe bereits ausgezahlt wurde, die Kommission nicht verpflichtet, besondere Gründe für die Ausübung ihrer Befugnis anzugeben, den nationalen Behörden die Rückforderung der Beihilfe aufzugeben (Urteile des Gerichtshofs vom 17. Juni 1999, Belgien/Kommission, C‑75/97, Slg. 1999, I‑3671, Randnr. 82; vom 7. März 2002, Italien/Kommission, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnr. 106, sowie vom 15. Dezember 2005, Unicredito Italiano, C‑148/04, Slg. 2005, I‑11137, Randnr. 99). Diese vor Inkrafttreten der Verordnung Nr. 659/1999 ergangene Rechtsprechung ist im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 dieser Verordnung weiterhin anzuwenden. Diese Vorschrift legt nämlich fest, dass „[i]n Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen … die Kommission [entscheidet], dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern“. Die Entscheidung, die Beihilfe zurückfordern zu lassen, ist somit die nahezu automatische Konsequenz der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und ihrer Unvereinbarkeit – unter dem einzigen Vorbehalt, der sich aus Art. 14 Abs. 2 ergibt, dass die Rückforderung der Beihilfe nicht gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstößt. Die Kommission hat also insoweit keinen Ermessensspielraum. Unter solchen Umständen kann sie, wenn sie einmal die Gründe dargelegt hat, aus denen ihrer Meinung nach die betreffende Beihilfe rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, nicht verpflichtet sein, ihre Entscheidung, die die Rückforderung anordnet, zu begründen. 153    Damit ist die Rüge einer unzureichenden Begründung im Zusammenhang mit der Anordnung, die Beihilfen zurückzufordern, und folglich allgemein der Klagegrund eines Begründungsmangels zurückzuweisen. 5.     Zu den materiellen Klagegründen 154    Die Klägerinnen und die Streithelferinnen machen zehn materielle Klagegründe geltend, und zwar erstens das Fehlen einer Rechtsgrundlage für die Berichtigungsentscheidung, zweitens einen Ermessensmissbrauch beim Erlass dieser Entscheidung, drittens die Nichterwähnung der Voraussetzung eines vorherigen Antrags in der Genehmigungsentscheidung, viertens die fehlerhafte Einstufung der betreffenden Beihilfen als rechtswidrig, fünftens die Nichtanwendbarkeit der Leitlinien von 1998, sechstens einen offensichtlichen Beurteilungsfehler bezüglich des Vorliegens einer Anreizwirkung, siebtens einen Verstoß gegen Art. 87 Abs. 3 EG, achtens die Verletzung des Grundsatzes der Unparteilichkeit und des Grundsatzes des Wettbewerbsschutzes, neuntens die Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes und zehntens die Verletzung der Vorschriften über De-minimis-Beihilfen. Zum Klagegrund des Fehlens einer Rechtsgrundlage für die Berichtigungsentscheidung 155    SF Turistico Immobiliare und die Streithelferinnen machen geltend, dass keine Bestimmung des EG-Vertrags oder der Verordnung Nr. 659/1999 die Möglichkeit vorsehe, das förmliche Prüfungsverfahren erneut zu eröffnen, auszuweiten oder zu berichtigen. Ferner macht SF Turistico Immobiliare geltend, dass dieses Verfahren gemäß Art. 7 der Verordnung Nr. 659/1999 durch eine ausdrückliche Entscheidung beendet werden müsse und nicht durch die Einleitung einer neuen Prüfung. Die Berichtigungsentscheidung sei daher rechtswidrig und mache alle später erlassenen Maßnahmen fehlerhaft. 156    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 157    Wie sich aus den Feststellungen in den Randnrn. 69 bis 72 des vorliegenden Urteils ergibt, kann die Kommission, auch wenn die Verfahrensvorschriften im Bereich staatlicher Beihilfen eine Berichtigungsentscheidung während eines laufenden Verfahrens nicht ausdrücklich vorsehen, eine solche Entscheidung erlassen, wenn sie nach Erlass einer Entscheidung zur Einleitung eines förmlichen Prüfungsverfahrens entdeckt, das diese entweder auf einem unvollständigen Sachverhalt oder einer fehlerhaften rechtlichen Bewertung dieses Sachverhalts beruht. Da, wie in den Randnrn. 73 und 74 des vorliegenden Urteils festgestellt, eine solche Entscheidung zu der Eröffnungsentscheidung hinzutritt, um mit dieser zusammen eine geänderte Eröffnungsentscheidung zu bilden, ist davon auszugehen, dass sie deren rechtliche Qualität teilt. 158    Die Berichtigungsentscheidung konnte sich daher im vorliegenden Fall wie jede Entscheidung zur Eröffnung eines förmlichen Prüfungsverfahrens auf Art. 88 Abs. 2 Unterabs. 1 EG und auf Art. 4 Abs. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 stützen, zu denen entsprechend den Erwägungen in Randnr. 72 des vorliegenden Urteils die Grundsätze der Verfahrensökonomie und der ordnungsgemäßen Verwaltung hinzutreten. 159    Folglich ist der Klagegrund des Fehlens einer Rechtsgrundlage für die Berichtigungsentscheidung zurückzuweisen. Zum Klagegrund eines Ermessensmissbrauchs beim Erlass der Berichtigungsentscheidung 160    SF Turistico Immobiliare macht geltend, dass die Kommission mit dem Erlass der Berichtigungsentscheidung einen „in den Rechtsvorschriften nicht vorgesehenen Winkelzug“ eingesetzt habe, um das 2004 eingeleitete förmliche Prüfungsverfahren übermäßig zu verlängern und die eigenen Fehler wettzumachen. Die Kommission habe die zunächst als missbräuchlich eingestuften Beihilfen neu als rechtswidrige Beihilfen eingestuft, um so die Rückforderung der gezahlten Beihilfen zu ermöglichen. 161    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 162    Als Erstes ist zum Vorbringen von SF Turistico Immobiliare, das förmliche Prüfungsverfahren sei übermäßig verlängert worden, darauf hinzuweisen, dass die Kommission, auch wenn das förmliche Prüfungsverfahren im vorliegenden Fall lang erscheinen mag, auf jeden Fall, wie in Randnr. 101 des vorliegenden Urteils dargelegt, nicht an die Frist gemäß Art. 7 Abs. 6 der Verordnung Nr. 659/1999 gebunden. 163    Als Zweites war die Berichtigungsentscheidung, wie in den Randnrn. 157 bis 159 des vorliegenden Urteils dargelegt, auf Art. 88 Abs. 2 Unterabs. 1 EG und Art. 4 Abs. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 gestützt, so dass es sich keineswegs, wie indessen SF Turistico Immobiliare geltend macht, um einen „in den Rechtsvorschriften nicht vorgesehenen Winkelzug“ handelt. 164    Als Drittes kann der Erlass der Berichtigungsentscheidung nicht das Ziel verfolgt haben, die Rückforderung der gezahlten Beihilfen zu ermöglichen, wie dies SF Turistico Immobiliare geltend macht. Da nämlich Art. 16 Satz 2 der Verordnung Nr. 659/1999 u. a. auf Art. 14 dieser Verordnung verweist, müssen missbräuchlich verwendete Beihilfen genauso wie rechtswidrige Beihilfen zurückgefordert werden, falls die Kommission feststellt, dass sie mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar sind. Mithin war die erfolgte Änderung der rechtlichen Bewertung in der Berichtigungsentscheidung keineswegs erforderlich, um eine Rückforderungsentscheidung möglich zu machen. 165    Folglich ist der Klagegrund des Ermessensmissbrauchs zurückzuweisen. Zum Klagegrund der Nichterwähnung der Voraussetzung eines vorherigen Antrags in der Genehmigungsentscheidung 166    Die Streithelferinnen machen geltend, die Genehmigungsentscheidung erwähne nicht die Voraussetzung, dass der Beihilfeantrag vor Beginn der Arbeiten gestellt werden müsse. Die Kommission habe daher mit dieser Entscheidung eine Beihilferegelung genehmigt, die Wirtschaftsbeteiligte, die vor Stellung eines Beihilfeantrags Arbeiten begonnen hätten, nicht daran gehindert habe, die in dieser Regelung vorgesehenen Beihilfen zu beanspruchen. Damit habe die Kommission die Anreizwirkung und die Notwendigkeit dieser Beihilfen anerkannt. Somit sei die angefochtene Entscheidung auf die fehlerhafte Feststellung der Nichterfüllung einer Voraussetzung gestützt, die es in Wirklichkeit gar nicht gebe. 167    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 168    Dieser Klagegrund ist zurückzuweisen. In dem Abschnitt der Genehmigungsentscheidung, der der Beschreibung der genehmigten Regelung gilt, hat die Kommission nämlich unzweideutig erklärt, dass „[d]ie Unternehmen einen Finanzierungsantrag vor Beginn der Durchführung der Investitionsprojekte gestellt haben [müssen]“. 169    Zwar ist die Kopie der Genehmigungsentscheidung in Anlage A 2 zur Klageschrift in der Rechtssache T‑304/08 so wiedergegeben, dass sie den betreffenden Hinweis nicht erkennen lässt, der zu Beginn der zweiten Seite dieses Dokuments zu finden ist. Indessen belegt die von der Kommission im Anhang zu ihrer Klagebeantwortung in der Rechtssache T‑408/08 vorgelegte Kopie, dass dieser Hinweis sehr wohl dort enthalten war. Im Übrigen ergibt sich sowohl aus dem Vorverfahren zwischen der Kommission und der Region Sardinien wie aus deren Verhalten vor dem Gericht, dass diese sich der Voraussetzung der Antragstellung vor Beginn der Arbeiten bewusst war. Die Region Sardinien hat nämlich, wie die Kommission zu Recht betont, weder in ihrem Schriftwechsel noch vor dem Gericht die Übernahme der Verpflichtung geleugnet, die Beihilfe nur für Projekte zu gewähren, die nach Einreichung des Beihilfeantrags begonnen hatten. 170    Somit ist die angefochtene Entscheidung keineswegs, wie die Streithelferinnen vortragen, auf die Feststellung der Nichterfüllung einer Voraussetzung gestützt, die es in Wirklichkeit nicht gebe. Folglich ist dieser Klagegrund der Streithelferinnen zurückzuweisen. Zum Klagegrund der fehlerhaften Einstufung der betreffenden Beihilfen als rechtswidrig 171    Die Region Sardinien, die Streithelferinnen und SF Turistico Immobiliare machen geltend, dass die Kommission in der Berichtigungsentscheidung und in der angefochtenen Entscheidung die betreffenden Beihilfen fehlerhaft als rechtswidrig und nicht als missbräuchlich verwendete eingestuft habe, wobei sie sich auf den Standpunkt gestellt habe, dass diese Beihilfen Änderungen bestehender Beihilfen im Sinne von Art. 1 Buchst. c und f der Verordnung Nr. 659/1999 seien. In Wirklichkeit müssten aber die betreffenden Beihilfen als bereits bestehende Beihilfen eingestuft werden, die unter Verletzung der Modalitäten verwendet worden seien, wie sie in den sie zulassenden Vorschriften festgelegt seien. 172    Die Streithelferinnen ergänzen, dass die Beihilfe im vorliegenden Fall nicht geändert worden sei, weil weder die Verordnung Nr. 659/1999 noch die Genehmigungsentscheidung die Voraussetzung vorgesehen hätten, dass der Beihilfeantrag vor dem Beginn der Arbeiten gestellt werden müsse. Auf jeden Fall liege eine Änderung einer bestehenden Beihilfe nur vor, wenn die Änderung die ursprüngliche Regelung in ihrem eigentlichen Kern berühre. Im vorliegenden Fall hingegen könne die Änderung nur als marginal eingestuft werden. 173    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 174    Um die streitigen Beihilfen einstufen zu können, ist zunächst auf die Definitionen in Art. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 hinzuweisen: „Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck: … b)      ‚bestehende Beihilfen‘: … ii)      genehmigte Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die von der Kommission oder vom Rat genehmigt wurden; … c)      ‚neue Beihilfen‘ alle Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die keine bestehenden Beihilfen sind, einschließlich Änderungen bestehender Beihilfen; … f)      ‚rechtswidrige Beihilfen‘ neue Beihilfen, die unter Verstoß gegen Artikel [88] Absatz 3 [EG] eingeführt werden; g)      ‚missbräuchliche Anwendung von Beihilfen‘ Beihilfen, die der Empfänger unter Verstoß gegen [die] [Genehmigungs-] Entscheidung … verwendet; …“ 175    Erstens ergibt sich aus diesen Vorschriften, dass zwar Beihilfen, die im Rahmen der ursprünglichen Regelung, wie sie mit der Genehmigungsentscheidung zugelassen worden waren, gewährt wurden, als bestehende Beihilfen im Sinne von Art. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 659/1999 anzusehen sind, dass aber Beihilfen, die auf einer Rechtsgrundlage gewährt werden, die von der in der Genehmigungsentscheidung zugelassenen Regelung wesentlich abweicht, als neue Beihilfen im Sinne von Art. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 659/1999 eingestuft werden müssen. 176    Diese Abgrenzung entspricht der Rechtsprechung vor dem Erlass der Verordnung Nr. 659/1999, der zufolge Maßnahmen zur Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen neue Beihilfen sind (Urteile des Gerichtshofs vom 9. Oktober 1984, Heineken Brouwerijen, 91/83 und 127/83, Slg 1984, 3435, Randnrn. 17 und 18, und vom 9. August 1994, Namur-Les assurances du crédit, C‑44/93, Slg. 1994, I‑3829, Randnr. 13; Urteil des Gerichts vom 28. November 2008, Hotel Cipriani/Kommission, T‑254/00, T‑270/00 und T‑277/00, Slg. 2008, II‑3269, Randnr. 358). Insbesondere wird die ursprüngliche Regelung in eine neue Beihilferegelung ungewandelt, wenn die Änderung sie in ihrem Kern selbst betrifft. Ist die Umgestaltung aber nicht wesentlich, so kann nur sie als neue Beihilfe eingestuft werden (Urteile Government of Gibraltar/Kommission, oben in Randnr. 77 angeführt, Randnrn. 109 und 111, sowie Hotel Cipriani/Kommission, Randnr. 358). 177    Im vorliegenden Fall erwähnt die Genehmigungsentscheidung, wie in Randnr. 168 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ausdrücklich die Voraussetzung, dass der Beihilfeantrag zwingend dem Beginn der Durchführung der Investitionsvorhaben vorauszugehen hat. Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass die Region Sardinien im Rahmen der ersten Aufforderung zur Einreichung von Anträgen nach der mit dem Gesetz Nr. 9/1998 eingeführten Regelung aufgrund des Beschlusses Nr. 33/6 Beihilfen für Projekte gewähren konnte, deren Durchführung vor Einreichung der Beihilfeanträge begonnen hatte. Was die streitigen Beihilfen betrifft, war mithin die angewandte Regelung gegenüber der Regelung, wie sie mit der Genehmigungsentscheidung gebilligt worden war, abgeändert worden. 178    In dieser Hinsicht ist zu betonen, dass diese Änderung nicht als geringfügig oder unbedeutend betrachtet werden kann. Da nämlich die Kommission, wie sich aus Ziff. 4.2 der Leitlinien von 1998 ergibt, regelmäßig ihre Genehmigung von Beihilferegelungen mit regionaler Zielsetzung von der Voraussetzung abhängig macht, dass der Beihilfeantrag zwingend dem Beginn der Durchführung der Projekte vorauszugehen hat, liegt auf der Hand, dass der Wegfall dieser Voraussetzung nicht ohne Einfluss auf die Beurteilung der Vereinbarkeit dieser Beihilfemaßnahme mit dem Gemeinsamen Markt bleiben konnte. 179    Mithin mussten die streitigen Beihilfen als neue Beihilfen im Sinne von Art. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 659/1999 und nicht als bestehende Beihilfen eingestuft werden. 180    Zweitens müssen diese neuen Beihilfen als rechtswidrig im Sinne von Art. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 659/1999 angesehen werden, weil die Änderung der genehmigten Regelung, die die Region Sardinien mit dem Beschluss Nr. 33/6 unternommen hat, der Kommission entgegen Art. 88 Abs. 3 EG nicht vor Einführung der betreffenden Beihilfen notifiziert worden ist. 181    Drittens ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 1 Buchst. g der Verordnung Nr. 659/1999 die Einstufung einer Beihilfemaßnahme als missbräuchlich verwendet voraussetzt, dass es der Empfänger ist, der die Beihilfe entgegen der Entscheidung, mit der sie genehmigt wurde, verwendet. Im vorliegenden Fall ist aber der Verstoß gegen die Genehmigungsentscheidung nicht den Empfängern, sondern der Region Sardinien zuzurechnen. Somit können die streitigen Beihilfen nicht als missbräuchlich verwendete Beihilfen eingestuft werden. 182    Folglich ist der Klagegrund, die Kommission habe fehlerhaft die streitigen Beihilfen als rechtswidrige und nicht als missbräuchlich verwendete Beihilfen eingestuft, zurückzuweisen. Zum Klagegrund der Unanwendbarkeit der Leitlinien von 1998 183    Die Region Sardinien und SF Turistico Immobiliare erheben mehrere Rügen, die im Kern auf die Unanwendbarkeit der Leitlinien von 1998 oder zumindest von deren Ziff. 4.2 gestützt sind. Zur Anwendbarkeit der Leitlinien von 1998 in zeitlicher Hinsicht 184    Die Region Sardinien und SF Turistico Immobiliare machen geltend, dass das Gesetz Nr. 9/1998 tatsächlich die Leitlinien von 1998 nicht habe berücksichtigen können, weil es am Tag nach deren Veröffentlichung verabschiedet worden sei, und auf jeden Fall die Leitlinien selbst erst am 1. Januar 2000 voll in Kraft treten sollten. 185    Die Kommission hat sich nicht ausdrücklich zu diesem Vorbringen geäußert. 186    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Vorschrift, die bewirkt, dass die streitige Regelung rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, nicht im Gesetz Nr. 9/1998 enthalten ist, das über die zeitliche Beziehung zwischen der Einreichung des Beihilfeantrags und dem Beginn der Arbeiten schweigt, sondern in dem Beschluss Nr. 33/6, der die Berücksichtigung von bestimmten Projekten zulässt, die vor Stellung des Antrags begonnen wurden (vgl. Randnr. 10 des vorliegenden Urteils). Der Beschluss Nr. 33/6 stammt aber vom 27. Juli 2000 und liegt damit eindeutig später als der Zeitpunkt der „vollen“ Anwendbarkeit der Leitlinien von 1998 am 1. Januar 2000. 187    Zweitens stellt Ziff. 6.1 der Leitlinien von 1998 klar: „[D]ie Kommission [wird] die Vereinbarkeit der Regionalbeihilfen mit dem Gemeinsamen Markt nach den vorliegenden Leitlinien würdigen, sobald diese angenommen sind. Die vor der Mitteilung der vorliegenden Leitlinien an die Mitgliedstaaten notifizierten Beihilfevorhaben, über die die Kommission noch nicht abschließend entschieden hat, werden anhand der zum Zeitpunkt der Notifizierung geltenden Kriterien gewürdigt.“ 188    Die streitige Regelung war aber, wie in den Randnrn. 177 bis 180 des vorliegenden Urteils festgestellt, nicht durch die Genehmigungsentscheidung gedeckt und ist daher gerade nicht notifiziert, sondern von den italienischen Behörden rechtswidrig ins Werk gesetzt worden. Ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt musste somit aufgrund der Leitlinien von 1998 nach Maßgabe der in der vorstehenden Randnummer genannten Vorschrift beurteilt werden. Zu dem auf die Vorschriften betreffend die vorausgegangene Regelung gestützten Argument 189    Die Region Sardinien und SF Turistico Immobiliare vertreten die Auffassung, dass das Gesetz Nr. 9/1998 sich in die gestalterische Kontinuität eines früheren und von der Kommission gebilligten Beihilfensystems einfüge, bei dem die Gewährung von Beihilfen unabhängig davon gewesen sei, ob mit den Investitionen bereits begonnen worden sei oder nicht. Wegen der unerwarteten Änderung der Gemeinschaftsvorschriften, wie sie sich bei der Veröffentlichung der Leitlinien von 1998 gezeigt habe, habe der Beschluss Nr. 33/6 im Rahmen der ersten Aufforderung zur Einreichung von Anträgen die Beibehaltung der Möglichkeit vorgesehen, auch Projekte zu unterstützen, die in der Zeitspanne zwischen dem Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 9/1998 und dem Zeitpunkt der Einreichung der Anträge begonnen worden seien. 190    Die Vereinbarkeit einer Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt ist ausschließlich aufgrund der ihr eigenen Merkmale nach dem Maßstab der Politik zu beurteilen, die die Kommission zum Zeitpunkt dieser Beurteilung verfolgt. Demgegenüber kann die Beurteilung der Vereinbarkeit einer Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt nicht dadurch beeinflusst werden, dass ihr möglicherweise andere Regelungen vorausgegangen sind, bei denen die Kommission bestimmte Modalitäten akzeptiert hat. Andernfalls könnte nämlich die Kommission die Kriterien, nach denen sie die Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen beurteilt, nicht mehr ändern; diese Befugnis muss sie aber haben, um sowohl auf die Entwicklung der Beihilfenpraxis der Mitgliedstaaten als auch auf die Entwicklung des Gemeinsamen Marktes reagieren zu können. 191    Daher ist dieser Klagegrund zurückzuweisen. Zum Vorbringen im Hinblick auf den nationalen Gesetzgebungskontext 192    Die Region Sardinien macht geltend, das Gesetz Nr. 9/1998 sei ursprünglich durch das Dekret Nr. 285/1999 durchgeführt worden, das ein sogenanntes „Schaltersystem“ vorgesehen habe. Nur aus „übertriebener Umsicht“ habe sie dann entschieden, mit den Beschlüssen Nrn. 33/4 und 33/6 ein Verfahren der Aufforderung zu Anträgen einzurichten, um sich den Leitlinien von 1998 anzupassen, die in der Zwischenzeit erlassen worden seien. Um diese Anpassung durchzuführen, die nicht notwendig gewesen sei, habe sie sich gezwungen gesehen, eine Vorschrift einzuführen, nach der Anträge, die vor Veröffentlichung der ersten Aufforderung zu Anträgen eingereicht worden seien, gleichwohl zugelassen werden könnten, um das berechtigte Vertrauen der Betroffenen zu schützen, die ihren Beihilfeantrag nach dem im Dekret Nr. 289/1999 vorgesehenen Verfahren gestellt hätten. Sie gehe daher davon aus, dass es sich um eine bloße „Wiedereinbringung“ alter Anträge handele, die vor der Eröffnung des Verfahrens zur Abgabe von Anträgen gestellt worden seien. 193    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 194    Die Darlegungen der Region Sardinien erweisen sich als in mehrfacher Hinsicht unzutreffend. 195    So bestimmt erstens Art. 2 des Dekrets Nr. 285/1999 („Benefici della legge“ [Vergünstigungen des Gesetzes Nr. 9/1998]) in seinem Abs. 5: „Die Finanzierungsbeihilfen nach diesem Artikel werden nach der Methode der halbjährlichen Aufforderung zu Anträgen, die binnen 60 Tagen nach deren Veröffentlichung einzureichen sind, und der entsprechenden Klassifizierung der beihilfefähigen Initiativen, die nach Art. 9 erstellt wird, gewährt.“ 196    Dieser Vorschrift ist zu entnehmen, dass entgegen der Behauptung der Region Sardinien das Dekret Nr. 285/1999 kein Schaltersystem geschaffen hat, sondern im Gegenteil vorsah, dass die Beihilfen nach der „Methode der halbjährlichen Aufforderung“ vergeben werden sollten. 197    Zweitens ergibt sich aus Punkt 3.3 des der Kommission am 22. April 2003 übermittelten Schreibens der Region Sardinien, dass zehn Unternehmen Beihilfeanträge nach dem im Dekret Nr. 285/1999 vorgesehenen Verfahren eingereicht hatten. Obwohl diese Unternehmen nach der Aufhebung dieses Dekrets und seiner Ersetzung durch den Beschluss Nr. 33/6 einen neuen Antrag in den im Beschluss Nr. 33/4 vorgeschriebenen Formen hätten einreichen müssen, ist die Region Sardinien in ihrem Schreiben davon ausgegangen, dass die diesen zehn Unternehmen gewährten Beihilfen das Kriterium des Antrags vor Beginn der Arbeiten erfüllten. 198    Der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass die Kommission sich dieser Ansicht angeschlossen hat. Ihr Art. 1 erklärt die staatlichen Beihilfen, die auf der Grundlage des Gesetzes Nr. 9/1998 gewährt wurden, für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, außer wenn der Begünstigte die Beihilfe auf der Grundlage der Regelung beantragt hat, bevor er mit der Durchführung eines Erstinvestitionsvorhabens begonnen hat. Da dieser Artikel sich nicht zu den Förmlichkeiten äußert, denen die Beihilfeanträge zu genügen hatten, ist davon auszugehen, dass die angefochtene Entscheidung nicht die Beihilfen betrifft, die für die Investitionsvorhaben dieser zehn Unternehmen bereitgestellt wurden, sondern nur die Beihilfen für Projekte, die vor Einreichung eines Beihilfeantrags nach der im Gesetz Nr. 9/1998 vorgesehenen Regelung begonnen wurden. 199    Entgegen der Darstellung der Region Sardinien waren die Bestimmungen des Beschlusses Nr. 33/6 keineswegs erforderlich, um das Vertrauen der Unternehmen aufrechtzuerhalten, die einen Antrag nach dem im Dekret Nr. 285/1999 vorgesehenen Verfahren gestellt hatten. 200    Während drittens die Art. 4 und 5 des Dekrets Nr. 285/1999 jeweils vorsahen, dass Beihilfen für die Finanzierung von Maßnahmen und Bauwerken gewährt werden können, „die nach Einreichung des Beihilfeantrags anstehen“, und dass „beihilfefähig die oben genannten Ausgaben sind, die nach dem Beihilfeantrag erfolgt sind“, bestimmte Art. 17 dieses Dekrets („Übergangsvorschrift“) in seinem Abs. 2, dass „[b]ei der ersten Anwendung der vorliegenden Vorschriften [zur Durchführung des Gesetzes Nr. 9/1998] die Maßnahmen und Ausgaben beihilfefähig [sind], die nach dem 5. April 1998 (Tag des Inkrafttretens des Gesetzes [Nr. 9/1998]) erfolgt sind“. 201    Daraus ergibt sich, dass die Bestimmung, wonach Beihilfen für Projekte gewährt werden konnten, deren Durchführung vor Einreichung des Beihilfeantrags begonnen hatte, nicht, wie die Region Sardinien vorgibt, durch die Beschlüsse Nrn. 33/4 und 33/6 bei der Ersetzung des Dekrets Nr. 285/1999 eingeführt wurde, sondern bereits Teil dieses Dekrets war, mit dem zum ersten Mal Durchführungsvorschriften für das Gesetz Nr. 9/1998 erlassen wurden. Entgegen dem Vorbringen der Region Sardinien war Grund für die Einführung dieser Vorschrift also nicht die Anpassung der Verfahren im Anschluss an die Ersetzung des Dekrets Nr. 285/1999 durch den Beschluss Nr. 33/4. 202    Somit ist dieses Vorbringen der Region Sardinien als tatsächlich unzutreffend zurückzuweisen. Zum Einwand der Rechtswidrigkeit von Ziff. 4.2 der Leitlinien von 1998 203    SF Turistico Immobiliare beruft sich auf der Grundlage von Art. 241 EG auf die Rechtswidrigkeit von Ziff. 4.2 der Leitlinien von 1998, weil er nicht zulasse oder so ausgelegt werde, dass er nicht zulasse, die Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt von Beihilfen zu prüfen, die zur Finanzierung von Projekten gewährt würden, deren Durchführung vor Einreichung des Beihilfeantrags begonnen habe. Unter solchen Umständen widerspreche nämlich diese Ziff. 4.2 der ratio legis, wie sie die Gemeinschaftspolitiken im Bereich der Beihilfen präge. 204    SF Turistico Immobiliare unterstreicht hierzu, dass Projekte, die durch eine staatliche Beihilfe gefördert würden, häufig strukturelle und infrastrukturelle Maßnahmen vorsähen, die durch die gleiche Beihilferegelung gefördert würden und einen Komplex koordinierter Arbeiten darstellten, die zwar miteinander verbunden seien, aber einen eigenständigen Funktionsrahmen behielten. In ihrem Fall etwa seien Projekte der Endbearbeitung, der Erweiterung, der Modernisierung oder der Neuerrichtung für verschiedene Einrichtungen und Immobilien Gegenstand eines gemeinsamen Antrags nach der streitigen Regelung gewesen, die, obwohl sie in ein und demselben Finanzierungsantrag zusammengefasst worden seien, getrennt hätten durchgeführt werden können. Gleichwohl ergebe die strikte Anwendung von Ziff. 4.2 der Leitlinien von 1998, dass ein kleiner Teil der geplanten Arbeiten von etwa 5 % des Gesamtumfangs zur Unzulässigkeit der gesamten Beihilfe führe, obwohl die anderen Teile der geplanten Arbeiten regelgerecht nach dem Beihilfeantrag begonnen worden seien. 205    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. –       Zur Zulässigkeit des Einwands der Rechtswidrigkeit 206    Vorab ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung Art. 241 EG der Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes ist, der jeder Partei das Recht gewährleistet, zum Zweck der Nichtigerklärung einer sie unmittelbar und individuell betreffenden Entscheidung die Gültigkeit derjenigen früheren Rechtshandlungen der Gemeinschaftsorgane zu bestreiten, welche die Rechtsgrundlage für die angegriffene Entscheidung bilden, falls die Partei nicht das Recht hatte, gemäß Art. 230 EG unmittelbar gegen diese Rechtshandlungen zu klagen, deren Folgen sie nunmehr erleidet, ohne dass sie ihre Nichtigerklärung hätte beantragen können (Urteile des Gerichtshofs vom 6. März 1979, Simmenthal/Kommission, 92/78, Slg. 1979, 777, Randnrn. 39 und 40, und des Gerichts vom 20. März 2002, LR AF 1998/Kommission, T‑23/99, Slg. 2002, II‑1705, Randnr. 272). 207    Da Art. 241 EG nicht einer Partei gestatten soll, die Unanwendbarkeit eines Rechtsakts allgemeinen Charakters mit jeder beliebigen Klage geltend zu machen, muss der allgemeine Rechtsakt, dessen Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, unmittelbar oder mittelbar auf den streitgegenständlichen Fall anwendbar sein und es muss ein unmittelbarer rechtlicher Zusammenhang zwischen der angefochtenen Einzelentscheidung und dem betreffenden allgemeinen Rechtsakt bestehen (Urteile des Gerichtshofs vom 31. März 1965, Macchiorlati Dalmas e Figli/Hohe Behörde, 21/64, Slg. 1965, 242, 259, und vom 13. Juli 1966, Italien/Rat und Kommission, 32/65, Slg. 1966, 458, 487; Urteil des Gerichts vom 26. Oktober 1993, Reinarz/Kommission, T-6/92 und T-52/92, Slg. 1993, II‑1047, Randnr. 57, LR AF 1998/Kommission, oben in Randnr. 206 angeführt, Randnr. 273, und vom 29. November 2005, Heubach/Kommission, T‑64/02, Slg. 2005, II‑5137, Randnr. 35). 208    Bei den Leitlinien von 1998 ergibt sich aus ihrem einleitenden Teil, dass sie allgemein und abstrakt die Kriterien festlegen, die die Kommission bei der Würdigung der Vereinbarkeit von Beihilfen mit regionaler Zielsetzung mit dem Gemeinsamen Markt auf der Grundlage des Art. 87 Abs. 3 Buchst. a und c EG heranzieht und die folglich für die Mitgliedstaaten, die solche Beihilfen gewähren, die Rechtssicherheit sicherstellen. Insbesondere gilt die in Ziff. 4.2 der Leitlinien von 1998 festgelegte Voraussetzung für sämtliche in den Leitlinien behandelten Beihilfen ohne Rücksicht auf ihren Gegenstand, ihre Form oder ihren Betrag. 209    Außerdem hat sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung im Rahmen ihrer Würdigung der Vereinbarkeit der streitigen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt ausdrücklich auf Ziff. 4.2 der Leitlinien von 1998 berufen. Daraus folgt, dass diese Voraussetzung, auch wenn Ziff. 4.2 der Leitlinien von 1998 nicht die Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung bildet, da diese auf Art. 88 Abs. 2 EG und Art. 62 Abs. 1 Buchst a des EWR-Abkommens gestützt ist, allgemein und abstrakt die Art und Weise bestimmt hat, in der die Kommission die Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt gewürdigt hat. 210    Somit besteht im vorliegenden Fall ein unmittelbarer rechtlicher Zusammenhang zwischen der angefochtenen Einzelentscheidung und dem allgemeinen Rechtsakt, um den es sich bei den Leitlinien handelt. Geht man davon aus, dass SF Turistico Immobiliare nicht die Nichtigerklärung der Leitlinien, die ein allgemeiner Rechtsakt sind, verlangen konnte, können diese mit dem Einwand der Rechtswidrigkeit angegriffen werden (vgl. in diesem Sinne in entsprechender Anwendung Urteil LR AF 1998/Kommission, oben in Randnr. 206 angeführt, Randnrn. 272 bis 276). 211    Somit ist der Einwand der Rechtswidrigkeit der Leitlinien von 1998 zulässig. –       Zur Begründetheit des Einwands 212    Nach Ziff. 4.2 der Leitlinien von 1998 „müssen die Beihilferegelungen vorsehen, dass der Beihilfeantrag vor Beginn der Projektausführung gestellt wird“. Das Vorbringen der Klägerin zur Stützung des Einwands der Rechtswidrigkeit geht im Kern dahin, dass die Auslegung dieser Vorschrift durch die Kommission, wonach der betreffenden Beihilferegelung die Anreizwirkung fehle, weil sie die Gewährung von Beihilfen zur Finanzierung von Arbeiten zulasse, mit denen vor Einreichung des Beihilfeantrags begonnen worden sei, die Umstände des Falls nicht genügend berücksichtige und der Logik widerspreche, die den Gemeinschaftspolitiken im Bereich der Beihilfen zugrunde liege. 213    Insoweit hat das Gericht bereits entschieden, dass Ziff. 4.2 der Leitlinien von 1998 auf einen bestimmten zeitlichen Ablauf abstellt und somit eine Prüfung der zeitlichen Abfolge verlangt, die bei der Beurteilung der Anreizwirkung völlig angemessen ist. Diese Beurteilung muss nämlich anhand der Investitionsentscheidung des betreffenden Unternehmens vorgenommen werden, mit der der dynamische Prozess beginnt, den eine betriebliche Investition wie die der Klägerin notwendigerweise darstellt (Urteil des Gerichts vom 14. Januar 2009, Kronoply/Kommission, T‑162/06, Slg. 2009, II‑1, Randnr. 80). Ebenso ist der Gerichtshof davon ausgegangen, dass die fehlende Notwendigkeit einer Beihilfe sich insbesondere daraus ergeben kann, dass das Beihilfevorhaben vom betroffenen Unternehmen vor Zuleitung des Beihilfeantrags an die zuständigen Behörden bereits in Angriff genommen oder sogar abgeschlossen worden ist, so dass die betreffende Beihilfe keinen Anreiz mehr bieten kann (Urteil des Gerichtshofs vom 15. April 2008, Nuova Agricast, C‑390/06, Slg. 2008, I‑2577, Randnr. 69). 214    Unabhängig von diesen Präzedenzfällen ist festzustellen, dass das Kriterium des Antrags vor Durchführung des Projekts sachgerecht und angemessen ist. 215    Die Anwendung des Kriteriums der Ziff. 4.2 der Leitlinien von 1998 soll nämlich feststellen helfen, ob eine Beihilfemaßnahme eine Anreizwirkung hat, wenn es in einem Fall nicht möglich ist, eine vollständige Prüfung sämtlicher wirtschaftlicher Aspekte der Investitionsentscheidung der zukünftigen Beihilfeempfänger durchzuführen. Insoweit ergibt sich aus Ziff. 2 Abs. 2 bis 4 der Leitlinien von 1998, dass die Kommission grundsätzlich Beihilfen mit regionaler Zielsetzung nur in Form von Beihilferegelungen zulässt, weil sie der Meinung ist, dass einzelne Ad-hoc-Beihilfen nicht die Voraussetzung erfüllen, dass zwischen den hieraus resultierenden Wettbewerbsverfälschungen und den Vorteilen der Beihilfe für die Entwicklung eines benachteiligten Gebiets ein Gleichgewicht gewährleistet werden kann. Bei der Prüfung der Vereinbarkeit einer notifizierten Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt sind aber die besonderen Umstände, wie sie bei den verschiedenen potenziellen Begünstigten der Regelung und bei den konkreten Projekten, für die diese Subventionen beantragen können, vorliegen, der Kommission per definitionem unbekannt. Diese muss sich folglich bei der Bewertung der Vereinbarkeit einer Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt auf Kriterien stützen, die entweder unabhängig von den besonderen Umständen sind, wie sie bei den zukünftigen Begünstigten vorliegen, oder die bei allen zukünftigen Begünstigten übereinstimmen. Die Forderung, dass der Beihilfeantrag dem Beginn der Durchführung des subventionierten Projekts vorausgehen muss, erlaubt es, sicherzustellen, dass das betreffende Unternehmen klar seinen Willen manifestiert hat, die betreffende Beihilferegelung in Anspruch zu nehmen, bevor mit der Durchführung des Projekts begonnen wird. Damit kann vermieden werden, dass nachträglich Anträge für Projekte eingereicht werden, mit deren Durchführung unabhängig von der Geltung einer Beihilferegelung begonnen wurde. Angesichts dieser Erwägungen ist die einfache Feststellung, dass der Beihilfeantrag dem Beginn der Durchführung des Investitionsprojekts vorausgeht, ein einfaches, sachgerechtes und angemessenes Kriterium, das der Kommission erlaubt, das Vorliegen einer Anreizwirkung zu vermuten. 216    Im Übrigen ist, soweit SF Turistico Immobiliare die besonderen Umstände ihres Investitionsprojekts anführt, um damit zu belegen, dass die Anwendung von Ziff. 4.2 der Leitlinien von 1998 zu unannehmbaren Ergebnissen führe, auf die Erwägungen und die Rechtsprechungshinweise in den Randnrn. 91 und 92 des vorliegenden Urteils zu verweisen, wonach die Kommission im Rahmen der Prüfung einer Beihilferegelung berechtigt ist, ihre Untersuchung auf allgemeine und abstrakte Merkmale dieser Regelung zu beschränken, und nicht verpflichtet ist, die besondere Lage einzelner Beihilfeempfänger zu prüfen. 217    Mithin ist der Einwand der Rechtswidrigkeit der Leitlinien von 1998 zurückzuweisen. Zum Klagegrund eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers bezüglich des Vorliegens einer Anreizwirkung 218    Die Region Sardinien, die Streithelferinnen, SF Turistico Immobiliare, Timsas und Grand Hotel Abi d’Oru machen geltend, die Kommission habe die Anreizwirkung der streitigen Regelung bei Berücksichtigung der Eigenarten des einheimischen Markts und im Licht der subjektiven Betrachtungsweise des Funktionierens der Unterstützungsmechanismen seitens der Wirtschaftsteilnehmer nicht ordnungsgemäß gewürdigt. 219    Hierzu bringen sie mehrere Rügen vor, die auf die Unanwendbarkeit der Leitlinien von 1998, die Vorschriften betreffend eine frühere Beihilferegelung, den nationalen Gesetzgebungskontext, die seit Verabschiedung des Gesetzes Nr. 9/1998 bestehende Gewissheit der Unternehmen, in den Genuss der dort vorgesehenen Beihilfen zu kommen, sowie die Besonderheit der Lage oder des Verhaltens der Begünstigten der streitigen Beihilfe abstellen. Zur Rüge im Hinblick auf die Besonderheit der Lage oder des Verhaltens der Begünstigten der streitigen Beihilfen 220    Die Region Sardinien bringt mit Unterstützung der Streithelferinnen vor, aus den Umständen im Umfeld der Investitionen der Begünstigten ergebe sich, dass das Gesetz Nr. 9/1998, obwohl die von ihm geschaffene Beihilferegelung noch nicht ihre endgültige Form gefunden habe, seine Rolle als Anreiz vollkommen ausgefüllt habe. Die Verletzung des Erfordernisses der Notwendigkeit sei somit nur vordergründig, da alle Begünstigten ihre Anträge nach dem Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 9/1998 gestellt hätten, das der Kommission notifiziert und von dieser genehmigt worden sei. Im Übrigen hätten sich die meisten Begünstigten für die streitige Beihilferegelung entschieden und auf alternative Maßnahmen verzichtet, die sie mit Sicherheit hätten in Anspruch nehmen können, und fast alle hätten Bankdarlehen aufnehmen müssen, deren Bedingungen wegen des Ausbleibens der erwarteten Beihilfe mit einer umsichtigen Betriebsführung unvereinbar seien. 221    Die Region Sardinien ist somit der Meinung, die Kommission habe nicht aus dem bloßen Fehlen eines Beihilfeantrags vor Beginn der Arbeiten schließen können, dass die Begünstigten diese Investitionen unabhängig von der Beihilfe vorgenommen hätten, noch habe sie durch eine Beurteilung a posteriori auf der Grundlage eines geänderten Gesetzgebungskontexts die Anreizwirkung ausschließen dürfen. 222    Die Streithelferinnen ergänzen, dass auf jeden Fall das Fehlen der Notwendigkeit oder der Anreizwirkung bei einem Beginn der Arbeiten vor Stellung des Beihilfeantrags nur eine Vermutung begründe, die widerlegt werden könne, wenn die Begünstigten oder die nationalen Behörden der Kommission Gesichtspunkte vortrügen, die belegten, dass die Kriterien des Anreizes und der Notwendigkeit erfüllt seien. Im vorliegenden Fall hätte also die Kommission prüfen müssen, ob dies der Fall sei, anstatt sich hinter das formale Kriterium des Antrags vor Beginn der Arbeiten zurückzuziehen. 223    SF Turistico Immobiliare wirft der Kommission vor, das Kriterium der Anreizwirkung nicht nur bei den Maßnahmen, bei denen die Arbeiten vor der Einreichung des Beihilfeantrags begonnen hätten, sondern auch bei den viel wichtigeren und funktional unabhängigen Maßnahmen abgelehnt zu haben, bei denen der Beihilfeantrag dem Beginn der Arbeiten vorausgegangen sei, obwohl das Rechtswidrigkeitsverdikt allein auf die Maßnahmen hätte beschränkt werden müssen, die vor Einreichung der Beihilfeanträge durchgeführt worden seien. Wenn nämlich die Kommission hätte sicher sein wollen, dass die Anreizwirkung ohne Einschränkung sichergestellt gewesen wäre, hätte sie sich durchaus darauf beschränken können, eine bedingte Entscheidung zu treffen, indem sie festgelegt hätte, dass die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt unter der Bedingung vereinbar sei, dass die vor Einreichung des Antrags entstandenen Kosten zulasten der Unternehmen gingen. Dies hätte ihr erlaubt, die Beihilfe um die als unangebracht angesehene Anwendung des Gesetzes Nr. 9/1998 mit Hilfe des Beschlusses Nr. 33/6 durch die Region Sardinien zu „bereinigen“. 224    Timsas und Grand Hotel Abi d’Oru machen geltend, dass die Kommission sich unter dem Blickwinkel der Anreizwirkung auf die Behauptung zurückgezogen habe, dass es nicht möglich sei, die Anreizwirkung von der einen Regelung auf die andere zu übertragen. Sie selbst hätten Anträge nach der streitigen Regelung nur wegen der Erschöpfung der im Rahmen früherer Beihilferegelungen verfügbaren Finanzmittel gestellt, die mit der streitigen Regelung vergleichbar gewesen seien und aufgrund deren sie Anträge für die gleichen Projekte gestellt hätten. Es sei daher nicht zutreffend, dass sie mit der Durchführung der Arbeiten vor Stellung des Beihilfeantrags begonnen hätten, und das Vorliegen und Andauern der Anreizwirkung unterlägen keinem Zweifel. 225    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen. 226    Als Erstes ist nach den Feststellungen in den Randnrn. 213 bis 215 des vorliegenden Urteils die Stellung des Beihilfeantrags vor Beginn der Durchführung der Projekte ein sachgerechtes und angemessenes Kriterium für die Beurteilung der Anreizwirkung einer Beihilferegelung. Folglich geht es bei dem vorliegenden Klagegrund nicht mehr darum, dieses Kriterium in Frage zu stellen, sondern allein um die Prüfung, ob die Klägerinnen belegt haben, dass im vorliegenden Fall Umstände vorlagen, die trotz fehlender Einreichung des Antrags vor Beginn der Durchführung der betreffenden Projekte die Anreizwirkung der Beihilferegelung sicherstellen konnten. 227    Als Zweites ist erneut darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Entscheidung die durch den Beschluss Nr. 33/6 geschaffene Beihilferegelung und nicht die individuellen Beihilfen der Klägerinnen nach dieser Regelung betraf und die Kommission daher nicht verpflichtet war, die besonderen Umstände bei den einzelnen Begünstigten zu beurteilen, da diese Aufgabe den italienischen Behörden bei der Rückforderung der Beihilfen bei jedem der Empfänger obliegt (vgl. Randnrn. 91 und 92 des vorliegenden Urteils). Mithin ist im Rahmen dieses Klagegrundes das Vorbringen in Zusammenhang mit der besonderen Lage oder dem Verhalten der Begünstigten als unerheblich zurückzuweisen. 228    Folglich ist das in den Randnrn. 220 bis 224 des vorliegenden Urteils wiedergegebene Vorbringen zurückzuweisen und nur das Vorbringen zu prüfen, das sich allgemein auf die streitige Regelung bezieht. Zum Vorbringen, das bloße Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 9/1998 habe den Unternehmen die Gewissheit verschafft, die Beihilfe in Anspruch nehmen zu können 229    Die Streithelferinnen beteuern, dass das Gesetz Nr. 9/1998 bereits bei seinem Inkrafttreten am 5. April 1998 im Detail zugleich die objektiven Kriterien, die die Begünstigten erfüllen mussten, die Projekte, für die Beihilfen gewährt werden sollten, und die für die betreffende Regelung bereitgestellten Beträge vorgesehen habe. Die Beschlüsse Nrn. 33/4 und 33/6 hätten sich nämlich darauf beschränkt, auf Art. 3 des Gesetzes Nr. 9/1998 hinzuweisen, ohne die Kriterien zu ändern oder herauszustellen, die hätten erfüllt sein müssen, damit eine Beihilfe gewährt werden könne. Es liege daher auf der Hand, dass ein Unternehmen, das diese Kriterien erfüllte, mit Recht habe erwarten können, diese Beihilfe zu erhalten, und sich daher angereizt fühlen konnte, mit der Durchführung der Arbeiten zu beginnen. 230    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Streithelferinnen entgegen. 231    Zunächst ist zu betonen, dass die rechtliche Bedeutung dieses Vorbringens von der des Vorbringens zum Schutz des berechtigten Vertrauens der Begünstigten zu trennen ist, das in den Randnrn. 268 ff. zu behandeln sein wird, auch wenn die bei der Prüfung dieses gesamten Vorbringens zu berücksichtigenden tatsächlichen Gesichtspunkte im Kern übereinstimmen. Die Frage der Anreizwirkung der streitigen Beihilfen gehört zur Prüfung ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt, während die Frage, ob in der Vorstellung der Begünstigten ein etwaiges schützenswertes Vertrauen bestand, zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung der Rückforderung in der angefochtenen Entscheidung gehört. In beiden Fällen ist indessen zu würdigen, inwieweit die Verabschiedung des Gesetzes Nr. 9/1998 für sich allein ausreichend war, um bei den von der Regelung betroffenen Unternehmen die Gewissheit entstehen zu lassen, dass sie in den Genuss der in diesem Gesetz vorgesehenen Beihilfen kommen könnten. 232    Nach ständiger Rechtsprechung ist ausschließlich die Kommission, die dabei der Kontrolle des Gemeinschaftsrichters unterliegt, für die Beurteilung der Vereinbarkeit von Beihilfenmaßnahmen oder einer Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt zuständig (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 22. März 1977, Steinike & Weinlig, 78/76, Slg. 1977, 595, Randnr. 9, vom 21. November 1991, Fédération nationale du commerce extérieur des produits alimentaires u. a., C‑354/90, Slg. 1991, I‑5505, Randnr. 14, und vom 18. Juli 2007, Lucchini, C‑119/05, Slg. 2007, I‑6199, Randnr. 52). Ohne eine Entscheidung der Kommission, die sich zur Vereinbarkeit einer notifizierten Beihilfe äußert, kann der bloße Umstand, dass die nationalen Behörden Vorschriften erlassen haben, die die Einführung einer Beihilferegelung vorsehen, den potenziellen Begünstigten dieser Regelung nicht die Gewissheit verschaffen, in den Genuss der dort vorgesehenen Beihilfen zu kommen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 20. September 1990, Kommission/Deutschland, C‑5/89, Slg. 1990, I‑3437, Randnr. 14, und vom 14. Januar 1997, Spanien/Kommission, C‑169/95, Slg. 1997, I‑135, Randnr. 51). 233    Folglich konnte im vorliegenden Fall die Verabschiedung des Gesetzes Nr. 9/1998 durch die Region Sardinien für sich genommen bei den Unternehmen, die die dort festgelegten Kriterien erfüllten, nicht die Gewissheit schaffen, in Zukunft in den Genuss der in dieser Regelung vorgesehenen Beihilfen zu kommen. Es war insbesondere möglich, dass die Kommission im Rahmen des Prüfungsverfahrens die betreffende Regelung als unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt einstufen oder die Änderung der Kriterien für die Beihilfefähigkeit der Unternehmen oder der geförderten Projekte verlangen würde. 234    Ferner hat der Erlass der angefochtenen Entscheidung am 12. November 1998 durch die Kommission auf jeden Fall jeder etwaigen Hoffnung ein Ende gesetzt, die die potenziell Begünstigten bezüglich der Zulässigkeit der vor der Einreichung der Beihilfeanträge begonnenen Projekte hätten hegen können, weil diese Entscheidung, wie in Randnr. 168 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ausdrücklich die Gewährung von Beihilfen aufgrund der mit dem Gesetz Nr. 9/1998 eingeführten Regelung für solche Projekte ausschloss. 235    Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Behauptung der Streithelferinnen, das Gesetz Nr. 9/1998 habe insbesondere die objektiven Kriterien bereits im Detail vorgesehen, die Projekte, für die Beihilfen gewährt werden sollten, hätten erfüllen müssen, nicht der Wirklichkeit entspricht. Während nämlich das Gesetz Nr. 9/1998 keine Vorschriften über das zeitliche Verhältnis der Einreichung des Beihilfeantrags zum Beginn der Arbeiten enthält, führte das Dekret Nr. 285/1999 ausdrücklich und ausnahmsweise, wie in den Randnrn. 200 und 201 des vorliegenden Urteils dargelegt, die Klausel ein, dass bei der ersten Anwendung der Regelung Projekte zulässig seien, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 9/1998 und somit vor Stellung des Beihilfeantrags begonnen worden seien. Somit ergab sich die Zulässigkeit dieser Projekte keineswegs aus der Regelung, die dieses Gesetz eingeführt hatte. 236    Daher ist dieses Vorbringen der Streithelferinnen zurückzuweisen. 237    Folglich und im Übrigen unter Berücksichtigung der in den Randnrn. 184 bis 216 dargelegten Gesichtspunkte zu dem Vorbringen der Unanwendbarkeit der Leitlinien von 1998, der Geltung einer früheren Beihilferegelung und des nationalen Gesetzgebungskontexts ist der Klagegrund eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers bezüglich der Anreizwirkung der streitigen Regelung insgesamt zurückzuweisen. Zum Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 87 Abs. 3 EG 238    Die Streithelferinnen und SF Turistico Immobiliare machen geltend, die angefochtene Entscheidung verstoße gegen Art. 87 Abs. 3 EG, weil die streitige Regelung für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt werde. 239    Die Streithelferinnen bringen hierzu vor, das Gesetz Nr. 9/1998 habe die Vorteile einer früheren Regelung, die ebenso wie ihre Durchführungsverordnung von der Kommission aufgrund der in Art. 87 Abs. 3 Buchst. a EG vorgesehenen Ausnahme genehmigt worden sei, auf den Touristik- und Hotelsektor ausgedehnt. Mithin habe die Kommission diese Bestimmung des Vertrags verletzt, als sie die gleiche Beihilferegelung für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt habe. 240    SF Turistico Immobiliare macht geltend, die Kommission habe mit ihrer Annahme in Randnr. 70 der angefochtenen Entscheidung, die italienischen Behörden hätten nichts vorgebracht, wonach die betreffenden Beihilfen aufgrund anderer Bestimmungen als Art. 87 Abs. 3 Buchst. b EG vereinbar sein könnten, die Beweislast umgekehrt, obwohl es ihre Aufgabe gewesen sei, zu ermitteln, welcher Betrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei. Insbesondere habe die Kommission nicht die Beträge berechnet, die sich effektiv auf die Zeitspanne vor dem Antrag bezogen hätten, um deren Auswirkung auf die „Spanne“ zu würdigen, in der diese Ausgaben den Handel zwischen Mitgliedstaaten verändern könnten. Bei ihrem eigenen Beihilfeantrag könne man zum einen den Antrag für Arbeiten, die vor Einreichung des Antrags begonnen worden seien, und zum anderen einen völlig eigenständigen Antrag für Arbeiten unterscheiden, die nach der Einreichung dieses Antrags begonnen hätten. 241    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 242    Als Erstes ist das Vorbringen der Streithelferinnen zurückzuweisen, dass das Gesetz Nr. 9/1998 nur die Erweiterung einer früheren von der Kommission genehmigten Regelung auf den Touristik- und Hotelsektor sei, so dass aus diesem Grund dieses Gesetz nicht für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt werden könne. 243    Erstens betraf die Feststellung der Unvereinbarkeit in der angefochtenen Entscheidung nicht die mit dem Gesetz Nr. 9/1998 geschaffene Beihilferegelung, wie sie von der Italienischen Republik notifiziert und durch die Genehmigungsentscheidung zugelassen worden war. Die Kommission ist nämlich, wie in Randnr. 87 des vorliegenden Urteils dargelegt, nach wie vor der Meinung, dass diese Regelung mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist. Es ist vielmehr die Ausdehnung der Begünstigung dieser Regelung aufgrund des Beschlusses Nr. 33/6 auf Projekte, deren Durchführung vor Einreichung des Beihilfeantrags begonnen hatte, die für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt worden ist. 244    Zweitens kann, selbst angenommen, die streitige Regelung wäre die Erweiterung oder die Verlängerung einer früheren von der Kommission genehmigten Regelung, die Prüfung der Vereinbarkeit einer Beihilferegelung, wie in Randnr. 190 des vorliegenden Urteils ausgeführt, nicht dadurch beeinflusst werden, dass ihm möglicherweise andere Regelungen vorausgegangen sind, bei denen die Kommission bestimmte Modalitäten akzeptiert hat. 245    Als Zweites ist auch die Rüge von SF Turistico Immobiliare zurückzuweisen, die im Kern dahin geht, dass es Sache der Kommission sei, den Nachweis zu liefern, dass die streitigen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar seien, und nicht umgekehrt Sache der italienischen Behörden, das Gegenteil zu beweisen. 246    Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es, wenn die Kommission die Einleitung des förmlichen Prüfungsverfahrens beschließt, Sache des betreffenden Mitgliedstaats und der Begünstigten der entsprechenden Maßnahmen ist, die Gründe vorzutragen, die belegen sollen, dass die betreffende Maßnahme keine Beihilfe oder doch mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, da es das Ziel des förmlichen Prüfungsverfahrens ist, die Kommission über alle Gegebenheiten der Sache aufzuklären. Zwar muss die Kommission ihre Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beihilfe klar zum Ausdruck bringen, wenn sie ein förmliches Verfahren eröffnet, um es dem Mitgliedstaat und den Beteiligten zu ermöglichen, sich umfassend dazu zu äußern, doch ändert dies nichts daran, dass es Sache desjenigen ist, der die Beihilfe beantragt hat, diese Zweifel auszuräumen und nachzuweisen, dass seine Investition die Voraussetzung für die Gewährung der Beihilfe erfüllt (vgl. Urteil Ferriere Nord/Kommission, oben in Randnr. 132 angeführt, Randnrn. 93 und 94 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insbesondere ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass es bei dem Versuch, für neue oder geänderte Beihilfen abweichend von den Vorschriften des EG‑Vertrags eine Genehmigung zu erhalten, Sache des betreffenden Mitgliedstaats ist, aufgrund seiner Pflicht zur Zusammenarbeit mit der Kommission gemäß Art. 10 EG alle Angaben zu übermitteln, die geeignet sind, diesem Organ die Nachprüfung zu ermöglichen, ob die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 28. April 1993, Italien/Kommission, C‑364/90, Slg. 1993, I‑2097, Randnr. 20, und Urteile des Gerichts vom 15. Juni 2005, Regione autonoma della Sardegna/Kommission, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 129, und vom 6. April 2006, Schmitz-Gotha Fahrzeugwerke/Kommission, T‑17/03, Slg. 2006, II‑1139, Randnr. 48). 247    Im vorliegenden Fall war es daher Sache der Italienischen Republik, hilfsweise, der Begünstigten der streitigen Beihilfen, den Nachweis zu erbringen, dass die hiervon begünstigten Projekte mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar waren. 248    Im Übrigen ist die Kommission bei einer Beihilferegelung, wie in Randnr. 91 des vorliegenden Urteils dargelegt, grundsätzlich nicht verpflichtet, in einzelnen Fällen gewährte Beihilfen zu untersuchen, sondern kann sich darauf beschränken, die allgemeinen Merkmale der betreffenden Regelung zu prüfen, ohne dass sie gehalten wäre, jeden besonderen Anwendungsfall zu untersuchen. 249    Das in Randnr. 240 des vorliegenden Urteils wiedergegebene Vorbringen von SF Turistico Immobiliare ist daher zurückzuweisen. 250    Daher ist der Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 87 Abs. 3 EG zurückzuweisen. Zum Klagegrund der Verletzung des Grundsatzes der Unparteilichkeit und des Grundsatzes des Wettbewerbsschutzes 251    Die Streithelferinnen machen geltend, dass die Beihilfen nach dem Gesetz Nr. 9/1998 ebenfalls zehn Touristikunternehmen gewährt worden seien, die Arbeiten vor der Veröffentlichung des Gesetzes und der zu seiner Durchführung ergangenen Beschlüsse Nrn. 33/4 und 33/6, aber nach Einreichung ihrer Beihilfeanträge begonnen hätten. Angesichts der von der Kommission vorgeschlagenen Kriterien zur Definition der Anreizwirkung hätten sich diese Unternehmen in der gleichen Lage befunden wie die Streithelferinnen. Die Kommission habe aber nicht die Rückforderung der diesen zehn Unternehmen gezahlten Beihilfen verlangt, was auf eine Verletzung des Grundsatzes der Unparteilichkeit hinauslaufe. 252    Außerdem hätten diese zehn Unternehmen einen ungerechtfertigten Vorteil im Vergleich zu ihnen selbst erlangt, da sie verpflichtet seien, die bereits erhaltenen Beihilfen zurückzuzahlen. Mithin liege eine Verletzung des Wettbewerbs zwischen den Unternehmen des Touristik- und Hotelgewerbes vor. 253    Die Kommission hat sich zur Begründetheit dieses Klagegrundes nicht ausdrücklich geäußert. 254    Zunächst ist klarzustellen, dass die Streithelferinnen sich in Nr. 54 ihres Streithilfeschriftsatzes auf zehn in Ziff. 3.3 des Schreibens der Region Sardinien an die Kommission vom 4. April 2003 genannte Unternehmen bezogen haben, die im Rahmen des Verfahrens nach dem später aufgehobenen Dekret Nr. 285/1999 einen Beihilfeantrag gestellt hatten. Wie in Randnr. 198 des vorliegenden Urteils dargelegt, ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission sich der in diesem Schreiben zum Ausdruck gekommenen Auffassung der Region Sardinien angeschlossen hat, wonach bei den Investitionsprojekten dieser zehn Unternehmen der Zeitpunkt des ersten Antrags berücksichtigt werden müsse. Folglich ist sie zu dem Ergebnis gekommen, dass die diesen zehn Unternehmen gewährten Beihilfen das Kriterium des Antrags vor Beginn der Arbeiten erfüllten und daher weder rechtswidrig noch mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar waren. 255    Daraus folgt, dass diese zehn Unternehmen sich nicht in einer Lage befanden, die der Lage der Klägerinnen und der Streithelferinnen vergleichbar gewesen wäre. Während diese nämlich keinen Beihilfeantrag vor Beginn der Arbeiten für ihre Investitionsprojekte gestellt hatten, hatten die genannten zehn Unternehmen tatsächlich auf der Grundlage eines später aufgehobenen Dekrets Anträge gestellt. Vom Standpunkt der gemeinschaftsrechtlichen Regelung der Kontrolle staatlicher Beihilfen aus ist die Frage, ob ein Beihilfeantrag den in nationalen Durchführungsvorschriften vorgesehenen Förmlichkeiten entspricht, zweitrangig. Wie in Randnr. 215 des vorliegenden Urteils ausgeführt, hilft das Erfordernis, dass das betreffende Unternehmen seine Absicht, die Beihilferegelung vor Beginn der Durchführung des subventionierten Projekts in Anspruch zu nehmen, klar zum Ausdruck gebracht haben muss, zu vermeiden, dass ex post Anträge für Projekte gestellt werden, deren Verwirklichung unabhängig von der Geltung einer Beihilferegelung begonnen worden ist. 256    Weil dieses Erfordernis bei den zehn von den Streithelferinnen angeführten Unternehmen, nicht aber bei den Streithelferinnen und den Klägerinnen erfüllt war, lag im vorliegenden Fall keine Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte und keine Verletzung der Pflicht zur Unparteilichkeit vor. Die zehn Unternehmen haben im Verhältnis zu den Streithelferinnen auch keinen unberechtigten Wettbewerbsvorteil genossen. 257    Demnach ist der Klagegrund der Verletzung des Grundsatzes der Unparteilichkeit und des Grundsatzes des Wettbewerbsschutzes zurückzuweisen. Zum Klagegrund der Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes Zum schutzwürdigen Vertrauen der Region Sardinien in die Nichtgeltung von Leitlinien bei Verabschiedung des Gesetzes Nr. 9/1998 258    Die Region Sardinien trägt vor, die Kommission habe im Rahmen der Prüfung der Vereinbarkeit der betreffenden Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt ihr schützenswertes Vertrauen nicht berücksichtigt. Das Vorliegen eines solchen Vertrauens hätte die Kommission aber gemäß Art. 14 der Verordnung Nr. 659/1999, der ihr die Rückforderung der Beihilfe untersage, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde, von Amts wegen prüfen müssen. 259    Sie unterstreicht insoweit zum einen, dass die Pflicht, dafür zu sorgen, dass der Beihilfeantrag vor Beginn der Durchführung der Projekte gestellt werde, unmittelbar aus den Leitlinien von 1998 folge und in der früheren Regelung für Regionalbeihilfen nicht vorgesehen gewesen sei. Zum anderen seien diese Leitlinien im Amtsblatt einen Tag vor Verabschiedung des Gesetzes Nr. 9/1998 veröffentlicht worden. Sie sei mithin objektiv nicht in der Lage gewesen, die Vereinbarkeit des Gesetzes Nr. 9/1998 mit den Leitlinien von 1998 von Anfang an sicherzustellen. 260    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Region Sardinien entgegen. 261    Nach ständiger Rechtsprechung besteht die Möglichkeit, sich auf den Schutz des berechtigten Vertrauens zu berufen, für jeden Wirtschaftsteilnehmer, bei dem ein Gemeinschaftsorgan begründete Erwartungen geweckt hat. Der Grundsatz des Schutzes des berechtigten Vertrauens kann indessen nicht von einer Person geltend gemacht werden, die sich einer offensichtlichen Verletzung der geltenden Bestimmungen schuldig gemacht hat (Urteile des Gerichtshofs vom 16. Mai 1991, Kommission/Niederlande, C‑96/89, Slg. 1991, I‑2461, Randnr. 30, und vom 14. Juli 2005, ThyssenKrupp/Kommission, C‑65/02 P und C‑73/02 P, Slg. 2005, I‑6773, Randnr. 41; Urteil des Gerichts vom 9. April 2003, Forum des migrants/Kommission, T‑217/01, Slg. 2003, II‑1563, Randnr. 76). 262    Im vorliegenden Fall hat, wie in den Randnrn. 177 bis 180 des vorliegenden Urteils festgestellt, die Region Sardinien, da die im Beschluss Nr. 33/6 vorgesehenen Bestimmungen nicht die Voraussetzung beachtet haben, dass der Beihilfeantrag vor Beginn der Arbeiten gestellt werden muss, eine rechtswidrige, weil der Kommission nicht notifizierte Beihilferegelung geschaffen. Die Region Sardinien hat daher gegen geltendes Recht verstoßen, weil sie Art. 88 Abs. 3 EG nicht beachtet hat, der bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen dürfen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung über ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt erlassen hat. 263    Dieser Verstoß war offensichtlich, da sowohl die Leitlinien von 1998 als auch die Genehmigungsentscheidung ausdrücklich die Voraussetzung des Antrags vor Beginn der Arbeiten angeführt haben. 264    Ferner hat die Region Sardinien in einem Schreiben vom 28. September 1998 der Kommission versichert, dass die „Gewährung der im Gesetz [Nr. 9/1998] vorgesehenen Beihilfen nur ‚später‘ durchzuführende Unternehmensinitiativen betreffen kann“. Wie dargelegt betraf der Wortlaut des Gesetzes Nr. 9/1998 selbst nicht die Gewährung von Beihilfen für Investitionsprojekte, die vor Stellung des Antrags begonnen worden waren. Es ist daher nicht entscheidend, dass die Region Sardinien während des Gesetzgebungsverfahrens für dieses Gesetz die Leitlinien von 1998 in der Tat nicht berücksichtigen konnte, die am Tag vor der Verabschiedung des Gesetzes erlassen wurden. Demgegenüber wurden die Maßnahmen zur Einführung der Möglichkeit, Beihilfeanträge rückwirkend für bereits begonnene Projekte einzureichen, nämlich das Dekret Nr. 285/1999 und der Beschluss Nr. 33/6, am 29. April 1999 bzw. am 27. Juli 2000 erlassen, also lange nach der Veröffentlichung der Leitlinien von 1998 und der Genehmigungsentscheidung. 265    Schließlich ergibt sich aus der Fassung des Beschlusses Nr. 33/6 selbst, dass die Region Sardinien sehr wohl wusste, dass die Zulassung von Beihilfeanträgen für bereits begonnene Projekte gegen das Gemeinschaftsrecht verstieß, weil der Beschluss Nr. 33/6 die Verantwortung der Regionalverwaltung erwähnt, „die sich aus der amtlichen Veröffentlichung von Leitlinien mit Angaben ergibt, die wie im vorliegenden Fall nicht den Vorschriften der EU entsprechen“. 266    Folglich kann sich die Region Sardinien bei Anwendung der oben in Randnr. 261 angeführten Rechtsprechung nicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen. 267    Somit ist der Klagegrund der Verletzung dieses Grundsatzes, soweit er auf das angebliche Vertrauen der Region Sardinien gestützt ist, zurückzuweisen. Zum berechtigten Vertrauen der Begünstigten wegen des Vorliegens einer früheren Genehmigungsentscheidung und der Umstände des Falles 268    Die Region Sardinien, die Streithelferinnen, SF Turistico Immobiliare, Timsas und Grand Hotel Abi d’Oru machen geltend, die Empfänger der betreffenden Beihilfe hätten sich auf ein berechtigtes Vertrauen bezüglich der Vereinbarkeit der erhaltenen Beihilfen berufen können. Dieses Vertrauen werde insbesondere durch Art. 14 der Verordnung Nr. 659/1999 geschützt. 269    Das Vertrauen der Empfänger der streitigen Beihilfen gründe sich auf die Geltung der Genehmigungsentscheidung, auf den Umstand, dass das Gesetz Nr. 9/1998 bereits sämtliche Kriterien für die Gewährung von Einzelbeihilfen angeführt habe, auf die Zusicherungen der italienischen Behörden und auf die Entscheidung der Kommission vom 12. Juli 2000, keine Einwände gegen eine Beihilferegelung für Investitionen in benachteiligten Regionen Italiens bis zum 31. Dezember 2006 (Staatliche Beihilfe Nr. 715/99 – Italien) zu erheben, deren getrennte Veröffentlichung im Amtsblatt erfolgt sei (ABl. C 278, S. 26) und die die Beihilferegelung in der legge n° 488/92, conversione in legge, con modificazioni, del decreto-legge 22 ottobre 1992, n. 415, concernente rifinanziamento della legge 1 marzo 1986, n. 64, recante disciplina organica dell’intervento straordinario nel Mezzogiorno (Gesetz Nr. 488/92 zur Umwandlung und Änderung des Decreto-legge Nr. 415 vom 22. Oktober 1992 über die Refinanzierung des Gesetzes Nr. 64 vom 1. März 1986 zur organischen Regelung der Sondermaßnahme für den Mezzogiorno) vom 19. Dezember 1992 (GURI Nr. 299 vom 21. Dezember 1992, S. 3, und Berichtigung, GURI Nr. 301 vom 23. Dezember 1992, S. 40) betroffen habe, die bestimmt habe, dass Ausgaben nach dem Schlussdatum der Aufforderung vor derjenigen, aufgrund deren der Beihilfeantrag gestellt worden sei, beihilfefähig seien. 270    Ihr Vertrauen sei durch das Dekret Nr. 285/1999 und den Beschluss Nr. 33/6, die Aufklärungen seitens der Verwaltungsdienste der Region Sardinien bezüglich der Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt, durch die regelmäßige Befolgung der Rückzahlungsforderungen seitens der Region Sardinien und dadurch bestärkt worden, dass die Kommission so langsam gearbeitet habe, ohne Maßnahmen zur Aussetzung der Auszahlung der Beihilfen zu ergreifen. 271    SF Turistico Immobiliare unterstreicht, dass dieses Vertrauen nicht dadurch in Zweifel gezogen werden könne, dass weder das Dekret Nr. 285/1999 noch der Beschluss Nr. 33/6 der Kommission notifiziert worden seien. Es wäre nämlich übertrieben, von den Begünstigten zu erwarten, sie sollten von der Region Sardinien den förmlichen Nachweis für die Übermittlung jeder verfahrenserheblichen Maßnahme an die Kommission fordern oder nach Gewährung der Beihilfe der Kommission die Frage stellen, ob jede spätere potenziell bedeutsame Maßnahme ihr richtig notifiziert worden sei. 272    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen und der Streithelferinnen entgegen. 273    Nach ständiger Rechtsprechung ist das Recht, sich auf Vertrauensschutz zu berufen, an drei kumulative Voraussetzungen gebunden. Erstens muss die Gemeinschaftsverwaltung dem Betroffenen präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende, aus zuständigen und zuverlässigen Quellen stammende Zusicherungen gegeben haben. Zweitens müssen diese Zusicherungen geeignet sein, begründete Erwartungen beim Adressaten zu wecken. Drittens müssen die gegebenen Zusicherungen den geltenden Vorschriften entsprechen (vgl. Urteile des Gerichts vom 30. Juni 2005, Branco/Kommission, T‑347/03, Slg. 2005, II‑2555, Randnr. 102 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 23. Februar 2006, Cementbouw Handel & Industrie/Kommission, T‑282/02, Slg. 2006, II‑319, Randnr. 77, sowie vom 30. Juni 2009, CPEM/Kommission, T‑444/07, Slg. 2009, II‑2121, Randnr. 126). 274    Außer bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände ist eine Berufung auf berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit einer Beihilfe grundsätzlich nur möglich, wenn diese Beihilfe unter Beachtung des in Art. 88 EG vorgeschriebenen Verfahrens gewährt wurde. Einem sorgfältigen Gewerbetreibenden muss es nämlich regelmäßig möglich sein, sich zu vergewissern, ob dieses Verfahren beachtet wurde (Urteile des Gerichtshofs, Kommission/Deutschland, oben in Randnr. 232 angeführt, Randnr. 14, vom 14. Januar 1997, Spanien/Kommission, oben in Randnr. 232 angeführt, Randnr. 51, und vom 20. März 1997, Alcan Deutschland, C-24/95, Slg. 1997, I‑1591, Randnr. 25). 275    Im vorliegenden Fall wies die Genehmigungsentscheidung, wie in den Randnrn. 168 und 180 des vorliegenden Urteils dargelegt, eindeutig darauf hin, dass die Genehmigung der Kommission nur Beihilfen für nach der Einreichung des Beihilfeantrags begonnene Projekte betreffe, so dass die streitigen Beihilfen, die diese Voraussetzung nicht beachteten, nicht unter Beachtung des in Art. 88 EG vorgeschriebenen Verfahrens gewährt worden sind. Mithin kann es nach der in der vorigen Randnummer angeführten Rechtsprechung den Empfängern der streitigen Beihilfen grundsätzlich nicht gestattet werden, sich auf ein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit dieser Beihilfen zu berufen. 276    Es ist zwar nach der Rechtsprechung nicht ausgeschlossen, dass die Empfänger einer rechtswidrigen Beihilfe im Verfahren zur Rückforderung dieser Beihilfe außergewöhnliche Umstände, die bei ihnen ein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit dieser Beihilfe begründen konnten, geltend machen und sie der Rückforderung entgegenhalten können (Urteil des Gerichtshofs vom 20. September 1990, Kommission/Deutschland, oben in Randnr. 232 angeführt, Randnr. 16; Urteile des Gerichts vom 15. September 1998, BFM und EFIM/Kommission, T‑126/96 und T‑127/96, Slg. 1998, II‑3437, Randnr. 69, und Fleuren Compost/Kommission, oben in Randnr. 132 angeführt, Randnr. 136). 277    Wie sich indessen aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteile vom 20. September 1990, Kommission/Deutschland, oben in Randnr. 232 angeführt, Randnr. 16, und Alcan Deutschland, oben in Randnr. 274 angeführt, Randnrn. 24 und 25) mittelbar und vom Gericht mehrfach ausdrücklich entschieden worden ist (Urteile des Gerichts vom 8. Juni 1995, Siemens/Kommission, T‑459/93, Slg. 1995, II‑1675, Randnrn. 104 und 105, vom 27. Januar 1998, Ladbroke Racing/Kommission, T‑67/94, Slg. 1998, II‑1, Randnr. 83, und Fleuren Compost/Kommission, oben in Randnr. 132 angeführt, Randnr. 137), können sich diese Begünstigten auf außergewöhnliche Umstände nach den einschlägigen Vorschriften des nationalen Rechts nur im Rahmen des Verfahrens der Rückforderung vor den nationalen Gerichten berufen, die allein dafür zuständig sind, nachdem sie gegebenenfalls dem Gerichtshof Auslegungsfragen zur Vorabentscheidung vorgelegt haben, die Umstände des Falles zu beurteilen. 278    Jedenfalls ist keiner der hier von den Klägerinnen und den Streithelferinnen angeführten Umstände geeignet, die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zu rechtfertigen. 279    Soweit erstens vorgetragen worden ist, dass die Begünstigten ein schutzwürdiges Vertrauen auf die Genehmigungsentscheidung sowie darauf stützen könnten, dass das Gesetz Nr. 9/1998 selbst bereits alle erforderlichen Kriterien für die Gewährung von Einzelbeihilfen bereitgehalten habe, so dass die potenziell Begünstigten, die diese Kriterien erfüllten, den Zuschlag erwarten konnten, ergibt sich aus den Feststellungen in den Randnrn. 232 bis 234 sowie in Randnr. 168 des vorliegenden Urteils, dass weder die Verabschiedung des Gesetzes Nr. 9/1998 noch die Genehmigungsentscheidung die Gewissheit schaffen konnten, rechtmäßig in den Genuss der streitigen Beihilfen zu kommen. Folglich konnten diese Maßnahmen ebenso wenig in der Vorstellung der Empfänger der streitigen Beihilfen ein schutzwürdiges Vertrauen schaffen. 280    Nichts anderes ergibt sich aus Randnr. 189 des Urteils des Gerichts vom 5. Juni 2001, ESF Elbe-Stahlwerke Feralpi/Kommission (T‑6/99, Slg. 2001, II‑1523), auf das sich die Region Sardinien beruft. In dieser Rechtssache hatte nämlich die Kommission, worauf sie zu Recht hinweist, anders als in der vorliegenden Rechtssache die betreffenden Beihilfen mit einer Entscheidung ausdrücklich genehmigt, die nach Notifizierung in guter und gehöriger Form durch den betreffenden Mitgliedstaat ergangen war. Genau aus diesem Grund ist das Gericht davon ausgegangen, dass der Grundsatz des Schutzes berechtigten Vertrauens einer Rückforderung der betreffenden Beihilfen bei den Begünstigten entgegenstand, obwohl die Kommission später aufgrund neuer Informationen die Unvereinbarkeit der Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt hatte (Urteil ESF Elbe-Stahlwerke Feralpi/Kommission, Randnrn. 188 und 189). 281    Zweitens ist zu den Versicherungen der italienischen Behörden bezüglich des Dekrets Nr. 285/1999 und des Beschlusses Nr. 33/6, zu den Erläuterungen seitens der Verwaltungsdienste der Region Sardinien bezüglich der Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt und zu der regelmäßigen Befolgung der Rückzahlungsforderungen durch die Region Sardinien festzustellen, dass alle diese Gesichtspunkte Verhaltensweisen der nationalen Behörden betreffen. Sie erfüllen daher nicht die erste Voraussetzung im Sinne der in Randnr. 273 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung, wonach es die Gemeinschaftsverwaltung sein muss, die den Betroffenen Zusicherungen gegeben hat, auf die sich in deren Vorstellung das Vertrauen stützt. 282    Drittens macht die Kommission zur angeblichen Langsamkeit ihres Verfahrens, abgesehen davon, dass die Dauer des Vorprüfungsverfahrens im vorliegenden Fall, wie in Randnr. 100 des vorliegenden Urteils dargelegt, nicht als überlang angesehen werden kann, zu Recht geltend, dass ihre scheinbare Untätigkeit keine Bedeutung habe, wenn eine Beihilferegelung ihr nicht notifiziert worden sei (Urteil des Gerichtshofs vom 11. November 2004, Demesa und Territorio Histórico de Álava/Kommission, C‑183/02 P und C‑187/02 P, Slg. 2004, I‑10609, Randnr. 52). 283    Viertens konnte auch die Entscheidung der Kommission vom 12. Juli 2000 zur Beihilferegelung des Gesetzes Nr. 488/92, die unter bestimmten Voraussetzungen die Beihilfefähigkeit von Ausgaben vor Einreichung des Beihilfeantrags vorsah, ein schützenswertes Vertrauen der Empfänger der streitigen Beihilfen nicht begründen. Der in Art. 87 Abs. 1 EG aufgestellte allgemeine Grundsatz besagt nämlich, dass staatliche Beihilfen verboten sind. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nach der Rechtsprechung eng auszulegen (Urteil Fleuren Compost/Kommission, oben in Randnr. 132 angeführt, Randnr. 75). Mithin betrifft eine Entscheidung, keine Einwände gegen eine Beihilferegelung zu erheben, nur die tatsächliche Gewährung der unter diese Regelung fallenden Beihilfen und kann somit ein berechtigtes Vertrauen der von ähnlichen zukünftigen Beihilfeprojekten potenziell Begünstigten in die Vereinbarkeit solcher Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt nicht entstehen lassen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 2. Dezember 2008, Nuova Agricast und Cofra/Kommission, T‑362/05 und T‑363/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 80). 284    Daher ist der Klagegrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes zurückzuweisen. Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen die Vorschriften über De-minimis-Beihilfen 285    Die Streithelferinnen und SF Turistico Immobiliare machen geltend, die Kommission habe gegen die geltenden Vorschriften im Bereich geringfügiger Beihilfen verstoßen. 286    Die Streithelferinnen vertreten hierzu die Auffassung, die Kommission hätte sich darauf beschränken müssen, der Region Sardinien aufzugeben, den Teil des Betrags der gezahlten Beihilfen zurückzufordern, der den in Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 über die Anwendung der Artikel 87 [EG] und 88 [EG] auf „De-minimis“-Beihilfen festgelegten Betrag von 200 000 Euro oder allenfalls den in Art. 2 der Verordnung Nr. 69/2001 bestimmten Betrag von 100 000 Euro übersteige. 287    SF Turistico Immobiliare führt ergänzend aus, die Kommission habe, als sie ausgeschlossen habe, dass die vor Einreichung des Beihilfeantrags getätigten Ausgaben solche aufgrund einer geringfügigen Beihilfe gewesen seien, nicht die außergewöhnliche Lage im Gebiet der Region Sardinien berücksichtigt, die sich aus der Überschneidung widersprüchlicher Vorschriften und unterschiedlicher Rechtsquellen mit dem Ziel der Regelung von Beihilfen im Tourismus-Bereich ergäben. 288    De-minimis-Beihilfen seien von der Notifikationspflicht befreit, erfassten „jede öffentliche Beihilfe“ und ließen die Möglichkeit unberührt, andere Beihilfen für dasselbe Projekt zu erhalten. Die Wendung „Projekt in seiner Gesamtheit“ werde von der Kommission auf der Grundlage der ersten Ausgabe nach der Berechnung im Anhang des Antrags zu formalistisch ausgelegt. 289    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. 290    Zunächst ist zu bestimmen, welches der verschiedenen aufeinanderfolgenden Rechtsinstrumente im Bereich geringfügiger Beihilfen in zeitlicher Hinsicht auf den Sachverhalt des vorliegenden Falles anzuwenden ist. Dieser Bereich ist nämlich nacheinander durch die Mitteilung der Kommission über „de minimis“-Beihilfen (ABl. 1996, C 68, S. 9), die Verordnung Nr. 69/2001 und die Verordnung Nr. 1998/2006 geregelt worden. 291    Nach dem fünften Erwägungsgrund Satz 4 der Verordnung Nr. 69/2001 und dem zehnten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1998/2001 sollte bei „De-minimis“-Beihilfen als Bewilligungszeitpunkt der Zeitpunkt gelten, zu dem das Unternehmen nach dem anwendbaren einzelstaatlichen Recht einen Rechtsanspruch auf die Beihilfe erwirbt. Den verschiedenen Tabellen im Schreiben der Region Sardinien vom 14. April 2003 ist zu entnehmen, dass die Beihilfeanträge für die streitigen Beihilfen zwischen dem 20. Januar und dem 31. März 2001 eingereicht wurden. Folglich kann der Zeitpunkt der Bewilligung dieser Beihilfen nicht vor dem Monat April 2001 liegen. Gemäß Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 69/2001 ist diese am 2. Februar 2001, dem 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung am 13. Januar 2001 im Amtsblatt, in Kraft getreten. Mithin sind im vorliegenden Fall die Vorschriften über De-minimis-Beihilfen der Verordnung Nr. 69/2001 anzuwenden. 292    Was den Inhalt der betreffenden Vorschriften betrifft, bestimmt Art 2 („De-minimis-Beihilfen“) der Verordnung Nr. 69/2001: „(1)      Beihilfen, die die Voraussetzungen der Absätze 2 und 3 des vorliegenden Artikels erfüllen, gelten als Maßnahmen, die nicht alle Tatbestandsmerkmale von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag erfüllen, und unterliegen daher nicht der Anmeldepflicht nach Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag. (2)       Die Gesamtsumme der einem Unternehmen gewährten De-minimis-Beihilfen darf 100 000 EUR bezogen auf einen Zeitraum von drei Jahren nicht übersteigen. Dieser Schwellenwert gilt für Beihilfen gleich welcher Art und Zielsetzung. ….“ 293    Im Übrigen gilt gemäß dem fünften Erwägungsgrund Satz 5 der Verordnung Nr. 69/2001, dass „[d]ie Möglichkeit der Unternehmen, für dasselbe Vorhaben sonstige von der Kommission genehmigte oder unter eine Gruppenfreistellungsverordnung fallende Beihilfen zu erhalten, … hiervon unberührt [bleibt]“. 294    Im vorliegenden Fall enthält schließlich die angefochtene Entscheidung die folgenden Passagen zur Anwendung der De-minimis-Regel. 295    Randnr. 68 der angefochtenen Entscheidung lautet: „Auch dem Vorbringen der italienischen Behörden hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften über De-minimis-Beihilfen kann die Kommission nicht folgen, da diese Vorschriften nicht dazu missbraucht werden dürfen, die in den Leitlinien [von 1998] verankerte Verpflichtung zu umgehen, Beihilfen vor Beginn der Projektausführung zu beantragen, damit der Grundsatz des Anreizeffekts beachtet wird. Zu berücksichtigen ist der Betrag für das gesamte Projekt und nicht nur der Teil der Beihilfe, der vor Einreichung des Beihilfeantrags gewährt wurde. Die Kommission kann somit nicht dem Vorbringen folgen, die anfänglichen Arbeiten auf der Grundlage der De-minimis-Bestimmungen als beihilfefähig zu betrachten, denn dies stünde im Widerspruch zu den Leitlinien [von 1998].“ 296    In Randnr. 73 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission erläutert: „[Die] Feststellung der Unvereinbarkeit [der aufgrund des Beschlusses Nr. 33/6 gewährten Beihilfen] gilt für alle Beihilfen für Projekte, deren förderfähige Kosten angefallen sind, bevor auf der Grundlage der jeweils geltenden Durchführungsbestimmungen ein Beihilfeantrag gestellt wurde, und die die nach Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 69/2001 berechneten De-minimis-Beihilfen übersteigen, auf die der Begünstigte zum jeweiligen Zeitpunkt Anspruch gehabt hätte.“ 297    Aus diesen beiden Erwägungsgründen ergibt sich insgesamt, dass die Kommission die streitigen Beihilfen nicht ausnahmslos von der Anwendung der De-minimis-Regel ausschließen wollte. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission sich in der angefochtenen Entscheidung nur zu der Beihilferegelung in der Fassung durch den Beschluss Nr. 33/6 geäußert hat. Die angefochtene Entscheidung schließt daher keineswegs aus, dass die De-minimis-Regel auf einige der aufgrund dieser Regelung gewährten Einzelbeihilfen Anwendung finden könnte. 298    Demgegenüber ist die Kommission davon ausgegangen, dass die Anwendung der Regel voraussetze, dass der Gesamtbetrag der für ein bestimmtes Projekt bezogenen Beihilfe unterhalb des für das betreffende Unternehmen geltenden Schwellenwerts der Geringfügigkeit liege und es daher weder möglich sei, einfach den Betrag, der diesem Schwellenwert entspreche, von dem Betrag der zurückzufordernden Beihilfe abzuziehen, noch, nur den Betrag zu berücksichtigen, der den vor Einreichung des Beihilfeantrags tatsächlich beendeten Arbeiten entspreche. 299    Die Parteien streiten daher über die Frage, ob es für die Zwecke der Anwendung der „De-minimis“-Regel möglich ist, die Beihilfen für ein konkretes Projekt aufzuteilen, um die besagte Regel für den Betrag unterhalb des anwendbaren Schwellenwerts in Anspruch zu nehmen, oder ob im Gegenteil eine Beihilfe für ein konkretes Projekt als unteilbar zu gelten hat und die Anwendung der De-minimis-Regel für Beihilfen oberhalb dieses Schwellenwerts auszuschließen ist. 300    Da hierzu ausdrückliche Vorschriften in der Verordnung Nr. 69/2001 fehlen, ist diese Frage im Hinblick auf die Zielrichtung der De-minimis-Regel zu würdigen. 301    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Ziff. 3.2 ihrer Mitteilung über den Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen (ABl. 1992, C 213, S. 2) die erste Einführung der De-minimis-Regel damit begründet hat, dass „nicht alle Beihilfen spürbare Auswirkungen auf den Handel und den Wettbewerb zwischen Mitgliedstaaten haben“, was insbesondere „für geringfügige Beihilfen [gilt]“, sowie mit dem Interesse der „Vereinfachung der Verwaltungsverfahren zugunsten der KMU“. Somit sei es „wünschenswert, die Anmeldepflicht … nicht mehr auf Beihilfen anzuwenden, die einen absoluten Höchstbetrag nicht übersteigen, unterhalb dessen Artikel 92 Absatz 1 EG als nicht anwendbar angesehen werden kann“. 302    Die Kommission hat sich weiterhin in Abs. 2 ihrer Mitteilung von 1996 über De-minimis-Beihilfen (vgl. Randnr. 290 des vorliegenden Urteils) erneut auf das „Interesse der Verwaltungsvereinfachung für die Mitgliedstaaten sowie für die Dienststellen der Kommission – die ihren Personaleinsatz auf die Fälle von wirklicher Bedeutung auf Gemeinschaftsebene konzentrieren können muss“, berufen. 303    Die Verordnung Nr. 69/2001 enthält keine Erwägungsgründe, die ausdrücklich der ratio legis der De-minimis-Regel gewidmet wären, und nennt nur die folgenden Gesichtspunkte: „Die Erfahrungen der Kommission haben gezeigt, dass Beihilfen, die einen Gesamtbetrag von 100 000 EUR innerhalb von drei Jahren nicht übersteigen, den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen und/oder den Wettbewerb nicht verfälschen oder zu verfälschen drohen. Sie fallen daher nicht unter Artikel 87 Absatz 1 [EG]“ (fünfter Erwägungsgrund Satz 1 der Verordnung Nr. 69/2001). 304    Diesen Überlegungen ist zu entnehmen, dass Ziel der De-minimis-Regel die Vereinfachung der Verwaltungsverfahren sowohl im Interesse der Empfänger von verhältnismäßig unbedeutenden Beihilfen, die daher den Wettbewerb nicht verfälschen können, als auch der Kommission ist, die ihren Personaleinsatz auf die Fälle von wirklicher Bedeutung auf Gemeinschaftsebene konzentrieren können muss. 305    Hierzu ist festzustellen, dass die Zulassung der Aufteilung einer Beihilfe, um einen Teil von ihr der De-minimis-Regel unterstellen zu können, nicht der Verfolgung des genannten Ziels dienen würde. Der bloße Abzug des dem Schwellenbetrag entsprechenden Betrags vom Betrag einer geplanten Beihilfe für ein Unternehmen erspart es weder der Kommission, die Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt für den diesen Schwellenwert übersteigenden Betrag prüfen zu müssen, noch dem betreffenden Unternehmen, bis zum Erhalt der Beihilfe auf das Ende dieser Prüfung warten zu müssen oder aber, im Fall einer rechtswidrigen Beihilfe, diese gegebenenfalls zurückzahlen zu müssen. 306    Außerdem könnte die Zulassung der Aufteilung, wie die Kommission zu Recht in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichts geltend gemacht hat, unter den Umständen des vorliegenden Falls zu einem Verzicht auf den Grundsatz führen, wonach die Vereinbarkeit der Beihilfe das Vorliegen einer Anreizwirkung voraussetzt, und zwar für den Gesamtbetrag der gewährten Beihilfe. Für den Fall nämlich, dass die Beträge, die den vor Einreichung des Beihilfeantrags durchgeführten Arbeiten entsprächen, unterhalb des Schwellenwerts von 100 000 Euro blieben und mithin nicht als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG zu betrachten wären, müsste dann der Schluss gezogen werden, dass vor dem Beihilfeantrag keine Beihilfe gewährt wurde. Folglich müsste das Projekt als nach Einreichung des Antrags begonnen betrachtet werden, obwohl in Wirklichkeit dieses Kriterium nicht beachtet wurde. 307    Ein solches Ergebnis würde möglicherweise die Zwecke gefährden, die die Kontrolle der staatlichen Beihilfen im Allgemeinen verfolgt, weil es den guten Willen der Mitgliedstaaten und der Unternehmen, die Pflicht zu beachten, keine staatlichen Beihilfen zu gewähren, bevor die Kommission Gelegenheit hatte, sich zur Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt zu äußern, schwächen würde. Selbst wenn nämlich die Beträge, die den vor Einreichung des Beihilfeantrags durchgeführten Arbeiten entsprächen, oberhalb des Schwellenwerts von 100 000 Euro lägen, könnten die Begünstigten sicher sein, dass zumindest ein Teil der rechtswidrig gezahlten Beihilfe nicht zurückgefordert würde. Die De-minimis-Regel will aber, wie die Kommission zu Recht geltend macht, nicht jedem Unternehmen, dem rechtswidrige Beihilfen gezahlt worden sind, einen Freibetrag bis zum De-minimis-Schwellenwert garantieren. 308    Diese letzte Erwägung wird durch eine Untersuchung des eigentlichen Begriffs der „De-minimis-Beihilfe“ bestärkt. Dieser Begriff besagt nämlich, dass es sich um eine Beihilfe von geringer Höhe handelt. Ließe man aber nachträglich die Aufteilung von Beihilfen zu, die den insoweit geltenden Schwellenwert überstiegen, liefe dies darauf hinaus, Beihilfen, die anfangs keineswegs geringfügig waren, teilweise die De-minimis-Regel zugutekommen zu lassen. 309    Zwar kann der betreffende Mitgliedstaat im Anschluss an die Rückforderung des Gesamtbetrags der rechtswidrig gewährten Beihilfe dem Unternehmen grundsätzlich sofort eine neue De-minimis-Beihilfe bis zum Schwellenwert von 100 000 Euro gewähren. Dies erfordert jedoch, wie die Kommission in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichts unterstrichen hat, eine neue Entscheidung über die Zuweisung öffentlicher Mittel seitens des Mitgliedstaats, so dass das Verbot der Aufteilung nicht als eine bloße Formvorschrift verstanden werden kann. 310    Somit ist Art. 2 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 69/2001 dahin auszulegen, dass die Entbindung von der Notifizierungspflicht gemäß Art. 88 Abs. 3 EG nicht auf Beträge Anwendung finden kann, die Teil einer Beihilfe sind, deren Gesamtbetrag den Schwellenwert von 100 000 Euro für einen Zeitraum von drei Jahren übersteigt. 311    Auf jeden Fall ist die ausdrückliche Aufnahme dieser restriktiven Auslegung in Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1998/2006 im Sinne der Einführung einer Klarstellung und nicht als Aufstellung einer neuen Voraussetzung für die Anwendung der De-minimis-Regel zu verstehen. 312    Folglich ist das Vorbringen der Streithelferinnen zurückzuweisen, die Kommission hätte sich darauf beschränken müssen, der Region Sardinien aufzugeben, den Teil des Betrags der gezahlten Beihilfen zurückzufordern, der den Schwellenwert von 200 000 Euro oder allenfalls den Schwellenwert von 100 000 Euro übersteige. Ebenso ist das Vorbringen von SF Turistico Immobiliare zurückzuweisen, dass die Kommission bei Anwendung der De-minimis-Regel nur den Teil der vor Einreichung des Beihilfeantrags entstandenen Ausgaben hätte in Erwägung ziehen sollen. 313    Dies schließt allerdings nicht aus, dass im Rahmen der Würdigung jedes Einzelfalls, die die italienischen Behörden bei der Rückforderung der streitigen Beihilfen vorzunehmen haben werden, festgestellt werden kann, dass bestimmte vor Einreichung des Beihilfeantrags begonnene Projekte, die somit keine Beihilfe nach der mit der Verordnung Nr. 9/1998 eingeführten Regelung erhalten konnten, funktional unabhängig von anderen Projekten sind, die erst nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Beihilfeantrags begonnen wurden und daher eine Beihilfe nach ebendieser Regelung erhalten könnten. Dies ist allerdings eine Frage, über die das Gericht im Rahmen der vorliegenden Rechtssachen nicht zu befinden hat. 314    Somit ist der Klagegrund einer Verletzung der Bestimmungen über De-minimis-Beihilfen zurückzuweisen. 315    Demnach sind die vorliegenden Klagen insgesamt abzuweisen. Kosten 316    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen und die Streithelferinnen unterlegen sind, sind ihnen entsprechend den Anträgen der Kommission die Kosten aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Die Rechtssachen T‑394/08, T‑408/08, T‑453/08 und T‑454/08 werden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden. 2.      Die Klagen werden abgewiesen. 3.      Die Klägerinnen tragen die Kosten der Kommission mit Ausnahme der Kosten, die dieser durch den Beitritt der Streithelferinnen entstanden sind, und ihre eigenen Kosten. 4.      Die Streithelferinnen in der Rechtssache T-394/08 tragen die der Kommission durch den Beitritt entstandenen Kosten sowie ihre eigenen Kosten. Pelikánová Jürimäe Van der Woude Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 20. September 2011. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits Angefochtene Entscheidung Verfahren Anträge der Beteiligten Rechtliche Würdigung 1.  Zur Zulässigkeit einiger von den Streithelferinnen in der Rechtssache T‑394/08 geltend gemachter Klagegründe 2.  Zur Zulässigkeit einiger in der Erwiderung erhobenen Rügen Rechtssache T‑394/08 Rechtssache T‑408/08 Rechtssache T‑453/08 Rechtssache T‑454/08 3.  Zur Zulässigkeit der Klagegründe der Rechtswidrigkeit der Berichtigungsentscheidung Zur Rechtsnatur der Berichtigungsentscheidung Zu den Folgen für die Zulässigkeit der auf die Rechtswidrigkeit der Berichtigungsentscheidung gestützten Klagegründe 4.  Zu den auf Verfahrensmängel gestützten Klagegründen Zum Klagegrund der Verletzung des Art. 88 Abs. 2 EG und der Verordnung Nr. 659/1999 Zur Rüge einer Verletzung des Art. 9 der Verordnung Nr. 659/1999 Zur Rüge eines Untersuchungsmangels Zur Rüge der Nichteinhaltung der Fristen der Verordnung Nr. 659/1999 Zum Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 254 Abs. 3 EG und Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 Zum Klagegrund von Begründungsmängeln der angefochtenen Entscheidung Zur Rüge einer unzureichenden Begründung im Zusammenhang mit der Verletzung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer Zur Rüge der unzureichenden Begründung für die Einstufung der Beihilfe als neue rechtswidrige Beihilfe Zur Rüge einer unzureichenden Begründung für die Unvereinbarkeit der Beihilfen unter dem Blickwinkel der regionalen Entwicklung Zur Rüge einer unzureichenden Begründung im Zusammenhang mit der Würdigung der Anreizwirkung der streitigen Beihilfen Zur Rüge einer unzureichenden Begründung im Zusammenhang mit der Ablehnung der Anwendung der De-minimis-Regel Zur Rüge einer unzureichenden Begründung im Zusammenhang mit der Anordnung der Rückforderung 5.  Zu den materiellen Klagegründen Zum Klagegrund des Fehlens einer Rechtsgrundlage für die Berichtigungsentscheidung Zum Klagegrund eines Ermessensmissbrauchs beim Erlass der Berichtigungsentscheidung Zum Klagegrund der Nichterwähnung der Voraussetzung eines vorherigen Antrags in der Genehmigungsentscheidung Zum Klagegrund der fehlerhaften Einstufung der betreffenden Beihilfen als rechtswidrig Zum Klagegrund der Unanwendbarkeit der Leitlinien von 1998 Zur Anwendbarkeit der Leitlinien von 1998 in zeitlicher Hinsicht Zu dem auf die Vorschriften betreffend die vorausgegangene Regelung gestützten Argument Zum Vorbringen im Hinblick auf den nationalen Gesetzgebungskontext Zum Einwand der Rechtswidrigkeit von Ziff. 4.2 der Leitlinien von 1998 –  Zur Zulässigkeit des Einwands der Rechtswidrigkeit –  Zur Begründetheit des Einwands Zum Klagegrund eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers bezüglich des Vorliegens einer Anreizwirkung Zur Rüge im Hinblick auf die Besonderheit der Lage oder des Verhaltens der Begünstigten der streitigen Beihilfen Zum Vorbringen, das bloße Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 9/1998 habe den Unternehmen die Gewissheit verschafft, die Beihilfe in Anspruch nehmen zu können Zum Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 87 Abs. 3 EG Zum Klagegrund der Verletzung des Grundsatzes der Unparteilichkeit und des Grundsatzes des Wettbewerbsschutzes Zum Klagegrund der Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes Zum schutzwürdigen Vertrauen der Region Sardinien in die Nichtgeltung von Leitlinien bei Verabschiedung des Gesetzes Nr. 9/1998 Zum berechtigten Vertrauen der Begünstigten wegen des Vorliegens einer früheren Genehmigungsentscheidung und der Umstände des Falles Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen die Vorschriften über De-minimis-Beihilfen Kosten * Verfahrenssprache: Italienisch.
Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 20. September 2011.#Evropaïki Dynamiki - Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE gegen Europäische Investitionsbank.#Öffentliche Dienstleistungsaufträge – Ausschreibungsverfahren – Dienstleistung für die Unterstützung bei Wartung, Support und Entwicklung eines Datenverarbeitungssystems – Ablehnung des Angebots eines Bieters – Vergabe des Auftrags an einen anderen Bieter – Nichtigkeitsklage – Zulässigkeit – Zuständigkeit – Begründungspflicht – Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf – Transparenz – Verhältnismäßigkeit – Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung – Auswahl- und Zuschlagskriterien – Schadensersatzklage – Zulässigkeit – Entgangener Gewinn.#Rechtssache T-461/08.
62008TJ0461
ECLI:EU:T:2011:494
2011-09-20T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2011 II-06367
Rechtssache T‑461/08 Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE gegen Europäische Investitionsbank (EIB) „Öffentliche Dienstleistungsaufträge – Ausschreibungsverfahren – Dienstleistung für die Unterstützung bei Wartung, Support und Entwicklung eines Datenverarbeitungssystems – Ablehnung des Angebots eines Bieters – Vergabe des Auftrags an einen anderen Bieter – Nichtigkeitsklage – Zulässigkeit – Zuständigkeit – Begründungspflicht – Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf – Transparenz – Verhältnismäßigkeit – Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung – Auswahl- und Zuschlagskriterien – Schadensersatzklage – Zulässigkeit – Entgangener Gewinn“ Leitsätze des Urteils 1.      Nichtigkeitsklage – Anfechtbare Handlungen – Handlungen mit verbindlichen Rechtswirkungen – Handlungen der Europäischen Investitionsbank (Art. 225 Abs. 1 EG, 230 EG und 237 Buchst. b und c EG) 2.      Schadensersatzklage – Selbständigkeit gegenüber der Nichtigkeitsklage – Grenzen – Antrag auf Ersatz des von der Europäischen Investitionsbank als öffentlichem Auftraggeber verursachten Schadens (Art. 225 Abs. 1 EG, 235 EG und 288 Abs. 2 EG) 3.      Nichtigkeitsklage – Zulässigkeitsvoraussetzungen – Rechtsschutzinteresse – Gerichtliche Prüfung von Amts wegen – Entsprechende Anwendung auf Klagen, die einen akzessorischen Schadensersatzantrag enthalten (Art. 230 EG; Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 113) 4.      Nichtigkeitsklage – Rechtsschutzinteresse – Klage gegen eine vollzogene Entscheidung (Art. 230 EG und 233 EG) 5.      Öffentliche Aufträge der Europäischen Gemeinschaften – Ausschreibungsverfahren – Anfechtung der Rechtmäßigkeit von Verdingungsunterlagen (Art. 230 Abs. 4 EG) 6.      Europäische Investitionsbank – Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge, die die Bank auf eigene Rechnung vergibt – Anwendbare Vorschriften (Art. 28 EG, 43 EG und 49 EG; Charta der Grundrechte der Europäischen Union; Verordnung Nr. 1605/2002 des Rates, Art. 88 Abs. 1; Richtlinie 2004/18 des Europäischen Parlaments und des Rates) 7.      Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang (Art. 230 Abs. 5 EG und 253 EG) 8.      Öffentliche Aufträge der Europäischen Gemeinschaften – Ausschreibungsverfahren – Recht der Bieter auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Umfang (Art. 225 Abs. 1 EG, 242 EG, 243 EG und 253 EG) 9.      Öffentliche Aufträge der Europäischen Gemeinschaften – Ausschreibungsverfahren – Recht der Bieter auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Recht, gegen die Entscheidung, durch die der Auftrag an einen anderen Bieter vergeben wird, einen Rechtsbehelf einzulegen 10.    Europäische Investitionsbank – Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge, die die Bank auf eigene Rechnung vergibt – Erteilung des Zuschlags – Vergabe an das wirtschaftlich günstigste Angebot – Kriterien – Wahl durch den öffentlichen Auftraggeber – Grenzen 11.    Nichtigkeitsklage – Gründe – Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz – Ausschreibungsverfahren 12.    Außervertragliche Haftung – Voraussetzungen – Kausalzusammenhang – Schaden, der sich im Rahmen eines Vergabeverfahrens für einen Bieter aus dem Verlust eines Auftrags ergibt – Kein Beweis des Zusammenhangs zwischen diesem Schaden und der rechtswidrigen Entscheidung über die Erteilung des Zuschlags für diesen Auftrag an einen anderen Bieter (Art. 266 AEUV und 340 Abs. 2 AEUV) 1.      Die Art. 225 Abs. 1 EG und 230 EG sind im Interesse einer vollständigen Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Gemeinschaftshandlungen so auszulegen, dass sie nicht die Zuständigkeit des Gerichts, über eine Klage auf Nichtigerklärung einer unter die Führung der laufenden Geschäfte der Europäischen Investitionsbank fallenden Handlung des Direktoriums zu befinden, ausschließen, die endgültige Rechtswirkungen gegenüber einem Dritten entfaltet. Auch wenn die Bank kein Organ der Gemeinschaft ist, stellt sie eine durch den Vertrag errichtete und mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete Gemeinschaftseinrichtung dar und unterliegt aus diesem Grund der Kontrolle durch den Gerichtshof, insbesondere nach Maßgabe von Art. 237 Buchst. b EG. Die formell innerhalb der Bank von anderen Organen als den in Art. 237 Buchst. b und c EG genannten, d. h. von anderen Organen als dem Rat der Gouverneure und dem Verwaltungsrat, angenommenen Entscheidungen müssen also der gerichtlichen Kontrolle unterliegen können, wenn sie endgültig sind und Rechtswirkungen gegenüber Dritten erzeugen. (vgl. Randnrn. 46, 50, 52) 2.      In dem durch den Vertrag eingeführten Rechtsschutzsystem stellt die Schadensersatzklage zwar einen selbständigen Rechtsbehelf gegenüber der Nichtigkeitsklage dar, gleichwohl sind jedoch im Verfahrensabschnitt der Beurteilung der Zulässigkeit der Rechtsbehelfe die „unmittelbare Verbindung“ oder das „Ergänzungsverhältnis“ zwischen der Nichtigkeitsklage und der Schadensersatzklage, wenn diese Verbindung oder diese Ergänzung besteht, sowie die Akzessorietät der Schadensersatzklage zur Nichtigkeitsklage zu berücksichtigen, um zu vermeiden, dass der Ausgang der Schadensersatzklage künstlich vom Ausgang der Nichtigkeitsklage losgelöst wird, gegenüber der sie jedoch bloß eine Ergänzung oder einen Zusatz darstellt. Soll der Schaden, den die Europäische Investitionsbank einem Kläger verursacht haben soll, auf Ausübung von Tätigkeiten der Bank zurückzuführen sein, die Teil der Verwaltung der Gemeinschaft sind und die zur Tätigkeit dieser Verwaltung als öffentlicher Auftraggeber gehören, und ergibt sich dieser Schaden daher nicht aus der Ausübung der Tätigkeiten der Bank im Finanzsektor, ist das Gericht gemäß den Art. 225 Abs. 1 EG, 235 EG und 288 Abs. 2 EG dafür zuständig, auch über ein gegen die Bank geltend gemachte Schadensersatzbegehren zu befinden, wenn ein solcher Antrag Akzessorietät gegenüber einem Antrag auf Nichtigerklärung einer Handlung der Bank aufweist, die endgültige Wirkungen gegenüber Dritten entfaltet, der als solcher zulässig ist. (vgl. Randnrn. 55-58) 3.      Da das Rechtsschutzinteresse zu den unverzichtbaren Prozessvoraussetzungen gehört, hat das Gericht von Amts wegen zu prüfen, ob die Kläger ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung haben. Diese Lösung ist entsprechend auf Nichtigkeitsanträge zu übertragen, die im Rahmen einer Klage gestellt werden, die einen akzessorischen Schadensersatzantrag enthält. (vgl. Randnr. 62) 4.      Auch wenn im Rahmen eines Vergabeverfahrens eine Vergabeentscheidung zugunsten anderer Bewerber vollständig durchgeführt sein sollte, behält der Bieter doch ein Interesse an der Aufhebung dieser Entscheidung, sei es, um eine angemessene Berichtigung seiner Situation durch den öffentlichen Auftraggeber zu erreichen, sei es, um den öffentlichen Auftraggeber zu veranlassen, die Ausschreibungsverfahren für die Zukunft in geeigneter Weise zu ändern, falls festgestellt werden sollte, dass sie bestimmten rechtlichen Anforderungen nicht genügen. Der Umstand, dass der Vertrag zur Durchführung eines öffentlichen Auftrags vor der Verkündung des Urteils in einem Verfahren, das ein abgelehnter Bieter gegen die Auftragsvergabe angestrengt hat, unterzeichnet und sogar durchgeführt worden ist und der öffentliche Auftraggeber vertraglich an den Zuschlagsempfänger gebunden ist, steht der gemäß Art. 233 EG für den Fall, dass das Hauptsacheverfahren erfolgreich ist, bestehenden Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers nicht entgegen, die erforderlichen Maßnahmen zu erlassen, um einen angemessenen Schutz der Interessen des abgelehnten Bieters sicherzustellen. Wenn die Entscheidung über die Vergabe eines öffentlichen Auftrags aufgrund der Klage eines abgelehnten Bieters aufgehoben wird, der öffentliche Auftraggeber aber das Ausschreibungsverfahren für den fraglichen Auftrag nicht mehr wiederaufnehmen kann, können die Interessen dieses Bieters z. B. durch einen Ausgleich in Geld sichergestellt werden, der dem Verlust der Möglichkeit, den Zuschlag für den Auftrag zu erhalten, oder, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Bieter den Zuschlag hätte erhalten müssen, dem entgangenen Gewinn entspricht. Dem Verlust der Möglichkeit, den Zuschlag für einen öffentlichen Auftrag zu erhalten, den ein abgelehnter Bieter für diesen Auftrag aufgrund einer rechtswidrigen Entscheidung erleidet, kann ein wirtschaftlicher Wert zukommen. (vgl. Randnrn. 64-66) 5.      Ausschreibungsunterlagen wie die Verdingungsunterlagen können nicht als eine Rechtshandlung betrachtet werden, die jeden Bieter individuell betrifft. Wie alle Ausschreibungsunterlagen, die der öffentliche Auftraggeber herausgibt, gelten die Verdingungsunterlagen für objektiv bestimmte Situationen, und sie erzeugen Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen. Somit haben die Verdingungsunterlagen allgemeinen Charakter, und ihre individuelle Übermittlung an die Unternehmen, die von dem öffentlichen Auftraggeber vorausgewählt wurden, ermöglicht keine Individualisierung der einzelnen Bieter gegenüber allen anderen Personen im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG. Daher können die Verdingungsunterlagen nicht Gegenstand einer Klage gemäß dieser Bestimmung sein. Folglich ist die Entscheidung, mit der das Angebot eines Bieters abgelehnt wird, die erste Rechtshandlung, die angefochten werden kann, und damit die erste Rechtshandlung, die es diesem Bieter erlaubt, inzident die Rechtmäßigkeit der bei der vergleichenden Bewertung der Angebote verwendeten Formel in Abrede zu stellen, die der öffentliche Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen aufgestellt hat. (vgl. Randnrn. 73-74) 6.      Ein Ausschreibungsverfahren der Europäischen Investitionsbank, das aus den Eigenmitteln der Bank finanziert wird, unterliegt weder den Bestimmungen von Teil 2 Titel IV der Verordnung Nr. 1605/2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften in der geänderten Fassung noch den Bestimmungen von Teil 2 Titel III der Verordnung Nr. 2342/2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung in der geänderten Fassung. Diese Bestimmungen gelten nur für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften und, wie sich aus Art. 88 Abs. 1 der Haushaltsordnung ergibt, sind öffentliche Aufträge, die dieser unterliegen, nur solche Verträge, die ganz oder teilweise aus dem Gesamthaushalt finanziert werden. Die Ausschreibungsverfahren der Bank müssen jedoch den Grundregeln des Vertrags und den allgemeinen Rechtsgrundsätzen sowie den Zielen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, vor allem in Bezug auf den freien Warenverkehr (Art. 28 EG), die Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EG), die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EG), das Diskriminierungsverbot und die Gleichbehandlung, die Transparenz und die Verhältnismäßigkeit, entsprechen. Auch wenn die Richtlinien zur Vergabe öffentlicher Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge nur Aufträge regeln, die von den Auftraggebern der Mitgliedstaaten vergeben werden und auf die von der Gemeinschaftsverwaltung vergebenen öffentlichen Aufträge nicht unmittelbar anwendbar sind, können die im Zusammenhang mit diesen Richtlinien erlassenen oder entwickelten Regeln oder Grundsätze dieser Verwaltung entgegengehalten werden, wenn sich darin nur die Grundregeln des Vertrags und der allgemeinen Rechtsgrundsätze niederschlagen, die unmittelbar für die Gemeinschaftsverwaltung gelten. In einer Rechtsgemeinschaft ist die einheitliche Anwendung des Rechts ein Grunderfordernis, und jede Rechtsperson unterliegt dem Gebot rechtmäßigen Handelns. Im Übrigen können die im Rahmen dieser Richtlinien erlassenen oder entwickelten Regeln oder Grundsätze der Gemeinschaftsverwaltung entgegengehalten werden, wenn diese bei der Ausübung ihrer funktionellen und institutionellen Autonomie und in den Grenzen der ihr durch den Vertrag zugewiesenen Aufgaben eine Handlung angenommen hat, die für die Regelung der öffentlichen Aufträge, die sie auf eigene Rechnung vergibt, ausdrücklich auf bestimmte Regeln oder bestimmte Grundsätze verweist, die in den Richtlinien niedergelegt sind und durch die diese Regeln und diese Grundsätze gemäß dem Grundsatz patere legem quam ipse fecisti angewandt werden. Im Übrigen ergibt sich aus dem Leitfaden für die Vergabe von Dienstleistungs-, Liefer- und Bauaufträgen, die die Europäische Investitionsbank auf eigene Rechnung vergibt, dass, wenngleich die Richtlinie 2004/18 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge als solche auf die Bank nicht anwendbar ist, sie sich doch als Ausgangspunkt für die Entwicklung von Verfahren für die Bank eignet. Der Leitfaden legt Regeln von allgemeiner Tragweite fest, die Rechtsfolgen für Personen zeitigen, vor allem denjenigen, die bei einem öffentlichen Gemeinschaftsauftrag mitbieten wollen, der ganz oder teilweise aus Eigenmitteln der Bank finanziert wird und die Bank zudem rechtlich bindet, wenn diese beschließt, den öffentlichen Auftrag für ihre eigene Rechnung zu vergeben. Wenn die Bank sich bei ihrer Tätigkeit des Kapitalmarkts sowie ihrer eigenen Mittel bedient, vor allem wenn sie einen öffentlichen Auftrag für eigene Rechnung vergibt, unterliegt sie folglich sowohl den grundlegenden Vorschriften des Vertrags, den allgemeinen Rechtsgrundsätzen und den Zielen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union als auch den Bestimmungen des Leitfadens, wie sie im Licht der Grundsätze zur Durchführung dieser Bestimmungen und gegebenenfalls der Bestimmungen der Richtlinie 2004/18, auf die diese Bestimmungen verweisen, ausgelegt werden. (vgl. Randnrn. 87-90, 92-93) 7.      Wenn die Gemeinschaftsverwaltung über ein weites Ermessen verfügt, kommt der Beachtung der Garantien, die die Gemeinschaftsrechtsordnung in den Verwaltungsverfahren gewährt, eine umso größere Bedeutung zu. Zu diesen Garantien gehört insbesondere die Verpflichtung der Verwaltung, ihre Entscheidungen hinreichend zu begründen. Aus dem Leitfaden für die Vergabe von Dienstleistungs-, Liefer- und Bauaufträgen, die die Europäische Investitionsbank auf eigene Rechnung vergibt, geht jedoch hervor, dass auf Wunsch der Beteiligten die Bank innerhalb von fünfzehn Tagen nach Eingang des schriftlichen Antrags Bieter, die zulässige Angebote abgegeben haben, über die Merkmale und relativen Vorteile des ausgewählten Angebots informieren sowie den Namen des erfolgreichen Bieters bzw. der Parteien der Rahmenvereinbarung bekannt geben wird. Diese Vorgehensweise entspricht dem Zweck der Begründungspflicht gemäß Art. 253 EG. Die betroffenen Bieter werden dadurch, dass sie im Rahmen der Ausschreibungsverfahren nur auf ausdrücklichen Antrag eine begründete Entscheidung erhalten, nicht darin beschränkt, ihre Rechte vor dem Gericht geltend zu machen. Die in Art. 230 Abs. 5 EG vorgesehene Klagefrist beginnt erst zum Zeitpunkt der Mitteilung der mit Gründen versehenen Entscheidung, vorausgesetzt, der Bieter hat seinen Antrag auf eine solche Entscheidung binnen angemessener Frist nach Kenntnisnahme von der Ablehnung seines Angebots gestellt. Angesichts des weiten Ermessensspielraums, über den der öffentliche Auftraggeber verfügt, muss er jedoch den abgelehnten Bietern, die dies beantragen, eine hinreichende Begründung liefern, was voraussetzt, dass er sorgfältig darauf achtet, dass in der mitgeteilten Begründung sämtliche Gesichtspunkte wiedergegeben sind, auf die er seine Entscheidung gestützt hat. Dabei kann ein Schreiben, in dem die Bank dem abgelehnten Bieter den Namen des ausgewählten Bieters, die relativen Gewichtungen der Zuschlagskriterien und die Verteilung der zugeteilten Punkte mitteilt, zwar einen Erklärungsansatz darstellen, aber hinsichtlich des Erfordernisses, dass aus der Begründung die Beweggründe des Autors der Handlung deutlich hervorgehen müssen, nicht als ausreichend angesehen werden. Folglich weist eine solche Ablehnung des Angebots des Bieters einen Begründungsmangel auf und verstößt somit gegen den Leitfaden und ganz allgemein die Begründungspflicht gemäß Art. 253 EG. (vgl. Randnrn. 100, 106-108, 112, 114, 116) 8.      In Ausschreibungsverfahren müssen die Bieter gegen die Willkür des öffentlichen Auftraggebers geschützt werden, indem ihnen garantiert wird, dass gegen deren rechtswidrige Entscheidungen ein effektiver und möglichst schneller Rechtsbehelf möglich ist. Zunächst setzt ein vollständiger Rechtsschutz der Bieter gegen die Willkür des öffentlichen Auftraggebers die Verpflichtung voraus, sämtliche Bieter vor Abschluss des Vertrags von der Zuschlagsentscheidung zu unterrichten, damit sie einen Rechtsbehelf mit dem Ziel der Nichtigerklärung dieser Entscheidung einlegen können, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Sodann verlangt dieser vollständige Rechtsschutz, dass der abgelehnte Bieter rechtzeitig die Gültigkeit der Zuschlagserteilung prüfen kann; dies setzt voraus, dass zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die abgelehnten Bieter von der Zuschlagsentscheidung unterrichtet worden sind, und der Unterzeichnung des Vertrags eine angemessene Frist liegt, so dass sie insbesondere einen Antrag auf einstweilige Anordnung gemäß Art. 242 EG in Verbindung mit Art. 243 EG sowie Art. 225 Abs. 1 EG einreichen können, damit der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter den Vollzug der Ablehnung des Angebots des abgelehnten Bieters aussetzen kann, bis das für die Entscheidung in der Sache zuständige Gericht über die Klage auf Nichtigerklärung dieser Entscheidung befindet. Das Recht auf einen umfassenden und effektiven gerichtlichen Rechtsschutz verlangt nämlich, dass den Betroffenen vorläufiger Schutz gewährt werden kann, wenn er für die volle Wirksamkeit der Entscheidung in der Sache erforderlich ist; sonst wäre der von den zuständigen Gerichten gewährte Rechtsschutz lückenhaft. Damit das Erfordernis eines effektiven Rechtsschutzes gewahrt ist, muss der öffentliche Auftraggeber schließlich die ihm obliegende Begründungspflicht beachten, indem er jedem abgelehnten Bieter auf dessen Antrag eine hinreichende Begründung liefert, damit dieser unter den bestmöglichen Voraussetzungen von diesem Recht Gebrauch machen kann und ihm die Möglichkeit eingeräumt wird, in Kenntnis aller Umstände zu entscheiden, ob es für ihn von Nutzen ist, das zuständige Gericht anzurufen. (vgl. Randnrn. 119-122) 9.      Im Rahmen der Ausschreibung eines öffentlichen Auftrags müssen das Recht eines abgelehnten Bieters auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen die Entscheidung, durch die der Auftrag an einen anderen Bieter vergeben wird, sowie die dem öffentlichen Auftraggeber obliegende entsprechende Verpflichtung, ihm auf Antrag die Gründe seiner Entscheidung mitzuteilen, als wesentliche Formvorschriften betrachtet werden, da sie den Zweck haben, mit der Zuschlagsentscheidung zu gewährleisten, dass eine wirksame Kontrolle der Unparteilichkeit des dieser Entscheidung zugrunde liegenden Ausschreibungsverfahrens ausgeübt werden kann. Die Nichtbeachtung dieser wesentlichen Formvorschriften durch den öffentlichen Auftraggeber muss die Nichtigerklärung der fraglichen Entscheidung zur Folge haben. (vgl. Randnrn. 130-131) 10.    Die der Europäischen Investitionsbank eingeräumte Möglichkeit, die Zuschlagskriterien, auf deren Grundlage sie den ausgeschriebenen Auftrag für eigene Rechnung vergeben will, frei zu wählen, ermöglicht ihr, die Art, den Gegenstand und die Besonderheiten des jeweiligen Auftrags zu berücksichtigen. Jedoch sind die Bestimmungen über den Ablauf des Ausschreibungsverfahrens zu berücksichtigen, die in dem Leitfaden für die Vergabe von Dienstleistungs-, Liefer- und Bauaufträgen, die die Europäische Investitionsbank auf eigene Rechnung vergibt, enthalten sind, und die sicherstellen sollen, dass die der Bank bei der Auswahl der Zuschlagskriterien eingeräumte Möglichkeit in der Phase der Bewertung der Angebote zur Vergabe des Auftrags unter Beachtung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz ausgeübt wird. Die Regelungen sollen nämlich zum einen allen durchschnittlich fachkundigen Bietern bei Anwendung der üblichen Sorgfalt ermöglichen, die Zuschlagskriterien in gleicher Weise auszulegen und damit bei der Abfassung ihrer Gebote über die gleichen Chancen zu verfügen und zum anderen die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sicherstellen. Zwar sind die Kriterien, die die öffentlichen Auftraggeber beim Zuschlag für das wirtschaftlich günstigste Angebot berücksichtigen können, in diesem Leitfaden nicht abschließend aufgezählt, so dass dieser dem öffentlichen Auftraggeber die Wahl der Kriterien für die Zuschlagserteilung lässt, die ihm am besten geeignet erscheinen, jedoch kommen nur Kriterien in Betracht, die der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots dienen. Als Zuschlagskriterien ausgeschlossen sind daher Kriterien, die nicht der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots dienen, sondern die im Wesentlichen mit der Beurteilung der technischen Eignung der Bieter für die Ausführung des betreffenden Auftrags zusammenhängen. die zur Phase der Auswahl der Bieter gehören und die nicht zur vergleichenden Bewertung der Angebote herangezogen werden dürfen. Wenn das Angebot eines Bieters, der nicht von dem Ausschreibungsverfahren ausgeschlossen worden ist und die in der Bekanntmachung des Auftrags oder den Verdingungsunterlagen genannten Auswahlkriterien erfüllt, aus der Sicht des Auftraggebers nicht als das im Hinblick auf die in der Bekanntmachung des Auftrags oder den Verdingungsunterlagen genannten Kriterien wirtschaftlich günstigste Angebot erscheint, muss es vom Auftraggeber zurückgewiesen werden, da dieser das Gesamtkonzept des Auftrags nicht ändern darf, indem er eine der wesentlichen Vergabebedingungen ändert. Wäre der Auftraggeber nämlich berechtigt, im Ausschreibungsverfahren die Ausschreibungsbedingungen, wie die relative Gewichtung der Zuschlagskriterien, selbst nach Belieben zu ändern, obwohl eine entsprechende ausdrückliche Ermächtigung in den einschlägigen Bestimmungen fehlt, würden die Bestimmungen für die Auftragsvergabe, wie sie ursprünglich festgelegt wurden, verzerrt. Zudem würde eine solche Praxis unweigerlich die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung der Bieter verletzen, da die einheitliche Anwendung der Ausschreibungsbedingungen und die Objektivität des Verfahrens nicht mehr gewährleistet wären. (vgl. Randnrn. 137-138, 141-142, 160) 11.    Wenn dem Gericht im Rahmen eines Verfahrens wegen Nichtigerklärung einer Zuschlagsentscheidung der Europäischen Investitionsbank nichts vorliegt, anhand dessen es mit Sicherheit schließen oder ausschließen könnte, dass die Änderungen des Angebots des ausgewählten Bieters und der relativen Gewichtungen der fachlichen Kriterien und des finanziellen Kriteriums vor Annahme der angefochtenen Entscheidung die vergleichende Bewertung der Angebote zum Nachteil der abgelehnten Bieter in der Weise verfälschen konnten, dass das Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens davon betroffen worden ist, muss diese Ungewissheit zu Lasten der Bank als öffentlicher Auftraggeber gehen. (vgl. Randnr. 181) 12.    Ist im Rahmen einer Schadensersatzklage das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen der Annahme der rechtswidrigen Entscheidung durch den öffentlichen Auftraggeber, mit der ein Bieter eines Ausschreibungsverfahrens für einen öffentlichen Auftrag zurückgewiesen wird, und dem vom Kläger geltend gemachten Schaden, zu dem der Verlust des Auftrags selbst führt, nicht festzustellen, kann der Kläger nicht mit Erfolg den Ersatz des Schadens beantragen, der sich daraus ergibt, dass er den Vertrag mit dem öffentlichen Auftraggeber nicht geschlossen und erst recht den Auftrag nicht ausgeführt hat. Dies hat keine Auswirkung auf die Entschädigung, die dem Kläger gemäß Art. 266 AEUV als angemessene Berichtigung seiner Situation im Anschluss an die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zustehen könnte. (vgl. Randnrn. 212, 214) URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer) 20. September 2011(*) „Öffentliche Dienstleistungsaufträge – Ausschreibungsverfahren – Dienstleistung für die Unterstützung bei Wartung, Support und Entwicklung eines Datenverarbeitungssystems – Ablehnung des Angebots eines Bieters – Vergabe des Auftrags an einen anderen Bieter – Nichtigkeitsklage – Zulässigkeit – Zuständigkeit – Begründungspflicht – Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf – Transparenz – Verhältnismäßigkeit – Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung – Auswahl- und Zuschlagskriterien – Schadensersatzklage – Zulässigkeit – Entgangener Gewinn“ In der Rechtssache T‑461/08 Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE mit Sitz in Athen (Griechenland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte N. Korogiannakis und P. Katsimani, Klägerin, gegen Europäische Investitionsbank (EIB), vertreten durch C. Gómez de la Cruz und T. Pietilä als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt J. Stuyck, Beklagte, betreffend einen Antrag gemäß Art. 225 EG und 230 EG auf Nichtigerklärung der Entscheidung der EIB vom 31. Januar 2008, das von der Klägerin im Rahmen einer Ausschreibung für Dienstleistungen für die Unterstützung bei Wartung, Support und Entwicklung eines Datenverarbeitungssystems unterbreitete Angebot nicht anzunehmen und den Auftrag an einen anderen Bieter zu vergeben, sowie einen Antrag auf Schadensersatz gemäß Art. 225 EG, 235 EG und 288 EG erlässt DAS GERICHT (Vierte Kammer) unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová (Berichterstatterin), der Richterin K. Jürimäe und des Richters M. van der Woude, Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2010 folgendes Urteil Sachverhalt 1        Die Klägerin, die Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE, ist eine Gesellschaft griechischen Rechts, die auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologien tätig ist. 2        Mit einer Vergabebekanntmachung vom 13. September 2007, die im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. S 176) unter der Nr. 2007/S 176-215155 veröffentlicht wurde, nahm die Europäische Investitionsbank (EIB) eine Ausschreibung für die Erbringung von Dienstleistungen zur „Unterstützung bei Wartung, Support und Entwicklung des Front‑Office-Kreditvergabesystems (Serapis)“ vor. Gemäß der Beschreibung in der Vergabebekanntmachung und in den Verdingungsunterlagen dieser Ausschreibung ist das „System für den effizienten und schnellen Zugang zu Darlehen und zu nützlichen Informationen“ (Serapis) der Hypertextteil der Datenverarbeitung (Front Office) der EIB im Kreditbereich. Es ist ausgelegt als ein Multifunktions-Informationsmanagementportal im Kreditbereich für die zuständigen Abteilungen der EIB, die die Direktionen „Finanzierungen in Europa“, „Finanzierungen außerhalb Europas“, „Risikomanagement“ und „Projekte“ sowie den Juristischen Dienst umfassen. Es dient der Unterstützung des internen Kreditverfahrens von der Anbahnung einer Finanzierung über ihre Prüfung bis hin zur Vorlage der „Note Conjointe“ (Unterschrift), die dann zu dem im Rahmen des Teils der Softwareanwendung der EIB vorgesehenen Verfahren, der sogenannten „Force Prêts“, führt, die den für dieses System Verantwortlichen dessen Verwaltung und Leitung ermöglicht (Back Office). 3        Die Vergabebekanntmachung sah vor, dass mit dem ausgewählten Bieter eine Rahmenvereinbarung für eine Dauer von vier Jahren abgeschlossen wird und auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung Aufträge an ihn vergeben werden, die Einzelaufträgen für gezielte Projekte entsprechen. Die Vergabebekanntmachung und die Verdingungsunterlagen legten im Einzelnen fest, dass der Zuschlag dem Bieter erteilt wird, der das nach Maßgabe der in den Verdingungsunterlagen aufgeführten Kriterien wirtschaftlich günstigste Angebot vorgelegt hat. Die Verdingungsunterlagen gaben die Gewichtung der Zuschlagskriterien an, und zwar 75 % der Punkte für die technischen Kriterien, nämlich 15 % der Punkte für das Kriterium „Qualitätsmanagementprozess“, 45 % der Punkte für das Kriterium „Grad der Übereinstimmung der Kompetenzen und Qualifikationen des vorgeschlagenen Personals“ und 15 % der Punkte für das Kriterium „Fähigkeit, ein Team aus dem eigenen Personalbestand bereitzustellen“, sowie 25 % der Punkte für das finanzielle Kriterium. 4        Mit Schreiben vom 31. Oktober 2007 übermittelte die EIB allen, die einen Antrag auf Klarstellung in Bezug auf die Vergabebekanntmachung eingereicht hatten, eine Liste der „Fragen und Antworten“ zu der fraglichen Vergabebekanntmachung. 5        Am 9. November 2007, dem für den Eingang der Angebote festgelegten Schlusstermin (Nr. IV.3.4 der Vergabebekanntmachung), legte die Klägerin ein Angebot vor. 6        Insgesamt sieben Angebote gingen bei der EIB ein und wurden vom Bewertungsausschuss geprüft. In den ersten beiden Verfahrensabschnitten, der Ausschluss- (Nr. 6.1 der Verdingungsunterlagen) und der Auswahlphase (Nr. 6.2 der Verdingungsunterlagen), wurden sämtliche Bieter ausgewählt. Im letzten Verfahrensabschnitt, der vergleichenden Bewertung der Angebote und der Vergabe des Auftrags (Nr. 7 der Verdingungsunterlagen), für den vorgesehen war, in einem ersten Schritt die Angebote der ausgewählten Bieter nur nach den technischen Kriterien zu prüfen und diejenigen auszuschließen, die nicht die in den Verdingungsunterlagen festgelegten Mindestschwellen erreichten, und in einem zweiten Schritt die Angebote zu prüfen, die bei der technischen Bewertung nicht ausgeschlossen worden sind, in Bezug auf das finanzielle Kriterium zu prüfen, wurden nur fünf Angebote, u. a. dasjenige der Klägerin, im Bezug auf dieses Kriterium geprüft, da die beiden anderen Angebote nicht die in den Verdingungsunterlagen bei der technischen Bewertung festgelegten Mindestschwellen erreicht hatten. Im Anschluss an die vergleichende Bewertung der Angebote erteilte der Bewertungsausschuss dem Angebot von Sybase BVBA (im Folgenden: ausgewählter Bieter) die beste Gesamtnote, während das Angebot der Klägerin auf den zweiten Platz eingestuft wurde. In Ansehung der Bewertung durch den Bewertungsausschuss entschied die EIB am 31. Januar 2008, das Angebot der Klägerin nicht anzunehmen und den Auftrag dem ausgewählten Bieter zu erteilen (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), nachdem sie mit ihm bestimmte Punkte seines Angebots bei einem am 29. Januar 2008 erfolgten Treffen erörtert hatte. 7        Am 18. Februar 2008 versandte die EIB Schreiben an sämtliche Bieter mit Ausnahme der Klägerin, um ihnen mitzuteilen, dass der Auftrag an den ausgewählten Bieter vergeben worden war. 8        Die Rahmenvereinbarung wurde von der EIB und dem ausgewählten Bieter am 12. bzw. 17. Juni 2008 unterzeichnet und trat am 16. Juni 2008 in Kraft. 9        Nachdem die Klägerin von der im Supplement zum Amtsblatt (ABl. S 144) unter dem Aktenzeichen 2008/S 144-192307 veröffentlichten Vergabe des Auftrags Kenntnis genommen hatte, legte sie mit Schreiben vom 31. Juli 2008 Beschwerde bei der EIB ein, weil diese die Verdingungsunterlagen und das für Ausschreibungsverfahren geltende Recht nicht beachtet habe, indem die Klägerin nicht rechtzeitig über die angefochtene Entscheidung unterrichtet worden sei. Sie forderte die EIB auf, das Ausschreibungsverfahren und die Unterzeichnung der Rahmenvereinbarung auszusetzen oder diese gegebenenfalls für nichtig zu erklären. Außerdem bat sie um Auskünfte zu dem Ausschreibungsverfahren, insbesondere die Namen des ausgewählten Bieters, der Mitglieder der von diesem für die Bewerbung auf die Ausschreibung zusammengestellten Gruppe und seiner Subunternehmer, die ihrem Angebot und dem Angebot des ausgewählten Bieters für die einzelnen Zuschlagskriterien erteilte Note, die Parameter für den Vergleich zwischen ihrem Angebot und dem des ausgewählten Bieters, vor allem den Finanzierungsplan, sowie eine ausführliche Kopie der Berichte des Bewertungsausschusses zu ihrem Angebot und dem Angebot des ausgewählten Bieters. 10      In einem Schreiben vom 1. August 2008 übermittelte die EIB der Klägerin Angaben zur Gewichtung der Zuschlagskriterien. Sie teilte ihr auch mit, dass der Auftrag an den ausgewählten Bieter vergeben worden sei, und legte für jedes der Zuschlagskriterien dar, wie die dem Angebot der Klägerin und dem Angebot des ausgewählten Bieters zugeteilten Punkte verteilt worden seien. Das Angebot der Klägerin habe 22,03 Punkte (von 35 möglichen Punkten), das Angebot des ausgewählten Bieters dagegen 29,36 Punkte (von 35 möglichen Punkten) erreicht. 11      Da die Klägerin der Auffassung war, dass sie nur einen geringen Teil der beantragten Informationen erhalten habe, sandte sie der EIB am selben Tag ein weiteres Schreiben, mit dem sie diese bat, auf sämtliche Fragen ihres Schreibens vom 31. Juli zu antworten, ihr die Begründung der angefochtenen Entscheidung zu übermitteln und ihr mitzuteilen, ob die Rahmenvereinbarung mit dem ausgewählten Bieter schon unterzeichnet worden sei. Sollte dies nicht der Fall sein, beantragte die Klägerin bei der EIB, die Unterzeichnung dieses Vertrags bis zur umfassenden Prüfung ihrer Klage auszusetzen. 12      Am 6. August 2008 bestätigte die EIB den Eingang des Schreibens der Klägerin. Mit Schreiben vom 14. August 2008 räumte sie einen „Verwaltungsfehler“ ein, indem sie es unterlassen habe, die Klägerin mit amtlichem Bescheid über die Ergebnisse der vergleichenden Bewertung der Angebote zu unterrichten, und bat dafür um Nachsicht. Sie fügte hinzu, das Angebotsverfahren sei insgesamt gültig gewesen und der ihr unterlaufene Verwaltungsfehler stelle keine schwerwiegende Unrichtigkeit dar, die die Aussetzung oder Nichtigerklärung der mit dem ausgewählten Bieter geschlossenen Rahmenvereinbarung rechtfertige. 13      Am 1. September 2008 richtete die Klägerin ein weiteres Schreiben an die EIB, in dem sie bestimmte Unregelmäßigkeiten im Ausschreibungsverfahren feststellte. Die EIB habe die Kriterien für die Auswahl der Bieter und die Kriterien für die Erteilung des Zuschlags vermischt. Außerdem habe sie diskriminierende oder ungenaue Zuschlagskriterien verwendet, gegen ihre Verpflichtung, die Bieter rechtzeitig von der Vergabeentscheidung zu unterrichten und ihnen zur Gewährleistung ihres Anfechtungsrechts eine Stillhaltefrist einzuräumen, verstoßen, kein hinreichend transparentes Verfahren befolgt, den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, die angefochtene Entscheidung nicht begründet und bei der vergleichenden Bewertung der Angebote eine Formel verwendet, durch die der Grundsatz des wirtschaftlich günstigsten Angebots ausgeschaltet worden sei, indem sie den Angeboten den Vorzug gegeben habe, die den höchsten Preis vorgesehen hätten. 14      Am 10. September 2008 bestätigte die EIB den Eingang des Schreibens der Klägerin vom 1. September 2008 und teilte ihr mit, dass es zur Prüfung an ihr Beschwerdebüro geleitet worden sei und spätestens am 27. Oktober 2008 beantwortet werde. 15      Am 27. Oktober 2008 sandte die EIB der Klägerin ein Schreiben, in dem sie dieser mitteilte, dass sie deren Beschwerde nicht mehr behandeln könne, da die Klägerin am 6. Oktober 2008 Klage beim Gericht erhoben habe. Verfahren und Anträge der Parteien 16      Mit Klageschrift, die am 6. Oktober 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 17      Am 30. Januar 2009 hat die EIB die Klagebeantwortung eingereicht. 18      Die Erwiderung und die Gegenerwiderung wurden am 15. April bzw. 15. Juni 2009 eingereicht. 19      Auf Vorschlag des Berichterstatters hat das Gericht (Zweite Kammer) die EIB im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 seiner Verfahrensordnung aufgefordert, die Frage zu beantworten, welche Stelle innerhalb ihrer Behörde die angefochtene Entscheidung erlassen habe, und ihr die angefochtene Entscheidung und alle entsprechenden Dokumente zur Verfügung zu stellen. 20      Die EIB kam dieser Aufforderung innerhalb der festgesetzten Frist nach. Sie teilte mit Schreiben vom 15. Dezember 2009 mit, dass die angefochtene Entscheidung gemäß ihren internen Vorschriften und der zur Zeit des Sachverhalts herrschenden Praxis vom Direktor der Abteilung Informationstechnik, die später in die Generaldirektion Strategie eingegliedert worden sei, erlassen und sodann vor Abschluss der Rahmenvereinbarung mit dem ausgewählten Bieter vom Präsidenten der EIB bestätigt worden sei. Darüber hinaus legte sie einen „Aktenvermerk“ vom 31. Januar 2008 mit dem Aktenzeichen SCC/IT/FLA/2008-015/kr (im Folgenden: Vermerk vom 31. Januar 2008) vor, der die Entscheidung des Direktors über die Vergabe des Auftrags an den ausgewählten Bieter enthielt, sowie das konsolidierte Bewertungsblatt des Bewertungsausschusses, das im Anhang zu diesem Vermerk enthalten war. 21      Mit am 8. Januar 2010 eingegangenem Schreiben hat die Klägerin zu dem Vermerk vom 31. Januar 2008 Stellung genommen. Sie hat im Hinblick auf die in diesem Vermerk enthaltenen Informationen einen neuen Klagegrund vorgetragen. 22      Mit am 26. Januar 2010 eingegangenem Schreiben hat die EIB zu dem neuen von der Klägerin in deren am 8. Januar 2010 eingegangenem Schreiben erhobenen Klagegrund Stellung genommen. 23      Infolge der Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Vierten Kammer zugeteilt worden, an die die vorliegende Rechtssache deshalb verwiesen worden ist. 24      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Vierte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. 25      Die Verfahrensbeteiligten haben in der Sitzung vom 17. November 2010 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 26      Die Klägerin beantragt, –        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären; –        die EIB zu verurteilen, ihr den im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens aufgrund der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung entstandenen und auf 1,94 Millionen Euro bezifferten Schaden zu ersetzen; –        die Kommission zur Tragung der Kosten zu verurteilen, auch wenn die Klage abgewiesen wird. 27      Die EIB beantragt, –        die Nichtigkeitsklage für unbegründet zu erklären; –        den Schadensersatzantrag für unzulässig, hilfsweise, für unbegründet zu erklären; –        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 1.     Zur Zulässigkeit der Klage 28      Vorab ist festzustellen, dass, was speziell die Frage der zeitlichen Anwendbarkeit der Vorschriften betrifft, die die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage regeln, der ständigen Rechtsprechung zu entnehmen ist, dass zum einen die Frage der Zulässigkeit einer Klage gemäß dem Grundsatz tempus regit actum nach den zum Zeitpunkt der Klageerhebung geltenden Vorschriften zu entscheiden (Urteil des Gerichtshofs vom 8. Mai 1973, Campogrande/Kommission, 60/72, Slg. 1973, 489, Randnr. 4, vgl. in diesem Sinne auch entsprechend Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 22. Februar 2008, Kozlowski, C‑66/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 7) und zum anderen bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Klage auf den Zeitpunkt der Klageerhebung, d. h. der Einreichung der Klageschrift, abzustellen ist (Urteil des Gerichtshofs vom 18. April 2002, Spanien/Rat, C‑61/96, C‑132/97, C‑45/98, C‑27/99, C‑81/00 und C‑22/01, Slg. 2002, I‑3439, Randnr. 23; Urteile des Gerichts vom 21. März 2002, Shaw und Falla/Kommission, T‑131/99, Slg. 2002, II‑2023, Randnr. 29, und vom 9. Juli 2008, Alitalia/Kommission, T‑301/01, Slg. 2008, II‑1753, Randnr. 37). 29      Da die vorliegende Klage am 6. Oktober 2008 eingereicht worden ist, sind die Fragen zu ihrer Zulässigkeit anhand der Bestimmungen zu prüfen, die zu diesem Zeitpunkt in Kraft waren, d. h. des EG-Vertrags, und nicht gemäß den entsprechenden neuen Bestimmungen des AEUV, die am 1. Dezember 2009 in Kraft getreten sind. Zur Zuständigkeit des Gerichts Vorbringen der Parteien 30      Die Klägerin macht geltend, dass die gemäß Art. 230 EG eingereichte Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zulässig sei. Das dem EG-Vertrag beigefügte Protokoll über die Satzung der EIB (im Folgenden: EIB-Satzung) sehe keinen vollständigen Mechanismus der Rechtmäßigkeitskontrolle der Handlungen der EIB vor. Dies bedeute jedoch nicht, dass eine solche Kontrolle nicht möglich sei. Im Urteil vom 23. April 1986, Les Verts/Europäisches Parlament (294/83, Slg. 1986, 1339, Randnrn. 23 bis 25), habe der Gerichtshof erklärt, dass die Handlungen der Organe der Europäischen Gemeinschaft, da diese eine Rechtsgemeinschaft sei, gerichtlich nachprüfbar sein müssten, wenn sie gegenüber Dritten Rechtswirkungen entfalteten. Die EIB sei im Hinblick auf den EG-Vertrag und ihre Satzung ein Gemeinschaftsorgan, und ihre Handlungen müssten, wenn sie Rechtswirkungen gegenüber Dritten entfalteten, vom Gerichtshof auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft werden können. Dem stehe nicht entgegen, dass die Handlungen der EIB in Art. 230 EG nicht ausdrücklich erwähnt seien. Der Gerichtshof habe aufgrund eines zweifachen Kriteriums auf die Anwendung von Art. 230 EG auf Handlungen der Gemeinschaftsbehörden und ‑agenturen geschlossen, mit dem darauf abgestellt werde, ob die fragliche Behörde in Art. 230 EG erwähnt sei und ob ihre Handlungen einer hinreichenden gerichtlichen Kontrolle unterlägen. 31      Die EIB hält den Antrag der Klägerin auf Nichtigerklärung ebenfalls für zulässig. Sie fordert das Gericht auf, seine Zuständigkeit für die Entscheidung über einen Antrag auf Nichtigerklärung einer ihrer Entscheidungen zur Ablehnung des von einer Person vorgelegten Angebots und Vergabe des fraglichen Auftrags an eine andere Person sowie für einen Antrag auf Ersatz des aufgrund dieser Entscheidung erlittenen Schadens eindeutig festzustellen, da das Tribunal administratif in Luxemburg durch Urteil vom 26. September 2007 (Nr. 22447 du rôle), bestätigt im Rechtsmittelverfahren durch Urteil der Cour administrative vom 21. Februar 2008 (Nr. 23620C du rôle), insofern zu Unrecht von seiner eigenen Zuständigkeit auf dem Gebiet ausgegangen sei. Der Gerichtshof habe mit Urteil vom 2. Dezember 1992, SGEEM und Etroy/EIB (C‑370/89, Slg. 1992, I‑6211), seine Zuständigkeit für eine Schadensersatzklage bejaht, die von einer Gesellschaft eingereicht und auf den Vorwurf der Rechtswidrigkeit der Entscheidung der EIB gestützt gewesen sei, ihr einen öffentlichen Bauauftrag nicht zuzuteilen. Außerdem habe das Gericht in seinem Urteil vom 8. Oktober 2008, Sogelma/AER (T‑411/06, Slg. 2008, II‑2771, Randnrn. 42 und 43), gemäß der Rechtsprechung Les Verts/Europäisches Parlament (siehe oben, Randnr. 30) befunden, dass die von einem Gemeinschaftsorgan, in jenem Fall der Europäischen Agentur für Wiederaufbau (EAR), im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens getroffenen Entscheidungen vor dem Gericht anfechtbar seien, wenn sie Rechtswirkungen gegenüber Dritten entfalteten. Daher müsse sie als Verwaltungsorgan der Gemeinschaft ebenso behandelt werden, wenn sie Entscheidungen treffe, die im Rahmen ihrer Ausschreibungsverfahren oder der Behandlung von Anträgen auf Akteneinsicht Rechtswirkungen gegenüber Dritten entfalteten. Bei Ausübung ihrer Kredittätigkeiten, d. h., wenn sie wie jedes andere Bankinstitut auf den Finanzmärkten tätig sei, falle sie jedoch nicht unter die Zuständigkeit des Gerichts (Beschluss des Gerichts vom 26. November 1993, Tête u. a./EIB, T‑460/93, Slg. 1993, II‑1257, Randnr. 20). Würdigung durch das Gericht 32      Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits sind sich einig, dass das Gericht zur Entscheidung über den vorliegenden Nichtigkeitsantrag zuständig ist. Da die Zuständigkeit des Gerichts jedoch eine unverzichtbare Prozessvoraussetzung ist, kann es sie von Amts wegen prüfen (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. März 2005, GEF/Kommission, T‑29/02, Slg. 2005, II‑835, Randnrn. 72 bis 74 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofs vom 6. März 1979, Simmenthal/Kommission, 92/78, Slg. 1979, 777, Randnrn. 21 und 22). Daher ist das Gericht nicht durch die Auffassung der Parteien zu seiner Zuständigkeit für die Entscheidung über die vorliegende Klage gebunden, und es obliegt ihm, zu prüfen, ob es nicht nach Anhörung der Parteien von Amts wegen einen auf seine Unzuständigkeit, ganz oder teilweise über diese Klage zu befinden, gestützten Unzulässigkeitsgrund feststellen muss. Dies ist unter den vorliegenden Umständen umso mehr gerechtfertigt, als sich ein nationales Gericht für die Rechtmäßigkeitskontrolle einer Entscheidung der EIB für zuständig erklärt hat, mit der das Angebot einer Person abgelehnt und der fragliche Auftrag von der EIB für eigene Rechnung an eine andere Person vergeben wurde. 33      Gemäß den Art. 5 EG, 10 EG, 297 EG und 307 Abs. 1 EG sowie dem EU-Vertrag, vor allem Art. 5 EU, übt der Gerichtshof seine Befugnisse nach Maßgabe und im Sinne der Vorschriften des EG- und des EU-Vertrags aus. Die Zuständigkeiten des Gerichts sind in den Art. 225 EG und Art. 140a EA aufgeführt, wie diese durch Art. 51 der Satzung des Gerichtshofs präzisiert werden. 34      Die Frage der Zuständigkeit des Gerichts für die Entscheidung über eine Klage, die sowohl einen Antrag auf Nichtigerklärung einer Handlung der EIB, mit der ein Dritter geschädigt wird, als auch einen Antrag auf Ersatz des aus dem rechtswidrigen Verhalten der EIB diesem Dritten erwachsenden Schadens erfasst, muss nach der EIB-Satzung in ihrer zur Zeit des Sachverhalts anwendbaren Fassung, insbesondere ihres Art. 29 Abs. 1, sowie den Art. 225 Abs. 1 EG, 235 EG, 237 EG und 288 Abs. 2 EG sowie gegebenenfalls Art. 230 EG beurteilt werden. 35      Art. 29 Abs. 1 der EIB-Satzung sieht vor, dass „[ü]ber Rechtsstreitigkeiten zwischen der [EIB] einerseits und ihren Gläubigern, Kreditnehmern oder dritten Personen andererseits … die zuständigen Gerichte der einzelnen Staaten vorbehaltlich der Zuständigkeiten [entscheiden], die dem Gerichtshof zuerkannt sind“. Außerdem hat der Gerichtshof festgestellt, dass weder der EG-Vertrag noch diese Vorschrift der Zuständigkeit des Gerichtshofs für Rechtsstreitigkeiten betreffend die EIB entgegenstehen, und hinzugefügt, dass die letztgenannte Vorschrift die Zuständigkeiten des Gerichtshofs ausdrücklich vorbehält, die ihm gemäß dem EG-Vertrag zugewiesen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil SGEEM und Etroy/EIB, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnrn. 17 und 18). 36      Im vorliegenden Rechtsstreit stehen sich die EIB und eine Gesellschaft griechischen Rechts gegenüber, die nicht ihrer Kontrolle unterliegt und die daher als eine dritte Person im Sinne von Art. 29 Abs. 1 der EIB-Satzung zu betrachten ist. Gemäß dem Wortlaut dieser Vorschrift verlangt die Frage, ob ein Rechtsstreit wie der vorliegende in die Zuständigkeit des Gerichtshofs oder der Gerichte der einzelnen Staaten fällt und ob er gegebenenfalls in die Zuständigkeit des Gerichtshofs oder des Gerichts fällt, dass von den Vorschriften des EG-Vertrags ausgegangen wird. 37      Was zum einen den Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung betrifft, hängt die Frage, ob das Gericht für die Entscheidung darüber zuständig ist, erstens, da es sich um eine Sonderregelung handelt, von der Auslegung von Art. 237 EG in Verbindung mit Art. 225 Abs. 1 EG ab. 38      Art. 237 EG lautet: „Der Gerichtshof ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zuständig in Streitsachen über a)      die Erfüllung der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus der [EIB-Satzung]. Der Verwaltungsrat der [EIB] besitzt hierbei die der Kommission in Artikel 226 [EG in Bezug auf den Verstoß gegen eine der sich aus dem EG-Vertrag ergebenden Verpflichtungen durch einen Mitgliedstaat] übertragenen Befugnisse; b)      die Beschlüsse des Rates der Gouverneure der [EIB]. Jeder Mitgliedstaat, die Kommission und der Verwaltungsrat der [EIB] können hierzu nach Maßgabe des Artikels 230 [EG] Klage erheben; c)      die Beschlüsse des Verwaltungsrats der [EIB]. Diese können nach Maßgabe des Artikels 230 [EG] nur von Mitgliedstaaten oder der Kommission und lediglich wegen Verletzung der Formvorschriften des Artikels 21 Absätze 2 und 5 bis 7 [der EIB-Satzung] angefochten werden; …“ 39      Im Übrigen geht aus Art. 225 Abs. 1 EG hervor, dass allein der Gerichtshof für Entscheidungen über Klagen gemäß Art. 237 EG zuständig ist. 40      Um festzustellen, ob die angefochtene Entscheidung in den Anwendungsbereich von Art. 237 EG fällt, ist auf die Zuständigkeit der verschiedenen Organe der EIB einzugehen. 41      Gemäß Art. 8 der EIB-Satzung wird die EIB von einem Rat der Gouverneure, einem Verwaltungsrat und einem Direktorium verwaltet und geleitet. 42      Der Rat der Gouverneure erlässt gemäß Art. 9 der EIB-Satzung die allgemeinen Richtlinien für die Kreditpolitik der EIB und entscheidet insbesondere über die Erhöhung des gezeichneten Kapitals, genehmigt den vom Verwaltungsrat ausgearbeiteten Jahresbericht sowie die Jahresbilanz und die Ertragsrechnung und genehmigt die Geschäftsordnung der Bank, so dass er allein zuständig ist, die interne Arbeitsweise der Dienststellen im Interesse einer ordnungsgemäßen Verwaltung zu organisieren (Urteil des Gerichtshofs vom 10. Juli 2003, Kommission/EIB, C‑15/00, Slg. 2003, I‑7281, Randnrn. 67 ff.). Der Verwaltungsrat entscheidet gemäß Art. 11 der EIB-Satzung über die Gewährung von Darlehen und Bürgschaften sowie die Aufnahme von Anleihen, setzt die Darlehenszinssätze und Bürgschaftsprovisionen fest und sorgt dafür, dass die Führung der Geschäfte der Bank ordnungsmäßig erfolgt und im Einklang mit den Bestimmungen des EG-Vertrags und mit den allgemeinen Richtlinien des Rates der Gouverneure steht. Gemäß Art. 11 Abs. 2 Unterabs. 7 der EIB-Satzung führt bei den Sitzungen des Verwaltungsrats der Präsident des Direktoriums oder bei seiner Verhinderung ein Vizepräsident den Vorsitz; der Vorsitzende nimmt an Abstimmungen nicht teil. Das Direktorium ist gemäß Art. 13 der EIB-Satzung das kollegiale, ständige Durchführungsorgan der EIB. Unter der Aufsicht des Präsidenten und der Kontrolle des Verwaltungsrats nimmt es die laufenden Geschäfte der EIB wahr und bereitet die Entscheidungen des Verwaltungsrats vor, für deren Durchführung es anschließend sorgt. Bei den Sitzungen des Direktoriums führt der Präsident der EIB den Vorsitz. Die Mitglieder des Direktoriums sind nur der EIB verantwortlich. Sie werden vom Rat der Gouverneure auf Vorschlag des Verwaltungsrats für sechs Jahre bestellt; eine Wiederbestellung ist zulässig. 43      Aus der Antwort der EIB auf die Frage des Gerichts und dem Vermerk vom 31. Januar 2008 ergibt sich, dass die angefochtene Entscheidung vom Direktor der Abteilung Informationstechnik getroffen worden ist, die danach in die Generaldirektion Strategie der EIB eingegliedert worden ist. Sie sei sodann vor Unterzeichnung der Rahmenvereinbarung mit dem ausgewählten Bieter am 12. und 17. Juni 2008 vom Präsidenten der EIB bestätigt worden (siehe oben, Randnr. 20). Obwohl die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung durch den Präsidenten der EIB in den Akten nicht belegt wird, ist sie im vorliegenden Verfahren zu unterstellen, da sie von der Klägerin nicht bestritten wird. Wenn die angefochtene Entscheidung somit „unter der Aufsicht“ des Präsidenten der EIB angenommen worden ist, kann daraus abgeleitet werden, dass sie zu den „laufenden Geschäften der Bank“ im Sinne von Art. 13 Abs. 3 der EIB-Satzung und damit zum Zuständigkeitsbereich des Direktoriums gehört (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/EIB, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 66), dessen Aufgabe es gerade ist, die laufenden Geschäfte der EIB unter der Aufsicht ihres Präsidenten wahrzunehmen. Nichts lässt vorliegend Zweifel daran aufkommen, dass die Vergabe eines öffentlichen Auftrags für eigene Rechnung der EIB zu ihren „laufenden Geschäften“ gehört. 44      Es ist daher festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung weder in die Zuständigkeit des Rates der Gouverneure noch in diejenige des Verwaltungsrats fällt, dass sie daher weder dem einen noch dem anderen dieser Organe der EIB zugewiesen werden kann und dass sie folglich nicht unter die Sonderregelungen des Art. 237 EG fällt. 45      Zu prüfen bleibt somit, ob das Gericht auf der Grundlage der Art. 225 EG und 230 EG über eine Nichtigkeitsklage gegen eine endgültige Handlung der EIB entscheiden kann, die Rechtswirkungen gegenüber einem Dritten nach sich zieht. 46      Erstens ist festzustellen, dass die Gemeinschaft eine Rechtsgemeinschaft ist, in der weder ihre Mitgliedstaaten noch ihre Organe der Kontrolle entzogen sind, ob ihre Handlungen mit der Verfassungsurkunde der Gemeinschaft, dem Vertrag, im Einklang stehen, und dass mit diesem Vertrag ein umfassendes System von Rechtsbehelfen und Verfahren geschaffen worden ist, das dem Gerichtshof die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe zuweist (vgl. Urteil Kommission/EIB, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dies entspricht auch dem Ziel des Art. 47 der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. 2000, C 364, S. 1, im Folgenden: Charta), die zwar vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 keine rechtliche Bindungswirkung hatte, aber die Bedeutung der in ihr genannten Rechte in der Gemeinschaftsrechtsordnung zeigt (Urteil des Gerichts vom 15. Januar 2003, Philip Morris International u. a./Kommission, T‑377/00, T‑379/00, T‑380/00, T‑260/01 und T‑272/01, Slg. 2003, II‑1, Randnr. 122). Gemäß dieser Vorschrift hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht. Auch wenn die EIB kein Organ der Gemeinschaft ist, stellt sie eine durch den EG-Vertrag errichtete und mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete Gemeinschaftseinrichtung dar und unterliegt aus diesem Grund der Kontrolle durch den Gerichtshof, insbesondere nach Maßgabe von Art. 237 Buchst. b EG (vgl. Urteil Kommission/EIB, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung). 47      Zweitens ist zu berücksichtigen, dass Art. 237 EG eine Sonderregelung enthält, die nur bestimmte Rechtsstreitigkeiten der EIB betrifft und die daher nur eine beschränkte und ergänzende Reichweite gegenüber anderen Artikeln des EG-Vertrags wie Art. 236 EG enthält (Urteile des Gerichtshofs vom 15. Juni 1976, Mills/EIB, 110/75, Slg. 1976, 955, Randnrn. 16 und 17, und SGEEM und Etroy/EIB, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 17). Außerdem ist festzustellen, dass Art. 237 EG und Art. 29 Abs. 1 der EIB-Satzung verstanden werden müssen im Licht von Art. 267 EG, wonach es „Aufgabe der [EIB] ist …, zu einer ausgewogenen und reibungslosen Entwicklung des Gemeinsamen Marktes im Interesse der Gemeinschaft beizutragen[, sie sich] hierbei des Kapitalmarkts sowie ihrer eigenen Mittel [bedient]“ und „sie ohne Verfolgung eines Erwerbszwecks durch Gewährung von Darlehen und Bürgschaften die Finanzierung [von] Vorhaben in allen Wirtschaftszweigen [erleichtert]“, sowie der oben in Randnr. 37 erwähnten Bestimmungen der EIB-Satzung, nach denen die wesentliche Aufgabe des Direktoriums darin besteht, Beschlüsse über Darlehen und Bürgschaften oder die Aufnahme von Anleihen, die vom Verwaltungsrat nach Maßgabe der allgemeinen Richtlinien des Rates der Gouverneure gefasst werden, vorzubereiten und durchzuführen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs zum Urteil Kommission/EIB, oben in Randnr. 42 angeführt, Slg. 2003, I‑7290, Randnrn. 75 bis 78). Zwar schließen die Vorschriften der EIB-Satzung rechtlich verbindliche Beschlüsse, die vom Direktorium als Teil der laufenden Geschäfte der EIB mit Wirkung gegen Dritte gefasst werden, nicht völlig aus. Sie sehen jedoch eindeutig vor, dass solche Beschlüsse entweder vom Rat der Gouverneure oder vom Verwaltungsrat gefasst werden oder normalerweise zu fassen sind. 48      Das Fehlen eines Hinweises in Art. 237 EG auf das Direktorium spiegelt diese Zuständigkeitsverteilung innerhalb der EIB wider. Da das Direktorium im Allgemeinen gegenüber Dritten rechtlich verbindliche Beschlüsse im Sinne von Art. 29 Abs. 1 der EIB-Satzung nicht fassen, sondern vorbereiten soll, waren die Verfasser des EG-Vertrags offensichtlich der Auffassung, dass eine gerichtliche Nachprüfung der Maßnahmen des Direktoriums nicht erforderlich sei. Insofern lässt sich eine Parallele zu Art. 230 EG ziehen, der eine gerichtliche Kontrolle endgültiger und rechtlich bindender Handlungen der Organe und der EZB, nicht aber der Maßnahmen vorsieht, die diese Handlungen lediglich vorbereiten. In diesem Sinne hat das Gericht in Randnr. 18 des Beschlusses Tête u. a./EIB, oben in Randnr. 31 angeführt, festgestellt, dass „[d]ie EIB … ihre ursprüngliche Aufgabe behalten [hat], die darin besteht, Darlehen und Bürgschaften zu gewähren (siehe Artikel 129 und 130 [EWG], 198d und 198e [EG])“ und dass „[g]egenüber Dritten, die weder Darlehen noch Bürgschaften der EIB erhalten, … diese demnach keine Entscheidungen (trifft), die Rechtswirkungen erzeugen“. Diese Begründung kann jedoch nicht in einem Fall wie dem vorliegenden gelten, in dem das Direktorium eine Entscheidung angenommen hat, die endgültige Rechtswirkungen gegenüber einem Dritten hervorruft. In einer Rechtsgemeinschaft wie der Gemeinschaft muss eine solche Entscheidung von dem Betroffenen angefochten werden können. 49      Es ist daher festzustellen, dass die allgemeine Regelung des Art. 230 EG durch die in Art. 237 EG enthaltene Sonderregelung ergänzt wird, die nur eine begrenzte Tragweite hat und die keine Handlungen erfasst, die endgültige Rechtswirkungen gegenüber Dritten hervorrufen, die, wie die angefochtene Entscheidung oder eine Entscheidung, mit der der Zugang zu Verwaltungsakten der EIB verweigert wird, das Direktorium im Rahmen der Wahrnehmung der laufenden Geschäfte der EIB gemäß Art. 13 Abs. 3 der EIB-Satzung vornimmt. 50      Drittens wäre es nicht hinnehmbar, wenn sich die EIB durch geschickte Gestaltung ihres internen Entscheidungsverfahrens der vom EG-Vertrag im Hinblick auf die Handlungen der Organe und aller anderen Gemeinschaftseinrichtungen, die, wie die EIB, durch den EG-Vertrag errichtet und mit Rechtspersönlichkeit ausgestattet worden sind, beabsichtigten gerichtlichen Prüfung entziehen könnte (vgl. in diesem Sinne entsprechend Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs zum Urteil Kommission/EIB, oben in Randnr. 47 angeführt, Randnr. 71). Die formell innerhalb der EIB von anderen Organen als den in Art. 237 Buchst. b und c EG genannten, d. h. von anderen Organen als dem Rat der Gouverneure und dem Verwaltungsrat, angenommenen Entscheidungen müssen also der gerichtlichen Kontrolle unterliegen können, wenn sie endgültig sind und Rechtswirkungen gegenüber Dritten erzeugen. Gemäß den Art. 225 EG, 230 EG und 237 EG besteht jedoch vor allem eine Zuständigkeit des Gerichtshofs und hier des Gerichts, um die Rechtmäßigkeit sämtlicher Verwaltungsentscheidungen der EIB zu überprüfen, d. h. sämtlicher von der EIB angenommenen einseitigen Handlungen, die gegenüber Dritten endgültige Rechtswirkungen entfalten. 51      Viertens ist dafür Sorge zu tragen, dass die funktionelle und institutionelle Autonomie der EIB und deren Ansehen als auf den Finanzmärkten unabhängige Einrichtung, wie sie der EG-Vertrag vorsieht, nicht beeinträchtigt werden (Urteile des Gerichtshofs vom 3. März 1988, Kommission/EIB, 85/86, Slg. 1988, 1281, Randnrn. 27 bis 30, und vom 10. Juli 2003, Kommission/EIB, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnrn. 101 ff.). Die Annahme der angefochtenen Entscheidung hängt jedoch mit der Ausübung der Tätigkeiten der EIB zusammen, die Teil der Verwaltung der Gemeinschaft sind und die speziell zur Tätigkeit dieser Verwaltung als öffentlicher Auftraggeber und nicht zur Ausübung der Tätigkeiten oder Handlungen der EIB im Finanzsektor oder auf den Finanzmärkten gehören. Die Rechtmäßigkeitskontrolle, die das Gericht gemäß Art. 225 Abs. 1 EG und Art. 230 EG ausüben kann, geht zwar ihrem Umfang nach grundsätzlich über diejenige hinaus, die der Gerichtshof gemäß Art. 237 Buchst. c EG über die Beschlüsse des Verwaltungsrats der EIB ausübt, sie kann aber nicht in einer Weise verstanden werden, dass die funktionelle und institutionelle Autonomie, über die die EIB bei der Gewährung von Darlehen und Bürgschaften und deren Finanzierung insbesondere unter Nutzung der Kapitalmärkte verfügt, oder das Ansehen der EIB oder ihre Glaubwürdigkeit als unabhängige Einrichtung auf den Kapitalmärkten beeinträchtigt werden können. Im Übrigen ist festzustellen, dass die EIB selbst geltend macht, dass das Gericht für die Entscheidung über den vorliegenden Nichtigkeitsantrag gemäß Art. 225 Abs. 1 EG und Art. 230 EG zuständig sei. Sie ist daher nicht der Auffassung, dass die Rechtmäßigkeitskontrolle, die das Gericht in diesem Zusammenhang ausübt, die funktionelle und institutionelle Autonomie, über die sie gemäß dem EG-Vertrag und ihrer Satzung verfügt, beeinträchtigen könnte. 52      Folglich sind die Art. 225 Abs. 1 EG und 230 EG im Interesse einer vollständigen Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Gemeinschaftshandlungen so auszulegen, dass sie nicht die Zuständigkeit des Gerichts, über eine Klage auf Nichtigerklärung einer unter die Führung der laufenden Geschäfte der EIB fallenden Handlung des Direktoriums zu befinden, ausschließen, die endgültige Rechtswirkungen gegenüber einem Dritten entfaltet. 53      Was zum anderen den vorliegenden Schadensersatzantrag betrifft, ist festzustellen, dass der Grundsatz der Zuständigkeit des Unionsgerichts und hier des Gerichts für eine Klage aus außervertraglicher Haftung, die gegen die EIB eingereicht worden ist, in den Vorschriften nicht gesondert behandelt wird. Mangels einer Sonderregelung hängt daher die Frage, ob der Gerichtshof und hier das Gericht für die Entscheidung über den vorliegend gegen die EIB eingereichten Schadensersatzantrag zuständig ist, von der Auslegung der Art. 225 Abs. 1 EG, 235 EG und 288 Abs. 2 EG ab. 54      Erstens ist festzustellen, dass der Gerichtshof bereits gemäß den Art. 178 EWG und 215 Abs. 2 EWG (jetzt Art. 235 EG und 288 Abs. 2 EG) seine Zuständigkeit für die Entscheidung über eine gegen die EIB eingelegte Schadensersatzklage bejaht hat. Er hat seine Zuständigkeit damit gerechtfertigt, dass die vermeintlich rechtswidrige Handlung bei der Durchführung eines Finanzierungsvertrags vorgenommen wurde, den die EIB als Beauftragte und für Rechnung der Gemeinschaft in Ausübung von Befugnissen geschlossen hatte, die ihr bestimmte Vorschriften im Bereich der Gewährung und Verwaltung des vom Gemeinschaftshaushalt finanzierten Risikokapitals zuweisen, dass die EIB selbst eine Einrichtung ist, die kraft des EG-Vertrags in den Gemeinschaftsrahmen fällt, und dass die Handlungen und Unterlassungen der EIB bei der Durchführung eines solchen Finanzierungsvertrags der Gemeinschaft zuzurechnen sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. Dezember 1992, SGEEM und Etroy/EIB, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnrn. 4 und 12 bis 15, und vom 25. Mai 1993, SGEEM und Etroy/EIB, C‑370/89, Slg. 1993, I‑2583, Randnr. 24). In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof festgestellt, dass „der in Artikel 215 Absatz 2 des [EWG‑]Vertrages verwandte Begriff ‚Organ‘ nicht so verstanden werden [darf], dass er nur die in Artikel 4 Absatz 1 des [EWG‑]Vertrages aufgezählten Organe der Gemeinschaft meint; vielmehr [erfasste] er in Anbetracht des durch den [EWG‑]Vertrag geschaffenen Systems der außervertraglichen Haftung auch die Einrichtungen der Gemeinschaft wie die [EIB]“ (Urteil vom 2. Dezember 1992, SGEEM und Etroy/EIB, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 16). 55      Zweitens ist zu berücksichtigen, dass in dem durch den EG-Vertrag eingeführten Rechtsschutzsystem die Schadensersatzklage zwar einen selbständigen Rechtsbehelf gegenüber der Nichtigkeitsklage darstellt, gleichwohl jedoch im vorliegenden Fall eine unmittelbare Verbindung zwischen dem Schadensersatzantrag und dem Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung besteht, da in der Klageschrift ausgeführt wird, dass „[sich] der … gemäß Art. 235 EG und 288 EG eingereichte Schadensersatzantrag … auf die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung [stützt]“, so dass der Schadensersatzantrag als akzessorisch zum Nichtigkeitsantrag erscheint. Aus der Klageschrift ergibt sich außerdem, dass der Schadensersatzantrag auf die Zahlung eines Betrags gerichtet ist, der genau dem „geschätzten Bruttoergebnis aus dem öffentlichen Ausschreibungsverfahren [entspricht], das die Klägerin … erzielt hätte, wenn sie den Zuschlag erhalten hätte“, d. h. die Rechte, die der Klägerin aufgrund der angefochtenen Entscheidung vermeintlich vorenthalten worden sind. Der Schadensersatzantrag zielt daher in Wirklichkeit auf die Aufhebung der Rechtswirkungen der angefochtenen Entscheidung gegenüber der Klägerin ab und hätte damit zur Folge, dass diese Rechtswirkungen, falls ihm stattgegeben würde, beseitigt werden. 56      Nach ständiger Rechtsprechung (Urteil des Gerichtshofs vom 26. Februar 1986, Krohn Import-Export/Kommission, 175/84, Slg. 1986, 753, Randnrn. 32 und 33; Urteile des Gerichts vom 15. März 1995, Cobrecaf u. a./Kommission, T‑514/93, Slg. 1995, II‑621, Randnr. 59, und vom 17. Oktober 2002, Astipesca/Kommission, T‑180/00, Slg. 2002, II‑3985, Randnr. 139) sind im Verfahrensabschnitt der Beurteilung der Zulässigkeit der Rechtsbehelfe die „unmittelbare Verbindung“ oder das „Ergänzungsverhältnis“, die vorliegend zwischen der Nichtigkeitsklage und der Schadensersatzklage bestehen, sowie die Akzessorietät der Schadensersatzklage zur Nichtigkeitsklage zu berücksichtigen, um zu vermeiden, dass der Ausgang der Schadensersatzklage künstlich vom Ausgang der Nichtigkeitsklage losgelöst wird, gegenüber der sie jedoch bloß eine Ergänzung oder einen Zusatz darstellt. 57      Drittens ist darauf hinzuweisen, dass der Schaden, den die EIB der Klägerin verursacht haben soll, auf Ausübung von Tätigkeiten der EIB zurückzuführen sein soll, die Teil der Verwaltung der Gemeinschaft sind und die speziell zur Tätigkeit dieser Verwaltung als öffentlicher Auftraggeber gehören, und dass sich dieser Schaden daher nicht aus der Ausübung der Tätigkeiten der EIB im Finanzsektor oder auf den Finanzmärkten ergibt und die Kontrolle, die das Gericht auf der Grundlage der Art. 225 Abs. 1 EG, 235 EG und 288 Abs. 2 EG vorzunehmen hätte, daher nicht als so geartet angesehen werden kann, dass sie die funktionelle und institutionelle Autonomie der EIB in Frage stellt und deren Ansehen als unabhängige Einrichtung auf den Finanzmärkten beeinträchtigt. Im Übrigen trägt die EIB selbst vor, das Gericht sei gemäß den Art. 225 Abs. 1 EG, 235 EG und 288 EG zuständig, um über den vorliegenden gegen sie gerichteten Antrag auf Schadensersatz zu befinden, und hat keineswegs geltend gemacht, dass eine solche Kontrolle zur Beeinträchtigung ihrer funktionellen und institutionellen Selbständigkeit führen könnte. 58      Das Gericht ist daher gemäß den Art. 225 Abs. 1 EG, 235 EG und 288 Abs. 2 EG dafür zuständig, auch über das gegen die EIB geltend gemachte Schadensersatzbegehren zu befinden, wenn ein solcher Antrag Akzessorietät gegenüber einem Antrag auf Nichtigerklärung einer Handlung der EIB aufweist, die endgültige Wirkungen gegenüber Dritten entfaltet, der als solcher zulässig ist. 59      Daher ist das Gericht dafür zuständig, über die vorliegende Klage insgesamt zu befinden. Zum Rechtsschutzinteresse der Klägerin an der Erhebung einer Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung Vorbringen der Parteien 60      Die EIB hat auf die entsprechende Frage in der mündlichen Verhandlung festgestellt, dass die angefochtene Entscheidung vollzogen worden sei, da die Rahmenvereinbarung mit dem ausgewählten Bieter geschlossen und zum Teil durchgeführt worden sei. Folglich könne sie aus einer möglichen Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung keine Konsequenzen, wie eine Wiederaufnahme des Ausschreibungsverfahrens, mehr ziehen. Sie wolle jedoch die Zulässigkeit der vorliegenden Klage wegen mangelnden Rechtsschutzinteresses der Klägerin an der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung nicht in Abrede stellen. Zudem seien, auch wenn in einer Schadensersatzleistung theoretisch eine angemessene Berichtigung der Situation des abgelehnten Bieters, der eine Klage eingereicht habe, gesehen werden könne, die Bedingungen für die Zahlung eines solchen Schadensersatzes vorliegend nicht erfüllt, da die Klägerin durch die angefochtene Entscheidung keinen tatsächlichen Schaden erlitten habe. 61      Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass sie mehrfach die teilweise oder vollständige Nichtigerklärung von Vergabeentscheidungen erwirkt habe, ohne dass die Organe, die diese Entscheidungen erlassen hätten, darauf zufriedenstellend reagiert hätten. Außerdem habe sie an der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung ein zweifaches Interesse. Zum einen habe sie wegen ihrer Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungsverfahren ein Interesse daran, dass die Rechtsverstöße, mit denen die angefochtene Entscheidung behaftet sei, festgestellt würden, damit verhindert werde, dass sich derartige Rechtsverstöße wiederholten. Zum anderen habe sie ein Interesse an der Feststellung der Rechtsverstöße, um Schadensersatz zu erhalten. Würdigung durch das Gericht 62      Nach ständiger Rechtsprechung ist die Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person nur zulässig, wenn diese Person ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung hat. Dies setzt voraus, dass die Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung als solche Rechtswirkungen haben kann und dass die Klage der Partei, die sie erhoben hat, im Ergebnis auch einen Vorteil verschaffen kann (Urteil des Gerichts vom 10. Dezember 2009, Antwerpse Bouwwerken/Kommission, T‑195/08, Slg. 2009, II‑4439, Randnr. 33). Da das Rechtsschutzinteresse zu den unverzichtbaren Prozessvoraussetzungen gehört, hat das Gericht von Amts wegen zu prüfen, ob die Kläger ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung haben (vgl. Beschluss des Gerichts vom 10. März 2005, Gruppo ormeggiatori del porto di Venezia/Kommission, T‑228/00, Slg. 2005, II‑787, Randnr. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung). Diese Rechtsprechung ist entsprechend auf Nichtigkeitsanträge zu übertragen, die im Rahmen einer Klage gestellt werden, die einen akzessorischen Schadensersatzantrag enthält. 63      Hier ist von Amts wegen zu prüfen, ob eine mögliche Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung der Klägerin einen Vorteil bringen kann, obwohl das Ausschreibungsverfahren nicht wiederaufgenommen werden kann und unter den gegebenen Umständen feststeht, dass die Klägerin mit der Unterzeichnung des Vertrags und dessen teilweiser Durchführung jede Möglichkeit verloren hat, dass die EIB den fraglichen Auftrag an sie vergibt. 64      Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass, auch wenn eine Vergabeentscheidung zugunsten anderer Bewerber vollständig durchgeführt sein sollte, der Bieter doch ein Interesse an der Aufhebung dieser Entscheidung behält, sei es, um eine angemessene Berichtigung seiner Situation durch den öffentlichen Auftraggeber zu erreichen, sei es, um den öffentlichen Auftraggeber zu veranlassen, die Ausschreibungsverfahren für die Zukunft in geeigneter Weise zu ändern, falls festgestellt werden sollte, dass sie bestimmten rechtlichen Anforderungen nicht genügen (vgl. in diesem Sinne Urteil Simmenthal/Kommission, oben in Randnr. 32 angeführt, Randnr. 32, und Urteil des Gerichts vom 14. Oktober 1999, CAS Succhi di Frutta/Kommission, T‑191/96 und T‑106/97, Slg. 1999, II‑3181, Randnr. 63). 65      Der Umstand, dass der Vertrag zur Durchführung eines öffentlichen Auftrags vor der Verkündung des Urteils in einem Hauptsacheverfahren, das ein abgelehnter Bieter gegen die Auftragsvergabe angestrengt hat, unterzeichnet und sogar durchgeführt worden ist und der öffentliche Auftraggeber vertraglich an den Zuschlagsempfänger gebunden ist, steht der gemäß Art. 233 EG für den Fall, dass das Hauptsacheverfahren erfolgreich ist, bestehenden Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers nicht entgegen, die erforderlichen Maßnahmen zu erlassen, um einen angemessenen Schutz der Interessen des abgelehnten Bieters sicherzustellen (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 10. November 2004, European Dynamics/Kommission, T‑303/04 R, Slg. 2004, II‑3889, Randnr. 83). 66      Wenn die Entscheidung über die Vergabe eines öffentlichen Auftrags aufgrund der Klage eines abgelehnten Bieters aufgehoben wird, der öffentliche Auftraggeber aber das Ausschreibungsverfahren für den fraglichen Auftrag nicht mehr wiederaufnehmen kann, können die Interessen dieses Bieters z. B. durch einen Ausgleich in Geld sichergestellt werden, der dem Verlust der Möglichkeit, den Zuschlag für den Auftrag zu erhalten, oder, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Bieter den Zuschlag hätte erhalten müssen, dem entgangenen Gewinn entspricht (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse des Präsidenten des Gerichts vom 2. Mai 1994, Candiotte/Rat, T‑108/94 R, Slg. 1994, II‑249, Randnr. 27, vom 20. Juli 2000, Esedra/Kommission, T‑169/00 R, Slg. 2000, II‑2951, Randnr. 51, und European Dynamics/Kommission, oben in Randnr. 65 angeführt, Randnr. 83). Aus der jüngsten Rechtsprechung geht hervor, dass dem Verlust der Möglichkeit, den Zuschlag für einen öffentlichen Auftrag zu erhalten, den ein abgelehnter Bieter für diesen Auftrag aufgrund einer rechtswidrigen Entscheidung erleidet, ein wirtschaftlicher Wert zukommen kann (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse des Präsidenten des Gerichts vom 25. April 2008, Vakakis/Kommission, T‑41/08 R, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 66 und 67 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 20. Januar 2010, Agriconsulting Europe/Kommission, T‑443/09 R, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 32 bis 34 und die dort angeführte Rechtsprechung). 67      Die Klägerin besitzt ein Rechtsschutzinteresse an der Erhebung einer Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, um gemäß der Verpflichtung aus Art. 233 Abs. 1 EG von der EIB eine angemessene Berichtigung ihrer Situation zu erhalten, die gegebenenfalls die Form eines Ausgleichs in Geld annehmen kann, der dem Verlust der Möglichkeit entspricht, den Zuschlag für den Auftrag zu erhalten. Zwar hat die Klägerin einen Antrag auf Schadensersatz eingereicht, der zur Zahlung eines Geldbetrags als Entschädigung führen könnte, Gegenstand dieses Antrags ist jedoch nicht der Verlust der Möglichkeit, den Zuschlag zu erhalten, sondern der entgangene Gewinn, der dem Vorteil entspricht, den die Klägerin bei Durchführung des Auftrags erhalten hätte (siehe unten, Randnr. 210). Der Schadensersatzantrag könnte folglich zurückgewiesen werden, ohne dass dies dem entgegensteht, dass die Klägerin als angemessene Berichtigung ihrer Situation gemäß Art. 266 Abs. 2 AEUV für den Verlust der Möglichkeit, den Zuschlag zu erhalten, einen Ausgleich in Geld erhalten könnte. 68      Nach alledem kann der Nichtigkeitsantrag der Klägerin im Ergebnis einen Vorteil verschaffen, so dass sie ein Rechtsschutzinteresse an der Erhebung einer Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung hat. Zur fehlenden Anfechtung der bei der vergleichenden Bewertung der Angebote im Ausschreibungsverfahren angewandten Formel Vorbringen der Parteien 69      Die EIB macht geltend, die Beanstandung der bei der vergleichenden Bewertung der Angebote angewandten Formel durch die Klägerin sei nicht zulässig, da sie diese nicht rechtzeitig, d. h. vor Ablauf der Frist für die Einreichung der Anträge, beanstandet habe. 70      Die Klägerin beantragt, diese von der EIB erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 71      Die vorliegende Einrede der Unzulässigkeit betrifft im Wesentlichen den dritten und den vierten Klagegrund des Nichtigkeitsantrags, mit denen die Klägerin die Rechtmäßigkeit des Zuschlagskriteriums „Fähigkeit, ein Team aus dem eigenen Personalbestand bereitzustellen“ in Abrede stellt, sowie den fünften Klagegrund des Antrags auf Nichtigerklärung, mit dem die Klägerin die Rechtmäßigkeit der relativen Gewichtung der Zuschlagskriterien, und zwar 75 % der Punkte für die technischen Kriterien und 25 % der Punkte für das finanzielle Kriterium, in Abrede stellt. 72      Zwar stellt die Klägerin dadurch, dass sie die Rechtmäßigkeit der bei der vergleichenden Bewertung der Angebote verwendeten Formel in Abrede stellt, inzident die Rechtmäßigkeit der Verdingungsunterlagen in Frage. Daher stellt sich die Frage, ob Ausschreibungsunterlagen wie die fraglichen Verdingungsunterlagen Gegenstand einer Klage gemäß Art. 230 Abs. 4 EG sein können und ob die Klägerin daher auf der Grundlage dieser Vorschrift und unter Einhaltung der zweimonatigen Frist gemäß Art. 230 Abs. 5 EG gegen die Verdingungsunterlagen hätte vorgehen müssen. 73      Die Verdingungsunterlagen können nicht als eine Rechtshandlung betrachtet werden, die jeden Bieter individuell betrifft. Wie alle Ausschreibungsunterlagen, die der öffentliche Auftraggeber herausgibt, gelten die Verdingungsunterlagen für objektiv bestimmte Situationen, und sie erzeugen Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen. Somit haben die Verdingungsunterlagen allgemeinen Charakter, und ihre individuelle Übermittlung an die Unternehmen, die von dem öffentlichen Auftraggeber vorausgewählt wurden, ermöglicht keine Individualisierung der einzelnen Bieter gegenüber allen anderen Personen im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG (Urteil des Gerichts vom 21. Mai 2008, Belfass/Rat, T‑495/04, Slg. 2008, II‑781, Randnrn. 36 bis 42). 74      Hier war die angefochtene Entscheidung daher die erste Rechtshandlung, die von der Klägerin angefochten werden konnte, und damit die erste Rechtshandlung, die es ihr erlaubte, inzident die Rechtmäßigkeit der bei der vergleichenden Bewertung der Angebote verwendeten Formel in Abrede zu stellen, die die EIB in den Verdingungsunterlagen aufgestellt hat. 75      Die EIB wendet daher zu Unrecht ein, dass die Anfechtung durch die Klägerin im Rahmen der vorliegenden Klage verspätet gewesen sei und inzident, dass die bei der vergleichenden Bewertung der Angebote verwendete Formel, die die EIB in den Verdingungsunterlagen aufgestellt hat, rechtmäßig gewesen sei. 76      Daher ist festzustellen, dass der dritte, der vierte und der fünfte Klagegrund des Nichtigkeitsantrags zulässig sind, und die insoweit von der EIB erhobene Einrede der Unzulässigkeit ist zurückzuweisen. Zur mangelnden Klarheit des Schadensersatzantrags Vorbringen der Parteien 77      Die EIB macht geltend, der Schadensersatzantrag sei gemäß den Anforderungen von Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung unzulässig, da die drei Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft gemäß Art. 288 Abs. 2 EG nicht in der Klageschrift erwähnt seien und die Klägerin nicht behaupte, dass diese Voraussetzungen erfüllt seien. Es mangele der Klageschrift an Präzision im Hinblick auf die Rechtsverstöße, mit denen das Ausschreibungsverfahren behaftet sein solle, auf den Kausalzusammenhang zwischen diesen Rechtsverstößen und dem von der Klägerin behaupteten Schaden sowie auf die Art und die Höhe des beantragten Schadensersatzes. Ein solcher Antrag sei daher gemäß der einschlägigen Rechtsprechung (Urteil des Gerichtshofs vom 2. Dezember 1971, Zuckerfabrik Schöppenstedt/Rat, 5/71, Slg. 1971, 975, und Urteil des Gerichts vom 23. September 1994, An Taisce und WWF UK/Kommission, T‑461/93, Slg. 1994, II‑733, Randnrn. 42 und 43) als unzulässig zurückzuweisen. 78      Die Klägerin hält dem im Wesentlichen entgegen, dass Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung nicht verletzt sei und die Angaben, aus denen sich gemäß Art. 288 Abs. 2 EG die drei Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft ergäben, in der Klageschrift erwähnt seien. Würdigung durch das Gericht 79      Nach Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung muss die Klageschrift den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese Darstellung muss hinreichend klar und deutlich sein, damit der Beklagte seine Verteidigung vorbereiten und das Gericht, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, über die Klage entscheiden kann. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die die Klage gestützt ist, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich, unmittelbar aus der Klageschrift ergeben (vgl. Urteil des Gerichts vom 3. Februar 2005, Chiquita Brands u. a./Kommission, T‑19/01, Slg. 2005, II‑315, Randnr. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung). 80      Eine Klage auf Ersatz der von einem Gemeinschaftsorgan oder einer Gemeinschaftseinrichtung verursachten Schäden genügt diesen Erfordernissen nur, wenn sie Angaben enthält, anhand deren sich das dem Organ oder der Einrichtung vom Kläger vorgeworfene Verhalten bestimmen lässt, die Gründe angibt, aus denen nach Auffassung des Klägers ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten und dem angeblich erlittenen Schaden besteht, sowie Art und Umfang dieses Schadens bezeichnet (vgl. Urteile des Gerichts vom 18. September 1996, Asia Motor France u. a./Kommission, T‑387/94, Slg. 1996, II‑961, Randnr. 107, vom 10. Juli 1997, Guérin automobiles/Kommission, T‑38/96, Slg. 1997, II‑1223, Randnr. 42, und Chiquita Brands u. a./Kommission, oben in Randnr. 79 angeführt, Randnr. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung). 81      Aus der Klageschrift geht hervor, dass „[sich] der … gemäß Art. 235 EG und 288 EG eingereichte Schadensersatzantrag … auf die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung [stützt], die Gegenstand der vorliegenden Klage ist“. Folglich stützt sich dieser Antrag eindeutig auf die im Rahmen des Nichtigkeitsantrags geltend gemachten Verstöße. Aus der Klageschrift ergibt sich außerdem, dass „die Klägerin … von der EIB die Zahlung von Schadensersatz in Höhe eines Betrags [verlangt], der 50 % von 3,88 Millionen Euro, d. h. 1,94 Millionen Euro, und damit dem geschätzten Bruttoergebnis, das die Klägerin aus dem öffentlichen Ausschreibungsverfahren erzielt hätte, wenn ihr der Zuschlag erteilt worden wäre“. Folglich enthält die Klageschrift Angaben, um Art und Umfang des geltend gemachten Schadens festzustellen. Im Übrigen erläutert die Klägerin in der Klageschrift, wie dieser Betrag berechnet wurde. Auch wenn die Klägerin der Frage des Kausalzusammenhangs zwischen dem Verstoß und dem dadurch verursachten Schaden keinen besonderen Teil der Klageschrift widmet, enthält die Klageschrift gleichwohl Angaben, anhand deren sich feststellen lässt, warum die Klägerin von einem Kausalzusammenhang zwischen diesem Verhalten und dem angeblichen Schaden ausgeht, nämlich deshalb, weil sich ihres Erachtens der Kausalzusammenhang daraus ergibt, dass ihr aufgrund der angefochtenen Entscheidung der Zuschlag nicht erteilt wurde und sie kein Rahmenabkommen mit der EIB über die Durchführung dieses Auftrags schließen konnte. 82      Daher ist der Schadensersatzantrag zulässig und die insofern von der EIB erhobene Unzulässigkeitseinrede zurückzuweisen. 2.     Zur Begründetheit Anwendbares Recht Vorbringen der Parteien 83      Nach Auffassung der Klägerin muss die EIB als öffentlicher Auftraggeber gemäß den Bestimmungen im „Leitfaden der EIB für die Auftragsvergabe – Leitfaden für die Vergabe von Dienstleistungs-, Liefer- und Bauaufträgen, die die [EIB] auf eigene Rechnung vergibt“ in seiner zur Zeit des Sachverhalts geltenden Fassung (im Folgenden: Leitfaden) handeln sowie die allgemeinen Grundsätze und das für die Ausschreibungsverfahren anwendbare Recht anwenden. Auch wenn im Übrigen die Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. 2004, L 134, S. 114) an sich nicht auf Ausschreibungsverfahren der EIB anwendbar gewesen sei, gehe aus der Einführung zum Leitfaden hervor, dass diese Richtlinie einen angemessenen Maßstab zur Bewertung der Bestimmungen des Leitfadens darstelle, an dem sich diese orientierten. Außerdem habe das Gericht seine Zuständigkeit zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der Kommission über die Vergabe eines Auftrags gemäß Bestimmungen der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge in der durch die Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1997, die auch die Richtlinien 93/36/EWG und 93/37/EWG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge ändert, geänderten Fassung (ABl. 1992, L 328, S. 1) bereits bejaht (Urteil des Gerichts vom 12. März 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑345/03, Slg. 2008, II‑341, Randnr. 206). 84      Die EIB entgegnet, dass die Richtlinie 2004/18 nicht auf sie anwendbar sei und die für die Ausschreibungsverfahren geltende Rechtsprechung sie nur insofern betreffe, als darin Bestimmungen ausgelegt würden, die selbst auf sie anwendbar seien. Aus der Rechtsprechung (Urteile des Gerichts Sogelma/AER, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 115, und vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑59/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 46 und 47) gehe hervor, dass die Richtlinie 2004/18 ebenso wie die Richtlinie 92/50, die sie aufhebe und ersetze, nicht auf öffentliche Aufträge anwendbar seien, die von einem Organ oder einer Einrichtung der Gemeinschaft für eigene Rechnung vergeben würden, es sei denn, die für diese anwendbaren Bestimmungen sähen dies ausdrücklich vor. Würdigung durch das Gericht 85      Das Vorbringen der Parteien wirft die Frage auf, nach welchen Regeln die Vergabe öffentlicher Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge erfolgt, die die EIB für eigene Rechnung, entgeltlich und aus Eigenmitteln vergibt. 86      Die EIB verfügt insofern über finanzielle Autonomie, als sie sich gemäß Art. 267 EG „des Kapitalmarkts sowie ihrer eigenen Mittel“ (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Juli 2003, Kommission/EIB, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnrn. 101 und 128) und nicht des Gemeinschaftshaushalts bedient, selbst wenn sie als Beauftragte der Kommission und für deren Rechnung Mittel aus diesem Haushalt verwaltet und ein Teil ihrer Tätigkeiten daher aus Gemeinschaftsmitteln finanziert wird. Die vorliegende Klage betrifft allerdings ein aus den Eigenmitteln der EIB finanziertes Ausschreibungsverfahren. 87      Ein solches Verfahren unterliegt weder den Bestimmungen von Teil 2 Titel IV der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 2002, L 248, S. 1) in der geänderten Fassung (im Folgenden: Haushaltsordnung) noch den Bestimmungen von Teil 2 Titel III der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1065/2002 (ABl. 2002, L 357, S. 1) in der geänderten Fassung (im Folgenden: Durchführungsverordnung). Diese Bestimmungen gelten nämlich nur für den „Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften“ und, wie sich aus Art. 88 Abs. 1 der Haushaltsordnung ergibt, sind öffentliche Aufträge, die dieser unterliegen, nur solche Verträge, die ganz oder teilweise aus dem Gesamthaushalt finanziert werden (Urteil des Gerichts vom 8. Mai 2007, Citymo/Kommission, T‑271/04, Slg. 2007, II‑1375, Randnr. 121). 88      Die Ausschreibungsverfahren der EIB müssen jedoch den Grundregeln des EG-Vertrags und den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, vor allem in Bezug auf den freien Warenverkehr (Art. 28 EG), die Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EG), die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EG), das Diskriminierungsverbot und die Gleichbehandlung, die Transparenz und die Verhältnismäßigkeit, entsprechen. Für Verfahren zur Ausschreibung öffentlicher Gemeinschaftsaufgaben unterliegt der öffentliche Auftraggeber gemäß ständiger Rechtsprechung den Grundregeln des EG-Vertrags, den allgemeinen Rechtsgrundsätzen sowie den Zielen der Charta. 89      Auch wenn die Richtlinien zur Vergabe öffentlicher Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge nur Aufträge regeln, die von den Auftraggebern der Mitgliedstaaten vergeben werden und auf die von der Gemeinschaftsverwaltung vergebenen öffentlichen Aufträge nicht unmittelbar anwendbar sind, können die im Zusammenhang mit diesen Richtlinien erlassenen oder entwickelten Regeln oder Grundsätze dieser Verwaltung entgegengehalten werden, wenn sich darin nur die Grundregeln des EG-Vertrags und der allgemeinen Rechtsgrundsätze niederschlagen, die unmittelbar für die Gemeinschaftsverwaltung gelten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 9. September 2003, Rinke, C‑25/02, Slg. 2003, I‑8349, Randnrn. 25 bis 28). In einer Rechtsgemeinschaft ist die einheitliche Anwendung des Rechts ein Grunderfordernis (Urteil des Gerichtshofs vom 6. Dezember 2005, ABNA u. a., C‑453/03, C‑11/04, C‑12/04 und C‑194/04, Slg. 2005, I‑10423, Randnr. 104), und jede Rechtsperson unterliegt dem Gebot rechtmäßigen Handelns. Die Organe müssen die Regeln des EG-Vertrags und die für sie geltenden allgemeinen Rechtsgrundsätze daher in gleicher Weise anwenden wie alle anderen Personen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417, Randnrn. 18 bis 21, und Urteil Antwerpse Bouwwerken/Kommission, oben in Randnr. 62 angeführt, Randnr. 55). Im Übrigen können die im Rahmen dieser Richtlinien erlassenen oder entwickelten Regeln oder Grundsätze der Gemeinschaftsverwaltung entgegengehalten werden, wenn diese bei der Ausübung ihrer funktionellen und institutionellen Autonomie und in den Grenzen der ihr durch den EG-Vertrag zugewiesenen Aufgaben eine Handlung angenommen hat, die für die Regelung der öffentlichen Aufträge, die sie auf eigene Rechnung vergibt, ausdrücklich auf bestimmte Regeln oder bestimmte Grundsätze verweist, die in den Richtlinien niedergelegt sind und durch die diese Regeln und diese Grundsätze gemäß dem Grundsatz patere legem quam ipse fecisti angewandt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 11. Juli 1985, Salerno u. a./Kommission und Rat, 87/77, 130/77, 22/83, 9/84 und 10/84, Slg. 1985, 2523, Randnrn. 52, 56 und 57, und vom 29. April 2004, Kommission/CAS Succhi di Frutta, C‑496/99 P, Slg. 2004, I‑3801, Randnrn. 113 bis 115). Wenn die fragliche Handlung eine Auslegung erfordert, muss sie so weit wie möglich im Sinne der einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts und ihrer Übereinstimmung mit den Bestimmungen des EG-Vertrags und den allgemeinen Rechtsgrundsätzen ausgelegt werden (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 21. März 1991, Rauh, C‑314/89, Slg. 1991, I‑1647, Randnr. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 29. Juni 1995, Spanien/Kommission, C‑135/93, Slg. 1995, I‑1651, Randnr. 37). 90      Aus dem Leitfaden ergibt sich, dass die EIB „zur Einhaltung der wesentlichen Grundsätze der EU für die öffentliche Auftragsvergabe[,] z. B. [der] Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz“, beschlossen hat, Ausschreibungsverfahren einzuführen, die „den Wettbewerb unter qualifizierten Bietern … sowie durch ein Auswahlverfahren, das Kostenerwägungen ebenso wie Qualitätsaspekte berücksichtigt“, ermöglichen müssen. Weiter heißt es dort: „Wenngleich die Richtlinie [2004/18] als solche auf die [EIB] nicht anwendbar ist, eignet sie sich doch als Ausgangspunkt für die Entwicklung von Verfahren für die [EIB ].“ Nr. 2.1 des Leitfadens sieht vor, dass „[m]it Ausnahme von Aufträgen, die gemäß den Vorschriften nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie [2004/18] fallen, … sich die [EIB] bei der Auftragsvergabe an die in der Richtlinie [2004/18] beschriebenen Verfahren [hält], wenn der geschätzte Auftragswert netto ohne Mehrwertsteuer (MwSt.) die folgenden Schwellenwerte erreicht oder überschreitet: a) 206 000 EUR für Dienstleistungsaufträge“. In dem Leitfaden wird zudem mehrfach auf die Richtlinie 2004/18 verwiesen. 91      Die Nrn. 2.4 und 2.5 des Leitfadens beschreiben im Einzelnen die verschiedenen Stufen des Ausschreibungsverfahrens gemäß Nr. 2.2.1 dieses Leitfadens. 92      Insofern legt der Leitfaden Regeln von allgemeiner Tragweite fest, die Rechtsfolgen für Personen zeitigen, vor allem denjenigen, die bei einem öffentlichen Gemeinschaftsauftrag mitbieten wollen, der ganz oder teilweise aus Eigenmitteln der EIB finanziert wird und die EIB zudem rechtlich bindet, wenn diese beschließt, den öffentlichen Auftrag für ihre eigene Rechnung zu vergeben (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil Citymo/Kommission, oben in Randnr. 87 angeführt, Randnr. 122). 93      Nach alledem unterliegt die EIB, wenn sie sich bei ihrer Tätigkeit des Kapitalmarkts sowie ihrer eigenen Mittel bedient, vor allem wenn sie einen öffentlichen Auftrag für eigene Rechnung vergibt, sowohl den oben in Randnr. 88 erwähnten Grundsätzen als auch den Bestimmungen des Leitfadens, u. a. den oben in Randnr. 91 angeführten, wie sie im Licht der Grundsätze zur Durchführung dieser Bestimmungen und gegebenenfalls der Bestimmungen der Richtlinie 2004/18, auf die diese Bestimmungen verweisen, ausgelegt werden. Zum Nichtigkeitsantrag 94      Die Klägerin führt in der Klageschrift für ihren Nichtigkeitsantrag fünf Klagegründe an. Den ersten Klagegrund stützt sie im Wesentlichen auf einen Verstoß gegen Nr. 2.5.2 des Leitfadens, die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung sowie des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Mit dem zweiten Klagegrund rügt sie im Wesentlichen einen Verstoß gegen die Grundsätze der Transparenz und der ordnungsgemäßen Verwaltung, die Verpflichtung zur Begründung beschwerender Maßnahmen sowie das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Der dritte Klagegrund betrifft im Wesentlichen einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Verpflichtung, Zuschlagskriterien zu wählen, die eine objektive vergleichende Bewertung der Angebote ermöglichen. Den vierten Klagegrund stützt die Klägerin auf einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und die Verpflichtung, zur vergleichenden Bewertung der Angebote Zuschlagskriterien zu verwenden, die nicht in den Kriterien für die Auswahl der Bieter aufgehen. Der fünfte Klagegrund betrifft einen Verstoß gegen das auf Ausschreibungsverfahren anwendbare Recht, der sich daraus ergebe, dass die relativen Gewichtungen der Zuschlagskriterien zur Neutralisierung oder Minimierung des „Preiseffekts“ in der angefochtenen Entscheidung geführt hätten. 95      Mit Schreiben, das am 8. Januar 2010 eingegangen ist (siehe oben, Randnr. 21), hat die Klägerin einen sechsten Grund für die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung vorgetragen, mit dem sie einem Verstoß gegen Art. 99 der Haushaltsordnung und Art. 124 Abs. 1 und 2 der Durchführungsverordnung rügt, die Gespräche zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und den Kandidaten oder Bietern verbiete, die zu einer Änderung der Auftragsbedingungen oder der Angebotsbestimmungen führten, sowie die in Art. 89 in Verbindung mit dem 18. Erwägungsgrund der Haushaltsordnung niedergelegten Grundsätze der Gleichbehandlung, der Transparenz und der Nichtdiskriminierung. 96      Zunächst sind der erste und der zweite Klagegrund gemeinsam zu prüfen, da sie sich teilweise überschneiden. Sodann ist auf den dritten und den vierten Klagegrund einzugehen, die sich offensichtlich ergänzen. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit ist schließlich der sechste Klagegrund vor dem fünften Klagegrund zu prüfen. Zum ersten und zum zweiten Klagegrund –       Vorbringen der Parteien 97      Mit dem ersten und dem zweiten Klagegrund macht die Klägerin geltend, die EIB habe gegen Nr. 2.5.2 des Leitfadens, die Grundsätze der Transparenz, der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung, ihr Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf sowie die Verpflichtung zur Begründung beschwerender Maßnahmen verstoßen. Zunächst hätte die EIB ihr die angefochtene Entscheidung so bald wie möglich in schriftlicher Form mitteilen und von sich aus allen Bietern ausnahmslos dieselben Informationen übermitteln und ihnen die erforderliche Zeit zur Wahrnehmung ihrer legitimen Rechte einräumen müssen. Sodann hätte die EIB ihr binnen 15 Tagen nach Antragstellung den Namen des ausgewählten Bieters sowie die Gründe für die Ablehnung ihres eigenen Angebots mitteilen und die angefochtene Entscheidung ihr gegenüber begründen müssen, indem sie ihr die Einzelheiten des Bewertungsberichts zu den Merkmalen und Vorteilen ihres Angebots im Vergleich zu dem Angebot des ausgewählten Bieters mitteilte. Schließlich hätte die EIB ihr vor Einreichung der vorliegenden Klage zumindest die Gründe der angefochtenen Entscheidung mitteilen müssen, um ihr das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf zu gewährleisten. 98      Die EIB beantragt, den ersten Klagegrund zurückzuweisen. Die Veröffentlichung der Vergabebekanntmachung im Amtsblatt sei ein in der gemeinschaftlichen Rechtsordnung offiziell anerkanntes Mittel, um der Klägerin die angefochtene Entscheidung mitzuteilen. Der Umstand, dass sie der Klägerin die angefochtene Entscheidung nicht individuell mitgeteilt habe, sei ein Verwaltungsfehler ihrer Dienststellen. Diese hätten jedoch auf das Ersuchen der Klägerin vom 31. Juli 2008 um Erläuterungen unverzüglich am 1. August 2008 geantwortet. Jedenfalls könne die Rüge mangelnder Information gemäß der Rechtsprechung keinen Erfolg haben, da die Klägerin am Tag, als die vorliegende Klage erhoben worden sei, d. h. am 6. Oktober 2008, über die Begründung, die diejenige der angefochtenen Entscheidung gewesen sei, verfügt habe. Ebenso wenig könne ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz festgestellt werden, da der vermeintliche Verstoß angesichts des Umstands, dass der Bewertungsausschuss in Hinsicht auf die Zuschlagskriterien eindeutig die Auffassung vertreten habe, dass das Angebot des ausgewählten Bieters viel besser sei als das der Klägerin, keinen Einfluss auf die angefochtene Entscheidung gehabt habe. 99      Des Weiteren beantragt die EIB, auch den zweiten Klagegrund zurückzuweisen. Sie habe die angefochtene Entscheidung rechtlich hinreichend begründet und ein Verfahren eingehalten, das dem Leitfaden und der auf die Ausschreibungsverfahren anwendbaren Rechtsprechung entsprochen habe. Die Klägerin habe gemäß der Rechtsprechung und Nr. 2.5.2 des Leitfadens mit Schreiben vom 1. August 2008 eine begründete Erklärung über die Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots sowie den Namen des Auftragnehmers erhalten, so dass die angefochtene Entscheidung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falls hinreichend begründet gewesen sei, um es der Klägerin zu ermöglichen, ihre Rechte geltend zu machen, und dem Gericht, seine Kontrolle auszuüben. Aus diesem Schreiben ergebe sich eindeutig, dass das Angebot des ausgewählten Bieters für jedes Zuschlagskriterium mit Ausnahme des finanziellen Kriteriums eine doppelt so hohe Note wie das Angebot der Klägerin erhalten habe. Selbst wenn die Klägerin bezüglich des finanziellen Kriteriums eine bessere Note als der ausgewählte Bieter erzielt habe, sei dies nicht entscheidend gewesen, da die relative Gewichtung dieses Kriteriums 25 % der Punkte der Gesamtnote ausgemacht habe. –       Würdigung durch das Gericht 100    Wenn die Gemeinschaftsverwaltung über ein weites Ermessen verfügt, kommt der Beachtung der Garantien, die die Gemeinschaftsrechtsordnung in den Verwaltungsverfahren gewährt, eine umso größere Bedeutung zu. Zu diesen Garantien gehört insbesondere die Verpflichtung der Verwaltung, ihre Entscheidungen hinreichend zu begründen. Nur so ist der Richter in der Lage, zu überprüfen, ob die für die Ausübung des Ermessens maßgeblichen sachlichen und rechtlichen Umstände vorgelegen haben (Urteil des Gerichtshofs vom 21. November 1991, Technische Universität München, C‑269/90, Slg. 1991, I‑5469, Randnr. 14, und Urteil des Gerichts vom 5. März 2002, Le Canne/Kommission, T‑241/00, Slg. 2002, II‑1251, Randnr. 53). Nach ständiger Rechtsprechung verfügt die Verwaltung jedoch bei der Beurteilung der Gesichtspunkte, die bei einer Entscheidung über die Vergabe eines ausgeschriebenen Auftrags zu berücksichtigen sind, über einen weiten Spielraum (Urteile des Gerichts vom 27. September 2002, Tideland Signal/Kommission, T‑211/02, Slg. 2002, II‑3781, Randnr. 33, und vom 6. Juli 2005, TQ3 Travel Solutions Belgium/Kommission, T‑148/04, Slg. 2005, II‑2627, Randnr. 47; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofs vom 23. November 1978, Agence européenne d’intérims/Kommission, 56/77, Slg. 1978, 2215, Randnr. 20). 101    Als Erstes sind die Rügen der Klägerin hinsichtlich eines Verstoßes gegen die Bestimmungen der Nr. 2.5.2 des Leitfadens zu prüfen, sofern die EIB sie nicht so bald wie möglich über die Annahme der angefochtenen Entscheidung informiert habe. 102    Gemäß Nr. 2.5.2 („Kontaktaufnahme zwischen der EIB und den Bewerbern und Bietern“) des Leitfadens informiert die EIB, „[s]obald [sie] im Rahmen der Ausschreibung eine Entscheidung getroffen hat, … alle Beteiligten umgehend über diese Entscheidung“. 103    Die EIB hat vor dem Gericht sowie in ihrem Schreiben vom 14. August 2008 an die Klägerin festgestellt, dass „die Klägerin fristgemäß keinen amtlichen Bescheid über das Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens erhalten habe“, und erklärt, dass „sie nach Abschluss der Untersuchung aufgrund der Beschwerde der Klägerin festgestellt habe, dass dieses Versäumnis auf einen Verwaltungsfehler zurückzuführen sei“. Außerdem hat die EIB eingeräumt, dass sämtliche Bieter „mit der bedauerlichen Ausnahme der Klägerin“ mit Schreiben vom 18. Februar 2008 über die Annahme der angefochtenen Entscheidung unterrichtet worden seien. Es ist unbestritten, dass die Klägerin vom Vorliegen der angefochtenen Entscheidung erst durch die Bekanntmachung der Zuschlagserteilung im Supplement zum Amtsblatt am 26. Juli 2008, d. h. mehr als einen Monat nach der Unterzeichnung der Rahmenvereinbarung am 12. und 17. Juni 2008 und dessen Wirksamwerden am 16. Juni 2008, Kenntnis erhalten hat. 104    Die EIB hat daher gegen die Bestimmungen der Nr. 2.5.2 des Leitfadens verstoßen, indem sie die Klägerin nicht unverzüglich über die Annahme der angefochtenen Entscheidung unterrichtet hat. 105    Als Zweites sind die Rügen zu prüfen, mit denen die Klägerin einen Verstoß gegen die Bestimmungen der Nr. 2.5.2 des Leitfadens und die Verpflichtung zur Begründung von belastenden Entscheidungen geltend macht, die sich daraus ergebe, dass die EIB ihr nicht binnen 15 Tagen nach Erhalt ihres schriftlichen Antrags und spätestens vor Erhebung ihrer Klage die Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots sowie den Namen des Bieters mitgeteilt habe. 106    Nr. 2.5.2 des Leitfadens sieht u. a. vor, dass „[a]uf Wunsch der Beteiligten … die [EIB] innerhalb von 15 Tagen nach Eingang des schriftlichen Antrags … Bieter, die zulässige Angebote abgegeben haben, über die Merkmale und relativen Vorteile des ausgewählten Angebots informieren sowie den Namen des erfolgreichen Bieters bzw. der Parteien der Rahmenvereinbarung bekannt geben [wird]“. 107    Diese Vorgehensweise entspricht dem Zweck der Begründungspflicht gemäß Art. 253 EG, wonach die Begründung einer beschwerenden Entscheidung es dem Gericht ermöglichen muss, seine Rechtmäßigkeitskontrolle wahrzunehmen; dem Betroffenen muss sie ermöglichen, die Gründe für die erlassene Maßnahme zu erfahren, damit er seine Rechte geltend machen und die Begründetheit der Entscheidung prüfen kann (vgl. entsprechend Urteile des Gerichts vom 24. Januar 1992, La Cinq/Kommission, T‑44/90, Slg. 1992, II‑1, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 8. Mai 1996, Adia Interim/Kommission, T‑19/95, Slg. 1996, II‑321, Randnr. 32, und vom 12. Juli 2007, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑250/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 68 und 69). Die betroffenen Bieter werden dadurch, dass sie im Rahmen der Ausschreibungsverfahren nur auf ausdrücklichen Antrag eine begründete Entscheidung erhalten, nicht darin beschränkt, ihre Rechte vor dem Gericht geltend zu machen. Die in Art. 230 Abs. 5 EG vorgesehene Klagefrist beginnt erst zum Zeitpunkt der Mitteilung der mit Gründen versehenen Entscheidung, vorausgesetzt, der Bieter hat seinen Antrag auf eine solche Entscheidung binnen angemessener Frist nach Kenntnisnahme von der Ablehnung seines Angebots gestellt (vgl. Urteil Adia Interim/Kommission, Randnr. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung). 108    Angesichts des weiten Ermessensspielraums, über den der öffentliche Auftraggeber verfügt, muss er den abgelehnten Bietern, die dies beantragen, eine hinreichende Begründung liefern, was voraussetzt, dass er sorgfältig darauf achtet, dass in der mitgeteilten Begründung sämtliche Gesichtspunkte wiedergegeben sind, auf die er seine Entscheidung gestützt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 84 angeführt, Randnr. 134). 109    Die Beachtung der Begründungspflicht ist anhand der Informationen zu beurteilen, die die Klägerin bei der Klageerhebung besaß (Urteile des Gerichts vom 25. Februar 2003, Strabag Benelux/Rat, T‑183/00, Slg. 2003, II‑135, Randnr. 58, und Renco/Rat, T‑4/01, Slg. 2003, II‑171, Randnr. 96). Dagegen kann nach ständiger Rechtsprechung die Begründung nicht zum ersten Mal und nachträglich vor dem Gemeinschaftsrichter erfolgen, sofern nicht außergewöhnliche Umstände gegeben sind (vgl. Urteil des Gerichts vom 20. Mai 2009, VIP Car Solutions/Parlament, T‑89/07, Slg. 2009, II‑1403, Randnr. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung). 110    Unstreitig ist, dass die Klägerin mit Schreiben vom 31. Juli 2008 einen Antrag auf Mitteilung der Merkmale und relativen Vorteile des ausgewählten Angebots sowie des Namens des ausgewählten Bieters gestellt hat. Die EIB macht geltend, sie habe diesen Antrag mit ihrem Schreiben vom 1. August 2008 beantwortet. Zwar hat die Klägerin auf dieses Schreiben mit Schreiben vom 1. August 2008 erneut um Erläuterung mehrerer Punkte gebeten, die EIB hat ihr jedoch in ihrem Schreiben vom 14. August 2008 geantwortet, sie habe ihr bereits so umfassend wie möglich geantwortet, und sie auf die im Amtsblatt veröffentlichte Zuschlagsentscheidung verwiesen. Weder aus den Akten noch aus dem Vorbringen der Parteien geht hervor, dass die EIB der Klägerin die Gründe der angefochtenen Entscheidung vor Erhebung der vorliegenden Klage in anderer Weise als oben festgestellt mitgeteilt hätte. 111    Daraus folgt, dass die Begründung der angefochtenen Entscheidung, die die EIB der Klägerin vor der Klageerhebung und als Antwort auf deren Antrag vom 31. Juli 2008 gegeben hat, im Wortlaut des Schreibens der EIB vom 1. August 2008, in dessen Kontext und in sämtlichen Rechtsvorschriften, die das Gebiet regeln, gefunden werden muss, da diese Entscheidung binnen 15 Tagen nach Erhalt des Antrags der Klägerin abgeschickt worden ist. 112    Aus dem Schreiben der EIB an die Klägerin vom 1. August 2008 gehen der Name des ausgewählten Bieters, die relativen Gewichtungen der Zuschlagskriterien und die Verteilung der Punkte hervor, die nach Abschluss der vergleichenden Bewertung der Angebote dem Angebot der Klägerin und demjenigen des ausgewählten Bieters jeweils zugeteilt wurden. Das Angebot der Klägerin erzielte danach 22,03 Punkte (von 35 möglichen Punkten), die sich folgendermaßen zusammensetzten: 8,75 Punkte (von 8,75 möglichen Punkten) für das finanzielle Kriterium, 2,85 Punkte (von 5,25 möglichen Punkten) für das technische Kriterium „Qualitätsmanagementprozess“, 7,43 Punkte (von 15,75 möglichen Punkten) für das technische Kriterium „Grad der Übereinstimmung der Kompetenzen und Qualifikationen des vorgeschlagenen Personals“ und 3 Punkte (von 5,25 möglichen Punkten) für das technische Kriterium „Fähigkeit, ein Team aus dem eigenen Personalbestand bereitzustellen“, während das Angebot des ausgewählten Bieters 29,36 Punkte (von 35 möglichen Punkten) erzielt habe, die sich folgendermaßen zusammensetzten: 5,29 Punkte (von 8,75 möglichen Punkten) für das finanzielle Kriterium, 4,12 Punkte (von 5,25 möglichen Punkten) für das technische Kriterium „Qualitätsmanagementprozess“, 15,3 Punkte (von 15,75 möglichen Punkten) für das technische Kriterium „Grad der Übereinstimmung der Kompetenzen und Qualifikationen des vorgeschlagenen Personals“ und 4,12 Punkte (von 5,25 möglichen Punkten) für das technische Kriterium „Fähigkeit, ein Team aus dem eigenen Personalbestand bereitzustellen“. 113    Die Klägerin konnte anhand der von der EIB gelieferten Informationen für jedes Zuschlagskriterium die für ihr Angebot vergebenen Punkte unmittelbar mit den für das Angebot des ausgewählten Bieters vergebenen Punkten vergleichen, da die EIB sich nicht darauf beschränkte, der Klägerin die von den beiden Angeboten erzielten Gesamtnoten mitzuteilen. Vor allem konnte die Klägerin diesen Informationen unmittelbar die genauen Gründe entnehmen, aus denen ihr Angebot nicht ausgewählt worden war, dass nämlich die von ihrem Angebot erzielte Gesamtnote nach Abschluss der vergleichenden Bewertung der Angebote niedriger war als die von dem Angebot des ausgewählten Bieters erzielte Note, da sie zwar bezüglich des finanziellen Kriteriums die beste Note erzielt hatte, dies aber unter Berücksichtigung der relativen Gewichtung der von der EIB ausgewählten Zuschlagskriterien nicht ausreichte, um die Noten auszugleichen, die ihr Angebot für jedes der drei technischen Zuschlagskriterien erzielt hat, die unter den Noten lagen, die das Angebot des ausgewählten Bieters erzielt hat. 114    Da es sich um ein Ausschreibungsverfahren handelte, in dem die Klägerin das preisgünstigste, nämlich das billigste aller zu vergleichenden Angebote hatte und ihr Angebot allein aus dem Grund abgelehnt wurde, dass es gegenüber dem Angebot des ausgewählten Bieters als technisch geringerwertig beurteilt worden war, ist festzustellen, dass diese Begründung zwar einen Erklärungsansatz darstellte, aber hinsichtlich des Erfordernisses, dass aus der Begründung die Beweggründe des Autors der Handlung deutlich hervorgehen müssen, nicht als ausreichend angesehen werden konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil VIP Car Solutions/Parlament, oben in Randnr. 109 angeführt, Randnrn. 75 und 76). Das Schreiben vom 1. August 2008 enthält keine Angaben dazu, aus welchen Gründen die EIB die Noten für gerechtfertigt hielt, die sie dem Angebot der Klägerin und demjenigen des ausgewählten Bieters für die technischen Kriterien zugewiesen hatte. Außerdem wurden die Noten, die dieses Schreiben enthielt, nicht durch allgemeine Bemerkungen ergänzt, die erläuterten, aus welchen Gründen die EIB dem Angebot des ausgewählten Bieters für sämtliche technischen Kriterien mehr Punkte zugeteilt hatte als dem Angebot der Klägerin, so dass die Begründung der angefochtenen Entscheidung als ausreichend hätte angesehen werden können (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 84 angeführt, Randnr. 129, und vom 9. September 2009, Brink’s Security Luxembourg/Kommission, T‑437/05, Slg. 2009, II‑3233, Randnr. 169). 115    Die EIB hat zwar im Lauf des Verfahrens erläutert, aus welchen Gründen sie die angefochtene Entscheidung angenommen hat, und dabei vor allem den Umstand ausgeführt, dass hinsichtlich des technischen Kriteriums „Grad der Übereinstimmung der Kompetenzen und Qualifikationen des vorgeschlagenen Personals“ und des technischen Kriteriums „Kapazität, ein Team aus dem eigenen Personalbestand bereitzustellen“, „[d]as Hauptproblem … in der Erfahrung (oder vielmehr der mangelnden Erfahrung) der Fachkräfte der Klägerin im Banken-/Finanzbereich bestand“ und dass hinsichtlich des technischen Kriteriums „Qualitätsmanagementprozess“ das Angebot des ausgewählten Bieters „konkreter“ als das der Klägerin gewesen sei, das „zwar alle erforderlichen Gesichtspunkte abzudecken schien, aber … eher allgemein und komplex gehalten war“. Dies kann jedoch den ursprünglichen Begründungsmangel der angefochtenen Entscheidung nicht ausgleichen. Die EIB hat keine außergewöhnlichen Umstände dargelegt, die es gerechtfertigt hätten, der Klägerin nicht binnen 15 Tagen nach Erhalt ihres Antrags und jedenfalls vor Einreichung ihrer Klage eine hinreichende Begründung zu liefern. 116    Folglich weist die angefochtene Entscheidung einen Begründungsmangel auf und verstößt somit gegen die Bestimmungen der Nr. 2.5.2 des Leitfadens und ganz allgemein die Begründungspflicht gemäß Art. 253 EG. 117    Als Drittes sind die Rügen zu prüfen, mit denen die Klägerin einen Verstoß gegen das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf sowie einen Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Transparenz und der ordnungsgemäßen Verwaltung geltend macht. 118    Was zunächst den gerügten Verstoß gegen den Grundsatz des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf betrifft, ist hervorzuheben, dass der Gerichtshof selbst ausgeführt hat, dass der Zugang zu den Gerichten einer der wesentlichen Bestandteile einer Rechtsgemeinschaft ist und in der auf dem EG-Vertrag beruhenden Rechtsordnung dadurch garantiert wird, dass dieser Vertrag ein vollständiges Rechtsschutzsystem geschaffen hat, das den Gerichtshof mit der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Handlungen der gemeinschaftlichen Verwaltung betraut (Urteil Les Verts/Parlament, oben in Randnr. 30 angeführt, Randnr. 23). Außerdem stützt der Gerichtshof das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem zuständigen Gericht auf die gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten und auf die Art. 6 und 13 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Urteile des Gerichtshofs vom 15. Mai 1986, Johnston, 222/84, Slg. 1986, 1651, Randnr. 18, und vom 9. Februar 2006, Sfakianakis, C‑23/04 bis C‑25/04, Slg. 2006, I‑1265, Randnr. 28, Urteil Philip Morris International/Kommission, oben in Randnr. 46 angeführt, Randnr. 121). Das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf für jede Person, deren durch das Gemeinschaftsrecht garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, ist außerdem in Art. 47 der Charta proklamiert. 119    Zudem müssen in Ausschreibungsverfahren die Bieter gegen die Willkür des öffentlichen Auftraggebers geschützt werden, indem ihnen garantiert wird, dass gegen deren rechtswidrige Entscheidungen ein effektiver und möglichst schneller Rechtsbehelf möglich ist (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 23. Dezember 2009, Kommission/Irland, C‑455/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 26). 120    Ein vollständiger Rechtsschutz der Bieter gegen die Willkür des öffentlichen Auftraggebers setzt daher zunächst die Verpflichtung voraus, sämtliche Bieter vor Abschluss des Vertrags von der Zuschlagsentscheidung zu unterrichten, damit sie einen Rechtsbehelf mit dem Ziel der Nichtigerklärung dieser Entscheidung einlegen können, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. 121    Dieser vollständige Rechtsschutz verlangt sodann, dass der abgelehnte Bieter rechtzeitig die Gültigkeit der Zuschlagserteilung prüfen kann; dies setzt voraus, dass zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die abgelehnten Bieter von der Zuschlagsentscheidung unterrichtet worden sind, und der Unterzeichnung des Vertrags eine angemessene Frist liegt, so dass sie insbesondere einen Antrag auf einstweilige Anordnung gemäß Art. 242 EG in Verbindung mit Art. 243 EG sowie Art. 225 Abs. 1 EG einreichen können, damit der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter den Vollzug der angefochtenen Entscheidung aussetzen kann, bis das für die Entscheidung in der Sache zuständige Gericht über die Klage auf Nichtigerklärung dieser Entscheidung befindet (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile des Gerichtshofs vom 24. Juni 2004, Kommission/Österreich, C‑212/02, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 21 und 23 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Kommission/Irland, oben in Randnr. 119 angeführt, Randnrn. 27 und 28 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das Recht auf einen umfassenden und effektiven gerichtlichen Rechtsschutz verlangt nämlich, dass den Betroffenen vorläufiger Schutz gewährt werden kann, wenn er für die volle Wirksamkeit der Entscheidung in der Sache erforderlich ist; sonst wäre der von den zuständigen Gerichten gewährte Rechtsschutz lückenhaft (vgl. Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 3. Mai 1996, Deutschland/Kommission, C‑399/95 R, Slg. 1996, I‑2441, Randnr. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 23. Februar 2001, Österreich/Rat, C‑445/00 R, Slg. 2001, I‑1461, Randnr. 111 und die dort angeführte Rechtsprechung). 122    Damit das Erfordernis eines effektiven Rechtsschutzes gewahrt ist, muss der öffentliche Auftraggeber schließlich die ihm obliegende Begründungspflicht beachten (siehe oben, Randnr. 108), indem er jedem abgelehnten Bieter auf dessen Antrag eine hinreichende Begründung liefert, damit dieser unter den bestmöglichen Voraussetzungen von diesem Recht Gebrauch machen kann und ihm die Möglichkeit eingeräumt wird, in Kenntnis aller Umstände zu entscheiden, ob es für ihn von Nutzen ist, das zuständige Gericht anzurufen. Die Begründung der angefochtenen Entscheidung ist nämlich ein wesentliches Formerfordernis, das insbesondere darauf abzielt, das Recht der von der Handlung belasteten Person auf einen effektiven Rechtsbehelf zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 28. Oktober 1975, Rutili, 36/75, Slg. 1975, 1219, Randnrn. 37 bis 39, und vom 15. Oktober 1987, Heylens u. a., 222/86, Slg. 1987, 4097, Randnrn. 15 und 16). 123    Das hier streitige Ausschreibungsverfahren entspricht diesen Erfordernissen nicht. Zum einen wurde die angefochtene Entscheidung der Klägerin nicht zugestellt, die davon Kenntnis erhielt, nachdem die Entscheidung mit der Unterzeichnung und dem Inkrafttreten der Rahmenvereinbarung ihre Wirkungen praktisch erschöpft hatte. Zwar hat die EIB in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass die Klägerin noch nach der Unterzeichnung der Rahmenvereinbarung einen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung habe stellen können, ist jedoch eine Antwort auf das Vorbringen der Klägerin ebenfalls in der mündlichen Verhandlung, ein solcher Antrag hätte nach Unterzeichnung der Rahmenvereinbarung und mit Beginn des Vollzugs keine praktische Wirksamkeit mehr, schuldig geblieben. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die EIB selbst davon ausging, dass der Vollzug der angefochtenen Entscheidung, der mit der Unterzeichnung und sodann dem Vollzug der Rahmenvereinbarung erfolgt war, sie daran hindere, alle Konsequenzen aus einer möglichen Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zu ziehen, vor allem die einer Wiederaufnahme des Ausschreibungsverfahrens (siehe oben, Randnr. 60). Daher war es erforderlich, dass die Klägerin einen solchen Antrag auf Aussetzung bereits vor der Unterzeichnung und dem Inkrafttreten der Rahmenvereinbarung stellen konnte, um ihrer Klage Wirksamkeit zu verschaffen, die darauf abzielte, zu prüfen, ob das Ausschreibungsverfahren unparteiisch durchgeführt worden war, und ihre Chancen zu wahren, nach Ablauf dieses Verfahrens den Auftrag von der EIB zu erhalten. Zum anderen hat die EIB, wie bereits festgestellt (siehe oben, Randnr. 116), der Klägerin vor Einreichung ihrer Klage, die vor allem auf die Nichtigerklärung dieser Entscheidung gerichtet ist, keine hinreichende Begründung der angefochtenen Entscheidung geliefert. 124    Folglich hat die EIB das Recht der Klägerin auf einen wirksamen Rechtsbehelf verletzt. 125    Was sodann den gerügten Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz betrifft, ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung zu Ausschreibungsverfahren, dass der Auftraggeber den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter, der nur eine besondere Ausprägung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist, beachten muss (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 13. Oktober 2005, Parking Brixen, C‑458/03, Slg. 2005, I‑8585, Randnrn. 46 und 48 und die dort angeführte Rechtsprechung). Nach ständiger Rechtsprechung hat der öffentliche Auftraggeber in allen Abschnitten eines Ausschreibungsverfahrens die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Bieter (Urteil Kommission/CAS Succhi di Frutta, oben in Randnr. 89 angeführt, Randnr. 108, und Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 1998, Embassy Limousines & Services/Parlament, T‑203/96, Slg. 1998, II‑4239, Randnr. 85) und damit die Chancengleichheit aller Bieter zu gewährleisten (Urteil des Gerichts vom 12. Juli 2007, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 107 angeführt, Randnr. 45). Gemäß der Rechtsprechung schließen der Gleichbehandlungsgrundsatz und das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit insbesondere eine Verpflichtung zur Transparenz ein, die darin besteht, dass zugunsten der potenziellen Bieter ein angemessener Grad von Öffentlichkeit sicherzustellen ist, der den öffentlichen Auftrag dem Wettbewerb öffnet und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Ausschreibungsverfahren unparteiisch durchgeführt worden sind (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Dezember 2000, Telaustria und Telefonadress, C‑324/98, Slg. 2000, I‑10745, Randnr. 62, und Parking Brixen, Randnr. 49). 126    Unstrittig ist, dass die EIB die angefochtene Entscheidung den anderen abgelehnten Bietern unverzüglich mitgeteilt hat, und zwar lange vor der Unterzeichnung der Rahmenvereinbarung, so dass er diesen die der Klägerin rechtswidrigerweise vorenthaltene (siehe oben, Randnr. 123) Möglichkeit eingeräumt hat, bis zur Unterzeichnung der Rahmenvereinbarung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes einen Antrag auf Aufschiebung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung zu stellen, um die Wirksamkeit einer Klage zur Überprüfung der Unparteilichkeit des Ausschreibungsverfahrens zu gewährleisten. 127    Daraus folgt, dass die EIB die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz verletzt hat, indem sie das Recht der Klägerin auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen die angefochtene Entscheidung beeinträchtigt hat, während den anderen abgelehnten Bietern ein solches Recht gewährt worden ist. 128    Was schließlich die gerügte Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung betrifft, geht aus der Rechtsprechung hervor, dass dieser Grundsatz eine rechtliche Regel darstellt, die dem Einzelnen Rechte verleihen kann, sofern sie eine Ausprägung spezifischer Rechte darstellt (Urteil des Gerichts vom 13. November 2008, SPM/Rat und Kommission, T‑128/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 127). 129    Nach alledem hat die EIB daher die geschützten Rechte der Klägerin verletzt, indem sie ihr die angefochtene Entscheidung nicht so bald wie möglich mitgeteilt und ihr nicht binnen 15 Tagen nach Erhalt des Antrags der Klägerin und vor Einreichung der Klage eine hinreichende Begründung dieser Entscheidung mitgeteilt hat; sie hat außerdem auch gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen, indem sie das Recht der Klägerin auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen die angefochtene Entscheidung beeinträchtigt hat. 130    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs können diejenigen Formvorschriften als wesentlich angesehen werden, die den Zweck haben, eine sorgfältige und umsichtige Vorbereitung der beabsichtigten Maßnahmen zu gewährleisten (Urteil des Gerichtshofs vom 21. März 1955, Niederlande/Hohe Behörde, 6/54, Slg. 1955, 215, 233). Im Rahmen der Ausschreibung eines öffentlichen Auftrags müssen das Recht eines abgelehnten Bieters auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen die Entscheidung, durch die der öffentliche Auftrag an einen anderen Bieter vergeben wird, sowie die dem öffentlichen Auftraggeber obliegende entsprechende Verpflichtung, ihm auf Antrag die Gründe seiner Entscheidung mitzuteilen, als wesentliche Formvorschriften im Sinne der erwähnten Rechtsprechung betrachtet werden, da sie den Zweck haben, mit der Zuschlagsentscheidung zu gewährleisten, dass eine wirksame Kontrolle der Unparteilichkeit des dieser Entscheidung zugrunde liegenden Ausschreibungsverfahrens ausgeübt werden kann. 131    Gemäß der Rechtsprechung zur Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift ist festzustellen, dass die Nichtbeachtung wesentlicher Formvorschriften der angefochtenen Entscheidung durch die EIB die Nichtigerklärung der Entscheidung zur Folge haben muss (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 30. März 1995, Parlament/Rat, C‑65/93, Slg. 1995, I‑643, Randnr. 21). 132    Nach alledem ist dem ersten und dem zweiten Klagegrund zu folgen. Zum dritten und zum vierten Klagegrund –       Vorbringen der Parteien 133    Mit dem dritten Klagegrund macht die Klägerin geltend, dass die EIB mit der Verwendung eines Zuschlagskriteriums „Fähigkeit, ein Team aus dem eigenen Personalbestand bereitzustellen“ gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Verpflichtung verstoßen habe, Zuschlagskriterien zu verwenden, die eine vergleichende Bewertung der Angebote ermöglichten. Dieses Zuschlagskriterium habe die Bieter daran gehindert, ihren legitimen Anspruch wahrzunehmen, Subunternehmer einzusetzen. Außerdem sei die Formulierung dieses Kriteriums zu ungenau gewesen, als dass für die Bieter daraus die optimale Leistungsfähigkeit hervorgegangen wäre, die sie anbieten müssten, um die Höchstnote zu erzielen. In der Liste der „Fragen und Antworten“ zeige die Frage nach dem Höchstniveau der „Fähigkeit, ein Team bereitzustellen“ und die Antwort der EIB, „sie [habe] keine optimale Zahl festgelegt“, dass die Bieter nicht hätten wissen können und nicht gewusst hätten, was sie tun müssten und könnten, um hinsichtlich dieses Kriteriums das beste Angebot vorzulegen, und dass diese „optimale Zahl“ in der Verfahrensphase der vergleichenden Bewertung der Angebote vom Bewertungsausschuss festgelegt worden sei. Eine solche Vorgehensweise habe zu einer Verfälschung des Wettbewerbs zwischen den Bietern zugunsten des ausgewählten Bieters, und zwar des vorherigen Auftragnehmers, der die spezifischen von der EIB verwendeten EDV-Instrumente besessen habe, oder zugunsten von Bietern geführt, die über genügend Personal verfügt hätten, um nicht auf ein externes Expertenteam zurückgreifen zu müssen, das für den Fall der Auftragsvergabe verfügbar wäre. Entgegen dem Vorbringen der EIB seien die spezifischen EDV-Instrumente, über die der ausgewählte Bieter verfüge, nicht besonders verbreitet, da ihr Marktanteil nur 3 % ausmache und sich eher rückläufig entwickle. Ferner macht die Klägerin geltend, dass sie über zahlreiche Fachkräfte verfüge, die, wie die EIB selbst einräume und eine in die Erwiderung eingefügte Tabelle belege, den Bedürfnissen der EIB entsprächen. Sie fordert die EIB außerdem auf, die von dem ausgewählten Bieter übermittelten anonymen Lebensläufe des Personals offenzulegen, damit dessen Qualifikationen mit demjenigen ihrer eigenen Fachkräfte verglichen werden könnten. 134    Die EIB beantragt, den dritten Klagegrund zurückzuweisen. In den Nrn. 6.4 und 6.5 der Verdingungsunterlagen sei eindeutig festgelegt gewesen, dass die Vergabe von Unteraufträgen und Bietergemeinschaften zulässig sei, was den Rückgriff auf unabhängige Fachkräfte eingeschlossen habe. Dies sei auch in der Liste der „Fragen und Antworten“ bestätigt worden, nach der das Personal der Subunternehmer für die Zwecke des Ausschreibungsverfahrens wie eigenes Personal des betreffenden Bieters behandelt werde. Die einzige Voraussetzung gemäß Nr. 1.3 der Verdingungsunterlagen sei gewesen, dass die Bieter nachwiesen, dass sie ein Team einstellen wollten, das über angemessene Kompetenzen verfüge. Zudem sei der ausgewählte Bieter nicht der einzige gewesen, der unter Rückgriff auf seinen „eigenen Personalbestand“ das technische Kriterium „Fähigkeit, ein Team aus dem eigenen Personalbestand bereitzustellen“ habe erfüllen können, da er nicht sämtliche EDV-Instrumente besessen habe, die im Rahmen der fraglichen EDV-Anwendung verwendet worden seien. Die Programmiersprache dieser Anwendung, „Java“, sowie die von dem ausgewählten Bieter entwickelten Instrumente, u. a. die Software „Sybase server suite“ und das Datenbankmanagementsystem, seien auf dem Markt wohlbekannt, und es gebe viele insoweit fachkundige Personen. Dies werde durch die von der Klägerin vorgelegten Lebensläufe, u. a. durch einen Lebenslauf, in dem eine Erfahrung mit der gesamten Software „Sybase server suite“ sowie umfassende Kenntnis der Programmiersprache „Java“ genannt würden, dargetan. Im Übrigen habe sich die Klägerin in ihrem Vorbringen und durch die von ihr vorgelegten Unterlagen selbst widersprochen. 135    Mit dem vierten Klagegrund trägt die Klägerin vor, dass die EIB mit der Verwendung des Zuschlagskriteriums „Fähigkeit, ein Team aus dem eigenen Personalbestand bereitzustellen“ den Grundsatz der Gleichbehandlung und die Verpflichtung verletzt habe, in der Zuschlagsphase für die vergleichende Bewertung der Angebote nur Kriterien zu verwenden, die nicht zur Phase der Auswahl der Bieter gehörten. Dieses Kriterium habe, wie die EIB in Nr. 89 der Klagebeantwortung festgestellt habe, nur das Ziel gehabt, „die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter der Bieter“ durch die Prüfung ihrer Lebensläufe zu gewährleisten, und sei zu Recht schon in der Phase der Auswahl der Bieter verwendet worden. Es hätte daher aufgrund der Regelung, dass die Verfahren zur Auswahl der Bieter und zur Vergabe des Auftrags streng zu trennen seien, in der Phase der vergleichenden Bewertung der Angebote und des Zuschlags nicht verwendet werden dürfen. Überdies habe die EIB den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt, indem sie durch die zweifache Anwendung dieses Kriteriums den ausgewählten Bieter begünstigt habe, der am besten in der Lage gewesen sei, „ein Team bereitzustellen“, da er auch der vorherige Auftragnehmer gewesen sei, der die von der EIB verwendeten spezifischen EDV-Instrumente besessen habe und dem potenziell eine größere Anzahl von Fachkräften zur Verfügung gestanden habe. 136    Die EIB beantragt, den vierten Klagegrund zurückzuweisen. Sie weist auf den weiten Ermessensspielraum hin, über den sie in der Phase der Auswahl der Zuschlagskriterien verfüge. Die Kriterien für die Auswahl der Bieter, nach denen diese über mindestens 15 Arbeitnehmer, die für sie seit mindestens zwei Jahren in der EDV-Abteilung arbeiteten, sowie über drei überprüfbare Referenzen verfügen müssten, könnten nicht mit dem Zuschlagskriterium „Fähigkeit, ein Team aus dem eigenen Personalbestand bereitzustellen“ vermischt werden, da diese Kriterien verschiedenen Punkten der Verdingungsunterlagen zuzuordnen seien. Das gemäß Nr. 2.5.1.1 des Leitfadens in Nr. 6.2.2 der Verdingungsunterlagen genannte Kriterium habe als Kriterium für die Auswahl der Bieter dazu gedient, sicherzustellen, dass diese die Mindestvoraussetzungen für das Personal und die Kapazität ihrer EDV-Abteilung erfüllten, während das gemäß Nr. 2.5.1.2 des Leitfadens in Nr. 7.1.1 der Verdingungsunterlagen genannte Kriterium als Zuschlagskriterium dazu bestimmt gewesen sei, die Kompetenzen und die einschlägige Erfahrung der von den Bietern vorgeschlagenen Arbeitnehmer in Hinsicht auf die der EIB übermittelten Lebensläufe und der Kompetenztabellen sowie die Fähigkeit der Bieter zu bewerten, die spezifischen Erfordernisse des öffentlichen Auftrags zu erfüllen. Außerdem bestreitet die EIB die Behauptung der Klägerin, die EIB habe gewusst, dass ihre Handlungen dem auf Ausschreibungsverfahren anwendbaren Recht widersprochen hätten. –       Würdigung durch das Gericht 137    Ebenso wie die EIB über einen weiten Spielraum bei der Beurteilung der Gesichtspunkte verfügt, die bei einer Entscheidung über die Vergabe eines Auftrags im Wege der Ausschreibung zu berücksichtigen sind, verfügt sie über einen weiten Spielraum für die Beurteilung sowohl des Inhalts als auch der Anwendung der Vorschriften über die Vergabe eines Auftrags für eigene Rechnung im Wege einer Ausschreibung (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichts vom 14. Februar 2006, TEA-CEGOS u. a./Kommission, T‑376/05 und T‑383/05, Slg. 2006, II‑205, Randnrn. 50 und 51). Die der EIB eingeräumte Möglichkeit, die Zuschlagskriterien, auf deren Grundlage sie den ausgeschriebenen Auftrag für eigene Rechnung vergeben will, frei zu wählen, ermöglicht ihr, die Art, den Gegenstand und die Besonderheiten des jeweiligen Auftrags zu berücksichtigen. 138    Allerdings sind die Bestimmungen des Leitfadens zu beachten. Nr. 2.5 des Leitfadens regelt den „Ablauf des Verfahrens“. Insbesondere behandelt Nr. 2.5.1. die „Überprüfung der Eignung und Auswahl der Teilnehmer“ sowie die „Vergabe des Auftrags“. Aus diesem letztgenannten Punkt ergibt sich, dass „[d]ie [EIB] ihre Aufträge auf der Grundlage der in der Bekanntmachung und/oder in den Verdingungsunterlagen genannten Eignungs- und Zuschlagskriterien nach vorheriger Prüfung der Eignung der Wirtschaftsteilnehmer für die Teilnahme am Verfahren [vergibt]“. 139    Nr. 2.5.1.1 („Eignungskriterien“) lautet: „Anhand dieser Kriterien soll festgestellt werden, ob ein Wirtschaftsteilnehmer über die wirtschaftliche, finanzielle, technische und berufliche Leistungsfähigkeit verfügt, die für die Ausführung des Auftrags erforderlich ist. Die [EIB] legt diese Kriterien in Einklang mit Artikel 47 und 48 der Richtlinie [2004/18] und gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Bestimmungen in Artikel 49 und 50 fest. … Die [EIB] kann Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit stellen, unter denen sie keinen Bieter oder Bewerber auswählt. … Diese Mindestanforderungen sind in der Bekanntmachung anzugeben.“ 140    Nr. 2.5.1.2 („Zuschlagskriterien“) des Leitfadens sieht u. a. vor: „Anhand [der Zuschlagskriterien] soll eine Auswahl unter den Bietern getroffen werden, die nicht [gemäß dem Auswahlverfahren] von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen wurden und die die in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen genannten Eignungskriterien erfüllen. Die [EIB] wendet bei der Erteilung des Zuschlags folgende Kriterien an: a)      … wenn der Zuschlag auf das aus Sicht der [EIB] wirtschaftlich günstigste Angebot erfolgt (bestes Preis-Leistungs-Verhältnis) – verschiedene mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängende Kriterien, z. B. Qualität, Preis, technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften, Betriebskosten, Rentabilität, Kundendienst und technische Hilfe, Lieferzeitpunkt und Lieferungs- oder Ausführungsfrist … Im Fall von Buchstabe a) gibt die [EIB] in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen oder – beim wettbewerblichen Dialog – in der Beschreibung an, wie sie die einzelnen Kriterien gewichtet, um das wirtschaftlich günstigste Angebot zu ermitteln. …“ 141    Die oben in Randnr. 140 genannten Bestimmungen des Leitfadens sollen sicherstellen, dass die der EIB bei der Auswahl der Zuschlagskriterien eingeräumte Möglichkeit in der Phase der Bewertung der Angebote zur Vergabe des Auftrags unter Beachtung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz ausgeübt wird (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile des Gerichtshofs vom 20. September 1988, Beentjes, 31/87, Slg. 1988, 4635, Randnrn. 21 und 22, und vom 12. Dezember 2002, Universale-Bau u. a., C‑470/99, Slg. 2002, I‑11617, Randnrn. 90 bis 92). Die Regelungen sollen nämlich allen durchschnittlich fachkundigen Bietern bei Anwendung der üblichen Sorgfalt ermöglichen, die Zuschlagskriterien in gleicher Weise auszulegen und damit bei der Abfassung ihrer Gebote über die gleichen Chancen zu verfügen (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 18. Oktober 2001, SIAC Construction, C‑19/00, Slg. 2001, I‑7725, Randnr. 42). 142    Ferner sollen diese Bestimmungen die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sicherstellen, dem zufolge die Handlungen der Organe nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die verursachten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen müssen (Urteil Antwerpse Bouwwerken/Kommission, oben in Randnr. 62 angeführt, Randnr. 57). Zwar sind die Kriterien, die die öffentlichen Auftraggeber beim Zuschlag für das wirtschaftlich günstigste Angebot berücksichtigen können, in Nr. 2.5.1.2 des Leitfadens nicht abschließend aufgezählt, so dass diese Nummer dem öffentlichen Auftraggeber die Wahl der Kriterien für die Zuschlagserteilung lässt, die ihm am besten geeignet erscheinen, jedoch kommen nur Kriterien in Betracht, die der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots dienen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 24. Januar 2008, Lianakis u. a., C‑532/06, Slg. 2008, I‑251, Randnr. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung, Urteile Renco/Rat, oben in Randnr. 109 angeführt, Randnr. 66, und Strabag Benelux/Rat, oben in Randnr. 109 angeführt, Randnrn. 73 und 74). Als Zuschlagskriterien ausgeschlossen sind daher Kriterien, die nicht der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots dienen, sondern die im Wesentlichen mit der Beurteilung der technischen Eignung der Bieter für die Ausführung des betreffenden Auftrags zusammenhängen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile des Gerichtshofs Beentjes, oben in Randnr. 141 angeführt, Randnrn. 15 bis 19, vom 19. Juni 2003, GAT, C‑315/01, Slg. 2003, I‑6379, Randnrn. 59 bis 67, und Lianakis u. a., Randnrn. 30 bis 32). Die Qualität der Angebote ist auf der Grundlage der Angebote selbst zu bewerten und nicht ausgehend von den Erfahrungen, die die Bieter im Rahmen früherer Aufträge mit dem Auftraggeber gemacht haben, oder aufgrund von Kriterien wie der Fähigkeit der Bieter, den Auftrag auszuführen, die zur Phase der Auswahl der Bieter gehören und nicht zur vergleichenden Bewertung der Angebote herangezogen werden dürfen (Urteil Beentjes, oben in Randnr. 141 angeführt, Randnr. 15, und Urteil TQ3 Travel Solutions Belgium/Kommission, oben in Randnr. 100 angeführt, Randnr. 86). 143    Mit dem dritten und dem vierten Klagegrund macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass das Kriterium „Fähigkeit, ein Team aus dem eigenen Personalbestand bereitzustellen“ ungenau, diskriminierend und im Hinblick auf das damit verfolgte Ziel, das wirtschaftlich günstigste Angebot zu ermitteln, unverhältnismäßig sei, so dass die Wahl eines solchen Zuschlagskriteriums nicht den Verpflichtungen entsprochen habe, die sich für die EIB aus den für die Ausschreibungsverfahren geltenden allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergäben, wie sie in Nr. 2.5.1.2 des Leitfadens durchgeführt würden. 144    Hierzu ist festzustellen, dass das Zuschlagskriterium „Fähigkeit, ein Team aus dem eigenen Personalbestand bereitzustellen“ in Nr. 7.1.1 („Technische Kriterien“) der Verdingungsunterlagen aufgestellt wurde, wonach „[d]ie Fähigkeit des Bieters, ein Team bereitzustellen, das über die erforderlichen Kompetenzen verfügt, … anhand der Angaben in der Tabelle der Personalprofile und der [Lebensläufe] bewertet [wird]“. Aus der Liste der „Fragen und Antworten“ ergibt sich, dass „die [EIB durch dieses technische Kriterium] sicherstellen [wollte], dass [der Auftragnehmer] nicht nur ausreichend leistungsfähiges und erfahrenes Personal hat, um ein Hauptteam zusammenzustellen, sondern auch über eine in Bezug auf Kompetenz und Erfahrung geeignete Personalreserve verfügt, um zusätzliche Bedürfnisse zu erfüllen“. Die EIB wies hierzu darauf hin, dass „die Tabelle der Personalprofile Aufschluss über die Breite und Tiefe der dem Bieter verfügbaren Kompetenzen und Erfahrungen gibt, die die [EIB] mobilisieren könnte“. Dies stimmt inhaltlich mit Nr. 4.2 der Verdingungsunterlagen überein, wonach die Bieter das vorgeschlagene Personal in der Tabelle der Personalprofile im Anhang zu den Verdingungsunterlagen beschreiben mussten und dieser Vorschlag anhand der Erfahrung und der Anzahl der Personen bewertet werden sollte, die über angemessene Kompetenzen verfügten. Außerdem wies die EIB darauf hin, dass sie „die Tabelle der Personalprofile prüft, um zu bewerten, ob dem Bieter ausreichend Personal zur Verfügung steht, das über angemessene Kompetenzen verfügt und ausreichend Erfahrung besitze, um [ihren] Bedarf zu erfüllen“, und dass „[d]iese Bewertung auf zwei der technischen Kriterien angewandt [wird]: den Grad der Übereinstimmung der Kompetenzen und Qualifikationen des vorgeschlagenen Personals und die Fähigkeit, ein Team aus dem eigenen Personalbestand bereitzustellen“. Ferner wies die EIB auch darauf hin, dass sie keine „optimale Zahl festgelegt“ habe, was die bereitzustellenden Teams und vor allem das aus dem eigenen Personalbestand bereitgestellte Team betreffe, das bereitzustellen sei, um einen zusätzlichen Bedarf des Auftraggebers zu erfüllen. Die EIB führte schließlich aus, dass „[m]it dem Ausdruck ‚eigener Personalbestand‘ … das Personal gemeint [ist], das derzeit vom Bieter … oder seinen angemeldeten Subunternehmern beschäftigt wird“. 145    Zunächst ist festzustellen, das die Klägerin zu Unrecht geltend macht, das Zuschlagskriterium „Fähigkeit, ein Team aus dem eigenen Personalbestand bereitzustellen“ sei diskriminierend gewesen, da es dem Rückgriff auf Subunternehmer entgegenstehe, um alle von der EIB geäußerten Bedürfnisse zu erfüllen. Aus den Verdingungsunterlagen sowie der Liste der „Fragen und Antworten“ geht hervor, dass der Rückgriff auf Subunternehmer zulässig war, sofern diese in den Angeboten eindeutig als solche ausgewiesen waren, und dass die Bieter rechtzeitig davon unterrichtet wurden, dass die eindeutig ausgewiesenen Subunternehmer bei der Anwendung dieses Zuschlagskriteriums berücksichtigt würden. 146    Ferner macht die Klägerin zu Unrecht geltend, dass das Zuschlagskriterium „Fähigkeit, ein Team aus dem eigenen Personalbestand bereitzustellen“ in der Phase der Auswahl der Bieter verwendet worden sei. Aus den Verdingungsunterlagen geht hervor, dass die Bieter aufgrund der Auswahlkriterien gemäß Nr. 6.2.2 der Verdingungsunterlagen nur „drei einschlägige und überprüfbare Referenzen zu den Aufträgen, die sie in den letzten zwei Jahren in dem durch die vorliegende Ausschreibung betroffenen Bereich durchgeführt hatten“, sowie „[e]ine unterzeichnete Erklärung, dass sie mindestens 15 Arbeitnehmer [im EDV-Bereich] (kein Verwaltungspersonal) [haben], die seit mindestens zwei Jahren für sie arbeiten“, vorlegen mussten. Dieses zuletzt genannte Auswahlkriterium, das sich auf eine Mindestanzahl von Personen bezog, die auf den ersten Blick über Erfahrung und Kompetenzen in dem von dem Auftrag erfassten Bereich verfügten, unterschied sich von dem fraglichen Zuschlagskriterium, das sich auf die Fähigkeit des Bieters bezog, erfahrenes und fachkundiges Personal in ausreichender Zahl zu mobilisieren, um zusätzliche Bedürfnisse des Auftraggebers zu erfüllen. 147    Zur Wahl des Zuschlagskriteriums „Fähigkeit, ein Team aus dem eigenen Personalbestand bereitzustellen“ selbst ist schließlich festzustellen, dass weder Nr. 2.5.1.2 des Leitfadens noch die allgemeinen Rechtsgrundsätze dahin ausgelegt werden können, dass jedes der von der EIB zur Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots ausgewählten Zuschlagskriterien notwendigerweise quantitativer Art oder ausschließlich preisorientiert sein musste (vgl. entsprechend Urteil Renco/Rat, oben in Randnr. 109 angeführt, Randnrn. 67 und 68). Verschiedene Faktoren, die nicht rein quantitativer Art sind, wie die Qualität des eingesetzten Personals oder allgemeiner der technische Wert des Angebots, können die Qualität der Ausführung eines Dienstleistungsauftrags und folglich den wirtschaftlichen Wert des Angebots eines Bieters für diesen Auftrag beeinflussen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs Beentjes, oben in Randnr. 141 angeführt, Randnr. 18, und vom 16. September 1999, Fracasso und Leitschutz, C‑27/98, Slg. 1999, I‑5697, Randnr. 30). 148    Aus den oben in Randnr. 144 genannten Ausschreibungsunterlagen geht jedoch hervor, dass sich das Zuschlagskriterium „Fähigkeit, ein Team aus dem eigenen Personalbestand bereitzustellen“ vor allem auf die Fähigkeit des Personals, das vom Bieter oder seinen ausgewiesenen Subunternehmern, wie sie in der Tabelle der Personalprofile angegeben werden, beschäftigt wird, bezieht, vom öffentlichen Auftraggeber geäußerte zusätzliche Bedürfnisse in Bezug auf Erfahrung, Qualifikation und Anzahl zu erfüllen. Es handelt sich somit um ein Kriterium, das zumindest teilweise die Eignung der Bieter betrifft, den gesamten Auftrag einschließlich der zusätzlichen Dienstleistungen auszuführen. Daher hat dieses Kriterium nicht die Eigenschaft eines „Zuschlagskriteriums“ im Sinne von Nr. 2.5.1.2 des Leitfadens, das sich nur auf die Qualität zusätzlicher Dienstleistungen bezöge, die jeder Bieter im Hinblick auf seinen eigenen Personalbestand erbringen könnte, und daher auf den relativen wirtschaftlichen Vorteil des jeweiligen Angebots in Bezug auf diese Leistungen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil Lianakis u. a., oben in Randnr. 142 angeführt, Randnr. 31; Urteile des Gerichts vom 1. Juli 2008, AWWW/FEACVT, T‑211/07, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 60, und vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑465/04, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 65). 149    Obwohl ferner mit dem Zuschlagskriterium „Fähigkeit, ein Team aus dem eigenen Personalbestand bereitzustellen“ vor allem die Beurteilung ermöglicht werden sollte, ob der Bieter „in ausreichender Zahl“ über Personal mit den erforderlichen Kompetenzen und der Erfahrung verfügte, um zusätzliche Dienstleistungsaufträge der EIB zu erfüllen, war das Kriterium allgemein und ungenau formuliert, da, wie vor allem aus Nr. 4.2 der Verdingungsunterlagen hervorgeht, eine „optimale Zahl“ für dieses Personal nicht vorab bestimmt worden war und die EIB hierzu gegenüber den Bietern keine genauen quantitativen Angaben gemacht hatte. Zwar heißt es in Nr. 1.2 der Verdingungsunterlagen („Beschreibung des Gebiets“, das von dem Auftrag erfasst wird), dass zehn nicht zum Personal der EIB gehörende Personen mit der Projekttätigkeit im Zusammenhang mit der fraglichen EDV-Anwendung betraut gewesen seien und es seinerzeit etwa zehn laufende Projekte gegeben habe. Außerdem hieß es dort, dass in den kommenden Jahren insbesondere der Umfang der Tätigkeit im Rahmen der Projekte abnehmen dürfte, so dass die in den Verdingungsunterlagen genannten Zahlen von den potenziellen Bietern als Höchstgrenze angesehen werden sollten. Gleich im Anschluss an diese Feststellung wurde jedoch darauf hingewiesen, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass neue Kreditmandate oder besondere, von der EIB bewilligte Finanzierungen zu neuen Spitzenbelastungen bei der Projektarbeit führen könnten. 150    Da der ausgewählte Bieter jedoch auch der vorherige Auftragnehmer für Entwicklung, Wartung, Support und Projekttätigkeiten hinsichtlich der fraglichen EDV-Anwendung war, konnte er aufgrund seiner Erfahrung auch am besten beurteilen, welche tatsächlichen Bedürfnisse der EIB, hinsichtlich der Fähigkeit, ein Team aus dem eigenen Personalbestand bereitzustellen, bestehen könnten, um Forderungen nach zusätzlichen Dienstleistungen zu erfüllen, die die EIB im Rahmen der Ausführung des Auftrags stellen könnte. Daraus folgt, dass die Ungenauigkeit des Zuschlagskriteriums („Fähigkeit, ein Team aus den eigenen Personalbestand bereitzustellen“) praktisch zu einer Begünstigung des vorherigen Bieters zulasten der anderen Bieter, u. a. der Klägerin, führen konnte, und zwar unter Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, nach der die Bieter bei der Formulierung der Angebotsbedingungen über die gleichen Chancen verfügen müssen. 151    Es ist folglich festzustellen, dass im Rahmen des vorliegenden Ausschreibungsverfahrens die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung sowie Nr. 2.5.1.2 des Leitfadens, der diese Grundsätze umsetzt, dem entgegenstanden, dass die EIB im Rahmen des vorliegenden Ausschreibungsverfahrens die Fähigkeit der Bieter, sämtliche Dienstleistungen zu erbringen, mit denen im Rahmen des Auftrags zu rechnen war, nicht als „Kriterium für die Auswahl“ der Bieter berücksichtigt, sondern als „Zuschlagskriterium“, und dass sie sich insofern auf ein ungenaues Kriterium stützt, das praktisch den ausgewählten Bieter begünstigen konnte, der auch der bisherige Vertragspartner war, der die fraglichen Dienstleistungen zuvor erbracht hatte. 152    Nach alledem ist dem dritten und dem vierten Klagegrund zu folgen. Zum sechsten Klagegrund –       Vorbringen der Parteien 153    Die Klägerin macht geltend, die EIB habe gegen Art. 99 der Haushaltsordnung, Art. 148 Abs. 1 und 2 der Durchführungsverordnung sowie die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Transparenz und der Nichtdiskriminierung, wie sie in Art. 89 in Verbindung mit dem 18. Erwägungsgrund der Haushaltsordnung niedergelegt und durch die Rechtsprechung, die Praxis der Kommission oder die Lehre bestätigt worden seien, verstoßen, indem sie dem ausgewählten Bieter den Zuschlag erteilt habe, nachdem dieser im Anschluss an geheime Kontakte mit der EIB die Bedingungen seines Angebots sowohl hinsichtlich des Preises als auch hinsichtlich der Qualität in wesentlichen Teilen geändert habe. Aus dem Vermerk vom 31. Januar 2008 gehe hervor, dass der Bewertungsausschuss nach Öffnung und Bewertung der Angebote eine Empfehlung für das Angebot des ausgewählten Bieters ausgesprochen habe. Der Bewertungsausschuss habe jedoch, nachdem er festgestellt habe, dass dieses Angebot das teuerste Angebot sei, beschlossen, ein Treffen mit dem ausgewählten Bieter abzuhalten, um sich vor Fortsetzung des Ausschreibungsverfahrens zu bestimmten noch offenen Punkten, vor allem den finanziellen Gesichtspunkten des Angebots, Klarheit zu verschaffen. Im Lauf dieses Treffens habe der Bieter die Bedingungen seines Angebots in wesentlichen Teilen geändert, um darin den für die Dienstleistung vorgesehenen Preis herabzusetzen, wobei er gleichzeitig deren Qualität verringert habe. Insbesondere habe der ausgewählte Bieter zugesagt, den in seinem Angebot vorgesehenen Preis dadurch herabzusetzen, dass er darin vor allem Änderungen im Hinblick auf eine ausgewogenere Zusammensetzung des mit der Durchführung des Auftrags betrauten Personals vorgenommen und damit eine geringere Zahl erfahrener Fachleute zur Verfügung gestellt habe. Im Anschluss an diese rechtswidrigen Gespräche habe die EIB beschlossen, dem ausgewählten Bieter den Zuschlag zu erteilen. Folglich habe sich das letztlich von der EIB ausgewählte Angebot wesentlich von dem Angebot unterschieden, das der Bewertungsausschuss bewertet habe, und sei, was für die Gewichtung der in den Verdingungsunterlagen aufgeführten Zuschlagskriterien am wichtigsten sei, von geringerer Qualität als dieses gewesen. Diese geringere Qualität des „endgültigen Angebots“ des ausgewählten Bieters im Vergleich zu seinem „ursprünglichen Angebot“ sei jedoch bei der vergleichenden Bewertung der Angebote, wie sie der Bewertungsausschuss vorgenommen habe, nicht berücksichtigt worden. 154    Die Klägerin fordert das Gericht hierzu auf, das im Angebot des ausgewählten Bieters aufgeführte Personal mit dem letztlich von diesem angebotenen Personal unter dem Gesichtspunkt seiner jeweiligen Erfahrung zu vergleichen und festzustellen, dass der Auftrag an sie hätte vergeben werden müssen, wenn es die rechtswidrigen Gespräche mit der EIB und die offensichtlichen Bewertungsfehler, die die angefochtene Entscheidung aufweise, nicht gegeben hätte. Wenn das Ausschreibungsverfahren den Grundsatz der Gleichbehandlung beachtet hätte und transparent gewesen wäre, hätte jedenfalls auch sie ihr „ursprüngliches Angebot“ im Hinblick auf die ausgewählten Zuschlagskriterien in erheblichem Umfang verbessern können, so dass auch sie den Zuschlag hätte erhalten können. 155    Die EIB weist das Vorbringen der Klägerin zurück und beantragt, den sechsten Klagegrund zurückzuweisen. Auf das Ausschreibungsverfahren sei weder die Haushaltsordnung noch die Durchführungsverordnung anwendbar. Außerdem fehle ein Interesse der Klägerin an der Geltendmachung des vorliegenden Klagegrundes. Die Gespräche mit dem ausgewählten Bieter hätten erst nach Abschluss der Phase der vergleichenden Bewertung der Angebote stattgefunden, die das Angebot des ausgewählten Bieters auf den ersten Platz gesetzt habe, während das Angebot der Klägerin nur den zweiten Platz eingenommen habe, und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem der ausgewählte Bieter den Auftrag bereits erhalten habe. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass diese Kontakte nach dem Verständnis von Nr. 2.5.2 des Leitfadens oder sogar des von der Klägerin herangezogenen Art. 99 der Haushaltsordnung während des Ausschreibungsverfahrens stattgefunden hätten. Jedenfalls hätten diese Kontakte weder die Änderung des Angebots des ausgewählten Bieters betroffen, das im Anschluss an die vergleichende Bewertung der Angebote auf den ersten Platz gesetzt worden sei, noch zu einem solchen Ergebnis geführt. Sie hätten sich nur auf die Modalitäten der Ausführung des Auftrags durch den ausgewählten Bieter im Einklang mit dessen Angebot bezogen und hätten keinesfalls einen Anlass geboten, die im Anschluss an die vergleichende Bewertung der Angebote festgelegte Platzierung zu ändern. Aus finanzieller Sicht habe die Herabsetzung der für die „leitenden Softwareentwickler“ und der für die „Softwareentwickler mittleren Ranges“ vorgesehenen Tagessätze sowie die Ersetzung einiger der „leitenden Softwareentwickler“ des vorgeschlagenen Hauptteams durch Personal „niedrigeren Ranges“ keine Änderung der Einstufung des Angebots des ausgewählten Bieters gegenüber derjenigen der Angebote anderer Bieter, u. a. der Klägerin, bewirken können, so dass sie für Letztere nicht nachteilig gewesen seien. Aus technischer Sicht habe die Ersetzung einiger „leitender Softwareentwickler“ des vom ausgewählten Bieter vorgeschlagenen Hauptteams durch Personal „niedrigeren Ranges“ keine entsprechende Verschlechterung des technischen Wertes seines Angebots zur Folge gehabt, da das ersetzte Personal in der Tabelle der Personalprofile in der Anlage zu diesem Angebot aufgeführt gewesen und nur der technische Wert dieses Angebots bewertet worden sei, indem nicht nur Qualifikationen berücksichtigt worden seien, die sich aus den Lebensläufen der Mitglieder des vorgeschlagenen Hauptteams ergäben, sondern auch Qualifikationen von Personen, die in der Tabelle der fraglichen Personalprofile aufgenommen gewesen seien. Der Hinweis auf die „Zusammenstellung eines ausgewogeneren Teams“ habe keine Änderung des Personals bedeutet, das im Angebot des ausgewählten Bieters für die Zusammenstellung des Teams zur Durchführung des Auftrags in erster Linie vorgeschlagen worden sei, sondern nur, dass dieses Personal es ermögliche, ein „ausgewogeneres“ Team zusammenzustellen als dasjenige, das dieser Bieter für die Durchführung des vorangegangenen Auftrags hinsichtlich der fraglichen EDV-Anwendung aufgestellt habe. Die einschlägige Rechtsprechung lasse somit nicht den Schluss zu, dass die Kontakte zwischen der EIB und dem Bieter nach Abschluss der vergleichenden Bewertung der Angebote die Gültigkeit der angefochtenen Entscheidung berührt hätten, und die Klägerin könne vorliegend keine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung oder der Transparenz geltend machen. –       Würdigung durch das Gericht 156    Die Klägerin macht zu Unrecht einen Verstoß gegen die Art. 89 und 99 der Haushaltsordnung und Art. 148 Abs. 1 und 2 der Durchführungsverordnung geltend, da sich das Ausschreibungsverfahren und die angefochtene Entscheidung nicht nach der Haushaltsordnung und erst recht nicht nach der Durchführungsverordnung zu dieser richten (siehe oben, Randnr. 87). Daher ist der sechste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen, soweit er auf einen solchen Verstoß gestützt ist. 157    Gleichwohl muss der sechste Klagegrund geprüft werden, soweit damit ein Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz gerügt wird, die aus den oben in Randnr. 88 genannten Gründen auf das Ausschreibungsverfahren und die angefochtene Entscheidung anwendbar sind. Die Einhaltung dieser Prinzipien muss wegen ihrer Bedeutung, ihres Zieles und ihrer praktischen Wirksamkeit auch im Fall einer Einzelausschreibung wie der vorliegenden gewährleistet sein, wobei gegebenenfalls den Besonderheiten dieses Verfahrens Rechnung zu tragen ist. 158    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die EIB, da es sich vorliegend um einen Dienstleistungsauftrag mit einem geschätzten Gesamtwert ohne Mehrwertsteuer zwischen 3,5 und 7 Millionen Euro handelt, den die EIB für eigene Rechnung vergibt, gemäß den Bestimmungen des Leitfadens beschlossen hat, den Zuschlag nach dem offenen Verfahren zu erteilen, eine Bekanntmachung der Ausschreibung im Amtsblatt zu veröffentlichen, die Verdingungsunterlagen, die die Modalitäten und Bedingungen des Auftrags einschließlich der Zuschlagskriterien bestimmten, aufzustellen und alle Wirtschaftsteilnehmer, die einen entsprechenden Antrag gestellt haben, aufzufordern, auf dieser Grundlage ein Angebot abzugeben. 159    Unter diesen Umständen bilden die Bestimmungen des Leitfadens und gegebenenfalls die Bestimmungen der Richtlinie 2004/18, auf die sie verweisen, den rechtlichen Rahmen, in dem das Ausschreibungsverfahren ablaufen muss, und es war Sache der EIB als Auftraggeber, die von ihr selbst festgelegten Kriterien nicht nur während des eigentlichen Ausschreibungsverfahrens, das der vergleichenden Bewertung der Angebote und der Auswahl des Auftragnehmers diente, sondern auch allgemeiner bis zum Abschluss der Phase der Ausführung des fraglichen Auftrags genau einzuhalten (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/CAS Succhi di Frutta, oben in Randnr. 89 angeführt, Randnr. 115). 160    Wenn das Angebot eines Bieters, der nicht von dem Ausschreibungsverfahren ausgeschlossen worden ist und die in der Bekanntmachung des Auftrags oder den Verdingungsunterlagen genannten Auswahlkriterien erfüllt, aus der Sicht des Auftraggebers nicht als das im Hinblick auf die in der Bekanntmachung des Auftrags oder den Verdingungsunterlagen genannten Kriterien wirtschaftlich günstigste Angebot erscheint, muss es vom Auftraggeber zurückgewiesen werden, da dieser das Gesamtkonzept des Auftrags nicht ändern darf, indem er eine der wesentlichen Vergabebedingungen ändert. Wäre der Auftraggeber nämlich berechtigt, im Ausschreibungsverfahren die Ausschreibungsbedingungen selbst nach Belieben zu ändern, obwohl eine entsprechende ausdrückliche Ermächtigung in den einschlägigen Bestimmungen fehlt, würden die Bestimmungen für die Auftragsvergabe, wie sie ursprünglich festgelegt wurden, verzerrt (Urteil Kommission/CAS Succhi di Frutta, oben in Randnr. 89 angeführt, Randnr. 120). Zudem würde eine solche Praxis unweigerlich die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung der Bieter verletzen, da die einheitliche Anwendung der Ausschreibungsbedingungen und die Objektivität des Verfahrens nicht mehr gewährleistet wären (Urteil Kommission/CAS Succhi di Frutta, oben in Randnr. 89 angeführt, Randnr. 121). 161    Diese Grundsätze spiegeln sich im Übrigen in Nr. 2.5.2 des Leitfadens wider, in dem es u. a. heißt, dass, „[s]olange das Vergabeverfahren läuft, … die Bank jedwede Kontaktaufnahme mit Bewerbern oder Bietern [unterlässt], die die Objektivität des Verfahrens bzw. die Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer gefährden könnte“, und dass „[d]ie Bank … die Bewerber oder Bieter jedoch schriftlich kontaktieren [kann], um spezifische Punkte in Verbindung mit ihrem Antrag auf Teilnahme bzw. Ihrem Angebot abzuklären“; „[e]ine derartige Kontaktaufnahme darf nicht zu Änderungen am Antrag auf Teilnahme bzw. am Angebot führen“. 162    In Nr. 1.2 der Verdingungsunterlagen („Beschreibung des Gebiets“, das von dem Auftrag erfasst wird) war angegeben, dass die fragliche EDV-Anwendung von etwa 600 Personen verwendet werde, dass ein Team von zehn nicht zum Personal der EIB gehörenden Personen damit befasst sei, die Wartung oder den Support und die Projekttätigkeit sicherzustellen (vier Personen seien mit Wartungsaufgaben betraut gewesen, und sechs Personen seien für die Projekte eingestellt worden), und dass es seinerzeit etwa zehn laufende Projekte gegeben habe. Außerdem hätten vier Mitarbeiter der EIB Aufsichts- oder Projektmanagementrollen erfüllt, seien aber auch zunehmend in technische Aktivitäten einbezogen worden, namentlich in Erörterungen betreffend die Architektur. In naher Zukunft sollten Verfahren zur Überprüfung von Codes eingeführt werden. Für die folgenden Jahre wurde schließlich erwartet, dass der Umfang der Projekttätigkeiten abnehmen werde, so dass die von der EIB genannten Zahlen von den potenziellen Bietern als Höchstgrenze angesehen werden sollten, selbst wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass neue Kreditmandate oder besondere, von der EIB bewilligte Finanzierungen zu neuen Spitzenbelastungen bei der Projektarbeit führen könnten. 163    Gemäß Nr. 6.5 („Personalprofil“) der Verdingungsunterlagen sollte der Bieter ein klares Profil der Kompetenzen des verfügbaren Gesamtpersonals beibringen, indem er die Tabelle der Personalprofile ausfülle. Darin durfte derselbe Mitarbeiter nicht in mehr als einem Profil erfasst werden. Außerdem sollten die Bieter anonyme Lebensläufe für einen „Hauptfonds verfügbaren Personals“ entsprechend den verschiedenen Profilen in der Tabelle der Personalprofile einreichen (im Folgenden: Hauptteam). In jedem Lebenslauf war der genaue Arbeitgeber (bei Bietergemeinschaften oder dem Einsatz von Subunternehmern das entsprechende Mitglied) jedes Mitglieds des Hauptteams anzugeben. In Übereinstimmung mit den Informationen in Nr. 1.2 der Verdingungsunterlagen wurde die Mindestzahl der erforderlichen Lebensläufe für jedes der fünf Standardprofile, die in der Tabelle der Personalprofile angegeben waren, wie folgt bestimmt: zwei Lebensläufe für einen „Geschäftsanalysten“, zwei Lebensläufe für einen „Spezialisten für die technische Architektur“, zwei Lebensläufe für einen „Softwareentwickler niedrigeren Ranges“, sechs Lebensläufe für einen „Softwareentwickler mittleren Ranges“ und zwei Lebensläufe für einen „leitenden Softwareentwickler“. Zudem durfte kein Lebenslauf für mehr als ein Profil vorgeschlagen werden. 164    Gemäß Nr. 6.8 („Kostenprofil“) der Verdingungsunterlagen waren die Preise in Euro ohne Mehrwertsteuer anzugeben. Sie sollten alle Ausgabenarten einschließen, die nicht gesondert von der EIB erstattet würden. Der Bieter musste die Tabelle der Kostenprofile im Anhang zu den Verdingungsunterlagen ausfüllen. Die Kosten sollten in Form von Tagessätzen für die „laufenden Dienstleistungen“ und für die „einmaligen Dienstleistungen“ dargestellt werden. Wenn der Bieter oder der Dienstleistungserbringer andere Sätze für die Dienstleistungen „außerhalb der Dienstzeiten“, d. h. nach 19 Uhr und vor 8 Uhr, und die am Wochenende oder während der Ferien erbrachten Dienstleistungen anwenden wollte, waren diese in der Tabelle ebenfalls eindeutig aufzuführen. Diese Sätze seien auch für Dienstleistungen anwendbar, die erbracht würden, um möglichen neuen Spitzenbelastungen bei der Projektarbeit zu begegnen (siehe oben, Randnr. 162). 165    In Nr. 7.1 („Zuschlagskriterien“) der Verdingungsunterlagen war vorgesehen, dass der Auftrag an das in Bezug auf die Zuschlagskriterien sowie deren relative Gewichtung wirtschaftlich günstigste Angebot vergeben werde (siehe oben, Randnr. 3). Zu den technischen Kriterien wurde in Nr. 7.1.1 der Verdingungsunterlagen im Einzelnen darauf hingewiesen, dass der „Grad der Übereinstimmung der Kompetenzen und Qualifikationen des vorgeschlagenen Personals“ und die „Fähigkeit, ein Team aus dem eigenen Personalbestand bereitzustellen“, d. h. zwei Kriterien, die zusammen 60 % der Punkte der Gesamtnote ausmachten, auf der Grundlage der gemäß Nr. 6.5 der Verdingungsunterlagen ausgefüllten Tabelle der Personalprofile und des in Form der Lebensläufe von den Bietern vorgeschlagenen Hauptteams bewertet und klassifiziert würden. Dies wurde in der Liste der „Fragen und Antworten“ gegenüber den Bietern bestätigt. Zum finanziellen Kriterium heißt es in Nr. 7.1.2 der Verdingungsunterlagen, das Kostenprofil jedes Bieters werde auf der Grundlage eines mittleren gewichteten Tagessatzes bewertet und klassifiziert, der für jeden Bieter berechnet werde. Die Gewichtung zur Berücksichtigung der Profile der Personen mit den größten Chancen, für die Ausführung des Auftrags beschäftigt zu werden, war in der Tabelle der Kostenprofile näher bestimmt. Gemäß Nrn. 7.1.1 und 7.1.2 der Verdingungsunterlagen konnte die EIB die Bieter schließlich zu einem Gespräch einladen, während die Bieter nicht die Bedingungen ihres schriftlichen Angebots nach der Einreichung ändern konnten. 166    In technischer Hinsicht waren in der Tabelle der Personalprofile für jedes der fünf Standardprofile im Allgemeinen und für sämtliche mit den einzelnen Standardprofilen verbundene Kompetenzen die Zahl der verfügbaren Mitarbeiter genau anzugeben, wobei zwischen „Mitarbeitern mit einer Erfahrung von weniger als drei Jahren“, „Mitarbeitern mit einer Erfahrung von mehr als drei Jahren“ und „Mitarbeitern mit einer Erfahrung im Dienst der Dienstleistungserbringer von mehr als zwei Jahren“ zu unterschieden war. 167    In finanzieller Hinsicht war in der Tabelle der Kostenprofile für jedes Standardprofil und jede Art der Dienstleistung ein mittlerer Tagessatz anzugeben. Die relativen Gewichtungen der mittleren Tagessätze für jede Art der Dienstleistung wurden folgendermaßen festgelegt: 45 % der Punkte für die Kosten der „laufenden Dienstleistungen“, 45 % der Punkte für die Kosten der „einmaligen Dienstleistungen“, 5 % der Punkte für die Kosten der Dienstleistungen, die „außerhalb der Öffnungszeiten“, und 5 % der Punkte für die Kosten der Dienstleistungen, die „während der Wochenenden/Ferien“ erbracht werden. Die relativen Gewichtungen der mittleren Tagessätze für die einzelnen Standardprofile betrugen gemäß Nr. 7.1.2 der Verdingungsunterlagen und unter Berücksichtigung der sich aus Nr. 6.5 der Verdingungsunterlagen ergebenden „Profile, die die größte Chance haben, verwendet zu werden“, 15 % der Punkte für das Profil des „Geschäftsanalysten“, 15 % der Punkte für das Profil des „Spezialisten für die technische Architektur“, 15 % der Punkte für das Profil des „Softwareentwicklers niedrigen Ranges“, 40 % der Punkte für das Profil des „Softwareentwicklers mittleren Ranges“ und 15 % der Punkte für das Profil des „leitenden Softwareentwicklers“. 168    Aus dem Vermerk vom 31. Januar 2008 und den Erläuterungen der EIB in ihrem Schreiben vom 15. Dezember 2009 geht hervor, dass es der EIB nach der Phase der vergleichenden Bewertung der Angebote Sorge bereitete, dass das Angebot des ausgewählten Bieters, das den ersten Platz eingenommen hat, das teuerste war, und dass sie daher beschloss, ein Treffen mit dem ausgewählten Bieter abzuhalten, um mit ihm die noch offenen, insbesondere die finanziellen Punkte seines Angebots zu klären, bevor das Ausschreibungsverfahren fortgesetzt werde. Aus dem Vermerk vom 31. Januar 2008 ergibt sich außerdem, dass dieses Treffen am 29. Januar 2008 stattfand und der ausgewählte Bieter dabei dem Auftraggeber mitteilte, er könne sich um „eine ausgewogenere Zusammensetzung des Teams (das derzeit fast ausschließlich aus leitenden Fachleuten bestehe)“ bemühen und den Tagessatz der Mitarbeiter, die dem Profil des „leitenden Softwareentwicklers“ entsprächen, von 750 Euro auf 720 Euro, und den Tagessatz der Mitarbeiter, die dem Profil des „Softwareentwicklers mittleren Ranges“ entsprächen, von 665 Euro auf 650 Euro herabsetzen. Erst im Anschluss an dieses Treffen und unter Berücksichtigung dieser Vorschläge des ausgewählten Bieters beschloss der Direktor der Abteilung Informationstechnik der EIB auf Empfehlung des Bewertungsausschusses am 31. Januar 2008, dem ausgewählten Bieter den Zuschlag zu erteilen; die Entscheidung wurde sodann vom Präsidenten der EIB bestätigt (siehe oben, Randnrn. 20 und 43). Am 12. und 17. Juni 2008 wurde der Auftrag jeweils von der EIB und dem ausgewählten Bieter unterzeichnet (siehe oben, Randnr. 8). Gemäß den Bestimmungen von Nr. 2.4.1 („Veröffentlichung der Bekanntmachungen“) des Leitfadens, nach denen der Zeitpunkt des Abschlusses des Verfahrens dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des Auftrags entspricht, wurde das Ausschreibungsverfahren am 17. Juni 2008, d. h. am Tag der Unterzeichnung des Rahmenvertrags, geschlossen. Die EIB kann daher nicht mit Erfolg geltend machen, dass der Zuschlag dem ausgewählten Bieter bereits am 29. Januar 2008 erteilt worden und das Ausschreibungsverfahren schon abgeschlossen gewesen sei, als das Treffen abgehalten worden sei. 169    Außerdem geht aus den von der EIB vorgelegten Unterlagen hervor, dass diese nach der vergleichenden Bewertung der Angebote mit dem Ergebnis aufgrund der relativen Gewichtungen der Zuschlagskriterien, d. h. 75 % der Punkte für das technische Kriterium und 25 % der Punkte für das finanzielle Kriterium, die zur Folge hatten, dass sie durch ein Angebot für eine Dienstleistung von hohem technischen Wert, aber zu einem höheren Gesamtpreis als dem der anderen Angebote ausgewählt werden konnte, nicht völlig zufriedengestellt, so dass sie beschloss, das Treffen vom 29. Januar 2008 abzuhalten. Es ergibt sich aus diesen Unterlagen ebenfalls, dass diese Sitzung dem ausgewählten Bieter ermöglichte, auf die von dem Auftraggeber geltend gemachten Bedenken hinsichtlich des in seinem Angebot vorgesehenen Gesamtpreises einzugehen, und dass sie somit für die Vergabe des Auftrags ausschlaggebend war. Bei dem Treffen erklärte sich der ausgewählte Bieter nämlich damit einverstanden, den Gesamtpreis seines Angebots herabzusetzen, indem er die Tagessätze der Mitarbeiter, die dem Profil des „leitenden Softwareentwicklers“ und des „Softwareentwicklers mittleren Ranges“, wie sie in der Tabelle der Personalprofile festgestellt waren, entsprachen, ermäßigte und „eine ausgewogenere Zusammensetzung des Teams (das derzeit fast ausschließlich aus ‚leitenden‘ Fachleuten besteht)“ anstrebte. Unter diesem Gesichtspunkt kann die Formulierung, dass die Mitglieder des Ausschusses im Anschluss an die Sitzung vom 29. Januar 2008 ihre in dem Vermerk vom 31. Januar 2008 wiedergegebene Empfehlung, dem ausgewählten Bieter den Zuschlag zu erteilen, aufrechterhalten haben, nicht so verstanden werden, dass sie auf eine neue vergleichende Bewertung der Angebote zurückgeht, sondern als die bloße Wiederholung der vorangegangenen Empfehlung durch den Bewertungsausschuss angesichts dessen, dass der ausgewählte Bieter auf die Bedenken finanzieller Art, die der Auftraggeber geltend gemacht hatte, eingegangen war. 170    Was die Herabsetzung der Tagessätze in der Tabelle der Kostenprofile betrifft, die der ausgewählte Bieter ausgefüllt und seinem Angebot beigefügt hatte, führte diese im Nachhinein zu einer Änderung der Grundlagen für die Bewertung des Angebots des ausgewählten Bieters in finanzieller Hinsicht durch den Bewertungsausschuss. 171    Was die Formulierung betrifft, der ausgewählte Bieter achte auf „eine ausgewogenere Zusammensetzung des Teams (das derzeit fast ausschließlich aus ‚leitenden‘ Fachleuten besteht)“, erklärte die EIB in ihrer Stellungnahme vom 26. Februar 2010 selbst, dass sich diese darauf bezogen habe, dass der ausgewählte Bieter „in der Sitzung [vom 29. Januar 2008] vorgeschlagen hat, einige dieser Fachleute[, die den vorgeschlagenen ‚leitenden Softwareentwicklern‘ entsprechen], durch Mitarbeiter niedrigeren Ranges zu ersetzen“. Im vorliegenden Fall, in dem die EIB praktisch versucht hat, den ausgewählten Bieter zu veranlassen, den vorgesehenen Gesamtpreis seines Angebots herabzusetzen, damit er sich dem Preis annähere, den die anderen Bieter in ihren Angeboten vorgeschlagen hatten, ist die einzige glaubhafte Erklärung für eine solche Formulierung, dass der ausgewählte Bieter bestimmte „leitende Softwareentwickler“ des vorgeschlagenen Hauptteams durch Mitarbeiter „niedrigeren Ranges“ ersetzen solle. Da nämlich der für die Dienstleistung vorgesehene Gesamtpreis unmittelbar von dem durchschnittlichen gewichteten Tagessatz des Hauptteams abhing, das als das Team festgelegt war, das die größte Chance hatte, beschäftigt zu werden, falls der Bieter den Auftrag erhielte, konnte dieser Preis, wie aus der Stellungnahme der EIB vom 26. Februar 2010 hervorgeht, tatsächlich herabgesetzt werden, indem die Zusammensetzung des in dem Angebot vorgeschlagenen Hauptteams durch Ersetzung der kostspieligsten, da erfahrensten Mitarbeiter, und zwar der „leitenden Fachleute“ mit dem Profil des „leitenden Softwareentwicklers“ durch weniger kostspielige, da weniger erfahrene Mitarbeiter, und zwar Fachleute „niedrigeren Ranges“ mit dem Profil des „Softwareentwicklers mittleren Ranges“ und des „Softwareentwicklers niedrigen Ranges“ geändert werden. 172    Die EIB hat kein Beweismittel vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass es sich ungeachtet der bei dem Treffen vom 29. Januar 2008 gefassten Beschlüsse bei den Personen, die von dem ausgewählten Bieter für die Durchführung des Auftrags tatsächlich eingesetzt worden sind, um diejenigen handelt, aus denen das unter Angabe von Lebensläufen in seinem Angebot vorgeschlagene Hauptteam bestand, auf dessen Grundlage der Bewertungsausschuss dieses Angebot in technischer und finanzieller Hinsicht bewertet hatte. Im Übrigen behauptet die EIB in ihrer Stellungnahme vom 26. Februar 2010 nicht, dass die Zusammensetzung des anhand von Lebensläufen in dem Angebot des ausgewählten Bieters vorgeschlagenen Hauptteams im Anschluss an das Treffen vom 29. Januar 2008 nicht geändert worden sei, sondern lediglich, dass diese Änderung nicht mit einer tatsächlichen Änderung dieses Angebots gleichgestellt werden könne, da die Mitarbeiter „niedrigeren Ranges“, die die leitenden Fachleute des Hauptteams ersetzt hätten, bereits in der Tabelle der Personalprofile enthalten gewesen seien, die der ausgewählte Bieter ausgefüllt und diesem Angebot beigefügt habe. Da jedoch die vergleichende Bewertung der Angebote in technischer Hinsicht u. a. von der Qualifikation der Personen abhing, die das vom Bieter vorgeschlagene Hauptteam, wie es sich aus den den Angeboten beigefügten Lebensläufen dieser Personen ergab, ausmachten, musste die Zusammenstellung eines ausgeglicheneren Hauptteams, das durch Ersetzung einiger „leitender Softwareentwickler“ durch Mitarbeiter „niedrigeren Ranges“ erzielt wurde, auch wenn dies durch die Aufnahme von Personen erfolgte, die bereits in der Tabelle der Personalprofile enthalten waren, die der ausgewählte Bieter seinem Angebot beigefügt hatte, zu einer nachträglichen Änderung der Bedingungen führen, auf deren Grundlage der Bewertungsausschuss dieses Angebot sowohl in technischer als auch in finanzieller Hinsicht bewertet hatte. 173    Im Übrigen scheint die EIB den Vorschlag des ausgewählten Bieters während des Treffens vom 29. Januar 2008 dadurch rechtfertigen zu wollen, dass es, wie in den Verdingungsunterlagen angegeben, möglicherweise nicht erforderlich sei, dass das tatsächlich bei der Durchführung des Auftrags eingesetzte Team ebenso qualifiziert sei wie dasjenige, das bis dahin für die Wartung, den Support und die Entwicklung der fraglichen EDV-Anwendung zuständig war (siehe oben, Randnr. 162) und das in den Verdingungsunterlagen als Bezugsgröße für die Zusammensetzung des Hauptteams diente, auf deren Grundlage vor allem die Angebote der Bieter sowohl in technischer als auch in finanzieller Hinsicht bewertet werden sollten (siehe oben, Randnr. 163). Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Durchführung des Auftrags durch den ausgewählten Bieter tatsächlich durch ein weniger qualifiziertes Personal als dasjenige erfolgen kann, das bis dahin mit dieser Aufgabe betraut war, genügt dies jedoch nicht, um zu rechtfertigen, dass der ausgewählte Bieter die Zusammensetzung des Hauptteams, das er in seinem Angebot als dasjenige vorgeschlagen hatte, das beschäftigt werden könnte, wenn er den Zuschlag erhalte, mit dem Ziel ändert, den in diesem Angebot vorgesehenen Gesamtpreis herabzusetzen und damit einer neuen Forderung gerecht zu werden, die der Auftraggeber für den Zuschlag formuliert hat. Es handelt sich hier um eine im Nachhinein vorgenommene Änderung der Bedingungen, auf deren Grundlage das Angebot des ausgewählten Bieters durch den Bewertungsausschuss sowohl in technischer als auch in finanzieller Hinsicht bewertet worden war, ohne dass die abgelehnten Bieter, u. a. die Klägerin, ihre Angebote ebenfalls hätten ändern können. 174    Nach alledem kann die EIB im vorliegenden Kontext nicht mit Erfolg geltend machen, dass das Treffen vom 29. Januar 2008 nur zu dem Zweck abgehalten worden sei, bestimmte Ausführungsmodalitäten des Auftrags mit dem ausgewählten Bieter zu erörtern, und nicht, den Inhalt seines Angebots zu ändern, um ihm den Zuschlag zu erteilen. 175    Außerdem haben diese Änderungen nicht nur die finanzielle Bewertung, sondern auch die technische Bewertung des Angebots des ausgewählten Bieters verfälscht. Zudem haben die Kontakte zwischen der EIB und dem ausgewählten Bieter praktisch zur Änderung der relativen Gewichtungen der Zuschlagskriterien geführt. Diese Verhandlungen und ihr Ergebnis, die Änderung des Angebots des ausgewählten Bieters, ergaben sich praktisch daraus, dass die EIB dem finanziellen Kriterium eine höhere Bedeutung als den technischen Kriterien eingeräumt hat, wie sie in den Ausschreibungsunterlagen festgelegt waren, auf deren Grundlage die Angebote nicht nur von den Bietern vorbereitet, sondern auch vom Bewertungsausschuss verglichen worden sind. Es besteht jedoch kaum ein Zweifel daran, dass die höhere relative Bedeutung, die die EIB schließlich dem finanziellen Kriterium für die Erteilung des Zuschlags an den ausgewählten Bieter zugewiesen hat, für die Klägerin günstiger gewesen wäre, wenn sie bei der vergleichenden Bewertung auch auf sie angewandt worden wäre, da ihr Angebot das Angebot mit dem niedrigsten Preisvorschlag war und es für das finanzielle Kriterium die Höchstnote erhalten hatte. 176    Die EIB ist jedoch der Auffassung, dass diese Änderungen die vergleichende Bewertung der Angebote nicht in einer Weise verfälscht hätten, dass die Rechte der abgelehnten Bieter bei dieser Bewertung davon betroffen worden seien. 177    Selbst wenn man davon ausgeht, dass, wie die EIB implizit unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofs vom 25. April 1996, Kommission/Belgien (C‑87/94, Slg. 1996, I‑2043, Randnr. 59), geltend macht, die Nichtigerklärung einer Zuschlagsentscheidung für einen Auftrag, der in einem dadurch verfälschten Verfahren angenommen worden ist, dass der ausgewählte Bieter den Inhalt seines Angebots ändern durfte, die Feststellung des Gerichts voraussetzt, dass die Berücksichtigung dieser Änderung die Bedingungen des Vergleichs der Angebote zum Nachteil der anderen Bieter geändert hat und dadurch die Einstufung der Bieter beeinflussen konnte, ist festzustellen, dass eine solche Wirkung vorliegend tatsächlich festgestellt werden kann. 178    Es trifft zwar zu, dass die streitigen Änderungen aus finanzieller Sicht nur dazu führen konnten, die Bewertung des ausgewählten Bieters gegenüber den Bewertungen der anderen Bieter, u. a. der Klägerin, noch zu verbessern. Jedoch kann nicht geltend gemacht werden, dass die Ersetzung einiger „leitender Softwareentwickler“ des von dem ausgewählten Bieter vorgeschlagenen Hauptteams durch Mitarbeiter „niedrigeren Ranges“ aus technischer Sicht nicht zu einer Änderung der Bewertung des Angebots des ausgewählten Bieters geführt habe. Aus den Akten und vor allem der Liste der Fragen und Antworten geht hervor, dass „die [EIB durch dieses technische Kriterium] sicherstellen [wollte], dass [der Auftragnehmer] nicht nur ausreichend fachkundiges und erfahrenes Personal hat, um ein Hauptteam zusammenzustellen, sondern auch über eine in Bezug auf Kompetenz und Erfahrung geeignete Personalreserve verfügt, um zusätzliche Bedürfnisse zu erfüllen“. Daher sollten „die [Lebensläufe] dem vom Bieter vorgeschlagenen Hauptteam entsprechen, während die Tabelle der Personalprofile Aufschluss über die Breite und Tiefe der dem Bieter zur Verfügung stehenden Kompetenzen und Erfahrungen gibt, die die [EIB] mobilisieren könnte“. Während die EIB somit anhand der Lebensläufe in der Lage sein sollte, die Qualifikationen des vom Bieter vorgeschlagenen Hauptteams, d. h. der Personen mit den Profilen, die gemäß Nr. 7.1.2 der Verdingungsunterlagen die größte Chance hatten, bei der Ausführung des Auftrags eingesetzt zu werden (siehe oben, Randnr. 165), zu bewerten, sollte sie anhand der Tabelle der Personalprofile die allgemeine Qualifikation des dem Bieter zur Verfügung stehenden Personals bewerten können, auf das er zählen konnte, um zusätzliche Bedürfnisse zu erfüllen. Unter diesen Umständen kann die Ersetzung einiger „leitender Softwareentwickler“ des von dem ausgewählten Bieter in seinem Angebot vorgeschlagenen Hauptteams, deren Lebensläufe bei der Prüfung der technischen Qualifikation dieses Teams berücksichtigt wurden, durch Mitarbeiter „niedrigeren Ranges“, deren Qualifikation notwendigerweise geringer war, nur zu einer Herabstufung des gesamten technischen Werts dieses Angebots gegenüber dem der anderen Bieter, u. a. der Klägerin, führen. 179    Unter Berücksichtigung der relativen Gewichtung der Zuschlagskriterien, d. h. 25 % der Punkte für das finanzielle Kriterium und 75 % der Punkte für die technischen Kriterien, und des Umstands, dass die vergleichende Bewertung der Angebote selbst zu 60 % auf der Prüfung der von den Bietern vorgelegten Lebensläufe und der Tabelle der von den Bietern angebotenen Personalprofile beruhte (siehe oben, Randnr. 165), lässt sich feststellen, dass die Verbesserung der finanziellen Bewertung des Angebots des ausgewählten Bieters, die sich aus der Herabsetzung des in diesem Angebot vorgesehenen Gesamtpreises ergab, die Herabstufung der technischen Bewertung dieses Angebots nicht ausgleichen konnte, die sich aus der Ersetzung einiger „leitender Softwareentwickler“ des in dem Angebot vorgeschlagenen Hauptteams durch Mitarbeiter „niedrigeren Ranges“ ergab. Daher hätten die nachträglich an dem Angebot des ausgewählten Bieters vorgenommenen Änderungen im Fall einer neuen vergleichenden Bewertung der Angebote nur eine nachteilige Gesamtwirkung auf dessen Bewertung haben können. 180    Jedenfalls hat die EIB praktisch in der Phase der Vergabe des Auftrags an den ausgewählten Bieter die in den offiziellen Ausschreibungsunterlagen festgelegten relativen Gewichtungen der fachlichen Kriterien und des finanziellen Kriteriums geändert, um dem finanziellen Kriterium eine größere Bedeutung zuzuweisen (siehe oben, Randnr. 175). 181    Dem Gericht liegt nichts vor, anhand dessen es mit Sicherheit schließen oder ausschließen könnte, dass die Änderungen des Angebots des ausgewählten Bieters und der relativen Gewichtungen der fachlichen Kriterien und des finanziellen Kriteriums nach dem Treffen vom 29. Januar 2008 und vor Annahme der angefochtenen Entscheidung die vergleichende Bewertung der Angebote zum Nachteil der abgelehnten Bieter, u. a. der Klägerin, in der Weise verfälschen konnten, dass das Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens davon betroffen worden ist. Da die EIB am besten in der Lage war, Beweise hierzu vorzulegen, muss diese Ungewissheit zu ihren Lasten gehen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 8. Oktober 1986, Leussink/Kommission, 169/83 und 136/84, Slg. 1986, 2801, Randnr. 17). Es ist daher dem Vorbringen der Klägerin zu folgen, dass die genannten Änderungen das Ergebnis der Ausschreibung ändern konnten, so dass sie ihr rechtswidrigerweise die tatsächliche Chance, den Zuschlag zu erhalten, genommen haben. 182    Nach alledem hat die EIB dadurch, dass sie dem ausgewählten Bieter bei dem Treffen vom 29. Januar 2008 aufgegeben hat, sein Angebot zu ändern, die angefochtene Entscheidung, die sie am 31. Januar 2008 angesichts dieser Änderung erlassen hat, unter Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung, das Diskriminierungsverbot und das Transparenzgebot erlassen, ein Verstoß, der geeignet war, das Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens zu verfälschen, indem er der Klägerin rechtswidrigerweise eine tatsächliche Chance genommen hat, den Zuschlag zu erhalten. 183    Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist dem sechsten Klagegrund zu folgen. Zum fünften Klagegrund –       Vorbringen der Parteien 184    Die Klägerin macht geltend, die EIB habe dadurch gegen das für die Ausschreibungsverfahren geltende Recht und den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, dass sie die angefochtene Entscheidung auf der Grundlage der relativen Gewichtungen der Zuschlagskriterien, und zwar 75 % der Punkte für die technischen Kriterien und 25 % der Punkte für das finanzielle Kriterium, angenommen habe. Gemäß den Grundsätzen ordnungsgemäßer Haushaltsführung, wie sie in Art. 36 der Richtlinie 92/50, in Art. 34 der Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. 1993, L 199, S. 84), in Art. 138 Abs. 3 der Durchführungsverordnung und in der Rechtsprechung zum Ausdruck kämen, müsse der Auftraggeber bei Festlegung der relativen Gewichtungen der Zuschlagskriterien darauf achten, den „Preiseffekt“ nicht zu neutralisieren oder zu minimieren, so dass das Ausschreibungsverfahren zur Vergabe eines gemessen an den tatsächlichen Bedürfnissen der Verwaltung unvernünftig kostspieligen Auftrags führen könnte. 185    In fast allen Ausschreibungsverfahren, die die Gemeinschaftsverwaltung in den letzten 15 Jahren für eigene Rechnung eingeleitet habe, sei die vergleichende Bewertung der Angebote in der Weise erfolgt, dass in Bezug auf die relativen Gewichtungen der Zuschlagskriterien eine Gewichtung von 50 % oder beinahe 50 % der Punkte für das finanzielle Kriterium vorgesehen worden sei, es sei denn, es habe sich nicht um eine Vergabe im Preiswettbewerb gehandelt. Diese Praxis entspreche den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung, in deren Rahmen der Bewertungsausschuss jedem Angebot zunächst eine bestimmte, seinem technischen Wert entsprechende Punktzahl zuteile, dann diese Punktzahl durch den Preis des Angebots teile, so dass der Bieter, der die Höchstnote erhalte, zum Auftragnehmer bestimmt werde. Dabei werde die Qualität durch die Kriterien für die Auswahl der Bieter und die Verwendung von Schwellen gesichert, die mit den technischen Kriterien in der Zuschlagsphase verknüpft seien. Dagegen seien die hier erfolgten relativen Gewichtungen der Zuschlagskriterien, d. h. 75 % der Punkte für die technischen Kriterien und nur 25 % der Punkte für das finanzielle Kriterium, Ausdruck einer schlechten Haushaltsführung, die zu einer Neutralisierung oder Minimierung des „Preiseffekts“ in einem Ausschreibungsverfahren führe, mit dem doch das wirtschaftlich günstigste Angebot ermittelt werden sollte und das dazu führen könne, dass die Verwaltung eine unangemessen kostspielige Dienstleistung erwerbe, da es die Bieter dazu verleite, den technischen Wert ihrer Angebote übermäßig herauszuarbeiten, nur um die bestmögliche Note zu erzielen und schließlich den Zuschlag zu erhalten. Diese in der Praxis der Gemeinschaftsverwaltung ungewöhnlichen Gewichtungen stellten darüber hinaus eine mittelbare Diskriminierung dar, da sie eindeutig die kleinen und mittleren Unternehmen gegenüber den Bietern benachteiligten, die Angebote mit einem technischen Wert vorschlagen könnten, der weit über die tatsächlichen Bedürfnisse des fraglichen öffentlichen Auftrags hinausgehe. 186    Die EIB könne schließlich nicht mit Erfolg geltend machen, das Angebot der Klägerin sei das „schlechteste“ gewesen, da sie sich dazu auf die Ergebnisse einer Bewertung stütze, die selbst rechtswidrig sei und keinen objektiven Charakter besitze. Die vorliegende Rüge sei daher in Verbindung mit der Rüge der Vermischung der Kriterien zu sehen. 187    In der Erwiderung macht die Klägerin geltend, dass die Neutralisierung des „Preiseffekts“ der Angebote, die sich aus den relativen Gewichtungen der vorliegend gewählten Zuschlagskriterien ergebe, gegen Art. 138 Abs. 3 der Durchführungsverordnung verstoße, wonach „[d]ie relative Gewichtung des Preiskriteriums gegenüber den anderen Kriterien … nicht dazu führen [darf], dass das Preiskriterium bei der Wahl des Auftragnehmers seine Bedeutung verliert“. 188    Die EIB beantragt, den fünften Klagegrund zurückzuweisen. Nach der Rechtsprechung seien die öffentlichen Auftraggeber nicht nur bei der Auswahl der Zuschlagskriterien, sondern auch bei deren relativer Gewichtung frei. Außerdem stelle Nr. 2.5.1.2 des Leitfadens ausdrücklich klar, dass im Fall eines Ausschreibungsverfahrens, in dem das Kriterium des in Bezug auf das Preis-Leistungs-Verhältnis wirtschaftlich günstigsten Angebots gelte, den technischen Kriterien eine größere relative Gewichtung als dem finanziellen Kriterium zukommen könne. Im Vergleich dazu garantierten Art. 97 der Haushaltsordnung und Art. 138 der Durchführungsverordnung auch den Auftraggebern die erforderliche Flexibilität, um die relativen Gewichtungen der Zuschlagskriterien dem Gegenstand des Auftrags anzupassen, und Art. 241 der Durchführungsverordnung sehe vor, dass die Gemeinschaftsverwaltung bei der Auftragsvergabe für externe Dienstleistungen den Zuschlagskriterien relative Gewichtungen von 80 % der Punkte für die technischen Kriterien und 20 % der Punkte für das finanzielle Kriterium zuweisen könne. Vorliegend seien der fachliche Wert der Angebote und die Kompetenz der Bieter wesentliche Faktoren für die EIB gewesen, da die fragliche EDV-Anwendung darin habe bestehen sollen, die Kreditpolitik zu unterstützen, die für sie eine wesentliche Aufgabe darstelle. 189    Die relativen Gewichtungen der Zuschlagskriterien seien für Aufträge dieser Art, die von der EIB oder auch Gemeinschaftsorganen vergeben würden, sowie im Hinblick auf die Qualitätsstandards, die ihre EDV-Abteilung für Aufträge für „geistig-schöpferische Dienstleistungen zur Unterstützung von Datenverarbeitungssystemen“ anwende, nicht ungewöhnlich gewesen. 190    Was das Vorbringen der Klägerin betreffe, die relativen Gewichtungen der vorliegend ausgewählten Zuschlagskriterien hätten sie durch die Neutralisierung des „Preiseffekts“ im Ausschreibungsverfahren benachteiligt, habe diese vernünftigerweise nicht erwarten können, dass sie den Zuschlag allein aus dem Grund erhalte, dass sie den niedrigsten Preis vorgeschlagen habe. Selbst wenn diese relativen Gewichtungen die von der Klägerin angegebenen gewesen wären, d. h. 50 % der Punkte für die technischen Kriterien und 50 % der Punkte für das finanzielle Kriterium, wäre das Angebot der Klägerin nicht ausgewählt worden, da die Note, die ihr Angebot für die technischen Kriterien erhalten habe, deutlich unter der Note gelegen habe, die das Angebot des ausgewählten Bieters für diese Kriterien erhalten habe. In Bezug auf die Bankerfahrung sei das Angebot des ausgewählten Bieters, wie die Lebensläufe der Mehrzahl der von ihm vorgeschlagenen Personen belege, sehr vollständig gewesen, während nur einer der von der Klägerin vorgeschlagenen Analysten über die erforderlichen Kompetenzen im Bankwesen verfügt habe. Die Klägerin könne auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass diese relativen Gewichtungen den „Preiseffekt“ in dem Ausschreibungsverfahren neutralisiert hätten, da das Angebot der Klägerin trotz eines technischen Wertes, der als der schlechteste der fünf vom Bewertungsausschuss nicht in technischer Hinsicht ausgesonderten Angebote und kaum besser als die beiden nach der fachlichen Bewertung ausgesonderten Angebote gewesen sei, aufgrund der Note für das finanzielle Kriterium die zweitbeste Gesamtnote erhalten habe, da sie den niedrigsten Preis vorgeschlagen habe. –       Würdigung durch das Gericht 191    Es ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung nicht auf den relativen Gewichtungen der ursprünglich ausgewählten Zuschlagskriterien beruht (siehe oben, Randnr. 3), da die EIB von diesen Gewichtungen abgerückt ist, indem sie dem Bieter aufgegeben hat, den in seinem Angebot vorgesehenen Gesamtpreis herabzusetzen, bevor er den Zuschlag erhalte (siehe oben, Randnr. 175). Da die angefochtene Entscheidung jedoch, soweit sie die Angebote der anderen zur vergleichenden Bewertung der Angebote zugelassenen Angebote, u. a. das Angebot der Klägerin, zurückweist, auf der Anwendung dieser relativen Gewichtungen der Zuschlagskriterien beruht, behält die Klägerin ein Interesse daran, dass inzident und unabhängig vom Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung, die im Rahmen der Prüfung des sechsten Klagegrundes aufgrund der Änderung der relativen Gewichtungen der im Ausschreibungsverfahren anwendbaren Zuschlagskriterien festgestellt worden ist (siehe oben, Randnr. 182), über die Rechtmäßigkeit dieser Gewichtungen entschieden wird. 192    Nach ständiger Rechtsprechung bleibt den öffentlichen Auftraggebern bei der Wahl des wirtschaftlich günstigsten Angebots nicht nur die Auswahl der Zuschlagskriterien überlassen, sondern auch deren relative Gewichtungen, sofern diese eine Gesamtwürdigung der Kriterien ermöglichen, die der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots dienen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 27. Oktober 2005, Contse u. a., C‑234/03, Slg. 2005, I‑9315, Randnr. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil Strabag Benelux/Rat, oben in Randnr. 109 angeführt, Randnr. 77). Im Übrigen dürfen die relativen Gewichtungen der verschiedenen Kriterien oder Unterkriterien gemäß dem Grundsatz der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung nicht unter Berücksichtigung von Umständen erlassen worden sein, die einen der Bieter diskriminieren konnten (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 24. November 2005, ATI EAC e Viaggi di Maio u. a., C‑331/04, Slg. 2005, I‑10109, Randnr. 32, und Lianakis u. a., oben in Randnr. 142 angeführt, Randnrn. 42 und 43). 193    Aus der Einführung des Leitfadens geht hervor, dass sich „[n]ach Auffassung der [EIB] … die [wesentlichen] Grundsätze [der EU für die öffentliche Auftragsvergabe] generell am besten durch den Wettbewerb unter qualifizierten Bietern umsetzen [lassen] sowie durch ein Auswahlverfahren, das Kostenerwägungen ebenso wie Qualitätsaspekte berücksichtigt“. Außerdem erfolgt gemäß Nr. 2.1 des Leitfadens die Auftragsvergabe der EIB für eigene Rechnung „unter dem Aspekt des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses“. In Nr. 2.5.1.2 („Zuschlagskriterien“) des Leitfadens heißt es hierzu, dass „das aus Sicht der [EIB] wirtschaftlich günstigste Angebot“ grundsätzlich dem Angebot mit dem hinsichtlich „verschiedene[r] mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängende[r] Kriterien“ „beste[n] Preis-Leistungs-Verhältnis“ entspricht. 194    Außer im Fall außergewöhnlicher Umstände, deren begründete Darlegung Sache der EIB ist, setzt das Erfordernis, das beste „Kosten/Nutzen“- oder „Qualität/Preis“-Verhältnis am Ende einer Gesamtbewertung der ausgewählten Kriterien sicherzustellen, um das wirtschaftlich günstigste Angebot festzustellen, voraus, dass die relative Gewichtung des finanziellen Kriteriums nicht dazu führt, dass dieses Kriterium bei der Auswahl des Auftragnehmers neutralisiert wird. 195    Es könnte a priori davon ausgegangen werden, dass die EIB die relativen Gewichtungen der vorliegend ausgewählten Zuschlagskriterien, d. h. 75 % der Punkte für die technischen Kriterien und 25 % der Punkte für das finanzielle Kriterium, rechtmäßig festgelegt hat, da sie zum einen eine eigene Bewertung der EIB widerspiegeln, nach der unter Berücksichtigung der Art und des Gegenstands des Auftrags, der sich auf eine EDV-Anwendung bezog, die der Unterstützung der Kreditpolitik dient, die für sie eine wesentliche Aufgabe darstellt, der Preis, ohne unbedeutend zu sein, im Verhältnis zum technischen Wert von zweitrangiger Bedeutung war, und da zum anderen diese Gewichtungen auf sämtliche Bieter in der gleichen Weise und in transparenter Form angewandt worden sind. 196    Die EIB stellte jedoch, wie aus dem Sachverhalt hervorgeht, im Hinblick auf die vergleichende Bewertung der Angebote letztlich fest, dass die ursprünglich gewählte relative Gewichtung zu einer zu starken Neutralisierung dieses Kriteriums bei der Wahl des Auftragnehmers geführt hatte und dass die Bedeutung des Preiskriteriums daher für die Erteilung des Zuschlags an den ausgewählten Bieter, die im Rahmen von Gesprächen mit diesem bei dem Treffen vom 29. Januar 2008 erfolgte, neu zu bewerten war (siehe oben, Randnr. 175). 197    Die angefochtene Entscheidung stützt sich daher, soweit sie sich auf die Zurückweisung der anderen zur Teilnahme an der vergleichenden Bewertung der Angebote zugelassenen Bieter, u. a. der Klägerin, bezieht, auf die Anwendung der relativen Gewichtungen der Zuschlagskriterien, die nach der Bewertung der EIB zum Zeitpunkt ihrer Annahme zu einer zu starken Neutralisierung des finanziellen Kriteriums geführt hatten und durch die daher das beste „Kosten/Nutzen“- oder „Qualität/Preis“-Verhältnis am Ende der Gesamtbewertung der zur Feststellung des wirtschaftlich günstigsten Angebots ausgewählten Kriterien nicht gewährleistet werden konnte. 198    Aus den vorstehenden Ausführungen wie aus der Prüfung des sechsten Klagegrundes ergibt sich außerdem, dass die EIB gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung verstoßen hat, indem sie die relativen Gewichtungen der Zuschlagskriterien im Verlauf des Ausschreibungsverfahrens geändert hat. 199    Nach alledem ist dem fünften Klagegrund zu folgen. 200    Aus den vorstehenden Ausführungen insgesamt geht hervor, dass die sechs Klagegründe für den Antrag auf Nichtigerklärung sämtlich begründet sind und ihnen daher zu folgen und die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären ist. Zum Schadensersatzantrag Vorbringen der Parteien 201    Die Klägerin beantragt, die EIB für den Fall, dass das Gericht befinden sollte, dass die angefochtene Entscheidung unter Verstoß gegen das für die Ausschreibungsverfahren geltende Recht und/oder die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung zustande gekommen ist, und angesichts des Umstands, dass es wahrscheinlich erst nach der vollständigen Durchführung des Auftrags durch den ausgewählten Bieter im Einklang mit der angefochtenen Entscheidung entscheiden wird, zu verurteilen, ihr aufgrund der Art. 235 EG und 288 EG Schadensersatz in Höhe von 1,94 Millionen Euro zu zahlen. 202    Diesem Antrag sei aus den folgenden Gründen stattzugeben. 203    Sie habe zunächst im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung eine hinreichend schwerwiegende Verletzung einer höherrangigen Rechtsvorschrift zum Schutz der Einzelnen oder einer Rechtsvorschrift, die Einzelpersonen bestimmte Ansprüche einräume, die die Haftung der Gemeinschaft oder vorliegend der EIB begründen könne, vorgetragen. Diese Verletzung sei von der EIB als Auftraggeber begangen worden und ergebe sich aus der „Rechtswidrigkeit“ der angefochtenen Entscheidung und der dieser zugrunde liegenden Bewertung, wie sie in der Klageschrift geltend gemacht werde, und zwar aus einem Verstoß gegen das auf Ausschreibungsverfahren anwendbare Recht, einem Verstoß gegen die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung, einem Verstoß gegen die Regelungen des Leitfadens, einer verspäteten Unterrichtung, einer unzureichenden Begründung der angefochtenen Entscheidung, einer Verwendung diskriminierender Kriterien, einer Vermischung der Zuschlagskriterien und der Kriterien für die Auswahl der Bieter und schließlich rechtswidriger relativer Gewichtungen der technischen Kriterien und des finanziellen Kriteriums in der Phase der Auftragsvergabe. 204    Ferner habe sie einen Schaden geltend gemacht, der sich aus der angefochtenen Entscheidung ergebe und dem Bruttoergebnis entspreche, das ihr zu Unrecht vorenthalten worden sei, da der Zuschlag für den Auftrag nicht ihr, sondern dem ausgewählten Bieter erteilt worden sei. Wenn das Gericht feststelle, dass ihr Angebot nach der Phase der vergleichenden Bewertung der Angebote auf den ersten Platz hätte eingestuft werden müssen, sei ein solcher Schaden der EIB zuzurechnen, um deren rechtswidrige Handlungen im Ausschreibungsverfahren zu ahnden oder, wie sie in der mündlichen Verhandlung auf eine Frage des Gerichts ausgeführt hat, um die EIB an den festen Kosten und den wirtschaftlichen Risiken, die ihr aufgrund ihrer Tätigkeit im Bereich der öffentlichen Aufträge entstünden, zu beteiligen. Sie beantrage hingegen nicht, für die Ausgaben aufgrund ihrer Teilnahme an dem Ausschreibungsverfahren entschädigt zu werden. 205    Sie habe ihren Schaden schließlich auch beziffert. Er belaufe sich auf 1,94 Millionen Euro. Bei diesem Betrag sei zu berücksichtigen, dass der Satz ihres Bruttoergebnisses für diese Art der Dienstleistung ungefähr 50 % des erzielten Preises ausmache, wie in den Finanzausweisen bescheinigt werde, die von der Kommission im Rahmen der von dieser finanzierten Forschungs- und Entwicklungsprojekte bestätigt worden seien. Da die EIB in den Verdingungsunterlagen die Dienstleistungen von insgesamt zehn Fachkräften (vier für die Wartung und sechs für die Dienstleistungsprojekte) beantragt habe und sich die „mittleren Tagessätze“ ihres Angebots auf 441 Euro beliefen, hätte der Preis für dieses Angebot wie folgt berechnet werden können: 441 Euro multipliziert mit 220 Manntagen pro Jahr multipliziert mit zehn Personen pro Jahr multipliziert mit 4 Jahren ergebe rund 3,88 Millionen Euro. Dieser Preis entspreche dem für den Auftrag angegebenen Budget zwischen 3,5 und 7 Millionen Euro. Das nicht erzielte Bruttoergebnis hätte daher 50 % von 3,88 Millionen Euro, d. h. 1,94 Millionen Euro, entsprochen. 206    Die EIB macht hilfsweise geltend, der Schadensersatzantrag sei nicht begründet. Nach der Rechtsprechung müsse, sofern eine der Voraussetzungen für eine außervertragliche Haftung nicht erfüllt sei, die Klage insgesamt abgewiesen werden, ohne dass die übrigen Haftungsvoraussetzungen geprüft werden müssten. Hier genüge die Feststellung, dass sie keine Unregelmäßigkeit und keinen Verstoß begangen habe, die zu einer außervertraglichen Haftung der Gemeinschaft im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens führen könnte. Außerdem beantrage die Klägerin zu Unrecht den Ersatz eines Schadens, der dem Bruttoergebnis entspreche, das sie erzielt hätte, wenn ihr der Zuschlag erteilt worden wäre. Der geltend gemachte entgangene Gewinn sei zukünftig und hypothetisch, da die Klägerin, selbst wenn der ausgewählte Bieter den Zuschlag auf der Grundlage der angefochtenen Entscheidung und der streitigen Bewertung nicht erhalten hätte, nicht mit Sicherheit geltend machen könnte, dass sie ihn erhalten hätte. Obwohl das Gericht die Vergabeentscheidung für nichtig erklären könne, könne es die Verwaltung auf keinen Fall verurteilen, den Auftrag an einen spezifischen Bieter zu vergeben. Daher könnte ein solcher Schaden gemäß der Rechtsprechung nicht berücksichtigt werden. Würdigung durch das Gericht 207    Nach ständiger Rechtsprechung ist die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft gemäß Art. 288 Abs. 2 EG an das Zusammentreffen mehrerer Bedingungen geknüpft; sie setzt die Rechtswidrigkeit des dem Organ vorgeworfenen Verhaltens, das Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem angeblichen Schaden voraus. Daraus geht hervor, dass die Haftung der Gemeinschaft nur ausgelöst werden kann, wenn diese Voraussetzungen sämtlich erfüllt sind (Urteil des Gerichtshofs vom 29. September 1982, Oleifici Mediterranei/EWG, 26/81, Slg. 1982, 3057, Randnr. 16, und Urteil des Gerichts vom 16. Oktober 1996, Efisol/Kommission, T‑336/94, Slg. 1996, II‑1343, Randnr. 30). 208    Im vorliegenden Fall ist zunächst zu prüfen, ob die Voraussetzung des Vorliegens eines Kausalzusammenhangs zwischen dem rechtswidrigen Verhalten der EIB und dem von den Klägerinnen geltend gemachten Schaden erfüllt ist. 209    Hinsichtlich der Voraussetzung des Vorliegens eines Kausalzusammenhangs zwischen dem behaupteten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden muss nach ständiger Rechtsprechung der geltend gemachte Schaden die unmittelbare Folge des behaupteten Verhaltens sein (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 4. Oktober 1979, Dumortier u. a./Rat, 64/76, 113/76, 167/78, 239/78, 27/79, 28/79 und 45/79, Slg. 1979, 3091, Randnr. 21, und Urteil des Gerichts vom 11. Juli 1996, International Procurement Services/Kommission, T‑175/94, Slg. 1996, II‑729, Randnr. 55). Für einen solchen Kausalzusammenhang trägt die Klägerin die Beweislast (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 30. Januar 1992, Finsider u. a./Kommission, C‑363/88 und C‑364/88, Slg. 1992, I‑359, Randnr. 25, und Urteil des Gerichts vom 24. April 2002, EVO/Rat und Kommission, T‑220/96, Slg. 2002, II‑2265, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung). 210    Wie aus der Klageschrift hervorgeht (siehe oben, Randnr. 81), macht die Klägerin einen Schaden geltend, der dem „geschätzten Bruttoergebnis aus dem öffentlichen Ausschreibungsverfahren entspricht, das die Klägerin erzielt hätte, wenn sie den Zuschlag für den Auftrag erhalten hätte“. Sie räumt in ihren Schriftsätzen ein, dass die EIB nur zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt werden könne, der dem entgangenen Bruttoergebnis, wie in der Klageschrift berechnet, entspräche, wenn das Gericht feststellen könne, dass ihr Angebot nach der vergleichenden Bewertung der Angebote auf den ersten Platz hätte eingestuft werden müssen (siehe oben, Randnr. 204). Der Schadensersatzantrag der Klägerin beruht somit auf der Überzeugung, dass sie durch die angefochtene Entscheidung daran gehindert worden sei, den Zuschlag für den Auftrag zu erhalten und den Rahmenvertrag mit der EIB zu dessen Ausführung zu unterzeichnen. Dieser Antrag ist dahin auszulegen, dass er nicht nur auf die Entschädigung für den Verlust der Möglichkeit abzielt, den Auftrag abzuschließen, sondern auf die Entschädigung für den Verlust des Auftrags selbst. Dies wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerin auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung geantwortet hat, dass der Schadensersatzantrag in gewisser Weise einen Verlust der Chancen einschließe, da das Fehlen der Unterzeichnung des Vertrags ihre Chancen gefährdet habe, künftig andere öffentliche Aufträge auszuführen und allgemein die festen Kosten, die sie aufgrund ihrer Tätigkeit im Bereich der öffentlichen Aufträge trage, zu amortisieren. Abgesehen davon, dass diese neuen Schadensersatzansprüche verspätet geltend gemacht worden und daher unzulässig sind, sind sie jedenfalls nicht darauf gestützt, dass die Klägerin die Möglichkeit verloren hat, den Auftrag abzuschließen, sondern auf die Folgen, die sich ihrer Auffassung zufolge unmittelbar aus dem Verlust des Auftrags selbst ergeben. 211    Die Klägerin hat vorliegend weder dargetan noch Beweismittel vorgelegt, aus denen das Gericht sicher schließen könnte, dass ihr Angebot in der vergleichenden Bewertung der Angebote auf den ersten Platz hätte eingestuft werden müssen. Selbst wenn man annehmen wollte, dass das Angebot der Klägerin auf den ersten Platz hätte gesetzt werden müssen und die Klägerin daher den Zuschlag hätte erhalten müssen, hätte dies die EIB jedoch nicht zur Unterzeichnung eines Rahmenvertrags mit ihr verpflichtet. Kein Grundsatz und keine für die Ausschreibungsverfahren der EIB geltende Regelung verpflichtet diese, den Vertrag über den Auftrag mit demjenigen zu unterzeichnen, der aufgrund des Ausschreibungsverfahrens als Auftragnehmer bestimmt wird (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil Fracasso und Leitschutz, oben in Randnr. 147 angeführt, Randnrn. 24 und 25, und Urteil Embassy Limousines & Services/Parlament, oben in Randnr. 125 angeführt, Randnr. 54). 212    Daher ist das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen der Annahme der angefochtenen Entscheidung durch die EIB, die, wie aus der Prüfung des Nichtigkeitsantrags folgt, rechtswidrig ist, und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden, zu dem der Verlust des Auftrags selbst führt, nicht festzustellen. Die Klägerin kann daher nicht mit Erfolg den Ersatz des Schadens beantragen, der sich daraus ergibt, dass sie den Rahmenvertrag mit der EIB nicht geschlossen und erst recht den Auftrag nicht ausgeführt hat. 213    Daher ist die Schadensersatzklage in vollem Umfang abzuweisen. 214    Dies hat keine Auswirkung auf die Entschädigung, die der Klägerin gemäß Art. 266 AEUV als angemessene Berichtigung ihrer Situation im Anschluss an die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zustehen könnte (siehe oben, Randnr. 67). Kosten 215    Die Klägerin führt aus, dass sie dieses Verfahren habe einleiten und Ersatz des Schadens verlangen müssen, den sie durch die fehlerhafte Bewertung ihres Angebots durch die EIB und dadurch, dass sie nicht über die Merkmale und Vorzüge des ausgewählten Angebots im Verhältnis zu ihrem Angebot unterrichtet worden sei, erlitten habe. Das Fehlen der Begründung und der Umstand, dass ihr der Bewertungsbericht entgegen ihrem Antrag nicht mitgeteilt worden sei, stellten hinreichende Gründe dafür dar, der EIB selbst bei Zurückweisung der Klage die Kosten aufzuerlegen. 216    Die EIB trägt vor, dass die Voraussetzungen von Art. 87 § 3 Abs. 3 der Verfahrensordnung vorliegend nicht erfüllt seien und dass folglich deren Art. 87 § 2 angewandt werden müsse. Die Klägerin habe nicht dargetan, dass ihr ohne angemessenen Grund oder böswillig Kosten verursacht worden seien, und dies sei auch nicht der Fall gewesen. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass sie auf die Anträge der Klägerin um ergänzende Angaben vor allem mit ihrem Schreiben vom 1. August 2008 geantwortet habe (Urteil des Gerichts vom 26. Februar 2002, Esedra/Kommission, T‑169/00, Slg. 2002, II‑609, Randnr. 192). Zu dem Zeitpunkt, als die Klägerin die Klageschrift eingereicht habe, habe sie über alle zur Verteidigung ihrer Rechte erforderlichen Informationen verfügt. 217    Gemäß Art. 87 § 3 Abs. 2 der Verfahrensordnung kann das Gericht einer Partei die Kosten auferlegen, die sie der Gegenpartei ohne angemessenen Grund oder böswillig verursacht hat. Da die angefochtene Entscheidung unzureichend begründet war und um den zahlreichen Verstößen Rechnung zu tragen, die die EIB im Rahmen des Vergabeverfahrens begangen hat, das zur Annahme dieser Entscheidung geführt hat, ist die EIB zur Tragung der gesamten Kosten zu verurteilen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Die Entscheidung der Europäischen Investitionsbank (EIB), das von der Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE im Rahmen der Ausschreibung 2007/S 176-215155 für Dienstleistungen zur „Unterstützung bei Wartung, Support und Entwicklung des Front-Office-Kreditvergabesystems (Serapis)“ unterbreitete Angebot nicht anzunehmen und den Auftrag an die Sybase BVBA zu vergeben, wird für nichtig erklärt. 2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3.      Die EIB trägt die Kosten. Pelikánová Jürimäe Van der Woude Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 20. September 2011. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Sachverhalt Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung 1.  Zur Zulässigkeit der Klage Zur Zuständigkeit des Gerichts Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum Rechtsschutzinteresse der Klägerin an der Erhebung einer Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zur fehlenden Anfechtung der bei der vergleichenden Bewertung der Angebote im Ausschreibungsverfahren angewandten Formel Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zur mangelnden Klarheit des Schadensersatzantrags Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht 2.  Zur Begründetheit Anwendbares Recht Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum Nichtigkeitsantrag Zum ersten und zum zweiten Klagegrund –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum dritten und zum vierten Klagegrund –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum sechsten Klagegrund –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum fünften Klagegrund –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zum Schadensersatzantrag Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Kosten * Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Vierte erweiterte Kammer) vom 30. März 2022 (Auszüge).#British Airways plc gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Luftfrachtmarkt – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Abkommens zwischen der Gemeinschaft und der Schweiz über den Luftverkehr festgestellt wird – Abstimmung von Preisbestandteilen für Luftfrachtdienste (Treibstoffaufschlag, Sicherheitsaufschlag, Zahlung einer Provision auf die Aufschläge) – Austausch von Informationen – Räumliche Zuständigkeit der Kommission – Begründungspflicht – Art. 266 AEUV – Staatlicher Zwang – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Höhe der Geldbuße – Umsatz – Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Ermutigung zu wettbewerbswidrigem Verhalten durch Behörden – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung.#Rechtssache T-341/17.
62017TJ0341
ECLI:EU:T:2022:182
2022-03-30T00:00:00
Gericht
62017TJ0341 URTEIL DES GERICHTS (Vierte erweiterte Kammer) 30. März 2022 (*1) „Wettbewerb – Kartelle – Luftfrachtmarkt – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Abkommens zwischen der Gemeinschaft und der Schweiz über den Luftverkehr festgestellt wird – Abstimmung von Preisbestandteilen für Luftfrachtdienste (Treibstoffaufschlag, Sicherheitsaufschlag, Zahlung einer Provision auf die Aufschläge) – Austausch von Informationen – Räumliche Zuständigkeit der Kommission – Begründungspflicht – Art. 266 AEUV – Staatlicher Zwang – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Höhe der Geldbuße – Umsatz – Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Ermutigung zu wettbewerbswidrigem Verhalten durch Behörden – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“ In der Rechtssache T‑341/17, British Airways plc mit Sitz in Harmondsworth (Vereinigtes Königreich), vertreten durch J. Turner, R. O’Donoghue, QC, und A. Lyle-Smythe, Solicitor, Klägerin, gegen Europäische Kommission, vertreten durch N. Khan und A. Dawes als Bevollmächtigte im Beistand von A. Bates, Barrister, Beklagte, betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2017) 1742 final der Kommission vom 17. März 2017 in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV, Artikel 53 des EWR-Abkommens und Artikel 8 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr (Sache AT.39258 – Luftfracht), soweit er die Klägerin betrifft, und hilfsweise auf Aufhebung oder Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße erlässt DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen (Berichterstatter), der Richter J. Schwarcz, C. Iliopoulos und D. Spielmann sowie der Richterin I. Reine, Kanzler: E. Artemiou, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2019 folgendes Urteil (1 ) [nicht wiedergegeben] II. Verfahren und Anträge der Parteien 59 Mit Klageschrift, die am 31. Mai 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 60 Die Kommission hat am 29. September 2017 die Klagebeantwortung bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht. 61 Die Klägerin hat am 31. Januar 2018 eine Erwiderung bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht. 62 Am 12. März 2018 hat die Kommission bei der Kanzlei des Gerichts eine Gegenerwiderung eingereicht. 63 Auf Vorschlag der Vierten Kammer hat das Gericht die vorliegende Rechtssache am 24. April 2019 gemäß Art. 28 seiner Verfahrensordnung an einen erweiterten Spruchkörper verwiesen. 64 Am 16. August 2019 hat das Gericht den Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 der Verfahrensordnung schriftliche Fragen gestellt, die die Parteien fristgerecht beantwortet haben. 65 Die Parteien haben in der Sitzung vom 13. September 2019 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 66 Mit Beschluss vom 31. Juli 2020 hat das Gericht (Vierte erweiterte Kammer) gemäß Art. 113 der Verfahrensordnung die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschlossen, da es sich für unzureichend unterrichtet hielt und die Parteien zur Stellungnahme zu einem von ihnen nicht erörterten Vorbringen aufzufordern waren. 67 Die Parteien haben innerhalb der gesetzten Frist eine Reihe von Fragen beantwortet, die vom Gericht am 4. August 2020 gestellt worden waren, und in weiterer Folge zu den Antworten der jeweils anderen Partei Stellung genommen. 68 Mit Beschluss vom 6. November 2020 hat das Gericht das mündliche Verfahren erneut geschlossen. 69 Mit Beschluss vom 28. Januar 2021 hat das Gericht (Vierte erweiterte Kammer) gemäß Art. 113 der Verfahrensordnung erneut die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschlossen, da es sich abermals für unzureichend unterrichtet hielt und die Parteien zur Stellungnahme zu einem von ihnen nicht erörterten Vorbringen aufzufordern waren. 70 Die Kommission hat fristgerecht eine Reihe von Fragen beantwortet, die vom Gericht am 29. Januar und am 16. März 2021 gestellt worden waren. Nach Aufforderung des Gerichts hat die Klägerin zu diesen Antworten Stellung genommen. 71 Mit Beschluss vom 25. Mai 2021 hat das Gericht das mündliche Verfahren erneut geschlossen. 72 Die Klägerin beantragt, – den angefochtenen Beschluss ganz oder teilweise für nichtig zu erklären, soweit er sie betrifft; – außerdem oder hilfsweise die mit dem angefochtenen Beschluss gegen sie verhängte Geldbuße aufzuheben oder herabzusetzen; – der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 73 Die Kommission beantragt im Wesentlichen, – die Klage abzuweisen; – die Höhe der der Klägerin auferlegten Geldbuße dahin abzuändern, dass die Gewährung der allgemeinen Ermäßigung von 15 % rückgängig gemacht wird, falls das Gericht entscheiden sollte, dass der Umsatz aus eingehenden Frachtdienstleistungen für den in Rede stehenden Umsatz nicht berücksichtigt werden darf; – der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. III. Rechtliche Würdigung [nicht wiedergegeben] A. Zum Antrag auf Nichtigerklärung [nicht wiedergegeben] 3. Zum ersten Klagegrund: Fehlerhafte oder unzureichende Begründung, da der angefochtene Beschluss auf einer rechtlichen Beurteilung beruhe, die mit dem Beschluss vom 9. November 2010, von dessen Bestandskraft der angefochtene Beschluss ausgeht, unvereinbar sei 201 Die Klägerin macht geltend, der angefochtene Beschluss sei fehlerhaft oder, hilfsweise, unzureichend begründet, da die in seiner Begründung beschriebene und in seinem verfügenden Teil festgestellte Zuwiderhandlung nicht mit der im Beschluss vom 9. November 2010 festgestellten und im angefochtenen Beschluss als bestandskräftig festgestellt betrachteten Zuwiderhandlung vereinbar sei. Dies betreffe insbesondere die Anzahl und die Identität der Mittäter. Daraus folge, dass weder das nationale Gericht, das in der Folge mit Schadensersatzverfahren befasst werde, noch die beschuldigten Fluggesellschaften aus dem angefochtenen Beschluss Schlussfolgerungen zu Schadensersatzansprüchen ziehen könnten. 202 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 203 Vorab ist festzustellen, dass die Klägerin in erster Linie einen Fehler geltend macht, den sie als Rechtsfehler darstellt. Das diesem Argument zugrunde liegende Vorbringen bezieht sich aber einzig und allein auf das Vorliegen angeblicher Unstimmigkeiten oder Widersprüche, die sich daraus ergäben, dass die Kommission Feststellungen des Beschlusses vom 9. November 2010 und des angefochtenen Beschlusses kombiniert habe. Daher ist festzustellen, dass die Klägerin mit ihrem Vorbringen in Wirklichkeit einen Widerspruch in der Begründung rügt. Dies bestätigt sie im Übrigen durch eine Behauptung, die dem Nachweis eines angeblichen Rechtsfehlers dienen soll, und gemäß der „der Umstand, dass die Kommission zwei widersprüchliche Beschlüsse aufrechterhält, die eine Zuwiderhandlung ein und derselben Partei feststellen, innerhalb der Unionsrechtsordnung zu Verwirrung führt, was nicht zugelassen werden sollte“. Dies laufe auch der Anforderung zuwider, dass „die nationalen Gerichte, die das Unionsrecht anwenden, … in der Lage sein müssen, sich auf die klaren und präzisen Feststellungen der Kommission zu verlassen“. Folglich ist der vorliegende Klagegrund so zu verstehen, dass lediglich ein Verstoß gegen die Begründungspflicht geltend gemacht werden soll. 204 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Begründung eines Rechtsakts folgerichtig sein muss und insbesondere keine inneren Widersprüche aufweisen darf, die das Verständnis der Gründe, die diesem Rechtsakt zugrunde liegen, erschweren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 151). 205 Nach der Rechtsprechung kann ein Widerspruch in der Begründung einer Entscheidung die Gültigkeit dieser Entscheidung jedoch nur beeinträchtigen, wenn der Adressat der Handlung die wirklichen Gründe der Entscheidung insgesamt oder zum Teil nicht erkennen konnte und infolgedessen der verfügende Teil der Entscheidung ganz oder teilweise ohne rechtliche Stütze ist (Urteile vom 24. Januar 1995, Tremblay u. a./Kommission, T‑5/93, EU:T:1995:12, Rn. 42, und vom 30. März 2000, Kish Glass/Kommission, T‑65/96, EU:T:2000:93, Rn. 85). 206 Im vorliegenden Fall sind, wie aus den Erwägungsgründen 9, 11, 1091 und 1092 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, die im verfügenden Teil festgestellten Zuwiderhandlungen der Klägerin auf jene Aspekte des Beschlusses vom 9. November 2010 beschränkt, die das Gericht in seinem Urteil vom 16. Dezember 2015, British Airways/Kommission (T‑48/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:988), für nichtig erklärt hat. Die übrigen Aspekte des Beschlusses vom 9. November 2010 sind bestandskräftig geworden, da sie von der Klägerin nicht beanstandet wurden. 207 Die Kommission hat im angefochtenen Beschluss also angemessen erläutert, warum sie den verfügenden Teil des Beschlusses vom 9. November 2010, soweit er die Klägerin betrifft, berücksichtigt hat und warum sie in weiterer Folge das Ausmaß der neu festgestellten, durch die Klägerin begangenen Zuwiderhandlungen eingeschränkt hat. 208 Wie von der Klägerin geltend gemacht führt der Ansatz der Kommission dazu, dass festgestellte Zuwiderhandlungen der Klägerin nebeneinander existieren, die sich insbesondere hinsichtlich der Identität ihrer Mittäter unterscheiden. So werden im angefochtenen Beschluss die Teile der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, die sich auf die Strecken innerhalb des EWR, auf die Strecken zwischen dem EWR (ohne die Union) und Drittländern und auf die Strecken zwischen der Union und der Schweiz beziehen, mehreren Fluggesellschaften zugerechnet, denen diese Verhaltensweisen im Beschluss vom 9. November 2010 nicht zur Last gelegt wurden. 209 Daraus ergibt sich jedoch kein Widerspruch, der das Verständnis des angefochtenen Beschlusses beeinträchtigt. Diese Situation beruht nämlich ausschließlich auf dem Rechtsbehelfssystem, in dessen Rahmen das für die Rechtmäßigkeitsprüfung zuständige Gericht keine über den Antrag der Klägerin hinausgehende Nichtigerklärung aussprechen kann, da es sonst ultra petita entscheiden würde, sowie auf dem Umstand, dass die Klägerin nur die teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses vom 9. November 2010 beantragt hatte. 210 Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Kommission trotz der nur teilweisen Nichtigerklärung des Beschlusses vom 9. November 2010, soweit er sie betreffe, Schlussfolgerungen aus dem Urteil vom 16. Dezember 2015, British Airways/Kommission (T‑48/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:988), hätte ziehen und diesen Beschluss hätte aufheben müssen, ist festzustellen, dass sich dieses Vorbringen mit dem Vorbringen zur Stützung ihres zweiten Klagegrundes überschneidet. Es wird daher in diesem Rahmen geprüft werden. 211 Nach alledem ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen. 4. Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 266 AEUV 212 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe gegen ihre Pflicht nach Art. 266 AEUV verstoßen, aus einer früheren gerichtlichen Entscheidung alle sachdienlichen Schlussfolgerungen zu ziehen, weshalb der angefochtene Beschluss, oder zumindest Art. 3 Buchst. e seines verfügenden Teils, für nichtig zu erklären sei. 213 Die Klägerin wirft der Kommission insbesondere vor, sich auf die Feststellungen des Beschlusses vom 9. November 2010 zu stützen, um eine Geldbuße gegen sie zu verhängen, obwohl das Gericht im Urteil vom 16. Dezember 2015, British Airways/Kommission (T‑48/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:988), bestätigt habe, dass diese grundlegend falsch seien. 214 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 215 Nach Art. 266 AEUV hat das Organ, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Nichtigkeitsurteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen. Diese Verpflichtung gilt nur innerhalb der Grenzen dessen, was erforderlich ist, um das Nichtigkeitsurteil durchzuführen (Urteil vom 29. November 2007, Italien/Kommission, C‑417/06 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:733, Rn. 52). 216 Nach ständiger Rechtsprechung kommt das betroffene Organ einem Nichtigkeitsurteil nur dann nach und führt es nur dann vollständig durch, wenn es nicht nur den Tenor des Urteils beachtet, sondern auch die Gründe, die zu diesem geführt haben und die ihn in dem Sinne tragen, dass sie zur Bestimmung seiner genauen Bedeutung unerlässlich sind (Urteile vom 26. April 1988, Asteris u. a./Kommission, 97/86, 99/86, 193/86 und 215/86, EU:C:1988:199, Rn. 27, sowie vom 6. März 2003, Interporc/Kommission, C‑41/00 P, EU:C:2003:125, Rn. 29). 217 Wie bereits oben aus Rn. 184 hervorgeht, hat die Berücksichtigung der Begründung, die die spezifischen Gründe der von den Unionsgerichten festgestellten Rechtswidrigkeit erkennen lässt, nur den Zweck, die genaue Bedeutung des Tenors zu bestimmen (Urteil vom 14. September 1999, Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a., C‑310/97 P, EU:C:1999:407, Rn. 55). 218 Ein Punkt der Begründung eines Nichtigkeitsurteils hat somit keine Verbindlichkeit für Personen, die nicht Partei des Verfahrens waren und für die das Urteil daher keine wie auch immer geartete Entscheidung enthalten kann (Urteil vom 14. September 1999, Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a., C‑310/97 P, EU:C:1999:407, Rn. 55). Das Gleiche muss für die Teile eines Rechtsakts betreffend eine Person gelten, die nicht vor den Unionsgerichten angefochten wurden, von diesen daher nicht für nichtig erklärt werden können und daher im Hinblick auf diese Person bestandskräftig werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. November 2017, British Airways/Kommission, C‑122/16 P, EU:C:2017:861, Rn. 85). 219 Im vorliegenden Fall hat das Gericht in den Rn. 88 und 89 seines Urteils vom 16. Dezember 2015, British Airways/Kommission (T‑48/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:988), festgestellt, dass die Klägerin in ihrer Klage gegen den Beschluss vom 9. November 2010 lediglich dessen teilweise Nichtigerklärung beantragt hatte, und dass die Nichtigerklärung nicht über den Antrag der Klägerin hinausgehen kann, da sonst ultra petita entschieden würde. Dementsprechend hat das Gericht den streitigen Beschluss innerhalb der Grenzen der Anträge der Klägerin für nichtig erklärt. Der Gerichtshof hat das gegen das betreffende Urteil eingelegte Rechtsmittel zurückgewiesen und somit im Wesentlichen die Feststellung und die Schlussfolgerungen des Gerichts zu dieser Frage bestätigt (Urteil vom 14. November 2017, British Airways/Kommission, C‑122/16 P, EU:C:2017:861). 220 So zielte zwar die Begründung des Urteils vom 16. Dezember 2015, British Airways/Kommission (T‑48/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:988), auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des gesamten Beschlusses vom 9. November 2010 ab, soweit er die Klägerin betrifft (siehe oben, Rn. 16), doch wurde die Tragweite seines Tenors hinreichend durch die Grenzen umschrieben, die dem Rechtsstreit durch die Anträge der Klägerin gesetzt waren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. November 2017, British Airways/Kommission, C‑122/16 P, EU:C:2017:861, Rn. 91 und 92). 221 Nach der oben in Rn. 218 angeführten Rechtsprechung galt die Verbindlichkeit der Gründe, die die Kommission gegebenenfalls bei der Durchführung des Urteils vom 16. Dezember 2015, British Airways/Kommission (T‑48/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:988), zu berücksichtigen hatte, nicht für die Teile des Beschlusses vom 9. November 2010, die beim Gericht nicht angefochten worden waren und daher nicht vom Tenor dieses Urteils erfasst werden konnten. 222 Daraus folgt, dass sich die Kommission im angefochtenen Beschluss auf die im Beschluss vom 9. November 2010 festgestellten und durch den Tenor des Urteils vom 16. Dezember 2015, British Airways/Kommission (T‑48/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:988), nicht in Frage gestellten und mithin bestandskräftig gewordenen Zuwiderhandlungen stützen konnte, ohne damit gegen Art. 266 AEUV zu verstoßen. 223 Folglich ist dieser Klagegrund zurückzuweisen. 5. Zum dritten Klagegrund: Rechtsfehler und/oder Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift durch unzureichende Begründung der Höhe der Geldbuße und/oder fehlende Befugnis der Kommission für die Verhängung einer Geldbuße, die sich nicht ausschließlich auf die im angefochtenen Beschluss festgestellte Zuwiderhandlung bezieht 224 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe einen Fehler begangen, eine wesentliche Formvorschrift verletzt und die Grenzen ihrer Befugnis überschritten, indem sie eine Geldbuße gegen sie verhängt habe, die dieselbe Höhe habe wie die mit dem Beschluss vom 9. November 2010 verhängte. Die Kommission habe nämlich darauf abgestellt, dass die neue Geldbuße nicht nur die (in Art. 1 des angefochtenen Beschlusses bezeichneten) begrenzten Aspekte der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung umfasse, an der die Klägerin beteiligt gewesen sei, sondern dass sie auch auf den „bestandskräftig gewordenen“ Teilen des Beschlusses vom 9. November 2010 (Art. 3 des angefochtenen Beschlusses) beruhe. 225 Erstens sei aber zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses keine Feststellung des Beschlusses vom 9. November 2010 der Klägerin gegenüber „bestandskräftig“ gewesen, da noch ein Rechtsmittel gegen das Urteil vom 16. Dezember 2015, British Airways/Kommission (T‑48/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:988), anhängig gewesen sei. 226 Zweitens habe das Gericht die mit dem Beschluss vom 9. November 2010 gegen die Klägerin verhängte Geldbuße für nichtig erklärt, weil es der Ansicht gewesen sei, dass diese Entscheidung wesentliche Widersprüche aufweise. Dies bedeute, dass sämtliche Feststellungen des Beschlusses vom 9. November 2010 für nichtig zu erklären gewesen wären, wenn das Gericht nicht die Auffassung vertreten hätte, an den Grundsatz ne ultra petita gebunden zu sein. Nur weil das Gericht die Art. 1 bis 4 des Beschlusses vom 9. November 2010 nicht in ihrer Gesamtheit für nichtig erklärt habe, könne sich die Kommission für die Verhängung der letztlich gleichen Geldbuße aber nicht auf diese Bestimmungen stützen, ohne die sich daraus ergebenden Feststellungen ausführlicher zu begründen. 227 Drittens macht die Klägerin geltend, dass es ihr aufgrund der Vorgehensweise der Kommission unmöglich gewesen sei, die Begründung der Höhe der Geldbuße des angefochtenen Beschlusses nachzuvollziehen, da hinsichtlich des Ausmaßes der ihr zur Last gelegten Zuwiderhandlung Zweifel bestünden. 228 Viertens sei die Kommission nicht befugt gewesen, mit dem angefochtenen Beschluss eine Geldbuße zu verhängen, die nicht ausschließlich auf der in diesem Beschluss festgestellten Zuwiderhandlung beruhe. 229 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 230 Der vorliegende Klagegrund stützt sich auf vier Rügen, die nacheinander zu prüfen sind. 231 Zur ersten Rüge eines angeblichen Fehlers der Kommission, der darin bestehen soll, dass sie zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses die Feststellungen des Beschlusses vom 9. November 2010, auf die sie sich bei der Verhängung einer Geldbuße gegen die Klägerin stütze, als bestandskräftig betrachtet habe, ist festzustellen, dass dieser Fehler, selbst wenn sein Vorliegen unterstellt wird, keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses hat, da er einen nicht tragenden Grund dieses Beschlusses betrifft. 232 Für die Rechtsakte der Unionsorgane spricht nämlich grundsätzlich die Vermutung der Rechtmäßigkeit, und diese Akte entfalten daher Rechtswirkungen, solange sie nicht zurückgenommen, im Rahmen einer Nichtigkeitsklage für nichtig erklärt oder infolge eines Vorabentscheidungsersuchens oder einer Rechtswidrigkeitseinrede für ungültig erklärt worden sind (Urteil vom 5. Oktober 2004, Kommission/Griechenland, C‑475/01, EU:C:2004:585, Rn. 18). 233 Die in Rede stehenden Feststellungen des Beschlusses vom 9. November 2010 waren zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses weder für nichtig erklärt, noch zurückgenommen, noch für ungültig erklärt worden. Folglich entfalteten sie Rechtswirkungen, auf die sich die Kommission unabhängig von der Frage, ob sie darüber hinaus bestandskräftig sind, sachdienlich stützen konnte. 234 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass ein Rechtsmittel gegen ein Urteil des Gerichts nach Art. 60 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung hat (Beschluss vom 7. Juli 2016, Kommission/Bilbaína de Alquitranes u. a., C‑691/15 P‑R, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:597, Rn. 16). Dass die Klägerin ein Rechtsmittel eingelegt hat, hinderte die Kommission somit nicht daran, das Urteil vom 16. Dezember 2015, British Airways/Kommission (T‑48/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:988), gemäß Art. 266 AEUV durchzuführen. 235 Jedenfalls war das Rechtsmittel, das die Klägerin gegen das Urteil vom 16. Dezember 2015, British Airways/Kommission (T‑48/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:988), eingelegt hat, nicht geeignet, den Umfang der von ihr beim Gericht beantragten teilweisen Nichtigerklärung zu erweitern, da gemäß Art. 170 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs „die Rechtsmittelanträge … darauf gerichtet sein [müssen], dass den erstinstanzlichen Anträgen vollständig oder teilweise stattgegeben wird; neue Anträge sind nicht zulässig“. 236 Da die in Rede stehenden Feststellungen des Beschlusses vom 9. November 2010 vor dem Gericht nicht angefochten worden waren und dies im Rechtsmittelverfahren nicht möglich ist, waren sie gegenüber der Klägerin also zum Zeitpunkt des Ablaufs der in Art. 263 AEUV vorgesehenen Klagefrist bestandskräftig geworden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. November 2017, British Airways/Kommission, C‑122/16 P, EU:C:2017:861, Rn. 98). Dieser Zeitpunkt liegt deutlich vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses. 237 Zu der zweiten Rüge, die Kommission habe es fehlerhafterweise unterlassen, die im angefochtenen Beschluss erfolgte Bezugnahme auf die nicht beanstandeten Feststellungen des Beschlusses vom 9. November 2010 zu begründen, ist festzustellen, dass diese Rüge, wie sich aus den vorstehenden Rn. 206 und 207 ergibt, in tatsächlicher Hinsicht fehlgeht. 238 Sollte die Klägerin mit dieser Rüge die Rechtmäßigkeit des Umstands in Frage stellen wollen, dass im angefochtenen Beschluss unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus dem Urteil vom 16. Dezember 2015, British Airways/Kommission (T‑48/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:988), auf die nicht beanstandeten Feststellungen des Beschlusses vom 9. November 2010 verwiesen wird, so ist die Rüge als unbegründet zurückzuweisen, da sie darauf beruht, dass, wie oben in Rn. 221 dargelegt, die Verbindlichkeit der Gründe des besagten Urteils in Bezug auf die Feststellungen, die nicht Gegenstand des Rechtsstreits waren, verkannt wird. 239 Hinsichtlich der dritten Rüge, dass die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße angesichts der Unsicherheit in Bezug auf das Ausmaß der ihr zur Last gelegten Zuwiderhandlung unzureichend begründet sei, hat das Gericht bereits oben in Rn. 209 festgestellt, dass diese angebliche Unsicherheit auf das Rechtsbehelfssystem sowie auf den Umstand zurückzuführen ist, dass die Klägerin nur die teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses vom 9. November 2010 beantragt hat. Diese Begründung findet sich auch im angefochtenen Beschluss (siehe oben, Rn. 206 und 207). 240 Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein muss und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen hat, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 147). 241 Die Einhaltung der Begründungspflicht ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV und des Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, EU:C:2011:620, Rn. 150, und vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission, T‑95/15, EU:T:2016:722, Rn. 45). 242 Im vorliegenden Fall ist jedoch festzustellen, dass allein der Umstand, dass der angefochtene Beschluss für bestimmte Teile der Zuwiderhandlung eine größere Anzahl von Beteiligten verantwortlich macht, als dies im Beschluss vom 9. November 2010 in Bezug auf dieselben rechtswidrigen Verhaltensweisen der Fall war, entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht geeignet ist, zusätzliche Erläuterungen erforderlich zu machen, da es sich nicht um einen Faktor handelt, dem die Kommission bei der Berechnung der Geldbuße Rechnung getragen hat. 243 Insoweit ist der Klägerin darin zwar zuzustimmen, dass die Kommission im 1209. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bei der Bestimmung der Schwere der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung u. a. den gemeinsamen Anteil der beschuldigten Fluggesellschaften am Weltmarkt neben anderen maßgeblichen Faktoren berücksichtigt hat. Auch geht entgegen den Angaben der Kommission aus dem 1212. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht hervor, dass sie diesen Marktanteil nicht berücksichtigt hätte. Die Kommission führt im betreffenden Erwägungsgrund lediglich aus, dass sie „insbesondere die Art und die räumliche Ausdehnung der Zuwiderhandlung“ berücksichtigt habe. 244 Hingegen ergibt sich aus der Gesamtheit der Ausführungen zur Schwere der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung in den Erwägungsgründen 1198 bis 1212 des angefochtenen Beschlusses, dass die Kommission im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Januar 2017, Roca/Kommission, C‑638/13 P, EU:C:2017:53, Rn. 67) eine Gesamtbeurteilung der verschiedenen maßgeblichen Faktoren vorgenommen hat, ohne etwaige Besonderheiten bestimmter materieller oder geografischer Aspekte der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung zu berücksichtigen. Auch dem unterschiedlichen Ausmaß der Beteiligung der beschuldigten Fluggesellschaften wurde in diesem Stadium nicht Rechnung getragen. Aus dem 1219. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass der Zusatzbetrag ebenfalls auf der Grundlage dieser Gesamtbeurteilung bestimmt wurde. Im Rahmen dieser Gesamtbeurteilung waren die oben in Rn. 242 angeführten Unterschiede nicht geeignet, die Kommission zu einer ergänzenden Begründung zu verpflichten, um das Verständnis der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße sicherzustellen. 245 Zum Vorbringen der Klägerin im Rahmen der Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts, wonach ganz allgemein die geringere Anzahl von Beteiligten an bestimmten ihr im Beschluss vom 9. November 2010 zur Last gelegten rechtswidrigen Verhaltensweisen im Vergleich zu den im angefochtenen Beschluss festgestellten Verhaltensweisen eine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertige, ist festzustellen, dass sich dieses Vorbringen auf die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses und nicht auf eine unzureichende Begründung bezieht. Diese Aussage wird im Übrigen durch nichts untermauert. 246 Nach alledem war die Kommission nicht aufgrund des Umstands, dass im angefochtenen Beschluss auf von der Klägerin nicht beanstandete Feststellungen von Zuwiderhandlungen im Beschluss vom 9. November 2010 Bezug genommen wird, verpflichtet, die Höhe der Geldbuße ausführlicher zu begründen. 247 Die vierte Rüge einer fehlenden Befugnis der Kommission zur Verhängung einer Geldbuße, die nicht ausschließlich auf im angefochtenen Beschluss festgestellten Zuwiderhandlungen beruht, kann ebenfalls nicht zum Erfolg führen. 248 Nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 kann die Kommission gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig gegen Art. 101 oder Art. 102 AEUV verstoßen. 249 Im Übrigen haben die Unionsgerichte bereits entschieden, dass die Befugnis der Kommission, einen bestimmten Rechtsakt zu erlassen, zwangsläufig die Befugnis einschließen muss, diesen Akt unter Beachtung der Bestimmungen über ihre Zuständigkeit sowie unter Beachtung der insoweit vorgesehenen Formvorschriften und Verfahren zu ändern (Urteil vom 9. Dezember 2014, Lucchini/Kommission, T‑91/10, EU:T:2014:1033, Rn. 108). Im besonderen Fall einer teilweisen Nichtigerklärung eines bestimmten Rechtsakts muss diese Befugnis auch die Befugnis umfassen, eine neue Entscheidung zu erlassen, die gegebenenfalls die bestandskräftig gewordenen Teile des Rechtsakts ergänzt. 250 Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass die streitigen Feststellungen von Zuwiderhandlungen im Beschluss vom 9. November 2010 im Rahmen desselben Verfahrens und auf dieselbe Mitteilung der Beschwerdepunkte hin getroffen wurden, die auch zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt haben. 251 Sodann hat die Kommission im angefochtenen Beschluss ausdrücklich erläutert, warum sie den verfügenden Teil des Beschlusses vom 9. November 2010, soweit er die Klägerin betrifft, berücksichtigt hat und warum sie dementsprechend das Ausmaß der neu festgestellten, durch die Klägerin begangenen Zuwiderhandlungen eingeschränkt hat (siehe oben, Rn. 206 und 207). 252 Schließlich wurde, wie in den Erwägungsgründen 9 und 11 des angefochtenen Beschlusses dargelegt, mit dem Urteil vom 16. Dezember 2015, British Airways/Kommission (T‑48/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:988), der Beschluss vom 9. November 2010 u. a. insoweit für nichtig erklärt, als mit ihm eine Geldbuße gegen die Klägerin verhängt worden war, woraufhin die Kommission zur Durchführung dieses Urteils im Rahmen des angefochtenen Beschlusses nochmals eine Bestimmung erließ, mit der sie aufgrund der Beteiligung der Klägerin an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung eine Geldbuße gegen diese verhängte. 253 Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission ihre Befugnis nicht überschritten hat. [nicht wiedergegeben] 9. Zum achten Klagegrund: Fehler der Kommission bei der Berechnung der Ermäßigung, die der Klägerin aufgrund der Kronzeugenregelung gewährt wurde 407 Im Rahmen des achten Klagegrundes macht die Klägerin erstens geltend, die Kommission habe einen Rechtsfehler begangen, indem sie davon ausgegangen sei, dass dem Antrag der Klägerin auf Anwendung der Kronzeugenregelung vom 27. Februar 2006 kein „erheblicher Mehrwert“ zukomme, weil er nur Angaben erhärte, die die Kommission bereits von Lufthansa erhalten habe. 408 Zweitens trägt die Klägerin vor, sie habe neue Beweise für das Bestehen von Vereinbarungen vorgelegt, an denen mehrere andere Fluggesellschaften beteiligt gewesen seien. Die Kommission habe sich im angefochtenen Beschluss auf diese Beweise gestützt, versuche nun aber, deren Bedeutung herunterzuspielen, indem sie fälschlicherweise behaupte, dass diese bereits öffentlich zugänglich gewesen seien. 409 Drittens habe die Klägerin Beweise vorgelegt, die es zumindest ermöglicht hätten, Ausmaß und Dauer der festgestellten Zuwiderhandlung zu belegen. 410 Viertens macht die Klägerin geltend, dass die Beurteilung der Kommission, wonach die von der Klägerin im Rahmen ihres Antrags auf Anwendung der Kronzeugenregelung gemachten Erklärungen ausweichend oder unklar gewesen seien, sowohl fehlerhaft als auch unzutreffend sei. 411 Fünftens führt die Klägerin aus, sie sei gegenüber den anderen Unternehmen, die die Anwendung der Kronzeugenregelung beantragt und bedeutendere Ermäßigungen erhalten hätten als sie selbst, ungerecht behandelt worden, da im angefochtenen Beschluss der Beweiswert der Angaben einiger dieser Unternehmen ebenso in Frage gestellt worden sei wie im Fall der Klägerin, und sich andere Unternehmen, beispielsweise Air Canada, nicht kooperativ verhalten hätten. 412 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 413 Nach Rn. 20 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 „[kann] Unternehmen, die die Voraussetzungen [für den Erlass einer Geldbuße] nicht erfüllen, … eine Ermäßigung der Geldbuße gewährt werden, die andernfalls verhängt worden wäre.“ 414 Gemäß Rn. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 „[muss, u]m für eine [Ermäßigung der Geldbuße nach Rn. 20 dieser Regelung] in Betracht zu kommen, … das Unternehmen der Kommission Beweismittel für die mutmaßliche Zuwiderhandlung vorlegen, die gegenüber den bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweismitteln einen erheblichen Mehrwert darstellen, und seine Beteiligung an der mutmaßlich rechtswidrigen Handlung spätestens zum Zeitpunkt der Beweisvorlage einstellen.“ 415 In Rn. 22 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 wird der Begriff des erheblichen Mehrwerts wie folgt definiert: „Der Begriff ‚Mehrwert‘ bezieht sich auf das Ausmaß, in dem die vorgelegten Beweismittel aufgrund ihrer Eigenschaft und/oder ihrer Ausführlichkeit der Kommission dazu verhelfen, den betreffenden Sachverhalt nachzuweisen. Bei ihrer Würdigung wird die Kommission im Allgemeinen schriftlichen Beweisen aus der Zeit des nachzuweisenden Sachverhalts einen größeren Wert beimessen als solchen, die zeitlich später einzuordnen sind. Ebenso werden Beweismittel, die den fraglichen Sachverhalt unmittelbar beweisen, höher eingestuft als jene, die nur einen mittelbaren Bezug aufweisen.“ 416 Rn. 23 Buchst. b Abs. 1 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 sieht drei Bandbreiten für die Ermäßigung der Geldbuße vor. Das erste Unternehmen, das die Voraussetzungen unter Rn. 21 dieser Mitteilung erfüllt, hat Anrecht auf eine Ermäßigung zwischen 30 % und 50 %, das zweite auf eine Ermäßigung zwischen 20 % und 30 % und jedes weitere auf eine Ermäßigung bis zu 20 %. 417 Die Kommission verfügt bei der Beurteilung der Qualität und Nützlichkeit des Kooperationsbeitrags eines Unternehmens, insbesondere im Vergleich zu den Beiträgen anderer Unternehmen, über ein weites Ermessen (Urteile vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, C‑328/05 P, EU:C:2007:277, Rn. 88, und vom 20. Mai 2015, Timab Industries und CFPR/Kommission, T‑456/10, EU:T:2015:296, Rn. 177). 418 Dass die Kommission sämtliche ihr vorliegenden Beweise und damit auch die von der Klägerin in deren Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung mitgeteilten Informationen verwertet, belegt im Übrigen noch nicht, dass diese Informationen gegenüber den der Kommission bereits vorliegenden Beweisen einen erheblichen Mehrwert darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juli 2011, ThyssenKrupp Liften Ascenseurs/Kommission, T‑144/07, T‑147/07 bis T‑150/07 und T‑154/07, EU:T:2011:364, Rn. 398). 419 Eine Erklärung, die lediglich in gewissem Umfang die der Kommission bereits vorliegenden Erklärungen erhärtet, erleichtert die Aufgabe der Kommission schließlich nicht nennenswert (vgl. Urteil vom 17. Mai 2011, Elf Aquitaine/Kommission, T‑299/08, EU:T:2011:217, Rn. 343 und die dort angeführte Rechtsprechung). 420 In den Erwägungsgründen 1363 bis 1371 des angefochtenen Beschlusses vertrat die Kommission die Ansicht, dass die von der Klägerin anlässlich der Übermittlung ihres Antrags auf Anwendung der Kronzeugenregelung am 27. Februar 2006 gemachten Angaben keinen „erheblichen Mehrwert“ aufwiesen, so dass sie nicht als das erste Unternehmen angesehen werden könne, das die Voraussetzungen nach Rn. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 erfülle. Erst in einem weiter fortgeschrittenen Stadium des Verwaltungsverfahrens gelangte die Kommission auf der Grundlage von Beweisen, die die Klägerin zu einem späteren Zeitpunkt vorgelegt hatte, zu der Auffassung, dass die Klägerin als neuntes Unternehmen die Voraussetzungen nach Rn. 21 dieser Mitteilung erfülle (vgl. 1381. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 421 Im 1364. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses stellte die Kommission fest, dass sich die von der Klägerin am 27. Februar 2006 übermittelten Beweise „aus zahlreichen Dokumenten zusammensetzen, die der Kommission aufgrund von Nachprüfungen bereits bekannt waren, aus einigen neuen Dokumenten mit begrenztem Wert für die Kommission sowie aus einer Unternehmenserklärung, die in Bezug auf das Kartell und die Teilnahme [der Klägerin] an diesem Kartell ausweichend und unklar ist“. 422 Die Kommission schloss daraus im 1365. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass den Beweisen „also kein erheblicher Mehrwert zukomm[e], da weder der Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung noch die am 27. Februar 2006 übermittelten Unterlagen der Kommission wichtige zusätzliche Beweise für die mutmaßliche Zuwiderhandlung liefer[te]n“. 423 Erstens ist festzustellen, dass die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht allein deshalb ausgeschlossen hat, dass die von der Klägerin am 27. Februar 2006 vorgelegten Beweise einen „erheblichen Mehrwert“ darstellen, weil sie lediglich Informationen erhärteten, die der Kommission bereits bekannt gewesen seien. So hat die Kommission u. a. festgestellt, dass sie über zahlreiche von der Klägerin vorgelegte Dokumente bereits verfügt habe, insbesondere, weil diese bei der in den Räumlichkeiten der Klägerin durchgeführten Nachprüfung entdeckt worden seien (1370. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Außerdem hätten einige von der Klägerin übermittelte Unterlagen keinen Bezug zu der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung aufgewiesen (Erwägungsgründe 1367 und 1370 des angefochtenen Beschlusses) bzw. deren Vorliegen nicht untermauert (1367. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 424 Zweitens bestehen die von der Klägerin vorgelegten Beweise, die ihr zufolge das Vorhandensein der in Rn. 408 angesprochenen Vereinbarungen belegen sollen, aus [vertraulich] (2 ). Diese wurden von der Kommission verwendet [vertraulich]. Die Kommission hat jedoch im 1370. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen, [vertraulich], und dass ihr dieser Austausch zwischen [vertraulich] bereits bekannt gewesen sei. Die Klägerin hat dem nicht widersprochen. 425 Zu diesen Beweisen, die es nach Ansicht der Klägerin ermöglicht hätten, das Ausmaß und die Dauer der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung auszudehnen, zählen drittens auch [vertraulich]. Diese wurden verwendet [vertraulich]. 426 Der 126. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses lautet: [vertraulich] 427 Aus den Erwägungsgründen 124 und 125 des angefochtenen Beschlusses geht jedoch hervor, dass die Kommission [vertraulich] bereits über Informationen zu den Absprachen [vertraulich] verfügte. 428 Außerdem geht aus dem 193. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervor, dass der Kommission dank bei der Nachprüfung in den Räumlichkeiten der Klägerin entdeckter Dokumente bereits Beweise vorlagen [vertraulich]. 429 Aus einer internen E‑Mail der Klägerin ergibt sich, [vertraulich]. 430 Sodann heißt es im 336. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses: [vertraulich] 431 Die im 336. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zusammengefassten Erklärungen der Klägerin bestätigen die hierzu von Lufthansa anlässlich ihres Antrags auf Anwendung der Kronzeugenregelung übermittelten und in den Erwägungsgründen 124 und 125 des angefochtenen Beschlusses zusammengefassten Informationen. [vertraulich]. Es ist jedoch festzustellen, dass die von der Klägerin vorgelegten und im 336. Erwägungsgrund zusammengefassten Beweise entweder aus Erklärungen bestanden, die nach dem streitigen Sachverhalt im Rahmen des von der Kommission eingeleiteten Verfahrens abgegeben wurden, oder aus indirekten Nachweisen [vertraulich]. 432 Viertens ist zu der von der Kommission vorgenommenen Beurteilung der [vertraulich], wonach diese „in Bezug auf das [streitige] Kartell und die Teilnahme [der Klägerin] an diesem Kartell ausweichend und unklar“ sei (1364. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), festzustellen, dass die Klägerin nicht bestreitet, dass sie [vertraulich] den wettbewerbswidrigen Charakter ihres Austauschs mit Lufthansa hinsichtlich des Treibstoffaufschlags nicht ausdrücklich eingeräumt habe. Dass sie ihre Teilnahme an einem wettbewerbswidrigen Verhalten nicht eingesteht, ist für die Beurteilung des Mehrwerts ihrer mündlichen Ausführungen nicht unerheblich. 433 Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission keinen Fehler begangen hat, als sie in Anbetracht der ihr bereits vorliegenden Informationen und des Inhalts des Antrags der Klägerin auf Anwendung der Kronzeugenregelung vom 27. Februar 2006 zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Antrag keinen erheblichen Mehrwert im Sinne von Rn. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 darstelle. [nicht wiedergegeben] Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Art. 1 Abs. 1 Buchst. e, Art. 1 Abs. 2 Buchst. e und Art. 1 Abs. 3 Buchst. e des Beschlusses C(2017) 1742 final der Kommission vom 17. März 2017 in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV, Artikel 53 des EWR-Abkommens und Artikel 8 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr (Sache AT.39258 – Luftfracht) werden für nichtig erklärt, soweit sie die Beteiligung der British Airways plc an dem Teil der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung feststellen, der die Verweigerung der Zahlung von Provisionen auf Treibstoffaufschläge betrifft. 2. Art. 1 Abs. 4 Buchst. e des Beschlusses C(2017) 1742 final wird für nichtig erklärt. 3. Die durch Art. 3 Buchst. e des Beschlusses C(2017) 1742 final gegen British Airways verhängte Geldbuße wird auf 84456000 Euro festgesetzt. 4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 5. Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten sowie ein Drittel der Kosten von British Airways. 6. British Airways trägt zwei Drittel ihrer eigenen Kosten. Kanninen Schwarcz Iliopoulos Spielmann Reine Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 30. März 2022. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Englisch. (1 ) Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet. (2 ) Nicht wiedergegebene vertrauliche Daten.
Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 13. September 2013.#Total Raffinage Marketing gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Markt für Paraffinwachse − Markt für Gatsch − Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird − Festsetzung der Preise und Aufteilung der Märkte − Nachweis des Bestehens des Kartells − Begriff der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung − Dauer der Zuwiderhandlung − Unterbrechung der Zuwiderhandlung − Leitlinien von 2006 über die Festsetzung von Geldbußen – Gleichbehandlung – Unschuldsvermutung − Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung − Haftung einer Muttergesellschaft für die von ihren Tochtergesellschaften begangenen Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln − Bestimmender Einfluss der Muttergesellschaft − Vermutung im Fall einer 100%igen Beteiligung – Verhältnismäßigkeit – Rundungsmethode − Unbeschränkte Ermessensnachprüfung.#Rechtssache T‑566/08.
62008TJ0566
ECLI:EU:T:2013:423
2013-09-13T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62008TJ0566 URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer) 13. September 2013 (*1) „Wettbewerb — Kartelle — Markt für Paraffinwachse — Markt für Paraffingatsch — Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wurde — Preisfestsetzung und Marktaufteilung — Nachweis des Bestehens des Kartells — Begriff ‚einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung‘ — Dauer der Zuwiderhandlung — Unterbrechung der Zuwiderhandlung — Leitlinien von 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen — Gleichbehandlung — Unschuldsvermutung — Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung — Haftung einer Muttergesellschaft für die von ihren Tochtergesellschaften begangenen Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln — Bestimmender Einfluss der Muttergesellschaft — Vermutung im Fall einer 100%igen Beteiligung — Verhältnismäßigkeit — Rundungsmethode — Unbeschränkte Nachprüfung“ In der Rechtssache T‑566/08 Total Raffinage Marketing mit Sitz in Puteaux (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Vandencasteele, C. Falmagne, C. Lemaire und S. Naudin, Klägerin, gegen Europäische Kommission, vertreten durch: F. Castillo de la Torre und A. Biolan, als Bevollmächtigte, im Beistand von Rechtsanwalt N. Coutrelis, Beklagte, wegen teilweiser Nichtigerklärung der Entscheidung K(2008) 5476 endg. der Kommission vom 1. Oktober 2008 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] und Art. 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39.181 – Kerzenwachse), hilfsweise, Herabsetzung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße, erlässt DAS GERICHT (Vierte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz (Berichterstatter) sowie der Richterin I. Labucka und des Richters K. O’Higgins, Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2010 folgendes Urteil Sachverhalt 1 Mit der Entscheidung K(2008) 5476 endg. vom 1. Oktober 2008 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP/39.181 – Kerzenwachse) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) stellte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften fest, dass die Klägerin, Total Raffinage Marketing SA (ehemals Total France SA), und ihre zu 100 % an ihr beteiligte Muttergesellschaft, Total SA, mit anderen Unternehmen gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (im Folgenden: EWR) verstoßen hätten, indem sie sich an einem Kartell auf dem Markt für Paraffinwachse im EWR und auf dem deutschen Markt für Paraffingatsch beteiligt hätten. 2 Die Adressaten der angefochtenen Entscheidung sind außer der Klägerin und ihrer Muttergesellschaft Total SA (im Folgenden zusammen: Total-Gruppe oder Total) die folgenden Gesellschaften: ENI SpA, Esso Deutschland GmbH, Esso Société Anonyme Française, ExxonMobil Petroleum and Chemical BVBA und Exxon Mobil Corp. (im Folgenden zusammen: ExxonMobil), H&R ChemPharm GmbH, die H&R Wax Company Vertrieb GmbH und Hansen & Rosenthal KG (im Folgenden zusammen: H&R), Tudapetrol Mineralölerzeugnisse Nils Hansen KG, MOL Nyrt., Repsol YPF Lubricantes y Especialidades SA, Repsol Petróleo SA und Repsol YPF SA (im Folgenden zusammen: Repsol), Sasol Wax GmbH, Sasol Wax. International AG, Sasol Holding in Germany GmbH und Sasol Ltd (im Folgenden zusammen: Sasol), Shell Deutschland Oil GmbH,·Shell Deutschland Schmierstoff GmbH, Deutsche Shell GmbH, Shell International Petroleum Company Ltd, The Shell Petroleum Company Ltd, Shell Petroleum NV und The Shell Transport and Trading Company Ltd (im Folgenden zusammen: Shell), RWE Dea AG und RWE AG (im Folgenden zusammen: RWE) (Randnr. 1 der angefochtenen Entscheidung). 3 Die Paraffinwachse werden in Raffinerien aus Rohöl hergestellt. Sie werden für die Herstellung von Produkten wie Kerzen, Chemikalien, Reifen und Erzeugnissen der Automobilindustrie sowie in der Kautschuk-, Verpackungs- und Klebstoff- und Kaugummiindustrie eingesetzt (Randnr. 4 der angefochtenen Entscheidung). 4 Bei der Herstellung von Paraffinwachsen dient Paraffingatsch als Ausgangsmaterial. Es fällt in Raffinerien als Nebenprodukt bei der Herstellung von Mineralölen aus Rohöl an. Es wird auch an Endabnehmer, z. B. an Hersteller von Spanplatten, verkauft (Randnr. 5 der angefochtenen Entscheidung). 5 Die Kommission begann ihre Untersuchung, nachdem Shell Deutschland Schmierstoff sie mit Schreiben vom 17. März 2005 über das Bestehen eines Kartells informiert hatte und bei ihr einen Antrag auf Geldbußenerlass gemäß der Mitteilung der Kommission von 2002 über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. C 45, S. 3) (im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002) gestellt hatte (Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung). 6 Am 28. und 29. April 2005 führte die Kommission in Anwendung von Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) Nachprüfungen in den Räumlichkeiten von „H&R/Tudapetrol“, ENI, MOL sowie in denjenigen der Gesellschaften der Gruppen Sasol, ExxonMobil, Repsol und Total durch (Randnr. 75 der angefochtenen Entscheidung). 7 Am 29. Mai 2007 richtete die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an die oben in Randnr. 2 genannten Gesellschaften, darunter Total France (Randnr. 85 der angefochtenen Entscheidung). Mit Schreiben vom 14. August 2007 antwortete Total France auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte. 8 Am 10. und 11. Dezember 2007 führte die Kommission eine mündliche Anhörung durch, an der Total France teilnahm (Randnr. 91 der angefochtenen Entscheidung). 9 In der angefochtenen Entscheidung vertritt die Kommission in Anbetracht der ihr vorliegenden Beweise die Ansicht, dass die Adressaten, die die Mehrheit der Paraffinwachs- und Paraffingatschhersteller im EWR darstellen, an einer einheitlichen, komplexen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen teilgenommen haben, die das Gebiet des EWR betraf. Diese Zuwiderhandlung bestand aus Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen über Preisfestsetzungen und über den Austausch und die Offenlegung vertraulicher Geschäftsinformationen über Paraffinwachse (im Folgenden: Hauptteil der Zuwiderhandlung). In Bezug auf RWE (später Shell), ExxonMobil, MOL, Repsol, Sasol und Total betraf die Zuwiderhandlung über Paraffinwachse auch die Aufteilung von Kunden und/oder Märkten (im Folgenden: zweiter Teil der Zuwiderhandlung). Außerdem betraf die von RWE, ExxonMobil, Sasol und Total begangene Zuwiderhandlung auch auf dem deutschen Markt an Endabnehmer verkauftes Paraffingatsch (im Folgenden: Paraffingatsch betreffender Teil der Zuwiderhandlung) (Randnrn. 2, 95, 328 und Art. 1 der angefochtenen Entscheidung). 10 Die rechtswidrigen Verhaltensweisen wurden bei wettbewerbswidrigen Zusammenkünften, die „technische Treffen“ oder manchmal Treffen „Blauer Salon“ genannt wurden, und bei „Paraffingatsch betreffenden Zusammenkünften“, die speziell den Fragen in Bezug auf Paraffingatsch gewidmet waren, von den Beteiligten ausgeübt. 11 Gemäß der angefochtenen Entscheidung waren die Beschäftigten von Total France während der gesamten Dauer unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligt. Die Kommission machte folglich Total France für ihre Beteiligung an dem Kartell haftbar (Randnrn. 555 und 556 der angefochtenen Entscheidung). Außerdem wurde Total France im Zeitraum 1990 bis zum Ende der Zuwiderhandlung unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 98 % von Total SA gehalten. Die Kommission war der Ansicht, dass auf dieser Grundlage vermutet werden könne, Total SA habe einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten von Total France ausgeübt, da beide Gesellschaften Teil desselben Unternehmens gewesen seien (Randnrn. 557 bis 559 der angefochtenen Entscheidung). In Beantwortung einer mündlichen Frage in der Anhörung, betreffend die Zuweisung der Haftung an ihre Muttergesellschaft, verwies die Klägerin auf die gesamten Informationen, die von Total SA in der im Zusammenhang stehenden Rechtssache T‑548/08, Total SA/Kommission, in der an diesem Tag das Urteil ergangen ist, übermittelt worden seien. In dieser Rechtssache erklärte Total SA in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts, dass Total France im streitigen Zeitraum unmittelbar oder mittelbar zu 100 % von ihr gehalten worden sei. 12 Die Höhe der im vorliegenden Fall verhängten Geldbußen wurde auf der Grundlage der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2) (im Folgenden: Leitlinien von 2006) berechnet, die zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Mitteilung der Beschwerdepunkte an die oben in Randnr. 2 genannten Gesellschaften in Kraft waren. 13 Im Fall der Klägerin berücksichtigte die Kommission den Jahresumsatz auf den betreffenden Märkten. Dieser belief sich auf 31133865 Euro (davon 1993620 Euro für Paraffingatsch). 14 Dann berücksichtigte die Kommission für die Schwere der Zuwiderhandlung 18 % des Jahresumsatzes von Paraffinwachsen und 15 % des Jahresumsatzes von Paraffingatsch. Die sich daraus ergebenden Beträge wurden wegen der Dauer der Zuwiderhandlung mit dem Faktor 13 für Paraffinwachse und 7 für Paraffingatsch multipliziert. Ebenso bezog die Kommission nach Art. 25 der Leitlinien von 2006 in den Grundbetrag einen zusätzlichen, „Eintrittsgebühr“ genannten Betrag ein, der 18 % des Umsatzes von Paraffinwachsen und 15 % des Umsatzes von Paraffingatsch darstellte. Die Kommission gelangte schließlich für Total zu einer Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße in Höhe von 75390000 Euro (Randnr. 671 der angefochtenen Entscheidung). 15 Die Kommission hat gegenüber der Klägerin keinen erschwerenden oder mildernden Umstand angenommen, so dass der Grundbetrag insoweit nicht angepasst wurde. Jedoch legte die Kommission zum Zweck der Abschreckung im Hinblick auf den beträchtlichen Gesamtumsatz der Total-Gruppe gemäß Nr. 30 der Leitlinien von 2006 einen Koeffizienten von 1,7 fest. Indem sie den Grundbetrag mit diesem Koeffizienten multiplizierte, kam die Kommission somit auf den Grundbetrag, der auf 128163000 Euro angepasst wurde. 16 Mangels einer Herabsetzung der Höhe der Geldbuße aufgrund der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3) war der auf 128163000 Euro angepasste Grundbetrag gleichzeitig der Gesamtbetrag der Geldbuße (Randnr. 785 der angefochtenen Entscheidung). 17 Die angefochtene Entscheidung enthält u. a. folgende Bestimmungen: „Artikel 1 Die folgenden Unternehmen haben eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 [EG] und – seit dem 1. Januar 1994 – gegen Artikel 53 EWR-Abkommen begangen, indem sie sich in den jeweils genannten Zeiträumen an einer fortdauernden Vereinbarung und/oder einer fortdauernden abgestimmten Verhaltensweise im Paraffinwachssektor auf dem Gemeinsamen Markt und, seit 1. Januar 1994, im Europäischen Wirtschaftsraum beteiligten: … Total France SA : vom 3. September 1992 bis 28. April 2005; und Total SA : vom 3. September 1992 bis 28. April 2005. Bei den folgenden Unternehmen betrifft die Zuwiderhandlung auch an Endkunden auf dem deutschen Markt verkauftes Paraffingatsch im jeweils angegebenen Zeitraum: Total France SA: vom 30. Oktober 1997 bis 12. Mai 2004; und Total SA: vom 30. Oktober 1997 bis 12. Mai 2004. … Artikel 2 Für die in Artikel 1 genannte Zuwiderhandlung werden folgende Geldbußen festgesetzt: ENI SpA: 29120000 EUR; Esso Société Anonyme Française : 83588400 EUR; davon gesamtschuldnerisch mit ExxonMobil Petroleum and Chemical BVBA und ExxonMobil Corporation: 34670400 EUR, davon gesamtschuldnerisch mit Esso Deutschland GmbH: 27081600 EUR; Tudapetrol Mineralölerzeugnisse Nils Hansen KG: 12000000 EUR; Hansen & Rosenthal KG gesamtschuldnerisch mit H&R Wax Company Vertrieb GmbH: 24000000 EUR; davon gesamtschuldnerisch mit H&R ChemPharm GmbH: 22000000 EUR; MOL Nyrt.: 23700000 EUR; Repsol YPF Lubricantes y Especialidades S.A. gesamtschuldnerisch mit Repsol Petróleo S.A. und Repsol YPF S.A.: 19800000 EUR; Sasol Wax GmbH : 318200000 EUR, davon gesamtschuldnerisch mit Sasol Wax International AG, Sasol Holding in Germany GmbH und Sasol Limited: 250700000 EUR; Shell Deutschland Oil GmbH, Shell Deutschland Schmierstoff GmbH, Deutsche Shell GmbH, Shell International Petroleum Company Limited, the Shell Petroleum Company Limited, Shell Petroleum NV und the Shell Transport and Trading Company Limited : 0 EUR; RWE-Dea AG gesamtschuldnerisch mit RWE AG: 37440000 EUR; Total France SA gesamtschuldnerisch mit Total SA: 128163000 EUR.“ Verfahren und Anträge der Parteien 18 Mit Klageschrift, die am 17. Dezember 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 19 Die Klägerin beantragt, — die Art. 1 und 2 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die Klägerin betroffen ist; — hilfsweise, den Betrag der gegen sie in Artikel 2 der Entscheidung verhängten Geldbuße angemessen herabzusetzen; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 20 Die Kommission beantragt, — die Klage abzuweisen; — der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 21 Die Klägerin stützt ihre Anträge auf teilweise Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung und auf Herabsetzung des Betrags der gegen sie verhängten Geldbuße auf elf Klagegründe. 22 Mit dem ersten Klagegrund rügt sie einen Verstoß gegen Art. 81 EG und eine Verletzung der Begründungspflicht in Bezug auf die Beurteilung des Paraffingatsch betreffenden Teils der Zuwiderhandlung. Mit dem zweiten Klagegrund rügt sie einen Verstoß gegen Art. 81 EG und eine Verletzung der Begründungspflicht in Bezug auf die Umsetzung der die Paraffinwachse betreffenden Verhaltensweisen. Mit dem dritten Klagegrund rügt sie einen Verstoß gegen Art. 81 EG und gegen die Grundsätze der Unschuldsvermutung, der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung in Bezug auf die Teilnahme der Klägerin an der Zuwiderhandlung nach dem 12. Mai 2004. Mit dem vierten Klagegrund rügt sie einen Verstoß gegen Art. 81 EG und gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung wegen der Nichtbeachtung der Unterbrechung der Teilnahme der Klägerin an den in Rede stehenden Verhaltensweisen durch die Kommission. Mit dem fünften Klagegrund rügt sie die Verletzung der Begründungspflicht und einen Verstoß gegen die Leitlinien von 2006 durch die Nichtberücksichtigung der Nichtumsetzung des Kartells. Mit dem sechsten Klagegrund rügt sie die Verletzung der Begründungspflicht und einen Verstoß gegen die Leitlinien von 2006 bei der Ermittlung des Referenzzeitraums, der der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße dient. Mit dem siebten Klagegrund rügt sie einen Verstoß gegen die Leitlinien von 2006 und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Ermittlung des Prozentsatzes, der für den Umsatz von Paraffingatsch zu berücksichtigen ist. Mit dem achten Klagegrund rügt sie einen Verstoß gegen die Verordnung Nr. 1/2003 und einen Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung und der Unschuldsvermutung aufgrund der in den Leitlinien von 2006 festgelegten Berechnungsmethode. Mit dem neunten Klagegrund wird ein Verstoß gegen die Leitlinien von 2006, gegen den Grundsatz der individuellen Straf- und Sanktionsfestsetzung und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durch die Festsetzung des Zusatzbetrags zur Geldbuße zum Zweck der Abschreckung gerügt. Mit dem zehnten Klagegrund wird ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße gerügt. Mit dem elften Klagegrund wird ein Verstoß gegen Art. 81 EG insofern gerügt, als das wettbewerbswidrige Verhalten von Total France ihrer Muttergesellschaft Total SA zugerechnet wurde. Darüber hinaus hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung einen zwölften Klagegrund geltend gemacht, mit dem sie insofern die Verletzung ihrer Verteidigungsrechte rügt, als die Umsätze der übrigen zur Total-Gruppe gehörenden Gesellschaften in den Umsatz, der für die Festsetzung der Geldbuße verwendet worden sei, einbezogen worden seien. 23 Das Gericht hält es für zweckmäßig, mit der Prüfung des zweiten Klagegrundes zu beginnen. 1. Zum zweiten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 81 EG und eine Verletzung der Begründungspflicht in Bezug auf die Verhaltensweisen, die die Paraffinwachse betreffen, gerügt wird 24 Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Kommission in Randnr. 2 der angefochtenen Entscheidung unter dem Punkt „Zusammenfassung der Zuwiderhandlung“ befunden hat, die Adressaten hätten an einer einzigen, komplexen und fortdauernden Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen teilgenommen. Hinsichtlich Paraffinwachsen habe diese Zuwiderhandlung in „Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestanden, die darauf abzielten, … Preise festzusetzen, kommerziell empfindliche Informationen auszutauschen und offenzulegen“ (Hauptteil der Zuwiderhandlung) und darin, „Kunden und Märkte aufzuteilen“ (zweiter Teil der Zuwiderhandlung). 25 Die Klägerin macht geltend, die von der Kommission vorgenommene Würdigung der Beweise für die ersten beiden Teile der Zuwiderhandlung betreffend Paraffinwachse sei fehlerhaft. Somit habe die Kommission gegen Art. 81 EG und ihre Begründungspflicht verstoßen. 26 Mit dem ersten Teil des vorliegenden Klagegrundes macht die Klägerin geltend, von dem unter den Hauptteil der Zuwiderhandlung fallenden Verhalten könnten nur der Austausch von Informationen betreffend die Marktverhältnisse von Paraffinwachsen, die Verkaufsmengen und das Niveau der praktizierten Preise belegt werden, während die die Preisfestsetzung für Paraffinwachse betreffenden Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen auf der Grundlage des Akteninhalts ihr gegenüber nicht mit Erfolg festgestellt werden könnten. 27 Im zweiten Teil trägt die Klägerin vor, die Kommission habe in unrechtmäßiger Weise nicht beachtet, dass für die Umsetzung der Vereinbarungen über Preisfestsetzungen keine Beweise vorlägen. 28 Mit dem dritten Teil wirft die Klägerin der Kommission vor, dass die in den Akten befindlichen Beweise ihre Teilnahme am zweiten Teil der Zuwiderhandlung, d. h. an der Aufteilung der geografischen Märkte und der Kunden bei den Paraffinwachse betreffenden technischen Treffen nicht belegen könnten. 29 Im vierten Teil betont die Klägerin, dass die von ihr vorgelegte wirtschaftliche Analyse der Verkaufspreise ihre vermutete Teilnahme an einer Vereinbarung über Preisfestsetzungen widerlege. Vorbemerkungen Zu den Begriffen „Vereinbarung“ und „abgestimmte Verhaltensweise“ 30 Gemäß Art. 81 Abs. 1 EG sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten. 31 Eine Vereinbarung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG liegt schon dann vor, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten (Urteile des Gerichts vom 17. Dezember 1991, Hercules Chemicals/Kommission, T-7/89, Slg. 1991, II-1711, Randnr. 256, und vom 20. März 2002, HFB u. a./Kommission, T-9/99, Slg. 2002, II-1487, Randnr. 199). 32 Vom Abschluss einer Vereinbarung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG kann ausgegangen werden, wenn hinsichtlich der Wettbewerbsbeschränkung als solcher ein übereinstimmender Wille vorliegt, selbst wenn die einzelnen Gesichtspunkte der beabsichtigten Beschränkung noch Gegenstand von Verhandlungen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil HFB u. a./Kommission, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnrn. 151 bis 157 und 206). 33 Bei der abgestimmten Verhaltensweise handelt es sich um eine Form der Koordinierung zwischen Unternehmen, die zwar noch nicht bis zum Abschluss eines Vertrags im eigentlichen Sinne gediehen ist, jedoch bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt (Urteile des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C-49/92 P, Slg. 1999, I-4125, Randnr. 115, und Hüls/Kommission, C-199/92 P, Slg. 1999, I-4287, Randnr. 158). 34 Art. 81 Abs. 1 EG steht jeder unmittelbaren oder mittelbaren Kontaktaufnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern entgegen, durch die entweder das Marktverhalten eines tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerbers beeinflusst oder ein solcher Wettbewerber über das Marktverhalten, zu dem der betreffende Wirtschaftsteilnehmer selbst entschlossen ist oder das er in Erwägung zieht, ins Bild gesetzt wird, wenn diese Kontaktaufnahme eine Beschränkung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 33 angeführt, Randnrn. 116 und 117). Zu den Grundsätzen der Beweiswürdigung 35 Nach der Rechtsprechung hat die Kommission die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen zu beweisen und die Beweismittel beizubringen, die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend beweisen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C-185/95 P, Slg. 1998, I-8417, Randnr. 58, und Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Dresdner Bank u. a./Kommission, T‑44/02 OP, T‑54/02 OP, T‑56/02 OP, T‑60/02 OP und T‑61/02 OP, Slg. 2006, II‑3567, Randnr. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung). 36 Was den Umfang der gerichtlichen Kontrolle anbelangt, hat nach ständiger Rechtsprechung das Gericht bei einer Nichtigkeitsklage gegen eine Entscheidung nach Art. 81 Abs. 1 EG generell eine umfassende Prüfung der Frage vorzunehmen, ob die Tatbestandsmerkmale von Art. 81 Abs. 1 EG erfüllt sind (vgl. Urteil des Gerichts vom 26. Oktober 2000, Bayer/Kommission, T-41/96, Slg. 2000, II-3383, Randnr. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung). 37 Ein hierauf bezogener etwaiger Zweifel des Gerichts muss dem Unternehmen zugutekommen, an das die Entscheidung gerichtet ist, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird. Der Richter kann also, besonders im Rahmen einer Klage auf Nichtigerklärung einer eine Geldbuße verhängenden Entscheidung, nicht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Kommission die betreffende Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn ihm in dieser Frage ein Zweifel verbleibt (Urteil Dresdner Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnr. 60). 38 Unter den genannten Umständen ist nämlich die Unschuldsvermutung ‐ insbesondere nach Art. 6 Abs. 2 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ‐ zu beachten, die zu den Grundrechten gehört, die allgemeine Grundsätze des Rechts der Europäischen Union darstellen. Angesichts der Art der betreffenden Zuwiderhandlungen sowie der Art und der Schwere der ihretwegen verhängten Sanktionen gilt die Unschuldsvermutung insbesondere in Verfahren wegen Verletzung der für Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Dresdner Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnr. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). 39 Somit ist es erforderlich, dass die Kommission aussagekräftige und übereinstimmende Beweise beibringt, um das Vorliegen der Zuwiderhandlung nachzuweisen. Jedoch muss nicht jeder der von der Kommission vorgelegten Beweise diese Kriterien notwendig hinsichtlich jedes Merkmals der Zuwiderhandlung erfüllen. Es genügt, wenn ein von der Kommission angeführtes Bündel von Indizien im Ganzen betrachtet dem genannten Erfordernis entspricht (vgl. Urteil Dresdner Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnrn. 62 und 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). 40 Die Indizien, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung anführt, um einen Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG zu beweisen, sind nicht einzeln, sondern in ihrer Gesamtheit zu würdigen (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2008, BPB/Kommission, T-53/03, Slg. 2008, II-1333, Randnr. 185 und die dort angeführte Rechtsprechung). 41 Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Kommission das Bestehen einer Zuwiderhandlung oft unter dafür ungünstigen Voraussetzungen nachweisen muss, da seit den Vorgängen, die die Zuwiderhandlung bilden, ein Jahr oder mehrere Jahre vergangen sein können und mehrere von der Untersuchung betroffene Unternehmen nicht aktiv mit der Kommission zusammengearbeitet haben. Wenn die Kommission somit auch notwendig nachweisen muss, dass eine rechtswidrige Vereinbarung über die Aufteilung von Märkten geschlossen wurde, wäre es überzogen, außerdem noch zu verlangen, dass sie den spezifischen Mechanismus nachweist, mit dem dieses Ziel erreicht werden sollte. Es wäre nämlich für ein Unternehmen, das sich einer Zuwiderhandlung schuldig gemacht hat, zu einfach, sich jeder Sanktion zu entziehen, könnte es sich in einer Situation, in der das Bestehen einer rechtswidrigen Vereinbarung und ihr wettbewerbswidriger Zweck hinreichend bewiesen sind, darauf berufen, dass die über die Funktionsweise der Vereinbarung vorgelegten Informationen zu unbestimmt seien. Die Unternehmen können sich in einer solchen Situation sachgerecht dadurch verteidigen, dass sie zu allen von der Kommission gegen sie angeführten Beweisen Stellung nehmen können (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T-67/00, T-68/00, T-71/00 und T-78/00, Slg. 2004, II-2501, Randnr. 203). 42 Hinsichtlich der Beweismittel, die zum Nachweis einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG herangezogen werden dürfen, gilt im Gemeinschaftsrecht der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, Dalmine/Kommission, T-50/00, Slg. 2004, II-2395, Randnr. 72). 43 Was den Beweiswert der verschiedenen Beweisstücke anbelangt, ist das alleinige Kriterium für die Beurteilung der beigebrachten Beweise ihre Glaubhaftigkeit (Urteil Dalmine/Kommission, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 72). 44 Nach den allgemeinen Beweisgrundsätzen hängt die Glaubhaftigkeit eines Schriftstücks und damit sein Beweiswert von seiner Herkunft, den Umständen seiner Entstehung, seinem Adressaten und seinem Inhalt ab (Urteil des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T-25/95, T-26/95, T-30/95 bis T-32/95, T-34/95 bis T-39/95, T-42/95 bis T-46/95, T-48/95, T-50/95 bis T-65/95, T-68/95 bis T-71/95, T-87/95, T-88/95, T-103/95 und T-104/95, Slg. 2000, II-491, Randnrn. 1053 und 1838). 45 Stützt sich die Kommission für ihre Feststellung des Vorliegens einer Zuwiderhandlung ausschließlich auf das Marktverhalten der Unternehmen, genügt es für diese, das Vorliegen von Umständen nachzuweisen, die den von der Kommission festgestellten Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lassen und damit eine andere plausible Erklärung der Tatsachen ermöglichen, aus denen die Kommission auf die Begehung einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln der Union geschlossen hat (vgl. in diesem Sinn Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnr. 186). 46 Dagegen haben die betroffenen Unternehmen in den Fällen, in denen sich die Kommission auf Urkundenbeweise stützte, nicht bloß eine plausible Alternative zur Darstellung der Kommission darzutun, sondern müssen außerdem aufzeigen, dass die in der angefochtenen Entscheidung angeführten Beweise für den Nachweis der Zuwiderhandlung nicht genügen (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnr. 187). Eine solche Beweisführung verstößt nicht gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Montecatini/Kommission, C-235/92 P, Slg. 1999, I-4539, Randnr. 181). 47 Da das Verbot, an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen und Vereinbarungen teilzunehmen, sowie die Sanktionen, die Zuwiderhandelnden auferlegt werden können, bekannt sind, ist es üblich, dass die Tätigkeiten, mit denen diese Verhaltensweisen und Vereinbarungen verbunden sind, insgeheim ablaufen, dass die Zusammenkünfte heimlich stattfinden und dass die Unterlagen darüber auf ein Minimum reduziert werden. Daher kann von der Kommission nicht gefordert werden, dass sie Schriftstücke vorlegt, die eine Kontaktaufnahme zwischen den beteiligten Wirtschaftsteilnehmern belegen. Selbst wenn die Kommission solche Schriftstücke entdeckt, sind diese normalerweise nur bruchstückhaft und spärlich, so dass es notwendig ist, bestimmte Einzelheiten durch Schlussfolgerungen zu rekonstruieren. Das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung kann folglich aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C-204/00 P, C-205/00 P, C-211/00 P, C-213/00 P, C-217/00 P und C-219/00 P, Slg. 2004, I-123, Randnrn. 55 bis 57; vgl. auch Urteil Dresdner Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 35 aufgeführt, Randnrn. 64 und 65 und die dort aufgeführte Rechtsprechung). 48 Aus dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung ergibt sich, dass, selbst wenn sich das Fehlen schriftlicher Nachweise im Rahmen der Gesamtbeurteilung des von der Kommission angeführten Bündels von Indizien als relevant erweisen kann, das betroffene Unternehmen nicht allein seinetwegen die Behauptungen der Kommission durch eine andere Erklärung des Sachverhalts in Frage stellen kann. Dies ist nur dann der Fall, wenn aufgrund der von der Kommission beigebrachten Beweise das Vorliegen der Zuwiderhandlung nicht eindeutig und nur durch Auslegung dieser Beweise nachgewiesen werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. September 2007, Coats Holdings und Coats/Kommission, T‑36/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 74). 49 Diese Rechtsprechung gilt entsprechend für Art. 53 des EWR‑Abkommens. Zum ersten Teil betreffend das angebliche Fehlen von Beweisen, die den Nachweis der auf die Festsetzung der Preise für Paraffinwachse gerichteten Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen ermöglichen 50 Im Rahmen des vorliegenden Teils widerspricht die Klägerin den Grundsätzen, die die Kommission bei der Würdigung der Beweise angewandt hat, und stellt die Beurteilung der Beweise hinsichtlich technischer Treffen, für die die Kommission eine auf die Festsetzung der Preise für Paraffinwachse gerichtete Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise festgestellt hat, in Frage. Zur Beschreibung des Hauptteils der Zuwiderhandlung in der angefochtenen Entscheidung 51 In Punkt 4.1 („Grundsätze und Funktionsweise des Kartells“) der angefochtenen Entscheidung beschreibt die Kommission den Inhalt der Verhaltensweisen der Preisfestsetzung wie folgt: „… (106) Die technischen Treffen waren in zwei Teile unterteilt: Zunächst wurden technische Fragen besprochen, anschließend verlagerte sich das Gespräch auf wettbewerbswidrige Punkte wie die Festsetzung von Preisen, die Aufteilung von Märkten und Abnehmern (in bestimmten Fällen) sowie den Austausch und die Offenlegung wirtschaftlich sensibler Informationen einschließlich aktueller und künftiger Preispolitik, Kunden, Produktionskapazitäten und Absatzmenge. (107) Die Gespräche über Preise und mögliche Preiserhöhungen fanden somit in der Regel am Ende der technischen Treffen statt. Sasol gab in der Regel den Anstoß, aber danach beteiligten sich alle Anwesenden an einer allgemeinen Aussprache über Preise und Preisstrategien, … Dabei wurden sowohl Preiserhöhungen und Zielpreise für bestimmte einzelne Abnehmer als auch allgemeine Preiserhöhungen sowie Mindest- und Zielpreise für den gesamten Markt behandelt … Preiserhöhungen wurden in der Regel in absoluten Zahlen und nicht in Prozentanteilen beziffert (z. B. 60 EUR/t vollraffiniertes Paraffin). … Ferner wurden Mindestpreise vereinbart, und zwar nicht nur bei Vereinbarung einer Preiserhöhung, sondern auch, wenn Preiserhöhungen nicht verwirklicht werden konnten (beispielsweise in Zeiten fallender Preise) … … (109) Ferner tauschten die Unternehmensvertreter geschäftlich sensible Informationen aus und legten ihre allgemeinen Unternehmensstrategien offen. … (110) Mit Ausnahme von MOL wurden die Unternehmen von Managern vertreten, die die Preisstrategie ihrer Unternehmen bestimmen und die Preise gegenüber einzelnen Kunden festsetzen konnten. … (111) In den meisten technischen Treffen drehten sich die Preisdiskussionen allgemein um Paraffin;… bestimmte Paraffinsorten (wie voll- oder halbraffiniertes Paraffin, Mischungen, Spezialwachse, Paraffin-Hartwachse oder Hydro-Paraffinwachse) wurden nur selten behandelt. Darüber hinaus waren sich sämtliche Unternehmen einig, dass vereinbarte (prozentuale oder konkrete) Preiserhöhungen für sämtliche Paraffinwachs-Sorten gelten sollten. … … (113) Die Beschlüsse der technischen Treffen wurden zumeist umgesetzt, indem Kunden Preiserhöhungen angekündigt oder bestehende Preislisten gekündigt wurden. … Wenn es gelegentlich zu Täuschungsmanövern kam oder Vereinbarungen nicht umgesetzt wurden, kam das auf dem nächsten Treffen zur Sprache (siehe z. B. Randnummern [149] und [157]) … In der Regel übernahm ein auf dem Treffen anwesendes Unternehmen die Vorreiterrolle bei den Preiserhöhungen (meistens Sasol, aber manchmal auf Bitten Sasols auch ein anderes teilnehmendes Unternehmen). Die übrigen Anbieter zogen dann kurze Zeit später nach und kündigten ihrerseits Preiserhöhungen an. … Die an den technischen Treffen beteiligten Unternehmensvertreter unterrichteten sich gegenseitig über ihre Maßnahmen zur Umsetzung der dort gefassten Beschlüsse. Die Unterrichtung … der anderen in den technischen Treffen vertretenen Unternehmen (eines Unternehmens oder aller Unternehmen) erfolgte mündlich … oder durch Versendung einer Kopie der Schreiben, in denen den Kunden die höheren Preise angekündigt oder die bisherigen Preise gekündigt wurden; manchmal wurden die Personen unterrichtet, welche die Unternehmen auch bereits in den technischen Treffen vertreten hatten (also nicht die Einkaufsabteilungen der Unternehmen). … Die Kommission hat festgestellt, dass diese Unterrichtungen zwischen den Parteien tatsächlich erfolgten. Eine Stichprobe von rund 150 dieser Schreiben ergab, dass diese Schreiben tatsächlich binnen sechs Wochen nach den jeweiligen technischen Treffen ausgetauscht wurden. … Es wurde auch über eine Vereinbarung dahingehend berichtet, dass die beteiligten Unternehmen die Umsetzung der vereinbarten Preiserhöhungen nicht dazu nutzen sollten, ihren eigenen Marktanteil zu erhöhen. … Diese Erklärung wurde in den Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht bestritten.“ 52 In Punkt 4.2 („Einzelheiten zu den technischen Treffen“) der angefochtenen Entscheidung präsentierte die Kommission zunächst eine Übersichtstabelle mit den Orten und den Terminen der technischen Treffen sowie den anwesenden Unternehmen (Randnr. 124 der angefochtenen Entscheidung). Sie untersuchte dann für jedes der technischen Treffen die zur Verfügung stehenden Beweise (Randnrn. 126 bis 177 der angefochtenen Entscheidung). 53 In Punkt 5.3 („Art der Zuwiderhandlung“) der angefochtenen Entscheidung präzisierte die Kommission die für die Zuordnung des wettbewerbswidrigen Verhaltens im vorliegenden Fall geltenden Grundsätze: „… (205) [I]m Falle einer komplexen Zuwiderhandlung von langer Dauer braucht die Kommission das betreffende Verhalten nicht als [einer Vereinbarung oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweise] zuzurechnend zu beschreiben. Die Begriffe [„Vereinbarung“ oder „aufeinander abgestimmte Verhaltensweise“] sind fließend und können sich überschneiden. Das wettbewerbswidrige Verhalten kann von Zeit zu Zeit verändert, seine Mechanismen können angepasst oder gestärkt werden, um neuen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Es kann sich sogar als unmöglich erweisen, eine Unterscheidung zwischen den beiden Begriffen zu treffen, da eine Zuwiderhandlung gleichzeitig die Merkmale jeder Form des untersagten Verhaltens aufweisen kann, während für sich genommen einige ihrer Erscheinungsformen dem einen und nicht dem anderen Begriff zugeordnet werden könnten. Daher wäre es widersinnig, bei einem eindeutig fortbestehenden gemeinsamen Unternehmen mit einem einzigen Gesamtziel mehrere getrennte Formen der Zuwiderhandlung zu unterscheiden. Ein Kartell kann entsprechend gleichzeitig in einer Vereinbarung und in einer aufeinander abgestimmten Verhaltensweise bestehen. Artikel 81[EG] sieht keine bestimmte Kategorie für eine komplexe Zuwiderhandlung der in dieser Entscheidung beschriebenen Art vor. (206) Wenn mehrere Kartellmitglieder und deren wettbewerbswidriges Verhalten im Laufe der Zeit entweder als Vereinbarungen oder als aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen (komplexe Zuwiderhandlungen) beschrieben werden können, braucht die Kommission nicht jeden einzelnen Typ des betreffenden Verhaltens zu klassifizieren.“ 54 Unter demselben Punkt der angefochtenen Entscheidung beschreibt die Kommission den Inhalt der Zuwiderhandlung wie folgt: „5.3.2 Anwendung (210) Durch die in [Punkt] 4 dieser Entscheidung beschriebenen Sachverhalte ist nachgewiesen, dass alle in diesem Verfahren behandelten Unternehmen … an geheimen Absprachen über Paraffinwachse sowie bei den in Randnummer 2 angeführten Unternehmen über Paraffingatsch beteiligt waren und regelmäßig an Treffen teilgenommen haben; Gegenstand der Treffen waren: (1) Preisfestsetzungen [;] (2) … Aufteilung von Kunden und/oder Märkten [;] (3) Offenlegung und Austausch wirtschaftlich sensibler Informationen insbesondere in Bezug auf Kunden, Preisgestaltung, Produktionskapazitäten und Umsätze … … 5.3.2.2. Preisfestsetzung (240) Aus den Randnummern (98), (107), (126), (128), (131), (133), (135), (137), (139), (140), (142), (145), (147), (149), (152), (153), (156), (157), (163), (168), (174), (176) und (177) geht hervor, dass die beteiligten Unternehmen Mindestpreise festsetzten und Preiserhöhungen (‚Preisfestsetzungen‘) vereinbarten. (241) ExxonMobil, Repsol, Sasol und Shell haben bestätigt, dass Preisfestsetzungen vorkamen [vgl. Randnr. 107] und dies in der mündlichen Anhörung und in ihren schriftlichen Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erneut eingeräumt.“ 55 Hinsichtlich der Klägerin ergibt sich aus dem Anhang der angefochtenen Entscheidung, dass sie bei 39 von insgesamt 51 Treffen (technischen Treffen und „Paraffingatsch-Treffen“) anwesend war, die im Zeitraum ihrer Teilnahme an dem Kartell, d. h. zwischen dem 3. September 1992 und dem 28. April 2005 stattgefunden hatten. Zur Beweiskraft der von der Kommission gesammelten Beweise 56 Zunächst sind die Beweise zum Inhalt der Diskussionen bei den technischen Treffen zu untersuchen, auf die sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung gestützt hat. Bei diesen Beweisen handelt es sich um Erklärungen von Unternehmen und um handschriftliche Notizen aus der Zeit der technischen Treffen, die entweder während eines bestimmten technischen Treffens oder kurz danach angefertigt wurden und den Inhalt der dort geführten Diskussionen beschreiben. 57 In dieser Hinsicht stellt die Klägerin die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung angewandten Auslegungsgrundsätze und die Beweiskraft der Erklärungen und der Beweisunterlagen in Frage. – Unternehmenserklärungen 58 Nach der Erklärung von Sasol vom 12. Mai 2005 führten die technischen Treffen im Allgemeinen zu einem wettbewerbswidrigen Verhalten, da Preiserhöhungen oder ‑ermäßigungen erörtert wurden und Informationen zu den Bruttopreisen und zu Planungen hinsichtlich der Kapazitäten ausgetauscht wurden. 59 Nach der Erklärung von Repsol vom 19. Mai 2005 wurde bei den technischen Treffen über die Höhe der von den Teilnehmern angewandten Preise diskutiert. 60 Shell erklärte, dass es bei allen technischen Treffen um Preisfestsetzung gegangen sei. Laut ihrer Erklärung vom 14. Juni 2006 sind mindestens ab 1999, dem Beginn der Teilnahme ihres Vertreters, der berichtet habe, an den technischen Treffen, die Preise für Paraffinwachs niemals einseitig bestimmt, sondern immer bei den technischen Treffen durch die Konkurrenten vereinbart worden. 61 Außerdem haben dieselben Unternehmen in diesen Erklärungen auch bestätigt, dass sich die Teilnehmer bei mehreren technischen Treffen tatsächlich über Mindestpreise oder Preiserhöhungen, manchmal sogar über die Maßnahmen zur Erhöhung verständigt hätten. Im Übrigen ergibt sich aus diesen Erklärungen, dass Total an diesen wettbewerbswidrigen Abmachungen in vollem Umfang beteiligt war. 62 Außerdem erwähnte die Kommission in den Randnrn. 107 und 113 der angefochtenen Entscheidung die in Rede stehenden Erklärungen (siehe oben, Randnrn. 58 bis 61). 63 Nach Ansicht der Klägerin haben die im Rahmen der Mitteilung über Zusammenarbeit 2002 abgegebenen Erklärungen begrenzte Beweiskraft, vor allem wenn sie nicht durch einen anderen Beweis untermauert werden. Diese Erklärungen seien von Natur aus subjektiv und zielten darauf ab, „eher die anderen zu beschuldigen als sich selbst“. Im Übrigen seien die Erklärungen von Sasol und von Repsol über die Schwere der Zuwiderhandlung „auf Veranlassung der Kommission“ und im Hinblick darauf abgegeben worden, die Begünstigung aufgrund ihrer Anträge auf Zusammenarbeit zu bewahren. 64 Solche Argumente wurden vom Unionsrichter bereits geprüft und zurückgewiesen. 65 Nach der Rechtsprechung verbietet keine Bestimmung und kein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts der Kommission, gegen ein Unternehmen die Erklärungen anderer Unternehmen zu verwenden, denen vorgeworfen wird, sie seien am Kartell beteiligt gewesen. Andernfalls wäre die der Kommission obliegende Beweislast für Verhaltensweisen, die Art. 81 EG zuwiderlaufen, untragbar und mit der ihr anvertrauten Aufgabe, die richtige Anwendung dieser Bestimmung zu überwachen, nicht zu vereinbaren (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnr. 192). 66 Zudem kann Erklärungen ein besonders hoher Beweiswert beigemessen werden, wenn sie verlässlich sind, im Namen eines Unternehmens abgegeben wurden, von einer Person stammen, die beruflich verpflichtet ist, im Interesse dieses Unternehmens zu handeln, den Interessen des Erklärenden zuwiderlaufen, von einem unmittelbaren Zeugen der Vorgänge stammen, auf die sie sich beziehen, und bedacht sowie nach reiflicher Überlegung schriftlich abgegeben werden (vgl. in diesem Sinne Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnrn. 205 bis 210). 67 Außerdem wird, auch wenn gegenüber freiwilligen Aussagen von Hauptteilnehmern eines verbotenen Kartells im Allgemeinen ein gewisses Misstrauen angebracht ist, da die Möglichkeit besteht, dass diese Teilnehmer die Neigung haben, die Bedeutung ihres eigenen Tatbeitrags als so klein wie möglich und den der anderen als so groß wie möglich darzustellen, durch die Tatsache, dass beantragt wird, in den Genuss der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 zu kommen, um einen Erlass oder eine Herabsetzung der Geldbuße zu erreichen, dennoch nicht zwangsläufig ein Anreiz geschaffen, verfälschte Beweise hinsichtlich der Beteiligung der übrigen Kartellmitglieder vorzulegen. Jeder Versuch einer Irreführung der Kommission könnte nämlich die Aufrichtigkeit und Vollständigkeit der Kooperation des Antragstellers in Frage stellen und damit die Möglichkeit gefährden, dass er in den vollen Genuss der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 gelangt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission, T-120/04, Slg. 2006, II-4441, Randnr. 70). 68 Insbesondere kann daraus, dass eine Person zugibt, dass sie eine Zuwiderhandlung verwirklichte, und damit Tatsachen einräumt, die über die den fraglichen Unterlagen unmittelbar zu entnehmenden Tatsachen hinausgehen, a priori, sofern keine bestimmten Anhaltspunkte für das Gegenteil bestehen, der Schluss gezogen werden, dass sich der Betreffende dazu entschlossen hat, die Wahrheit zu sagen. Somit sind Erklärungen, die den Interessen des Erklärenden zuwiderlaufen, grundsätzlich als besonders verlässliche Beweise anzusehen (Urteile des Gerichts JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnrn. 211 und 212, vom 26. April 2007, Bolloré u. a./Kommission, T-109/02, T-118/02, T-122/02, T-125/02, T-126/02, T-128/02, T-129/02, T-132/02 und T-136/02, Slg. 2007, II-947, Randnr. 166, und vom 8. Juli 2008, Lafarge/Kommission, T‑54/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 59). 69 Im vorliegenden Fall erfolgten die fraglichen Erklärungen auf der Grundlage von Zeugenaussagen von Personen, die an den technischen Treffen teilgenommen hatten, nach reiflicher Überlegung, und sie belasten auch die Unternehmen, in deren Namen sie abgegeben wurden. Außerdem stimmen die Erklärungen im Großen und Ganzen mit der Beschreibung der Zuwiderhandlung überein, was ihre Glaubwürdigkeit noch weiter erhöht. Somit sind sie entgegen den Ausführungen der Klägerin im Sinne der oben in Randnr. 66 angeführten Rechtsprechung besonders verlässlich. 70 Außerdem trägt die Klägerin nichts vor, was ihre Angabe, die Erklärungen von Sasol und von Repsol seien „auf Anregung der Kommission“ abgegeben worden, belegen oder beweisen würde. Im Übrigen ergibt sich aus der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 kein Anreiz, die Schwere der Zuwiderhandlung zu übersteigern, und ist im vorliegenden Fall auch nicht feststellbar. Die Erklärungen von Sasol, Repsol und von ExxonMobil erfolgten vielmehr nach den Nachprüfungen, so dass diese Unternehmen sich denken konnten, dass nur geringe Chancen bestanden, dass sie die ersten waren, die Informationen lieferten, die der Kommission die Anordnung von Nachprüfungen oder die Feststellung des Bestehens eines Kartells erlaubten (vgl. Punkt 8 der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002). Somit bestanden nach ihrer Wahrnehmung große Chancen, dass sie höchstens eine maximale Ermäßigung von 50 % der Geldbuße erhalten könnten (vgl. Punkt 23 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002). Unter diesen Umständen gab es keinen wirtschaftlichen Grund, der Anreiz für die oben genannten Unternehmen hätte sein können, die Zuwiderhandlung als schwerer darzustellen als sie in Wirklichkeit war, denn die erhöhte Schwere der Zuwiderhandlung hätte zu einer Erhöhung ihrer Geldbußen geführt. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass falsche Angaben in den Erklärungen zu einem Verlust der Vorteile aus der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 führen können (siehe oben, Randnr. 67). 71 Somit ist das Vorbringen der Klägerin, nach dem die einen Antrag auf Zusammenarbeit stellenden Unternehmen angeregt worden sein sollen, die Zuwiderhandlung als schwerer darzustellen, als sie in Wirklichkeit gewesen war, zurückzuweisen. 72 Die Klägerin macht ferner geltend, die Kommission könne ihre Schlussfolgerungen nicht auf eine Erklärung stützen, deren Richtigkeit von mehreren beschuldigten Unternehmen bestritten werde und die nicht durch weitere Elemente untermauert werde. 73 Zwar kann nach der Rechtsprechung eine Erklärung, die ein der Beteiligung an einem Kartell beschuldigtes Unternehmen abgibt und deren Richtigkeit von mehreren anderen betroffenen Unternehmen bestritten wird, nicht als hinreichender Beweis für die Begehung einer Zuwiderhandlung durch diese anderen Unternehmen angesehen werden, wenn sie nicht durch andere Beweise untermauert wird, wobei jedoch der erforderliche Grad der Erhärtung aufgrund der Glaubhaftigkeit der fraglichen Erklärungen geringer sein kann (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnrn. 219 und 220). 74 Im vorliegenden Fall hat sich die Kommission indessen nicht auf die Erklärung nur eines Teilnehmers gestützt, die von den anderen Teilnehmern bestritten wurde, sondern auf die von mehreren Unternehmen unabhängig voneinander abgegebenen Erklärungen, die im Großen und Ganzen hinsichtlich der Beschreibung der Zuwiderhandlung übereinstimmen (siehe oben, Randnrn. 58 bis 61). Darüber hinaus hat sich die Kommission auf zahlreiche Beweisunterlagen gestützt, die den Inhalt der Unternehmenserklärungen ergänzen und untermauern und die zum Teil unten in den Randnrn. 76 ff. geprüft werden. 75 Somit sind die fraglichen Erklärungen Teil einer Reihe von Beweisen, die die Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen hinsichtlich der Preisfestsetzungen für Paraffinwachse, die in den technischen Treffen, an denen die Klägerin teilgenommen hat, beschlossen wurden, belegen. Folglich ist das Vorbringen der Klägerin, das den Beweiswert der Erklärungen in Frage stellt, zurückzuweisen. – Schriftliche Beweise 76 Die angefochtene Entscheidung verweist auf zahlreiche, aus dem fraglichen Zeitraum stammende schriftliche Beweise, die bei den Nachprüfungen in den Geschäftsräumen der betroffenen Unternehmen gefunden wurden. Bei diesen schriftlichen Beweisen handelt es sich überwiegend um handschriftliche Vermerke von MOL und um Protokolle von Sasol über die Treffen „Blauer Salon“. 77 Die Klägerin bestreitet den Beweiswert dieser schriftlichen Beweise. Sie macht geltend, die handschriftlichen Vermerke seien, wenn sie, wie es bei denjenigen von MOL der Fall sei, bei den technischen Treffen angefertigt worden seien, nicht erschöpfend und enthielten eigene Zeichen und Symbole des Verfassers. Was die Protokolle von Sasol über die Treffen „Blauer Salon“ betreffe, sei ihr Beweiswert beschränkt, da sie weder bei den technischen Treffen noch von einer daran teilnehmenden Person erstellt worden seien. Außerdem seien einige der Informationen, die in diesen Protokollen aufgegriffen worden seien, das Ergebnis vertraulicher Gespräche, die außerhalb der technischen Treffen stattgefunden hätten. Dem Vorbringen der Kommission, wonach sie in tempore non suspecto erstellt worden seien, könne nicht gefolgt werden, zumal sie selten klar verständlich seien. 78 Das Gericht und der Gerichtshof haben solche Argumente bereits geprüft und zurückgewiesen. 79 Wie sich aus der oben in Randnr. 47 angeführten Rechtsprechung ergibt, ist es, da das Verbot, an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen und Vereinbarungen teilzunehmen, sowie die Sanktionen, die Zuwiderhandelnden auferlegt werden können, bekannt sind, üblich, dass diese Verhaltensweisen und Vereinbarungen insgeheim ablaufen, dass die Zusammenkünfte heimlich stattfinden und dass die Unterlagen darüber meistens auf ein Minimum reduziert werden. Selbst wenn die Kommission Schriftstücke entdeckt, die eine unzulässige Kontaktaufnahme zwischen den beteiligten Wirtschaftsteilnehmern belegen, wie die Protokolle über ein Treffen, sind diese normalerweise nur bruchstückhaft und spärlich, so dass es oft notwendig ist, bestimmte Einzelheiten durch Schlussfolgerungen zu rekonstruieren. 80 Außerdem muss es nach der Rechtsprechung bei der Würdigung des Beweiswerts schriftlicher Beweise als sehr bedeutsam angesehen werden, dass ein Schriftstück in unmittelbarem Anschluss an die Ereignisse (Urteile des Gerichts vom 11. März 1999, Ensidesa/Kommission, T-157/94, Slg. 1999, II-707, Randnr. 312, und vom 16. Dezember 2003, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied und Technische Unie/Kommission, T-5/00 und T-6/00, Slg. II-5761, Randnr. 181) oder von einem unmittelbaren Zeugen dieser Ereignisse erstellt wurde (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnr. 207). 81 Das Fehlen des Datums oder der Unterschrift auf einem Dokument oder der Umstand, dass es schlecht geschrieben ist, nehmen diesem nicht jeden Beweiswert, sofern sein Ursprung, sein wahrscheinliches Datum und sein Inhalt mit hinreichender Sicherheit bestimmt werden können (Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2006, FNCBV/Kommission, T-217/03 und T-245/03, Slg. 2006, II-4987, Randnr. 124; vgl. auch in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 10. März 1992, Shell/Kommission, T-11/89, Slg. 1992, II-757, Randnr. 86). 82 Im vorliegenden Fall waren, wie die Kommission in Randnr. 215 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, die Notizen von MOL während der Treffen von einem Teilnehmer gemacht worden, und sie sind strukturiert und ziemlich detailliert. Deshalb ist der Beweiswert dieser Notizen sehr hoch. Was die Protokolle von Sasol über die Treffen „Blauer Salon“ anbelangt, handelt es sich um Dokumente aus dem maßgeblichen Zeitraum, die in tempore non suspecto, d. h. kurz nach dem jeweiligen technischen Treffen erstellt worden sind. Auch wenn die Person, die sie angefertigt hat, an den technischen Treffen nicht teilgenommen hat, hat sie sich auf Informationen gestützt, die sie von einem Teilnehmer erhalten hat. Somit haben auch diese Protokolle einen hohen Beweiswert. 83 Folglich ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, das den Beweiswert der schriftlichen Beweise, auf die in der angefochtenen Entscheidung hingewiesen wird, in Frage stellt. Zur detaillierten Prüfung des Vorbringens der Klägerin zu den besonderen technischen Treffen 84 Die Klägerin macht geltend, die Kommission gebe bei 36 von 52 technischen Treffen nicht an, dass die Teilnehmer eine Preisvereinbarung getroffen hätten. Erstens habe die Kommission hinsichtlich vier technischer Treffen in der angefochtenen Entscheidung eingeräumt, dass sie nicht sicher sei, dass diese Treffen stattgefunden hätten, oder dass der Inhalt des Treffens nicht habe festgestellt werden können. Zweitens habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf zwölf technische Treffen zugegeben, dass sie keine anderen Hinweise auf ihren Inhalt habe als die Erklärungen einiger Teilnehmer, wonach der Gegenstand dieser Treffen wettbewerbswidrig gewesen sei, ohne dass die Art des in Rede stehenden Verhaltens genau festgestellt worden sei. Drittens habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich sechs weiterer technischer Treffen nicht erwähnt, dass dort Diskussionen über Preise stattgefunden hätten. Viertens habe die Kommission für 14 weitere technische Treffen in der angefochtenen Entscheidung eingeräumt, dass dort zwar Preisinformationen ausgetauscht worden seien, dass aber keine Vereinbarung über eine Erhöhung, und erst recht nicht über ein gemeinsames Niveau einer Erhöhung getroffen worden sei oder dass sie sich jedenfalls über das Ergebnis eines solchen Austauschs nicht sicher sei. 85 Im Übrigen macht die Klägerin geltend, die Kommission habe nur bei 16 technischen Treffen festgestellt, dass die Teilnehmer zu einer Preisvereinbarung gelangt seien. Sie legt detaillierte Argumente zu der behaupteten fehlerhaften Würdigung der Beweise im Hinblick auf jedes dieser technischen Treffen vor. 86 Erstens stützte sich die Kommission hinsichtlich des technischen Treffens vom 3. und 4. September 1992 in Randnr. 126 der angefochtenen Entscheidung auf einen Informationsvermerk von Sasol über ein Treffen „Blauer Salon“, der den Hinweis „bis 22.11. Preis ‚0‘“ enthalte. Sie zog daraus den Schluss, dass bei diesem Treffen vereinbart worden sei, die Preise nicht zu ändern. 87 Die Klägerin macht geltend, der Informationsvermerk von Sasol betreffe eine interne Mitteilung zwischen zwei Angestellten von Sasol, nämlich Herrn K., der die Anweisung an Herrn O. gegeben habe, keine Preisänderung vorzunehmen, so dass der genannte Informationsvermerk nicht beweise, dass es eine bei dem technischen Treffen geschlossene Vereinbarung gebe. 88 Es ist festzustellen, dass Sasol diesen Hinweis so verstanden hat, dass in einer Erklärung im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eine Vereinbarung getroffen wurde, keine Preisänderungen vorzunehmen. Außerdem ergibt sich aus zahlreichen Informationsvermerken von Sasol über die Treffen „Blauer Salon“ und aus ihren Erklärungen, dass mit diesen Informationsvermerken Herr K., Vertreter von Sasol bei den technischen Treffen, Herrn O. über den Inhalt der Diskussion bei diesen Treffen informiert hat. Zudem wurde die Ziffer „0“ von den Teilnehmern oft verwendet, um die Aufrechterhaltung der Preise zu vermerken. Folglich beweist der in Rede stehende Informationsvermerk, auch wenn er genau genommen eine interne Mitteilung zwischen Herrn K. und Herrn O. ist, dennoch, dass bei dem in Rede stehenden Treffen eine Vereinbarung getroffen wurde, die Preise nicht zu ändern. Folglich ist das Vorbringen der Klägerin dazu zurückzuweisen. 89 Außerdem kann die Klägerin der Kommission nicht mit Erfolg entgegnen, dass bei diesen Treffen keine Preiserhöhung vereinbart worden sei. Eine Vereinbarung über die Beibehaltung der Preise ist nämlich auch eine Preisfestsetzungsvereinbarung, da es einen übereinstimmenden Willen der Teilnehmer gibt, ein Preisniveau anzuwenden, das sie zusammen festgesetzt haben. 90 Somit hat die Kommission in Randnr. 240 der angefochtenen Entscheidung zutreffend auf der Grundlage des in Rede stehenden technischen Treffens den Schluss gezogen, dass „die beteiligten Unternehmen Mindestpreise festsetzten“. 91 Was zweitens das Treffen vom 23. und 24. November 1992 anbelangt, so hat die Kommission in Randnr. 128 der angefochtenen Entscheidung auf einen Vermerk von MOL Bezug genommen, in dem es heißt: „erstes Quartal – Preise aufrecht erhalten – Informationen austauschen, wenn nötig – Mindestpreise“. Sie hat daraus den Schluss gezogen, dass dieser Vermerk das Bestehen einer Vereinbarung über die Aufrechterhaltung der Preise belege. 92 Nach Ansicht der Klägerin macht der Hinweis in dem Vermerk von MOL „keinen Sinn“, weil er nicht mit einem bestimmten Preis verbunden werden könne. Außerdem habe MOL diese Auslegung nicht bestätigt, und als eine andere Auslegung wäre auch ein einfacher Informationsaustausch glaubhaft. 93 Das Gericht hält die Erklärung der Klägerin für nicht plausibel. Es wird nämlich vor diesem Vermerk kein spezifischer Unternehmensname angegeben, so dass nicht der Schluss gezogen werden kann, dass es sich um eine einseitige Mitteilung handelte. Ein gegenteiliges Beispiel ist der Vermerk von Sasol betreffend das Treffen „Blauer Salon“ vom 17. und 18. September 1996, der den Hinweis enthielt „MOL, HU DEM 110,- flü.ffr ab 1/10.96“. Die Kommission kam auf dieser Grundlage zu dem Schluss, dass „[d]emnach … die Unternehmensvertreter untereinander ihre Preisplanung [besprachen und offenbarten]“ (Randnr. 141 der angefochtenen Entscheidung). 94 Somit hat sich die Kommission in Randnr. 240 der angefochtenen Entscheidung zutreffend auf dieses technische Treffen gestützt, um zu dem Schluss zu kommen, dass „die beteiligten Unternehmen Mindestpreise festsetzten“ (siehe oben, Randnr. 89). 95 Was drittens das Treffen vom 7. und 8. September 1995 (Randnr. 137 der angefochtenen Entscheidung) betrifft, trägt die Klägerin vor, die Teilnehmer hätten nur Informationen über ihre Preise ausgetauscht. 96 Dieser Auslegung widerspricht der Informationsvermerk von Sasol über das Treffen „Blauer Salon“, wie er von Sasol im Verwaltungsverfahren ausgelegt wurde, und der Vermerk von MOL zu diesem Treffen. 97 Der Vermerk von MOL enthält folgende Punkte: „11. Schümann DEM 970, - Mind.preis. … 13. Total DEM 920,- hat erhöht von 950 DM.- 970 DM,- bis zum Jahresende vorgesehen … 15. wir erhöhen auf 900“. 98 Der Informationsvermerk des Treffens „Blauer Salon“ enthält den Hinweis „Preise hoch per 1/1.95“. Im Übrigen ist entsprechend der Antwort von Sasol vom 16. Dezember 2006 auf ein Auskunftsersuchen der Kommission das Datum falsch angegeben, so dass die Preiserhöhung tatsächlich für den 1. Januar 1996 vorgesehen war. Nach dieser Antwort ist dies das Ergebnis des Treffens vom 7. und 8. September 1995. 99 Somit beruht die Ansicht der Kommission, dass die Teilnehmer an diesem Treffen „Informationen über ihre künftige Preispolitik [austauschten] und … Preiserhöhungen als auch Mindestpreise [erörterten und beschlossen]“, auf einer Reihe besonders schlüssiger Beweise. Die Erklärung von Sasol räumt jeglichen Zweifel hinsichtlich des Vorliegens eines übereinstimmenden Willens über eine Preiserhöhung aus. Die bloße Tatsache, dass das Niveau der Erhöhung und das der Mindestpreise von Unternehmen zu Unternehmen verschieden sind, hat keine Auswirkung darauf, dieses Treffen so einzustufen, dass es zu einer Vereinbarung über Preisfestsetzungen geführt hat, wobei der Ausdruck „Preisfestsetzung“ nicht voraussetzt, dass ein einheitlicher Preis bei allen Teilnehmern angewandt wird. 100 Was viertens das technische Treffen vom 22. und 23. Februar 1996 betrifft, hat sich die Kommission in Randnr. 139 der angefochtenen Entscheidung auf einen Vermerk von MOL gestützt, der folgende Angaben enthält: „Paraffin – alle Qualitätsstufen – gleicher Preis DEM 108; Kleiner/großer Kunde – gleicher Preis DEM 108; Eintauchwachs DEM 1200-1250“. Dieser Randnummer zufolge zeigt dies, dass die teilnehmenden Unternehmen sich in Bezug auf die Preise von Paraffinwachs abgesprochen haben. 101 Nach Ansicht der Klägerin ist es nach einer Gesamtbetrachtung dieses Vermerks nicht möglich, einen solchen Schluss zu ziehen. Die Informationen seien in dem gewöhnlichen Stil der Vermerke von MOL dargestellt worden, d. h. eine „Äußerung reihum“, bei der die offengelegten und ausgetauschten Informationen der Teilnehmer aufgenommen würden. 102 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass Sasol und Repsol unabhängig voneinander den wettbewerbswidrigen Charakter des technischen Treffens vom 22. und 23. Februar 1996 bestätigt haben. Weiter enthält dieser Vermerk von MOL auch den Hinweis „ab 1.8. DEM 80/t überall erhöhen“, d. h. den Zeitpunkt und den Umfang der Preiserhöhung. 103 Somit hat die Kommission in Randnr. 240 der angefochtenen Entscheidung korrekt festgestellt, dass die beteiligten Unternehmen bei diesem technischen Treffen Mindestpreise festgelegt und Preiserhöhungen vereinbart haben. 104 Was fünftens das Treffen vom 14. und 15. Mai 1996 betrifft (Randnr. 140 der angefochtenen Entscheidung), enthält der Informationsvermerk von Sasol über den „Blauen Salon“ folgende Angaben: „Ausgangspunkt war Preis-Erhöhung 2. Halbjahr ’96 - D + F : per 1.8.96 Kerze – FRP min 115,- nto nto flü ffr Teel. 115 % Grabl. 115 % verp. + 5 % auf heutigen Preis Blender FRP min 105,- nto, nto flü ffr“. 105 Auf dieser Grundlage kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass „die beteiligten deutschen und französischen Unternehmen eine Preiserhöhung im zweiten Halbjahr 1996 vereinbarten, indem sie eine Erhöhung der Preise für Paraffin-Kerzenwachs zum 1. August 1996 planten“. 106 Die Klägerin trägt vor, dass es keine Preisvereinbarung gegeben habe und dass sie jedenfalls bei diesem Treffen nicht anwesend gewesen sei. 107 Dieses Vorbringen kann die Würdigung der Kommission nicht beeinträchtigen. In der Antwort von Sasol vom 16. Dezember 2006 auf ein Auskunftsverlangen der Kommission wird nämlich ganz eindeutig gesagt, dass bei diesem Treffen eine Preisvereinbarung getroffen worden sei. 108 Die Tatsache, dass die Klägerin an diesem Treffen nicht teilgenommen hat, kann die Kommission nicht daran hindern, allgemein den Schluss zu ziehen, dass sie an Preisfestsetzungsvereinbarungen teilgenommen hat, und insoweit die dieses Treffen betreffenden Beweise zu berücksichtigen. Ein Unternehmen kann für ein Gesamtkartell zur Verantwortung gezogen werden, auch wenn es nachweislich nur an einem oder mehreren Bestandteilen dieses Kartells unmittelbar mitgewirkt hat, sofern es zum einen wusste oder zwangsläufig wissen musste, dass die Absprache, an der es insbesondere durch die Teilnahme an regelmäßig über mehrere Jahre stattfindenden Zusammenkünften beteiligt war, Teil eines Gesamtsystems war, das auf die Verfälschung des normalen Wettbewerbs gerichtet war, und sich zum anderen dieses System auf sämtliche Bestandteile des Kartells erstreckte (vgl. Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnr. 370 und die dort angeführte Rechtsprechung). 109 Gemäß der Antwort von Sasol vom 16. Dezember 2006 auf ein Auskunftsverlangen der Kommission hat Sasol über Telefongespräche, die im Anschluss an das Treffen geführt wurden, erfahren, dass Total ihre Preise tatsächlich auf 115 deutsche Mark (DEM) pro 100 kg erhöht, aber einen Bonus für bestimmte Unterkategorien von Waren gewährt hatte. Somit wurde die Klägerin nicht nur über die auf dem fraglichen Treffen getroffene Vereinbarung unterrichtet, sondern sie wandte dessen Ergebnis auch teilweise an. Da dieser Punkt, der gewiss das Verhalten der Klägerin betraf, für Sasol keine Milderung ihrer Haftung bewirken konnte, da sie die Vergünstigung der Zusammenarbeit hätte verlieren können, wenn sie gegenüber der Kommission falsche Angaben gemacht hätte, und da jedenfalls Sasol betont hat, dass die Klägerin sich nur teilweise an der Vereinbarung beteiligt hatte, gibt es keinen Grund, die Glaubwürdigkeit dieser Erklärung zu bezweifeln. 110 Sechstens ist das Vorbringen der Klägerin zu den Treffen vom 30. und 31. Oktober 1997 (Randnr. 145 der angefochtenen Entscheidung) und vom 5. und 6. Mai 1998 (Randnr. 147 der angefochtenen Entscheidung) zu prüfen. 111 Der Informationsvermerk über das Treffen „Blauer Salon“ enthält in Bezug auf das erste Treffen folgende Angaben: „DatumErhöhungMindestpreis√ SCHS, D√ Dea, D√ SRS-Tuda, D√ MOL, HU1.1.√ Total, F1.1.DEM 10,-DEM 120Mobil-Bp, F√ Repsol, E√ Agip, I1.1.DEM 10“ 112 Sasol erklärte, diesem Informationsvermerk sei zu entnehmen, dass sich die Teilnehmer verpflichtet hätten, die Preise um 10 bis 12 DEM pro 100 kg zu erhöhen, dass Total und Agip gewünscht hätten, die Preise um 10 DEM zu erhöhen und dass dies zumindest für Total zu einem Mindestpreis von 120 DEM pro 100 kg habe führen müssen. 113 Der Umfang und die Zeitpunkte der Erhöhungen werden in vollem Umfang von zwei Vermerken zu diesem Treffen bestätigt, die in den Geschäftsräumen von MOL gefunden worden waren. 114 Die Klägerin beschränkt sich darauf, auszuführen, dass es für die bei MOL gefundenen Vermerke eine andere Erklärung gebe, nach der die Preise für die verschiedenen Arten von Paraffinwachsen von einem der Teilnehmer laut vorgelesen worden sei. Eine solche Erklärung steht jedoch ganz klar im Widerspruch zu dem Informationsvermerk von Sasol, wie er von dieser ausgelegt wird, zu dem die Klägerin nichts vorgetragen hat. 115 Im Übrigen entbehrt das Argument, die unterschiedlichen Zeitpunkte der vorgesehenen Erhöhungen bewiesen, dass die Teilnehmer keine Übereinkunft erzielt hätten, jeglicher Grundlage. Die verschiedenen für die Erhöhungen vorgesehenen Zeitpunkte können nämlich ein Hinweis darauf sein, dass die Teilnehmer die individuelle geschäftliche Situation der verschiedenen vertretenen Unternehmen berücksichtigt haben. Ferner konnte es, um bei den Kunden die Illusion aufrecht zu erhalten, dass der Paraffinwachsmarkt immer noch dem Gesetz von Angebot und Nachfrage unterliegt, für die teilnehmenden Unternehmen zweckmäßig sein, neue Preise zu verschiedenen Zeitpunkten einzuführen und so vorzutäuschen, dass die von ihnen eingeführten Erhöhungen das Ergebnis unabhängiger kaufmännischer Entscheidungen sind. Eine solche Erklärung für die Anwendung verschiedener Zeitpunkte und Stufen für die Erhöhung wurde von Shell für den auf den Jahresbeginn 2004 folgenden Zeitraum abgegeben. 116 Die Schlussfolgerung der Kommission, wonach bei dem Treffen vom 30. und 31. Oktober 1997 ein Mindestpreis von 1200 DEM pro Tonne zumindest für einige der Teilnehmer festgesetzt worden sei, wird auch durch einen Vermerk von MOL in Bezug auf das Treffen vom 5. und 6. Mai 1998 bestätigt, in dem es heißt: „Repsol – Mindestpreis 1180 DEM (Verkauf zu 1200 nicht möglich)“. Die schlüssigste Erklärung für diesen Vermerk ist, dass Repsol den bei dem vorherigen Treffen vereinbarten Preis nicht anwenden konnte und den Mindestpreis angegeben hat, dessen Anwendung ihr möglich erschien. 117 Somit hat die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass die Teilnehmer bei dem Treffen vom 30. und 31. Oktober 1997 die Preise für Paraffinwachse festgesetzt haben. 118 Was siebtens das technische Treffen vom 3. und 4. November 1998 betrifft, stützt sich die Kommission in Randnr. 149 der angefochtenen Entscheidung auf einen Vermerk von MOL und auf einen Informationsvermerk von Sasol über ein Treffen „Blauer Salon“. 119 Der Informationsvermerk von Sasol über das Treffen „Blauer Salon“ enthält folgende Angaben: „Vorschlag per 1/1 99 + DEM 6?,-für alle [Preise], die unter 120,- DEM liegen = Rundbrief wird ausgearbeitet mit Begründung ‚Rohstoff-Situation‘ (= Mengenverfügbarkeit) mit dem Ziel — dass [dort wo] unter 120 DEM die Preise erhöht werden, … — dass Preise nicht abbröckeln, — Kerzenhersteller ‚Dokumente‘ in der Hand haben für Verhandlungen mit Ketten [ohne Zweifel von Geschäften]“. 120 Der Vermerk von MOL erwähnt Folgendes: „DEM 60/t - Anhebung zum 1. Januar 1999“. 121 Die Kommission hat aus diesen Angaben in der angefochtenen Entscheidung den Schluss gezogen, dass die Teilnehmer die Situation erörterten, die sich nach ihrer Vereinbarung ergab, die in dem technischen Treffen vom 30. und 31. Oktober 1997 getroffen worden war und in der das Ziel festgelegt worden war, die Preise für Paraffinwachse auf mehr als 120 DEM pro 100 kg zu erhöhen, das noch nicht erreicht worden war. Die Teilnehmer vereinbarten also bei dem technischen Treffen vom 3. und 4. November 1998 eine Preiserhöhung von 6 DEM zum 1. Januar 1999 für alle Kunden, die Paraffinwachs für unter 120 DEM kauften. Ebenso musste nach der angefochtenen Entscheidung diese Erhöhung mit einer Rohstoffknappheit begründet werden. Darüber hinaus stimmten die Unternehmensvertreter darin überein, dass die Preise auf jeden Fall nicht sinken durften. 122 Die Klägerin macht geltend, dass der Hinweis in dem Vermerk von MOL sich auf einen Hinweis von Herrn S. (Shell) beziehe, da er unter dem Namen „S“ stehe. Der Hinweis in dem Informationsvermerk von Sasol über das Treffen „Blauer Salon“, nach dem ein „Rundbrief … ausgearbeitet [werde]… mit dem Ziel …, dass die Preise nicht abbröckeln“, beziehe sich auf einen internen Rundbrief von Sasol und könne nicht als Vereinbarung verstanden werden, die anlässlich eines technischen Treffens getroffen worden sei, sondern nur als ein zum Ausdruck gebrachtes Ziel, das Sasol sich gesetzt habe. 123 Insoweit ist zu bemerken, dass die Erklärung der Klägerin nicht plausibel ist und nicht auf einer kohärenten Auslegung der schriftlichen Beweise beruht. Die Klägerin erklärt in keiner Weise, warum Sasol beschlossen haben sollte, im Anschluss an eine einseitige Erklärung eines anderen Teilnehmers, nämlich Shell, einen Rundbrief an ihre Kunden zu verfassen und, mangels einer Vereinbarung zwischen den Teilnehmern in Bezug auf die Erhöhung der Preise, eine Preiserhöhung von 6 DEM pro 100 kg anzukündigen. Außerdem stellt die Interpretation der Kommission im Gegensatz zu derjenigen der Klägerin den Zusammenhang mit den bei dem technischen Treffen vom 30. und 31. Oktober 1997 geführten Diskussionen her. 124 Folglich war es gerechtfertigt, dass die Kommission aus den das technische Treffen vom 3. und 4. November 1998 betreffenden Beweisen die Schlussfolgerung zog, dass die Teilnehmer dort eine Preiserhöhung vereinbart hatten. 125 Achtens sind die Argumente der Klägerin zu dem Treffen vom 27. und 28. Oktober 1999 zu prüfen. 126 Insoweit besaß die Kommission einen Informationsvermerk von Sasol über das Treffen „Blauer Salon“, der folgende Angaben enthält: „Erhöhung anwesend: Total par 15/1.2000 + Ffr 2300 = DEM 6,85 anwesend: Repsol anwesend: SRS-Tuda par 10/1.2000 anwesend: Dea par 17/1.2000 selon [M. B. de Dea] +8,50 DEM anwesend: SCHS per 15/1.2000 Mobil-Bp, F nicht anwesend: MOL per 1/2.2000 (alt DEM 110.- flü ffr) + 6 DEM, - lt. T. T. 10/1 nicht anwesend: Mobil [nicht anwesend] Esso, F per 1/2.2000 + 40 $,- (lt. MA 19/1) Kuwait, NL par? + 8 DEM,- (lt. Buchh [Buchhaltung]) 24/1 generell für alle Industrien - flüssig + DEM 7-9,- %kg (keinesfalls weniger als 6 DEM) - verpackt + 11 DEM,- % kg“ 127 Die Kommission hat diesen Vermerk unter Berücksichtigung der Erklärungen von Sasol wie folgt ausgelegt (Randnr. 156 der angefochtenen Entscheidung): „Demnach verpflichten sich Total, Repsol, H&R/Tudapetrol (‚SRSTuda‘), DEA und Sasol zu Preiserhöhungen im Januar 2000. Total sollte die Preise am 15. Januar 2000 um 2300 FRF, H&R/Tudapetrol am 10. Januar 2000, DEA am 17. Januar 2000 um 8,50 DEM und Sasol am 15. Januar 2000 erhöhen. Die nicht anwesenden Unternehmen sollten zum 1. Februar 2000 (MOL um 6 DEM und Esso um 40 USD) erhöhen, Kuwait zu einem unbekannten Termin um 8 DEM. Die drei letzten Angaben hat Sasol nach dem technischen Treffen durch bilaterale Kontakte erhalten und nach eigenen Angaben dem Dokument am 7. Dezember 1999 hinzugefügt. Dies geht aus dem Kürzel ‚lt‘ in Verbindung mit Namen und Datum hervor. Sasol hat die Vertreter dieser Unternehmen am genannten Tag angerufen und die Informationen über die Preiserhöhungen erhalten.“ 128 Die Klägerin kann nicht überzeugend behaupten, es habe sich nur um einen Informationsaustausch gehandelt. Dieser These wird ganz klar in der Erklärung von Sasol vom 16. Dezember 2006 widersprochen, nach der Total, Repsol, „SRSTuda (Hansen & Rosenthal)“ anwesend gewesen seien und sich zu einer Preiserhöhung im Januar 2000 verpflichtet hätten. 129 Die Tatsache, dass die Zeitpunkte, die neben den Namen der Unternehmen aufgeführt sind, verschieden sind, kann die These der Klägerin nicht stützen, aus Gründen, die bereits oben in Randnr. 115 dargelegt wurden. 130 Ebenso ist die plausibelste Erklärung für das Fehlen von Ziffern neben den Namen von Unternehmen, die bei dem Treffen vertreten waren, im Hinblick auf die Erklärung von Sasol, die Preiserhöhung sei bei allen diesen Unternehmen gleich hoch, nämlich 6,85 DEM. 131 Somit hat die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass es bei dem fraglichen Treffen eine Vereinbarung über Preisfestsetzungen gab. 132 Neuntens sind die Argumente der Klägerin in Bezug auf das Treffen vom 26. und 27. Juni 2001 (Randnr. 163 der angefochtenen Entscheidung) zu prüfen. 133 Der Informationsvermerk von Sasol über das Treffen „Blauer Salon“ enthält insoweit folgende Angaben: „im Laufe Juli: bei Spezialkunden … Preise kündigen zum frühest möglichen Termin … Ende August : alle Preise kündigen per 30/9.01 per 1/10.01 + 7,- €“ 134 Der angefochtenen Entscheidung zufolge zeigen diese Angaben, dass die Unternehmensvertreter eine Erhöhung der Paraffinpreise um 7 Euro zum 1. Oktober 2001 vereinbarten, der eine Kündigung aller bestehender Preisvereinbarungen bis zum 30. September vorausging. 135 Nach Ansicht der Klägerin wird diese Auslegung durch die Erklärung von Sasol vom 16. Dezember 2006 nicht gestützt, diese beweise nur eine Diskussion über die Preise. 136 Dieses Vorbringen steht jedoch im Widerspruch zu der genannten Erklärung. Nach dieser hat Herr O. von Sasol die Ergebnisse des technischen Treffens vom 26. und 27. Juni 2001 notiert, und die Absicht, die Preise zu erhöhen, gebe das Ergebnis, das bei diesem Treffen erzielt worden sei, wieder. 137 Da die Erklärung das Ergebnis erwähnt, das bei dem Treffen in Bezug auf eine Preiserhöhung erzielt worden ist, ist davon auszugehen, dass diese Erklärung eine bei diesem Treffen getroffene Vereinbarung über eine Preisfestsetzung beweist. 138 Zehntens beanstandet die Klägerin die Würdigung der Beweise in Bezug auf das Treffen vom 11. und 12. Mai 2004, die in Randnr. 174 der angefochtenen Entscheidung enthalten ist. 139 In dieser Hinsicht enthält der handschriftliche Vermerk, der in den Geschäftsräumen von Total France gefunden wurde, folgende Hinweise: „->Sasol 40 €/50 $. – bis Ende Juli ->Mitt.: 38-28. ->1. Juli + FRP : 70 -> 6000 €/T + Teelicht: 50 -> 500 €/T + Microwachs: 25 -> 50 €/ … -> 40 €/T Paraffingatsch“ 140 Nach der angefochtenen Entscheidung ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang des in den Geschäftsräumen von Total France gefundenen handschriftlichen Vermerks, dass ein Pfeil vor dem Preis auf eine vereinbarte Strategie für die Zukunft hindeutet, so dass die Teilnehmer eine Preiserhöhung vereinbart hatten. 141 Nach Ansicht der Klägerin ist die Auslegung des in den Geschäftsräumen von Total France gefundenen handschriftlichen Vermerks, wie sie von der Kommission vorgenommen wurde, wegen der Widersprüchlichkeit der Erklärungen zu diesem technischen Treffen nicht möglich. Shell habe nämlich erklärt, dass eine Preiserhöhung vereinbart worden sei, während Sasol erwähnt habe, dass eine Preiserhöhung diskutiert worden sei. Folglich könne auch unter Berücksichtigung des bei Total France gefundenen handschriftlichen Vermerks nur ein Informationsaustausch angenommen werden. 142 Es ist festzustellen, dass die Erklärung von Shell vom 14. Juni 2006 keinesfalls zweideutig ist, da sie bestätigt, dass eine Preiserhöhung bei diesem technischen Treffen vereinbart worden sei und zum 1. Juli 2004 wirksam werden sollte. 143 Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf die Erklärung von Sasol vom 12. August 2005 stützen, um zu leugnen, dass bei diesem Treffen eine Vereinbarung getroffen wurde. Der Umstand, dass Sasol einräumt, dass bei diesem Treffen über die Preise diskutiert wurde, schließt keinesfalls aus, dass die Teilnehmer auf der Grundlage dieser Diskussionen zu einer Vereinbarung gelangt sind. Im Übrigen hat Sasol in der genannten Erklärung bestätigt, dass sie einen „Kettenbrief“ verschickt habe, in dem sie eine Preiserhöhung von fünf bis sieben Euro pro 100 kg am 14. Juni 2004 angekündigt habe, und dass sie ein Schreiben von H&R erhalten habe, in dem die Erhöhung ihrer Preise von 5,20 auf 6,80 Euro pro 100 kg angekündigt worden sei. 144 Aus dieser Erklärung ergibt sich, dass Sasol ihre Preise um den gleichen Betrag erhöhen wollte, der in dem bei Total France gefundenen handschriftlichen Vermerk angegeben war, und dass daraufhin H&R auch ein Preiserhöhungsschreiben verschickte, in dem auf eine Erhöhungsmaßnahme hingewiesen wurde, die derjenigen von Sasol sehr ähnlich war. 145 Folglich hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung korrekt festgestellt, dass die Teilnehmer bei dem genannten technischen Treffen eine Erhöhung der Preise für Paraffinwachse vereinbart hatten. 146 Im Licht der vorstehenden Prüfung und ohne dass es nötig wäre, die Beweise für alle technischen Treffen, an denen die Klägerin teilgenommen hat, zu prüfen, kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die Kartellteilnehmer bei den technischen Treffen vom 3. und 4. September 1992 (Randnr. 126 der angefochtenen Entscheidung), vom 23. und 24. November 1992 (Randnr. 128), vom 7. und 8. September 1995 (Randnr. 137), vom 22. und 23. Februar 1996 (Randnr. 139), vom 14. und 15. Mai 1996 (Randnr. 140), vom 30. und 31. Oktober 1997 (Randnr. 145), vom 3. und 4. November 1998 (Randnr. 149), vom 27. und 28. Oktober 1999 (Randnr. 156), vom 26. und 27. Juni 2001 (Randnr. 163) sowie vom 11. und 12. Mai 2004 (Randnr. 174) Vereinbarungen über Preisfestsetzungen für Paraffinwachse geschlossen haben. Zur Gesamtbewertung 147 Erstens ist zu bemerken, dass Shell, Sasol und Repsol eingeräumt haben, dass die Preise für Paraffinwachse bei den technischen Treffen mit dem allgemeinen Ziel erörtert worden seien, sich über ihre Höhe abzusprechen. Nach der oben in Randnr. 32 angeführten Rechtsprechung stellt ein solches gemeinsames Ziel bereits eine Vereinbarung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG dar, da hinsichtlich der Wettbewerbsbeschränkung als solcher ein übereinstimmender Wille vorliegt. Außerdem haben eben diese Unternehmen erklärt, dass sich die Teilnehmer bei mehreren technischen Treffen tatsächlich über Mindestpreise oder Preiserhöhungen, manchmal sogar über die Maßnahmen zur Erhöhung geeinigt hätten. In ihren Erklärungen haben die Unternehmen auch auf die Teilnahme von Total an den technischen Treffen hingewiesen, und sie haben die Namen der Angestellten der Klägerin genannt, die diese bei den Treffen vertreten haben. 148 Zweitens werden die fraglichen Erklärungen durch zahlreiche handschriftliche Vermerke aus der Zeit der technischen Treffen, die die Kommission bei ihren Nachprüfungen vorgefunden hat, untermauert; sie waren der Klägerin während des Verwaltungsverfahrens zugänglich, und ein Teil von ihnen ist u. a. in den Randnrn. 126, 128, 137, 139, 140, 145, 149, 156, 163 und 174 der angefochtenen Entscheidung angeführt. 149 Drittens war die Klägerin bei 39 von insgesamt 51 wettbewerbswidrigen Treffen, die im Zeitraum ihrer Teilnahme an dem Kartell, d. h. vom 3. September 1992 bis zum 28. April 2005, stattgefunden haben, anwesend. 150 In dieser Hinsicht ist zum einen darauf hinzuweisen (siehe oben, Randnr. 146), dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nachgewiesen hat, dass die Kartellteilnehmer bei den technischen Treffen vom 3. und 4. September 1992 (Randnr. 126 der angefochtenen Entscheidung), vom 23. und 24. November 1992 (Randnr. 128), vom 7. und 8. September 1995 (Randnr. 137), vom 22. und 23. Februar 1996 (Randnr. 139), vom 14. und 15. Mai 1996 (Randnr. 140), vom 30. und 31. Oktober 1997 (Randnr. 145), vom 3. und 4. November 1998 (Randnr. 149), vom 27. und 28. Oktober 1999 (Randnr. 156), vom 26. und 27. Juni 2001 (Randnr. 163) sowie vom 11. und 12. Mai 2004 (Randnr. 174) Preisfestsetzungsvereinbarungen für Paraffinwachse getroffen haben. Die Klägerin war bei all diesen technischen Treffen, außer demjenigen vom 14. und 15. Mai 1996, anwesend. 151 Zum anderen räumt die Klägerin ein, dass bei den technischen Treffen vom 30. September 1994 (Randnr. 133 der angefochtenen Entscheidung), vom 27. Januar 1995 (Randnr. 134), vom 17. und 18. September 1996 (Randnr. 141), vom 2. und 3. September 1998 (Randnr. 148), vom 3. und 4. Februar 2000 (Randnr. 157), vom 25. und 26. Mai 2000 (Randnr. 159), vom 21. und 22. Februar 2002 (Randnr. 165), vom 18. Dezember 2002 (Randnr. 168), vom 27. und 28. Februar (Randnr. 169) sowie vom 14. und 15. Januar 2004 (Randnr. 173), bei denen sie anwesend gewesen sei, Informationen über die Preise für Paraffinwachse ausgetauscht worden seien. 152 Die Klägerin trägt kein spezifisches Argument vor, um die Erklärungen von Sasol, Repsol und Shell, nach denen das Ziel der technischen Treffen die Festsetzung von Preisen gewesen sei, zurückzuweisen. 153 Somit verfügte die Kommission zumindest hinsichtlich der oben in den Randnrn. 146 und 151 genannten technischen Treffen über eine Reihe unwiderlegbarer Beweise, aus denen sich ergab, dass die Teilnehmer bei den technischen Treffen während mehr als zwölf Jahren regelmäßig Informationen über ihre Preise und die vorgesehenen Erhöhungen ausgetauscht hatten. Die Klägerin hat aber keine schlüssige Erklärung in Bezug auf diese Aktivitäten abgegeben, die die Aussage der Kommission in Frage stellen könnte, dass das Ziel dieses Verhaltens insbesondere die Festsetzung der Preise gewesen sei. Vielmehr spricht der lange Zeitraum, in dem die Treffen systematisch stattgefunden haben, selbst dafür, dass die Teilnehmer das Ziel verfolgten, ihre Preispolitiken zu harmonisieren, und dabei bewusst eine praktische Zusammenarbeit unter ihnen an die Stelle der Marktrisiken treten ließen, indem sie abgestimmte Verhaltensweisen einführten, die auf die Preise von Paraffinwachsen gerichtet waren, und, zumindest was die oben in Randnr. 146 genannten technischen Treffen anbelangt, Preisfestsetzungen vereinbarten. 154 Rein vorsorglich ist zu betonen, dass nach der oben in Randnr. 34 angeführten Rechtsprechung Art. 81 Abs. 1 EG jeder unmittelbaren oder mittelbaren Kontaktaufnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern entgegensteht, durch die entweder das Marktverhalten eines tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerbers beeinflusst oder ein solcher Wettbewerber über das Marktverhalten, zu dem der betreffende Wirtschaftsteilnehmer selbst entschlossen ist oder das er in Erwägung zieht, ins Bild gesetzt wird, wenn diese Kontaktaufnahme eine Beschränkung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt. Im vorliegenden Fall bestreitet die Klägerin weder die Kontaktaufnahme noch den Austausch vertraulicher Informationen bei den technischen Treffen. 155 Viertens kann die Klägerin nicht mit Erfolg behaupten, die Kommission habe ihre Teilnahme an den Vereinbarungen oder den abgestimmten Verhaltensweisen, die bei den technischen Treffen eingerichtet wurden, nicht bewiesen. 156 In Bezug auf wettbewerbswidrige Vereinbarungen, die wie im vorliegenden Fall bei Zusammenkünften konkurrierender Unternehmen zustande kommen, hat der Gerichtshof nämlich bereits entschieden, dass eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG vorliegt, wenn diese Zusammenkünfte die Einschränkung, Verhinderung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken und damit der künstlichen Regulierung des Marktes dienen. In einem solchen Fall genügt es zum Nachweis der Teilnahme eines Unternehmens am Kartell, wenn die Kommission dartut, dass das Unternehmen an Treffen teilnahm, bei denen wettbewerbswidrige Vereinbarungen geschlossen wurden. Ist die Teilnahme an solchen Zusammenkünften erwiesen, obliegt es dem fraglichen Unternehmen, Indizien vorzutragen, die zum Beweis seiner fehlenden wettbewerbswidrigen Einstellung bei der Teilnahme an den Zusammenkünften geeignet sind, und nachzuweisen, dass es seine Wettbewerber darauf hingewiesen hat, dass es mit einer anderen Zielsetzung als diese an den Zusammenkünften teilgenommen hat (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 47 angeführt, Randnr. 81, und Urteil des Gerichtshofs vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, C-403/04 P und C-405/04 P, Slg. 2004, I-729, Randnr. 47). 157 Diese Regel beruht auf der Erwägung, dass das Unternehmen, indem es an der fraglichen Sitzung teilnahm, ohne sich offen von deren Inhalt zu distanzieren, den anderen Teilnehmern Anlass zu der Annahme gab, dass es dem Ergebnis der Sitzung zustimme und sich daran halten werde (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 47 angeführt, Randnr. 82, und Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, oben in Randnr. 156 angeführt, Randnr. 48). 158 Die Klägerin, die regelmäßig an den Treffen teilgenommen hat, trägt jedoch nicht vor, dass sie sich offen von den Vereinbarungen der wettbewerbswidrigen Treffen distanziert habe. 159 Fünftens betreffen die Erklärungen der Klägerin jedes Mal ein besonderes technisches Treffen. Somit können sie keine plausible Erklärung für die Gesamtheit der von der Kommission gesammelten Beweise darstellen, die es ihr ermöglicht haben, das Vorliegen einer komplexen, einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung festzustellen. 160 Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zutreffend angenommen hat, dass die Kartellteilnehmer, einschließlich der Klägerin, eine Zuwiderhandlung begangen haben, die insbesondere in „Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestand, die darauf abzielten, Preise festzusetzen und kommerziell empfindliche Informationen auszutauschen und offenzulegen“. 161 Somit hat die Kommission insoweit nicht gegen Art. 81 EG verstoßen. 162 Folglich ist der erste Teil dieses Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil betreffend das Fehlen von Beweisen für die Durchführung von Vereinbarungen über die Preisfestsetzungen 163 Im zweiten Teil macht die Klägerin geltend, die Kommission habe dadurch gegen Art. 81 EG verstoßen, dass sie festgestellt habe, die Zuwiderhandlung sei begangen worden. Insbesondere habe die Kommission nicht nachgewiesen, dass der Versand der Schreiben mit der Ankündigung von Preiserhöhungen die Ausführung des Hauptteils der Zuwiderhandlung darstelle. 164 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Nr. 4.1 der angefochtenen Entscheidung unter der Überschrift „Grundsätze und Funktionsweise des Kartells“ Folgendes ausgeführt hat: … „(113) Die Beschlüsse der technischen Treffen wurden zumeist umgesetzt, indem Kunden Preiserhöhungen angekündigt oder bestehende Preislisten gekündigt wurden. Wenn es gelegentlich zu Täuschungsmanövern kam oder Vereinbarungen nicht umgesetzt wurden, kam das auf dem nächsten Treffen zur Sprache (siehe z. B. Randnummern [149] und [157]). In der Regel übernahm ein auf dem Treffen anwesendes Unternehmen die Vorreiterrolle bei den Preiserhöhungen (meistens Sasol, aber manchmal auf Bitten Sasols auch ein anderes teilnehmendes Unternehmen). Die übrigen Anbieter zogen dann kurze Zeit später nach und kündigten ihrerseits Preiserhöhungen an. Die an den technischen Treffen beteiligten Unternehmensvertreter unterrichteten sich gegenseitig über ihre Maßnahmen zur Umsetzung der dort gefassten Beschlüsse. Die Unterrichtung der anderen [teilnehmenden] Unternehmen (eines Unternehmens oder aller Unternehmen) erfolgte mündlich oder durch Versendung einer Kopie der Schreiben, in denen den Kunden die höheren Preise angekündigt oder die bisherigen Preise gekündigt wurden; … Die Kommission hat festgestellt, dass diese Unterrichtungen zwischen den Parteien tatsächlich erfolgten. Eine Stichprobe von rund 150 dieser Schreiben ergab, dass diese Schreiben tatsächlich binnen sechs Wochen nach den jeweiligen technischen Treffen ausgetauscht wurden. Es wurde auch über eine Vereinbarung dahingehend berichtet, dass die beteiligten Unternehmen die Umsetzung der vereinbarten Preiserhöhungen nicht dazu nutzen sollten, ihren eigenen Marktanteil zu erhöhen. Diese Erklärung wurde in den Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht bestritten.“ 165 Sodann hat die Kommission in Nr. 5.5 der angefochtenen Entscheidung unter der Überschrift „Umsetzung“ Folgendes ausgeführt: „… (299) Die Kommission ist zwar nicht verpflichtet, die Umsetzung einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung nachzuweisen; in dieser Sache kann dieser Nachweis allerdings geführt werden. Der Austausch von Preisschreiben und die mündlichen Preisinformationen (siehe Randnummer [248]) dienten auch als Mittel zur Überwachung der Vereinbarung. Dadurch, dass den übrigen Kartellmitgliedern die bevorstehenden Preiserhöhungen oder Preisrücknahmen mitgeteilt wurden, konnten diese prüfen, ob ein Unternehmen seine Verpflichtungen erfüllte, die es in den technischen Treffen eingegangen war. Außerdem wurde verschiedentlich auch in den technischen Treffen über die Umsetzung gesprochen (z. B. in den in Randnummern [147] und [149] beschriebenen Treffen). Dass die Kartellmitglieder auch wechselseitige Lieferbeziehungen unterhielten, die im Prinzip bestimmte Mitteilungen untereinander erklären könnten, ändert nichts an dieser Feststellung. Es geht nicht darum, ob bestimmte Mitteilungen untereinander wegen wechselseitiger Lieferbeziehungen ohnehin erfolgt wären, sondern darum, ob diese Mitteilungen objektiv die Überwachung der Umsetzung der Zuwiderhandlung erleichterten.“ 166 Zunächst macht die Klägerin geltend, gemäß den Erklärungen der Unternehmen seien Preisschreiben mit Preismitteilungen nicht systematisch an die anderen Teilnehmer verschickt worden, so dass dies keine Umsetzung des Hauptteils der Zuwiderhandlung habe darstellen können. Wenn der Zweck der technischen Treffen die gemeinsame Festsetzung neuer Preise gewesen wäre, wäre es nach ihrer Ansicht erforderlich gewesen, dass jeder der Teilnehmer, um ihnen die Überprüfung der Einhaltung der Vereinbarung durch alle zu ermöglichen, seine neuen Preise allen anderen oder zumindest einem, mit der Überprüfung Beauftragten, von ihnen mitteilt, was nicht der Fall gewesen sei. 167 Jedenfalls könne die Praxis des Austauschs von Preisschreiben nicht Total France zum Vorwurf gemacht werden. Zunächst habe Total France, wie von Shell eingeräumt werde, nicht oft Schreiben mit Preiserhöhungen an ihre Kunden geschickt, sie habe gewöhnlich Preiserhöhungen bei Besuchen von Kunden ohne Mitteilung an die Wettbewerber mündlich angekündigt. Im Übrigen entfielen von den 123 von der Kommission angeführten Schreiben nur neun auf Total France, von denen die meisten Geschäftsbriefe seien, die Preisanfragen oder Angebote im Hinblick auf einen eventuellen Kauf beträfen. 168 Dieses Vorbringen der Klägerin betrifft einen Austausch von Preisschreiben zwischen den Kartellteilnehmern. 169 Diese Briefwechsel bildeten jedoch nicht die eigentliche Umsetzung der fraglichen Zuwiderhandlung, die darin bestand, dass gegenüber Kunden Preise angewandt, aufrechterhalten oder erhöht wurden, die bei den Treffen diskutiert oder festgesetzt worden waren. Die Kommission hat nämlich in Randnr. 113 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass „[d]ie Beschlüsse der technischen Treffen … zumeist umgesetzt wurden, indem Kunden Preiserhöhungen angekündigt oder bestehende Preislisten gekündigt wurden“. Die Briefwechsel und die mündlichen Diskussionen im Anschluss an die Treffen beziehen sich auf den Kontrollmechanismus für die Umsetzung der Zuwiderhandlung durch die Teilnehmer. 170 Somit ist das Vorbringen der Klägerin, dass nur neun Preisschreiben, die Gegenstand der Briefwechsel zwischen Wettbewerbern waren, aus der Stichprobe der Kommission von 123 Schreiben ihr zugerechnet werden könnten, unerheblich. Jedenfalls räumt die Klägerin selbst ein, sie habe nicht oft Schreiben mit der Ankündigung von Preiserhöhungen an die Kunden versandt, sondern habe gewöhnlich die Preiserhöhungen anlässlich von Besuchen von Kunden mündlich angekündigt. Folglich räumt die Klägerin zum einen selbst ein, dass sie ihre Preise regelmäßig erhöht hat und erklärt zum anderen, warum sie nur wenige Kopien von Preismitteilungsschreiben an die Wettbewerber schicken konnte: In den Fällen, in denen die Preiserhöhungen den Kunden mündlich mitgeteilt wurden, konnte keine Kopie an die Wettbewerber verschickt werden, da kein Preisschreiben an Letztere gerichtet worden war. 171 Zweitens steht die These der Klägerin, dass im vorliegenden Fall die Zuwiderhandlung nicht umgesetzt worden sei, im Widerspruch zu den Beweisen, auf die die angefochtene Entscheidung gestützt wurde. 172 Shell hat nämlich in ihrer Erklärung vom 18. März 2005 ausdrücklich bestätigt, dass ihr Vertreter nach den technischen Treffen gewöhnlich ein Preisschreiben erhalten habe, in dem die Preiserhöhung durch einen Wettbewerber angekündigt wurde. Diese Schreiben waren regelmäßige Ankündigungen neuer Preise, die von den Paraffinwachsherstellern an Kunden und andere Hersteller geschickt worden seien, die oft auch einer vom anderen im Rahmen von Querlieferungen Paraffinwachs kauften. Habe der erste Hersteller somit erst einmal seine Absicht bekundet, die Preise zu erhöhen, seien die anderen Kartellteilnehmer nach den Angaben von Shell entsprechend den bei den technischen Treffen geführten Diskussionen dem gefolgt. 173 Shell hat in ihrer Erklärung vom 14. Juni 2006 auch bestätigt, dass jedes Mal, wenn sie ein Preisschreiben mit der Ankündigung einer Preiserhöhung versandt habe, dieses den bei dem vorhergehenden technischen Treffen vereinbarten Preis enthalten habe. Sie hat auch mitgeteilt, dass sie regelmäßig solche Schreiben von Sasol, von H&R und von ExxonMobil erhalten habe, auch wenn sie nie Paraffinwachs von Letzterer gekauft habe. Total habe zwar nicht oft solche Schreiben an ihre Kunden geschickt, doch habe Shell eines oder zwei von Total erhalten. Außerdem hat nach der Erklärung von Shell ihr Vertreter, um die richtige Umsetzung der bei den technischen Treffen vereinbarten Preiserhöhungen sicherzustellen, die Vertreter von Sasol, von H&R, von Total und von ExxonMobil angerufen, vor Beginn der Preisverhandlungen mit den Kunden. 174 Dieser Mechanismus zur Umsetzung des Kartells wird durch die Erklärung von Sasol vom 12. August 2005 bestätigt, die auch detaillierte Beispiele zu konkreten technischen Treffen enthält. 175 Drittens wendet die Klägerin gegen die Kommission ein, dass kein direkter Zusammenhang zwischen den Informationen, die zu den technischen Treffen zur Verfügung stünden, und den von der Kommission erwähnten Preisschreiben bestehe. 176 Zum einen ergibt sich aus mehreren oben zitierten Erklärungen, dass die bei den technischen Treffen vereinbarten Preiserhöhungen im Allgemeinen gegenüber den Kunden nicht vollständig angewandt werden konnten. Shell hat erklärt, dass ungefähr zwei Drittel der vereinbarten Preiserhöhungen umgesetzt werden könnten. Außerdem gibt es in den Akten mehrere Hinweise darauf, dass die Teilnehmer die vereinbarten Preiserhöhungen oft überhaupt nicht umsetzen konnten. 177 Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass nach der oben in Randnr. 47 zitierten Rechtsprechung Kartelle betreffende Beweise normalerweise bruchstückhaft und spärlich sind. Da die Kommission nicht über detaillierte Beweise zum Inhalt der Diskussionen, die bei jedem technischen Treffen geführt wurden, verfügte und da sie nur einen kleinen Teil der Preisschreiben besaß, die von den Teilnehmern an die Kunden geschickt worden waren, kann die Klägerin kein stichhaltiges Argument aus dem Umstand ableiten, dass die Kommission nicht die genaue Verbindung zwischen den Diskussionen bei den technischen Treffen und den in den genannten Preisschreiben angegebenen Preisen rekonstruieren konnte, umso mehr als es große Preisunterschiede bei den verschiedenen Paraffinwachsprodukten gab und die Kunden natürlich versuchten, sich den Erhöhungen zu widersetzen. 178 Somit ist dieses Vorbringen zurückzuweisen. 179 Viertens macht die Klägerin geltend, die Übermittlung der Preisschreiben mit Angaben zu Preiserhöhungen an die Wettbewerber sei durch die Kunden-Lieferantenbeziehung zwischen den an dem Kartell beteiligten Unternehmen gerechtfertigt gewesen. 180 Insoweit ist festzustellen, dass die Zuwiderhandlung hauptsächlich dadurch umgesetzt wurde, dass gegenüber den Kunden Preiserhöhungen angekündigt oder bestehende Preislisten gekündigt wurden, und nicht durch das Verschicken von Preisschreiben an die Wettbewerber, das eher ein Mittel war, die Umsetzung zu überprüfen. Jedenfalls hat Shell erklärt, sie habe Preisschreiben von einem Wettbewerber erhalten, dessen Lieferant sie nicht gewesen sei (siehe oben, Randnr. 173). Auch haben sowohl Shell als auch Sasol bestätigt, dass das Verschicken von Preisschreiben Teil des Mechanismus zur Umsetzung des Schwerpunkts der Zuwiderhandlung war. 181 Dieses Argument der Klägerin ist daher zurückzuweisen. 182 Fünftens macht die Klägerin zur Unterstützung ihrer Behauptung, sie sei an der Umsetzung der Zuwiderhandlung nicht beteiligt gewesen, geltend, dass sie nach der Erklärung von Shell das einzige Mal, dass Sasol versucht habe, sie zu überzeugen, als Erste ein Rundschreiben mit Preiserhöhungen zu versenden, genutzt habe, um ihre Wettbewerbssituation zu stärken, indem sie ein fiktives Preiserhöhungsschreiben an ihre Wettbewerber und nicht an ihre Kunden geschickt habe. 183 Insoweit ist festzustellen, dass sich aus der Erklärung von Shell tatsächlich ergibt, dass, als Sasol die Klägerin gebeten hatte, als Erste ein Preisschreiben an die Kunden zu versenden, in dem auf eine Preiserhöhung hingewiesen wird, die Klägerin dies nicht getan hat, sondern eine „Kopie“ eines fiktiven Preiserhöhungsschreibens an die Wettbewerber geschickt hat. Dies beweist also nur, dass die Klägerin der Aufforderung von Sasol, als Erste ein Rundschreiben zu versenden, in dem Preiserhöhungen angegeben werden, nicht nachgekommen ist. 184 Nach der Rechtsprechung ändert jedoch der Umstand, dass ein Kartell nicht beachtet wird, nicht das eigentliche Bestehen des Kartells (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 11. März 1999, Thyssen Stahl/Kommission, T-141/94, Slg. 1999, II-347, Randnrn. 233, 255, 256 und 341). Selbst wenn man als erwiesen unterstellt, dass es einigen Teilnehmern des Kartells gelang, andere Teilnehmer durch Übermittlung unrichtiger Informationen zu täuschen und das Kartell zu ihrem Vorteil auszunutzen, indem sie sich nicht an die Absprache hielten, wird die begangene Zuwiderhandlung dadurch nicht ungeschehen gemacht (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2008, Knauf Gips/Kommission, T‑52/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 201; vgl. auch in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2005, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑71/03, T‑74/03, T‑87/03 und T‑91/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 74). 185 Daher ist das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen. 186 Sechstens ist zu betonen, dass, wie die Kommission zutreffend bemerkt, die Umsetzung einer einheitlichen, komplexen und fortgesetzten Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zu beurteilen ist. 187 Insoweit hat das Gericht bereits entschieden, dass in dem Fall, in dem die Wettbewerber an Treffen teilgenommen haben, in denen sie Informationen u. a. über die Preise austauschten, die nach ihren Wünschen auf dem Markt praktiziert werden sollten, ein Unternehmen durch seine Teilnahme an einem Treffen mit wettbewerbswidrigem Zweck nicht nur das Ziel verfolgte, im Voraus die Ungewissheit über das künftige Verhalten seiner Wettbewerber zu beseitigen, sondern bei der Festlegung der Politik, die es auf dem Markt verfolgen wollte, zwangsläufig auch unmittelbar oder mittelbar die in diesen Treffen erhaltenen Informationen berücksichtigen musste (Urteile des Gerichts vom 24. Oktober 1991, Rhône-Poulenc/Kommission, T-1/89, Slg. 1991, II-867, Randnrn. 122 und 123, und Knauf Gips/Kommission, oben in Randnr. 184 angeführt, Randnr. 276). 188 Weiter gilt nach der Rechtsprechung vorbehaltlich des den betroffenen Unternehmen obliegenden Gegenbeweises die Vermutung, dass die an der Abstimmung beteiligten und weiterhin auf dem Markt tätigen Unternehmen die mit ihren Wettbewerbern ausgetauschten Informationen bei der Festlegung ihres Marktverhaltens berücksichtigen. Dies gilt umso mehr, wenn die Abstimmung während eines langen Zeitraums regelmäßig stattfindet (Urteil Hüls/Kommission, oben in Randnr. 33 angeführt, Randnr. 162). 189 Im vorliegenden Fall erfolgten aber die Abstimmungen über die Preise regelmäßig und häufig sowie über einen langen Zeitraum, wobei die Kommission über Informationen zu mehr als 50 Treffen zwischen 1992 und 2005 verfügte. Ebenso hat die Kommission 343 Preisschreiben der Klägerin vorgelegt, in denen den Kunden Preiserhöhungen mitgeteilt werden. Die Erklärungen von Shell und von Sasol weisen auch darauf hin, dass Total an der Umsetzung der genannten Verhaltensweisen teilgenommen hat. 190 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist das Gericht der Auffassung, dass die Kommission zu Recht die Umsetzung der Zuwiderhandlung und die Teilnahme der Klägerin daran festgestellt hat. 191 Aus dem Vorstehenden folgt, dass der zweite Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen ist. Zum dritten Teil betreffend die Aufteilung der geografischen Märkte und der Kunden 192 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung nicht nachgewiesen, dass sie am zweiten Teil der Zuwiderhandlung teilgenommen habe. Daher habe die Kommission gegen Art. 81 EG verstoßen. 193 Insoweit hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung Folgendes ausgeführt: „… (108) Mit Blick auf die Aufteilung von Märkten und Abnehmern bestand ein ‚generelles Einverständnis zwischen den anwesenden Wachsherstellern, die Geschäftsbeziehungen der Konkurrenten zu deren wichtigsten Abnehmern in ihren Heimatmärkten für Paraffin zu respektieren‘: die beteiligten Unternehmen ‚waren bemüht, zum Schutz ihrer Heimatmärkte untereinander ein Klima des gegenseitigen Vertrauens und Goodwills zu schaffen‘. … 5.3.2.3. Aufteilung von Kunden und/oder Märkten (243) Aus den in den Randnummern (98), (108), (137), [technisches Treffen vom 7. und 8. September 1995] (145), (147), [technisches Treffen vom 5. und 6. Mai 1998, (168) [technisches Treffen vom 18. Dezember 2002] und (170) [technisches Treffen vom 16. und 17. April 2003] beschriebenen Sachverhalten ergibt sich, dass ExxonMobil, MOL, Repsol, Sasol, Dea (später Shell) und Total Kunden und/oder Liefermengen für bestimmte Abnehmer und/oder Gebiete (als ‚Inlandsmärkte‘) untereinander aufteilten (‚Kundenaufteilung‘ bzw. ‚Marktaufteilung‘). (244) ExxonMobil, Sasol und Shell haben eingeräumt, dass Kunden und/oder Märkte aufgeteilt wurden. In ihren Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte haben sie dies erneut bestätigt bzw. derartige Verhaltensweisen nicht bestritten.“ Zur Aufteilung der geografischen Märkte 194 Erstens macht die Klägerin geltend, die Beweise, auf die die Kommission ihre Behauptungen in Randnr. 108 der angefochtenen Entscheidung stütze, seien vage. 195 Insoweit ist zu betonen, dass die Antwort von Sasol vom 16. Dezember 2006 auf ein Auskunftsverlangen der Kommission ganz deutlich angibt, dass die Teilnehmer der technischen Treffen versuchten, ihre Heimatmärkte zu schützen, wobei sie erwähnt, dass „Total, BP France und Mobil“ das französische Hoheitsgebiet beanspruchten, während die deutschen Hersteller (Sasol, H&R und Shell) das deutsche Hoheitsgebiet als ihren jeweiligen Heimatmarkt verlangten. Darüber hinaus hat Sasol in dieser Antwort erwähnt, dass der Vertreter von Total, auf die Mitteilung von Repsol hin, sie habe überschüssige Mengen bei ihrer eigenen Produktion, dagegen protestiert habe, dass Repsol diese möglicherweise nach Frankreich verkaufe. Außerdem beschreibt Sasol einen Vorfall während des technischen Treffens vom 20. und 21. Februar 1997, als sie erwähnt habe, dass sie im Jahr 1996 eine Verkaufsmenge von 6000 Tonnen verloren habe und sie vermutet habe, dass die französischen Hersteller heimlich diese Mengen an deutsche Kunden geliefert hätten, trotz der Vereinbarung zur Achtung der Heimatmärkte. Daraufhin habe Sasol beschlossen, diese Marktpositionen wiederzuerlangen, indem sie die bei den technischen Treffen vereinbarten Preise nicht beachtete. 196 Außerdem wird in der Erklärung von Shell vom 14. Juni 2006 ausgeführt, dass es unter den Teilnehmern eine stillschweigende Vereinbarung gegeben habe, nach der die Kunden im Umkreis von 50 bis 100 km der Produktionsanlagen jedes Teilnehmers diesem gehörten. Nach dieser Vereinbarung gehöre ein in Hamburg (Deutschland) niedergelassener Kerzenhersteller Sasol und Shell. Wenn ein anderer Teilnehmer versuchen würde, an diesen Kerzenhersteller zu verkaufen, hätten Sasol und Shell begonnen, als Vergeltung Paraffinwachs an einen wichtigen Kunden dieses anderen Teilnehmers zu liefern. Shell hat auch erklärt, dass ihr Vertreter bei den technischen Treffen dem Vertreter von Total gesagt habe, dass sie davon absehen werde, nach Frankreich zu verkaufen, so dass sie von Total erwarte, dass sie nicht in Hamburg verkaufe. Dann hat Shell Beispiele betreffend Kunden genannt, die bestimmten Kartellteilnehmern vorbehalten waren, und dabei erläutert, dass die in Frankreich niedergelassenen Kerzenhersteller Total und ExxonMobil vorbehaltene Kunden gewesen seien und dass dies für ihren Vertreter und für die anderen Teilnehmer bei den technischen Treffen klar gewesen sei. Weiter hat Shell bestätigt, dass es zwischen Sasol und Total eine stillschweigende Vereinbarung gegeben habe, nach der sich jeder verpflichtet habe, nicht auf den Heimatmarkt des anderen vorzudringen (Frankreich für Total und Deutschland für Sasol), d. h. nur begrenzte Mengen in das Gebiet zu verkaufen, das dem anderen vorbehalten sei, wie es den Diskussionen zwischen den Vertretern von Sasol und Total bei den technischen Treffen zu entnehmen ist. Nach dieser Erklärung hat H&R dennoch Paraffinwachse an französische Kunden verkauft. Wenn diese Verkäufe 1000 Tonnen pro Jahr überstiegen hätten, habe Total sich beim nächsten technischen Treffen über das Verhalten von H&R beschwert und habe alle Teilnehmer darauf hingewiesen, dass Total beträchtliche Einfuhren nach Frankreich nicht tolerieren werde. Total habe somit als Vergeltungsmaßnahme ihre Verkäufe an zwei Stammkunden von H&R erhöht. Schließlich hat Shell erklärt, dass die Achtung der Heimatmärkte und der vorbehaltenen Kunden Teil eines Gesamtplans gewesen sei, der von allen Teilnehmern an den technischen Treffen akzeptiert worden sei. Wenn ein Teilnehmer gegen diese Vereinbarungen verstoßen habe, habe der oder hätten die Hersteller, dem oder denen der Markt oder der Kunde vorbehalten gewesen sei, protestiert und denjenigen, der den Verstoß begangen habe, gegebenenfalls mit Repressalien, überzeugt, seine Verkäufe einzustellen, gegebenenfalls dadurch, dass er dem Kunden überhöhte Preise anbiete, damit er nichts mehr von ihm kaufe. 197 Nach alledem haben Sasol und Shell entgegen den Behauptungen der Klägerin genaue und übereinstimmende Informationen über die Aufteilung der Märkte und der Kunden zwischen den Kartellteilnehmern geliefert. Es ist hinzuzufügen, dass die in Rede stehenden Erklärungen auf der Grundlage von Zeugenaussagen von Personen, die an den technischen Treffen beteiligt gewesen sind, nach reiflicher Überlegung erstellt worden sind und dass sie auch die Unternehmen beschuldigen, in deren Namen sie abgegeben wurden. Somit sind die vorgenannten Erklärungen im Sinne der oben in Randnr. 66 angeführten Rechtsprechung und entgegen dem Vorbringen der Klägerin besonders verlässlich. 198 Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die Erklärungen von Sasol und von Shell auch durch einen Informationsvermerk über das Treffen „Blauer Salon“ von Sasol untermauert werden, den die Kommission mit dem technischen Treffen vom 17. und 18. Dezember 2002 (Randnr. 168 der angefochtenen Entscheidung) in Verbindung bringt. 199 Die Klägerin macht geltend, die Kommission könne sich nicht auf den Informationsvermerk über das Treffen „Blauer Salon“ von Sasol stützen, den sie mit dem Treffen vom 17. und 18. Dezember 2002 in Verbindung bringe, da dieser Vermerk nicht das Jahr angebe. 200 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach der oben in Randnr. 81 angeführten Rechtsprechung das Fehlen des Datums oder der Unterschrift auf einem Dokument oder der Umstand, dass es schlecht geschrieben ist, diesem nicht jeden Beweiswert nehmen, sofern sein Ursprung, sein wahrscheinliches Datum und sein Inhalt mit hinreichender Sicherheit bestimmt werden können. Die Kommission hat aber in der angefochtenen Entscheidung erklärt, dass es das Jahr 2002 sein müsse, da dies das einzige Jahr sei, in dem ein technisches Treffen am 17. und 18. Dezember abgehalten worden sei. Ferner beweist der fragliche Informationsvermerk die Aufteilung der Märkte oder der Kunden, da er folgende Angaben enthält: „Repsol hat Probleme (55000 jato Eigenproduktion) – [der Vertreter von Total] hat sofort protestiert gegen Zusatz/Handels-Mengen – Repsol scheint bereit nachzudenken“. Die plausibelste Erklärung für diesen Informationsvermerk ist, dass Repsol ihre Überproduktion nach Frankreich verkaufen wollte, welches das ihren Produktionsstätten in Spanien am nächsten gelegene Hoheitsgebiet ist, und dass Total darauf hinweisen wollte, dass sie dieses Gebiet als ihr vorbehalten betrachte. 201 Außerdem sind nach der oben in Randnr. 40 angeführten Rechtsprechung die Indizien, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung anführt, um einen Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG zu beweisen, nicht einzeln, sondern in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Der allgemeine Plan der Aufteilung der Märkte ergibt sich bereits klar aus den Erklärungen von Shell und Sasol, und der Hinweis in dem Informationsvermerk von Sasol fügt sich in den in den beiden Erklärungen beschriebenen Mechanismus ein. 202 Somit ist der fragliche Informationsvermerk über das Treffen „Blauer Salon“ von Sasol ein schriflicher Beweis über die Aufteilung der Märkte oder der Kunden. 203 Drittens trägt die Klägerin vor, die Regel der Achtung der Heimatmärkte stehe im Widerspruch zum innergemeinschaftlichen Handel, insbesondere dem zwischen Frankreich und Deutschland. 204 Insoweit ist zum einen darauf hinzuweisen, dass sich aus den oben zitierten Erklärungen ergibt, dass der Heimatmarkt eines Unternehmens nicht zwangsläufig dem Hoheitsgebiet eines bestimmten Mitgliedstaats entsprach, sondern in bestimmten Fällen dem Gebiet im Umkreis der Produktionsstätten eines bestimmten Unternehmens. 205 Zum anderen ergibt sich auch aus den oben in den Randnrn. 195 und 196 zitierten Erklärungen von Sasol und Shell, dass es sich weder um eine hermetische Abriegelung der Märkte noch um die ausschließliche Belieferung bestimmter Kunden mit Paraffinwachsen handelte, sondern vielmehr um eine teilweise stillschweigende Vereinbarung, keine erheblichen Mengen in die Gebiete oder an Kunden zu liefern, die als einem anderen Paraffinwachshersteller gehörend betrachtet wurden. 206 Drittens zeigen die Erklärungen gelegentliche Verstöße gegen die Regel der Achtung der Heimatmärkte, die zu Repressalien von Seiten des Unternehmens geführt haben, dessen Gebiet betroffen war. Dieser Punkt kann für sich genommen die Fluktuationen im innergemeinschaftlichen Handel erklären. 207 Daher ist dieses Vorbringen zurückzuweisen. 208 Nach alledem ist das Vorbringen der Klägerin betreffend die Feststellungen der Kommission zur Aufteilung der Märkte zurückzuweisen. Zur Aufteilung von Abnehmern 209 Nach Ansicht der Klägerin kann aufgrund der schriftlichen Beweise, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zusammengestellt hat, keine Vereinbarung über die Aufteilung von Abnehmern nachgewiesen werden, sondern allenfalls ein Austausch von Informationen. 210 Insoweit ist zu bemerken, dass die präzisen, übereinstimmenden und glaubwürdigen Erklärungen von Sasol und Shell hinsichtlich der Aufteilung von Abnehmern auf Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen hinweisen. Jedenfalls hat die Kommission den zweiten Teil der Zuwiderhandlung nicht als Vereinbarung eingestuft, sondern als Teil einer fortgesetzten und komplexen Zuwiderhandlung, die Vereinbarungen, abgestimmte Verhaltensweisen und den Austausch vertraulicher Informationen zwischen Wettbewerbern betraf. Somit sind selbst die Beweise und Hinweise eines solchen Informationsaustauschs unter dem Gesichtspunkt des Nachweises des zweiten Teils der Zuwiderhandlung erheblich. 211 Zunächst ist zu erwähnen, dass die Kommission in Randnr. 145 der angefochtenen Entscheidung im Kontext des technischen Treffens vom 30. und 31. Oktober 1997 in Hamburg einen Vermerk von MOL mit folgenden Informationen zitiert hat: „Hersteller von Mischungen (100 DEM billiger als traditionelle Hersteller von Kerzen) Astor ->Schümann aktueller Preis 1000 DEM ab Fabrik („Astor ->Schürmann price now DEM 1000 exw.“) [Astor] ->Total DEM 1050 CPT Paramelt ->Total DEM 1100 CPT Iberceras -> Total DEM 1030“. 212 Nach Ansicht der Klägerin kann aufgrund des Vermerks von MOL nicht der Schluss gezogen werden, dass eine Vereinbarung über die Aufteilung von Abnehmern getroffen wurde, da sich aus diesem Vermerk nur ein Informationsaustausch hinsichtlich der Preise, die von den verschiedenen Beteiligten gegenüber ihren Kunden angewandt worden seien, ergebe. 213 Vorab ist zu bemerken, dass die Vermerke von MOL handschriftliche Vermerke mit strukturiertem und relativ detailliertem Inhalt sind, die von Personen angefertigt wurden, die an den Treffen teilgenommen haben. Folglich kommt ihnen ein sehr hoher Beweiswert zu. 214 Außerdem kann nach der oben in Randnr. 47 angeführten Rechtsprechung von der Kommission nicht gefordert werden, dass sie Schriftstücke vorlegt, die eine Kontaktaufnahme zwischen den beteiligten Wirtschaftsteilnehmern ausdrücklich belegen. Die lückenhaften und vereinzelten Beweiselemente, über die die Kommission gegebenenfalls verfügt, müssen jedenfalls durch Schlussfolgerungen ergänzt werden können, die die Rekonstruktion der relevanten Umstände ermöglichen. Der Vermerk von MOL stellt eine klare Verbindung zwischen den Kunden Astor, Paramelt und Iberceras und bestimmten Unternehmen her, die an dem Kartell beteiligt waren, darunter u. a. die Klägerin. 215 Somit ist die Erklärung der Kommission, nach der diese Hinweise beweisen, dass bei dem technischen Treffen vom 30. und 31. Oktober 1997 Diskussionen über die Aufteilung von Abnehmern stattgefunden haben, plausibel, so dass dieser Vermerk Teil der Reihe der Beweise ist, die den zweiten Teil der Zuwiderhandlung und Teilnahme der Klägerin an diesem beweisen sollen. 216 In Randnr. 147 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission im Zusammenhang mit dem technischen Treffen vom 5. und 6. Mai 1998 in Budapest (Ungarn) einen Vermerk von MOL angeführt, der die folgenden Angaben enthält: „MOL - Eika max. 1500 to Vollmar 2-3 m. to L&G der Größte Vollmar Schümann 3-3,5 m. to ↑ MOL 2,0-3 m. to Bestellung 15000 to Total Repsol“. 217 Die Kommission hat diese Angaben wie folgt interpretiert: „Aus dem Vermerk ist auch ersichtlich, dass über die Aufteilung der Belieferung des Großkunden Vollmar diskutiert wurde. Die Liefermengen von Schümann und MOL wurden vereinbart, aber Total und Repsol waren augenscheinlich ebenfalls interessiert.“ 218 Nach Ansicht der Klägerin ergibt sich aus dem Vermerk keine Aufteilung der Belieferung von Vollmar. Dieser Vermerk weise nämlich darauf hin, dass die Gesamtanfrage von Vollmar 15000 Tonnen betreffe, während bei den genannten Tonnagen eine Spannbreite angegeben sei (3000 bis 3500 Tonnen und 2000 bis 3000 Tonnen), so dass die Addition der genannten Tonnagen nicht gleich 15000 Tonnen sei. Wenn aber eine Vereinbarung über die Aufteilung der Lieferungen getroffen worden wäre, wäre nicht nur die jedem Lieferanten eingeräumte Tonnage bestimmt worden, sondern die Aufteilung hätte die Gesamtmenge der Lieferungen an diesen Kunden abgedeckt. Folglich handele es sich in dem Vermerk von MOL nicht um geplante Lieferungen, sondern um geschätzte Lieferungen jedes Teilnehmers. Jedenfalls sei bei Total France keine Menge angegeben, so dass kein Beweis für ihre Teilnahme vorliege. 219 Das Vorbringen der Klägerin ist zurückzuweisen, und die Interpretation der Kommission ist zu bestätigen. Der Vermerk von MOL, der im Übrigen einen sehr hohen Beweiswert hat, wie oben in Randnr. 213 festgestellt wurde, weist darauf hin, dass die Kartellteilnehmer die gesamte Anfrage von Vollmar (15000 Tonnen) diskutiert haben und die Verkäufe zwischen Schümann (3000 bis 3500 Tonnen) und MOL (2000 bis 3000 Tonnen) aufgeteilt haben. Es gibt auch einen Hinweis darauf, dass Repsol und Total geplant haben, an Vollmar zu verkaufen. Im Übrigen weist der erste Teil des Vermerks darauf hin, dass MOL den anderen Teilnehmern die an Eika, an Vollmar sowie an Langhammer und Gasda (L&G) verkauften Mengen mitgeteilt hat. Schließlich weisen die Erklärungen von Sasol und von Shell auf Vereinbarungen über die Aufteilung von Abnehmern hin, die u. a. die Aufteilung der an Vollmar zu liefernden Mengen betrifft. 220 Hinsichtlich des technischen Treffens vom 16. und 17. April 2003 (Randnr. 170 der angefochtenen Entscheidung) hat die Kommission einen handschriftlichen Vermerk mit dem Hinweis „Vollmar 13 kt HOS 2003 30 kt 22 kt SX50“ zitiert. Die Kommission hat ihn wie folgt interpretiert: „Demnach wurde die Belieferung des Abnehmers Vollmar besprochen und vereinbart, dass Sasol (damals HOS) und Shell (das Paraffin unter der Handelsmarke SX50 verkaufte) sich die Belieferung teilen würden.“ 221 Nach Ansicht der Klägerin ist es nicht möglich, in diesen Notizen eine solche Aufteilung der Belieferung zu finden. Die diesbezüglichen Anmerkungen seien über den Vermerk „verstreut“, ohne dass es möglich sei, irgendeinen Zusammenhang zwischen ihnen herzustellen. Die Kommission habe die Anmerkung „Vollmar“ künstlich mit den Anmerkungen zu den Tonnagen verbunden, obwohl diese ganz klar in unterschiedlichen Zeilen des Dokuments aufgeführt seien. 222 Da die Erklärungen von Shell und Sasol, die unabhängig voneinander gemacht wurden, übereinstimmend angeben, dass Vereinbarungen über die Aufteilung der an die Kunden zu verkaufenden Mengen getroffen worden seien, ist das Gericht der Ansicht, dass die Auslegung der Kommission korrekt ist, und weist somit das Vorbringen der Klägerin zurück. 223 Rein vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass die Erklärungen der Klägerin, nach denen es sich nicht um eine Vereinbarung, sondern nur um einen Informationsaustausch in Bezug auf an bestimmte Kunden zu verkaufende Mengen handele, die Gültigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht beeinträchtigen. 224 Selbst wenn die Kommission Schriftstücke findet, die, wie z. B. Protokolle über Zusammenkünfte, eine unzulässige Kontaktaufnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern ausdrücklich bestätigen, handelt es sich normalerweise nur um lückenhafte und vereinzelte Belege, so dass es häufig erforderlich ist, bestimmte Einzelheiten durch Schlussfolgerungen zu rekonstruieren. In den meisten Fällen muss das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung daher aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können (siehe oben, Randnr. 79). 225 Wenn die Kommission somit auch notwendig nachweisen muss, dass eine rechtswidrige Vereinbarung geschlossen wurde, wäre es ebenso überzogen, außerdem noch zu verlangen, dass sie den spezifischen Mechanismus nachweist, mit dem deren Ziel erreicht werden sollte. Es wäre nämlich für ein Unternehmen, das sich einer Zuwiderhandlung schuldig gemacht hat, zu einfach, sich jeder Sanktion zu entziehen, könnte es sich in einer Situation, in der das Bestehen einer rechtswidrigen Vereinbarung und ihr wettbewerbswidriger Zweck hinreichend bewiesen sind, darauf berufen, dass die über die Funktionsweise der Vereinbarung vorgelegten Informationen zu unbestimmt seien (siehe oben, Randnr. 41). 226 Die einzelnen Ausprägungen der fraglichen Zuwiderhandlung sind in einem Gesamtzusammenhang zu betrachten, der ihren Grund erklärt. Es handelt sich um eine Beweisführung, in deren Rahmen der Beweiswert verschiedener tatsächlicher Umstände durch die übrigen tatsächlichen Umstände gestützt oder entkräftet wird, die zusammen das Vorliegen einer komplexen, einheitlichen und fortdauernden Zuwiderhandlung belegen können (Urteile Knauf Gips/Kommission, oben in Randnr. 184 angeführt, Randnr. 310, und BPB/Kommission, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 250). 227 Im vorliegenden Fall beruhen die Ausführungen der Kommission zu dem Teil der Zuwiderhandlung, der die Aufteilung der Kunden der komplexen, einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung betrifft, sowohl auf den übereinstimmenden Erklärungen der Teilnehmer, die auch zu ihrem eigenen Verantwortungsbereich gehören (also besonders zuverlässig sind), als auch auf Fragmenten von Notizen, die während der technischen Treffen oder direkt im Anschluss an diese angefertigt wurden. 228 Die Klägerin hat nämlich noch nicht erklärt, warum ExxonMobil, Shell und Sasol unabhängig voneinander eine solche Aufteilung eingeräumt und im Detail beschrieben haben. 229 Im Übrigen macht die Klägerin geltend, dass sich die Kommission nicht auf die Informationen betreffend die Kontakte zwischen den an dem Kartell beteiligten Unternehmen stützen könne, da sie ihre Untersuchung allein auf die technischen Treffen beschränkt habe. 230 Insoweit genügt der Hinweis, dass sich die oben untersuchten Beweise auf die technischen Treffen beziehen. 231 Nach alledem ist zu folgern, dass die Feststellung der Kommission, die das auf die Aufteilung der Kunden gerichtete Verhalten betrifft, auf einer Reihe ausreichender Beweise beruht, so dass sie insoweit nicht gegen Art. 81 EG verstoßen hat. 232 Folglich ist der dritte Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen. Zum vierten Teil betreffend das Wettbewerbsverhalten von Total France 233 Die Klägerin wirft der Kommission vor, ihr Wettbewerbsverhalten nicht berücksichtigt zu haben, das durch eine Wirtschaftsstudie, die sie im Laufe des Verwaltungsverfahrens vorgelegt habe, und durch die Erklärungen der anderen Kartellteilnehmer nachgewiesen worden sei. 234 Als Erstes bezieht sich die Klägerin auf eine wirtschaftliche Analyse ihrer Preispolitik nach Mitgliedstaat und nach repräsentativen Kunden für die wichtigsten Arten von Paraffinwachsen, die zwischen 2002 und 2005 verkauft wurden. 235 Diese Wirtschaftsstudie zeige, dass zum einen kein wesentlicher Zusammenhang zwischen der Preispolitik von Total France und den technischen Treffen und zum anderen zwischen der Preisentwicklung der verschiedenen Arten von Paraffinwachsen bestehe. Diese beiden Faktoren bestätigten, dass sie an keiner Vereinbarung von Preisfestsetzungen teilgenommen habe. Ebenso ergebe sich daraus, dass sich der Informationsaustausch nicht wesentlich auf die Marktbedingungen ausgewirkt habe. Die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung jedoch keinen Grund angegeben, der die Nichtberücksichtigung dieser Wirtschaftsstudie rechtfertige. 236 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht ein solches Vorbringen schon geprüft und zurückgewiesen hat. Nach der Rechtsprechung lässt sich schon daraus, dass die Unternehmen die vereinbarten Preiserhöhungen tatsächlich ankündigten und dass die angekündigten Preise als Grundlage für die Bestimmung der individuellen tatsächlichen Transaktionspreise dienten, ableiten, dass die Preisabsprache eine schwere Wettbewerbsbeschränkung sowohl bezweckte als auch bewirkte (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Cascades/Kommission, T-308/94, Slg. 1998, II-925, Randnr. 194). In einem solchen Fall ist die Kommission nicht verpflichtet, das Vorbringen der Parteien, mit dem sie nachzuweisen versuchten, dass die fraglichen Vereinbarungen keine Erhöhung der Preise über das Maß hinaus bewirkt hätten, das unter normalen Wettbewerbsbedingungen erreicht worden wäre, im Einzelnen zu prüfen und es Punkt für Punkt zu beantworten (Urteil Bolloré u. a./Kommission, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnr. 451). 237 Wie sich aus der Prüfung des ersten und des zweiten Teils des vorliegenden Klagegrundes ergibt, hat die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass die kollusiven Verhaltensweisen im vorliegenden Fall die Festsetzung von Preisen betrafen und dass das Ergebnis der Treffen, in deren Verlauf Preiserhöhungen diskutiert oder festgesetzt worden waren, häufig durch die Kündigung von Preisen gegenüber Kunden und die Ankündigung von Preiserhöhungen umgesetzt worden war, und dass die so angekündigten Preise ebenso als Grundlage für die Preisfestsetzung bei individuellen Geschäften dienten. Wenn die Kartellteilnehmer im Hinblick auf die Marktbedingungen übereingekommen sind, die Preise aufrecht zu erhalten, ist dies ebenso als Teil der Umsetzung der einheitlichen, komplexen und fortgesetzten Zuwiderhandlung des vorliegenden Falles anzusehen. 238 Folglich ist die von der Klägerin vorgelegte Wirtschaftsstudie unerheblich. 239 Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Begründung einer Einzelfallentscheidung die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob sie den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand des Wortlauts des fraglichen Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand des Kontexts, in dem er erlassen wurde (Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C-367/95 P, Slg. 1998, I-1719, Randnr. 63). 240 Da die von der Klägerin vorgelegte Wirtschaftsstudie unerheblich war (siehe oben, Randnrn. 236 bis 238), war die Kommission somit nicht verpflichtet, Gründe vorzutragen, die die Nichtberücksichtigung dieser Studie in der angefochtenen Entscheidung rechtfertigten. 241 Als Drittes ist der Klägerin zufolge ihr Wettbewerbsverhalten von ihren Konkurrenten im Laufe des Verwaltungsverfahrens anerkannt worden. Den die technischen Treffen betreffenden Schriftstücken und den Erklärungen der anderen Parteien sei zu entnehmen, dass Total France eine Politik entwickelt habe, die verhindere, dass Vereinbarungen, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidung seien, Wirkungen entfalteten. Diese Erklärungen wiesen darauf hin, dass die Konkurrenten von Total France wegen ihres Verhaltens wiederholt Kunden verloren hätten oder ihre Preise hätten senken müssen. 242 Nach der Rechtsprechung ist zu prüfen, ob die von der Klägerin vorgebrachten Umstände belegen können, dass sie sich im Zeitraum ihrer Teilnahme an den rechtswidrigen Verhaltensweisen tatsächlich ihrer Durchführung entzog, indem sie sich auf dem Markt wettbewerbskonform verhielt (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 9. Juli 2003, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, T-224/00, Slg. 2003, II-2597, Randnr. 268, sowie Bolloré u. a./Kommission, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnr. 625). 243 Außerdem ist die Tatsache, dass sich ein Unternehmen, dessen Beteiligung an einer Preisabsprache mit seinen Konkurrenten erwiesen ist, auf dem Markt nicht in der mit ihnen vereinbarten Weise verhalten hat, bei der Bestimmung der Höhe der zu verhängenden Geldbuße nicht zwangsläufig als mildernder Umstand zu berücksichtigen. Ein Unternehmen, das trotz der Absprache mit seinen Konkurrenten eine mehr oder weniger unabhängige Marktpolitik verfolgt, versucht nämlich möglicherweise nur, das Kartell zu seinem Vorteil auszunutzen (Urteile des Gerichts Cascades/Kommission, oben in Randnr. 236 angeführt, Randnr. 230, und vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T-43/02, Slg. 2006, II-3435, Randnr. 269). 244 Erstens ist festzustellen (siehe oben, Randnr. 183), dass sich aus der Erklärung von Shell tatsächlich ergibt, dass die Klägerin, als Sasol sie gebeten hatte, als Erste ein Schreiben mit dem Hinweis auf eine Preiserhöhung an die Kunden zu versenden, dies nicht getan hat, sondern eine „Kopie“ eines fiktiven Preiserhöhungsschreibens an die Konkurrenten geschickt hat. Dies zeigt also nur, dass die Klägerin der Aufforderung von Sasol, als Erste ein Rundschreiben mit dem Hinweis auf einer Preiserhöhung zu versenden, nicht nachgekommen ist. Im Übrigen behauptet die Klägerin nicht, dass sie das Ergebnis des fraglichen Treffens in der Folge bei ihren Verhandlungen mit den Kunden nicht berücksichtigt hat. 245 Zweitens ist das Argument der Klägerin zu untersuchen, die Erklärungen der Konkurrenten wiesen darauf hin, dass Letztere wegen des Verhaltens der Klägerin wiederholt Kunden verloren hätten oder ihre Preise hätten senken müssen. 246 Insoweit ist hervorzuheben, dass die Klägerin sich auf die mündlichen Erklärungen von Shell vom 14. November 2005, vom 14. Juni 2006 und vom 24. Juni 2005 sowie auf die Antwort von Sasol vom 18. Dezember 2006 auf ein Auskunftsverlangen der Kommission beruft. Diese Dokumente beschreiben nicht das Verhalten der Klägerin und noch weniger ihr Wettbewerbsverhalten, sondern enthalten hunderte von Seiten mit Informationen über die Funktionsweise des Kartells im Allgemeinen, ohne dass die Klägerin zumindest präzisiert, welche Textstellen maßgeblich sind, um ihr Vorbringen zu stützen. 247 Nach der Rechtsprechung kann zwar der Text der Klageschrift zu bestimmten Punkten durch Bezugnahme auf als Anlage beigefügte Unterlagen untermauert und ergänzt werden, doch kann eine pauschale Bezugnahme auf andere Schriftstücke, auch wenn sie der Klageschrift als Anlage beigefügt sind, nicht das Fehlen der wesentlichen Bestandteile der rechtlichen Ausführungen ausgleichen, die in der Klageschrift enthalten sein müssten. Im Übrigen ist es nicht Sache des Gerichts, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu identifizieren, denn die Anlagen haben eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion (vgl. Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2005, Honeywell/Kommission, T-209/01, Slg. 2005, II-5527, Randnr. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich ist das Argument der Klägerin unzulässig, soweit es sich auf die oben erwähnten Dokumente stützt. 248 Jedenfalls ist davon auszugehen, dass diese Erklärungen nicht auf ein wettbewerbskonformes Verhalten der Klägerin hinweisen, sondern auf ihre Teilnahme an der Umsetzung des Kartells. Die Erklärung von Shell belegt sogar, dass die Klägerin protestiert hat, als ihr Heimatmarkt das Ziel von Verkäufen anderer Teilnehmer war. 249 Im Übrigen bezieht sich die Klägerin auf eine handschriftliche Notiz von MOL, die bei dem Treffen vom 30. September 1994 angefertigt wurde, und auf die Antwort von Sasol vom 20. Dezember 2005 auf ein Auskunftsverlangen der Kommission. 250 Der Vermerk von MOL enthält die folgenden Angaben: „Mobil - 2000 t zu Jahresbeginn Preiserhöhung wegen Total teilweise zurückgezogen“. 251 Die Kommission hat in Randnr. 133 der angefochtenen Entscheidung auf diesen Vermerk hingewiesen. Sie hat ihn wie folgt interpretiert: „[Die Unternehmen] unterrichteten … sich gegenseitig über geplante Preiserhöhungen und berücksichtigten die Situation der Wettbewerber wenn sie über solche Erhöhungen entschieden. Dieses Verhalten kommt einer Vereinbarung gleich, die Preise nicht zu ändern, ist aber mindestens als abgestimmte Verhaltensweise anzusehen.“ 252 Die Klägerin bestreitet diese Interpretation nicht. Ein solches Verhalten der Klägerin kann nicht als wettbewerbskonform angesehen werden, da sie auf jeden Fall an einer wettbewerbswidrigen Diskussion teilgenommen hat, die darauf gerichtet war, das Preisniveau festzulegen, das in Anbetracht der Marktsituation und der geschäftlichen Situation der Teilnehmer anzuwenden war. 253 Was die Antwort von Sasol vom 20. Dezember 2005 auf ein Auskunftsverlangen der Kommission betrifft, bezieht sich die Klägerin auf den Hinweis zum Treffen vom 7. und 8. September 1995. Nach Ansicht von Sasol hat Total die Preise gegenüber einem ihrer Stammkunden unterboten. Dies ist nach Ansicht von Sasol ein konkretes Anzeichen dafür, dass die bei den technischen Treffen erzielten Vereinbarungen oft nicht eingehalten worden seien. 254 Wenn es auch zutrifft, dass diese Passage einen Verstoß gegen eine Vereinbarung über die Aufteilung von Kunden zeigt, so hat die Klägerin dennoch nur einen Einzelfall nachgewiesen, der nicht beweisen kann, selbst wenn man ihn zusammen mit dem oben in Randnr. 244 erwähnten Täuschungsmanöver betrachtet, dass sie sich im Hinblick auf die komplexe, einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung des vorliegenden Falles wettbewerbskonform verhalten hat. Gelegentliche Einzelfälle von Täuschungsmanövern oder Nichtbefolgung der Kartellvereinbarungen durch einen bestimmten Teilnehmer können – insbesondere, wenn sie im Rahmen eines langjährigen Kartells vorkommen ‐ als solche nicht beweisen, dass dieser die Kartellabsprachen nicht umgesetzt oder sich wettbewerbskonform verhalten hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Le Carbone Lorraine/Kommission, T-73/04, Slg. 2008, II-2661, Randnr. 204). 255 Drittens ist daran zu erinnern (siehe oben, Randnrn. 187 und 188), dass nach der Rechtsprechung in dem Fall, in dem die Wettbewerber an Treffen teilgenommen haben, in denen sie Informationen u. a. über die Preise austauschten, die nach ihren Wünschen auf dem Markt praktiziert werden sollten, ein Unternehmen durch seine Teilnahme an einem Treffen mit wettbewerbswidrigem Zweck nicht nur das Ziel verfolgte, im Voraus die Ungewissheit über das künftige Verhalten seiner Wettbewerber zu beseitigen, sondern bei der Festlegung der Politik, die es auf dem Markt verfolgen wollte, zwangsläufig auch unmittelbar oder mittelbar die in diesen Treffen erhaltenen Informationen berücksichtigen musste. Folglich gilt vorbehaltlich des den betroffenen Unternehmen obliegenden Gegenbeweises die Vermutung, dass die an der Abstimmung beteiligten und weiterhin auf dem Markt tätigen Unternehmen die mit ihren Wettbewerbern ausgetauschten Informationen bei der Festlegung ihres Marktverhaltens berücksichtigen. Dies gilt umso mehr, wenn die Abstimmung während eines langen Zeitraums regelmäßig stattfindet. 256 Im vorliegenden Fall fand die die Preise betreffende Abstimmung über einen langen Zeitraum regelmäßig und häufig statt, wobei die Kommission Informationen über mehr als 50 Treffen von 1992 bis 2005 besitzt, von denen die Mehrheit in Anwesenheit des Vertreters der Klägerin stattfand. Somit besaß die Klägerin umfangreiche Informationen, die unzulässigerweise mit ihren Konkurrenten ausgetauscht worden waren und die sie bei der Bestimmung ihres Geschäftsverhaltens nutzen konnte. Dagegen weist die Klägerin auf einen einzigen Fall hin, den der Unterbietung der Preise von Sasol, als sie versuchte, unter Nichtbeachtung einer Vereinbarung über die Aufteilung von Kunden Paraffinwachse an einen Stammkunden von Sasol zu liefern. Selbst während des technischen Treffens, auf dem dieser Vorfall diskutiert wurde (das Treffen vom 7. und 8. September 1995), übermittelte Herr S. E. von Total vertrauliche Geschäftsinformationen an die anderen Teilnehmer, so dass man aufgrund des genannten einzelnen Falles nicht zu dem Ergebnis eines wettbewerbskonformen Geschäftsverhaltens von Total kommen kann. 257 Viertens hat die Klägerin selbst im Zusammenhang mit der Umsetzung des Ergebnisses der technischen Treffen erklärt, dass sie nicht oft Preiserhöhungsschreiben an ihre Kunden geschickt habe, sondern dass sie üblicherweise ihre Preiserhöhungen bei Besuchen ihrer Kunden mündlich angekündigt habe. Abgesehen von der Tatsache, dass sie somit einräumt, dass sie regelmäßig ihre Preise erhöht hat, was für sich schon ein Anhaltspunkt dafür ist, dass Preise angewandt wurden, die auf technischen Treffen vereinbart oder diskutiert worden waren, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission ihrer Klagebeantwortung 343 Preiserhöhungsschreiben, die von Total an ihre Kunden geschickt worden waren, als Anlage beigefügt hat. Außerdem hat die Kommission auch einige Preiserhöhungsschreiben vorgelegt, die die Klägerin im Rahmen des Mechanismus der Kontrolle der Anwendung der Kartellvereinbarungen an die Konkurrenten geschickt hatte. 258 Fünftens ist zu betonen, dass es für das fragliche Kartell vielerlei Kontrollmechanismen gab. Außer dem Austausch von Preisschreiben haben die Teilnehmer erklärt, dass sie mit den Kunden ihrer Konkurrenten unmittelbar Kontakt aufnehmen und so eine Nichtbeachtung der Vereinbarungen aufdecken könnten. In Anbetracht der langen Dauer des Kartells, kann man nicht davon ausgehen, dass die Teilnehmer die Klägerin 13 Jahre lang zu den technischen Treffen eingeladen hätten, wenn diese die dort erhaltenen Informationen systematisch dazu verwendet hätte, die Preise ihrer Konkurrenten zu unterbieten und so ihr Verkaufsvolumen zu deren Nachteil zu erhöhen. 259 Nach alledem ist festzustellen, dass die von der Klägerin in diesem Teil geltend gemachten Umstände, selbst wenn man sie in ihrer Gesamtheit beurteilt, nicht den Schluss zulassen, dass sie sich in dem Zeitraum, in dem die Klägerin an den wettbewerbswidrigen Vereinbarungen teilnahm, tatsächlich ihrer Anwendung entzogen und auf dem Markt wettbewerbskonform verhalten hat. 260 Somit hat die Kommission weder gegen Art. 81 EG verstoßen noch ihre Begründungspflicht verletzt. 261 Infolgedessen ist auch der vierte Teil und daher der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. 2. Zum ersten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 81 EG und eine Verletzung der Begründungspflicht gerügt wird, soweit es die Würdigung des Paraffingatsch betreffenden Teils der Zuwiderhandlung anbelangt Zum ersten Teil, mit dem ein Verstoß gegen Art. 81 EG gerügt wird, soweit es die Feststellung betrifft, dass die Verhaltensweisen in Bezug auf Paraffinwachse zum einen und Paraffingatsch zum anderen eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung darstellen 262 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung Sanktionen gegen die Klägerin verhängt hat wegen ihrer Teilnahme an einer komplexen, einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, wobei diese Zuwiderhandlung als komplex eingestuft wurde, weil sie aus Vereinbarungen, aus abgestimmten Verhaltensweisen und dem Austausch vertraulicher Informationen bestand, als einheitlich, weil sie sowohl Paraffinwachse als auch Paraffingatsch betraf, und als fortgesetzt, weil sie aus einer langen Reihe von wettbewerbswidrigen Treffen bestand. 263 Im vorliegenden Teil macht die Klägerin geltend, die Kommission habe gegen Art. 81 EG verstoßen, indem sie davon ausgegangen sei, dass die Verhaltensweisen in Bezug auf Paraffinwachse und diejenigen in Bezug auf Paraffingatsch eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung darstellten. 264 Nach der Rechtsprechung kann sich ein Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem fortgesetzten Verhalten ergeben. Dieser Auslegung lässt sich nicht entgegenhalten, dass ein oder mehrere Teile dieser Reihe von Handlungen oder dieses fortgesetzten Verhaltens auch für sich genommen und isoliert betrachtet einen Verstoß gegen die genannte Vorschrift darstellen könnten (Urteile Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 33 angeführt, Randnr. 81, und Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 47 angeführt, Randnr. 258). 265 Der Begriff der einheitlichen Zuwiderhandlung setzt eine Gesamtheit von Verhaltensweisen unterschiedlicher Parteien voraus, die dasselbe wettbewerbswidrige wirtschaftliche Ziel verfolgen (Urteile Rhône-Poulenc/Kommission, oben in Randnr. 187 angeführt, Randnrn. 125 und 126, und Cimenteries CBR u. a./Kommission, oben in Randnr. 44 angeführt, Randnr. 3699). Entscheidend für die Bejahung des Vorliegens einer einheitlichen Zuwiderhandlung ist, dass sich die verschiedenen Handlungen wegen ihres identischen Zwecks der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes in einen „Gesamtplan“ einfügen (vgl. in diesem Sinne Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 47 angeführt, Randnrn. 258 und 260). 266 Insoweit kann das Gericht bei der Beurteilung der Einheitlichkeit der Zuwiderhandlung und des Bestehens eines Gesamtplans die zumindest teilweise Übereinstimmung der beteiligten Unternehmen und die Tatsache, dass sie sich der Beteiligung am gemeinsamen Zweck des wettbewerbswidrigen Verhaltens bewusst waren, berücksichtigen (Urteile des Gerichts BPB/Kommission, oben in Randnr. 40 angeführt, Randnr. 257, und vom 28. April 2010, Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, T-446/05, Slg. 2010, II-1255, Randnr. 89). 267 Ebenso ist bei der Einstufung unterschiedlicher Vorgänge als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung zu prüfen, ob zwischen ihnen insofern ein Komplementaritätsverhältnis besteht, als jede von ihnen eine oder mehrere Folgen des normalen Wettbewerbs beseitigen soll und durch Interaktion zur Verwirklichung sämtlicher wettbewerbswidriger Wirkungen beiträgt, die ihre Urheber im Rahmen eines auf ein einziges Ziel gerichteten Gesamtplans anstreben. „Insoweit sind alle Umstände zu berücksichtigen, die diese Verbindung nachweisen oder in Frage stellen können, wie der Anwendungszeitraum, der Inhalt (einschließlich der verwendeten Methoden) und im Zusammenhang damit das Ziel der verschiedenen fraglichen Handlungen (Urteil Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, oben in Randnr. 266 angeführt, Randnr. 92; vgl. in diesem Sinne auch das Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2007, BASF und UCB/Kommission, T-101/05 und T-111/05, Slg. 2007, II-4949, Randnrn. 179 bis 181). 268 Dagegen kann der Begriff des einzigen Ziels nicht durch einen allgemeinen Verweis auf die Verzerrung des Wettbewerbs auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt bestimmt werden, da die Beeinträchtigung des Wettbewerbs als Ziel oder Wirkung jedem von Art. 81 Abs. 1 EG erfassten Verhalten eigen ist. Eine solche Definition des Begriffs des einzigen Ziels könnte dem Begriff der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung teilweise seinen Sinn nehmen, da sie zur Folge hätte, dass mehrere einen Wirtschaftssektor betreffende Verhaltensweisen, die nach Art. 81 Abs. 1 EG verboten sind, systematisch als Bestandteile einer einzigen Zuwiderhandlung eingestuft werden müssten (Urteil Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, oben in Randnr. 266 angeführt, Randnr. 92). 269 Im vorliegenden Fall hat die Kommission ihre Entscheidung, die Verhaltensweisen betreffend Paraffinwachse und Paraffingatsch als einheitliche Zuwiderhandlung zu behandeln, auf folgende Erwägungen gestützt: „… (295) Paraffingatsch war mindestens zweimal (in den Treffen am 30. und 31. Oktober 1997 und am 11. und 12. Mai 2004) Gegenstand der technischen Gespräche. Die Teilnehmer des mit Paraffingatsch befassten Treffens am 8. und 9. Mai 1999 waren weitgehend identisch mit den Teilnehmern, welche die jeweiligen Unternehmen gewöhnlich in den technischen Treffen vertraten. Paraffingatsch und Paraffinwachse sind Erzeugnisse, die in engem Zusammenhang zueinander stehen: Paraffingatsch ist das einzige Ausgangserzeugnis für Paraffinwachse; Paraffingatsch wird weitgehend von den Unternehmen erzeugt und/oder verkauft, die auch Paraffinwachse erzeugen und/oder verkaufen. Der Mechanismus, der in Verbindung mit Paraffinwachsen geprüft und eingesetzt wurde (d. h. regelmäßige Treffen sowie Preisgespräche und Preisfestsetzungen), wurde in ähnlicher Weise auch bei Paraffingatsch angewandt. Mindestens einige der an der Zuwiderhandlung in Verbindung mit Paraffinwachsen beteiligten Personen waren in ihren jeweiligen Unternehmen auch für Paraffingatsch zuständig. Sowohl die Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Paraffinwachsen als auch die Merkmale im Hinblick auf Paraffingatsch dienten demselben wirtschaftlichen Gesamtziel, nämlich der Kontrolle und Festsetzung von Preisen für beide Produkte und damit dem Schutz der Unternehmen vor einem etwaigen Wettbewerb, um schließlich die eigenen Erträge unter geringerem Wettbewerbsdruck und bei erhöhter Markttransparenz steigern zu können. (296) Die Umstände des Falles, inbesondere die organisatorischen und substantiven Verbindungen zwischen den Gesprächen über die beiden Produkte, sind dergestalt, dass es nicht gerechtfertigt wäre, die Vereinbarungen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen bezüglich Paraffingatsch als eine getrennte Zuwiderhandlung zu betrachten.“ 270 Als Erstes macht die Klägerin geltend, die Kommission habe im vorliegenden Fall keine einheitliche Zuwiderhandlung annehmen können, da Paraffinwachse und Paraffingatsch zu unterschiedlichen Produktmärkten gehörten. 271 Im Sinne der oben in den Randnrn. 265 bis 268 angeführten Rechtsprechung kann die Tatsache, dass die wettbewerbswidrigen Handlungen zwei getrennte Produktmärkte betreffen, die Kommission nicht daran hindern, eine einheitliche Zuwiderhandlung anzunehmen, vorausgesetzt die Handlungen, die verschiedene Märkte betreffen, erfolgen im Rahmen eines Gesamtplans, der den Teilnehmern bewusst ist. 272 Gewiss zitiert die Klägerin Entscheidungen der Kommission, in denen diese unterschiedliche Zuwiderhandlungen für Waren gesonderter Märkte feststellt. In diesen Fällen handelte es sich jedoch um benachbarte Märkte, während im vorliegenden Fall der Markt für Paraffinwachse und der Markt für Paraffingatsch vertikal verbunden sind, da Paraffingatsch das Ausgangsmaterial für Paraffinwachse ist. In seinem Urteil vom 8. Oktober 2008, Le Carbone Lorraine/Kommission (oben in Randnr. 254 angeführt, Randnrn. 64 und 65), hat das Gericht bereits eine Analyse der Kommission, in der diese wettbewerbswidriges Verhalten, das zwei getrennte, jedoch vertikal verbundene Märkte betraf, als einheitliche Zuwiderhandlung einstufte, insbesondere deshalb bestätigt, weil die Vereinbarung hinsichtlich des Ausgangsmaterials darauf abzielte, die Hauptvereinbarung betreffend die hergestellten Erzeugnisse zu stärken. 273 Dieses Argument der Klägerin ist daher zurückzuweisen. 274 Als Zweites macht die Klägerin geltend, die Kommission habe im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen, dass die Verbindungen zwischen Paraffinwachsen und Paraffingatsch Aufschluss über einen Gesamtplan der Zuwiderhandlung gegeben hätten. 275 Insoweit hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung Beweise bezüglich der Auswirkungen der Diskussionen über Paraffingatsch auf die Funktionsweise der die Paraffinwachse betreffenden Teile des Kartells geprüft. 276 Erstens verweist die Erklärung von Shell vom 14. Juni 2006, auf welche die Kommission im Zusammenhang mit der Prüfung des Paraffingatsch betreffenden Teils (Fn. 557 der angefochtenen Entscheidung) Bezug genommen hat, ausdrücklich auf die Verbindung zwischen den Verhaltensweisen hinsichtlich Paraffingatsch und denjenigen betreffend Paraffinwachse. Shell hat nämlich bestätigt, dass die Anhebung der Preise für Paraffinwachse gegenüber den Kunden durch die Preiserhöhung für Paraffingatsch, dem einzigen Ausgangsmaterial, gerechtfertigt worden sei. Sie hat weiter ausgeführt, die Kunden hätten diese Anhebungen nicht akzeptiert, wenn sie gewusst hätten, dass die Preise des Ausgangsmaterials stabil geblieben seien. Somit dienten die künstlichen Preiserhöhungen für Paraffingatsch dazu, die Durchsetzung der Anhebung der Preise betreffend Paraffinwachse, die bei den technischen Treffen vereinbart worden waren, sicherzustellen. 277 Zweitens zitiert die Kommission einen Vermerk von Sasol betreffend das technische Treffen vom 3. und 4. November 1998 in einer Fußnote zu Randnr. 149 der angefochtenen Entscheidung. Nach diesem Vermerk: „[wird] ein Rundbrief … ausgearbeitet mit Begründung ‚Rohstoff-Situation‘ (= Mengenverfügbarkeit) mit dem Ziel — dass dort wo unter DEM 120,- Preise erhöht werden, — die Preise nicht abbröckeln, — Kerzenhersteller ‚Dokumente‘ in der Hand haben für Verhandlungen mit Ketten“. 278 Die Kommission hat diesen Vermerk in Randnr. 149 der angefochtenen Entscheidung wie folgt ausgelegt: „Dies zeigt, dass zum 1. Januar 1999 eine Preiserhöhung um 6 DEM für alle Kunden, bei denen das Ziel von 120,- DEM nicht erreicht worden war, vorgesehen war (siehe auch die in Randnummer [145] … zitierte Tabelle), was auf eine Vereinbarung im Oktober 1997 hinweist, in der u. a. die Festsetzung bestimmter Mindestpreise in Höhe von 120,- DEM vereinbart wurde; diese Preise wurden also auch in diesem Treffen noch als maßgeblich betrachtet). … Diese Erhöhung sollte gegenüber den Kunden mit der Knappheit des Rohmaterials begründet werden. Die Unternehmensvertreter vereinbarten, dass die Preise unter keinen Umständen gesenkt werden sollten.“ 279 Die Kommission konnte legitimerweise auf der Grundlage des Vermerks von Sasol zu dem Ergebnis kommen, dass die Kartellteilnehmer beschlossen hatten, die Erhöhung ihrer Preise für Paraffinwachse mit einer Knappheit von Paraffingatsch zu rechtfertigen. Dass die Preiserhöhung gegenüber den Käufern von Paraffinwachsen mit dem Hinweis auf „Mengen“ und auf „Verfügbarkeit“ der „Rohstoffe“ begründet wurde, bedeutet im Wesentlichen, dass die Kartellteilnehmer die Kunden darauf hinweisen wollten, dass diese Erhöhung aufgrund der Entwicklung der für den Markt für Paraffingatsch charakteristischen Bedingungen, nämlich des Auftretens einer Knappheit von Paraffingatsch, notwendig geworden war. 280 Die Klägerin kann nicht überzeugend geltend machen, die Logik der Kommission treffe nicht zu, weil es sich um eine Knappheit von Paraffingatsch und nicht um eine Entwicklung der Preise für Paraffingatsch gehandelt habe. Nach der normalen Funktionsweise des Marktes führt eine Verringerung des Angebots bei sonst unveränderten Faktoren zu einer Preiserhöhung. Die Klägerin nennt aber keinen Umstand, der die Auswirkungen einer Knappheit von Paraffingatsch auf dessen Preis ausgleichen würde. 281 Somit zeigen die der Kommission zur Verfügung stehenden Beweise, auf die sie sich in der angefochtenen Entscheidung bezieht, dass die Kartellteilnehmer die Erhöhung oder die Beibehaltung der Preise für Paraffinwachse gegenüber den Kunden mit künstlich erhöhten Preisen für Paraffingatsch begründet haben. Folglich besteht ein Komplementaritätsverhältnis zwischen dem Hauptteil der Zuwiderhandlung, der u. a. die Festsetzung der Preise für Paraffinwachse betrifft, und dem Paraffingatsch betreffenden Teil der Zuwiderhandlung. 282 Als Drittes macht die Klägerin geltend, die die Paraffinwachse betreffenden Verhaltensweisen erstreckten sich auf den EWR, während die das Paraffingatsch betreffenden Verhaltensweisen auf Deutschland beschränkt gewesen seien. Die unterschiedliche geografische Ausdehnung der Verhaltensweisen schließe die Einheitlichkeit der Zuwiderhandlung aus, was den Feststellungen der Kommission in Randnr. 295 der angefochtenen Entscheidung widerspreche. 283 Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass, wie sich aus Randnr. 70 der angefochtenen Entscheidung ergibt, der maßgebliche geografische Markt für Paraffinwachse ebenso wie für Paraffingatsch der EWR ist. Somit müsste nach den wirtschaftlichen Regeln über die Funktionsweise des Marktes die Anhebung der Preise in Deutschland normalerweise zu einer Preiserhöhung in den anderen Mitgliedstaaten führen. 284 Außerdem hat, wie oben in Randnr. 278 ausgeführt wurde, das Auftreten einer Knappheit von Paraffingatsch eine Erhöhung der Preise zur Folge. Somit konnte die Kommission zu Recht bejahen, dass die Verhaltensweisen, die im Wesentlichen darauf abzielten, die Preise gegenüber den deutschen Kunden zu erhöhen, auch dazu dienten, den Erfolg der Verhaltensweisen auf dem Markt für Paraffinwachse sicherzustellen, da die Erhöhung der Preise für Paraffingatsch auf dem deutschen Markt, der im Übrigen der größte Markt im EWR ist, die „Rechtfertigung“ der Preiserhöhung mit der Knappheit von Paraffingatsch in den Augen der Käufer von Paraffinwachsen glaubwürdiger machen konnte. 285 Somit ist die Kommission zutreffend davon ausgegangen, dass die Verhaltensweisen betreffend Paraffingatsch, die zumindest in Deutschland eine Erhöhung der Preise mit sich brachten, die Akzeptanz der Verhaltensweisen erhöhten, die Paraffinwachse betrafen, insbesondere da sie Beweise besaß, die zeigten, dass die Kartellteilnehmer tatsächlich die Erhöhung der Preise für Paraffinwachse mit einer Knappheit von Paraffingatsch rechtfertigen wollten, die normalerweise eine Erhöhung der Preise für Paraffingatsch zur Folge hat. 286 Jedenfalls ergibt sich aus dem Urteil BASF und UCB/Kommission (oben in Randnr. 267 angeführt, Randnrn. 179 und 208), dass die Tatsache, dass die Verhaltensweisen verschiedene Hoheitsgebiete betreffen, für sich nicht erlaubt, von zwei verschiedenen Zuwiderhandlungen auszugehen, da das Vorliegen eines Gesamtplans das entscheidende Kriterium ist. 287 Folglich ist das Vorbringen der Klägerin hinsichtlich der Verschiedenheit der betroffenen Hoheitsgebiete zurückzuweisen. 288 Viertens bestreitet die Klägerin die Behauptung in Randnr. 295 der angefochtenen Entscheidung, nach der „[d]er Mechanismus, der in Verbindung mit Paraffinwachsen geprüft und eingesetzt wurde (d. h. regelmäßige Treffen sowie Preisgespräche und Preisfestsetzungen), … in ähnlicher Weise auch bei Paraffingatsch angewandt [wurde]“. Sie macht geltend, die mündlichen Erklärungen von Shell erwähnten das Bestehen von zwei völlig verschiedenen Verhaltensweisen, und die Treffen, die sich mit Paraffingatsch befassten, seien viel seltener gewesen. Es habe nämlich im Zeitraum vom 30. Oktober 1997 bis zum 12. Mai 2004 nur vier „Paraffingatsch-Treffen“ gegeben, während im gleichen Zeitraum 29 technische Treffen in Bezug auf Paraffinwachse stattgefunden hätten. 289 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission über Beweise verfügte, die eine Preisfestsetzung für Paraffingatsch auf zwei technischen Treffen belegen. Der Vermerk von MOL zu dem Treffen vom 30. und 31. Oktober 1997 nennt „slack wax DEM 550 DEM 600“ und präzisiert die künftigen Zeitpunkte der Erhöhungen für jedes Unternehmen (Randnr. 145 der angefochtenen Entscheidung). Ebenso ist in der handschriftlichen Notiz von Total France betreffend das Treffen vom 11. und 12. Mai 2004 der Hinweis „40 €/T gatsch“ enthalten (Randnr. 174 der angefochtenen Entscheidung). Der Gesamtheit der Vermerke ist zu entnehmen, dass die Kartellteilnehmer die Preise für Paraffingatsch ebenso diskutiert und festgesetzt haben wie diejenigen für Paraffinwachse. 290 Außerdem betrafen nach der Erklärung von Shell vom 18. März 2005 die Verhaltensweisen drei Produktgruppen, nämlich die vollständig raffinierten Wachse, Hartwachse, Wachsmischungen und mittelbar das Paraffingatsch als Rohmaterial. 291 Shell hat in derselben Erklärung auch bestätigt, dass es für die Vertreter der Paraffinwachsindustrie klar war, dass bei einer Preiserhöhung für diese Produkte um einen bestimmten Betrag oder Prozentsatz die Preise für das Ausgangsmaterial, nämlich Paraffingatsch, gleichzeitig in einer Höhe von 30 bis 40 % der Preisanhebung für Paraffinwachse steigen würden. 292 Weiter hat Shell in ihrer Erklärung vom 26. Oktober 2005 die Auswirkungen des technischen Treffens vom 27. und 28. Februar 2003 in München (Deutschland), bei dem die Kartellteilnehmer nur Paraffinwachse diskutiert haben, auf ihren Preis für Paraffingatsch erläutert. Nach den Ausführungen von Shell konnte ihr Vertreter selbst ohne Diskussionen über den Preis von Paraffingatsch aus den Absprachen betreffend Paraffinwachse ableiten, dass sich der Preis für Paraffingatsch um etwa 35 Euro pro Tonne erhöhen würde. 293 Somit stützen die Erklärungen von Shell, die von der Klägerin geltend gemacht wurden, um nachzuweisen, dass die Paraffinwachse betreffenden Verhaltensweisen und diejenigen, die Paraffingatsch betreffen, von unterschiedlicher Natur sind, die These der Klägerin nicht. Shell hat nämlich bei der Präsentation der von den Verhaltensweisen betroffenen Produkte Paraffingatsch bei den verschiedenen Unterkategorien der Paraffinwachse eingefügt (siehe oben, Randnr. 290). Die bloße Tatsache, dass nach Ansicht von Shell die Verhaltensweisen Paraffingatsch nur indirekt betrafen, stellt die Einheitlichkeit der Zuwiderhandlung nicht in Frage, da die Teilnehmer die Preiserhöhung für Paraffingatsch auf der Grundlage der bei den technischen Treffen für Paraffinwachse vereinbarten Erhöhungen vorhersagen konnten. 294 Aus diesem Grund kann die Bemerkung der Klägerin, dass die auf Paraffingatsch bezogenen Treffen wesentlich seltener stattgefunden hätten als diejenigen, die Paraffinwachse betroffen hätten, die Behauptung der Kommission, dass für die beiden Teile der Zuwiderhandlung die gleichen Mechanismen verwendet worden seien, nicht beeinträchtigen. Da die Preiserhöhungen für Paraffinwachse automatisch Preiserhöhungen für Paraffingatsch in einem für die Teilnehmer vorhersehbaren Maß nach sich zogen, ist davon auszugehen, dass es, um harmonisierte Preiserhöhungen für Paraffingatsch zu erreichen, nicht erforderlich war, die Preise für Paraffingatsch regelmäßig zu diskutieren und festzusetzen. 295 Folglich ist das Vorbringen der Klägerin zur Funktionsweise der beiden Teile der Zuwiderhandlung zurückzuweisen. Aus den dem Gericht zur Verfügung stehenden Beweisen ergibt sich, dass ihre Funktionsweise sehr ähnlich war. 296 Fünftens macht die Klägerin geltend, die Teilnehmer der beiden Teile der Zuwiderhandlung seien nicht identisch gewesen. Den Urteilen Jungbunzlauer/Kommission (oben in Randnr. 243 angeführt, Randnr. 312), und Tokai Carbon u. a./Kommission (oben in Randnr. 184 angeführt, Randnr.120) sei aber zu entnehmen, dass zu berücksichtigen sei, ob die Teilnehmer an den verschiedenen betroffenen Verhaltensweisen identisch seien. 297 Alle Unternehmen, die an den wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen betreffend Paraffingatsch teilgenommen hatten, Dea (später Shell, nach dem Erwerb von Dea), ExxonMobil, Sasol und Total, waren auch an dem Verhalten betreffend Paraffinwachse beteiligt (Randnr. 2 der angefochtenen Entscheidung). Diese Situation unterscheidet sich merklich vom Sachverhalt der von der Klägerin geltend gemachten Rechtssachen, in denen die Urteile Tokai Carbon u. a./Kommission (oben in Randnr. 184 angeführt), und Jungbunzlauer/Kommission (oben in Randnr. 243 angeführt) ergangen sind. In diesen Rechtssachen waren die Überschneidungen zwischen den Unternehmen, die an den die verschiedenen Märkte betreffenden Verhaltensweisen beteiligt waren, eher begrenzt. 298 Im Übrigen ist festzustellen, dass MOL, Repsol und ENI im Zeitraum der Zuwiderhandlung kein Paraffingatsch an Endkunden auf dem deutschen Markt verkauft haben, abgesehen von geringen Mengen, die von Repsol in den Jahren 1999 und 2000 verkauft wurden. Folglich war ihre Teilnahme an dem Paraffingatsch betreffenden Teil der Zuwiderhandlung bereits aufgrund ihrer Geschäftssituation ausgeschlossen. 299 Schließlich wurde die Frage des Paraffingatsch auch auf den beiden technischen Treffen diskutiert, an denen die Vertreter von MOL und von „H&R/Tudapetrol“ ebenfalls anwesend waren und auf denen der Preis für Paraffingatsch festgesetzt wurde. Ebenso war MOL auch auf dem technischen Treffen vom 3. und 4. November 1998 anwesend, auf dem die Teilnehmer vereinbart hatten, die Preiserhöhungen für Paraffinwachse mit einer Knappheit von Paraffingatsch zu rechtfertigen. Somit war nicht nur den Unternehmen, deren Verantwortlichkeit für die Paraffingatsch betreffenden Verhaltensweisen bejaht worden ist (Shell, ExxonMobil, Sasol und die Total-Gruppe), das Paraffingatsch betreffende Verhalten und die Zusammenhänge, die die beiden Produktmärkte und die beiden Teile des wettbewerbswidrigen Verhaltens verbanden, bekannt, sondern anderen auch. 300 Da alle Unternehmen, die am Paraffingatsch betreffenden Teil der Zuwiderhandlung teilgenommen haben, auch an den Verhaltensweisen betreffend Paraffinwachse beteiligt waren, und da andere teilnehmende Unternehmen auch von den Verhaltensweisen in Bezug auf Paraffingatsch und der Komplementarität der beiden Verhaltensweisen Kenntnis hatten, ist das Vorbringen der Klägerin, dass die teilnehmenden Unternehmen nicht identisch seien, zurückzuweisen. 301 Sechstens trägt die Klägerin vor, nach der angefochtenen Entscheidung ergebe sich die Einheitlichkeit der Zuwiderhandlung aus der Tatsache, dass die Verhaltensweisen hinsichtlich Paraffinwachsen und diejenigen hinsichtlich Paraffingatsch das Ziel gemein gehabt hätten, die Preise zu kontrollieren und festzusetzen. Die überwiegende Mehrheit der Kartelle habe dieses Ziel gemein, so dass ein solches Kriterium der Kommission erlauben würde, künstlich und willkürlich aus verschiedenen Zuwiderhandlungen eine einheitliche Zuwiderhandlung zu machen. 302 Aus der vorstehenden Analyse ergibt sich, dass zwischen den beiden Produktmärkten und den sie betreffenden Verhaltensweisen eine enge Verbindung bestand. Insoweit genügt der Hinweis, dass die beteiligten Unternehmen die Preissteigerung für Paraffingatsch als Folge der auf den technischen Treffen vereinbarten Preiserhöhungen für Paraffinwachse ziemlich genau voraussagen konnten. Ebenso hat die Kommission nachgewiesen, dass die Teilnehmer an einem technischen Treffen die Erhöhung der Preise für Paraffinwachs mit einer Knappheit von Paraffingatsch begründen wollten. Schließlich wurden bei zwei Treffen die Preise sowohl für Paraffinwachse als auch für Paraffingatsch von den Teilnehmern erörtert und festgesetzt. 303 Daher hat die Kommission genügend Hinweise und Beweise zusammengestellt, um nachzuweisen, dass die Verhaltensweisen in Bezug auf Paraffinwachse und diejenigen in Bezug auf Paraffingatsch zu einem Gesamtplan gehörten, der den Teilnehmern bekannt war. 304 Somit hat die Kommission zutreffend festgestellt, dass der Paraffingatsch betreffende Teil der Zuwiderhandlung und der Hauptteil der Zuwiderhandlung eine einheitliche Zuwiderhandlung darstellten. 305 Das weitere Vorbringen der Klägerin steht diesem Ergebnis nicht entgegen. 306 Erstens trägt die Klägerin vor, die Kommission habe für jeden der beiden Teile der Zuwiderhandlung einen unterschiedlichen Zeitraum angenommen, von 1992 bis 2005 für Paraffinwachse und von 1997 bis 2004 für Paraffingatsch. Darüber hinaus fielen weder der Beginn noch das Ende der behaupteten Verhaltensweisen zusammen. Im Urteil Jungbunzlauer/Kommission (oben in Randnr. 243 angeführt, Randnr. 312) habe das Gericht aber diesen Punkt berücksichtigt, um die Einstufung als einheitliche Zuwiderhandlung auszuschließen. 307 Zwar trifft es zu, dass das Gericht in seinem Urteil Jungbunzlauer/Kommission (oben in Randnr. 243 angeführt, Randnr. 312) die unterschiedliche Dauer der Verhaltensweisen, die zwei verschiedene Produkte betrafen, berücksichtigt hat, das ändert aber nichts daran, dass dieser Punkt für seine Würdigung nicht entscheidend war. Das Gericht hat nämlich die Bedeutung des Fehlens eines Gesamtplans hervorgehoben und auch die sehr begrenzten Überschneidungen bei den Teilnehmern an den beiden Zuwiderhandlungen erwähnt. Auch sind im Unterschied zum Zitronensäuremarkt und dem Natriumglukonatmarkt, die im Urteil Jungbunzlauer/Kommission (oben in Randnr. 243 angeführt) geprüft wurden und bei denen es sich um Märkte handelte, die nicht verbunden waren, der Markt für Paraffinwachse und der Markt für Paraffingatsch vertikal verbunden, so dass die beteiligten Unternehmen auf der Grundlage der für Paraffinwachse vereinbarten Preiserhöhungen sogar voraussagen konnten, in welcher Höhe die Preise für Paraffingatsch steigen würden. Somit unterscheidet sich der tatsächliche Kontext des vorliegenden Falles erheblich von demjenigen der Rechtssache, in der das Urteil Jungbunzlauer/Kommission, oben in Randnr. 243 angeführt, ergangen ist. 308 Im Übrigen zählt nach gefestigter Rechtsprechung, die in den Randnrn. 265 bis 267 aufgeführt ist, der Umstand, dass der Zeitraum der Verhaltensweisen betreffend die verschiedenen Produkte übereinstimmt, nicht zu den Kriterien für die Einheitlichkeit der Zuwiderhandlung. Diese Rechtsprechung betont vielmehr das Vorliegen eines Gesamtplans, der den Teilnehmern bekannt ist, ein Kriterium, das im vorliegenden Fall erfüllt ist. 309 Somit ist das Vorbringen der Klägerin betreffend die unterschiedliche Dauer der Verhaltensweisen betreffend Paraffinwachse und Paraffingatsch zurückzuweisen. 310 Zweitens ist nach Ansicht der Klägerin die Aussage der Kommission, dass die Unternehmensvertreter, die an der speziell Paraffingatsch betreffenden Zusammenkunft vom 8. und 9. März 1999 teilgenommen hatten, dieselben waren wie diejenigen, die an den im Allgemeinen Paraffinwachse betreffenden technischen Treffen teilgenommen hatten, unzutreffend. Was Total France angehe, seien die Teilnehmer an dieser Zusammenkunft nicht nur andere als diejenigen, die an den technischen Treffen teilgenommen hätten, es seien nicht einmal Beschäftigte von Total France, sondern von Total Deutschland gewesen. 311 Dieses Vorbringen kann die Würdigung der Kommission nicht beeinträchtigen. Diese konnte rechtmäßig in Randnr. 295 der angefochtenen Entscheidung zu dem Schluss kommen, dass „die Teilnehmer … weitgehend identisch [waren]“, da die Verantwortlichen mehrerer anderer Unternehmen, wie Shell und Sasol, tatsächlich bei beiden Arten von Treffen identisch waren. 312 Jedenfalls ist wiederum darauf hinzuweisen (siehe oben, Randnr. 265) dass der entscheidende Punkt unter dem Gesichtspunkt der Feststellung des Vorliegens einer einheitlichen Zuwiderhandlung darin besteht, dass die Handlungen, die verschiedene Märkte betreffen, sich in einen Gesamtplan einfügen, der den Teilnehmern bekannt ist. Die Tatsache, dass die Frage des Paraffingatsch bei zwei technischen Treffen diskutiert wurde und die Teilnehmer sogar die Preise für Paraffingatsch bei diesen technischen Treffen festgelegt haben, zeigt, dass die für Paraffinwachse Verantwortlichen durchaus Kenntnis von den Praktiken im Zusammenhang mit Paraffingatsch hatten. Auch die Tatsache, dass während des technischen Treffens am 3. und 4. November 1998 die Teilnehmer die Preiserhöhung für Paraffinwachse durch eine Knappheit auf dem Markt für Paraffingatsch rechtfertigen wollten, zeigt, dass ihnen die Komplementarität der Verhaltensweisen in Bezug auf beide Produkte bewusst war. 313 Folglich ist das Vorbringen der Klägerin, ihr Vertreter bei den technischen Treffen sei ein anderer gewesen als der Vertreter bei dem Treffen vom 8. und 9. Mai 1999 das sich mit Paraffingatsch befasst habe, unerheblich. 314 Unter Berücksichtigung der Gesamtheit der vorstehenden Erwägungen ist die Feststellung der Kommission, dass die Paraffinwachse betreffenden Verhaltensweisen und diejenigen, die Paraffingatsch betreffen, eine einzige einheitliche Zuwiderhandlung darstellten, zu bestätigen und folglich das Vorbringen der Klägerin im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. 315 Im Übrigen ist anzumerken, dass das Vorbringen der Klägerin, das den fortgesetzten Charakter der Zuwiderhandlung in Frage stellt, im Rahmen des zweiten Teils des vorliegenden Klagegrundes vorgetragen wurde. Somit wird das Gericht am Ende seiner Prüfung des zweiten Teils darüber entscheiden. Zum zweiten Teil, mit dem ein Verstoß gegen Art. 81 EG und eine Verletzung der Begründungspflicht hinsichtlich der das Paraffingatsch betreffenden Verhaltensweisen gerügt wird 316 Nach Ansicht der Klägerin besaß die Kommission keine ausreichenden Beweise, um festzustellen, dass während der technischen Treffen wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen in Bezug auf den Verkauf von Paraffingatsch an die Endverbraucher in Deutschland stattgefunden hätten. Selbst wenn man annehme, das die Treffen vom 30. und 31. Oktober 1997 sowie vom 11. und 12. Mai 2004 eine wettbewerbsbeschränkende Praktik in Bezug auf den Verkauf von Paraffingatsch an Endabnehmer in Deutschland betroffen hätten, stellten diese Treffen nur zwei punktuelle Zuwiderhandlungen dar (von denen die erste bereits verjährt wäre) und könnten keine Grundlage dafür sein, zu dem Ergebnis einer fortgesetzten Zuwiderhandlung von 1997 bis 2004 zu kommen. Somit habe die Kommission gegen Art. 81 EG verstoßen und ihre Begründungspflicht in dieser Hinsicht verletzt. Zur angefochtenen Entscheidung 317 Die Kommission legt in Randnr. 288 der angefochtenen Entscheidung Folgendes dar: „Sasol und Shell räumen ausdrücklich ein, dass die Paraffingatschpreise insbesondere ab Ende der 1990er Jahre unter den Wettbewerbern besprochen wurden, und haben Einzelheiten zu Kontakten vorgelegt (siehe auch Randnummer [112]) … Auf einem Treffen vom 30. und 31. Oktober 1997 (siehe Randnummer [145]) besprachen mindestens ENI, H&R/Tudapetrol, MOL, Repsol, Sasol, Dea (nach 2002 Shell) und Total Paraffingatsch und vereinbarten eine Preiserhöhung. Shell und Total waren in mindestens einem Treffen (am 8. und 9. März 1999) vertreten, das sich ausdrücklich mit Paraffingatsch beschäftigte (siehe Randnummer [152]). Sasol und ExxonMobil schließen in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte eine Anwesenheit in diesem Treffen nicht aus, und ihre Teilnahme ist auch wegen des Verweises auf ‚alle Hersteller ‘ in einem handschriftlichen Vermerk zu einer elektronischen Nachricht am darauffolgenden Tag wahrscheinlich. Sasol, Shell und Total waren auch in einem technischen Treffen am 11. und 12. Mai 2004 vertreten (siehe Randnummer [174]), in dem ein Preis für Paraffingatsch vereinbart wurde. Ferner stellt die Kommission fest, dass auch in einigen technischen Treffen … in Anwesenheit von ExxonMobil, Sasol, Shell und Total über Paraffingatsch gesprochen wurde. ExxonMobil räumt ein, zwischen 1993 und 1996 an diesen Gesprächen beteiligt gewesen zu sein … Später hat ExxonMobil eingeräumt das Herr [T. H.] als Vertreter von ExxonMobil zwischen 1999 und 2001 an Gesprächen über Paraffingatsch für Spanplattenhersteller im deutschsprachigen Teil Europas teilgenommen habe, … und bestätigt allgemein, dass an Endkunden verkauftes Paraffingatsch als ein Teil der Kartellvereinbarungen besprochen wurde … Außerdem berichtet Total, dass Gespräche über eine Erhöhung der Preise für Paraffingatsch geführt wurden … Shell und ExxonMobil bestätigen ebenfalls, dass außerhalb der technischen Treffen Zusammenkünfte im Zusammenhang mit Paraffingatsch stattgefunden haben … Obwohl ENI, H&R/Tudapetrol, MOL und Repsol ebenfalls in einem der beiden letztgenannten Treffen oder auch in beiden Treffen vertreten waren, stellt die Kommission fest, dass das verfügbare Beweismaterial nicht hinreichend ist, um diese Unternehmen für die Zuwiderhandlung in Verbindung mit Paraffingatsch haftbar zu machen. Außerdem, obwohl einige Unterlagen sich augenscheinlich auf andere Zeiträume und Märkte beziehen, ist die Kommission der Ansicht, dass das verfügbare Beweismaterial nur die Schlussfolgerung zulässt, dass sich die Zuwiderhandlung auf den Verkauf von Paraffingatsch an Endkunden auf dem deutschen Markt in den Jahren 1997 bis 2004 bezog.“ 318 Außerdem hat die Kommission in Randnr. 112 der angefochtenen Entscheidung Folgendes dargelegt: „Über Paraffingatsch wurde in einigen technischen Treffen gesprochen [Randnrn. 144, 145, 152, 157, 174 und 175 der angefochtenen Entscheidung]. … Zusätzlich wurden Vereinbarungen über Paraffingatschverkäufe an Endkunden auf dem deutschen Markt mindestens einmal außerhalb der technischen Treffen getroffen, als Vertreter von Shell, Sasol, ExxonMobil und Total und möglicherweise von weiteren Unternehmen zu weiteren Gesprächen über Paraffingatsch zusammenkamen, in denen Preise festgesetzt und wirtschaftlich sensible Informationen ausgetauscht wurden … Zum Beispiel ist eine dieser Zusammenkünfte am 8. und 9. März 1999 in Düsseldorf belegt … Der Teilnehmerkreis dieser speziellen Zusammenkünfte, in denen ausdrücklich über Paraffingatsch gesprochen wurde, war größtenteils identisch mit dem der technischen Treffen (außer Total).“ 319 Die Randnrn. 144, 145, 152, 157, 174 und 175 der angefochtenen Entscheidung betreffen jeweils die Treffen vom 19. und 20. Juni 1997, vom 30. und 31. Oktober 1997, vom 8. und 9. März 1999, vom 3. und 4. Februar 2000, vom 11. und 12. Mai 2004 sowie vom 3. und 4. August 2004. 320 Die Kommission hat ihre Entscheidung, das Vorliegen wettbewerbswidriger Verhaltensweisen für Paraffingatsch nur hinsichtlich der Verkäufe an Endabnehmer in Deutschland zu bejahen, wie folgt begründet: „… (289) Die Kommission ist außerdem der Ansicht, dass diese Gespräche ausschließlich Paraffingatsch betrafen, das von Unternehmen mit Beziehungen zu Endkunden wie z. B. Spanplattenherstellern und nicht etwa z. B. Erzeugern von Paraffinwachsen verkauft wurde. Die Unternehmenserklärungen unterscheiden meist nicht zwischen verschiedenen Verwendungen des Paraffingatsch; in der in Randnummer (152) genannten E-Mail [Treffen in Düsseldorf vom 8. und 9. März 1999] hingegen wird ausschließlich an Spanplattenhersteller verkauftes Paraffingatsch erwähnt. Daher hält die Kommission für zweifelhaft, ob nicht an Endkunden verkauftes Paraffingatsch Gegenstand der Zuwiderhandlung war, und aus diesem Grund beschränkt sich die Kommission in ihren Feststellungen auf an Endkunden verkauftes Paraffingatsch. Diese Erwägungen werden von Shell und ExxonMobil bestätigt [Shell, Akte S. 8122-8123, 38846; Exxon, Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, S. 36-48]. (290) Aufgrund des vorliegenden Beweismaterials ist anzunehmen, dass sich die gelegentlichen Gespräche über Paraffingatsch auf den deutschen Markt konzentrierten … ExxonMobil, Sasol, Shell und Total erzielten Umsätze auf dem deutschen Markt, und die Treffen, in denen über Paraffingatsch gesprochen wurde, fanden in Deutschland statt. Die Kommission hält das verfügbare Beweismaterial nicht für hinreichend, um daraus zu schließen, dass die Absprachen in Bezug auf Paraffingatsch auch Paraffingatsch betrafen, das an Endkunden in anderen Ländern verkauft wurde. (291) Die Kommission ist der Ansicht, dass die Zuwiderhandlung, soweit sie an Endkunden auf dem deutschen Markt verkauftes Paraffingatsch betrifft, mit dem Treffen am 30. und 31. Oktober 1997 begonnen und mit dem Treffen vom 11. und 12. Mai 2004 geendet hat. (292) Die Kommission stellt daher fest, dass die Gespräche über an Endkunden in Deutschland verkauftes Paraffingatsch zu Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen gemäß Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen führten. Diese Feststellung beruht auf einander bestätigenden unabhängigen Erklärungen von Shell und Sasol, die wiederum durch Erklärungen von ExxonMobil und Total bestätigt werden … Auch das vorliegende Beweismaterial bestätigt diese Feststellung …“ Zur Prüfung der Beweise, die sich auf die wettbewerbswidrigen Treffen beziehen 321 Im vorliegenden Fall ist die Klägerin der Ansicht, die Kommission habe keine ausreichenden Beweise gehabt, um zu belegen, dass während der technischen Treffen wettbewerbswidrige Verhaltensweisen in Bezug auf den Verkauf von Paraffingatsch an Endverbraucher in Deutschland stattgefunden hätten. 322 Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass Shell (siehe oben, Randnrn. 290 bis 292) und ExxonMobil in ihrer Erklärung vom 14. Juni 2006 jeweils erklärt haben, dass die wettbewerbswidrigen Praktiken auch Paraffingatsch betroffen hätten und dass die Diskussionen, die sich darauf bezogen hätten, bei multilateralen Treffen zwischen Konkurrenten stattgefunden hätten. Shell hat sogar ausgeführt, dass Paraffingatsch betreffende Fragen bei einigen technischen Treffen und bei einigen auf Paraffingatsch bezogenen Treffen behandelt worden seien. Diese Erklärungen sind auf der Grundlage von Zeugenaussagen von Personen, die an den technischen Treffen beteiligt gewesen sind, nach reiflicher Überlegung erstellt worden und beschuldigen auch die Unternehmen, in deren Namen sie abgegeben wurden. Somit sind sie im Sinne der oben in Randnr. 66 angeführten Rechtsprechung besonders verlässlich. 323 Zum anderen werden diese Erklärungen durch schriftliche Beweise aus dem Zeitraum der Zuwiderhandlung untermauert. Wie die Kommission in Randnr. 215 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, wurden die MOL-Vermerke während der Treffen von dem Teilnehmer erstellt, und ihr Inhalt ist strukturiert und ziemlich detailliert. Folglich kommt diesen Vermerken gemäß der oben in Randnr. 80 angeführten Rechtsprechung ein sehr hoher Beweiswert zu. 324 Erstens stützt sich die Kommission hinsichtlich des technischen Treffens vom 19. und 20. Juni 1997 in Randnr. 144 der angefochtenen Entscheidung auf einen Vermerk von MOL mit dem Hinweis „Shell/NL verkauft Gatsch z. B. an Bolsius“ und „Paraffingatsch: DEM 550,-“. Die Klägerin hat sich zu diesem Vermerk nicht geäußert. 325 Dieser Vermerk belegt nach Ansicht des Gerichts, dass Diskussionen betreffend Paraffingatsch geführt und eine Vereinbarung mit der Festsetzung des Preises getroffen wurde, wie die Kommission unter Bezugnahme auf dieses Treffen in Randnr. 112 der angefochtenen Entscheidung zutreffend darlegt. 326 Zweitens hat die Kommission hinsichtlich des Treffens vom 30. und 31. Oktober 1997 in Randnr. 145 der angefochtenen Entscheidung einen Vermerk vom MOL zitiert, der den Hinweis „slack wax : DEM 550600“ enthält. 327 Die Klägerin macht geltend, diesem Vermerk sei nicht zu entnehmen, dass die Teilnehmer eine Vereinbarung über den Verkauf von Paraffingatsch an Endabnehmer in Deutschland getroffen hätten. Die schlüssigste Erklärung sei, dass der Hinweis „slack wax: DEM 550600“ den Preis für Paraffinwachse betreffe. 328 Dieser Auslegung kann nicht gefolgt werden, da es völlig sinnlos gewesen wäre, wenn der Vertreter von MOL „slack wax“ – Paraffingatsch – vermerkt hätte, um auf die Preise für Paraffinwachse Bezug zu nehmen. Außerdem reichten nach dem Vermerk von MOL die Preise für Paraffinwachse je nach Art und Maß der Raffinierung von 950 bis 1 350 DEM, so dass es keinen Sinn gibt, zu glauben, bei dem Preis von 600 DEM könnte es sich um den Preis von Paraffinwachsen handeln. Der Hinweis „slack wax : DEM 550 600“ passt dagegen perfekt mit dem Inhalt des Vermerks von MOL betreffend das vorausgehende Treffen vom 19. und 20. Juni 1997 zusammen, der 550 DEM als den für Paraffingatsch vereinbarten Preis angibt. 329 Die Klägerin beruft sich dennoch darauf, dass sich aus dem MOL-Vermerk nicht ergebe, dass die Teilnehmer den Preis für Paraffingatsch für Verkäufe an deutsche Endabnehmer festgesetzt hätten. 330 Dieses Vorbringen ist jedoch unerheblich, da eine Preisfestsetzung allgemein für alle Kunden gilt, auch für die deutschen Endabnehmer. Außerdem hat die Kommission in den Randnrn. 289 bis 292 der angefochtenen Entscheidung, die oben in Randnr. 320 übernommen wurden, erläutert, warum sie den Umfang der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen betreffend Paraffingatsch auf Verkäufe an deutsche Endabnehmer beschränkt hat. Zu diesen Passagen der angefochtenen Entscheidung hat die Klägerin nichts vorgetragen. 331 Somit hat sich die Kommission zum Beweis des Bestehens des Paraffingatsch betreffenden Teils der Zuwiderhandlung in Randnr. 112 der angefochtenen Entscheidung zu Recht auf dieses technische Treffen und die dazu gehörenden Beweise berufen. 332 Drittens hat die Kommission in Randnr. 152 der angefochtenen Entscheidung ein Treffen untersucht, bei dem es um Paraffingatsch ging und das am 8. und 9. März 1999 in Anwesenheit zumindest der Vertreter von Shell, von Total und von ExxonMobil stattgefunden hatte. 333 Nach Randnr. 152 der angefochtenen Entscheidung zeigt ein handschriftlicher Vermerk von Shell aus der Zeit der Zuwiderhandlung, dass der Vertreter von Shell davon ausging, dass bei dem Treffen vom 8. und 9. März 1999 die verschiedenen Unternehmensvertreter Informationen über die Versorgung einiger Kunden mit Paraffingatsch austauschen würden. Dieser Vermerk enthält die Notiz „8/9.3.99 PM = Spanplatte“, wobei PM nach der Erklärung von Shell für „Paraffinmafia“ stehe. Am Tag nach diesem Treffen schickte der genannte Vertreter eine E-Mail an seinen Vorgesetzten, in der er erklärte, dass Shell beabsichtige, die Preise für Paraffingatsch in der Spanplattenindustrie zum 1. Juni 1999 um 8 bis 10 % anzuheben. Ein handschriftlicher Vermerk zu dieser E-Mail lautet wie folgt: „Alle Hersteller sehen die Notwendigkeit einer Erhöhung (der Preise)“. 334 Die Kommission schloss daraus, dass die Personen, die die Unternehmen bei dem Treffen vertreten hatten, eine Erhöhung der Preise für Parraffingatsch in der Spanplattenindustrie vereinbart hatten, und dass Shell diese Vereinbarung ab Juni 1999 anwenden würde. 335 Das Gericht ist der Ansicht, dass diese Auslegung korrekt ist und durch die anderen Beweise betreffend die Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Paraffingatsch untermauert wird, so dass sie zu bestätigen ist. 336 Die Klägerin macht jedoch geltend, dass die das Treffen vom 8. und 9. März 1999 betreffenden Beweise den Standpunkt der Kommission nicht stützen könnten, da dieses Treffen kein technisches Treffen gewesen sei. In Randnr. 275 der angefochtenen Entscheidung habe die Kommission nämlich alle Kontakte außerhalb technischer Treffen von der Untersuchung ausgeschlossen. 337 Im Randnr. 275 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission Folgendes aus: „[D]ie Kommission [hat] beschlossen, von einer Untersuchung bilateraler Kontakte abzusehen, da der Nachweis weiterer Bestandteile dieser Zuwiderhandlung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert, am Endergebnis aber soweit ersichtlich nichts geändert hätte. Aus demselben Grund hat die Kommission beschlossen, keine anderen Kontakte außerhalb der technischen Treffen zu untersuchen. Darüber hinaus ist die Kommission der Ansicht, dass sie das Vorliegen einer einzigen und fortdauernden Zuwiderhandlung in Verbindung mit den untersuchten Verhaltensweisen hinreichend nachgewiesen hat.“ 338 In dieser Hinsicht ist das Gericht der Auffassung, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, für die Bezeichnung der verschiedenen Beweise die von den Kartellmitgliedern gebrauchte Terminologie anzuwenden. Auch wenn es zutrifft, dass mehrere Teilnehmer erklärt haben, bei den technischen Treffen seien Diskussionen betreffend Paraffinwachse erwähnt worden und andere spezifische Treffen hätten Paraffingatsch betroffen, ändert das aber nichts daran, dass diese Unterscheidung nicht klar ist, da auch bei den technischen Treffen Diskussionen hinsichtlich Paraffingatsch stattfanden. Ferner hat die Kommission die spezifischen, Paraffingatsch betreffenden Treffen offensichtlich nicht aus ihrer Untersuchung ausgeschlossen, da sie in Randnr. 152 der angefochtenen Entscheidung dem Treffen vom 8. und 9. März 1999 unter den anderen multilateralen wettbewerbswidrigen Treffen, die als „technische Treffen“ bezeichnet wurden, eine ziemlich umfangreiche Analyse gewidmet hat. 339 Jedenfalls konnte die Tatsache, dass die Kommission sich im Verlauf des Verfahrens zu einem bestimmten Zeitpunkt entschieden hat, ihre Anstrengungen auf bestimmte Aspekte der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen zu richten und andere nicht zu untersuchen, ihr nicht die Möglichkeit nehmen, alle Beweise, die ihr zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung zur Verfügung standen, zu verwenden, sofern die Verfahrensgarantien eingehalten wurden. 340 Die Klägerin macht aber keine Verletzung ihrer Verfahrensrechte durch die Verwendung von Beweisen geltend, die Zusammenkünfte betreffen, die keine „technischen Treffen“ sind. Auf jeden Fall waren die Beweise für dieses Treffen bereits in der Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgeführt, und die Klägerin hat in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte in dieser Hinsicht Erklärungen abgegeben, die von der Kommission in Randnr. 152 der angefochtenen Entscheidung behandelt wurden. 341 Die Erklärung von ExxonMobil zu diesem Treffen zeigt im Übrigen, dass dieses spezifisch „Gatsch für Spanplattenhersteller im deutschsprachigen Teil Europas“ betraf, und ergänzt die Punkte, die die Kommission veranlasst haben können, festzustellen, dass sie hinsichtlich des Paraffingatsch betreffenden Teils der Zuwiderhandlung nur in Bezug auf Verkäufe an deutsche Endabnehmer über ausreichend Beweise verfüge. 342 Viertens stimmt die Kommission mit der Klägerin überein, dass in Bezug auf das Treffen vom 3. und 4. Februar 2000 festgestellt werden kann, dass keine Beweise für Diskussionen über Paraffingatsch bei diesem Treffen existierten, und dass es sich um einen Schreibfehler gehandelt hat, der darin bestand, dass die Randnr. 157 der angefochtenen Entscheidung in einer Fußnote zu Randnr. 112 genannt war. 343 Was fünftens das technische Treffen vom 17. und 18. Dezember 2002 betrifft, hat die Kommission in Randnr. 168 der angefochtenen Entscheidung Anmerkungen aus der Zeit des Treffens zitiert, die der Vertreter von Total France auf einer Tabelle, die bei diesem technischen Treffen verteilt worden war, angebracht hat. Die Tabelle und die Anmerkungen enthalten wirtschaftlich sensible Informationen in Bezug auf Paraffinwachse und Paraffingatsch. Die Anmerkungen von Total France enthalten den Hinweis „Gatsch unter 500 Euro“. 344 Die Kommission hat daraus den Schluss gezogen, dass der Preis von Paraffingatsch Gegenstand der Diskussionen bei diesem technischen Treffen war. 345 Die Klägerin widerspricht der Kommission und trägt vor, aus diesen Hinweisen ergebe sich keine Vereinbarung über den Preis von Paraffingatsch. 346 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nicht erklärt hat, dort sei eine Vereinbarung betreffend Paraffingatsch getroffen worden. Außerdem war der Paraffingatsch betreffende Teil der Zuwiderhandlung komplex, da er genau wie der Hauptteil der Zuwiderhandlung Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen sowie den Austausch vertraulicher Geschäftsinformationen in Bezug auf den Preis für Paraffingatsch umfasste. 347 Im Übrigen schwächt die Auslegung der Klägerin, nach der der handschriftliche Vermerk bei dem Treffen vom 28. Februar 2003 angebracht worden sei, nicht die Beweiskraft dieses Vermerks, da er auf jeden Fall einen Beweis dafür darstellt, dass in den Jahren 2002 oder 2003 wettbewerbswidrige Diskussionen betreffend Paraffingatsch stattgefunden haben. 348 Folglich sind die in Rede stehenden Anmerkungen Teil der Reihe von Beweisen, die das Bestehen des Teils Paraffingatsch der Zuwiderhandlung belegen. 349 Sechstens hat die Kommission hinsichtlich des Treffens vom 11. und 12. Mai 2004 in Randnr. 174 der angefochtenen Entscheidung eine Notiz geprüft, die in den Geschäftsräumen von Total France beschlagnahmt worden war und die folgende Anmerkungen enthält: „-> Sasol 40 €/50 $. - Ende Juli. ->Mittw. : 38-28. ->1. Juli + FRP: 70 -> 6000 €/T + Teelicht: 50 -> 500 €/T + Microwachs: 25 -> 50 $/T … -> 40 €/T Paraffingatsch“. 350 In Randnr. 174 der angefochtenen Entscheidung wird ausgeführt: „… aus dieser letzten Zeile dieses Dokuments [geht hervor], dass eine Preiserhöhung für Paraffingatsch ebenfalls vereinbart wurde. Aus dem Gesamtzusammenhang des Dokuments kann geschlossen werden, dass der Pfeil vor dem Preis auf eine vereinbarte Strategie für die Zukunft hindeutet, nämlich eine angepeilte Preiserhöhung.“ 351 Nach Ansicht der Klägerin besteht der tatsächliche Inhalt des Dokuments darin, dass einer der Teilnehmer (Sasol oder ein anderer deutscher Hersteller) seine Preisvorstellungen nannte. 352 Das Gericht ist der Ansicht, dass die Klägerin keine plausible und schlüssige Ersatzauslegung vorgelegt hat, die die Auslegung durch die Kommission in Frage stellen könnte. Den Akten ist nämlich zu entnehmen, dass in den Notizen der Name des Unternehmens, seines Vertreters oder zumindest das Land des Unternehmenssitzes erscheint, wenn es sich um einen unilateralen Preisvorschlag handelt, was bei dem Hinweis „40€/T Paraffingatsch“ nicht der Fall ist. 353 Folglich muss man zu dem Schluss kommen, dass die Kommission bei der Würdigung der Beweise in Bezug auf die Treffen, bei denen es um die Frage des Paraffingatsch ging, keinen Rechtsfehler begangen hat. 354 Als Ergebnis ist festzustellen, dass die Kommission auf der Grundlage der Unternehmenserklärungen und der schriftlichen Beweise zu den Treffen, bei denen die Klägerin vertreten war und die in den Randnrn. 144, 145, 152, 168 und 174 der angefochtenen Entscheidung genannt sind, überzeugend belegen konnte, dass es wettbewerbswidrige Verhaltensweisen gab, bei denen es sich um Vereinbarungen oder abgestimmte Verhaltensweisen und um den Austausch vertraulicher Geschäftsinformationen betreffend den Preis für Paraffingatsch handelte, und dass die Klägerin an diesem Teil der Zuwiderhandlung beteiligt war. Zur Frage einer fortgesetzten Zuwiderhandlung im Bereich Paraffingatsch 355 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe keine fortgesetzte Zuwiderhandlung in Bezug auf den Verkauf von Paraffingatsch an deutsche Endabnehmer im Zeitraum von 1997 bis 2004 nachgewiesen. Selbst in dem Fall, dass das Gericht die Nachweise der Kommission hinsichtlich der technischen Treffen vom 30. und 31. Oktober 1997 und vom 11. und 12. Mai 2004 als ausreichend betrachte, handele es sich nur um zwei punktuelle Zuwiderhandlungen, von denen die erste im Übrigen bereits verjährt sei. 356 Erstens ist zu bemerken, dass die Klägerin ihr Vorbringen auf die Hypothese gestützt hat, dass nur die beiden Treffen allenfalls als Treffen angesehen werden könnten, in denen auch die Frage des Paraffingatsch angesprochen wurde. Wie sich aber aus der Prüfung oben ergibt, hatte die Kommission Beweisunterlagen, die das Vorliegen solcher Verhaltensweisen im Hinblick auf fünf Treffen belegen; diese fanden am 19. und 20. Juni 1997, am 30. und 31. Oktober 1997, am 8. und 9. März 1999, am17. und 18. Dezember 2002 (oder alternativ am 28. Februar 2003) sowie am 11. und 12. Mai 2004 statt. 357 Zweitens ist an die Schlussfolgerung oben in Randnr. 314 zu erinnern, der zufolge die Kommission zutreffend festgestellt hat, dass die Verhaltensweisen betreffend Paraffinwachse und die Verhaltensweisen betreffend Paraffingatsch eine einheitliche Zuwiderhandlung darstellten. Folglich sind die Beweise zu den das Paraffingatsch betreffenden Verhaltensweisen im Kontext der Reihe von Beweisen zu der einheitlichen Zuwiderhandlung, die die Kommission zusammengestellt hat, zu würdigen. Diese Beweise belegen, dass es fortgesetzte Kontakte zwischen den Unternehmen gab, die an den Verhaltensweisen in Bezug auf Paraffingatsch teilgenommen haben. 358 Wie sich drittens aus der oben in Randnr. 291 zitierten Erklärung von Shell ergibt, war den Vertretern der Paraffinwachsindustrie klar, dass sich bei einer Erhöhung der Preise für diese Produkte um einen bestimmten Betrag oder Prozentsatz die Preise für das Ausgangsmaterial, nämlich Paraffingatsch, gleichzeitig erhöhen, d. h. um 30 bis 40 % des Preisanstiegs bei Paraffinwachsen steigen würden. Folglich beeinflussten die wettbewerbswidrigen Diskussionen betreffend Paraffinwachse auch die Preispolitik der Teilnehmer hinsichtlich Paraffingatsch, was noch mehr rechtfertigt, dass die Kommission von einer fortgesetzten Zuwiderhandlung im Bereich des Paraffingatsch ausgegangen ist. 359 Somit ist die Feststellung der Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu bestätigen, dass der Paraffingatsch betreffende Teil Teil einer fortgesetzten Zuwiderhandlung war, und das Vorbringen der Klägerin in dieser Hinsicht ist zurückzuweisen. Zur Beschränkung der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen auf Deutschland 360 Die Klägerin ist der Ansicht, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung die Beschränkung des Paraffingatsch betreffenden Teils der Zuwiderhandlung auf deutsche Endabnehmer nicht begründet. 361 Insoweit ist mit der Kommission einzuräumen, dass der Umstand, dass sie den betroffenen Unternehmen die Zweifel daran, ob es wettbewerbswidrige Verhaltensweisen in einem größeren Umfang als die Verkäufe an Endabnehmer in Deutschland gab, zugute kommen ließ, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht in Frage stellen kann. Es muss der Kommission freistehen, bei der Verhängung von Geldbußen nur die wettbewerbswidrigen Praktiken zu berücksichtigen, an deren Existenz kein Zweifel besteht. 362 Im Übrigen hat die Kommission, wie oben in Randnr. 329 ausgeführt, in den Randnrn. 289 bis 292 der angefochtenen Entscheidung, die oben in Randnr. 320 wiedergegeben wurden, die Gründe erklärt, warum sie meinte, dass die wettbewerbswidrigen Praktiken in Bezug auf Paraffingatsch auf Verkäufe an deutsche Endabnehmer beschränkt gewesen seien. Die Klägerin hat aber zu diesen Passagen der angefochtenen Entscheidung nichts vorgetragen. 363 Außerdem sind die Beweise, die die Kommission bei der Prüfung der einzelnen Treffen (siehe oben, Randnrn. 323 bis 352) aufgeführt hat, ausreichend, um ihren Standpunkt hinsichtlich des Bestehens wettbewerbswidriger Verhaltensweisen betreffend Paraffingatsch zu unterstützen, so dass die Würdigung der Argumentation der Klägerin in Bezug auf die in Randnr. 288 der angefochtenen Entscheidung genannten Beweise (siehe oben, Randnr. 317) überflüssig ist. 364 Somit ist festzustellen, dass die Kommission in Anbetracht der von ihr zusammengestellten Beweise tatsächlich das Bestehen wettbewerbswidriger Verhaltensweisen in Form von Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen und des Austauschs vertraulicher Geschäftsinformationen betreffend Paraffingatsch sowie die Teilnahme der Klägerin an diesem Teil der Zuwiderhandlung (siehe oben, Randnr. 354) belegen kann. Außerdem ist die Feststellung der Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu bestätigen, dass der Teil, der Paraffingatsch betrifft, Teil einer fortgesetzten Zuwiderhandlung war (siehe oben, Randnr. 359). 365 Somit ist die Rüge der Klägerin, mit der sie einen Verstoß gegen Art. 81 EG geltend macht, zurückzuweisen. 366 Ebenso bringen die oben in den Randnrn. 317 bis 320 wiedergegebenen Feststellungen der Kommission deren Überlegungen zu dem Paraffingatsch betreffenden Teil der Zuwiderhandlung im Sinne der oben in Randnr. 239 angeführten Rechtsprechung so klar und eindeutig zum Ausdruck, dass die Betroffenen ihnen die Gründe in dieser Hinsicht entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. 367 Somit ist die Rüge der Klägerin, mit der eine Verletzung der Begründungspflicht geltend gemacht wird, auch zurückzuweisen. 368 Nach alledem ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes und damit der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. 3. Zum dritten Klagegrund, mit dem hinsichtlich der Teilnahme der Klägerin an der Zuwiderhandlung nach dem 12. Mai 2004 ein Verstoß gegen Art. 81 EG und gegen die Grundsätze der Unschuldsvermutung, der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung gerügt wird Zum ersten Teil, mit dem ein Verstoß gegen Art. 81 EG und gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung gerügt wird 369 Hinsichtlich der Dauer der Zuwiderhandlung betreffend Paraffinwachse war die Kommission der Ansicht, dass die Total-Gruppe vom 3. September 1992 bis zum 28. April 2005 (zwölf Jahre und sieben Monate) daran teilgenommen hat. Die Klägerin trägt dagegen vor, ihre Teilnahme sei am 12. Mai 2004, dem Tag des letzten technischen Treffens, an dem sie teilgenommen habe, beendet worden. 370 In Randnr. 602 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission Folgendes aus: „Total hat sich nach eigenen Angaben nach dem Treffen am 11. und 12. Mai 2004 an keinem weiteren technischen Treffen beteiligt, und der Vertreter von Total habe seine Reise zum Treffen am 3. und 4. November 2004 mit der internen Begründung abgesagt, dass er auf Anweisung seines Vorgesetzten von dieser Reise absehe … Die Kommission stellt fest, dass keine Beweismittel für einen Rückzug aus dem Kartell vorliegen. Bei komplexen Zuwiderhandlungen bedeutet die Tatsache, dass ein Unternehmen in einem Treffen nicht anwesend ist oder mit in einem Treffen diskutierten Standpunkten nicht einverstanden ist, nicht, dass dieses Unternehmen seine Beteiligung an einer laufenden Zuwiderhandlung eingestellt hätte. Um die Zuwiderhandlung zu beenden, muss das Unternehmen sich eindeutig von dem Kartell distanzieren. … Total hat [aber] keine eindeutigen Beweismittel dafür vorgelegt, dass das Unternehmen eine uneingeschränkt selbstständige und einseitige Marktstrategie verfolgt hätte oder dass es sich eindeutig und offen vom Verhalten des Kartells distanziert hätte: Vielmehr zeigen der Kommission vorliegende Beweismittel [siehe Anhang I], dass Total förmliche Einladungen zu allen drei folgenden technischen Treffen (d. h. zu den letzten drei technischen Treffen vor Beginn der Nachprüfungen) erhalten hat … Der Vertreter von Total bestätigte seine Teilnahme für den 3./4. November 2004, … scheint jedoch später abgesagt zu haben. Auch im Falle des Treffens vom 23. und 24. Februar 2005 hatte Sasol bereits in dem Hotel, in dem es stattfinden sollte, ein Zimmer für den Vertreter von Total gebucht … und augenscheinlich später storniert …. Überdies unterschieden sich die Gespräche nicht wesentlich von denen früherer Treffen; die Teilnehmer sprachen vielmehr weiterhin über Preiserhöhungen, ohne zu erwähnen, dass Total Anstalten mache, das Kartell zu verlassen (siehe Randnummern [175], [176] und [177]). Zudem war es nicht unüblich, dass Unternehmen zu einigen Treffen nicht erschienen. Dies belegt, dass nicht davon ausgegangen wurde, dass sich Total nach dem Treffen im Mai 2004 aus dem Kartell zurückgezogen hätte. Die interne Mitteilung des Vertreters von Total bezüglich der Gründe für seine Nichtteilnahme an einem Treffen kann in jedem Fall nicht als öffentliche Distanzierung betrachtet werden. Da auch ansonsten nichts darauf hindeutet, dass [sie] sich von dem Kartell distanziert hätte, stellt die Kommission fest, dass die Beteiligung von Total am Kartell nicht vor Beginn der Nachprüfungen geendet hat.“ 371 Als Erstes trägt die Klägerin vor, die Kommission habe nach der Rechtsprechung berechtigterweise für die Feststellung des Endes der Teilnahme eine offene Distanzierung fordern können. Da die Teilnahme an den wettbewerbswidrigen Diskussionen nicht fortgesetzt worden sei, sei die Kommission gehalten gewesen, mangels unmittelbarer Beweise zumindest Anhaltspunkte für die Weiterführung der Teilnahme des Unternehmens an dem Kartell vorzubringen. 372 Insoweit ist zu betonen, dass nach dem Urteil Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission (oben in Randnr. 266 angeführt, Randnr. 241), der Schluss auf die endgültige Beendigung der Beteiligung eines Unternehmens an dem Kartell nur möglich ist, wenn es sich offen vom Inhalt des Kartells distanziert hat. 373 Darüber hinaus hat der Gerichtshof entschieden, dass es für die Beurteilung der Frage, ob sich das betroffene Unternehmen von der rechtswidrigen Vereinbarung distanzieren wollte, tatsächlich entscheidend auf das Verständnis ankommt, das die übrigen Kartellteilnehmer von seiner Absicht hatten (Urteil des Gerichtshofs vom 19. März 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, C-510/06 P, Slg. 2009, I-1843, Randnr. 120). 374 Somit hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zutreffend bestätigt, dass die Kartellteilnehmer sich offen vom Inhalt des Kartells distanzieren müssen, um ihre Teilnahme an diesem zu beenden, und hat weder gegen Art. 81 EG noch gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung verstoßen. 375 Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass sich die Klägerin nach dem Verständnis der anderen Kartellteilnehmer nicht offen vom Kartell distanziert hat. 376 Erstens beweisen die in Randnr. 602 der angefochtenen Entscheidung geschilderten und von der Klägerin nicht bestrittenen Ereignisse, dass „[d]er Vertreter von Total … seine Teilnahme für den 3./4. November 2004 [bestätigt hatte], … jedoch später abgesagt zu haben [scheint]“. Auch „im Falle des Treffens vom 23. und 24. Februar 2005 hatte Sasol bereits in dem Hotel, in dem es stattfinden sollte, ein Zimmer für den Vertreter von Total gebucht … und augenscheinlich später storniert“. Es ist klar, dass – wenn die Kartellteilnehmer Total nach dem Treffen vom 11. und 12. Mai 2004 nicht als Teilnehmerin angesehen hätten ‐ Sasol, die die technischen Treffen organisierte, sie nicht zu den folgenden Treffen eingeladen und ein Zimmer für ihren Vertreter reserviert hätte. 377 Zweitens kann die Bezugnahme der Klägerin auf die E-Mail vom 3. November 2004, die der Vertreter von Total bei den technischen Treffen an einen anderen Beschäftigten von Total geschickt hat, eine offene Distanzierung nicht beweisen. 378 Diese E-Mail lautet wie folgt: „Unter Berücksichtigung des Ziels des Treffens in Österreich schließe ich mich der Empfehlung von Thibault an. Ich storniere meine Reise nach Wien (Abreise ursprünglich für heute Nachmittag vorgesehen).“ 379 Insoweit genügt es anzumerken, dass eine interne E-Mail, die den anderen Teilnehmern nicht mitgeteilt wurde, keine offene Distanzierung sein kann. 380 Rein vorsorglich ist zu bemerken, dass die bloße Tatsache, dass die Klägerin an den letzten technischen Treffen nicht teilgenommen hat, keinesfalls beweist, dass sie die Informationen zu den von ihren Konkurrenten angewandten Preisen, die sie bei Dutzenden von früheren technischen Treffen, an denen sie teilgenommen hatte, erhalten hat, nicht verwendet hat, und dass sie von den Vereinbarungen über die Aufteilung der Märkte und der Kunden, die bei den vorausgehenden technischen Treffen festgelegt worden waren, nicht profitiert hat. Die Klägerin hat somit keinen Beweis dafür vorgelegt, dass sie die Umsetzung des Kartells am 12. Mai 2004 beendet hat. 381 Daher ist der erste Teil des vorliegenden Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil, mit dem ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz geltend gemacht wird 382 Die Klägerin trägt vor, aus Randnr. 604 der angefochtenen Entscheidung ergebe sich, dass Repsol sich in einer Situation befunden habe, die insgesamt mit ihrer eigenen identisch sei, was den Zeitraum der Teilnahme an der Zuwiderhandlung betreffe. Beide hätten ihre Teilnahme an den Treffen vor dem Zeitpunkt der Nachprüfungen tatsächlich eingestellt. Danach habe sich Repsol zu keinem Zeitpunkt offen von dem Kartell distanziert. Schließlich habe die Kommission, wie im Fall von Total, festgestellt, dass Repsol tatsächlich Einladungen zu technischen Treffen erhalten habe, die nach September 2003 stattgefunden hätten, und zwar bis zur Durchführung der Nachprüfungen. Der einzige Unterschied sei der, dass die Kommission in ihrer Untersuchung der von Sasol am 25. Oktober 2004 für das Treffen im November 2004 verschickten Einladung die Empfänger dieser E-Mail mit Ausnahme des Vertreters von Repsol aufgelistet habe, um die Teilnahme der Unternehmen festzustellen. Sein Name sei jedoch ausgeschrieben unter den Empfängern aufgeführt gewesen. 383 Trotz der identischen Situation von Repsol und Total France habe die Kommission das Ende der Teilnahme für Repsol auf den 4. August 2004 festgesetzt. Somit habe sie bei der Würdigung der Dauer der Teilnahme von Repsol und Total France nicht die gleichen Kriterien, sondern bei Letzterer einen deutlich strengeren Beweisstandard angewandt. 384 Nach der Rechtsprechung ist der Grundsatz der Gleichbehandlung nur verletzt, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich behandelt oder unterschiedliche Sachverhalte gleichbehandelt werden, es sei denn, dass eine derartige Behandlung objektiv gerechtfertigt wäre (Urteil des Gerichtshofs vom 13. Dezember 1984, Sermide, 106/83, Slg. 1984, 4209, Randnr. 28; und Urteil des Gerichts vom 4. Juli 2006, Hoek Loos/Kommission, T-304/02, Slg. 2006, II-1887, Randnr. 96). 385 Aus Randnr. 604 der angefochtenen Entscheidung, deren Fakten von der Klägerin nicht bestritten werden, ergibt sich aber, dass selbst für den Zeitraum im Anschluss an das Treffen vom 24. und 25. September 2003, dem letzten Treffen, an dem Repsol teilgenommen hat, die Kommission ihre Teilnahme am Kartell in Anbetracht der Tatsache bejaht hat, dass sie offizielle Einladungen von Sasol mit der Tagesordnung für die Treffen vom 14. und 15. Januar 2004 und vom 11. und 12. Mai 2004 erhalten hat. Dies war auch bei Total für die Treffen der Fall, die zwischen dem 11. und 12. Mai 2004 und dem Ende des Kartells stattgefunden haben. Somit hat die Kommission diese beiden vergleichbaren Situationen gleichbehandelt, indem sie die Teilnahme von Repsol und von Total für die Zeiträume bejaht hat, in denen sie offizielle Einladungen mit der Tagesordnung erhalten hatten. 386 Dagegen war die Kommission der Ansicht, dass die Teilnahme von Repsol am 4. August 2004 geendet habe, weil Repsol für dieses Treffen keine Einladung mit der Tagesordnung erhalten habe, was, gemäß der angefochtenen Entscheidung, zeige, dass Sasol hinsichtlich der weiteren Teilnahme von Repsol an dem Kartell Zweifel gehabt habe. 387 Die Einstellung des Versands der offiziellen Einladungen zu den Treffen mit der Tagesordnung an Repsol zeigt, dass sich das Verständnis von Sasol, die die Treffen organisierte, geändert hatte und sie nicht mehr sicher war, ob Repsol nach dem 4. August 2004 noch an dem Kartell teilnahm. Dies genügt, um festzustellen, dass Repsol sich im Sinne der oben in Randnr. 373 genannten Rechtsprechung nach dem Verständnis der anderen Kartellteilnehmer vom Kartell distanziert hatte. 388 Dies war dagegen bei der Klägerin nicht der Fall, die weiterhin offizielle Einladungen zu den Treffen mit der Tagesordnung erhielt. Es wurden sogar, auch für das letzte technische Treffen, Hotelzimmer für ihren Vertreter reserviert. Daher kann man nicht davon ausgehen, dass sie sich nach der Wahrnehmung der anderen Kartellteilnehmer von dem Kartell distanziert hatte. 389 Somit hat die Kommission hinsichtlich des Zeitraums nach dem 4. August 2004, was Repsol betrifft, und hinsichtlich des Zeitraums vom 12. Mai 2004 bis zum Ende des Kartells, was Total betrifft, zwei Sachverhalte, die nach dem für die Beurteilung der Dauer der Teilnahme an der Zuwiderhandlung maßgeblichen Kriterium verschieden sind, unterschiedlich behandelt. 390 Demnach hat die Kommission im Rahmen der Feststellung des Endes der Teilnahme von Total und Repsol nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. 391 Daher ist auch der zweite Teil und folglich der dritte Klagegrund in seiner Gesamtheit zurückzuweisen. 4. Zum vierten Klagegrund, mit dem hinsichtlich einer Unterbrechung der Teilnahme der Klägerin an dem Kartell ein Verstoß gegen Art. 81 EG und gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung geltend gemacht wird 392 Die Klägerin kritisiert, dass die Kommission in Randnr. 603 der angefochtenen Entscheidung die von ihr geltend gemachte Unterbrechung ihrer Teilnahme an der Zuwiderhandlung in dem Zeitraum zwischen dem Treffen vom 25. und 26. Mai 2000 und dem Treffen vom 26. und 27. Juni 2001 nicht anerkannt habe, obwohl sie in diesem Zeitraum nicht an Treffen teilgenommen habe. Dadurch habe die Kommission gegen Art. 81 EG und gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung verstoßen. 393 In Randnr. 603 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission Folgendes aus: „Die Total France S.A. erklärt, sie habe ihre Beteiligung zwischen 2000 und 2001 eingestellt, und der Vertreter der Total France S.A. habe das Treffen verärgert verlassen; dies sei als Zeichen der Distanzierung zu betrachten … Wie bereits in Abschnitt 4.2 erläutert, stellt die Kommission fest, dass Total am technischen Treffen vom 18. und 19. September 2000 und dann erneut am Treffen am 26. und 27. Juni 2001 teilgenommen hat; somit hat das Unternehmen in neun Monaten drei Treffen verpasst. Ferner stellt die Kommission fest, dass nichts darauf hindeutet, dass sich Total öffentlich von dem Kartell distanziert hätte. Dass [Herr S. E.] das Treffen verlassen hat, stellt an sich keine öffentliche Distanzierung dar, und selbst Total behauptet nicht, dass [Herr S. E.] die Absicht bekundet hätte, die Beteiligung von Total an dem Kartell einzustellen. Der Ärger von [Herrn S. E.] zeigt vielmehr, dass er mit der erzielten Vereinbarung nicht zufrieden war. Das erneute Auftauchen von Total weniger als ein Jahr später bestätigt, dass das Unternehmen nicht die Absicht hatte, seine Beteiligung einzustellen. Daher ist die Kommission nicht der Ansicht, dass die kurzzeitige Abwesenheit von Total als Unterbrechung der Beteiligung am Kartell zu betrachten wäre.“ 394 Erstens macht die Klägerin geltend, die Kommission sei zu dem falschen Schluss gekommen, dass die Unterbrechung ihrer Teilnahme an den Treffen nur neun Monate gedauert habe. Die Kommission sei nämlich der Ansicht gewesen, dass Total France ihre Teilnahme an den Treffen ab dem Zeitpunkt eines technischen Treffens, das im September 2000 stattgefunden habe, eingestellt habe. Dies sei ein Tatsachenirrtum, da es keinen einzigen Hinweis auf ein Treffen gebe ‐ weder in der Beschreibung der Treffen im Abschnitt 4.2 noch in der Tabelle mit dem Verzeichnis der Treffen in der angefochtenen Entscheidung ‐, das am 18. und 19. September 2000 stattgefunden habe. 395 Wie die Kommission in dem Verfahren vor dem Gericht eingeräumt hat, fand im September 2000 kein Treffen statt, so dass die Rüge der Klägerin begründet ist. 396 Zweitens ist zu prüfen, ob die Kommission berechtigterweise den Schluss ziehen konnte, dass die Teilnahme der Klägerin an dem Kartell nicht unterbrochen gewesen sei, obwohl sie an keinem der drei Treffen teilgenommen hat, die zwischen dem 26. Mai 2000 und dem 26. Juni 2001 stattfanden, und ihr Vertreter das Treffen vom 25. und 26. Mai 2000 unter Missbilligung zumindest einiger Aspekte der dort geführten Diskussion vorzeitig verlassen hatte. 397 Die Klägerin macht geltend, die Unterbrechung ihrer Teilnahme an den Treffen sei nicht zufällig gewesen. Sie sei die unmittelbare und dauerhafte Folge des Bruchs zwischen Herrn S. E., dem Vertreter von Total France, und den übrigen Teilnehmern im Verlauf des Treffens vom 25. und 26. Mai 2000 gewesen. Herr S. E. habe das Treffen plötzlich verlassen, da von ihm gefordert worden sei, eine Verpflichtung einzuhalten, die er niemals eingegangen sei. 398 Der Vorfall, auf den sich die Klägerin beruft und der sich bei dem Treffen vom 25. und 26. Mai 2000 ereignete, ist in der Erklärung von Shell vom 24. November 2005 beschrieben. Laut dieser Erklärung, die sich auf die Aussage des Vertreters von Shell bei den technischen Treffen stützt, der bei diesem Vorfall unmittelbar anwesend war, hätten die Teilnehmer die gegenüber einem deutschen Kunden angewandten Preise diskutiert. Total sei beschuldigt worden, zu einem zu niedrigen Preis verkauft zu haben, was von Herrn S. E. abgestritten worden sei. Ein anderer Teilnehmer habe seinen Aussagen jedoch unter Hinweis auf eine Kopie des Angebots, das Total an diesen Kunden geschickt habe, widersprochen. Herr S. E. sei „so wütend“ geworden, dass er das Treffen verlassen habe. Nach diesem Vorfall habe Herr S. E. nicht mehr an technischen Treffen teilgenommen. Erst nach der Einstellung von Herrn C. O. durch Total begann diese wieder an den technischen Treffen teilzunehmen. 399 Insoweit ist festzustellen, dass die Klägerin an einer komplexen, einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung teilgenommen hat, die wettbewerbswidrige Handlungen betreffend die Preisfestsetzung, die Aufteilung der Kunden oder der Märkte sowie die Preisgabe und den Austausch vertraulicher Geschäftsinformationen, insbesondere über Kunden, Preisgestaltung, Produktionskapazitäten und Verkaufsmengen zum Inhalt hatte. 400 Der von der Klägerin geschilderte Sachverhalt betrifft aber nur einen einzelnen Punkt des Kartells, nämlich den Preis, der gegenüber einem bestimmten Kunden angewandt wurde. Außerdem nahm die Klägerin ab dem technischen Treffen vom 26. und 27. Juni 2001 wieder regelmäßig an den technischen Treffen teil und war bei jedem der folgenden elf Treffen bis zu demjenigen vom 11. und 12. Mai 2004 anwesend. 401 Es trifft zwar zu, dass das Verhalten von Herrn S. E. in diesem Einzelfall eine gelegentliche Verletzung der Kartellvereinbarungen durch Total zeigt, doch hat die Klägerin keinen Beweis dafür vorgelegt, dass Herr S. E. beim Verlassen des technischen Treffens den anderen Teilnehmern klar zu verstehen gegeben hat, dass Total gedenke, sich künftig auf dem Markt wettbewerbskonform zu verhalten. Auch ergibt sich aus der Erklärung von Shell, dass Herr S. E. das Treffen nicht wegen seines wettbewerbswidrigen Inhalts im Allgemeinen verlassen hat, sondern deshalb, weil einer der Teilnehmer auf ein Dokument hingewiesen hat, das die Richtigkeit seiner Ausführungen in Zweifel zog, d. h. wegen eines Konflikts von eher persönlicher Natur. 402 Somit kann der Vorfall, auf den die Klägerin sich beruft, nicht beweisen, dass der Vertreter von Total sich nach dem Verständnis der übrigen Teilnehmer von der einheitlichen, komplexen und fortgesetzten Zuwiderhandlung distanziert hatte (siehe oben, Randnrn. 372 und 373). 403 Außerdem beweist die bloße Tatsache, dass die Klägerin nicht an den drei Treffen teilgenommen hat, die zwischen dem 26. Mai 2000 und dem 26. Juni 2001 stattgefunden haben, keinesfalls, dass sie die Informationen zu den von ihren Konkurrenten angewandten Preisen, die sie bei Dutzenden von früheren technischen Treffen, an denen sie teilgenommen hat, erhalten hatte, nicht verwendet hat, und dass sie von den Vereinbarungen über die Aufteilung der Märkte und Kunden, die bei den vorausgehenden technischen Treffen festgelegt worden waren, nicht profitiert hat. Folglich hat die Klägerin keinen Beweis dafür vorgelegt, dass ihre Teilnahme in dem streitigen Zeitraum unterbrochen war. 404 Nach alledem hat die Kommission insoweit weder gegen Art. 81 EG noch gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung verstoßen. Somit ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen. 5. Zum fünften Klagegrund, mit dem eine Verletzung der Begründungspflicht und ein Verstoß gegen die Leitlinien von 2006 in Bezug auf die fehlende Umsetzung behaupteter Verhaltensweisen gerügt wird 405 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe einen Fehler begangen, indem sie die Tatsache, dass sie an der Umsetzung des Kartells nicht beteiligt gewesen sei, nicht als mildernden Umstand nach Ziff. 29 der Leitlinien von 2006 berücksichtigt habe. 406 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission unter der Überschrift „Mildernde Umstände“ in Randnr. 696 der angefochtenen Entscheidung Folgendes ausgeführt hat: „Eine Reihe von Unternehmen erklärt, die Vereinbarungen nicht umgesetzt zu haben und verweist auf die begrenzte Anzahl an Preisschreiben, die diese Unternehmen verschickt oder erhalten hätten. Mehrere Unternehmen erklären, ihr Marktverhalten sei von den Absprachen nicht beeinflusst worden. Erstens betrachtet die Kommission diese bloßen Behauptungen nicht als hinreichenden Nachweis für die nicht erfolgte Umsetzung im Sinne der Leitlinien zur Festsetzung von Geldbußen aus dem Jahre 2006. Zweitens stellt die Kommission fest, dass der Versand oder das Empfangen von Preisschreiben nicht das einzige Umsetzungsmittel war, sondern dass die Umsetzung vorwiegend durch die regelmäßigen (versuchten) Preiserhöhungen erfolgte, die alle Unternehmen regelmäßig auf dem Markt ankündigten; einige dieser Ankündigungen sind in den Beweismitteln zu den technischen Treffen dokumentiert.“ 407 Wie am Ende der Prüfung des zweiten und des vierten Teils des zweiten Klagegrundes festgestellt wurde, werden die Ausführungen der Kommission betreffend die Umsetzung des Kartells durch die Klägerin durch ausreichende Beweise gestützt. 408 Somit fehlt diesem Klagegrund die tatsächliche Grundlage, so dass er zurückzuweisen ist. 6. Zum sechsten Klagegrund betreffend die Bestimmung des Referenzzeitraums für die Einschätzung des Grundbetrags der Geldbuße 409 Die Klägerin ist der Ansicht, die Kommission habe gegen die Leitlinien von 2006, den Grundsatz der Rechtssicherheit und den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, indem sie den Umsatz der letzten drei Geschäftsjahre des Zeitraums ihrer Teilnahme an der behaupteten Zuwiderhandlung, d. h. die Zeit von 2002 bis 2004 für Paraffinwachse und von 2001 bis 2003 für Paraffingatsch, verwendet habe. Zur Beachtung dieser Grundsätze hätte die Kommission nämlich den Umsatz des Jahres 2004 für Paraffinwachse und den des Jahres 2003 für Paraffingatsch verwenden müssen. Jedenfalls habe die Kommission insoweit keine angemessene Begründung abgegeben. 410 Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 bestimmt: „Zur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße verwendet die Kommission den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren … Zusammenhang stehen. Im Regelfall ist der Umsatz im letzten vollständigen Geschäftsjahr zugrunde zu legen, in dem das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war (nachstehend ‚Umsatz‘)“. 411 In Randnr. 634 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission aus: „Die Kommission erkennt an, dass das Jahr 2004 wegen der Erweiterung der Europäischen Union im Mai ein Ausnahmejahr war. Sie hält es daher für angemessen, die Umsätze des Jahres 2004 nicht als einzige Grundlage für die Berechnung der Geldbuße anzunehmen, sondern sich stattdessen auf die Umsätze der letzten drei Geschäftsjahre, in denen die Einheit an der Zuwiderhandlung beteiligt war, zu stützen.“ 412 Erstens ist hinsichtlich des Vorwurfs eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit vorab zu bemerken, dass sich schon aus dem Wortlaut der Leitlinien von 2006, nach dem im Regelfall der Umsatz im letzten vollständigen Geschäftsjahr zugrunde zu legen ist, in dem das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war, ergibt, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, systematisch den Umsatz im letzten Geschäftsjahr der Beteiligung zu berücksichtigen. Im Übrigen macht die Klägerin keine andere Rechtsnorm geltend, aufgrund deren die Kommission verpflichtet wäre, den Umsatz des letzten vollständigen Jahres, in dem ein Unternehmen an der Zuwiderhandlung teilgenommen hat, zu berücksichtigen. 413 Somit ist die Rüge des Verstoßes gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit zurückzuweisen. 414 Zweitens muss nach der Rechtsprechung, soweit die Kommission auf den Umsatz der an derselben Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen abzustellen hat, um das Verhältnis zwischen den festzusetzenden Geldbußen zu bestimmen, der zu berücksichtigende Zeitraum so abgegrenzt werden, dass die ermittelten Umsatzzahlen so weit wie möglich miteinander vergleichbar sind. Folglich kann ein bestimmtes Unternehmen nur dann verlangen, dass die Kommission bei ihm auf einen anderen als den im Allgemeinen herangezogenen Zeitraum abstellt, wenn es nachweist, dass der von ihm im letztgenannten Zeitraum erzielte Umsatz aus für dieses Unternehmen spezifischen Gründen weder für seine wirkliche Größe und seine Wirtschaftskraft noch für das Ausmaß der von ihm begangenen Zuwiderhandlung einen Anhaltspunkt bietet (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Fiskeby Board/Kommission, T-319/94, Slg. 1998, II-1331, Randnr. 42). 415 Im vorliegenden Fall hat die Kommission indessen zutreffend festgestellt, dass das Jahr 2004 wegen der Erweiterung der Union und des Beitritts von zehn neuen Mitgliedstaaten für den betroffenen Sektor außergewöhnlich gewesen sei, insbesondere weil Ungarn der Sitz und Produktionsstandort von MOL, einem der Kartellmitglieder, gewesen sei. 416 Folglich hat die Kommission nicht gegen die Leitlinien von 2006 verstoßen und keinen Beurteilungsfehler begangen, indem sie den durchschnittlichen Umsatz des Zeitraums 2002 bis 2004 auf dem Paraffinwachsmarkt in gleicher Weise für alle Unternehmen berücksichtigt hat, die an dem Kartell bis zu seinem Ende teilgenommen haben. Ebenso konnte die Kommission, nachdem sie den Durchschnitt der letzten drei Geschäftsjahre der Teilnahme jedes der in das Kartell verwickelten Unternehmen in Bezug auf Paraffinwachse verwendet hat, zweckmäßigerweise die gleiche Methode auch für das Paraffingatsch anwenden, um die am besten vergleichbaren Daten zu verwenden. 417 Drittens macht die Klägerin geltend, die Kommission habe gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Selbst wenn man voraussetze, dass das Jahr 2004 für einige Kartellteilnehmer wegen der Erweiterung der Union ein außergewöhnliches Jahr gewesen sei, sei das für Total France absolut nicht der Fall gewesen. Die Kommission habe somit Unternehmen in verschiedenen Situationen gleichbehandelt. 418 Insoweit liegt nach der oben in Randnr. 384 angeführten Rechtsprechung ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nur dann vor, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleichbehandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt. 419 Aber selbst unterstellt, die Klägerin kann mit Erfolg geltend machen, dass unterschiedliche Situationen (diejenige von Total gegenüber derjenigen von MOL) gleichbehandelt wurden, war diese Behandlung im Hinblick darauf, dass 2004 ein außergewöhnliches Jahr war und Auswirkungen auf den betreffenden Sektor hatte, insbesondere durch das Hinzukommen der Produktion von MOL zur EWR-Industrie, objektiv gerechtfertigt. Ebenso ergibt sich eine solche objektive Rechtfertigung aus der Tatsache, dass die Kommission gehalten ist, zu berücksichtigende Situationen so einzugrenzen, dass die erhaltenen Zahlen bestmöglich vergleichbar sind, was im Allgemeinen verbietet, dass für die Unternehmen, die bis zum gleichen Zeitpunkt an dem Kartell teilnehmen, unterschiedliche Zeiträume für die Berechnung des Umsatzes zugrunde gelegt werden. 420 Viertens ist das Gericht hinsichtlich der behaupteten unzureichenden Begründung der Ansicht, dass die Kommission dadurch, dass sie sich in Randnr. 634 auf die Erweiterung der Union von 2004 beruft und in der angefochtenen Entscheidung im Detail die Situation von MOL und deren Rolle in dem Kartell beschreibt, ihre Entscheidung, den Durchschnitt der letzten drei Geschäftsjahre, in denen das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war, für die Ermittlung des Umsatzes zu berücksichtigen, ausreichend begründet hat. 421 Im Übrigen ist das Gericht der Auffassung, dass die Kommission zutreffend den Durchschnitt des Umsatzes, der in den letzten drei vollständigen Geschäftsjahren der Teilnahme jedes Kartellteilnehmers an der Zuwiderhandlung erzielt wurde, gewählt hat, so dass es die angefochtene Entscheidung hinsichtlich dieses Punkts der Berechnung der Geldbuße bestätigt. 422 Demnach ist der sechste Klagegrund zurückzuweisen. 7. Zum siebten Klagegrund: Verstoß gegen die Leitlinien von 2006 und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aufgrund der Tatsache, dass die Kommission einen zu hohen Prozentsatz des Umsatzes für den das Paraffingatsch betreffenden Teil der Zuwiderhandlung berücksichtigt habe 423 Die Klägerin ist der Ansicht, die Kommission habe gegen Ziff. 20 der Leitlinien von 2006 und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen, indem sie bei der Festsetzung der Geldbuße 15 % des Umsatzes bei Paraffingatsch und nur 18 % des Umsatzes bei Paraffinwachsen für die Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt habe. 424 Für Paraffingatsch habe die Kommission im Gegensatz zu Paraffinwachsen keine Zuwiderhandlung in Form einer Aufteilung der Märkte oder der Kunden festgestellt. Daraus ergebe sich zwangsläufig, dass der Schweregrad der behaupteten Verhaltensweisen betreffend Paraffingatsch deutlich geringer sei als derjenige für Paraffinwachse. Auch sei in geografischer Hinsicht der Teil der Zuwiderhandlung, der Paraffingatsch betreffe, auf das deutsche Hoheitsgebiet beschränkt gewesen, während die Paraffinwachse betreffenden Verhaltensweisen sich nach den Aussagen der Kommission auf das gesamte Gebiet des EWR erstreckt hätten. 425 Diese Unterschiede im Schweregrad der beiden Teile der Zuwiderhandlung in Bezug auf Paraffinwachse und Paraffingatsch hätten einen größeren Abstand der beiden für den Schweregrad angewandten Koeffizienten als drei Prozentpunkte gerechtfertigt. Folglich beantragt die Klägerin, den Anteil des Umsatzes, der für Paraffingatsch berücksichtigt wurde, erheblich zu senken und die Geldbuße auf dieser neuen Grundlage neu festzusetzen. 426 Nach Ziff. 20 der Leitlinien von 2006 wird die Schwere der Zuwiderhandlung in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände beurteilt. Nach Ziff. 21 kann grundsätzlich ein Betrag von bis zu 30 % des Umsatzes festgesetzt werden. Ziff. 22 sieht vor, dass die Kommission bei der Bestimmung der genauen Höhe innerhalb dieser Bandbreite mehrere Umstände berücksichtigt, u. a. die Art der Zuwiderhandlung, den kumulierten Marktanteil sämtlicher beteiligten Unternehmen, den Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und die etwaige Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis. Gemäß Ziff. 23 der Leitlinien von 2006 gehören horizontale, üblicherweise geheime Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, Aufteilung der Märkte oder Einschränkung der Erzeugung ihrer Art nach zu den schwerwiegendsten Verstößen, so dass bei solchen Zuwiderhandlungen grundsätzlich ein Betrag am oberen Ende der in Ziff. 21 vorgesehenen Bandbreite anzusetzen ist. 427 In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission unter der Überschrift „Schlussfolgerung bezüglich der Schwere der Zuwiderhandlung“ Folgendes ausgeführt: „… (653) In Anbetracht der besonderen Umstände in dieser Sache und unter Berücksichtigung der genannten Kriterien bezüglich der Art der Zuwiderhandlung und des räumlichen Umfangs sollte bei ENI und H&R/Tudapetrol [die nur am Hauptteil der Zuwiderhandlung beteiligt waren] ein Umsatzanteil in Höhe von 17 % angenommen werden. Es wurde nachgewiesen, dass die einzige und fortdauernde Zuwiderhandlung bei ExxonMobil, MOL, Repsol, RWE Sasol, Shell und Total außerdem die Aufteilung von Kunden und/oder Märkten beinhaltete [zweiter Teil der Zuwiderhandlung]. Die Aufteilung von Märkten und Kunden zählt naturgemäß zu den schädlichsten Beschränkungen des Wettbewerbs, da diese Verhaltensweisen eine Verringerung oder Beseitigung des Wettbewerbs auf bestimmten Märkten bzw. bei bestimmten Kunden zur Folge haben … In Anbetracht dieses erschwerenden Umstands wird der Anteil des bei ExxonMobil, MOL, Repsol, RWE, Sasol, Shell und Total anzunehmenden Umsatzes auf 18 % festgesetzt. Da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Aufteilung der Kunden und/oder Märkte auch Paraffingatsch betroffen hätte und da der räumliche Umfang der Zuwiderhandlung in Verbindung mit Paraffingatsch [dritter Teil der Zuwiderhandlung] auf Deutschland beschränkt war, sollte ein Anteil von 15 % der Umsätze von ExxonMobil, Sasol, Shell, RWE und Total mit Paraffingatsch angenommen werden.“ 428 Erstens ist hinsichtlich der Rüge betreffend den zu hohen Prozentsatz des Umsatzes, der für den Paraffingatsch betreffenden Teil der Zuwiderhandlung angewandt wurde, festzustellen, dass, wie sich aus Randnr. 288 der angefochtenen Entscheidung ergibt (siehe oben, Randnr. 317), dieser Teil der Zuwiderhandlung insbesondere aus wettbewerbswidrigen Handlungen betreffend die Preisfestsetzung zwischen Konkurrenten bestand. Nach den Leitlinien von 2006 zählt diese Form der Zuwiderhandlung ihrer Art nach zu den schwerwiegendsten Verstößen, und muss daher streng geahndet werden, so dass bei solchen Zuwiderhandlungen grundsätzlich ein Betrag am oberen Ende der in Ziff. 21 der Leitlinien von 2006 vorgesehenen Bandbreite anzusetzen ist. 429 Somit hat die Kommission weder gegen die Leitlinien von 2006 verstoßen noch einen Ermessensfehler begangen, als sie – auf einer Skala von 30 Punkten – 15 % des Paraffingatschumsatzes der betroffenen Unternehmen bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße berücksichtigt hat. 430 Zweitens ist die Rüge der Klägerin zu prüfen, die Kommission habe gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen, indem sie für die Schwere 15 % des Umsatzes bei dem Paraffingatsch betreffenden Teil der Zuwiderhandlung und 18 % bei dem Paraffinwachse betreffenden Teil der Zuwiderhandlung berücksichtigt habe. 431 Nach der Rechtsprechung gebietet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass die Handlungen der Gemeinschaftsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist; dabei ist von mehreren geeigneten Maßnahmen die am wenigsten belastende zu wählen, und die verursachten Nachteile müssen in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen (Urteile des Gerichtshofs vom 13. November 1990, Fedesa u. a., C-331/88, Slg. 1990, I-4023, Randnr. 13, und vom 5. Mai 1998, Vereinigtes Königreich/Kommission, C-180/96, Slg. 1998, I-2265, Randnr. 96; Urteil des Gerichts vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission, T‑30/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 223). 432 Im Rahmen der von der Kommission zur Ahndung der Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln eingeleiteten Verfahren bedeutet die Anwendung dieses Grundsatzes, dass die Geldbußen nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen – d. h. zur Beachtung dieser Regeln – stehen dürfen und die einem Unternehmen wegen einer Zuwiderhandlung im Bereich des Wettbewerbs auferlegte Geldbuße so zu bemessen ist, dass sie bei einer Gesamtwürdigung der Zuwiderhandlung unter besonderer Berücksichtigung ihrer Schwere und Dauer in angemessenem Verhältnis zu ihr steht (vgl. in diesem Sinne Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 431 angeführt, Randnrn. 223 und 224 und die dort angeführte Rechtsprechung). Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt, dass die Kommission die Geldbuße verhältnismäßig nach den Gesichtspunkten festsetzen muss, die sie für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt hat, und dass sie diese Gesichtspunkte dabei schlüssig und objektiv gerechtfertigt bewerten muss (Urteile Jungbunzlauer/Kommission, oben in Randnr. 243 angeführt, Randnrn. 226 bis 228, sowie Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, oben in Randnr. 266 angeführt, Randnr. 171). 433 Zunächst stellt das Gericht fest, dass in Anbetracht der Tatsache, dass der Teil der Zuwiderhandlung, der Paraffingatsch betrifft, insbesondere aus wettbewerbswidrigen Aktivitäten betreffend Preisfestsetzungen zwischen Konkurrenten bestand, der Koeffizient von 15 % der Umsätze, der aufgrund der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt wurde, im Hinblick auf die Schwere dieses Teils der Zuwiderhandlung verhältnismäßig war. 434 Folglich geht das Vorbringen der Klägerin, das die Unterschiede zwischen den Teilen der Zuwiderhandlung betont, ins Leere, da es das Gericht allenfalls dazu veranlassen könnte, den Anteil des Umsatzes bei Paraffinwachsen bei einer Neufestsetzung der Geldbuße auf über 18 % zu erhöhen. 435 Rein vorsorglich ist zu betonen, dass der Abstand zwischen der Schwere der beiden Teile der Zuwiderhandlung in Anbetracht dessen zu relativieren ist, dass erstens der deutsche Markt der wichtigste Markt im EWR ist, und zweitens die Aufteilung der Märkte und Kunden im Allgemeinen darauf abzielt, die Verhaltensweisen betreffend Preisfestsetzungen oder Preiserhöhungen zu unterstützen. Die Aufteilung der Märkte und der Kunden reduziert die Wahl der Kunden zwischen Lieferanten, was dem Lieferanten, dem der Markt oder der Kunde zugeteilt ist, im Allgemeinen ermöglicht, höhere Preise auszuhandeln als unter normalen Marktbedingungen. Außerdem ist die Verhältnismäßigkeit der Höhe der Geldbuße gegenüber dem begrenzten territorialen Umfang des Teils der Zuwiderhandlung, der Paraffingatsch betrifft, auch sichergestellt durch die Tatsache, dass bei der Festsetzung nur der in Deutschland erzielte Umsatz berücksichtigt wurde, während für die Teile der Zuwiderhandlung, die Paraffinwachse betreffen, der Umsatz auf der Grundlage der Verkäufe im gesamten EWR berechnet wurde. 436 Folglich ist die Rüge eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und damit der siebte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. 8. Zum neunten Klagegrund: Rechtswidrigkeit des Zusatzbetrags, der zur Abschreckung im Grundbetrag der Geldbuße enthalten ist 437 Die Klägerin kritisiert, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung beschlossen habe, einen Zusatzbetrag in Höhe von 18 % bei Paraffinwachsen und 15 % bei Paraffingatsch in den Grundbetrag der Geldbuße mit einzubeziehen (Randnrn. 658 bis 661 der angefochtenen Entscheidung), um sie davon abzuhalten, an anderen horizontalen Vereinbarungen der gleichen Art teilzunehmen. Nach Ansicht der Klägerin hat die Kommission gegen den Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie gegen die Leitlinien von 2006 verstoßen. 438 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Ziff. 25 der Leitlinien von 2006, der die Einfügung eines „Eintrittsgebühr“ genannten Zusatzbetrags in den Grundbetrag der Geldbuße vorsieht, Folgendes bestimmt: „[U]nabhängig von der Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an der Zuwiderhandlung fügt die Kommission einen Betrag zwischen 15 % und 25 % des Umsatzes … hinzu, um die Unternehmen von vornherein an der Beteiligung an horizontalen Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, Aufteilung von Märkten oder Mengeneinschränkungen abzuschrecken. … Bei der Entscheidung, welcher Anteil am Umsatz zugrunde zu legen ist, berücksichtigt die Kommission mehrere Umstände, u. a. die in Ziff. 22 genannten [die Art der Zuwiderhandlung, den kumulierten Marktanteil sämtlicher beteiligten Unternehmen, den Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und die etwaige Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis].“ 439 Im vorliegenden Fall hat die Kommission den Prozentsatz des Umsatzes, der zum Zweck der Abschreckung in den Grundbetrag einzufügen ist, in der gleichen Höhe wie für die Schwere der Zuwiderhandlung (siehe Randnr. 653 der angefochtenen Entscheidung, oben in Randnr. 427 angeführt) und auf der Grundlage einer identischen Argumentation festgesetzt: „… (660) In Anbetracht der besonderen Umstände in dieser Sache und angesichts der oben erörterten Kriterien bezüglich der Art der Zuwiderhandlung und bezüglich des räumlichen Umfangs sollte für ENI und H&R/Tudapetrol eine Erhöhung um 17 % vorgenommen werden. (661) Es wurde nachgewiesen, dass die einzige und fortdauernde Zuwiderhandlung bei ExxonMobil, MOL, Repsol, RWE, Sasol, Shell und Total außerdem die Aufteilung von Kunden und/oder Märkten beinhaltete. Die Aufteilung von Märkten und Kunden zählt naturgemäß zu den schädlichsten Beschränkungen des Wettbewerbs, da diese Verhaltensweisen eine Verringerung oder Beseitigung des Wettbewerbs auf bestimmten Märkten bzw. bei bestimmten Kunden zur Folge haben … In Anbetracht dieses erschwerenden Umstandes sollte die Geldbuße für ExxonMobil, MOL, Repsol, RWE, Sasol, Shell und Total um 18 % erhöht werden. Da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Aufteilung der Kunden und/oder Märkte auch Paraffingatsch betroffen hätte und da der räumliche Umfang der Zuwiderhandlung in Verbindung mit Paraffingatsch auf Deutschland beschränkt war, sollte ein Anteil von 15 % der Umsätze von ExxonMobil, Sasol, Shell, RWE und Total mit Paraffingatsch angenommen werden.“ 440 Als Erstes trägt die Klägerin vor, die Kommission habe gegen die Leitlinien von 2006 verstoßen. 441 Insoweit ist zu bemerken, dass nach Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 die Kommission „einen Betrag zwischen 15 % und 25 % des Umsatzes hinzu[fügen muss], um die Unternehmen von vornherein an der Beteiligung an horizontalen Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen [und/oder] Aufteilung von Märkten … abzuschrecken“. 442 Die Kommission hat aber in Randnr. 661 der angefochtenen Entscheidung auf eine Vereinbarung über die Festsetzung der Preise und die Aufteilung der Märkte hingewiesen (wobei die abgestimmte Verhaltensweise nach den Leitlinien von 2006 in dem Begriff Vereinbarung enthalten ist). Somit ist die Einfügung eines Zusatzbetrags in den Grundbetrag in Anwendung von Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 gerechtfertigt. 443 Außerdem hat die Kommission einen Prozentsatz von 18 % des Umsatzes für den Teil der Zuwiderhandlung, der Paraffinwachse betrifft, und einen Satz von 15 % für den Paraffingatsch betreffenden Teil der Zuwiderhandlung angewandt. Die beiden angewandten Prozentsätze befinden sich innerhalb der Spanne, die die Leitlinien von 2006 vorsehen, nämlich 15 bis 25 %. 444 Im Übrigen ist nach Ziff. 22 der Leitlinien von 2006, auf die Ziff. 25 dieser Leitlinien verweist, die Höhe des Zusatzbetrags unter Berücksichtigung der Art der Zuwiderhandlung, des kumulierten Marktanteils sämtlicher beteiligten Unternehmen, des Umfangs des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und der etwaigen Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis zu bestimmen. Die Kommission hat aber zur Rechtfertigung des auf Paraffinwachse angewandten Prozentsatzes auf zwei dieser Punkte Bezug genommen, nämlich auf die Art der Zuwiderhandlung und auf den Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes. Was den Teil Paraffingatsch der Zuwiderhandlung betrifft, war keine zusätzliche Rechtfertigung notwendig, da die Kommission den vorgesehenen Mindestsatz, nämlich 15 % angewandt hat. 445 Folglich hat die Kommission nicht gegen die Leitlinien von 2006 verstoßen, so dass das Vorbringen der Klägerin in dieser Hinsicht zurückzuweisen ist. 446 Als Zweites macht die Klägerin geltend, die Kommission habe die Einfügung eines Zusatzbetrags in den Grundbetrag der Geldbuße zum Zweck der Abschreckung nicht ausreichend begründet. 447 Die Begründung einer Einzelfallentscheidung muss die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, weil die Frage, ob sie den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand des Wortlauts des fraglichen Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand des Zusammenhangs, in dem dieser Rechtsakt erlassen wurde (siehe oben, Randnr. 239). 448 Wie sich aus der oben in den Randnrn. 441 bis 444 vorgenommenen Würdigung ergibt, hat die Kommission in den Randnrn. 660 und 661 der angefochtenen Entscheidung die Gründe, die sie veranlasst haben, im vorliegenden Fall zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung einen Zusatzbetrag in den Grundbetrag der Geldbuße einzufügen, ausreichend detailliert dargelegt, so dass die Klägerin ihr die Gründe für ihre Entscheidung entnehmen kann und das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. 449 Somit ist das Vorbringen der Klägerin, mit dem sie eine nicht ausreichende Begründung rügt, zurückzuweisen. 450 Als Drittes macht die Klägerin geltend, die Kommission habe gegen den Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen. 451 Im Rahmen der Bemessung der nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verhängten Geldbußen ergibt sich eine differenzierte Behandlung der betroffenen Unternehmen unmittelbar aus der Ausübung der der Kommission nach dieser Vorschrift zustehenden Befugnisse. Im Rahmen ihres Wertungsspielraums hat die Kommission nämlich die Sanktion entsprechend den für die betroffenen Unternehmen kennzeichnenden Verhaltensweisen und Eigenschaften individuell festzulegen, um in jedem Einzelfall die volle Wirksamkeit der Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft sicherzustellen (vgl. Urteil vom 7. Juni 2007, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, C-76/06 P, Slg. 2007, I-4405, Randnr. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung). 452 Erstens macht die Klägerin geltend, das automatische Einfügen des in Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 vorgesehenen Zusatzbetrags in den Grundbetrag der Geldbuße verstoße als solches gegen den Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen. 453 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Dem Wortlaut und der Systematik der Leitlinien von 2006 ist klar zu entnehmen, dass die Kommission bei der Festsetzung der Geldbuße sowohl Faktoren anwendet, deren Satz für alle Teilnehmer derselbe ist, um die Tatsache widerzuspiegeln, dass die Unternehmen an denselben wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen teilgenommen haben, und dabei den Gleichbehandlungsgrundsatz beachtet, als auch Faktoren, deren Satz oder Koeffizient im Hinblick auf die besondere Situation jedes Teilnehmers angepasst wird, um den Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen zu beachten. 454 Somit genügt für die Beachtung des Grundsatzes der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen, dass der Endbetrag der Geldbuße die Unterschiede in der Situation der verschiedenen Teilnehmer widerspiegelt, ohne dass die Kommission bei jeder Stufe der Festsetzung der Geldbuße eine differenzierte Behandlung der Teilnehmer vornehmen muss. 455 Aus dem Wortlaut und der Systematik der Leitlinien von 2006 ergibt sich, dass die Bestimmung in Ziff. 25 dieser Leitlinien, betreffend die Einfügung eines Zusatzbetrags in den Grundbetrag der Geldbuße zum Zweck der Abschreckung, die Teilnahme an schwerwiegendsten wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen widerspiegelt. Der Zusatzbetrag der aus diesem Grund eingefügt wird, weist auf die Merkmale der Verhaltensweisen der Teilnehmer insgesamt hin und nicht auf die individuelle Situation eines jeden von ihnen. 456 Folglich kann die Rechtmäßigkeit dieser Bestimmung und ihrer Anwendung im vorliegenden Fall nicht gestützt auf den Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen in Frage gestellt werden, so dass das Vorbringen der Klägerin in dieser Hinsicht zurückzuweisen ist. 457 Zweitens ergibt sich nach Ansicht der Klägerin aus der Rechtsprechung, dass die Kommission die Sanktion entsprechend den unternehmensspezifischen Merkmalen der beteiligten Unternehmen individualisieren müsse. Im vorliegenden Fall habe die Kommission aber eine ganze Reihe von Beweisen, die für sie Anlass hätte sein müssen, von einem Zusatzbetrag zur Abschreckung abzusehen, weder gewürdigt noch berücksichtigt. 458 Die Klägerin habe sich nämlich seit dem 31. Juli 2005 aus dem Verkauf von Paraffinwachsen zurückgezogen und stelle hauptsächlich nur noch Paraffingatsch als Nebenprodukt von Mineralöl her. Da die Klägerin auf dem betroffenen Markt nicht mehr aktiv sei, gebe es keinen Grund, einen Zusatzbetrag zur Abschreckung in den Grundbetrag der Geldbuße einzufügen. 459 Darüber hinaus habe sie gegenüber der Kommission, insbesondere in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, bereits die große Bedeutung nachgewiesen, die sie der Beachtung der Wettbewerbsregeln beimesse, die Teil des Wertesystems der Total-Gruppe und seit mehreren Jahren klar in ihrem Verhaltenskodex festgehalten sei. 460 In dieser Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass die abschreckende Wirkung der Geldbuße nicht nur darauf abzielt, einen Rückfall des betroffenen Unternehmens abzuwenden (Spezialprävention). Die Kommission darf daher das Niveau von Geldbußen anheben, um ihre abschreckende Wirkung allgemein zu verstärken, insbesondere wenn Zuwiderhandlungen eines bestimmten Typs immer noch verhältnismäßig häufig sind oder als schwerwiegend anzusehen sind (Generalprävention) (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 12. Juli 2001, Tate & Lyle u. a./Kommission, T-202/98, T-204/98 und T-207/98, Slg. 2001, II-2035, Randnr. 134, und vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T-15/02, Slg. 2006, II-497, Randnr. 231). 461 Folglich kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie auf dem Paraffinwachsmarkt nicht mehr präsent sei und dass ihr Verhaltenskodex die Einhaltung der Wettbewerbsregeln vorsehe. Diese Punkte, vorausgesetzt sie treffen zu, zielen nur darauf ab, die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls der Klägerin zu verringern, und sind unter dem Gesichtspunkt der Generalprävention, die von der Kommission bei der Festlegung der Höhe der Geldbuße auch zur Abschreckung berücksichtigt werden kann, unerheblich. 462 Schließlich trägt die Klägerin vor, die Kommission habe gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen, da die abschreckende Wirkung der Geldbuße bereits durch andere von der Kommission berücksichtigte Elemente sichergestellt sei, so dass die Anwendung der „Eintrittsgebühr“ unter dem Aspekt des von der Kommission verfolgten Ziels nicht mehr notwendig gewesen sei. Erstens seien die von der Kommission zugrunde gelegten Umsätze mit der relativ langen Dauer der behaupteten Zuwiderhandlung multipliziert worden. Zweitens habe die Kommission Ziff. 30 der Leitlinien von 2006 angewandt, indem sie den Grundbetrag der Geldbuße mit 1,7 multipliziert habe, „um eine abschreckende Wirkung zu erzielen“ (Randnr. 713 der angefochtenen Entscheidung). 463 Insoweit ist festzustellen, dass nach der Rechtsprechung im Hinblick darauf, dass die Abschreckung einen Zweck der Geldbuße darstellt, das Erfordernis ihrer Gewährleistung ein allgemeines Erfordernis ist, von dem sich die Kommission bei der gesamten Bußgeldberechnung leiten lassen muss, so dass diese Berechnung nicht zwingend einen speziellen Abschnitt umfassen muss, der zur Gesamtbeurteilung aller für die Verwirklichung dieses Zwecks relevanten Umstände dient. Somit sind die Abschreckungserfordernisse nicht Gegenstand einer punktuellen Beurteilung, die auf der Grundlage aller relevanten Umstände während eines bestimmten Abschnitts der Bußgeldberechnung vorzunehmen ist, sondern müssen dem gesamten Prozess der Bemessung der Geldbuße zugrunde liegen (Urteile BASF/Kommission, oben in Randnr. 460 angeführt, Randnrn. 226 und 238, und Le Carbone Lorraine/Kommission, oben in Randnr. 254 angeführt, Randnr. 131). 464 Somit kann die Klägerin der Kommission nicht mit Erfolg vorwerfen, sie habe das Erfordernis, die abschreckende Wirkung der Geldbuße sicherzustellen, in mehreren Abschnitten der Festsetzung der Höhe der Geldbuße berücksichtigt. 465 Nach alledem ist der neunte Klagegrund der Klägerin zurückzuweisen. 9. Zum zehnten Klagegrund: Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Hinblick auf den Endbetrag der Geldbuße 466 Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes kritisiert die Klägerin, dass die Kommission den Endbetrag der Geldbuße auf 128163000 Euro festgesetzt habe, während sich ihr jährlicher Umsatz auf dem betroffenen Markt nur auf 31133865 Euro belaufen habe (Randnr. 639 der angefochtenen Entscheidung). Folglich sei die Höhe der Geldbuße unverhältnismäßig gegenüber dem Jahresumsatz und auch gegenüber den Umsätzen, die Total France im gesamten Zuwiderhandlungszeitraum auf den betroffenen Märkten erzielt habe. 467 Erstens ist die Klägerin der Ansicht, die Höhe der Geldbuße sei unverhältnismäßig, da sie 410 % ihres Umsatzes auf den betroffenen Märkten betrage. 468 Gemäß der oben in den Randnrn. 431 und 432 angeführten Rechtsprechung muss die Höhe der Geldbuße in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung stehen, an der die Klägerin teilgenommen hat. 469 Außerdem würde nach der Rechtsprechung die Abschreckungswirkung der Geldbußen verringert, wenn Unternehmen, die eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht begangen haben, damit rechnen könnten, dass ihr Verhalten mit einer Geldbuße belegt wird, die unter dem aufgrund dieses Verhaltens zu erwartenden Gewinn liegt (Urteile des Gerichts vom 20. März 2002, HFB u. a./Kommission, T-9/99, Slg. 2002, II-1487, Randnr. 456, und BASF/Kommission, oben in Randnr. 460 angeführt, Randnr. 227). 470 Würde man der These der Klägerin folgen und müsste die Verhältnismäßigkeit des Endbetrags der Geldbuße im Hinblick auf den Umsatz für die betroffenen Waren eines einzigen Jahres geprüft werden, würde dies bedeuten, dass die Höhe der Geldbuße, die verhängt werden könnte, begrenzt durch die Anwendung dieses Grundsatzes, trotz der Zunahme der Jahre der Teilnahme an dem Kartell unverändert bleiben würde, während der unberechtigterweise aus der Zuwiderhandlung gezogene Gewinn linear mit der Zunahme der Anzahl der Jahre ansteigen würde. Je länger die Teilnahme an dem Kartell dauern würde, umso unbedeutender würde somit die Geldbuße, mit der die Teilnehmer rechnen könnten, im Verhältnis zu dem daraus gezogenen unberechtigten Gewinn. Somit würde die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, wie sie von der Klägerin befürwortet wird, den nach der Verordnung Nr. 1/2003 verhängten Sanktionen im Fall von Zuwiderhandlungen von langer Dauer, wie im vorliegenden Fall, jede praktische Wirksamkeit nehmen. 471 Im Übrigen würde der von der Klägerin befürwortete Ansatz die Kommission und das Gericht daran hindern, sicherzustellen, dass die Geldbuße gemäß Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 nicht nur an die Schwere, sondern auch an die Dauer der begangenen Zuwiderhandlung angepasst ist. 472 Folglich kann der Jahresumsatz an sich nicht als Grundlage für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Höhe der Geldbuße berücksichtigt werden, vor allem im Fall einer lang andauernden Zuwiderhandlung wie im vorliegenden Fall, an der die Klägerin mehr als zwölfeinhalb Jahre beteiligt war. 473 Somit ist das Vorbringen der Klägerin, wonach die Höhe der gegen sie verhängten Geldbuße 410 % ihres Jahresumsatzes auf den betreffenden Märkten darstellt, zurückzuweisen. 474 Zweitens macht die Klägerin geltend, die Höhe der verhängten Geldbuße betrage 32,63 % ihres auf den betreffenden Produktmärkten im gesamten Zuwiderhandlungszeitraum erzielten Umsatzes, was offensichtlich unverhältnismäßig sei und eine in der Entscheidungspraxis der Kommission noch nie vorgekommene Höhe darstelle. 475 Insoweit ist festzustellen, dass der hohe Prozentsatz der Geldbuße im Verhältnis zum von Total France auf den fraglichen Märkten im gesamten Zuwiderhandlungszeitraum erzielten Umsatz insbesondere darauf zurückzuführen ist, dass die Kommission in Anwendung von Ziff. 30 der Leitlinien von 2006 den Umsatz der gesamten Total-Gruppe zugrunde gelegt hat. Die Kommission hat insoweit einen Multiplikationsfaktor von 1,7 angewandt (siehe oben, Randnrn. 15 ff.). Nach Ansicht der Klägerin ist jedoch der Gesamtumsatz der Total-Gruppe nicht maßgeblich. 476 Die Klägerin beruft sich auf Randnr. 94 des Urteils des Gerichts vom 14. Juli 1994, Parker Pen/Kommission (T-77/92, Slg. 1992, II-549). 477 Nach der Rechtsprechung darf bei der Festsetzung der Geldbuße sowohl der Gesamtumsatz des Unternehmens, der – wenn auch nur annähernd und unvollständig – etwas über dessen Größe und Wirtschaftskraft aussagt, als auch der Teil dieses Umsatzes berücksichtigt werden, der mit den Waren erzielt worden ist, hinsichtlich deren die Zuwiderhandlung begangen wurde, und der somit einen Anhaltspunkt für das Ausmaß dieser Zuwiderhandlung liefern kann. Weder dem einen noch dem anderen dieser Umsätze darf eine im Verhältnis zu den anderen Beurteilungskriterien übermäßige Bedeutung zugemessen werden, weshalb die Festsetzung einer angemessenen Geldbuße nicht das Ergebnis eines bloßen, auf den Gesamtumsatz gestützten Rechenvorgangs sein kann. Das gilt insbesondere dann, wenn die betroffenen Waren nur einen geringen Teil dieses Umsatzes ausmachen (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C-189/02 P, C-202/02 P, C-205/02 P bis C-208/02 P und C-213/02 P, Slg. 2005, I-5425, Randnr. 243; Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, oben in Randnr. 242 angeführt, Randnr. 100, und Parker Pen/Kommission, oben in Randnr. 476 angeführt, Randnr. 94). 478 Dagegen enthält das Unionsrecht keinen allgemein anwendbaren Grundsatz, wonach die Sanktion in angemessenem Verhältnis zur Bedeutung des Unternehmens auf dem Markt der Erzeugnisse stehen muss, die Gegenstand der Zuwiderhandlung sind (Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, oben in Randnr. 242 angeführt, Randnr. 101). 479 Es ist festzustellen, dass die Kommission diese Anforderungen der Rechtsprechung beachtet hat. Zum einen hat sie sich als Ausgangspunkt auf die Umsätze von Total France auf den von der Zuwiderhandlung betroffenen Märkten gestützt. Zum anderen hat sie unter Betonung dessen, dass der Grundbetrag der Geldbuße nur einen unbedeutenden Teil (0,03 %) des Umsatzes des betroffenen Unternehmens – der Total-Gruppe – darstellt, einen Multiplikationsfaktor von 1,7 festgelegt, um die Größe des für die Zuwiderhandlung verantwortlichen Unternehmens zu berücksichtigen. 480 Dadurch hat die Kommission weder der einen noch der anderen dieser Ziffern eine im Verhältnis zu den anderen Beurteilungskriterien unverhältnismäßige Bedeutung beigemessen. 481 Im Übrigen kann die Klägerin sich nicht mit Erfolg auf die Tatsache berufen, dass in der Entscheidungspraxis der Kommission der Endbetrag der Geldbuße noch nie zu einem so hohen Prozentsatz des Umsatzes der betroffenen Waren festgesetzt worden sei. 482 Insoweit genügt der Hinweis, dass die Entscheidungspraxis der Kommission nicht den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bilden kann, den ausschließlich die Verordnung Nr. 1/2003 darstellt, und dass Entscheidungen in anderen Fällen nur Hinweischarakter in Bezug auf das eventuelle Vorliegen einer Diskriminierung haben, da es wenig wahrscheinlich ist, dass die für sie kennzeichnenden Umstände wie die Märkte, die Waren, die Unternehmen und die betroffenen Zeiträume die gleichen sind (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, SGL Carbon/Kommission, T-68/04, Slg. 2008, II-2511, Randnr. 114 und die dort angeführte Rechtsprechung). 483 Nach alledem ist der zehnte Klagegrund der Klägerin zurückzuweisen. 10. Zum elften Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 EG durch die Zurechnung des Verhaltens von Total France an Total SA 484 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe rechtswidrig die Verantwortung für die von ihr begangene Zuwiderhandlung Total SA zugewiesen. Im Rahmen des ersten Teils macht sie geltend, die Kommission habe gegen Art. 81 EG verstoßen, indem sie eine Vermutung angewandt habe, die allein auf die Kapitalbeteiligung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft gestützt gewesen sei. Im Rahmen des zweiten Teils tritt sie der Feststellung der Kommission entgegen, sie habe nicht nachgewiesen, dass ihr Marktverhalten unabhängig sei. 485 Deshalb beantragt die Klägerin, die angefochtene Entscheidung insoweit aufzuheben, als die Verantwortung für die Zuwiderhandlung Total SA zugewiesen wird und die Kommission zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung wegen der Größe des Unternehmens einen Multiplikationsfaktor von 1,7 bei der Festsetzung der Geldbuße angewandt hat. Zum ersten Teil, mit dem ein Rechtsfehler gerügt wird, soweit allein aufgrund der Kapitalbeteiligung angenommen wird, dass die Zuwiderhandlung der Muttergesellschaft zuzurechnen ist 486 Die Klägerin ist der Ansicht, die Kommission habe einen Rechtsfehler begangen, indem sie davon ausgegangen sei, dass die bloße Feststellung einer engen Kapitalbeteiligung genüge, um zu vermuten, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Geschäftsverhalten der Tochtergesellschaft ausübe. Eine solche Vermutung widerspreche dem Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen, dem Grundsatz der Unschuldsvermutung und dem Grundsatz, dass es der Kommission obliegt, das Verschulden eines Unternehmens nachzuweisen. Außerdem sei die Kommission im vorliegenden Fall von einer unwiderleglichen Vermutung für das Verschulden ausgegangen. 487 Hinsichtlich der gesamtschuldnerischen Haftung einer Muttergesellschaft für das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass die Tochtergesellschaft eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, nicht auszuschließen vermag, dass ihr Verhalten der Muttergesellschaft zugerechnet werden kann (Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juli 1972, Imperial Chemical Industries/Kommission, 48/69, Slg. 1972, 619, Randnr. 132). 488 Das Wettbewerbsrecht der Union betrifft nämlich die Tätigkeit von Unternehmen, und der Begriff des Unternehmens umfasst jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, C-97/08 P, Slg. 2009, I-8237, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). 489 Die Unionsrichter haben ferner klargestellt, dass in diesem Zusammenhang unter dem Begriff des Unternehmens eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen ist, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 12. Juli 1984, Hydrotherm Gerätebau, 170/83, Slg. 1984, 2999, Randnr. 11, und Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 488 angeführt, Randnr. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil des Gerichts vom 29. Juni 2000, DSG/Kommission, T-234/95, Slg. 2000, II-2603, Randnr. 124). So haben sie betont, dass es bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln nicht auf die sich aus der Verschiedenheit der Rechtspersönlichkeit ergebende formale Trennung zwischen zwei Gesellschaften ankommt, sondern vielmehr darauf, ob sich die beiden Gesellschaften auf dem Markt einheitlich verhalten. Es kann also notwendig sein, zu ermitteln, ob zwei Gesellschaften mit je eigener Rechtspersönlichkeit ein und dasselbe Unternehmen oder ein und dieselbe wirtschaftliche Einheit mit einheitlichem Marktverhalten bilden oder hierzu gehören (Urteil Imperial Chemical Industries/Kommission, oben in Randnr. 487 angeführt, Randnr. 140; und Urteil des Gerichts vom 15. September 2005, DaimlerChrysler/Kommission, T-325/01, Slg. 2005, II-3319, Randnr. 85). 490 Verstößt eine solche wirtschaftliche Einheit gegen die Wettbewerbsregeln, hat sie nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für diese Zuwiderhandlung einzustehen (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 488 angeführt, Randnr. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung). 491 Die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Union muss eindeutig einer juristischen Person zugerechnet werden, gegen die Geldbußen festgesetzt werden können, und die Mitteilung der Beschwerdepunkte muss an diese gerichtet werden. In der Mitteilung der Beschwerdepunkte muss auch angegeben werden, in welcher Eigenschaft einer juristischen Person die behaupteten Tatsachen zur Last gelegt werden (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 488 angeführt, Randnr. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). 492 So kann einer Muttergesellschaft das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft insbesondere dann zugerechnet werden, wenn die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen, die die beiden Rechtssubjekte verbinden (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Metsä-Serla u. a./Kommission, C-294/98 P, Slg. 2000, I-10065, Randnr. 27; Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 477 angeführt, Randnr. 117, und Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 488 angeführt, Randnr. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). 493 In einem solchen Fall sind nämlich die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft Teile ein und derselben wirtschaftlichen Einheit und bilden damit ein einziges Unternehmen im Sinne der oben in Randnr. 488 angeführten Rechtsprechung. Die Tatsache, dass eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, ermöglicht somit der Kommission, eine Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft zu richten, ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachgewiesen werden müsste (Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 488 angeführt, Randnr. 59). 494 Im vorliegenden Fall hat die Kommission in den Randnrn. 332 und 333 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, die bloße Tatsache, dass die Muttergesellschaft das gesamte oder nahezu gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft halte, erlaube anzunehmen, dass ein bestimmender Einfluss auf die Geschäftspolitik dieser Tochtergesellschaft tatsächlich ausgeübt werde, und folglich, das wettbewerbswidrige Verhalten der Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft zuzurechnen. Nach der angefochtenen Entscheidung erfordert diese Vermutung zwar nicht, dass die Kommission sie durch ergänzende Indizien unterstützt, eine solche Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wenn die beteiligten Unternehmen nachweisen, dass die Tochtergesellschaft ihre Geschäftspolitik selbst bestimmt. 495 Die Klägerin macht geltend, die Unionsrechtsprechung erlaube nicht, einer Muttergesellschaft die Verantwortung für die Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft allein auf der Grundlage ihrer Kapitalbeteiligung an der Tochtergesellschaft zuzuschreiben, selbst wenn die Tochtergesellschaft, wie im vorliegenden Fall, zu 100 % kontrolliert werde. Nach der Rechtsprechung sei erforderlich, dass die Annahme der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses immer durch konkrete Hinweise, die einen solchen Einfluss belegten, gestärkt werde. 496 In dem besonderen Fall, dass eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstoßen hat, kann zum einen diese Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben und besteht zum anderen eine widerlegliche Vermutung, dass die Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt. Unter diesen Umständen genügt der Nachweis durch die Kommission, dass die Muttergesellschaft das gesamte Kapital der Tochtergesellschaft hält, um zu vermuten, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik dieses Tochterunternehmens ausübt. Die Kommission kann in der Folge die Muttergesellschaft für die Zahlung der gegen ihre Tochtergesellschaft verhängten Geldbuße gesamtschuldnerisch heranziehen, sofern die Muttergesellschaft, der es obliegt, diese Vermutung zu widerlegen, keine ausreichenden Beweise dafür erbringt, dass ihre Tochtergesellschaft auf dem Markt eigenständig auftritt (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 488 angeführt, Randnrn. 60 und 61 und die dort angeführte Rechtsprechung. 497 Zwar hat der Gerichtshof in seiner vor dem Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission (oben in Randnr. 488 angeführt) ergangenen Rechtsprechung neben der 100%igen Kapitalbeteiligung an dem Tochterunternehmen weitere Umstände angeführt, die die Ausübung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf das Geschäftsverhalten belegen, doch ist die Geltung der oben in Randnr. 496 genannten Vermutung nicht von der Beibringung zusätzlicher Indizien für die tatsächliche Einflussnahme durch die Muttergesellschaft abhängig (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 488 angeführt, Randnr. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, T-69/04, Slg. 2008, II-2567, Randnr. 57). 498 Folglich hat die Kommission keinen Rechtsfehler dadurch begangen, dass sie der Ansicht war, allein der Umstand, dass die Muttergesellschaft das gesamte oder nahezu gesamte Kapital der Tochtergesellschaft hält, erlaube es, zu vermuten, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik der Tochtergesellschaft ausgeübt habe, und folglich das wettbewerbswidrige Verhalten Letzterer der Muttergesellschaft zuzurechnen. 499 Die übrigen Argumente der Klägerin können diese Schlussfolgerung nicht in Frage stellen. 500 Erstens trägt die Klägerin vor, der Standpunkt der Kommission sei nicht akzeptabel, denn er schaffe eine Verschuldensvermutung für jede Einrichtung, die größere Kapitalbeteiligungen an einer anderen Einrichtung habe, und dies unter Missachtung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung und des Grundsatzes, dass es der Kommission obliege, das Verschulden eines Unternehmens zu beweisen. Wenn außerdem die Tatsache, dass die Muttergesellschaft tatsächlich die Verwaltungsratsmitglieder der Tochtergesellschaft ernannt habe, genüge, um die Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaft festzustellen, handele es sich um eine unwiderlegliche Vermutung der Zurechenbarkeit. 501 Insoweit ist zu betonen, dass die Anwendung der Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf das Geschäftsverhalten der Tochtergesellschaft durch eine Muttergesellschaft, die deren gesamtes oder nahezu gesamtes Kapital hält, dadurch gerechtfertigt ist, dass die Muttergesellschaft als Alleinaktionärin der Tochtergesellschaft über alle möglichen Instrumente verfügt, um die Angleichung des Geschäftsverhaltens der Tochtergesellschaft an ihres sicherzustellen. Insbesondere ist der Alleinaktionär derjenige, der im Grundsatz den Umfang der Autonomie der Tochtergesellschaft durch die Errichtung ihrer Satzung bestimmt, der die Führungskräfte auswählt und der strategische Geschäftsentscheidungen der Tochtergesellschaft trifft oder billigt, gegebenenfalls durch die Präsenz seiner Vertreter in deren Entscheidungsgremien/Organen. Auch wird die wirtschaftliche Einheit zwischen der Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft gewöhnlich durch Pflichten, die sich aus dem Gesellschaftsrecht der Mitgliedstaaten ergeben, aufrechterhalten, wie die Führung konsolidierter Konten, die Pflicht der Tochtergesellschaft, der Muttergesellschaft regelmäßig über ihre Aktivitäten zu berichten, sowie die Genehmigung der Jahresabschlüsse der Tochtergesellschaft durch die Generalversammlung, die allein aus der Muttergesellschaft besteht, was notwendigerweise voraussetzt, dass die Muttergesellschaft die Geschäftstätigkeiten der Tochtergesellschaft zumindest in groben Zügen verfolgt. 502 Sodann ist hervorzuheben, dass im Fall einer Tochtergesellschaft, die zu 100 % oder nahezu 100 % von einer einzigen Muttergesellschaft gehalten wird, im Prinzip nur einziges wirtschaftliches Interesse besteht und die Mitglieder der Organe der Tochtergesellschaft vom alleinigen Aktionär bestimmt und ernannt werden, der ihnen zumindest informell Anweisungen erteilen und ihnen Leistungskriterien auferlegen kann. Somit besteht in einem solchen Fall zwangsläufig ein Vertrauensverhältnis zwischen den Führungskräften der Tochtergesellschaft und denen der Muttergesellschaft, und diese Führungskräfte vertreten und fördern bei ihrem Handeln zwangsläufig das einzige bestehende wirtschaftliche Interesse, nämlich das der Muttergesellschaft. Somit ist ein einheitliches Verhalten der Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft auf dem Markt gesichert, trotz jeglicher Autonomie, die den Führungskräften der Tochtergesellschaft hinsichtlich der operationellen Leitung Letzterer eingeräumt wird, die genau genommen unter die Definition von deren Wirtschaftspolitik fällt. Außerdem bestimmt im Allgemeinen der Alleinaktionär allein und nach seinen eigenen Interessen die Modalitäten der Entscheidungsfindung der Tochtergesellschaft und entscheidet über deren operationelle Autonomie, was er nach eigenem Belieben ändern kann, indem er die Regeln über die Arbeitsweise der Tochtergesellschaft ändert, oder im Rahmen einer Umstrukturierung oder sogar durch die Schaffung informeller Strukturen zur Entscheidungsfindung. 503 Somit ist die Anwendung der Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch die Muttergesellschaft auf das Geschäftsverhalten ihrer Tochtergesellschaft gerechtfertigt, da sie Situationen umfasst, die charakteristisch sind für die Beziehungen einer Tochtergesellschaft und ihrer alleinigen Muttergesellschaft, indem das Halten des gesamten oder nahezu gesamten Kapitals der Tochtergesellschaft durch eine einzige Muttergesellschaft hiernach im Prinzip bedeutet, dass ihr Marktverhalten einheitlich ist. 504 Dennoch haben die betroffenen Gesellschaften im Anschluss an die Mitteilung der Beschwerdepunkte in vollem Umfang die Gelegenheit, nachzuweisen, dass die oben in den Randnrn. 501 und 502 beschriebenen Mechanismen, die gewöhnlich zur Angleichung des Geschäftsverhaltens der Tochtergesellschaft an das ihrer Muttergesellschaft führen, nicht normal funktioniert haben, so dass die wirtschaftliche Einheit der Gruppe zerbrochen ist. 505 Somit ist die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf das Geschäftsverhalten der Tochtergesellschaft durch ihre Muttergesellschaft, die das gesamte oder nahezu gesamte Kapital hält, nicht unwiderlegbar und bleibt innerhalb akzeptabler Grenzen, da sie in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten rechtmäßigen Ziel steht, die Erbringung des Gegenbeweises und die Gewährleistung der Verteidigungsrechte zu ermöglichen. 506 Zweitens macht die Klägerin geltend, die Anwendung der in Rede stehenden Vermutung widerspreche dem Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen. 507 Ein Unternehmen darf nach diesem Grundsatz, der für jedes Verwaltungsverfahren gilt, das zur Verhängung von Sanktionen nach den Wettbewerbsregeln der Union führen kann, nur für die Handlungen bestraft werden, die ihm individuell zur Last gelegt worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2001, Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, T-45/98 und T-47/98, Slg. 2001, II-3757, Randnr. 63). 508 Dieser Grundsatz muss jedoch mit dem Begriff des Unternehmens und mit der Rechtsprechung in Einklang gebracht werden, nach der die Tatsache, dass die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG darstellen, die Kommission berechtigt, die Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft einer Unternehmensgruppe zu richten. Somit ist festzustellen, dass gegen Total SA selbst wegen einer Zuwiderhandlung vorgegangen wurde, die ihr aufgrund ihrer engen wirtschaftlichen und rechtlichen Bindungen zu Total France – die darauf beruhen, dass sie deren gesamtes Kapital hält ‐ persönlich zur Last gelegt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Metsä-Serla u. a./Kommission, oben in Randnr. 492 angeführt, Randnr. 34). 509 Nach allem ist der erste Teil des vorliegenden Klagegrundes zurückzuweisen. Zum zweiten Teil betreffend die Würdigung der Hinweise, die die Klägerin zur Widerlegung der Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch die Muttergesellschaft auf das Geschäftsverhalten der Tochtergesellschaft auf dem Markt beigebracht hat 510 Die Klägerin macht geltend, die Informationen, die sie in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte dargelegt habe und die auf ihre Autonomie gegenüber Total SA hinwiesen, genügten auf jeden Fall, um die Vermutung zu widerlegen. 511 Insoweit ist es nach der Rechtsprechung Sache der Klägerin, alle Angaben in Bezug auf die organisatorischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Verbindungen zwischen ihr und Total SA vorzulegen, die ihrer Ansicht nach dem Nachweis dienen könnten, dass diese beiden Gesellschaften keine wirtschaftliche Einheit darstellen. Das Gericht muss bei seiner Würdigung nämlich alle Angaben berücksichtigen, die ihm vorgelegt wurden, wobei deren Charakter und Bedeutung je nach den Merkmalen des jeweiligen Falles variieren können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission, T-112/05, Slg. 2007, II-5049, Randnr. 65, bestätigt durch das Urteil des Gerichtshofs vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 488 angeführt). 512 Die Vermutung, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der Tochtergesellschaft auf dem Markt ausübt, beruht auf der Feststellung, dass – von wirklich außergewöhnlichen Umständen abgesehen – zum einen eine Gesellschaft, die das gesamte oder nahezu gesamte Kapital einer Tochtergesellschaft hält, allein aufgrund dieser Beteiligung einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben kann, und dass es zum anderen normalerweise am zweckmäßigsten ist, in der Sphäre der Einheiten, denen gegenüber diese Vermutung eingreift, zu ermitteln, ob diese Befugnis zur Einflussnahme tatsächlich nicht ausgeübt wurde. 513 Im vorliegenden Fall hat die Kommission in Randnr. 578 der angefochtenen Entscheidung Folgendes ausgeführt: „Die Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf die Unternehmenspolitik einer Tochtergesellschaft setzt nicht voraus, dass die Leitung des Tagesgeschäfts der Tochtergesellschaft übernommen worden wäre. Die Leitung der Tochtergesellschaft kann durchaus von dieser selbst übernommen werden; dies schließt jedoch nicht die Möglichkeit aus, dass die Muttergesellschaft Zielsetzungen und unternehmenspolitische Verhaltensweisen vorgibt, welche sich auf den Erfolg der Gruppe insgesamt sowie die Kohärenz innerhalb der Gruppe auswirken, und dass korrigierend auf jegliches Verhalten eingewirkt wird, das von diesen Zielsetzungen und unternehmenspolitischen Verhaltensweisen abweicht … Die Total S.A. räumt allerdings ein, dass sie die institutionelle Koordination übernommen und strategische Ausrichtungen kontrolliert habe sowie dass sie die Kompetenz zur Genehmigung oder Ablehnung der wichtigsten Investitionen oder Änderungen in den Tätigkeiten der Gruppe besessen habe. Dies zeigt, dass die Total S.A. als Muttergesellschaft und als Anteilseigner ein Interesse an ihren Tochtergesellschaften hat und eine entsprechende Rolle gespielt hat, um ihre finanzielle Beteiligung und ihre strategischen unternehmerischen Interessen zu wahren. Die Total S.A. nennt außerdem einige weitere Bereiche (z. B. den Personalbereich, die Führung konsolidierter Konten und Entscheidungen über die Steuerpolitik der Gruppe sowie einige weitere Aufgaben im horizontalen Bereich wie etwa industrielle Sicherheit, Umwelt, Ethik, Vermögensverwaltung oder Finanzierung), die für die gesamte Gruppe in den Händen der Total S.A. gelegen hätten.“ 514 Die Klägerin ist der Ansicht, die Kommission habe zu Unrecht ihre Angaben zurückgewiesen, die sie vorgetragen habe, um zu beweisen, dass Total SA keinen bestimmenden Einfluss auf ihr Geschäftsverhalten ausgeübt habe. 515 Sie betont, dass ihre Strategien durch ihre eigenen Angestellten und mit ihren eigenen finanziellen und rechtlichen Mitteln, ihrer eigenen Informatik, usw. umgesetzt worden seien. Außerdem habe Total France bei der Führung des Geschäftsbereichs Paraffinwachse für im Verlauf des betroffenen Zeitraums durchgeführte Investitionen niemals die Genehmigung von Total SA benötigt. Dies sei Folge der Tatsache, dass der Umsatz der Paraffinwachse betreffenden Tätigkeiten kaum mehr als ein Tausendstel des Umsatzes von Total France dargestellt habe. 516 Nach Ansicht der Klägerin ergibt sich aus alledem, dass sie während des gesamten Zeitraums der behaupteten Zuwiderhandlung über alle Mittel verfügt habe, um eine selbständige Politik hinsichtlich des Vertriebs der Waren in ihrem Aufgabenbereich, insbesondere Paraffinwachse und Paraffingatsch, zu führen. Der Bericht über diese Tätigkeit an Total SA sei auf allgemeine finanzielle Informationen beschränkt gewesen, ohne dass er irgendeine Mitteilung über die verfolgte Geschäftspolitik und damit über die mit den Konkurrenten unterhaltenen Kontakte erfordert hätte. Erst recht habe Total France niemals Anweisungen ihrer Muttergesellschaft zu der Politik erhalten, die sie in Bezug auf den Vertrieb von Paraffinwachsen und Paraffingatsch zu verfolgen habe. Zur angeblichen autonomen Bestimmung ihrer Geschäftsstrategie durch Total France 517 Erstens ist festzustellen, dass Total SA in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte eingeräumt hat, dass sie die institutionelle Koordination übernommen und strategische Ausrichtungen sowie die wichtigsten Investitionen in der Gruppe kontrolliert hat. 518 Zweitens beweist der Umstand ‐ unterstellt, er wäre erwiesen ‐, dass eine Tochtergesellschaft ihre eigene örtliche Geschäftsleitung hat und über ihre eigenen Mittel verfügt, für sich genommen nicht, dass sie ihr Marktverhalten gegenüber ihren Muttergesellschaften eigenständig bestimmt. Die Aufteilung der Aufgaben zwischen Tochtergesellschaften und ihren Muttergesellschaften und insbesondere der Umstand, dass die Führung der laufenden Geschäfte zu 100 % der örtlichen Geschäftsleitung einer Tochtergesellschaft anvertraut ist, ist nämlich gängige Praxis großer Unternehmen mit einer Vielzahl von Tochtergesellschaften, die letzten Endes von derselben Dachgesellschaft gehalten werden. Somit können in dem Fall, dass das gesamte oder nahezu gesamte Kapital der Tochtergesellschaft gehalten wird, die unmittelbar in die Zuwiderhandlung verwickelt ist, die insoweit vorgelegten Beweise nicht die Vermutung widerlegen, dass von der Muttergesellschaft oder der Dachgesellschaft tatsächlich ein bestimmender Einfluss auf das Verhalten der Tochtergesellschaft ausgeübt wurde. 519 Drittens hat die Kommission in Randnr. 578 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass Total SA „außerdem einige weitere Bereiche [nannte] (z. B. den Personalbereich, die Führung konsolidierter Konten und Entscheidungen über die Steuerpolitik der Gruppe sowie einige weitere Aufgaben im horizontalen Bereich wie etwa industrielle Sicherheit, Umwelt, Ethik, Vermögensverwaltung oder Finanzierung), die für die gesamte Gruppe in den Händen der [Klägerin] gelegen hätten“. Diese Punkte schwächen den Standpunkt der Klägerin, dass sie in der Gruppe organisatorisch völlig selbständig gewesen sei, noch mehr. 520 Folglich hat die Kommission keinen Beurteilungsfehler begangen, als sie die Ansicht vertrat, die Gesichtspunkte betreffend die Organisationsstruktur der Gruppe und die – angeblich – selbständige Bestimmung der Geschäftspolitik erlaubten nicht, die Vermutung zu widerlegen, dass die Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Geschäftsverhalten der Tochtergesellschaft auf dem Markt ausgeübt hat. Zum niedrigen Anteil der Verkäufe von Paraffinwachsen am Umsatz von Total France 521 Die Klägerin trägt vor, die Geschäftstätigkeiten im Bereich „Wachse und Paraffine“ stellten nur einen sehr geringen Anteil an ihrem Umsatz und einen noch geringeren Anteil am Umsatz der Total-Gruppe dar. 522 Nach der Rechtsprechung kann jedoch die Tatsache, dass der Bereich oder die Tätigkeit, die von der Zuwiderhandlung betroffen ist, nur einen geringen Prozentsatz der Gesamtaktivitäten der Gruppe oder der Muttergesellschaft darstellt, die Selbständigkeit der genannten Tochtergesellschaft gegenüber ihrer Muttergesellschaft nicht beweisen und wirkt sich folglich nicht auf die Anwendung der Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch die Muttergesellschaft auf das Geschäftsverhalten der Tochtergesellschaft auf dem Markt aus (Urteil vom 30. September 2009, Arkema/Kommission, T‑168/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 79; vgl. auch in diesem Sinne Urteile des Gerichts Bolloré u. a./Kommission, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnr. 144, und vom 27. September 2006, Avebe/Kommission, T-314/01, Slg. 2006, II-3085). 523 Daraus folgt, dass das Vorbringen der Klägerin als unerheblich zurückzuweisen ist. Zum Vorbringen, Total France habe Total SA nicht über ihre Tätigkeiten auf dem Markt informiert 524 Die Klägerin macht geltend, der Tätigkeitsbericht betreffend Paraffinwachse an Total SA sei auf allgemeine finanzielle Informationen beschränkt gewesen, und keinerlei Mitteilung über die verfolgte Geschäftspolitik und somit zu den mit ihren Konkurrenten unterhaltenen Kontakten sei damit verbunden gewesen. 525 Insoweit genügt der Hinweis, dass das Gericht in seinem Urteil Arkema/Kommission (oben in Randnr. 522 angeführt, Randnrn. 77 und 78) die gleichen Argumente zurückgewiesen hat. Es hat darauf hingewiesen, dass nicht ein zwischen Mutter- und Tochterunternehmen in Bezug auf die Zuwiderhandlung bestehendes Anstiftungsverhältnis und erst recht nicht eine Beteiligung Ersterer an dieser Zuwiderhandlung, sondern der Umstand, dass sie ein einziges Unternehmen darstellen, der Kommission die Befugnis gibt, die Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an das Mutterunternehmen eines Konzerns zu richten. Das Fehlen einer spezifischen Informationspolitik auf dem Paraffinwachsmarkt zugunsten von Total SA oder die Nichtkenntnis der Zuwiderhandlung durch Letztere kann die Selbständigkeit von Total France nicht beweisen. 526 Somit ist das Vorbringen der Klägerin in dieser Hinsicht ebenfalls zurückzuweisen. Zu dem Vorbringen, Total France sei gegenüber Total SA nicht weisungsgebunden gewesen 527 Die Klägerin trägt vor, sie habe niemals Anweisungen von Total SA zu der Politik, die sie hinsichtlich des Vertriebs von Paraffinwachsen und Paraffingatsch zu verfolgen habe, erhalten. 528 Der von der Klägerin angeführte Punkt ist weitgehend die logische Folge des Umstands, dass sie gegenüber Total SA eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, dass sie entsprechend der Aufgabenverteilung in der Gruppe für den Bereich „Raffinieren und Marketing“ zuständig ist und dass sie befugt ist, die laufenden Geschäfte in diesem Bereich selbständig zu führen. Wenn diese Punkte, die für die Arbeitsweise einer Tochtergesellschaft von einer mit der Größe der Klägerin vergleichbaren Größe in einer Gruppe charakteristisch sind, genügen würde, um die von der Kommission angewandte Vermutung zu widerlegen, indem sie beweisen, dass die Muttergesellschaft keinen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausüben konnte, würde dies nicht nur eine solche Vermutung, sondern auch das eigentliche Konzept der wirtschaftlichen Einheit zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft und letzten Endes den Begriff des Unternehmens, wie er in der Rechtsprechung definiert wird, aushöhlen. 529 Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht die gleichen Argumente in seinem Urteil Arkema/Kommission (oben in Randnr. 522 angeführt, Randnrn. 76 und 80) zurückgewiesen hat, da es sich um Punkte handelte, die die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch die Muttergesellschaft auf das Geschäftsverhalten der Tochtergesellschaft auf dem Markt nicht widerlegen können. 530 Folglich ist das vorliegende Vorbringen aus den gleichen Gründen ebenfalls zurückzuweisen. 531 Schließlich ist rein vorsorglich zu bemerken, dass keines der von der Klägerin zur Widerlegung der in Rede stehenden Vermutung vorgetragenen Argumente belegen kann, dass die oben in den Randnrn. 501 und 502 beschriebenen Mechanismen, die üblicherweise dazu führen, dass sich das Geschäftsverhalten der Tochtergesellschaft an das ihrer Muttergesellschaft anpasst, nicht ordentlich funktioniert haben und dass die wirtschaftliche Einheit der Gruppe zerbrochen ist. 532 Nach alledem war die Kommission zutreffend der Ansicht, dass es der Klägerin und Total SA nicht gelungen ist, die Vermutung, nach der Total SA einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft ausgeübt hat, zu widerlegen, und dass diese folglich ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bildeten. 533 In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen ist der elfte Klagegrund der Klägerin insgesamt zurückzuweisen. 11. Zum zwölften, in der mündlichen Verhandlung geltend gemachten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin 534 In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin vorgebracht, ihre Verteidigungsrechte seien dadurch verletzt worden, dass in den Umsatz, der für die Festsetzung der Geldbuße verwendet worden sei, die Umsätze der anderen zur Total-Gruppe gehörenden Gesellschaften einbezogen worden seien. 535 Die Kommission ist der Ansicht, dieser Klagegrund sei unzulässig, da er nicht in der Klageschrift geltend gemacht worden sei. 536 Aus Art. 44 § 1 Buchst. c in Verbindung mit Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts geht hervor, dass die Klageschrift den Streitgegenstand benennen und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss und dass neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden können, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. 537 Es ist aber festzustellen, dass die Klägerin vor der mündlichen Verhandlung nichts vorgetragen hat, was eine angebliche Verletzung ihrer Verteidigungsrechte durch den Umstand betrifft, dass die Umsätze anderer zur Total-Gruppe gehörenden Unternehmen in den Umsatz, der für die Festsetzung der Geldbuße verwendet wurde, einbezogen worden sind. 538 Dieser Klagegrund ist daher als unzulässig zurückzuweisen. 12. Zum achten Klagegrund: Rechtswidrigkeit von Ziff. 24 der Leitlinien von 2006 539 Die Klägerin ist der Ansicht, die in Ziff. 24 der Leitlinien von 2006 verankerte Berechnungsmethode sei rechtswidrig. 540 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Ziff. 24 der Leitlinien von 2006 bestimmt: „Um der Dauer der Mitwirkung der einzelnen Unternehmen an der Zuwiderhandlung in voller Länge Rechnung zu tragen, wird der nach dem Umsatz ermittelte Wert … mit der Anzahl der Jahre multipliziert, die das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war. Zeiträume bis zu sechs Monaten werden mit einem halben, Zeiträume von mehr als sechs Monaten bis zu einem Jahr mit einem ganzen Jahr angerechnet.“ 541 Im vorliegenden Fall macht die Klägerin geltend, sie habe gemäß der angefochtenen Entscheidung nur zwölf Jahre und sieben Monate (vom 3. September 1992 bis zum 28. April 2005) für Paraffinwachse sowie sechs Jahre und sechs Monate (vom 30. Oktober 1997 bis zum 12. Mai 2004) für Paraffingatsch an der Zuwiderhandlung teilgenommen, während sie für 13 bzw. sieben Jahre bestraft worden sei, d. h. elf Monate zusätzlich, wodurch der Zeitraum ihrer Teilnahme um ungefähr 5 % zu hoch eingeschätzt worden sei. Die Leitlinien von 2006, die die Kommission zu einem solchen Vorgehen verpflichteten, verstießen gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Unschuldsvermutung sowie gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003. 542 Die Kommission ist der Ansicht, sie verfüge bei der Festsetzung der Geldbuße, die verschiedenen Abschnitte der Berechnung ihrer Höhe inbegriffen, über einen großen Wertungsspielraum und ein Ermessen. 543 Die aus dem Erlass der Leitlinien von 2006 resultierende Selbstbeschränkung des Ermessens der Kommission ist nicht unvereinbar mit dem Fortbestand eines erheblichen Wertungsspielraums der Kommission. Die Leitlinien von 2006 enthalten verschiedene Spielräume, die es der Kommission ermöglichen, ihr Ermessen im Einklang mit den Vorschriften der Verordnung Nr. 1/2003 in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof auszuüben (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 492 angeführt, Randnr. 267; und Urteil des Gerichts vom 19. Mai 2010, Chalkor/Kommission, T-21/05, Slg. 2010, II-1895, Randnr. 62). 544 Nach der Rechtsprechung hat die Kommission jedoch bei der genannten Festsetzung der Geldbuße die allgemeinen Rechtsgrundsätze, insbesondere die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit in ihrer Auslegung durch die Unionsgerichte zu beachten (Urteile des Gerichts vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T-279/02, Slg. 2006, II-897, Randnrn. 77 und 79, sowie Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, oben in Randnr. 497 angeführt, Randnr. 41). 545 Ebenso greifen im Übrigen der Wertungsspielraum der Kommission und die diesem von ihr selbst in ihren Leitlinien gezogenen Grenzen grundsätzlich nicht der Ausübung der dem Unionsrichter zustehenden Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung vor (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 41 angeführt, Randnr. 538), die ihn ermächtigt, die von der Kommission verhängte Geldbuße für nichtig zu erklären, zu ermäßigen oder zu erhöhen (vgl. Urteil des Gerichts vom 6. Mai 2009, KME Germany u. a./Kommission, T-127/04, Slg. 2009, II-1167, Randnr. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung). 546 Ferner ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in den Urteilen vom 9. Juli 2003, Cheil Jedang/Kommission (T-220/00, Slg. 2003, II-2473, Randnrn. 134 bis 139) sowie BASF und UCB/Kommission (oben in Randnr. 267 angeführt, Randnrn. 219 und 220), bereits den von der Kommission wegen der Dauer der Zuwiderhandlung angewandten Multiplikationsfaktor angepasst hat, um die tatsächliche Dauer der Teilnahme der Kläger besser widerzuspiegeln, mit dem Ziel, sicherzustellen, dass die Geldbuße gegenüber der Dauer der Zuwiderhandlung verhältnismäßig ist und um eine unterschiedliche Behandlung der Unternehmen, gegen die in derselben Entscheidung Sanktionen verhängt werden, zu vermeiden. 547 Das Gericht ist der Ansicht, dass auch im vorliegenden Fall ein solcher Ansatz anzuwenden ist. 548 Erstens ist festzustellen, dass die Kommission dadurch, dass sie der Klägerin eine beträchtliche Anzahl von Tagen zur Last gelegt hat, für die keine Teilnahme an der Zuwiderhandlung festgestellt wurde, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt hat, da die Höhe der Geldbuße die Dauer der Zuwiderhandlung nicht angemessen widerspiegelt (siehe oben, Randnr. 432). 549 Zweitens liegt nach der oben in Randnr. 384 angeführten Rechtsprechung ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nur dann vor, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleichbehandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt. 550 Im vorliegenden Fall hat die Kommission in Anwendung von Ziff. 24 der Leitlinien bei der Bestimmung der Dauer der Teilnahme der Klägerin an der Zuwiderhandlung hinsichtlich Paraffinwachsen eine Teilnahme von sieben Monaten und 28 Tagen einer Teilnahme von einem ganzen Jahr gleichgestellt. Im Fall von ExxonMobil waren elf Monate und 20 Tage und im Fall von Sasol elf Monate und 27 Tage ebenfalls als ein ganzes Jahr angesehen worden. 551 Somit wurden der Klägerin für das letzte Jahr ihrer Teilnahme an der Zuwiderhandlung vier Monate und drei Tage, für die kein wettbewerbswidriges Verhalten von ihr festgestellt wurde, zur Last gelegt, während im Fall von ExxonMobil nur zehn zusätzliche Tage und im Fall von Sasol nur drei zusätzliche Tage für die Berechnung der Höhe der Geldbuße der tatsächlichen Dauer der Teilnahme an der Zuwiderhandlung hinzugefügt wurden. 552 Mit diesem Verhalten hat die Kommission unterschiedliche Sachverhalte gleichbehandelt. 553 Darüber hinaus war ein solches Verhalten nicht objektiv gerechtfertigt, da seine einzige Grundlage die Berechnungsmethode in Ziff. 24 der Leitlinien von 2006 war. Das Ziel dieser Vorschrift ist, sicherzustellen, dass die Höhe der Geldbuße gegenüber der Dauer der Teilnahme verhältnismäßig ist. Somit kann sie keine objektive Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung sein, soweit das Ergebnis ihrer strengen Anwendung im Einzelfall die Ermittlung eines Zeitraums ist, der offensichtlich unverhältnismäßig ist, sowohl gegenüber dem tatsächlichen Zeitraum der Teilnahme der Klägerin an dem Kartell als auch gegenüber der Behandlung anderer Teilnehmer. 554 Somit hat die Kommission gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen. 555 Drittens ist zu bemerken, dass die Vorgehensweise im vorliegenden Fall auch nicht durch die übrigen von der Kommission vorgetragenen Argumente gerechtfertigt wird. 556 Im von der Kommission angeführten Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission (T-259/02 bis T-264/02 und T-271/02, Slg. 2006, II-5169, Randnrn. 465 bis 467), war das Gericht erstens der Ansicht, dass nicht mit Erfolg geltend gemacht werden könne, die Kommission müsse den Erhöhungskoeffizienten des Grundbetrags der Geldbuße für den Zeitraum des Kartells mit im Vergleich zu anderen Zeiträumen niedrigerer Intensität herabsetzen. Zweitens hat es festgestellt, dass die Kommission rechtmäßig einen Erhöhungssatz von 12 % für eine Zuwiderhandlung von mittlerer Dauer festlegen konnte, da der Höchstsatz von 10 % gemäß den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 [KS] (ABl. 1998, C 9, S. 3) festgesetzt werden, nur für Zuwiderhandlungen von langer Dauer gilt. Diese Rügen haben aber mit den von der Klägerin im vorliegenden Fall vorgetragenen Rügen nichts gemein. 557 Ebenso hat das Gericht in Randnr. 112 seines Urteils vom 8. Oktober 2008, SGL Carbon/Kommission (T-68/04, Slg. 2008, II-2511), das Vorbringen von SGL Carbon, mit dem die Anwendung eines behaupteten „Prinzips der degressiven Straferhöhung“ geltend gemacht wird, das im vorliegenden Fall von der Klägerin nicht vorgetragen wird, zurückgewiesen. 558 Was schließlich die Bezugnahme auf das Urteil Dansk Rørindustrie u. a./Kommission (oben in Randnr. 492 angeführt, Randnr. 336) betrifft, ist zu bemerken, dass der Gerichtshof dort die Würdigung einer für die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 [KS] festgesetzt werden, spezifischen Frage der Verhältnismäßigkeit durch das Gericht geprüft hat, so dass diese Würdigung im vorliegenden Fall nicht maßgeblich ist, da die Kommission die Leitlinien von 2006 angewandt hat. 559 Viertens ist zu unterstreichen, dass die Berechnung des von der Dauer abgeleiteten Koeffizienten für den Paraffingatsch betreffenden Teil der Zuwiderhandlung mit dem gleichen Fehler behaftet ist, wie er oben in den Randnrn. 548 und 554 in Bezug auf Paraffinwachse festgestellt wurde. 560 In Randnr. 611 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission nämlich angegeben, der Zeitraum der Beteiligung der Klägerin habe sich auf den Zeitraum 30. Oktober 1997 bis 12. Mai 2004 erstreckt. Bei diesem Zeitraum handelt es sich um sechs Jahre, sechs Monate und zwölf Tage. In Anwendung von Ziff. 24 der Leitlinien von 2006 befand die Kommission, die Klägerin habe während eines Zeitraums von sieben Jahren an der Zuwiderhandlung teilgenommen, und hat so fünf Monate und 18 Tage zur tatsächlichen Dauer der Teilnahme an der Zuwiderhandlung hinzugefügt. Im Fall von Esso Société Anonyme Française wurden lediglich zwei Monate und 21 Tage zusätzlich hinzugerechnet. 561 Da die Kommission gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen hat, ist in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen dem vorliegenden Klagegrund stattzugeben und die angefochtene Entscheidung im Hinblick auf die Klägerin hinsichtlich der Bestimmung des Multiplikationsfaktors, der die Dauer ihrer Teilnahme an der Zuwiderhandlung widerspiegelt, für nichtig zu erklären, ohne dass eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit von Ziff. 24 der Leitlinien von 2006 nötig wäre. Die Schlüsse, die hieraus für die Festsetzung der Höhe der Geldbuße zu ziehen sind, werden unten in den Randnrn. 566 ff. untersucht. 13. Zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung und zur Festsetzung des Endbetrags der Geldbuße 562 Die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Kommission wird ergänzt durch die dem Unionsrichter durch Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 gemäß Art. 229 EG eingeräumte Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung. Diese Befugnis ermächtigt den Richter über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Sanktion hinaus dazu, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen. Die in den Verträgen vorgesehene Kontrolle bedeutet somit – im Einklang mit den Anforderungen des Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes gemäß Art. 47 der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte (ABl. C 364, S. 1) –, dass der Unionsrichter sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht eine Kontrolle vornimmt und befugt ist, die Beweise zu würdigen, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären und die Höhe der Geldbußen zu ändern (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C-3/06 P, Slg. 2007, I-1331, Randnrn. 60 bis 62; und Urteil des Gerichts vom 21. Oktober 2003, General Motors Nederland und Opel Nederland/Kommission, T-368/00, Slg. 2003, II-4491, Randnr. 181). 563 Es ist somit Sache des Gerichts, im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zum Zeitpunkt des Erlasses seiner Entscheidung zu beurteilen, ob die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße der Schwere und der Dauer der in Rede stehenden Zuwiderhandlung angemessen ist, so dass die genannten Geldbußen in Bezug auf die in Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Kriterien verhältnismäßig sind (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 11. März 1999, Aristrain/Kommission, T-156/94, Slg. 1999, II-645, Randnrn. 584 bis 586, und Cheil Jedang/Kommission, oben in Randnr. 546 angeführt, Randnr. 93). 564 Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nicht einer Prüfung von Amts wegen entspricht und dass das Verfahren vor den Gerichten der Union ein streitiges Verfahren ist. 565 Die Kommission hat, wie festgestellt, bei der Berechnung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße für die Schwere der Zuwiderhandlung 18 % des Jahresumsatzes von Paraffinwachsen und 15 % des Jahresumsatzes von Paraffingatsch berücksichtigt. Die so ermittelten Beträge wurden wegen der Dauer der Zuwiderhandlung mit dem Faktor 13 für die Paraffinwachse und 7 für das Paraffingatsch multipliziert. Insgesamt hat die Kommission, einschließlich der „Eintrittsgebühr“, die Multiplikationsfaktoren 14 für Paraffinwachse und 7 für Paraffingatsch verwendet. 566 Um die oben in Randnr. 561 festgestellten Rechtsverletzungen durch die Anpassung der Höhe der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße zu bereinigen und den genauen Zeitraum ihrer Teilnahme an der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen, muss der Multiplikationsfaktor für den Zeitraum ihrer Beteiligung auf 12,64 für Paraffinwachse (zwölf Jahre, sieben Monate und 28 Tage) und auf 6,53 hinsichtlich Paraffingatsch (sechs Jahre, sechs Monate und zwölf Tage) festgesetzt werden. 567 Nach Anwendung des Faktors 1,7 für die abschreckende Wirkung wird die Geldbuße auf 121626710 Euro für Paraffinwachse und auf 3833132 Euro für Paraffingatsch, d. h. einen Gesamtbetrag der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße von 125459842 Euro festgesetzt. 568 Schließlich ist das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Ansicht, dass die Höhe der so festgesetzten Geldbuße unter Berücksichtigung der Schwere und des Zeitraums der Zuwiderhandlung der Klägerin angemessen ist. Kosten 569 Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt. 570 Im vorliegenden Fall wurde einem Klagegrund der Klägerin von elf in der Klageschrift dargelegten Klagegründen stattgegeben. Im Übrigen ist zu bemerken, dass der Umfang der Klageschrift die maximale Seitenzahl für Schriftsätze, wie in Nr. 15 der Praktischen Anweisungen für die Parteien festgelegt, um mehr als 40 % übersteigt. Somit wird eine gerechte Beurteilung der Umstände der Sache vorgenommen, wenn die Klägerin zur Tragung von neun Zehnteln ihrer eigenen Kosten und neun Zehnteln der Kosten der Kommission verurteilt wird. Die Kommission trägt ein Zehntel ihrer eigenen Kosten und ein Zehntel der Kosten der Klägerin. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die in Art. 2 der Entscheidung K(2008) 5476 endg. der Kommission vom 1. Oktober 2008 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39.181 – Kerzenwachse) gegen die Total Raffinage Marketing verhängte Geldbuße wird auf 125459842 Euro festgesetzt. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Total Raffinage Marketing trägt neun Zehntel ihrer eigenen Kosten und neun Zehntel der Kosten der Europäischen Kommission. Die Kommission trägt ein Zehntel ihrer eigenen Kosten und ein Zehntel der Kosten von Total Raffinage Marketing. Czúcz Labucka O’Higgins Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. September 2013. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Sachverhalt Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung 1. Zum zweiten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 81 EG und eine Verletzung der Begründungspflicht in Bezug auf die Verhaltensweisen, die die Paraffinwachse betreffen, gerügt wird Vorbemerkungen Zu den Begriffen „Vereinbarung“ und „abgestimmte Verhaltensweise“ Zu den Grundsätzen der Beweiswürdigung Zum ersten Teil betreffend das angebliche Fehlen von Beweisen, die den Nachweis der auf die Festsetzung der Preise für Paraffinwachse gerichteten Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen ermöglichen Zur Beschreibung des Hauptteils der Zuwiderhandlung in der angefochtenen Entscheidung Zur Beweiskraft der von der Kommission gesammelten Beweise – Unternehmenserklärungen – Schriftliche Beweise Zur detaillierten Prüfung des Vorbringens der Klägerin zu den besonderen technischen Treffen Zur Gesamtbewertung Zum zweiten Teil betreffend das Fehlen von Beweisen für die Durchführung von Vereinbarungen über die Preisfestsetzungen Zum dritten Teil betreffend die Aufteilung der geografischen Märkte und der Kunden Zur Aufteilung der geografischen Märkte Zur Aufteilung von Abnehmern Zum vierten Teil betreffend das Wettbewerbsverhalten von Total France 2. Zum ersten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 81 EG und eine Verletzung der Begründungspflicht gerügt wird, soweit es die Würdigung des Paraffingatsch betreffenden Teils der Zuwiderhandlung anbelangt Zum ersten Teil, mit dem ein Verstoß gegen Art. 81 EG gerügt wird, soweit es die Feststellung betrifft, dass die Verhaltensweisen in Bezug auf Paraffinwachse zum einen und Paraffingatsch zum anderen eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung darstellen Zum zweiten Teil, mit dem ein Verstoß gegen Art. 81 EG und eine Verletzung der Begründungspflicht hinsichtlich der das Paraffingatsch betreffenden Verhaltensweisen gerügt wird Zur angefochtenen Entscheidung Zur Prüfung der Beweise, die sich auf die wettbewerbswidrigen Treffen beziehen Zur Frage einer fortgesetzten Zuwiderhandlung im Bereich Paraffingatsch Zur Beschränkung der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen auf Deutschland 3. Zum dritten Klagegrund, mit dem hinsichtlich der Teilnahme der Klägerin an der Zuwiderhandlung nach dem 12. Mai 2004 ein Verstoß gegen Art. 81 EG und gegen die Grundsätze der Unschuldsvermutung, der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung gerügt wird Zum ersten Teil, mit dem ein Verstoß gegen Art. 81 EG und gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung gerügt wird Zum zweiten Teil, mit dem ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz geltend gemacht wird 4. Zum vierten Klagegrund, mit dem hinsichtlich einer Unterbrechung der Teilnahme der Klägerin an dem Kartell ein Verstoß gegen Art. 81 EG und gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung geltend gemacht wird 5. Zum fünften Klagegrund, mit dem eine Verletzung der Begründungspflicht und ein Verstoß gegen die Leitlinien von 2006 in Bezug auf die fehlende Umsetzung behaupteter Verhaltensweisen gerügt wird 6. Zum sechsten Klagegrund betreffend die Bestimmung des Referenzzeitraums für die Einschätzung des Grundbetrags der Geldbuße 7. Zum siebten Klagegrund: Verstoß gegen die Leitlinien von 2006 und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aufgrund der Tatsache, dass die Kommission einen zu hohen Prozentsatz des Umsatzes für den das Paraffingatsch betreffenden Teil der Zuwiderhandlung berücksichtigt habe 8. Zum neunten Klagegrund: Rechtswidrigkeit des Zusatzbetrags, der zur Abschreckung im Grundbetrag der Geldbuße enthalten ist 9. Zum zehnten Klagegrund: Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Hinblick auf den Endbetrag der Geldbuße 10. Zum elften Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 EG durch die Zurechnung des Verhaltens von Total France an Total SA Zum ersten Teil, mit dem ein Rechtsfehler gerügt wird, soweit allein aufgrund der Kapitalbeteiligung angenommen wird, dass die Zuwiderhandlung der Muttergesellschaft zuzurechnen ist Zum zweiten Teil betreffend die Würdigung der Hinweise, die die Klägerin zur Widerlegung der Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses durch die Muttergesellschaft auf das Geschäftsverhalten der Tochtergesellschaft auf dem Markt beigebracht hat Zur angeblichen autonomen Bestimmung ihrer Geschäftsstrategie durch Total France Zum niedrigen Anteil der Verkäufe von Paraffinwachsen am Umsatz von Total France Zum Vorbringen, Total France habe Total SA nicht über ihre Tätigkeiten auf dem Markt informiert Zu dem Vorbringen, Total France sei gegenüber Total SA nicht weisungsgebunden gewesen 11. Zum zwölften, in der mündlichen Verhandlung geltend gemachten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin 12. Zum achten Klagegrund: Rechtswidrigkeit von Ziff. 24 der Leitlinien von 2006 13. Zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung und zur Festsetzung des Endbetrags der Geldbuße Kosten (*1) Verfahrenssprache: Französisch.
Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 12. Dezember 2012 .#Novácke chemické závody a.s. gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Markt für Calciumcarbid und Magnesium für die Stahl- und Gasindustrie im EWR mit Ausnahme von Irland, Spanien, Portugal und des Vereinigten Königreichs – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Festsetzung der Preise und Aufteilung des Marktes – Geldbußen – Begründungspflicht – Verhältnismäßigkeit – Gleichbehandlung – Leitlinien von 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen – Leistungsfähigkeit.#Rechtssache T‑352/09.
62009TJ0352
ECLI:EU:T:2012:673
2012-12-12T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62009TJ0352 URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer) 12. Dezember 2012 (*1) „Wettbewerb — Kartelle — Markt für Calciumcarbid und Magnesium für die Stahl- und Gasindustrie im EWR mit Ausnahme von Irland, Spanien, Portugal und des Vereinigten Königreichs — Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird — Festsetzung der Preise und Aufteilung des Marktes — Geldbußen — Begründungspflicht — Verhältnismäßigkeit — Gleichbehandlung — Leitlinien von 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen — Leistungsfähigkeit“ In der Rechtssache T-352/09 Novácke chemické závody a.s. mit Sitz in Nováky (Slowakische Republik), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwältin A. Černejová, dann Rechtsanwälte M. Boľoš und L. Bányaiová, Klägerin, unterstützt durch Slowakische Republik, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte, Streithelferin, gegen Europäische Kommission, vertreten durch F. Castillo de la Torre, N. von Lingen und A. Tokár als Bevollmächtigte, Beklagte, wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K(2009) 5791 endg. der Kommission vom 22. Juli 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39.396 – Calciumcarbid und Reagenzien auf Magnesiumbasis für die Stahl- und Gasindustrie), soweit sie die Klägerin betrifft, und, hilfsweise, Nichtigerklärung oder Herabsetzung der mit dieser Entscheidung gegen die Klägerin verhängten Geldbuße erlässt DAS GERICHT (Dritte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz, der Richterin I. Labucka und des Richters D. Gratsias (Berichterstatter), Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. April 2012 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 Mit ihrer Entscheidung K(2009) 5791 endg. vom 22. Juli 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39.396 – Calciumcarbid und Reagenzien auf Magnesiumbasis für die Stahl- und Gasindustrie) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) stellte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften fest, dass die Hauptlieferanten von Calciumcarbid und Magnesium für die Stahl- und Gasindustrie gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verstoßen hätten, indem sie sich vom 7. April 2004 bis 16. Januar 2007 an einer einzigen und fortdauernden Zuwiderhandlung beteiligt hätten. Diese habe in Marktaufteilung, Quotenabsprachen, Aufteilung von Kunden, Preisfestsetzung und dem Austausch vertraulicher Geschäftsinformationen über Preise, Kunden und Verkaufsvolumen im EWR mit Ausnahme von Irland, Spanien, Portugal und des Vereinigten Königreichs bestanden. 2 Das Verfahren wurde im Anschluss an einen Antrag der Akzo Nobel NV auf Geldbußenerlass gemäß der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3) eingeleitet. 3 Die Klägerin, die Novácke chemické závody a.s., stellt u. a. Calciumcarbid her. In Art. 1 Buchst. e der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass die Klägerin während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung an ihr beteiligt gewesen sei, und verhängte in Art. 2 Abs. 1 Buchst. e der Entscheidung gegen sie als Gesamtschuldnerin mit der 1. Garantovaná a.s., ihrer damaligen Muttergesellschaft, eine Geldbuße von 19,6 Mio. Euro. Verfahren und Anträge der Parteien 4 Mit Klageschrift, die am 14. September 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 5 Mit einem weiteren, am selben Tag bei der Kanzlei eingegangenen und unter dem Aktenzeichen T-352/09 R eingetragenen besonderen Schriftsatz hat die Klägerin ferner einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz im Sinne der Art. 242 EG und 243 EG und der Art. 104 ff. der Verfahrensordnung des Gerichts gestellt. Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 29. Oktober 2009, Novácke chemické závody/Kommission (T-352/09 R, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), ist dieser Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurückgewiesen worden. 6 Mit Schreiben, das am 7. Oktober 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin dem Gericht mitgeteilt, dass sie für insolvent erklärt worden sei. Mit einem weiteren Schreiben, das am 6. November 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat sie das Gericht von der Bestellung eines neuen Vertreters durch den Insolvenzverwalter unterrichtet. Sie hat hinzugefügt, das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache müsse nach den bei Insolvenz einer Partei eines anhängigen Verfahrens anwendbaren Vorschriften des slowakischen Rechts ausgesetzt werden. Da das Gericht in diesem Schreiben sinngemäß einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens in der vorliegenden Rechtssache gesehen hat, hat es die Kommission um Stellungnahme zu diesem Antrag gebeten. Die Kommission ist in ihrer Stellungnahme, die am 7. Dezember 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, der in Betracht gezogenen Aussetzung des Verfahrens entgegengetreten. 7 Mit Beschluss vom 21. Januar 2010 hat der Präsident der Fünften Kammer des Gerichts das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache nach Art. 77 Buchst. d der Verfahrensordnung bis zum 31. Oktober 2010 ausgesetzt, um dem Insolvenzverwalter der Klägerin die Entscheidung zu ermöglichen, ob er das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache im Namen der Klägerin weiterführen oder die Klage zurücknehmen wolle. 8 Mit Schreiben, das am 16. März 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission die Wiederaufnahme des Verfahrens in der vorliegenden Rechtssache beantragt. Da die Klägerin zu diesem Antrag nicht fristgemäß Stellung genommen hat, hat der Präsident der Fünften Kammer des Gerichts mit Beschluss vom 11. Mai 2010 das Verfahren in der vorliegenden Rechtssache wiederaufgenommen. 9 Mit Schriftsatz, der am 25. November 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Slowakische Republik beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 24. Juni 2010, berichtigt durch Beschluss vom 26. Juli 2010, hat der Präsident der Fünften Kammer des Gerichts diesem Antrag stattgegeben. Die Slowakische Republik hat am 14. September 2010 einen Streithilfeschriftsatz eingereicht. 10 Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der ursprüngliche Berichterstatter der Dritten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache deshalb zugewiesen worden ist. Wegen der teilweisen Neubesetzung des Gerichts ist die vorliegende Rechtssache einem neuen Berichterstatter derselben Kammer zugewiesen worden. 11 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Dritte Kammer) beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung erstens die Klägerin und die Kommission aufgefordert, bestimmte Schriftstücke vorzulegen, zweitens die Klägerin aufgefordert, eine Frage zu beantworten, und drittens alle Beteiligten aufgefordert, eine weitere Frage zu beantworten. Die Beteiligten sind diesen Aufforderungen, außer in Bezug auf ein Schriftstück, um dessen Vorlage die Kommission gebeten worden ist, nachgekommen. 12 Mit Beschluss vom 27. März 2012 hat das Gericht im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme nach Art. 65 der Verfahrensordnung angeordnet, dass die Kommission das Schriftstück vorlegt, das sie im Rahmen der in der vorstehenden Randnummer genannten prozessleitenden Maßnahmen nicht unterbreitet hatte. Die Kommission ist dieser Aufforderung fristgemäß nachgekommen. 13 Die Parteien haben in der Sitzung vom 25. April 2012 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 14 Die Slowakische Republik hat in der mündlichen Verhandlung beantragt, ein weiteres Schriftstück vorlegen zu dürfen. Da die anderen Beteiligten keine Einwände dagegen erhoben haben, hat das Gericht die Vorlage des fraglichen Schriftstücks genehmigt und den anderen Beteiligten eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme zu diesem Schriftstück gesetzt. Das mündliche Verfahren ist nach Eingang der Stellungnahmen der anderen Beteiligten zu dem von der Slowakischen Republik vorgelegten Schriftstück am 15. Mai 2012 geschlossen worden. 15 Die Klägerin beantragt, — die angefochtene Entscheidung, soweit sie betroffen ist, für nichtig zu erklären und folglich die gegen sie verhängte Geldbuße aufzuheben; — hilfsweise, die gegen sie verhängte Geldbuße aufzuheben oder erheblich herabzusetzen; — der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 16 Die Slowakische Republik unterstützt den Antrag der Klägerin, die gegen sie verhängte Geldbuße aufzuheben oder erheblich herabzusetzen. 17 Die Kommission beantragt, — die Klage abzuweisen; — der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 18 Die Klägerin stützt ihre Klage auf drei Klagegründe; mit ihnen rügt sie erstens einen Verstoß gegen die allgemeinen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung bei der Bemessung der Geldbuße, zweitens einen Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften, einen Tatsachenirrtum und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler, da die Kommission es abgelehnt habe, die Leistungsfähigkeit der Klägerin im Sinne von Ziff. 35 ihrer Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien) zu berücksichtigen, und drittens einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Buchst. g EG. Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die allgemeinen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung bei der Bemessung der Geldbuße Leitlinien 19 Wie aus dem 285. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, sind die gegen die Klägerin und die übrigen Mitglieder des fraglichen Kartells verhängten Geldbußen nach den von der Kommission veröffentlichten Leitlinien festgesetzt worden. 20 Nach den Ziff. 9 bis 11 der Leitlinien erfolgt die Berechnung der Geldbuße nach einer zweistufigen Methode. 21 Zuerst setzt die Kommission für jedes einzelne Unternehmen oder jede einzelne Unternehmensvereinigung einen Grundbetrag fest. Sie verwendet hierbei den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen (Ziff. 13). Zur Bestimmung des Grundbetrags wird ein bestimmter Anteil am Umsatz, der sich nach der Schwere des Verstoßes richtet, mit der Anzahl der Jahre der Zuwiderhandlung multipliziert (Ziff. 19). Zeiträume von mehr als sechs Monaten bis zu einem Jahr werden mit einem ganzen Jahr angerechnet (Ziff. 24). Grundsätzlich können bis zu 30 % des Umsatzes festgesetzt werden (Ziff. 21). 22 Ziff. 22 der Leitlinien sieht vor, dass „[b]ei der Bestimmung der genauen Höhe innerhalb dieser Bandbreite … die Kommission mehrere Umstände [berücksichtigt], u. a. die Art der Zuwiderhandlung, den kumulierten Marktanteil sämtlicher beteiligten Unternehmen, den Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und die etwaige Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis“. 23 Zusätzlich bestimmt Ziff. 25 der Leitlinien, dass, „unabhängig von der Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an der Zuwiderhandlung, … die Kommission einen Betrag zwischen 15 % und 25 % des Umsatzes im Sinne von Abschnitt A hinzu[fügt], um die Unternehmen von vornherein an der Beteiligung an horizontalen Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, Aufteilung von Märkten oder Mengeneinschränkungen abzuschrecken“. 24 Zweitens kann die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße, der in der ersten Stufe festgesetzt wird, nach oben oder nach unten berichtigen. So sieht Ziff. 28 der Leitlinien die Erhöhung dieses Betrags vor, wenn die Kommission erschwerende Umstände wie die in dieser Ziffer genannten feststellt. Die Wiederholung, d. h. eine „Fortsetzung einer Zuwiderhandlung oder [ein] erneutes Begehen einer gleichartigen oder ähnlichen Zuwiderhandlung, nachdem die Kommission oder eine einzelstaatliche Wettbewerbsbehörde festgestellt hat, dass das Unternehmen gegen Artikel 81 [EG] oder Artikel 82 [EG] verstoßen hatte“, gehört zu den in dieser Ziffer genannten erschwerenden Umständen und rechtfertigt eine Erhöhung um bis zu 100 % des Grundbetrags der Geldbuße (siehe Ziff. 28 erster Gedankenstrich der Leitlinien). Die Rolle als Anführer oder Anstifter des Verstoßes gespielt zu haben, stellt nach Ziff. 28 dritter Gedankenstrich der Leitlinien ebenfalls einen erschwerenden Umstand dar. 25 Zudem ist ein Aufschlag auf die Geldbuße zur Gewährleistung einer abschreckenden Wirkung vor allem nach Ziff. 30 der Leitlinien vorgesehen, wonach „[d]ie Kommission … besonders darauf achten [wird], dass die Geldbußen eine ausreichend abschreckende Wirkung entfalten; zu diesem Zweck kann sie die Geldbuße gegen Unternehmen erhöhen, die besonders hohe Umsätze mit Waren oder Dienstleistungen, die nicht mit der Zuwiderhandlung in Zusammenhang stehen, erzielt haben“. 26 Ferner sieht Ziff. 29 der Leitlinien vor, dass der Grundbetrag der Geldbuße verringert werden kann, wenn die Kommission mildernde Umstände wie beispielsweise die in dieser Ziffer aufgeführten feststellt. Nach Ziff. 29 zweiter Gedankenstrich stellt die Kommission mildernde Umstände fest, wenn das Unternehmen Beweise beibringt, dass die Zuwiderhandlung aus Fahrlässigkeit begangen wurde. Des Weiteren stellt die Kommission nach Ziff. 29 vierter Gedankenstrich mildernde Umstände bei einer „aktive[n] Zusammenarbeit des Unternehmens mit [ihr] außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen und über seine rechtliche Verpflichtung zur Zusammenarbeit hinaus“ fest. 27 Hierbei unterliegt, wie aus dem 339. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung folgt, die Zusammenarbeit der Unternehmen mit der Kommission seit dem 14. Februar 2002 der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3; im Folgenden: Kronzeugenregelung von 2002), die ab dem 8. Dezember 2006 durch eine neue Mitteilung der Kommission (ABl. 2006, C 298, S. 17; im Folgenden: Kronzeugenregelung von 2006) ersetzt worden ist. Da sich Akzo Nobel mit der Kommission mit einem Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung ab dem 20. November 2006, d. h. vor dem Inkrafttreten der Kronzeugenregelung von 2006, in Verbindung gesetzt hat, finden vorliegend die Kronzeugenregelung von 2002 sowie ausnahmsweise nach Ziff. 37 der Kronzeugenregelung von 2006 die Ziff. 31 bis 35 der Kronzeugenregelung von 2006 Anwendung. 28 Ziff. 35 der Leitlinien sieht schließlich im Hinblick auf eine mögliche Herabsetzung der Geldbuße die Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit eines Unternehmens in einem gegebenen sozialen und ökonomischen Umfeld vor. Angefochtene Entscheidung 29 Der Umsatz jedes Kartellmitglieds im letzten vollständigen Geschäftsjahr seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung, den die Kommission der Festsetzung der Geldbuße zugrunde gelegt hat, ist in einer Tabelle im 288. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angegeben. Es ergibt sich daraus ein Umsatz der Klägerin mit Calciumcarbidpulver im Jahr 2006 zwischen 5 und 10 Mio. Euro. Der Umsatz mit Calciumcarbidgranulat lag zwischen 20 und 25 Mio. Euro. 30 Dem 294. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass die Kommission die streitige Zuwiderhandlung ihrer Art nach als eine der schwerwiegendsten Wettbewerbsbeschränkungen ansah. 31 Ferner stellte die Kommission im 299. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest, dass sich das fragliche Kartell auf Kunden im EWR mit Ausnahme von Spanien, Portugal, dem Vereinigten Königreich und Irland bezogen habe. 32 Im 301. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung setzte die Kommission für alle Kartellmitglieder den Anteil des zu berücksichtigenden Umsatzes „in Anbetracht der besonderen Umstände dieses Falles“ und „unter Berücksichtigung der in Randnrn. (294) bis (299) erörterten Kriterien“ auf 17 % fest. 33 Unter Berücksichtigung der Überlegungen zur Dauer der Zuwiderhandlung in den Erwägungsgründen 302 und 303 der angefochtenen Entscheidung gab die Kommission in einer Tabelle im 304. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung für jedes von dieser Entscheidung betroffene Unternehmen den Multiplikator an, der nach Maßgabe der Dauer der Teilnahme des Unternehmens an der festgestellten Zuwiderhandlung bestimmt worden ist. Für die Klägerin setzte die Kommission einen Multiplikator von 2,5 für Calciumcarbidpulver und von 3 für Calciumcarbidgranulat fest. 34 Darüber hinaus setzte die Kommission im 306. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung den Prozentsatz des Umsatzes fest, der dem Zusatzbetrag entspreche, der nach Ziff. 25 der Leitlinien der Geldbuße hinzuzufügen sei, „[i]n Anbetracht der besonderen Umstände dieses Falles … unter Berücksichtigung der oben erörterten Kriterien in Bezug auf die Art der Zuwiderhandlung und [ihre] räumliche Ausdehnung“ vorliegend 17 %. 35 Der 308. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung enthält eine Tabelle, die den Grundbetrag der Geldbuße für jedes Mitglied angibt. Für die Klägerin beläuft sich dieser Betrag auf 19,6 Mio. Euro. 36 In den Erwägungsgründen 309 bis 312 der angefochtenen Entscheidung prüfte die Kommission, ob der Grundbetrag der Geldbuße aufgrund erschwerender Umstände der Höhe nach anzupassen sei. Bei zwei Kartellmitgliedern, Akzo Nobel und der Degussa AG, die zum Zeitpunkt der Annahme der angefochtenen Entscheidung die Evonik Degussa GmbH geworden sei, hätten solche Umstände vorgelegen, da sie Wiederholungstäter gewesen seien. In Bezug auf die Klägerin wurden keine erschwerenden Umstände genannt. 37 In den Erwägungsgründen 313 bis 333 der angefochtenen Entscheidung prüfte die Kommission, ob bei einem oder mehreren Kartellmitgliedern mildernde Umstände vorgelegen hätten. Insbesondere untersuchte sie nacheinander die von allen Mitgliedern vorgetragenen Argumente einer begrenzten Teilnahme an dem Kartell (Erwägungsgründe 313 bis 316), die von bestimmten Mitgliedern vorgetragenen Argumente einer mangelnden Umsetzung der Kartellvereinbarungen und eines Ausbleibens von Gewinnen aufgrund ihrer Beteiligung an dem Kartell (Erwägungsgründe 317 bis 320), die von bestimmten Mitgliedern, u. a. der Klägerin, vorgetragenen Argumente einer wirksamen Zusammenarbeit mit der Kommission außerhalb des Anwendungsbereichs der Kronzeugenregelung von 2006 (Erwägungsgründe 321 bis 327 der angefochtenen Entscheidung) und die von mehreren Mitgliedern vorgetragenen Argumente der wirtschaftlich schwierigen Lage der Anbieter von Calciumcarbid und Magnesium vor und während der Zeit der Zuwiderhandlung (Erwägungsgründe 328 bis 331). Die Kommission gelangte in allen Fällen zu dem Ergebnis, dass keine mildernden Umstände vorlägen (Erwägungsgründe 314, 320, 327 und 331 der angefochtenen Entscheidung). 38 In den Erwägungsgründen 335 bis 360 der angefochtenen Entscheidung prüfte die Kommission, ob bei einem oder mehreren Kartellmitgliedern die Kronzeugenregelung von 2002 Anwendung finde. Aus dem 358. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass die Klägerin am 6. Februar 2008 einen entsprechenden Antrag gestellt hatte (im Folgenden: Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung). Im selben Erwägungsgrund stellte die Kommission fest, dass der Antrag mehr als ein Jahr nach den Nachprüfungen – und obwohl die Klägerin Auskunftsverlangen nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 erhalten habe – gestellt worden sei. Der Antrag habe keinen erheblichen Mehrwert gebracht, da die Klägerin nur Ereignisse im Zusammenhang mit Calciumcarbidpulver gemeldet habe, hinsichtlich dessen die Kommission damals bereits über ausreichende Beweismittel verfügt habe. Daher hätten die von der Klägerin übermittelten Informationen nach ihrer Art oder ihrer Genauigkeit der Kommission nicht mehr zu einem besseren Nachweis des Sachverhalts verhelfen können. Aus diesen Gründen habe der Klägerin keine Herabsetzung der Geldbuße gewährt werden können. 39 Hingegen gewährte die Kommission Akzo Nobel einen Geldbußenerlass (Erwägungsgründe 335 und 336 der angefochtenen Entscheidung), der Donau Chemie AG eine Herabsetzung der Geldbuße um 35 % (346. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und Evonik Degussa eine Herabsetzung der Geldbuße um 20 % (356. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Sie wies den Antrag der Almamet GmbH auf Geldbußenerlass oder -herabsetzung zurück (349. Erwägungsgrund) und befand, dass der SKW Stahl-Metallurgie GmbH, der SKW Stahl-Metallurgie AG und der Arques Industries AG die Herabsetzung der Geldbuße, die Evonik Degussa gewährt worden sei, nicht zugutekommen könne, da die Letztgenannte ihren Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung nur im eigenen Namen gestellt habe (357. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 40 Im 361. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung werden die zu verhängenden Geldbußen angegeben. Für die Klägerin beläuft sich die Höhe auf 19,6 Mio. Euro. 41 In den Erwägungsgründen 362 bis 378 der angefochtenen Entscheidung prüfte die Kommission schließlich die Anträge mehrerer Kartellmitglieder auf Anwendung von Ziff. 35 der Leitlinien. Die Kommission wies den entsprechenden Antrag der Klägerin (377. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) sowie die Anträge anderer Kartellmitglieder zurück, gewährte jedoch Almamet eine Herabsetzung der Geldbuße um 20 % (372. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Zu den Rügen der Klägerin 42 Die Klägerin macht geltend, die Festsetzung der von der Kommission gegen sie verhängten Geldbuße verstoße gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung. Sie trägt hierzu fünf Rügen vor, die erstens auf die abschreckende Wirkung der Geldbuße, zweitens auf die erschwerenden Umstände, drittens auf die mildernden Umstände, viertens auf die Ermäßigung der gegen Almamet festgesetzten Geldbuße und fünftens auf die Bemessung der Geldbuße im Verhältnis zu den Gesamtumsätzen der Adressaten der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen. Diese Rügen werden im Anschluss an einige Vorbemerkungen nacheinander geprüft. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin eine Rüge zu dem für die Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße zu berücksichtigenden Umsatz vorgetragen. Diese Rüge sei bereits in der Klageschrift enthalten. Die Kommission hat ihrerseits geltend gemacht, es handele sich um eine neue Rüge, die nicht auf während des Verfahrens zutage getretenen Gründen beruhe und daher unzulässig sei. Diese Rüge wird als letzte geprüft. – Vorbemerkungen 43 Die Kommission verfügt bei der Festsetzung der Geldbußen über ein Ermessen, um die Unternehmen dazu anhalten zu können, die Wettbewerbsregeln einzuhalten (vgl. Urteil des Gerichts vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T-236/01, T-239/01, T-244/01 bis T-246/01, T-251/01 und T-252/01, Slg. 2004, II-1181, Randnr. 216 und die dort angeführte Rechtsprechung). 44 Wie die Klägerin geltend macht, muss die Kommission jedoch, wenn sie beschließt, Geldbußen nach dem Wettbewerbsrecht zu verhängen, stets die allgemeinen Rechtsgrundsätze berücksichtigen, zu denen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit in ihrer Auslegung durch die Unionsgerichte gehören (Urteil des Gerichts vom 13. Juli 2011, Schindler Holding u. a./Kommission, T-138/07, Slg. 2011, II-4819, Randnr. 105). 45 Bei der Festsetzung einer Geldbuße berücksichtigt die Kommission nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 sowohl die Schwere einer Zuwiderhandlung als auch deren Dauer. Die Kommission muss nach der Rechtsprechung in diesem Zusammenhang insbesondere sicherstellen, dass ihr Vorgehen abschreckende Wirkung hat (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 106, und Urteil des Gerichts vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T-279/02, Slg. 2006, II-897, Randnr. 272). 46 Wird mit dem Erfordernis, eine hinreichend abschreckende Wirkung der Geldbuße zu gewährleisten, nicht die Anhebung des allgemeinen Niveaus der Geldbußen im Rahmen der Umsetzung einer Wettbewerbspolitik begründet, so verlangt es, dass die Geldbuße angepasst wird, um der gewünschten Auswirkung auf das Unternehmen, gegen das sie verhängt wird, Rechnung zu tragen, damit sie im Einklang mit den Anforderungen, die sich aus der Notwendigkeit, ihre Wirksamkeit zu gewährleisten, und der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ergeben, insbesondere im Hinblick auf die Finanzkraft des betreffenden Unternehmens weder zu niedrig noch zu hoch ausfällt (Urteile des Gerichts Degussa/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 283, und vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, T-410/03, Slg. 2008, II-881, Randnr. 379). 47 Was die Leitlinien betrifft, hat die Kommission nach ständiger Rechtsprechung dadurch, dass sie derartige Verhaltensnormen erlassen und durch ihre Veröffentlichung kundgetan hat, dass sie sie von nun an auf die von ihnen erfassten Fälle anwenden werde, selbst die Ausübung ihres Ermessens beschränkt und darf nicht von ihnen abweichen, ohne dass dies gegebenenfalls wegen eines Verstoßes gegen allgemeine Rechtsgrundsätze wie die Gleichbehandlung oder den Vertrauensschutz geahndet würde (Urteil des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C-189/02 P, C-202/02 P, C-205/02 P bis C-208/02 P und C-213/02 P, Slg. 2005, I-5425, Randnr. 211; Urteile des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, T-69/04, Slg. 2008, II-2567, Randnr. 44, und vom 28. April 2010, Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, T-446/05, Slg. 2010, II-1255, Randnr. 146). 48 Wie die Klägerin im Übrigen einräumt, folgt daraus, dass bei der Festsetzung der gegen ein Unternehmen nach Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 zu verhängenden Geldbuße die Berücksichtigung der Leitlinien als solche keinen Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung darstellt, sondern im Gegenteil vor allem zur Beachtung des zweiten Grundsatzes erforderlich sein kann. Umgekehrt entbindet jedoch allein die Beachtung der in den Leitlinien verankerten Methode zur Festsetzung der Geldbußen die Kommission nicht von der Verpflichtung, sicherzustellen, dass die in einem bestimmten Fall verhängte Geldbuße den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung entspricht. Zudem hat sich die Kommission in Ziff. 37 der Leitlinien selbst das Recht vorbehalten, von der Methode oder den Grenzen, die in diesen Leitlinien festgelegt sind, abzuweichen, wenn die Besonderheiten eines Falles oder die Notwendigkeit einer ausreichend hohen Abschreckungswirkung der Geldbuße dies rechtfertigen. 49 Darüber hinaus verfügt das Gericht bei Klagen gegen Entscheidungen der Kommission, mit denen gegen Unternehmen wegen Verletzung der Wettbewerbsregeln Geldbußen festgesetzt werden, über zweierlei Befugnisse (Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, SCA Holding/Kommission, C-297/98 P, Slg. 2000, I-10101, Randnr. 53). 50 Zum einen hat es ihre Rechtmäßigkeit und in diesem Rahmen die Beachtung der Begründungspflicht zu überprüfen (Urteil SCA Holding/Kommission, oben in Randnr. 49 angeführt, Randnr. 54) und muss darüber hinaus eine gründliche rechtliche wie tatsächliche Kontrolle auf der Grundlage der vom Kläger zur Stützung seiner Klagegründe vorgelegten Beweise vornehmen (Urteil des Gerichtshofs vom 8. Dezember 2011, KME Germany u. a./Kommission, C-389/10 P, Slg. 2011, I-13125, Randnr. 129). 51 Zum anderen wird diese Rechtmäßigkeitskontrolle durch die dem Unionsrichter durch Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 im Einklang mit Art. 261 AEUV eingeräumte Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ergänzt (Urteil KME Germany u. a./Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 130). Über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit hinaus, die nur die Zurückweisung der Nichtigkeitsklage oder die vollständige oder teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Rechtsakts ermöglicht, ermächtigt seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung den Unionsrichter, den angefochtenen Rechtsakt, auch ohne ihn für nichtig zu erklären, unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände abzuändern (Urteile des Gerichtshofs vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, C-238/99 P, C-244/99 P, C-245/99 P, C-247/99 P, C-250/99 P bis C-252/99 P und C-254/99 P, Slg. 2002, I-8375, Randnr. 692, und vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, C-534/07 P, Slg. 2009, I-7415, Randnr. 86). Er kann somit die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufheben, herabsetzen oder erhöhen (Urteil KME Germany u. a./Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 130). 52 Die von der Klägerin im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes geltend gemachten Rügen sind im Licht dieser allgemeinen Erwägungen zu prüfen. – Zur ersten, die abschreckende Wirkung der Geldbuße betreffenden Rüge 53 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung nicht hinreichend berücksichtigt, dass die gegen ein an einem Kartell beteiligtes Unternehmen festgesetzte Geldbuße eine spezifische abschreckende Wirkung für das betreffende Unternehmen aufweisen müsse. Es bedürfe insofern eines einzelfallbezogenen Ansatzes, da eine Geldbuße von bestimmter Höhe gegenüber einem Unternehmen eine abschreckende Wirkung entfalten könne, gegenüber einem anderen aber nicht. Daraus folge, dass der Betrag nach Ziff. 25 der Leitlinien nicht für alle Kartellmitglieder in derselben Höhe festgesetzt werden müsse. Das Gericht habe im Urteil Degussa/Kommission (oben in Randnr. 45 angeführt) bestätigt, dass für jedes Mitglied unterschiedliche Abschreckungsmultiplikatoren zu verwenden seien. 54 Zudem habe die Kommission in der vorliegenden Rechtssache keinen Gebrauch von ihrer Befugnis gemäß Ziff. 30 der Leitlinien gemacht, die Geldbuße zu erhöhen, um eine ausreichend abschreckende Wirkung sicherzustellen. Eine solche Erhöhung hätte hinsichtlich der Kartellmitglieder vorgesehen werden können, die die höchsten Gesamtumsätze erzielt hätten, nämlich Akzo Nobel, die Ecka Granulate GmbH & Co. KG (im Folgenden: Ecka) und Evonik Degussa. Schließlich hätten die Wiederholungstäter Akzo Nobel und Evonik Degussa mit höheren Geldbußen belegt werden müssen als die Klägerin, die bei der Zuwiderhandlung nur eine untergeordnete Rolle gespielt habe. Die Berücksichtigung allein der Tatwiederholung als erschwerender Umstand nach Ziff. 28 der Leitlinien sei nicht ausreichend. 55 Was vorab die Schlüssigkeit des in der vorstehenden Randnummer zusammengefassten Vorbringens betrifft, schließt die dem Unionsrichter verliehene Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ausdrücklich die Befugnis ein, die verhängte Geldbuße gegebenenfalls zu erhöhen. Im Fall einer ungleichen Behandlung mehrerer an einer Zuwiderhandlung Beteiligter, die daraus resultiert, dass die Schwere des rechtswidrigen Verhaltens der einen im Vergleich zu der Schwere des rechtswidrigen Verhaltens der anderen unterbewertet worden ist, besteht, um ein gerechtes Gleichgewicht wiederherzustellen, die angemessenste Lösung darin, die Geldbuße, die gegen Erstere verhängt worden ist, zu erhöhen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T-67/00, T-68/00, T-71/00 und T-78/00, Slg. 2004, II-2501, Randnr. 576). 56 Eine solche Erhöhung kann jedoch nur dann erfolgen, wenn die an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen, deren Geldbuße zu erhöhen ist, diese vor dem Gericht angefochten haben und Gelegenheit bekamen, sich zu einer solchen Erhöhung zu äußern (vgl. in diesem Sinne Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnrn. 577 und 578). Anderenfalls wird die festgestellte Ungleichbehandlung am besten durch eine Herabsetzung der Geldbußen behoben, die den anderen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen auferlegt worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 579). Daher kann das oben in Randnr. 54 zusammengefasste Vorbringen nicht von vornherein als ins Leere gehend zurückgewiesen werden. 57 Sodann ist zu beachten, dass die Kommission es für notwendig hält, nicht nur im Allgemeinen die abschreckende Wirkung ihrer Maßnahmen im Bereich von Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht zu gewährleisten, sondern insbesondere auch die spezifische abschreckende Wirkung der Geldbuße, die sie einem Unternehmen auferlegt, das eine solche Zuwiderhandlung begangen hat. Dies wird durch Ziff. 4 der Leitlinien bestätigt, wonach eine Geldbuße „so hoch festgesetzt werden [sollte], dass … die an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen sanktioniert werden (Spezialprävention)“. 58 Dies vorausgeschickt, ist darauf hinzuweisen, dass der in Ziff. 25 der Leitlinien genannte Betrag Teil des Grundbetrags der Geldbuße ist, der, wie aus Ziff. 19 der Leitlinien hervorgeht (siehe oben, Randnr. 21), der Schwere der Zuwiderhandlung und nicht der relativen Schwere der Beteiligung jedes der betreffenden Unternehmen an ihr Rechnung tragen muss. Dies muss nach der Rechtsprechung im Rahmen einer möglichen Anwendung erschwerender oder mildernder Umstände geprüft werden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Carbone-Lorraine/Kommission, T-73/04, Slg. 2008, II-2661, Randnr. 100). Wie die Kommission zu Recht feststellt, steht es ihr daher frei, den Prozentsatz vom Umsatz nach Ziff. 25 der Leitlinien, wie auch den Satz nach Ziff. 21 der Leitlinien, für alle Kartellmitglieder in derselben Höhe festzusetzen. Die Festsetzung desselben Prozentsatzes für alle Kartellmitglieder bedeutet, anders als die Klägerin offenbar meint, nicht, dass für alle Kartellmitglieder derselbe Betrag nach Ziff. 25 der Leitlinien festgesetzt wird. Da dieser Betrag in einem Prozentsatz des Umsatzes besteht, der von den einzelnen Kartellmitgliedern im Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung erzielt worden ist, wird er bei jedem von ihnen aufgrund der unterschiedlichen Umsätze, die sie erzielt haben, unterschiedlich ausfallen. 59 Das von der Klägerin herangezogene Urteil Degussa/Kommission (siehe oben, Randnr. 45) kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Das Gericht hat zwar in Randnr. 335 dieses Urteils befunden, dass die Kommission die anhand der Schwere der Zuwiderhandlung ermittelte Geldbuße nicht bei zwei Kartellmitgliedern, deren Umsätze sich erheblich voneinander unterschieden, in gleichem Umfang erhöhen konnte, ohne gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zu verstoßen. 60 Wie aus den Randnrn. 20, 21, 326 und 327 des Urteils hervorgeht, war jedoch die Höhe der den verschiedenen Kartellmitgliedern in dieser Rechtssache auferlegten Geldbuße nach einer anderen Methode als derjenigen bestimmt worden, die in den Leitlinien festgelegt und von der Kommission im vorliegenden Fall angewandt wurde. In der Rechtssache Degussa/Kommission (siehe oben, Randnr. 45) hatte die Kommission die Kartellmitglieder nach ihrem Umsatz in verschiedene Gruppen eingeteilt und für alle Mitglieder derselben Gruppe denselben Grundbetrag der Geldbuße festgesetzt. Die Klägerin in dieser Rechtssache war in dieselbe Gruppe wie ein anderes Unternehmen, das einen höheren Umsatz erzielt hatte, eingestuft worden, und für beide Unternehmen wurde daher derselbe Grundbetrag festgesetzt. Um eine ausreichend abschreckende Wirkung sicherzustellen, hatte die Kommission diesen Betrag sodann bei jedem der beiden Unternehmen in gleichem Umfang erhöht, und zwar um 100 %. Dies wurde vom Gericht beanstandet (Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnrn. 328 bis 335). 61 Im vorliegenden Fall fällt jedoch zum einen, wie bereits festgestellt, der Grundbetrag der Geldbuße bei den verschiedenen Kartellmitgliedern je nach dem Umsatz, den sie erzielt haben, unterschiedlich aus. Zum anderen hat die Kommission, wie sie zu Recht geltend macht, den Grundbetrag nicht speziell erhöht, um eine hinreichend abschreckende Wirkung der Geldbuße zu gewährleisten. Die Umstände der vorliegenden Rechtssache sind daher in keiner Weise mit denen der Rechtssache Degussa/Kommission (oben in Randnr. 45 angeführt) vergleichbar. 62 Die Klägerin beanstandet auch, dass die Kommission die Geldbuße für die Kartellmitglieder mit den höchsten Gesamtumsätzen nicht nach Ziff. 30 der Leitlinien erhöht habe. Hierzu ist festzustellen, dass sich dieser Ziffer der Leitlinien zwar tatsächlich entnehmen lässt, dass sich die Erhöhung der Geldbuße gegen ein Unternehmen, das besonders hohe Umsätze mit Waren oder Dienstleistungen, die nicht mit der Zuwiderhandlung im Zusammenhang stehen, erzielt hat, als erforderlich erweisen kann, um eine ausreichend abschreckende Wirkung dieser Geldbuße zu gewährleisten, nicht aber, dass umgekehrt eine Geldbuße, die keinen signifikanten Prozentsatz des Gesamtumsatzes des betroffenen Unternehmens ausmacht, keine hinreichend abschreckende Wirkung für dieses Unternehmen entfalten wird. 63 Eine Geldbuße, die nach der in den Leitlinien bestimmten Methode festgesetzt wird, stellt nämlich grundsätzlich einen beträchtlichen Prozentsatz des Umsatzes dar, den das mit der Geldbuße belegte Unternehmen in dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Sektor erzielt hat. So wird das fragliche Unternehmen feststellen, dass sich seine Gewinne in diesem Sektor aufgrund der Geldbuße erheblich vermindern, oder sogar Verluste verzeichnen. Auch wenn der von ihm in diesem Sektor erzielte Umsatz nur einen kleinen Teil seines Gesamtumsatzes darstellt, kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Gewinneinbuße in diesem Sektor bzw. die Verwandlung der Gewinne in Verluste eine abschreckende Wirkung hat, da sich ein Handelsunternehmen in einem bestimmten Sektor grundsätzlich betätigt, um Gewinne zu erzielen. 64 Daher sieht Ziff. 30 der Leitlinien die Möglichkeit, aber keine Verpflichtung der Kommission vor, die Geldbuße zu erhöhen, die gegen ein Unternehmen festgesetzt wird, das besonders hohe Umsätze mit Waren oder Dienstleistungen erzielt, die nicht mit der Zuwiderhandlung im Zusammenhang stehen. Die Klägerin hat jedoch, abgesehen von einem vagen Hinweis auf einen beträchtlichen Gesamtumsatz bestimmter Kartellmitglieder – einem Hinweis, der lediglich die Argumentation widerspiegelt, die im Rahmen der später untersuchten fünften Rüge vorgetragen wird –, nichts dafür vorgetragen, dass die Kommission vorliegend von dieser Möglichkeit hätte Gebrauch machen müssen. Folglich kann ihr aus diesem Grund kein Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit vorgeworfen werden. 65 Schließlich wird die Tatwiederholung, wie die Klägerin selbst einräumt, gemäß Ziff. 28 erster Gedankenstrich der Leitlinien bei der Anpassung des Grundbetrags der Geldbuße als erschwerender Umstand berücksichtigt und kann zu einer beträchtlichen Erhöhung bis hin zu einer Verdoppelung dieses Betrags führen. Dagegen erfolgt die Bestimmung des Grundbetrags, in deren Rahmen der Prozentsatz nach Ziff. 25 der Leitlinien festgelegt wird, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Randnr. 58), unter Berücksichtigung der Schwere der Zuwiderhandlung. Wird in diesem Stadium ein erschwerender Umstand, der in einem späteren Stadium Berücksichtigung findet, nicht berücksichtigt, hat dies keinen Rechtsirrtum zur Folge (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichtshofs vom 11. September 2008, Coats Holdings und Coats/Kommission, C-468/07 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 28). 66 Nach alledem ist die erste Rüge als unbegründet zurückzuweisen. – Zur zweiten, die erschwerenden Umstände betreffenden Rüge 67 Die Klägerin rügt, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung nicht geprüft, welche Kartellmitglieder die führende Rolle bei dem Verstoß gespielt hätten, und weist darauf hin, dass sie selbst ein passives Mitglied gewesen sei. Zwar ließen sich nicht bei allen Kartellen ein oder mehrere Anführer ermitteln. In einem komplexen Kartell wie dem vorliegenden sei es jedoch kaum vorstellbar, dass das Kartell hätte funktionieren können, ohne dass eines oder mehrere Unternehmen die Idee dazu entwickelt und die notwendige Vorbereitung getroffen hätten. Die Kommission habe sich nicht hinreichend darum bemüht, diese Unternehmen zu ermitteln. Hierzu hätte sie beispielsweise prüfen müssen, wer die ersten Zusammenkünfte ausgerichtet und die passiven Kartellmitglieder dazu eingeladen habe oder in wessen Geschäftsräumen diese Treffen stattgefunden hätten. Die Kommission habe folglich die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verletzt, da sie die passiven Kartellmitglieder genauso behandelt habe wie die Anführer und Anstifter. 68 Diese Rüge geht nach Auffassung der Kommission ins Leere. Selbst wenn festzustellen gewesen wäre, dass ein anderes oder mehrere andere Unternehmen Anführer des Kartells gewesen seien, hätte eine solche Feststellung keine Auswirkungen auf die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße und könnte höchstens zur Erhöhung der gegen diese anderen Unternehmen verhängten Geldbußen führen. 69 Aus den oben in den Randnrn. 55 und 56 dargelegten Gründen kann die vorliegende Rüge nicht von vornherein als ins Leere gehend zurückgewiesen werden. Ohne dass geprüft zu werden braucht, ob die oben in Randnr. 56 aufgeführten Voraussetzungen für eine Erhöhung der Geldbuße vorliegend erfüllt sind, ist sie jedoch jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen. 70 Zunächst ist das Vorbringen der Klägerin, sie habe sich in dem Kartell passiv verhalten, nicht im Rahmen der vorliegenden Rüge, sondern im Zusammenhang mit der Prüfung der dritten Rüge bezüglich der mildernden Umstände einschlägig, zumal die Klägerin dieses Vorbringen mit ihrer Argumentation zu dieser Rüge wiederholt und ausweitet. 71 Ferner wurden die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen in der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen geprüft. Wie aus ihrem 177. Erwägungsgrund hervorgeht, betraf der streitige Verstoß drei Produkte, und zwar Calciumcarbidpulver, Magnesiumgranulat und Calciumcarbidgranulat, sowie zwei Märkte, und zwar den Markt für die untereinander austauschbaren und für die Stahlindustrie bestimmten ersten beiden Produkte und den Markt für das für die Gasindustrie bestimmte dritte Produkt. Die Kommission bezieht sich auf unterschiedliche Vereinbarungen über jedes dieser Produkte (siehe Erwägungsgründe 54 bis 91, 113 bis 135 und 92 bis 112 der angefochtenen Entscheidung), kommt aber im 177. Erwägungsgrund ihrer Entscheidung zu dem Ergebnis, dass die drei Vereinbarungen eine einheitliche und fortdauernde Zuwiderhandlung darstellten. 72 Was insbesondere Calciumcarbidpulver betrifft, stellte die Kommission im 56. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest, dass „die ersten beiden Zusammenkünfte … in den Geschäftsräumen von Almamet statt[fanden]“. Zur Stützung dieser Feststellung verwies sie im Übrigen in Fn. 106 u. a. auf den Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung. Der Ablauf der ersten Zusammenkunft wird in den Erwägungsgründen 64 bis 66 der angefochtenen Entscheidung im Einzelnen beschrieben. Nach dieser Beschreibung hatte Almamet die anderen Teilnehmer zu dem Treffen eingeladen, da es nicht nur in den Geschäftsräumen von Almamet stattfand, sondern deren Vertreter auch die Diskussion eröffnete (siehe 65. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 73 Auch die zweite Zusammenkunft in Bezug auf dieses Erzeugnis fand der angefochtenen Entscheidung zufolge (siehe 67. Erwägungsgrund) in den Geschäftsräumen von Almamet statt. Bei diesem Treffen beschlossen, wie aus dem 69. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, die Teilnehmer, darunter die Klägerin, jedoch, derartige Zusammenkünfte regelmäßig auszurichten und die Verantwortlichkeit für deren Organisation turnusmäßig zu übernehmen. In den Erwägungsgründen 70 bis 89 der angefochtenen Entscheidung wird sodann auf neun weitere, von unterschiedlichen Kartellmitgliedern ausgerichtete Zusammenkünfte verwiesen, von denen zwei, die Treffen am 7. April 2005 und am 25. April 2006, in der Slowakei stattgefunden haben und von der Klägerin organisiert worden sein sollen (siehe Erwägungsgründe 74 bzw. 83 der angefochtenen Entscheidung). 74 In Bezug auf Calciumcarbidgranulat stellte die Kommission im 98. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest, dass die erste Zusammenkunft am 7. April 2004 in einem Hotel in Slowenien stattgefunden habe und von der TDR-Metalurgija d.d. ausgerichtet worden sei. An diesem Treffen hätten zudem nur die Klägerin und Donau Chemie teilgenommen. Im 99. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung bezieht sich die Kommission auf zwei weitere Zusammenkünfte der drei Anbieter von Calciumcarbidgranulat in Bratislava (Slowakei). Fragen zu Calciumcarbidgranulat seien jedoch auch im Rahmen der Calciumcarbidpulvertreffen oder bei den sich daran anschließenden außerordentlichen Zusammenkünften behandelt worden (siehe Erwägungsgründe 101 und 108 der angefochtenen Entscheidung). 75 Schließlich waren von der Vereinbarung über Magnesium nur Almamet, Donau Chemie und Ecka betroffen. Die anderen Adressaten der angefochtenen Entscheidung, einschließlich der Klägerin, stellten kein Magnesium her. Aus dem 125. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ergibt sich, dass die erste Zusammenkunft der drei mit Magnesium befassten Unternehmen Ende 2004 oder Anfang 2005 stattfand, das genaue Datum jedoch nicht festgestellt werden konnte. In der angefochtenen Entscheidung wird auf fünf weitere Zusammenkünfte zu diesem Erzeugnis Bezug genommen. Mit Ausnahme des Treffens vom 2. Mai 2006, das von Ecka ausgerichtet wurde, die auch die Kosten übernahm (siehe 129. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), wird nicht weiter angegeben, welches Unternehmen die Zusammenkünfte ausrichtete. Im 115. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung heißt es jedoch, dass die drei an diesen Zusammenkünften beteiligten Unternehmen die Verantwortlichkeit für deren Ausrichtung sowie die entsprechenden Kosten turnusmäßig übernommen hätten. 76 Alle diese Erwägungen sprechen gegen die These der Klägerin, die streitige Zuwiderhandlung bedürfe ihrem Wesen nach eines oder mehrerer Anführer. Aus den oben in den Randnrn. 71 bis 73 genannten Erwägungsgründen der angefochtenen Entscheidung folgt nämlich, dass alle Kartellmitglieder gleichgestellt waren. Der Umstand, dass Almamet das erste Calciumcarbidpulver- und TDR-Metalurgija das erste Calciumcarbidgranulattreffen ausrichteten, scheint keine besondere Bedeutung zu besitzen. Die angefochtene Entscheidung enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass diese beiden Unternehmen eine wichtigere Rolle in dem Kartell eingenommen hätten als die übrigen. 77 Vielmehr ergibt sich aus dem 54. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass die Vereinbarung über Calciumcarbidpulver nach Auffassung der Kommission auf die rückläufige Tendenz des Produktpreises seit Anfang des 21. Jahrhunderts bei gleichzeitigem Anstieg der Herstellungskosten und Rückgang der Nachfrage zurückzuführen war. 78 Nach dem 104. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ging man von einer ähnlichen Entwicklung auf dem Calciumcarbidgranulatmarkt aus. In diesem Erwägungsgrund wird ein „Mitarbeiter von Akzo Nobel“ zitiert, der für alle Anbieter von Calciumcarbidgranulat „Preiserhöhungen [als] dringend nötig“ bezeichnet habe. Zu Magnesium, das ebenfalls für die Stahlindustrie bestimmt ist und Calciumcarbidpulver ersetzen kann, stellt die Kommission im 113. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest, dass die Nachfrage danach steige, fügt aber – von der Klägerin unwidersprochen – hinzu, dass „die Anbieter doch die … steigende Marktmacht ihrer Abnehmer zu spüren“ bekommen hätten und zudem zunehmendem Druck durch neue chinesische Wettbewerber auf dem Markt ausgesetzt seien. 79 Unter diesen Umständen ist unerheblich, wer die Initiative für die Ausrichtung einer ersten Zusammenkunft ergriff, da darin nur die gemeinsame Absicht mehrerer Hersteller des betreffenden Produkts zum Ausdruck kam. Im Übrigen hat die Klägerin ihre Feststellung, dass ein Verstoß wie der vorliegende ohne einen oder mehrere Anführer schwer vorstellbar sei, weder erläutert noch durch konkrete Beweise belegt. Die einzigen konkreten Fragen, die die Klägerin in ihrer Argumentation aufgeworfen hat, wurden zudem unabhängig davon, ob sie für die Feststellung möglicher erschwerender Umstände einschlägig sind, jedenfalls im Wesentlichen, wie bereits oben in Randnr. 71 festgestellt, in der angefochtenen Entscheidung behandelt. 80 Daher kann der Feststellung der Klägerin, die Kommission habe nicht geprüft, ob mögliche erschwerende Umstände in Bezug auf bestimmte andere Kartellmitglieder vorlägen, und dadurch gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, nicht gefolgt werden. Die zweite Rüge ist somit als unbegründet zurückzuweisen. – Zur dritten, mildernde Umstände betreffenden Rüge 81 Die Klägerin rügt, dass die Kommission das Vorliegen mildernder Umstände, die nach Ziff. 29 der Leitlinien eine Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße rechtfertigten, verneint habe. Insofern verweist sie erstens auf den fahrlässigen Charakter ihrer Teilnahme an dem Kartell, zweitens auf den passiven und begrenzten Charakter dieser Teilnahme und drittens auf ihre außerhalb des Anwendungsbereichs der „Kronzeugenregelung von 2002/2006“ und über ihre rechtliche Verpflichtung zur Zusammenarbeit hinaus erfolgte Zusammenarbeit mit der Kommission, die diese nicht berücksichtigt habe. 82 Als erstes Argument trägt die Klägerin vor, bei ihren Vorstandsmitgliedern habe es sich zur Zeit des streitigen Sachverhalts um Personen gehandelt, die unter den Bedingungen der streng regulierten Wirtschaft des kommunistischen Regimes vor 1989 ausgebildet worden seien und Karriere gemacht hätten. Zumindest zu Beginn des Kartells seien sich ihre Vorstandsmitglieder der Rechtswidrigkeit ihres wettbewerbswidrigen Verhaltens daher gar nicht bewusst gewesen. Sie hätten die Zusammenkünfte des Kartells als gewöhnliche Geschäftstermine betrachtet und seien von den übrigen Teilnehmern wegen ihrer mangelnden Diskretion gerügt worden. Zuvor sei zudem niemals von einer Wettbewerbsbehörde gegen die Klägerin ermittelt oder eine Sanktion verhängt worden; der fahrlässige Charakter ihrer Beteiligung am Kartell hätte als mildernder Umstand berücksichtigt werden müssen. 83 Die Kommission hält dem entgegen, dass der geltend gemachte Verstoß mehr als 14 Jahre nach dem Ende des kommunistischen Regimes der Tschechoslowakei begangen worden sei und dass die Slowakische Republik schon vor ihrem Beitritt zur Europäischen Union Gesetze erlassen habe, die entsprechende Vereinbarungen verboten hätten. Die Klägerin entgegnet in ihrer Erwiderung, dass diese Argumente die Folgen, die sich für ihre Vorstandsmitglieder daraus ergeben hätten, dass sie einen erheblichen und entscheidenden Teil ihrer Karriere in einem nicht marktwirtschaftlichen System durchlaufen hätten, nicht hinreichend berücksichtigten. 84 Ohne dass auf diese Auseinandersetzung zwischen den Parteien im Einzelnen einzugehen wäre, ist darauf hinzuweisen, dass Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 die Kommission ermächtigt, gegen Unternehmen, die gegen Art. 81 EG verstoßen haben, sowohl bei Vorsatz als auch bei Fahrlässigkeit Geldbußen zu verhängen. 85 Nach ständiger Rechtsprechung ist es, damit eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln als vorsätzlich und nicht als fahrlässig begangen angesehen werden kann, nicht erforderlich, dass sich das betreffende Unternehmen des Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln bewusst war; es genügt, dass das Unternehmen sich nicht in Unkenntnis darüber befinden konnte, dass sein Verhalten einen Verstoß gegen den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt bezweckte (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 11. Juli 1989, Belasco u. a./Kommission, 246/86, Slg. 1989, 2117, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T-259/02 bis T-264/02 und T-271/02, Slg. 2006, II-5169, Randnr. 205 und die dort angeführte Rechtsprechung). 86 Im vorliegenden Fall stellt die Klägerin ihre Teilnahme an der Zuwiderhandlung nicht in Abrede, sondern räumt im Zusammenhang mit der vorliegenden Rüge ihre Verantwortlichkeit für das wettbewerbswidrige Verhalten ihres ehemaligen Vorstands ein und bestreitet es nicht. Aufgrund der Umstände der streitigen Zuwiderhandlung, wie sie oben in Randnr. 1 zusammengefasst sind, ist jedoch offensichtlich, dass es den Vorstandsmitgliedern der Klägerin, die diese bei den verschiedenen Zusammenkünften im Rahmen des Kartells vertraten und sodann die dort getroffenen Entscheidungen umsetzten, nicht entgangen sein konnte, dass ihr Verhalten einen Verstoß gegen den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt bezweckte. Ein solcher ist nämlich die unmittelbare und sofortige Folge einer Aufteilung von Märkten, von Quotenabsprachen, von Kundenzuteilungen und von Preisfestsetzungen zwischen verschiedenen Teilnehmern auf denselben Märkten, die sämtlich Gegenstand der durch die angefochtene Entscheidung mit einer Geldbuße belegten Zuwiderhandlung sind. 87 Wie hingegen aus der oben in Randnr. 85 angeführten Rechtsprechung hervorgeht, ist es in diesem Zusammenhang unerheblich, dass die Vorstandsmitglieder aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen unter dem ehemaligen kommunistischen Regime der Tschechoslowakei oder aus anderen Gründen darüber hinweggesehen haben, dass ein solches Verhalten gegen die nationalen oder unionsrechtlichen Wettbewerbsregeln verstieß. 88 Wie die Kommission zu Recht feststellt, wird der Schluss, dass sich die Vorstandsmitglieder der Klägerin der Wettbewerbswidrigkeit ihres Verhaltens bewusst gewesen seien, durch die Ausführungen der Klägerin in ihrem Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung belegt. Die Klägerin erklärte darin, dass die Vorstandsmitglieder, die an den Kartelltreffen teilgenommen hätten, in ihren „Auslandsreiseberichten“, von denen einige der Kommission bei einer Nachprüfung in den Räumlichkeiten der Klägerin zur Verfügung gestellt worden seien, die damit zusammenhängenden Informationen nicht erwähnt hätten. Sie hätten diese Informationen dem Generaldirektor und dem Vorstandsvorsitzenden der Klägerin mündlich vorgetragen, um schriftliche Spuren zu vermeiden. Dieses Verhalten der Vorstandsmitglieder der Klägerin kann nur bedeuten, dass sie sich des wettbewerbswidrigen, d. h. rechtswidrigen Charakters ihrer Teilnahme an den fraglichen Zusammenkünften bewusst waren, da andernfalls schwer nachzuvollziehen wäre, warum sie schriftliche Spuren vermeiden wollten. 89 Der Kommission kann folglich nicht vorgeworfen werden, der Klägerin zu Unrecht keine Herabsetzung der Geldbuße gewährt zu haben, weil diese die Zuwiderhandlung fahrlässig begangen habe. 90 Als zweites Argument rügt die Klägerin, dass die Kommission den passiven Charakter ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung nicht als mildernden Umstand berücksichtigt habe. Sie macht hierzu geltend, ihre Vorstandsmitglieder, die sie bei den verschiedenen Zusammenkünften des Kartells vertreten hätten, beherrschten keine Fremdsprache fließend und hätten auf die Dienste eines Dolmetschers zurückgreifen müssen. Im Übrigen hätten die anderen Kartellmitglieder darauf hingewiesen, dass sich der Vertreter der Klägerin bei verschiedenen Treffen passiv verhalten und mit den anderen Teilnehmern keinen Kontakt gepflegt habe. Die Kommission selbst habe in der Mitteilung der Beschwerdepunkte festgestellt, dass die Klägerin das am wenigsten aktive Kartellmitglied gewesen sei, da sie zu keinem Zeitpunkt Tabellen erstellt oder Daten von Kartellmitgliedern, die bei einem bestimmten Treffen gefehlt hätten, gesammelt oder den anderen Mitgliedern zur Verfügung gestellt habe. Zudem habe das Kartell für Almamet, die ihre Produkte vertreibe, eine viel größere Bedeutung gehabt, und aus diesem Grund hätte sie daraus Vorteile ziehen können, ohne selbst daran teilzunehmen. Von Almamet sei im Übrigen die Aufforderung an die Klägerin ausgegangen, sich am Kartell zu beteiligen. Zuvor habe sie keinen regelmäßigen Kontakt zu den anderen Kartellmitgliedern unterhalten. 91 Hierzu ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung, wenn eine Zuwiderhandlung von mehreren Unternehmen begangen wurde, im Rahmen der Bemessung der Geldbußen die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen Unternehmens zu prüfen ist, wobei insbesondere festzustellen ist, welche Rolle das Unternehmen bei der Zuwiderhandlung während der Dauer seiner Beteiligung an ihr gespielt hat. Dies ist die logische Folge des Grundsatzes der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen, wonach ein Unternehmen nur für die ihm individuell zur Last gelegten Handlungen mit einer Sanktion belegt werden darf; dieser Grundsatz gilt für alle Verwaltungsverfahren, die zu Sanktionen nach den Wettbewerbsregeln des Unionsrechts führen können (vgl. Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T-38/02, Slg. 2005, II-4407, Randnrn. 277 und 278 und die dort angeführte Rechtsprechung). 92 Gemäß diesen Grundsätzen sieht Ziff. 29 der Leitlinien eine Abstufung des Grundbetrags der Geldbuße anhand bestimmter mildernder Umstände vor, die den jeweiligen betroffenen Unternehmen zuzuordnen sind. Insbesondere enthält diese Ziffer eine nicht abschließende Liste mildernder Umstände, die berücksichtigt werden können. Die „ausschließlich passive Mitwirkung oder reines Mitläufertum“ eines Unternehmens bei der Zuwiderhandlung ist jedoch in dieser nicht abschließenden Liste nicht enthalten, während dies in Ziff. 3 erster Gedankenstrich der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 § 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3), die durch die Leitlinien ersetzt worden sind, ausdrücklich als mildernder Umstand vorgesehen war. 93 Die Kommission darf zwar, wie oben in Randnr. 47 ausgeführt, nicht von Vorschriften abweichen, die sie sich selbst auferlegt hat; es steht ihr aber frei, diese Vorschriften abzuändern oder zu ersetzen. In einem Fall, auf den – wie es bei der streitigen Zuwiderhandlung der Fall ist, die nach Ziff. 38 der Leitlinien ratione temporis unter diese fällt – die neuen Vorschriften anwendbar sind, kann der Kommission die Nichtberücksichtigung eines in diesen neuen Vorschriften nicht vorgesehenen mildernden Umstands nicht allein deshalb vorgeworfen werden, weil er in den früheren Vorschriften enthalten war. Die Tatsache, dass die Kommission in ihrer früheren Entscheidungspraxis bestimmte Gesichtspunkte bei der Festlegung der Höhe der Geldbuße als mildernde Umstände angesehen hat, bedeutet nicht, dass sie verpflichtet wäre, dies in einer späteren Entscheidung ebenfalls zu tun (Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, Mayr-Melnhof/Kommission, T-347/94, Slg. 1998, II-1751, Randnr. 368, und vom 20. März 2002, LR AF 1998/Kommission, T-23/99, Slg. 2002, II-1705, Randnr. 337). 94 Wie bereits oben in Randnr. 92 festgestellt, ist die Aufstellung der mildernden Umstände, die von der Kommission berücksichtigt werden können, in Ziff. 29 der Leitlinien nicht abschließend. Dass die passive Rolle eines an einer Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens in den Leitlinien nicht als mildernder Umstand aufgeführt ist, steht folglich ihrer Berücksichtigung als solcher Umstand nicht entgegen, wenn er als Beleg dafür geeignet ist, dass die Beteiligung dieses Unternehmens an der Zuwiderhandlung von geringerer Schwere ist. 95 Eine Entscheidung darüber, ob diese Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt ist, ist jedoch entbehrlich, da den von der Klägerin vorgetragenen Gesichtspunkten und Argumenten jedenfalls nicht entnommen werden kann, dass ihre Rolle bei der fraglichen Zuwiderhandlung passiv war oder sich als reines Mitläufertum darstellte. 96 Nach den Ausführungen des Gerichts in seinem Urteil vom 9. Juli 2003, Cheil Jedang/Kommission (T-220/00, Slg. 2003, II-2473, Randnrn. 167 und 168), auf das sich die Klägerin selbst zur Stützung ihrer Argumentation berufen hat, impliziert eine solche passive Rolle, dass sich das betreffende Unternehmen „nicht hervorgetan“, d. h. nicht aktiv an der Ausarbeitung der wettbewerbswidrigen Vereinbarung oder Vereinbarungen teilgenommen hat. Ein Anhaltspunkt für die passive Rolle eines Unternehmens innerhalb eines Kartells kann darin bestehen, dass es deutlich seltener als die gewöhnlichen Kartellmitglieder an den Besprechungen teilgenommen hat, dass es – unabhängig von der Dauer seiner Mitwirkung an der Zuwiderhandlung – spät in den fraglichen Markt eingetreten ist oder dass sich Vertreter dritter Unternehmen, die an der Zuwiderhandlung beteiligt waren, ausdrücklich in diesem Sinne geäußert haben. 97 Erstens hat die Klägerin im vorliegenden Fall jedoch, worauf die Kommission zutreffend hinweist, an zehn der elf Calciumcarbidpulvertreffen teilgenommen (siehe die Erwägungsgründe 64 bis 88 der angefochtenen Entscheidung) und zwei davon sogar ausgerichtet. Sie hat auch an allen in der angefochtenen Entscheidung genannten Calciumcarbidgranulattreffen teilgenommen (siehe die Erwägungsgründe 98 und 99 der angefochtenen Entscheidung). 98 Zweitens entsprach, wie aus der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, der Beitrag der Klägerin zu den Zusammenkünften, bei denen sie anwesend war, dem der anderen Teilnehmer. Aus den vorstehend genannten Erwägungsgründen der angefochtenen Entscheidung ergibt sich nämlich, dass die Teilnehmer der verschiedenen Treffen Informationen über ihr Absatzvolumen austauschten und die Tabelle der Marktaufteilung daraufhin aktualisiert wurde. Ferner wurde über die anzuwendenden Preise gesprochen, und gelegentlich wurden Preiserhöhungen beschlossen (siehe z. B. die Erwägungsgründe 67 und 68 der angefochtenen Entscheidung). Nichts in diesen Angaben lässt den Schluss zu, dass sich die Klägerin passiv oder – allgemeiner – anders als die übrigen Teilnehmer verhalten hätte. Im Gegenteil ergibt sich aus dem 73. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass die Klägerin in ihrem internen Bericht über die Zusammenkunft am 24. Januar 2005 darauf hingewiesen hatte, dass sie eine Preiserhöhung für Koks erfolgreich mit einer Preiserhöhung für Calciumcarbid aufgefangen habe. Zudem hatte die Klägerin nach den Angaben im 110. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ihre Zustimmung dazu signalisiert, dass Volumenverluste von Donau Chemie in Österreich durch zusätzliche Volumina in Deutschland ausgeglichen würden. Dies sind stichhaltige Anhaltspunkte dafür, dass sich die Klägerin mindestens ebenso aktiv an den Zusammenkünften beteiligte wie die anderen Kartellmitglieder. 99 Drittens entspricht das Vorbringen der Klägerin, sie habe bei einer Zusammenkunft niemals die Daten eines anderen abwesenden Kartellmitglieds weitergegeben, zwar den Angaben in der angefochtenen Entscheidung, doch lässt dies nicht den Schluss auf eine passive Beteiligung der Klägerin am Kartell zu. Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich nämlich, dass die meisten Kartellmitglieder bei den Zusammenkünften anwesend waren. Dem Umstand, dass ein Mitglied gelegentlich an einem bestimmten Treffen nicht teilnehmen konnte und seine Daten einem anderen Mitglied übermittelte, das sie sodann bei der fraglichen Sitzung vorlegte (siehe z. B. den 83. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, wonach Akzo Nobel an dem Treffen vom 25. April 2006 nicht teilnehmen konnte, aber ihre Daten zuvor Donau Chemie übermittelt hatte), kam offenbar keine besondere Bedeutung zu; er ist daher für sich genommen kein Indiz für eine aktivere Beteiligung des Kartellmitglieds, das für ein abwesendes Mitglied in dieser Weise tätig wurde. 100 Viertens ist die Feststellung der Klägerin, die übrigen Kartellmitglieder hätten auf das passive Verhalten ihres Vertreters bei den Zusammenkünften angespielt, nicht belegt. 101 Was das Vorbringen der Klägerin angeht, gemäß der Mitteilung der Beschwerdepunkte sei sie das am wenigsten aktive Kartellmitglied gewesen, so hat das Gericht sie im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme aufgefordert, den entsprechenden Auszug aus dieser Mitteilung vorzulegen. Darauf entgegnete die Klägerin im Wesentlichen, die Feststellung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte, dass Almamet den Anstoß zu den Zusammenkünften gegeben habe, der Vertreter von SKW Stahl-Metallurgie die späteren Zusammenkünfte geleitet habe und der Vertreter von Donau Chemie häufig mit der Aktualisierung und Verteilung der zwischen den Teilnehmern ausgetauschten Tabellen beauftragt gewesen sei, während die Klägerin selbst in den verschiedenen Sitzungsprotokollen oft nicht besonders genannt worden sei, deute auf ihre passive Rolle im Kartell hin. 102 Die Klägerin macht somit nicht geltend, dass in der Mitteilung der Beschwerdepunkte die von ihr als passiv eingestufte Rolle im Kartell ausdrücklich anerkannt werde. Sie räumt nämlich implizit ein, dass sich die in der vorstehenden Randnummer wiedergegebene Angabe als solche nirgendwo in der Mitteilung der Beschwerdepunkte findet, sondern ihre eigene Auslegung dieser Mitteilung darstellt. Dieser Auslegung kann jedoch nicht gefolgt werden. Wie oben in Randnr. 99 gezeigt, lässt der bloße Umstand, dass einige Kartellmitglieder bei den verschiedenen Zusammenkünften des Kartells bestimmte Verwaltungsaufgaben übernahmen, nicht schon den Schluss auf die passive Rolle der anderen Mitglieder zu. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin nicht bestritten hat, selbst zwei Zusammenkünfte des Calciumcarbidpulver betreffenden Teils des Kartells ausgerichtet zu haben (siehe oben, Randnr. 73). 103 Fünftens ist unerheblich, inwieweit die beiden Vorstandsmitglieder der Klägerin, die sie bei den Kartelltreffen vertraten, über Fremdsprachenkenntnisse verfügten. Unabhängig von diesen Kenntnissen ist nämlich, wie bereits oben in Randnr. 98 festgestellt, entscheidend, dass die Klägerin an diesen Zusammenkünften ebenso aktiv teilnahm wie die anderen Kartellmitglieder, d. h., dass sie Angaben über ihren Umsatz machte, Kenntnis von den entsprechenden Daten der anderen Kartellmitglieder besaß und Verpflichtungen bezüglich der Aufteilung der relevanten Märkte, Quotenabsprachen, Aufteilung von Kunden sowie Preisfestsetzungen einging. Der Umstand – unterstellt, er träfe zu –, dass aufgrund fehlender Sprachkenntnisse die soziale Interaktion zwischen den Vertretern der Klägerin und denen der anderen Kartellmitglieder eingeschränkt war, ist hierbei unerheblich. 104 Sechstens stellt die Tatsache – ihr Vorliegen unterstellt –, dass die Klägerin aufgrund der Beteiligung von Almamet aus dem Kartell Nutzen gezogen habe, ohne sich daran zu beteiligen, weder eine Rechtfertigung für ihre Kartellbeteiligung noch einen mildernden Umstand dar. 105 Das dahin gehende Vorbringen der Klägerin widerspricht jedenfalls, wie die Kommission zu Recht feststellt, ihren eigenen Ausführungen im Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung. Danach hatte sich die Klägerin nämlich das Ziel gesetzt, den Preis für den Verkauf ihrer Produkte an Almamet zu erhöhen. Almamet habe im Wesentlichen entgegnet, eine solche Erhöhung würde sie zur Erhöhung ihrer Endverkaufspreise verpflichten, und die Endkunden würden sich gegen eine solche Erhöhung zur Wehr setzen. Almamet habe sodann festgestellt, dass die einzige Lösung darin bestehe, eine Zusammenkunft der betreffenden Erzeuger und Lieferanten im Hinblick auf eine Preiserhöhung auszurichten. Die Klägerin habe geantwortet, dass Almamet unabhängig davon, wie sie das Problem angehen wolle, eine Erhöhung der Einkaufspreise bei ihr akzeptieren müsse. Dieses Vorbringen der Klägerin zeigt, dass Almamet die Organisation des ersten Calciumcarbidpulvertreffens auf den von der Klägerin auf sie ausgeübten Druck hin übernommen hat und dass die Klägerin, der dies bekannt war, sie nicht nur nicht davon abhielt und sich davon distanzierte, sondern dadurch, dass sie auf einer Preiserhöhung bestand, im Gegenteil den Druck aufrechterhielt. Die These, die Beteiligung der Klägerin sei passiv gewesen, wird durch dieses Vorbringen nicht bestätigt, sondern im Gegenteil in beträchtlichem Maß entkräftet. 106 Aus alledem ist zu schließen, dass die Kommission zu Recht nicht als mildernden Umstand berücksichtigt hat, dass die Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung passiven Charakter gehabt haben soll. 107 Als drittes Argument macht die Klägerin geltend, ihre tatsächliche Zusammenarbeit mit der Kommission hätte von dieser als mildernder Umstand berücksichtigt werden müssen. Sie habe ihren Teil der Verantwortung für die Zuwiderhandlung übernommen, zugleich aber ihre Missbilligung der übertrieben hohen Bewertung der relativen Schwere ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung und der gegen sie verhängten Geldbuße zum Ausdruck gebracht. Dass sie die Teilnahme ihrer Vorstandsmitglieder an den Kartelltreffen und das Bestehen eines horizontalen Zusammenschlusses zur Preisfestsetzung bestätigt habe, stelle kein bloßes Nichtbestreiten des von der Kommission festgestellten Sachverhalts dar, wie der 327. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung nahelege. Sie habe auch nicht versucht, jeder Schlussfolgerung der Kommission in Bezug auf die streitige Zuwiderhandlung zu widersprechen, sondern habe die Kommission bei ihrer Untersuchung unterstützen wollen. Daher werde in mehreren Erwägungsgründen der angefochtenen Entscheidung auf ihre Ausführungen als Beweismittel verwiesen. Als Beispiele seien insbesondere die Fn. 100, 104, 106, 111, 118, 146 bis 150, 158, 161, 174, 180, 182 bis 185, 188, 190, 194 und 617 der angefochtenen Entscheidung zu nennen. 108 In ihrer Erwiderung führt die Klägerin aus, ihr Vorbringen werde auch durch die Klagebeantwortung der Kommission bestätigt, die zahlreiche Querverweise auf den Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung enthalte. Dadurch, dass sie ein Unternehmen für seine Zusammenarbeit bestrafe, statt es zu belohnen, verkehre die Kommission im Übrigen das Ziel der Kooperationsregelungen, wie sie aus der „Kronzeugenregelung von 2002/2006“ folgten, in sein Gegenteil und verstoße gegen die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Justizverwaltung und des Verbots der Selbstbelastung. Daher seien die Argumente der Kommission, die mit Hinweisen auf den Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung und den entsprechenden Beweisen belegt würden, als unerheblich zurückzuweisen. 109 Was das in der vorstehenden Randnummer zusammengefasst wiedergegebene Vorbringen der Klägerin betrifft, kann zwar, wie die Kommission zu Recht feststellt, der Umstand, dass sie in ihren Schriftsätzen vor dem Gericht den Antrag der Klägerin auf Anwendung der Kronzeugenregelung heranzieht, weder die Gültigkeit der angefochtenen Entscheidung berühren, da der Antrag zeitlich nach der angefochtenen Entscheidung liegt, noch einen nützlichen Anhaltspunkt für den Mehrwert dieser Erklärung gegenüber den sonstigen Beweismitteln bilden, die der Kommission zur Verfügung standen. Jedoch wirft das Vorbringen der Klägerin die Frage nach der Zulässigkeit der Berufung auf den Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung im Verfahren vor dem Gericht auf. Wegen der zahlreichen Verweise auf den genannten Antrag in der Argumentation der Kommission ist daher zunächst diese Frage zu prüfen. 110 Die Zusammenarbeit im Sinne der Kronzeugenregelung von 2002 erfolgt seitens des betreffenden Unternehmens völlig freiwillig. Denn es wird in keiner Weise dazu gezwungen, Beweise für das mutmaßliche Kartell vorzulegen. Das Ausmaß der Zusammenarbeit, die das Unternehmen im Lauf des Verwaltungsverfahrens anzubieten wünscht, ist somit ausschließlich Gegenstand seiner freien Entscheidung und wird keinesfalls durch die genannte Regelung vorgegeben (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juli 2005, ThyssenKrupp/Kommission, C-65/02 P und C-73/02 P, Slg. 2005, I-6773, Randnr. 52, und Schlussanträge von Generalanwalt Léger in dieser Rechtssache, Slg. 2005, I-6777, Nr. 140). 111 Zudem heißt es in Ziff. 31 der im vorliegenden Fall anzuwendenden (siehe oben, Randnr. 27) Kronzeugenregelung von 2006 u. a.: „Jede im Zusammenhang mit dieser Mitteilung an die Kommission gerichtete Erklärung ist Bestandteil der bei der Kommission geführten Akte und kann somit als Beweismittel verwendet werden.“ Ein Unternehmen, das sich, wie vorliegend die Klägerin, entschließt, zur Erlangung einer Herabsetzung der Geldbuße eine Erklärung abzugeben, ist sich folglich seit der Veröffentlichung der Kronzeugenregelung von 2006 dessen bewusst, dass – obwohl ihm eine Herabsetzung nur gewährt wird, wenn nach Ansicht der Kommission die in der Regelung vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind – die Erklärung in jedem Fall Bestandteil der Akte wird und auch gegen ihren Urheber als Beweismittel herangezogen werden kann. 112 Daher kann sich das betreffende Unternehmen, das sich freiwillig und in voller Kenntnis der Umstände zur Abgabe einer solchen Erklärung entschlossen hat, nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung zum Verbot der Selbstbeschuldigung berufen. Aus dieser Rechtsprechung geht u. a. hervor, dass die Kommission einem Unternehmen nicht die Verpflichtung auferlegen darf, Antworten zu geben, durch die es die Zuwiderhandlung eingestehen müsste, für die die Kommission den Beweis zu erbringen hat (Urteile des Gerichtshofs vom 18. Oktober 1989, Orkem/Kommission, 374/87, Slg. 1989, 3283, Randnrn. 34 und 35, vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C-204/00 P, C-205/00 P, C-211/00 P, C-213/00 P, C-217/00 P und C-219/00 P, Slg. 2004, I-123, Randnrn. 61 und 65, und ThyssenKrupp/Kommission, oben in Randnr. 110 angeführt, Randnr. 49). Da die Klägerin im vorliegenden Fall jedoch aus freien Stücken und ohne dahin gehende Verpflichtung einen Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung gestellt hat, kann sie sich nicht mit Erfolg auf ihr Recht berufen, von der Kommission nicht gezwungen zu werden, ihre Beteiligung an einer Zuwiderhandlung zuzugeben (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C-407/04 P, Slg. 2007, I-829, Randnr. 35). 113 Folglich kann die Klägerin der Kommission nicht zum Vorwurf machen, dass sie sich in ihren Schriftsätzen vor dem Gericht auf den Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung gestützt hat. 114 Was sodann die Frage betrifft, ob ein solcher Antrag eine tatsächliche Zusammenarbeit darstellt, die als mildernder Umstand gemäß Ziff. 29 vierter Gedankenstrich der Leitlinien berücksichtigt werden kann, so kann die Anwendung dieser Bestimmung der Leitlinien nicht zur Folge haben, die Kronzeugenregelung von 2002 ihrer praktischen Wirkung zu berauben. Diese legt nämlich einen Rahmen fest, der es erlaubt, Unternehmen, die Mitglieder geheimer, die Union beeinträchtigender Kartelle waren oder sind, für ihre Zusammenarbeit bei der Untersuchung der Kommission zu belohnen. Somit ergibt sich aus dem Wortlaut und der Systematik dieser Regelung, dass die Unternehmen eine Herabsetzung der Geldbuße wegen ihrer Zusammenarbeit grundsätzlich nur erhalten können, wenn sie die darin vorgesehenen strengen Voraussetzungen erfüllen (Urteile des Gerichts vom 17. Mai 2011, Arkema France/Kommission, T-343/08, Slg. 2011, II-2287, Randnr. 169, vom 5. Oktober 2011, Transcatab/Kommission, T-39/06, Slg. 2011, II-6831, Randnr. 329, und vom 30. November 2011, Quinn Barlo u. a./Kommission, T-208/06, Slg. 2011, II-7953, Randnr. 271). 115 Um die praktische Wirksamkeit der Kronzeugenregelung von 2002 zu erhalten, ist daher einem Unternehmen nur in Ausnahmesituationen eine Herabsetzung der Geldbuße auf der Grundlage von Randnr. 29 vierter Gedankenstrich der Leitlinien zuzubilligen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Zusammenarbeit eines Unternehmens, die über dessen gesetzliche Pflicht zur Zusammenarbeit hinausgeht, ohne ihm jedoch Anrecht auf eine Herabsetzung der Geldbuße nach der Kronzeugenregelung von 2002 zu geben, der Kommission objektiv nutzt. Ein solcher Nutzen ist festzustellen, wenn sich die Kommission in ihrer Endentscheidung auf Beweise stützt, die ein Unternehmen ihr im Rahmen seiner Zusammenarbeit geliefert hat und ohne die die Kommission nicht in der Lage gewesen wäre, die betreffende Zuwiderhandlung ganz oder teilweise zu ahnden (oben in Randnr. 114 angeführte Urteile Arkema France/Kommission, Randnr. 170, Transcatab/Kommission, Randnr. 330, und Quinn Barlo u. a./Kommission, Randnr. 270). 116 Vorliegend vertrat die Kommission, wie aus dem 358. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, die Auffassung, dass die im Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung enthaltenen Angaben gegenüber den bereits in ihrem Besitz befindlichen Beweisen keinen erheblichen Mehrwert darstellten, und beschloss daher, die Geldbuße der Klägerin nicht herabzusetzen (siehe auch oben, Randnr. 38). 117 Es ist Sache der Klägerin, die beanstandeten Punkte der angefochtenen Entscheidung zu bezeichnen und Beweise oder zumindest ernsthafte Indizien für die Begründetheit ihrer Rügen beizubringen (vgl. in diesem Sinne Urteil KME Germany u. a./Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 132). Wie sich jedoch aus der Zusammenfassung des Vorbringens der Klägerin in Randnr. 107 ergibt, besteht das einzige konkrete Argument, das sie zur Entkräftung der in Randnr. 116 zusammengefassten Bewertung in der angefochtenen Entscheidung anführt, darin, dass an mehreren Stellen dieser Entscheidung auf ihre vor allem im Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung enthaltenen Erklärungen Bezug genommen werde. 118 Im Verwaltungsverfahren hatten sich die Klägerin und ihre Muttergesellschaft auf das vergleichbare Argument gestützt, dass die Kommission von der Klägerin übermittelte Informationen genutzt habe. Dieses Argument wurde von der Kommission im 359. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen. Sie führte aus, ausschlaggebend sei nicht, dass sie von einem Kartellmitglied übermittelte Informationen genutzt habe, sondern, ob diese Informationen einen erheblichen Mehrwert darstellten. Die Übermittlung zusätzlicher Informationen zu bereits Bekanntem stelle keinen erheblichen Mehrwert dar. Im selben Erwägungsgrund wies die Kommission ferner darauf hin, dass die Klägerin in den von ihr übermittelten Informationen nicht erwähnt habe, dass sich das wettbewerbswidrige Verhalten auf Calciumcarbidgranulat erstreckt habe, obwohl ihre Beteiligung auch für diesen Teil der Zuwiderhandlung eindeutig belegt sei. 119 Die Erwägung, dass Informationen, die ein an der Zuwiderhandlung Beteiligter übermittelt hat, keinen objektiven Nutzen bringen, wenn sie sich auf Tatsachen beziehen, die der Kommission bekannt sind und für die sie bereits über genügend Beweise verfügt, entspricht der oben in Randnr. 115 genannten Rechtsprechung; ihr ist beizupflichten. 120 Daher stellt sich die Frage, ob dies für die von der Klägerin insbesondere im Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung übermittelten Informationen tatsächlich zutraf. Die Klägerin macht insofern jedoch lediglich geltend, dass in der angefochtenen Entscheidung auf ihre Erklärungen Bezug genommen werde, ohne zu erläutern, über welche Informationen oder konkreten Beweise, die sie der Kommission übermittelt habe, diese zuvor nicht verfügt habe. 121 Zudem verweisen nur drei der zahlreichen von der Klägerin in ihrem Vorbringen angeführten Fußnoten der angefochtenen Entscheidung ausschließlich auf die Erklärungen der Klägerin. Die übrigen angeführten Fußnoten beziehen sich entweder auch auf Unterlagen, die die Kommission bei den Nachprüfungen erlangt hat, oder auf Erklärungen von Akzo Nobel und Evonik Degussa, deren Geldbuße, wie bereits oben in Randnr. 39 festgestellt, gerade wegen ihrer Zusammenarbeit erlassen bzw. herabgesetzt wurde. Diese übrigen Fußnoten bestätigen daher die These der Kommission, dass sich die von der Klägerin übermittelten Informationen auf Tatsachen bezogen hätten, die bereits bekannt und ausreichend durch Beweise belegt gewesen seien. 122 Bei den drei Fußnoten, in denen lediglich die Erklärungen der Klägerin erwähnt werden, handelt es sich um die Nrn. 111, 118 und 617. Fn. 111 nimmt Bezug auf den Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung, um die Angabe im 56. Erwägungsgrund letzter Satz der angefochtenen Entscheidung zu stützen, dass die Mitglieder bei jedem Kartelltreffen in der Regel Datum und Ort des nächsten Treffens vereinbart hätten. Selbst wenn die Kommission davon erst von der Klägerin erfahren hätte, handelt es sich offensichtlich nicht um einen bedeutenden Gesichtspunkt von objektivem Nutzen, sondern um einen ganz und gar zweitrangigen. 123 Fn. 118 nimmt Bezug auf eine Erklärung der Klägerin vom 18. Februar 2008, um die im 57. Erwägungsgrund fünfter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Informationen im Zusammenhang mit den Funktionen zu belegen, die von den Personen, die die Klägerin bei den Calciumcarbidpulvertreffen vertraten, ausgeübt wurden. Da diese Angaben speziell die Klägerin betreffen, wird verständlicherweise nur auf ein von ihr übermitteltes Schriftstück verwiesen. Jedenfalls war es für die Kommission nur von marginaler Bedeutung, welche Funktionen die Personen, die die Klägerin bei den fraglichen Zusammenkünften vertraten, ausübten, zumal die Klägerin ihre Teilnahme an diesen Zusammenkünften oder – allgemeiner – an diesem Teil der Zuwiderhandlung nicht bestritten hatte und nicht bestreitet. 124 Fn. 617 schließlich ergänzt die im 294. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung enthaltene Feststellung, dass die streitige Zuwiderhandlung zu den schwerwiegendsten Wettbewerbsbeschränkungen gehöre, durch eine Bezugnahme auf eine entsprechende Feststellung in der Antwort der Klägerin auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte. Somit betrifft in diesem Fall die Bezugnahme auf Schriftsätze der Klägerin während des Verwaltungsverfahrens nicht einmal eine Tatsache oder einen Beweis, sondern eine bloße Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung. Auch in diesem Fall kann von einem objektiv nützlichen Gesichtspunkt offensichtlich keine Rede sein. 125 Das Vorbringen der Klägerin, die verschiedenen Bezugnahmen in der angefochtenen Entscheidung auf ihre Erklärungen zeugten von deren Nutzen für die Untersuchung der Kommission, greift daher nicht durch. 126 Ferner hat die Klägerin die Angabe im 359. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, sie habe im Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung nicht darauf hingewiesen, dass sich das streitige wettbewerbswidrige Verhalten auch auf Calciumcarbidgranulat erstreckt habe, nicht bestritten. Die Erwägungsgründe 92 bis 112 der angefochtenen Entscheidung, in denen es um die Calciumcarbidgranulattreffen geht, enthalten nur drei Hinweise auf den Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung (Fn. 241, 249 und 276), von denen offenbar keiner für die diesen Aspekt der Zuwiderhandlung betreffende Untersuchung der Kommission objektiv nützlich war. Insbesondere betrifft die Bezugnahme in Fn. 249 eine unerhebliche Information, nämlich dass der Zusammenkunft vom 7. April 2004 am Vorabend ein Abendessen vorausgegangen sei, wohingegen sich die Hinweise in den Fn. 241 und 276 darauf beziehen, dass bestimmte Kartellmitglieder, darunter die Klägerin, den Vorschlag von Donau Chemie, den Preis von Calciumcarbidgranulat zu erörtern, bei zwei Gelegenheiten abgelehnt hätten (siehe Erwägungsgründe 95 bzw. 108 der angefochtenen Entscheidung). 127 Folglich hat die Klägerin zwar ihre Beteiligung an dem Calciumcarbidgranulat betreffenden Teil der Zuwiderhandlung nicht bestritten, es aber vermieden, im Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung Tatsachen und Beweise offenzulegen, die für die Untersuchung dieses Aspekts der Zuwiderhandlung durch die Kommission von Nutzen hätten sein können. Es handelt sich um eine Zusatzinformation, die ebenfalls dagegen spricht, der von der Klägerin anführten Zusammenarbeit einen objektiven Nutzen zuzuerkennen. 128 Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass dem Argument der Klägerin, ihre wirksame Zusammenarbeit mit der Kommission hätte als mildernder Umstand berücksichtigt werden müssen, nicht gefolgt werden kann. 129 Da keines der Argumente durchgreift, die die Klägerin zum Beleg dafür vorgetragen hat, dass zu ihren Gunsten mildernde Umstände hätten berücksichtigt werden müssen, ist die dritte Rüge der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen. – Zur vierten, die Herabsetzung der Geldbuße von Almamet betreffenden Rüge 130 Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift vorgetragen, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung die Geldbuße von Almamet wegen ihrer angeblich fehlenden Leistungsfähigkeit ohne jeden vernünftigen Grund herabgesetzt (siehe oben, Randnr. 41), während ein entsprechender Antrag der Klägerin zurückgewiesen worden sei, wogegen sie sich im Übrigen mit ihrem zweiten Klagegrund wende. Die Almamet gewährte Herabsetzung stelle eine schwere Verletzung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung dar, zumal Almamet zu den Anstiftern der Zuwiderhandlung gehört habe. 131 Die Kommission hat vor dem Gericht erläutert, dass die Almamet gewährte Herabsetzung der Geldbuße auf Ziff. 37 und nicht auf Ziff. 35 der Leitlinien beruhe. Die Klägerin hat entgegnet, dass diese Erläuterung ihre Rüge einer Verletzung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung umso überzeugender mache. Aus den Erläuterungen in den Erwägungsgründen 369 bis 371 der angefochtenen Entscheidung gehe hervor, dass das Insolvenzrisiko von Almamet gering gewesen sei und selbst die Insolvenz nicht zum Gesamtverlust der Vermögenswerte dieses Unternehmens geführt hätte. Sie habe nachgewiesen, dass ihre finanzielle Lage schlechter als die von Almamet gewesen sei. Im Übrigen seien die im 372. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung aufgeführten Merkmale von Almamet, mit denen die ihr gewährte Herabsetzung der Geldbuße begründet worden sei, mit den Merkmalen der Klägerin vergleichbar, so dass die Kommission ihre Geldbuße entsprechend hätte herabsetzen müssen, um keinen offensichtlichen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zu begehen. 132 Zunächst ist festzustellen, dass die Kommission nach den Erwägungsgründen 369 bis 371 der angefochtenen Entscheidung zu dem Schluss gelangt ist, dass dem auf Ziff. 35 der Leitlinien gestützten Antrag von Almamet nicht stattgegeben werden könne. 133 Im 372. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission jedoch ausgeführt, dass „[u]nbeschadet der vorangegangenen Beurteilung“ die Tatsache zu berücksichtigen sei, dass Almamet ein sehr kleiner unabhängiger Verkäufer sei, der nicht zu einer größeren Unternehmensgruppe gehöre. Almamet handele mit hochwertigen Materialien mit einer eher geringen Gewinnspanne und verfüge über ein „sehr konzentriertes Produktportfolio“. Darüber hinaus sei auch berücksichtigt worden, dass „die verhängte Geldbuße eine relativ große Auswirkung auf die finanzielle Situation in Bezug auf ein Unternehmen dieser Art haben würde“. Die Kommission kam zu dem Schluss, dass es aufgrund dieser „besonderen Merkmale“ von Almamet angebracht sei, die Geldbuße um 20 % zu mindern, da eine Geldbuße in dieser Höhe für Almamet jedenfalls eine genügende Abschreckung darstelle. Sie verwies in Fn. 685 auf Ziff. 37 der Leitlinien. Im letzten Satz des 372. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung wies sie auch darauf hin, dass im Licht der Anpassung der gegen Almamet zu verhängenden Geldbuße „der in Randnr. (371) gezogene Schluss, wonach es unwahrscheinlich ist, dass die auferlegte Geldbuße unwiederbringlich die Überlebensfähigkeit von Almamet gefährden würde, weiterhin gültig [bleibt]“. 134 Folglich kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass sie gegenüber Almamet bei der Prüfung ihrer Anträge auf Herabsetzung der Geldbuße nach Ziff. 35 der Leitlinien ungleich behandelt worden sei, denn beide Anträge sind zurückgewiesen worden. Wie die Kommission in ihrer Klagebeantwortung erläutert hat, hat sie dadurch, dass sie bei Almamet eine Herabsetzung um 20 % vorgenommen hat, von der Möglichkeit, die sie sich nach Ziff. 37 der Leitlinien vorbehalten hat, Gebrauch gemacht, ganz oder teilweise von der in diesen Leitlinien festgelegten Methode für die Berechnung der Geldbußen abzuweichen, um den besonderen Umständen eines Falles Rechnung zu tragen. Dieser Schluss wird durch den Hinweis in Fn. 685 auf Ziff. 37 der Leitlinien und durch den 361. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung bestätigt, in dem die gegen Almamet festzusetzende Geldbuße mit 3,8 Mio. Euro „vor der Reduzierung gemäß Ziffer 37“ der Leitlinien angegeben wird. 135 Aus der oben in Randnr. 47 genannten Rechtsprechung geht jedoch hervor, dass die Kommission von ihren eigenen Leitlinien nur dann abweichen darf, wenn die damit verbundene unterschiedliche Behandlung mehrerer Teilnehmer an einer Zuwiderhandlung mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar ist. Nach ständiger Rechtsprechung verlangt dieser Grundsatz, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine derartige Unterscheidung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Novartis Pharmaceuticals, C-106/01, Slg. 2004, I-4403, Randnr. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung). 136 Daher kann die vorliegende Rüge der Klägerin nur dahin verstanden werden, dass die Kommission auch in ihrem Fall von den Leitlinien hätte abweichen und ihr dieselbe Ermäßigung der Geldbuße hätte gewähren müssen wie Almamet. Eine solche Rüge kann nur dann Erfolg haben, wenn die erkennbare Ungleichbehandlung von Almamet, deren Geldbuße um 20 % herabgesetzt wurde, und der Klägerin, der keine solche Herabsetzung zugutekam, nicht mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar wäre. Nach der in der vorstehenden Randnummer genannten Rechtsprechung setzt dies voraus, dass sich die beiden Gesellschaften in einer vergleichbaren Lage befanden. 137 Wie oben (Randnr. 133) festgestellt, wurden in der angefochtenen Entscheidung bestimmte „besondere Merkmale“ von Almamet aufgezählt, um die ihr gewährte Herabsetzung der Geldbuße zu rechtfertigen. Ein Unternehmen, das diese Merkmale aufweist, befindet sich im Hinblick auf eine mögliche Herabsetzung der Geldbuße über die speziellen in den Leitlinien vorgesehenen Fälle hinaus in einer anderen Lage als ein Unternehmen, das diese Merkmale nicht aufweist. 138 Erstens sieht Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 u. a. vor, dass die Geldbuße für jedes an einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG beteiligte Unternehmen 10 % seines jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen darf. Die auf den Umsatz bezogene Obergrenze soll nach der Rechtsprechung vermeiden, dass die von der Kommission verhängten Geldbußen außer Verhältnis zur Bedeutung des betroffenen Unternehmens stehen (Urteile des Gerichtshofs Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 119, und vom 7. Juni 2007, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, C-76/06 P, Slg. 2007, I-4405, Randnr. 24). 139 Diese Obergrenze reicht jedoch nicht aus, um die Unverhältnismäßigkeit einer Geldbuße zu vermeiden, die im Fall eines Händlers verhängt wird, der, wie Almamet, bei geringer Gewinnspanne mit hochwertigen Materialien handelt. Wegen des hohen Wertes dieser Materialien kann der Umsatz eines solchen Unternehmens im Verhältnis zu seinem Gewinn und seinen Vermögenswerten, die allein für die Zahlung der Geldbuße verwendet werden, unverhältnismäßig hoch sein. 140 Da zweitens nach der Methode der Leitlinien die Geldbuße festgesetzt wird, indem als Ausgangspunkt ein Anteil am Wert des Umsatzes des betreffenden Unternehmens in dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt festgesetzt wird (siehe oben, Randnr. 21), ist die Gefahr einer unverhältnismäßigen Geldbuße, die einen wesentlichen Teil des Gesamtumsatzes dieses Unternehmens ausmacht, umso größer, wenn ein Unternehmen, wie Almamet, über ein „relativ fokussiertes Produktportfolio“ verfügt. 141 Drittens ist auch die Tatsache relevant, dass Almamet ein sehr kleines Unternehmen war, das zu keinem großen Konzern gehörte, so dass sie die Geldbuße allein aufbringen müsste, weil kein anderes Unternehmen gesamtschuldnerisch mit ihr für die Zahlung der Geldbuße haftet oder – allgemeiner – sie dabei unterstützen kann. 142 Die Klägerin hat nicht bestritten, dass Almamet die im 372. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zur Rechtfertigung der ihr gewährten Herabsetzung der Geldbuße aufgeführten besonderen Merkmale tatsächlich aufwies. Zur Beantwortung der vorliegenden Rüge der Klägerin ist daher nur zu prüfen, ob auch sie diese Merkmale aufwies. 143 Die Klägerin bejaht dies, trägt dazu jedoch eine ungenaue und allgemeine Argumentation vor, ohne ihre Lage im Hinblick auf die im 372. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung aufgezählten Merkmale von Almamet detailliert mit deren Lage zu vergleichen. Zudem räumt die Klägerin, wie die Kommission zu Recht ausführt, selbst ein, dass ihr Produktportfolio nicht so begrenzt ist wie das von Almamet. Darüber hinaus macht sie zwar geltend, dass sie ihre Produkte mit einer sehr geringen Spanne verkaufe, hat dies jedoch nicht näher ausgeführt oder durch Beweise belegt. Zudem ist festzustellen, dass die Klägerin Herstellerin und nicht, wie Almamet, Händlerin ist und dass sie zur Zeit der Zuwiderhandlung im Unterschied zu Almamet zu einem Konzern gehörte und ihr die Geldbuße gesamtschuldnerisch mit ihrer Muttergesellschaft auferlegt wurde. 144 Ferner hat die Kommission zu Recht darauf hingewiesen, dass sich der Gesamtumsatz der Klägerin im letzten vollständigen Geschäftsjahr vor der angefochtenen Entscheidung auf 205 Mio. Euro belief (24. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), während der Gesamtumsatz von Almamet zwischen 45 und 50 Mio. Euro lag (15. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Zwischen beiden Unternehmen bestand mit anderen Worten ein erheblicher Größenunterschied. Aus diesen Erwägungsgründen der angefochtenen Entscheidung ergibt sich auch, dass Almamet etwa 50 % ihres Gesamtumsatzes mit den von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkten erzielte, während dieser Anteil bei der Klägerin 10 % betrug, also deutlich geringer war. 145 Entgegen dem Vorbringen der Klägerin in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichts war der erheblich geringere Gesamtumsatz von Almamet für die Kommission nicht das maßgebende Kriterium, um Almamet eine Herabsetzung der Geldbuße zu gewähren. Wie oben in Randnr. 133 festgestellt, wird diese Entscheidung unter Bezugnahme auf bestimmte besondere Merkmale von Almamet gerechtfertigt, die auf die Klägerin nicht zutreffen. Der Unterschied im Gesamtumsatz und damit in der Größe der beiden Unternehmen stellt ein zusätzliches Kriterium dar, das die Kommission vor dem Gericht herangezogen hat, um darzutun, dass die beiden Unternehmen sich nicht in der gleichen Lage befunden hätten. Im Übrigen geht aus der angefochtenen Entscheidung – anders als die Klägerin offenbar meint – nicht hervor, dass die finanziellen Schwierigkeiten, denen sich Almamet ausgesetzt sah, eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung der Kommission gespielt hätten, ihr eine Herabsetzung der Geldbuße nach Ziff. 37 der Leitlinien zu gewähren. 146 Die Kommission hat sich in ihren Schriftsätzen auch auf die Jahresberichte der Klägerin für die Geschäftsjahre 2007 und 2008 berufen und diese auf Aufforderung des Gerichts im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme vorgelegt. Aus den Berichten geht hervor, dass Calciumcarbid und technische Gase 2007 30,63 % der Verkäufe der Klägerin ausmachten und dass diese Produkte mit 28,95 % zu ihren Exporten beitrugen. Dies bestätigt die Schlussfolgerung, dass das Produktportfolio der Klägerin erheblich weniger begrenzt war als das von Almamet. 147 Schließlich genügt zum Vorbringen der Klägerin, Almamet sei einer der Anstifter der streitigen Zuwiderhandlung gewesen, der Hinweis, dass, wie aus den vorstehenden Randnrn. 76 bis 79 hervorgeht, die Kommission weder Almamet noch einem anderen an der Zuwiderhandlung Beteiligten einen solchen erschwerenden Umstand zur Last gelegt hat und nichts in der Argumentation der Klägerin dafür spricht, dass dieser Schluss falsch ist. 148 Nach alledem ist die vierte Rüge der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen. – Zur fünften, die Bemessung der Geldbuße im Verhältnis zu den Gesamtumsätzen der Adressaten der angefochtenen Entscheidung betreffenden Rüge 149 Zur Stützung der fünften Rüge im Rahmen des ersten Klagegrundes verweist die Klägerin in ihrer Klageschrift erstens auf die Rechtsprechung, nach der die Festsetzung einer angemessenen Geldbuße wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln nicht das Ergebnis eines bloßen, auf den Gesamtumsatz des fraglichen Unternehmens gestützten Rechenvorgangs sein dürfe, wobei sie auf das Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission (oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 121) Bezug nimmt, und zweitens auf die Rechtsprechung, nach der die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen nach Maßgabe von Schwere und Dauer der fraglichen Zuwiderhandlung nicht verpflichtet sei, für den Fall, dass gegen mehrere an der gleichen Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen Geldbußen verhängt würden, dafür zu sorgen, dass in den Endbeträgen der Geldbußen, zu denen ihre Berechnung für die betreffenden Unternehmen führe, alle Unterschiede in Bezug auf den Gesamtumsatz oder den einschlägigen Umsatz dieser Unternehmen zum Ausdruck kämen, wobei sie auf das Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission (oben in Randnr. 47 angeführt, Randnr. 312) Bezug nimmt. Sie verweist auch auf die Ziff. 6 und 27 der Leitlinien, nach denen die Festsetzung der Geldbuße nicht auf einer automatischen arithmetischen Berechnungsmethode beruhen dürfe, sondern im Rahmen einer Gesamtwürdigung sämtlicher einschlägiger Umstände und damit letztlich unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu erfolgen habe. 150 Im vorliegenden Fall trügen die Geldbußen, die den Beteiligten an der streitigen Zuwiderhandlung auferlegt worden seien, dem relevanten Umsatz, nicht aber anderen bedeutenderen Faktoren Rechnung, was zu dem „unbilligen und abwegigen“ Ergebnis führe, dass die Klägerin sowohl absolut als auch gemessen am Gesamtumsatz mit der bei Weitem höchsten Geldbuße belegt worden sei. Dies ergebe sich aus einer Tabelle, in der die Geldbußen der verschiedenen an der Zuwiderhandlung Beteiligten verglichen würden. Auch wenn sich die Kommission bei der arithmetischen Berechnung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße scheinbar an die Leitlinien gehalten habe und die hohe Geldbuße im Vergleich zu den Geldbußen der anderen an der Zuwiderhandlung Beteiligten dem Umstand Rechnung trage, dass die betreffenden Produkte den Kernbereich ihres Verkaufsgeschäfts darstellten, stehe eine offensichtliche Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit außer Frage. 151 Wie aus der von ihr vorgelegten Tabelle folge, wäre selbst ein „Riesenunternehmen wie Akzo Nobel“, wenn seinem Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung nicht stattgegeben worden wäre, mit einer Geldbuße belegt worden, die nominal niedriger gewesen wäre als die der Klägerin und nur 0,113 % seines weltweiten Umsatzes ausgemacht hätte, obwohl es eines der aktivsten Kartellmitglieder und Wiederholungstäter gewesen sei. Darüber hinaus seien Kartellmitglieder mit einem sehr viel höheren Gesamtumsatz als dem der Klägerin mit Geldbußen belegt worden, die sich nur symbolisch auf ihre Budgets ausgewirkt hätten, während die Zahlung der gegen sie festgesetzten Geldbuße sie zur Aufgabe ihrer Geschäftstätigkeit zwingen würde. 152 In diesem Zusammenhang könne die Festsetzung des Wertes der im Rahmen der Anwendung der Ziff. 21 und 25 der Leitlinien zu berücksichtigenden Umsätze auf 17 % als wohlwollender Ansatz der Kommission erscheinen, doch treffe dies in ihrem Fall nicht zu, da ein höherer Prozentsatz zur Überschreitung der Schwelle von 10 % ihres Gesamtumsatzes geführt hätte. Dieses vermeintliche Wohlwollen unterstreiche im Gegenteil nur, dass die gegen sie verhängte Geldbuße außer Verhältnis zur Geldbuße anderer Beteiligter stehe. 153 Zudem erwecke „die Struktur und die Höhe der Geldbußen“, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung verhängt habe, den irrigen Eindruck, dass die Klägerin am stärksten an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, dass sie den größten Umsatz gehabt habe und dass sie sogar die treibende Kraft des Kartells und sein aktivstes Mitglied gewesen sei. Da die gegen sie verhängte Geldbuße bereits knapp unter der Schwelle von 10 % ihres Gesamtumsatzes liege, frage sie sich, welche Geldbuße gegen sie verhängt worden wäre, wenn alle diese Annahmen zugetroffen hätten. 154 Zu diesem Vorbringen der Klägerin ist darauf hinzuweisen, dass sie zwei der drei von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkte lieferte, Calciumcarbidpulver und Calciumcarbidgranulat. Wie der Tabelle im 288. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung entnommen werden kann, beliefen sich die Umsätze der Klägerin mit diesen Produkten im letzten vollständigen Jahr ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung beim ersten dieser beiden Produkte auf einen Betrag zwischen 5 und 10 Mio. Euro und beim zweiten auf einen Betrag zwischen 20 und 25 Mio. Euro. Beim ersten Produkt entsprach der Umsatz der Klägerin den Umsätzen von drei anderen Kartellmitgliedern, und zwar Donau Chemie, Evonik Degussa und der Holding Slovenske elektrarne d.o.o., und nur die Umsätze von zwei anderen Mitgliedern lagen darüber. Beim zweiten Produkt war der Umsatz der Klägerin weit höher als die Umsätze der übrigen an der Zuwiderhandlung Beteiligten. Dieses Produkt wurde nur von drei anderen an der Zuwiderhandlung Beteiligten angeboten, und die Umsätze betrugen bei Akzo Nobel zwischen 3 und 5 Mio. Euro und bei Donau Chemie und Holding Slovenske elektrarne zwischen 5 und 10 Mio. Euro. Im Übrigen waren, wie aus der Tabelle im 304. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, die bei der Klägerin in Bezug auf diese beiden Produkte nach Maßgabe der Jahre ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung angewandten Multiplikatoren die höchsten, die auf die an der Zuwiderhandlung Beteiligten angewandt wurden, nämlich 2,5 für Calciumcarbidpulver und 3 für Calciumcarbidgranulat (siehe oben, Randnr. 33). 155 Angesichts dieser Faktoren, die von der Klägerin in keiner Weise in Abrede gestellt werden, überrascht es nicht, dass gegen sie nominal die höchste der in der angefochtenen Entscheidung festgesetzten Geldbußen verhängt wurde. Die zweithöchste Geldbuße, 13,3 Mio. Euro, wurde gesamtschuldnerisch gegen die SKW Stahl-Metallurgie GmbH, die SKW Stahl-Metallurgie AG und Arques Industries verhängt, d. h. gegen den Konzern, der den höchsten Umsatz mit Calciumcarbid aller an der Zuwiderhandlung Beteiligten hatte. Diese Gruppe bot jedoch kein Calciumcarbidgranulat, sondern Magnesiumgranulat an, dessen Umsatz zwischen 5 und 10 Mio. Euro lag. Der in ihrem Fall angewandte Multiplikator für das letztgenannte Produkt wurde auf 1,5 festgesetzt, d. h. erheblich niedriger als der im Fall der Klägerin für ihren Umsatz bei Calciumcarbidgranulat angewandte Multiplikator. Diese Abweichungen erklären den Unterschied zwischen der gegen dieses Unternehmen und der gegen die Klägerin festgesetzten Geldbuße. 156 Wäre Akzo Nobel die Geldbuße nicht aufgrund ihrer Zusammenarbeit mit der Kommission erlassen worden, wäre gegen sie, wie aus dem 308. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, eine Geldbuße von 8,7 Mio. Euro verhängt worden. Der niedrigere Betrag dieser Geldbuße im Vergleich zu der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße erklärt sich dadurch, dass zwar der Umsatz von Akzo Nobel mit Calciumcarbidpulver, nämlich 10 bis 15 Mio. Euro, über dem Umsatz der Klägerin mit diesem Produkt lag, doch war der Umsatz von Akzo Nobel mit Calciumcarbidgranulat erheblich geringer als der Umsatz der Klägerin mit diesem Produkt (siehe oben, Randnr. 154). Zudem war die Beteiligung von Akzo Nobel an der Zuwiderhandlung von kürzerer Dauer als die der Klägerin, und für Akzo Nobel wurde bei den beiden von ihr angebotenen Produkten nur ein Multiplikator von 2 angewandt. 157 Diese Erwägungen entkräften die These der Klägerin, die gegen sie verhängte Geldbuße sei unverhältnismäßig. Sie belegen, dass der hohe Betrag der gegen sie verhängten Geldbuße kein Zufall, sondern dadurch zu erklären ist, dass sie der bei Weitem wichtigste Lieferant eines der drei von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkte sowie ein wichtiger Lieferant eines weiteren dieser Produkte und zudem von allen Beteiligten am längsten an der Zuwiderhandlung beteiligt war. Die hohe Geldbuße, die gegen die Klägerin verhängt wurde, ist mit anderen Worten mit der relativen Schwere ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung, auch im Hinblick auf deren Dauer, im Vergleich zu den übrigen Beteiligten zu erklären. Hierzu ist festzustellen, dass außer bei der Muttergesellschaft der Klägerin, 1. garantovaná, nur bei einer anderen Gesellschaft, Donau Chemie, dieselben Multiplikatoren wie bei der Klägerin angewandt wurden. Während der Umsatz dieser Gesellschaft mit Calciumcarbidpulver dem der Klägerin entsprach, war jedoch ihr Umsatz mit Calciumcarbidgranulat – zwischen 5 und 10 Mio. Euro – deutlich geringer. Zudem wurde die Geldbuße von Donau Chemie wegen ihrer Zusammenarbeit mit der Kommission um 35 % herabgesetzt (siehe 346. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), so dass sie mit einer Geldbuße von 5 Mio. Euro statt 7,7 Mio. Euro belegt wurde (siehe 308. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 158 Nach alledem beruht das Vorbringen der Klägerin, die gegen sie verhängte Geldbuße sei unverhältnismäßig, letztlich nur auf einem Vergleich zwischen den gegen die verschiedenen Beteiligten an der Zuwiderhandlung verhängten Geldbußen, ausgedrückt als Prozentsatz ihres jeweiligen Gesamtumsatzes. In der Rechtsprechung findet sich jedoch kein Anhaltspunkt dafür, dass bei der Ermittlung, ob die verhängte Geldbuße verhältnismäßig ist, ein Vergleich, wie ihn die Klägerin vorgenommen hat, angestellt werden darf. 159 Zum einen steht die von der Klägerin selbst herangezogene, oben in Randnr. 149 angeführte Rechtsprechung einem solchen Vergleich klar entgegen. 160 Zum anderen folgt aus einer ständigen Rechtsprechung auch, dass Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 in Fällen, in denen Geldbußen gegen mehrere an der gleichen Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen festgesetzt werden, nicht verlangt, dass die gegen ein kleines oder mittleres Unternehmen festgesetzte Geldbuße, als Prozentsatz vom Umsatz ausgedrückt, nicht höher ist als die gegen die größeren Unternehmen festgesetzten Geldbußen. Aus dieser Bestimmung folgt nämlich, dass sowohl bei kleinen oder mittleren Unternehmen als auch bei größeren Unternehmen Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt werden müssen. Wenn die Kommission gegen die an der gleichen Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen Geldbußen verhängt, die angesichts von Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung im Fall des jeweiligen Unternehmens gerechtfertigt sind, ist nicht zu beanstanden, dass bei einigen Unternehmen die Geldbuße im Verhältnis zum Umsatz höher ist als bei anderen Unternehmen (Urteile des Gerichts vom 5. Dezember 2006, Westfalen Gassen Nederland/Kommission, T-303/02, Slg. 2006, II-4567, Randnr. 174, und vom 28. April 2010, Gütermann und Zwicky/Kommission, T-456/05 und T-457/05, Slg. 2010, II-1443, Randnr. 280). 161 Das Vorbringen der Klägerin, die gegen sie verhängte Geldbuße liege knapp unter der Obergrenze von 10 % des Gesamtumsatzes (siehe oben, Randnrn. 152 und 153), verkennt das Wesen dieser Grenze. Der Betrag von 10 % des Gesamtumsatzes eines an einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln Beteiligten stellt nämlich – anders als die Klägerin offensichtlich meint – keinen Höchstbetrag der Geldbuße dar, der nur im Fall der schwerwiegendsten Zuwiderhandlungen festzusetzen ist. Es handelt sich nach der Rechtsprechung vielmehr um eine Kappungsgrenze, deren einzige mögliche Folge ist, dass die anhand von Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung berechnete Geldbuße auf die zulässige Obergrenze gesenkt wird. Ihre Anwendung führt dazu, dass das betreffende Unternehmen nicht die gesamte Geldbuße zahlt, die an sich bei einer auf diese Kriterien gestützten Beurteilung verhängt werden müsste (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 47 angeführt, Randnr. 283). 162 Der Gerichtshof hat deshalb entschieden, dass diese Grenze es der Kommission nicht verbietet, bei der Berechnung der Geldbuße einen Zwischenbetrag heranzuziehen, der sie übersteigt. Ebenso wenig verbietet sie es, Zwischenberechnungen, mit denen Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung Rechnung getragen wird, an einem darüber liegenden Betrag vorzunehmen. Stellt sich heraus, dass am Ende der Berechnung der Endbetrag der Geldbuße in dem Umfang zu senken ist, in dem er die genannte Obergrenze übersteigt, so ist die Tatsache, dass sich einige Faktoren wie Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung auf den Betrag der verhängten Geldbuße nicht effektiv auswirken, eine bloße Folge der Anwendung dieser Obergrenze auf den Endbetrag (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 47 angeführt, Randnrn. 278 und 279). 163 Die bloße Tatsache, dass sich die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße auf fast 10 % ihrer Gesamtumsätze beläuft, während dieser Prozentsatz bei anderen Kartellmitgliedern niedriger ausfällt, kann folglich keinen Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit darstellen. Diese Folge ergibt sich nämlich notwendigerweise aus der Auslegung der Obergrenze von 10 % als bloße Kappungsgrenze, die nach einer etwaigen Herabsetzung der Geldbuße wegen mildernder Umstände oder aufgrund des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zur Anwendung kommt (Urteil des Gerichts vom 16. Juni 2011, Putters International/Kommission, T-211/08, Slg. 2011, II-3729, Randnr. 74). 164 Aus demselben Grund belegt die bloße Tatsache, dass wegen der Heranziehung dieser Grenze selbst in Fällen einer noch schwereren Zuwiderhandlung keine wesentlich höhere Geldbuße gegen die Klägerin verhängt werden könnte, nicht die Unverhältnismäßigkeit der durch die angefochtene Entscheidung gegen sie verhängten Geldbuße. Jedenfalls ist allgemeiner festzustellen, dass auf der Grundlage eines Vergleichs zwischen der tatsächlich verhängten Geldbuße und derjenigen, die für eine hypothetische noch schwerere Zuwiderhandlung hätte verhängt werden müssen, nicht beurteilt werden kann, ob die gegen ein Unternehmen wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verhängte Geldbuße unverhältnismäßig ist, da die Unternehmen die Wettbewerbsregeln zu beachten haben und nicht gegen sie verstoßen dürfen. Um zu belegen, dass die von ihr begangene Zuwiderhandlung weniger schwer war, als sie hätte sein können, wiederholt die Klägerin zudem Argumente, die, wie aus den vorstehenden Randnrn. 86 bis 89 und 97 bis 106 hervorgeht, als unbegründet zurückzuweisen sind. 165 Folglich kann die fünfte Rüge keinen Erfolg haben. – Zu der in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen sechsten Rüge, die den der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße zugrunde zu legenden Umsatz betrifft 166 In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin u. a. vorgetragen, sie sei dadurch diskriminiert worden, dass die Kommission bei der Berechnung des Umsatzes von Almamet, der bei der Bemessung des Grundbetrags ihrer Geldbuße heranzuziehen sei, den Wert des von ihr bei der Klägerin gekauften und anschließend an ihre eigenen Kunden weiterverkauften Calciumcarbids abgezogen habe. Ein entsprechender Abzug hätte bei ihrem eigenen Umsatz vorgenommen werden müssen, was zu einer erheblichen Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße geführt hätte. 167 Die Kommission hält diese Rüge, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Randnr. 42), für unzulässig, da sie erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden sei und nicht auf während des Verfahrens zutage getretenen Gründen beruhe. Die zur Stellungnahme zu diesem Punkt aufgeforderte Klägerin hat darauf hingewiesen, dass die in der vorstehenden Randnummer zusammengefasste Rüge bereits in Randnr. 17 ihrer Klageschrift angeführt worden sei. Alle diese Erklärungen sind im Sitzungsprotokoll vermerkt worden. 168 Aus Art. 44 § 1 Buchst. c in Verbindung mit Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung geht hervor, dass die Klageschrift den Streitgegenstand benennen und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss und dass neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden können, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Jedoch muss ein Vorbringen, das eine Erweiterung eines zuvor unmittelbar oder mittelbar in der Klageschrift vorgetragenen Angriffsmittels darstellt und in engem Zusammenhang mit diesem steht, für zulässig erklärt werden (Urteile des Gerichts vom 20. September 1990, Hanning/Parlament, T-37/89, Slg. 1990, II-463, Randnr. 38, und vom 15. Oktober 2008, Mote/Parlament, T-345/05, Slg. 2008, II-2849, Randnr. 85). Das Gleiche gilt für eine zur Stützung eines Klagegrundes vorgebrachte Rüge (Urteile des Gerichts vom 21. März 2002, Joynson/Kommission, T-231/99, Slg. 2002, II-2085, Randnr. 156, und Mote/Parlament, Randnr. 85). 169 Im vorliegenden Fall ist die sechste Rüge offenbar nicht auf rechtliche und tatsächliche Gründe gestützt, die während des Verfahrens zutage getreten sind, und dies wird von der Klägerin auch nicht behauptet. Die Rüge bezieht sich auf die Art und Weise, in der die Kommission den Grundbetrag der gegen Almamet verhängten Geldbuße berechnet hat. Die Elemente dieser Berechnung werden aber im zweiten Gedankenstrich des 288. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung klar beschrieben und waren der Klägerin daher bei der Einreichung ihrer Klageschrift bekannt. 170 Unter diesen Umständen ist zur Entscheidung über die Zulässigkeit der sechsten Rüge zu prüfen, ob sie bereits, wie von der Klägerin geltend gemacht, in der Klageschrift vorgetragen worden ist. 171 Dies ist nicht der Fall. Randnr. 17 der Klageschrift, die die Klägerin in diesem Zusammenhang anführt, ist nicht einschlägig. Darin heißt es zunächst: „Die Berechnung des Umsatzes, die Ermittlung des Grundbetrags der Geldbuße anhand eines Anteils des Umsatzes und die Multiplikation mit der Zahl der Jahre durch die Kommission werden hierin grundsätzlich nicht in Frage gestellt …“ Sodann wird in dieser Randnummer das oben in Randnr. 152 zusammengefasste Vorbringen der Klägerin dargelegt. Dieses Vorbringen weist keinen Bezug zu der in der mündlichen Verhandlung geltend gemachten sechsten Rüge auf. 172 Im Übrigen wird lediglich in der vierten Rüge, die oben in den Randnrn. 130 bis 148 geprüft und zurückgewiesen worden ist, eine Diskriminierung der Klägerin gegenüber der Behandlung von Almamet geltend gemacht. Diese Rüge betrifft jedoch eine ganz andere Frage als die Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße. Es geht bei der vierten Rüge nämlich um die Almamet nach Nr. 37 der Leitlinien gewährte Herabsetzung der Geldbuße, zu der die sechste Rüge nicht als bloße Erweiterung betrachtet werden kann. Zudem kann die in der Klageschrift enthaltene und in der vorstehenden Randnummer wiedergegebene Feststellung der Klägerin wohl nur dahin verstanden werden, dass die Klägerin nicht beabsichtigt hat, in ihrer Klageschrift eine den Grundbetrag der Geldbuße und dessen Festsetzung nach Maßgabe ihres im Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung erzielten Umsatzes betreffende Rüge zu erheben. 173 Daher ist die sechste Rüge für unzulässig zu erklären. Da alle im Rahmen des ersten Klagegrundes angeführten Rügen zurückgewiesen worden sind, ist folglich dieser Klagegrund zurückzuweisen. Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften, Tatsachenirrtum und offensichtlicher Beurteilungsfehler, weil die Kommission es abgelehnt habe, die Leistungsfähigkeit der Klägerin zu berücksichtigen Leitlinien 174 Ziff. 35 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen lautet: „Unter außergewöhnlichen Umständen kann die Kommission auf Antrag die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens in einem gegebenen sozialen und ökonomischen Umfeld berücksichtigen. Die Kommission wird jedoch keine Ermäßigung wegen der bloßen Tatsache einer nachteiligen oder defizitären Finanzlage gewähren. Eine Ermäßigung ist nur möglich, wenn eindeutig nachgewiesen wird, dass die Verhängung einer Geldbuße gemäß diesen Leitlinien die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit des Unternehmens unwiderruflich gefährden und [seine] Aktiva jeglichen Wertes berauben würde.“ Angefochtene Entscheidung 175 Die Klägerin reichte bei der Kommission einen Antrag auf Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit bei der Festsetzung der Geldbuße ein, der aus den im 377. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genannten Gründen zurückgewiesen wurde. Dieser Erwägungsgrund lautet: „Nach Prüfung der von NCHZ [Novácke chemické závody] vorgelegten Informationen wird der Schluss gezogen, dass diese Angaben nicht darlegen, dass die mit dieser Entscheidung verhängte Geldbuße die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit von NCHZ unwiderruflich gefährden und ihre Aktiva jeglichen Wertes berauben würde. Der Antrag betreffend die Zahlungsunfähigkeit von NCHZ wird daher zurückgewiesen.“ Würdigung durch das Gericht 176 Gegen diese Zurückweisung führt die Klägerin zunächst bestimmte allgemeine Erwägungen zum Zweck und zur Auslegung von Ziff. 35 der Leitlinien an. Es folgen Ausführungen zu ihrer wirtschaftlichen Lage vor der Festsetzung der Geldbuße und die Feststellung, dass sie sich seit geraumer Zeit „am Rande der Insolvenz“ befunden habe. Das Jahr 2004 sei dabei besonders schwierig gewesen, da mehrere Gläubiger davon ausgegangen seien, dass sie ihre Zahlungen einstelle. Trotz der Fortdauer dieser schwierigen Lage hätten ein neuer Aktionär, der im Jahr 2008 Anteile an der Gesellschaft erworben habe, und ein neuer Vorstand Maßnahmen zur Stabilisierung der Produktion und zur Steigerung der Effizienz des Vorstands ergriffen. Der Vorstand der Klägerin habe mit ihren Geschäftspartnern bestimmte Vereinbarungen getroffen, damit sie die kritische Phase, die sie durchlaufe, überlebe, sich erhole und auf dem Markt vorankomme. Ihre finanziellen Schwierigkeiten stünden nicht in Verbindung mit ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf dem Calciumcarbidmarkt, auf dem sie ein angesehener Wettbewerber sei, sondern seien auf die Lasten in Form von Umweltverschmutzung und schlechten strategischen Investitionsentscheidungen zurückzuführen, die der frühere Vorstand hinterlassen habe. 177 Ferner habe sie ihre schwierige finanzielle Lage in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 3. Oktober 2008 beschrieben, der sie ein Sachverständigengutachten beigefügt habe. Dieses Gutachten sei auf der Grundlage einer Prüfung insbesondere ihrer Bücher zu dem Ergebnis gekommen, dass sie sich in einer wirtschaftlich und finanziell schlechten Lage befinde und als aktives Unternehmen nur unter drei Bedingungen überleben könne, nämlich der Erhöhung ihres Stammkapitals um mindestens 400 Mio. slowakische Kronen (SKK), des erfolgreichen Abschlusses eines Rechtsstreits mit einer slowakischen staatlichen Stelle und des Verzichts der Kommission auf die Verhängung einer Geldbuße für die streitige Zuwiderhandlung. Sollten diese Bedingungen nicht erfüllt werden, würde sich nach Auffassung des Sachverständigen die schlechte Lage der Klägerin erheblich verschärfen, und es könnte relativ schnell eine Insolvenz folgen. 178 Anschließend prüft die Klägerin die einschlägigen Bestimmungen des slowakischen Insolvenzrechts. Sie schildert zudem die Verschlechterung ihrer Finanzlage nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung, aufgrund der „Nervosität“ ihrer Gläubiger und des Entzugs von Kreditfazilitäten durch Banken und andere Finanzinstitute. Diese Prüfung habe ergeben, dass sie verpflichtet wäre, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, sobald die Geldbuße in ihren Büchern zu verbuchen wäre und fällig würde. 179 Ein solcher Antrag wurde nach Klageerhebung tatsächlich gestellt (siehe oben, Randnr. 6), und es ist zwischen den Parteien streitig, ob die Festsetzung der Geldbuße der Grund für die Insolvenz der Klägerin war. Die Kommission bestreitet dies insbesondere unter Hinweis darauf, dass der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits vor Fälligkeit der Geldbuße gestellt worden sei. Sie wirft der Klägerin auch vor, keine Ratenzahlung der Geldbuße beantragt oder sich um eine Bankbürgschaft bemüht zu haben. Dem hält die Klägerin in ihrer Erwiderung entgegen, ihre Vorstandsmitglieder seien infolge der „Nervosität“ und des Vertrauensverlusts ihrer Gläubiger und Lieferanten nach der Auferlegung der Geldbuße gemäß den einschlägigen slowakischen Rechtsvorschriften verpflichtet gewesen, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Ferner wäre ein Antrag auf Ratenzahlung wahrscheinlich gescheitert, und auch im gegenteiligen Fall hätte eine solche Möglichkeit ihre Insolvenz nicht zu verhindern vermocht. Zudem sei es ihr nicht möglich gewesen, eine Bankbürgschaft zu erhalten. 180 Die Klägerin macht ferner geltend, dass die Auswirkungen ihrer Insolvenz im sozialen und regionalen Umfeld, das nach Ziff. 35 der Leitlinien zu berücksichtigen sei, schädlich wären. Sie sei einer der Hauptarbeitgeber in der Slowakei und von strategischer Bedeutung für das Wirtschaftsleben der slowakischen Region Ober-Nitra, in der sich ihre Produktionsanlagen befänden. Deren etwaige Schließung hätte nicht nur die Entlassung ihrer 2000 Arbeitnehmer zur Folge, sondern auch die Schließung oder erhebliche Einschränkung der Tätigkeit mehrerer anderer Unternehmen dieser Region, insbesondere ihrer Lieferanten. 181 Dieses Vorbringen der Klägerin wird von der Slowakischen Republik gestützt, deren gesamter Streithilfeschriftsatz der Darlegung der negativen Auswirkungen einer etwaigen Einstellung der Tätigkeit der Klägerin auf die soziale Lage in dem zur Region Ober-Nitra gehörenden Bezirk von Prievidza, in dem sich die Anlagen der Klägerin befinden, gewidmet ist. Dies brächte eine Erhöhung der Arbeitslosigkeit sowohl unmittelbar aufgrund der Entlassung der Beschäftigten der Klägerin als auch mittelbar aufgrund einer „Kettenreaktion“ mit sich, die die Arbeitsplätze bei den Lieferanten der Klägerin gefährden würde. Viele dieser Arbeitslosen hätten keine realen Aussichten, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. In der mündlichen Verhandlung hat die Slowakische Republik neue Unterlagen zur Aktualisierung der in ihrem Streithilfeschriftsatz enthaltenen Informationen eingereicht. 182 Die Klägerin zeigt sich überzeugt, mit den vorstehend zusammengefassten Argumenten belegt zu haben, dass die Voraussetzungen für die Anwendung von Ziff. 35 der Leitlinien in ihrem Fall erfüllt seien. Sie wirft der Kommission deshalb vor, gegen „wesentliche Formvorschriften“ verstoßen zu haben, weil sie weder während des Verfahrens noch in der angefochtenen Entscheidung erläutert habe, weshalb die zur Stützung ihres Antrags auf Anwendung von Ziff. 35 der Leitlinien gemachten Angaben nicht belegten, dass die Geldbuße ihre wirtschaftliche Überlebensfähigkeit unwiderruflich gefährden und ihre Aktiva jeglichen Wertes berauben würde. Die kurze Erklärung im 377. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung könne insoweit nicht als ausreichend betrachtet werden. 183 Ferner habe die Kommission die Beweise, die die Klägerin zur Stützung ihres Antrags auf Anwendung von Ziff. 35 der Leitlinien vorgelegt habe, nicht hinreichend geprüft; jedenfalls sei die Würdigung dieser Beweise durch die Kommission mit einem offensichtlichen Fehler behaftet, da sie nicht von einer unmittelbar bevorstehenden Insolvenz der Klägerin ausgegangen sei und diese Ziffer der Leitlinien nicht angewandt habe. Darüber hinaus fordert die Klägerin das Gericht auf, im Rahmen der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die fraglichen Beweise selbst zu prüfen und gegebenenfalls ein Sachverständigengutachten anzuordnen, um zu beurteilen, inwieweit die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße einen Insolvenzantrag und die Schließung des Unternehmens auslösen werde, wobei diese Maßnahme, wenn nötig, durch Anhörung eines Sachverständigen für slowakisches Recht und insbesondere das Insolvenzrecht ergänzt werden könnte. 184 Nach den Ausführungen der Slowakischen Republik und der Klägerin ist sie auch in den Genuss des Zákon o niektorých opatreniach týkajúcich sa strategických spoločností a o zmene a doplnení niektorých zákonov (Gesetz über bestimmte Maßnahmen in Bezug auf strategische Unternehmen) Nr. 493/2009 Z.z. vom 5. November 2009 gekommen. Nach diesem Gesetz sei der Insolvenzverwalter eines als „strategisch“ eingestuften Unternehmens rechtlich verpflichtet, dessen Betrieb aufrechtzuerhalten, und der slowakische Staat könne ein Vorkaufsrecht hinsichtlich der Vermögenswerte eines solchen Unternehmens ausüben. Die Klägerin sei durch Entscheidung der zuständigen slowakischen Behörde vom 2. Dezember 2009 als strategisches Unternehmen im Sinne dieses Gesetzes benannt worden. Daher konnte die Klägerin nach den Angaben der Slowakischen Republik ihre Geschäftstätigkeit nach der Insolvenzerklärung fortführen, und eine Massenentlassung ihrer Beschäftigten konnte verhindert werden. Diese Entwicklungen sind jedoch offenbar im Anschluss an die angefochtene Entscheidung eingetreten und waren zum Zeitpunkt ihres Erlasses keineswegs vorhersehbar; sie machen das von der Klägerin beantragte Sachverständigengutachten gegenstandslos, da der Insolvenzantrag bereits gestellt wurde. Sie können daher bei der Prüfung des vorliegenden Klagegrundes nicht berücksichtigt werden. 185 Vor der Prüfung der Rügen, die die Klägerin zur Stützung ihres zweiten Klagegrundes vorgetragen hat, sind der Zweck und die Auslegung von Ziff. 35 der Leitlinien zu untersuchen. 186 Es ist wiederholt entschieden worden, dass die Kommission grundsätzlich nicht verpflichtet ist, bei der Bemessung der Geldbuße die schlechte Finanzlage eines Unternehmens zu berücksichtigen, da die Anerkennung einer solchen Verpflichtung darauf hinauslaufen würde, den am wenigsten den Marktbedingungen angepassten Unternehmen einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu verschaffen (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 47 angeführt, Randnr. 327; Urteile des Gerichts vom 19. März 2003, CMA CGM u. a./Kommission, T-213/00, Slg. 2003, II-913, Randnr. 351, und Tokai Carbon u. a./Kommission, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnr. 370). 187 Im Übrigen ist nach ständiger Rechtsprechung die Tatsache, dass eine von einer Unionsbehörde getroffene Maßnahme zur Insolvenz oder zur Auflösung eines bestimmten Unternehmens führt, als solche unionsrechtlich nicht verboten. Die Auflösung eines Unternehmens in seiner bestehenden Rechtsform kann zwar die finanziellen Interessen der Eigentümer, Aktionäre oder Anteilseigner beeinträchtigen, bedeutet aber nicht, dass auch die durch das Unternehmen repräsentierten personellen, materiellen und immateriellen Mittel ihren Wert verlören (Urteile des Gerichts Tokai Carbon u. a./Kommission, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnr. 372, vom 29. November 2005, Heubach/Kommission, T-64/02, Slg. 2005, II-5137, Randnr. 163, und vom 28. April 2010, BST/Kommission, T-452/05, Slg. 2010, II-1373, Randnr. 96). 188 Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Kommission durch Ziff. 35 der Leitlinien zu etwas verpflichtet hat, was dieser Rechtsprechung zuwiderlaufen würde. Dies wird dadurch belegt, dass diese Ziffer nicht auf die Insolvenz eines Unternehmens Bezug nimmt, sondern eine Situation „in einem gegebenen sozialen und ökonomischen Umfeld“ betrifft, in der die Verhängung einer Geldbuße „die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit des Unternehmens unwiderruflich gefährden und ihre Aktiva jeglichen Wertes berauben würde“. 189 Für die Anwendung von Ziff. 35 der Leitlinien reicht folglich die bloße Tatsache, dass die Verhängung einer Geldbuße wegen Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln die Insolvenz des betreffenden Unternehmens herbeiführen könnte, nicht aus. Aus der oben in Randnr. 187 genannten Rechtsprechung ergibt sich nämlich, dass die Insolvenz zwar die finanziellen Interessen der betroffenen Eigentümer oder Aktionäre beeinträchtigt, aber nicht notwendigerweise zum Verschwinden des fraglichen Unternehmens führt. Dieses kann als solches fortbestehen, sei es im Fall der Rekapitalisierung des für insolvent erklärten Unternehmens als juristische Person, die den Betrieb des Unternehmens sicherstellt, sei es im Fall der Übernahme sämtlicher Vermögenswerte und damit des Unternehmens als Einheit, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, durch eine andere Einheit. Eine solche Gesamtübernahme kann entweder durch einen freiwilligen Erwerb oder durch einen zwangsweisen Verkauf der Vermögenswerte des insolventen Unternehmens unter Fortführung des Betriebs erfolgen. 190 Folglich ist Ziff. 35 der Leitlinien insbesondere in Bezug auf die Voraussetzung, dass die Aktiva des betreffenden Unternehmens jeglichen Wertes beraubt würden, dahin zu verstehen, dass sie sich auf den Fall bezieht, dass die in der vorstehenden Randnummer angesprochene Übernahme des Unternehmens oder zumindest seiner Vermögenswerte unwahrscheinlich oder gar unmöglich erscheint. In einem solchen Fall würden die verschiedenen Vermögenswerte des insolventen Unternehmens einzeln zum Kauf angeboten, und wahrscheinlich würden viele von ihnen keinen Käufer finden oder allenfalls mit einem starken Preisabschlag verkauft werden, so dass es legitim erscheint, wie in Ziff. 35 der Leitlinien von einem vollständigen Verlust ihres Wertes zu sprechen. 191 Dieser Schluss wird durch die Erläuterungen gestützt, die die Kommission selbst in der mündlichen Verhandlung gegeben hat. Sie hat nämlich darauf hingewiesen, dass sie die Bedingung in Ziff. 35 der Leitlinien, dass die Aktiva jeglichen Wertes beraubt werden könnten, nicht buchstabengetreu angewandt, sondern festzustellen versucht habe, ob die Aktiva weiterhin zur Herstellung von Produkten verwendet worden seien. Diese Erläuterungen sind im Sitzungsprotokoll vermerkt worden. Aus ihnen ergibt sich, dass die Kommission Ziff. 35 der Leitlinien im Wesentlichen so auslegt, wie in der vorstehenden Randnummer dargelegt. 192 Im Übrigen verlangt die Anwendung von Ziff. 35 der Leitlinien nach ihrem Wortlaut auch „ein gegebenes soziales und ökonomisches Umfeld“. Nach der Rechtsprechung besteht ein solches Umfeld aus den Folgen, die die Zahlung der Geldbuße u. a. in Form einer Zunahme der Arbeitslosigkeit oder einer Beeinträchtigung der dem betreffenden Unternehmen vor- und nachgelagerten Wirtschaftssektoren haben könnte (Urteil des Gerichtshofs vom 29. Juni 2006, SGL Carbon/Kommission, C-308/04 P, Slg. 2006, I-5977, Randnr. 106). 193 Sind die in den drei vorstehenden Randnummern angesprochenen Bedingungen erfüllt, lässt sich in der Tat die Ansicht vertreten, dass die Verhängung einer Geldbuße, die zum Verschwinden des betreffenden Unternehmens führen könnte, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widerspricht, den die Kommission stets beachten muss, wenn sie beschließt, Geldbußen nach dem Wettbewerbsrecht aufzuerlegen (siehe oben, Randnr. 44). 194 Das Vorbringen der Klägerin im Rahmen ihres zweiten Klagegrundes ist unter Berücksichtigung dieser allgemeinen Erwägungen zu prüfen. 195 Hierbei ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin mit diesem Vorbringen sowohl eine formale Rüge erhebt, die einen Verstoß gegen die Begründungspflicht betrifft (siehe oben, Randnr. 182), als auch materielle Rügen, nämlich einen Tatsachenirrtum und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler der Kommission (siehe oben, Randnr. 183). Die Klägerin ersucht das Gericht ferner, in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung auf dem Gebiet der Geldbußen die gegen sie festgesetzte Geldbuße aufzuheben oder herabzusetzen. 196 Das Begehren der Klägerin, in ihrem Fall Ziff. 35 der Leitlinien anzuwenden, sowie ihr Vorbringen vor dem Gericht, mit dem sie der Zurückweisung ihres Begehrens entgegentritt, beruhen auf einem fehlerhaften Verständnis der Voraussetzungen für die Anwendung dieser Vorschrift. 197 Als sie ihren Antrag auf Berücksichtigung ihrer mangelnden Leistungsfähigkeit stellte, war sich die Klägerin zwar des Erfordernisses bewusst, das Vorliegen eines „gegebenen sozialen und ökonomischen Umfelds“ im Sinne der oben genannten Rechtsprechung (siehe Randnr. 192) nachzuweisen, und hat dieser Frage einen Teil ihres Schreibens vom 27. März 2009, das diesen Antrag enthielt, gewidmet. Die Klägerin führt darin im Wesentlichen dieselben wie die von ihr und der Slowakischen Republik vor dem Gericht vorgetragenen Argumente an (siehe oben, Randnrn. 180 und 181). Dieses Vorbringen, das im Übrigen von der Kommission nicht bestritten wird, belegt in rechtlich hinreichender Weise das Vorliegen eines gegebenen Umfelds, wie es Ziff. 35 der Leitlinien verlangt, so dass diese Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift als erfüllt anzusehen ist. 198 Die Klägerin scheint jedoch bei ihrem Antrag auf Berücksichtigung ihrer mangelnden Leistungsfähigkeit von der fehlerhaften Prämisse ausgegangen zu sein, dass hierfür der Nachweis genüge, dass die Verhängung einer Geldbuße ihre Insolvenz herbeiführen würde. So widmet sich das oben in Randnr. 177 genannte Sachverständigengutachten, das die Klägerin als Anlage zu ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgelegt hat, der „Fortdauer der wirtschaftlichen Existenz der Gesellschaft NCHZ“. 199 Hierzu ist festzustellen, dass die Klägerin den Inhalt dieses Gutachtens in gewissem Umfang verfälscht, wenn sie ausführt, es komme zu dem Ergebnis, dass drei Bedingungen erfüllt sein müssten, damit sie „als aktives Unternehmen überleben“ könne. Aus dem Gutachten geht eindeutig hervor, dass diese Bedingungen den Fortbestand der wirtschaftlichen Existenz der Klägerin als Handelsunternehmen betreffen. Würden diese Bedingungen nicht erfüllt – so heißt es darin weiter –, sei „eine erhebliche Verstärkung der rückläufigen Entwicklung für die Gesellschaft mit einer Tendenz zur Erreichung des Stadiums einer verhältnismäßig frühen Insolvenz [zu] erwarten“. Das Gutachten geht jedoch nicht auf die Folgen einer etwaigen Insolvenz für den Fortbestand des Unternehmens der Klägerin ein und äußert sich insbesondere nicht zur Wahrscheinlichkeit einer – freiwilligen oder unfreiwilligen – Übertragung sämtlicher Vermögenswerte auf eine andere Gesellschaft unter Weiterführung des Betriebs. 200 Die Klägerin ist auf diese Frage auch nicht in ihrem oben in Randnr. 197 angesprochenen Schreiben vom 27. März 2009 eingegangen, in dem sie über den Hinweis auf das gegebene soziale und wirtschaftliche Umfeld der Rechtssache hinaus nur neue Daten vorgelegt hat, um ihre „kritische Finanzlage“ darzutun. Diese Frage wird auch in der Klageschrift nicht behandelt. Erst im Stadium der Erwiderung hat die Klägerin spezifische Argumente zur Beantwortung des Vorbringens der Kommission vorgetragen, wonach die vorgelegten Beweismittel insbesondere nicht belegten, dass ihre Aktiva jeglichen Wert verlieren würden. 201 Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Randnrn. 189 und 190), genügt für die Anwendung von Ziff. 35 der Leitlinien aber nicht der Nachweis, dass das betreffende Unternehmen im Fall der Verhängung einer Geldbuße für insolvent erklärt würde. Bereits nach ihrem Wortlaut muss „eindeutig nachgewiesen [werden], dass die Verhängung einer Geldbuße … die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit des Unternehmens unwiderruflich gefährden und ihre Aktiva jeglichen Wertes berauben würde“, was im Fall einer Insolvenz der Gesellschaft, die das fragliche Unternehmen betreibt, nicht automatisch zutrifft. Daher kann die Klägerin die Anwendung dieser Vorschrift der Leitlinien nur verlangen, wenn sie die entsprechenden eindeutigen Nachweise beibringt; dies stellt eine wesentliche Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift dar. 202 Dieses Fehlverständnis der Klägerin von den Voraussetzungen für die Anwendung von Ziff. 35 der Leitlinien ist bei der Würdigung der Rügen, die sie im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes vorträgt, zu berücksichtigen. 203 Hierzu ist in Bezug auf die gerügte Verletzung der Begründungspflicht durch die Kommission darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die durch Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil des Gerichts vom 6. Dezember 2005, Brouwerij Haacht/Kommission, T-48/02, Slg. 2005, II-5259, Randnr. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung). 204 Was insbesondere den Umfang der Begründungspflicht in Bezug auf die Berechnung einer wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln verhängten Geldbuße anbelangt, sind nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung die Anforderungen des wesentlichen Formerfordernisses, um das es sich bei dieser Begründungspflicht handelt, erfüllt, wenn die Kommission in ihrer Entscheidung die Beurteilungskriterien angibt, die es ihr ermöglicht haben, Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu ermitteln, sowie die Beurteilungskriterien, die sie in Anwendung der in ihren eigenen Leitlinien enthaltenen Richtschnur zu diesem Zweck herangezogen hat (vgl. Urteil Brouwerij Haacht/Kommission, oben in Randnr. 203 angeführt, Randnr. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). 205 In Anbetracht dieser Rechtsprechung ist festzustellen, dass die Begründung, mit der die Kommission in der angefochtenen Entscheidung den auf Ziff. 35 der Leitlinien gestützten Antrag der Klägerin zurückgewiesen hat, recht kurz ist, da sie sich auf die bloße Feststellung beschränkt, dass die von der Klägerin vorgelegten Informationen nicht belegten, dass die verhängte Geldbuße ihre wirtschaftliche Überlebensfähigkeit unwiderruflich gefährden und ihre Aktiva jeglichen Wertes berauben würde. 206 Würde, wie die Klägerin fälschlich annimmt, die Wahrscheinlichkeit, dass sie infolge der Verhängung einer Geldbuße für insolvent erklärt wird, zum Nachweis dafür ausreichen, dass die Voraussetzung für die Anwendung von Ziff. 35 der Leitlinien, die darin besteht, dass ihre wirtschaftliche Überlebensfähigkeit gefährdet wird und ihre Aktiva jeglichen Wertes beraubt werden, erfüllt ist, könnte man zwar zu dem Schluss kommen, dass der 377. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, in dem der Antrag der Klägerin auf Anwendung dieser Vorschrift der Leitlinien zurückgewiesen wird, unzureichend begründet ist. 207 Nach der Rechtsprechung kann nämlich der Kontext, in dem die Entscheidung erlassen wird und der u. a. durch den Meinungsaustausch zwischen der die Entscheidung erlassenden Stelle und dem Betroffenen gekennzeichnet wird, unter gewissen Umständen die an die Begründung zu stellenden Anforderungen erhöhen (Urteile des Gerichts vom 6. April 2000, Kuijer/Rat, T-188/98, Slg. 2000, II-1959, Randnrn. 44 und 45, und vom 3. Dezember 2003, Audi/HABM [TDI], T-16/02, Slg. 2003, II-5167, Randnr. 89). Da die Klägerin genaue Informationen einschließlich eines Sachverständigengutachtens vorgelegt hatte, die ihrer Auffassung nach zeigten, dass es im Fall der Festsetzung einer Geldbuße sehr wahrscheinlich, wenn nicht unvermeidlich, wäre, dass sie für insolvent erklärt würde, musste die Kommission, wenn sie zu einem anderen Ergebnis kommen wollte, zumindest eine kurze Zusammenfassung der Kriterien und Bewertungen geben, die ihr Ergebnis stützten. 208 Dies gilt umso mehr, als die Kommission in ihrer Klagebeantwortung darauf hinweist, dass sie die Finanzlage der Klägerin sorgfältig geprüft habe, insbesondere mittels einer Analyse nach dem „Altman-Z-score-Modell“, und dass sie anhand der von der Klägerin beigebrachten Daten den aus diesem Modell herleitbaren Indikator für die Insolvenzwahrscheinlichkeit berechnet habe. Dieser Indikator habe für die Klägerin über dem Grenzwert für eine erhöhte Insolvenzwahrscheinlichkeit gelegen. Dadurch sei es zwischen den Parteien zu einem Streit über die Genauigkeit der Berechnung dieses Indikators, der auch in dem von der Klägerin vorgelegten Sachverständigengutachten – nach Auffassung der Kommission allerdings falsch – errechnet worden sei, und allgemeiner über die Bewertung des von der Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten Sachverständigengutachtens durch die Kommission gekommen. Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin auch ein neues Sachverständigengutachten zu ihrer Finanzlage vorgelegt. 209 Die oben in Randnr. 206 wiedergegebene Annahme der Klägerin trifft jedoch nicht zu. Wie bereits festgestellt (siehe oben, Randnr. 201), kann sich die Klägerin für die Zwecke der Anwendung von Ziff. 35 der Leitlinien nicht auf die Angabe beschränken, dass die Festsetzung einer Geldbuße zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens führen würde; sie muss vielmehr auch erläutern und beweisen, inwiefern dies ihre wirtschaftliche Überlebensfähigkeit als Unternehmen gefährden und ihre Aktiva jeglichen Wertes berauben würde. 210 Die letztgenannte Frage wurde jedoch im Antrag der Klägerin auf Anwendung dieser Vorschrift der Leitlinien nicht ausdrücklich behandelt (siehe oben, Randnrn. 198 bis 200). Daher gab es zu dieser Frage zwischen der Klägerin und der Kommission keinen Meinungsaustausch, so dass die oben in Randnr. 207 angeführte Rechtsprechung keine Anwendung findet. Unter diesen Umständen konnte sich die Kommission, ohne gegen die Begründungspflicht zu verstoßen, auf die Feststellung im 377. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung beschränken, dass die wesentliche Voraussetzung für die Anwendung von Ziff. 35 der Leitlinien – die Gefährdung der Überlebensfähigkeit des betreffenden Unternehmens und die Tatsache, dass seine Aktiva jeglichen Wertes beraubt würden – nicht erfüllt sei. Daher ist die von der Klägerin erhobene Rüge einer Verletzung der Begründungspflicht zurückzuweisen. 211 Jedenfalls geht aus der oben in den Randnrn. 49 bis 51 angeführten Rechtsprechung hervor, dass das Gericht vorliegend nicht nur die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung sowohl formell als auch in der Sache nachprüfen, sondern auch seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ausüben muss, was bedeutet, dass es seine eigene Würdigung an die Stelle derjenigen der Kommission setzt. 212 Die Befugnis des Unionsrichters zu unbeschränkter Nachprüfung kann die Vorlage und Heranziehung zusätzlicher Informationen erfordern, die an sich nicht in der Entscheidung erwähnt zu werden brauchen, damit diese dem Begründungserfordernis genügt (Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, KNP BT/Kommission, C-248/98 P, Slg. 2000, I-9641, Randnr. 40; Urteile SCA Holding/Kommission, oben in Randnr. 49 angeführt, Randnr. 55, und Cheil Jedang/Kommission, oben in Randnr. 96 angeführt, Randnr. 215). Unter Berücksichtigung solcher Zusatzinformationen, die in der Entscheidung der Kommission nicht erwähnt sind, kann der Unionsrichter in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung u. a. zu dem Ergebnis kommen, dass die festgesetzte Geldbuße angemessen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2007, BASF und UCB/Kommission, T-101/05 und T-111/05, Slg. 2007, II-4949, Randnrn. 71 und 72), und zwar auch dann, wenn die Entscheidung der Kommission unzureichend begründet ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission, T-30/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 190). 213 Im vorliegenden Fall tritt die Klägerin in der Sache der Beurteilung der Kommission entgegen, mit der diese den Antrag auf Berücksichtigung ihrer fehlenden Leistungsfähigkeit abgelehnt hat. Sie beschränkt sich nicht darauf, insofern einen Tatsachenirrtum oder einen offensichtlichen Beurteilungsfehler geltend zu machen, sondern ersucht das Gericht auch um Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung. Die Kommission ihrerseits beantragt in ihrer Klagebeantwortung, dass das Gericht, falls es die Begründung der angefochtenen Entscheidung für unzureichend erachten sollte, in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die Höhe der Geldbuße beibehält. 214 Selbst wenn die Begründung der angefochtenen Entscheidung, soweit mit ihr der oben genannte Antrag der Klägerin zurückgewiesen wurde, unzureichend sein sollte, ist unter diesen Umständen, bevor sie gegebenenfalls aus diesem Grund aufgehoben wird, das materielle Vorbringen der Klägerin gegen die Zurückweisung ihres Antrags zu prüfen, nicht nur um festzustellen, ob die Zurückweisung die von der Klägerin geltend gemachten materiellen Fehler aufweist, sondern auch um zu entscheiden, ob im Rahmen der Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung, über die das Gericht auf diesem Gebiet verfügt, die Geldbuße, wie von der Klägerin beantragt, aufzuheben oder herabzusetzen ist oder ob sie, wie von der Kommission beantragt, aufrechtzuerhalten ist. 215 Hierzu ist erstens festzustellen, dass sowohl das Sachverständigengutachten, das die Klägerin ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte beigefügt hatte, als auch das Schreiben vom 27. März 2009 nicht nur nicht ausdrücklich auf die Frage der Überlebensfähigkeit des Unternehmens der Klägerin und eines möglichen Verlusts jeglichen Wertes ihrer Aktiva aufgrund der Verhängung der Geldbuße eingehen (siehe oben, Randnrn. 199 und 200), sondern auch keine Anhaltspunkte enthalten, die für eine solche Möglichkeit sprächen. 216 Zweitens sprechen die von der Klägerin in ihrer Klageschrift vorgetragenen Argumente ebenso wenig für eine solche Möglichkeit, sondern deuten im Gegenteil darauf hin, dass selbst im Insolvenzfall der Fortbestand des Unternehmens nach einer Rekapitalisierung der Klägerin oder der Übernahme ihrer sämtlichen Aktiva durch eine andere Einheit unter Fortführung des Betriebs wahrscheinlich wäre. Obwohl die Klägerin sich nach ihren eigenen Angaben „seit geraumer Zeit am Rande der Insolvenz“ befand, trat nämlich 2008 ein neuer Aktionär in die Gesellschaft ein, was zeigt, dass es Anleger gab, die an einer Beteiligung an der Klägerin interessiert waren. Dies lässt sich dadurch erklären, dass die Klägerin, wie sie selbst ausführt, ein angesehener Wettbewerber auf dem Calciumcarbidmarkt war und die Finanzprobleme, mit denen sie zu kämpfen hatte, von ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf diesem Markt unabhängig waren. 217 Drittens wird dieser Eindruck durch eine an ihre „Geschäftspartner“ gerichtete Erklärung des Verwaltungsrats der Klägerin vom 17. September 2009 bestätigt, die die Kommission als Anlage zu ihrer Klagebeantwortung vorgelegt hat. Darin heißt es, dass der Antrag, durch den die Klägerin für insolvent erklärt werden sollte, das Ziel gehabt habe, ihre Vermögenswerte im Hinblick auf die Aufrechterhaltung des Betriebs zu schützen. Der Verwaltungsrat erklärt, die Klägerin könne ihre Stellung auf dem Markt aufrechterhalten, was ein „Zeichen von Dynamik und innerer Stärke“ sei, und spricht von einem „Verfahren zur Wiederbelebung des Unternehmens“, das dessen „Handlungs- und Leistungsfähigkeit“ keineswegs in Frage stelle. 218 Viertens überzeugt auch das Vorbringen in der Erwiderung nicht, mit dem die Klägerin zeigen will, dass ihre Insolvenz unvermeidlich sei und ihre Aktiva jeglichen Wert verlören. In diesem Kontext geht die Klägerin zunächst auf ein Argument der Kommission in der Klagebeantwortung ein, wonach die Klägerin für diese Geldbuße bereits eine Rückstellung von etwa 11 Mio. Euro vorgenommen habe. Dieses Argument ist jedoch irrelevant, da es nicht die mögliche Fortführung des Unternehmens nach seinem Insolvenzantrag betrifft, sondern die Frage, ob die Verhängung der Geldbuße unausweichlich zur Insolvenz führte. 219 In diesem Teil ihres Vorbringens behandelt die Klägerin noch zwei weitere Fragen. Zum einen geht sie auf die Ausführungen der Kommission zum möglichen Erwerb ihrer Vermögenswerte durch ein anderes Unternehmen ein. Zum anderen geht sie auf das Argument der Kommission ein, sie habe nicht beantragt, ein Sanierungsverfahren einzuleiten. 220 Zur ersten der beiden in der vorstehenden Randnummer genannten Fragen stellt die Klägerin fest, es sei „schwierig, den Beweis zu erbringen, dass ein Ereignis nicht eintreten wird“; sie wisse aber jedenfalls von keinem Unternehmen, das „am Ankauf ihrer Vermögenswerte (einschließlich der Verbindlichkeiten) interessiert ist“. Diese Antwort beruht jedoch auf einer irrigen Annahme. Der Verkauf sämtlicher Vermögenswerte eines zahlungsunfähigen Unternehmens zur Fortführung des Betriebs, von dem oben in Randnr. 189 die Rede ist, umfasst, entgegen der Ansicht der Klägerin, nicht auch die Übertragung der Verbindlichkeiten dieses Unternehmens auf den Erwerber. Die zu den Verbindlichkeiten gehörenden Schulden werden aus dem Erlös des Verkaufs beglichen. Wahrscheinlich wird dies nur partiell geschehen, da die Klägerin andernfalls nicht für insolvent erklärt worden wäre. Gleichwohl kann durch den Gesamtverkauf sämtlicher Vermögenswerte einer zahlungsunfähigen Gesellschaft im Hinblick auf die Fortführung des Betriebs grundsätzlich ein besseres Ergebnis erzielt werden als durch den gesonderten Verkauf jedes einzelnen Vermögensgegenstands, da ein Gesamtverkauf sämtlicher Vermögenswerte eines zahlungsunfähigen Unternehmens die Realisierung immaterieller Werte, wie z. B. seines Ansehens auf dem Markt, erlaubt und es dem Käufer, der im betreffenden Sektor tätig werden will, zudem ermöglicht, die Anstrengungen, Kosten und Schwierigkeiten zu vermeiden, die die Errichtung eines ganz neuen Unternehmens erfordert. 221 Unter diesen Umständen wäre vernünftigerweise zu erwarten, dass die Klägerin erläutert, warum der Erwerb ihres Unternehmens durch eine andere Einheit im vorliegenden Fall ausgeschlossen gewesen sein soll, zumal sie selbst festgestellt hat, dass sie ein angesehener Wettbewerber auf dem Markt sei. Die Klägerin beschränkt sich jedoch auf den Hinweis, dass die Fortführung ihres Betriebs von der Meinung eines „Gläubigerausschusses“ abhänge; wenn diese Gläubiger der Ansicht seien, „dass es einträglicher wäre, die Vermögenswerte des Unternehmens zu verkaufen, als dessen Betrieb aufrechtzuerhalten, [würden] die Fertigungsanlagen geschlossen, und … die Wiederaufnahme des Betriebs wäre sowohl finanziell als auch technisch eine außergewöhnlich starke Belastung“, so dass „bei vernünftiger Betrachtung damit zu rechnen [wäre], dass zumindest einige Teile der Vermögenswerte und Fertigungsanlagen kein Interesse fänden und daher ihren gegenwärtigen Wert insgesamt verlören“. 222 Die Klägerin legt hierzu auch ein Sachverständigengutachten vor, das zu dem Schluss gelangt, dass sie ihre Produktionstätigkeiten innerhalb eines Zeitraums von 10 bis 18 Wochen ohne Gefahr für die Sicherheit ihrer Arbeitnehmer beenden könnte, aber die in den Anlagen verbleibenden Substanzen „erhebliche Auswirkungen“ auf die Umwelt hätten und die Demontage dieser Anlagen von Fachleuten vorgenommen werden müsste, wobei sich ihre Dauer und ihre Kosten nur schwer schätzen ließen. 223 Das in den beiden vorstehenden Randnummern zusammengefasste Vorbringen der Klägerin ist lückenhaft, wenn nicht widersprüchlich. Ihr Vorbringen sowie das von ihr vorgelegte Sachverständigengutachten lassen darauf schließen, dass der Verkauf ihrer sämtlichen Vermögenswerte im Hinblick auf die Fortführung des Betriebs auch für ihre Gläubiger die vorzugswürdige Lösung wäre. Die Klägerin erläutert jedoch nicht, aus welchen Gründen der Gläubigerausschuss gleichwohl zu dem Schluss gelangen könnte, dass es einträglicher wäre, ihre Vermögenswerte zu verkaufen und ihre Produktion einzustellen. 224 Was das Sanierungsverfahren betrifft, hat die Kommission in ihrer Klagebeantwortung ein Argument wiederaufgenommen, das sie bereits im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes vorgetragen hat. Aus dem Beschluss Novácke chemické závody/Kommission (oben in Randnr. 5 angeführt, Randnrn. 25 und 49) ergibt sich jedoch, dass das Sanierungsverfahren vor der Insolvenzerklärung eingeleitet werden musste. Dieses Argument betrifft daher die Frage, wie eine Insolvenzerklärung vermieden werden könnte, und nicht deren Folgen. Daher ist auch dieses Argument nicht stichhaltig (siehe auch oben, Randnr. 218). Jedenfalls beschränkt sich die Klägerin darauf, zu diesem Argument geltend zu machen, dass einige ihrer Gläubiger einem Sanierungsplan nur hätten zustimmen können, wenn er den Vorschriften über staatliche Beihilfen entspräche, ohne zu erläutern, warum dies auszuschließen sei. Im Übrigen wiederholt sie die ungenauen und unbewiesenen Ausführungen, dass am Erwerb ihrer Aktien oder ihres Unternehmens durch einen Dritten „kein erhebliches Interesse bestand“. 225 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen hat die Klägerin nicht darzutun vermocht, dass die Weigerung der Kommission, in der angefochtenen Entscheidung ihre mangelnde Leistungsfähigkeit im Sinne von Ziff. 35 der Leitlinien zu berücksichtigen, fehlerhaft war. 226 Dieser Schluss wird durch die Antwort der Klägerin auf die Frage bekräftigt, die das Gericht im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme an die Beteiligten gestellt hat und mit der es sie aufgefordert hat, ihr Vorbringen zum vorliegenden Klagegrund, insbesondere hinsichtlich der Aussichten für einen Verkauf der gesamten Vermögenswerte der Klägerin unter Fortführung des Betriebs, zu ergänzen. 227 Die Klägerin hat nämlich bestätigt, dass ihre sämtlichen Vermögenswerte ohne jede Verbindlichkeit mit Ausnahme derer, die sie nach ihrer Insolvenzerklärung eingegangen sei, am 16. Januar 2012 im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu dem von ihr als „unbedeutend“ angesehenen Preis von 2,2 Mio. Euro verkauft worden seien. Dass dieser Preis nur einen Bruchteil der gegen sie verhängten Geldbuße darstelle, bestätige, dass ihre Aktiva jeglichen Wert verloren hätten. 228 Unabhängig davon, ob die gesamten Vermögenswerte der Klägerin zu einem höheren als dem tatsächlich erzielten Preis hätten verkauft werden können, kann angesichts dieses Preises jedenfalls nicht davon die Rede sein, dass ihre Aktiva jeglichen Wert verloren hätten. Die Klägerin hat nämlich keineswegs dargetan, dass der Verkauf ihrer sämtlichen Vermögenswerte unter Fortführung des Betriebs des Unternehmens unwahrscheinlich oder gar unmöglich war, sondern im Gegenteil bestätigt, dass ein solcher Verkauf tatsächlich stattgefunden hat. 229 Daraus folgt, dass die Kommission zu Recht der Auffassung war, dass die Voraussetzungen für eine Anwendung von Ziff. 35 der Leitlinien im Fall der Klägerin nicht erfüllt gewesen seien, und dass im Rahmen der Ausübung der Befugnis des Gerichts zu uneingeschränkter Nachprüfung jedenfalls davon auszugehen ist, dass das Vorbringen der Klägerin im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes nicht die Aufhebung oder Herabsetzung der gegen sie festgesetzten Geldbuße rechtfertigt, sondern im Gegenteil deren Aufrechterhaltung. Infolgedessen ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen. Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Buchst. g EG 230 Mit ihrem dritten Klagegrund macht die Klägerin geltend, die angefochtene Entscheidung könnte, weil mit ihr eine übermäßige Geldbuße gegen sie verhängt werde, den Wettbewerb auf dem Calciumcarbidmarkt verzerren oder beseitigen und dadurch gegen Art. 3 Abs. 1 Buchst. g EG verstoßen. Unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofs vom 21. Februar 1973, Europemballage und Continental Can/Kommission (6/72, Slg. 1973, 215, Randnrn. 23 und 24), führt die Klägerin aus, nach dieser Bestimmung sei die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften untersagt, sofern sie zu einer Verzerrung oder zu einer Ausschaltung des Wettbewerbs führe, auch wenn das Unionsrecht dies nicht unmittelbar vorsehe. Die Bestimmung sei nicht nur für die Unternehmen verbindlich, sondern auch für die Unionsorgane, so dass ein solches Organ, wenn es eine Maßnahme erlasse, die den Wettbewerb verfälsche oder ausschalte, gegen diese Bestimmung verstoße, auch wenn es keine andere Vorschrift des Unionsrechts verletze. 231 Die Klägerin wiederholt im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes die bereits im Rahmen des zweiten Klagegrundes vorgetragene Auffassung, dass die gegen sie verhängte Geldbuße ihre Insolvenzerklärung und ihren Abschied von dem betreffenden Markt zur Folge haben werde. Ferner stellt sie unter Berufung auf konkrete Daten aus der angefochtenen Entscheidung und gestützt auf den Herfindahl-Hirschman-Index, anhand dessen die Wettbewerbsbehörden, einschließlich der Kommission, das Ausmaß der Konzentration auf einem bestimmten Markt beurteilen, fest, dass der Konzentrationsgrad auf den hier in Rede stehenden Märkten für Calciumcarbidpulver und -granulat bereits hoch sei. Da sie auf diesen Märkten einer der wichtigsten Wettbewerber sei, hätte ihre Ausschaltung zur Folge, dass die Koordinierung zwischen den anderen Wettbewerbern trotz der gegen diese festgesetzten Sanktionen wahrscheinlicher werde. Die Marktanteile der Klägerin würden wahrscheinlich zwischen den anderen Kartellmitgliedern aufgeteilt, was zu einer Erhöhung der Konzentration und letztlich zur Ausschaltung des Wettbewerbs auf diesen Märkten führen würde. 232 Insbesondere könnten ihre Anteile an den betreffenden Märkten von Akzo Nobel übernommen werden, und in diesem Fall wiese der Herfindahl-Hirschman-Index eine erhebliche Steigerung auf. Dies verdeutliche das „abwegige und unbillige Ergebnis“, zu dem die „mechanische und unsachgemäße Anwendung der Wettbewerbsregeln“ führen könnte. Akzo Nobel, ein „wirtschaftlicher Riese“ mit beträchtlichen Anteilen an den betreffenden Märkten, der bereits wegen seiner Beteiligung an anderen Kartellen mit Geldbußen belegt worden und ein aktives Mitglied des in Rede stehenden Kartells gewesen sei, zöge letztlich einen Vorteil aus der angefochtenen Entscheidung, da er nicht nur einen Geldbußenerlass erhalten habe, sondern ihm auch die Kunden der Klägerin zufielen. Ein solches Ergebnis widerspräche offensichtlich nicht nur den Zielen des Wettbewerbsrechts, sondern auch grundlegenden Billigkeitserwägungen. 233 Diese Argumentation greift nicht durch. 234 Erstens ist die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 Buchst. g EG zurückzuweisen. 235 Wie der Gerichtshof in seinem Urteil Europemballage und Continental Can/Kommission (oben in Randnr. 230 angeführt, Randnrn. 23 und 24), auf das sich die Klägerin beruft, befunden hat, ist diese Vorschrift zwar einem Ziel gewidmet, das in mehreren Bestimmungen des EG-Vertrags näher geregelt wird, für deren Auslegung diese Zielsetzung maßgebend ist. Wenn aber Art. 3 Abs. 1 Buchst. g EG die Errichtung eines Systems vorsieht, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts vor Verfälschungen schützt, so fordert er erst recht, dass der Wettbewerb nicht ausgeschaltet wird. Dieses Erfordernis ist so wesentlich, dass bei seinem Fehlen zahlreiche Bestimmungen des EG-Vertrags gegenstandslos wären. Somit finden die Wettbewerbsbeschränkungen, die dieser Vertrag unter bestimmten Bedingungen deshalb zulässt, weil die verschiedenen Vertragsziele miteinander in Einklang gebracht werden müssen, in diesem Erfordernis eine Grenze, bei deren Überschreitung die Gefahr besteht, dass eine Abschwächung des Wettbewerbs den Zielsetzungen des Gemeinsamen Marktes zuwiderlaufen würde. 236 Gleichwohl sind diese als solche zutreffenden Erwägungen nicht für die Festsetzung einer Sanktion gegen ein Unternehmen relevant, das durch seine Beteiligung an einer Vereinbarung zwischen Unternehmen oder einer abgestimmten Verhaltensweise, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG bezwecken oder bewirken soll, gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen hat. Bei ihrem Vorbringen lässt die Klägerin nämlich völlig außer Acht, dass infolge des mit der angefochtenen Entscheidung geahndeten Kartells der Wettbewerb auf den im vorliegenden Fall betroffenen Märkten verfälscht oder gar ausgeschaltet wurde. Die angefochtene Entscheidung zielt gerade darauf ab, u. a. durch die Festsetzung angemessener Sanktionen Abhilfe zu schaffen. 237 Stellt die Kommission eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln fest, ist die Festsetzung von Sanktionen durch sie ein Mittel, das gerade darauf abzielt, das in Art. 3 Abs. 1 Buchst. g EG genannte Ziel zu erreichen, und kann offensichtlich nicht als Verstoß gegen diese Bestimmung angesehen werden. Unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, der die Richtschnur für das Handeln der Kommission in diesem Bereich bilden muss (siehe oben, Randnrn. 44 und 46), sind allerdings unangemessene Sanktionen, die zur Erreichung des verfolgten Ziels nicht erforderlich sind, zu vermeiden. Das Vorbringen der Klägerin im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes ist daher nur unter dem Gesichtspunkt eines möglichen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu prüfen. 238 Zweitens ist im Hinblick auf die Prüfung dieses Vorbringens unter dem genannten Gesichtspunkt festzustellen, dass die oben in Randnr. 186 angeführte ständige Rechtsprechung, nach der die Kommission bei der Bemessung der Geldbuße nicht verpflichtet ist, die defizitäre finanzielle Lage eines betroffenen Unternehmens zu berücksichtigen, nicht bedeutet, dass sie daran gehindert wäre (Urteil Carbone-Lorraine/Kommission, oben in Randnr. 58 angeführt, Randnr. 314). Das Erfordernis der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit kann nämlich der Verhängung einer Geldbuße entgegenstehen, die über das hinausginge, was eine angemessene Sanktion für die festgestellte Zuwiderhandlung darstellte und den Bestand des betroffenen Unternehmens in Frage stellen könnte. Dies gilt erst recht, wenn das Verschwinden eines Unternehmens von dem betreffenden Markt notwendigerweise schädliche Auswirkungen auf den Wettbewerb hätte. 239 Gleichwohl enthält das Vorbringen der Klägerin keinen Anhaltspunkt dafür, dass bei der gegen sie festgesetzten Geldbuße der in der vorstehenden Randnummer geschilderte Fall vorliegt und ihre Bemessung daher gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. 240 Zum einen beruht das Vorbringen der Klägerin auf der Annahme, dass die Verhängung dieser Geldbuße zu ihrem Abschied von den betreffenden Märkten führen würde; dies trifft jedoch aus den im Rahmen des zweiten Klagegrundes dargestellten Gründen (siehe oben, Randnrn. 215 bis 228) nicht zu. 241 Zum anderen enthält das Vorbringen der Klägerin, selbst wenn man ihren Abschied von den betreffenden Märkten unterstellt, keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Wettbewerb auf diesen Märkten in einem solchen Fall ausgeschaltet oder erheblich eingeschränkt würde. 242 Insoweit lässt sich dem 44. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, den die Klägerin in keiner Weise beanstandet, entnehmen, dass Calciumcarbid explosiv und der Transport aus diesem Grund relativ schwierig ist. Folglich weist die Errichtung einer beherrschenden Stellung oder eines Monopols auf diesem Markt eine weitere Schwierigkeit auf, da ein Hersteller, um den Markt beherrschen zu können, über mehrere über das betreffende Gebiet verteilte Produktionsstätten verfügen müsste. 243 Zudem beruft sich die Klägerin zur Stützung ihrer These, dass ihr Abschied von den betreffenden Märkten zur Beschränkung oder gar Ausschaltung des Wettbewerbs auf diesen Märkten führen würde, darauf, dass ihre Kunden möglicherweise von Akzo Nobel übernommen würden. Sie erläutert jedoch in keiner Weise, warum die Übernahme ihrer Kunden durch Akzo Nobel und nicht durch einen anderen Marktteilnehmer wahrscheinlich wäre. 244 Im Übrigen lässt sich der Tabelle im 46. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung entnehmen, dass Akzo Nobel zwischen 20 % und 25 % des Marktes für Calciumcarbidpulver und zwischen 5 % und 10 % des Marktes für Calciumcarbidgranulat innehatte. Selbst wenn Akzo Nobel die Kunden der Klägerin übernähme, würde sie daher keineswegs ein Monopol auf diesen beiden Märkten erlangen. Zudem war, wie aus Fn. 80 folgt, auf die im 44. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung verwiesen wird, Akzo Nobel nicht der Hauptanbieter „auf dem Kontinentalmarkt“, an dem die Klägerin beteiligt war. Ein großer Teil des Marktanteils von Akzo Nobel scheint nach dieser Fußnote darauf zurückzuführen zu sein, dass sie der einzige „in der nordischen Region“ ansässige Hersteller war. Diese Faktoren, die von der Klägerin nicht in Abrede gestellt werden, sprechen sowohl dagegen, von einer Übernahme der Kunden der Klägerin durch Akzo Nobel im Fall ihres Rückzugs von diesen Märkten auszugehen, als auch gegen den möglichen Erwerb einer beherrschenden Stellung durch Akzo Nobel auf diesen Märkten, falls es ihr gelänge, die Kunden der Klägerin zu übernehmen. 245 Nach alledem ist der dritte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen. Zudem ist das Gericht in Ausübung seiner Befugnisse zu unbegrenzter Nachprüfung hinsichtlich der Höhe der gegen die Klägerin verhängte Geldbuße jedenfalls der Auffassung, dass ihr Betrag unter den Umständen des vorliegenden Falles in Anbetracht von Schwere und Dauer der von der Kommission festgestellten Zuwiderhandlung sowie der wirtschaftlichen Mittel der Klägerin angemessen ist. Daher ist die Klage insgesamt abzuweisen. Kosten 246 Nach Art. 87 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Zudem tragen nach Art. 87 § 4 Abs. 1 die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. 247 Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen. Die Slowakische Republik trägt ihre eigenen Kosten. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Novácke chemické závody a.s. trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission. 3. Die Slowakische Republik trägt ihre eigenen Kosten. Czúcz Labucka Gratsias Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Dezember 2012. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die allgemeinen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung bei der Bemessung der Geldbuße Leitlinien Angefochtene Entscheidung Zu den Rügen der Klägerin – Vorbemerkungen – Zur ersten, die abschreckende Wirkung der Geldbuße betreffenden Rüge – Zur zweiten, die erschwerenden Umstände betreffenden Rüge – Zur dritten, mildernde Umstände betreffenden Rüge – Zur vierten, die Herabsetzung der Geldbuße von Almamet betreffenden Rüge – Zur fünften, die Bemessung der Geldbuße im Verhältnis zu den Gesamtumsätzen der Adressaten der angefochtenen Entscheidung betreffenden Rüge – Zu der in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen sechsten Rüge, die den der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße zugrunde zu legenden Umsatz betrifft Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften, Tatsachenirrtum und offensichtlicher Beurteilungsfehler, weil die Kommission es abgelehnt habe, die Leistungsfähigkeit der Klägerin zu berücksichtigen Leitlinien Angefochtene Entscheidung Würdigung durch das Gericht Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Buchst. g EG Kosten (*1) Verfahrenssprache: Englisch.
Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 5. Oktober 2011.#Transcatab SpA gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb - Kartelle - Italienischer Markt für den Kauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak - Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird - Preisfestsetzung und Marktaufteilung - Zurechnung des rechtswidrigen Verhaltens - Geldbußen - Verhältnismäßigkeit - Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung - Mildernde Umstände - Zusammenarbeit.#Rechtssache T-39/06.
62006TJ0039
ECLI:EU:T:2011:562
2011-10-05T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2011 II-06831
Rechtssache T‑39/06 Transcatab SpA gegen Europäische Kommission „Wettbewerb – Kartelle – Italienischer Markt für den Ankauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Preisfestsetzung und Marktaufteilung – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung – Geldbußen – Verhältnismäßigkeit – Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Zusammenarbeit“ Leitsätze des Urteils 1.      Wettbewerb – Gemeinschaftsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien – Vermutung, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf Tochtergesellschaften ausübt, deren Kapital sie zu 100 % hält (Art. 81 EG) 2.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Wahrung der Verteidigungsrechte – Mitteilung der Beschwerdepunkte – Notwendiger Inhalt (Art. 81 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 27 Abs. 1) 3.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Höchstbetrag – Berechnung – Zu berücksichtigender Umsatz (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2) 4.      Handlungen der Organe – Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen wegen Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln – Handlung, die Außenwirkungen entfalten soll – Tragweite (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission) 5.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Zuwiderhandlungen, die bereits aufgrund ihres Wesens als besonders schwer qualifiziert werden (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A) 6.      Wettbewerb – Geldbußen – Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden – Begründungspflicht – Umfang (Art. 81 EG und 253 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2 und 3) 7.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Wahrung der Verteidigungsrechte – Mitteilung der Beschwerdepunkte – Notwendiger Inhalt (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 27) 8.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Ermessensspielraum der Kommission – Grenzen – Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – Tragweite (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission) 9.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Abschreckungswirkung der Geldbuße (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 5 Buchst. b) 10.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Tatsächliche Nichtdurchführung einer Vereinbarung (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A Abs. 1 und 3, zweiter Gedankenstrich) 11.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Beendigung des Verstoßes nach dem ersten Eingreifen der Kommission – Tragweite (Art. 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 3, dritter Gedankenstrich) 12.    Unionsrecht – Grundsätze – Vertrauensschutz – Voraussetzungen 13.    Landwirtschaft – Wettbewerbsregeln – Verordnung Nr. 26 – Anwendung der für Vereinbarungen, Beschlüsse und Verhaltensweisen, die zur Verwirklichung der Ziele des Art. 33 EG notwendig sind, vorgesehenen Ausnahme – Voraussetzungen (Art. 33 EG und 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 26 des Rates, Art. 2) 14.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitteilung über Zusammenarbeit – Voraussetzungen (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23; Mitteilungen der Kommission 98/C 9/03, Nr. 3, sechster Gedankenstrich, und 2002/C 45/03) 15.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Erster Anwendungsfall der Wettbewerbsregeln auf einen bestimmten Wirtschaftssektor – Entscheidungsspielraum der Kommission (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 3) 16.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Schlechte Finanzlage der betroffenen Branche – Entscheidungsspielraum der Kommission (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission) 17.    Verfahren – Klageschrift – Formerfordernisse (Satzung des Gerichtshofs, Art. 21; Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 44 § 1 Buchst. c und 48 § 2) 18.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Herabsetzung der Geldbuße als Gegenleistung für eine Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens – Voraussetzungen (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23; Mitteilung 2002/C 45/03 der Kommission, Nr. 23 letzter Absatz) 19.    Wettbewerb – Kartelle – Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen, die eine einheitliche Zuwiderhandlung darstellen (Art. 81 Abs. 1 EG) 1.      Im Wettbewerbsrecht kann einer Muttergesellschaft das Verhalten der Tochtergesellschaft insbesondere dann zugerechnet werden, wenn die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen, die die beiden Rechtssubjekte verbinden. Da nämlich in einem solchen Fall die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit sind und damit ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, kann die Kommission eine Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten, ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachzuweisen wäre. In dem besonderen Fall, dass eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen hat, kann zum einen diese Muttergesellschaft einen entscheidenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben und besteht zum anderen eine widerlegliche Vermutung, dass diese Muttergesellschaft tatsächlich einen solchen Einfluss ausübt. So darf die Kommission annehmen, dass die Letztgenannte einen entscheidenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt, ohne verpflichtet zu sein, zusätzliche Nachweise dafür zu erbringen, dass die Muttergesellschaft einen solchen Einfluss tatsächlich ausgeübt hat oder auch nur die geringste Kenntnis von der Zuwiderhandlung oder der Beteiligung dieser Tochtergesellschaft an dieser Zuwiderhandlung hatte. Es handelt sich um eine widerlegliche Vermutung, die durch den Gegenbeweis widerlegt werden kann. Es obliegt daher der Muttergesellschaft, diese Vermutung durch Beweisdokumente zu widerlegen, die dem Nachweis dienen können, dass ihre Tochtergesellschaft ihr Vorgehen auf dem Markt eigenständig bestimmt und diese beiden Gesellschaften somit keine wirtschaftliche Einheit bilden. Anderenfalls wird die Ausübung einer Kontrolle durch den Umstand dargetan, dass die aus der Inhaberschaft des gesamten Kapitals abgeleitete Vermutung nicht widerlegt worden ist. Der Umstand, dass eine Tochtergesellschaft ihre eigene örtliche Geschäftsleitung hat und über eigene Mittel verfügt, beweist für sich genommen nicht, dass sie ihr Marktverhalten gegenüber ihrer Muttergesellschaft eigenständig bestimmt. Der Umstand, dass die Führung der laufenden Geschäfte zu 100 % der örtlichen Geschäftsleitung einer Tochtergesellschaft anvertraut ist, ist nämlich gängige Praxis und daher nicht geeignet, die tatsächliche Eigenständigkeit von Tochtergesellschaften zu beweisen. (vgl. Randnrn. 92-94, 103, 106) 2.      Wettbewerbsrecht erfordert die Wahrung der Verteidigungsrechte, dass das betroffene Unternehmen im Verwaltungsverfahren zum Vorliegen und zur Erheblichkeit des Sachverhalts und der Umstände, die die Kommission anführt, sowie zu den von ihr zur Stützung ihrer Behauptung, dass eine Zuwiderhandlung gegen den Vertrag vorliege, herangezogenen Schriftstücken sachgerecht Stellung nehmen konnte. Dieser Grundsatz kommt in Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 zum Ausdruck, der vorsieht, dass den Parteien eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übersandt wird, in der alle wesentlichen Tatsachen, auf die sich die Kommission in diesem Stadium des Verfahrens stützt, so klar angeführt sein müssen, dass die Betroffenen tatsächlich erkennen können, welches Verhalten ihnen die Kommission zur Last legt, und sie ihre Verteidigung sachgerecht wahrnehmen können, bevor diese eine endgültige Entscheidung erlässt. Dieses Erfordernis ist erfüllt, wenn die genannte Entscheidung den Betroffenen keine anderen Zuwiderhandlungen zur Last legt als diejenigen, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannt werden, und sich nur auf Tatsachen stützt, zu denen die Betroffenen Gelegenheit zur Äußerung hatten. Diese Darstellung kann jedoch in gedrängter Form erfolgen, und die endgültige Entscheidung braucht nicht notwendig ein Abbild der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu sein, da es sich bei dieser um ein vorbereitendes Schriftstück handelt, dessen tatsächliche und rechtliche Wertungen lediglich vorläufiger Natur sind. Zulässig sind daher Ergänzungen zur Mitteilung der Beschwerdepunkte unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Parteien, deren Argumente zeigen, dass sie ihre Verteidigungsrechte tatsächlich wahrnehmen konnten. Die Kommission darf auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsverfahrens Argumente, auf die sie ihre Beschwerdepunkte stützt, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ändern oder ergänzen. Im Übrigen ist hinsichtlich der Zurechnung einer von ihren 100%igen Tochtergesellschaften begangenen Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaft die Kommission nicht verpflichtet, im Stadium der Mitteilung der Beschwerdepunkte andere Gesichtspunkte als den Nachweis anzuführen, dass die Muttergesellschaft das Kapital ihrer Tochtergesellschaften hält. (vgl. Randnrn. 115-117, 123) 3.      Die Obergrenze von 10 % des Umsatzes gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ist anhand des gesamten Umsatzes aller Gesellschaften zu ermitteln, aus denen die als Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG auftretende wirtschaftliche Einheit besteht, da nur der Gesamtumsatz der zu dieser Einheit gehörenden Gesellschaften die Größe und die Wirtschaftskraft des fraglichen Unternehmens widerspiegeln kann. (vgl. Randnrn. 129-130) 4.      Die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, sind ein Instrument, mit dem unter Beachtung höherrangigen Rechts die Kriterien präzisiert werden sollen, die die Kommission im Rahmen der Ausübung des ihr nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zustehenden Ermessens bei der Festsetzung von Geldbußen anzuwenden gedenkt. Diese Leitlinien stellen zwar nicht die Rechtsgrundlage einer Entscheidung dar, mit der Geldbußen verhängt werden, weil diese auf der Verordnung Nr. 1/2003 beruht, aber sie enthalten eine allgemeine und abstrakte Regelung der Vorgehensweise, die sich die Kommission zur Festsetzung der in dieser Entscheidung verhängten Geldbußen auferlegt hat, und schaffen damit Rechtssicherheit für die Unternehmen. Auch wenn die Leitlinien somit nicht als Rechtsnorm qualifiziert werden können, die die Verwaltung auf jeden Fall zu beachten hat, stellen sie doch eine Verhaltensnorm dar, die einen Hinweis auf die zu befolgende Verwaltungspraxis enthält und von der die Verwaltung im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen abweichen kann. Die aus dem Erlass der Leitlinien resultierende Selbstbeschränkung des Ermessens der Kommission ist jedoch nicht unvereinbar mit dem Fortbestand eines erheblichen Ermessens der Kommission. Die Kommission ist dadurch, dass sie in den Leitlinien ihre Vorgehensweise bei der Bewertung der Schwere eines Verstoßes präzisiert hat, nämlich nicht daran gehindert, die Schwere umfassend anhand aller relevanten Umstände des Einzelfalls einschließlich der Gesichtspunkte zu beurteilen, die in den Leitlinien nicht ausdrücklich erwähnt sind. (vgl. Randnrn. 141-143) 5.      Aus den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, ergibt sich, dass horizontale Kartelle, die insbesondere auf die Festsetzung von Preisen abzielen, allein aufgrund ihrer Art als „besonders schwer“ eingestuft werden können, ohne dass die Kommission konkrete Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt nachweisen müsste und ohne dass der beschränkte Umfang des betreffenden räumlichen Marktes einer solchen Einstufung entgegenstünde. Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass zwar in der Beschreibung der schweren Verstöße ausdrücklich erwähnt wird, dass sie Auswirkungen auf den Markt haben und in einem größeren Teil des Gemeinsamen Marktes zum Tragen kommen, die Beschreibung der besonders schweren Verstöße aber kein Erfordernis konkreter Auswirkungen auf den Markt oder auf ein besonderes geografisches Gebiet enthält. Bei der Beurteilung der Schwere einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln ist entscheidend, ob die Kartellmitglieder alles in ihrer Macht Stehende taten, damit ihre Pläne konkrete Auswirkungen hatten. Was dann in Bezug auf die tatsächlich erzielten Marktpreise geschah, konnte durch andere, von den Kartellmitgliedern nicht kontrollierbare Faktoren beeinflusst werden. Die Kartellmitglieder können externe Faktoren, die ihre Bemühungen durchkreuzten, nicht zu ihren Gunsten anführen und zu Umständen umdeuten, die eine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertigen. Wenn die Umsetzung eines Kartells erwiesen ist, kann von der Kommission nicht verlangt werden, systematisch darzulegen, dass die Vereinbarungen es den betroffenen Unternehmen tatsächlich ermöglichten, ein höheres oder, wie im Fall von Einkaufskartellen, niedrigeres Niveau der Transaktionspreise als ohne Kartell zu erzielen. Es wäre unverhältnismäßig, eine solche Darlegung zu verlangen, die beträchtliche Ressourcen in Anspruch nehmen würde, weil sie den Rückgriff auf hypothetische Berechnungen anhand wirtschaftlicher Modelle erfordern würde, deren Genauigkeit nur schwer durch den Unionsrichter nachprüfbar und deren Unfehlbarkeit keineswegs erwiesen ist. Außerdem ist der Umfang des räumlichen Marktes kein eigenständiges Kriterium in dem Sinne, dass nur Zuwiderhandlungen, die die Mehrzahl der Mitgliedstaaten betreffen, als „besonders schwer“ eingestuft werden könnten. Weder der Vertrag noch die Verordnung Nr. 1/2003, die Leitlinien oder die Rechtsprechung gestatten die Annahme, dass nur räumlich sehr ausgedehnte Wettbewerbsbeschränkungen so eingestuft werden können. Im Übrigen lassen sich Vereinbarungen, die insbesondere auf die Festsetzung der Einkaufspreise und die Zuteilung der Abnahmemengen abzielen, bereits ihrem Wesen nach als besonders schwere Zuwiderhandlungen einstufen, ohne dass solche Verhaltensweisen durch einen besonderen räumlichen Umfang gekennzeichnet sein müssten. Daraus folgt, dass der Umfang des räumlich relevanten Marktes, und sei er auch beschränkt, der Einstufung der festgestellten Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ nicht entgegensteht. (vgl. Randnrn. 148-149, 168-169, 172) 6.      Im Rahmen der Festsetzung von Geldbußen für Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht ist die Begründungspflicht erfüllt, wenn die Kommission in ihrer Entscheidung die Beurteilungsgesichtspunkte angibt, die es ihr ermöglicht haben, Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu ermitteln. Art. 253 EG kann im Rahmen der Prüfung von Verstößen gegen Art. 81 EG nicht dahin ausgelegt werden, dass er die Kommission verpflichtet, in ihren Entscheidungen die Gründe dafür zu erläutern, aus denen sie bei der Berechnung des Betrags der Geldbuße andere, gegenüber dem in der endgültigen Entscheidung tatsächlich gewählten Ansatz hypothetische Ansätze nicht verfolgt hat. (vgl. Randnrn. 175, 177) 7.      Die Kommission erfüllt ihre Verpflichtung zur Wahrung des Anspruchs der Unternehmen auf rechtliches Gehör, wenn sie in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich darauf hinweist, dass sie prüfen werde, ob gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen festzusetzen seien, und die für die etwaige Festsetzung einer Geldbuße wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte wie Schwere und Dauer der vermuteten Zuwiderhandlung sowie den Umstand anführt, ob diese vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde. Damit macht sie gegenüber den Unternehmen die Angaben, die diese für ihre Verteidigung nicht nur gegen die Feststellung einer Zuwiderhandlung, sondern auch gegen die Festsetzung einer Geldbuße benötigen. Dagegen braucht die Kommission, wenn sie die tatsächlichen und rechtlichen Umstände angegeben hat, auf die sich ihre Berechnung der Geldbußen stützt, nicht zu erläutern, in welcher Weise sie jeden dieser Gesichtspunkte bei der Bemessung der Geldbuße heranziehen wird. Darüber hinaus darf die Kommission in ihrer Entscheidung auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsverfahrens Argumente, auf die sie ihre Beschwerdepunkte stützt, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ändern oder ergänzen. Folglich sind bei der Bemessung der Geldbußen die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen gegenüber der Kommission dadurch gewahrt, dass sie sich zu Dauer, Schwere und Wettbewerbswidrigkeit des ihnen zur Last gelegten Sachverhalts äußern können. (vgl. Randnrn. 180-182) 8.      Im Rahmen der von der Kommission zur Ahndung der Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln eingeleiteten Verfahren bedeutet die Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, dass die Geldbußen nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen – d. h. zur Beachtung dieser Regeln – stehen dürfen und die einem Unternehmen wegen einer Zuwiderhandlung im Bereich des Wettbewerbs auferlegte Geldbuße so zu bemessen ist, dass sie bei einer Gesamtwürdigung der Zuwiderhandlung unter besonderer Berücksichtigung ihrer Schwere in angemessenem Verhältnis zu ihr steht. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt insbesondere, dass die Kommission die Geldbuße verhältnismäßig nach den Gesichtspunkten festsetzen muss, die sie für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt hat, und dass sie diese Gesichtspunkte dabei schlüssig und objektiv gerechtfertigt bewerten muss. Hierbei sieht weder die Verordnung Nr. 1/2003 noch die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, vor, dass die Höhe der Geldbußen unmittelbar nach Maßgabe der Größe des betroffenen Marktes festzusetzen ist, da dieser Faktor bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung kein obligatorischer Gesichtspunkt, sondern nur ein relevanter Gesichtspunkt unter anderen ist. Diese Bestimmungen als solche verpflichten die Kommission somit nicht dazu, die begrenzte Größe des Produktmarkts zu berücksichtigen. Das anzuwendende Recht enthält keinen allgemein anwendbaren Grundsatz, wonach die Sanktion in angemessenem Verhältnis zu dem Umsatz stehen muss, den das Unternehmen auf dem relevanten Markt erzielt. Bei der Festsetzung der Geldbuße darf sowohl der Gesamtumsatz des Unternehmens, der – wenn auch nur annähernd und unvollständig – etwas über dessen Größe und Wirtschaftskraft aussagt, als auch der Teil dieses Umsatzes berücksichtigt werden, der mit den Waren erzielt worden ist, hinsichtlich derer die Zuwiderhandlung begangen wurde, und der somit einen Anhaltspunkt für das Ausmaß dieser Zuwiderhandlung liefern kann. Weder dem einen noch dem anderen dieser Umsätze darf eine im Verhältnis zu den anderen Beurteilungskriterien übermäßige Bedeutung zugemessen werden, weshalb die Festsetzung einer angemessenen Geldbuße nicht das Ergebnis eines bloßen, auf den Gesamtumsatz gestützten Rechenvorgangs sein kann. Das gilt insbesondere dann, wenn die betroffenen Waren nur einen geringen Teil dieses Umsatzes ausmachen. Darüber hinaus kann, sofern der Betrag der endgültigen Geldbuße 10 % des Gesamtumsatzes des betreffenden Unternehmens im letzten Jahr der Zuwiderhandlung nicht überschreitet, die Geldbuße nicht bereits deswegen als unverhältnismäßig angesehen werden, weil sie den auf dem betreffenden Markt erzielten Umsatz überschreitet. (vgl. Randnrn. 189-190, 196-197, 199) 9.      Im Rahmen der Berechnung der wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verhängten Geldbuße wird, da sich das Ziel der Abschreckung auf das Verhalten der Unternehmen in der Union bezieht, der Abschreckungsfaktor unter Einbeziehung einer Vielzahl von Gesichtspunkten und nicht nur der besonderen Situation des betreffenden Unternehmens ermittelt. Die Kommission ist nicht verpflichtet, bei der Bemessung der Geldbuße die schlechte Finanzlage eines Unternehmens zu berücksichtigen, da die Anerkennung einer solchen Verpflichtung darauf hinauslaufen würde, den am wenigsten den Marktbedingungen angepassten Unternehmen einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Daher kann eine Gesellschaft die Anwendung des Multiplikatorkoeffizienten zu Abschreckungszwecken nicht mit der Begründung beanstanden, dass sie während des Zeitraums der Umsetzung des Kartells Verluste erlitten habe, die sie veranlasst hätten, nach der Eröffnung des Verwaltungsverfahrens auf dem vom Kartell betroffenen Markt nicht mehr tätig zu sein. Im Übrigen ist die Tatsache, dass eine Maßnahme eines Organs zum Konkurs oder zur Liquidation eines bestimmten Unternehmens führt, als solche unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Liquidation eines Unternehmens in seiner bestehenden Rechtsform kann zwar die finanziellen Interessen der Eigentümer, Aktionäre oder Anteilseigner beeinträchtigen, bedeutet aber nicht, dass auch die durch das Unternehmen repräsentierten personellen, materiellen und immateriellen Mittel ihren Wert verlieren. (vgl. Randnrn. 221-224) 10.    Der in Nr. 3 zweiter Gedankenstrich der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, genannte mildernde Umstand der tatsächlichen Nichtanwendung der Vereinbarungen oder der eine Zuwiderhandlung darstellenden Praktiken beruht auf dem eigenen Verhalten jedes Unternehmens. Demgemäß ist bei der Beurteilung dieses mildernden Umstands nicht auf die sich aus der Zuwiderhandlung insgesamt ergebenden Wirkungen abzustellen, denen bei der Beurteilung der konkreten Auswirkungen eines Verstoßes auf den Markt zur Beurteilung der Schwere des Verstoßes Rechnung zu tragen ist (Nr. 1 A Abs. 1 der Leitlinien), sondern auf das Einzelverhalten jedes Unternehmens, um die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen Unternehmens festzustellen. Jedenfalls müssen die Zuwiderhandelnden, um Nr. 3 zweiter Gedankenstrich der Leitlinien in Anspruch nehmen zu können, nachweisen, dass sie sich wettbewerbskonform verhielten oder dass sie sich zumindest den Verpflichtungen zur Umsetzung des Kartells so eindeutig und nachdrücklich widersetzten, dass dadurch sogar dessen Funktionieren selbst gestört wurde, und dass sie der Vereinbarung auch nicht scheinbar zustimmten und dadurch andere Unternehmen zur Umsetzung des fraglichen Kartells veranlassten. (vgl. Randnrn. 273, 275) 11.    Nach Nr. 3 dritter Gedankenstrich der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, kann der von der Kommission festgesetzte Grundbetrag der Geldbuße verringert werden, wenn das beschuldigte Unternehmen den Verstoß nach dem ersten Eingreifen der Kommission beendet. Gleichwohl kann eine solche Herabsetzung der Geldbuße nicht automatisch eintreten, sondern hängt von einer Bewertung der Umstände des Einzelfalls durch die Kommission im Rahmen ihres Ermessens ab. Die Umstände des Einzelfalls können die Kommission somit veranlassen, einem Unternehmen, das Partei einer rechtswidrigen Vereinbarung ist, eine solche Verringerung des Grundbetrags der Geldbuße nicht zu gewähren. Die Zubilligung eines mildernden Umstands in Situationen, in denen ein Unternehmen Partei einer offensichtlich rechtswidrigen Vereinbarung ist, von der es weiß oder wissen muss, dass sie den Tatbestand einer Zuwiderhandlung erfüllt, könnte einen Anreiz für Unternehmen bieten, eine geheime Vereinbarung so lange wie möglich in der Hoffnung fortzusetzen, dass ihr Verhalten nie aufgedeckt wird, aber in dem Bewusstsein, dass, sollte es doch aufgedeckt werden, die Geldbuße gegen sie bei anschließendem Abbruch der Zuwiderhandlung herabgesetzt werden könnte. Dies würde der verhängten Geldbuße jede Abschreckungswirkung nehmen und die praktische Wirksamkeit von Art. 81 Abs. 1 EG beeinträchtigen. Darüber hinaus kann die Beendigung einer vorsätzlich begangenen Zuwiderhandlung nicht als mildernder Umstand gewertet werden, wenn sie auf das Eingreifen der Kommission zurückzuführen ist. (vgl. Randnrn. 282-284) 12.    Das Recht, sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes zu berufen, hängt von der Erfüllung dreier Voraussetzungen ab. Erstens muss die Verwaltung dem Betroffenen präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen von zuständiger und zuverlässiger Seite machen. Zweitens müssen diese Zusicherungen geeignet sein, begründete Erwartungen beim Adressaten zu wecken. Drittens müssen die gegebenen Zusicherungen den geltenden Vorschriften entsprechen. Im Wettbewerbsrecht kann allein aus der Tatsache, dass die Kommission in ihrer früheren Entscheidungspraxis bestimmte Gesichtspunkte bei der Festlegung der Höhe der Geldbuße als mildernde Umstände angesehen hat, nicht abgeleitet werden, dass sie verpflichtet wäre, dies in einer späteren Entscheidung ebenfalls zu tun. Ein Unternehmen kann daher nicht geltend machen, dass ein mildernder Umstand in anderen Fällen von Zuwiderhandlungen angewandt worden sei, um sich insoweit auf ein berechtigtes Vertrauen zu berufen. (vgl. Randnrn. 289, 291) 13.    Vereinbarungen, Beschlüsse und Verhaltensweisen, die sich auf die Produktion der in Anhang I des EG-Vertrags aufgeführten Erzeugnisse und den Handel mit diesen Erzeugnissen beziehen und wesentlicher Bestandteil einer einzelstaatlichen Marktordnung oder zur Verwirklichung der Ziele des Art. 33 EG notwendig sind, sind nach der Verordnung Nr. 26 zur Anwendung bestimmter Wettbewerbsregeln auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen Erzeugnissen, insbesondere deren Art. 2, von der Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EG ausgenommen. Art. 2 der Verordnung Nr. 26 ist als Befreiung von der Regel der allgemeinen Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EG eng auszulegen. Außerdem findet Art. 2 Abs. 1 Satz 1 dieser Verordnung, der die in Rede stehende Ausnahmeregelung enthält, nur Anwendung, wenn die betreffende Vereinbarung zur Verwirklichung aller Ziele des Art. 33 EG beiträgt. Zudem muss die fragliche Vereinbarung, wie sich schon aus dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 26 ergibt, zur Verwirklichung dieser Ziele „notwendig“ sein. Wenn weder eine Notifizierung erfolgt noch das förmliche Verfahren eingehalten worden ist, kann ein Unternehmen, das an einem offenkundigen und besonders schweren Verstoß gegen Art. 81 EG im Rohtabaksektor beteiligt war, nicht geltend machen, es hätte Zweifel gehabt, ob die fragliche Vereinbarung in den Anwendungsbereich der in der Verordnung Nr. 26 vorgesehenen Ausnahmeregelung fällt. Darüber hinaus ist es in einem System wie dem in der Verordnung Nr. 26 vorgesehenen ausgeschlossen, dass private Wirtschaftsteilnehmer ihre eigene Beurteilung bezüglich der am besten geeigneten Mittel zur Erreichung der Ziele des Art. 33 EG an die Stelle derjenigen der Kommission setzen und damit rechtswidrige Initiativen ergreifen können, die damit gerechtfertigt werden, dass sie diese Ziele verfolgen. Die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf den Märkten für landwirtschaftliche Erzeugnisse zählt zu den Zielen der gemeinsamen Agrarpolitik und der in Frage stehenden gemeinsamen Marktorganisation. Ein derartiges Unternehmen kann daher nicht geltend machen, dass offenkundig wettbewerbswidrige Vereinbarungen, an denen es beteiligt war, die Ziele des Art. 33 Abs. 1 EG verfolgten. (vgl. Randnrn. 298-300, 303, 305) 14.    Der Grundbetrag einer Geldbuße kann nach Nr. 3 sechster Gedankenstrich der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, aufgrund der aktiven Mitwirkung des Unternehmens an dem Verfahren außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen herabgesetzt werden. Dieser spezifische mildernde Umstand gilt nur für Zuwiderhandlungen, die nicht in den Anwendungsbereich der Mitteilung über Zusammenarbeit fallen. Hierbei darf die Anwendung von Nr. 3 sechster Gedankenstrich der Leitlinien nicht dazu führen, dass der Mitteilung über Zusammenarbeit ihre praktische Wirksamkeit genommen wird. Diese Mitteilung setzt nämlich den Regelungsrahmen für die Gegenleistungen fest, die Unternehmen, die an Kartellen, die die Union betreffen, beteiligt sind oder waren, für ihre Zusammenarbeit bei der Untersuchung der Kommission zugestanden werden. Aus der Fassung und dem Aufbau dieser Regelung ergibt sich mithin, dass die Unternehmen grundsätzlich eine Geldbußenermäßigung für ihre Zusammenarbeit nur erhalten können, wenn sie die engen Voraussetzungen dieser Regelung erfüllen. Um die praktische Wirksamkeit der Mitteilung über Zusammenarbeit aufrechtzuerhalten, kann die Kommission einem Unternehmen nur in außergewöhnlichen Fällen eine Geldbußenermäßigung auf der Grundlage von Nr. 3 sechster Gedankenstrich der Leitlinien zubilligen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Zusammenarbeit eines Unternehmens, selbst wenn sie über dessen gesetzliche Pflicht zur Zusammenarbeit hinausgeht, ohne ihm jedoch Anrecht auf eine Geldbußenermäßigung nach der Mitteilung über Zusammenarbeit zu geben, der Kommission objektiv nutzt. (vgl. Randnrn. 327-330) 15.    Die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, sehen einen mildernden Umstand des Fehlens von Präzedenzfällen auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt nicht ausdrücklich vor. In Nr. 3 letzter Gedankenstrich der Leitlinien heißt es jedoch, dass die Kommission bei der Gewährung einer Verringerung des Grundbetrags der Geldbuße andere Umstände als die in den vorstehenden Gedankenstrichen aufgeführten berücksichtigen kann. Insoweit verfügt die Kommission hinsichtlich der Berücksichtigung von mildernden Umständen über ein Ermessen. Insbesondere muss die Kommission keine milderen Geldbußen verhängen, wenn sie erstmals in einen besonderen Sektor eingreift. (vgl. Randnrn. 342-343) 16.    Bei der Verhängung einer Geldbuße wegen eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln ist die Kommission nicht verpflichtet, die schlechte Finanzlage der betroffenen Branche als mildernden Umstand zu berücksichtigen. Im Allgemeinen entstehen Kartelle nämlich gerade dann, wenn eine Branche in Schwierigkeiten ist. Daher müsste, wenn die Kommission diese Schwierigkeiten berücksichtigen müsste, die Geldbuße in nahezu sämtlichen Kartellfällen herabgesetzt werden. Es trifft zwar zu, dass strukturelle Krisen in der Entscheidungspraxis der Kommission bisweilen als mildernde Umstände angesehen worden sind, jedoch muss die Kommission nicht deshalb, weil sie in früheren Rechtssachen die wirtschaftliche Situation der Branche als mildernden Umstand berücksichtigt hat, diese Praxis unbedingt fortsetzen. (vgl. Randnrn. 352-353) 17.    Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen die Klage beruht, zumindest in gedrängter Form, jedenfalls aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst hervorgehen. Zwar kann der Text der Klageschrift zu bestimmten Punkten durch Bezugnahmen auf in der Anlage beigefügte Aktenauszüge untermauert und ergänzt werden, doch kann eine pauschale Bezugnahme auf andere Schriftstücke, auch wenn sie der Klageschrift als Anlage beigefügt sind, nicht das Fehlen der wesentlichen Bestandteile der rechtlichen Ausführungen ausgleichen, die in der Klageschrift enthalten sein müssen. Außerdem ist es nicht Sache des Gerichts, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen, denn die Anlagen haben eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion. Würde man Klagegründe, die nicht hinreichend in der Klageschrift dargestellt worden sind, aber auf Klagegründe Bezug nehmen, die von einem Dritten in einer anderen Rechtssache möglicherweise geltend gemacht worden sind und auf die in der Klageschrift implizit verwiesen wird, als zulässig ansehen, so würde dies eine Umgehung der zwingenden Anforderungen des Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts ermöglichen. Jedenfalls muss das Gericht einen Antrag, der in einer bei ihm eingereichten Klageschrift enthalten ist, als unzulässig zurückweisen, wenn sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die er gestützt ist, nicht zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben, wobei das Fehlen solcher Angaben in der Klageschrift nicht durch deren Vortrag in der mündlichen Verhandlung geheilt werden kann. (vgl. Randnrn. 366, 371-372) 18.    Es entspricht dem Grundgedanken der Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen, dass diese Mitteilung dadurch ein Klima der Unsicherheit innerhalb der Kartelle schaffen soll, dass sie zu deren Anzeige bei der Kommission ermutigt. Die Unsicherheit ergibt sich dabei gerade aus der Tatsache, dass die Kartellteilnehmer wissen, dass nur einer von ihnen einen Geldbußenerlass erhalten kann, indem er die anderen Teilnehmer an der Zuwiderhandlung anzeigt und sie somit der Gefahr der Verhängung von Geldbußen aussetzt. Im Rahmen dieses Systems und der gleichen Logik folgend sollen die Geldbußen für Unternehmen, die ihre Mitarbeit als erste anbieten, im Verhältnis zu den Geldbußen, die ansonsten gegen sie verhängt worden wären, deutlicher herabgesetzt werden als die gegen weniger schnell kooperierende Unternehmen verhängten. Die Reihenfolge und die Schnelligkeit, mit der die Teilnehmer des Kartells ihre Zusammenarbeit anbieten, stellen somit Grundelemente des durch die Mitteilung über Zusammenarbeit eingeführten Systems dar. Die Auslegung des Zwecks einer Bestimmung der Mitteilung über Zusammenarbeit hat im Einklang mit der dieser Mitteilung eigenen Logik zu erfolgen. Aus diesem Blickwinkel ist Nr. 23 letzter Absatz der genannten Mitteilung dahin auszulegen, dass er darauf abzielt, ein Unternehmen, auch wenn es den Antrag auf Geldbußenerlass für das betreffende Kartell nicht als Erstes gestellt hat, zu belohnen, wenn es der Kommission als Erstes Beweismittel für einen Sachverhalt vorlegt, von denen die Kommission keine Kenntnis hatte und die die Schwere oder Dauer des Kartells unmittelbar beeinflussen. Anders ausgedrückt: Falls die von einem Unternehmen vorgelegten Beweismittel einen Sachverhalt betreffen, der es der Kommission erlaubt, zu einer anderen Beurteilung der Schwere und der Dauer des Kartells zu kommen, wird das Unternehmen, das diese Beweismittel vorlegt, für den Sachverhalt, der mit diesen Beweismitteln nachgewiesen werden kann, mit einem Geldbußenerlass belohnt. Daher betrifft Nr. 23 letzter Absatz der Mitteilung über Zusammenarbeit nicht die Fälle, in denen ein Unternehmen lediglich weitere oder ausführlichere Beweismittel hinsichtlich eines Sachverhalts vorgelegt hat, über den die Kommission bereits auf dem Laufenden war. Der genannte Absatz gilt auch nicht für die Fälle, in denen ein Unternehmen weitere Tatsachen mitteilt, diese die Beurteilung der Schwere oder der Dauer des Kartells durch die Kommission aber nicht ändern können. Diese Vorschrift findet vielmehr ausschließlich Anwendung auf die Fälle, in denen zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens muss das betreffende Unternehmen das erste sein, das einen Sachverhalt nachweist, von dem die Kommission zuvor keine Kenntnis hatte, und zweitens muss dieser die Schwere oder die Dauer des mutmaßlichen Kartells unmittelbar beeinflussende Sachverhalt es der Kommission erlauben, zu neuen Erkenntnissen über die Zuwiderhandlung zu gelangen. (vgl. Randnrn. 379-382) 19.    Ein Unternehmen, das sich durch eigene Handlungen, die den Begriff von auf ein wettbewerbswidriges Ziel gerichteten Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG erfüllen und zur Mitwirkung an der Verwirklichung der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit bestimmt sind, an einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln beteiligt hat, ist für die gesamte Zeit seiner Beteiligung an der genannten Zuwiderhandlung auch für das Verhalten verantwortlich, das andere Unternehmen im Rahmen der Zuwiderhandlung an den Tag legen. Außerdem kann ein Unternehmen auch dann, wenn feststeht, dass es nur an einem oder an mehreren Bestandteilen eines Gesamtkartells unmittelbar mitgewirkt hat, für dieses Kartell zur Verantwortung gezogen werden, sofern es wusste oder zwangsläufig wissen musste, dass die Absprache, an der es sich beteiligte, Teil eines Gesamtplans war und dass sich dieser Gesamtplan auf sämtliche Bestandteile des Kartells erstreckte. (vgl. Randnrn. 394-395) URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer) 5. Oktober 2011(*) „Wettbewerb – Kartelle – Italienischer Markt für den Ankauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Preisfestsetzung und Marktaufteilung – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung – Geldbußen – Verhältnismäßigkeit – Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Zusammenarbeit“ In der Rechtssache T‑39/06 Transcatab SpA mit Sitz in Caserte (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Osti und A. Prastaro, Klägerin, gegen Europäische Kommission, zunächst vertreten durch F. Amato, dann durch V. Di Bucci und schließlich durch É. Gippini Fournier und L. Malferrari als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt F. Ruggeri Laderchi, Beklagte, betreffend erstens einen Antrag auf teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung K(2005) 4012 endg. der Kommission vom 20. Oktober 2005 in einem Verfahren nach Art. 81 Abs. 1 [EG] (Sache COMP/C.38.281/B.2 – Rohtabak – Italien), zweitens einen Antrag auf Herabsetzung der in dieser Entscheidung gegen Transcatab verhängten Geldbuße und drittens eine Widerklage der Kommission auf Erhöhung der Geldbuße, erlässt DAS GERICHT (Dritte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi, der Richterin E. Cremona (Berichterstatterin) und des Richters S. Frimodt Nielsen, Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2010, folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1        Die Klägerin, die Transcatab SpA, ist eine gegenwärtig in Liquidation befindliche italienische Gesellschaft, die hauptsächlich in der Erstverarbeitung von Rohtabak tätig ist. Zum für die vorliegende Rechtssache maßgeblichen Zeitpunkt war Transcatab eine zu 100 % kontrollierte italienische Tochtergesellschaft der Standard Commercial Corp. (im Folgenden: SCC), einem der weltweit größten unabhängigen Tabakblatthandelsunternehmen. Am 13. Mai 2005 – also während des Verwaltungsverfahrens – schloss sich SCC mit der Dimon Inc. unter dem Namen Alliance One International, Inc. (im Folgenden: Alliance One) zu einem neuen Unternehmen zusammen, das Transcatab zu 100 % kontrolliert. 1.     Verwaltungsverfahren 2        Am 15. Januar 2002 richtete die Kommission der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 11 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), den italienischen Markt für Rohtabak betreffende Auskunftsverlangen an Berufsverbände der italienischen Tabakverarbeiter und ‑erzeuger, nämlich die Associazione professionale trasformatori tabacchi italiani (APTI, Berufsverband der italienischen Rohtabakverarbeiter) und die Unione italiana tabacco (Unitab, Italienische Tabak-Union). 3        Am 19. Februar 2002 ging bei der Kommission ein Antrag der Deltafina SpA, einem APTI angehörenden Verarbeitungsunternehmen, auf Erlass der Geldbuße in Anwendung der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit) ein. 4        Am 4. April 2002 fand eine Zusammenkunft des Verwaltungsausschusses von APTI statt. Im Rahmen dieser Zusammenkunft teilte Deltafina den Teilnehmern, darunter Transcatab und die Dimon Italia Srl (Tochtergesellschaft von Dimon, jetzt Mindo Srl), mit, dass sie einen Antrag auf Geldbußenerlass gestellt und die Kommission entschieden habe, ihr einen bedingten Erlass der Geldbuße zu gewähren. 5        Am selben Tag gingen bei der Kommission ein Antrag von Dimon Italia auf Geldbußenerlass gemäß Randnr. 8 der Mitteilung über Zusammenarbeit und, hilfsweise, ein Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße gemäß den Randnrn. 20 bis 27 dieser Mitteilung sowie, einige Stunden später, ein Antrag von Transcatab auf Herabsetzung der Geldbuße auf der gleichen Grundlage ein. 6        Am 9. April 2002 bestätigte die Kommission den Eingang des Antrags von Transcatab gemäß Randnr. 25 der Mitteilung über Zusammenarbeit. Transcatab übermittelte am 10. April 2002 einen weiteren aus einer Erläuterung und 44 Anhängen bestehenden Antrag. Am 30. April 2002 bestätigte die Kommission auch dessen Eingang gemäß Randnr. 25 der Mitteilung über Zusammenarbeit. 7        Am 18. und 19. April 2002 nahm die Kommission Nachprüfungen gemäß Art. 14 der Verordnung Nr. 17 in den Geschäftsräumen von Dimon Italia und Transcatab sowie in den Geschäftsräumen der Trestina Azienda Tabacchi SpA und der Romana Tabacchi SpA vor. 8        Am 8. Oktober 2002 teilte die Kommission Dimon Italia und Transcatab mit, dass diese das erste bzw. das zweite Unternehmen gewesen seien, die Material zum Nachweis der Zuwiderhandlung im Sinne der Mitteilung über Zusammenarbeit geliefert hätten, und dass sie daher die Absicht habe, die aufgrund der eventuell festgestellten Zuwiderhandlungen ohne diese Mitarbeit gegen sie festgesetzte Geldbuße am Ende des Verwaltungsverfahrens in einem Umfang zwischen 30 % und 50 % bzw. zwischen 20 % und 30 % zu ermäßigen. 9        Am 25. Februar 2004 erließ die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, die sie an zehn Unternehmen oder Unternehmenszusammenschlüsse richtete, darunter Transcatab, Deltafina, Dimon Italia und Romana Tabacchi (im Folgenden: Verarbeitungsunternehmen) und die Muttergesellschaften einiger von ihnen, darunter SCC, Dimon und die Universal Corp., die Muttergesellschaft von Deltafina. Die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte konnten sich schriftlich sowie bei einer Anhörung äußern, die am 22. Juni 2004 stattfand. 10      Am 21. Dezember 2004 wurde ein Nachtrag zu dieser Mitteilung der Beschwerdepunkte im Hinblick darauf angenommen, dass Deltafina im Zusammenhang mit der Bekanntgabe ihres Antrags auf Geldbußenerlass (vgl. oben, Randnr. 4) ihre Pflicht zur Zusammenarbeit nach der Mitteilung über Zusammenarbeit verletzt hatte, woraufhin am 1. März 2005 eine zweite Anhörung erfolgte. 11      Nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen und in Ansehung des Abschlussberichts des Anhörungsbeauftragten erließ die Kommission am 20. Oktober 2005 die Entscheidung K(2005) 4012 endg. in einem Verfahren nach Artikel 81 Absatz 1 [EG] (Sache COMP/C.38.281/B.2 – Rohtabak – Italien) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), von der eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 13. Februar 2006 (ABl. L 353, S. 45) veröffentlicht wurde. 2.     Angefochtene Entscheidung 12      Die angefochtene Entscheidung betrifft zunächst ein horizontales Kartell, das die Verarbeitungsunternehmen auf dem italienischen Markt für Rohtabak umgesetzt haben. 13      Im Rahmen dieses Kartells haben die Verarbeitungsunternehmen in der Zeit von 1995 bis Anfang 2002 die Handelsbedingungen für den Einkauf von Rohtabak in Italien in Bezug auf Direktankäufe bei den Erzeugern und die Ankäufe bei „Drittpackern“ einschließlich der Festsetzung von Preisen und der Aufteilung des Marktes festgelegt. 14      Die angefochtene Entscheidung behandelt darüber hinaus zwei weitere, von dem durch die Verarbeitungsunternehmen umgesetzten Kartell getrennte Zuwiderhandlungen, die zwischen Anfang 1999 und Ende 2001 begangen wurden und bei denen es im einen Fall um die Festsetzung der Vertragspreise durch APTI ging, die der Verband im Namen seiner Mitglieder beim Abschluss von Branchenvereinbarungen mit Unitab aushandelte, und im anderen Fall um die Festsetzung der Preise, die Unitab im Namen ihrer Mitglieder mit APTI im Hinblick auf diese Vereinbarungen aushandelte. 15      In der angefochtenen Entscheidung vertrat die Kommission die Ansicht, dass die Praktiken der Verarbeitungsunternehmen eine einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG seien (vgl. insbesondere Erwägungsgründe 264 bis 269 der angefochtenen Entscheidung). 16      In Art. 1 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung machte die Kommission die Verarbeitungsunternehmen sowie Universal und Alliance One als aus dem Zusammenschluss von Dimon und SCC hervorgegangene Gesellschaft für das Kartell verantwortlich. 17      In Art. 2 der angefochtenen Entscheidung setzte die Kommission Geldbußen gegen die in der vorstehenden Randnummer angeführten Unternehmen sowie gegen APTI und Unitab fest (siehe nachstehend, Randnr. 71). Adressaten der angefochtenen Entscheidung 18      Die Erwägungsgründe 325 bis 351 der angefochtenen Entscheidung befassen sich mit der Bestimmung ihrer Adressaten. 19      Die Kommission nahm zunächst Bezug auf die ständige Rechtsprechung, wonach im Rahmen des Wettbewerbsrechts unter dem Begriff des „Unternehmens“ eine im Hinblick auf den Gegenstand der jeweiligen Vereinbarung bestehende wirtschaftliche Einheit zu verstehen sei, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet werde (325. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 20      Sie führte weiter aus, es stehe fest, dass Deltafina, Dimon Italia, Transcatab und Romana Tabacchi ebenso wie APTI und Unitab während der Dauer der jeweiligen Zuwiderhandlungen an den festgestellten Zuwiderhandlungen unmittelbar beteiligt gewesen seien und dass folglich alle diese Unternehmen und Zusammenschlüsse Adressaten der angefochtenen Entscheidung seien (327. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 21      Die Kommission setzte ihre Untersuchung mit der Prüfung der Frage der Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung bestimmter Tochtergesellschaften (Deltafina, Dimon Italia und Transcatab) an deren jeweilige Muttergesellschaften fort. Sie wies insoweit darauf hin, dass während der Dauer der Zuwiderhandlungen Deltafina eine 100%ige Tochtergesellschaft von Universal, Dimon Italia eine 100%ige Tochtergesellschaft von Dimon und Transcatab eine 100%ige Tochtergesellschaft von SCC gewesen seien (328. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 22      Nach der Rechtsprechung könne eine Muttergesellschaft als für das rechtswidrige Verhalten ihrer Tochtergesellschaft verantwortlich angesehen werden, wenn die Tochtergesellschaft nicht in der Lage sei, ihr Vorgehen auf dem Markt autonom zu bestimmen. Wenn eine Muttergesellschaft das gesamte Kapital einer Tochtergesellschaft halte, könne angenommen werden, dass die Muttergesellschaft einen entscheidenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausübe, wenn diese eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG begehe (Erwägungsgründe 329 f. der angefochtenen Entscheidung). 23      Im 331. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung gelangte die Kommission in Bezug auf Deltafina, Dimon und Transcatab zu dem Ergebnis, dass die Annahme zulässig sei, dass es ihnen an „Eigenständigkeit gefehlt“ habe, da sich ihre Anteile zu 100 % im Besitz ihrer jeweiligen Muttergesellschaften befänden oder, im Fall von Dimon Italia, befunden hätten. 24      Die von diesen Gesellschaften in ihren Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vertretene Auffassung, für einen Hinweis auf die Ausübung eines entscheidenden Einflusses seien neben dem Umstand der 100%igen Kontrolle weitere Anhaltspunkte erforderlich, wies die Kommission zurück und führte aus, dass die Vermutung eines solchen Einflusses im Fall einer zu 100 % kontrollierten Tochtergesellschaft widerleglich sei. Den Gegenbeweis müsse die Partei erbringen, die eine solche Vermutung durch „tragfähige Beweise“ widerlegen wolle, bei denen es sich nicht einfach um allgemeine Angaben handeln dürfe, die nicht auf überzeugende Beweisdokumente gestützt seien (334. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 25      Die Kommission prüfte insoweit nacheinander das Vorbringen der Muttergesellschaften, an die die angefochtene Entscheidung gerichtet war. 26      Sie wies zunächst das von den betreffenden Muttergesellschaften geltend gemachte allgemeine Vorbringen zur vollständigen Verantwortung der örtlichen Geschäftsleitung für die Tätigkeiten ihrer jeweiligen Tochtergesellschaften zurück. Der Umstand, dass Dimon und SCC beim vollständigen Erwerb ihrer jeweiligen Tochtergesellschaften die bestehende Geschäftsleitung beibehalten hätten, könne nicht ausschließen, dass die genannten Muttergesellschaften entscheidenden Einfluss auf ihre jeweiligen italienischen Tochtergesellschaften ausgeübt hätten, denn es sei üblich, der örtlichen Geschäftsleitung einer 100%igen Tochtergesellschaft die Führung der laufenden Geschäfte zu überlassen (338. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 27      Keines dieser Unternehmen habe in allgemeiner Form eine Besonderheit seiner Gruppe dargetan, die dazu geführt hätte, die Tätigkeiten seiner Tochtergesellschaft in beträchtlichem Umfang seinem Einfluss zu entziehen (339. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 28      Die Kommission prüfte insoweit die Intensität der wirtschaftlichen Bindungen zwischen Deltafina, Dimon Italia, Transcatab und ihren jeweiligen Muttergesellschaften, an der zu erkennen sei, dass die italienischen Tochtergesellschaften und der Rest ihrer Gruppe eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Sie wies hierzu darauf hin, dass die betreffenden Gruppen die weltweit größten Tabakhandelsunternehmen seien und häufig den von ihren italienischen Tochtergesellschaften aufgekauften Tabak ankauften und vermarkteten (340. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 29      In Bezug auf SCC führte die Kommission aus, dass diese, bevor sie das gesamte Kapital von Transcatab erworben habe, Letztere bereits gemeinsam mit ihrem italienischen Partner kontrolliert habe. Dass SCC nach diesem Erwerb „an den Geschäftsleitungen [ihrer Tochtergesellschaft] nichts geändert“ habe, könne daher nicht als Nachweis dafür angesehen werden, dass sie, nachdem sie in vollem Umfang Eigentümerin geworden sei, keinen Einfluss auf das Führungspersonal ausgeübt habe. Insbesondere zur Übertragung von Geschäftsführungsbefugnissen auf den Generaldirektor von Transcatab erklärte die Kommission, ihr lägen keine Angaben vor, aus denen sie schließen könne, dass er nicht wie die übrigen Mitglieder des Verwaltungsrats auch von SCC ernannt worden sei (Erwägungsgründe 341 f. der angefochtenen Entscheidung). 30      Im Anschluss daran wies die Kommission das Vorbringen von SCC zurück, wonach es keinerlei Kommunikationswege zwischen ihr und ihrer Tochtergesellschaft gebe (Erwägungsgründe 343 f. der angefochtenen Entscheidung). 31      Hierzu wies sie darauf hin, dass die Tätigkeiten von Transcatab als diejenigen der Standard Commercial Tobacco Co., Inc., einer vollständig im Besitz von SCC befindlichen Beteiligungsgesellschaft in der SCC‑Gruppe, angesehen und im Rahmen der Tätigkeiten der Gruppe einschließlich der Verkäufe der SCC‑Gruppe an die Zigarettenhersteller untersucht worden seien. Sie schloss daraus, dass die Ergebnisse der Tätigkeiten von Transcatab auf die höheren Ebenen des Konzerns verlagert und anschließend konsolidiert worden seien (344. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 32      Da die Gruppen, denen Transcatab und Dimon Italia während der Dauer der Zuwiderhandlung angehört hätten, infolge ihres Zusammenschlusses zu der neuen Einheit Alliance One nicht mehr bestünden, sei diese als Rechtsnachfolgerin dieser beiden Gruppen Adressatin der angefochtenen Entscheidung (349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 33      In Anbetracht dieser verschiedenen Gesichtspunkte gelangte die Kommission im 351. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis, dass Deltafina, Universal, Mindo (vormals Dimon Italia), Transcatab, Alliance One, Romana Tabacchi, APTI und Unitab für die Zuwiderhandlungen zur Verantwortung zu ziehen seien und Adressaten der angefochtenen Entscheidung sein müssten. Bestimmung des Betrags der Geldbuße 34      In den Erwägungsgründen 356 bis 404 der angefochtenen Entscheidung prüfte die Kommission die Frage, welche Geldbußen gegen die Adressaten dieser Entscheidung zu verhängen seien. 35      Den Betrag der Geldbußen bestimmte die Kommission anhand der Schwere und der Dauer der in Rede stehenden Zuwiderhandlungen, also der beiden Kriterien, die in Art. 23 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) sowie in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 ausdrücklich genannt sind (Erwägungsgründe 356 f. der angefochtenen Entscheidung). Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbußen 36      Zur Schwere der in Rede stehenden Zuwiderhandlung wies die Kommission darauf hin, dass sie bei der Beurteilung dieses Faktors die Art der Zuwiderhandlung, deren konkrete Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar seien, sowie den Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen habe (365. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 37      Sodann führte die Kommission aus, dass die Rohtabakerzeugung in Italien 38 % des Produktionskontingents der Europäischen Union entspreche, was im Jahr 2001, dem letzten vollen Jahr der Zuwiderhandlung, 67,338 Mrd. Euro ausgemacht habe (366. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 38      Die Zuwiderhandlung wurde von der Kommission als besonders schwer eingestuft, da sie aus der Festsetzung der Einkaufspreise für italienische Rohtabaksorten und der Zuteilung der Einkaufsmengen bestanden habe. Hinzu komme, so die Kommission unter Bezugnahme auf den die Untersuchung der Wettbewerbsbeschränkung betreffenden Teil der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 272 ff.), dass Einkaufskartelle die Produktionsbereitschaft der Erzeuger hemmen und den Wettbewerb zwischen den Verarbeitungsunternehmen in den nachgeordneten Märkten beschränken könnten. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn, wie im vorliegenden Fall, das vom Einkaufskartell betroffene Erzeugnis, hier Rohtabak, eine wichtige „Grundlage“ für die nachgeordneten Tätigkeiten, im vorliegenden Fall die Erstweiterverarbeitung und der Verkauf des verarbeiteten Tabaks, sei (Erwägungsgründe 367 f. der angefochtenen Entscheidung). 39      Aufgrund der vorstehenden Erwägungen gelangte die Kommission im 369. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu dem Schluss, dass die Zuwiderhandlung der Verarbeitungsunternehmen als besonders schwer einzustufen sei. 40      Sodann prüfte die Kommission in den Erwägungsgründen 370 bis 376 der angefochtenen Entscheidung die Frage der „Gewichtung“ und der „Abschreckung“. Hierzu führte sie aus, dass bei der Festsetzung des Betrags der Geldbuße die „jeweilige Gewichtung aller betreffenden Unternehmen sowie die etwaigen Auswirkungen ihres unerlaubten Handelns“ berücksichtigt werden müssten (370. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 41      Die Kommission vertrat daher die Auffassung, dass die Festsetzung der Geldbußen nach Maßgabe der Marktstellung des jeweils in Rede stehenden Beteiligten erfolgen sollte (371. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 42      Insoweit müsse der Ausgangsbetrag der gegen Deltafina verhängten Geldbuße am höchsten sein, denn sie habe sich als der größte Aufkäufer erwiesen, da ihr Marktanteil im Jahr 2001 etwa 25 % betragen habe (372. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 43      In Anbetracht dessen, dass Transcatab, Dimon Italia und Romana Tabacchi geringere Anteile am fraglichen Markt von im Jahr 2001 etwa 9 % bis 11 % hielten, „sollten [sie] zusammengefasst werden“ und sollte für sie der Ausgangsbetrag der Geldbuße niedriger sein (373. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 44      Die Kommission war jedoch der Auffassung, dass ein ausschließlich an der Marktstellung orientierter Ausgangsbetrag keine hinreichend abschreckende Wirkung auf Deltafina, Dimon Italia (Mindo) und Transcatab haben würde, da diese trotz ihres relativ begrenzten Umsatzes jeweils multinationalen Gruppen angehörten – oder, im Fall von Mindo, angehört hätten –, die mit erheblicher Wirtschafts- und Finanzkraft ausgestattet seien, bei denen es sich um die weltweit größten Tabakhandelsunternehmen handele und die auf verschiedenen Tätigkeitsebenen in der Tabakindustrie und auf verschiedenen räumlichen Märkten agierten (374. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 45      Um der Geldbuße eine hinreichend abschreckende Wirkung zu verleihen, hielt die Kommission daher die Anwendung eines Multiplikators von 1,5 – also eine Erhöhung um 50 % – auf den für Deltafina sowie eines Multiplikators von 1,25 – also eine Erhöhung um 25 % – auf den für Dimon Italia (Mindo) und Transcatab festgesetzten Ausgangsbetrag für erforderlich (375. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 46      Somit setzte die Kommission im 376. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung folgende Ausgangsbeträge der Geldbußen fest: –        Deltafina: 37,5 Mio. Euro; –        Transcatab: 12,5 Mio. Euro; –        Dimon Italia (Mindo): 12,5 Mio. Euro; –        Romana Tabacchi: 10 Mio. Euro. Festsetzung des Grundbetrags der Geldbußen 47      In den Erwägungsgründen 377 f. der angefochtenen Entscheidung prüfte die Kommission die Frage der Dauer der Zuwiderhandlung. 48      Nach ihrer Ansicht hatte das von den Verarbeitungsunternehmen umgesetzte Kartell am 29. September 1995 begonnen und war deren Angaben zufolge am 19. Februar 2002 beendet worden. Daher habe der Ausgangsbetrag der Geldbußen für die Verarbeitungsunternehmen mit Ausnahme von Romana Tabacchi, deren Beteiligung kürzer gewesen sei, um 60 % erhöht werden müssen. 49      Für die Adressaten der angefochtenen Entscheidung wurden somit folgende Grundbeträge der Geldbußen festgesetzt: –        Deltafina: 60 Mio. Euro; –        Transcatab: 20 Mio. Euro; –        Dimon Italia (Mindo): 20 Mio. Euro; –        Romana Tabacchi: 12,5 Mio. Euro. Mildernde Umstände 50      In den Erwägungsgründen 380 bis 398 der angefochtenen Entscheidung prüfte die Kommission, ob mildernde Umstände zu berücksichtigen seien. 51      Was insbesondere Transcatab angeht, wies die Kommission deren gesamtes Vorbringen zurück, das darauf gerichtet war, dass ihr mildernde Umstände zuzubilligen seien. 52      Zunächst stellte die Kommission fest, dass die Umsetzung des Kartells der Verarbeitungsunternehmen in keinem Zusammenhang mit den innerhalb von APTI abgeschlossenen Branchenvereinbarungen stehe. Sie schloss daraus, dass der italienische Rechtsrahmen das Verhalten der Verarbeitungsunternehmen nicht begünstigt habe und diesen eine Ermäßigung des Betrags ihrer Geldbuße aufgrund dieses Vorbringens daher nicht zugebilligt werden könne (381. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 53      Sodann wies die Kommission das Vorbringen der Verarbeitungsunternehmen zurück, wonach ihnen eine Ermäßigung zuzubilligen sei, da sie die Zuwiderhandlung vor dem Einschreiten der Kommission beendet hätten. In diesem Zusammenhang wies die Kommission auf die Rechtsprechung hin, wonach in den Rechtssachen, die schwere Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln beträfen, hinsichtlich derer die Parteien gewusst hätten oder zwangsläufig hätten wissen müssen, dass ihr Verhalten grundlegend rechtswidrig gewesen sei, die Tatsache, dass sie dieses Verhalten vor dem Einschreiten der Kommission beendeten, grundsätzlich nicht zu einer Ermäßigung des Betrags der Geldbuße führen könne (382. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 54      Die Kommission führte weiter aus, nicht davon ausgehen zu können, dass das Kartell nicht umgesetzt worden sei, da sich aus der Darstellung des Sachverhalts ergebe, dass die Parteien die Umsetzung des Kartells insbesondere durch ihre Teilnahme an regelmäßigen Zusammenkünften und ihre Beteiligung an regelmäßigen Informationsaustäuschen über Preise und Mengen während des Einkaufszeitraums sichergestellt hätten (383. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 55      Schließlich wies die Kommission das Vorbringen von Transcatab zurück, wonach der besondere wirtschaftliche und soziale Zusammenhang des italienischen Marktes für Rohtabak bei der Bestimmung des Betrags der Geldbuße gemäß Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Abs. 5 [EGKS] festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), zu berücksichtigen sei. Die Kommission wies darauf hin, dass die Anwendung dieser Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien die Ausnahme sei und die vorliegende Rechtssache nicht die gleichen oder ähnliche Merkmale wie die von Transcatab zur Stützung ihres Vorbringens angeführte Rechtssache aufweise. Ferner sei nicht davon auszugehen, dass sich das Bestehen rechtswidriger Praktiken im Tabaksektor in bestimmten italienischen Regionen dadurch entscheidend ausgewirkt habe, dass es die in Rede stehenden Praktiken herbeiführe, und dass die Auswirkungen der Reform der gemeinsamen Marktorganisation noch zu ungewiss seien und zu weit in der Zukunft lägen, um die Berücksichtigung eines mildernden Umstands zu rechtfertigen (384. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 56      Sodann prüfte die Kommision die besondere Situation von Deltafina und kam zu dem Ergebnis, dass deren Geldbuße aufgrund ihrer Zusammenarbeit um 50 % herabzusetzen sei (Erwägungsgründe 385 bis 398 der angefochtenen Entscheidung). 57      Die Kommission setzte den Betrag der Geldbußen nach Anwendung mildernder Umstände wie folgt fest (399. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung): –        Deltafina: 30 Mio. Euro; –        Dimon Italia (Mindo): 20 Mio. Euro; –        Transcatab: 20 Mio. Euro; –        Romana Tabacchi: 8,75 Mio. Euro. 58      Die Kommission wies schließlich darauf hin, dass nach dem Wortlaut von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Vereinigung 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen dürfe. Gehörten die fraglichen Unternehmen einer Gruppe an, stehe fest, dass sie unter dem entscheidenden Einfluss ihrer Muttergesellschaften stünden und dass diese daher gesamtschuldnerisch für die gegen ihre Tochtergesellschaft festgesetzte Geldbuße haftbar seien, weshalb der weltweite Gruppenumsatz bei der Ermittlung der vorgenannten Obergrenze von 10 % heranzuziehen sei (Erwägungsgründe 400 f. der angefochtenen Entscheidung). 59      Dementsprechend dürfe die Romana Tabacchi auferlegte Geldbuße 2,05 Mio. Euro nicht übersteigen, und es sei nicht erforderlich, die übrigen Geldbußen aufgrund dieser Bestimmung herabzusetzen (Erwägungsgründe 402 f. der angefochtenen Entscheidung). Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit 60      In den Erwägungsgründen 405 bis 500 der angefochtenen Entscheidung nahm die Kommission zur Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit im vorliegenden Fall Stellung. 61      Deltafina, Dimon Italia und Transcatab hatten jeweils einen Antrag auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit gestellt. In Bezug auf Deltafina erinnerte die Kommission daran, dass sie dieser einen bedingten Erlass der Geldbuße gewährt habe. Die Kommission führte weiter aus, zu dem vorläufigen Ergebnis gelangt zu sein, dass Dimon Italia und Transcatab das erste bzw. das zweite Unternehmen gewesen seien, die Material zum Nachweis der behaupteten Zuwiderhandlung geliefert hätten, das im Verhältnis zu dem Material, das sich bereits in ihrem Besitz befunden habe, einen beträchtlichen Mehrwert im Sinne von Nr. 22 der Mitteilung über Zusammenarbeit erbracht habe (Erwägungsgründe 405 bis 407 der angefochtenen Entscheidung). 62      Nachdem die Kommission die Situation von Deltafina geprüft hatte und zu dem Ergebnis gelangt war, dass dieser die Geldbuße aufgrund der von ihr begangenen Verletzung der Pflicht zur Zusammenarbeit gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit nicht erlassen werden könne (vgl. Erwägungsgründe 408 bis 484 der angefochtenen Entscheidung und oben, Randnrn. 4 und 10), prüfte sie die Fälle von Dimon Italia und Transcatab. 63      Die Kommission kam erstens zu dem Ergebnis, dass die Nichtgewährung eines endgültigen Erlasses der gegen Deltafina verhängten Geldbuße keinerlei unmittelbare Auswirkungen auf die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit auf Dimon Italia und Transcatab habe (Erwägungsgründe 485 bis 491 der angefochtenen Entascheidung). 64      Zweitens setzte sie die Höhe der Ermäßigung der Geldbußen fest, die insbesondere Transcatab gemäß dieser Mitteilung gewährt werden konnte. 65      Hierzu stellte die Kommission zunächst fest, dass Transcatab die ihr auferlegten Bedingungen, nämlich die Beendigung ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung spätestens zum Zeitpunkt der Vorlage der Beweismittel, erfüllt habe (Erwägungsgründe 492 f. der angefochtenen Entscheidung). 66      Die Kommission führte weiter aus, dass sie bei der Bestimmung der Ermäßigungsstufe berücksichtigte, zu welchem Zeitpunkt die Beweismittel vorgelegt worden seien, in welchem Ausmaß sie einen Mehrwert erbrächten und wie kontinuierlich die Zusammenarbeit der Unternehmen nach dem Zeitpunkt der Vorlage der Beweismittel gewesen sei (494. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 67      So wies die Kommission zunächst darauf hin, dass Transcatab ihren Antrag auf Ermäßigung der Geldbuße gestellt habe, bevor sie aktive Überprüfungsmaßnahmen ergriffen habe, dass sich ihr Antrag auf die gesamte Dauer der Zuwiderhandlung bezogen habe und dass die vorgelegten Beweismittel in vielerlei Hinsicht die Beweismittel erhärtet hätten, die sich bereits im Besitz der Kommission befunden hätten (495. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 68      Sodann erkannte die Kommission inbesondere in Bezug auf die von Transcatab beigebrachten Unterlagen, vor allem in Bezug auf bestimmte Aspekte dieser Unterlagen (wie den Abschluss einer Branchenvereinbarung im Jahr 1999 für die Tabaküberproduktion von 1998), an, dass der sich daraus ergebende Sachverhalt besonders detailliert und ausgesprochen nützlich für das Verständnis der Zuwiderhandlung gewesen sei. Sie stellte gleichwohl fest, dass keine der Tatsachen, hinsichtlich derer Transcatab Beweismittel vorgelegt habe, ihr unbekannt gewesen sei (497. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 69      Schließlich erkannte die Kommission auch an, dass Transcatab sich im Verlauf des Verfahrens kooperativ gezeigt und die Tatsachen, auf die sich die Kommission in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte gestützt hatte, nicht bestritten hatte (498. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 70      Die Kommission gelangte daher zu dem Ergebnis, dass Transcatab innerhalb des entsprechenden Prozentbereichs die höchste Stufe für die Ermäßigungs des Betrags der Geldbuße zuzuerkennen sei, nämlich eine Ermäßigung von 30 % (499. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 71      Die Kommission setzte die Geldbußen, die den Unternehmen und Unternehmenszusammenschlüssen aufzuerlegen waren, die Adressaten der angefochtenen Entscheidung waren, gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 abschließend auf folgende Beträge fest (vgl. Art. 2 der angefochtenen Entscheidung): –        Deltafina und Universal, gesamtschuldnerisch haftend: 30 Mio. Euro; –        Dimon Italia (Mindo) und Alliance One: 10 Mio. Euro, wobei Alliance One für den gesamten Betrag und Mindo lediglich gesamtschuldnerisch für 3,99 Mio. Euro haftete; –        Transcatab und Alliance One, gesamtschuldnerisch haftend: 14 Mio. Euro; –        Romana Tabacchi: 2,05 Mio. Euro; –        APTI: 1 000 Euro; –        Unitab: 1 000 Euro. Verfahren und Anträge der Parteien 72      Mit Klageschrift, die am 24. Januar 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Alliance One eine Klage u. a. auf Teilnichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung erhoben (Rechtssache T‑25/06). Mit Klageschrift, die am 3. Februar 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Transcatab die vorliegende Klage erhoben. 73      In ihrer Klageschrift hat Alliance One die Verbindung dieser Rechtssache mit der vorliegenden Rechtssache beantragt. Diesen Antrag hat auch Transcatab in ihrer Klageschrift gestellt. 74      Das Gericht hat den Verbindungsantrag zurückgewiesen. 75      Am 24. November 2009 hat das Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gemäß Art. 64 der Verfahrensordnung des Gerichts Transcatab eine schriftliche Frage gestellt, die diese fristgerecht beantwortet hat. Die Kommission hat zur Antwort von Transcatab am 4. Februar 2010 Stellung genommen. 76      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und Transcatab im Rahmen prozessleitender Maßnahmen zur Vorlage eines Dokuments aufgefordert. Das Dokument ist fristgerecht vorgelegt worden. 77      Die Parteien haben in der Sitzung vom 30. November 2010 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 78      In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht Transcatab gemäß Art. 64 der Verfahrensordnung zur Vorlage eines weiteren Dokuments aufgefordert. Am 22. Dezember 2010 hat Transcatab dieses Dokument vorgelegt. 79      Transcatab beantragt, –        die angefochtene Entscheidung teilweise für nichtig zu erklären, –        die gegen sie festgesetzte Geldbuße herabzusetzen, –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 80      Die Kommission beantragt, –        die Klage abzuweisen, –        den Betrag der Geldbuße gemäß den dem Gericht durch Art. 229 EG eingeräumten Befugnissen auf 15 Mio. Euro festzusetzen, –        Transcatab die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 81      Transcatab stützt ihre Klage auf fünf Gründe, von denen sich einige in mehrere Teile gliedern. Im Rahmen des ersten Klagegrundes macht Transcatab im Wesentlichen geltend, die Kommission habe Rechtsfehler begangen, als sie Alliance One als für ihr Verhalten haftbar angesehen habe, sie habe ihre Auffassung insoweit nicht hinreichend begründet und darüber hinaus ihre Verteidigungsrechte verletzt. Mit dem zweiten Klagegrund werden ein Rechtsfehler, ein Begründungsmangel, eine unlogische Begründung, eine Verletzung der Verteidigungsrechte sowie ein Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung und des Vertrauensschutzes bei der Festsetzung der Geldbuße geltend gemacht. Mit dem dritten Klagegrund werden ein Rechtsfehler und ein Begründungsmangel bei der Festsetzung der Geldbuße im Hinblick auf die ermittelte Dauer der Zuwiderhandlung, ein Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem im Zusammenhang mit der Geldbuße für APTI sowie ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung geltend gemacht. Im Rahmen des vierten Klagegrundes macht Transcatab geltend, die Kommission sei in der angefochtenen Entscheidung fälschlicherweise davon ausgegangen, dass keiner der von ihr angeführten mildernden Umstände anwendbar sei. Im Rahmen des fünften Klagegrundes macht sie schließlich geltend, die Kommission habe Fehler bei der Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit begangen. 82      Nach Auffassung der Kommission hat Transcatab mit ihrem dritten Klagegrund ihre frühere Zusammenarbeit, die darin bestanden habe, den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargestellten Sachverhalt nicht zu bestreiten, aufgekündigt. Daher beantragt die Kommission im Wege der Widerklage, die Ermäßigung der Geldbuße für Transcatab von 30 % auf 25 % zurückzuführen und diese im Rahmen der Befugnis des Gerichts zu unbeschränkter Nachprüfung auf 15 Mio. Euro festzusetzen. 1.     Zum ersten Klagegrund: Zurechnung der Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaft von Transcatab Erster Teil: falsches Verständnis der Rechtsprechung, Verkennung der vorgelegten Beweisdokumente und Verletzung der Verteidigungsrechte Vorbringen der Parteien 83      Transcatab tritt erstens den in der angefochtenen Entscheidung gezogenen Schlussfolgerungen entgegen, wonach allein die Tatsache, dass SCC während des Zeitraums der Zuwiderhandlung 100 % ihres Kapitals gehalten habe, ausreiche, um deren Haftung für die Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft anzunehmen. Eine solche Annahme stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung. Die Kommission habe, so Transcatab, das Vorhandensein weiterer Anhaltspunkte zu beweisen, die den Schluss zuließen, dass eine Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausgeübt habe. Im vorliegenden Fall habe sich die Kommission mit der Annahme der Haftung von SCC begnügt und keine weiteren Anhaltspunkte geliefert, die geeignet seien, eine solche Haftung zu begründen. Sie habe damit die Beweislast, die weder Transcatab noch ihrer Muttergesellschaft obliege, sondern der Kommission selbst, umgekehrt. 84      Transcatab macht zweitens geltend, SCC habe der Kommission genügend Material geliefert, um zu beweisen, dass sie mit dem Verhalten von Transcatab nichts zu tun gehabt habe. Dieses Material betreffe die Beschreibung der lokalen Gegebenheiten des italienischen Marktes und die Strukturmerkmale der SCC‑Gruppe, die die Unabhängigkeit ihrer Tochtergesellschaften belegten. Darüber hinaus beziehe es sich auf die Eigenständigkeit sowohl ihres Verwaltungsrats als auch ihres Generaldirektors. 85      In ihrer Erwiderung macht Transcatab ferner geltend, die Behauptung der Kommission, wonach es nur dann möglich sei, die Vermutung eines bestimmenden Einflusses zu widerlegen, wenn die Beteiligung ausschließlich finanzieller Natur sei, stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung. Die Kommission habe die im Verlauf des Verwaltungsverfahrens vorgelegten Beweise nicht aufmerksam geprüft und sich darauf beschränkt, das gesamte Vorbringen auf der Grundlage nicht belegter Vorurteile zurückzuweisen. Erstens sei die Behauptung, es sei unwahrscheinlich, dass eine Muttergesellschaft die Leitung einer Tochtergesellschaft vollständig delegieren könne, nicht begründet. Wie Transcatab im Verwaltungsverfahren aufgezeigt habe, verhindere die verzweigte Struktur der Gruppe eine einheitliche Leitung. Zweitens habe die Kommission die Vermutung eines bestimmenden Einflusses auch für den Zeitraum angewandt, in dem SCC lediglich 50 % des Kapitals an Transcatab gehalten habe, während Letztere und SCC nachgewiesen hätten, dass der Verwaltungsrat und der Generaldirektor von Transcatab, denen sämtliche Leitungsbefugnisse der Gesellschaft übertragen worden seien, ernannt worden seien, bevor SCC die alleinige Kontrolle über Letztere erworben habe. Drittens reiche die Tatsache, dass bestimmte Unterlagen in englischer Sprache abgefasst seien, zum Nachweis des Einflusses der Muttergesellschaft auf die Geschäftsführung von Transcatab nicht aus. Schließlich habe die Kommission die vorgelegten Beweise zu Unrecht ohne hinreichende oder logische Begründung zurückgewiesen, ohne sie mit anderen zumindest gleichwertigen Unterlagen abzugleichen. Daher habe die Kommission ihre Pflicht verletzt, die Angelegenheit unparteiisch zu untersuchen. 86      Drittens habe die Kommission die Verteidigungsrechte von Alliance One mißachtet, da sie in der angefochtenen Entscheidung Aktenunterlagen verwendet habe, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht aufgeführt worden seien, SCC dadurch daran gehindert, zu diesen Unterlagen Stellung zu nehmen, und das berechtigte Vertrauen ihrer Rechtsnachfolgerin Alliance One verletzt. Transcatab räumt ein, dass es sich dabei um Unterlagen gehandelt habe, die den Parteien bekannt gewesen seien. Gleichwohl hätten die Parteien, da diese Unterlagen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht erwähnt worden seien, zu Recht annehmen können, dass sie für das Verfahren keine Bedeutung hätten und dass es daher nicht erforderlich sei, dazu Stellung zu nehmen. In ihrer Erwiderung und in der mündlichen Verhandlung hat Transcatab eine Verletzung ihrer eigenen Verteidigungsrechte geltend gemacht. 87      Die Kommission beantragt, das Vorbringen von Transcatab zurückzuweisen. Insbesondere in Bezug auf die Rüge, mit der eine Verletzung der Verteidigungsrechte von Alliance One geltend gemacht wird, zweifelt die Kommission an ihrer Zulässigkeit, da Transcatab keine Verletzung ihrer eigenen Rechte geltend macht, sondern der Rechte einer anderen Partei. Die Erweiterung der Rüge auf die Verteidigungsrechte von Transcatab sei verspätet und daher unzulässig. Würdigung durch das Gericht –       Zum Verstoß gegen die Regeln über die Zurechenbarkeit der von einer Tochtergesellschaft begangenen Zuwiderhandlungen an ihre Muttergesellschaft 88      Zur ersten Rüge von Transcatab ist festzustellen, dass das Wettbewerbsrecht die Tätigkeit von Unternehmen betrifft (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 59) und dass der Begriff des Unternehmens jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung bezeichnet (Urteile des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 112, und vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, C‑97/08 P, Slg. 2009, I‑8237, Randnr. 54). 89      Der Rechtsprechung ist zu entnehmen, dass in diesem Zusammenhang der Begriff des Unternehmens als Bezeichnung einer wirtschaftlichen Einheit zu verstehen ist, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird (Urteile des Gerichtshofs vom 14. Dezember 2006, Confederación Española de Empresarios de Estaciones de Servicio, C‑217/05, Slg. 2006, I‑11987, Randnr. 40, und Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnr. 55; Urteil des Gerichts vom 15. September 2005, DaimlerChrysler/Kommission, T‑325/01, Slg. 2005, II‑3319, Randnr. 85). 90      Verstößt eine solche wirtschaftliche Einheit gegen die Wettbewerbsregeln, hat sie nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für diese Zuwiderhandlung einzustehen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, Slg. 1999, I‑4125, Randnr. 145, vom 11. Dezember 2007, ETI u. a., C‑280/06, Slg. 2007, I‑10893, Randnr. 39, und Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnr. 56). 91      Die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht muss eindeutig einer juristischen Person zugerechnet werden, gegen die Geldbußen festgesetzt werden können. Für die Anwendung und den Vollzug der wettbewerbsrechtlichen Entscheidungen der Kommission ist es nämlich erforderlich, als Adressat eine Einrichtung mit Rechtspersönlichkeit zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 20. April 1999, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, „PVC II“, T‑305/94 bis T‑307/94, T‑313/94 bis T‑316/94, T‑318/94, T‑325/94, T‑328/94, T‑329/94 und T‑335/94, Slg. 1999, II‑931, Randnr. 978). 92      Nach ständiger Rechtsprechung kann einer Muttergesellschaft das Verhalten der Tochtergesellschaft insbesondere dann zugerechnet werden, wenn die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen, die die beiden Rechtssubjekte verbinden (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnr. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). 93      Da nämlich in einem solchen Fall die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit sind und damit ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, kann die Kommission eine Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten, ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachzuweisen wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnr. 59). 94      Ferner ist der Rechtsprechung zu entnehmen, dass in dem besonderen Fall, dass eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen hat, zum einen diese Muttergesellschaft einen entscheidenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben kann und zum anderen eine widerlegliche Vermutung besteht, dass diese Muttergesellschaft tatsächlich einen solchen Einfluss ausübt (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnr. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung). 95      Unter diesen Umständen genügt es, dass die Kommission nachweist, dass die Muttergesellschaft das gesamte Kapital der Tochtergesellschaft hält, um anzunehmen, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik dieses Tochterunternehmens ausübt. Die Kommission kann in der Folge der Muttergesellschaft als Gesamtschuldnerin die Haftung für die Zahlung der gegen deren Tochtergesellschaft verhängten Geldbuße zuweisen, sofern die von der Muttergesellschaft, der es obliegt, diese Vermutung zu widerlegen, vorgelegten Beweisdokumente nicht für den Nachweis ausreichen, dass ihre Tochtergesellschaft auf dem Markt eigenständig auftritt (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, C‑286/98 P, Slg. 2000, I‑9925, Randnr. 29, und Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnr. 61). 96      Der Gerichtshof hat zwar in den Randnrn. 28 f. des Urteils Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission (oben in Randnr. 95 angeführt) neben der 100%igen Kapitalbeteiligung an der Tochtergesellschaft weitere Umstände, wie das Nichtbestreiten des von der Muttergesellschaft auf die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft ausgeübten Einflusses und die gemeinsame Vertretung der beiden Gesellschaften im Verwaltungsverfahren, angeführt, doch sind diese Umstände vom Gerichtshof nur erwähnt worden, um die Gesamtheit der Gesichtspunkte aufzuführen, auf die das Gericht seine Argumentation gestützt hatte, und nicht, um die Geltung der oben in Randnr. 94 genannten Vermutung von der Beibringung zusätzlicher Indizien für die tatsächliche Einflussnahme durch die Muttergesellschaft abhängig zu machen (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnr. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, T‑69/04, Slg. 2008, II‑2567, Randnr. 57). 97      Für die Zuweisung der Verantwortlichkeit für die von einer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaft ging die Kommission ausweislich der angefochtenen Entscheidung davon aus, dass eine solche Zurechnung möglich ist, wenn die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft Teile ein und derselben wirtschaftlichen Einheit sind und demzufolge ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden (325. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 98      Der entscheidende Faktor, auf den die Kommission für die Feststellung abstellte, dass der Muttergesellschaft die Zuwiderhandlung ihrer Tochtergesellschaft zugerechnet werden könne, ist das Fehlen eines eigenständigen Marktverhaltens der Tochtergesellschaft. Dieses Fehlen von Eigenständigkeit sei die Folge eines „entscheidenden Einflusses“ der Muttergesellschaft auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft, wobei die tatsächliche Ausübung eines solchen Einflusses nach der Rechtsprechung in dem Fall angenommen werden könne, in dem eine Muttergesellschaft das gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft halte (vgl. Erwägungsgründe 329 f. der angefochtenen Entscheidung). 99      Im 331. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ging die Kommission daher davon aus, dass es Transcatab im vorliegenden Fall an „Eigenständigkeit fehlte“, da sie zu 100 % von ihrer Muttergesellschaft SCC kontrolliert wurde. 100    Entgegen dem Vorbringen von Transcatab in ihrer Erwiderung, dass nämlich im vorliegenden Fall die Kommission eine Vermutung iuris tantum in eine Vermutung iuris et de iure umgewandelt habe, widerspricht diese Argumentation nicht der Logik einer widerleglichen Vermutung. So wird, wie im Fall der übrigen im Wettbewerbsrecht zulässigen Vermutungen auch, ein Umstand, dessen Vorliegen die Kommission berechtigterweise vermuten kann, als erwiesen angesehen, sofern nicht das betroffene Unternehmen die Vermutung unter Vorlage schlüssiger Gegenbeweise widerlegt (Urteile des Gerichtshofs Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 90 angeführt, Randnrn. 121 und 126, und vom 8. Juli 1999, Hüls/Kommission, C‑199/92 P, Slg. 1999, I‑4287, Randnrn. 162 und 167). Außerdem führt diese Vermutung in Anbetracht ihrer Widerlegbarkeit, da sie im Einzelfall entkräftet werden kann, nicht zu einer automatischen Zuweisung der Verantwortlichkeit an die Muttergesellschaft, die das gesamte Gesellschaftskapital ihrer Tochtergesellschaft hält, was gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit verstieße, auf dem das Wettbewerbsrecht beruht. 101    Die Kommission hat somit nicht dadurch gegen die Regeln über die Zurechenbarkeit der von einer Tochtergesellschaft begangenen Zuwiderhandlungen an ihre Muttergesellschaft verstoßen, dass sie SCC, deren Rechtsnachfolger Alliance One ist, im Wesentlichen für die von Transcatab begangene Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht hat. 102    Dieses Ergebnis kann nicht durch die Argumente in Frage gestellt werden, die Transcatab in Beantwortung der schriftlichen Frage des Gerichts nach den aus dem Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission (oben in Randnr. 88 angeführt) zu ziehenden Konsequenzen vorgetragen hat. Sie ist erstens der Ansicht, dass in diesem Urteil die frühere Rechtsprechung, insbesondere das Urteil Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission (oben in Randnr. 95 angeführt), fehlerhaft ausgelegt worden sei und dass die Rechtsprechung hierzu jedenfalls nicht eindeutig sei. Zweitens unterscheide sich der Sachverhalt der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen sei, vom Sachverhalt im vorliegenden Fall, da mehrere Tochtergesellschaften an dem Kartell beteiligt gewesen seien und es daher schwieriger gewesen sei, den Nachweis zu erbringen, dass die Muttergesellschaft von den wettbewerbswidrigen Aktivitäten keine Kenntnis gehabt habe. Zum ersten Argument genügt die Feststellung, dass dem Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission (oben in Randnr. 88 angeführt) zu entnehmen ist (vgl. in diesem Sinne auch Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu diesem Urteil, Slg. 2009, I‑8241, Nrn. 60 f.), dass der Gerichtshof nicht nur die Rechtsprechung berücksichtigt hat, auf die Transcatab ihr Hauptvorbringen in weiten Teilen stützt, insbesondere das Urteil Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission (oben in Randnr. 95 angeführt), sondern auch die frühere Rechtsprechung eindeutig ausgelegt hat (Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnrn. 58 bis 62). Zum zweiten Argument genügt die Feststellung, dass es auf den angeblichen Unterschied zwischen beiden Rechtssachen nicht ankommt, da das Kriterium für die Zuweisung der Verantwortlichkeit in der Rechtssache, in der das Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission (oben in Randnr. 88 angeführt) ergangen ist, keineswegs das der unmittelbaren oder mittelbaren Kenntnis der Muttergesellschaft von den Tätigkeiten der Tochtergesellschaft bzw. der Tochtergesellschaften war. Auf jeden Fall wurde, worauf die Kommission zu Recht hingewiesen hat, in jenem Urteil ein solcher Gesichtspunkt nicht berücksichtigt. –       Zur Verkennung der zur Widerlegung der Vermutung vorgelegten Beweisdokumente 103    Wie oben in den Randnrn. 94 f. ausgeführt worden ist, darf die Kommission dann, wenn das gesamte Kapital einer Tochtergesellschaft von ihrer Muttergesellschaft gehalten wird, annehmen, dass die Letztgenannte einen entscheidenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt, ohne verpflichtet zu sein, zusätzliche Nachweise dafür zu erbringen, dass die Muttergesellschaft einen solchen Einfluss tatsächlich ausgeübt hat oder auch nur die geringste Kenntnis von der Zuwiderhandlung oder der Beteiligung dieser Tochtergesellschaft an dieser Zuwiderhandlung hatte. Es handelt sich um eine widerlegliche Vermutung, die durch den Gegenbeweis widerlegt werden kann. Entgegen dem Vorbringen von Transcatab obliegt es daher SCC – die während des Zeitraums der Zuwiderhandlung 100 % des Kapitals von Transcatab hielt (vgl. 336. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) –, diese Vermutung durch Beweisdokumente zu widerlegen, die dem Nachweis dienen können, dass ihre Tochtergesellschaft ihr Vorgehen auf dem Markt eigenständig bestimmt und diese beiden Gesellschaften somit keine wirtschaftliche Einheit bilden. Anderenfalls wird die Ausübung einer Kontrolle durch den Umstand dargetan, dass die aus der Inhaberschaft des gesamten Kapitals abgeleitete Vermutung nicht widerlegt worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnrn. 60 bis 62 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil des Gerichts vom 30. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, T‑175/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 93). 104    Im vorliegenden Fall hat die Kommission die Argumente und Beweise, die SCC zum Nachweis, dass sie keinen entscheidenden Einfluss auf die Geschäftspolitik von Transcatab ausgeübt hat, in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte beigebracht hat, in den Erwägungsgründen 335 bis 344 der angefochtenen Entscheidung geprüft und nicht als geeignet angesehen, die Vermutung zu widerlegen. 105    Transcatab hat sich in ihrer Klageschrift auf die durch nichts belegte Behauptung beschränkt, SCC habe im Verwaltungsverfahren dargetan, dass sie eine dezentralisierte Struktur mit einer völlig unabhängigen eigenen örtlichen Geschäftsleitung aufweise, der gerade im Hinblick auf die Besonderheiten des italienischen Rohtabakmarkts sämtliche Aufgaben übertragen worden seien, und dass die Mitglieder ihres Verwaltungsrats und ihr Generaldirektor eigenständig seien und in keinerlei unmittelbarer oder mittelbarer Beziehung zu SCC stünden. Transcatab hat die Fehler, die die Kommission bei der Würdigung dieser Beweisdokumente in der angefochtenen Entscheidung begangen haben soll, jedoch nicht benannt. Erst in ihrer Erwiderung bringt sie in Beantwortung eines bestimmten Vorbringens der Kommission einige Argumente vor, die sich mittelbar gegen die angefochtene Entscheidung richten. 106    Zunächst ist jedenfalls festzustellen, dass, wie die Kommission im 338. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, der Umstand, dass eine Tochtergesellschaft ihre eigene örtliche Geschäftsleitung hat und über eigene Mittel verfügt, für sich genommen nicht beweist, dass sie ihr Marktverhalten gegenüber ihrer Muttergesellschaft eigenständig bestimmt. Der Umstand, dass die Führung der laufenden Geschäfte zu 100 % der örtlichen Geschäftsleitung einer Tochtergesellschaft anvertraut ist, ist nämlich gängige Praxis und daher nicht geeignet, die tatsächliche Eigenständigkeit von Tochtergesellschaften zu beweisen. Gleiches gilt für das Vorbringen zu den angeblichen Merkmalen des italienischen Rohtabakmarkts, da diese Merkmale eine Muttergesellschaft nicht daran hindern, ihre Tochtergesellschaft umfassend zu kontrollieren. 107    Darüber hinaus hat die Kommission in den Erwägungsgründen 341 f. der angefochtenen Entscheidung zum einen ausgeführt, dass SCC, bevor sie das gesamte Kapital von Transcatab erworben habe, mit ihrem italienischen Partnerunternehmen diese Gesellschaft bereits kontrolliert habe und dass der Umstand, dass sie nach der Übernahme der Kontrolle an deren Geschäftsleitung nichts geändert habe, daher nicht als Nachweis dafür angesehen werden könne, dass sie keinen Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausgeübt habe, nachdem sie in vollem Umfang deren Eigentümerin geworden sei. Zum anderen hat die Kommission festgestellt, dass die Übertragung der Geschäftsführungsbefugnisse auf den Generaldirektor von Transcatab, von dem in Ermangelung des Gegenbeweises vernünftigerweise angenommen werden könne, dass er von SCC ernannt worden sei, die übrigen Mitglieder des Verwaltungsrats nicht daran gehindert habe, Geschäftsführungspositionen einzunehmen und Aufgaben der Geschäftsführung wahrzunehmen. 108    Die Kommission misst jedoch mangels einer Erläuterung durch SCC völlig zu Recht dem Umstand Bedeutung bei, dass diese, als sie einzige Anteilseignerin wurde, die uneingeschränkte Macht besaß, den Verwaltungsrat teilweise oder vollständig neu zu besetzen, keine derartige Maßnahme getroffen hat. Folglich kann das Verbleiben der Verwaltungsratsmitglieder, insbesondere des Generaldirektors, im Amt nur einer Entscheidung von SCC als einziger Inhaberin der Transcatab-Anteile zugeschrieben werden. 109    Zudem könnte der Umstand, dass eine einzige Person, nämlich der Generaldirektor, über ihm vom Verwaltungsrat übertragene weitreichende Befugnisse verfügt, vielmehr den Willen der Muttergesellschaft bezeugen, die Ausübung der Kontrolle über ihre Tochtergesellschaft gerade dadurch zu vereinfachen, dass sie die Rolle des Verwaltungsrats auf untergeordnete Tätigkeiten beschränkt und sämtliche Befugnisse in den Händen einer „Vertrauensperson“ konzentriert. Es ist nämlich nicht plausibel, dass eine multinationale Gesellschaft, wie es bei Transcatab der Fall ist, sämtliche Befugnisse einer auf einem nationalen Markt tätigen Tochtergesellschaft auf eine natürliche Person delegiert – oder gar eine bereits vor dem Erwerb der vollständigen Kontrolle bestehende Bevollmächtigung hinnimmt –, die in völliger Eigenständigkeit handelnd und angeblich ohne vom einzigen Anteilseigner bestellt zu sein, ihrerseits die Mitglieder des Verwaltungsrats auswählen würde und dadurch jeden anderen von jeglicher Einflussnahme auf die Führung der Gesellschaft ausschlösse und die faktisch niemandem Rechenschaft über ihr Handeln ablegen würde. 110    Berücksichtigt man darüber hinaus, dass die Bevollmächtigung des Generaldirektors einer Tochtergesellschaft keineswegs ungewöhnlich ist, ist dieses Vorbringen somit nicht geeignet, die Vermutung einer von der Muttergesellschaft über Transcatab ausgeübten Kontrolle zu widerlegen. 111    Sodann genügt zu dem Vorbringen, das sich gegen die angebliche Schlussfolgerung richtet, die die Kommission aus dem Umstand, dass bestimmte Unterlagen in englischer Sprache abgefasst waren, gezogen haben soll, die Feststellung, dass diese in den Erwägungsgründen 343 bis 346 der angefochtenen Entscheidung erwähnten Unterlagen entgegen dem Vorbringen von Transcatab nicht beweisen sollten, dass die Muttergesellschaften in der Lage waren, das Verhalten ihrer italienischen Tochtergesellschaften zu beeinflussen oder dieses Verhalten konkret auch beeinflussten, und schon gar nicht, dass die Muttergesellschaften von dem in Rede stehenden Kartell Kenntnis hatten. Die Kommission hat vielmehr lediglich bestimmte Unterlagen aus der Verwaltungsakte dafür verwendet, festzustellen, welches Maß an Glaubhaftigkeit Beweise und Argumente hatten, die SCC in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte beigebracht hatte, um die Vermutung eines entscheidenden Einflusses auf Transcatab zu widerlegen. 112    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass aus der angefochtenen Entscheidung entgegen dem Vorbringen von Transcatab in ihrer Erwiderung keineswegs hervorgeht, dass die Vermutung eines bestimmenden Einflusses nur dann widerlegt werden könnte, wenn die Beteiligung der Muttergesellschaft ausschließlich finanzieller Natur ist. 113    Folglich ist die Rüge der Verkennung der zur Widerlegung der Vermutung vorgelegten Beweisdokumente zurückzuweisen. –       Zur Verletzung der Verteidigungsrechte 114    Zur dritten Rüge von Transcatab ist festzustellen, dass die Beachtung der Verteidigungsrechte bei der Durchführung von Verwaltungsverfahren im Bereich der Wettbewerbspolitik einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts darstellt, dessen Wahrung die Unionsgerichte zu sichern haben (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, C‑534/07 P, Slg. 2009, I‑7415, Randnr. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung). 115    Nach ständiger Rechtsprechung erfordert die Wahrung der Verteidigungsrechte, dass das betroffene Unternehmen im Verwaltungsverfahren zum Vorliegen und zur Erheblichkeit des Sachverhalts und der Umstände, die die Kommission anführt, sowie zu den von ihr zur Stützung ihrer Behauptung, dass eine Zuwiderhandlung gegen den Vertrag vorliege, herangezogenen Schriftstücken sachgerecht Stellung nehmen konnte (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 10, und vom 6. April 1995, BPB Industries und British Gypsum/Kommission, C‑310/93 P, Slg. 1995, I‑865, Randnr. 21). 116    Dieser Grundsatz kommt in Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 zum Ausdruck, der vorsieht, dass den Parteien eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übersandt wird, in der alle wesentlichen Tatsachen, auf die sich die Kommission in diesem Stadium des Verfahrens stützt, so klar angeführt sein müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnr. 67), dass die Betroffenen tatsächlich erkennen können, welches Verhalten ihnen die Kommission zur Last legt, und sie ihre Verteidigung sachgerecht wahrnehmen können, bevor diese eine endgültige Entscheidung erlässt. Dieses Erfordernis ist erfüllt, wenn die genannte Entscheidung den Betroffenen keine anderen Zuwiderhandlungen zur Last legt als diejenigen, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannt werden, und sich nur auf Tatsachen stützt, zu denen die Betroffenen Gelegenheit zur Äußerung hatten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 19. März 2003, CMA CGM u. a./Kommission, T‑213/00, Slg. 2003, II‑913, Randnr. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung). 117    Diese Darstellung kann jedoch in gedrängter Form erfolgen, und die endgültige Entscheidung braucht nicht notwendig ein Abbild der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu sein (vgl. in diesem Sinne Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 115 angeführt, Randnr. 14), da es sich bei dieser um ein vorbereitendes Schriftstück handelt, dessen tatsächliche und rechtliche Wertungen lediglich vorläufiger Natur sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 17. November 1987, British American Tobacco und Reynolds Industries/Kommission, 142/84 und 156/84, Slg. 1987, 4487, Randnr. 70). Zulässig sind daher Ergänzungen zur Mitteilung der Beschwerdepunkte unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Parteien, deren Argumente zeigen, dass sie ihre Verteidigungsrechte tatsächlich wahrnehmen konnten. Die Kommission darf auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsverfahrens Argumente, auf die sie ihre Beschwerdepunkte stützt, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ändern oder ergänzen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 28. Februar 2002, Compagnie générale maritime u. a./Kommission, T‑86/95, Slg. 2002, II‑1011, Randnr. 448, und vom 22. Oktober 2002, Schneider Electric/Kommission, T‑310/01, Slg. 2002, II‑4071, Randnr. 438). 118    Der Gerichtshof hat im Übrigen ausgeführt, dass eine Verletzung der Verteidigungsrechte nicht allein darin begründet sein kann, dass ein Argument, das ein Unternehmen im Verwaltungsverfahren vorgebracht hat, berücksichtigt wird, ohne dass dem Unternehmen vor Erlass der endgültigen Entscheidung Gelegenheit gegeben wurde, sich dazu zu äußern (Beschluss des Gerichtshofs vom 10. Juli 2001, Irish Sugar/Kommission, C‑497/99 P, Slg. 2001, I‑5333, Randnr. 24). 119    Schließlich liegt eine Verletzung der Verteidigungsrechte nach der Rechtsprechung auch vor, wenn aufgrund eines von der Kommission begangenen Fehlers die Möglichkeit besteht, dass das von ihr durchgeführte Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Zum Nachweis eines solchen Verstoßes braucht ein klagendes Unternehmen nicht darzutun, dass die Entscheidung der Kommission einen anderen Inhalt gehabt hätte, sondern muss nur hinreichend belegen, dass es sich ohne den Fehler besser hätte verteidigen können, z. B. deshalb, weil es zu seiner Verteidigung Schriftstücke hätte einsetzen können, in die ihm im Verwaltungsverfahren keine Einsicht gewährt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Thyssen Stahl/Kommission, C‑194/99 P, Slg. 2003, I‑10821, Randnr. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 1. Juli 2010, Knauf Gips/Kommission, C‑407/08 P, Slg. 2010, I‑6371, Randnr. 28). 120    Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission im Licht der oben in den Randnrn. 94 bis 96 genannten von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze in der Mitteilung der Beschwerdepunkte auf die Feststellung der Beteiligungsverhältnisse zwischen Tochter- und Muttergesellschaften beschränken durfte, um die Verantwortlichkeit von SCC für das Kartellvergehen von Transcatab, deren Kapital sie zu 100 % hielt, zu begründen (vgl. Erwägungsgründe 336 bis 338 der Mitteilung der Beschwerdepunkte). In Anwendung dieser von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze in ihrer endgültigen Entscheidung war die Kommission somit verpflichtet, zu den Argumenten Stellung zu nehmen, die die Parteien in Erwiderung auf diese Mitteilung vorgebracht hatten (vgl. Erwägungsgründe 335 ff. der angefochtenen Entscheidung), um die fragliche Vermutung zu widerlegen. 121    Zur Behauptung von Transcatab, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung Schriftstücke verwendet, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht erwähnt worden seien, ist darüber hinaus festzustellen, dass die Kommission auf bestimmte Gesichtspunkte und spezielle, die Beziehungen zwischen SCC und Transcatab betreffende Unterlagen tatsächlich erst in den Erwägungsgründen 335 bis 344 der angefochtenen Entscheidung im Rahmen der Würdigung der von den Parteien im Verwaltungsverfahren beigebrachten Argumente und Beweise eingeht und dabei auf Unterlagen aus der Verwaltungsakte Bezug nimmt. Die Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte und Unterlagen konnte die Effektivität der Ausübung der Verteidigungsrechte von Transcatab daher nicht beeinträchtigen, und zwar schon deshalb nicht, weil sie in diese Schriftstücke – die sich jedenfalls bereits in ihrem Besitz befanden – im Verwaltungsverfahren hatte Einsicht nehmen können. 122    Im Übrigen ist der Akte zu entnehmen, dass sowohl SCC als auch Transcatab in der Lage waren, auf den in der an sie gerichteten Mitteilung der Beschwerdepunkte explizit dargestellten Beschwerdepunkt zu erwidern und im Rahmen der Anhörung vor dem Anhörungsbeauftragten ihre Verteidigung darzulegen. Demnach wurde der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens im Verwaltungsverfahren eingehalten. 123    Auf jeden Fall ist auch darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen, es seien Verteidigungsrechte verletzt worden, nicht durchgreifen kann, da die Kommission – wie der Gerichtshof ausgeführt hat – hinsichtlich der Zurechnung der Zuwiderhandlung nicht verpflichtet ist, im Stadium der Mitteilung der Beschwerdepunkte andere Gesichtspunkte als den Nachweis anzuführen, dass die Muttergesellschaft das Kapital ihrer Tochtergesellschaften hält (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnr. 64). 124    Somit ist die Rüge der Verletzung der Verteidigungsrechte als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass über die von der Kommission aufgeworfene Frage ihrer Zulässigkeit entschieden zu werden bräuchte. 125    Nach alledem ist der erste Teil des ersten Klagegrundes insgesamt zurückzuweisen. Zweiter Teil: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 Vorbringen der Parteien 126    Transcatab trägt vor, die Kommission habe, da sie Alliance One als für die in Rede stehenden Zuwiderhandlungen haftbar angesehen habe, gegen sie eine Geldbuße verhängt, die die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Obergrenze von 10 % ihres Umsatzes für das dem Erlass der angefochtenen Entscheidung vorausgehende Geschäftsjahr überschreite. Die gegen sie verhängte Geldbuße belaufe sich nämlich auf rund 43 % ihres Umsatzes. 127    Im Übrigen nimmt Transcatab Bezug auf die Ausführungen von Alliance One in deren Klageschrift (Rechtssache T‑25/06), von der sie eine Abschrift als Anhang beifügt. 128    Die Kommission beantragt, das Vorbringen von Transcatab zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 129    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass dieser Teil eng mit dem ersten Teil dieses Klagegrundes verbunden ist, da dessen Zurückweisung zwangsläufig Auswirkungen auf die Begründetheit dieses Teils hat. Daher ist unter Berücksichtigung der Erwägungen, die zur Zurückweisung des ersten Teils dieses Klagegrundes geführt haben, zu folgern, dass die Kommission keinen Fehler begangen hat, als sie den konsolidierten Umsatz von SCC als Bezugsgröße für die Berechnung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 heranzog (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 103 angeführt, Randnr. 114). 130    Diese Obergrenze ist nämlich anhand des gesamten Umsatzes aller Gesellschaften zu ermitteln, aus denen die als Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG auftretende wirtschaftliche Einheit besteht, da nur der Gesamtumsatz der zu dieser Einheit gehörenden Gesellschaften die Größe und die Wirtschaftskraft des fraglichen Unternehmens widerspiegeln kann (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 20. März 2002, HFB u. a./Kommission, T‑9/99, Slg. 2002, II‑1487, Randnrn. 528 f., und vom 30. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 103 angeführt, Randnr. 114). 131    Zur allgemeinen Bezugnahme von Transcatab auf die von ihrer Muttergesellschaft Alliance One in deren Klageschrift vorgebrachten Argumente ist zweitens festzustellen, dass eine solche Bezugnahme, die das betreffende beigefügte Schriftstück nur allgemein bezeichnet und es damit dem Gericht nicht erlaubt, genau die Argumente zu bestimmen, die es als Ergänzung der in den Schriftsätzen vorgebrachten Klagegründe betrachten könnte, als unzulässig angesehen werden muss. 132    Nach Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung muss die Klageschrift nämlich den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Für die Zulässigkeit einer Klage ist es nach ständiger Rechtsprechung erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen sie beruht, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst ergeben. Zwar kann ihr Text zu speziellen Punkten durch Bezugnahmen auf bestimmte Abschnitte beigefügter Schriftstücke untermauert und ergänzt werden, doch kann eine pauschale Bezugnahme auf andere Schriftstücke, auch wenn sie der Klageschrift als Anlagen beigefügt sind, nicht das Fehlen der wesentlichen Bestandteile der Rechtsausführungen ausgleichen, die nach den oben genannten Vorschriften in der Klageschrift enthalten sein müssen. Außerdem ist es nicht Sache des Gerichts, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen, denn die Anlagen haben eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion (vgl. Urteile des Gerichts vom 14. Dezember 2005, Honeywell/Kommission, T‑209/01, Slg. 2005, II‑5527, Randnrn. 56 f., und vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission, T‑201/04, Slg. 2007, II‑3601, Randnr. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung). 133    Daher ist auch der zweite Teil des ersten Klagegrundes als teilweise unbegründet und teilweise unzulässig zurückzuweisen. 134    Nach alledem ist der erste Klagegrund in vollem Umfang zurückzuweisen. 2.     Zum zweiten Klagegrund: Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße Erster Teil: Schwere der Zuwiderhandlung 135    Im Rahmen des ersten Teils des zweiten Klagegrundes erhebt Transcatab mehrere Rügen, die sich gegen die in der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Einstufung der Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ richten. 136    Vorab ist auf die allgemeinen Grundsätze für die Festsetzung von Geldbußen und insbesondere für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung hinzuweisen. 137    Art. 81 Abs. 1 Buchst. a und b EG erklärt Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Unternehmen, die in der unmittelbaren oder mittelbaren Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen oder in der Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung oder des Absatzes bestehen, ausdrücklich für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar. Die Rechtsprechung hat solche Zuwiderhandlungen, insbesondere wenn es sich um horizontale Kartelle handelt, als „besonders schwerwiegend“ eingestuft, da sie unmittelbare Auswirkungen auf die wesentlichen Wettbewerbsparameter auf dem betreffenden Markt haben (Urteil des Gerichts vom 11. März 1999, Thyssen Stahl/Kommission, T‑141/94, Slg. 1999, II‑347, Randnr. 675) oder offenkundige Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln bedeuten (Urteile des Gerichts vom 6. April 1995, Tréfilunion/Kommission, T‑148/89, Slg. 1995, II‑1063, Randnr. 109, und vom 14. Mai 1998, BPB de Eendracht/Kommission, T‑311/94, Slg. 1998, II‑1129, Randnr. 303). 138    Nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 ist bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße für Verstöße gegen Art. 81 Abs. 1 EG sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen. 139    Nach ständiger Rechtsprechung ist die Schwere der Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln, zu denen die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (Urteile des Gerichtshofs Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnr. 241, Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 114 angeführt, Randnr. 54, und vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C‑125/07 P, C‑133/07 P, C‑135/07 P und C‑137/07 P, Slg. 2009, I‑8681, Randnr. 91). 140    Um die Transparenz und Objektivität ihrer Entscheidungen über die Festsetzung von Geldbußen für Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln zu erhöhen, hat die Kommission die Leitlinien erlassen (Abs. 1 der Leitlinien). 141    Die Leitlinien sind ein Instrument, mit dem unter Beachtung höherrangigen Rechts die Kriterien präzisiert werden sollen, die die Kommission im Rahmen der Ausübung des ihr nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zustehenden Ermessens bei der Festsetzung von Geldbußen anzuwenden gedenkt. Die Leitlinien stellen zwar nicht die Rechtsgrundlage einer Entscheidung dar, mit der Geldbußen verhängt werden, weil diese auf der Verordnung Nr. 1/2003 beruht, aber sie enthalten eine allgemeine und abstrakte Regelung der Vorgehensweise, die sich die Kommission zur Festsetzung der in dieser Entscheidung verhängten Geldbußen auferlegt hat, und schaffen damit Rechtssicherheit für die Unternehmen (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnrn. 209 bis 213, und Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg. 2006, II‑5169, Randnrn. 219 und 223). 142    Auch wenn die Leitlinien somit nicht als Rechtsnorm qualifiziert werden können, die die Verwaltung auf jeden Fall zu beachten hat, stellen sie doch eine Verhaltensnorm dar, die einen Hinweis auf die zu befolgende Verwaltungspraxis enthält und von der die Verwaltung im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen abweichen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnrn. 209 f., und vom 18. Mai 2006, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, C‑397/03 P, Slg. 2006, I‑4429, Randnr. 91). 143    Die aus dem Erlass der Leitlinien resultierende Selbstbeschränkung des Ermessens der Kommission ist jedoch nicht unvereinbar mit dem Fortbestand eines erheblichen Ermessens der Kommission (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, Mannesmannröhren-Werke/Kommission, T‑44/00, Slg. 2004, II‑2223, Randnrn. 246, 274 und 275). Die Kommission ist dadurch, dass sie in den Leitlinien ihre Vorgehensweise bei der Bewertung der Schwere eines Verstoßes präzisiert hat, nämlich nicht daran gehindert, die Schwere umfassend anhand aller relevanten Umstände des Einzelfalls einschließlich der Gesichtspunkte zu beurteilen, die in den Leitlinien nicht ausdrücklich erwähnt sind (Urteil Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, oben in Randnr. 141 angeführt, Randnr. 237). 144    Nach der in den Leitlinien vorgesehenen Methode wählt die Kommission als Ausgangspunkt bei der Berechnung der gegen die fraglichen Unternehmen zu verhängenden Geldbußen einen nach der Schwere des Verstoßes ermittelten Betrag. Bei der Ermittlung dieser Schwere sind die Art des Verstoßes und die konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen (Nr. 1 Teil A Abs. 1 der Leitlinien). 145    In diesem Rahmen werden die Verstöße in drei Gruppen unterteilt, nämlich die „minder schweren Verstöße“, für die die in Betracht kommenden Bußgeldbeträge zwischen 1 000 und 1 Mio. Euro betragen, die „schweren Verstöße“, für die Bußgeldbeträge zwischen 1 Mio. und 20 Mio. Euro in Betracht kommen, und die „besonders schweren Verstöße“ mit in Betracht kommenden Bußgeldbeträgen oberhalb von 20 Mio. Euro (Nr. 1 Teil A Abs. 2 erster bis dritter Gedankenstrich der Leitlinien). Zu den besonders schweren Verstößen führt die Kommission aus, es handele sich im Wesentlichen um horizontale Beschränkungen wie z. B. „Preiskartelle“, Marktaufteilungsquoten und sonstige Beschränkungen der Funktionsweise des Binnenmarkts, wie z. B. die Abschottung der nationalen Märkte oder Missbräuche marktbeherrschender Stellungen von Unternehmen in Quasimonopolstellung (Nr. 1 Teil A Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Leitlinien). 146    Des Weiteren haben die drei vorstehend in Randnr. 144 aufgeführten Kriterien für die Bewertung der Schwere des Verstoßes im Rahmen der Gesamtprüfung nicht das gleiche Gewicht. Die Art der Zuwiderhandlung spielt, insbesondere wenn es darum geht, Zuwiderhandlungen als „besonders schwer“ einzustufen, eine übergeordnete Rolle (Urteil Erste Group Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 139 angeführt, Randnr. 101, und Urteil des Gerichts vom 28. April 2010, Gütermann und Zwicky/Kommission, T‑456/05 und T‑457/05, Slg. 2010, II‑1443, Randnr. 137). 147    Dagegen stellen weder die konkreten Auswirkungen auf den Markt noch der Umfang des räumlichen Marktes notwendige Faktoren für die Einstufung der Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ dar, wenn es sich um horizontale Kartelle handelt, die insbesondere, wie hier, auf die Festsetzung von Preisen abzielen. Diese beiden Kriterien sind bei der Bewertung der Schwere der Zuwiderhandlung zwar zu berücksichtigen, es handelt sich dabei aber nur um zwei von mehreren Kriterien für die Gesamtbeurteilung dieser Schwere (vgl. in diesem Sinne Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 114 angeführt, Randnrn. 74 und 81, und Urteile des Gerichts Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, oben in Randnr. 141 angeführt, Randnrn. 240 und 311, und vom 8. Oktober 2008, Carbone-Lorraine/Kommission, T‑73/04, Slg. 2008, II‑2661, Randnr. 91). 148    Daher ergibt sich nach einer nunmehr ebenfalls gefestigten Rechtsprechung aus den Leitlinien, dass horizontale Kartelle, die insbesondere, wie hier, auf die Festsetzung von Preisen abzielen, allein aufgrund ihrer Art als „besonders schwer“ eingestuft werden können, ohne dass die Kommission konkrete Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt nachweisen müsste (Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 114 angeführt, Randnr. 75; vgl. in diesem Sinne auch Urteile des Gerichts vom 27. Juli 2005, Brasserie nationale u. a./Kommission, T‑49/02 bis T‑51/02, Slg. 2005, II‑3033, Randnr. 178, und vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Randnr. 150) und ohne dass der beschränkte Umfang des betreffenden räumlichen Marktes einer solchen Einstufung entgegenstünde (vgl. in diesem Sinne Urteile Erste Group Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 139 angeführt, Randnr. 103, und Carbone-Lorraine/Kommission, oben in Randnr. 147 angeführt, Randnr. 91). 149    Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass zwar in der Beschreibung der schweren Verstöße ausdrücklich erwähnt wird, dass sie Auswirkungen auf den Markt haben und in einem größeren Teil des Gemeinsamen Marktes zum Tragen kommen, die Beschreibung der besonders schweren Verstöße aber kein Erfordernis konkreter Auswirkungen auf den Markt oder auf ein besonderes geografisches Gebiet enthält (Urteil Gütermann und Zwicky/Kommission, oben in Randnr. 146 angeführt, Randnr. 137; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Brasserie nationale u. a./Kommission, oben in Randnr. 148 angeführt, Randnr. 178). 150    Darüber hinaus besteht zwischen den drei Kriterien insofern eine Wechselbeziehung, als ein höherer Schweregrad hinsichtlich des einen oder des anderen Kriteriums die geringere Schwere der Zuwiderhandlung unter anderen Aspekten ausgleichen kann (Urteil Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, oben in Randnr. 141 angeführt, Randnr. 241). 151    Speziell in Bezug auf den vorliegenden Fall geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission die Höhe der gegen die verschiedenen Adressaten verhängten Geldbuße anhand der allgemeinen Methode festgesetzt hat, die sie sich in den Leitlinien auferlegt hat, selbst wenn diese in der Entscheidung nicht ausdrücklich erwähnt werden. Vorbringen der Parteien 152    Transcatab macht erstens geltend, aus dem Wortlaut der Leitlinien, so wie er im 365. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben sei, gehe hervor, dass die Kommission bei der Bewertung der Schwere der Zuwiderhandlung drei Kriterien zu berücksichtigen habe, nämlich die Art der Zuwiderhandlung, ihre konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar seien, und den Umfang des in Rede stehenden räumlichen Marktes. Die Kommission könne das Kartell daher nicht allein aufgrund der Art der Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ einstufen, ohne die beiden anderen Kriterien zu berücksichtigen. 153    Die Kommission habe die in Rede stehende Zuwiderhandlung jedoch ungeachtet der Bestimmungen der Leitlinien als „besonders schwer“ eingestuft. Diese Einstufung sei rechtsfehlerhaft, da sie nicht berücksichtige, dass die Zuwiderhandlung keine konkreten Auswirkungen auf den Markt gehabt und der betreffende räumliche Markt nur einen beschränkten Umfang aufgewiesen habe. Hätte die Kommission die drei oben genannten Kriterien in zutreffender Weise berücksichtigt, hätte sie das Kartell als lediglich „schwere“ Zuwiderhandlung einstufen müssen. In der Vergangenheit habe die Kommission ein Preiskartell wie das vorliegende mehrfach als schwere Zuwiderhandlung eingestuft. Darüber hinaus habe sich die Kommission bei der Einstufung der Zuwiderhandlung als besonders schwer im vorliegenden Fall nicht ausschließlich auf die Art der Zuwiderhandlung gestützt, wie sie behaupte, sondern sie habe die Schwere der Zuwiderhandlung, wie aus den Erwägungsgründen 365 und 368 der angefochtenen Entscheidung hervorgehe, unter Berücksichtigung der drei oben genannten Kriterien bewertet. Der Umstand, dass die Kommission die Sanktion unterhalb der in den Leitlinien vorgesehenen Untergrenze von 20 Mio. Euro festgesetzt habe, lasse nicht den Schluss zu, dass Transcatab kein Interesse an der Geltendmachung des Klagegrundes hätte, da diese Schwelle lediglich einen Anhaltspunkt für den Mindestbetrag der zu verhängenden Geldbußen darstelle. 154    Transcatab bringt zweitens mehrere Rügen vor, die speziell das Fehlen von Auswirkungen des Kartells auf den Markt betreffen. Die mit der angefochtenen Entscheidung geahndeten Vereinbarungen hätten, so Transcatab, keinerlei Auswirkungen auf den Markt oder zumindest nicht die vereinbarten Auswirkungen gehabt. So folge aus mehreren von der Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte durchgeführten Preisvergleichen, dass sich die von den Parteien in ihren Vereinbarungen angegebenen Preise zu keinem Zeitpunkt auf dem Markt „widergespiegelt“ hätten. Transcatab führt zur Stützung ihres Vorbringens mehrere konkrete Beispiele und Daten an und macht darüber hinaus geltend, dass, falls die Vereinbarung Auswirkungen gehabt hätte, eine Verringerung und Stabilisierung der Preise die Folge gewesen wäre, die aber nicht eingetreten sei. Im Übrigen werde in den Erwägungsgründen 97 ff. der angefochtenen Entscheidung selbst darauf hingewiesen, dass die italienischen Rohtabakpreise zwischen 1990 und 2000 wie in keinem anderen Mitgliedstaat angestiegen seien und sich diese Steigerungen bis 2002 – dem Jahr der Aufkündigung der Vereinbarungen durch die Verarbeitungsunternehmen – fortgesetzt hätten. Außerdem habe die Kommission den Anstieg der Tabakpreise in der Sache, in der die Entscheidung K(2004) 4030 endg. der Kommission vom 20. Oktober 2004 in einem Verfahren nach Artikel 81 Absatz 1 [EG] (Sache COMP/C.38.238/B.2 – Rohtabak – Spanien) (im Folgenden: Sache Rohtabak – Spanien) ergangen sei, trotz des Bestehens einer Vereinbarung zwischen den Verarbeitungsunternehmen als Beweis für die fehlende Umsetzung der Vereinbarungen gewertet. Im Übrigen habe die Kommission in ihrer frühreren Entscheidungspraxis das Fehlen tatsächlicher Auswirkungen von als besonders schwer eingestuften Verhaltensweisen auf den Markt berücksichtigt und diese als „schwere“, nicht aber als „besonders schwere“ Verstöße eingestuft. Zudem sei die Kommission im 368. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung rechtsfehlerhaft und ohne Begründung davon ausgegangen, dass das Kartell Auswirkungen auf den nachgeordneten Markt für die Verarbeitung und den Verkauf des verarbeiteten Tabaks haben könne. Im nachgeordneten Markt habe das Kartell aber allenfalls zur Verringerung der Kosten der Zigarettenhersteller führen können. 155    Darüber hinaus sei die Begründung der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt insofern unlogisch, als die Kommission vortrage, das Kartell sei geeignet, die Tabakerzeugung weltweit zum Nachteil der Verbraucher zu verringern (282. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), während das Grundproblem des europäischen und des italienischen Tabakmarkts die Überschussproduktion von Tabak schlechter Qualität gewesen sei. Zudem habe die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte in keiner Weise erwähnt, dass das Kartell zu einer Verringerung der Erzeugung geführt habe. Durch die erstmalige Verwendung dieses Arguments in der angefochtenen Entscheidung habe sie die Verteidigungsrechte von Transcatab, der keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei, verletzt. Die Kommission habe auch die potenziellen Auswirkungen auf den nachgeordneten Markt erstmals in der angefochtenen Entscheidung erwähnt und damit auch insoweit ihre Verteidigungsrechte verletzt. 156    Transcatab macht drittens geltend, der von den mit der angefochtenen Entscheidung geahndeten Zuwiderhandlungen betroffene räumliche Markt habe einen ausgesprochen geringen Umfang und beschränke sich, wie aus dem 84. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgehe, auf vier Regionen in Italien. Es handele sich daher im Vergleich zum nationalen Markt um einen räumlich sehr viel begrenzteren Markt. Die Kommission habe diesen Gesichtspunkt bei der Ermittlung der Schwere der Zuwiderhandlung überhaupt nicht berücksichtigt. Die angefochtene Entscheidung leide daher insoweit an einem offensichtlichen Begründungsmangel. Zudem habe die Zuwiderhandlung gemäß der Entscheidungspraxis der Kommission als schwer und nicht als besonders schwer angesehen werden müssen. Überdies habe die Kommission in der Entscheidung betreffend die Sache Rohtabak – Spanien die vergleichsweise bescheidene Dimension des Produktmarkts, der lediglich bestimmte Regionen in Spanien abgedeckt habe, bei der Festsetzung der Geldbuße berücksichtigt. 157    Die Kommission beantragt, das Vorbringen von Transcatab zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 158    Zunächst ist festzustellen, dass Transcatab den „Grundbetrag“ der Geldbuße förmlich beanstandet, der sich nach Nr. 1 Teil B Abs. 4 der Leitlinien durch Zusammenrechnung der für die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung ermittelten Beträge ergibt. Ihrer Argumentation lässt sich jedoch entnehmen, dass der nach der Schwere der Zuwiderhandlung bemessene Betrag der Geldbuße beanstandet wird, so dass der Betrag, um den es im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes geht, der im 376. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genannte Ausgangsbetrag der Geldbuße ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 30. September 2009, Hoechst/Kommission, T‑161/05, Slg. 2009, II‑3555, Randnr. 107). –       Zur Einstufung als besonders schwere Zuwiderhandlung 159    Zu der Rüge, mit der Transcatab geltend macht, die Kommission habe bei der Einstufung der Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ Fehler begangen, ist zunächst festzustellen, dass, worauf oben in den Randnrn. 146 bis 148 hingewiesen worden ist, von den drei in den Leitlinien genannten Kriterien für die Bewertung der Schwere der Zuwiderhandlung nach ständiger Rechtsprechung die Art der Zuwiderhandlung bei der Einstufung der Zuwiderhandlungen als „besonders schwer“ eine vorrangige Rolle spielt. Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die auf die Festsetzung von Preisen oder auf die Aufteilung der Märkte abzielen, lassen sich daher bereits ihrem Wesen nach als „besonders schwer“ einstufen, ohne dass solche Verhaltensweisen durch konkrete Auswirkungen auf den Markt oder einen besonderen räumlichen Umfang gekennzeichnet sein müssten. 160    Im vorliegenden Fall ist, was die Art der in Rede stehenden Zuwiderhandlung angeht, festzustellen, dass diese insbesondere die gemeinsame Festsetzung der Preise, die von den Verarbeitungsunternehmen für Rohtabak gezahlt wurden, sowie die Zuteilung der Lieferanten und Rohtabakmengen zum Gegenstand hatte. Derartige Praktiken stellen horizontale Beschränkungen von der Art des „Preiskartells“ im Sinne der Leitlinien und somit ihrer Art nach „besonders schwere“ Verstöße dar. Die Rechtsprechung hat solche Kartelle als offenkundige Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln oder als besonders schwerwiegende Zuwiderhandlungen eingestuft, da sie unmittelbare Auswirkungen auf die wesentlichen Wettbewerbsparameter auf dem betreffenden Markt haben (vgl. oben, Randnr. 137). 161    Folglich konnte die Kommission das Kartell unabhängig von seinen konkreten Auswirkungen auf den Markt und seinem räumlichen Umfang im vorliegenden Fall bereits aufgrund der Art der Zuwiderhandlung als besonders schweren Verstoß einstufen (vgl. die oben in den Randnrn. 146 bis 149 angeführte Rechtsprechung und insbesondere Urteil Erste Group Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 139 angeführt, Randnr. 103). 162    Darüber hinaus ist insbesondere zu den verschiedenen Bezugnahmen von Transcatab auf frühere Entscheidungen der Kommission darauf hinzuweisen, dass die Entscheidungspraxis der Kommission als solche nicht als rechtlicher Rahmen für Geldbußen im Wettbewerbsrecht dient, da dieser ausschließlich in der Verordnung Nr. 1/2003, so wie sie im Licht der Leitlinien angewandt wird, festgelegt ist, und dass die Kommission im Bereich der Festsetzung der Höhe der Geldbußen über ein weites Ermessen verfügt und bei dessen Ausübung nicht an frühere eigene Beurteilungen gebunden ist (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 19. März 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, C‑510/06 P, Slg. 2009, I‑1843, Randnr. 82, und Erste Group Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 139 angeführt, Randnr. 123). Dem Vorbringen von Transcatab zur früheren Entscheidungspraxis der Kommission kann daher kein Erfolg beschieden sein. 163    Im Übrigen kann keines der von Transcatab vorgebrachten Argumente die Einstufung des Kartells als „besonders schwer“ in Frage stellen. Sie sind daher vorsorglich zu würdigen. –       Zu den konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt 164    Was insbesondere die Argumente betrifft, mit denen Fehler bei der Ermittlung der Schwere der Zuwiderhandlung aufgrund des vermeintlichen Fehlens konkreter Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt gerügt werden, ist festzustellen, dass sich entgegen dem Vorbringen von Transcatab aus der angefochtenen Entscheidung ergibt, dass die Kommission, auch wenn sie in deren 365. Erwägungsgrund, der den Wortlaut der Leitlinien wiedergibt, von der Prämisse ausgegangen ist, bei der Bewertung der Schwere der Zuwiderhandlung die drei in Nr. 1 Teil A Abs. 1 dieser Leitlinien genannten Kriterien (vgl. oben, Randnr. 144) berücksichtigen zu müssen, die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung in der Folge nicht auf die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt gestützt hat. 165    In dem Teil der angefochtenen Entscheidung, der die Würdigung der Schwere der Zuwiderhandlung betrifft (Erwägungsgründe 365 bis 369), sind die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt nämlich überhaupt nicht geprüft worden. Eine solche Prüfung ergibt sich entgegen dem Vorbringen von Transcatab insbesondere nicht aus dem 368. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung. Dieser Erwägungsgrund, der eng mit dem vorangehenden Erwägungsgrund, der die Art der Zuwiderhandlung betrifft, verbunden ist, bezieht sich allgemein auf die Eignung von Einkaufskartellen, den Wettbewerb zu beeinträchtigen, wie es bei „Verkaufskartellen“ typischerweise der Fall ist. Die Kommission führt dort aus, diese Art von Kartellen könne das Wettbewerbsverhalten der betreffenden Unternehmen, unabhängig davon, ob es sich hierbei um Erzeuger oder um solche Unternehmen handele, die nachgeordnete Tätigkeiten ausübten, insofern verändern, als sie sich auf einen grundlegenden Parameter für das Wettbewerbsverhalten der in einem Verarbeitungszweig tätigen Unternehmen, nämlich den Einkaufspreis des zu verarbeitenden Produkts, auswirke. Bei einem Produkt wie dem im vorliegenden Fall in Rede stehenden komme, so die Kommission im selben Erwägungsgrund weiter, dieser Eignung zur Beeinträchtigung des Wettbewerbs eine umso größere Bedeutung zu. 166    Überdies werden auch in dem Teil der angefochtenen Entscheidung, der die Prüfung der Wettbewerbsbeschränkung betrifft (Erwägungsgründe 277 ff.) und auf den der 368. Erwägungsgrund verweist, die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt nicht untersucht. Entgegen dem Vorbringen von Transcatab deutet nämlich nichts darauf hin, dass aus diesem Teil der angefochtenen Entscheidung, der die beschränkte Tragweite der Vereinbarungen zwischen den Verarbeitungsunternehmen für den Wettbewerb analysiert, gefolgert werden könnte, dass sich die Kommission bei der Ermittlung der Schwere der Zuwiderhandlung zur Festsetzung der Geldbuße auf die konkreten Auswirkungen der Kartelle auf den Markt berufen hätte. 167    Die sehr allgemein gehaltene Bezugnahme auf mögliche Auswirkungen auf die nachgeordneten Märkte, die von Transcatab beanstandet wird (vgl. oben, Randnr. 154 a. E.), fügt sich im Übrigen in den Rahmen der Erwägungen zur Eignung des Einkaufskartells, das Verhalten der Verarbeitungsunternehmen zu beeinflussen, ein. Soweit das Kartell insbesondere die Tabakmengen festlegte, die von jedem einzelnen Verarbeitungsunternehmen gekauft wurden, kann Transcatab jedoch nicht geltend machen, die Darstellung, wonach das Kartell geeignet gewesen sei, die nachgeordneten Tätigkeiten der Erstweiterverarbeitung und des Verkaufs des verarbeiteten Tabaks zu beeinflussen, sei unzutreffend. Soweit das Kartell nämlich über die Abnahmemengen für das Rohprodukt entschied, konnte es zwangsläufig auch das Verhalten der nachgeordneten Verarbeitungsunternehmen in Bezug auf das Verarbeitungsprodukt beeinflussen. Im Übrigen hat Transcatab weder ein Argument vorgetragen noch einen Beweis geliefert, der diese Feststellung in Frage stellen könnte. Darüber hinaus ist festzustellen, dass etwaige Auswirkungen auf den Zigarettenpreis für Endverbraucher in der angefochtenen Entscheidung überhaupt nicht erwähnt werden, so dass die von Transcatab insoweit vorgebrachten Argumente zurückzuweisen sind. 168    Insbesondere zu den von Transcatab vorgelegten bzw. in der angefochtenen Entscheidung angeführten Daten, die beweisen sollen, dass sich das Kartell nicht auf den Markt ausgewirkt hat (vgl. oben, Randnr. 154), ist festzustellen, dass bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung nach der Rechtsprechung entscheidend ist, ob die Kartellmitglieder alles in ihrer Macht Stehende taten, damit ihre Pläne konkrete Auswirkungen hatten. Was dann in Bezug auf die tatsächlich erzielten Marktpreise geschah, konnte durch andere, von den Kartellmitgliedern nicht kontrollierbare Faktoren beeinflusst werden. Die Kartellmitglieder können externe Faktoren, die ihre Bemühungen durchkreuzten, nicht zu ihren Gunsten anführen und zu Umständen umdeuten, die eine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertigen (vgl. Urteile Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, oben in Randnr. 141 angeführt, Randnr. 287, Carbone-Lorraine/Kommission, oben in Randnr. 147 angeführt, Randnr. 86, sowie Gütermann und Zwicky/Kommission, oben in Randnr. 146 angeführt, Randnr. 130 und die dort angeführte Rechtsprechung). 169    Darüber hinaus kann nach der Rechtsprechung, wenn die Umsetzung eines Kartells erwiesen ist, von der Kommission nicht verlangt werden, systematisch darzulegen, dass die Vereinbarungen es den betroffenen Unternehmen tatsächlich ermöglichten, ein höheres oder, wie hier im Fall von Einkaufskartellen, niedrigeres Niveau der Transaktionspreise als ohne Kartell zu erzielen. Es wäre unverhältnismäßig, eine solche Darlegung zu verlangen, die beträchtliche Ressourcen in Anspruch nehmen würde, weil sie den Rückgriff auf hypothetische Berechnungen anhand wirtschaftlicher Modelle erfordern würde, deren Genauigkeit nur schwer gerichtlich nachprüfbar und deren Unfehlbarkeit keineswegs erwiesen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, oben in Randnr. 141 angeführt, Randnr. 286, Carbone-Lorraine/Kommission, oben in Randnr. 147 angeführt, Randnr. 85, sowie Gütermann und Zwicky/Kommission, oben in Randnr. 146 angeführt, Randnr. 129 und die dort angeführte Rechtsprechung). 170    Im vorliegenden Fall zeigt eine Prüfung des Teils der angefochtenen Entscheidung, der die beanstandeten Handlungen betrifft, dass die Verarbeitungsunternehmen die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, für die sie mit einer Sanktion belegt worden sind, wissentlich umgesetzt haben (vgl. beispielsweise Erwägungsgründe 111, 124, 125, 141 und 158 der angefochtenen Entscheidung). Diese Erwägung wird im Übrigen durch den Umstand gestützt, dass das Kartell, wie aus den Erwägungsgründen 363 und 473 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, geheim war. Darüber hinaus haben sich die Verarbeitungsunternehmen ausweislich der angefochtenen Entscheidung mehrmals auf Maßnahmen zur Sicherstellung der tatsächlichen Umsetzung des Kartells wie den wechselseitigen Versand von Rechnungen ihrer jeweiligen Lieferanten (Erwägungsgründe 122 und 129 der angefochtenen Entscheidung), eine Konsultationsverpflichtung bei Einkäufen außerhalb der Vereinbarungen (139. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), Verpflichtungen zur Überwachung der Beschäftigten, um zu verhindern, dass diese ohne die erforderliche Koordinierung tätig werden (140. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), und die Schaffung eines Verfahrens zur Sicherstellung der Verwirklichung wettbewerbswidriger Ziele (187. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) verständigt. Hierzu ist noch festzustellen, dass die Kommission, wie sich aus dem 383. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ergibt, die Umsetzung des Kartells festgestellt hat. 171    Unter diesen Umständen ist das Vorbringen zu Fehlern der Kommission, das darauf gestützt wird, dass sich die von den Parteien in ihren Vereinbarungen angegebenen Preise auf dem Markt nicht durchgesetzt hätten, sowie auf den Umstand, dass die Kommission über Daten verfügt habe, die einen Anstieg der Preise für Rohtabak belegten, der stärker sei als der für die übrigen landwirtschaftlichen Erzeugnisse, zurückzuweisen. –       Zum räumlichen Umfang des Marktes 172    Was das Argument des beschränkten räumlichen Umfangs des von der Zuwiderhandlung betroffenen Marktes angeht, ist, wie sich aus der oben in den Randnrn. 147 bis 149 angeführten Rechtsprechung ergibt, der Umfang des räumlichen Marktes kein eigenständiges Kriterium in dem Sinne, dass nur Zuwiderhandlungen, die die Mehrzahl der Mitgliedstaaten betreffen, als „besonders schwer“ eingestuft werden könnten. Weder der Vertrag noch die Verordnung Nr. 1/2003, die Leitlinien oder die Rechtsprechung gestatten die Annahme, dass nur räumlich sehr ausgedehnte Wettbewerbsbeschränkungen so eingestuft werden können. Im Übrigen lassen sich, worauf oben in Randnr. 148 hingewiesen worden ist, Vereinbarungen, die insbesondere, wie hier, auf die Festsetzung der Einkaufspreise und die Zuteilung der Abnahmemengen abzielen, bereits ihrem Wesen nach als besonders schwer einstufen, ohne dass solche Verhaltensweisen durch einen besonderen räumlichen Umfang gekennzeichnet sein müssten. Daraus folgt, dass der Umfang des räumlich relevanten Marktes, und sei er auch beschränkt, der Einstufung der im vorliegenden Fall festgestellten Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ nicht entgegensteht. Die Kommission hat bei der Einstufung der Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ in Anbetracht des räumlichen Umfangs des betreffenden Marktes daher keinen Fehler begangen. 173    Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass, obwohl feststeht, dass die Rohtabakerzeugung in bestimmten Regionen Italiens konzentriert war, gleichwohl festzustellen ist, dass das Kartell den Markt für den Einkauf von Rohtabak und nicht den für die Erzeugung betraf, so dass sein Anwendungsbereich nicht auf diese Regionen beschränkt war, sondern das gesamte italienische Hoheitsgebiet umfasste. Nach ständiger Rechtsprechung stellt das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats jedoch einen wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes dar (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 9. November 1983, Nederlandsche Banden-Industrie-Michelin/Kommission, 322/81, Slg. 1983, 3461, Randnr. 28, und Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 148 angeführt, Randnr. 150). Transcatab kann daher nicht geltend machen, dass der räumliche Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen Marktes beschränkt gewesen sei. –       Zur Verletzung der Begründungspflicht 174    Zu den Rügen, mit denen eine Verletzung der Begründungspflicht geltend gemacht wird, ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Begründung einer Einzelfallentscheidung die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). 175    Im Rahmen der Festsetzung von Geldbußen für Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht ist die Begründungspflicht erfüllt, wenn die Kommission in ihrer Entscheidung die Beurteilungsgesichtspunkte angibt, die es ihr ermöglicht haben, Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu ermitteln (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, Slg. 2002, I‑8375, Randnr. 463 und die dort angeführte Rechtsprechung). 176    Im vorliegenden Fall hat die Kommission in Bezug auf die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung in den Erwägungsgründen 365 bis 369 der angefochtenen Entscheidung die Gründe angegeben, aufgrund derer sie zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Zuwiderhandlung als besonders schwer einzustufen war. Wie oben in den Randnrn. 159 ff. dargelegt worden ist, hat die Kommission diese Schlussfolgerung auf die besondere Schwere der in Rede stehenden Zuwiderhandlung gestützt. 177    Es ist jedoch festzustellen, dass die Kommission, da es sich bei den konkreten Auswirkungen auf den Markt und dem räumlichen Umfang des betreffenden Marktes im Fall von horizontalen Kartellen, die insbesondere, wie hier, auf die Festsetzung von Preisen abzielen, nicht um Kriterien handelt, die für die Einstufung der Zuwiderhandlung als besonders schwer erforderlich wären, nicht verpflichtet war, die Nichtberücksichtigung dieser Kriterien zu begründen. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass Art. 253 EG im Rahmen der Prüfung von Verstößen gegen Art. 81 EG nicht dahin ausgelegt werden kann, dass er die Kommission verpflichtet, in ihren Entscheidungen die Gründe dafür zu erläutern, aus denen sie bei der Berechnung des Betrags der Geldbuße andere, gegenüber dem in der angefochtenen Entscheidung tatsächlich gewählten Ansatz hypothetische Ansätze nicht verfolgt hat (vgl. Urteil des Gerichts vom 19. Mai 2010, IMI u. a./Kommission, T‑18/05, Slg. 2010, II‑1769, Randnr. 153 und die dort angeführte Rechtsprechung). 178    Unter diesen Umständen hat die Kommission ihre Begründungspflicht hinsichtlich der konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt oder des beschränkten Umfangs des räumlichen Marktes nicht verletzt. 179    Was schließlich insbesondere die Rüge angeht, mit der Transcatab geltend macht, die angefochtene Entscheidung sei hinsichtlich der Überschussproduktion von Tabak unlogisch (vgl. oben, Randnr. 155), ist festzustellen, dass eine Überproduktion nicht zwangsläufig einen Beweis dafür darstellt, dass die Umsetzung eines Kartells, das auf die Verringerung dieser Produktion abzielt, keinerlei Auswirkungen gehabt hätte. Es lässt sich nämlich nicht ausschließen, dass die Tabakproduktion ohne das Kartell sogar noch höher ausgefallen wäre. Entgegen dem Vorbringen von Transcatab besteht zwischen dem Vorhandensein einer Überproduktion und der in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Behauptung, das Kartell sei geeignet gewesen, die Tabakerzeugung weltweit zu verringern, somit nicht notwendigerweise ein Widerspruch. Transcatab kann mit diesem Argument daher nicht geltend machen, die Begründung der angefochtenen Entscheidung sei insoweit unlogisch. Dieses Argument ist demnach zurückzuweisen. –       Zur Verletzung der Verteidigungsrechte 180    Nach ständiger Rechtsprechung erfüllt die Kommission ihre Verpflichtung zur Wahrung des Anspruchs der Unternehmen auf rechtliches Gehör, wenn sie in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich darauf hinweist, dass sie prüfen werde, ob gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen festzusetzen seien, und die für die etwaige Festsetzung einer Geldbuße wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte wie Schwere und Dauer der vermuteten Zuwiderhandlung sowie den Umstand anführt, ob diese vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde. Damit macht sie gegenüber den Unternehmen die Angaben, die diese für ihre Verteidigung nicht nur gegen die Feststellung einer Zuwiderhandlung, sondern auch gegen die Festsetzung einer Geldbuße benötigen (Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 115 angeführt, Randnr. 21; Urteile des Gerichts vom 20. März 2002, LR AF 1998/Kommission, T‑23/99, Slg. 2002, II‑1705, Randnr. 199, und vom 19. Mai 2010, Wieland-Werke u. a./Kommission, T‑11/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 129). 181    Dagegen braucht die Kommission, wenn sie die tatsächlichen und rechtlichen Umstände angegeben hat, auf die sich ihre Berechnung der Geldbußen stützt, nicht zu erläutern, in welcher Weise sie jeden dieser Gesichtspunkte bei der Bemessung der Geldbuße heranziehen wird (Urteil Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, oben in Randnr. 141 angeführt, Randnr. 369). Darüber hinaus darf die Kommission in ihrer Entscheidung auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsverfahrens Argumente, auf die sie ihre Beschwerdepunkte stützt, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ändern oder ergänzen (vgl. Urteil Schneider Electric/Kommission, oben in Randnr. 117 angeführt, Randnr. 438 und die dort angeführte Rechtsprechung). 182    Folglich sind bei der Bemessung der Geldbußen die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen gegenüber der Kommission dadurch gewahrt, dass sie sich zu Dauer, Schwere und Wettbewerbswidrigkeit des ihnen zur Last gelegten Sachverhalts äußern können (Urteile des Gerichts vom 6. Oktober 1994, Tetra Pak/Kommission, T‑83/91, Slg. 1994, II‑755, Randnr. 235, und Wieland-Werke u. a./Kommission, oben in Randnr. 180 angeführt, Randnr. 131). 183    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission im Einklang mit der Rechtsprechung im Rahmen von Nr. II A der Mitteilung der Beschwerdepunkte die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte für die etwaige Festsetzung der Geldbuße gegen Transcatab angeführt hat. Insbesondere hat die Kommission dort die tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte angegeben, auf die sie sich bei der Berechnung des Ausgangsbetrags der gegen die Klägerin festgesetzten Geldbuße in der angefochtenen Entscheidung gestützt hat. Transcatab hat Gelegenheit gehabt, sich zu diesen Gesichtspunkten zu äußern, so dass ihr Anspruch auf rechtliches Gehör insoweit gebührend erfüllt worden ist. Im Übrigen hat die Kommission, wie im Rahmen dieses Teils festgestellt worden ist, in der angefochtenen Entscheidung die Einstufung der Zuwiderhandlung als besonders schwer sowohl in Bezug auf die Verringerung der Erzeugung als auch in Bezug auf die ausgeführten nachgeordneten Tätigkeiten nicht auf die konkreten Auswirkungen des Kartells auf den Markt, sondern vielmehr auf die besondere Schwere der betreffenden Zuwiderhandlungen gestützt. 184    Nach alledem ist der erste Teil des zweiten Klagegrundes insgesamt zurückzuweisen. Zweiter Teil: Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung und des Vertrauensschutzes bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße Vorbringen der Parteien 185    Transcatab macht erstens geltend, die Kommission habe durch die Festsetzung einer Geldbuße von 14 Mio. Euro gegen sie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Diese Geldbuße sei sowohl im Verhältnis zu ihren jährlichen Gesamteinkäufen auf dem Bezugsmarkt, die 13 Mio. Euro nicht erreicht hätten, als auch im Verhältnis zum Gesamtwert der Tabakeinkäufe, die Gegenstand der Vereinbarungen gewesen seien und 50 Mio. Euro jährlich nicht überschritten hätten, unverhältnismäßig. Die Kommission hätte bei der Festsetzung der Geldbuße den ausgesprochen beschränkten Umfang des Marktes berücksichtigen müssen. Darüber hinaus legten die neuen Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006) fest, dass der Grundbetrag der Geldbuße im Verhältnis zum Umsatzwert des Unternehmens auf dem Markt, der Gegenstand des Kartells sei, festgesetzt werden müsse. 186    Transcatab macht zweitens geltend, die Kommission habe gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und des Vertrauensschutzes bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße verstoßen. Sie habe das in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehende Kartell und das Kartell, das Gegenstand der Entscheidung in der Sache Rohtabak – Spanien gewesen sei, ohne Rechtfertigung unterschiedlich behandelt, obwohl beide Sachen sowohl in Bezug auf den Gegenstand des Kartells als auch in Bezug auf seinen beschränkten räumlichen Umfang beträchtliche Ähnlichkeiten aufwiesen. 187    Die Kommission beantragt, das Vorbringen von Transcatab zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht –       Zum Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 188    Zu beachten ist, dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Handlungen der Gemeinschaftsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die dadurch bedingten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen müssen (Urteil des Gerichtshofs vom 5. Mai 1998, Vereinigtes Königreich/Kommission, C‑180/96, Slg. 1998, I‑2265, Randnr. 96, und Urteil des Gerichts vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission, T‑30/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 223). 189    Im Rahmen der von der Kommission zur Ahndung der Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln eingeleiteten Verfahren bedeutet die Anwendung dieses Grundsatzes, dass die Geldbußen nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen – d. h. zur Beachtung dieser Regeln – stehen dürfen und die einem Unternehmen wegen einer Zuwiderhandlung im Bereich des Wettbewerbs auferlegte Geldbuße so zu bemessen ist, dass sie bei einer Gesamtwürdigung der Zuwiderhandlung unter besonderer Berücksichtigung ihrer Schwere in angemessenem Verhältnis zu ihr steht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 188 angeführt, Randnrn. 223 f. und die dort angeführte Rechtsprechung). Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt insbesondere, dass die Kommission die Geldbuße verhältnismäßig nach den Gesichtspunkten festsetzen muss, die sie für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt hat, und dass sie diese Gesichtspunkte dabei schlüssig und objektiv gerechtfertigt bewerten muss (Urteile des Gerichts vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T‑43/02, Slg. 2006, II‑3435, Randnrn. 226 bis 228, und vom 28. April 2010, Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, T‑446/05, Slg. 2010, II‑1255, Randnr. 171). 190    Was erstens die Rüge anbelangt, die Geldbuße stehe außer Verhältnis zum Gesamtwert der Ankäufe auf dem betreffenden Markt, geht weder aus der Verordnung Nr. 1/2003 noch aus den Leitlinien hervor, dass die Höhe der Geldbußen unmittelbar nach Maßgabe der Größe des betroffenen Marktes festzusetzen ist, da dieser Faktor bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung kein obligatorischer Gesichtspunkt, sondern nur ein relevanter Gesichtspunkt unter anderen ist (Urteile des Gerichtshofs vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C‑407/04 P, Slg. 2007, I‑829, Randnr. 132, und vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 114 angeführt, Randnr. 55). Diese Bestimmungen als solche verpflichten die Kommission somit nicht dazu, die begrenzte Größe des Produktmarkts zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Roquette Frères/Kommission, T‑322/01, Slg. 2006, II‑3137, Randnr. 148). 191    Wie oben in Randnr. 139 ausgeführt, muss die Kommission nach der Rechtsprechung jedoch bei der Beurteilung der Schwere einer Zuwiderhandlung zahlreiche Gesichtspunkte berücksichtigen, die je nach der Art der fraglichen Zuwiderhandlung und nach den besonderen Umständen des Einzelfalls von unterschiedlicher Art und Bedeutung sind. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass je nach Fall die Größe des fraglichen Produktmarkts zu diesen die Schwere einer Zuwiderhandlung belegenden Gesichtspunkten zählen kann (Urteile Musique diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 115 angeführt, Randnr. 120, sowie Gütermann und Zwicky/Kommission, oben in Randnr. 146 angeführt, Randnr. 267). 192    Zwar kann demnach die Marktgröße einen Gesichtspunkt darstellen, der bei der Ermittlung der Schwere der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen ist, doch ist dieser je nach Art der Zuwiderhandlung und den Umständen des Einzelfalls von unterschiedlicher Bedeutung. 193    Im vorliegenden Fall ist zur Art der Zuwiderhandlung zunächst festzustellen, dass das in Rede stehende Kartell insbesondere die gemeinsame Festsetzung der Preise, die von den Verarbeitungsunternehmen für Rohtabak gezahlt wurden, sowie die Zuteilung der Lieferanten und der Rohtabakmengen zum Gegenstand hatte. Derartige Praktiken stellen horizontale Beschränkungen von der Art des „Preiskartells“ im Sinne der Leitlinien und somit ihrer Art nach „besonders schwere“ Verstöße dar. Für diese Art von Kartellen, die von der Rechtsprechung als offenkundige Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln oder als besonders schwere Zuwiderhandlungen eingestuft werden, da sie unmittelbare Auswirkungen auf die wesentlichen Wettbewerbsparameter auf dem betreffenden Markt haben (vgl. oben, Randnr. 137), sehen die Leitlinien eine Sanktion mit einem Mindestausgangsbetrag von mehr als 20 Mio. Euro vor. 194    Was sodann die besonderen Umstände der betreffenden Zuwiderhandlung angeht, ist festzustellen, dass die Größe des relevanten Marktes keineswegs zu vernachlässigen war, da, wie sich aus dem 366. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ergibt, die Rohtabakerzeugung in Italien 38 % des Produktionskontingents der Union ausmachte. Überdies geht aus Fn. 290 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass das Kartell, das sich auch auf Ankäufe bei „Drittpackern“ – also Zwischenhändlern, die selbst Rohtabak bei den Erzeugern kaufen und eine Erstbehandlung des Tabaks vornehmen – erstreckte, Ankäufe mit einem den reinen Wert der Ankäufe von in Italien erzeugtem Rohtabak übersteigenden Wert betraf. 195    Unter diesen Umständen kann Transcatab nicht geltend machen, die gegen sie verhängte Geldbuße sei im Verhältnis zum Gesamtwert der Ankäufe auf dem relevanten Markt unverhältnismäßig. 196    Was zweitens die Rüge betrifft, die Geldbuße sei im Verhältnis zum Wert der Ankäufe von Transcatab auf dem betreffenden Markt unverhältnismäßig, ist zunächst hervorzuheben, dass das anzuwendende Recht keinen allgemein anwendbaren Grundsatz enthält, wonach die Sanktion in angemessenem Verhältnis zu dem Umsatz stehen muss, den das Unternehmen auf dem relevanten Markt erzielt (vgl. Urteil Gütermann und Zwicky/Kommission, oben in Randnr. 146 angeführt, Randnr. 277 und die dort angeführte Rechtsprechung). 197    Darüber hinaus darf bei der Festsetzung der Geldbuße nach ständiger Rechtsprechung sowohl der Gesamtumsatz des Unternehmens, der – wenn auch nur annähernd und unvollständig – etwas über dessen Größe und Wirtschaftskraft aussagt, als auch der Teil dieses Umsatzes berücksichtigt werden, der mit den Waren erzielt worden ist, hinsichtlich derer die Zuwiderhandlung begangen wurde, und der somit einen Anhaltspunkt für das Ausmaß dieser Zuwiderhandlung liefern kann. Weder dem einen noch dem anderen dieser Umsätze darf eine im Verhältnis zu den anderen Beurteilungskriterien übermäßige Bedeutung zugemessen werden, weshalb die Festsetzung einer angemessenen Geldbuße nicht das Ergebnis eines bloßen, auf den Gesamtumsatz gestützten Rechenvorgangs sein kann. Das gilt insbesondere dann, wenn die betroffenen Waren nur einen geringen Teil dieses Umsatzes ausmachen (Urteile des Gerichtshofs Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 115 angeführt, Randnr. 121, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnr. 243, und vom 3. September 2009, Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission, C‑322/07 P, C‑327/07 P und C‑338/07 P, Slg. 2009, I‑7191, Randnr. 114). 198    Es ist jedoch festzustellen, dass die Kommission, wie sich oben aus den Randnrn. 40 bis 43 ergibt, die Geldbuße in der angefochtenen Entscheidung nach dem Marktanteil der einzelnen Unternehmen – gemessen an den Ankäufen des betreffenden Produkts auf dem Markt, auf dem die Zuwiderhandlung stattgefunden hat – festgesetzt hat. Damit war der Wert der Ankäufe auf dem betreffenden Markt ein Kriterium, das im vorliegenden Fall bei der Festsetzung der Geldbuße berücksichtigt worden ist. 199    Darüber hinaus geht aus der Rechtsprechung hervor, dass, sofern der Betrag der endgültigen Geldbuße 10 % des Gesamtumsatzes des betreffenden Unternehmens im letzten Jahr der Zuwiderhandlung nicht überschreitet, die Geldbuße nicht bereits deswegen als unverhältnismäßig angesehen werden kann, weil sie den auf dem betreffenden Markt erzielten Umsatz überschreitet (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, T‑224/00, Slg. 2003, II‑2597, Randnr. 200). 200    Wie oben in den Randnrn. 160 und 193 ausgeführt worden ist, hatte die in Rede stehende Zuwiderhandlung ferner Praktiken zum Gegenstand, die horizontale Beschränkungen von der Art des „Preiskartells“ im Sinne der Leitlinien und somit ihrer Art nach „besonders schwere“ Zuwiderhandlungen darstellen. Für diese Art besonders schwerer Kartelle sehen die Leitlinien eine Sanktion mit einem Mindestausgangsbetrag von mehr als 20 Mio. Euro vor. Aus dem 376. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ergibt sich jedoch, dass der Ausgangsbetrag der gegen Transcatab verhängten Geldbuße deutlich unter dem Betrag liegt, den die Kommission nach den Leitlinien für besonders schwere Verstöße hätte vorsehen können. Insoweit kann Transcatab nicht geltend machen, die gegen sie verhängte Geldbuße sei im Verhältnis zum behaupteten beschränkten Umfang des betreffenden Marktes und zu ihren jährlichen Gesamtankäufen auf dem Bezugsmarkt unverhältnismäßig. 201    Schließlich ist – wie Transacatab selbst einräumt – zum Vorbringen, das die Klägerin aus den Leitlinien von 2006 herleitet, festzustellen, dass diese Leitlinien auf den Sachverhalt des vorliegenden Rechtsstreits nicht anwendbar waren (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 17. Juni 2010, Lafarge/Kommission, C‑413/08 P, Slg. 2010, I‑5361, Randnr. 108). –       Zum Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung 202    Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nur dann vor, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleichbehandelt worden sind, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (Urteil des Gerichtshofs vom 13. Dezember 1984, Sermide, 106/83, Slg. 1984, 4209, Randnr. 28, und Urteil Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 79). 203    Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidungspraxis der Kommission, wie oben in Randnr. 162 festgestellt worden ist, nach gefestigter Rechtsprechung nicht als rechtlicher Rahmen für Geldbußen im Wettbewerbsrecht dient, dass die Kommission im Bereich der Festsetzung der Höhe der Geldbußen über ein weites Ermessen verfügt und dass sie bei dessen Ausübung nicht an frühere eigene Beurteilungen gebunden ist. 204    Allein aus der Tatsache, dass die Kommission in ihrer früheren Entscheidungspraxis ein bestimmtes Verhalten mit einem bestimmten Bußgeldbetrag geahndet hat, kann keinesfalls abgeleitet werden, dass sie verpflichtet wäre, dies in einer späteren Entscheidung ebenfalls zu tun (vgl. Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑329/01, Slg. 2006, II‑3255, Randnr. 110 und die dort angeführte Rechtsprechung). 205    Im vorliegenden Fall ist daher davon auszugehen, dass die bloße Berufung von Transcatab auf die Entscheidung in der Sache Rohtabak – Spanien nicht durchgreifen kann, da die Kommission nicht verpflichtet war, die vorliegende Rechtssache ebenso zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. März 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, oben in Randnr. 162 angeführt, Randnr. 83). 206    Was insbesondere die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im vorliegenden Fall angeht, so können andere Bußgeldentscheidungen der Kommission nur richtungweisenden Charakter haben, zumal die diesen Entscheidungen zugrunde liegenden tatsächlichen Gegebenheiten nicht die gleichen wie im Fall der in Rede stehenden Entscheidung waren (Urteil vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, oben in Randnr. 204 angeführt, Randnr. 112). Auch wenn im vorliegenden Fall gewisse Ähnlichkeiten zwischen der Sache Rohtabak – Spanien und der vorliegenden Sache bestehen, weisen beide jedoch beträchtliche Unterschiede auf, die keinesfalls zu vernachlässigen sind. Zum einen wird nämlich nicht bestritten, dass der spanische Markt einen geringeren Umfang und eine geringere Bedeutung als der italienische Markt hatte. Zum anderen galten für den betreffenden Sektor unterschiedliche nationale Rechtsrahmen (vgl. im Einzelnen unten, Randnrn. 317 ff.). 207    Angesichts dieser nicht zu vernachlässigenden Unterschiede war die Kommission berechtigt und sogar verpflichtet, beide Fälle in Bezug auf die Festsetzung der Sanktion unterschiedlich zu behandeln. Transcatab kann daher im vorliegenden Fall aus der Entscheidung der Kommission in der Sache Rohtabak – Spanien keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes herleiten. –       Zum Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes 208    Es ist darauf hinzuweisen, dass das Recht, sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes zu berufen, nach der Rechtsprechung von der Erfüllung dreier Voraussetzungen abhängt. Erstens muss die Verwaltung dem Betroffenen präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen von zuständiger und zuverlässiger Seite machen. Zweitens müssen diese Zusicherungen geeignet sein, begründete Erwartungen beim Adressaten zu wecken. Drittens müssen die gegebenen Zusicherungen den geltenden Vorschriften entsprechen (vgl. Urteil des Gerichts vom 4. Februar 2009, Omya/Kommission, T‑145/06, Slg. 2009, II‑145, Randnr. 117 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 30. April 2009, Nintendo und Nintendo of Europe/Kommission, T‑13/03, Slg. 2009, II‑947, Randnr. 203 und die dort angeführte Rechtsprechung). 209    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die erste von der Rechtsprechung aufgestellte Voraussetzung nicht erfüllt ist. Aus der Rechtsprechung ergibt sich nämlich, dass die Kommission bei der Bemessung von Bußgeldbeträgen über ein weites Ermessen verfügt, so dass die Wirtschaftsteilnehmer in die Festsetzung bestimmter Beträge kein berechtigtes Vertrauen setzen können (vgl. Urteil vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, oben in Randnr. 204 angeführt, Randnr. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung). Aus der von Transcatab als Präzedenzfall angeführten Sache Rohtabak – Spanien kann eine präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherung im Sinne der in der vorstehenden Randnummer angeführten Rechtsprechung daher nicht hergeleitet werden. 210    Überdies ist festzustellen, dass die Kommission die Entscheidung in der Sache Rohtabak – Spanien im Oktober 2004 – mehr als zwei Jahre nach Stellung des Antrags auf Geldbußenermäßigung gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit durch Transcatab – erlassen hat. Unter diesen Umständen kann Transcatab nicht geltend machen, sie habe in dem berechtigten Vertrauen auf die Festsetzung des in der genannten Sache verhängten Geldbußenbetrags gehandelt. 211    Nach alledem ist der zweite Teil des zweiten Klagegrundes insgesamt zurückzuweisen. Dritter Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Berücksichtigung des abschreckenden Charakters der Sanktion und der Finanzlage von Transcatab Vorbringen der Parteien 212    Transcatab beanstandet die Anwendung des Muliplikatorkoeffizienten bei der Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße. Sie beanstandet erstens die Prämisse dieser Anwendung, nämlich die Zuweisung der Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung an ihre Muttergesellschaft Alliance One. 213    Sie macht zweitens geltend, die abschreckende Wirkung hätte im vorliegenden Fall auch ohne die Anwendung eines Multiplatorkoeffizienten und durch Festsetzung eines Ausgangsbetrags der Geldbuße erzielt werden können, der unter dem von der Kommission gewählten liege. 214    Sie trägt drittens vor, die Kommission hätte die Geldbuße nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Berücksichtigung der prekären Finanzlage von Transcatab und der Risiken für die Fortführung ihrer Tätigkeit anpassen müssen. Zwischen 1995 und 2002 habe Transcatab nämlich beträchtliche Verluste angehäuft und sei infolge der von der Kommission verhängten Geldbuße zur Liquidation gezwungen gewesen. Überdies sei Transcatab auf dem italienischen Markt nicht mehr präsent und habe ihre Markttätigkeit bereits vor Erlass der angefochtenen Entscheidung eingestellt, so dass in Bezug auf sie keinerlei Notwendigkeit einer Abschreckung vorgelegen habe. Ferner habe im vorliegenden Fall ein zusätzliches Abschreckungserfordernis im Zusammenhang mit einer sogenannten „Multiprodukt“-Erzeugung überhaupt nicht bestanden. Schließlich stellten sogar die Leitlinien von 2006 darauf ab, ob das Unternehmen in der Lage sei, die Geldbuße zu zahlen, und berücksichtigten auf diese Weise die Gefahr der Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Lebensfähigkeit. 215    Die Kommission beantragt, das Vorbringen von Transcatab zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 216    Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass die in Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Sanktionen dazu dienen, sowohl unerlaubte Verhaltensweisen zu ahnden als auch ihrer Wiederholung vorzubeugen. Die Abschreckung stellt folglich einen Zweck der Geldbuße dar (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, Slg. 2006, II‑497, Randnrn. 218 f. und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 30. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 103 angeführt, Randnr. 150). 217    Das Erfordernis, eine abschreckende Wirkung der Geldbuße zu gewährleisten, verlangt, dass diese angepasst wird, um der gewünschten Auswirkung auf das Unternehmen, gegen das sie verhängt wird, Rechnung zu tragen, damit sie im Einklang mit den Anforderungen, die sich aus der Notwendigkeit, ihre Wirksamkeit zu gewährleisten, und der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ergeben, insbesondere im Hinblick auf die Finanzkraft des betreffenden Unternehmens weder zu niedrig noch zu hoch ausfällt (Urteile des Gerichts vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, Slg. 2006, II‑897, Randnr. 283, vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, T‑410/03, Slg. 2008, II‑881, Randnr. 379, und vom 30. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 103 angeführt, Randnr. 154). Auch wenn das Erfordernis, eine hinreichend abschreckende Wirkung der Geldbuße sicherzustellen, somit ein legitimes Ziel ist, das die Kommission bei der Bemessung einer Geldbuße verfolgen darf, hat sie gleichwohl die allgemeinen Rechtsgrundsätze und insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten; dies gilt nicht nur für die Ermittlung des Ausgangsbetrags, sondern auch für die Erhöhung dieses Betrags zur Sicherstellung einer hinreichend abschreckenden Wirkung der Geldbuße (Urteil Degussa/Kommission, Randnr. 316). 218    Die Leitlinien erwähnen den Abschreckungszweck in ihrer Nr. 1 Teil A, die der Schwere der Zuwiderhandlungen gewidmet ist. Konkret wird in Abs. 4 dieser Nummer der Leitlinien das Erfordernis angesprochen, „die Geldbuße auf einen Betrag festzusetzen, der eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet“. Im vorliegenden Fall hat die Kommission das Erfordernis, einen Multiplikatorkoeffizienten von 1,25 anzuwenden, in den Erwägungsgründen 374 f. der angefochtenen Entscheidung damit begründet, eine hinreichend abschreckende Wirkung der gegen Transcatab verhängten Geldbuße sicherstellen zu wollen, da diese einer multinationalen Gruppe mit erheblicher Wirtschafts- und Finanzkraft angehöre, die zu den weltweit größten Tabakhandelsunternehmen gehöre und auf verschiedenen Tätigkeitsebenen in der Tabakindustrie und auf verschiedenen räumlichen Märkten agiere. 219    Erstens genügt zu dem Argument hinsichtlich der Prämisse für die Anwendung des Multiplikatorkoeffizienten, nämlich der Zuweisung der Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung an ihre Muttergesellschaft Alliance One, die Feststellung, dass im Rahmen des ersten Klagegrundes die Auffassung vertreten worden ist, dass die Kommission Alliance One zu Recht als mitverantwortlich für die von Transcatab begangene Zuwiderhandlung betrachtet hat (vgl. den ersten Teil des ersten Klagegrundes). Dieses Argument greift daher nicht durch. 220    Zweitens ist zu dem Vorbringen von Transcatab, der Ausgangsbetrag von 10 Mio. Euro sei bereits hinreichend abschreckend, festzustellen, dass sie in keiner Weise ihre Behauptung untermauert, wonach der Betrag der Geldbuße, wäre er ohne Berücksichtigung des für die abschreckende Wirkung vorgesehenen Multiplikatorkoeffizienten bemessen worden, ausgereicht hätte, um eine entsprechende Wirkung der Geldbuße sicherzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil Lafarge/Kommission, oben in Randnr. 201 angeführt, Randnr. 107). 221    Drittens ist zu der Rüge, die Kommission habe ihre prekäre Finanzlage nicht berücksichtigt und durch die Anwendung des Multiplikatorkoeffizienten auf sie daher gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, zunächst festzustellen, dass sich das Ziel der Abschreckung nach der Rechtsprechung auf das Verhalten der Unternehmen in der Union bezieht und der Abschreckungsfaktor unter Einbeziehung einer Vielzahl von Gesichtspunkten und nicht nur der besonderen Situation des betreffenden Unternehmens ermittelt wird (Urteil des Gerichts vom 30. April 2009, Itochu/Kommission, T‑12/03, Slg. 2009, II‑883, Randnr. 93; vgl. in diesem Sinne auch Urteile des Gerichtshofs vom 29. Juni 2006, Showa Denko/Kommission, C‑289/04 P, Slg. 2006, I‑5859, Randnr. 23, und Jungbunzlauer/Kommission, oben in Randnr. 189 angeführt, Randnr. 300). 222    Darüber hinaus ist die Kommission nach ständiger Rechtsprechung nicht verpflichtet, bei der Bemessung der Geldbuße die schlechte Finanzlage eines Unternehmens zu berücksichtigen, da die Anerkennung einer solchen Verpflichtung darauf hinauslaufen würde, den am wenigsten den Marktbedingungen angepassten Unternehmen einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu verschaffen (vgl. Urteile des Gerichtshofs Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnr. 327, und vom 29. Juni 2006, SGL Carbon/Kommission, C‑308/04 P, Slg. 2006, I‑5977, Randnr. 105 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil des Gerichts vom 28. April 2010, BST/Kommission, T‑452/05, Slg. 2010, II‑1373, Randnr. 95). 223    Transcatab kann die Anwendung des Multiplikatorkoeffizienten zu Abschreckungszwecken daher nicht mit der Begründung beanstanden, dass sie während des Zeitraums der Umsetzung des Kartells Verluste erlitten habe, die sie veranlasst hätten, seit der Eröffnung des Verfahrens auf dem vom Kartell betroffenen Markt nicht mehr tätig zu sein. In Anbetracht der Zugehörigkeit von Transcatab zu einer multinationalen Gruppe mit erheblicher Wirtschafts- und Finanzkraft und der Zuweisung der Verantwortlichkeit an ihre Muttergesellschaft kann die Anwendung des Multiplikatorkoeffizienten auf einen nach dem Gesamtumsatz dieser Gruppe festgesetzten Betrag überdies nicht dazu führen, dass die Geldbuße als unverhältnismäßig anzusehen ist. 224    Im Übrigen ist festzustellen, dass Transcatab ihre Behauptung, sie sei aufgrund der Einleitung der in Rede stehenden Untersuchung durch die Kommission und der in Betracht gezogenen Geldbuße zur Liquidation gezwungen gewesen, im vorliegenden Fall nicht – weder im Verwaltungsverfahren noch vor dem Gericht – bewiesen hat. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass eine Maßnahme eines Organs zum Konkurs oder zur Liquidation eines bestimmten Unternehmens führt, als solche unionsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Die Liquidation eines Unternehmens in seiner bestehenden Rechtsform kann zwar die finanziellen Interessen der Eigentümer, Aktionäre oder Anteilseigner beeinträchtigen, bedeutet aber nicht, dass auch die durch das Unternehmen repräsentierten personellen, materiellen und immateriellen Mittel ihren Wert verlieren (vgl. Urteil des Gerichts vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, Randnr. 372 und die dort angeführte Rechtsprechung). 225    Was das Argument hinsichtlich des zusätzlichen Abschreckungserfordernisses für Unternehmen mit sogenannter „Multiprodukt“-Erzeugung angeht, ist festzustellen, dass sich die angefochtene Entscheidung überhaupt nicht auf ein solches Erfordernis bezieht, so dass dieses Argument im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich ist. In Bezug auf das Vorbringen zu den Leitlinien von 2006 ist schließlich bereits festgestellt worden, dass diese auf den Sachverhalt des vorliegenden Rechtsstreits nicht anwendbar waren (vgl. oben, Randnr. 201). 226    Nach alledem ist der dritte Teil des zweiten Klagegrundes und somit der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. 3.     Zum dritten Klagegrund: Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße Erster Teil: Fehlerhafte Erhöhung der Geldbuße wegen der Dauer der Zuwiderhandlung Vorbringen der Parteien 227    Transcatab beanstandet erstens die Erhöhung des Ausgangsbetrags der Geldbuße um 60 % auf der Grundlage der Feststellung, dass die Verarbeitungsunternehmen über einen Zeitraum von sechs Jahren und vier Monaten an einer einzigen Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien. Die Kommission habe nämlich die Tatsache nicht berücksichtigt, dass es sich bei den zwischen 1999 und 2002 auf dem italienischen Markt für Rohtabak geschlossenen Vereinbarungen größtenteils um Branchenvereinbarungen zwischen Unitab und APTI gehandelt habe. Die Kommission hätte bei der Festsetzung der Geldbuße daher zwischen Verhaltensweisen zwischen 1995 und 1998 und solchen zwischen 1999 und 2002, für die ausschließlich APTI verantwortlich sei, unterscheiden müssen. Im Übrigen stelle die Kommission selbst fest, dass APTI für ihre Entscheidungen allein verantwortlich sei (253. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission hätte die Geldbuße für die betreffenden drei Jahre daher zumindest nicht erhöhen dürfen. 228    Aus den Erwägungsgründen 152 und 154 der angefochtenen Entscheidung und aus einigen zu den Akten gegebenen Unterlagen gehe insbesondere hervor, dass die Kontakte zwischen den Verarbeitungsunternehmen bereits seit 1998 im Zusammenhang mit Branchenvereinbarungen und zu deren Vorbereitung stattgefunden hätten. Derartige Zusammenkünfte zwischen den Verarbeitungsunternehmen hätten sich sodann in der gesamten Zeitspanne, während der APTI mit der Aushandlung der Branchenvereinbarungen mit Unitab betraut war, fortgesetzt. Transcatab bezieht sich dabei insbesondere auf die Erwägungsgründe 104, 143, 151 bis 153, 158 f. der angefochtenen Entscheidung. Was das Jahr 1999 angehe, nähmen lediglich die Erwägungsgründe 158 und 159 der angefochtenen Entscheidung nicht unmittelbar auf Branchenvereinbarungen Bezug. Sie beträfen sie jedoch mittelbar. Selbst nach 1999 hätten die Kontakte zwischen den Verarbeitungsunternehmen stets im Rahmen der Festlegung eines gemeinsamen Standpunkts innerhalb von APTI stattgefunden. Transcatab führt hierfür als Beispiel die Erwägungsgründe 199 und 212 der angefochtenen Entscheidung bzw. – im Rahmen der über Cogentab, der von APTI und Unitab gegründeten Vereinigung, verfolgten Ziele – die Erwägungsgründe 187 bis 189, 191 und 208 der angefochtenen Entscheidung an. Jedenfalls hätten sich die Kontakte zwischen den Verarbeitungsunternehmen außerhalb der Branchenvereinbarungen auf bestimmte Aspekte des Marktes beschränkt und sich in erster Linie in einfachen Informationsaustäuschen konkretisiert. 229    Zweitens habe Transcatab im Rahmen des zweiten Klagegrundes nachgewiesen, dass das Kartell keinerlei Auswirkungen auf den Markt gehabt und den Verbrauchern nicht geschadet habe. Nach den Leitlinien bestehe das konkrete Ziel des Aufschlags für Verstöße von langer Dauer jedoch darin, „die Wettbewerbsbeschränkungen, die sich auf die Verbraucher dauerhaft schädlich auswirken, wirksam zu ahnden“. Folglich habe die Kommission dadurch einen Fehler bei der Anwendung der von ihr selbst festgelegten Kriterien für die Berechnung der Geldbuße begangen, dass sie automatisch eine Erhöhung um jährlich 10 % vorgenommen habe, ohne der Situation im konkreten Fall Rechnung zu tragen. 230    Die Kommission beantragt, das Vorbringen von Transcatab zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht –       Zur Erhöhung der Geldbuße wegen der Dauer der Vereinbarung 231    Es ist darauf hinzuweisen, dass sich ein Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG nach der Rechtsprechung nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder auch aus einem fortlaufenden Verhalten ergeben kann (Urteil Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 90 angeführt, Randnr. 81). Fügen sich die verschiedenen Handlungen wegen ihres identischen Zwecks der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes in einen „Gesamtplan“ ein, so ist die Kommission berechtigt, die Verantwortung für diese Handlungen anhand der Beteiligung an der Zuwiderhandlung als Ganzes aufzuerlegen (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnr. 258). 232    Sind die festgestellten Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen wegen ihres übereinstimmenden Zwecks darüber hinaus Teil von Systemen regelmäßiger Zusammenkünfte zur Festsetzung von Preiszielen und Quoten, die wiederum Teil einer Reihe von Bemühungen der fraglichen Unternehmen sind, mit denen ein einziges wirtschaftliches Ziel, die Verfälschung der Entwicklung der Preise, verfolgt wird, wäre es gekünstelt, dieses durch ein einziges Ziel gekennzeichnete kontinuierliche Verhalten zu zerlegen und darin mehrere getrennte Zuwiderhandlungen zu sehen, während es sich im Gegenteil um eine einheitliche Zuwiderhandlung handelt, die sich nach und nach sowohl in Vereinbarungen als auch in abgestimmten Verhaltensweisen konkretisiert hat (vgl. in diesem Sinne Urteil BST/Kommission, oben in Randnr. 222 angeführt, Randnr. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung). 233    Im vorliegenden Fall hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten, ohne dass Transcatab dem entgegengetreten wäre, dass die Praktiken der Verarbeitungsunternehmen zu einem einzigen und fortgesetzten Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG geführt hätten, da sie sich in den Rahmen eines Gesamtplans eingefügt hätten, der auf einen übereinstimmenden wettbewerbswidrigen Zweck und auf ein einheitliches wirtschaftliches Ziel, nämlich das Ziel, die normale Preisentwicklung auf dem Markt für Rohtabak zu verfälschen und die Versorgung durch die Aufteilung der Preise zu kontrollieren, gerichtet gewesen sei und dadurch das Einkaufsverhalten auf dem Markt festgelegt habe. Insbesondere hat die Kommission – von Transcatab nicht bestritten – hervorgehoben, dass das Kartell während der gesamten Dauer seines Bestehens dieselben Ziele verfolgt habe und mit der Zeit dieselbe Struktur sowie dieselben Funktionsmechanismen aufgewiesen habe (vgl. Erwägungsgründe 264 bis 269 der angefochtenen Entscheidung). 234    Die Kommission hat darüber hinaus festgestellt, ohne dass Transcatab dem entgegengetreten wäre, dass sich die Verarbeitungsunternehmen nach 1999 – neben der Koordinierung außerhalb der Branchenvereinbarungen – zur Festlegung des Verhaltens von APTI abgestimmt hätten und dass diese Koordinierung während dieser Jahre ein bedeutendes Element der Kartellstrategie der Verarbeitungsunternehmen dargestellt habe (vgl. 244. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Die Vorbereitung der Zusammenkünfte von APTI verfolgte daher das gleiche wettbewerbswidrige Ziel wie der Abschluss der Vereinbarungen zwischen den Verarbeitungsunternehmen, nämlich die Verfälschung der normalen Preisentwicklung auf dem Markt für Rohtabak. 235    Auch wenn diese Erwägungen unbestritten geblieben sind, konnte die Kommission selbst für den Fall, dass, wie Transcatab vorträgt, die Zusammenkünfte der Verarbeitungsunternehmen nach 1999 nur vorbereitenden Charakter für die Zusammenkünfte von APTI gehabt haben, gleichwohl insofern zu Recht die Auffassung vertreten, dass sich die Beteiligung an diesen Zusammenkünften in den Rahmen einer einzigen fortgesetzten Zuwiderhandlung einfügte, als sie festgestellt hat, dass die Koordinierung zwischen den Verarbeitungsunternehmen zur Festlegung des Verhaltens von APTI Teil der Kartellstrategie war und sich in dasselbe einheitliche Ziel, das die Verarbeitungsunternehmen auch schon vor 1999 verfolgten, einfügte. 236    Folglich könnte sich dieser Umstand, selbst wenn man annimmt, dass, wie Transcatab vorträgt, die Verhaltensweisen der Verarbeitungsunternehmen nach 1999 ausschließlich die Zusammenkünfte von APTI vorbereitet haben, in keiner Weise auf die Dauer der Zuwiderhandlung auswirken, so dass die Kommission auch in diesem hypothetischen Fall gleichwohl die Auffassung hätte vertreten können, dass sich die von den Verarbeitungsunternehmen begangene Zuwiderhandlung über einen Zeitraum von rund sechs Jahren und vier Monaten erstreckte. Die Rüge, mit der Transcatab geltend macht, die Verhaltensweisen der Verarbeitungsunternehmen in der Zeit zwischen 1999 und 2002 hätten ausschließlich den Abschluss von Branchenvereinbarungen vorbereitet, kann sich daher nicht auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung auswirken, so dass sie als nicht entscheidungserheblich anzusehen ist. 237    Diese Feststellung kann nicht durch das Vorbringen in Frage gestellt werden, das auf die Annahme der Kommission gestützt wird, dass APTI und nicht deren Mitglieder als für ihre Verhaltensweisen verantwortlich zu betrachten war (vgl. 253. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Die durch die Verhaltensweisen von APTI verwirklichte Zuwiderhandlung war nämlich eine andere als die von den Verarbeitungsunternehmen begangene und verfolgte ein eigenes wettbewerbswidriges Ziel, auch wenn dieses teilweise mit dem von den Verarbeitungsunternehmen verfolgten wettbewerbswidrigen Ziel übereinstimmte (vgl. Erwägungsgründe 270 bis 273 der angefochtenen Entscheidung). Diese Feststellung hat Transcatab nicht bestritten. 238    Jedenfalls ist festzustellen, dass auch dieser Vorwurf sachlich unzutreffend ist. 239    Erstens räumt Transcatab in ihren Schriftsätzen selbst ausdrücklich ein, dass es während des betreffenden Zeitraums „über die Branchenvereinbarungen hinaus“ Kontakte zwischen den Verarbeitungsunternehmen gegeben habe, die „bestimmte Aspekte des Marktes“ betroffen hätten und in deren Rahmen sensible Informationen ausgetauscht worden seien. Transcatab trägt darüber hinaus vor, dass es sich bei den Vereinbarungen, die im besagten Zeitraum auf dem italienischen Markt für Rohtabak getroffen worden seien, „größtenteils“ um Branchenvereinbarungen zwischen Unitab und APTI gehandelt habe, was den Schluss zulässt, dass es während dieses Zeitraums neben den die Branchenvereinbarungen betreffenden Kontakten noch weitere Vereinbarungen zwischen den Verarbeitungsunternehmen gegeben hat. 240    Zweitens ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung und aus den Akten, dass die Kontakte zwischen den Verarbeitungsunternehmen während des genannten Zeitraums sehr wohl über einfache vorbereitende Treffen zur Festlegung eines gemeinsamen Vorgehens innerhalb von APTI bei der Aushandlung der Branchenvereinbarungen hinausgegangen sind. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Branchenvereinbarungen nach dem Gesetz Nr. 88 zur Regelung der Branchenvereinbarungen und der Verträge über den Anbau und den Verkauf von landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Legge n° 88 sulle norme sugli accordi interprofessionali e sui contratti di coltivazione e vendita dei prodotti agricoli) vom 16. März 1988 (GURI Nr. 69 vom 23. März 1988, im Folgenden: Gesetz Nr. 88/88) die Festsetzung der in die Anbauverträge aufzunehmenden Mindestpreise betrafen (vgl. Erwägungsgründe 68 und 253 der angefochtenen Entscheidung), während der Gegenstand der Vereinbarungen zwischen den Verarbeitungsunternehmen sehr viel weiter war, da sich das Kartell u. a. auf die Festsetzung der Höchst- bzw. Durschschnittslieferpreise sowie auf die von den jeweiligen Verarbeitungsunternehmen anzukaufenden Tabakmengen und die entsprechenden Versorgungsquellen erstreckte (363. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 241    Der angefochtenen Entscheidung und den Akten lassen sich mehrere Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass es bei den Kontakten zwischen den Verarbeitungsunternehmen auch nach 1999 um mehr ging als um die bloße Koordinierung der Position von APTI beim Abschluss von Branchenvereinbarungen. 242    So geht aus dem 186. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung beispielsweise hervor, dass die Verarbeitungsunternehmen der Kommission zufolge im Oktober 1999 eine geheime Vereinbarung getroffen haben, die der Vereinbarung der Villa Grazioli vom September 1998 in Inhalt und Form sehr ähnlich war (vgl. 142. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Diese der Klagebeantwortung als Anhang beigefügte Vereinbarung zielte in erster Linie auf die Festsetzung der Ankaufspreise für Rohtabak (Burley und Bright) bei „Drittpackern“, die Zuteilung von „Drittpackern“ mit festgelegten Mengen an jedes Verarbeitungsunternehmen und den Boykott von „Drittpackern“ ab, die Cogentab nicht beigetreten waren (vgl. 186. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 243    Überdies ergibt sich aus den Erwägungsgründen 202 bis 204 der angefochtenen Entscheidung, dass die Koordinierung zwischen den Verarbeitungsunternehmen im Jahr 2000 fortgesetzt worden ist. Transcatab legt jedoch in keiner Weise dar, dass diese Koordinierung lediglich die innerhalb von APTI einzunehmenden Positionen zum Gegenstand gehabt hätte. Aus dem 204. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geht vielmehr hervor, dass die Verarbeitungsunternehmen am 21. September 2000 mit dem Ziel zusammengekommen waren, zwischen ihnen einen Koordinierungsmechanismus auf der Ebene der Einkaufsdirektoren zu schaffen. 244    Aus dem 212. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geht ferner hervor, dass am 14. September 2001 eine Zusammenkunft der Präsidenten und Einkaufsdirektoren von Deltafina, Dimon und Transcatab stattgefunden hat, dessen vorgestellte Tagesordnung nicht nur die Branchenvereinbarung zwischen APTI und Unitab, sondern auch die wechselseitigen Beziehungen zwischen diesen Unternehmen, die Ankäufe bei „Drittpackern“, die Beziehungen zu Romana Tabacchi sowie die Zukunftsstrategien umfasste. 245    All diese Beispiele lassen erkennen, dass die Kontakte zwischen den Verarbeitungsunternehmen in der Zeit von 1999 bis 2002 nicht lediglich Branchenvereinbarungen zum Gegenstand gehabt haben, wie Transcatab behauptet, sondern dass das Kartell der Verarbeitungsunternehmen während dieses Zeitraums vielmehr neben den Branchenvereinbarungen weiterhin tätig gewesen ist. Im Übrigen hat Transcatab in keiner Weise dargetan, dass die Kommission durch die Nichtberücksichtigung der Tatsache, dass die Verhaltensweisen der Verarbeitungsunternehmen in der Zeit zwischen 1999 und 2002 ausschließlich der Vorbereitung des Abschlusses von Branchenvereinbarungen dienten, einen Fehler begangen hätte. 246    In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist der Schluss zu ziehen, dass die erste von Transcatab im Rahmen dieses Teils erhobene Rüge zurückzuweisen ist. –       Zum Nichtvorliegen eines Schadens für die Verbraucher 247    Das Argument, mit dem Transcatab geltend macht, die Kommission habe in Anbetracht des Nichtvorliegens eines aus der Zuwiderhandlung folgenden Schadens für die Verbraucher bei der Erhöhung um jährlich 10 % einen Fehler begangen, greift sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht nicht durch. 248    Erstens lässt sich weder aus Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 noch aus Nr. 1 Teil B Abs. 3 der Leitlinien, auf die sich Transcatab beruft, folgern, dass diese die Erhöhung für Verstöße von langer Dauer von dauerhaften schädlichen Auswirkungen auf die Verbraucher abhängig machten. Mit der Passage der Leitlinien, auf die sich Transcatab bezieht, soll die mit den Leitlinien angekündigte Geldbußenpolitik – insbesondere die Änderungen im Verhältnis zur früheren Praxis – allgemein erläutert werden. Transcatab kann ihr Vorbringen somit nicht auf diese Bestimmung der Leitlinien stützen. 249    Zweitens steht entgegen dem Vorbringen von Transcatab keinesfalls fest, dass das Kartell keinerlei Auswirkungen auf den Markt gehabt hätte, und daher erst recht nicht, dass es sich nicht schädlich auf die Verbraucher ausgewirkt hätte. Die Daten, auf die sich Transcatab im Rahmen des zweiten Klagegrundes beruft, sind nämlich, da sie von anderen Faktoren beeinflusst worden sein können, nicht geeignet, zu belegen, dass es solche Auswirkungen nicht gegeben hat (vgl. insbesondere oben, Randnr. 168). Im Übrigen zeigt die mehrjährige Dauer des Kartells, dass die Verarbeitungsunternehmen es nicht für sinn- oder wirkungslos hielten. Somit ist die Prämisse des Vorbringens von Transcatab fehlerhaft. 250    Nach alledem ist der erste Teil des dritten Klagegrundes insgesamt zurückzuweisen. Zweiter Teil: Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem und Begründungsmangel Vorbringen der Parteien 251    Transcatab macht einen Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem durch die Kommission geltend. Diese sei in der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass die Verantwortlichkeit für den Abschluss der Branchenvereinbarungen während des Zeitraums von 1999 bis 2001 ausschließlich APTI zuzurechnen sei. Gleichwohl habe die Kommission, indem sie nicht zwischen der Zeitspanne von 1995 bis 1998 und der von 1999 bis 2001 unterschieden habe, die Verantwortlichkeit für Verhaltensweisen im Rahmen der Branchenvereinbarungen, die sie bereits ausschließlich APTI zugerechnet habe, den Verarbeitungsunternehmen zugewiesen. 252    Im vorliegenden Fall sei der APTI zur Last gelegte Sachverhalt mit dem Transcatab für den Zeitraum von 1999 bis 2002 zur Last gelegten Sachverhalt identisch, da die Zusammenkünfte der Verarbeitungsunternehmen während dieses Zeitraums die Zusammenkünfte von APTI vorbereitet hätten. Darüber hinaus seien die Zuwiderhandelnden identisch, da feststehe, dass Berufsverbände das Sprachrohr ihrer Mitglieder seien. Daher habe die Kommission die Verarbeitungsunternehmen wegen derselben Zuwiderhandlung zweimal – zunächst als Mitglieder von APTI und sodann einzeln – mit einer Sanktion belegt. Daraus ergebe sich die Verhängung einer überhöhten Geldbuße gegen die Verarbeitungsunternehmen; ferner sei die Begründung der angefochtenen Entscheidung insoweit mangelhaft. 253    Die Kommission beantragt, das Vorbringen von Transcatab zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 254    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Grundsatz ne bis in idem, der auch in Art. 4 des Protokolls Nr. 7 zu der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankert ist, um einen tragenden Grundsatz des Unionsrechts handelt, dessen Wahrung der Richter zu sichern hat. Im Bereich des Wettbewerbsrechts verbietet es dieser Grundsatz, dass ein Unternehmen wegen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens, für das es in einer früheren, nicht mehr anfechtbaren Entscheidung der Kommission mit einer Sanktion belegt oder für nicht verantwortlich erklärt wurde, erneut verurteilt oder verfolgt wird (Urteile des Gerichts vom 9. Juli 2003, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, T‑224/00, Slg. 2003, II‑2597, Randnrn. 85 f., und Tokai Carbon u. a./Kommission, oben in Randnr. 224 angeführt, Randnrn. 130 f.). Die Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem hängt von der dreifachen Voraussetzung der Identität des Sachverhalts, des Zuwiderhandelnden und des geschützten Rechtsguts ab. Dieser Grundsatz verbietet es somit, dieselbe Person mehr als einmal wegen desselben rechtswidrigen Verhaltens zum Schutz desselben Rechtsguts mit einer Sanktion zu belegen (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnr. 338, und Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2006, FNCBV u. a./Kommission, T‑217/03 und T‑245/03, Slg. 2006, II‑4987, Randnr. 340). 255    Im vorliegenden Fall ist die erste Voraussetzung – die Identität des Sachverhalts – nicht erfüllt. Selbst wenn man nämlich annimmt, dass die verschiedenen den Verarbeitungsunternehmen zur Last gelegten wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, insbesondere die Koordinierung im Hinblick auf die Festlegung des Verhaltens von APTI (244. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), mit dem APTI zur Last gelegten Verhalten – der Festlegung der Verhandlungsposition in Bezug auf die Preise beim Abschluss der Branchenvereinbarungen mit Unitab (Erwägungsgründe 253 f. der angefochtenen Entscheidung) – teilweise übereingestimmt haben, ist festzustellen, dass es sich um zwei unterschiedliche Verhaltensweisen handelt. Die der Annahme einer Entscheidung vorausgehende Koordinierung unterscheidet sich nämlich von der Annahme der Entscheidung im eigentlichen Sinne. 256    Im Übrigen fügte sich die Koordinierung zwischen den Verarbeitungsunternehmen im Hinblick auf die Festlegung des Verhaltens von APTI, wie im Rahmen des ersten Teils dieses Klagegrundes festgestellt worden ist, in die weitere Kartellstrategie der Verarbeitungsunternehmen ein und stellte einen wichtigen Bestandteil dieser Strategie dar (vgl. 244. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Hierzu ist darüber hinaus festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung klar und präzise dargelegt hat, dass APTI und die Verarbeitungsunternehmen für verschiedene Zuwiderhandlungen mit einer Sanktion belegt worden sind (vgl. für APTI Erwägungsgründe 253, 254 und 270 bis 273 und für die Verarbeitungsunternehmen Erwägungsgründe 240 bis 252 sowie 264 bis 269 der angefochtenen Entscheidung). 257    Transcatab kann vorliegend daher nicht geltend machen, der den Verarbeitungsunternehmen zur Last gelegte Sachverhalt sei mit dem APTI zur Last gelegten Sachverhalt identisch gewesen. 258    Auch die zweite Voraussetzung – die Identität der Zuwiderhandelnden – ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Obwohl Transcatab Mitglied von APTI ist, handelt es sich nämlich um zwei unterschiedliche Einheiten, da APTI eine eigenständige juristische Person ist, einen eigenen Zweck hat und eigene Ziele verfolgt, die unabhängig von denen von Transcatab sind und sich von ihnen unterscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteil FNCBV u. a./Kommission, oben in Randnr. 254 angeführt, Randnr. 342). 259    Somit fehlt es hier sowohl an der Identität des Sachverhalts als auch an der Identität der Zuwiderhandelnden, da die angefochtene Entscheidung dieselben Einheiten oder Personen nicht mehrmals für dieselben Handlungen mit Sanktionen belegt. Folglich liegt kein Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem vor. 260    Zur Rüge eines Begründungsmangels ist festzustellen, dass die Kommission, da sich die den Verarbeitungsunternehmen und die APTI zur Last gelegten Verhaltensweisen voneinander unterschieden und von verschiedenen juristischen Personen umgesetzt wurden, nicht verpflichtet war, Gründe betreffend die Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem anzuführen. Überdies hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Verantwortlichkeit von APTI keineswegs mit der Verantwortlichkeit der Verarbeitungsunternehmen verwechselt. Insbesondere bringen nach der oben in Randnr. 174 angeführten Rechtsprechung die Erwägungen in Randnr. 256 die diesbezüglichen Überlegungen der Kommission so klar und eindeutig zum Ausdruck, dass Transcatab ihnen die Gründe für die gegen sie erlassene Maßnahme entnehmen und das Gericht seine Kontrolle ausüben kann. 261    Nach alledem ist dieser Teil insgesamt zurückzuweisen. Dritter Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung Vorbringen der Parteien 262    Transcatab macht hilfsweise geltend, die Verarbeitungsunternehmen seien bei den Vertragsverhandlungen mit den landwirtschaftlichen Erzeugerbetrieben davon überzeugt gewesen, im Rahmen der nationalen Rechtsvorschriften, insbesondere des Gesetzes Nr. 88/88 und der Branchenvereinbarungen, zu bleiben. Was die Branchenvereinbarungen angehe, habe die Kommission eingeräumt, dass der geltende Rechtsrahmen einen erheblichen Grad an Unsicherheit in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Praktiken von APTI habe erzeugen können. Aus diesem Grund habe sie gegen APTI eine symbolische Geldbuße von nur 1 000 Euro verhängt. Transcatab fragt sich, warum trotz der zahlreichen Beweise, die belegten, dass sich die im Streit stehenden Verhaltensweisen der Verarbeitungsunternehmen in den Jahren 1999 bis 2002 nahezu ausschließlich auf Vorverträge zur Festlegung eines gemeinsamen Standpunkts innerhalb von APTI bezögen, auf ihren Fall nicht die gleichen Erwägungen angewandt worden sind. Die unterschiedliche Bewertung des Verhaltens von APTI und desjenigen von Transcatab stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung dar. 263    Die Kommission beantragt, das Vorbringen von Transcatab zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 264    Wie aus der oben in Randnr. 202 angeführten Rechtsprechung hervorgeht, liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nur dann vor, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleichbehandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt. 265    Im vorliegenden Fall ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Verarbeitungsunternehmen und APTI, wie bereits im Rahmen des zweiten Teils dieses Klagegrundes festgestellt worden ist (vgl. oben, Randnr. 256), für unterschiedliche Zuwiderhandlungen mit einer Sanktion belegt worden sind (vgl. Erwägungsgründe 240 bis 252 bzw. 253 und 254 der angefochtenen Entscheidung). 266    Was insbesondere den Zeitraum ab 1999 angeht, ergibt sich jedoch aus der angefochtenen Entscheidung, dass die Verarbeitungsunternehmen für verschiedene wettbewerbswidrige Verhaltensweisen, die sich in dieselbe, bereits vor 1999 verfolgte Kartellstrategie einfügten, mit einer Sanktion belegt worden sind. So sind die Verarbeitungsunternehmen sowohl für die Koordinierung ihrer Preise außerhalb der Branchenvereinbarungen als auch für die parallele Koordinierungstätigkeit im Hinblick auf die Festlegung des Verhaltens von APTI mit einer Sanktion belegt worden (vgl. insbesondere 244. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 267    Dagegen ist APTI lediglich für Verhaltensweisen im Zusammenhang mit dem Abschluss der Branchenvereinbarungen zur Verantwortung gezogen worden. Die Kommission war der Ansicht, APTI habe für die einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung der Verarbeitungsunternehmen nicht verantwortlich gemacht werden können, da sich den Akten der Kommission kein Anhaltspunkt dafür entnehmen ließ, dass diese Vereinigung dem von den Verarbeitungsunternehmen umgesetzten Gesamtplan zur Koordinierung ihres gesamten Einkaufsverhaltens zugestimmt hätte oder dass sie diesen kannte (vgl. Erwägungsgründe 270 f. der angefochtenen Entscheidung). 268    Zweitens geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Tragweite des Kartells der Verarbeitungsunternehmen auch nach 1999 über den Anwendungsbereich des Gesetzes Nr. 88/88 hinausging (vgl. auch oben, Randnrn. 240 bis 245). Transcatab kann demnach nicht geltend machen, dass der Rechtsrahmen es zugelassen hätte, auf die Verarbeitungsunternehmen eine symbolische Geldbuße wie die gegen APTI verhängte anzuwenden (vgl. hierzu die unten in den Randnrn. 298 bis 311 dargelegten Erwägungen). 269    Somit ist als Ergebnis festzuhalten, dass die Situation der Verarbeitungsunternehmen, insbesondere die von Transcatab, hinsichtlich der in der Zeit von 1999 bis 2002 begangenen Zuwiderhandlungen nicht mit der Situation von APTI vergleichbar ist. Folglich kann Transcatab keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung geltend machen. 270    Nach alledem ist der dritte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. 4.     Zum vierten Klagegrund: Verschiedene mildernde Umstände Erster Teil: Mildernder Umstand der Nichtumsetzung des Kartells Vorbringen der Parteien 271    Transcatab wirft der Kommission zunächst vor, ihr den in Nr. 3 zweiter Gedankenstrich der Leitlinien genannten mildernden Umstand der tatsächlichen Nichtanwendung der Vereinbarungen oder der eine Zuwiderhandlung darstellenden Praktiken nicht zugebilligt zu haben. Sie trägt vor, bereits im Rahmen des ersten Teils des zweiten Klagegrundes nachgewiesen zu haben, dass die Verarbeitungsunternehmen ihre Vereinbarungen größtenteils nicht umgesetzt hätten. Diese Feststellung ergebe sich daraus, dass sich diese Vereinbarungen auf dem Markt nicht ausgewirkt hätten. 272    Die Kommission beantragt, das Vorbringen von Transcatab zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 273    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung der in Nr. 3 zweiter Gedankenstrich der Leitlinien genannte mildernde Umstand der tatsächlichen Nichtanwendung der Vereinbarungen oder der eine Zuwiderhandlung darstellenden Praktiken auf dem eigenen Verhalten jedes Unternehmens beruht. Demgemäß ist bei der Beurteilung dieses mildernden Umstands nicht auf die sich aus der Zuwiderhandlung insgesamt ergebenden Wirkungen abzustellen, denen bei der Beurteilung der konkreten Auswirkungen eines Verstoßes auf den Markt zur Beurteilung der Schwere des Verstoßes Rechnung zu tragen ist (Nr. 1 Teil A Abs. 1 der Leitlinien), sondern auf das Einzelverhalten jedes Unternehmens, um die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen Unternehmens festzustellen (Urteile Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 148 angeführt, Randnr. 384, sowie Gütermann und Zwicky/Kommission, oben in Randnr. 146 angeführt, Randnr. 178). 274    Folglich kann Transcatab einen Fehler der Kommission bei der Anwendung des in Rede stehenden mildernden Umstands nicht darauf stützen, dass sich die Zuwiderhandlung nicht konkret auf die Preise ausgewirkt habe. 275    Zweitens ist jedenfalls auch darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Zuwiderhandelnden, um Nr. 3 zweiter Gedankenstrich der Leitlinien in Anspruch nehmen zu können, nachweisen müssen, dass sie sich wettbewerbskonform verhielten oder dass sie sich zumindest den Verpflichtungen zur Umsetzung des Kartells so eindeutig und nachdrücklich widersetzten, dass dadurch sogar dessen Funktionieren selbst gestört wurde, und dass sie der Vereinbarung auch nicht scheinbar zustimmten und dadurch andere Unternehmen zur Umsetzung des fraglichen Kartells veranlassten (Urteile des Gerichts vom 8. Juli 2004, Dalmine/Kommission, T‑50/00, Slg. 2004, II‑2395, Randnr. 292, und – in diesem Sinne – vom 15. März 2006, Daiichi Pharmaceutical/Kommission, T‑26/02, Slg. 2006, II‑713, Randnr. 113). 276    Transcatab trägt vorliegend aber nicht vor, sich der Umsetzung des in Rede stehenden Kartells so eindeutig und nachdrücklich widersetzt zu haben, dass dessen Funktionieren selbst gestört wurde. Folglich kann sie nicht geltend machen, die Kommission habe dadurch einen Fehler begangen, dass sie ihr den fraglichen mildernden Umstand nicht zugebilligt habe. 277    Schließlich ist noch festzustellen, dass die Kommission im 383. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung einerseits festgestellt hat, dass das Kartell umgesetzt worden sei, und andererseits, dass Transcatab mit ihrem Vorbringen, die Vereinbarungen seien „größtenteils“ nicht umgesetzt worden, selbst einräume, dass die in Rede stehenden Kartelle – zumindest teilweise – umgesetzt worden seien (vgl. oben, Randnr. 239). 278    Nach alledem ist dieser Teil zurückzuweisen. Zweiter Teil: Mildernder Umstand der Einstellung der streitigen Tätigkeiten vor dem Eingreifen der Kommission Vorbringen der Parteien 279    Transcatab wirft der Kommission vor, ihr den in Nr. 3 dritter Gedankenstrich der Leitlinien genannten mildernden Umstand der Abstellung der Zuwiderhandlungen nach dem ersten Eingreifen der Kommission nicht zugebilligt zu haben. 280    Erstens verknüpften die Leitlinien die Anwendung dieses mildernden Umstands in keiner Weise mit der Schwere der Zuwiderhandlung, so dass er auch in Fällen schwerer und besonders schwerer Zuwiderhandlungen angewandt worden sei. Zweitens habe Transcatab nach dem ersten Eingreifen der Kommission keinerlei Verhaltensweise an den Tag gelegt, die einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln darstellen könne. Drittens habe die Kommission die Besonderheiten des Rohtabaksektors außer Acht gelassen. Viertens gehe die Nichtanwendung dieses mildernden Umstands auf eine Änderung der Rechtsprechung zur Verhängung von Geldbußen zurück, die das Gericht in seinem Urteil vom 15. Juni 2005, Tokai Carbon u. a./Kommission (T‑71/03, T‑74/03, T‑87/03 und T‑91/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), vorgenommen habe. Diese Rechtsprechungsänderung, die nach Verfahrensbeginn erfolgt sei, verletze das berechtigte Vertrauen von Transcatab, die damit gerechnet habe, durch die Beendigung ihres unrechtmäßigen Verhaltens nach dem ersten Eingreifen der Kommission eine Geldbußenermäßigung zu erhalten. 281    Die Kommission beantragt, das Vorbringen von Transcatab zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 282    Nach Nr. 3 dritter Gedankenstrich der Leitlinien kann der von der Kommission festgesetzte Grundbetrag der Geldbuße verringert werden, wenn das beschuldigte Unternehmen den Verstoß nach dem ersten Eingreifen der Kommission beendet. 283    Gleichwohl kann eine Herabsetzung der Geldbuße wegen der Beendigung einer Zuwiderhandlung nach dem ersten Eingreifen der Kommission der Rechtsprechung zufolge nicht automatisch eintreten, sondern hängt von einer Bewertung der Umstände des Einzelfalls durch die Kommission im Rahmen ihres Ermessens ab (vgl. Urteil Carbone-Lorraine/Kommission, oben in Randnr. 147 angeführt, Randnr. 228 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Umstände des Einzelfalls können die Kommission somit veranlassen, einem Unternehmen, das Partei einer rechtswidrigen Vereinbarung ist, eine solche Verringerung des Grundbetrags der Geldbuße nicht zu gewähren (Urteil vom 19. März 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, oben in Randnr. 162 angeführt, Randnr. 148). 284    So könnte die Zubilligung eines mildernden Umstands in Situationen, in denen ein Unternehmen Partei einer offensichtlich rechtswidrigen Vereinbarung ist, von der es weiß oder wissen muss, dass sie den Tatbestand einer Zuwiderhandlung erfüllt, nach Auffassung des Gerichtshofs einen Anreiz für Unternehmen bieten, eine geheime Vereinbarung so lange wie möglich in der Hoffnung fortzusetzen, dass ihr Verhalten nie aufgedeckt wird, aber in dem Bewusstsein, dass, sollte es doch aufgedeckt werden, die Geldbuße gegen sie bei anschließendem Abbruch der Zuwiderhandlung herabgesetzt werden könnte. Dies würde der verhängten Geldbuße jede Abschreckungswirkung nehmen und die praktische Wirksamkeit von Art. 81 Abs. 1 EG beeinträchtigen (Urteil vom 19. März 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, oben in Randnr. 162 angeführt, Randnr. 149). Darüber hinaus hat das Gericht bereits entschieden, dass die Beendigung einer vorsätzlich begangenen Zuwiderhandlung nicht als mildernder Umstand gewertet werden kann, wenn sie auf das Eingreifen der Kommission zurückzuführen ist (Urteile des Gerichts vom 11. März 1999, Ensidesa/Kommission, T‑157/94, Slg. 1999, II‑707, Randnr. 498, und Wieland-Werke u. a./Kommission, oben in Randnr. 180 angeführt, Randnr. 229). 285    Im vorliegenden Fall hatte die in Rede stehende Zuwiderhandlung ein geheimes Kartell u. a. zum Zweck der Festsetzung von Preisen und der Zuteilung von Lieferanten und Ankaufmengen zum Gegenstand. Wie oben in Randnr. 137 festgestellt worden ist, wird ein derartiges Kartell durch Art. 81 Abs. 1 Buchst. a und b EG ausdrücklich untersagt und stellt eine Zuwiderhandlung dar, die von der Rechtsprechung als „besonders schwerwiegend“ eingestuft wird, da sie unmittelbare Auswirkungen auf die wesentlichen Wettbewerbsparameter auf dem betreffenden Markt hat. Vorliegend haben die Verarbeitungsunternehmen, wie oben in Randnr. 170 festgestellt worden ist, die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, für die sie mit einer Sanktion belegt worden sind, überdies wissentlich umgesetzt und sich mehrmals auf Maßnahmen zur Sicherstellung der tatsächlichen Umsetzung des Kartells verständigt. 286    Unter diesen Umständen kann Transcatab im Licht der oben in den Randnrn. 283 und 284 angeführten Rechtsprechung nicht geltend machen, die Kommission habe dadurch einen Fehler begangen, dass sie den geltend gemachten mildernden Umstand nicht auf sie angewandt hat. 287    Diese Schlussfolgerung kann durch die von Transcatab vorgebrachten besonderen Argumente nicht in Frage gestellt werden. 288    Im Licht der oben angeführten Rechtsprechung bedeutet der Umstand, dass Transcatab nach dem ersten Eingreifen der Kommission keinerlei rechtswidriges Verhalten an den Tag gelegt hat, nämlich nicht, dass diese verpflichtet wäre, den fraglichen mildernden Umstand anzuwenden. Darüber hinaus stellen die Besonderheiten des Sektors wie das Fehlen von Präzedenzfällen, auf das sich Transcatab beruft, und die Regulierung dieses Sektors, auch wenn sie bei der Würdigung anderer mildernder Umstände eine Rolle spielen mögen (vgl. insbesondere den dritten und den fünften Teil dieses Klagegrundes), gleichwohl keine relevanten Gesichtspunkte für die Anwendung des in Rede stehenden mildernden Umstands dar. 289    In Bezug auf den angeblichen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes ist schließlich daran zu erinnern, dass, worauf oben in Randnr. 208 hingewiesen worden ist, das Recht, sich auf diesen Grundsatz zu berufen, nach der Rechtsprechung von der Erfüllung dreier Voraussetzungen abhängt. Erstens muss die Verwaltung dem Betroffenen präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen von zuständiger und zuverlässiger Seite machen. Zweitens müssen diese Zusicherungen geeignet sein, begründete Erwartungen beim Adressaten zu wecken. Drittens müssen die gegebenen Zusicherungen den geltenden Vorschriften entsprechen (vgl. die oben in Randnr. 208 angeführte Rechtsprechung). 290    Hierzu genügt die Feststellung, dass die erste Voraussetzung im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist, da Transcatab eine präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherung von Seiten der Kommission, sie werde bei Beendigung ihres unrechtmäßigen Verhaltens nach deren erstem Eingreifen eine Geldbußenermäßigung erhalten, nicht geltend machen kann. 291    Darüber hinaus kann allein aus der Tatsache, dass die Kommission in ihrer früheren Entscheidungspraxis bestimmte Gesichtspunkte bei der Festlegung der Höhe der Geldbuße als mildernde Umstände angesehen hat, nicht abgeleitet werden, dass sie verpflichtet wäre, dies in einer späteren Entscheidung ebenfalls zu tun (Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, Mayr-Melnhof/Kommission, T‑347/94, Slg. 1998, II‑1751, Randnr. 368, und LR AF 1998/Kommission, oben in Randnr. 180 angeführt, Randnr. 337). Transcatab kann daher nicht geltend machen, dass dieser mildernde Umstand in anderen Fällen von Zuwiderhandlungen angewandt worden sei. Im Übrigen stellt das oben in Randnr. 280 angeführte Urteil vom 15. Juni 2005, Tokai Carbon u. a./Kommission, auf das der 382. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung verweist, keineswegs eine Rechtsprechungsänderung dar, da das Gericht, wie die Kommission zu Recht bemerkt, vor Erlass dieses Urteils bereits entschieden hatte, dass die Beendigung einer vorsätzlich begangenen Zuwiderhandlung nicht als mildernder Umstand gewertet werden kann, wenn sie auf das Eingreifen der Kommission zurückzuführen ist (Urteile des Gerichts vom 11. März 1999, Aristrain/Kommission, T‑156/94, Slg. 1999, II‑645, Randnr. 138, und Ensidesa/Kommission, oben in Randnr. 284 angeführt, Randnr. 498). Folglich kommt Transcatab insoweit kein Vertrauensschutz zu. 292    Nach alledem ist der zweite Teil des vierten Klagegrundes somit zurückzuweisen. Dritter Teil: Mildernder Umstand des Bestehens berechtigter Zweifel an der Rechtswidrigkeit des streitigen Verhaltens 293    Im Rahmen dieses Teils erhebt Transcatab im Wesentlichen zwei Rügen. Einerseits macht sie geltend, die Kommission habe dadurch einen Fehler begangen, dass sie den mildernden Umstand des Bestehens berechtigter Zweifel an der Rechtswidrigkeit des streitigen Verhaltens nicht angewandt hat. Andererseits macht sie einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung im Verhältnis zur Sache Rohtabak – Spanien geltend. Zum Bestehen berechtigter Zweifel an der Rechtswidrigkeit des streitigen Verhaltens –       Vorbringen der Parteien 294    Transcatab trägt vor, das Bestehen eines verworrenen europäischen und nationalen Rechtsrahmens habe berechtigte Zweifel an der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Rohtabakverarbeitungsunternehmen und von APTI in Italien aufkommen lassen. Daher hätte die Kommission den in Nr. 3 vierter Gedankenstrich der Leitlinien genannten mildernden Umstand anwenden und die gegen die einzelnen Verarbeitungsunternehmen verhängten Geldbußen zumindest herabsetzen müssen. Die Kommission habe die Zurückweisung des Antrags von Transcatab auf Zurechnung dieses mildernden Umstands nicht begründet. 295    Transcatab macht insbesondere geltend, die Verordnung Nr. 26 des Rates vom 4. April 1962 zur Anwendung bestimmter Wettbewerbsregeln auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen Erzeugnissen (ABl. P 30, S. 993) sehe unter bestimmten Voraussetzungen eine Befreiung für Vereinbarungen vor, die zur Verwirklichung der in Art. 33 EG genannten Ziele notwendig seien. Die Vereinbarungen zwischen den Verarbeitungsunternehmen seien als zur Erreichung dieser Ziele notwendig angesehen worden. Diese Vereinbarungen seien nämlich notwendig gewesen, um die rationelle Entwicklung der landwirtschaftlichen Erzeugung zu gewährleisten und den italienischen Markt zu stabilisieren und am Leben zu erhalten. Sie hätten auf eine Beschränkung der Einkünfte der Zwischenhändler und nicht auf eine Verringerung, sondern im Gegenteil auf eine Steigerung der Einkünfte der landwirtschaftlichen Erzeugerbetriebe abgezielt. Transcatab trägt vor, den Nachweis geführt zu haben, dass mit den Vereinbarungen zwischen den Verarbeitungsunternehmen in Anbetracht des besonderen tatsächlichen Zusammenhangs des vorliegenden Falls die Ziele des Art. 33 EG erreicht werden sollten. Diese Erwägungen und die übrigen Maßnahmen der Union im Tabaksektor hätten bei den Verarbeitungsunternehmen berechtigte Zweifel hinsichtlich der Vereinbarkeit der streitigen Verhaltensweisen mit den Wettbewerbsregeln aufkommen lassen. 296    Nach Auffassung von Transcatab war die nationale Regelung, insbesondere das Gesetz Nr. 88/88, darüber hinaus geeignet, einen erheblichen Grad an Unsicherheit in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der streitigen Verhaltensweisen zu erzeugen. Die Kommission hätte den Verarbeitungsunternehmen – ebenso wie APTI und Unitab, gegen die sie eine symbolische Sanktion von 1 000 Euro verhängt habe – diesen Umstand in der angefochtenen Entscheidung zubilligen müssen. 297    Die Kommission beantragt, das Vorbringen von Transcatab zurückzuweisen. –       Würdigung durch das Gericht 298    Zunächst ist festzustellen, dass die vorliegende Rechtssache die Beteiligung an einem von seinen Mitgliedern über mehrere Jahre hinweg geheim gehaltenen und insbesondere die Festsetzung von Preisen betreffenden horizontalen Kartell zum Gegenstand hat. Somit liegt ein offenkundiger und besonders schwerer Verstoß gegen Art. 81 EG vor. Darüber hinaus handelt es sich bei dem in Rede stehenden Unternehmen um einen der größten italienischen Rohtabakverarbeiter, der einer der weltweit größten unabhängigen Tabakblatthandelsgruppen angehört. Es geht also um ein Unternehmen, das über materielle und intellektuelle Ressourcen verfügte, die es ihm ermöglichten, die Merkmale seines gesetzlichen Umfelds und die möglicherweise insoweit entstehenden Folgen seines Verhaltens, insbesondere aus wettbewerbsrechtlicher Sicht, zu beurteilen. Unter diesen Umständen kann vernünftigerweise nicht davon ausgegangen werden, dass Transcatab Zweifel an der Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens hätte haben können (vgl. in diesem Sinne Urteile Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 148 angeführt, Randnr. 406, und Carbone-Lorraine/Kommission, oben in Randnr. 147 angeführt, Randnr. 229). 299    Was erstens die Verordnung Nr. 26, auf die sich Transcatab beruft, angeht, ist festzustellen, dass Vereinbarungen, Beschlüsse und Verhaltensweisen, die sich auf die Produktion der in Anhang I des EG-Vertrags aufgeführten Erzeugnisse, darunter u. a. Rohtabak, und den Handel mit diesen Erzeugnissen beziehen und wesentlicher Bestandteil einer einzelstaatlichen Marktordnung oder zur Verwirklichung der Ziele des Art. 33 EG notwendig sind, nach dieser Verordnung, insbesondere deren Art. 2, von der Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EG ausgenommen sind. 300    Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass Art. 2 der Verordnung Nr. 26 als Befreiung von der Regel der allgemeinen Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EG eng auszulegen ist. Außerdem findet Art. 2 Abs. 1 Satz 1 dieser Verordnung, der die geltend gemachte Ausnahmeregelung enthält, nach ständiger Rechtsprechung nur Anwendung, wenn die betreffende Vereinbarung zur Verwirklichung aller Ziele des Art. 33 EG beiträgt. Schließlich muss die fragliche Vereinbarung, wie sich schon aus dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 26 ergibt, zur Verwirklichung dieser Ziele „notwendig“ sein (vgl. Urteil FNCBV u. a./Kommission, oben in Randnr. 254 angeführt, Randnr. 199 und die dort angeführte Rechtsprechung). 301    Hierzu ist erstens festzustellen, dass die Kommission die Anwendung der in Art. 2 der Verordnung Nr. 26 vorgesehenen Befreiungen von Art. 81 Abs. 1 EG in den Erwägungsgründen 303 bis 313 der angefochtenen Entscheidung vorliegend ausdrücklich ausgeschlossen hat. Transcatab wendet sich weder gegen diese Würdigung noch gegen die Schlussfolgerung, zu der die Kommission gelangt, sondern beschränkt sich darauf, geltend zu machen, dass die in Rede stehende Regelung bei ihr berechtigte Zweifel hervorgerufen habe, der die Kommission hätte Rechnung tragen müssen. 302    Zweitens ist festzustellen, dass die Verordnung Nr. 26 in ihrem Art. 2 Abs. 2 und 3 ein besonderes Verfahren vorsieht, das es der Kommission ermöglicht, festzustellen, auf welche Vereinbarungen die in Abs. 2 dieses Artikels vorgesehenen Befreiungen angewandt werden können. Dieses Verfahren sieht u. a. die Anhörung der Mitgliedstaaten und der beteiligten Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen durch die Kommission vor. 303    Den Akten lässt sich jedoch kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass der Kommission die Vereinbarungen zwischen den Verarbeitungsunternehmen notifiziert worden wären, um eine Befreiung im Rahmen dieses besonderen Verfahrens zu erhalten. Im Übrigen trägt Transcatab nicht vor, der Kommission diese Vereinbarungen mitgeteilt zu haben. Dagegen geht aus bestimmten Notizen, die die Vertreter von Dimon Italia auf der APTI-Zusammenkunft vom 4. April 2002 (vgl. oben Randnr. 4) gemacht haben, ausdrücklich hervor, dass die genannten Vereinbarungen der Kommission nicht notifiziert worden sind, was von Transcatab nicht bestritten wird. Da weder eine Notifizierung erfolgt noch das förmliche Verfahren eingehalten worden ist, kann Transcatab nicht geltend machen, die Verarbeitungsunternehmen hätten Zweifel gehabt, ob ihre Vereinbarungen in den Anwendungsbereich der in der Verordnung Nr. 26 vorgesehenen Ausnahmeregelung fallen. Darüber hinaus ist es in einem System wie dem in der Verordnung Nr. 26 vorgesehenen ausgeschlossen, dass private Wirtschaftsteilnehmer ihre eigene Beurteilung bezüglich der am besten geeigneten Mittel zur Erreichung der Ziele des Art. 33 EG an die Stelle derjenigen der Kommission setzen und damit rechtswidrige Initiativen ergreifen können, die damit gerechtfertigt werden, dass sie diese Ziele verfolgen. 304    Drittens ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung, dass das Kartell von Anfang an einen eindeutig wettbewerbswidrigen Zweck verfolgte (vgl. beispielsweise 111. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Den Umständen des vorliegenden Falls lässt sich nicht entnehmen – und im Übrigen führt Transcatab diesen Nachweis auch nicht –, dass die Verarbeitungsunternehmen die Absicht hatten, die Ziele des Art. 33 EG mittels rechtswidriger Vereinbarungen zu verfolgen. 305    In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof entschieden, dass die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf den Märkten für landwirtschaftliche Erzeugnisse zu den Zielen der gemeinsamen Agrarpolitik und der in Frage stehenden gemeinsamen Marktorganisation zählt (vgl. 311. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und Urteil des Gerichtshofs vom 9. September 2003, Milk Marque und National Farmers’ Union, C‑137/00, Slg. 2003, I‑7975, Randnr. 57). Transcatab kann daher nicht geltend machen, dass offenkundig wettbewerbswidrige Vereinbarungen – hier das Kartell der Verarbeitungsunternehmen – die Ziele des Art. 33 Abs. 1 EG verfolgten. 306    Nach alledem ist als Ergebnis festzuhalten, dass Transcatab vernünftigerweise nicht geltend machen kann, die Verordnung Nr. 26 habe bei ihr berechtigte Zweifel an der Rechtswidrigkeit des in Rede stehenden Kartells hervorgerufen. 307    Zur nationalen Regelung ist zweitens zu bemerken, dass die Kommission im 323. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, dass das Kartell der Verarbeitungsunternehmen aus dem Anwendungsbereich der Bestimmungen des Gesetzes Nr. 88/88 falle, da es im Wesentlichen auf die Festsetzung der maximalen bzw. durchschnittlichen Lieferpreise sowie auf die Zuteilung der Mengen und der Lieferanten abziele, während das genannte Gesetz zum Ziel habe, den Landwirten Mindestpreise zu garantieren. 308    Daher konnten die Verarbeitungsunternehmen, soweit die Tätigkeiten des Kartells nicht von der nationalen Regelung erfasst wurden, nicht unter Berufung auf diese nationale Regelung an der Rechtswidrigkeit ihrer Verhaltensweisen zweifeln. 309    Unter diesen Umständen und im Licht der oben in Randnr. 298 dargelegten Erwägungen ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission durch die Nichtgewährung einer Geldbußenermäßigung wegen des betreffenden mildernden Umstands keinen Fehler begangen hat. 310    Zu der in der Erwiderung erhobenen Rüge des angeblichen Begründungsmangels im Hinblick auf die Zurückweisung des fraglichen mildernden Umstands ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach ständiger Rechtsprechung zwar gemäß Art. 253 EG verpflichtet ist, in den Gründen ihrer Entscheidungen die sachlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung abhängt, sowie die Erwägungen anzugeben, die sie zu ihrem Erlass veranlasst haben, diese Bestimmung sie jedoch nicht zwingt, auf alle sachlichen und rechtlichen Fragen einzugehen, die während des Verwaltungsverfahrens behandelt wurden (Urteil Nederlandsche Banden-Industrie-Michelin/Kommission, oben in Randnr. 173 angeführt, Randnrn. 14 f., und Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Fiskeby Board/Kommission, T‑319/94, Slg. 1998, II‑1331, Randnr. 127). 311    Daher ist unerheblich, dass die Kommission in dem Teil der angefochtenen Entscheidung, der den mildernden Umständen gewidmet ist, nicht die Gründe erläutert hat, aus denen sie zu der Auffassung gelangt war, bestimmte Gesichtspunkte, auf die sich Transcatab in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte in diesem Zusammenhang berufen hatte, nicht berücksichtigen zu müssen. Im Übrigen ist festzustellen, dass die Kommission die Auswirkungen sowohl der Verordnung Nr. 26 als auch der nationalen Regelung in den Erwägungsgründen 303 bis 324 der angefochtenen Entscheidung gewürdigt hat. Zur unterschiedlichen Behandlung im Verhältnis zur Sache Rohtabak – Spanien –       Vorbringen der Parteien 312    Transcatab trägt vor, die Nichtanwendung des betreffenden mildernden Umstands in einem derart verworrenen rechtlichen Kontext wie dem vorliegenden habe zu einer stark unterschiedlichen Behandlung italienischer und spanischer Verarbeitungsunternehmen geführt. Die Begründung der angefochtenen Entscheidung sei insoweit offensichtlich unlogisch, da sie bestimmte Erwägungen, die in der dem vorliegenden Fall weitgehend entsprechenden Sache Rohtabak – Spanien angestellt worden seien, nicht berücksichtigt habe. Insbesondere habe die Kommission im spanischen Fall die Auffassung vertreten, dass der rechtliche Kontext und das Verhalten der Regierung geeignet seien, eine solche Unsicherheit zu erzeugen, dass sie eine Ermäßigung der Geldbuße um 40 % nicht nur für die Berufsverbände, sondern auch für die einzelnen Verarbeitungsunternehmen rechtfertigten. 313    Dagegen sei die Kommission im vorliegenden Fall in einer praktisch identischen Konstellation zu dem Schluss gelangt, dass das Kartell der Verarbeitungsunternehmen in vollem Umfang unter Art. 81 EG falle, da es im Wesentlichen auf die Festsetzung der maximalen bzw. durchschnittlichen Lieferpreise abziele, während das Gesetz Nr. 88/88 Mindestpreise festlege. In der Sache Rohtabak – Spanien habe das Gesetz jedoch ebenfalls ausschließlich die Festsetzung von Mindestpreisen vorgesehen. 314    Die Kommission beantragt, das Vorbringen von Transcatab zurückzuweisen. –       Würdigung durch das Gericht 315    Mit der vorliegenden Rüge macht Transcatab einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung geltend, der darin bestehen soll, dass die Kommission in einem der vorliegenden Rechtssache ähnlichen Fall, insbesondere in der Sache Rohtabak – Spanien, den fraglichen mildernden Umstand auf die Verarbeitungsunternehmen angewandt hat. 316    Hierzu ist oben in den Randnrn. 202 und 264 bereits darauf hingewiesen worden, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nach ständiger Rechtsprechung nur dann vorliegt, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleichbehandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt. 317    Vorliegend lässt ein Vergleich der beiden in Rede stehenden Entscheidungen hinsichtlich der Auswirkungen des nationalen Rechtsrahmens auf die beanstandeten Verhaltensweisen erkennen, dass sich beide Sachverhalte erheblich voneinander unterschieden. Insbesondere aus den Erwägungsgründen 52 ff., 349 ff., 426 bis 429, 437 f. der Entscheidung in der Sache Rohtabak – Spanien geht hervor, dass die spanischen Behörden bei den Verhandlungen über die Vereinbarungen zwischen Erzeugern und Verarbeitern eine bedeutende Rolle gespielt hatten. Hierbei handelte es sich um als „öffentlich“ eingestufte Verhandlungen. In Spanien existierte sogar eine „ministerielle Praxis [für die] Genehmigung und Förderung kollektiver Verhandlungen zwischen den Parteien über die Einkaufs- und Verkaufsbedingungen für Tabak, einschließlich der Preise“ (60. Erwägungsgrund der Entscheidung in der Sache Rohtabak – Spanien). Die Kommission schloss daraus, dass „die öffentlichen Verhandlungen zwischen Erzeugervertretern und [Verarbeitern] zumindest bis zu einem gewissen Grad den materiellen Rahmen insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit zu Verhandlungen untereinander sowie zur Annahme einer gemeinsamen Position [bestimmten]. In diesem Rahmen konnten die [Verarbeiter] abgesehen von ihrer gemeinsamen Position bei den öffentlichen Verhandlungen ihre geheime Strategie für durchschnittliche (maximale) Lieferpreise und Mengen verfolgen“ (438. Erwägungsgrund der Entscheidung in der Sache Rohtabak – Spanien). Vor allem aus diesem Grund hat die Kommission eine Ermäßigung des Grundbetrags der gegen die spanischen Verarbeiter verhängten Geldbußen um 40 % gewährt. 318    Es ist jedoch festzustellen, dass die Behörden bei den Verhandlungen zwischen Verarbeitern und Erzeugern im vorliegenden Fall eine solche Rolle nicht gespielt haben. 319    Transcatab kann somit nicht geltend machen, die Kommission habe durch die Nichtanwendung des fraglichen mildernden Umstands gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen. 320    Zum Vorbringen einer unlogischen Begründung ist schließlich festzustellen, dass sich Transcatab auf einen sehr allgemeinen Verweis auf die Entscheidung in der Sache Rohtabak – Spanien beschränkt, ohne klarzustellen, welche Erwägungen in der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt worden sein und die Begründung dieser Entscheidung unlogisch gemacht haben sollen. 321    Somit ist der dritte Teil des vierten Klagegrundes insgesamt zurückzuweisen. Vierter Teil: Mildernder Umstand der aktiven Mitwirkung von Transcatab während des Verfahrens Vorbringen der Parteien 322    Transcatab macht erstens geltend, die Kommission hätte den in Nr. 3 sechster Gedankenstrich der Leitlinien genannten mildernden Umstand der aktiven Mitwirkung des Unternehmens an dem Verfahren außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitteilung über Zusammenarbeit auf sie anwenden müssen. Ihre Zusammenarbeit mit der Kommission sei während des gesamten Verfahrens umfassend gewesen und über die Zusammarbeit hinausgegangen, die im Rahmen der Mitteilung über Zusammenarbeit verlangt werde. Sie bezieht sich ausdrücklich auf spontane Erklärungen ihres Generaldirektors und ihres Einkaufsdirektors zur Funktionsweise des Kartells sowie auf die positive Bewertung ihrer Zusammenarbeit durch die mit der Nachprüfung befassten Beamten der Kommission. Darüber hinaus habe die Kommission bereits in verschiedenen Präzedenzfällen die ursprünglich in Betracht gezogene Geldbuße angesichts des kooperativen Verhaltens des Unternehmens herabgesetzt. 323    Transcatab macht zweitens geltend, die Kommission habe dadurch gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, dass sie den genannten mildernden Umstand nicht auf sie, wohl aber auf Deltafina angewandt habe. Die Kommission habe Deltafina für ihre Zusammenarbeit eine Ermäßigung von 50 % zugebilligt, da deren Geldbuße nicht im Sinne der Mitteilung über Zusammenarbeit herabgesetzt worden sei. Aus der angefochtenen Entscheidung gehe jedoch hervor, dass Deltafina ihren sich aus der Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit ergebenden Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei. Somit sei gegen ein Unternehmen, das seine Mitwirkungspflicht nicht erfüllt habe, eine wesentlich niedrigere Geldbuße festgesetzt worden als gegen Transcatab, die hingegen dauerhaft und in erheblicherem Ausmaß als unbedingt erforderlich mitgewirkt habe. Ein solches Verhalten mache die Anreizwirkung der Mitteilung über Zusammenarbeit zunichte. 324    Die Tatsache, dass Deltafina ihre Pflicht zur Zusammenarbeit wissentlich verletzt habe, mache deren Lage, so Transcatab, nicht außergewöhnlich. Es gebe daher zwei Möglichkeiten: Entweder könnten das System der Mitteilung über Zusammenarbeit und der mildernde Umstand der Mitwirkung nebeneinander bestehen, so dass die Kommission die Geldbuße für Deltafina zu Recht herabgesetzt hätte, Transcatab, die mindestens ebenso viel wie Deltafina kooperiert habe, nach billigem Ermessen aber die gleiche Behandlung hätte zukommen lassen müssen, oder die beiden Systeme könnten nicht nebeneinander bestehen, so dass die Anwendung des mildernden Umstands auf Deltafina im vorliegenden Fall ausgeschlossen sei, da sie das erste Unternehmen gewesen sei, das sich auf die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit berufen habe. 325    Hilfsweise beantragt Transcatab die Gewährung einer zusätzlichen Ermäßigung ihrer Geldbuße, die mindestens so hoch wie die Deltafina gewährte ausfallen und sich nach ihrer gesamten Mitwirkung außerhalb des Systems der Mitteilung über Zusammenarbeit bemessen müsse. 326    Die Kommission beantragt, das Vorbringen von Transcatab zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 327    Zur ersten Rüge von Transcatab ist darauf hinzuweisen, dass der Grundbetrag einer Geldbuße nach Nr. 3 sechster Gedankenstrich der Leitlinien aufgrund der aktiven Mitwirkung des Unternehmens an dem Verfahren außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitteilung über Zusammenarbeit herabgesetzt werden kann. 328    Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass dieser spezifische mildernde Umstand nur für Zuwiderhandlungen gilt, die nicht in den Anwendungsbereich der Mitteilung über Zusammenarbeit fallen (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnr. 380). 329    Hierzu ist festzustellen, dass die Anwendung von Nr. 3 sechster Gedankenstrich der Leitlinien nicht dazu führen darf, dass der Mitteilung über Zusammenarbeit ihre praktische Wirksamkeit genommen wird. Es ist nämlich festzustellen, dass die Mitteilung über Zusammenarbeit den Regelungsrahmen für die Gegenleistungen festsetzt, die Unternehmen, die an Kartellen, die die Union betreffen, beteiligt sind oder waren, für ihre Zusammenarbeit bei der Untersuchung der Kommission zugestanden werden. Aus der Fassung und dem Aufbau dieser Regelung ergibt sich mithin, dass die Unternehmen grundsätzlich eine Geldbußenermäßigung für ihre Zusammenarbeit nur erhalten können, wenn sie die engen Voraussetzungen dieser Regelung erfüllen. 330    Um die praktische Wirksamkeit der Mitteilung über Zusammenarbeit aufrechtzuerhalten, kann die Kommission einem Unternehmen nur in außergewöhnlichen Fällen eine Geldbußenermäßigung auf der Grundlage von Nr. 3 sechster Gedankenstrich der Leitlinien zubilligen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Zusammenarbeit eines Unternehmens, selbst wenn sie über dessen gesetzliche Pflicht zur Zusammenarbeit hinausgeht, ohne ihm jedoch Anrecht auf eine Geldbußenermäßigung nach der Mitteilung über Zusammenarbeit zu geben, der Kommission objektiv nutzt. 331    Im vorliegenden Fall geht aus den Erwägungsgründen 493 bis 498 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission die von Transcatab vorgelegten Beweise, ihr Verhalten und die Dauer der Zusammenarbeit während des gesamten Verfahrens im Rahmen der Mitteilung über Zusammenarbeit beurteilt hat. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission bei der Beurteilung der Qualität und Nützlichkeit des Kooperationsbeitrags eines Unternehmens über ein weites Ermessen verfügt (Urteil des Gerichtshofs vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, C‑328/05 P, Slg. 2007, I‑3921, Randnr. 88). 332    Da Transcatab nach Mindo das zweite Unternehmen war, das die Voraussetzungen der Mitteilung über Zusammenarbeit für eine Ermäßigung der Geldbuße erfüllte, hat die Kommission ihr auf der Grundlage der Beurteilung des Kooperationsbeitrags nach Maßgabe dieser Mitteilung eine Ermäßigung ihrer Geldbuße um 30 %, also eine Ermäßigung an der Obergrenze der in der Mitteilung über Zusammenarbeit vorgegebenen Bandbreite für das zweite Unternehmen, das die Voraussetzungen für die Ermäßigung erfüllt, zugebilligt. 333    Somit ist festzustellen, dass die Kommission den Kooperationsbeitrag von Transcatab im Rahmen der Mitteilung über Zusammenarbeit berücksichtigt hat. Im vorliegenden Fall handelt es sich im Übrigen unstreitig um ein Kartell und damit um eine Zuwiderhandlung, die sehr wohl in den Anwendungsbereich der Mitteilung fällt (vgl. in diesem Sinne Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 88 angeführt, Randnr. 381). 334    Überdies hat Transcatab das Vorliegen von Ausnahmesituationen, die es rechtfertigten, ihre Zusammenarbeit außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitteilung über Zusammenarbeit zu berücksichtigen und damit den in Nr. 3 sechster Gedankenstrich der Leitlinien genannten mildernden Umstand anzuwenden, vorliegend nicht dargetan. Die mildernden Umstände, auf die sich Transcatab beruft, wie die spontanen Erklärungen oder die positive Beurteilung ihrer Zusammenarbeit, stellen nämlich keine Gesichtspunkte dar, die die Anwendung dieses mildernden Umstands im vorliegenden Fall rechtfertigen könnten. 335    Auch die zweite Rüge, mit der Transcatab angesichts der Anwendung des genannten mildernden Umstands auf Deltafina einen angeblichen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung geltend macht, greift nicht durch. 336    Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung nach ständiger Rechtsprechung nur verletzt ist, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleichbehandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt (vgl. oben, Randnrn. 202, 264 und 316). 337    Allerdings ist festzustellen, dass die Lage von Deltafina im vorliegenden Fall nicht mit der von Transcatab vergleichbar ist. Deltafina ist nämlich das erste Unternehmen gewesen, das Kontakt zur Kommission aufgenommen und einen Geldbußenerlass nach der Mitteilung über Zusammenarbeit beantragt hat, während Transcatab das dritte Unternehmen gewesen ist, das bei der Kommission einen Antrag nach derselben Mitteilung gestellt hat. So stellte die Kommission, nachdem sie Deltafina einen bedingten Erlass der Geldbuße nach dieser Mitteilung zugebilligt hatte, fest, dass diese gegen ihre Pflicht zur Zusammenarbeit, der sie als Antragstellerin eines Geldbußenerlasses unterlag, verstoßen hatte, und entschied am Ende des Verfahrens, ihr keinen endgültigen Erlass zu gewähren. Deltafina könne, so die Kommission, keinerlei Geldbußenermäßigung nach der Mitteilung über Zusammenarbeit erhalten, da diese für sie nicht mehr gelte. Die Kommission kam daher zu dem Ergebnis, dass die Lage von Deltafina außergewöhnliche Merkmale aufweise, die es rechtfertigten, ihr aufgrund des betreffenden mildernden Umstands eine Ermäßigung zuzubilligen. 338    Aus diesen Erwägungen folgt, dass sich die Lage von Deltafina und die von Transcatab in Bezug auf die Würdigung ihrer Zusammenarbeit erheblich voneinander unterschieden, so dass Letztere daraus, dass die Kommission den mildernden Umstand der aktiven Mitwirkung während des Verwaltungsverfahrens nicht auf sie angewandt hat, keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung herleiten kann. 339    Somit ist der vierte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Fünfter Teil: Mildernder Umstand des Fehlens eines Präzedenzfalls auf dem Markt für Rohtabak bei Beginn der Nachprüfungen der Kommission Vorbringen der Parteien 340    Transcatab macht geltend, die Kommission hätte die Tatsache, dass es zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens im vorliegenden Fall keinen Präzedenzfall für den Rohtabakmarkt gegeben habe, als mildernden Umstand berücksichtigen müssen. Die Kommission habe die Berücksichtigung dieses mildernden Umstands ohne irgendeinen Hinweis in der angefochtenen Entscheidung abgelehnt und damit ihre Begründungspflicht verletzt. Zur Stützung ihres Vorbringens führt Transcatab mehrere Präzedenzfälle an. 341    Die Kommission beantragt, das Vorbringen von Transcatab zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 342    Die Leitlinien sehen einen mildernden Umstand des Fehlens von Präzedenzfällen auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt nicht ausdrücklich vor. In Nr. 3 letzter Gedankenstrich der Leitlinien heißt es jedoch, dass die Kommission bei der Gewährung einer Verringerung des Grundbetrags der Geldbuße andere Umstände als die in den vorstehenden Gedankenstrichen aufgeführten berücksichtigen kann. 343    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission hinsichtlich der Berücksichtigung von mildernden Umständen über ein Ermessen verfügt (Urteil Mannesmannröhren-Werke/Kommission, oben in Randnr. 143 angeführt, Randnr. 307). Darüber hinaus hat das Gericht entschieden, dass die Kommission keine milderen Geldbußen verhängen muss, wenn sie erstmals in einen besonderen Sektor eingreift (Urteil des Gerichts vom 20. November 2005, SNCZ/Kommission, T‑52/02, Slg. 2005, II‑5005, Randnr. 84). 344    Es ist festzustellen, dass Transcatab nicht dartut, warum die Kommission dadurch einen Fehler begangen haben soll, dass sie nicht berücksichtigt hat, dass das Fehlen eines Präzedenzfalls im Tabaksektor sie veranlassen musste, die Geldbuße für Transcatab herabzusetzen. Transcatab beschränkt sich ausschließlich auf einen Verweis auf eine ganze Reihe von Fällen, in denen die Kommission die Tatsache als mildernden Umstand berücksichtigt habe, dass Art. 81 EG in dem von der Geldbuße betroffenen Sektor bislang noch nicht angewandt worden war. 345    Hierzu ist jedoch darauf hinzuweisen, dass allein aus der Tatsache, dass die Kommission in ihrer früheren Entscheidungspraxis bestimmte Gesichtspunkte bei der Festlegung der Höhe der Geldbuße als mildernde Umstände angesehen hat, nicht abgeleitet werden kann, dass sie verpflichtet wäre, dies in einer späteren Entscheidung ebenfalls zu tun (Urteile Mayr-Melnhof/Kommission, oben in Randnr. 291 angeführt, Randnr. 368, und LR AF 1998/Kommission, oben in Randnr. 180 angeführt, Randnr. 337). 346    Zur Rüge eines Begründungsmangels ist oben in den Randnrn. 310 f. bereits darauf hingewiesen worden, dass Art. 253 EG die Kommission nicht zwingt, auf alle sachlichen und rechtlichen Fragen einzugehen, die während des Verwaltungsverfahrens behandelt wurden, und dass es unerheblich ist, dass die Kommission in dem Teil der angefochtenen Entscheidung, der den mildernden Umständen gewidmet ist, nicht die Gründe erläutert hat, aus denen sie zu der Auffassung gelangt war, bestimmte Gesichtspunkte, auf die sich Transcatab in diesem Zusammenhang berufen hat, nicht berücksichtigen zu müssen. 347    In Anbetracht dieser Erwägungen ist auch der fünfte Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Sechster Teil: Sozioökonomische Merkmale des italienischen Rohtabaksektors und Krise dieses Sektors Vorbringen der Parteien 348    Transcatab trägt vor, die Kommission hätte die Geldbuße gemäß Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien unter Berücksichtigung des Krisenzusammenhangs des italienischen Marktes und des Drucks, dem die Verarbeitungsunternehmen von Seiten der Zwischenhändler – auch aufgrund rechtswidriger Tätigkeiten – ausgesetzt gewesen seien, herabsetzen müssen. Ein derart besonderer wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhang habe es erforderlich gemacht, Maßnahmen zur Sicherung der Existenz der Verarbeitungsunternehmen zu ergreifen. Mehrere Dokumente belegten den enormen Druck, unter dem die Verarbeitungsunternehmen gestanden hätten, und die „schrecklichen Einschüchterungen und Bedrohungen“, denen sie ausgesetzt gewesen seien. Darüber hinaus habe das Verhalten der Verarbeitungsunternehmen dem Erfordernis entsprochen, die Macht der Zwischenhändler einzudämmen. Die Verarbeitungsunternehmen hätten dieser Situation nur aufgrund von Kartellen mit tatsächlicher Abschreckungswirkung standhalten können. Die Kommission hätte dieser Situation durch die Gewährung einer Geldbußenermäßigung Rechnung tragen müssen. 349    Darüber hinaus habe Transcatab, wie im Übrigen andere in Italien tätige Verarbeitungsunternehmen auch, im Bezugszeitraum konstante und erhebliche Verluste erlitten und sei in die Liquidation gedrängt worden. Diese Feststellungen zeigten, dass die Kartelle lediglich Mittel zur Bekämpfung der Krise in der Branche darstellen und deren Überleben sichern sollten. 350    Transcatab macht geltend, in der Entscheidung 2003/600/EG der Kommission vom 2. April 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/C.38.279/F3 – Viandes bovines françaises) (ABl. L 209, S. 12, Erwägungsgründe 180 bis 185) habe diese die Auffassung vertreten, die Krise der Branche rechtfertige eine Geldbußenermäßigung um 60 %. Den Besonderheiten des in Rede stehenden Marktes sei im Übrigen in der Rechtsprechung und in weiteren Präzedenzfällen Rechnung getragen worden. Darüber hinaus sei Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien, so Transcatab, nicht nur in Ausnahmefällen anzuwenden. Der Ausdruck „kann es […] angezeigt sein, […] zu berücksichtigen“ belege nämlich, dass der Kommission hinsichtlich der Berücksichtigung der dort aufgeführten Gesichtspunkte kein Wertungsspielraum zustehe. 351    Die Kommission beantragt, das Vorbringen von Transcatab zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 352    Aus der ständigen Rechtsprechung ergibt sich, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, die schlechte Finanzlage der betroffenen Branche als mildernden Umstand zu berücksichtigen (vgl. Urteil vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, oben in Randnr. 224 angeführt, Randnr. 345 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteile des Gerichts vom 29. November 2005, Heubach/Kommission, T‑64/02, Slg. 2005, II‑5137, Randnr. 139, und Wieland-Werke u. a./Kommission, oben in Randnr. 180 angeführt, Randnr. 227). Es ist nämlich festgestellt worden, dass Kartelle im Allgemeinen gerade dann entstehen, wenn eine Branche in Schwierigkeiten ist. Daher müsste, falls der Argumentation von Transcatab zu folgen wäre, die Geldbuße in nahezu sämtlichen Kartellfällen herabgesetzt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, oben in Randnr. 141 angeführt, Randnr. 510, vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 188 angeführt, Randnr. 207, und Wieland-Werke u. a./Kommission, oben in Randnr. 180 angeführt, Randnr. 227). 353    Es trifft zwar zu, dass strukturelle Krisen in der Entscheidungspraxis der Kommission bisweilen als mildernde Umstände angesehen worden sind. Nach der in der vorstehenden Randnummer angeführten Rechtsprechung muss die Kommission jedoch nicht deshalb, weil sie in früheren Rechtssachen die wirtschaftliche Situation der Branche als mildernden Umstand berücksichtigt hat, diese Praxis unbedingt fortsetzen (Urteile vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 188 angeführt, Randnr. 208, und Wieland-Werke u. a./Kommission, oben in Randnr. 180 angeführt, Randnr. 227). 354    Transcatab kann daher nicht geltend machen, die Kommission sei aufgrund der Krisensituation des italienischen Marktes für Rohtabak verpflichtet gewesen, die Geldbuße herabzusetzen. 355    Nach der oben in den Randnrn. 352 f. sowie in den Randnrn. 162 und 346 angeführten Rechtsprechung ist überdies davon auszugehen, dass die Bezugnahme auf die Entscheidung 2003/600 unerheblich ist. Jedenfalls hat die Kommission erläutert, dass sich der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt erheblich vom vorliegenden Fall unterschied, da das zur Last gelegte Verhalten im Fall des französischen Rindfleischs einer unvorhergesehenen Krise begegnete, die auf einen vollkommen unabhängig von der wirtschaftlichen Lage der Branche einsetzenden dramatischen Einbruch der Nachfrage zurückzuführen war, während die Schwierigkeiten der Branche im vorliegenden Fall seit langer Zeit bestanden und größtenteils struktureller Art waren. 356    Was das Argument angeht, das Verhalten der Verarbeitungsunternehmen habe dem Erfordernis entsprochen, die Macht der Zwischenhändler einzudämmen, hat die Kommission in den Erwägungsgründen 289 f. der angefochtenen Entscheidung die Gründe für die Zurückweisung dieses Arguments erläutert. Insbesondere hat sie im 289. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt, dass es nicht Sache der Unternehmen ist, wettbewerbswidrige Maßnahmen zu ergreifen, um Praktiken auszugleichen, die sie – zu Recht oder fälschlicherweise – für rechtswidrig halten. 357    Darüber hinaus ist festzustellen, dass Transcatab die „schrecklichen Einschüchterungen und Bedrohungen“, denen sie ausgesetzt gewesen sein soll, nicht bewiesen hat. Wie die Kommission nämlich feststellt, handelt es sich bei dem Dokument Nr. 2573 der Akte, auf das sich Transcatab berufen hat, lediglich um ein Protokoll, das die Vertreter von Dimon Italia über eine Zusammenkunft angefertigt haben, die 1997 u. a. zwischen Deltafina, Transcatab und APTI stattfand und den außerhalb der Quote erzeugten Tabak sowie die Notwendigkeit des Erlasses geeigneter Maßnahmen zur Sicherstellung des Absatzes dieses Tabaks durch die Behörden betraf. Dieses Dokument verweist lediglich darauf, dass es aufgrund der Schwierigkeiten ihrer Branche zu Protesten von Seiten der Landwirte kommen könnte. Aus dem genannten Dokument geht jedoch nicht hervor, dass sich diese möglichen Proteste, von denen es keinerlei Beweis gibt, dass sie tatsächlich stattgefunden haben, zwangsläufig gegen die Verarbeitungsunternehmen gerichtet hätten. Die bloße Möglichkeit des Vorhandenseins von Protesten ist jedoch nicht geeignet, krisenbedingte außergewöhnliche Umstände darzustellen, die wettbewerbswidrige Verhaltensweisen rechtfertigen würden. Darüber hinaus enthält der Bericht der parlamentarischen Enquête-Kommission, auf den sich Transcatab beruft, keinen besonderen Hinweis auf rechtswidrige Tätigkeiten auf dem Tabakmarkt und ist in diesem Zusammenhang somit nicht relevant. 358    Schließlich ist das Vorbringen zur Finanzlage von Transcatab im Rahmen des dritten Teils des zweiten Klagegrundes gewürdigt und zurückgewiesen worden. 359    Somit ist auch der sechste Teil des vierten Klagegrundes und damit dieser Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. 5.     Zum fünften Klagegrund: Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit Vorbringen der Parteien 360    Transcatab macht erstens geltend, die Kommission, die der Auffassung gewesen sei, dass die Mitteilung über Zusammenarbeit für Deltafina nicht gelte, hätte sie als erstes Unternehmen behandeln müssen, dem gegenüber die Geldbuße niedriger festgesetzt werde. 361    Zweitens hätte sie nach Nr. 23 letzter Absatz der Mitteilung über Zusammenarbeit für ihre Verhaltensweisen in der Zeit zwischen 1999 und 2002 nicht mit einer Sanktion belegt werden dürfen. Sie sei nämlich das erste Unternehmen gewesen, das die Kommission über das Bestehen von Vereinbarungen während dieses Zeitraums informiert habe. Ihr Beitrag sei außerordentlich detailliert, entscheidend und vollständig gewesen. Bevor Transcatab ihre Informationen vorgelegt habe, habe die Kommission lediglich über wenige Informationen verfügt, die ihr von Deltafina und von Dimon vorgelegt worden seien. Transcatab führt verschiedene Beispiele für Informationen für jedes Jahr während des Zeitraums von 1999 bis 2002 an. 362    So habe Transcatab für diesen Zeitraum „Beweismittel für einen Sachverhalt [vorgelegt], von denen die Kommission zuvor keine Kenntnis hatte“, und diese Faktoren hätten im Sinne von Nr. 23 letzter Absatz der Mitteilung über Zusammenarbeit „die Schwere oder Dauer des […] Kartells unmittelbar beeinflusst“. Dieser Absatz solle es der Kommission ermöglichen, den Ermäßigungsprozentsatz auszugleichen, den ein Unternehmen nicht zu erhalten riskiere, wenn es sich aufgrund der Abfassung einer vollständigen Erklärung später als seine Wettbewerber melde. 363    Die Kommission beantragt, das Vorbringen von Transcatab zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht Zur Eigenschaft des ersten Unternehmens, dem gegenüber die Geldbuße niedriger festgesetzt wird 364    Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Klagen sind unverzichtbare Prozessvoraussetzungen, deren Vorliegen der Unionsrichter gegebenenfalls von Amts wegen prüfen muss (vgl. Urteil Honeywell/Kommission, oben in Randnr. 132 angeführt, Randnr. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofs vom 29. November 2007, Stadtwerke Schwäbisch Hall u. a./Kommission, C‑176/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 18). 365    In den Randnrn. 131 f. ist darauf hingewiesen worden, dass nach Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts die Klageschrift „den Streitgegenstand“ und „eine kurze Darstellung der Klagegründe“ enthalten muss. Außerdem können nach Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung „neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind“. Aus diesen Bestimmungen folgt, dass Klagegründe, die in der Klageschrift nicht hinreichend substantiiert angeführt worden sind, als unzulässig anzusehen sind. Überdies muss die kurze Darstellung der Klagegründe so klar und deutlich sein, dass der Beklagte seine Verteidigung vorbereiten und das Gericht, gegebenenfalls ohne Einholung weiterer Informationen, über die Klage entscheiden kann (Urteile des Gerichts vom 24. Februar 2000, ADT Projekt/Kommission, T‑145/98, Slg. 2000, II‑387, Randnr. 66, und vom 16. März 2004, Danske Busvognmænd/Kommission, T‑157/01, Slg. 2004, II‑917, Randnr. 45). Entsprechende Anforderungen sind an eine zur Stützung eines Klagegrundes vorgebrachte Rüge zu stellen (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Mo och Domsjö/Kommission, T‑352/94, Slg. 1998, II‑1989, Randnr. 333). 366    Im Übrigen ist es nach gefestigter Rechtsprechung, um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen die Klage beruht, zumindest in gedrängter Form, jedenfalls aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst hervorgehen (vgl. Urteil Honeywell/Kommission, oben in Randnr. 132 angeführt, Randnr. 56). Zwar kann der Text der Klageschrift zu bestimmten Punkten durch Bezugnahmen auf in der Anlage beigefügte Aktenauszüge untermauert und ergänzt werden, doch kann eine pauschale Bezugnahme auf andere Schriftstücke, auch wenn sie der Klageschrift als Anlage beigefügt sind, nicht das Fehlen der wesentlichen Bestandteile der rechtlichen Ausführungen ausgleichen, die gemäß den genannten Vorschriften in der Klageschrift enthalten sein müssen (Beschluss des Gerichts vom 21. Mai 1999, Asia Motor France u. a./Kommission, T‑154/98, Slg. 1999, II‑1703, Randnr. 49). Außerdem ist es nicht Sache des Gerichts, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen, denn die Anlagen haben eine bloße Beweis‑ und Hilfsfunktion (vgl. Urteil des Gerichts vom 7. Mai 2009, NVV u. a./Kommission, T‑151/05, Slg. 2009, II‑1219, Randnr. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). 367    Die vorliegende Rüge, der Transcatab in ihrer Klageschrift nur einen einzigen Satz widmet, ist hier in sehr gedrängter Form dargestellt worden. 368    Transcatab hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass die Ausführungen zur Rüge lakonisch waren, und deren Tragweite klargestellt. Im Wesentlichen macht sie geltend, dass, sollte das Gericht feststellen, dass die Mitteilung über Zusammenarbeit auf Deltafina nicht anwendbar und damit Mindo als das erste Unternehmen anzusehen ist, das anstelle von Deltafina in den Genuss eines Erlasses der Geldbuße kommt, sie – gewissermaßen aufgrund eines „Domino-Effekts“ – als das erste Unternehmen anzusehen gewesen wäre, dem gegenüber die Geldbuße gemäß Nr. 23 Abs. 1 Buchst. b der Mitteilung über Zusammenarbeit niedriger festzusetzen sei. Daher müsse die Ermäßigung der Geldbuße, die die Kommission Transcatab gewährt habe, höher ausfallen. 369    Hierzu ist festzustellen, dass das Vorbringen von Transcatab nur durchgreift, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens muss Mindo gegen die angefochtene Entscheidung Klage vor dem Gericht erhoben haben, zweitens muss sie einen Klagegrund vorgebracht haben, mit dem sie geltend macht, sie müsse in Anbetracht der Nichtanwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit auf Deltafina betrachtet werden, als sei ihr anstelle von Letzterer eine Geldbuße erlassen worden, und drittens muss das Gericht diesem Klagegrund im Verfahren gegen Mindo stattgeben. 370    So stützt Transcatab ihre Rüge auf einen impliziten Verweis auf einen Klagegrund, der in einer anderen Rechtssache möglicherweise geltend gemacht worden ist, und nimmt nicht einmal ausdrücklich auf ihn Bezug. Außerdem kann eine solche Rüge nur durchgreifen, wenn dem Klagegrund, den Mindo in der anderen Rechtssache möglicherweise geltend gemacht hat, vom Gericht stattgegeben worden ist. 371    Würde man jedoch Klagegründe, die nicht hinreichend in der Klageschrift dargestellt worden sind, aber auf Klagegründe Bezug nehmen, die von einem Dritten in einer anderen Rechtssache möglicherweise geltend gemacht worden sind und auf die in der Klageschrift implizit verwiesen wird, als zulässig ansehen, so würde dies eine Umgehung der zwingenden Anforderungen des Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung, auf die oben in Randnr. 365 hingewiesen worden ist, ermöglichen (vgl. in diesem Sinne Urteil Honeywell/Kommission, oben in Randnr. 132 angeführt, Randnr. 64). 372    Jedenfalls geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass das Gericht einen Antrag, der in einer bei ihm eingereichten Klageschrift enthalten ist, als unzulässig zurückweisen muss, wenn sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die er gestützt ist, nicht zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben, wobei das Fehlen solcher Angaben in der Klageschrift nicht durch deren Vortrag in der mündlichen Verhandlung geheilt werden kann (Urteil des Gerichtshofs vom 18. Juli 2006, Rossi/HABM, C‑214/05 P, Slg. 2006, I‑7057, Randnr. 37). 373    Nach alledem ist die betreffende Rüge als unzulässig anzusehen. Zu Nr. 23 letzter Absatz der Mitteilung über Zusammenarbeit 374    Was das Argument von Transcatab betrifft, sie hätte als erstes Unternehmen, das die Kommission über das Bestehen von Vereinbarungen in der Zeit von 1999 bis 2002 informiert habe, für ihre Verhaltensweisen während dieses Zeitraums gemäß Nr. 23 letzter Absatz der Mitteilung über Zusammenarbeit nicht mit einer Sanktion belegt werden dürfen, ist auf den Wortlaut dieser Vorschrift hinzuweisen: „Falls ein Unternehmen Beweismittel für einen Sachverhalt vorlegt, von denen die Kommission zuvor keine Kenntnis hatte und die die Schwere oder Dauer des mutmaßlichen Kartells unmittelbar beeinflussen, lässt die Kommission diese Faktoren bei der Festsetzung der Geldbuße gegen das Unternehmen, das diese Beweismittel geliefert hat, unberücksichtigt.“ 375    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der Beurteilung der Zusammenarbeit der an einer Vereinbarung Beteiligten nur ein offensichtlicher Beurteilungsfehler der Kommission beanstandet werden kann, da diese bei der Beurteilung der Qualität und der Nützlichkeit des Kooperationsbeitrags eines Unternehmens über einen weiten Wertungsspielraum verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, oben in Randnr. 331 angeführt, Randnr. 88). 376    Daher ist erstens zu klären, welche Tragweite Nr. 23 letzter Absatz der Mitteilung über Zusammenarbeit zukommt, und zweitens zu prüfen, ob die Kommission bei der Anwendung dieser Vorschrift dadurch einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, dass sie Transcatab für ihre Verhaltensweisen in der Zeit von 1999 bis 2002 mit einer Sanktion belegt hat. 377    Zunächst ist die von Transcatab vorgeschlagene Auslegung zurückzuweisen, wonach Nr. 23 letzter Absatz der Mitteilung über Zusammenarbeit es der Kommission ermöglichen soll, den Ermäßigungsprozentsatz auszugleichen, den ein Unternehmen nicht zu erhalten riskiert, wenn es sich aufgrund der Abfassung einer vollständigen Erklärung später als seine Wettbewerber meldet (vgl. oben, Randnr. 362). Eine solche Auslegung widerspricht dem Grundgedanken der Mitteilung über Zusammenarbeit, da sie das Hauptziel des durch diese Mitteilung eingeführten Systems, nämlich die Teilnehmer des Kartells zu ermutigen, das Kartell zu „verraten“ und mit der Kommission zusammenzuarbeiten, gefährden würde. 378    Aus den Erwägungsgründen der Mitteilung über Zusammenarbeit geht nämlich hervor, dass diese auf dem Grundgedanken beruht, die Unternehmen, die sich an rechtswidrigen Absprachen beteiligen, dazu zu ermutigen, im Rahmen der Kartellbekämpfung mit der Kommission zusammenzuarbeiten, weil derartige Absprachen Verhaltensweisen darstellen, die zu den schwerwiegendsten Wettbewerbsbeschränkungen gehören. In diesem Zusammenhang fasst die Kommission, um diese Zusammenarbeit zu fördern, eine Regelung ins Auge, wonach kooperierende Unternehmen, die Gefahr laufen, mit einer Geldbuße belegt zu werden, einen Erlass oder eine Ermäßigung der Geldbuße erhalten können. 379    Diesem Grundgedanken entspricht es, dass die Mitteilung über Zusammenarbeit dadurch ein Klima der Unsicherheit innerhalb der Kartelle schaffen soll, dass sie zu deren Anzeige bei der Kommission ermutigt. Die Unsicherheit ergibt sich dabei gerade aus der Tatsache, dass die Kartellteilnehmer wissen, dass nur einer von ihnen einen Geldbußenerlass erhalten kann, indem er die anderen Teilnehmer an der Zuwiderhandlung anzeigt und sie somit der Gefahr der Verhängung von Geldbußen aussetzt. Im Rahmen dieses Systems und der gleichen Logik folgend sollen die Geldbußen für Unternehmen, die ihre Mitarbeit als erste anbieten, im Verhältnis zu den Geldbußen, die ansonsten gegen sie verhängt worden wären, deutlicher herabgesetzt werden als die gegen weniger schnell kooperierende Unternehmen verhängten. 380    Die Reihenfolge und die Schnelligkeit, mit der die Teilnehmer des Kartells ihre Zusammenarbeit anbieten, stellen somit Grundelemente des durch die Mitteilung über Zusammenarbeit eingeführten Systems dar. 381    Allerdings hat die Auslegung des Zwecks einer Bestimmung der Mitteilung über Zusammenarbeit im Einklang mit der dieser Mitteilung eigenen Logik zu erfolgen. Aus diesem Blickwinkel ist Nr. 23 letzter Absatz der genannten Mitteilung dahin auszulegen, dass er darauf abzielt, ein Unternehmen, auch wenn es den Antrag auf Geldbußenerlass für das betreffende Kartell nicht als Erstes gestellt hat, zu belohnen, wenn es der Kommission als Erstes Beweismittel für einen Sachverhalt vorlegt, von denen die Kommission keine Kenntnis hatte und die die Schwere oder Dauer des Kartells unmittelbar beeinflussen. Anders ausgedrückt: Falls die von einem Unternehmen vorgelegten Beweismittel einen Sachverhalt betreffen, der es der Kommission erlaubt, zu einer anderen Beurteilung der Schwere und der Dauer des Kartells zu kommen, wird das Unternehmen, das diese Beweismittel vorlegt, für den Sachverhalt, der mit diesen Beweismitteln nachgewiesen werden kann, mit einem Geldbußenerlass belohnt. 382    Daher betrifft Nr. 23 letzter Absatz der Mitteilung über Zusammenarbeit nicht die Fälle, in denen ein Unternehmen lediglich weitere oder ausführlichere Beweismittel hinsichtlich eines Sachverhalts vorgelegt hat, über den die Kommission bereits auf dem Laufenden ist. Der genannte Absatz gilt auch nicht für die Fälle, in denen ein Unternehmen weitere Tatsachen mitteilt, diese die Beurteilung der Schwere oder der Dauer des Kartells durch die Kommission aber nicht ändern können. Diese Vorschrift findet vielmehr ausschließlich Anwendung auf die Fälle, in denen zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens muss das betreffende Unternehmen das erste sein, das einen Sachverhalt nachweist, von dem die Kommission zuvor keine Kenntnis hatte, und zweitens muss dieser die Schwere oder die Dauer des mutmaßlichen Kartells unmittelbar beeinflussende Sachverhalt es der Kommission erlauben, zu neuen Erkenntnissen über die Zuwiderhandlung zu gelangen. 383    Somit ist im Licht dieser Erwägungen zu untersuchen, ob die Kommission dadurch einen Fehler begangen hat, dass sie Transcatab für ihre Verhaltensweisen in der Zeit von 1999 bis 2002 mit einer Sanktion belegt hat. Hierzu ist erstens festzustellen, dass die Kommission im 497. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass sie von keiner der Tatsachen, hinsichtlich derer Transcatab Beweismittel vorgelegt hatte, keine Kenntnis gehabt habe, und zweitens, dass das Vorbringen von Transcatab im Rahmen der vorliegenden Rüge lediglich die Dauer des Kartells betrifft. Die Beweismittel betreffen hingegen keine Tatsachen, die die Schwere der Zuwiderhandlung beeinflusst haben könnten. 384    Wie sich aus den Akten ergibt, hatte die Kommission seit dem 19. Februar 2002 – dem Tag der Stellung des Antrags auf Geldbußenerlass durch Deltafina – davon Kenntnis, dass das Kartell 1995 begonnen und bis 2001 gedauert hatte. In ihrem Antrag auf Geldbußenerlass hatte Deltafina diesen Umstand zum einen nämlich ausdrücklich eingeräumt und zum anderen acht handschriftliche Notizen über Zusammenkünfte und Diskussionen zwischen den Verarbeitungsunternehmen im Jahr 1999, zwei handschriftliche Notizen für das Jahr 2000 und zwei weitere für das Jahr 2001 vorgelegt. Im Übrigen ist festzustellen, dass sich Transcatab auf die Behauptung beschränkt, als erste den Beweis für mehrere Vereinbarungen und Kontakte zwischen den Verarbeitungsunternehmen während dieses Zeitraums angetreten zu haben. Sie trägt hingegen nicht vor, die Kommission sei über die Tatsache, dass das Kartell der Verarbeitungsunternehmen in der Zeit zwischen 1999 und 2002 bestand, nicht bereits auf dem Laufenden gewesen. 385    Darüber hinaus zeigt eine eingehende Prüfung der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission ihre Entscheidung auf mehrere von Deltafina und Dimon Italia stammende und damit von Transcatab unabhängige Informationen über Kontakte zwischen den Verarbeitungsunternehmen gestützt hat. 386    Insbesondere in Bezug auf das Jahr 1999 geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass Deltafina mehrere Hinweise auf Kontakte zwischen den Verarbeitungsunternehmen während dieses Jahres gegeben hat, z. B. in den Erwägungsgründen 159 (Fn. 181), 195 (Fn. 206), 199 (Fn. 212) und 200 (Fn. 214). Aus all diesen Fußnoten ergibt sich jedoch, dass Deltafina den Inhalt der Zusammenkünfte in vor Stellung des Antrags auf Geldbußenermäßigung durch Transcatab abgegebenen Erklärungen beschrieben hatte. 387    Was die Ausweitung des Kartells auf die Überschussproduktion betrifft, geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Erwägungsgründe 144 und 148 auf der Grundlage von Informationen verfasst worden sind, die Deltafina geliefert hatte. Die Kommission hat in der Gegenerwiderung klargestellt, dass sich diese Erwägungsgründe auf Dokumente stützten, die Deltafina am 22. Februar 2002, also wiederum vor Stellung des Antrags auf Geldbußenermäßigung durch Transcatab, vorgelegt habe. Die Tatsache, dass die genannte Ausweitung anschließend in einer von Transcatab vorgelegten Vereinbarung formalisiert worden ist, ändert nichts an der Beurteilung deren vorliegender Rüge im Licht von Nr. 23 letzter Absatz der Mitteilung über Zusammenarbeit. 388    Für das Jahr 2000 hat Deltafina ausweislich der Erwägungsgründe 203 (Fn. 216) und 204 (Fn. 218) der angefochtenen Entscheidung mehrere Beweise für Kontakte zwischen den Verarbeitungsunternehmen während dieses Jahres geliefert. Wie es in Fn. 218 u. a. heißt, hatte Deltafina den Inhalt der im 204. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung erwähnten Zusammenkunft in Erklärungen beschrieben, bevor Transcatab den Antrag auf Ermäßigung ihrer Geldbuße gestellt hat, was von der Kommission in der Gegenerwiderung bestätigt worden ist. Außerdem ergibt sich aus den Akten, dass Deltafina der Kommission am 19. März 2002 ebenfalls Informationen und Dokumente über die während dieses Jahres stattgefundenen Kontakte vorgelegt hatte. 389    In Bezug auf das Jahr 2001 hatte Deltafina der Kommission, wie sich aus den Erwägungsgründen 209 (Fn. 223) und 211 (Fn. 225) der angefochtenen Entscheidung ergibt, bereits vor Stellung des Ermäßigungsantrags durch Transcatab Dokumente vorgelegt, die das Bestehen von Kontakten zwischen den Verarbeitungsunternehmen im Laufe dieses Jahres beweisen. Insbesondere aus den in diesen beiden Fußnoten genannten Dokumenten 495, 498, 524 und 614 geht unzweifelhaft hervor, dass es während dieses Zeitraums Kontakte zwischen den Verarbeitungsunternehmen gab. Darüber hinaus belegen diese Dokumente, dass die Kommission bereits vor Stellung des Antrags auf Geldbußenermäßigung durch Transcatab Kenntnis von rechtswidrigen Kontakten zwischen den Verarbeitungsunternehmen einschließlich Transcatab – jedenfalls bis zum 15. Oktober 2001 – hatte. 390    Was das Jahr 2002 angeht, trägt die Kommission vor, sie habe aufgrund des von Dimon Italia vorgelegten, in Fn. 235 der angefochtenen Entscheidung erwähnten Telefaxes bereits Kenntnis von der Fortführung der Kontakte zwischen den Verarbeitungsunternehmen während dieses Jahres gehabt. Transcatab macht gleichwohl geltend, dieses Dokument sei nach dem 18. April 2002 – dem Zeitpunkt der Vorlage der in Fn. 234 genannten Dokumente für das Jahr 2002 durch sie – vorgelegt worden. 391    Hierzu ist festzustellen, dass dieser Umstand – selbst wenn unterstellt wird, dass Dimon Italia dieses Dokument später als Transcatab vorgelegt hat und Letztere somit das erste Unternehmen gewesen ist, das Beweise über die Treffen Anfang 2002 geliefert hat – keinerlei praktische Auswirkungen hätte. 392    Einerseits geht, wie oben in Randnr. 389 festgestellt worden ist, aus den Akten nämlich hervor, dass die Kommission vor Stellung des Antrags auf Geldbußenermäßigung durch Transcatab zumindest bis zum 15. Oktober 2001 über Beweise hinsichtlich der Dauer des Kartells verfügte. Da das Kartell am 29. September 1995 begonnen hat (vgl. 377. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und dieser Umstand von Transcatab nicht bestritten worden ist, ist festzustellen, dass die Kommission bereits vor Beibringung der Dokumente durch Transcatab über ausreichende Informationen verfügte, um feststellen zu können, dass das Kartell länger als sechs Jahre gedauert hatte. Allein aufgrund dieser Feststellung konnte die Kommission den Ausgangsbetrag der Geldbuße daher um 60 % anheben. Die Feststellung eines um mehr als vier Monate längeren Zeitraums (bis zum 19. Februar 2002) durch die Kommission hat folglich keinerlei Auswirkungen auf die Festsetzung der endgültigen Sanktion gehabt. 393    Andererseits ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 256 ff. der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, ohne dass Transcatab dem entgegengetreten wäre (vgl. oben, Randnr. 233), dass es sich bei dem Kartell um eine einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung handele. Darüber hinaus hat die Kommission festgestellt, dass diese Zuwiderhandlung bis zum 19. Februar 2002 – dem Tag der Einreichung des Antrags auf Geldbußenerlass durch Deltafina – gedauert habe. Transcatab hat jedoch weder vorgetragen noch dargetan, ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung vor diesem Zeitpunkt beendet zu haben. 394    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass ein Unternehmen, das sich durch eigene Handlungen, die den Begriff von auf ein wettbewerbswidriges Ziel gerichteten Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG erfüllen und zur Mitwirkung an der Verwirklichung der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit bestimmt sind, an einer solchen Zuwiderhandlung beteiligt hat, für die gesamte Zeit seiner Beteiligung an der genannten Zuwiderhandlung auch für das Verhalten verantwortlich ist, das andere Unternehmen im Rahmen der Zuwiderhandlung an den Tag legen (vgl. Urteil BST/Kommission, oben in Randnr. 222 angeführt, Randnr. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung). 395    Außerdem kann ein Unternehmen auch dann, wenn feststeht, dass es nur an einem oder an mehreren Bestandteilen eines Gesamtkartells unmittelbar mitgewirkt hat, für dieses Kartell zur Verantwortung gezogen werden, sofern es wusste oder zwangsläufig wissen musste, dass die Absprache, an der es sich beteiligte, Teil eines Gesamtplans war und dass sich dieser Gesamtplan auf sämtliche Bestandteile des Kartells erstreckte (Urteile des Gerichts PVC II, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnr. 773, HFB u. a./Kommission, oben in Randnr. 130 angeführt, Randnr. 231, und vom 19. Mai 2010, Boliden u. a./Kommission, T‑19/05, Slg. 2010, II‑1843, Randnr. 61). 396    Unter diesen Umständen ist der Schluss zu ziehen, dass Transcatab keine Beweismittel für Umstände vorgelegt hat, von denen die Kommission zuvor keine Kenntnis hatte und die die Schwere oder Dauer des mutmaßlichen Kartells unmittelbar beeinflussen, die es rechtfertigen würden, einen Teilerlass der Geldbuße gemäß Nr. 23 letzter Absatz der Mitteilung über Zusammenarbeit zu gewähren. Folglich kann Transcatab nicht geltend machen, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe und sie daher nicht als für die gesamte Zuwiderhandlung verantwortlich angesehen werden könne. 397    Der Antrag auf teilweise Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung ist somit insgesamt zurückzuweisen. Nach Auffassung des Gerichts ist auch dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung nicht stattzugeben, da im vorliegenden Fall nichts ersichtlich ist, was eine Ermäßigung der Geldbuße rechtfertigen würde. Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen. 6.     Zur Widerklage der Kommission Vorbringen der Parteien 398    Die Kommission macht geltend, Transcatab habe die Tatsachen, insbesondere die Dauer des Kartells, so wie die Kommission sie in der angefochtenen Entscheidung festgestellt habe, bestritten. Mit ihrem Vorbringen im Rahmen des ersten Teils des dritten Klagegrundes, sie habe sich ab 1999 auf Verhaltensweisen beschränkt, die sich ausschließlich in den Rahmen der Branchenvereinbarungen eingefügt hätten (vgl. oben, Randnrn. 227 f.), habe Transcatab nicht nur der Auslegung der Tatsachen durch die Kommission widersprochen, sondern auch zuvor eingeräumte Tatsachen wieder in Frage gestellt. Mit dem Bestreiten der Dauer des Kartells, die einen wesentlichen Bestandteil der Sachverhaltsdarstellung ausmache, verliere die Ermäßigung von 30 %, die sie Transcatab gewährt habe, teilweise ihre Rechtfertigung. Daher beantragt die Kommission, das Gericht möge die Ermäßigung der Geldbuße von 30 auf 25 % verringern und diese in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung auf 15 Mio. Euro festsetzen. 399    Transcatab tritt der Widerklage der Kommission entgegen. Würdigung durch das Gericht 400    Wie sich aus der angefochtenen Entscheidung ergibt, hat der Umstand, dass Transcatab „die Tatsachen, auf die sich die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte gestützt hat, nicht bestritten“ hat, eine der Erwägungen dargestellt, aufgrund derer die Kommission ihr eine Geldbußenermäßigung um 30 % gewährt hat (vgl. Erwägungsgründe 498 f. der angefochtenen Entscheidung). 401    Aus der Antwort von Transcatab auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte geht jedoch hervor, dass diese, auch wenn sie nicht ausdrücklich auf die Beschwerdepunkte der Kommission hinsichtlich der Dauer der Zuwiderhandlung eingegangen ist, gleichwohl geltend gemacht hat, die Verarbeitungsunternehmen seien nicht als für die von diesem Jahr an umgesetzten wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen verantwortlich anzusehen, da sie ab 1999 im Einklang mit dem Gesetz Nr. 88/88 gehandelt hätten. 402    Auch wenn dieses Argument im Widerspruch zu bestimmten Äußerungen im Verwaltungsverfahren und zum Nichtbestreiten bestimmter Gesichtspunkte der Würdigung der Kommission steht, ändert dies daher nichts an der Feststellung, dass das im ersten Teil des dritten Klagegrundes enthaltene Argument bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht worden ist. Folglich hatte die Kommission, als sie Transcatab die Ermäßigung gewährt hat, von diesem Argument bereits Kenntnis, so dass es sich nicht um ein Bestreiten der Richtigkeit der Tatsachen handeln kann, das die mit der angefochtenen Entscheidung gewährte Ermäßigung nach der Mitteilung über Zusammenarbeit in Frage stellen würde. 403    Daher ist die Widerklage der Kommission abzuweisen. 404    Nach alledem sind die Klage in vollem Umfang und die Widerklage der Kommission abzuweisen. Kosten 405    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Gemäß Art. 87 § 3 Unterabs. 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten jedoch teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein außergewöhnlicher Grund gegeben ist. 406    Im vorliegenden Fall ist Transcatab mit ihrer Klage und die Kommission mit ihrer Widerklage unterlegen. Da Letztere nur auf eine geringfügige Erhöhung des Betrags der Geldbußen abzielte, ist festzustellen, dass im Wesentlichen die Klägerin mit ihren Klageanträgen unterlegen ist. Unter diesen Umständen ist zu entscheiden, dass die Klägerin ihre eigenen Kosten und 90 % der Kosten der Kommission trägt, während die Kommission 10 % ihrer eigenen Kosten trägt. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Die Klage wird abgewiesen. 2.      Die Widerklage der Europäischen Kommission wird abgewiesen. 3.      Transcatab SpA trägt ihre eigenen Kosten und 90 % der Kosten der Kommission. 4.      Die Kommission trägt 10 % ihrer eigenen Kosten. Azizi Cremona Frimodt Nielsen Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 5. Oktober 2011. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits 1.  Verwaltungsverfahren 2.  Angefochtene Entscheidung Adressaten der angefochtenen Entscheidung Bestimmung des Betrags der Geldbuße Festsetzung des Grundbetrags der Geldbußen Mildernde Umstände Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung 1.  Zum ersten Klagegrund: Zurechnung der Zuwiderhandlung an die Muttergesellschaft von Transcatab Erster Teil: falsches Verständnis der Rechtsprechung, Verkennung der vorgelegten Beweisdokumente und Verletzung der Verteidigungsrechte Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht –  Zum Verstoß gegen die Regeln über die Zurechenbarkeit der von einer Tochtergesellschaft begangenen Zuwiderhandlungen an ihre Muttergesellschaft –  Zur Verkennung der zur Widerlegung der Vermutung vorgelegten Beweisdokumente –  Zur Verletzung der Verteidigungsrechte Zweiter Teil: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht 2.  Zum zweiten Klagegrund: Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße Erster Teil: Schwere der Zuwiderhandlung Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht –  Zur Einstufung als besonders schwere Zuwiderhandlung –  Zu den konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt –  Zum räumlichen Umfang des Marktes –  Zur Verletzung der Begründungspflicht –  Zur Verletzung der Verteidigungsrechte Zweiter Teil: Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung und des Vertrauensschutzes bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht –  Zum Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit –  Zum Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung –  Zum Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes Dritter Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Berücksichtigung des abschreckenden Charakters der Sanktion und der Finanzlage von Transcatab Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht 3.  Zum dritten Klagegrund: Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße Erster Teil: Fehlerhafte Erhöhung der Geldbuße wegen der Dauer der Zuwiderhandlung Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht –  Zur Erhöhung der Geldbuße wegen der Dauer der Vereinbarung –  Zum Nichtvorliegen eines Schadens für die Verbraucher Zweiter Teil: Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem und Begründungsmangel Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Dritter Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht 4.  Zum vierten Klagegrund: Verschiedene mildernde Umstände Erster Teil: Mildernder Umstand der Nichtumsetzung des Kartells Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zweiter Teil: Mildernder Umstand der Einstellung der streitigen Tätigkeiten vor dem Eingreifen der Kommission Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Dritter Teil: Mildernder Umstand des Bestehens berechtigter Zweifel an der Rechtswidrigkeit des streitigen Verhaltens Zum Bestehen berechtigter Zweifel an der Rechtswidrigkeit des streitigen Verhaltens –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Zur unterschiedlichen Behandlung im Verhältnis zur Sache Rohtabak – Spanien –  Vorbringen der Parteien –  Würdigung durch das Gericht Vierter Teil: Mildernder Umstand der aktiven Mitwirkung von Transcatab während des Verfahrens Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Fünfter Teil: Mildernder Umstand des Fehlens eines Präzedenzfalls auf dem Markt für Rohtabak bei Beginn der Nachprüfungen der Kommission Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Sechster Teil: Sozioökonomische Merkmale des italienischen Rohtabaksektors und Krise dieses Sektors Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht 5.  Zum fünften Klagegrund: Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zur Eigenschaft des ersten Unternehmens, dem gegenüber die Geldbuße niedriger festgesetzt wird Zu Nr. 23 letzter Absatz der Mitteilung über Zusammenarbeit 6.  Zur Widerklage der Kommission Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Kosten * Verfahrenssprache: Italienisch.
Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 27. April 2016 (Auszüge).#European Dynamics Luxembourg SA u. a. gegen Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum.#Öffentliche Dienstleistungsaufträge – Ausschreibungsverfahren – Softwareentwicklung und ‑pflege – Ablehnung des Angebots eines Bieters – Einstufung eines Bieters in einem Kaskadenverfahren – Ausschlussgründe – Interessenkonflikt – Gleichbehandlung – Sorgfaltspflicht – Zuschlagskriterien – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Begründungspflicht – Außervertragliche Haftung – Verlust einer Chance.#Rechtssache T-556/11.
62011TJ0556
ECLI:EU:T:2016:248
2016-04-27T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62011TJ0556 T‑556/1162011TJ0556EU:T:2016:2480001113434T URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer) 27. April 2016 (*1) „Öffentliche Dienstleistungsaufträge — Ausschreibungsverfahren — Softwareentwicklung und ‑pflege — Ablehnung des Angebots eines Bieters — Einstufung eines Bieters in einem Kaskadenverfahren — Ausschlussgründe — Interessenkonflikt — Gleichbehandlung — Sorgfaltspflicht — Zuschlagskriterien — Offensichtlicher Beurteilungsfehler — Begründungspflicht — Außervertragliche Haftung — Verlust einer Chance“ In der Rechtssache T‑556/11 European Dynamics Luxemburg SA mit Sitz in Ettelbrück (Luxemburg), European Dynamics Belgium SA mit Sitz in Brüssel (Belgien), Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE mit Sitz in Athen (Griechenland), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte N. Korogiannakis, M. Dermitzakis und N. Theologou, dann Rechtsanwalt I. Ampazis und schließlich Rechtsanwalt M. Sfyri, Klägerinnen, gegen Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), zunächst vertreten durch N. Bambara und M. Paolacci, dann durch M. Bambara als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt P. Wytinck und Rechtsanwalt B. Hoorelbeke, Beklagter, wegen Nichtigerklärung der mit Schreiben vom 11. August 2011 übermittelten und im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens AO/029/10 („Softwareentwicklung und ‑pflege“) ergangenen Entscheidung des EUIPO, das von European Dynamics Luxembourg unterbreitete Angebot abzulehnen, und auf Nichtigerklärung aller im Rahmen desselben Verfahrens vom EUIPO erlassenen damit einhergehenden anderen Entscheidungen, zu denen jene gehören, mit denen anderen Bietern der Zuschlag erteilt wurde, und wegen Schadensersatzes, erlässt DAS GERICHT (Vierte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten M. Prek sowie der Richterin I. Labucka und des Richters V. Kreuschitz (Berichterstatter), Kanzler: L. Grzegorczyk, Verwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2015, folgendes Urteil (1 ) Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 Die Klägerinnen, die European Dynamics Luxembourg SA, die European Dynamics Belgium SA und die Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE, sind im Sektor der Informations- und Kommunikationstechnologien tätig und geben in von verschiedenen Organen und Einrichtungen der Europäischen Union, darunter dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), durchgeführten Ausschreibungsverfahren regelmäßig Angebote ab. 2 Mit Bekanntmachung vom 15. Januar 2011 veröffentlichte das EUIPO im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2011/S 10‑013995) unter der Referenznummer AO/029/10 eine Ausschreibung mit dem Titel „Softwareentwicklung und ‑pflege“. Der zu vergebende Auftrag hatte zum Gegenstand, dem EUIPO EDV-Dienste im Hinblick auf die Konzipierung von Prototypen, Analyse, Entwurf, Grafikdesign, Entwicklung, Erprobung und Installation von Informationssystemen zu erbringen sowie technische Dokumentation, Schulungen und Wartungsdienste für diese Systeme bereitzustellen. 3 Nach Punkt II.1.4 der Bekanntmachung betraf der Auftrag die Vergabe von Rahmenverträgen mit einer maximalen Laufzeit von sieben Jahren und drei verschiedenen Erbringern von EDV-Diensten. Hierzu wird in diesem Punkt der Bekanntmachung in Verbindung mit Abschnitt 14.3 der Verdingungsunterlagen (Anhang I der Ausschreibungsunterlagen) ausgeführt, dass die Rahmenverträge getrennt voneinander und im so genannten „Kaskadenverfahren“ mit einer Laufzeit von zunächst drei Jahren und der Möglichkeit einer stillschweigenden Verlängerung bis zu höchstens vier Jahren geschlossen werden müssten. Dieses Verfahren bedeutet, dass sich das EUIPO, wenn der an erster Stelle gereihte Bieter nicht in der Lage ist, die geforderten Dienstleistungen zu erbringen, an den an zweiter Stelle gereihten Bieter wendet usw. (vgl. Abschnitt 14.2 der Verdingungsunterlagen). 4 Nach Punkt IV.2.1 der Bekanntmachung ist der Zuschlag dem Bieter mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot zu erteilen, d. h. dem Angebot mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. [nicht wiedergegeben] 12 Mit Schreiben vom 11. August 2011 (im Folgenden: streitiges Schreiben) teilte das EUIPO der ersten Klägerin das Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens AO/029/10 mit und wies sie darauf hin, dass es ihr Angebot nicht berücksichtigt habe, da es sich nicht als das wirtschaftlich günstigste herausgestellt habe (im Folgenden: das Angebot ablehnende Entscheidung). Dieses Schreiben enthielt außerdem eine Vergleichstabelle, in der die Anzahl der für dieses Angebot vergebenen Punkte, nämlich 84,72, und der jeweils für die Angebote der drei Bieter mit der höchsten Punktzahl, nämlich „Informática El Corte Ingles – Altia“ mit 90,58 Punkten, „Everis-Unisys-Fujitsu“ mit 90,19 Punkten und das „Consortium Drasis“ mit 85,65 Punkten, vergebenen Punkte aufgeführt war. [nicht wiedergegeben] 14 Mit Schreiben vom 26. August 2011 übermittelte das EUIPO der ersten Klägerin einen Auszug des Bewertungsberichts, der die qualitative Bewertung ihres Angebots anhand von drei Kriterien enthielt, und zwar die Qualität der Softwarepflegedienstleistungen, das geschäftliche Projekt und die Qualität des Kundendienstes. Des Weiteren übermittelte es ihr zum einen die Namen der Zuschlagsempfänger, nämlich Informática El Corte Ingles, SA – Altia Consultores, SA Temporary Association (im Folgenden: IECI), die die erste Stelle einnahm, Everis SLU, Unisys und Fujitsu Technology Solutions (im Folgenden: Unisys-Konsortium oder Unisys), das die zweite Stelle einnahm, sowie das Konsortium Drasis (Siemens IT Solutions and Services SA [im Folgenden: Siemens SA], Siemens IT Solutions and Services SL [im Folgenden: Siemens SL], Intrasoft International SA und Indra Sistemas SA (im Folgenden: Drasis-Konsortium oder Drasis), das die dritte Stelle einnahm, und zum anderen zwei Tabellen mit den Punkten, die die Zuschlagsempfänger und die erste Klägerin für ihre technischen und finanziellen Angebote erhalten hatten. Es handelt sich um die beiden folgenden Tabellen: Vergleichende Bewertungstabelle der technischen Angebote: QualitätskriterienIECI…[Unisys]Dras[i]sEuropean DynamicsQualitätskriterium Nr. 146,8145,5151,7458,21Qualitätskriterium Nr. 215,0015,0015,5018,00Qualitätskriterium Nr. 310,1510,1510,8111,69Insgesamt71,9670,6678,0587,90Insgesamt auf 10081,8680,3888,78100,00 Vergleichende Bewertungstabelle der Angebote unter dem Gesichtspunkt ihres wirtschaftlichen Vorteils: IECI…[Unisys]Dras[i]sEuropean DynamicsQualitätskriterien (50 %)81,8680,3888,78100,00Finanzielle Bewertung (50 %)99,30100,0082,5169,44Gesamtpunktzahl90,5890,1985,6584,72 [nicht wiedergegeben] 18 In einem an die erste Klägerin gerichteten Schreiben vom 15. September 2011 nahm das EUIPO auf die Begründung im streitigen Schreiben und im Schreiben vom 26. August 2011 Bezug, die es für ausreichend hielt. Dennoch erklärte es sich bereit, zusätzliche Details zu den finanziellen Kriterien zur Verfügung zu stellen, und übermittelte die folgende vergleichende Tabelle: Kriterium Nr. 1 (70) Kriterium Nr. 2 (30) Gesamtpunktzahl (100) Punkte für die finanziellen Angebote IECI… 65,77 19,69 85,45 99,30 [Unisys] 70,00 16,06 86,06 100,00 Drasis[…] 53,47 17,54 71,01 82,52 European Dynamics 29,75 30,00 59,75 69,44 [nicht wiedergegeben] Verfahren und Anträge der Parteien 21 Die Klägerinnen haben mit Klageschrift, die am 21. Oktober 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben. 22 Mit besonderem Schriftsatz, der am 31. Januar 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das EUIPO eine Einrede der Unzulässigkeit nach Art. 114 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 erhoben und beantragt, die Anträge auf Nichtigerklärung und Schadensersatz als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen und den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen. In ihrer Stellungnahme, die am 26. April 2012 eingegangen ist, beantragen die Klägerinnen, die Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen. 23 Mit Beschluss vom 12. September 2013, European Dynamics Luxembourg u. a./HABM (T‑556/11, Slg, EU:T:2013:514) hat das Gericht die Einrede der Unzulässigkeit zurückgewiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten. Da das EUIPO auf die Einlegung eines Rechtsmittels verzichtet hat, ist der Beschluss rechtskräftig geworden. 24 Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Vierten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache deshalb zugewiesen worden ist. 25 Das Gericht (Vierte Kammer) hat auf Vorschlag des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. [nicht wiedergegeben] 28 Die Parteien haben in der Sitzung vom 10. Juli 2015 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 29 In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen ihre Schadensersatzanträge mit Ausnahme des Antrags auf Ersatz des durch die entgangene Chance entstandenen Schadens zurückgezogen, was zu Protokoll genommen worden ist. 30 Die Klägerinnen beantragen, — die das Angebot ablehnende Entscheidung sowie alle damit verbundenen Entscheidungen des EUIPO einschließlich der Entscheidungen, die betreffenden Zuschläge dem ersten, dem zweiten und dem dritten Bieter in der Kaskade zu erteilen (im Folgenden zusammen: angefochtene Entscheidungen), für nichtig zu erklären; — das EUIPO zu verurteilen, den den Klägerinnen durch den Verlust einer Chance entstandenen Schaden in Höhe von 6750000 Euro zu ersetzen; — dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen. 31 Das EUIPO beantragt, — die Klage als unbegründet abzuweisen; — den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 1. Zum Antrag auf Nichtigerklärung Zusammenfassung der Klagegründe 32 Zur Stützung ihres Antrags auf Nichtigerklärung machen die Klägerinnen drei Klagegründe geltend. 33 Mit dem ersten Klagegrund rügen sie eine Verletzung der Begründungspflicht nach Art. 100 Abs. 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 248, S. 1, im Folgenden: Haushaltsordnung) in der durch die Verordnung Nr. 1995/2006 des Rates vom 13. Dezember 2006 (ABl. L 390, S. 1) geänderten Fassung, da die Informationen und Erläuterungen des EUIPO nicht ausgereicht hätten, um es den Klägerinnen zu erlauben, die Gründe des öffentlichen Auftraggebers für den Erlass der das Angebot ablehnenden Entscheidung zu verstehen. 34 Mit dem zweiten Klagegrund rügen sie mehrere offenkundige Beurteilungsfehler, die insbesondere die Verwendung neuer oder unbekannter Vergabekriterien, die den Verdingungsunterlagen widersprächen und im Ausschreibungsverfahren nicht hinreichend erläutert worden seien (erster Teil), die Verwendung einer fehlerhaften Formel für die finanzielle Bewertung, die zu Wettbewerbsverfälschungen geführt habe (zweiter Teil) und von den Zuschlagsempfängern manipuliert worden sei (dritter Teil), sowie die Änderung des Gegenstands des Auftrags (vierter Teil) beträfen. 35 Mit dem dritten Klagegrund rügen sie einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz – insbesondere weil die Zuschlagsempfänger, bei denen ein Interessenkonflikt vorgelegen habe, nicht ausgeschlossen worden seien –, gegen Art. 93 Abs. 1 und die Art. 94 und 96 der Haushaltsordnung, gegen die Art. 133a und 134b der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung (ABl. L 357, S. 1, im Folgenden: Durchführungsbestimmungen) sowie gegen den Grundsatz der „ordnungsgemäßen Verwaltung“. 36 Im Anschluss an die Antwort des EUIPO auf die prozessleitenden Maßnahmen und die Beweisaufnahme des Gerichts (siehe oben, Rn. 26 und 27) haben die Klägerinnen einen weiteren Klagegrund geltend gemacht, mit dem sie rügen, dass das EUIPO durch die Annahme des finanziellen Angebots von IECI, obwohl dieses eine Variante und eine Preisspanne enthalten habe, gegen die Verdingungsunterlagen verstoßen habe. 37 Das Gericht hält es für angebracht, zuerst den dritten Klagegrund, der sich in drei Teile untergliedert, sodann den zweiten Klagegrund zusammen mit dem oben in Rn. 36 genannten neuen Klagegrund und schließlich den ersten Klagegrund zu prüfen. Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, gegen Art. 93 Abs. 1 und die Art. 94 und 96 der Haushaltsordnung, gegen die Art. 133a und 134b der Durchführungsbestimmungen sowie gegen den Grundsatz der „ordnungsgemäßen Verwaltung “ Zum ersten Teil: Vorliegen eines Interessenkonflikts, was das Drasis-Konsortium angeht 38 Im Rahmen des ersten Teils machen die Klägerinnen im Wesentlichen geltend, der dritte Zuschlagsempfänger im Kaskadenverfahren, das Drasis-Konsortium, umfasse die Gesellschaft, die die Verdingungsunterlagen ausgearbeitet habe, und dieser habe sich daher in einem Interessenkonflikt im Sinne von Art. 94 Buchst. a der Haushaltsordnung sowie der Rechtsprechung befunden, nach der insbesondere eine Person, die vorbereitende Arbeiten für den betreffenden öffentlichen Auftrag ausgeführt habe, wegen der einschlägigen Informationen, die sie bei der Ausführung der genannten Arbeiten erlangt habe, bei der Erstellung ihres Angebots begünstigt sein könne. Diese Person könne zudem die Bedingungen für den genannten öffentlichen Auftrag, sei es auch nur unbeabsichtigt, in einer Weise beeinflussen, die ihre Wettbewerbsstellung gegenüber den anderen Bietern verbessern würde. Der schwerwiegende Interessenkonflikt, durch den die Lage des dritten Zuschlagsempfängers gekennzeichnet sei, sei daher ausreichend gewesen, um sein Angebot vom Ausschreibungsverfahren auszuschließen. 39 Die Klägerinnen tragen weiter vor, das EUIPO habe dadurch, dass es sich geweigert habe, ihnen die Namen der zu den Konsortien der Zuschlagsempfänger gehörenden Partner und Subunternehmer mitzuteilen, nicht nur seine Begründungspflicht verletzt, sondern auch versucht zu verhindern, dass eine erhebliche Unregelmäßigkeit, die das Ausschreibungsverfahren fehlerhaft mache, ans Licht komme. Darüber hinaus habe das EUIPO die Einwände, die die Klägerinnen insoweit erhoben hätten, nicht ordnungsgemäß geprüft, obwohl mehrere objektive und übereinstimmende Umstände das EUIPO zu einer besonderen Sorgfalt hätten veranlassen müssen. Da eine eventuelle Kollusion zwischen dem EUIPO und der Gesellschaft, die die Verdingungsunterlagen ausgearbeitet habe, nicht untersucht worden sei, habe das EUIPO über keinen Beweis verfügt, aufgrund dessen es mit hinreichender Gewissheit hätte ausschließen können, dass die genannte Gesellschaft eine Beeinflussung des Ausschreibungsverfahrens versucht habe. Das EUIPO hätte auch die in Art. 96 der Haushaltsordnung und in den Art. 133a und 134b der Durchführungsbestimmungen vorgesehenen Sanktionen verhängen müssen. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass dem Bewertungsausschuss das Vorliegen eines Interessenkonflikts bei der Bewertung der Angebote nicht bekannt gewesen sei, was nicht der Fall gewesen sei, hätten die Klägerinnen das EUIPO darüber vor der Vertragsunterzeichnung informiert. In Bezug auf den dritten Zuschlagsempfänger bestreiten die Klägerinnen, dass das EUIPO die Lage der betreffenden juristischen Personen geprüft habe und zu dem Ergebnis gelangt sei, dass ein Interessenkonflikt nicht auftreten könne, da die bloße Erklärung einer dieser juristischen Personen nicht ausreiche, um einen Verstoß gegen die Verdingungsunterlagen und die Haushaltsordnung auszuschließen. 40 Das EUIPO erwidert, Abschnitt 13.1 der Verdingungsunterlagen stehe im Einklang mit der Rechtsprechung, wonach zum einen ein möglicher Interessenkonflikt vorliegen könne, wenn ein Bieter an den vorbereitenden Arbeiten für die Ausschreibung beteiligt sei, und zum anderen der Bieter in diesem Fall die Möglichkeit haben müsse darzulegen, weshalb ihm unter den konkreten Umständen des betreffenden Falles durch diesen möglichen Interessenkonflikt kein ungerechtfertigter Wettbewerbsvorteil entstanden sei. In jedem Fall müsse der Interessenkonflikt wirklich bestehen und dürfe nicht hypothetisch sein, und die Gefahr seines Eintretens müsse nach einer besonderen Prüfung des Angebots und der Situation des Bieters festgestellt werden. Ein potenzieller Interessenkonflikt, der darauf beruhe, dass ein Subunternehmer an der Ausarbeitung der Verdingungsunterlagen beteiligt gewesen sei, reiche nicht aus, um diesen Bieter auszuschließen. Im vorliegenden Fall habe das EUIPO den angeblichen Interessenkonflikt berücksichtigt. Nachdem es festgestellt habe, dass PricewaterhouseCoopers (PWC) Spain ein Subunternehmer des Drasis-Konsortiums gewesen sei, habe es das genannte Konsortium sofort um Aufklärung gebeten. Erstens habe Drasis daraufhin erklärt, dass nur PWC UK und PWC Belgium an der Ausarbeitung der Verdingungsunterlagen beteiligt gewesen seien und dass zwischen ihnen und PWC Spain keine strukturelle Verbindung bestehe. Zweitens hätten PWC UK und PWC Belgium angesichts der Geheimhaltungspflichten, an die sie im Rahmen der für die Ausarbeitung der Verdingungsunterlagen an das EUIPO erbrachten Dienstleistungen gebunden gewesen seien, keine in diesem Zusammenhang relevanten Informationen an die übrigen Gesellschaften derselben Gruppe weitergegeben. Drittens habe Drasis erklärt, dass sie mit PWC Spain nur sechs Tage vor dem Termin für die Abgabe der Angebote Verbindung aufgenommen habe, und ihr Schreiben vom 15. April 2011 habe bestätigt, dass diese Gesellschaft weder an der Vorbereitung, der Ausarbeitung, der Preisbildung oder der Validierung des vom Konsortium vorgelegten technischen Angebots teilgenommen habe. Im Licht dieser Informationen habe das EUIPO sodann geprüft, ob die Beteiligung von PWC Spain am Drasis-Konsortium diesem einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil gegenüber den anderen Bietern habe bringen können, und sei zu dem Ergebnis gelangt, dass dies nicht der Fall sei. Das EUIPO ist daher der Ansicht, dass es entsprechend den Verdingungsunterlagen und den geltenden Vorschriften gehandelt habe und zu Recht entschieden habe, dass es unter den konkreten Umständen des Falles keinen stichhaltigen Grund gebe, das Drasis-Konsortium vom Ausschreibungsverfahren auszuschließen. Schließlich habe das Angebot der ersten Klägerin aufgrund der technischen Zuschlagskriterien wesentlich mehr Punkte erhalten als das Angebot des Konsortiums, was für sich genommen beweise, dass dieses keinen unberechtigten Wettbewerbsvorteil erlangt habe. 41 Das Gericht stellt fest, dass nach den Darlegungen des EUIPO in der Klagebeantwortung im vorliegenden Fall PWC UK und PWC Belgium – Gesellschaften, die vollständig von der PWC International Ltd kontrolliert wurden – unstreitig an der Ausarbeitung der Verdingungsunterlagen zum Ausschreibungsverfahren beteiligt waren und dass PWC Spain – eine weitere Tochtergesellschaft von PWC International – ebenfalls unstreitig zum Drasis-Konsortium, dem dritten Zuschlagsempfänger, gehörte. Aus den beiden Schreiben vom 15. April 2011, die das Drasis-Konsortium und PWC Spain an das EUIPO gerichtet hatten und deren Inhalt als solcher von den Klägerinnen nicht bestritten wird, ergibt sich ferner, dass das genannte Konsortium PWC Spain nur sechs Tage vor dem Termin für die Abgabe der Angebote aufgefordert hatte, als Subunternehmerin an dem Ausschreibungsverfahren teilzunehmen. 42 Somit ist zunächst zu prüfen, ob sich PWC Spain und damit das Drasis-Konsortium in einem Interessenkonflikt im Sinne von Art. 94 Buchst. a der Haushaltsordnung und Abschnitt 13.1 Abs. 1 Buchst. g Satz 2 der Verdingungsunterlagen befanden, aufgrund dessen ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter vorliegen könnte. 43 Wie sich aus dem Urteil vom 3. März 2005, Fabricom (C‑21/03 und C‑34/03, Slg, EU:C:2005:127, Rn. 26 bis 36), in Verbindung mit dem Urteil vom 19. Mai 2009, Assitur (C‑538/07, Slg, EU:C:2009:317, Rn. 21 bis 32), ergibt, ist das Bestehen einer strukturellen Verbindung zwischen zwei Gesellschaften, von denen eine an der Ausarbeitung der Verdingungsunterlagen beteiligt war und die andere sich an dem betreffenden öffentlichen Ausschreibungsverfahren beteiligt, grundsätzlich geeignet, einen solchen Interessenkonflikt hervorzurufen. Dagegen ist die Gefahr eines Interessenkonflikts nach dieser Rechtsprechung weniger groß, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Gesellschaft oder die Gesellschaften, die mit der Ausarbeitung der Verdingungsunterlagen betraut waren, nicht selbst dem Bieterkonsortium angehören, sondern nur Mitglied derselben Unternehmensgruppe sind, der auch die Mitgliedsgesellschaft dieses Konsortiums angeschlossen ist. 44 Selbst wenn eine solche Situation tatsächlich einen Interessenkonflikt hervorrufen könnte, ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall das EUIPO geprüft und rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass dieser Interessenkonflikt auf den Verlauf des Ausschreibungsverfahrens und dessen Ergebnis keinen Einfluss haben konnte. 45 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die bloße Feststellung, dass zwischen PWC International und ihren verschiedenen Tochtergesellschaften ein Abhängigkeitsverhältnis besteht, die Vergabestelle noch nicht dazu berechtigt, eine dieser Gesellschaften automatisch von dem Ausschreibungsverfahren auszuschließen, ohne zu prüfen, ob sich ein solches Verhältnis auf ihr Verhalten im Rahmen des genannten Verfahrens ausgewirkt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Assitur, oben in Rn. 43 angeführt, EU:C:2009:317, Rn. 32). Dies gilt erst recht für die Feststellung, dass bestimmte vorbereitende Arbeiten von einer Gesellschaft ausgeführt werden, die einer Unternehmensgruppe angehört, von der eine andere Gesellschaft sich als Mitglied eines Bieterkonsortiums an einem Ausschreibungsverfahren beteiligt, wobei die letztgenannte Gesellschaft die Möglichkeit des Nachweises haben muss, dass diese Situation für den Wettbewerb zwischen den Bietern keinerlei Gefahr bedeutet (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile Fabricom, oben in Rn. 43 angeführt, EU:C:2005:127, Rn. 33 bis 36, und vom 20. März 2013, Nexans France/Gemeinsames Unternehmen Fusion for Energy, T‑415/10, Slg, EU:T:2013:141, Rn. 116). 46 Dagegen muss das Bestehen eines Interessenkonflikts den öffentlichen Auftraggeber zum Ausschluss des betreffenden Bieters veranlassen, wenn dieser Schritt die einzig mögliche Maßnahme ist, um einen Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichheit und der Transparenz, die bei jedem Verfahren zur Vergabe eines Auftrags zu beachten sind, zu verhindern (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile Assitur, oben in Rn. 43 angeführt, EU:C:2009:317, Rn. 21, und vom 23. Dezember 2009, Serrantoni und Consorzio stabile edili, C‑376/08, Slg, EU:C:2009:808, Rn. 31), d. h. wenn es keine weniger einschneidende Maßnahme gibt, um die Wahrung der genannten Grundsätze sicherzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil Nexans France/Gemeinsames Unternehmen Fusion for Energy, oben in Rn. 45 angeführt, EU:T:2013:141, Rn. 117 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ein Interessenkonflikt oder eine Interessenverquickung stellen an sich und objektiv einen gravierenden Missstand oder eine schwerwiegende Regelwidrigkeit dar, ohne dass es auf die Absichten und die Gut- oder Bösgläubigkeit der Beteiligten ankäme (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Juni 1999, Ismeri Europa/Rechnungshof, T‑277/97, Slg, EU:T:1999:124, Rn. 123, Nexans France/Gemeinsames Unternehmen Fusion for Energy, oben in Rn. 45 angeführt, EU:T:2013:141, Rn. 115, und vom 11. Juni 2014, Communicaid Group/Kommission, T‑4/13, EU:T:2014:437, Rn. 53). 47 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass das EUIPO am 11. April 2011, d. h. einen Monat nach Ablauf der Einreichungsfrist und vier Monate vor Erlass der Vergabeentscheidung, das Drasis-Konsortium ausdrücklich aufgefordert hatte, die Situation der Gesellschaften der PWC‑Gruppe darzustellen, um zu prüfen, ob unter Umständen ein Interessenkonflikt bestehe. Dieser Aufforderung kamen das genannte Konsortium und PWC Spain am 15. April 2011 mit zwei im Wesentlichen identischen Schreiben nach. Aus diesen Schreiben geht insbesondere hervor, dass das Drasis-Konsortium nur sechs Tage vor Ablauf der Einreichungsfrist PWC Spain aufgefordert hatte, an dem Ausschreibungsverfahren als Subunternehmerin teilzunehmen. Bis auf den Umstand aber, dass PWC UK, PWC Belgium und PWC Spain „Schwester“-Gesellschaften waren, die derselben Gruppe angehörten, haben die Klägerinnen keinen Grund vorgetragen, der die Richtigkeit dieser Darstellung in Frage stellen könnte, die der öffentliche Auftraggeber somit zu Recht als einen wichtigen Hinweis dafür ansehen durfte, dass es keinen das Ausschreibungsverfahren beeinflussenden potenziellen Interessenkonflikt gab. Unabhängig von den Geheimhaltungspflichten nämlich – die das Drasis-Konsortium, PWC Spain und schließlich EUIPO geltend machen –, aufgrund deren die Übermittlung vertraulicher Informationen zwischen den „Schwester“-Gesellschaften der PWC‑Gruppe verboten war, erscheint es wenig plausibel, dass sich PWC Spain innerhalb der kurzen Frist von sechs Tagen bei PWC UK und PWC Belgium sachdienliche vertrauliche Daten verschaffen konnte, die der Formulierung der Verdingungsunterlagen zugrunde lagen, und dass sie aufgrund dieser Daten das Angebot des Konsortiums wirksam ändern konnte, um dessen Erfolgsaussichten zu verbessern. Unter diesen Umständen ist es auch nicht wahrscheinlich, dass PWC UK und PWC Belgium zur Zeit der Ausarbeitung der Verdingungsunterlagen, d. h. lange bevor die Entscheidung getroffen wurde, PWC Spain als Mitglied des Konsortiums teilnehmen zu lassen, die betreffenden Zuschlagskriterien so fassen konnten, dass das genannte Konsortium im Ausschreibungsverfahren begünstigt wird. 48 Aus Abschnitt 13.1 Abs. 1 Buchst. g Satz 2 der Verdingungsunterlagen ergibt sich außerdem, dass ein Interessenkonflikt insbesondere angenommen wird, wenn „ein Subunternehmer eines Hauptbieters, der an den vorbereitenden Arbeiten für das … Ausschreibungsverfahren beteiligt war, nicht in der Lage ist, den Nachweis zu führen, dass sein Angebot den Wettbewerb nicht verzerren kann, d. h. dass es kein Risiko für den Wettbewerb darstellt“. Wie aber das EUIPO geltend macht, ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte bereits der Umstand, dass das Angebot des Drasis-Konsortiums wegen seiner technischen Qualität eindeutig weniger Punkte als das Angebot der ersten Klägerin erhielt, das insoweit am höchsten bewertet wurde (siehe oben, Rn. 14), ein Beweis dafür, dass die mittelbare strukturelle Verbindung zwischen PWC Spain einerseits sowie PWC UK und PWC Belgium andererseits, die gerade mit der Ausarbeitung des technischen Teils der Verdingungsunterlagen betraut waren, und das Verhalten der genannten Gesellschaften keine Auswirkungen auf den Wettbewerb der Bieter hatten, vor allem nicht zum Nachteil der ersten Klägerin. Hieraus ergibt sich überdies, dass im vorliegenden Fall das EUIPO den relevanten Sachverhalt hinreichend prüfte, wodurch es zu dem Ergebnis gelangte, dass der eventuelle Interessenkonflikt ohne Einfluss auf den Ablauf des Ausschreibungsverfahrens und dessen Ergebnis geblieben war. 49 Die Klägerinnen haben somit nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass der sich aus der mittelbaren strukturellen Verbindung zwischen PWC Spain, PWC UK und PWC Belgium ergebende eventuelle Interessenkonflikt das Ausschreibungsverfahren im Sinne der oben in Rn. 42 angeführten Rechtsprechung beeinflussen konnte. 50 Folglich ist der erste Teil zurückzuweisen, ohne dass abschließend festgestellt werden muss, ob im vorliegenden Fall tatsächlich ein Interessenkonflikt im Sinne von Art. 94 Buchst. a der Haushaltsordnung und Abschnitt 13.1 Abs. 1 Buchst. g Satz 2 der Verdingungsunterlagen bestand. Zum zweiten Teil: Vorliegen eines Interessenkonflikts, was das Unisys-Konsortium angeht 51 Im Rahmen des zweiten Teils machen die Klägerinnen geltend, unter Berücksichtigung von Abschnitt 13.1 der Verdingungsunterlagen hätte der zweite Zuschlagsempfänger im Kaskadenverfahren, das Unisys-Konsortium, keinen Rahmenvertrag erhalten dürfen, da das Unisys-Konsortium der erste Vertragspartner auf der Grundlage des Rahmenvertrags AO/021/10 („Erbringung externer Dienstleistungen für die Verwaltung von Programmen und Projekten und für die technische Beratung in den Informationstechnologien“) zugunsten des EUIPO gewesen sei. Das Unisys-Konsortium habe sich somit in einem nach Art. 94 der Haushaltsordnung verbotenen Interessenkonflikt befunden und hätte bereits vor der Bewertung seines Angebots vom Ausschreibungsverfahren ausgeschlossen werden müssen. Wenn es nämlich nicht von seinen vertraglichen Pflichten aufgrund des Rahmenvertrags AO/021/10 befreit worden wäre, hätte es auch keinen Auftrag aufgrund des Rahmenvertrags AO/029/10 erhalten dürfen. Während der letztgenannte Rahmenvertrag den Entwurf und die Entwicklung von Anwendungsprogrammen des EUIPO betreffe, beziehe sich der Rahmenvertrag AO/021/10 auf die Projektverwaltung und die damit zusammenhängende technische Beratung und folglich auf Dienstleistungen, die von dem Vertragspartner des Rahmenvertrags AO/029/10 erbracht würden, was einen unmittelbaren Konflikt zwischen den dort vorgesehenen jeweiligen Aufgaben herbeiführe. Mit anderen Worten, der Vertragspartner des Rahmenvertrags AO/021/10 müsse sich an der Ausarbeitung der Verdingungsunterlagen beteiligen und die Erfüllung der Ausführungsverträge durch den Vertragspartner des Rahmenvertrags AO/029/10 überwachen. Schließlich habe das EUIPO diesen eventuellen Interessenkonflikt nicht ordnungsgemäß untersucht. Die Klägerinnen stellen in Abrede, dass das Angebot der ersten Klägerin unter diesen Umständen ebenfalls hätte zurückgewiesen werden müssen, da ihr nach Abschluss des Ausschreibungsverfahrens AO/029/10 kein Auftrag erteilt worden sei. Sollte diese Klägerin Vertragspartnerin eines Vertrags in diesem Rahmen werden, müsste der Interessenkonflikt daher vor der Unterzeichnung des Vertrags beseitigt werden. 52 Das EUIPO macht erstens geltend, der zweite Teil sei unzulässig oder gehe wegen fehlenden Interesses ins Leere. Da die erste Klägerin im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens AO/021/10 an erster Stelle im Kaskadenverfahren gereiht worden sei und Vertragspartnerin des betreffenden Rahmenvertrags geworden sei, habe sie sich in derselben Lage befunden wie das Konsortium Unisys. Unterstellt, diesem Teil des Klagegrundes wäre stattzugeben, wäre die Folge hiervon zum einen, dass die erste Klägerin ebenfalls vom Ausschreibungsverfahren AO/029/10 hätte ausgeschlossen werden müssen, und zum anderen, dass die Klage insgesamt gegenstandslos wäre, da die erste Klägerin wegen ihres Ausschlusses den fraglichen Auftrag nicht hätte erhalten können. 53 Das EUIPO stellt zweitens die Stichhaltigkeit des zweiten Teils des Klagegrundes in Abrede. Zu dem Termin für die Abgabe der Angebote im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens AO/029/10, d. h. am 11. März 2011, sei das Ausschreibungsverfahren AO/021/10 noch nicht abgeschlossen gewesen, und im Rahmen dieses Verfahrens sei noch kein Auftrag vergeben worden. Es sei daher nicht möglich gewesen, irgendeinen unberechtigten Vorteil aus den Kenntnissen zu ziehen, die bei der Ausführung der sich aus dem letztgenannten Verfahren ergebenden Verträge erworben worden seien. Überdies seien im Stadium der Auftragsvergabe aufgrund des Ausschreibungsverfahrens AO/029/10, das allein Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sei, eventuelle Interessenkonflikte, die bei der Ausführung von spezifischen, dem Rahmenvertrag AO/021/10 zuzuordnenden Verträgen entstehen könnten, ohne Relevanz. Da es an einem potenziellen Interessenkonflikt und damit an einem Ausschlussgrund fehle, habe der Bewertungsausschuss die Angebote der ersten Klägerin und des Unisys-Konsortiums somit zu Recht zugelassen. Das EUIPO bestreitet, dass der Vertragspartner aufgrund des Rahmenvertrags AO/021/10 die Arbeiten überwachen solle, die aufgrund der Verträge geleistet würden, mit denen der Rahmenvertrag AO/029/10 durchgeführt werde. 54 Das Gericht weist darauf hin, dass im vorliegenden Fall der zweite Zuschlagsempfänger, das Unisys-Konsortium, im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens AO/029/10 unstreitig auch der erste Zuschlagsempfänger und Vertragspartner aufgrund des Rahmenvertrags AO/021/10 ist, der den Auftrag „Erbringung externer Dienstleistungen für die Verwaltung von Programmen und Projekten und für die technische Beratung in den Informationstechnologien“ betrifft. Aufgrund des letztgenannten Rahmenvertrags ist der Vertragspartner damit betraut, zugunsten des EUIPO externe Dienstleistungen für die Verwaltung von Programmen und Projekten in den Informationstechnologien sowie technische Beratung im Zusammenhang mit allen Arten von Informationssystemen und in allen Technologiebereichen zu erbringen. Das Ausschreibungsverfahren AO/029/10 dagegen, das Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist, bezog sich auf den Auftrag „Softwareentwicklung und ‑pflege“ betreffend die Erbringung von EDV-Diensten für das EUIPO im Hinblick auf die Konzipierung von Prototypen, Analyse, Entwurf, Grafikdesign, Entwicklung, Erprobung und Installation von Informationssystemen sowie die Bereitstellung der technischen Dokumentation, von Schulungen und Wartungsdiensten für diese Systeme. 55 Dem EUIPO ist es insoweit nicht gelungen, das Argument der Klägerinnen in Frage zu stellen, wonach sich hieraus ergibt, dass das Unisys-Konsortium als erster Zuschlagsempfänger und Vertragspartner aufgrund des Rahmenvertrags AO/021/10 sowie als externer IT‑Beauftragter unter Umständen die Leistungen des ersten Vertragspartners des Rahmenvertrags AO/029/10 und damit gegebenenfalls die eigenen Leistungen zu überwachen hätte, falls seine Dienstleistungen als zweiter Vertragspartner im Kaskadenverfahren in Anspruch genommen werden müssten. Diese Konstellation kann in den Anwendungsbereich des Ausschlussgrundes gemäß Abschnitt 13.1 Abs. 1 Buchst. g Satz 1 der Verdingungsunterlagen fallen, wonach „ein Interessenkonflikt … insbesondere [besteht], wenn ein Bieter … mit dem [EUIPO] einen wirksamen Vertrag geschlossen hat, dessen Gegenstand die Wahrnehmung von Aufgaben der Qualitätskontrolle von Software oder der Projekt- und Programmverwaltung für Softwareentwicklung und ‑pflege ist, die von dem Zuschlagsempfänger auszuführen sind …, wenn dieser Bieter … nicht nachweisen kann, dass sein Angebot einen solchen Interessenkonflikt nicht hervorrufen würde“. Angesichts seines Wortlauts wurde dieser Ausschlussgrund vom öffentlichen Auftraggeber offensichtlich gerade deswegen aufgenommen, um zu verhindern, dass der Zuschlagsempfänger des Ausschreibungsverfahrens AO/021/10 auch Zuschlagsempfänger im Ausschreibungsverfahren AO/029/10 werden kann. 56 Ohne dass jedoch über die Frage der Zulässigkeit oder der Stichhaltigkeit des vorliegenden Teils des Klagegrundes entschieden zu werden braucht, ist festzustellen, dass dieser Teil jedenfalls in der Sache keinen Erfolg haben kann. 57 Wie das EUIPO zu Recht vorträgt, war das Ausschreibungsverfahren AO/021/10 bei Ablauf der Einreichungsfrist im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens AO/029/10, d. h. am 11. März 2011, noch nicht abgeschlossen, und weder war ein Auftrag erteilt noch ein Vertrag im Rahmen dieses Verfahrens unterzeichnet worden. Da somit in diesem Stadium noch kein „wirksamer Vertrag“ zwischen dem Unisys-Konsortium und dem EUIPO im Sinne von Abschnitt 13.1 Abs. 1 Buchst. g Satz 1 der Verdingungsunterlagen bestand, konnte der genannte Ausschlussgrund keine Anwendung finden, und der behauptete Interessenkonflikt war auf jeden Fall noch unsicher und hypothetisch (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. April 2007, Deloitte Business Advisory/Kommission, T‑195/05, Slg, EU:T:2007:107, Rn. 67 und 69). Insoweit ist ferner darauf hinzuweisen, dass die oben in Rn. 42 angeführte Rechtsprechung verlangt, dass der behauptete Interessenkonflikt auf den Verlauf des Ausschreibungsverfahrens oder dessen Ergebnis Einfluss hatte. Angesichts der zeitlichen Überschneidung der beiden Ausschreibungsverfahren kann daher nicht der Schluss gezogen werden, dass das Unisys-Konsortium im vorliegenden Fall aus seiner zukünftigen Stelle als zweiter Zuschlagsempfänger im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens AO/021/10 irgendeinen Vorteil ziehen konnte. 58 Dem EUIPO folgend ist überdies festzustellen, dass die Rügen der Klägerinnen im Wesentlichen auf potenzielle Interessenkonflikte abstellen, die nur während der Durchführung spezifischer Aufträge eintreten können, die auf der Grundlage der Rahmenverträge AO/021/10 und AO/029/10 erteilt werden, d. h. nach Erlass der das Angebot ablehnenden Entscheidung, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist. Auch aus diesem Grund ist es logisch ausgeschlossen, dass ein solcher Interessenkonflikt irgendwelche Auswirkungen auf den Verlauf des Ausschreibungsverfahrens AO/029/10 oder dessen Ergebnis haben konnte, dass er den Wettbewerb zwischen den Bietern verzerrt haben konnte oder das Unisys-Konsortium gegenüber der ersten Klägerin begünstigt haben konnte. 59 Nach alledem können die Klägerinnen dem EUIPO auch nicht vorwerfen, es habe das Bestehen eines eventuellen Interessenkonflikts bezüglich des Unisys-Konsortiums nicht ordnungsgemäß untersucht. Der öffentliche Auftraggeber hat aber jedenfalls die Pflicht und die Möglichkeit, bei der Durchführung spezifischer Verträge, die zum Rahmenvertrag AO/029/10 gehören, dessen erster Zuschlagsempfänger IECI und nicht das Unisys-Konsortium ist, das Auftreten eines solchen Interessenkonflikts zu prüfen und zu verhindern. 60 Unter diesen Umständen ist der vorliegende Teil des Klagegrundes auf jeden Fall als unbegründet zurückzuweisen. Zum dritten Teil: Beteiligung des Drasis-Konsortiums an rechtswidrigen Handlungen 61 Im Rahmen des dritten Teils machen die Klägerinnen zunächst im Wesentlichen geltend, dass auf „Siemens“ als Mitglied des Drasis-Konsortiums, des dritten Zuschlagsempfängers im Kaskadenverfahren, wegen ihrer erwiesenen Beteiligung an Fällen von Betrug, Korruption und Bestechungsgeldzahlungen der Ausschlussgrund gemäß Art. 93 Abs. 1 Buchst. b und e der Haushaltsordnung Anwendung hätte finden müssen. „Siemens“ sei nicht nur in Deutschland strafrechtlich verfolgt worden, sondern habe auch öffentlich eingeräumt, derartige rechtswidrige Handlungen vorgenommen zu haben, um öffentliche Aufträge vor allem in der Union zu erhalten. So habe sie, um die Sache zum Abschluss zu bringen, die Zahlung von Bußgeldern in Höhe von 395 Mio. Euro an die deutschen Behörden und in Höhe von 800 Mio. USD an die amerikanischen Behörden akzeptiert. „Siemens“ hätte daher vom Ausschreibungsverfahren gemäß den Art. 93 und 94 der Haushaltsordnung sowie den Art. 133a und 134b der Durchführungsbestimmungen ausgeschlossen werden müssen. Dass „Siemens“ ihre Verantwortung anerkannt habe, und zwar auch im Rahmen freiwilliger Vereinbarungen, sei ein hinreichender Grund, um ihre Schuld unwiderruflich festzustellen, ohne dass für die Verhängung einer Sanktion und für den Erlass einer Entscheidung über den Ausschluss vom Ausschreibungsverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Buchst. b und e der Haushaltsordnung eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung erforderlich sei. Auf jeden Fall habe das EUIPO seine Pflicht verletzt, die Beteiligung von „Siemens“ an diesen rechtswidrigen Handlungen ordnungsgemäß zu prüfen, und damit auch gegen die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung der Bieter verstoßen. 62 Das EUIPO erwidert im Wesentlichen, es habe keinen Grund gegeben, das Drasis-Konsortium auszuschließen, da seine Mitglieder – Siemens SA und Siemens SL – zu keiner Zeit wegen Betrugs oder Korruption verurteilt worden seien. Im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens habe Siemens SA eine ehrenwörtliche Erklärung vorgelegt, in der bestätigt werde, dass es keine Verurteilungen oder anhängige Strafverfahren wegen Betrugs- oder Korruptionsvorwurfs gebe. Zweck dieser Erklärung sei es gewesen, den „Strafregisterauszug neueren Datums“ bzw. die „gleichwertige Bescheinigung einer zuständigen Behörde“ zu ersetzen, die aufgrund der Verdingungsunterlagen und von Art. 134 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen allein von den Zuschlagsempfängern mindestens 15 Tage vor Abschluss des Vertrags hätten vorgelegt werden müssen. Auch habe es für das EUIPO keinen Grund gegeben, diese ehrenwörtliche Erklärung nicht zu akzeptieren, da nach den Bedingungen der Verdingungsunterlagen die Erklärung vor allem als ausreichender Nachweis dafür erforderlich sei, dass der Bieter von keiner Ausschlusssituation gemäß Art. 93 der Haushaltsordnung betroffen sei. Das EUIPO bestreitet ferner, dass es die fraglichen Anschuldigungen nicht berücksichtigt habe. Auf ein spezifisches Klarstellungsersuchen des EUIPO zu dieser Frage habe Siemens SA erklärt, dass die genannten Anschuldigungen gänzlich unbegründet seien, und hierfür ein amtliches Dokument der zuständigen nationalen Behörden vorgelegt. 63 In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen im Anschluss an eine mündliche Frage des Gerichts bezüglich der Konsequenzen, die aus dem Urteil vom 15. Oktober 2013, Evropaïki Dynamiki/Kommission (T‑474/10, EU:T:2013:528, Rn. 37 bis 57), zu ziehen sind, ihr Vorbringen zurückgenommen, wonach die eventuelle Beteiligung der Siemens AG (im Folgenden: Siemens AG) an rechtswidrigen Handlungen den Gesellschaften Siemens SA und Siemens SL, den Mitgliedern des Drasis-Konsortiums, allein deshalb anzulasten sei, weil diese ursprünglich mittelbar von Siemens AG kontrolliert worden seien, bevor sie am 1. Juli 2011 von Atos SA durch Erwerb sämtlicher Gesellschaftsanteile der sie unmittelbar kontrollierenden Gesellschaft, der Siemens IT Solutions and Services GmbH, übernommen worden seien, wie sich aus den vom EUIPO aufgrund des Beweisbeschlusses vom 27. März 2015 (siehe oben, Rn. 26) vorgelegten Dokumenten ergibt. Diese Rücknahme ist im Sitzungsprotokoll festgehalten worden. 64 Gleichwohl stellt sich insbesondere angesichts der strukturellen Verbindung, die mit Siemens AG vor dem 1. Juli 2011 bestand, die Frage, ob im vorliegenden Fall der öffentliche Auftraggeber mit der erforderlichen Sorgfalt prüfte, ob die in Art. 93 Abs. 1 Buchst. b und e der Haushaltsordnung in Verbindung mit Abschnitt 13.1 Abs. 3 und 4 der Verdingungsunterlagen genannten Ausschlussgründe auf Siemens SA und Siemens SL und damit auf das Drasis-Konsortium Anwendung finden mussten (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 17. März 2005, AFCon Management Consultants u. a./Kommission, T‑160/03, Slg, EU:T:2005:107, Rn. 79 und 90). 65 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 93 Abs. 1 der Haushaltsordnung wie folgt lautet: „Von der Teilnahme an Ausschreibungen ausgeschlossen werden Bewerber oder Bieter, … b) die aufgrund eines rechtskräftigen Urteils aus Gründen bestraft worden sind, welche ihre berufliche Zuverlässigkeit infrage stellen; c) die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung begangen haben, welche vom Auftraggeber nachweislich festgestellt wurde; d) die ihrer Pflicht zur Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen, Steuern oder sonstigen Abgaben nach den Rechtsvorschriften des Landes ihrer Niederlassung, des Landes des öffentlichen Auftraggebers oder des Landes der Auftragserfüllung nicht nachgekommen sind; e) die rechtskräftig wegen Betrug, Korruption, Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung oder einer anderen gegen die finanziellen Interessen der Gemeinschaften gerichteten Handlung verurteilt worden sind; f) die gegenwärtig von einer verwaltungsrechtlichen Sanktion nach Artikel 96 Absatz 1 betroffen sind.“ 66 Art. 94 der Haushaltsordnung lautet wie folgt: „Von der Auftragsvergabe ausgeschlossen werden Bewerber oder Bieter, die im Zeitpunkt des Vergabeverfahrens für diesen Auftrag … c) eines der in Artikel 93 Absatz 1 genannten Kriterien für den Ausschluss von der Teilnahme an dem betreffenden Vergabeverfahren erfüllen.“ 67 Es ist ferner darauf hinzuweisen, dass Siemens SA bei Einreichung des Angebots des Drasis-Konsortiums nach Art. 134 Abs. 1 der Durchführungsbestimmungen und Abschnitt 13.1 Abs. 2 und 3 der Verdingungsunterlagen (siehe oben, Rn. 16) ein unterzeichnetes, datiertes und von einem belgischen Notar beglaubigtes Formular („Anlage 4“) vorlegte, das eine ehrenwörtliche Erklärung ihrer Führungskräfte enthielt, mit der bestätigt wurde, dass, was sie betreffe, ein Ausschlussgrund im Sinne der Art. 93 und 94 der Haushaltsordnung nicht vorliege. Das EUIPO versäumte es jedoch, im laufenden Verfahren ein entsprechendes Formular vorzulegen, das von Siemens SL stammte. 68 Angesichts der Behauptungen, Siemens AG und einige ihrer ausländischen Tochtergesellschaften seien an Fällen von Bestechungsgeldzahlungen beteiligt gewesen, die zu zivil- und strafrechtlichen Entscheidungen geführt hätten, richtete das EUIPO am 25. Juli 2011 an das Drasis-Konsortium ein Aufklärungsersuchen insbesondere zu der zwischen Siemens AG einerseits sowie Siemens SA und Siemens SL andererseits bestehenden Verbindung und forderte sie auf, Nachweise dafür vorzulegen, dass Siemens AG und die Mitglieder ihres Vorstands sich nicht in einer der in Art. 93 Abs. 1 Buchst. c und d der Haushaltsordnung bezeichneten Situationen befänden. 69 In Beantwortung dieses Ersuchens informierte das Drasis-Konsortium mit Schreiben vom 3. August 2011 das EUIPO u. a. über die Übernahme von Siemens SA und Siemens SL durch Atos (siehe oben, Rn. 63) und legte Bescheinigungen neueren Datums vor, aus denen sich ergab, dass sich Siemens AG nicht in einer der in Art. 93 Abs. 1 Buchst. d der Haushaltsordnung bezeichneten Situationen befand, sowie einen früheren Schriftwechsel mit der Kommission, der sich aufgrund entsprechender von der Kommission geäußerter Bedenken ergeben hatte und in dem bestätigt wurde, dass das genannte Konsortium die Ausschlussgründe nach Art. 93 Abs. 1 Buchst. b, c oder e und Art. 93 Abs. 2 Buchst. a der Haushaltsordnung bzw. Art. 134 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen nicht erfüllte. 70 Schließlich wurde dem Drasis-Konsortium als drittem Zuschlagsempfänger der betreffende Auftrag im Kaskadenverfahren erteilt, und es unterzeichnete einen Rahmenvertrag mit dem EUIPO, was dieses in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat. 71 Nach Art. 134 Abs. 3 Unterabs. 1 der Durchführungsbestimmungen soll der Zuschlagsempfänger am Ende des Ausschreibungsverfahrens, d. h. vor der Zuschlagserteilung, als Nachweis dafür, dass keiner der Ausschlussgründe im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Buchst. a, b oder e der Haushaltsordnung vorliegt, „einen Strafregisterauszug neueren Datums oder ersatzweise eine von einer Justiz- oder Verwaltungsbehörde des Ursprungs- oder Herkunftslandes ausgestellte gleichwertige Bescheinigung neueren Datums“ vorlegen. Ferner akzeptiert der öffentliche Auftraggeber im Fall des Art. 93 Abs. 1 Buchst. d der genannten Verordnung als ausreichenden Nachweis „eine von der zuständigen Behörde des betreffenden Staates ausgestellte Bescheinigung neueren Datums“. Nach Art. 134 Abs. 3 Unterabs. 2 der Durchführungsbestimmungen schließlich „[kann] [i]n dem Fall, dass die in Unterabsatz 1 genannte Bescheinigung von dem betreffenden Land nicht ausgestellt wird, sowie in den übrigen in Artikel 93 der Haushaltsordnung genannten Ausschlussfällen, … [die Bescheinigung] durch eine eidesstattliche oder eine ehrenwörtliche Erklärung ersetzt werden, die der betreffende Bewerber oder Bieter vor einer zuständigen Justiz- oder Verwaltungsbehörde, einem Notar oder einer dafür zuständigen Berufsorganisation seines Ursprungs- oder Herkunftslandes abgibt“. 72 Gemäß diesen Anforderungen bestimmt Abschnitt 13.1 Abs. 4 der Verdingungsunterlagen (siehe oben, Rn. 16) u. a., dass „[a]m Ende des Ausschreibungsverfahrens … der Bieter, dem der Zuschlag zu erteilen ist, aufgrund bestehender Verpflichtung und zur Vermeidung des Ausschlusses vom Ausschreibungsverfahren nachweisen [muss], dass er sich nicht in einer der oben genannten Situationen befindet“. Für die Vorlage der erforderlichen Nachweise steht ihm eine Frist von 15 Werktagen vor Abschluss des Vertrags zur Verfügung. Bezüglich der in Abschnitt 13.1 Abs. 1 Buchst. a, b und e der Verdingungsunterlagen genannten Ausschlussgründe müssen diese Nachweise bestehen aus „ein(em) oder mehrere(n) einschlägige(n) Strafregisterauszüge(n) oder ersatzweise eine(r) gleichwertige(n) Bescheinigung einer Justiz- oder Verwaltungsbehörde“ des Landes, in dem der Bieter ansässig ist (Abschnitt 13.1 Abs. 4 erster Gedankenstrich der Verdingungsunterlagen). Schließlich heißt es, dass bezüglich der in Abschnitt 13.1 Abs. 1 Buchst. c, f, g und h der Verdingungsunterlagen genannten Ausschlussgründe „Anlage 4“, d. h. das Formular mit der ehrenwörtlichen Erklärung, „gültig [ist]“ (Abschnitt 13.1 Abs. 4 dritter Gedankenstrich der Verdingungsunterlagen). 73 Es ist jedoch festzustellen, dass das EUIPO trotz der vorstehend in den Rn. 71 und 72 genannten Verpflichtungen und auch nach einer ausdrücklichen mündlichen Frage, die das Gericht insoweit in der mündlichen Verhandlung gestellt hat, weder bestätigt hat, dass sie die Vorlage eines Strafregisterauszugs neueren Datums des Drasis-Konsortiums und seiner Mitglieder einschließlich Siemens SA und Siemens SL verlangt hat, noch geltend gemacht hat, dass diese Bescheinigung von den Ländern, in denen die beiden letztgenannten Gesellschaften ihren Sitz hatten, d. h. Belgien und Spanien, nicht hätten ausgestellt werden können. Unter diesen Umständen hätten diese Nachweise nach Art. 134 Abs. 3 Unterabs. 2 der Durchführungsbestimmungen nicht durch eine – namentlich vor einem Notar des Ursprungs- oder Herkunftslandes abgegebene – eidesstattliche oder ehrenwörtliche Erklärung ersetzt werden dürfen. Überdies war die ehrenwörtliche Erklärung von Siemens SA, die zusammen mit dem Angebot des Drasis-Konsortiums eingereicht wurde, von einem belgischen Notar beglaubigt worden, und das EUIPO hat es versäumt, im Laufe des Verfahrens eine – gegebenenfalls von einem spanischen Notar beglaubigte – entsprechende Erklärung von Siemens SL vorzulegen. 74 Auf jeden Fall hätte im vorliegenden Fall diese ehrenwörtliche Erklärung nach Abschnitt 13.1 Abs. 4 dritter Gedankenstrich der Verdingungsunterlagen vom öffentlichen Auftraggeber nur als Nachweis dafür akzeptiert werden dürfen, dass andere Ausschlussgründe, d. h. die in Abschnitt 13.1 Abs. 1 Buchst. c, f, g und h der Verdingungsunterlagen genannten Ausschlussgründe, die den in Art. 93 Abs. 1 Buchst. c und f sowie Art. 94 Buchst. a und b der Haushaltsordnung geregelten Ausschlussgründen entsprechen, nicht vorliegen, nicht aber als Nachweis, dass der in Abschnitt 13.1 Abs. 1 Buchst. e der Verdingungsunterlagen in Verbindung mit Art. 93 Abs. 1 Buchst. e der Haushaltsordnung geregelte Ausschlussgrund nicht gegeben ist. 75 Im Übrigen geht aus dem Schreiben des EUIPO vom 25. Juli 2011, das aufgrund des Beweisbeschlusses vom 27. März 2015 (siehe oben, Rn. 26) vorgelegt worden ist, hervor, dass der öffentliche Auftraggeber das Drasis-Konsortium auch nicht aufgefordert hatte, spezifische Nachweise dafür vorzulegen, dass ein Ausschlussgrund im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Buchst. d der Haushaltsordnung in Bezug auf Siemens SA und Siemens SL nicht vorlag. 76 Das EUIPO durfte sich daher für die Erteilung des fraglichen Zuschlags nicht mit der ehrenwörtlichen Erklärung von Siemens SA als Nachweis dafür begnügen, dass ein Ausschlussgrund im Sinne von Abschnitt 13.1 Abs. 1 Buchst. e der Verdingungsunterlagen und Art. 93 Abs. 1 Buchst. e der Haushaltsordnung im Hinblick auf die Situation des Drasis-Konsortiums nicht vorlag. Dieser Nachweis war noch viel weniger geeignet, das Fehlen des genannten Ausschlussgrundes in Bezug auf Siemens SL zu belegen, für die das EUIPO einen relevanten Nachweis weder gefordert noch vorgelegt hatte. Festzustellen ist jedoch, dass zum einen Abschnitt 13.1 Abs. 4 Satz 1 der Verdingungsunterlagen insoweit eine ausdrückliche Verpflichtung begründet, deren Nichteinhaltung zwingend den Ausschluss des betreffenden Bieters zur Folge hat („aufgrund bestehender Verpflichtung und zur Vermeidung des Ausschlusses vom Ausschreibungsverfahren“), und zum anderen die Beweisunterlagen nach Abschnitt 13.1 Abs. 4 erster und dritter Gedankenstrich der Verdingungsunterlagen „sich auf Einheiten mit Rechtspersönlichkeit und/oder natürliche Personen beziehen [müssen]“, d. h. auf alle Gesellschaften, die Mitglieder des betreffenden Konsortiums sind, darunter Siemens SL. 77 Nach alledem ist festzustellen, dass das EUIPO bei der Prüfung, ob insbesondere der Ausschlussgrund nach Abschnitt 13.1 Abs. 1 Buchst. e der Verdingungsunterlagen und Art. 93 Abs. 1 Buchst. e der Haushaltsordnung vorlag, offensichtlich gegen seine Sorgfaltsplicht verstoßen hat. Es hat damit gegen die genannten Vorschriften sowie gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter verstoßen, der nach Maßgabe der in Abschnitt 13.1 Abs. 4 der Verdingungsunterlagen geregelten Ausschlussverpflichtung verlangt hätte, Siemens SA und Siemens SL und damit das Drasis-Konsortium von dem Ausschreibungsverfahren auszuschließen. Angesichts der Behauptungen, dass Siemens AG – die Gesellschaft, die Siemens SA und Siemens SL vor dem 1. Juli 2011 kontrollierte – und mehrere ihrer ausländischen Tochtergesellschaften an rechtswidrigen Handlungen beteiligt gewesen seien, wäre im vorliegenden Fall jedoch eine solche sorgfältige Untersuchung und genaue Anwendung der oben genannten Vorschriften umso erforderlicher gewesen. 78 Folglich ist dem dritten Teil des Klagegrundes stattzugeben und die das Angebot ablehnende Entscheidung allein aus diesem Grund für nichtig zu erklären. Zum zweiten Klagegrund: offenkundige Beurteilungsfehler Vorbemerkung 79 Die Klägerinnen machen geltend, ungeachtet des Verstoßes des EUIPO gegen seine Begründungspflicht offenbarten die von diesem mitgeteilten vagen Informationen bei der Bewertung des Angebots der ersten Klägerin zahlreiche offenkundige Beurteilungsfehler, bei deren Richtigstellung eine andere Einstufung der Bieter die Folge wäre. 80 Der vorliegende Klagegrund ist in vier Teile untergliedert, von denen der erste Teil weitgehend in Anlage A.14 zur Klageschrift ausgeführt wird, was das EUIPO veranlasst hat, seine Zulässigkeit in Frage zu stellen. Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes – Zum Gegenstand des ersten Teils und zur Zulässigkeit der Anlage A.14 zur Klageschrift 81 Im Rahmen des ersten Teils berufen sich die Klägerinnen vor allem auf offenkundige Beurteilungsfehler, die bei der Bewertung der Angebote in Bezug auf die technischen Qualitätskriterien Nrn. 1 bis 3 begangen worden seien. Da nämlich die Zuschlagsempfänger gerade so viel Punkte erhalten hätten, dass sie knapp die Mindestgrenze erreichten, hätte der kleinste Fehler unmittelbar den Ausschluss vom Ausschreibungsverfahren zur Folge haben müssen. Die Klägerinnen wiederholen insoweit ihren Antrag, die Vorlage der vollständigen Fassung des Bewertungsberichts anzuordnen, damit die erforderliche gerichtliche Kontrolle ausgeübt werden könne. Im Übrigen beschränken sie sich auf eine Zusammenfassung in der Klageschrift und verweisen auf eine ausführlichere Analyse der genannten Beurteilungsfehler in Anlage A.14 zur Klageschrift. Da das EUIPO keine ausreichend fundierten Informationen übermittelt habe, werde der erste Teil des zweiten Klagegrundes auf eine möglichst präzise summarische Darstellung gestützt. In dieser Darstellung werde viermal auf Anlage A.14 zur Klageschrift verwiesen, in der vom Gericht zu berücksichtigende ausführlichere technische Angaben gemacht würden. 82 Das EUIPO trägt im Wesentlichen vor, nach Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 sei der erste Teil des zweiten Klagegrundes, der nur summarisch und andeutungsweise auf zweieinhalb Seiten der Klageschrift wiedergegeben und ausführlich auf 48 Seiten der Anlage A.14 zur Klageschrift dargestellt werde und mindestens 14 Beispiele angeblicher Beurteilungsfehler betreffe, mangels Klarheit und Bestimmtheit für unzulässig zu erklären, da „der alleinige Zweck [dieser Vorgehensweise es sei], die in der Verfahrensordnung festgelegte Beschränkung der Seitenzahl zu umgehen“. Zumindest Anlage A.14 zur Klageschrift müsse zurückgewiesen werden. 83 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Klageschrift gemäß Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der gemäß Art. 53 Abs. 1 dieser Satzung auf das Gericht anwendbar ist, und gemäß Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss. Das Erfordernis einer „kurze[n] Darstellung der Klagegründe“ bedeutet, dass in der Klageschrift im Einzelnen dargelegt werden muss, worin der Rechtsfehler besteht, auf den die Klage gestützt wird. Für die Zulässigkeit einer beim Gericht erhobenen Klage ist es daher erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sie sich stützt, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich aus dem Text der Klageschrift selbst ergeben. Zwar kann deren Text zu speziellen Punkten durch Bezugnahmen auf bestimmte Abschnitte beigefügter Schriftstücke untermauert und ergänzt werden, doch kann eine pauschale Bezugnahme auf andere Schriftstücke, auch wenn sie der Klageschrift als Anlagen beigefügt sind, nicht das Fehlen der wesentlichen Bestandteile der Rechtsausführungen ausgleichen, die nach den oben genannten Vorschriften in der Klageschrift enthalten sein müssen. Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit und einer geordneten Rechtspflege muss die kurze Darstellung der Klagegründe nämlich so klar und -deutlich sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem zuständigen Gericht die Entscheidung über die Klage ermöglicht wird. Es ist daher nicht Sache des Gerichts, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen oder zu bestimmen, denn die Anlagen haben eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion (vgl. Urteil vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, Slg, EU:C:2014:2201, Rn. 38 bis 41 und die dort angeführte Rechtsprechung, vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 5. Oktober 2012, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑591/08, EU:T:2012:522, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung). 84 Im vorliegenden Fall ist erstens festzustellen, dass in den Rn. 66 und 67 der Klageschrift klar ausgeführt wird, dass der vorliegende Klagegrund, insbesondere dessen erster Teil, auf mehrere offenkundige Beurteilungsfehler gestützt wird, die sich auf verschiedene, von den Klägerinnen ausdrücklich bezeichnete Zuschlagskriterien oder ‑unterkriterien beziehen. 85 Zweitens kann die Frage, ob sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die verschiedenen Rügen insbesondere des ersten Teils des vorliegenden Klagegrundes stützen, zumindest in knapper oder gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich aus dem Text der Klageschrift selbst ergeben, angesichts des technischen Charakters der fraglichen Zuschlagskriterien und ‑unterkriterien nur im Rahmen einer Prüfung der Begründetheit der einzelnen Rügen entschieden werden. Nur eine solche Prüfung nämlich kann ergeben, ob sich die Ausführungen in Anlage A.14 zur Klageschrift darauf beschränken, den Text der Klageschrift in spezifischen Punkten zu untermauern und zu ergänzen, insbesondere durch Bezugnahme auf bestimmte Abschnitte der genannten Anlage, oder ob es sich bei einigen dieser Rügen um eine pauschale Bezugnahme auf die Darstellung in der genannten Anlage handelt, die das Fehlen der wesentlichen Bestandteile des Vorbringens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht, die in der Klageschrift selbst enthalten sein müssen, nicht ausgleichen kann. 86 Drittens wird auch die Frage, ob die kurze Darstellung des vorliegenden Klagegrundes in der Klageschrift so klar und deutlich war, dass dem EUIPO die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung ermöglicht wird, von einer Beurteilung der Begründetheit der von den einzelnen einschlägigen Rügen aufgeworfenen Sach- und Rechtsfragen abhängen. 87 Somit ist die Prüfung der Zulässigkeit der in Anlage A.14 zur Klageschrift dargelegten Erwägungen zurückzustellen und die Begründetheit der einzelnen Rügen zu beurteilen, die im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes geltend gemacht worden sind und mit denen offenkundige Beurteilungsfehler bei der Anwendung der technischen Zuschlagskriterien gerügt werden, da diese Beurteilung sich im Wesentlichen auf das tatsächliche und rechtliche Vorbringen in der Klageschrift selbst stützen muss. 88 Soweit daher das EUIPO beantragt, den vorliegenden Klagegrund, zumindest seinen ersten Teil, für unzulässig zu erklären und die Anlage A.14 zur Klageschrift insgesamt zurückzuweisen, ist die Entscheidung über die vom EUIPO erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückzustellen. – Zur ersten Rüge betreffend das Kriterium Nr. 1 Unterkriterium Nr. 1.1 Punkt 1.1.2.4 der Verdingungsunterlagen [nicht wiedergegeben] – Zur zweiten Rüge betreffend das Kriterium Nr. 1 Unterkriterium Nr. 1.1 Punkt 1.1.3.5 der Verdingungsunterlagen 98 Mit der unter dem Kriterium Nr. 1 Unterkriterium Nr. 1.1 Punkt 1.1.3.5 der Verdingungsunterlagen gestellten Frage sollte erreicht werden, dass der öffentliche Auftraggeber weiß, welches die vom Bieter „geplanten zentralen Maßnahmen“ sein würden, sobald er die Übergangsphase zu Beginn des Vertrags, die so genannte „In“-Phase, für ein „besonderes IT‑System“ erfolgreich durchgeführt haben würde. [nicht wiedergegeben] 100 Die Klägerinnen bestreiten, dass das genannte Angebot nicht stets die Komplexität des betreffenden Systems berücksichtige, und behaupten, es sei gewährleistet, dass der Übergangsprozess alle Beteiligten betreffe – einschließlich EUIPO und Vertragspartner – und auf einer konkreten Kontrollliste beruhe, deren Überprüfung einen auf Konsens beruhenden Prozess einleiten könne. Das EUIPO erwidert im Wesentlichen, der Bewertungsbericht habe zu Recht beanstandet, dass im Angebot der ersten Klägerin bestimmte Kriterien gefehlt hätten, wie die Komplexität des Systems und sein kritischer Charakter im Hinblick auf die vorgeschlagenen Kriterien, und dass die beiden Dienstleistungserbringer eine Vereinbarung über das Ende des Übergangs treffen müssten. Überdies sehe das genannte Angebot zwar die Ausarbeitung einer Liste für die Qualitätskontrolle vor, erwähne jedoch nicht, dass sie im Wege des Konsenses vervollständigt werden müsse. Das EUIPO sei daher zu Recht der Auffassung gewesen, dass eine Vereinbarung, d. h. ein Konsens, zwischen dem aktuellen Dienstleistungserbringer und dem neuen Vertragspartner für die Feststellung, dass der Übergang zu Beginn des Vertrags beendet sei, erforderlich gewesen sei und dass das genannte Angebot dies nicht vorgeschlagen habe. Demgegenüber stellen die Klägerinnen die Notwendigkeit, eine solche „rechtliche“ Vereinbarung zwischen diesen beiden Dienstleistungserbringern zu schließen, von denen jeder Vertragsbeziehungen nur mit dem EUIPO unterhalte, in Abrede und wenden sich ferner gegen das im Nachhinein vorgebrachte Argument betreffend die „Kritikalität“, die nach den Verdingungsunterlagen und angesichts des sehr „kritischen“ Charakters sämtlicher Anwendungen des EUIPO ein beim Transfer zu berücksichtigendes Standardelement sei. 101 Insoweit ist festzustellen, dass die im Rahmen des vorliegenden Zuschlagskriteriums gestellte Frage besonders vage ist, soweit sie sich allgemein auf „geplante zentrale Maßnahmen“ bezieht. Die detaillierten Anforderungen an die Darlegung bestimmter „Kriterien“, die der im Bewertungsbericht geäußerten Kritik zufolge im Angebot der ersten Klägerin nicht erfüllt wurden, haben daher keine so klare, genaue und deutliche Grundlage im Wortlaut des genannten Zuschlagskriteriums, dass alle durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt sie in gleicher Weise auslegen können und der Auftraggeber imstande ist, sie objektiv und einheitlich anzuwenden, indem er überprüft, ob ihre Angebote die genannten Anforderungen erfüllen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Februar 2011, Kommission/Zypern, C‑251/09, EU:C:2011:84, Rn. 39 und 40, und vom 25. Oktober 2012, Astrim und Elyo Italia/Kommission, T‑216/09, EU:T:2012:574, Rn. 35 bis 37 und die dort angeführte Rechtsprechung). 102 Die Klägerinnen beanstanden jedoch den Mangel an Klarheit und Bestimmtheit dieses Zuschlagskriteriums nicht ausdrücklich und unmittelbar. Das Gericht, das nicht befugt ist, von Amts wegen die Rechtmäßigkeit des genannten Kriteriums als solche zu prüfen, hat daher seine Kontrolle auf die ausdrücklichen Ausführungen der Klägerinnen zu beschränken. Diese Ausführungen beinhalten im Wesentlichen zum einen das angebliche Erfordernis, dass eine Vereinbarung zwischen dem aktuellen Dienstleistungserbringer und dem neuen Vertragspartner geschlossen wird, und zum anderen den Umstand, dass die Komplexität und der kritische Charakter des Systems nicht hinreichend berücksichtigt wurde. 103 Was das erste Argument angeht, machen die Klägerinnen jedoch angesichts der vagen und allgemeinen Bezugnahme in dem genannten Zuschlagskriterium auf die „geplanten zentralen Maßnahmen“ zu Recht geltend, dass der öffentliche Auftraggeber nicht berechtigt gewesen sei, sich auf ein angebliches besonderes Erfordernis zu stützen, wonach der Abschluss einer „Vereinbarung zwischen den beiden Dienstleistungserbringern über das Ende des Übergangs“ vorzusehen sei. Ohne dass die Rechtsnatur der angeblich erforderlichen und in den Verdingungsunterlagen nicht festgelegten Vereinbarung beurteilt zu werden braucht, ist zudem darauf hinzuweisen, dass die erste Klägerin in ihrem Angebot erklärte, „dass eine reibungslose Zusammenarbeit mit dem EUIPO und dem vorherigen Vertragspartner den Transfer des Know-how beträchtlich erleichtert“, und dass „[sie sich] [a]us diesem Grund … darum bemühen [wird], alle für eine fruchtbare Zusammenarbeit mit dem EUIPO und dem vorherigen Vertragspartner erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen“. 104 Angesichts dieser Erklärung ist die Kritik des Bewertungsausschusses, der zufolge das Angebot der ersten Klägerin keine „Vereinbarung zwischen den beiden Dienstleistungserbringern über das Ende des Übergangs“ vorgesehen hat, formalistisch und überzogen, da die erste Klägerin vorgeschlagen hatte, alles Erforderliche für eine Zusammenarbeit während der Übergangsphase mit dem vorherigen Vertragspartner zu tun, um einen Transfer des Know-how zu ermöglichen, was sich weitgehend mit dem Zweck der vom öffentlichen Auftraggeber im Nachhinein verlangten angeblichen „Vereinbarung“ deckt. Das EUIPO kann diese Feststellung nicht mit seinem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung entkräften, wonach sich das Angebot der ersten Klägerin insoweit darauf beschränkt habe, einen Prozess, nicht aber das Ergebnis dieses Prozesses zu beschreiben, was jedoch gerade verlangt worden sei durch die Wendung „[sobald er] die Übergangsphase zu Beginn des Vertrags … erfolgreich durchgeführt [hat]“, da sich ein solches Erfordernis – vor allem die Pflicht, einen Erfolg, nämlich den Abschluss einer „Vereinbarung“, herbeizuführen – nicht mit der erforderlichen Klarheit aus der betreffenden Frage ergibt. Das genannte Erfordernis ergibt sich auch nicht aus Punkt 2.2.1 Abs. 1 der Verdingungsunterlagen, auf die sich das EUIPO erst in der mündlichen Verhandlung und im Kontext der fünften Rüge (siehe unten, Rn. 135) berufen hat, da diese Vorschrift eindeutig bestimmt, dass es Sache des EUIPO und nicht des neuen Vertragspartners ist, eine besondere Vereinbarung vorzulegen, die den genannten Vertragspartner verpflichtet, einen Prozess des Know-how-Transfers zwischen diesem Vertragspartner einerseits und dem vorherigen Vertragspartner und dem EUIPO andererseits einzuleiten, um die Verantwortung für die Pflege der IT‑Systeme des EUIPO zu übernehmen. Indem das EUIPO das Angebot der ersten Klägerin in diesem Punkt beanstandete, beging es somit einen offenkundigen Beurteilungsfehler. [nicht wiedergegeben] 108 Hieraus folgt, dass das zweite Argument keinen Erfolg haben kann und dass deswegen über die Einrede der Unzulässigkeit, die das EUIPO insoweit zur Verteidigung bezüglich insbesondere des Verweises auf die Erwägungen in Anlage A.14 zur Klageschrift erhoben hat, nicht entschieden zu werden braucht. 109 Nach alledem ist der zweiten Rüge teilweise stattzugeben, und teilweise ist sie zurückzuweisen. – Zur dritten Rüge betreffend das Kriterium Nr. 1 Unterkriterium Nr. 1.1 Punkt 1.1.3.10 der Verdingungsunterlagen 110 Mit Hilfe der im Kriterium Nr. 1 Unterkriterium Nr. 1.1 Punkt 1.1.3.10 der Verdingungsunterlagen gestellten Frage sollte der öffentliche Auftraggeber erfahren, welche „sonstigen zentralen Aspekte“ der Bieter in der Übergangsphase zu Beginn des Vertrags, der so genannten „In“-Phase, für ein „besonderes IT‑System“ als wesentlich betrachtete. 111 Insoweit wurde im einschlägigen Auszug des Bewertungsberichts zur technischen Qualität des Angebots der ersten Klägerin Folgendes festgestellt: „Formal gesehen ist die Antwort zu lang. Es handelt sich weitgehend um eine Wiederholung der Antworten auf die vorhergehenden Fragen (die sich daher nicht auf die ‚sonstigen zentralen Aspekte‘ beziehen). Wichtige Aspekte fehlen: skalierbarer Prozess (kleine Anwendungen erfordern keinen vollständigen Übergangsprozess zu Beginn des Vertrags), Kontrolle der laufenden Entwicklungen und Bereitstellungen in der Übergangsphase sowie geografische Beschränkungen.“ 112 Die Klägerinnen werfen dem EUIPO vor, es habe zu Unrecht die Länge sowie die Wiederholungen und die Lückenhaftigkeit der im Angebot der ersten Klägerin gegebenen Antwort beanstandet, die sowohl den skalierbaren Prozess als auch die geografischen Beschränkungen abgedeckt habe. Entgegen den Ausführungen des EUIPO im Laufe des Verfahrens habe das Angebot eine Methode vorgeschlagen, die der Definition der Skalierbarkeit – nicht aber einem „One-size-fits-all“-Modell – entspreche, da sie stets darauf angelegt gewesen sei, der betreffenden Situation Rechnung zu tragen, und daher in allen Fällen auf die Erfordernisse der einzelnen Aufgabe zugeschnitten gewesen sei. 113 Das EUIPO erwidert im Wesentlichen, die Verdingungsunterlagen hätten auch vorgesehen, dass die Angebote klar, prägnant und konkret in Bezug auf die Fragestellung sein müssten. Insbesondere die Einleitung der Antwort auf die Frage 1.1.3.10 habe sich jedoch auf eine Wiedergabe der Einleitung der Antwort auf die Frage 1.1.3.3 beschränkt. Die Klägerinnen hätten zudem nicht nachgewiesen, dass das Angebot der ersten Klägerin die Skalierbarkeit des Projekts bzw. die geografischen Zwänge berücksichtigt habe. Nach der Kritik des Bewertungsausschusses habe das genannte Angebot nicht berücksichtigt, dass es im EUIPO unterschiedliche Software gebe, wie sie in den Unterlagen beschrieben worden sei, die Anhang II der Verdingungsunterlagen beigefügt seien. Darüber hinaus habe sich das Angebot, ebenso wie für die Übergangsphase am Ende des Vertrags, nicht mit den Risiken im Zusammenhang mit den geografischen Beschränkungen befasst, die in der Übergangsphase zu Beginn des Vertrags aufträten. 114 Wie das Kriterium Nr. 1 Unterkriterium Nr. 1.1 Punkt 1.1.3.5 der Verdingungsunterlagen (siehe oben, Rn. 101) leidet das vorliegende Kriterium sicher ebenso unter einem Mangel an Klarheit und Bestimmtheit, da es bei ihm im Wesentlichen um die allgemeine Frage geht, welche „sonstigen zentralen Maßnahmen“ die Bieter während der Übergangsphase zu Beginn des Vertrags für wesentlich halten. Die Klägerinnen beanstanden zwar im Rahmen ihrer Darstellung in Anlage A.14 zur Klageschrift die fehlende Bestimmtheit dieses Kriteriums, das das EUIPO, wie sie ausführen, auch trotz ausdrücklicher Fragen während des Ausschreibungsverfahrens nicht klarer gefasst habe, sie tragen dieses Argument jedoch nicht in der Klageschrift als solcher vor. Angesichts der oben in Rn. 83 angeführten Rechtsprechung muss daher dieser Einwand, von dem im Wortlaut der Klageschrift keine Spur zu finden ist, nach Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 auf die vom EUIPO insoweit zur Verteidigung erhobene Einrede der Unzulässigkeit hin als unzulässig angesehen werden. 115 Was das in zulässiger Weise in der Klageschrift selbst geltend gemachte erste Argument betrifft, wonach der öffentliche Auftraggeber zu Unrecht die Länge sowie die Wiederholungen der im Angebot der ersten Klägerin gegebenen Antwort festgestellt hat, hat das EUIPO in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, diese Feststellung beinhalte „formal gesehen“ ein negatives Urteil, das besage, dass die Antwort nicht hinreichend prägnant, klar und konkret im Hinblick auf die Fragestellung sei. Die erst im Laufe des Verfahrens erfolgte Klarstellung kann jedoch nichts am Inhalt der rein formalen Kritik ändern, die an der Länge und den Wiederholungen der Antwort der ersten Klägerin im Bewertungsbericht geäußert wurde. Auch ergibt sich weder aus den Verdingungsunterlagen noch aus der Begründung des Bewertungsberichts, inwieweit dieses Urteil gerechtfertigt ist, da es in der Einleitung von Anhang 17 der Verdingungsunterlagen vielmehr heißt, dass die Länge der Antworten auf jede individuelle Frage ein bis zwei Seiten betragen solle, eine formale Grenze, die die Antwort der ersten Klägerin im vorliegenden Fall eingehalten hat. Dem ersten Argument ist somit stattzugeben, und die vom EUIPO zur Verteidigung insoweit erhobene Einrede der Unzulässigkeit ist zurückzuweisen. 116 Was das zweite Argument betrifft, genügt der Hinweis, dass dieses Argument in verständlicher Weise ausschließlich in Anlage A.14 zur Klageschrift geltend gemacht worden ist, so dass es nach der oben in Rn. 83 angeführten Rechtsprechung für unzulässig zu erklären ist. Im Übrigen würden die in der genannten Anlage dargelegten Argumente, selbst wenn sie berücksichtigt würden, nicht ausreichen, um den gegen das EUIPO erhobenen Vorwurf zu begründen, es habe einen offenkundigen Beurteilungsfehler in den fraglichen Punkten begangen. [nicht wiedergegeben] 121 Nach alledem hat das EUIPO ohne offensichtliche Beurteilungsfehler angenommen, dass das Angebot der ersten Klägerin den „skalierbaren Prozess“, die „Kontrolle der laufenden Entwicklungen“, die „Bereitstellungen in der Übergangsphase“ sowie die „geografischen Beschränkungen“ als „sonstige zentrale Aspekte“ im Sinne von Kriterium Nr. 1 Unterkriterium Nr. 1.1 Punkt 1.1.3.10 der Verdingungsunterlagen nicht erfasste. 122 Folglich ist der dritten Rüge teilweise stattzugeben – und die vom EUIPO zur Verteidigung insoweit erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen –, und teilweise ist sie zurückzuweisen. – Zur vierten Rüge betreffend das Kriterium Nr. 1 Unterkriterium Nr. 1.1 Punkt 1.1.4.3 der Verdingungsunterlagen [nicht wiedergegeben] – Zur fünften Rüge betreffend das Kriterium Nr. 1 Unterkriterium Nr. 1.1 Punkt 1.1.4.4 der Verdingungsunterlagen [nicht wiedergegeben] – Zur sechsten Rüge betreffend das Kriterium Nr. 1 Unterkriterium Nr. 1.1 Punkt 1.1.4.5 der Verdingungsunterlagen 140 Mit Hilfe der im Kriterium Nr. 1 Unterkriterium Nr. 1.1 Punkt 1.1.4.5 der Verdingungsunterlagen gestellten Frage sollte der öffentliche Auftraggeber erfahren, welches die „zentralen Maßnahmen [sind], um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass … die Übergangsphase am Ende des Vertrags [(so genannte ‚Out‘-Phase)] für ein besonderes IT‑System erfolgreich abgeschlossen [wurde]“. 141 Insoweit wurde im einschlägigen Auszug des Bewertungsberichts zur technischen Qualität des Angebots der ersten Klägerin Folgendes festgestellt: „Die Antwort ist zu lang. Nur die letzten 25 % beziehen sich auf die Frage. Die Antwort enthält keine Aufstellung der Kriterien, anhand deren beurteilt werden kann, ob der Übergang am Ende des Vertrags abgeschlossen wurde. Wichtige Kriterien fehlen: geplante Aufgaben sind erledigt, Risiken sind geschlossen, der Dienstleistungserbringer des Übergangs zu Beginn des Vertrags hat den Übergang abgezeichnet.“ 142 Die Klägerinnen bestreiten im Wesentlichen, dass die Antwort in dem genannten Angebot zu lang sei, dass in der Antwort nicht die Kriterien aufgeführt würden, anhand deren beurteilt werden könne, ob der Übergang am Ende des Vertrags durchgeführt worden sei, und dass wichtige Kriterien fehlten. Das EUIPO ist im Wesentlichen der Ansicht, das Angebot der ersten Klägerin enthalte keine Aufstellung der Kriterien, anhand deren beurteilt werden könne, ob der Übergang am Ende des Vertrags abgeschlossen worden sei, da die Bieter verpflichtet gewesen seien, „zentrale Maßnahmen“ und konkrete Werte und Zahlen als Beleg anzuführen, um prüfen zu können, ob diese Übergangsphase tatsächlich abgeschlossen worden sei. Das Angebot der ersten Klägerin habe nämlich nur Prozesse beschrieben, aufgrund deren es möglich sei, diese Zahlen zu erhalten. 143 Vorab ist festzustellen, dass, selbst wenn dem in Frage stehenden Zuschlagskriterium ebenso wie den vorgenannten Zuschlagskriterien Klarheit und Bestimmtheit fehlen würden, weil es sich nur allgemein auf „zentrale Maßnahmen“ bezieht, dieser Aspekt weder in der Klageschrift noch in Anlage A.14 von den Klägerinnen ausdrücklich und gesondert in Frage gestellt worden ist, so dass das Gericht ihn nicht von Amts wegen prüfen darf. Somit ist bei der Prüfung, ob vor dem Hintergrund der einzelnen Argumente der Klägerinnen ein offenkundiger Beurteilungsfehler vorliegt, nur eine eingeschränkte Kontrolle möglich. 144 Bezüglich des Vorwurfs, die Antwort der ersten Klägerin sei zu lang gewesen, genügt erstens im Einklang mit den Ausführungen im Rahmen der dritten Rüge der Hinweis, dass Anhang 17 der Verdingungsunterlagen eindeutig bestimmt, dass die Länge der Antworten auf jede individuelle Frage ein bis zwei Seiten betragen solle, und dass die genannte Antwort diese Grenze nicht überschreitet. Ebenso wie oben in Rn. 115 ist somit festzustellen, dass diese Beurteilung mit einem offensichtlichen Fehler behaftet ist und dass die vom EUIPO insoweit zur Verteidigung erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen ist. 145 Zweitens haben weder der Bewertungsbericht noch das EUIPO selbst auf eine mündliche Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung rechtlich hinreichend begründet, weshalb der öffentliche Auftraggeber der Auffassung war, dass nur 25 % des Wortlauts der Antwort der ersten Klägerin für die Fragestellung relevant seien. Auf jeden Fall rechtfertigte der Umstand, dass dem letzten Teil der genannten Antwort, der ungefähr einem Viertel des Textes entsprach, ein Titel „3. Beurteilung der Wirksamkeit und der Vollständigkeit des Übergangs am Ende des Vertrags“ vorausging, für sich allein nicht die Feststellung, dass die anderen Teile dieser Antwort, die unter den Titeln „2. Qualitätsmaßnahmen zur Sicherung des Erfolgs des Übergangs am Ende des Vertrags für das System“ und „2.1 Zentrale Qualitätsmaßnahmen“ wiedergegeben wurden, insoweit nicht relevant seien. Dadurch, dass die zur Begründung der das Angebot ablehnenden Entscheidung vorgebrachten Gründe damit sowohl die Klägerinnen als auch das Gericht daran hindern, die Frage zu beantworten, ob die Bewertung des öffentlichen Auftraggebers insoweit zutreffend ist, ist diese Bewertung mit einem Begründungsmangel behaftet, den das Gericht von Amts wegen als Gesichtspunkt zwingenden Rechts berücksichtigen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Mai 2009, VIP Car Solutions/Parlament, T‑89/07, Slg, EU:T:2009:163, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung) und den das EUIPO im Laufe des Verfahrens nicht mehr beheben kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Februar 2013, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑9/10, EU:T:2013:88, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung). [nicht wiedergegeben] 148 Mit der Feststellung eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers sowie eines Begründungsmangels in Bezug auf die Länge des Angebots der ersten Klägerin ist der vorliegenden Rüge folglich teilweise stattzugeben und teilweise ist sie zurückzuweisen. – Zur siebten Rüge betreffend das Kriterium Nr. 1 Unterkriterium Nr. 1.3 Punkt 1.3.1.12 der Verdingungsunterlagen [nicht wiedergegeben] – Zur achten Rüge betreffend das Kriterium Nr. 1 Unterkriterium Nr. 1.4 Punkt 1.4.2.4 der Verdingungsunterlagen [nicht wiedergegeben] – Zur neunten Rüge betreffend das Kriterium Nr. 1 Unterkriterium Nr. 1.4 Punkt 1.4.4.10 der Verdingungsunterlagen [nicht wiedergegeben] – Zur zehnten Rüge betreffend das Kriterium Nr. 1 Unterkriterium Nr. 1.4 Punkt 1.4.4.12 der Verdingungsunterlagen [nicht wiedergegeben] – Zur elften Rüge betreffend das Kriterium Nr. 1 Unterkriterien Nrn. 1.5 und 1.6 der Verdingungsunterlagen [nicht wiedergegeben] – Zur zwölften Rüge betreffend das Kriterium Nr. 2 der Verdingungsunterlagen [nicht wiedergegeben] – Zur 13. Rüge betreffend das Kriterium Nr. 3 Unterkriterium Nr. 3.1 Punkt 3.1.1.2 der Verdingungsunterlagen 189 Mit der unter dem Kriterium Nr. 3 Unterkriterium Nr. 3.1 Punkt 3.1.1.2 der Verdingungsunterlagen gestellten Frage werden die Bieter aufgefordert, die wesentlichen Punkte ihres Kundenverwaltungssystems zu beschreiben. 190 Hierzu stellte der einschlägige Auszug aus dem Bewertungsbericht bezüglich der technischen Qualität des Angebots der ersten Klägerin im Hinblick auf das Kriterium Nr. 3 der Verdingungsunterlagen im Allgemeinen und Punkt 3.1.1.2 im Besonderen u. a. Folgendes fest: „Im Allgemeinen entsprechen die Antworten von European Dynamics den Verdingungsunterlagen. Einige Schwachpunkte wurden in den folgenden Punkten festgestellt: 3.1.1.2: Die vorgeschlagene Organisation befasst sich nicht speziell mit den taktischen oder operativen Ebenen. Ein Kommunikationsplan ist nicht eindeutig definiert. Er folgt keiner gebräuchlichen Steuerungsmethode.“ 191 Die Klägerinnen sind in diesem Kontext der Auffassung, dass sich der öffentliche Auftraggeber auf neue Zuschlagsunterkriterien gestützt habe, die in den Verdingungsunterlagen nicht vorgesehen gewesen seien. Sie bestreiten, dass sich das Angebot der ersten Klägerin nicht speziell mit den taktischen oder operativen Ebenen befasst habe. Das genannte Angebot habe auch ein effizientes Kommunikationssystem für die Kundenverwaltung beschrieben, obwohl die Verdingungsunterlagen nur eine allgemeine Methode für die Kundenverwaltung und keinen „Kommunikationsplan“ verlangt habe. Das EUIPO habe zudem weder dargetan, dass die Verdingungsunterlagen eine „gebräuchliche Steuerungsmethode“ verlangt hätten, die die erste Klägerin angeblich nicht angewandt habe, noch deren Inhalt dargelegt, noch erläutert, inwieweit das Angebot der ersten Klägerin diesem neuen Erfordernis nicht entsprochen habe. 192 Das EUIPO erwidert, mit der Feststellung, dass eine gebräuchliche Steuerungsmethode fehle, habe nicht bekundet werden sollen, dass das Angebot der ersten Klägerin diese Methode hätte benutzen müssen, sondern dass bestimmte grundlegende Aspekte dieser Methode, die das EUIPO häufig anwende, „nicht behandelt wurden, weil das Angebot spezifischer hätte sein können“. So hätten die Klägerinnen behauptet, dass sie die „taktischen und operativen Ebenen“ in „Abschnitt 6“ erörtert hätten, obwohl dieses Dokument nicht existiere. Ein weiteres Beispiel für die Unstimmigkeit der Antwort der ersten Klägerin sei die Antwort bezüglich der „Organisation der Beziehung Dienstleistungserbringer/Kunde“, in der diese erklärt habe, dass sie einen Account-Manager bestimmen würde, um die Kundenanfragen zu beantworten, und eine Reihe von Tätigkeiten auflisten würde, die dem Account-Manager zu diesem Zweck übertragen werden sollten, darunter die „Organisation von Besprechungen“ oder die „Sicherstellung, dass die Standards in Bezug auf das Dienstleistungsniveau eingehalten werden“. Obwohl die erste Klägerin zudem selbst dargelegt habe, dass die Kommunikation für ein gutes Verhältnis zur Kundschaft entscheidend sei, habe sie es unterlassen, einen Kommunikationsplan vorzulegen, was der Bewertungsausschuss somit zu Recht konstatiert habe. 193 Festzustellen ist, dass das vorliegende Zuschlagskriterium, wonach die Bieter die „wesentlichen Punkte“ ihres Kundenverwaltungssystems beschreiben sollten, besonders vage ist und daher den durchschnittlich fachkundigen Bietern nicht erlaubt, es bei Anwendung der üblichen Sorgfalt in gleicher Weise auszulegen, und den Auftraggeber nicht in den Stand setzt, die verschiedenen eingereichten Angebote einer vergleichenden objektiven und transparenten Beurteilung zu unterziehen (vgl. die oben in Rn. 101 angeführte Rechtsprechung). Den Klägerinnen folgend ergibt sich hieraus, dass die im Nachhinein in den Bewertungsbericht aufgenommenen Unterkriterien, d. h. die taktischen oder operativen Ebenen, die Definition eines Kommunikationsplans und die gebräuchliche Steuerungsmethode, keine hinreichend klare, genaue und deutliche Grundlage im Wortlaut des genannten Zuschlagskriteriums haben. Diese Vorgehensweise steht jedoch in einem offensichtlichen Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung, nach der die Beachtung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz erfordert, dass den potenziellen Bietern zum Zeitpunkt der Vorbereitung ihrer Angebote alle Kriterien, die vom öffentlichen Auftraggeber bei der Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots berücksichtigt werden, und, wenn möglich, deren relative Bedeutung bekannt sind und dass demnach ein öffentlicher Auftraggeber für die Zuschlagskriterien keine Unterkriterien anwenden darf, die er den Bietern nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. Januar 2008, Lianakis u. a., C‑532/06, Slg, EU:C:2008:40, Rn. 36 bis 38, und vom 21. Juli 2011, Evropaïki Dynamiki/EMSA, C‑252/10 P, EU:C:2011:512, Rn. 30 und 31). Den hierzu während des Verfahrens erfolgten Ausführungen des EUIPO, mit denen das in Rede stehende Zuschlagskriterium neu ausgelegt werden soll und die Beurteilung im Bewertungsbericht anhand der Bedeutung, die das genannte Kriterium damit erhält, ex post gerechtfertigt werden soll, kann daher nicht gefolgt werden; sie sind somit zurückzuweisen. Hieraus folgt, dass der öffentliche Auftraggeber nicht berechtigt war, die negative Beurteilung im Bewertungsbericht auf das in Rede stehende Zuschlagskriterium zu stützen. 194 Zumindest aus diesen Gründen liegt ein offensichtlicher Beurteilungsfehler vor und ist der vorliegenden Rüge, die im Wortlaut der Klageschrift selbst hinreichend ausführlich dargelegt worden ist, stattzugeben. Hieraus folgt ferner, dass die Einrede der Unzulässigkeit, die das EUIPO insoweit zur Verteidigung bezüglich insbesondere des Verweises auf die Erwägungen in Anlage A.14 zur Klageschrift erhoben hat, zurückzuweisen ist und nicht geprüft zu werden braucht, ob das Angebot der ersten Klägerin die angeblich fehlenden Aspekte, wie das Vorliegen eines Kommunikationsplans, erfasste. – Zur 14. Rüge betreffend das Kriterium Nr. 3 Unterkriterium Nr. 3.1 Punkt 3.1.2.2 der Verdingungsunterlagen [nicht wiedergegeben] – Zur 15. Rüge betreffend das Kriterium Nr. 3 Unterkriterium Nr. 3.1 Punkt 3.1.4.2 der Verdingungsunterlagen [nicht wiedergegeben] Zum zweiten bis vierten Teil des zweiten Klagegrundes: bei der Bewertung der finanziellen Qualität des Angebots der ersten Klägerin begangene offensichtliche Beurteilungsfehler, Verstoß gegen das Kriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebots und Änderung des Gegenstands des Auftrags – Relevanter Inhalt der Verdingungsunterlagen [nicht wiedergegeben] – Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien [nicht wiedergegeben] – Beurteilung des vorliegenden Falles 215 Zum einen ist vorab festzustellen, dass ein Bieter die Rechtmäßigkeit der Formel für die finanzielle Bewertung, die in den Verdingungsunterlagen aufgestellt und vom öffentlichen Auftraggeber bei der vergleichenden Bewertung der Angebote verwendet wurde, inzident in Frage stellen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2011, Evropaïki Dynamiki/EIB, T‑461/08, Slg, EU:T:2011:494, Rn. 74). Zum anderen ist bezüglich der materiellen Rechtmäßigkeit der Auswahl der beanstandeten Formel für die finanzielle Bewertung darauf hinzuweisen, dass der öffentliche Auftraggeber über einen weiten Spielraum für die Beurteilung der Auswahl, des Inhalts und der Anwendung der mit dem betreffenden Auftrag im Zusammenhang stehenden relevanten Zuschlagskriterien verfügt, einschließlich der Zuschlagskriterien, die der Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots dienen, wobei diese Kriterien der Art, dem Gegenstand und den Besonderheiten des genannten Auftrags entsprechen müssen und den vorgesehenen Bedürfnissen sowie den vom öffentlichen Auftraggeber verfolgten Zielen am besten dienen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil Evropaïki Dynamiki/EIB, EU:T:2011:494, Rn. 137 und 192). [nicht wiedergegeben] 223 Diese Erwägungen lassen die Schlussfolgerung zu, dass die Klägerinnen weder die Rechtswidrigkeit der in den Verdingungsunterlagen vorgesehenen Formel für die finanzielle Bewertung noch das Vorliegen offenkundiger Beurteilungsfehler bei der Anwendung der genannten Formel nachgewiesen haben. 224 Folglich sind der zweite bis vierte Teil als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass die von den Klägerinnen beantragten prozessleitenden Maßnahmen getroffen zu werden brauchen. Zwischenergebnis 225 Nach alledem ist dem zweiten Klagegrund teilweise stattzugeben, und teilweise ist er zurückzuweisen. 226 Es ist zu unterstreichen, dass, soweit das Gericht in diesem Zusammenhang offenkundige Beurteilungsfehler oder unzureichende Begründungen festgestellt hat, die die Bewertung des Angebots der ersten Klägerin rechtswidrig machen, diese Rechtsverstöße für sich allein genommen die Nichtigerklärung der das Angebot ablehnenden Entscheidung rechtfertigen. 227 Insoweit ist nämlich darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus der oben in Rn. 14 wiedergegebenen vergleichenden Bewertungstabelle der technischen Angebote ergibt, das technische Angebot der ersten Klägerin aufgrund der Qualitätskriterien Nrn. 1 bis 3 nach Gewichtung der verliehenen Nettopunkte die Höchstpunktzahl von 100 Bruttopunkten erhalten hatte, während die Angebote der drei Zuschlagsempfänger nur eine deutlich geringere Anzahl von Netto- und Bruttopunkten erhalten hatten, von denen einige knapp über der Ausschlussschwelle von 45, 15 bzw. 10 Punkten für die Qualitätskriterien Nrn. 1 bis 3 lagen. So wurden die für das Angebot der ersten Klägerin vergebenen 87,90 Nettopunkte auf 100 Bruttopunkte erhöht, während die für das Angebot von IECI vergebenen 71,96 Nettopunkte auf 81,86 Bruttopunkte, die für das Angebot von Unisys vergebenen 70,66 Nettopunkte auf 80,38 Bruttopunkte und die für das Angebot von Drasis vergebenen 78,05 Nettopunkte auf 88,78 Bruttopunkte erhöht wurden. 228 Wie das EUIPO in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts ausgeführt hat, lag der Erhöhung der Punktzahl bei den drei Zuschlagsempfängern eine Dreisatzrechnung zugrunde, und sie erfolgte in dem Verhältnis, in dem die Erhöhung auf das Angebot der ersten Klägerin angewandt wurde, da dieses Angebot den Referenzwert mit der höchsten Punktzahl darstellte. Sollte dagegen umgekehrt nach Verkündung des vorliegenden Urteils eine neue, nicht mit den festgestellten Rechtsverstößen behaftete Bewertung des technischen Angebots der ersten Klägerin den öffentlichen Auftraggeber veranlassen, dem genannten Angebot mehr Punkte nach den Qualitätskriterien Nrn. 1 bis 3 zuzuweisen, so hätte nach der Dreisatzrechnung eine entsprechende Erhöhung der Punktzahl zugunsten des genannten Angebots, dessen Bewertung den Referenzwert darstellen würde, zwangsläufig zur Folge, dass die den Zuschlagsempfängern zugewiesenen Bruttopunkte proportional herabgesetzt würden, was Auswirkungen auf die endgültige Einstufung im Kaskadenverfahren haben könnte. Überdies hätte dieses Ergebnis zwangsläufig Auswirkungen auf die Gewichtung aller Angebote anhand der so berechneten Bruttowerte, zwecks Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots gemäß der oben in Rn. 14 angeführten Tabelle. 229 Daraus ergibt sich, dass die im Rahmen des zweiten Klagegrundes festgestellten Rechtsverstöße das Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens beeinflussen konnten, was das EUIPO nach Art. 226 Abs. 1 AEUV zu berücksichtigen hat (siehe auch unten, Rn. 276). Zum neuen Klagegrund: Verstoß gegen die Verdingungsunterlagen, soweit das EUIPO das finanzielle Angebot von IECI angenommen hat [nicht wiedergegeben] Zum ersten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht 238 Die Klägerinnen berufen sich auf einen Verstoß gegen Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung und Art. 149 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen, da das EUIPO es versäumt habe, ihnen ausreichende Begründungen zu geben, insbesondere eine vollständige Kopie des Bewertungsberichts auszuhändigen, damit sie in der Lage seien, u. a. die vergleichende Beurteilung der Vorteile der verschiedenen Angebote zu verstehen und über die Erhebung einer Klage zu entscheiden, und damit das Gericht seine Kontrolle ausüben könne. Insoweit beantragen die Klägerinnen, dem EUIPO die Vorlage der vollständigen Fassungen des Bewertungsberichts und der Angebote der drei Zuschlagsempfänger sowie der nicht vertraulichen Fassungen dieser Dokumente aufzugeben. In diesem Zusammenhang bestreiten sie insbesondere, dass die an die erste Klägerin für die technische Qualität ihres Angebots vergebene Punktzahl sich auf 100 % belaufen habe, da sie 58,21 Punkte für das Kriterium Nr. 1, 18,00 Punkte für das Kriterium Nr. 2 und 11,69 Punkte für das Kriterium Nr. 3 erhalten habe, insgesamt also eine Punktzahl von 87,90 %. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die genannte Klägerin im technischen Bereich die Höchstpunktzahl erhalten habe, wäre es erforderlich gewesen, die relativen Vorteile, die die Angebote der Zuschlagsempfänger angesichts der einzelnen relevanten Kriterien und Unterkriterien geboten hätten, ausführlich zu begründen, damit der nicht berücksichtigte Bieter die vergleichende Wertung der Angebote verstehen und sein Recht auf effektive gerichtliche Überprüfung ausüben könne. 239 Das EUIPO erwidert im Wesentlichen, es habe seiner Begründungspflicht genügt, indem es insbesondere die Ergebnisse des Ausschreibungsverfahrens durch das streitige Schreiben mitgeteilt habe und auf die Aufklärungsersuchen der Klägerinnen mit den Schreiben vom 26. August und 15. September 2011 geantwortet habe. Der dem Schreiben vom 26. August 2011 beigefügte Auszug aus dem Bewertungsbericht habe allein deswegen keine Stellungnahme des Bewertungsausschusses zu den Angeboten der Zuschlagsempfänger enthalten, weil es bezüglich ihrer technischen Qualität keine zu berichtenden relativen Vorteile gegeben habe und weil das Angebot der Klägerin die Höchstpunktzahl, 100 von 100 Punkten, für alle technischen Zuschlagskriterien sowie die beste Note für jedes getrennt berücksichtigte technische Zuschlagskriterium erhalten habe. Auch seien die erteilten Informationen über die Bewertung der finanziellen Kriterien ausreichend gewesen und hätten insbesondere der ersten Klägerin die Möglichkeit gegeben, aufgrund der ihrem finanziellen Angebot zugewiesenen Punkte und der den Zuschlagsempfängern zugewiesenen Punkte die finanziellen Angebote der Letzteren zu errechnen. 240 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Beachtung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung für Verwaltungsverfahren vorsieht, in den Fällen, in denen, wie hier, den Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union in ihrer Eigenschaft als öffentlichen Auftraggebern ein weites Ermessen eingeräumt ist, eine umso größere Bedeutung zukommt. Zu diesen Garantien gehört insbesondere die Verpflichtung des zuständigen Organs, seine Entscheidungen hinreichend zu begründen. Nur so ist der Unionsrichter in der Lage, zu überprüfen, ob die für die Ausübung des Ermessens maßgeblichen sachlichen und rechtlichen Umstände vorgelegen haben (Urteile vom 21. November 1991, Technische Universität München, C‑269/90, Slg, EU:C:1991:438, Rn. 14; VIP Car Solutions/Parlament, oben in Rn. 145 angeführt, EU:T:2009:163, Rn. 61, und vom 12. Dezember 2012, Evropaïki Dynamiki/EFSA, T‑457/07, EU:T:2012:671, Rn. 42). 241 Aufgrund der in Art. 296 Abs. 2 AEUV verankerten Begründungspflicht muss der Urheber des Rechtsakts seine Überlegungen so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass zum einen die Betroffenen die Gründe für die erlassene Maßnahme erfahren können, um ihre Rechte geltend zu machen, und zum anderen das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Außerdem ist das Begründungserfordernis nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können (vgl. Urteil Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Rn. 145 angeführt, EU:T:2013:88, Rn. 25 und 26 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Zudem handelt es sich bei der Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis, das von der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört (vgl. Urteil vom 22. Mai 2012, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑17/09, EU:T:2012:243, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung). 242 Für den Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge nennen Art. 100 Abs. 2 Unterabs. 1 der Haushaltsordnung sowie Art. 149 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen die Voraussetzungen, unter denen der öffentliche Auftraggeber seiner Begründungspflicht gegenüber den Bietern genügt. 243 So bestimmt Art. 100 Abs. 2 Unterabs. 1 der Haushaltsordnung: „Der öffentliche Auftraggeber unterrichtet alle Bewerber oder Bieter, deren Bewerbung oder Angebot abgelehnt wurde, über die Gründe für die Ablehnung; er teilt die Merkmale und Vorteile seines Angebots sowie den Namen des Auftragnehmers allen Bietern mit, die ein anforderungsgemäßes Angebot eingereicht und schriftlich um diese Mitteilung ersucht haben.“ 244 Insoweit kann nach ständiger Rechtsprechung aufgrund dieser Bestimmung von einem öffentlichen Auftraggeber nicht verlangt werden, dass er einem Bieter, dessen Angebot nicht ausgewählt wurde, zum einen neben den Gründen für die Ablehnung des Angebots eine detaillierte Zusammenfassung, in der jedes Detail seines Angebots im Hinblick auf dessen Bewertung berücksichtigt wurde, und zum anderen im Rahmen der Mitteilung der Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebots eine detaillierte vergleichende Analyse des ausgewählten Angebots und des Angebots des abgelehnten Bieters übermittelt. Auch ist der öffentliche Auftraggeber nicht verpflichtet, dem abgelehnten Bieter auf dessen schriftlichen Antrag eine vollständige Kopie des Bewertungsberichts auszuhändigen (Beschlüsse vom 20. September 2011, Evropaïki Dynamiki/Kommission, C‑561/10 P, EU:C:2011:598, Rn. 27, vom 29. November 2011, Evropaïki Dynamiki/Kommission, C‑235/11 P, EU:C:2011:791, Rn. 50 und 51, sowie Urteil vom 4. Oktober 2012, Evropaïki Dynamiki/Kommission, C‑629/11 P, EU:C:2012:617, Rn. 21 bis 23). Der Unionsrichter prüft jedoch, ob die Methode, die der öffentliche Auftraggeber bei der technischen Bewertung anwendet, in den Verdingungsunterlagen klar angegeben ist, einschließlich der verschiedenen Zuschlagskriterien, ihres jeweiligen Gewichts bei der Bewertung, d. h. bei der Berechnung der Gesamtpunktzahl, sowie der Mindest- und der Höchstpunktzahl für jedes Kriterium (vgl. in diesem Sinne Urteil Evropaïki Dynamiki/Kommission, EU:C:2012:617, Rn. 29). 245 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach der oben in Rn. 244 angeführten Rechtsprechung der öffentliche Auftraggeber weder grundsätzlich verpflichtet ist, dem abgelehnten Bieter Zugang zur vollständigen Fassung des Angebots des betreffenden Zuschlagsempfängers noch zu der des Bewertungsberichts zu gewähren. Sollte sich ferner herausstellen, dass das Gericht im vorliegenden Fall angesichts der Schriftsätze der Parteien, der zu den Akten genommenen Unterlagen und der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung hinreichend unterrichtet ist, um über den vorliegenden Rechtsstreit entscheiden zu können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission, T‑120/04, Slg, EU:T:2006:350, Rn. 80), wäre den Anträgen der Klägerinnen auf prozessleitende Maßnahmen oder Beweiserhebungen, über deren Erforderlichkeit überdies das Gericht allein entscheidet, nicht stattzugeben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C‑125/07 P, C‑133/07 P und C‑137/07 P, Slg, EU:C:2009:576, Rn. 319, und Beschluss vom 10. Juni 2010, Thomson Sales Europe/Kommission, C‑498/09 P, EU:C:2010:338, Rn. 138). Auf jeden Fall ist klarzustellen, dass das Gericht im vorliegenden Fall den Anträgen der Klägerinnen teilweise stattgegeben hat, soweit es dem EUIPO mit Beweisbeschluss vom 27. März 2015 (siehe oben, Rn. 26) aufgegeben hat, die Dokumente vorzulegen, aus denen die Berechnung und die vergleichende Bewertung der finanziellen Angebote der Zuschlagsempfänger und der ersten Klägerin hervorgehen, eine Anordnung, der das EUIPO Folge geleistet hat. 246 Was sodann die Gründe angeht, die das EUIPO nachträglich vorbrachte, nämlich in seinen Schreiben vom 26. August und 15. September 2011, die auf das streitige Schreiben folgten, so stellen die genannten Schreiben als solche unstreitig Ergänzungen zur Begründung der das Angebot ablehnenden Entscheidung gemäß Art. 100 Abs. 2 Unterabs. 1 der Haushaltsordnung sowie Art. 149 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen dar, die das Gericht berücksichtigen darf. 247 Somit bleibt zu prüfen, ob und inwieweit diese Schreiben gerade deshalb unzureichend begründet sind, weil die Klägerinnen ihnen nicht die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können, um ihre Rechte geltend zu machen, und das Gericht nicht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. 248 Insoweit ist sowohl die individuelle Bewertung des Angebots der ersten Klägerin als auch die vergleichende Bewertung dieses Angebots mit den Angeboten der Zuschlagsempfänger zu berücksichtigen. 249 Erstens ergibt sich bezüglich der individuellen Bewertung der technischen Qualität des Angebots der ersten Klägerin aus der Bewertungstabelle im Schreiben vom 26. August 2011 (siehe oben, Rn. 14), dass der öffentliche Auftraggeber nur die Summe der Nettopunkte mitteilte, die dem genannten Angebot für jedes der drei Qualitätskriterien getrennt zugewiesen worden waren, ohne insoweit jedoch im Detail die für die einzelnen in den Verdingungsunterlagen aufgeführten und in dem genannten Angebot behandelten Unterkriterien und Unterpunkte zugewiesenen Nettopunkte anzugeben, in Bezug auf die der Bewertungsbericht negative Beurteilungen enthielt, bzw. umgekehrt ohne insoweit zu erläutern, ob und inwieweit diese Beurteilungen den öffentlichen Auftraggeber veranlasst hatten, Nettopunkte oder Bruchteile von Nettopunkten zulasten der ersten Klägerin abzuziehen. Diese fehlende Begründung in Bezug auf die Korrelation zwischen den negativen Beurteilungen im Bewertungsbericht zum einen und den aufgrund der einzelnen Unterkriterien und Unterpunkte zugewiesenen oder nicht zugewiesenen Punkten zum anderen spiegelt sich überdies in den Verdingungsunterlagen. Diese sehen nämlich eine solche genaue Korrelation nicht vor, sondern geben nur in einer getrennten Tabelle die Gewichtung von 65 % für das Qualitätskriterium Nr. 1 mit einer Aufteilung von 10 % für die Unterkriterien Nrn. 1.1 bis 1.5, von 20 % für das Qualitätskriterium Nr. 2 und von 15 % für das Qualitätskriterium Nr. 3 an. 250 Zwar verfügt der öffentliche Auftraggeber grundsätzlich über ein weites Ermessen bei der Auswahl der nach Rangfolge aufgelisteten Zuschlagskriterien und der den einzelnen Kriterien und Unterkriterien zuzuweisenden Punkte und ist nicht verpflichtet, einem abgelehnten Bieter eine detaillierte Zusammenfassung zur Verfügung zu stellen, in der jedes Detail seines Angebots im Hinblick auf dessen Bewertung berücksichtigt wurde. Trifft der öffentliche Auftraggeber jedoch diese Auswahl, muss der Unionsrichter in der Lage sein, anhand der Verdingungsunterlagen und der Begründung der Vergabeentscheidung das jeweilige Gewicht der verschiedenen technischen Zuschlagskriterien und ‑unterkriterien in der Bewertung, d. h. in der Berechnung der Gesamtpunktzahl, sowie die Mindest- und Höchstpunktzahl für jedes dieser Kriterien oder Unterkriterien zu überprüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Rn. 244 angeführt, EU:C:2012:617, Rn. 21 und 29). Wenn der öffentliche Auftraggeber besondere Bewertungen damit verbindet, wie das betreffende Angebot diese verschiedenen Kriterien und Unterkriterien erfüllt – Bewertungen, die offensichtlich relevant für die Gesamtbeurteilung des genannten Angebots sind –, umfasst die Begründungspflicht im Übrigen zwangsläufig auch die Pflicht darzutun, wie insbesondere die negativen Bewertungen zum Abzug von Punkten geführt haben. 251 In einem Fall wie dem vorliegenden ist die Einhaltung dieses Erfordernisses umso notwendiger, als, wie dies oben in den Rn. 227 und 228 ausgeführt worden ist, der eventuelle Abzug an Nettopunkten für bestimmte Unterkriterien oder Unterpunkte aufgrund der vom öffentlichen Auftraggeber angewandten Berechnungsformel automatisch zur Folge hat, dass die Anzahl der Bruttopunkte, die den Angeboten der Zuschlagsempfänger aufgrund ihrer technischen Qualität zuzuweisen sind, erhöht wird. Anders gesagt, es liegt im Interesse der ersten Klägerin, dass sie den für jedes der Unterkriterien und Unterpunkte vorgenommenen Punktabzug kennt, in Bezug auf den der Bewertungsbericht eine negative Beurteilung enthält, um geltend machen zu können, dass angesichts der offensichtlichen Fehlerhaftigkeit der genannten Beurteilung dieser Abzug – der zu einer entsprechenden Erhöhung der Punktzahl zugunsten der anderen Bieter führt – nicht gerechtfertigt war. 252 Insoweit ist klarzustellen, dass das EUIPO in Beantwortung einer mündlichen Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten hat, Punkte anhand der verschiedenen Unterkriterien oder Unterpunkte zugewiesen zu haben, sondern es erklärte nur, dass die erste Klägerin kein Recht darauf gehabt habe, die detaillierte Berechnung und Aufteilung der Punkte zu erfahren, da die Übermittlung der endgültigen Gesamtnote für jedes der drei technischen Kriterien oder Qualitätskriterien ausgereicht habe. Zieht man die oben in den Rn. 14 und 249 angeführten Tabellen gleichzeitig heran, so ergibt sich, dass für das Angebot der ersten Klägerin 6,79 Nettopunkte aufgrund des Qualitätskriteriums Nr. 1 (65 – 58,21 = 6,79), 2 Nettopunkte aufgrund des Qualitätskriteriums Nr. 2 (20 – 18 = 2) sowie 3,31 Nettopunkte aufgrund des Qualitätskriteriums Nr. 3 (15 – 11,69 = 3,31) abgezogen wurden, d. h. ein Punktabzug mit zwei Stellen nach dem Komma erfolgte. Hieraus folgt, dass der Bewertungsausschuss für die Bewertung der Angebote unter Berücksichtigung dieser unterschiedlichen Qualitätskriterien eine mathematische Formel anwandte oder zumindest Bruchteile von Punkten je Unterkriterium oder Unternummer zuwies. Weder für die Klägerinnen noch für das Gericht ist es jedoch möglich, die genaue Berechnung oder Aufteilung der abgezogenen Punkte für jedes Unterkriterium oder gar für jede der Unternummern insbesondere im Rahmen des Qualitätskriteriums Nr. 1 zu verstehen, in Bezug auf die der Bewertungsbericht spezifische negative Beurteilungen bezüglich des Angebots der ersten Klägerin festgestellt hatte. Unter diesen Umständen kann auch nicht geprüft werden, ob und inwieweit diese Abzüge tatsächlich den genannten Beurteilungen entsprechen, und folglich, ob diese gerechtfertigt oder zumindest hinreichend plausibel sind. 253 Obwohl daher das Angebot der ersten Klägerin aufgrund seiner technischen Qualität letztlich die Höchstzahl von 100 Bruttopunkten erreichte, bleibt angesichts des in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundsatzes des effektiven Rechtsschutzes, dessen enger Zusammenhang mit der Begründungspflicht von der Rechtsprechung hervorgehoben worden ist (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, Slg, EU:C:2013:518, Rn. 116 bis 119), das Interesse der ersten Klägerin daran bestehen zu erfahren, in welchem Maß die vom öffentlichen Auftraggeber vorgebrachten negativen Beurteilungen ihr den Abzug von Nettopunkten eingebracht hatten, dessen Umfang und Begründung sich bei der Kontrolle der Rechtmäßigkeit sowohl der individuellen als auch der vergleichenden Bewertung der Angebote als ausschlaggebend erweisen konnten (siehe oben, Rn. 227 und 228). 254 Somit ist festzustellen, dass die das Angebot ablehnende Entscheidung bezüglich der Korrelation zwischen den spezifischen negativen Beurteilungen im Bewertungsbericht einerseits und dem Nettopunktabzug des öffentlichen Auftraggebers andererseits unzureichend begründet ist. 255 Diese unzureichende Begründung tritt zu der punktuellen unzureichenden Begründung hinzu, die oben in den Rn. 145 und 148 bezüglich des Kriteriums Nr. 1 Unterkriterium Nr. 1.1 Punkt 1.1.4.5 der Verdingungsunterlagen festgestellt worden ist. 256 Soweit im Übrigen die Klägerinnen dem EUIPO eine unzureichende Begründung vorwerfen, die die Bewertung des Angebots der ersten Klägerin bezüglich des Kriteriums Nr. 1 Unterkriterien Nrn. 1.5 und 1.6 der Verdingungsunterlagen rechtswidrig mache (siehe oben, Rn. 178 und 179), genügt die Feststellung, dass dieser Vorwurf mit den oben in den Rn. 249 bis 253 dargelegten Erwägungen übereinstimmt, wonach der öffentliche Auftraggeber nicht erläuterte, inwieweit die Beurteilung in dem – im Übrigen insoweit eher neutralen – Bewertungsbericht zu einem Abzug von Nettopunkten zulasten des Angebots der ersten Klägerin führen konnte. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Abzug nicht vorgenommen wurde, doch können weder die Klägerinnen noch das Gericht überprüfen, ob dies der Fall war. 257 Zweitens ist bezüglich der vergleichenden Bewertung der technischen Qualität des Angebots der ersten Klägerin mit der technischen Qualität der Angebote des Zuschlagsempfängers darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass dem Angebot der ersten Klägerin die Höchstzahl von 100 Bruttopunkten zugewiesen wurde, für sich genommen nicht ausreicht, um davon auszugehen, dass der öffentliche Auftraggeber die Punkte, die er dem genannten Angebot aufgrund der verschiedenen Zuschlagsunterkriterien und ‑unterpunkte zugewiesen hatte, nicht spezifizieren musste, da die Klägerinnen durch die Beanstandung dieser Bewertung auch die Höhe der den Zuschlagsempfängern zugewiesenen Bruttopunkte in Frage stellen konnten (siehe oben, Rn. 228). Diese Feststellung aber stimmt mit den Erwägungen in den vorstehenden Rn. 249 bis 253 überein und kann nicht Grundlage einer eigenständigen unzureichenden Begründung sein. Insoweit ist klarzustellen, dass der öffentliche Auftraggeber angesichts der oben in Rn. 244 angeführten Rechtsprechung dem abgelehnten Bieter nicht die detaillierte Beurteilung der technischen Qualität der Angebote der Zuschlagsempfänger oder gar die vollständige Fassung des Bewertungsberichts zu übermitteln braucht. 258 Drittens genügt bezüglich der vergleichenden Bewertung des finanziellen Angebots die Feststellung, dass die Klägerinnen, nachdem das EUIPO das Dokument mit der genannten vergleichenden Bewertung vorgelegt hatte, nicht in der Lage waren, ihre Einwände in der Sache zu präzisieren (siehe oben, Rn. 219). Hieraus folgt, dass die Begründung der das Angebot ablehnenden Entscheidung zu diesem Aspekt weder die Klägerinnen daran hinderte, insoweit Klage vor dem Gericht zu erheben, noch das Gericht hinderte, seine Rechtmäßigkeitskontrolle auszuüben. 259 Nach alledem ist festzustellen, dass die das Angebot ablehnende Entscheidung mit mehreren Begründungsmängeln im Sinne von Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung in Verbindung mit Art. 296 Abs. 2 AEUV behaftet ist und dass sie somit auch aus diesem Grund für nichtig zu erklären ist. Ergebnis in Bezug auf den Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidungen 260 Nach alledem ist die das Angebot ablehnende Entscheidung wegen der im Rahmen des ersten bis dritten Klagegrundes festgestellten materiellen und formellen Rechtsverstöße insgesamt für nichtig zu erklären. 261 Im Übrigen sind angesichts der untrennbaren Verbindungen zwischen den angefochtenen Entscheidungen, d. h. zwischen der das Angebot ablehnenden Entscheidung und den damit einhergehenden anderen Entscheidungen, zu denen die Entscheidungen gehören, mit denen der Auftrag vergeben wird und die Zuschlagsempfänger an erster bis dritter Stelle im Kaskadenverfahren gereiht werden (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 25. Februar 2003, Strabag Benelux/Rat, T‑183/00, Slg, EU:T:2003:36, Rn. 28), auch die genannten Entscheidungen antragsgemäß für nichtig zu erklären (siehe oben, Rn. 30). 2. Zum Schadensersatzantrag [nicht wiedergegeben] 264 Nach ständiger Rechtsprechung hängt die außervertragliche Haftung der Union im Sinne von Art. 340 Abs. 2 AEUV für ein rechtswidriges Verhalten ihrer Organe davon ab, dass mehrere Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich die Rechtswidrigkeit des vorgeworfenen Verhaltens, das tatsächliche Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden (vgl. Urteil Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Rn. 63 angeführt, EU:T:2013:528, Rn. 215 und die dort angeführte Rechtsprechung). Diese Grundsätze finden entsprechend Anwendung auf die außervertragliche Haftung der Union im Sinne dieser Vorschrift aufgrund eines rechtswidrigen Verhaltens und eines Schadens, der durch eine ihrer Einrichtungen, wie das EUIPO, verursacht worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. Dezember 1992, SGEEM und Etroy/EIB, C‑370/89, Slg, EU:C:1992:482, Rn. 15 und 16, und vom 10. April 2002, Lamberts/Médiateur, T‑209/00, Slg, EU:T:2002:94, Rn. 49) und den das EUIPO nach Art. 118 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 zu ersetzen hat. 265 Insoweit ist festzustellen, dass der Antrag auf Schadensersatz auf dieselben Rechtsverstöße gestützt wird wie der Antrag auf Nichtigerklärung der das Angebot ablehnenden Entscheidung und dass diese Entscheidung mit mehreren materiellen Rechtsverstößen – unter ihnen ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter (siehe oben, Rn. 77) –, mit offensichtlichen Beurteilungsfehlern (siehe oben, Rn. 104, 115, 134, 138, 144, 158, 166, 186, 194 und 207) und mit mehreren Begründungsmängeln (siehe oben, Rn. 145 und 254 bis 256) behaftet ist. 266 Was jedoch das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen den genannten materiellen und formellen Rechtsverstößen und dem angeblich entstandenen Schaden angeht, kann nach ständiger Rechtsprechung ein Begründungsmangel für sich genommen keine Haftung der Union begründen, vor allem weil eine solcher Mangel kein Beweis dafür ist, dass ohne ihn der Auftrag dem Kläger hätte erteilt werden können oder gar müssen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 20. Oktober 2011, Alfastar Benelux/Rat, T‑57/09, EU:T:2011:609, Rn. 49, vom 17. Oktober 2012, Evropaïki Dynamiki/Gerichtshof, T‑447/10, EU:T:2012:553, Rn. 123, und vom 14. Januar 2015, Veloss International und Attimedia/Parlament, T‑667/11, EU:T:2015:5, Rn. 72). 267 Im vorliegenden Fall ist daher ein Kausalzusammenhang zwischen den festgestellten Begründungsmängeln und dem von den Klägerinnen geltend gemachten Schaden nicht zu erkennen. 268 Was dagegen den Kausalzusammenhang zwischen den festgestellten materiellen Rechtsverstößen, d. h. dem Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter und den offensichtlichen Beurteilungsfehlern, einerseits und dem Verlust einer Chance andererseits angeht, kann sich das EUIPO nicht auf die Darlegung beschränken, dass es angesichts seines weiten Ermessens als öffentlicher Auftraggeber nicht zum Abschluss des Rahmenvertrags mit der ersten Klägerin verpflichtet gewesen sei (vgl. in diesem Sinne Urteil Evropaïki Dynamiki/EIB, oben in Rn. 215 angeführt, EU:T:2011:494, Rn. 211). 269 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass der Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter in Verbindung mit dem Verstoß gegen Art. 93 Abs. 1 Buchst. e der Haushaltsordnung und Abschnitt 13.1 Abs. 1 Buchst. e der Verdingungsunterlagen sowie die offensichtlichen Beurteilungsfehler, die der öffentliche Auftraggeber im Rahmen der individuellen Beurteilung des Angebots der ersten Klägerin beging, die Chance der ersten Klägerin, an eine bessere Stelle in der Kaskade gesetzt und zumindest dritter Zuschlagsempfänger zu werden, zwangsläufig beeinträchtigten, insbesondere wenn das Drasis-Konsortium aus den oben in den Rn. 64 bis 78 dargelegten Gründen vom Ausschreibungsverfahren ausgeschlossen werden müsste. 270 Hieraus ergibt sich ferner, dass auch unter Berücksichtigung des weiten Ermessens, das dem öffentlichen Auftraggeber bei der Erteilung des fraglichen Auftrags zustand, der Verlust der Chance, den die erste Klägerin im vorliegenden Fall erlitt, einen tatsächlichen und sicheren Schaden im Sinne der Rechtsprechung darstellt (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile vom 9. November 2006, Agraz u. a./Kommission, C‑243/05 P, Slg, EU:C:2006:708, Rn. 26 bis 42, Evropaïki Dynamiki/EIB, oben in Rn. 215 angeführt, EU:T:2011:494, Rn. 66 und 67; Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón in der Rechtssache Giordano/Kommission, C‑611/12 P, Slg, EU:C:2014:195, Rn. 61). Bereits die Tatsache nämlich, dass die erste Klägerin im vorliegenden Fall die höchste Punktzahl für die technische Qualität ihres Angebots erhielt und dieses Angebot an die vierte Stelle gesetzt wurde, lässt die Annahme, dass für den öffentlichen Auftraggeber Anlass bestehen könnte, ihr den fraglichen Auftrag nicht zu erteilen und ihr den Abschluss eines Rahmenvertrags mit dem EUIPO anzubieten, wenig glaubhaft erscheinen. 271 Im Übrigen würde es, wie die Klägerinnen zu Recht vortragen, bei einer Sachlage wie im vorliegenden Fall, bei der nach Durchführung des streitigen Verfahrens vor dem Gericht die nicht unbedeutende Gefahr bestehen würde, dass der betreffende Auftrag bereits vollständig ausgeführt wäre, gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes gemäß Art. 47 der Charta der Grundrechte verstoßen, wenn der Unionsrichter den Verlust dieser Chance und die Notwendigkeit, insoweit einen Ausgleich zu gewähren, nicht anerkennen würde. In einer solchen Situation nämlich hat der abgelehnte Bieter von der rückwirkenden Nichtigerklärung der Vergabeentscheidung keinen Nutzen mehr, so dass der Verlust der Chance endgültig ist. Überdies ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der Voraussetzungen, die für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor dem Präsidenten des Gerichts gelten, der Bieter, dessen Angebot bewertet und zu Unrecht abgelehnt wurde, in der Praxis nur selten in der Lage ist, eine Aussetzung des Vollzugs dieser Entscheidung zu erreichen (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse vom 23. April 2015, Kommission/Vanbreda Risk & Benefits, C‑35/15 P[R], Slg, EU:C:2015:275, und vom 4. Februar 2014, Serco Belgium u. a./Kommission, T‑644/13 R, Slg, EU:T:2014:57, Rn. 18 ff.). 272 Daher ist das Gericht der Auffassung, dass der ersten Klägerin im vorliegenden Fall Schadensersatz wegen des Verlusts einer Chance zu leisten ist, da durch die das Angebot ablehnende Entscheidung, selbst wenn sie rückwirkend für nichtig erklärt wird, der ersten Klägerin in der Praxis die Möglichkeit, dass ihr der in Rede stehende Auftrag als Vertragspartnerin im Kaskadenverfahren erteilt wird, und damit ihre Chance, spezifische Verträge im Rahmen der Umsetzung eines Rahmenvertrags durchzuführen, endgültig genommen wurde. 273 Was den Umfang des Schadensersatzes für den Verlust einer Chance betrifft, den die Klägerinnen mit 6750000 Euro ansetzen, ist es dem Gericht jedoch in diesem Stadium des Verfahrens angesichts der Aktenlage nicht möglich, sich abschließend zur Höhe der Entschädigung zu äußern, die die Union der ersten Klägerin gewähren muss. Da die Frage der Bewertung des Schadens noch nicht entschieden werden kann, ist es angebracht, aus prozessökonomischen Erwägungen in einem ersten Abschnitt durch Zwischenurteil über die Haftung der Union zu entscheiden. Die Bestimmung der Höhe des sich aus den vom EUIPO begangenen Rechtsverstößen ergebenden Schadensersatzes bleibt einem späteren Verfahrensabschnitt, und zwar der Einigung der Parteien, oder, mangels einer solchen Einigung, der Entscheidung durch das Gericht vorbehalten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. September 2013, ATC u. a./Kommission, T‑333/10, Slg, EU:T:2013:451, Rn. 199 und die dort angeführte Rechtsprechung). 274 Zu diesem Zweck haben allerdings sowohl die Parteien als auch das Gericht im vorliegenden Fall folgende Aspekte zu beachten. 275 Erstens ist zu beachten, dass sich der geschätzte Wert des betreffenden Auftrags, wie er in der Bekanntmachung und in Punkt 16 der Verdingungsunterlagen festgestellt wurde, auf 135000000 Euro ohne Mehrwertsteuer für den maximalen Durchführungszeitraum des Rahmenvertrags von sieben Jahren beläuft, und somit der Wert, den der Zuschlag des Rahmenvertrags für die Laufzeit von zunächst drei Jahren hat, mindestens 57857143 Euro beträgt. 276 Zweitens ist zu bestimmen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass die erste Klägerin mit dem Angebot Erfolg gehabt hätte, d. h. die Chance, zumindest an die dritte Stelle in der Kaskade gesetzt zu werden, wenn die verschiedenen materiellen Rechtsverstöße, die das EUIPO im Ausschreibungsverfahren beging, nicht stattgefunden hätten. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der öffentliche Auftraggeber eventuell verpflichtet ist, das Drasis-Konsortium als dritten Zuschlagsempfänger auszuschließen. Zu berücksichtigen ist auch, dass das technische Angebot der ersten Klägerin die höchste Punktzahl erhalten hatte, dass aber ihr finanzielles Angebot nur an die vierte Stelle gesetzt worden war (vgl. die Tabellen oben in Rn. 14), und dass nach der oben in Abschnitt 13.5 der Verdingungsunterlagen dargelegten dargestellten Berechnungsmethode die Gewichtung der genannten Angebote für die in Rede stehende Auftragsvergabe 50:50 war. Vor allem wäre, wenn die festgestellten offensichtlichen Beurteilungsfehler nicht begangen worden wären, im Rahmen einer neuen Bewertung der technischen Qualität des Angebots der ersten Klägerin zu berücksichtigen, dass aufgrund der vom öffentlichen Auftraggeber benutzten Berechnungsformel die eventuelle Erhöhung von Punkten zugunsten des genannten Angebots, dessen Bewertung den Referenzwert darstellt, zwangsläufig dazu führen würde, dass sich die Anzahl der den Zuschlagsempfängern zugewiesenen Bruttopunkte proportional verringern würde, was ihre Einstufung im Kaskadenverfahren sowie die vergleichende Beurteilung aller Angebote anhand der so ermittelten Bruttowerte, zwecks Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots gemäß der oben in Rn. 14 angeführten Tabelle, beeinflussen könnte (siehe oben, Rn. 228). 277 Drittens ist zu berücksichtigen, dass der Rahmenvertrag zunächst nur für eine Laufzeit von drei Jahren vergeben und geschlossen wurde, dass nicht sicher ist, dass er vom EUIPO um die folgenden vier Jahre verlängert wird (vgl. Abschnitt 14.3 der Verdingungsunterlagen), dass der erste Vertragspartner nicht allein zur Leistung der im Rahmenvertrag genannten Dienste berechtigt ist und dass das EUIPO keiner Abnahmepflicht unterliegt, sondern sich rechtlich verbindlich nur durch Abschluss spezifischer Verträge und durch Erteilung von Einzelaufträgen bindet (vgl. Abschnitte 14.4 und 14.5 der Verdingungsunterlagen sowie Punkte 1.1.3 bis 1.1.5 des Musterrahmenvertrags). In diesem Rahmen ist auch zu beurteilen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass der erste Vertragspartner in der Lage ist, den Anforderungen der verschiedenen Einzelaufträge nachzukommen, die der öffentliche Auftraggeber sowohl während der ersten drei Jahre der Durchführung des Rahmenvertrags als auch – bei dessen Verlängerung – während der folgenden Jahre erteilt (vgl. Punkte 1.4.1 bis 1.4.4 des Musterrahmenvertrags). Hieraus folgt, dass unter Berücksichtigung der Unsicherheit einer Verlängerung des Rahmenvertrags und der eventuellen Unfähigkeit des genannten Vertragspartners, die genannten Einzelaufträge auszuführen, eine Anpassung der Erfolgswahrscheinlichkeit zu erfolgen hat. 278 Viertens ist der zu ersetzende Schaden unter Berücksichtigung des Nettogewinns zu bestimmen, den die erste Klägerin bei Durchführung des Rahmenvertrags hätte erwirtschaften können. Die Klägerinnen haben insoweit geltend gemacht, dass die erste Klägerin im Geschäftsjahr 2006 im Rahmen ihrer geschäftlichen Projekte einen durchschnittlichen Bruttogewinn von 10,33 % erzielt habe. 279 Fünftens sind die von der ersten Klägerin aufgrund der Nichtvergabe des in Rede stehenden Auftrags anderweitig erwirtschafteten Gewinne abzusetzen, um eine Überkompensation zu vermeiden. 280 Sechstens ist, um den Gesamtbetrag zu beziffern, der als Entschädigung für den Verlust einer Chance geleistet werden kann, der festgestellte Nettogewinn mit dem Prozentsatz der Erfolgswahrscheinlichkeit zu multiplizieren. 281 Nach alledem ist dem Antrag der Klägerinnen auf Schadensersatz stattzugeben, soweit er auf Ersatz für den Verlust einer Chance gerichtet ist. 282 Was den Betrag angeht, der als Entschädigung für den Verlust einer Chance geleistet werden kann, sind die Parteien vorbehaltlich einer späteren Entscheidung des Gerichts aufzufordern, sich im Licht der vorstehenden Erwägungen über diesen Betrag zu verständigen und ihm binnen drei Monaten ab Verkündung des vorliegenden Urteils mitzuteilen, auf welchen zu zahlenden Betrag sie sich geeinigt haben, oder, falls eine Einigung nicht erzielt werden sollte, ihm binnen derselben Frist ihre bezifferten Anträge vorzulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil ATC u. a./Kommission, oben in Rn. 273 angeführt, EU:T:2013:451, Rn. 201). Kosten [nicht wiedergegeben] Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Die mit Schreiben vom 11. August 2011 übermittelte, im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens AO/029/10 („Softwareentwicklung und ‑pflege“) ergangene Entscheidung des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), das von der European Dynamics Luxembourg SA unterbreitete Angebot abzulehnen, und die im Rahmen desselben Verfahrens von der EUIPO erlassenen damit einhergehenden anderen Entscheidungen, zu denen jene gehören, mit denen drei anderen Bietern als erst- bis drittgereihten Zuschlagsempfängern nach dem Kaskadenverfahren der Zuschlag erteilt wurde, werden für nichtig erklärt. 2. Das EUIPO hat den Schaden zu ersetzen, den European Dynamics Luxembourg durch Verlust einer Chance, zumindest als dritter Vertragspartner nach dem Kaskadenverfahren einen Rahmenvertrag zu erhalten, erlitten hat. 3. Die Parteien teilen dem Gericht binnen drei Monaten ab Verkündung des Urteils mit, auf welchen bezifferten Schadensersatzbetrag sie sich geeinigt haben. 4. Falls eine Einigung nicht erzielt werden sollte, legen die Parteien dem Gericht binnen derselben Frist ihre bezifferten Anträge vor. 5. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten. Prek Labucka Kreuschitz Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 27. April 2016. Unterschriften (*1) Verfahrenssprache: Englisch. (1 ) Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.
Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 16. September 2013.#Productos Asfálticos (PROAS), SA gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Spanischer Markt für Hartbitumen – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Jährliche Vereinbarungen zur Marktaufteilung und Preisabsprache – Übersetzung der Mitteilung der Beschwerdepunkte – Berechnung der Höhe der Geldbuße – Angemessene Frist – Rechtskraft.#Rechtssache T‑495/07.
62007TJ0495
ECLI:EU:T:2013:452
2013-09-16T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2013 -00000
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Urteil des Gerichts (Zweite Kammer) vom 28. Juni 2016.#Portugal Telecom SGPS, SA gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Portugiesischer und spanischer Telekommunikationsmarkt – Klausel über ein Verbot des Wettbewerbs auf dem iberischen Markt, die in den Vertrag über den Erwerb des von Portugal Telecom gehaltenen Anteils am brasilianischen Mobilfunkanbieter Vivo durch Telefónica aufgenommen wurde – Vorbehalt ‚soweit gesetzlich zulässig‘ – Begründungspflicht – Bezweckte Zuwiderhandlung – Nebenabrede – Potenzieller Wettbewerb – Bewirkte Zuwiderhandlung – Berechnung der Geldbuße – Antrag auf Zeugenvernehmung.#Rechtssache T-208/13.
62013TJ0208
ECLI:EU:T:2016:368
2016-06-28T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung – allgemein
62013TJ0208 URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer) 28. Juni 2016 (*1) „Wettbewerb — Kartelle — Portugiesischer und spanischer Telekommunikationsmarkt — Klausel über ein Verbot des Wettbewerbs auf dem iberischen Markt, die in den Vertrag über den Erwerb des von Portugal Telecom gehaltenen Anteils am brasilianischen Mobilfunkanbieter Vivo durch Telefónica aufgenommen wurde — Vorbehalt ‚soweit gesetzlich zulässig‘ — Begründungspflicht — Bezweckte Zuwiderhandlung — Nebenabrede — Potenzieller Wettbewerb — Bewirkte Zuwiderhandlung — Berechnung der Geldbuße — Antrag auf Zeugenvernehmung“ In der Rechtssache T‑208/13 Portugal Telecom SGPS, SA (Lissabon, Portugal), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte N. Mimoso Ruiz und R. Bordalo Junqueiro, Klägerin, gegen Europäische Kommission, zunächst vertreten durch C. Giolito, C. Urraca Caviedes und T. Christoforou, dann C. Giolito, C. Urraca Caviedes und P. Costa de Oliveira als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt M. Marques Mendes, Beklagte, wegen Nichtigerklärung des Beschlusses C (2013) 306 final der Kommission vom 23. Januar 2013 in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV (Sache COMP/39.839 – Telefónica/Portugal Telecom), hilfsweise, Herabsetzung der Geldbuße, erlässt DAS GERICHT (Zweite Kammer) unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro (Berichterstatterin) sowie der Richter S. Gervasoni und L. Madise, Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2015 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1 Der vorliegende Rechtsstreit, der den Beschluss C (2013) 306 final der Kommission vom 23. Januar 2013 in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV (Sache COMP/39.839 – Telefónica/Portugal Telecom) (im Folgenden: angefochtener Beschluss) betrifft, geht auf eine Klausel (im Folgenden: Klausel) zurück, die in Art. 9 des am 28. Juli 2010 von der Telefónica SA (im Folgenden: Telefónica) und der Klägerin, der Portugal Telecom SGPS, SA (im Folgenden: PT), unterzeichneten Aktienkaufvertrags (im Folgenden: Vertrag) eingefügt wurde, der auf die alleinige Kontrolle von Telefónica über den brasilianischen Mobilfunknetzbetreiber Vivo Participações, SA (im Folgenden: Vivo) ausgerichtet war. Die Klausel hat folgenden Wortlaut (erster Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses): „Neun – Wettbewerbsverbot Soweit rechtlich zulässig, verzichten beide Parteien darauf, in dem Zeitraum, der am Tag [des endgültigen Transaktionsabschlusses, dem 27. September 2010] beginnt und am 31. Dezember 2011 endet, direkt oder indirekt über verbundene Unternehmen an Vorhaben im Telekommunikationsgeschäft (einschließlich Festnetz- und Mobilfunkdiensten, Internetzugangs- und Fernsehdiensten, jedoch mit Ausnahme von Investitionen oder Tätigkeiten, die am Tag der Unterzeichnung dieses Vertrags bestehen bzw. ausgeübt werden), die auf dem iberischen Markt mit der jeweils anderen Partei in Wettbewerb stehen könnten, zu beteiligen oder in sie zu investieren.“ 2 Die Europäische Kommission war in Übereinstimmung mit ihrer vorläufigen Beurteilung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 21. Oktober 2011 der Ansicht, dass die Klausel in Anbetracht ihres Inhalts und der Umstände (des wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhangs dieser Angelegenheit und des Verhaltens der Parteien) auf eine Marktaufteilungsvereinbarung hinauslaufe, die unter Verstoß gegen Art. 101 AEUV eine Beschränkung des Wettbewerbs im Binnenmarkt bezwecke (Erwägungsgründe 2 und 434 des angefochtenen Beschlusses). A – Vorstellung von PT und Telefónica 3 Die Gruppe Portugal Telecom wurde 1994 durch Verschmelzung von drei staatlichen Unternehmen gegründet und von 1995 bis 2000 in fünf Etappen privatisiert. Nach der fünften und letzten Etappe der Privatisierung im Jahr 2000 hielt der portugiesische Staat 500 Aktien der Kategorie A (im Folgenden: Sonderaktien), die ihm bestimmte Sonderrechte einräumten, darunter ein Vetorecht gegen Satzungsänderungen und andere wichtige Entscheidungen. Am 12. Dezember 2000 wandelte sich die Portugal Telecom SA in eine Kapitalanlagegesellschaft um und nahm den Namen PT an (Erwägungsgründe 21 bis 23 des angefochtenen Beschlusses). 4 PT ist der bedeutendste Telekommunikationsbetreiber in Portugal und verfügt über eine strategische Präsenz in anderen Ländern, insbesondere in Brasilien und in afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Zu den wichtigsten Vermögenswerten von PT in Brasilien gehörte ein 50%iger Anteil an dem Gemeinschaftsunternehmen, das Vivo bis zu deren Übernahme durch Telefónica beherrschte. Im Anschluss an die Veräußerung ihrer Beteiligung an Vivo am 28. Juli 2010 ging PT eine strategische Partnerschaft mit Oi ein, einem der wichtigsten Dienstleister für elektronische Kommunikation in Brasilien (Erwägungsgründe 24 und 25 des angefochtenen Beschlusses). 5 PT veräußerte ihren Anteil von 0,20 % an Telefónica im Jahr 2010 und beherrscht keine spanischen Unternehmen. Sie bietet ihren multinationalen Kunden in Portugal, die auf dem spanischen Markt tätig sind, Telekommunikationsdienstleistungen an, indem sie die Netze anderer Betreiber, insbesondere von Telefónica, nutzt (Erwägungsgründe 27, 28 und 233 des angefochtenen Beschlusses). 6 Telefónica war vor ihrer vollständigen Privatisierung im Jahr 1997 Inhaberin des spanischen Staatsmonopols auf dem Gebiet der Telekommunikation und ist das bedeutendste Telekommunikationsunternehmen in Spanien. Telefónica hat sich international aufgestellt, ist inzwischen in mehreren Ländern der Europäischen Union, Lateinamerikas und Afrikas präsent und zählt zu den größten Telekommunikationskonzernen Europas (Erwägungsgründe 12 und 16 des angefochtenen Beschlusses). 7 Bei Erlass des angefochtenen Beschlusses hielt Telefónica 2 % des Kapitals von PT. In dem für diesen Beschluss maßgebenden Zeitraum hielt Telefónica eine Minderheitsbeteiligung an Zon Multimedia (im Folgenden: Zon), einem auf dem Gebiet der elektronischen Kommunikation tätigen und mit PT im Wettbewerb stehenden Unternehmen, das aus der im November 2007 erfolgten Abspaltung der PT Multimedia von ihrer Muttergesellschaft PT hervorgegangen war. Über ihre Beteiligung an portugiesischen Unternehmen hinaus hat Telefónica begonnen, eine unmittelbare Präsenz in Portugal mittels zweier ihrer Tochtergesellschaften und der portugiesischen Zweigniederlassung einer dieser Tochtergesellschaften aufzubauen (Erwägungsgründe 18 bis 20 und 215 des angefochtenen Beschlusses). 8 Ferner ernannte Telefónica in Abhängigkeit vom jeweiligen Datum ein oder zwei Verwaltungsratsmitglieder von PT. Am Tag des endgültigen Abschlusses des Vertrags über den Erwerb von Vivo, dem 27. September 2010 (siehe unten, Rn. 25) gehörten dem Verwaltungsrat von PT zwei Mitglieder an, die von Telefónica ernannt worden waren (Fn. 67 des angefochtenen Beschlusses). B – Verhandlungen und Vertragsunterzeichnung 9 Vivo ist eines der bedeutendsten Mobilfunkunternehmen in Brasilien. Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrags am 28. Juli 2010 wurde Vivo gemeinsam von Telefónica und PT über die Brasilcel NV (im Folgenden: Brasilcel) beherrscht, eine in den Niederlanden eingetragene Investmentgesellschaft (33. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 10 Am 6. Mai 2010 unterbreitete Telefónica ein feindliches öffentliches Übernahmeangebot in Höhe von 5,7 Milliarden Euro für den seinerzeit von PT gehaltenen 50%igen Anteil an Brasilcel. Dieses Angebot enthielt u. a. eine Bestimmung, nach der „Telefónica PT kein Wettbewerbs- oder Abwerbeverbot auferlegen“ werde. Dieses erste Angebot wurde von den Mitgliedern des Verwaltungsrats von PT einstimmig abgelehnt (Erwägungsgründe 35 und 36 des angefochtenen Beschlusses). 11 Im Anschluss an eine Besprechung der Parteien, die am 31. Mai 2010 stattgefunden hatte, sandte PT am 1. Juni 2010 um 02.53 Uhr an Telefónica eine E‑Mail mit dem Entwurf eines zweiten Angebots für den Erwerb ihrer Beteiligung an Vivo. Die Klausel war erstmals in den genannten Entwurf aufgenommen worden (38. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 12 Der erste Entwurf dieser Klausel hatte folgenden Wortlaut (39. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses): „Wettbewerbsverbot Beide Parteien verzichten darauf, sich in dem Zeitraum, der am Tag der Annahme des Angebots beginnt und i) am 31. Dezember 2011 oder ii) am Tag der wirksamen Übertragung des letzten Teils der alternativen Aktien B endet, direkt oder indirekt über verbundene Unternehmen an Vorhaben im Telekommunikationsgeschäft (einschließlich Festnetz- und Mobilfunkdiensten, Internetzugangs- und Fernsehdiensten), die auf dem iberischen Markt mit der jeweils anderen Partei in Wettbewerb stehen könnten, zu beteiligen oder in sie zu investieren.“ 13 In einer am 1. Juni 2010 um 12.21 Uhr an PT gerichteten E‑Mail schlug Telefónica vor, die Klausel durch Einfügung der Worte „jedoch mit Ausnahme von Investitionen oder Tätigkeiten, die am Tag der Unterzeichnung dieses Vertrags bestehen bzw. ausgeübt werden“ zu ändern, um bereits vorhandene Aktivitäten der Parteien auf dem nationalen Markt der jeweils anderen Partei von ihrem Anwendungsbereich auszunehmen. Diese Änderung wurde in das zweite Angebot vom 1. Juni 2010 aufgenommen (40. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 14 Zusätzlich zum ersten Entwurf der Klausel sah das zweite Angebot eine Erhöhung des Preises auf 6,5 Milliarden Euro, eine Rückkaufoption zugunsten von PT, nach der diese ihre von Telefónica gehaltenen Aktien zurückkaufen konnte, und die Verpflichtung von Telefónica vor, die Aktien zu kaufen, die PT an der Dedic SA hielt, einem brasilianischen Betreiber von Callcentern. Zudem sah das zweite Angebot weiterhin die Verpflichtung von Telefónica vor, „PT kein Wettbewerbs- oder Abwerbeverbot auf[zu]erlegen“, die schon Bestandteil des ersten Angebots gewesen war (Erwägungsgründe 41 und 42 des angefochtenen Beschlusses). 15 Am Abend des 1. Juni 2010 gab der Verwaltungsrat von PT seine Auffassung bekannt, das zweite Angebot von Telefónica entspreche nicht dem wirklichen Wert von Vivo. Er beschloss jedoch, seine Entscheidung der Hauptversammlung der Gesellschaft am 30. Juni 2010 vorzulegen (45. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 16 Die Parteien gaben das zweite Angebot öffentlich bekannt, indem sie es auf ihren jeweiligen Websites veröffentlichten und der spanischen und der portugiesischen Börsenaufsichtsbehörde mitteilten. Außerdem wurde der Inhalt der in das zweite Angebot aufgenommenen Klausel in einer Broschüre veröffentlicht, die der Verwaltungsrat von PT am 9. Juni 2010 zur Vorbereitung der für den 30. Juni 2010 vorgesehenen Hauptversammlung an die Aktionäre von PT verteilen ließ (Erwägungsgründe 128 und 129 des angefochtenen Beschlusses). 17 Am 29. Juni 2010 legte Telefónica ein drittes Angebot in Höhe von 7,15 Milliarden Euro vor, das im Übrigen dieselben Voraussetzungen und Bedingungen wie das zweite Angebot enthielt (46. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 18 Am 30. Juni 2010 nahm die ordentliche Hauptversammlung von PT das dritte Angebot von Telefónica an. Die portugiesische Regierung machte jedoch von dem Recht Gebrauch, das mit den von ihr gehaltenen Vorzugsaktien von PT verbunden war (siehe oben, Rn. 3), um die Transaktion zu blockieren, und Telefónica verlängerte ihr drittes Angebot bis zum 16. Juli 2010 (Erwägungsgründe 47 und 48 des angefochtenen Beschlusses). 19 In seinem Urteil vom 8. Juli 2010, Kommission/Portugal (C‑171/08, Slg, EU:C:2010:412), entschied der Gerichtshof, dass die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 56 EG verstoßen hat, dass sie Sonderrechte an PT wie die in deren Satzung zugunsten des Staates und anderer öffentlicher Einrichtungen vorgesehenen, die in Verbindung mit vom Staat gehaltenen Sonderaktien von PT gewährt wurden, aufrechterhielt (50. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 20 Am 16. Juli 2010 bat PT Telefónica, ihr Angebot bis zum 28. Juli 2010 zu verlängern, aber Telefónica lehnte dies ab, und das Angebot verfiel (51. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 21 Am 27. Juli 2010 fand eine erneute Besprechung zwischen PT und Telefónica statt, bei der Telefónica PT vorschlug, zum einen am Anfang der Klausel die Worte „soweit rechtlich zulässig“ einzufügen und zum anderen als Geltungsdauer der Klausel den Zeitraum „vom Tag [des endgültigen Transaktionsabschlusses am 27. September 2010] bis zum 31. Dezember 2011“ festzulegen (Erwägungsgründe 52 und 53 des angefochtenen Beschlusses). 22 Am 28. Juli 2010 schlossen Telefónica und PT den Vertrag, mit dem Telefónica durch den Erwerb von 50 % der Kapitalanteile von Brasilcel zum Preis von 7,5 Milliarden Euro die alleinige Kontrolle über Vivo erhielt (54. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 23 Der Vertrag enthielt in seinem Art. 9 folgende Klausel (55. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses): „Neun – Wettbewerbsverbot Soweit rechtlich zulässig, verzichten die Parteien darauf, in dem Zeitraum, der am Tag [des endgültigen Transaktionsabschlusses am 27. September 2010] beginnt und am 31. Dezember 2011 endet, sich direkt oder indirekt über verbundene Unternehmen an Vorhaben im Telekommunikationsgeschäft (einschließlich Festnetz- und Mobilfunkdiensten, Internetzugangs- und Fernsehdiensten, jedoch mit Ausnahme von Investitionen oder Tätigkeiten, die am Tag der Unterzeichnung dieses Vertrags bestehen bzw. ausgeübt werden), die auf dem iberischen Markt mit der jeweils anderen Partei in Wettbewerb stehen könnten, zu beteiligen oder in sie zu investieren.“ 24 Im Gegensatz zum zweiten Angebot (siehe oben, Rn. 14) sah der Vertrag keine Rückkaufoption zugunsten von PT mehr vor, nach der diese ihre von Telefónica gehaltenen Aktien hätte zurückkaufen können. Hingegen sah der Vertrag u. a. erstens den Rücktritt der von Telefónica ernannten Verwaltungsratsmitglieder von PT vor (Art. 3 Abs. 6 des Vertrags), zweitens ein industrielles Partnerschaftsprogramm zwischen den beiden Unternehmen (Art. 6 des Vertrags) unter dem Vorbehalt, dass sie in Brasilien nicht in Wettbewerb miteinander treten (Art. 7 des Vertrags), und drittens die Möglichkeit für Telefónica, das auf Dienstleistungen von Callcentern spezialisierte brasilianische Unternehmen Dedic zu erwerben (Art. 10 des Vertrags) (Erwägungsgründe 56 bis 61 des angefochtenen Beschlusses). 25 Die Transaktion wurde am 27. September 2010 durch eine „notarielle Aktienübertragung“ und einen „notariellen Bestätigungsvertrag“ endgültig abgeschlossen (63. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 26 Am 28. Juli 2010, dem Tag der Vertragsunterzeichnung, gab PT auch bekannt, dass sie am selben Tag ein Memorandum of Understanding unterzeichnet habe, das die Regeln für die Begründung einer strategischen Partnerschaft mit Oi festlege (siehe oben, Rn. 4), und dass sie hoffe, einen Anteil von 22,38 % an der Oi-Gruppe zu erwerben, um bei deren Geschäftsführung eine wichtige Rolle spielen zu können (62. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 27 Die Vivo-Transaktion wurde der Agência National de Telecommunicações (Anatel, brasilianische Regulierungsbehörde für Telekommunikation) und dem Conselho Administrativo de Defesa Econômica (CADE, brasilianische Wettbewerbsbehörde) angezeigt, und Telefónica bestätigte in einem am 23. August 2010 erschienenen Presseartikel, dass dieser Vertrag ein Wettbewerbsverbot enthielt (Erwägungsgründe 103, 130 und 491 des angefochtenen Beschlusses). C – Nach dem Abschluss des Vertrags eingetretene Umstände 28 Am 26. und 29. Oktober 2010 fanden zwei Telefonkonferenzen zwischen Telefónica und PT statt (Erwägungsgründe 113 und 124 des angefochtenen Beschlusses). 29 Am 4. Februar 2011, nach der Einleitung des Verfahrens durch die Kommission am 19. Januar 2011 (siehe unten, Rn. 31), schlossen Telefónica und PT eine Vereinbarung zur Aufhebung der Klausel (125. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), die folgenden Wortlaut hatte: „Präambel: [PT] und Telefónica haben am 28. Juni 2010 einen Vertrag (im Folgenden: Vertrag) geschlossen, mit dem [PT] einen 50%igen Anteil am Kapital der Gesellschaft niederländischen Rechts [Brasilcel] (im Folgenden: Brasilcel oder Gesellschaft) an Telefónica verkauft hat. Art. 9 des Vertrags enthielt ein Wettbewerbsverbot, dem zufolge sich beide Parteien, soweit rechtlich zulässig, verpflichteten, vom Abschluss der Transaktion (wie im Vertrag definiert) bis zum 31. Dezember 2011 mit der anderen Partei auf dem iberischen Markt nicht in Wettbewerb zu treten. Art. 9 des Vertrags war von den Parteien zunächst im Rahmen einer eventuellen Option für PT, die seinerzeit von Telefónica gehaltenen Aktien von PT zurückzukaufen, ins Auge gefasst worden, und dieser Artikel ist im endgültigen Vertrag unter dem Vorbehalt seiner rechtlichen Zulässigkeit bestehen geblieben, obwohl diese Option letztlich nicht vereinbart wurde. Die Parteien möchten schriftlich niederlegen, dass der vorgenannte Art. 9 keine Anwendung findet, dass er niemals zur Anwendung gelangt ist und dass er folglich keinen Einfluss auf ihre jeweiligen geschäftlichen Entscheidungen hatte. Die Europäische Kommission hat Telefónica und PT am 24. Januar bzw. am 21. Januar 2011 mitgeteilt, dass sie wegen des vorgenannten Art. 9 ein förmliches Verfahren gegen sie eingeleitet hat. Dieses vorausgeschickt einigen sich die Parteien wie folgt: Artikel 1. Vertragsänderung und Entzug von Rechten Der Vertrag wird dahin geändert, dass sein Art. 9 insgesamt aufgehoben wird. Dieser Artikel gilt als unwirksam und nicht vereinbart. Die Parteien bestätigen unwiderruflich und abschließend, dass Art. 9 ihnen oder Dritten keinerlei Rechte einräumt oder Verpflichtungen auferlegt. Artikel 2. Anzuwendendes Recht Der vorliegende Vertrag und jede Streitigkeit über seine Erfüllung oder die Folgen eines Verstoßes gegen seine Bestimmungen unterliegen dem portugiesischen Recht und sind nach diesem Recht auszulegen.“ D – Verfahren vor der Kommission 30 Im September 2010 wurde die spanische Wettbewerbsbehörde auf die Klausel aufmerksam; sie unterrichtete die portugiesische Wettbewerbsbehörde und die Kommission davon, und es wurde beschlossen, die Untersuchung der Letztgenannten zu überlassen (dritter Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 31 Am 19. Januar 2011 leitete die Kommission ein Verfahren nach Art. 11 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 AEUV] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) und nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel [101 AEUV] und [102 AEUV] (ABl. 2004, L 123 S. 18) gegen Telefónica und PT ein (fünfter Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 32 Im Rahmen der Untersuchung richtete die Kommission nach Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 am 5. Januar 2011, 1. April 2011, 25. Mai 2011, 10. und 24. Juni 2011 sowie 5. September 2012 Auskunftsverlangen an die Parteien und am 20. April 2011 an einige ihrer multinationalen Kunden. Außerdem fanden am 17. März 2011, 8. September 2011 und 27. September 2012 Besprechungen mit PT sowie am 21. März 2011, 7. September 2011 und 27. September 2012 mit Telefónica statt (sechster Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 33 Am 21. Oktober 2011 erließ die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte. Am 4. November 2011 wurde den Parteien Akteneinsicht gewährt, und am 7. November 2011 erhielten sie die entsprechenden Schriftstücke. Am 13. Januar 2012 antworteten Telefónica und PT auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, beantragten aber keine Anhörung (Erwägungsgründe 7, 8 und 9 des angefochtenen Beschlusses). 34 Am 23. Januar 2013 erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss. Angefochtener Beschluss 35 Die Kommission gab an, die dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegende Sache betreffe die im Vertrag enthaltene Klausel (siehe oben, Rn. 1, 22 und 23) (erster Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 36 Sie führte aus, sie sei in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu der Ansicht gelangt, dass die Klausel in Anbetracht ihres Inhalts und der Umstände (des wirtschaftlichen und rechtlichen Hintergrunds dieser Angelegenheit und des Verhaltens der Parteien) auf eine Marktaufteilungsvereinbarung hinauslaufe, die unter Verstoß gegen Art. 101 AEUV eine Beschränkung des Wettbewerbs im Binnenmarkt bezwecke, und halte diese Ansicht in dem angefochtenen Beschluss aufrecht (zweiter Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 37 Als Erstes untersuchte die Kommission die tatsächliche Vorgeschichte der Verhandlungen der Parteien, die zur Einfügung der Klausel in die endgültige Fassung des Vertrags geführt hatten, die nach dessen Abschluss eingetretenen Umstände (siehe oben, Rn. 10 bis 29) und das Vorbringen der Parteien zu dieser Vorgeschichte und zu diesen Umständen (Erwägungsgründe 29 bis 130 des angefochtenen Beschlusses). 38 Als Zweites stellte die Kommission in Anbetracht des Anwendungsbereichs der Klausel und der relevanten Märkte fest, dass die Klausel aufgrund ihres Wortlauts (oben, Rn. 1 und 23) alle Vorhaben auf dem Gebiet elektronischer Kommunikationsdienste betreffe, sofern die eine oder die andere Partei solche Dienste erbringe oder erbringen könne. Folglich betreffe die Klausel, wie sich aus ihrem Wortlaut ergebe, Festnetz- und Mobilfunkdienste, Internetzugangs- und Fernsehdienste, aber auch Rundfunkdienste, die als Kommunikationsdienste angesehen würden, auch wenn sie in der Klausel nicht erwähnt seien. Hingegen stellte die Kommission fest, dass entsprechend dem Wortlaut der Klausel alle Tätigkeiten und Investitionen aus der Zeit vor dem Abschluss des Vertrags, d. h. dem 28. Juli 2010, nicht in den Anwendungsbereich der Klausel fielen (Erwägungsgründe 132 bis 136 und 185 des angefochtenen Beschlusses). 39 Was den letztgenannten Aspekt betrifft, führte die Kommission aus, dass die weltweiten Telekommunikationsdienste und die Bereitstellung von internationalen Übertragungsdiensten an Großabnehmer nicht in den Anwendungsbereich der Klausel fielen, weil beide Parteien am Tag des Vertragsschlusses auf den Märkten für diese Dienstleistungen auf der Iberischen Halbinsel tätig gewesen seien (Erwägungsgründe 173, 174, 184 und 185 des angefochtenen Beschlusses). 40 Hinsichtlich des räumlichen Umfangs der Klausel legte die Kommission den Ausdruck „iberischer Markt“ dahin aus, dass er sich auf den spanischen und den portugiesischen Markt beziehe. In Anbetracht der geschäftlichen Tätigkeiten der Parteien, die in der Präsenz auf den meisten Märkten für elektronische Kommunikation in ihrem jeweiligen Herkunftsland und einer schwachen oder gar fehlenden Präsenz im Herkunftsland der jeweils anderen Partei bestanden hätten (siehe oben, Rn. 3 bis 7), stellte die Kommission fest, dass der räumliche Anwendungsbereich der Klausel im Fall von Telefónica Portugal und im Fall von PT Spanien sei (Erwägungsgründe 137 bis 140 des angefochtenen Beschlusses). 41 Somit war die Kommission der Ansicht, die Klausel umfasse alle elektronischen Kommunikations- und Fernsehdienste in Spanien und Portugal mit Ausnahme der Märkte für weltweite Telekommunikationsdienste und internationale Übertragungsdienste für Großabnehmer (185. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 42 Als Drittes stand nach Auffassung der Kommission außer Zweifel, dass die Klausel eine Vereinbarung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV darstelle, weil es sich um einen von den Parteien geschlossenen und unterzeichneten schriftlichen Vertrag handle, dessen Existenz unbestreitbar sei, und die Klausel zudem Gegenstand einer notariellen Urkunde sei, deren Präambel angebe, dass eine Abschrift des Vertrags beigefügt sei (237. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 43 Erstens stellte die Kommission unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu bezweckten Wettbewerbsbeschränkungen im Anschluss an die Prüfung des Vorbringens der Parteien fest, dass die Klausel in Anbetracht des Vertragsinhalts, des mit der Klausel verfolgten Zwecks, des wirtschaftlichen und rechtlichen Hintergrunds der Klausel, des Handelns und des tatsächlichen Verhaltens der Parteien und schließlich ihrer Absicht eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstelle (Erwägungsgründe 238 bis 242 und 243 bis 356 des angefochtenen Beschlusses). 44 Somit kam die Kommission betreffend den Zweck der Klausel zu dem Schluss, dass diese es angesichts ihres Anwendungsbereichs PT untersage, auf einen der spanischen Telekommunikationsmärkte vorzudringen, und Telefónica, ihre beschränkte Präsenz auf dem portugiesischen Telekommunikationsmarkt zu erweitern, und zwar während der gesamten Geltungsdauer der Klausel, so dass Telefónica und PT, statt miteinander in Wettbewerb zu treten und sich wie Rivalen zu verhalten, wie es normalerweise auf einem offenen und wettbewerbsorientierten Markt zu erwarten sei, vorsätzlich übereingekommen seien, jeden Wettbewerb auf ihren jeweiligen Märkten auszuschließen oder zu beschränken, so dass die Klausel eine Marktaufteilungsvereinbarung sei (353. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 45 Zum letztgenannten Gesichtspunkt führte die Kommission aus, die Klausel sei zudem geeignet, die Integration im Sektor der elektronischen Kommunikation zu verzögern, weil der Integrationsprozess auf diesem Markt ernsthaft gefährdet würde, wenn etablierte Unternehmen wie Telefónica und PT ihre bereits sehr starke Marktposition ausbauen könnten, indem sie sich an kollusiven Verhaltensweisen beteiligen, um ihre Heimatmärkte zu schützen und den Eintritt anderer Betreiber in diese Märkte zu verhindern (Erwägungsgründe 354 und 355 des angefochtenen Beschlusses). 46 Zweitens führte die Kommission nach einem Hinweis auf die Rechtsprechung, wonach die konkreten Auswirkungen einer Vereinbarung nicht berücksichtigt zu werden brauchten, wenn dargetan sei, dass sie eine Einschränkung des Wettbewerbs bezwecke, was, so die Kommission, vorliegend der Fall war, in Beantwortung des Vorbringens der Parteien gleichwohl zunächst aus, die Klausel sei von zwei Wettbewerbern vereinbart worden, so dass sie geeignet gewesen sei, sich wettbewerbswidrig auszuwirken; sodann stehe, selbst wenn diese Klausel als nicht geeignet anzusehen wäre, Wirkungen zu erzeugen, dies ihrer Beurteilung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung nicht entgegen, weil es im Fall einer Vereinbarung, die eine Beschränkung des Wettbewerbs bezwecke, für das Vorliegen der Zuwiderhandlung unerheblich sei, ob die Vereinbarung im wirtschaftlichen Interesse der Vertragsparteien gelegen habe, so dass es nicht darauf ankomme, ob eine die Beschränkung des Wettbewerbs bezweckende Klausel sich möglicherweise als ungeeignet erweise, Wirkungen im geschäftlichen Interesse von Telefónica oder PT zu erzeugen; schließlich hätten die Parteien nicht dargetan, dass sie neue Aktivitäten in Spanien oder Portugal entwickelt hätten, durch die die Umsetzung der Klausel hätte widerlegt werden können, womit zwar deren Umsetzung nicht dargetan werde, was aber ein Zeichen dafür sei, dass dies der Fall gewesen sein könne (Erwägungsgründe 240 und 357 bis 365 des angefochtenen Beschlusses). 47 Die Kommission war der Auffassung, dass im vorliegenden Fall das Bestehen einer nachteiligen Auswirkung auf den Wettbewerb nicht dargetan zu werden brauche, weil der wettbewerbswidrige Zweck der Klausel erwiesen sei und es daher keiner eingehenden Untersuchung der jeweils betroffenen Telekommunikationsmärkte und der Auswirkungen der Klausel auf diese Märkte bedurft habe (366. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 48 Drittens stellte die Kommission fest, die Klausel könne nicht als eine Nebenabrede zur Vivo-Transaktion beurteilt werden, weil sie sich auf den iberischen Markt beziehe, während die Vivo-Transaktion einen Betreiber betreffe, dessen Tätigkeit sich auf Brasilien beschränke, und weil sie nicht als zur Durchführung dieser Transaktion erforderlich angesehen werden könne (Erwägungsgründe 367 bis 433 des angefochtenen Beschlusses). 49 In Anbetracht des Inhalts des Vertrags (und insbesondere des Wortlauts der Klausel, der, wenn überhaupt, nur wenig Zweifel an ihrer Rechtsnatur aufkommen lasse), des wirtschaftlichen und rechtlichen Hintergrunds des Vertrags (z. B. der Märkte für elektronische Kommunikation, die liberalisiert gewesen seien) und des Handelns und tatsächlichen Verhaltens der Parteien (insbesondere der von ihnen erst am 4. Februar 2011, nach Einleitung des Verfahrens durch die Kommission am 19. Januar 2011, und im Gegensatz zum Vortrag der Parteien nicht schon im Anschluss an die Telefongespräche vom Oktober 2010 vorgenommenen Aufhebung der Klausel) gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, die Klausel lege den Parteien ein Wettbewerbsverbot auf, stelle eine Marktaufteilungsvereinbarung mit dem Ziel dar, den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt einzuschränken, und verstoße daher gegen Art. 101 AEUV (434. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 50 Viertens stellte die Kommission klar, dass die Klausel den Anforderungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV nicht entspreche (Erwägungsgründe 436 bis 446 des angefochtenen Beschlusses) und geeignet sei, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen (Erwägungsgründe 447 bis 453 des angefochtenen Beschlusses). 51 Fünftens stellte die Kommission hinsichtlich der Dauer der Zuwiderhandlung fest, diese habe den Zeitraum vom Tag des endgültigen Abschlusses der Transaktion, d. h. vom 27. September 2010 (siehe oben, Rn. 25), bis zum Tag der Aufhebung der Klausel, d. h. bis zum 4. Februar 2011 (siehe oben, Rn. 29), umfasst (Erwägungsgründe 454 bis 465 des angefochtenen Beschlusses). 52 Sechstens stützte die Kommission sich bei der Berechnung der Geldbußen auf die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien). 53 Um den Grundbetrag der zu verhängenden Geldbuße zu bestimmen, berücksichtigte die Kommission die Umsätze mit den von der Klausel erfassten Dienstleistungen, wie sie in Abschnitt 5 des angefochtenen Beschlusses definiert sind (siehe oben, Rn. 38 bis 40), und für jede Partei nur deren Umsatz in ihrem jeweiligen Herkunftsland (Erwägungsgründe 478 bis 483 des angefochtenen Beschlusses). 54 Die Kommission wies ferner darauf hin, dass sie im Allgemeinen die von den Unternehmen während des letzten vollständigen Jahres ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung erzielten Umsätze berücksichtige, die Zuwiderhandlung im vorliegenden Fall aber weniger als ein Jahr angedauert habe und zwischen 2010 und 2011 begangen worden sei. Daher habe sie die von diesen Unternehmen im Lauf des Jahres 2011 erzielten Umsätze herangezogen, die geringer gewesen seien als die von den Parteien für 2010 verzeichneten Umsätze (484. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 55 Hinsichtlich der Schwere der Zuwiderhandlung, nach der sich der zur Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße heranzuziehende Umsatzanteil bemisst, wies die Kommission darauf hin, dass die Zuwiderhandlung in der Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots und einer Aufteilung des spanischen und des portugiesischen Marktes für elektronische Kommunikations- und Fernsehdienste bestanden habe und dass Telefónica und PT die etablierten Betreiber in ihrem jeweiligen Herkunftsstaat gewesen seien. Ferner führte die Kommission aus, sie habe den Umstand berücksichtigt, dass die Parteien die Klausel nicht geheim gehalten hätten (siehe oben, Rn 16 und 27). Nach alledem kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass sich der zugrunde zu legende Umsatzanteil für die beiden betroffenen Unternehmen auf 2 % belaufe (Erwägungsgründe 489 bis 491 und 493 des angefochtenen Beschlusses). 56 Was die Dauer der Zuwiderhandlung betrifft, berücksichtigte die Kommission, dass diese den Zeitraum vom 27. September 2010 (Datum der notariellen Beurkundung und damit des endgültigen Abschlusses der Transaktion) bis 4. Februar 2011 (Datum des Vertrags, mit dem die Parteien die Klausel aufhoben) umfasste (492. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 57 Die Kommission stellte keinen erschwerenden Umstand fest und sah das Datum der Aufhebung der Klausel, den 4. Februar 2011, als einen mildernden Umstand an, weil es nur 16 Tage nach der Einleitung des Verfahrens und 30 Tage nach Übersendung des ersten Informationsersuchen an die Parteien gelegen habe. Da die Klausel im Übrigen nicht geheim gewesen sei, hielt die Kommission es für angemessen, den Grundbetrag der gegen die Parteien zu verhängenden Geldbuße um 20 % zu verringern (Erwägungsgründe 496, 500 und 501 des angefochtenen Beschlusses). 58 Der endgültige Betrag der Geldbußen beläuft sich auf 66894000 Euro für Telefónica und auf 12290000 Euro für PT (512. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission stellte klar, dass dieser Betrag 10 % des von den betroffenen Unternehmen jeweils erzielten Gesamtumsatzes nicht überstieg (Erwägungsgründe 510 und 511 des angefochtenen Beschlusses). 59 Der verfügende Teil des angefochtenen Beschlusses lautet: „Artikel 1 [Telefónica] und [PT] haben gegen Artikel 101 [AEUV] verstoßen, indem sie als Artikel 9 ihres am 28. Juli 2010 geschlossenen Vertrags ein Wettbewerbsverbot vereinbarten. Die Zuwiderhandlung bestand vom 27. September 2010 bis zum 4. Februar 2011. Artikel 2 Wegen des in Artikel 1 genannten Verstoßes werden folgende Geldbußen verhängt: a) [Telefónica]: 66894000 Euro b) [PT]: 12290000 Euro …“ Verfahren und Anträge der Beteiligten 60 Mit Klageschrift, die am 9. April 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 61 Das Gericht (Zweite Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und die Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 seiner Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 zur Vorlage von Schriftstücken aufgefordert. Die Parteien sind dieser Aufforderung fristgemäß nachgekommen. 62 Die Parteien haben in der Sitzung vom 22. Mai 2015 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet. 63 Die Klägerin beantragt, — festzustellen, dass die vorliegende Nichtigkeitsklage wirksam erhoben und gemäß Art. 263 AEUV und für die Zwecke des Art. 264 AEUV zulässig ist; — den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären; — hilfsweise, den Betrag der gemäß Art. 2 des angefochtenen Beschlusses gegen sie verhängten Geldbuße herabzusetzen; — der Kommission die Verfahrenskosten und die ihr entstandenen Kosten aufzuerlegen. 64 Die Kommission beantragt, — die Klage für unzulässig zu erklären; — hilfsweise, zu erklären, dass die Klage jeder rechtlichen Grundlage entbehrt, und den Beschluss mit seinem exakten Wortlaut sowie die Geldbuße mit demselben Betrag aufrechtzuerhalten; — der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung A – Zulässigkeit 65 Die Klägerin stützt ihre Klage formal auf zwei Nichtigkeitsgründe: erstens auf eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften, nämlich eine unzureichende Begründung und einen Mangel an Beweisen, und zweitens auf eine Verletzung des Vertrags und des zu seiner Durchführung erlassenen Rechts, denn der Beschluss leide an einem offensichtlichen Fehler hinsichtlich der Tatsachen, der Beweise und der Zulänglichkeit der Beweise, einem Fehler bei der Auslegung des Art. 101 AEUV und somit einem Verstoß gegen diese Bestimmung, einer Verletzung der Ermittlungs- und Entscheidungspflicht, einer Verletzung des Grundsatzes in dubio pro reo, einem Verstoß gegen die Grundsätze, zu deren Einhaltung sich die Kommission bei der Anwendung von Geldbußen verpflichtet habe, und einer Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. 66 Die Klageschrift enthält drei einleitende Teile, die der Darstellung der eigentlichen Klagegründe vorangestellt und mit „Sachverhalt“, „Gegenstand der Klage“ und „Wesentlicher Inhalt und schwerwiegendste Mängel des Beschlusses“ überschrieben sind. 67 Die Kommission ist der Auffassung, wegen ihres Mangels an Klarheit und Verständlichkeit sowie aufgrund der Darstellung der geltend gemachten Klagegründe müsse die Klage nach Art. 44 der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 als unzulässig zurückgewiesen werden. Sie macht geltend, es sei sehr schwierig, festzustellen, was die Klägerin als Nichtigkeitsgründe anführen wolle, weil die eigentliche Darstellung der Klagegründe erst mit der Rn. 276 der Klageschrift beginne und ihr mehr als 250 Randnummern mit Ausführungen vorausgingen, in denen die Klägerin nicht präzisiere, worin nach ihrer Auffassung der Grund oder die Gründe für die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses konkret bestehen sollten. Im Übrigen habe die Klägerin in ihrer Darstellung der Nichtigkeitsgründe nicht verdeutlicht, inwieweit die genannten Ausführungen für die Konkretisierung dieser Nichtigkeitsgründe relevant seien. 68 Es ist darauf hinzuweisen, dass die Klageschrift nach Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss. Diese Angaben müssen so klar und genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht wird (Urteil vom 30. Januar 2007, France Télécom/Kommission, T‑340/03, Slg, EU:T:2007:22, Rn. 166). Im Übrigen hat der Unionsrichter entschieden, dass es zulässig ist, bei der Darlegung der Klagegründe von der Terminologie und der Aufzählung in der Verfahrensordnung abzuweichen, und dass es ausreicht, wenn das Vorbringen die Klagegründe ihrem Inhalt nach erkennen lässt, ohne diese rechtlich einzuordnen, sofern diese Klagegründe mit hinreichender Deutlichkeit aus der Klageschrift hervorgehen (vgl. Beschluss vom 21. Mai 1999, Asia Motor France u. a./Kommission, T‑154/98, Slg, EU:T:1999:109, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung). 69 Wenn dies hingegen nicht der Fall ist und in der Klageschrift insbesondere keine bestimmten Beanstandungen gegen die angefochtene Entscheidung erhoben werden, ist die Klage für unzulässig zu erklären (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 20. Januar 2012, Groupe Partouche/Kommission, T‑315/10, EU:T:2012:21, Rn. 22 ff.). 70 So kann es nicht hingenommen werden, dass sowohl das beklagte Organ als auch das Gericht genötigt sind, Mutmaßungen in Bezug auf die Schlussfolgerungen und die konkreten Erwägungen sowohl tatsächlicher als auch rechtlicher Art anzustellen, die den Ausführungen der Klägerin zugrunde liegen könnten. Gerade eine solche Situation, die eine Quelle von Rechtsunsicherheit und mit einer ordnungsgemäßen Rechtspflege nicht zu vereinbaren ist, will Art. 44 § 1 der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 nämlich verhindern (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 19. Mai 2008, TF1/Kommission, T‑144/04, Slg, EU:T:2008:155, Rn. 57). 71 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Ausführungen, die in einer Klageschrift zu einer Nichtigkeitsklage unter der Überschrift „Sachverhalt“, „Gegenstand der Klage“ oder „Wesentlicher Inhalt und schwerwiegendste Mängel des Beschlusses“ gemacht werden, dem ersten Anschein nach nicht als selbständige Klagegründe, die zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen können, gemeint sind, sondern vielmehr den Sachverhalt und den angefochtenen Rechtsakt beschreiben sollen. Es lässt sich jedoch nicht von vornherein ausschließen, dass dieser Teil der Klageschrift auch die Darstellung eines oder mehrerer Nichtigkeitsgründe enthält. Ein unter diesen Überschriften stehender Passus kann jedoch ungeachtet der Gliederung der Klageschrift und seiner Stellung in deren allgemeinem Aufbau nur insoweit als Klagegrund angesehen werden, als aus ihm klar und eindeutig hervorgeht, dass er nicht nur beschreibende Funktion hat, sondern darüber hinaus die Gültigkeit der in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellungen in Frage stellt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Dezember 2005, Honeywell/Kommission, T‑209/01, Slg, EU:T:2005:455, Rn. 106, und vom 1. Juli 2008, Kommission/D, T‑262/06 P, Slg. ÖD, EU:T:2008:239, Rn. 52). 72 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass es der Klageschrift insbesondere deshalb an Klarheit mangelt, weil die Klägerin in mehr als 200 Randnummern den „[w]esentliche[n] Inhalt und [die] schwerwiegendste[n] Mängel des Beschlusses“ darstellt, bevor sie zu den „Klagegründen“ im eigentlichen Sinne gelangt. Da diese „Klagegründe“ sehr summarisch dargelegt werden, erscheint es notwendig, diesen rund 200 Randnummern die Rügen und Argumente zu entnehmen, die die geltend gemachten Klagegründe stützen. 73 Dies war im Übrigen offenbar die Absicht der Klägerin, wie sie in Rn. 69 der Erwiderung erklärt und in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat. Entgegen dem Vorbringen der Kommission kann dem Abschnitt „Wesentlicher Inhalt und schwerwiegendste Mängel des Beschlusses“ entnommen werden, welche Beanstandungen die Klägerin gegen den angefochtenen Beschluss erhebt und welche Bestimmungen sie verletzt sieht. Dem Vorbringen der Kommission, dass „sich aus der Klageschrift eindeutig ergibt, dass sie jeglicher rechtlichen Schlussfolgerungen entbehrt, die die Rechtmäßigkeit des [angefochtenen] Beschlusses in Frage stellen können“, ist daher nicht zu folgen. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in der Lage war, eine Antwort auf die von der Klägerin erhobenen Rügen zu formulieren. 74 Daraus folgt, dass die Unzulässigkeitseinrede der Kommission zurückzuweisen und die Klage für zulässig zu erklären ist. 75 Allerdings ist festzustellen, dass den ungefähr 200 Randnummern der Klageschrift, die der Darlegung der Klagegründe im eigentlichen Sinne vorausgehen, zwar entnommen werden kann, welche Beanstandungen die Klägerin gegen den angefochtenen Beschluss erhebt und welche Bestimmungen sie verletzt sieht, dass aber ihre Schriftsätze durch eine fehlende Konkordanz zwischen diesen Beanstandungen und den geltend gemachten Klagegründen sowie durch einen gewissen Mangel an Prägnanz gekennzeichnet sind. Unter diesen Umständen ist der Hinweis angebracht, dass die Verpflichtung des Gerichts, seine Entscheidungen zu begründen, nicht bedeutet, dass es sich detailliert mit jedem von einer Partei vorgebrachten Argument befassen müsste, insbesondere wenn es nicht hinreichend klar und bestimmt ist und sich nicht auf eingehende Beweise stützt (Urteile vom 11. September 2003, Belgien/Kommission, C‑197/99 P, Slg, EU:C:2003:444, Rn. 81, und vom 11. Januar 2007, Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, C‑404/04 P, EU:C:2007:6, Rn. 90). Außerdem verlangt die Begründungspflicht nach ständiger Rechtsprechung nicht, dass das Gericht bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend behandelt; daher kann die Begründung implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe zu erkennen, aus denen das Gericht ihrer Argumentation nicht gefolgt ist, und dem Gerichtshof ausreichende Angaben liefert, damit er seine Kontrolle ausüben kann (vgl. Urteil vom 16. Juli 2009, Kommission/Schneider Electric, C‑440/07 P, Slg, EU:C:2009:459, Rn. 135 und die dort angeführte Rechtsprechung). B – Begründetheit 1. Auf die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses gerichtete Anträge 76 Die Klägerin stützt ihren Antrag auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses auf den Klagegrund einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften sowie auf den Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 101 AEUV und die bei seiner Anwendung zu beachtenden Vorschriften. a) Klagegrund der Verletzung wesentlicher Formvorschriften 77 Als Verletzung wesentlicher Formvorschriften macht die Klägerin geltend, der angefochtene Beschluss sei wegen unzureichender Begründung und eines Mangels an Beweisen fehlerhaft, wobei letztere Rüge allerdings, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, im Rahmen der Prüfung des auf einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV gestützten zweiten Nichtigkeitsgrundes zu behandeln ist. 78 Was die Rüge der unzureichenden Begründung betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der in Art. 296 AEUV vorgesehenen Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis handelt, das von der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört (Urteile vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg, EU:C:1998:154, Rn. 67, vom 22 März 2001, Frankreich/Kommission, C‑17/99, Slg, EU:C:2001:178, Rn. 35, und vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, Slg, EU:C:2011:620, Rn. 146). 79 Im vorliegenden Fall ist erstens festzustellen, dass die Klägerin auf den Begründungsmangel des angefochtenen Beschlusses in dem Abschnitt des mit „Nichtigkeitsgründe“ überschriebenen Teils ihrer Klageschrift eingeht, der die Überschrift „Unzureichende Begründung“ trägt. Nachstehend sind die unter dieser Überschrift angeführten Rügen zu prüfen. Zweitens erhebt die Klägerin in ihrer gesamten Klageschrift offensichtlich durchgängig Beanstandungen, die den Anschein von Rügen unzureichender Begründung erwecken, aber mit Ausnahme der unten in den Rn. 165 bis 168, 220 bis 224 und 254 bis 256 geprüften Rügen in Wirklichkeit die Frage der Begründetheit des angefochtenen Beschlusses betreffen und daher bei der Prüfung der materiell-rechtlichen Fragen, auf die sie sich beziehen, zu untersuchen sind. 80 Im Rahmen ihrer Beanstandungen, die formal zum Klagegrund des Verstoßes gegen die Begründungspflicht gehören, macht die Klägerin im Anschluss an den Hinweis, dass diese Begründungspflicht in Art. 296 AEUV vorgesehen sei, lediglich geltend, dass „die Begründung des angefochtenen Beschlusses Lücken, Ungenauigkeiten und Fehler in wesentlichen Punkten enthält, die ihre Schlussfolgerungen irreparabel beeinträchtigen“, wobei sie „zum Beispiel“ auf die Erwägungsgründe 264 ff. und 353 ff. des angefochtenen Beschlusses verweist. Aus ihren Ausführungen geht jedoch hervor, dass sie in Wirklichkeit nicht die Begründung beanstandet, sondern die Stichhaltigkeit der in diesen Erwägungsgründen dargelegten Beurteilungen, was sie im Übrigen in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat und im Sitzungsprotokoll festgehalten worden ist. 81 Daraus folgt, dass der Klagegrund der Verletzung wesentlicher Formvorschriften – vorbehaltlich der nachstehenden Rn. 165 bis 168, 220 bis 224 und 254 bis 256 – zurückzuweisen ist, weil ihm der Bezug zu den Rügen fehlt, mit denen in Wirklichkeit die Begründetheit des angefochtenen Beschlusses in Frage gestellt wird, ohne dass es einer Prüfung des mit diesem Klagegrund formal verbundenen Vorbringens der Klägerin zur Begründungspflicht bedarf. b) Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 101 AEUV und das bei seiner Anwendung zu beachtende Recht 82 Die Klägerin macht geltend, in Anbetracht der Art der Klausel sowie ihres wirtschaftlichen und rechtlichen Hintergrunds könnten weder die Klausel noch die Verpflichtung der Parteien, auf dem iberischen Markt nicht in Wettbewerb miteinander zu treten, als bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen angesehen werden. 83 Die Klägerin wirft der Kommission somit vor, gegen Art. 101 AEUV verstoßen zu haben, indem sie die Klausel als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft habe. In diesem Zusammenhang macht sie geltend, die Kommission habe die Zuwiderhandlung nicht bewiesen, einen offensichtlichen Fehler bei der Würdigung der Tatsachen, der Beweise und der Zulänglichkeit der Beweise und einen Fehler bei der Anwendung von Art. 101 AEUV begangen sowie gegen den Vertrag, gegen die Ermittlungs- und Entscheidungspflicht und schließlich gegen den Grundsatz in dubio pro reo verstoßen. 84 Wie sie in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, stützt die Klägerin diesen Klagegrund im Wesentlichen auf die folgenden rechtlichen und tatsächlichen Ausführungen: Die Klausel habe nicht im Zusammenhang mit der Vivo-Transaktion gestanden, sondern mit der Option zugunsten von PT, ihre von Telefónica gehaltenen Anteile zurückzukaufen (im Folgenden: Kaufoption), die im zweiten und dritten Angebot vorgesehen, aber nicht mehr Bestandteil der endgültigen Fassung des Vertrags gewesen sei, oder mit dem im Vertrag vorgesehenen Rücktritt der von Telefónica ernannten Mitglieder des Verwaltungsrats von PT; die Klausel habe zwei unterschiedliche Verpflichtungen enthalten, nämlich eine Hauptpflicht zur Selbstbewertung und eine Nebenpflicht, sich des Wettbewerbs zu enthalten, wobei diese zweite Pflicht nur habe verbindlich werden sollen, wenn ihre Rechtmäßigkeit bei der Erfüllung der ersten festgestellt werde; die Klausel könne keine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung sein, weil die Kommission nicht dargetan habe, dass Telefónica und PT potenzielle Wettbewerber gewesen seien und die Klausel den Wettbewerb daher habe beschränken können; schließlich habe die Kommission, weil die Klausel keine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung gewesen sei, deren Auswirkungen prüfen müssen. Vorbemerkungen 85 Eine Vereinbarung, ein Beschluss einer Unternehmensvereinigung oder eine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise muss, um unter das in Art. 101 Abs. 1 AEUV genannte Verbot zu fallen, eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts „bezwecken oder bewirken“. 86 Hierzu geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass bestimmte Arten der Koordination zwischen Unternehmen den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigen, um davon ausgehen zu können, dass die Prüfung ihrer Wirkungen nicht notwendig ist (vgl. Urteil vom 11. September 2014, CB/Kommission, C‑67/13 P, Slg, EU:C:2014:2204, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung). 87 Diese Rechtsprechung liegt darin begründet, dass bestimmte Formen der Kollusion zwischen Unternehmen schon ihrer Natur nach als schädlich für das gute Funktionieren des normalen Wettbewerbs angesehen werden können (vgl. Urteil CB/Kommission, oben in Rn. 86 angeführt, EU:C:2014:2204, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). 88 So steht fest, dass bestimmte kollusive Verhaltensweisen, wie z. B. diejenigen, die zur horizontalen Festsetzung der Preise durch Kartelle führen, als derart geeignet angesehen werden können, negative Auswirkungen insbesondere auf den Preis, die Menge oder die Qualität der Waren und Dienstleistungen zu haben, dass für die Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV der Nachweis, dass sie konkrete Auswirkungen auf den Markt haben, als überflüssig erachtet werden kann. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass solche Verhaltensweisen Minderungen der Produktion und Preiserhöhungen nach sich ziehen, die zu einer schlechten Verteilung der Ressourcen zulasten insbesondere der Verbraucher führen (vgl. Urteil CB/Kommission, oben in Rn. 86 angeführt, EU:C:2014:2204, Rn. 51). 89 Lässt jedoch die Prüfung einer Art von Koordinierung zwischen Unternehmen keine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen, so sind ihre Auswirkungen zu untersuchen, und es müssen, damit sie vom Verbot erfasst wird, Merkmale vorliegen, aus denen sich insgesamt ergibt, dass der Wettbewerb tatsächlich spürbar verhindert, eingeschränkt oder verfälscht worden ist (vgl. Urteil CB/Kommission, oben in Rn. 86 angeführt, EU:C:2014:2204, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung). 90 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist bei der Prüfung der Frage, ob eine Vereinbarung zwischen Unternehmen oder ein Beschluss einer Unternehmensvereinigung eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen lässt, um als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV aufgefasst zu werden, auf den Inhalt ihrer Bestimmungen und die mit ihr verfolgten Ziele sowie auf den wirtschaftlichen und rechtlichen Kontext, in dem sie steht, abzustellen. Im Rahmen der Beurteilung dieses Kontexts sind auch die Art der betroffenen Waren und Dienstleistungen, die auf dem betreffenden Markt oder den betreffenden Märkten bestehenden tatsächlichen Bedingungen und die Struktur dieses Marktes oder dieser Märkte zu berücksichtigen (vgl. Urteil CB/Kommission, oben in Rn. 86 angeführt, EU:C:2014:2204, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung). 91 Ferner ist es den Wettbewerbsbehörden und den Gerichten der Mitgliedstaaten und der Union nicht verwehrt, die Absicht der Beteiligten zu berücksichtigen, auch wenn sie kein notwendiges Element ist, um festzustellen, ob eine Vereinbarung zwischen Unternehmen wettbewerbsbeschränkenden Charakter hat (vgl. Urteil CB/Kommission, oben in Rn. 86 angeführt, EU:C:2014:2204, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). 92 Im Licht dieser Grundsätze sind die von der Klägerin vorgetragenen Gesichtspunkte zu prüfen. Das Vorbringen, die Klausel habe mit der Kaufoption oder dem Rücktritt der von Telefónica ernannten Verwaltungsratsmitglieder von PT im Zusammenhang gestanden 93 Die Klägerin macht geltend, die Klausel habe nicht mit der Vivo-Transaktion im Zusammenhang gestanden, sondern mit der Kaufoption, die in dem zweiten und dritten Angebot – wobei Letzteres nur in einer Erhöhung des Preises ohne Neufassung des Vertragswortlauts bestanden habe – enthalten und nicht mehr Bestandteil der endgültigen Fassung des Vertrags gewesen sei, sowie mit dem in diesem Vertrag vorgesehenen Rücktritt der von Telefónica ernannten Verwaltungsratsmitglieder von PT. 94 Sie hebt hervor, dass die Kaufoption und die Klausel zeitgleich in dem zweiten Angebot aufgetaucht seien, und macht geltend, dass das Wettbewerbsverbot typisches Merkmal eines Erwerbs von Vermögensgegenständen wie der Kaufoption sei, bei dem das Risiko bestehe, dass der Veräußerer in dem übertragenen Geschäftsbereich, den er gut kenne, tätig bleibe. 95 Wegen der von Telefónica am 23. Juni 2010 angekündigten Herabsetzung ihrer Beteiligung am Kapital von PT auf etwa 2 % habe das vierte Angebot keine Kaufoption mehr vorgesehen, sondern die Verpflichtung von Telefónica, Schritte zu unternehmen, damit ihre beiden Vertreter im Verwaltungsrat von PT dieses Amt niederlegten. Wegen der Schwierigkeiten des Verhandlungsprozesses seien einige aus den früheren Angeboten stammende Bestimmungen nicht neu verhandelt worden, so dass die Klausel unter Einfügung der Wendung „soweit rechtlich zulässig“ beibehalten worden sei. 96 In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin auf eine Frage des Gerichts angegeben, dass sie nicht geltend mache, die Klausel hätte als Nebenabrede zum Rücktritt der von Telefónica ernannten Verwaltungsratsmitglieder von PT eingestuft werden müssen. Aus ihrem Vorbringen geht jedoch im Wesentlichen hervor, dass sie behauptet, das Wettbewerbsverbot zum einen mit der Option zum Rückkauf ihrer von Telefónica gehaltenen Aktien und zum anderen mit dem Rücktritt ihrer von Telefónica ernannten Verwaltungsratsmitglieder verknüpft zu haben. Außerdem sei, als die Kaufoption zum Zeitpunkt des vierten Angebots aus dem Vertragsentwurf herausgenommen worden sei, der Zusatz „soweit rechtlich zulässig“ eingefügt und damit das Wettbewerbsverbot in eine Selbstbewertungsklausel umgewandelt worden. Unter diesen Umständen und soweit die Klägerin die Klausel mit diesem Vorbringen der Anwendung von Art. 101 AEUV entziehen will, erscheinen die folgenden Erwägungen angezeigt. 97 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs fällt dann, wenn eine bestimmte Maßnahme oder Tätigkeit wegen ihrer Neutralität oder ihrer positiven Wirkung auf den Wettbewerb nicht von dem grundsätzlichen Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV erfasst wird, auch eine Beschränkung der geschäftlichen Selbständigkeit eines oder mehrerer an dieser Maßnahme oder Tätigkeit Beteiligten nicht unter dieses grundsätzliche Verbot, wenn sie für die Durchführung dieser Maßnahme oder Tätigkeit objektiv notwendig ist und zu den Zielen der einen oder der anderen in einem angemessenen Verhältnis steht (vgl. Urteil vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, Slg, EU:C:2014:2201, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung). 98 Denn wenn es nicht möglich ist, eine solche Beschränkung von der Hauptmaßnahme oder Haupttätigkeit zu unterscheiden, ohne deren Bestehen oder Ziele zu gefährden, muss die Vereinbarkeit dieser Beschränkung zusammen mit der Vereinbarkeit der Hauptmaßnahme oder Haupttätigkeit, zu der sie eine Nebenabrede bildet, mit Art. 101 AEUV untersucht werden, und zwar auch dann, wenn die Beschränkung als solche auf den ersten Blick unter das grundsätzliche Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV zu fallen scheint (Urteil MasterCard u. a./Kommission, oben in Rn. 97 angeführt, EU:C:2014:2201, Rn. 90). 99 Daher bedeutet der Begriff der Nebenabrede jede mit der Durchführung einer Hauptmaßnahme unmittelbar verbundene und für diese notwendige Einschränkung (Urteile vom 18. September 2001, M6 u. a./Kommission, T‑112/99, Slg, EU:T:2001:215, Rn. 104, und vom 29. Juni 2012, E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission, T‑360/09, Slg, EU:T:2012:332, Rn. 62). 100 Unter einer mit der Durchführung einer Hauptmaßnahme unmittelbar verbundenen Einschränkung sind alle Einschränkungen zu verstehen, die eine der Durchführung der Hauptmaßnahme untergeordnete Bedeutung haben und mit dieser offensichtlich verbunden sind (Urteile M6 u. a./Kommission, oben in Rn. 99 angeführt, EU:T:2001:215, Rn. 105, und E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission, oben in Rn. 99 angeführt, EU:T:2012:332, Rn. 63). 101 Die Voraussetzung der notwendigen Beschränkung erfordert eine doppelte Prüfung. Zum einen ist zu untersuchen, ob die Beschränkung für die Durchführung der Hauptmaßnahme objektiv notwendig ist, und zum anderen, ob sie im rechten Verhältnis zu ihr steht (Urteile M6 u. a./Kommission, oben in Rn. 99 angeführt, EU:T:2001:215, Rn. 106, und E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission, oben in Rn. 99 angeführt, EU:T:2012:332, Rn. 64). 102 Da es eine „rule of reason“ im Wettbewerbsrecht der Union nicht gibt, ist darauf hinzuweisen, dass die Voraussetzung der objektiven Notwendigkeit einer Beschränkung im Rahmen der Einstufung als Nebenabreden nicht dahin ausgelegt werden kann, dass sie eine Abwägung der wettbewerbsfördernden und der wettbewerbswidrigen Auswirkungen einer Vereinbarung voraussetze (Urteile M6 u. a./Kommission, oben in Rn. 99 angeführt, EU:T:2001:215, Rn. 107, und E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission, oben in Rn. 99 angeführt, EU:T:2012:332, Rn. 65). 103 Das entspricht nicht nur der Wahrung der praktischen Wirksamkeit von Art. 101 Abs. 3 AEUV, sondern ist auch aus Gründen der Folgerichtigkeit gerechtfertigt. Denn da Art. 101 Abs. 1 AEUV keine Prüfung der wettbewerbsfördernden und wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen erlaubt, muss das Gleiche für die Prüfung der damit verbundenen Abreden gelten (Urteile M6 u. a./Kommission, oben in Rn. 99 angeführt, EU:T:2001:215, Rn. 108, und E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission, oben in Rn. 99 angeführt, EU:T:2012:332, Rn. 66). 104 Demgemäß muss die Untersuchung der objektiven Notwendigkeit einer Beschränkung im Vergleich zur Hauptmaßnahme verhältnismäßig abstrakt erfolgen. Es geht nicht darum, zu prüfen, ob angesichts der Wettbewerbssituation auf dem relevanten Markt die Beschränkung für den geschäftlichen Erfolg der Hauptmaßnahme unerlässlich ist, sondern um die Feststellung, ob die Beschränkung im besonderen Rahmen der Hauptmaßnahme für die Verwirklichung dieser Maßnahme notwendig ist. Wäre die Hauptmaßnahme ohne die Beschränkung nur schwer oder gar nicht zu verwirklichen, kann die Beschränkung als objektiv notwendig zu ihrer Verwirklichung betrachtet werden (Urteile M6 u. a./Kommission, oben in Rn. 99 angeführt, EU:T:2001:215, Rn. 109, und E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission, oben in Rn. 99 angeführt, EU:T:2012:332, Rn. 67). 105 Ist eine beschränkende Abrede für die Verwirklichung einer Hauptmaßnahme objektiv notwendig, ist weiter zu prüfen, ob ihre Dauer und ihr sachlicher und örtlicher Anwendungsbereich nicht über das für die Verwirklichung dieser Maßnahme Notwendige hinausgehen. Geht die Dauer oder der Anwendungsbereich der beschränkenden Abrede über das für die Verwirklichung der Maßnahme Notwendige hinaus, so ist sie getrennt im Rahmen von Art. 101 Abs. 3 AEUV zu prüfen (Urteil E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission, oben in Rn. 99 angeführt, EU:T:2012:332, Rn. 68). 106 Da die Beurteilung des Charakters einer bestimmten Abrede als Nebenabrede zu einer Hauptmaßnahme von der Beklagten eine Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten verlangt, beschränkt sich die gerichtliche Nachprüfung dieser Würdigung auf die Frage, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten worden sind, ob die Begründung ausreichend ist, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt worden ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (Urteil E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission, oben in Rn. 99 angeführt, EU:T:2012:332, Rn. 69). 107 Wird festgestellt, dass eine beschränkende Abrede in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Hauptmaßnahme steht und zu ihrer Verwirklichung notwendig ist, so ist ihre Vereinbarkeit mit dem Wettbewerbsrecht zusammen mit der Vereinbarkeit der Hauptmaßnahme zu prüfen. Wird also etwa die Hauptmaßnahme nicht vom Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV erfasst, gilt das Gleiche auch für die mit dieser Maßnahme in unmittelbarem Zusammenhang stehenden und für sie notwendigen beschränkenden Abreden. Stellt hingegen die Hauptmaßnahme eine Beschränkung im Sinne dieser Bestimmung dar, genießt aber eine Freistellung gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV, so erstreckt sich diese Freistellung auch auf die Nebenabreden (Urteil E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission, oben in Rn. 99 angeführt, EU:T:2012:332, Rn. 70). 108 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Urteil vom 11. Juli 1985, Remia u. a./Kommission (42/84, Slg, EU:C:1985:327, Rn. 17 bis 20), ein Wettbewerbsverbot untersucht hat, das im Rahmen eines Kaufvertrags über ein Unternehmen vereinbart worden war. Nach der Feststellung, dass Wettbewerbsverbote nicht allein dadurch, dass sie im Rahmen eines Kaufvertrags über ein Unternehmen vereinbart wurden, dem Anwendungsbereich des Art. 101 Abs. 1 AEUV entzogen sind, hat der Gerichtshof ausgeführt, dass zur Beantwortung der Frage, ob derartige Vertragsklauseln unter das Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV fallen, zu prüfen ist, wie sich der Wettbewerb gestalten würde, wenn solche Wettbewerbsverbote nicht vereinbart würden. Der Gerichtshof hat ausgeführt, dass in diesem Fall, wenn der Verkäufer und der Käufer weiterhin miteinander in Wettbewerb stehen würden, die Unternehmensübertragung nicht realisiert werden könnte, weil der Verkäufer, der das veräußerte Unternehmen in allen seinen Einzelheiten besonders gut kennt, seine frühere Kundschaft nämlich wieder zurückgewinnen könnte, so dass Wettbewerbsverbote in einer solchen Situation grundsätzlich die Gewähr dafür bieten, dass eine effektive Unternehmensübertragung möglich ist, wobei allerdings klarzustellen ist, dass sie für die Übertragung des veräußerten Unternehmens erforderlich und in ihrer Geltungsdauer und ihrem Anwendungsbereich strikt auf diesen Zweck beschränkt sein müssen. 109 Was die Kaufoption und das Ausscheiden der von Telefónica ernannten Mitglieder des Verwaltungsrats von PT betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin in den Rn. 20 und 76 der Klageschrift geltend macht, im Hinblick auf diese beiden Umstände habe die Klausel ein Ziel verfolgt, das dem von Wettbewerbsverboten in Kaufverträgen über Unternehmen vergleichbar sei, nämlich zu verhindern, dass Telefónica von den Informationen, die sie dadurch erlangt habe, dass sie im Verwaltungsrat von PT vertreten gewesen sei, Gebrauch mache, um zu PT in Wettbewerb zu treten. 110 Soweit es zum einen um die Kaufoption geht, ist festzustellen, dass diese in der endgültigen Fassung des Vertrags nicht mehr enthalten war, so dass sie die Klausel nicht mehr rechtfertigen konnte, was im Übrigen der Grund dafür ist, dass die Kommission nicht geprüft hat, ob die Klausel als Nebenabrede zur Kaufoption angesehen werden konnte (vgl. 390. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Zudem muss jedenfalls festgestellt werden, dass die Klägerin sich darauf beschränkt, erstens vorzutragen, dass „das Wettbewerbsverbot im Interesse von PT lag und typisch für einen Erwerb von Vermögensgegenständen mit den Merkmalen ist, wie sie sich aus der Ausübung einer Kaufoption ergeben, insbesondere für einen Erwerb, der zu einer verstärkten Kontrolle führt, eine bedeutende Investition darstellt und das Risiko mit sich bringt, dass der Veräußerer in dem übertragenen Geschäftsbereich, den er gut kennt, tätig bleibt“, zweitens den Umfang der Beteiligung (10 %) hervorzuheben, die Gegenstand der Kaufoption habe sein sollen, und drittens geltend zu machen, dass „PT gewohnt ist, Verträge über den Kauf und den Verkauf von Aktien mit derartigen Klauseln zu verbinden, da diese zeitlich begrenzt sind und den laufenden Geschäften nicht schaden“, und „PT ein Interesse daran hat, sich nach der Ausübung der Kaufoption kurzfristig zu schützen“. 111 Die Klägerin legt aber weder dar, warum und in welcher Weise im vorliegenden Fall durch den Verkauf der von Telefónica gehaltenen Aktien von PT das konkrete Risiko habe entstehen können, dass der Veräußerer in dem fraglichen Bereich, den er gut kenne, weiterhin tätig bleibe, noch wogegen sie sich für den Fall der Ausübung der Kaufoption habe konkret schützen müssen. 112 Im Übrigen hebt die Klägerin zwar hervor, dass die Kaufoption und das Wettbewerbsverbot zur gleichen Zeit im Rahmen des zweiten Angebots aufgetaucht seien, was einen Zusammenhang zwischen beiden nahelege, tut aber nicht dar, dass die Einführung dieser Option mit der des Wettbewerbsverbots zusammenhing. So trägt die Klägerin lediglich vor, der Umstand, dass die Klausel mit der Kaufoption zusammenhänge, ergebe sich aus dem Schriftwechsel zwischen Telefónica und PT, der am 1. Juni 2010 zwischen 02.53 Uhr und 17 Uhr stattgefunden und zur Erhöhung des Preises des zweiten Angebots geführt habe. Dieser Schriftwechsel, den die Kommission auf eine Frage des Gerichts vorgelegt hat, besteht aus einem Austausch von E‑Mails zwischen Telefónica und PT, die mehrfache Überarbeitungen des Wortlauts des Vertrags mit Kennzeichnung der Änderungen enthalten. Diese Fassungen des Vertrags enthalten zwar die Kaufoption und das Wettbewerbsverbot, lassen jedoch nicht den Schluss zu, dass Letzteres von der Kaufoption abhängig gewesen sei. 113 Unter diesen Umständen kann nicht gesagt werden, dass die Klausel als Nebenabrede zur Kaufoption habe angesehen werden können. 114 Was zum anderen das Ausscheiden der von Telefónica ernannten Mitglieder des Verwaltungsrats von PT betrifft, hebt die Klägerin hervor, diese hätten Zugang zu sensiblen Informationen haben können, ohne jedoch darzutun, dass die tatsächliche Gefahr bestanden habe, dass Telefónica die Informationen, die sie durch die von ihr ernannten Mitglieder des Verwaltungsrats von PT erhalten habe, nach dem Ausscheiden dieser Mitglieder zum Nachteil von PT verwerten würde. 115 Außerdem ist festzustellen, dass die Klägerin keine Anhaltspunkte vorträgt, die geeignet wären, die in den Erwägungsgründen 391 bis 401 des angefochtenen Beschlusses dargelegten Schlussfolgerungen der Kommission zu widerlegen, wonach die Klausel nicht als Nebenabrede zum Ausscheiden der von Telefónica ernannten Mitglieder des Verwaltungsrats von PT gerechtfertigt werden kann. 116 So hat die Kommission u. a. angegeben, dass das portugiesische Gesellschaftsrecht und insbesondere die Art. 64, 254 und 398 des portugiesischen Handelsgesetzbuchs die Mitglieder eines Verwaltungsrats verpflichteten, die Informationen, zu denen sie in diesem Rahmen Zugang gehabt hätten, nicht zu anderen als den für das ordnungsgemäße Funktionieren der Gesellschaft erforderlichen Zwecken zu verwenden (395. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Klägerin legt nicht dar, warum die Klausel angesichts einer solchen gesetzlichen Verpflichtung notwendig gewesen sei, um die Informationen, die den von Telefónica ernannten Mitgliedern des Verwaltungsrats von PT zur Verfügung gestellt worden seien, nach dem Ausscheiden dieser Mitglieder aus dem Verwaltungsrat zu schützen. 117 Auch hat die Kommission im Hinblick auf die behauptete Notwendigkeit, die vertraulichen Informationen zu schützen, zu denen die von Telefónica ernannten Mitglieder des Verwaltungsrats von PT Zugang gehabt hätten, darauf hingewiesen, dass die genannten Informationen diesen Mitgliedern vor der Vivo-Transaktion zur Verfügung gestellt worden seien, dass zu diesem Zeitpunkt ein Wettbewerbsverbot nicht für erforderlich gehalten worden sei und dass die Parteien nicht nachgewiesen hätten, warum das Ausscheiden von Telefónica aus dem Verwaltungsrat von PT die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots erforderlich gemacht habe (Erwägungsgründe 393 und 394 des angefochtenen Beschlusses). 118 Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass die Klausel eine Nebenabrede zum Ausscheiden der von Telefónica ernannten Mitglieder des Verwaltungsrats von PT war. 119 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin auch nicht den Erwägungen in den Erwägungsgründen 402 bis 404 des angefochtenen Beschlusses widersprochen hat, wonach selbst dann, wenn das Ausscheiden der von Telefónica ernannten Mitglieder aus dem Verwaltungsrat von PT ein Wettbewerbsverbot erfordert hätte, um die diesem Organ zur Verfügung gestellten vertraulichen Informationen zu schützen, ein solches Verbot sich auf das zwingend Notwendige hätte beschränken müssen, was bei der Klausel nicht der Fall gewesen sei, weil sie wechselseitig sei und daher nicht nur Telefónica, sondern auch PT untersagt habe, zur jeweils anderen in Wettbewerb zu treten. 120 Schließlich ist jedenfalls festzustellen, wie die Kommission in den Erwägungsgründen 386 und 387 des angefochtenen Beschlusses zu Recht hervorhebt, dass die Frage, ob eine Beschränkung als Nebenabrede eingestuft werden kann, im Verhältnis zur Hauptverpflichtung zu prüfen ist. Im vorliegenden Fall ist das Hauptvorhaben, im Verhältnis zu dem das Wettbewerbsverbot zu beurteilen ist, aber weder die Kaufoption noch das Ausscheiden der von Telefónica ernannten Mitglieder aus dem Verwaltungsrat von PT, sondern die Vivo-Transaktion. Die Klägerin trägt jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klausel erforderlich gewesen sei, um die Durchführung dieser Transaktion zu ermöglichen. 121 Nach alledem hat die Klägerin nicht dargetan, dass die Klausel als Nebenabrede zu der Kaufoption habe eingestuft werden müssen, solange diese im Vertrag vorgesehen gewesen sei, was bei der Würdigung der Umstände des Vertrags hätte berücksichtigen werden müssen. Ebenso hat die Klägerin nicht dargetan, dass die Klausel eine Nebenabrede zu dem in der endgültigen Fassung des Vertrags vorgesehenen Ausscheiden der von Telefónica ernannten Mitglieder aus dem Verwaltungsrat von PT gewesen sei, so dass sie aus diesem Grund vom Verbot des Art. 101 AEUV nicht erfasst worden wäre. Das Vorbringen, die Klausel habe eine Verpflichtung zur Selbstbewertung enthalten 122 Die Klägerin macht geltend, die Klausel habe kein mit Art. 101 AEUV unvereinbares Wettbewerbsverbot enthalten: Das in der Klausel vorgesehene Wettbewerbsverbot habe unter der Bedingung gestanden, dass beide Parteien sie bewertet und für gültig befunden hätten, und sofern diese Bewertung zu dem Ergebnis geführt hätte, dass das Wettbewerbsverbot nicht zulässig sei, wäre es erloschen, ohne jemals Wirkungen erzeugt zu haben. Dies sei in jeder Hinsicht die plausibelste Lesart der fraglichen Bestimmung. 123 Nach Auffassung der Klägerin enthielt die Klausel wegen des Zusatzes „soweit rechtlich zulässig“ nämlich zwei Verpflichtungen: eine Nebenpflicht, sich des Wettbewerbs zu enthalten, und eine Hauptpflicht zur Selbstbewertung, die es den Parteien auferlegt habe, die Rechtmäßigkeit des Wettbewerbsverbots zu beurteilen, und falls die in der Klausel vorgesehene Vornahme dieser Selbstbewertung zu dem Ergebnis geführt hätte, dass das Wettbewerbsverbot nicht rechtmäßig sei, wäre dieses automatisch hinfällig geworden. 124 Bei den Telefonkonferenzen vom 26. und 29. Oktober 2010 hätten die Parteien die in der Klausel vorgesehene Selbstbewertung vorgenommen und seien zu dem Ergebnis gekommen, dass die Wettbewerbsbeschränkung nicht zulässig sei. Anschließend hätten sie geprüft, ob die Klausel aufgehoben werden müsse; eine solche Lösung sei ihnen aber als mit der inzwischen in die Klausel aufgenommenen Verpflichtung zur Selbstbewertung kaum vereinbar erschienen. PT habe daher akzeptiert, dass die mit der Klausel auferlegte Verpflichtung durch die Vornahme der Selbstbewertung erfüllt worden sei und die zuständigen Behörden vom Ergebnis dieser Bewertung unterrichtet werden müssten. In diesem Kontext sei der zwischen den Parteien am 4. Februar 2011 geschlossene Vertrag zu verstehen, mit dem die Klausel aufgehoben und bestätigt worden sei, dass sie keiner der Parteien jemals ein Konkurrenzverbot auferlegt habe. 125 Schließlich habe das Wettbewerbsverbot vor der Bestätigung seiner Rechtmäßigkeit keine Wirkungen erzeugen können und könne folglich nicht als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft werden. Aber selbst wenn dies der Fall sein sollte, sei es jedenfalls am 29. Oktober 2010 hinfällig geworden, denn von diesem Datum an sei beiden Parteien klar gewesen, dass sie sich nicht auf den Vertrag berufen könnten, um nicht miteinander in Wettbewerb zu treten. 126 Im Rahmen der vorliegenden Klage wendet die Klägerin sich gegen einige der Schlussfolgerungen der Kommission in dem angefochtenen Beschluss, ohne jedoch konkrete Umstände oder zumindest relevante Gesichtspunkte anzuführen, die sie in Frage stellen könnten. Im Rahmen ihres Vorbringens befasst die Klägerin sich im Wesentlichen mit folgenden Punkten: Erstens treffe die Feststellung im 255. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass der Wortlaut der Klausel deren wettbewerbswidrigen Charakter deutlich mache, nicht zu, zweitens hätten die Parteien gute Gründe gehabt, die Möglichkeit, dass die Klausel als Nebenabrede zur Kaufoption oder zum Ausscheiden der von Telefónica ernannten Mitglieder aus dem Verwaltungsrat von PT rechtmäßig sei, als zweifelhaft anzusehen, drittens hätten die Umstände der Vertragsverhandlungen es gerechtfertigt, die Prüfung dieser Möglichkeit auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, viertens bewiesen die Telefonkonferenzen vom Oktober 2010, dass die in der Klausel vorgesehene Selbstbewertung stattgefunden habe, fünftens bestätige der am 4. Februar 2011 geschlossene Vertrag über die Aufhebung der Klausel, dass die Selbstbewertung stattgefunden und die Klausel niemals irgendwelche Wirkungen erzeugt habe, sechstens lege die Kommission die Antworten von PT auf das Auskunftsverlangen vom 5. Januar 2011 falsch aus, und siebtens hätten die Parteien genug Argumente gehabt, um der Klausel nicht nachzukommen. 127 Als Erstes ist festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin, die Feststellung im 255. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses treffe nicht zu, mit ihrem Vortrag zusammenhängt, mit dem sie präzisiert, dass sie die Klausel – anders als die Kommission – nicht als eine bloße Verpflichtung zur Selbstbewertung ansehe, sondern geltend mache, die Klausel habe zwei Verpflichtungen umfasst, von denen die erste eine vorausgehende und die zweite eine anschließende Verpflichtung gewesen sei: Die vorausgehende Verpflichtung habe darin bestanden, zu prüfen, ob das Wettbewerbsverbot möglich sei, während die andere nur habe entstehen können, wenn die Parteien sich dieser Möglichkeit vergewissert hätten. Die Einfügung der Wendung „soweit rechtlich zulässig“ habe nämlich bedeutet, dass keine der Parteien berechtigt gewesen sei, von der anderen zu fordern, zu ihr nicht in Wettbewerb zu treten, ohne sich zuvor der Rechtmäßigkeit dieses Verhaltens vergewissert zu haben, denn die Verpflichtung, zueinander nicht in Wettbewerb zu treten, sei von der Einhaltung der Verpflichtung, die Rechtmäßigkeit dieser Beschränkung zu untersuchen, abhängig gewesen. 128 Das Wettbewerbsverbot falle daher nicht mit der Verpflichtung zur Selbstbewertung zusammen, und die Selbstbewertung bei den Telefonkonferenzen vom Oktober 2010 habe ergeben, dass das Wettbewerbsverbot nicht rechtmäßig sei. Zweck des Aufhebungsvertrags sei es gewesen, die Klausel zu streichen, um die Zweifel auszuräumen und die Vorstellung, zwischen den Parteien bestehe irgendein Wettbewerbsverbot, endgültig von der Hand zu weisen, nicht aber, die Verpflichtung zur Selbstbewertung aufzuheben. 129 Mit der Kommission ist darauf hinzuweisen, dass die von der Klägerin getroffene Unterscheidung zwischen der Feststellung im 76. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, nach der „die Parteien [geltend machen], statt ein Wettbewerbsverbot aufzuerlegen sehe die Klausel nur eine bloße Verpflichtung zur Selbstbewertung der Rechtmäßigkeit und des Umfangs des Wettbewerbsverbots vor“, und der Feststellung, dass „die Klausel ein Wettbewerbsverbot enthält, dessen Rechtmäßigkeit von der Beurteilung durch die Parteien abhängig ist“, ohne jeden Belang ist. Beide Angaben laufen im Wesentlichen auf das Vorbringen hinaus, dass das in der Klausel vorgesehene Wettbewerbsverbot dank des Zusatzes „soweit rechtlich zulässig“ nicht habe wirksam werden können, bevor die Parteien seine Rechtmäßigkeit geprüft hätten. Außerdem ist die vermeintliche Präzisierung, dass die Klausel keine Verpflichtung zur Selbstbewertung, sondern eine vorausgehende Verpflichtung zur Selbstbewertung und ein anschließendes Wettbewerbsverbot enthalten habe, im Gegensatz zu der von der Klägerin offenbar vertretenen Auffassung nicht geeignet, die Argumente der Kommission in dem angefochtenen Beschluss zu widerlegen. 130 Was somit die Feststellung der Kommission im 255. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses anbelangt, ändert die vermeintliche Präzisierung der Klägerin, nach ihrer Auffassung enthalte die Klausel nicht nur eine Verpflichtung zur Selbstbewertung, sondern auch ein – sekundäres – Wettbewerbsverbot, nichts daran, dass der Wortlaut der Klausel offenkundig in keiner Weise auf die Vornahme einer Selbstbewertung verweist und daher nicht das Vorbringen der Vertragsparteien zu stützen vermag, die Klausel habe die Verpflichtung enthalten, eine solche Bewertung vorzunehmen. 131 Als Zweites ist festzustellen, dass auch dem weiteren Vorbringen der Klägerin nicht gefolgt werden kann. Aus der Prüfung der Gesichtspunkte, die die Klägerin im Rahmen der vorliegenden Klage anführt, geht nämlich hervor, dass es ihr nicht gelungen ist, die Beurteilung der Kommission zu widerlegen, nach der das Vorbringen, die Klausel habe eine Verpflichtung zur Selbstbewertung enthalten, diese Selbstbewertung habe stattgefunden und das Wettbewerbsverbot habe niemals Wirkungen entfaltet, so dass eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV nicht vorliegen könne, nicht durchgreifen kann. Die Klägerin behauptet lediglich, das Wettbewerbsverbot sei von der Überprüfung seiner Zulässigkeit abhängig gewesen, trägt aber nichts vor, was die Gesichtspunkte in Frage stellen könnte, mit denen die Kommission dargetan hat, dass nichts darauf hindeute, dass die Klausel eine Verpflichtung zur Selbstbewertung enthalten habe, von der das Inkrafttreten des Wettbewerbsverbots abhängig gewesen sei. 132 Erstens führt die Klägerin Gesichtspunkte an, mit denen dargetan werden soll, dass die Auslegung, nach der die Klausel eine Verpflichtung zur Selbstbewertung der Rechtmäßigkeit des Wettbewerbsverbots enthalten habe, dadurch bestätigt werde, dass vernünftige Zweifel hinsichtlich der Möglichkeit bestanden hätten, das Wettbewerbsverbot als Nebenabrede zur Kaufoption oder zum Ausscheiden der von Telefónica ernannten Mitglieder aus dem Verwaltungsrat von PT einzustufen. So macht die Klägerin geltend, in Anbetracht des Kontexts und des Drucks der Verhandlungen sei es ihr vernünftig erschienen, das Wettbewerbsverbot bis zur Überprüfung der Folgen der Streichung der Kaufoption und der Aufrechterhaltung der Rücktrittsverpflichtung der von Telefónica ernannten Mitglieder des Verwaltungsrats von PT zur Seite zu legen. 133 Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. 134 Was zum einen die Kaufoption betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass diese im zweiten und dritten Angebot vorgesehen (Erwägungsgründe 41 und 46 des angefochtenen Beschlusses) und im vierten Angebot nicht mehr enthalten war, weil Telefónica inzwischen den größten Teil ihrer Beteiligung an PT, die sich ursprünglich auf etwa 10 % belief, verkauft hatte (18. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 135 So macht die Klägerin geltend, wegen der kurzen Zeitspanne zwischen dem Eingang des vierten Angebots und der Unterzeichnung des Vertrags, nämlich 24 Stunden, hätten die Parteien nicht die Zeit gehabt, zu überprüfen, ob die Klausel ohne die Kaufoption noch habe zulässig sein können, so dass sie sie in eine Selbstbewertungsklausel umgewandelt hätten, um die Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. 136 Aus den oben in den Rn. 110 bis 113 getroffenen Feststellungen ergibt sich jedoch, dass es der Klägerin nicht gelungen ist, darzutun, dass die Klausel als Nebenabrede zur Kaufoption habe eingestuft werden können, als diese noch Bestandteil des Vertrags gewesen sei, oder dass insoweit berechtigte Zweifel hätten bestehen können, so dass dem gesamten auf diese Überlegung gestützten Vorbringen nicht zu folgen ist. 137 Was zum anderen das im Vertrag vorgesehene Ausscheiden der von Telefónica ernannten Mitglieder aus dem Verwaltungsrat von PT betrifft, ist oben in den Rn. 114 bis 118 ebenfalls festgestellt worden, dass nicht erwiesen ist, dass die Klausel eine Nebenabrede zu diesem Ausscheiden gewesen sei, so dass die behaupteten Zweifel daran die These, wonach die Klausel in Wirklichkeit eine Verpflichtung zur Selbstbewertung der Rechtmäßigkeit einer solchen Beschränkung eingeführt habe, nicht stützen können. 138 In diesem Zusammenhang ist zudem darauf hinzuweisen, dass, wie die Kommission im 376. Erwägungsgrund unter Buchst. b ausgeführt hat, das Vorbringen der Klägerin widersprüchlich ist, weil einerseits die Erwägungen, nach denen die Klausel als eine Nebenabrede zum Ausscheiden der von Telefónica ernannten Mitglieder aus dem Verwaltungsrat von PT angesehen werden könne, und andererseits die Erwägungen, nach denen die Vornahme der Selbstbewertung die Feststellung ermöglicht habe, dass die Klausel nicht wettbewerbsrechtskonform gewesen sei, nicht miteinander vereinbar sind, denn wenn die Klausel als Nebenabrede zum Ausscheiden der von Telefónica ernannten Mitglieder aus dem Verwaltungsrat von PT rechtmäßig gewesen wäre, hätte die behauptete Vornahme der Selbstbewertung nicht zu dem Ergebnis führen können, dass die Klausel rechtswidrig sei. 139 Außerdem ist festzustellen, dass die Klägerin sich zwar nachdrücklich auf die behauptete Schwierigkeit der Rechtsfrage beruft, ob die Klausel als Nebenabrede zum Rücktritt der von Telefónica ernannten Mitglieder des Verwaltungsrats von PT habe angesehen werden können, dass sie aber – wie die Kommission zutreffend ausführt – zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht hat, die behauptete Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Klausel bei den Telefonkonferenzen vom Oktober 2010 sei langwierig oder schwierig gewesen, sondern im Gegenteil vorträgt, dass zwei Telefongespräche ausgereicht hätten, um in dieser Frage eine Übereinstimmung zwischen den Parteien zu erzielen. 140 Aus alledem folgt, dass die behauptete rechtliche Komplexität der Fragen in Bezug auf die Möglichkeit, die Klausel als Nebenabrede zur Kaufoption oder zum Rücktritt der von Telefónica ernannten Mitglieder des Verwaltungsrats von PT einzustufen, nicht als ein Gesichtspunkt angesehen werden kann, der dafür spricht, dass mit dem Einschub „soweit rechtlich zulässig“ eine Verpflichtung zur Selbstbewertung der Rechtmäßigkeit des Wettbewerbsverbots in die Klausel eingeführt worden sei. 141 Zweitens macht die Klägerin geltend, die Umstände der Vertragsverhandlung hätten es gerechtfertigt, dem Wettbewerbsverbot eine Verpflichtung zur vorherigen Selbstbewertung hinzuzufügen. Bei der Prüfung des vierten Angebots hätten die Parteien darauf geachtet, die aus den früheren Angeboten stammenden Klauseln nicht erneut zu untersuchen, und diese nur geändert, wenn sich das als unerlässlich erwiesen habe, um den Entwurf an die wesentlichen Merkmale der Transaktion anzupassen. Die Einfügung des Zusatzes „soweit rechtlich zulässig“ sei daher auf die Tatsache zurückzuführen, dass sich die Umstände durch den Wegfall der Kaufoption geändert hätten, es aber angesichts der zahlreichen mit der Verhandlung verbundenen Zwänge nicht möglich gewesen sei, sich im Vorhinein der Rechtmäßigkeit der Aufrechterhaltung des Wettbewerbsverbots mit dem ursprünglich vorgesehenen Wortlaut zu vergewissern. 142 Außerdem macht die Klägerin geltend, der Vertrag sei innerhalb von weniger als 24 Stunden nach Eingang des vierten Angebots unterzeichnet worden. Da es um den Abschluss des Erwerbs von Vivo und Oi gegangen sei, sei die Klausel die geringste Sorge von PT gewesen, so dass nichts darauf hinweise, dass die Parteien die Endfassung der Klausel erörtert hätten, und alles dafür spreche, dass sie dies nicht getan hätten. 143 Auch dieses Vorbringen vermag nicht zu überzeugen. 144 Was zunächst den Wegfall der Kaufoption betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass Telefónica schon am 23. Juni 2010 bekannt gegeben hatte, dass sie ihre Beteiligung an PT auf ungefähr 2 % verringert habe, so dass den Parteien, wie die Kommission zu Recht betont, schon seit diesem Tag, d. h. seit mehr als einem Monat vor der Absendung des vierten Angebots am 27. Juli und der Unterzeichnung des Vertrags am 28. Juli 2010, bekannt war, dass jeder vermeintliche Zusammenhang zwischen der Kaufoption und der Klausel entfallen war. Daraus folgt, dass die Klägerin nicht geltend machen kann, die Parteien hätten nur über eine Zeitspanne von 24 Stunden verfügt, um die Folgen des Wegfalls der Kaufoption zu beurteilen. 145 Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin die Gesichtspunkte nicht widerlegt, die die Kommission anführt, um darzutun, dass die Parteien den Wortlaut des Vertrags bis zum Abschluss der Verhandlungen geändert hätten, nämlich die Tatsache, dass die Klauseln 6 und 7 des Vertrags in der Zeit zwischen der Vorlage des vierten Angebots und der Unterzeichnung des Vertrags geändert wurden und die Klausel selbst bis kurz vor Unterzeichnung des Vertrags Gegenstand von Erörterungen und Änderungen bezüglich ihrer Geltungsdauer war. Sie beschränkt sich auf den Vortrag, dass „nichts darauf hinweist, dass die Parteien die Endfassung [der Klausel] erörtert haben, und alles dafür spricht, dass sie dies nicht getan haben“. Außerdem kann dem Vorbringen der Klägerin in Rn. 34 der Erwiderung nicht gefolgt werden, dass die Änderung der Klausel, die darin bestanden habe, sie statt am „Tag der Unterzeichnung dieses Vertrags“ am „Tag [des endgültigen Abschlusses der Transaktion]“ in Kraft treten zu lassen, eine der schlichten Logik folgende Änderung oder gar eine automatische Korrektur gewesen sei. Die Formulierung „[am] Tag der Unterzeichnung dieses Vertrags“ habe nämlich bedeutet, dass die Klausel mit der Unterzeichnung des Vertrags, d. h. am 28. Juli 2010, wirksam geworden wäre, während die Formulierung „[am] Tag [des endgültigen Abschlusses der Transaktion]“ bedeute, dass die Klausel mit dem endgültigen Abschluss der Transaktion am 27. September 2010 wirksam geworden sei (siehe oben, Rn. 22 und 25). 146 Schließlich ist allgemein das auf die behaupteten schwierigen Umstände der Verhandlungen gestützte Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen. So hat die Kommission im 249. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses und in Rn. 49 der Klagebeantwortung zu Recht ausgeführt, es sei schlicht unglaubhaft, dass Unternehmen wie Telefónica und PT, die Zugang zu hochspezialisierter Rechtsberatung hätten und diese in Anspruch nähmen, bei der Erörterung und Änderung des Wortlauts des Vertrags und insbesondere der Klausel „geschludert“ haben sollen. Die Klägerin widerlegt diese Feststellung im Übrigen in keiner Weise und beschränkt sich wiederum auf die Behauptung, dass „die Wahrscheinlichkeit, dass die Parteien anfangs Zugang zu hochspezialisierter Rechtsberatung gehabt und diese in Anspruch genommen haben, zumindest fraglich und objektiv beschränkt war“. 147 Drittens macht die Klägerin geltend, die nach ihrer Behauptung durch die Klausel vorgesehene Selbstbewertung sei bei den Telefonkonferenzen vom 26. und 29. Oktober 2010 vorgenommen worden. Ihr Vorbringen ist jedoch wiederum zurückzuweisen, weil die Klägerin erneut die von der Kommission u. a. in den Erwägungsgründen 102 bis 124 des angefochtenen Beschlusses vorgenommene Beurteilung nicht angreift, nach der die von den Parteien angeführten Gesichtspunkte nicht die Schlussfolgerung zulassen, dass die „Hinfälligkeit“ der Klausel ab 29. Oktober 2010 dargetan sei, dass die Klausel die Selbstbewertung vorgesehen habe oder dass diese behauptete Selbstbewertung irgendwelche Wirkungen gehabt habe (124. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Klägerin behauptet nämlich nur, dass „die Beweise für die Kontakte und die Beweise für ihren Inhalt dieselben sind und übereinstimmen“, dass „vernünftigerweise nicht angenommen werden kann, dass [die Telefonkonferenzen] einen anderen Zweck als die Erörterung [der Klausel] gehabt hätten und sich daraus die Bestätigung der Rechtmäßigkeit des Wettbewerbsverbots ergeben habe“, dass „[k]eines der Beweismittel … für eine dermaßen absurde These [spricht]“ und dass „[i]m Gegenteil … alles darauf hin[deutet], dass die gemeinsamen Überlegungen nur zu einem einzigen Ergebnis führen konnten[, nämlich] dem, dass das Wettbewerbsverbot gesetzwidrig und unwirksam sei“. 148 Die Klägerin widerlegt auch nicht das Vorbringen der Kommission, nach dem es, wenn die Klausel tatsächlich eine Verpflichtung zur Selbstbewertung vorgesehen hätte, nicht nur folgerichtig gewesen wäre, in der Klausel darauf zu verweisen, sondern auch, in ihr statt eines festen Datums für das Inkrafttreten einen Termin für diese Selbstbewertung zu bestimmen oder andernfalls zumindest vorzusehen, dass die Parteien diese Selbstbewertung so rasch wie möglich nach der Unterzeichnung des Vertrags und jedenfalls vor dem vorgesehenen Inkrafttreten der Klausel zum Zeitpunkt des endgültigen Abschlusses der Transaktion am 27. September 2010 vorzunehmen hätten (Erwägungsgründe 250 bis 255 und 309 ff. des angefochtenen Beschlusses). Da die Klägerin lediglich vorträgt, dass „die Parteien es für erforderlich halten können, eine Frist zu bestimmen, aber ebenso gut entscheiden können, davon abzusehen“, dass das Thema „in Vergessenheit geraten“ sei, weil PT die Klärung der Frage angesichts des Umstands, dass das in der Klausel vorgesehene Wettbewerbsverbot vor der Feststellung seiner Rechtmäßigkeit nicht verbindlich gewesen sei, nicht als dringlich angesehen habe, und dass es unter den vorliegenden Umständen „verständlich ist, dass die Parteien keinen Übereifer an den Tag gelegt haben, um diese Frage zu klären“, ist festzustellen, dass sie sowohl für das Fehlen eines Termins zur Vornahme der Selbstbewertung als auch für die Verspätung ihrer behaupteten Durchführung eine Erklärung schuldig geblieben ist. 149 Die von der Kommission als Anlage B.1 zur Klagebeantwortung vorgelegte beeidete Erklärung von Frau M. R. S. S. N., die zur Zeit des Abschlusses des Vertrags sowie des Vertrags zur Aufhebung der Klausel Leiterin der Abteilung Wettbewerb von PT war, ändert an dieser Feststellung nichts. Zwar bestätigt Frau M. R. S. S. N. in dieser Erklärung, dass bei den Telefonkonferenzen zwischen Telefónica und PT im Oktober 2010 die Zulässigkeit der Klausel in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht beurteilt worden sei, dass die Parteien dabei zu dem Ergebnis gekommen seien, die Klausel mit dem ursprünglich vorgesehenen Wortlaut nicht vereinbaren zu können, und dass die in ihr vorgesehene Verpflichtung als zu dem Zeitpunkt erfüllt angesehen werden könne, zu dem die Parteien ihre Rechtmäßigkeit geprüft und zu dem Ergebnis gekommen seien, dass sie mit diesem Inhalt keinen Bestand haben könne (vgl. auch 117. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Diese Erklärung ist aber, wie die Kommission hervorhebt (Erwägungsgründe 120 und 122 des angefochtenen Beschlusses), kein zeitnaher Beweis für den Inhalt der Besprechungen vom Oktober 2010, was ihr einen höheren Beweiswert verliehen hätte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. März 1999, Ensidesa/Kommission, T‑157/94, Slg, EU:T:1999:54, Rn. 312, und vom 16. Dezember 2003, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied und Technische Unie/Kommission, T‑5/00 und T‑6/00, Slg, EU:T:2003:342, Rn. 181). Außerdem muss, obwohl die Aussage eines unmittelbaren Zeugen für die von ihm dargestellten Umstände grundsätzlich als Beweismittel mit hohem Beweiswert anzusehen ist (Urteil vom 3. März 2011, Siemens/Kommission, T‑110/07, Slg, EU:T:2011:68, Rn. 75), auch der Umstand berücksichtigt werden, dass die betreffende Erklärung im vorliegenden Fall von einer Person abgegeben wurde, die ein unmittelbares Interesse an der Rechtssache haben könnte und nicht als von der Klägerin unabhängig anzusehen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Siemens/Kommission, EU:T:2011:68, Rn. 69 und 70). 150 Daraus folgt, dass diese Erklärung als einziger Beweis in Anbetracht der Gesamtheit der vorliegenden Anhaltspunkte nicht ausreicht, um darzutun, dass die Klausel eine Verpflichtung zur Selbstbewertung enthielt, wobei darauf hinzuweisen ist, dass in Bezug auf den Beweiswert, der den einzelnen Beweisen beizumessen ist, das allein maßgebliche Kriterium für die Beurteilung der von einer Partei von sich aus vorgelegten Beweise deren Glaubhaftigkeit ist (vgl. Urteile vom 8. Juli 2004, Mannesmannröhren-Werke/Kommission, T‑44/00, Slg, EU:T:2004:218, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung, Dalmine/Kommission, T‑50/00, Slg, EU:T:2004:220, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung, und JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg, EU:T:2004:221, Rn. 273) und dass nach den allgemein anerkannten Beweisregeln die Glaubhaftigkeit und damit der Beweiswert eines Schriftstücks von seiner Herkunft, den Umständen seiner Erstellung, seinem Adressaten und davon abhängt, ob es seinem Inhalt nach vernünftig und glaubwürdig wirkt (Urteil vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg, EU:T:2000:77, Rn. 1053). 151 Viertens greift die Klägerin die Beurteilung der Kommission (Erwägungsgründe 313 bis 323 des angefochtenen Beschlusses) hinsichtlich des Vertrags über die Aufhebung der Klausel an (siehe oben, Rn. 29). Die Kommission vertritt im Wesentlichen die Auffassung, aus dem Aufhebungsvertrag lasse sich nicht herleiten, dass die Klausel eine Verpflichtung zur Selbstbewertung enthalten habe, die bei den Telefongesprächen vom Oktober 2010 erfüllt worden sei, insbesondere nicht, weil der Aufhebungsvertrag keine Formulierung enthalte, die auf einen Zusammenhang zwischen der Entscheidung, die Klausel aufzuheben, und einer Verpflichtung zur Selbstbewertung schließen lasse (315. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Erwägungsgründe des Aufhebungsvertrags erläuterten die Umstände, unter denen die Parteien sich zur Aufhebung der Klausel entschieden hätten, ohne jedoch die Telefonkonferenzen vom Oktober 2010 zu erwähnen (316. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), und der Wortlaut des Aufhebungsvertrags zeige gerade, dass die Klausel ein Wettbewerbsverbot und nicht eine Verpflichtung zur Selbstbewertung enthalten habe (Erwägungsgründe 317 bis 322 des angefochtenen Beschlusses). 152 Die Klägerin macht geltend, die Auslegung durch die Kommission gehe von der unzutreffenden Prämisse aus, dass die Parteien vorgetragen hätten, die Klausel habe nur eine Verpflichtung zur Selbstbewertung enthalten, während PT stets vorgetragen habe, dass die Klausel zwei Verpflichtungen enthalten habe, nämlich eine vorausgehende Verpflichtung zur Selbstbewertung und ein sekundäres Wettbewerbsverbot. Im Licht eines solchen Verständnisses der Dinge stehe der Aufhebungsvertrag keineswegs im Widerspruch zu der Auffassung, dass die Klausel eine Verpflichtung zur Selbstbewertung eingeführt habe. 153 Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Selbst wenn die Auslegung, nach der die Klausel eine Verpflichtung zur Selbstbewertung und ein Wettbewerbsverbot enthalten habe, zu berücksichtigen wäre, ist festzustellen, dass die oben in Rn. 151 zusammengefasste Argumentation der Kommission weiter Bestand hat. Die Klägerin beschränkt sich im Übrigen auf den Vortrag, dass der Aufhebungsvertrag die Auslegung durch die Parteien bei den Telefonkonferenzen vom Oktober 2010 „bestätigt“ und die Erklärung in diesem Vertrag, dass die Klausel „nicht in die Praxis umgesetzt werden kann und zu keinem Zeitpunkt in die Praxis umgesetzt worden ist“, nur dann widersprüchlich erscheine, wenn man die Klausel auf eine Verpflichtung zur Selbstbewertung beschränke, weil es widersprüchlich sei, zu erklären, dass die Klausel nicht in die Praxis umgesetzt werden könne und zu keinem Zeitpunkt umgesetzt worden sei, obwohl die Parteien gerade geltend machten, dass die nach ihrer Behauptung in der Klausel vorgesehene Selbstbewertung stattgefunden habe, nicht aber, wenn man einräume, dass die Klausel eine Verpflichtung zur Selbstbewertung und ein Wettbewerbsverbot enthalten habe, weil es dann nicht widersprüchlich sei, zu erklären, dass die Klausel nicht in die Praxis umgesetzt werden könne und zu keinem Zeitpunkt umgesetzt worden sei. 154 Dieses Vorbringen ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Vertrag die Telefonkonferenzen vom Oktober 2010, die Auslegung der Klausel, von der man nach der Behauptung der Klägerin bei diesen Telefonkonferenzen ausgegangen sei, den Umstand, dass er ein behauptetes Ergebnis dieser Konferenzen bestätige, und allgemein den Umstand, dass die Klausel eine Verpflichtung zur Selbstbewertung enthalten habe, mit keinem Wort erwähnt. Selbst wenn der von PT behauptete Unterschied zwischen dem Vortrag, dass die Klausel eine Verpflichtung zur Selbstbewertung enthalten habe, und dem Vortrag, sie habe eine Verpflichtung zur Selbstbewertung und ein Wettbewerbsverbot enthalten, anzuerkennen wäre, bleiben der Wortlaut des Aufhebungsvertrags und insbesondere die Erklärung, dass die Klausel nicht in die Praxis umgesetzt werden könne und zu keinem Zeitpunkt umgesetzt worden sei, im Licht einer solchen Auslegung widersprüchlich. 155 Fünftens macht die Klägerin geltend, die Kommission irre sich, wenn sie im 115. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angebe, die Antwort von PT auf das Auskunftsverlangen vom 5. Januar 2011 erwähne nicht, dass die Klausel dahin auszulegen sei, dass sie mit der Verpflichtung zur Vornahme einer Selbstbewertung verbunden sei, und wenn sie im 303. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses feststelle, dass die Parteien sich vor ihrer Beantwortung der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht darauf berufen hätten, dass die Klausel eine Verpflichtung zur Vornahme einer Selbstbewertung vorgesehen habe. 156 Es ist darauf hinzuweisen, dass PT in den Rn. 30, 31 und 32 ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen erklärt hat: „Tatsache ist, dass die genannte Bestimmung – obwohl ihr Bestehen auf [ihre Veranlassung] am 9. Juni 2010 veröffentlicht worden ist (vgl. Anlage 10) – in Vergessenheit geriet, weil das Unternehmen sich nicht an sie gebunden fühlte und nicht erwartete, von Telefónica irgendein diesen Bestimmungen entsprechendes Verhalten fordern zu können, jedenfalls nicht vor der Vornahme einer Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Bestimmung.“ Sie hat dem hinzugefügt, dass „das Thema erst durch die am 23. und 24. August sowie am 19. [Oktober] 2010 erschienenen Zeitungsberichte wieder Anlass zur Besorgnis gab“, dass sie „im Anschluss an diese Veröffentlichungen ihre Anwälte anwies, Kontakt zu den Anwälten von Telefónica aufzunehmen, um eine Klärung der Frage herbeizuführen“, und dass „am 26. und 29. Oktober 2010 zwei Telefonkonferenzen stattfanden und zu dem Ergebnis führten, dass es für das Wettbewerbsverbot keine hinreichende Rechtfertigung gibt und dass es nutzlos ist, so dass es besser aufgehoben werden sollte“. 157 PT hat somit zwar nicht ausdrücklich vorgetragen, dass die durch die Klausel eingeführte Hauptpflicht eine Verpflichtung zur Selbstbewertung gewesen sei, aber immerhin angegeben, dass sie „sich nicht an [die Klausel] gebunden fühlte und nicht erwartete, von Telefónica irgendein ihren Bestimmungen entsprechendes Verhalten verlangen zu können, jedenfalls nicht vor der Vornahme einer Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Bestimmung“, was die Vorstellung einer Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Klausel vor deren Inkrafttreten impliziert. 158 Selbst wenn aber die Feststellung der Kommission, die Parteien hätten sich vor ihrer Beantwortung der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht darauf berufen, dass die Klausel eine Verpflichtung zur Vornahme einer Selbstbewertung vorgesehen habe, differenzierter zu werten wäre, besagen die fraglichen Erklärungen nicht nur nicht, dass die Klausel nach der behaupteten Vornahme der Selbstbewertung hinfällig geworden sei, sondern es ändert auch der Umstand, dass PT bereits in ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen vom 5. Januar 2011 angedeutet hat, dass die Rechtmäßigkeit der Klausel vor deren Inkrafttreten habe bestätigt werden müssen, nichts an der Tatsache, dass die Klägerin im Rahmen ihrer vorliegenden Klage vor dem Gericht weder dargetan hat, dass die Klausel eine Verpflichtung zur Selbstbewertung enthalten habe, noch, dass sie nach der behaupteten Vornahme der Selbstbewertung im Oktober 2010 hinfällig geworden sei. 159 Sechstens schließlich macht die Klägerin geltend, die Kommission hätte jedenfalls berücksichtigen müssen, dass die Klausel wirkungslos gewesen sei, denn die Parteien hätten genug Argumente gehabt, um das Wettbewerbsverbot nicht zu beachten. So sei in Anbetracht der von Telefónica und PT gegebenen Erläuterungen offensichtlich, dass die Parteien in Bezug auf die Klausel nicht dieselben Interessen gehabt hätten, da Telefónica behaupte, sie akzeptiert zu haben, um die Vivo-Transaktion zu ermöglichen, während PT ein Interesse an ihr gehabt habe, um sich wegen der Kaufoption zu schützen. Die Parteien hätten somit unterschiedliche Auffassungen darüber vertreten, was gesetzlich erlaubt gewesen sei, und daher wechselseitig genug Argumente an der Hand gehabt, um das Wettbewerbsverbot nicht zu beachten. 160 Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen, ohne dass die Gründe zu prüfen sind, die dafür sprechen sollen, dass die Parteien genug Argumente gehabt hätten, um das Wettbewerbsverbot nicht zu beachten. Hierzu genügt nämlich der Hinweis, dass gemäß Art. 101 Abs. 2 AEUV die nach diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen von Rechts wegen nichtig sind, so dass kein Unternehmen verpflichtet sein kann, sie einzuhalten. Da die Nichtigkeit nach Art. 101 Abs. 2 AEUV absolut ist, erzeugt eine nach dieser Vorschrift nichtige Vereinbarung nämlich in den Rechtsbeziehungen zwischen den Vertragspartnern keine Wirkungen und kann Dritten nicht entgegengehalten werden (vgl. entsprechend Urteil vom 25. November 1971, Béguelin Import, 22/71, Slg, EU:C:1971:113, Rn. 29). Die Behauptung, „Argumente [zu haben], um das Wettbewerbsverbot nicht zu beachten“, kann daher nicht bewirken, dass eine Vereinbarung dem Verbot des Art. 101 AEUV entgeht. 161 Aus alledem folgt, dass das Vorbringen, die Klausel enthalte eine Verpflichtung zur Selbstbewertung, zurückzuweisen ist. Das auf einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV wegen fehlender Untersuchung der Voraussetzungen für einen potenziellen Wettbewerb gestützte Vorbringen 162 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe einen Fehler begangen, indem sie es unterlassen habe, die Voraussetzungen für einen potenziellen Wettbewerb zu untersuchen, um zu prüfen, ob angesichts der Struktur der relevanten Märkte und des wirtschaftlichen und rechtlichen Hintergrunds für Telefónica und PT die tatsächliche und konkrete Möglichkeit bestanden habe, auf den Märkten, die von der Klausel erfasst gewesen sein sollen, miteinander zu konkurrieren. Die Einstufung eines Wettbewerbsverbots als „bezweckte Wettbewerbsbeschränkung“ hänge auch von seiner Eignung ab, beschränkende Wirkungen hervorzurufen. 163 Insoweit macht die Klägerin geltend, wegen der gesetzlichen und verordnungsrechtlichen Eintrittsschranken und Expansionshemmnisse auf dem portugiesischen Markt für elektronische Kommunikation sowie der Hemmnisse, die auf der Struktur selbst, den Merkmalen und den Besonderheiten der betreffenden Märkte beruhten, könnten die Parteien nicht als potenzielle Wettbewerber eingestuft werden. 164 Die Klägerin wirft der Kommission ferner vor, in dem angefochtenen Beschluss die in der Beantwortung der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgenommene erschöpfende Untersuchung der Märkte für elektronische Kommunikation in Portugal sowie der Hemmnisse, die einen Wettbewerb auf diesen Märkten unmöglich machten, außer Betracht gelassen zu haben, indem sie sich auf allgemeine, mit den Vorgaben der Rechtsprechung nicht zu vereinbarende Erwägungen beschränkt und einen großen Teil des Vorbringens der Klägerin nicht widerlegt habe. 165 Als Erstes geht aus dem Vorbringen der Klägerin hervor, dass sie letztendlich nicht die formale Begründung des angefochtenen Beschlusses beanstandet, sondern den Umstand, dass die Kommission es – nach ihrer Auffassung zu Unrecht – unterlassen hat, die Struktur der betroffenen Märkte und die tatsächlichen Möglichkeiten eines Wettbewerbs der Parteien auf diesen Märkten zu untersuchen. 166 Aus den Erwägungsgründen 265 bis 278 des angefochtenen Beschlusses geht jedenfalls hervor, dass die Kommission die Gründe erläutert hat, aus denen sie es für nicht für erforderlich hielt, die Struktur der betroffenen Märkte eingehend zu untersuchen, und dass sie auf das Vorbringen der Parteien in Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte in Bezug auf einen potenziellen Wettbewerb zwischen ihnen, wie sie es in den Erwägungsgründen 268 bis 270 des angefochtenen Beschlusses zusammengefasst hat, erwidert hat. Soweit das Vorbringen der Klägerin dahin verstanden werden kann, dass sie allgemein eine fehlende Begründung des angefochtenen Beschlusses in diesem Punkt beanstandet, ist ihm daher nicht zu folgen. 167 Im Einzelnen macht die Klägerin zum einen in den Rn. 136 und 318 der Klageschrift geltend, die Kommission habe in dem angefochtenen Beschluss das in dessen 169. Erwägungsgrund wiedergegebene Argument nicht widerlegt, dem zufolge, wenn bestimmte Endkundenmärkte vom Anwendungsbereich der Klausel ausgeschlossen seien, dies auch für die Großkundenmärkte gelten müsse, weil der tatsächliche oder potenzielle Wettbewerb auf den Endkundenmärkten die Voraussetzung für den Wettbewerb auf den Großkundenmärkten schaffe und daher, wenn das Wettbewerbsverbot die Erstgenannten nicht betreffe, auch die Zweitgenannten davon nicht betroffen seien. Aus den Erwägungsgründen 153, 154 und 169 des angefochtenen Beschlusses geht jedoch hervor, dass die Kommission der Ansicht war, die Parteien seien als potenzielle Wettbewerber auf sämtlichen Märkten für elektronische Kommunikationsdienste und Fernsehdienste anzusehen, so dass es – da sie die Prämisse, bestimmte Endkundenmärkte seien vom Anwendungsbereich der Klausel auszuschließen, nicht akzeptiert habe – nicht erforderlich gewesen sei, das Argument zu widerlegen, dass die Großkundenmärkte, die diesen Endkundenmärkten entsprächen und sie ergänzten, vom Anwendungsbereich der Klausel ausgeschlossen werden müssten. 168 Zum anderen kritisiert die Klägerin, dass der angefochtene Beschluss sich nur wenig oder gar nicht mit der Frage befasst habe, welche Märkte tatsächlich Gegenstand des betreffenden Vertrags hätten sein können. Soweit diese Kritik auch die Erfüllung der Begründungspflicht durch die Kommission betrifft, ist sie zurückzuweisen, weil die Kommission im Abschnitt 5.3 des angefochtenen Beschlusses (Erwägungsgründe 186 bis 197) die „relevanten Produktmärkte“ angeführt hat, indem sie sich entgegen der Behauptung der Klägerin nicht nur auf die Orientierungen bezogen hat, die in ihrer Empfehlung vom 17. Dezember 2007 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen (ABl. L 344, S. 65) aufgeführt sind, sondern auch auf ihre früheren Beschlüsse und auf die Rechtsprechung (186. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Außerdem hat die Kommission im Abschnitt 5.5 des angefochtenen Beschlusses (Erwägungsgründe 200 bis 233 des angefochtenen Beschlusses) die „Präsenz der Parteien auf den betreffenden Märkten“ untersucht. Schließlich hat sie angegeben, dass die genauen Konturen jedes einzelnen relevanten Marktes in Anbetracht des Umfangs des Anwendungsbereichs der Klausel offenbleiben könnten. 169 Was als Zweites die Rüge der fehlerhaften Beurteilung der „Eignung“ der Klausel zur Beschränkung des Wettbewerbs zwischen PT und Telefónica betrifft, weil die Kommission im vorliegenden Fall den Standpunkt vertreten habe, dass sie keine eingehende Untersuchung der Struktur der betroffenen Märkte vorzunehmen brauche, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission sich, wie aus dem angefochtenen Beschluss hervorgeht, auf drei Gesichtspunkte gestützt hat, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass es zur Beurteilung, ob der Vertrag eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung war, nicht erforderlich gewesen sei, den potenziellen Wettbewerb zwischen den Parteien eingehend in Bezug auf jeden spezifischen Markt zu untersuchen (278. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 170 Zunächst hat die Kommission darauf hingewiesen, dass die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots oder – wenn man der von den Parteien vorgeschlagenen Auslegung der Klausel folgt – die in Betracht gezogene Notwendigkeit, eine Selbstbewertung der Rechtmäßigkeit und des Anwendungsbereichs eines akzessorischen Wettbewerbsverbots vorzunehmen, ein Eingeständnis dieser Parteien darstellt, hinsichtlich bestimmter Dienste zumindest potenzielle Wettbewerber gewesen zu sein. Wenn es nämlich überhaupt keinen potenziellen Wettbewerb gegeben hätte, hätte kein Anlass bestanden, irgendein Wettbewerbsverbot zu vereinbaren oder eine Selbstbewertung im Hinblick auf die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots vorzusehen (271. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 171 Sodann hat die Kommission ausgeführt, dass die Klausel einen weit gefassten Anwendungsbereich gehabt habe, weil sie auf sämtliche elektronischen Kommunikationsdienste sowie auf Fernsehdienste anzuwenden gewesen sei (Erwägungsgründe 141, 265 und 278 des angefochtenen Beschlusses). 172 Schließlich hat die Kommission angegeben, dass diese Dienste im Einklang mit dem Rechtsrahmen der Union liberalisiert worden seien, was den Wettbewerb unter den Wirtschaftsteilnehmern ermögliche und fördere (265. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), und dass dieses liberalisierte Umfeld, in dem der Wettbewerb möglich sei und gefördert werde, den Ausgangspunkt für die Beurteilung der Klausel bilden müsse (267. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 173 Zudem ist darauf hinzuweisen, dass es zwar zutrifft, dass eine Vereinbarung, um einen wettbewerbswidrigen Zweck zu haben, negative Auswirkungen auf den Wettbewerb entfalten können muss, d. h. konkret geeignet sein muss, zu einer Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs im Binnenmarkt zu führen (Urteil vom 14. März 2013, Allianz Hungária Biztosító u. a., C‑32/11, Slg, EU:C:2013:160, Rn. 38). 174 Ferner ist erneut (siehe oben, Rn. 90) darauf hinzuweisen, dass bei der Prüfung der Frage, ob eine Vereinbarung zwischen Unternehmen oder ein Beschluss einer Unternehmensvereinigung eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen lässt, um als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV aufgefasst zu werden, auf den Inhalt ihrer Bestimmungen und die mit ihr verfolgten Ziele sowie auf den wirtschaftlichen und rechtlichen Kontext, in dem sie steht, abzustellen ist. Im Rahmen der Beurteilung dieses Kontexts sind auch die Art der betroffenen Waren und Dienstleistungen, die auf dem betreffenden Markt oder den betreffenden Märkten bestehenden tatsächlichen Bedingungen und die Struktur dieses Marktes oder dieser Märkte zu berücksichtigen (vgl. Urteil CB/Kommission, oben in Rn. 86 angeführt, EU:C:2014:2204, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung). 175 Aber auch wenn im Rahmen der Beurteilung des Kontexts einer Vereinbarung die auf dem betreffenden Markt oder den betreffenden Märkten bestehenden tatsächlichen Bedingungen und die Struktur dieses Marktes oder dieser Märkte zu berücksichtigen sind, braucht die Kommission den betreffenden Markt oder die betreffenden Märkte nicht stets genau zu bestimmen. Die Festlegung des relevanten Marktes spielt nämlich in einem Fall des Art. 101 AEUV nicht dieselbe Rolle wie in einem Fall des Art. 102 AEUV. In einem Fall des Art. 102 AEUV hat die angemessene Festlegung des relevanten Marktes notwendig jeder Beurteilung eines vermeintlich wettbewerbswidrigen Verhaltens vorauszugehen (Urteile vom 10. März 1992, SIV u. a./Kommission, T‑68/89, T‑77/89 und T‑78/89, Slg, EU:T:1992:38, Rn. 159, und vom 11. Dezember 2003, Adriatica di Navigazione/Kommission, T‑61/99, Slg, EU:T:2003:335, Rn. 27), da vor dem Nachweis der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung die Existenz einer solchen Stellung auf einem bestimmten Markt nachgewiesen werden muss, was die vorherige Abgrenzung dieses Marktes voraussetzt. Hingegen ist nach ständiger Rechtsprechung in einem Fall des Art. 101 AEUV der relevante Markt festzulegen, um zu bestimmen, ob die Vereinbarung, um die es geht, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezweckt oder bewirkt (Urteile vom 21. Februar 1995, SPO u. a./Kommission, T‑29/92, Slg, EU:T:1995:34, Rn. 74, und Adriatica di Navigazione/Kommission, EU:T:2003:335, Rn. 27, vgl. auch Urteil vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission, T‑30/05, EU:T:2007:267, Rn. 86 und die dort angeführte Rechtsprechung). 176 Im Rahmen von Art. 101 Abs. 1 AEUV ist eine vorherige Definition des relevanten Marktes somit nicht geboten, wenn die streitige Vereinbarung als solche ein wettbewerbswidriges Ziel verfolgt, d. h., wenn die Kommission ohne vorherige Marktabgrenzung zutreffend zu dem Ergebnis gelangen konnte, dass die fragliche Vereinbarung den Wettbewerb verfälschte und geeignet war, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen. Dies gilt insbesondere im Fall der schwerwiegendsten, in Art. 101 Abs. 1 Buchst. a bis e AEUV ausdrücklich verbotenen Beschränkungen (Schlussanträge des Generalanwalts Bot in den verbundenen Rechtssachen Erste Group Bank u. a./Kommission,C‑125/07 P, C‑133/07 P, C‑135/07 P und C‑137/07 P, Slg, EU:C:2009:192, Nrn. 168 bis 175). Wenn der mit einer Vereinbarung verfolgte Zweck selbst in einer Beschränkung des Wettbewerbs durch eine „Marktaufteilung“ besteht, brauchen die betroffenen räumlichen Märkte daher nicht präzise definiert zu werden, da der tatsächliche oder potenzielle Wettbewerb zwangsläufig beschränkt wurde (Urteil Mannesmannröhren-Werke/Kommission, oben in Rn. 150 angeführt, EU:T:2004:218, Rn. 132). 177 Da die Kommission im vorliegenden Fall festgestellt hat, Zweck der mit dem angefochtenen Beschluss geahndeten Klausel sei eine Marktaufteilung gewesen, kann die Klägerin folglich nicht geltend machen, dass eine eingehende Untersuchung der betroffenen Märkte erforderlich gewesen sei, um festzustellen, ob die Klausel eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstellte. 178 Unternehmen, die eine Vereinbarung mit dem Ziel einer Wettbewerbsbeschränkung schließen, können sich nämlich der Anwendung des Art. 101 Abs. 1 AEUV grundsätzlich nicht mit dem Hinweis entziehen, dass sich ihre Vereinbarung auf den Wettbewerb nicht messbar ausgewirkt habe (Urteil Mannesmannröhren-Werke/Kommission, oben in Rn. 150 angeführt, EU:T:2004:218, Rn. 130). Da die im vorliegenden Fall geahndete Vereinbarung ein Wettbewerbsverbot war, das nach der Definition der Parteien auf „alle Vorhaben im Telekommunikationsgeschäft (einschließlich Festnetz- und Mobilfunkdiensten, Internetzugangs- und Fernsehdiensten, jedoch mit Ausnahme von Investitionen oder Tätigkeiten, die am Tag der Unterzeichnung dieses Vertrags bestehen bzw. ausgeübt werden), die auf dem iberischen Markt mit der jeweils anderen Partei in Wettbewerb stehen könnten“, Anwendung fand, ergab dieses Verbot nur Sinn, wenn es einen Wettbewerb gab, der beschränkt werden konnte (Urteile Mannesmannröhren-Werke/Kommission, oben in Rn. 150 angeführt, EU:T:2004:218, Rn. 131, und vom 21. Mai 2014, Toshiba/Kommission, T‑519/09, EU:T:2014:263, Rn. 231). 179 Daher ist das Vorbringen der Klägerin, das Bestehen eines angeblichen Wettbewerbsverbots könne keinen Beweis für das Bestehen eines potenziellen Wettbewerbs zwischen den Parteien darstellen, ohne Belang. 180 Nach der Rechtsprechung ist der Abschluss eines solchen Vertrags nämlich zumindest ein starkes Indiz für das Bestehen eines potenziellen Wettbewerbsverhältnisses (vgl. in diesem Sinne Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 178 angeführt, EU:T:2014:263, Rn. 231). Wie die Kommission im 271. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht ausführt, stellt die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots ein Eingeständnis der Parteien dar, dass sie hinsichtlich bestimmter Dienste zumindest potenzielle Wettbewerber sind. Zudem ist das Bestehen des Wettbewerbsverbots nur einer der Gesichtspunkte, auf die die Kommission ihre Schlussfolgerung gestützt hat, dass zwischen den Parteien ein potenzieller Wettbewerb bestand (siehe oben, Rn. 169 bis 172, und unten, Rn. 182). 181 Insoweit geht aus der Rechtsprechung insbesondere hervor, dass die Kommission im Fall eines liberalisierten Markts wie des hier in Rede stehenden dessen Struktur und die Frage, ob der Eintritt in diesen Markt für jede der Parteien mit einer lebensfähigen wirtschaftlichen Strategie einhergeht, nicht zu untersuchen braucht (vgl. in diesem Sinne Urteil E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission, oben in Rn. 99 angeführt, EU:T:2012:332, Rn. 89 bis 93), sondern zu prüfen hat, ob dem Eintritt in den Markt unüberwindbare Hindernisse entgegenstehen, die jeden potenziellen Wettbewerb ausschließen (vgl. in diesem Sinne Urteil Toshiba/Kommission, oben in Rn. 178 angeführt, EU:T:2014:263, Rn. 230). 182 Im vorliegenden Fall hat die Kommission aber nicht nur festgestellt, dass der Markt für Telekommunikations- und Fernsehdienste in Spanien und Portugal vollständig liberalisiert gewesen sei (siehe oben, Rn. 172), sondern auch, dass die Parteien nach ihrem eigenen Vorbringen auf den Märkten für weltweite Telekommunikationsdienste und internationale Übertragungsdienste für Großabnehmer im gesamten iberischen Markt präsent gewesen seien (Erwägungsgründe 173, 174 und 272 des angefochtenen Beschlusses), dass sie nicht dargetan hätten, die vorgesehene Geltungsdauer der Klausel habe sich als zu kurz erwiesen, um einen bestehenden Anbieter von Telekommunikationsdiensten zu übernehmen, um auf diese Weise die Rechte an bestimmten Netzen zu erwerben, ohne sie erst errichten zu müssen (273. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), dass die gegenwärtige Situation des spanischen und des portugiesischen Markts nicht herangezogen werden könne, um die Möglichkeit einer Investition in den Sektor auszuschließen, weil die Investitionen dort trotz der Krise zugenommen hätten oder zumindest konstant geblieben seien (274. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), und dass Telefónica schließlich selbst eingeräumt habe, dass die Abgabe eines öffentlichen Übernahmeangebots für ein Unternehmen wie PT aus Anlass der Verhandlungen über die Vivo-Transaktion möglich erschien, so dass auch der Erwerb eines Konkurrenten von PT hätte in Betracht kommen können (Erwägungsgründe 37 und 275 bis 277 des angefochtenen Beschlusses). 183 Die Klägerin trägt in ihrer Klageschrift nichts vor, was darauf hinweisen könnte, dass trotz dieser Gesichtspunkte eine eingehende Analyse der relevanten Märkte erforderlich gewesen wäre, um zu beurteilen, ob die Klausel eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung war, oder um festzustellen, dass einem Eintritt der Parteien in ihren jeweiligen Nachbarmarkt keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstanden. 184 Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass die Klägerin sich – von ihrem oben in den Rn. 162 bis 181 bereits behandelten Vorbringen abgesehen – in ihren Schriftsätzen darauf beschränkt, das oben in Rn. 182 zusammengefasste Vorbringen der Kommission zu bestreiten, ohne damit die Beurteilung der Kommission in Frage stellen zu können, dass sie im vorliegenden Fall nicht verpflichtet gewesen sei, eine eingehende Untersuchung des potenziellen Wettbewerbs zwischen den Parteien auf den von der Klausel betroffenen Märkten vorzunehmen. 185 Auch dem weiteren Vorbringen der Klägerin, mit dem sie Anhaltspunkte vorträgt, die belegen sollen, dass ein Eintritt in die betreffenden Märkte nicht den strategischen Prioritäten der Parteien entsprochen hätte oder wirtschaftlich nicht vorteilhaft oder reizvoll gewesen wäre, ist nicht zu folgen. 186 Ohne dass es erforderlich wäre, im Detail auf diese Argumentation einzugehen, genügt nämlich der Hinweis, dass die Absicht eines Unternehmens, einen Markt zu erschließen, für die Prüfung, ob es als potenzieller Wettbewerber auf dem betreffenden Markt angesehen werden kann, zwar gegebenenfalls von Bedeutung ist, dass aber der wesentliche Gesichtspunkt, auf dem eine solche Einstufung beruhen muss, in der Markteintrittsfähigkeit des Unternehmens besteht (vgl. Urteil E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission, oben in Rn. 99 angeführt, EU:T:2012:332, Rn. 87 und die dort angeführte Rechtsprechung). 187 Was schließlich das Vorbringen der Klägerin betrifft, mit dem dargetan werden soll, dass offenkundig nichts im Wettbewerbsverbot Telefónica gehindert habe, ihre Beteiligung an Zon zu erhöhen, und dass es daher sehr unwahrscheinlich gewesen sei, dass Telefónica noch eine eigene Infrastruktur auf dem portugiesischen Markt entwickeln würde, weil das der Tätigkeit von Zon geschadet hätte, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass, wie die Kommission im 164. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, dem Vorbringen, die Klausel habe Telefónica nicht gehindert, ihre Beteiligung an Zon zu erhöhen, nicht gefolgt werden kann, weil die Klausel wörtlich das Verbot enthält, „sich direkt oder indirekt über verbundene Unternehmen an Vorhaben im Telekommunikationsgeschäft … zu beteiligen oder in sie zu investieren“, was auch eine Erhöhung der Beteiligung an Zon durch Telefónica einschließt. Zum anderen ist die Tatsache, dass Telefónica bereits eine Minderheitsbeteiligung an Zon hielt, deren Erhöhung die Klausel untersagte, nicht geeignet, darzutun, dass Telefónica kein potenzieller Wettbewerber auf dem portugiesischen Markt gewesen sei, sondern zeigt, dass Telefónica ohne die Klausel diese Beteiligung hätte erhöhen oder andere Beteiligungen an anderen Anbietern hätte erwerben können. 188 Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass nicht geltend gemacht werden kann, die Kommission hätte ungeachtet dessen, dass allein schon die Existenz der Klausel ein starkes Indiz für einen potenziellen Wettbewerb zwischen den Parteien ist, dass ihr Zweck in einer Marktaufteilung bestand, dass sie einen weiten Anwendungsbereich hatte und dass sie sich in einen liberalisierten wirtschaftlichen Kontext einfügte, eine eingehende Untersuchung der Struktur der betroffenen Märkte und des potenziellen Wettbewerbs zwischen den Parteien auf diesen Märkten vornehmen müssen, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass die Klausel eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung war. Das Vorbringen der Klägerin zu einem Verstoß gegen Art. 101 AEUV wegen des Fehlens einer Untersuchung der Voraussetzungen für einen potenziellen Wettbewerb ist daher zurückzuweisen. Das auf das Fehlen von Wirkungen gestützte Vorbringen 189 Die Klägerin macht geltend, weil die Klausel keine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung enthalten habe, habe die Kommission auch weder dargetan, dass die Klausel beschränkende Wirkungen hervorgerufen habe, noch, dass sie solche Wirkungen habe hervorrufen können. 190 Da die oben in den Rn. 93 bis 188 vorgenommene Prüfung des Vorbringens der Klägerin ergibt, dass diese nicht darzutun vermag, dass die Schlussfolgerung der Kommission, nach der die Klausel eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung sei, nicht zutreffe, beruht ihre vorstehend in Rn. 189 zusammengefasste Argumentation auf der unzutreffenden Prämisse, dass das fragliche Verhalten nicht als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft werden könne, und ist daher zurückzuweisen. Es ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 101 Abs. 1 AEUV selbst, dass Vereinbarungen zwischen Unternehmen unabhängig von ihrer Wirkung verboten sind, wenn mit ihnen ein wettbewerbswidriger Zweck verfolgt wird. Es ist daher nicht erforderlich, tatsächliche wettbewerbswidrige Wirkungen darzutun, wenn der wettbewerbswidrige Zweck der beanstandeten Verhaltensweisen erwiesen ist (vgl. Urteil vom 3. März 2011, Siemens und VA Tech Transmission & Distribution/Kommission, T‑122/07 bis T‑124/07, Slg, EU:T:2011:70, Rn. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung). 191 Bei der Anwendung von Art. 101 Abs. 1 AEUV brauchen nämlich die tatsächlichen Auswirkungen einer Vereinbarung nicht berücksichtigt zu werden, wenn sich ergibt, dass diese eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt. Dies ist u. a. bei Vereinbarungen der Fall, die offenkundige Beschränkungen des Wettbewerbs wie die Festsetzung von Preisen und die Aufteilung des Marktes umfassen (Urteil vom 8. Dezember 2011, KME Germany u. a./Kommission, C‑389/10 P, Slg, EU:C:2011:816, Rn. 75). 192 Im Übrigen ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass die Kommission mit ihrer Feststellung, der Umstand, dass die Parteien keine neuen Tätigkeiten in Spanien oder Portugal entfaltet hätten, sei ein nicht zwingender Anhaltspunkt für die Anwendung der Klausel (365. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), eine probatio diabolica verlange, nämlich den Beweis, dass dieses Fehlen neuer Tätigkeiten nicht auf die Klausel zurückzuführen sei. Da die Kommission sich zum Nachweis, dass die Klausel gegen Art. 101 AEUV verstoße, nicht auf diesen Gesichtspunkt gestützt hat, sondern darauf, dass die Klausel ihrer Art nach eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung sei, und da sie darüber hinaus angegeben hat, der Umstand, dass die Parteien auf den betroffenen Märkten keine neuen Tätigkeit entfaltet hätten, sei ein „nicht zwingendes Indiz“ dafür, dass die Klausel möglicherweise in die Praxis umgesetzt worden sei, kann die Klägerin der Kommission nicht vorwerfen, von den Parteien eine probatio diabolica verlangt zu haben. 193 Folglich ist das Vorbringen, mit dem gerügt wird, dass die Kommission die Wirkungen der Klausel nicht geprüft habe, zurückzuweisen. 2. Anträge auf Herabsetzung der Geldbuße 194 Hilfsweise beanstandet die Klägerin die Höhe der gegen sie verhängten Geldbuße und macht geltend, diese müsse herabgesetzt werden, weil die Kommission auch dann, wenn die Klausel wettbewerbsbeschränkende Wirkungen habe hervorrufen können, das Ausmaß und die Dauer dieser Wirkungen bei der Festsetzung des Betrags der Geldbuße nicht angemessen abgewogen und somit gegen die Grundsätze für die Bemessung der Geldbußen sowie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe. a) Vorbemerkungen Grundsätze der Berechnung der Geldbußen 195 Nach ständiger Rechtsprechung verfügt die Kommission über ein weites Ermessen in Bezug auf die Methode zur Berechnung der Höhe der Geldbußen. Diese in den Leitlinien beschriebene Berechnungsmethode enthält verschiedene Spielräume, die es der Kommission ermöglichen, ihr Ermessen im Einklang mit den Bestimmungen des Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 auszuüben (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 3. September 2009, Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission, C‑322/07 P, C‑327/07 P und C‑338/07 P, Slg, EU:C:2009:500, Rn. 112 und die dort angeführte Rechtsprechung). 196 Die Schwere der Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Union ist anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln, zu denen u. a. die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (Urteile vom 19. März 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, C‑510/06 P, Slg, EU:C:2009:166, Rn. 72, und vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, C‑534/07 P, Slg, EU:C:2009:505, Rn. 54). 197 Wie oben in Rn. 52 dargelegt, hat die Kommission im vorliegenden Fall die Höhe der Geldbußen unter Anwendung der in den Leitlinien festgelegten Methode bestimmt. 198 Diese Leitlinien können zwar nicht als Rechtsnorm qualifiziert werden, die die Verwaltung auf jeden Fall zu beachten hat, sie stellen jedoch eine Verhaltensnorm dar, die einen Hinweis auf die zu befolgende Verwaltungspraxis enthält und von der die Verwaltung im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen abweichen kann, die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar sind (vgl. entsprechend Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg, EU:C:2005:408, Rn. 209 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 8. Oktober 2008, Carbone-Lorraine/Kommission, T‑73/04, Slg, EU:T:2008:416, Rn. 70). 199 Die Kommission hat dadurch, dass sie derartige Verhaltensnormen erlassen und durch ihre Veröffentlichung angekündigt hat, dass sie sie von nun an auf die von ihnen erfassten Fälle anwenden werde, die Ausübung ihres Ermessens beschränkt und kann von diesen Normen nicht abweichen, ohne dass dies gegebenenfalls wegen eines Verstoßes gegen allgemeine Rechtsgrundsätze wie die der Gleichbehandlung oder des Vertrauensschutzes geahndet würde (vgl. entsprechend Urteile Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Rn. 198 angeführt, EU:C:2005:408, Rn. 211 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Carbone-Lorraine/Kommission, oben in Rn. 198 angeführt, EU:T:2008:416, Rn. 71). 200 Darüber hinaus legen diese Leitlinien allgemein und abstrakt die Methode fest, die sich die Kommission zur Festsetzung der Geldbußen auferlegt hat, und schaffen damit Rechtssicherheit für die Unternehmen (vgl. entsprechend Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Rn. 198 angeführt, EU:C:2005:408, Rn. 211 und 213). 201 In den Ziff. 4 und 5 der Leitlinien heißt es: „4. Die Befugnis zur Verhängung von Geldbußen gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen, die vorsätzlich oder fahrlässig gegen Artikel [101 AEUV] oder [102 AEUV] verstoßen, zählt zu den Mitteln, mit denen die Kommission den ihr durch den EG-Vertrag anvertrauten Überwachungsaufgaben nachkommt. Dazu zählt nämlich nicht nur die Pflicht, einzelne Zuwiderhandlungen zu ermitteln und zu ahnden, sondern auch der Auftrag, eine allgemeine Politik mit dem Ziel zu verfolgen, die im Vertrag niedergelegten Grundsätze auf das Wettbewerbsrecht anzuwenden und das Verhalten der Unternehmen in diesem Sinne zu lenken. Dazu muss sie sicherstellen, dass ihre Maßnahmen die notwendige Abschreckungswirkung entfalten. Deswegen kann – wenn die Kommission eine Zuwiderhandlung gegen Artikel [101 AEUV] oder [102 AEUV] feststellt – es sich als notwendig erweisen, gegen diejenigen eine Geldbuße zu verhängen, die gegen das geltende Recht verstoßen haben. Diese sollte so hoch festgesetzt werden, dass nicht nur die an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen sanktioniert werden (Spezialprävention), sondern auch andere Unternehmen von der Aufnahme oder Fortsetzung einer Zuwiderhandlung gegen die Artikel [101 AEUV] oder [102 AEUV] abgehalten werden (Generalprävention). 5. Zur Verwirklichung dieser Ziele sollten die Geldbußen auf der Grundlage des Wertes der verkauften Waren oder Dienstleistungen berechnet werden, mit denen der Verstoß in Zusammenhang steht. Auch die Dauer der Zuwiderhandlung sollte bei der Bestimmung des angemessenen Betrags der Geldbuße eine wichtige Rolle spielen, da sie zwangsläufig die potenziellen Auswirkungen dieser Zuwiderhandlung auf dem Markt beeinflusst. Die Anzahl der Jahre, während der das Unternehmen am Verstoß beteiligt war, muss sich deshalb in der Geldbuße widerspiegeln.“ 202 Die Leitlinien legen eine zwei Stufen umfassende Berechnungsmethode fest (Ziff. 9 der Leitlinien). Als erste Berechnungsstufe sehen sie vor, dass die Kommission für jedes einzelne Unternehmen und jede einzelne Unternehmensvereinigung einen Grundbetrag nach folgenden Bestimmungen festsetzt: „12. Der Grundbetrag richtet sich nach dem Wert der verkauften Waren oder Dienstleistungen und wird anhand der nachstehend beschriebenen Methode berechnet. … 13. Zur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße verwendet die Kommission den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen. Im Regelfall ist der Umsatz im letzten vollständigen Geschäftsjahr zugrunde zu legen, in dem das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war. … 19. Zur Bestimmung des Grundbetrags wird ein bestimmter Anteil am Umsatz, der sich nach der Schwere des Verstoßes richtet, mit der Anzahl der Jahre der Zuwiderhandlung multipliziert. 20. Die Schwere der Zuwiderhandlung wird in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände beurteilt. 21. Grundsätzlich kann ein Betrag von bis zu 30 % des Umsatzes festgesetzt werden. 22. Bei der Bestimmung der genauen Höhe innerhalb dieser Bandbreite berücksichtigt die Kommission mehrere Umstände, u. a. die Art der Zuwiderhandlung, den kumulierten Marktanteil sämtlicher beteiligten Unternehmen, den Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und die etwaige Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis. 23. Horizontale, üblicherweise geheime Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, Aufteilung der Märkte oder Einschränkung der Erzeugung gehören ihrer Art nach zu den schwerwiegendsten Verstößen und müssen unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten streng geahndet werden. Für solche Zuwiderhandlungen ist daher grundsätzlich ein Betrag am oberen Ende dieser Bandbreite anzusetzen. 24. Um der Dauer der Mitwirkung der einzelnen Unternehmen an der Zuwiderhandlung in voller Länge Rechnung zu tragen, wird der nach dem Umsatz ermittelte Wert (siehe oben, Ziffern 20 bis 23) mit der Anzahl der Jahre multipliziert, die das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war. Zeiträume bis zu sechs Monaten werden mit einem halben, Zeiträume von mehr als sechs Monaten bis zu einem Jahr mit einem ganzen Jahr angerechnet. 25. Zusätzlich, unabhängig von der Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an der Zuwiderhandlung, fügt die Kommission einen Betrag zwischen 15 % und 25 % des Umsatzes im Sinne von Abschnitt A hinzu, um die Unternehmen von vornherein von der Beteiligung an horizontalen Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, Aufteilung von Märkten oder Mengeneinschränkungen abzuschrecken. Dieser Zusatzbetrag kann auch in Fällen anderer Zuwiderhandlungen erhoben werden. Bei der Entscheidung, welcher Anteil am Umsatz zugrunde zu legen ist, berücksichtigt die Kommission mehrere Umstände, u. a. die in Ziffer 22 genannten. …“ 203 Als zweite Berechnungsstufe sehen die Leitlinien vor, dass die Kommission den Grundbetrag nach oben oder unten anpassen kann und dabei in einer Gesamtperspektive sämtliche einschlägigen Umstände würdigt (Ziff. 11 und 27 der Leitlinien). 204 Als solche Umstände führt Ziff. 29 der Leitlinien an: „Der Grundbetrag der Geldbuße kann verringert werden, wenn die Kommission mildernde Umstände wie beispielsweise die nachstehend aufgeführten feststellt: — vom Unternehmen nachgewiesene Beendigung des Verstoßes nach dem ersten Eingreifen der Kommission, außer im Falle geheimer Vereinbarungen oder Verhaltensweisen (insbesondere von Kartellen); — vom Unternehmen beigebrachte Beweise, dass die Zuwiderhandlung aus Fahrlässigkeit begangen wurde; — vom Unternehmen beigebrachte Beweise, dass die eigene Beteiligung sehr geringfügig war und sich das Unternehmen der Durchführung der gegen die Wettbewerbsregeln verstoßenden Vereinbarungen in dem Zeitraum, in dem sie ihnen beigetreten war, in Wirklichkeit durch eigenes Wettbewerbsverhalten auf dem Markt entzogen hat; der bloße Umstand einer kürzeren Beteiligung im Vergleich zu den übrigen Unternehmen wird nicht als mildernder Umstand anerkannt, da er bereits im Grundbetrag zum Ausdruck kommt; — aktive Zusammenarbeit des Unternehmens mit der Kommission außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen und über seine rechtliche Verpflichtung zur Zusammenarbeit hinaus; — Genehmigung oder Ermutigung des wettbewerbswidrigen Verhaltens durch die Behörden oder geltende Vorschriften.“ 205 Schließlich ist es, wie der Gerichtshof in den Urteilen KME Germany u. a./Kommission, oben in Rn. 191 angeführt (EU:C:2011:816, Rn. 129), und vom 8. Dezember 2011, KME Germany u. a./Kommission (C‑272/09 P, Slg, EU:C:2011:810, Rn. 102), entschieden hat, Sache des Unionsrichters, die ihm obliegende Rechtmäßigkeitskontrolle auf der Grundlage der vom Kläger zur Stützung seiner Klagegründe vorgelegten Beweise vorzunehmen. Bei dieser Kontrolle kann der Richter weder hinsichtlich der Wahl der Gesichtspunkte, die bei der Anwendung der in den Leitlinien genannten Kriterien berücksichtigt wurden, noch hinsichtlich ihrer Bewertung auf den Ermessensspielraum der Kommission verweisen, um auf eine gründliche rechtliche wie tatsächliche Kontrolle zu verzichten. 206 Die Rechtmäßigkeitskontrolle wird ergänzt durch die dem Unionsrichter früher durch Art. 17 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), jetzt durch Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 gemäß Art. 261 AEUV eingeräumte Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung. Diese Befugnis ermächtigt den Richter über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme hinaus dazu, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen (Urteil KME Germany u. a./Kommission, oben in Rn. 205 angeführt, EU:C:2011:810, Rn. 103). Angefochtener Beschluss 207 Die Kommission war angesichts des in dem angefochtenen Beschluss beschriebenen Sachverhalts der Auffassung, dass die Zuwiderhandlung vorsätzlich begangen worden sei und in der eindeutig rechtswidrigen Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots und einer Aufteilung des spanischen und des portugiesischen Marktes für elektronische Kommunikation zwischen den Parteien bestanden habe. In Anbetracht dieser Art offenkundiger Zuwiderhandlung könnten die Parteien sich nicht darauf berufen, nicht vorsätzlich gehandelt zu haben (477. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 208 Was den Umsatz betrifft, anhand dessen der Grundbetrag festgesetzt worden ist, war die Kommission der Auffassung, dass das Wettbewerbsverbot für alle in Spanien oder Portugal erbrachten elektronischen Kommunikationsdienste und Fernsehdienste gegolten habe, ausgenommen die weltweiten Telekommunikationsdienste und internationalen Übertragungsdienste für Großabnehmer, hinsichtlich deren die Parteien am Tag der Unterzeichnung des Vertrags auf der Iberischen Halbinsel im Wettbewerb gestanden hätten und die aus diesem Grund von seinem Anwendungsbereich ausgenommen gewesen seien. Des Weiteren hat die Kommission mit Rücksicht darauf, dass die Klausel alle am Tag des Vertragsschlusses bereits bestehenden Investitionen und Aktivitäten, die als mit den Investitionen und Aktivitäten der anderen Partei auf dem iberischen Markt im Wettbewerb stehend angesehen werden konnten, von ihrem Anwendungsbereich ausschloss, bei jeder der Parteien nur deren eigenen Umsatz in ihrem Herkunftsstaat berücksichtigt. Sie hat daher insbesondere nicht die Umsätze der Parteien im Herkunftsstaat der anderen Partei herangezogen, weil diese Beträge im Grundsatz bisherigen Tätigkeiten entsprachen, die nicht unter die Klausel fielen. Das bedeutet, dass die Kommission, was Telefónica betrifft, den Umsatz anhand der Umsätze dieses Unternehmens in Spanien bestimmte, während sie, was PT betrifft, diesen Umsatz anhand der Umsätze dieses Unternehmens in Portugal bestimmte (Erwägungsgründe 482 und 483 des angefochtenen Beschlusses). 209 Die Kommission hat sodann ausgeführt, dass sie im Allgemeinen die von den Unternehmen während des letzten vollständigen Jahres ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung erzielten Umsätze berücksichtige. Da die Zuwiderhandlung im vorliegenden Fall weniger als ein Jahr gedauert und zwischen 2010 und 2011 stattgefunden habe, habe sie die von den Unternehmen im Lauf des Jahres 2011 erzielten Umsätze herangezogen, die geringer gewesen seien als die von den Parteien für 2010 verzeichneten Umsätze (484. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 210 Hinsichtlich der Schwere der Zuwiderhandlung, nach der sich der zur Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße heranzuziehende Umsatzanteil bemisst, machte die Kommission geltend, dass die Zuwiderhandlung im vorliegenden Fall in der Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots und einer Aufteilung des spanischen und des portugiesischen Marktes für elektronische Kommunikations- und Fernsehdienste zwischen den Parteien bestanden habe und dass Telefónica und PT die etablierten Betreiber in ihrem jeweiligen Herkunftsstaat gewesen seien (489. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 211 Die Kommission hat angegeben, sie habe berücksichtigt, dass die Parteien die Klausel seit ihrer erstmaligen Aufnahme in das Angebot vom 1. Juni 2010 nicht geheim gehalten hätten. Wie in den Erwägungsgründen 128 bis 130 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, hätten die Parteien nämlich das zweite Angebot, das die erste Fassung der Klausel enthalten habe, in ihre jeweiligen Websites eingestellt und sie der spanischen und der portugiesischen Börsenaufsichtsbehörde mitgeteilt, die sie ihrerseits auf ihren eigenen Websites veröffentlicht hätten. Außerdem habe PT am 9. Juni 2010 an ihre Aktionäre eine Broschüre mit Erläuterungen zur Transaktion und zur Klausel verteilt. Ferner sei der Vertrag, der die Endfassung der Klausel enthalten habe, Bestandteil der Akten gewesen, die Telefónica und PT bei der Anatel und beim CADE eingereicht hätten. Schließlich habe Telefónica in einem Artikel, der am 23. August 2010 im Jornal de Negócios erschienen sei, bestätigt, dass der Vertrag ein Wettbewerbsverbot enthalte (491. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 212 Als Dauer der Zuwiderhandlung hat die Kommission den Zeitraum vom 27. September 2010, dem Datum der notariellen Beurkundung und damit des endgültigen Abschlusses der Transaktion, bis zum 4. Februar 2011, dem Datum des Vertrags, mit dem die Parteien die Klausel aufgehoben haben, berücksichtigt (492. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 213 In Anbetracht dieser Umstände, der Größe der Unternehmen und der kurzen Dauer der wettbewerbswidrigen Vereinbarung war die Kommission der Auffassung, unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles sei es verhältnismäßig und zur Abschreckung ausreichend, für die Berechnung des Grundbetrags der Geldbußen einen geringen Prozentsatz des Umsatzes heranzuziehen. Die Kommission ist daher zu dem Ergebnis gekommen, dass sich der zugrunde zu legende Umsatzanteil für die beiden betroffenen Unternehmen auf 2 % belaufen müsse (493. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Der für jedes Unternehmen festgesetzte prozentuale Umsatzanteil ist mit dem für die Dauer festgesetzten Koeffizienten multipliziert worden, nämlich mit 0,33, was vier Monaten eines ganzen Jahres entspricht. 214 Die Kommission hat die so berechneten Beträge als endgültige Grundbeträge festgesetzt, so dass festzustellen ist, dass sie im vorliegenden Fall keinen festen Zusatzbetrag zum Zweck der Abschreckung (Eintrittsgebühr) hinzugefügt hat, wie dies in Ziff. 25 der Leitlinien vorgesehen ist (siehe oben, Rn. 202); dies hat sie im Übrigen in der mündlichen Verhandlung bestätigt. 215 Was die Anpassung des Grundbetrags betrifft, war die Kommission zum einen der Ansicht, dass im vorliegenden Fall keine erschwerenden Umstände zu berücksichtigen seien (496. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 216 Zum anderen hat die Kommission darauf hingewiesen, dass die Parteien beschlossen hatten, die Klausel am 4. Februar 2011 aufzuheben, und die in Rede stehende wettbewerbswidrige Praxis damit beendet hatten. In Anbetracht der Tatsache, dass die Geltung der Klausel nur 16 Tage nach Eröffnung des Verfahrens durch die Kommission und 30 Tage nach der Übermittlung ihres ersten Auskunftsverlangens an die Parteien beendet wurde und die Klausel nicht geheim war, war die Kommission der Ansicht, dass die genannte Aufhebung als mildernder Umstand zugunsten beider Parteien anzusehen sei (500. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). 217 Angesichts dieser Umstände war die Kommission der Auffassung, dass der Grundbetrag der gegen die Parteien zu verhängenden Geldbuße um 20 % zu verringern sei (501. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses); zugleich wies sie das gesamte Vorbringen der Parteien, mit dem diese sich auf weitere mildernde Umstände beriefen, zurück (Erwägungsgründe 502 bis 507 des angefochtenen Beschlusses). 218 Die Endbeträge der Geldbußen belaufen sich folglich auf 66894400 Euro für Telefónica und auf 12290400 Euro für PT. b) Zur Berechnung der Geldbuße herangezogene Umsätze 219 Die Klägerin greift die Feststellungen der Kommission zum Anwendungsbereich der Klausel an und macht geltend, der Betrag der gegen sie verhängten Geldbuße müsse herabgesetzt werden, weil der Ausschluss bestimmter Aktivitäten aus deren Anwendungsbereich zu einer Verringerung des bei der Bemessung der Geldbuße heranzuziehenden Umsatzes führe. Die Kommission habe die erschöpfende Untersuchung der Märkte für elektronische Kommunikation in Portugal, die die Klägerin in der Beantwortung der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgenommen habe, außer Betracht gelassen und sich mit einem großen Teil ihrer Argumente weder befasst noch sie widerlegt. Begründung 220 Soweit das Vorbringen der Klägerin dahin zu verstehen ist, dass sie der Kommission vorwirft, ihre Begründungspflicht verletzt zu haben, ist darauf hinzuweisen, dass die Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. Urteil Elf Aquitaine/Kommission, oben in Rn. 78 angeführt, EU:C:2011:620, Rn. 147 und die dort angeführte Rechtsprechung). In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil Kommission/Sytraval und Brink’s France, oben in Rn. 78 angeführt, EU:C:1998:154, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). 221 Was den Umfang der Begründungspflicht in Bezug auf die Berechnung der Höhe einer wegen Verletzung der Wettbewerbsregeln der Union verhängten Geldbuße anbelangt, ist zu beachten, dass nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 „[b]ei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße … sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen“ sind. Insoweit enthalten die Leitlinien und die Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2006, C 298, S. 17) Regeln über die Beurteilungskriterien, die von der Kommission herangezogen werden, um die Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu bemessen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Juli 2003, Cheil Jedang/Kommission, T‑220/00, Slg, EU:T:2003:193, Rn. 217 und die dort angeführte Rechtsprechung). 222 Unter diesen Umständen sind die Anforderungen an das wesentliche Formerfordernis, um das es sich bei der Begründungspflicht handelt, erfüllt, wenn die Kommission in ihrem Beschluss die Beurteilungskriterien angibt, die sie in Anwendung ihrer Leitlinien und gegebenenfalls ihrer Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen herangezogen hat und die es ihr ermöglicht haben, für die Berechnung der Höhe der Geldbuße Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu bemessen (vgl. in diesem Sinne Urteil Cheil Jedang/Kommission, oben in Rn. 221 angeführt, EU:T:2003:193, Rn. 218). 223 Im vorliegenden Fall hat die Kommission in den Abschnitten 5 und 6.3.3.2 des angefochtenen Beschlusses und insbesondere in dessen Erwägungsgründen 153, 184, 185 und 278 ausgeführt, dass die Parteien zumindest als potenzielle Wettbewerber auf sämtlichen Märkten für elektronische Kommunikationsdienste und Fernsehdienste in Spanien und Portugal anzusehen seien, dass ihrem Vorbringen, mit dem sie den Ausschluss bestimmter Aktivitäten vom Anwendungsbereich der Klausel begehrten, nicht gefolgt werden könne und dass es angesichts der Zurückweisung des Vorbringens der Parteien hinsichtlich des Bestehens eines potenziellen Wettbewerbs zwischen ihnen und mit Rücksicht auf wen weiten Anwendungsbereich der Klausel im vorliegenden Fall nicht erforderlich gewesen sei, für jeden einzelnen Markt zu beurteilen, ob der Vertrag als eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung anzusehen sei. Sodann hat die Kommission im 482. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses unter der Überschrift „Umsätze“ die Auffassung vertreten, dass die Klausel für alle Arten von elektronischen Kommunikationsdiensten und Fernsehdiensten gelte, ausgenommen die weltweiten Telekommunikationsdienste und internationalen Übertragungsdienste für Großabnehmer, und dass somit alle in Spanien oder in Portugal erbrachten Dienstleistungen, die Bestandteil der in Abschnitt 5.3 angeführten Märkte seien, ausgenommen die weltweiten Telekommunikationsdienste und internationalen Übertragungsdienste für Großabnehmer, unmittelbar oder mittelbar von der Zuwiderhandlung betroffen seien. 224 Daraus folgt, dass die Kommission hinreichend erläutert hat, wie sie den für die Berechnung der Geldbuße heranzuziehenden Umsatz bestimmt hat und aus welchen Gründen sie es nicht für erforderlich hielt, jeden einzelnen der Dienste zu untersuchen, hinsichtlich deren die Klägerin in ihrer Beantwortung der Mitteilung der Beschwerdepunkte beantragt hatte, sie für die Berechnung der Geldbuße nicht heranzuziehen. Soweit das Vorbringen der Klägerin dahin verstanden werden kann, dass damit ein Verstoß gegen die Begründungspflicht geltend gemacht wird, ist es daher zurückzuweisen. Begründetheit 225 Die Klägerin macht geltend, bei der Berechnung der Geldbuße dürften bestimmte Umsätze nicht herangezogen werden, nämlich die Umsätze, die auf Märkten erzielt worden seien, auf denen die Parteien keine potenziellen Wettbewerber gewesen seien, die auf bestehende Aktivitäten entfallenden Umsätze und die außerhalb der Iberischen Halbinsel erzielten Umsätze. – Umsätze, die auf nicht dem Wettbewerb unterliegende Tätigkeiten entfielen 226 Zu den Umsätzen, die auf Märkten oder mit Dienstleistungen erzielt wurden, die nach Auffassung der Klägerin keinem potenziellen Wettbewerb unterlagen, ist als Erstes darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 478. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf Ziff. 12 der Leitlinien verwiesen hat, wonach sich der Grundbetrag der Geldbuße nach dem Wert der verkauften Waren oder Dienstleistungen richtet und anhand der nachstehend beschriebenen Methode berechnet wird. In diesem Erwägungsgrund hat die Kommission zudem erläutert, dass der Grundbetrag der gegen die Unternehmen zu verhängenden Geldbuße anhand des Wertes der von ihnen im relevanten räumlichen Markt innerhalb der Europäischen Union verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen, festgesetzt wird. Im 482. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses (siehe oben, Rn. 208) hat die Kommission weiter ausgeführt, sie sei der Auffassung, dass die Klausel für alle Arten von elektronischen Kommunikationsdiensten und Fernsehdiensten gelte, ausgenommen die weltweiten Telekommunikationsdienste und internationalen Übertragungsdienste für Großabnehmer, und dass somit alle in Spanien oder in Portugal erbrachten Dienstleistungen, die Bestandteil der in Abschnitt 5.3 angeführten Märkte seien, ausgenommen die weltweiten Telekommunikationsdienste und internationalen Übertragungsdienste für Großabnehmer, unmittelbar oder mittelbar von der Zuwiderhandlung betroffen seien. 227 In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission als Antwort auf die Fragen des Gerichts ausgeführt, dass sie in Anbetracht des weiten Anwendungsbereichs der Klausel nicht verpflichtet gewesen sei, bei der Festsetzung des für die Berechnung der Geldbuße heranzuziehenden Umsatzes für jeden der von der Klägerin angegebenen Dienste den potenziellen Wettbewerb zwischen den Parteien zu untersuchen. Im Rahmen einer bezweckten Zuwiderhandlung wie im vorliegenden Fall, bei der eine solche Untersuchung nicht erforderlich sei, um die Zuwiderhandlung festzustellen, könne sie auch nicht für die Bemessung der Höhe der Geldbuße geboten sein. 228 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. 229 Die Klausel galt nämlich nach ihrem Wortlaut für „alle Vorhaben im Telekommunikationsgeschäft (einschließlich Festnetz- und Mobilfunkdiensten, Internetzugangs- und Fernsehdiensten, jedoch mit Ausnahme von Investitionen oder Tätigkeiten, die am Tag der Unterzeichnung dieses Vertrags bestehen bzw. ausgeübt werden), die auf dem iberischen Markt mit der jeweils anderen Partei in Wettbewerb stehen könnten“. Zudem hat die Kommission zur Berechnung der Geldbuße den Umsatz herangezogen, der mit Aktivitäten erzielt wurde, die nach ihrer Auffassung in den Anwendungsbereich der Klausel fielen, und die Umsätze, die auf bestehende Aktivitäten entfielen, die nach dem Wortlaut der Klausel von deren Anwendungsbereich ausgenommen waren, außer Betracht gelassen. Folglich hätten auch die Umsätze, die auf Aktivitäten entfielen, die während der Geltungsdauer der Klausel nicht dem Wettbewerb der anderen Partei ausgesetzt sein konnten und nach dem Wortlaut der Klausel ebenfalls von deren Anwendungsbereich ausgeschlossen waren, bei der Berechnung der Geldbuße gleichfalls außer Betracht bleiben müssen. 230 Daraus folgt, dass die Kommission – obwohl sie zum Zweck der Feststellung der Zuwiderhandlung den potenziellen Wettbewerb nicht für jede der von der Klägerin angeführten Dienstleistungen zu untersuchen brauchte (siehe oben, Rn. 169 bis 188) – hätte prüfen müssen, ob die Klägerin zu Recht geltend gemacht hat, die Umsätze mit den betreffenden Dienstleistungen hätten wegen des Fehlens eines potenziellen Wettbewerbs der Parteien in Bezug auf diese Dienstleistungen nicht zur Berechnung der Geldbuße herangezogen werden dürfen. 231 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass die Kommission in jedem Einzelfall und in Anbetracht seines Kontexts und der Ziele, die mit der Sanktionsregelung der Verordnung Nr. 1/2003 verfolgt werden, die beabsichtigte Wirkung auf das betreffende Unternehmen beurteilen und dabei insbesondere einen Umsatz berücksichtigen muss, der die tatsächliche wirtschaftliche Situation des Unternehmens in dem Zeitraum widerspiegelt, in dem die Zuwiderhandlung begangen wurde (Urteile vom 7. Juni 2007, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, C‑76/06 P, Slg, EU:C:2007:326, Rn. 25, vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, Slg, EU:C:2014:2363, Rn. 53, und vom 23. April 2015, LG Display und LG Display Taiwan/Kommission, C‑227/14 P, Slg, EU:C:2015:258, Rn. 49). 232 Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße dürfen sowohl der Gesamtumsatz des Unternehmens, der – wenn auch nur annähernd und unvollständig – etwas über dessen Größe und Wirtschaftskraft aussagt, als auch der Teil dieses Umsatzes berücksichtigt werden, der mit den Waren erzielt worden ist, hinsichtlich deren die Zuwiderhandlung begangen wurde, und der somit einen Anhaltspunkt für das Ausmaß dieser Zuwiderhandlung liefern kann (Urteile vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg, EU:C:1983:158, Rn. 121, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, oben in Rn. 231 angeführt, EU:C:2014:2363, Rn. 54, und LG Display und LG Display Taiwan/Kommission, oben in Rn. 231 angeführt, EU:C:2015:258, Rn. 50). 233 Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 belässt der Kommission zwar ein Ermessen, beschränkt dessen Ausübung jedoch durch die Einführung objektiver Kriterien, an die sie sich halten muss. Infolgedessen hat zum einen die Geldbuße, die einem Unternehmen auferlegt werden kann, eine bezifferbare und absolute Obergrenze, so dass der Höchstbetrag der möglichen Geldbuße für ein konkretes Unternehmen im Voraus bestimmbar ist. Zum anderen ist die Ausübung des Ermessens der Kommission auch durch die Verhaltensregeln begrenzt, die sie sich selbst u. a. in den Leitlinien auferlegt hat (Urteile Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, oben in Rn. 231 angeführt, EU:C:2014:2363, Rn. 55, und LG Display und LG Display Taiwan/Kommission, oben in Rn. 231 angeführt, EU:C:2015:258, Rn. 51). 234 Wenn die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße wie im vorliegenden Fall anhand der in den Leitlinien geschilderten Methode berechnet, muss sie sich an diese Methode halten. 235 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Ziff. 13 der Leitlinien „[z]ur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße … den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR verkauften Waren oder Dienstleistungen [verwendet], die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen“. In Ziff. 6 der Leitlinien wird klargestellt, dass „[d]ie Verbindung des Umsatzes auf den vom Verstoß betroffenen Märkten mit der Dauer [des Verstoßes] … eine Formel dar[stellt], die die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das jeweilige Gewicht des einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens angemessen wiedergibt“. 236 Zudem geht aus der Rechtsprechung hervor, dass der Teil des Umsatzes, der mit den Waren erzielt wurde, auf die sich die Zuwiderhandlung bezog, ein objektives Kriterium ist, das zutreffend angibt, wie schädlich sich diese Praxis auf den normalen Wettbewerb auswirkt (vgl. in diesem Sinne Urteile Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Rn. 232 angeführt, EU:C:1983:158, Rn. 121, vom 11. März 1999, British Steel/Kommission, T‑151/94, Slg, EU:T:1999:52, Rn. 643, und vom 8. Juli 2008, Saint-Gobain Gyproc Belgium/Kommission, T‑50/03, EU:T:2008:252, Rn. 84). 237 Ziff. 13 der Leitlinien zielt somit darauf ab, bei der Berechnung der gegen ein Unternehmen verhängten Geldbuße einen Betrag als Ausgangspunkt festzulegen, der die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das jeweilige Gewicht dieses Unternehmens dabei wiedergibt (Urteile vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, EU:C:2013:464, Rn. 76, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, oben in Rn. 231 angeführt, EU:C:2014:2363, Rn. 57, und LG Display und LG Display Taiwan/Kommission, oben in Rn. 231 angeführt, EU:C:2015:258, Rn. 53). 238 Folglich umfasst der in Ziff. 13 der Leitlinien verwendete Umsatzbegriff die Umsätze, die im EWR auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt erzielt worden sind, ohne dass bestimmt werden müsste, ob sie tatsächlich von der Zuwiderhandlung betroffen waren, da der Teil des Umsatzes, der aus dem Verkauf der Produkte stammt, auf die sich die Zuwiderhandlung bezog, am besten geeignet ist, die wirtschaftliche Bedeutung der betreffenden Zuwiderhandlung wiederzugeben (vgl. in diesem Sinne Urteile Team Relocations u. a./Kommission, oben in Rn. 237 angeführt, EU:C:2013:464, Rn. 75 bis 78, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, oben in Rn. 231 angeführt, EU:C:2014:2363, Rn. 57 bis 59, vom 19. März 2015, Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, C‑286/13 P, Slg, EU:C:2015:184, Rn. 148 und 149, sowie LG Display und LG Display Taiwan/Kommission, oben in Rn. 231 angeführt, EU:C:2015:258, Rn. 53 bis 58 und 64). 239 Es trifft zwar zu, dass das mit dieser Vorschrift verfolgte Ziel beeinträchtigt würde, wenn der dort verwendete Umsatzbegriff dahin zu verstehen wäre, dass er sich nur auf den Umsatz bezieht, der allein mit Verkäufen erzielt worden ist, bei denen feststeht, dass sie tatsächlich von dem zur Last gelegten Kartell betroffen waren; andererseits darf dieser Begriff aber nicht so weit ausgedehnt werden, dass er die von dem betreffenden Unternehmen getätigten Verkäufe umfasst, die weder unmittelbar noch mittelbar von diesem Kartell erfasst werden (vgl. in diesem Sinne Urteile Team Relocations u. a./Kommission, oben in Rn. 237 angeführt, EU:C:2013:464, Rn. 76, und Dole Food und Dole Fresh Fruit Europe/Kommission, oben in Rn. 238 angeführt, EU:C:2015:184, Rn. 148). 240 In diesem Zusammenhang kann im Fall einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung, wie sie hier vorliegt, von der Kommission zwar nicht verlangt werden, von Amts wegen eine Prüfung des potenziellen Wettbewerbs für alle vom Anwendungsbereich der Zuwiderhandlung betroffenen Märkte und Dienstleistungen vorzunehmen, weil damit von den Grundsätzen, die die oben in den Rn. 175, 176 und 178 angeführte Rechtsprechung aufgestellt hat, abgewichen und im Rahmen der Bestimmung des für die Berechnung der Geldbuße heranzuziehenden Umsatzes die Verpflichtung eingeführt würde, den potenziellen Wettbewerb zu prüfen, obwohl eine solche Prüfung im Fall einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung nicht erforderlich ist (siehe oben, Rn. 177). Hierzu hat der Gerichtshof nämlich in einem Fall, der unter die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 [KS] festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3), fiel, entschieden, dass bei einer Zuwiderhandlung, die in einer Marktaufteilung bestand, eine Auslegung nicht in Betracht kommt, die zur Folge hätte, dass der Kommission bei der Methode für die Berechnung der Geldbuße eine Verpflichtung auferlegt würde, die für sie bei der Anwendung von Art. 101 AEUV nicht besteht, wenn die in Rede stehende Zuwiderhandlung einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt (Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Rn. 196 angeführt, EU:C:2009:505, Rn. 64). 241 Die im vorliegenden Fall gewählte Lösung besteht nicht darin, der Kommission im Rahmen der Bemessung der Höhe der Geldbuße eine Verpflichtung aufzuerlegen, die für sie bei der Anwendung von Art. 101 AEUV nicht besteht, wenn es sich um eine Zuwiderhandlung handelt, die einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt, sondern darin, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Umsatz in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit dem Verstoß im Sinne der Ziff. 13 der Leitlinien stehen muss und keine Umsätze erfassen darf, die nicht in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit dem geahndeten Verstoß stehen (vgl. die oben in Rn. 239 angeführte Rechtsprechung). Sobald die Kommission die Wahl trifft, zur Bemessung der Höhe der Geldbuße auf die unmittelbar oder mittelbar mit dem geahndeten Verstoß im Zusammenhang stehenden Umsatz abzustellen, muss sie diesen folglich genau ermitteln. 242 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im vorliegenden Fall angesichts des Wortlauts der Klausel – der sich ausdrücklich auf „alle Vorhaben im Telekommunikationsgeschäft (einschließlich Festnetz- und Mobilfunkdiensten, Internetzugangs- und Fernsehdiensten, jedoch mit Ausnahme von Investitionen oder Tätigkeiten, die am Tag der Unterzeichnung dieses Vertrags bestehen bzw. ausgeübt werden), die auf dem iberischen Markt mit der jeweils anderen Partei in Wettbewerb stehen könnten“, bezieht – und angesichts des Umstands, dass die Klägerin in ihrer Beantwortung der Mitteilung der Beschwerdepunkte tatsächliche Gesichtspunkte vorgetragen hat, um dazutun, dass die Umsätze mit bestimmten darin angeführten Dienstleistungen wegen des Fehlens jeglichen Wettbewerbs zwischen den Parteien bei der Berechnung der Geldbuße außer Betracht zu lassen seien, diese Gesichtspunkte hätte prüfen müssen, um den Umsatz mit Waren oder Dienstleistungen zu bestimmen, den das Unternehmen in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit dem Verstoß erzielt hat. 243 Da der in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit dem Verstoß stehende Umsatz im vorliegenden Fall der Umsatz mit Dienstleistungen ist, die in den Anwendungsbereich der Klausel fallen, nämlich die Umsätze, die auf alle Vorhaben im Telekommunikationsgeschäft mit Ausnahme bestehender Tätigkeiten entfallen, die auf dem iberischen Markt im Wettbewerb mit denen der jeweils anderen Partei stehen könnten, hätte die Kommission zur Bestimmung dieses Umsatzes prüfen müssen, bei welchen Dienstleistungen kein potenzieller Wettbewerb der Parteien auf dem iberischen Markt bestand, indem sie die Gesichtspunkte untersuchte, die die Parteien in ihren Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgetragen hatten, um darzutun, dass zwischen ihnen im Hinblick auf bestimmte Dienstleistungen während der Geltungsdauer der Klausel kein potenzieller Wettbewerb bestanden habe. Nur auf der Grundlage einer solchen tatsächlichen und rechtlichen Prüfung wäre es möglich gewesen, die in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit dem Verstoß stehenden Verkäufe zu bestimmen, deren Wert als Ausgangsbetrag für die Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße hätte dienen müssen. 244 Somit ist dem Vorbringen der Klägerin zu folgen, die Kommission hätte auf der Grundlage der von ihr vorgebrachten Anhaltspunkte für das Fehlen eines potenziellen Wettbewerbs zwischen Telefónica und PT bei bestimmten Dienstleistungen den in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit dem Verstoß stehenden Umsatz bestimmen müssen, so dass Art. 2 des angefochtenen Beschlusses insoweit für nichtig zu erklären ist, als damit der Betrag der Geldbuße auf der Grundlage des von der Kommission zugrunde gelegten Umsatzes festgesetzt wird. 245 Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass das System der gerichtlichen Kontrolle von Beschlüssen der Kommission in Verfahren nach den Art. 101 AEUV und 102 AEUV in einer Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe auf der Grundlage von Art. 263 AEUV besteht, die gemäß Art. 261 AEUV und auf Antrag der Kläger um die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung durch das Gericht hinsichtlich der in diesem Bereich von der Kommission verhängten Zwangsmaßnahmen ergänzt werden kann (Urteil Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, Slg, EU:C:2014:2062, Rn. 42). Insoweit ist zu beachten, dass der im vorliegenden Fall festgestellte Rechtsverstoß den Umsatz, der zur Festsetzung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße herangezogen wurde, und somit die Grundlage ihrer Berechnung selbst betrifft. 246 In diesem Zusammenhang ist erneut der Hinweis angebracht, dass die Kommission im 482. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses keine Prüfung des potenziellen Wettbewerbs zwischen den Parteien hinsichtlich der von der Klägerin angeführten Dienstleistungen vorgenommen hat. Außerdem hat die Kommission in ihrer Antwort auf die in der mündlichen Verhandlung gestellten Fragen des Gerichts, mit denen sie aufgefordert worden war, zu dem von der Klägerin behaupteten Fehlen eines potenziellen Wettbewerbs zwischen Telefónica und PT in Bezug auf bestimmte Dienstleistungen in Spanien Stellung zu nehmen, lediglich ihre Auffassung wiederholt, dass sie zum Zweck der Bemessung der Geldbuße den potenziellen Wettbewerb zwischen den Parteien nicht habe prüfen müssen, und sich im Übrigen darauf beschränkt, auf das gesamte Vorbringen der Klägerin mit der Behauptung zu erwidern, Telefónica sei hinsichtlich der fraglichen Dienstleistungen ein potenzieller Wettbewerber von PT gewesen, weil sie an Ausschreibungen hätte teilnehmen oder einen bestehenden Anbieter hätte erwerben können. 247 Aus alledem folgt, dass das Gericht im vorliegenden Fall nicht über ausreichende Anhaltspunkte verfügt, um den Endbetrag der Geldbuße festzusetzen. 248 Zwar ermächtigt die dem Gericht nach Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 eingeräumte Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung den Richter, über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme hinaus die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen. Im vorliegenden Fall hat die Kommission die Gesichtspunkte, die die Klägerin vorgetragen hat, um darzutun, dass in Bezug auf bestimmte Dienstleistungen kein potenzieller Wettbewerb zwischen den Parteien bestanden habe, bei der Festsetzung des für die Berechnung der Geldbuße heranzuziehenden Umsatzes aber nicht geprüft. Um diesen Umsatz festzusetzen, müsste das Gericht daher eine Lücke in der Ermittlung des Sachverhalts ausfüllen. 249 Die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung geht aber nicht so weit, das Gericht zu veranlassen, eine solche Sachverhaltsermittlung vorzunehmen, die über die Ersetzung der Beurteilung der Kommission durch seine eigene hinausgehen würde, weil die Beurteilung des Gerichts dann die erste und einzige Beurteilung von Gesichtspunkten wäre, die die Kommission zur Bestimmung des in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit dem Verstoß stehenden Umsatzes im Sinne der Ziff. 13 der Leitlinien, dessen Prüfung ihr oblag, hätte berücksichtigen müssen. 250 Folglich ist es im vorliegenden Fall nicht angezeigt, dass das Gericht von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch macht, so dass es Sache der Kommission ist, im Rahmen der Durchführung des vorliegenden Urteils alle Konsequenzen aus dem festgestellten Rechtsverstoß zu ziehen und den Betrag der Geldbuße neu festzusetzen. Das Gericht ist darüber hinaus der Ansicht, dass auch die übrigen gegen den Betrag der Geldbuße erhobenen Rügen zu prüfen sind. – Auf bestehende Aktivitäten entfallende Umsätze 251 Die Klägerin macht geltend, in Übereinstimmung mit dem Wortlaut der Klausel seien auf bestehende Aktivitäten entfallende Umsätze bei der Berechnung der Geldbuße außer Betracht zu lassen. 252 Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass sich aus den Erwägungsgründen 482 und 483 des angefochtenen Beschlusses ergibt, dass die Umsätze mit weltweiten Telekommunikationsdiensten und internationalen Übertragungsdiensten für Großabnehmer, bei denen die Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses tatsächlich im Wettbewerb miteinander standen, bei der Berechnung der Geldbuße nicht herangezogen wurden. 253 Als Zweites macht die Klägerin geltend, die Umsätze mit Dienstleistungen von PT, die den von Zon erbrachten Dienstleistungen entsprochen hätten, nämlich Festnetztelefonie, Breitbandinternet und Bezahlfernsehen, seien vom Anwendungsbereich der Klausel auszuschließen, weil die von Zon erbrachten Dienstleistungen wegen der von Telefónica gehaltenen Beteiligung an diesem mit PT konkurrierenden und im Bereich der elektronischen Kommunikation tätigen Unternehmen (siehe oben, Rn. 7) in die Kategorie „Investitionen oder Tätigkeiten, die am Tag der Unterzeichnung des Vertrags bestehen bzw. ausgeübt werden“ (siehe oben, Rn. 1) fielen, die vom Anwendungsbereich der Klausel ausgenommen seien. 254 Erstens trägt die Klägerin vor, der angefochtene Beschluss gehe auf bestimmte von seinen Adressaten erhobene Vorwürfe wenig oder überhaupt nicht ein, und hinsichtlich der Beteiligung von Telefónica am Kapital von Zon sowie des Einflusses, der ihr dadurch ermöglicht worden sei, wiederhole die Kommission lediglich ihre These, nach der diese Beteiligung Telefónica keine Kontrolle verschafft habe. Soweit diese Anmerkung als Behauptung verstanden werden kann, die Kommission habe gegen ihre Begründungspflicht verstoßen, ist diese Behauptung zurückzuweisen. 255 Die Kommission ist nämlich auf das Vorbringen der Parteien zum Ausschluss der von Zon erbrachten Dienstleistungen aus dem Anwendungsbereich der Klausel eingegangen, indem sie klargestellt hat, dass sie das Vorbringen, die Aktivitäten von Zon seien vom Anwendungsbereich der Klausel auszuschließen, nicht akzeptieren könne, denn wenn die Parteien hätten dartun wollen, dass sie in Portugal aufgrund der Beteiligung von Telefónica an Zon im Wettbewerb miteinander gestanden hätten, hätten sie dartun müssen, dass Telefónica dieses Unternehmen kontrolliert habe; dies hätten sie nicht getan, wohingegen aus dem Jahresabschluss 2011 ersichtlich sei, dass Telefónica den portugiesischen Anbieter nicht kontrolliert habe. Damit hat die Kommission eindeutig dargelegt, aus welchem Grund sie der Auffassung war, dass die Tätigkeiten von Zon nicht vom Anwendungsbereich der Klausel auszuschließen seien, und aus welchem Grund sie zu dem Schluss kam, dass Telefónica dieses Unternehmen nicht kontrolliert habe, so dass ihr nicht vorgeworfen werden kann, ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen zu sein. 256 Hierzu hat die Kommission in den Erwägungsgründen 156 bis 164 des angefochtenen Beschlusses ferner erläutert, wenn die Aktivitäten eines Unternehmens, an dem eine der Parteien Aktien hielt, ohne es zu kontrollieren, für die Bestimmung des Anwendungsbereichs der Klausel von Belang gewesen wären, hätte in dieser Klausel angegeben werden müssen, dass diese auch auf die Aktivitäten der Unternehmen anzuwenden sei, die der Kontrolle der Parteien nicht unterliegen. Wenn solche Aktivitäten für die Bestimmung des Anwendungsbereichs der Klausel von Belang gewesen wären, hätten sie es außerdem auch für die Einhaltung der Bestimmungen dieser Klausel sein müssen, so dass die Aufnahme einer durch die Klausel verbotenen Tätigkeit durch ein nicht kontrolliertes Unternehmen, an dem eine der Parteien eine Minderheitsbeteiligung hält, einen Verstoß gegen die Klausel bedeutet hätte. Die Kommission hat hierzu weiter ausgeführt, die Parteien könnten nicht behaupten, eine solche Verpflichtung namens und für Rechnung von Unternehmen übernommen zu haben, an denen sie eine Minderheitsbeteiligung hielten, ohne sie jedoch zu kontrollieren, weil sie die Beachtung einer solchen Verpflichtung nicht hätten garantieren können. Um vom Anwendungsbereich der Klausel ausgeschlossen zu sein, müsse eine Aktivität folglich unmittelbar von einer der Parteien oder mittelbar von einem der von ihnen kontrollierten Unternehmen ausgeübt werden. 257 Zweitens bestreitet die Klägerin in der Sache weder die soeben dargestellte Argumentation noch die Feststellung der Kommission, dass Telefónica im maßgeblichen Zeitraum nur eine Minderheitsbeteiligung (5,46 %) an Zon gehalten (19. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) und dieses Unternehmen somit nicht beherrscht habe, so dass die von Zon erbrachten Dienstleistungen nicht als von Telefónica erbrachte Dienstleistungen angesehen werden könnten und folglich auch nicht als Dienstleistungen, bei denen Telefónica und PT in Wettbewerb miteinander gestanden hätten und die deshalb vom Anwendungsbereich der Klausel auszuschließen seien. Daraus folgt, dass die Klägerin nicht dargetan hat, warum die von Zon erbrachten Dienstleistungen ungeachtet des Umstands, dass Telefónica nur eine Minderheitsbeteiligung an diesem Unternehmen hielt, als von Telefónica erbrachte Dienstleistungen angesehen und deshalb vom Anwendungsbereich der Klausel ausgeschlossen werden müssten. Unter diesen Umständen ist ihr Vorbringen zurückzuweisen. – Auf Tätigkeiten außerhalb der Iberischen Halbinsel entfallende Umsätze 258 Die Klägerin beanstandet den von der Kommission zugrunde gelegten räumlichen Anwendungsbereich der Klausel, indem sie geltend macht, da der Vertrag sich ausdrücklich auf den iberischen Markt und nicht auf Portugal und Spanien beziehe, sei davon auszugehen, dass die Parteien sich auf die Gebiete hätten beziehen wollen, aus denen die Iberische Halbinsel bestehe, und nicht auf die Gebiete, aus denen das Königreich Spanien und die Portugiesische Republik bestünden. Nach Auffassung der Klägerin müssten daher die Autonomen Regionen Azoren und Madeira, auf die 2011 ein Umsatz von 36992000 Euro bzw. 23492000 Euro entfallen sei, vom räumlichen Anwendungsbereich der Klausel ausgeschlossen werden, so dass der für die Berechnung der Geldbuße herangezogene Umsatz von PT und folglich die Höhe dieser Geldbuße anzupassen seien. 259 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin bezieht sich der Wortlaut der Klausel nicht auf die „Iberische Halbinsel“, sondern auf den „iberischen Markt“. Der Verweis auf den „iberischen Markt“ ist jedoch nicht streng geografisch als Verweis allein auf die Iberische Halbinsel zu verstehen, sondern als ein Verweis auf die Märkte Spaniens und Portugals, zu denen auch die Märkte ihrer nicht auf der Iberischen Halbinsel gelegenen Gebiete gehören. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die außerhalb der Iberischen Halbinsel gelegenen Gebiete dieser Staaten nicht unter die Klausel fielen, und die Klägerin führt auch keine Gesichtspunkte an, um dies darzutun. 260 Die Klägerin beschränkt sich nämlich darauf, die Auslegung des geografischen Anwendungsbereichs der Klausel durch die Kommission zu beanstanden, bringt aber nichts vor, um die von der Kommission getroffene und in den Erwägungsgründen 175 bis 182 des angefochtenen Beschlusses dargelegte Feststellung zum geografischen Anwendungsbereich der Klausel in Frage zu stellen. Unter diesen Umständen kann ihr Begehren keinen Erfolg haben. 261 Aus alledem folgt, dass das Vorbringen der Klägerin durchgreift, soweit es den zur Berechnung der Geldbuße herangezogenen Umsatz betrifft, weil die Kommission zur Bestimmung des für die Berechnung der Geldbuße heranzuziehenden Umsatzes der Klägerin die Argumente hätte prüfen müssen, die diese vorgebracht hat, um darzutun, dass im Hinblick auf bestimmte Dienstleistungen (siehe oben, Rn. 226 bis 250) kein potenzieller Wettbewerb zwischen Telefónica und PT bestanden habe, und dass es im Übrigen zurückzuweisen ist. c) Dauer der Zuwiderhandlung 262 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe die Dauer der Zuwiderhandlung fehlerhaft bestimmt, weil das Wettbewerbsverbot vor der Bestätigung seiner Rechtmäßigkeit keine Wirkungen habe erzeugen können, so dass es nicht als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung eingestuft werden könne, die zwangsläufig vom Datum des Inkrafttretens der Klausel an, nämlich beginnend mit dem Tag des endgültigen Abschlusses der Transaktion am 27. September 2010, habe gelten sollen, und weil das Wettbewerbsverbot selbst dann, wenn man die ausdrückliche Bedingung der vorherigen Bestätigung außer Acht lasse, jedenfalls am 29. Oktober 2010 aufgrund des Ergebnisses, zu dem die Telefonkonferenzen vom 26. und 29. Oktober 2010 geführt hätten, entfallen sei. 263 Es ist darauf hinzuweisen, dass die Dauer der Zuwiderhandlung nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 einer der Gesichtspunkte ist, die bei der Bemessung der Geldbuße für Unternehmen, die gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen haben, zu berücksichtigen sind. 264 Wie oben in Rn. 202 angegeben, wird zudem nach Ziff. 24 der Leitlinien der anhand des Umsatzes ermittelte Wert, um der Dauer der Mitwirkung der einzelnen Unternehmen an der Zuwiderhandlung in voller Länge Rechnung zu tragen, mit der Anzahl der Jahre multipliziert, die das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war, wobei Zeiträume bis zu sechs Monaten mit einem halben, Zeiträume von mehr als sechs Monaten bis zu einem Jahr mit einem ganzen Jahr angerechnet werden. 265 Wie bereits oben in Rn. 51 angegeben, ist die Kommission, was die Dauer der im vorliegenden Fall fraglichen Zuwiderhandlung betrifft, in den Erwägungsgründen 454 bis 465 des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis gelangt, dass diese dem Zeitraum entspricht, der mit dem endgültigen Abschluss der Transaktion, nämlich dem 27. September 2010 (siehe oben, Rn. 25), begann und an dem Tag endete, an dem die Klausel aufgehoben wurde, nämlich am 4. Februar 2011 (siehe oben, Rn. 29). 266 Mit der vorliegenden Rüge stellt die Klägerin im Grunde die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses insofern in Frage, als in diesem, wie in Art. 1 seines verfügenden Teils angegeben, festgestellt wird, dass sich die Zuwiderhandlung auf die Zeit vom endgültigen Abschluss der Transaktion am 27. September 2010 bis zum 4. Februar 2011 erstreckt hat. Daher ist festzustellen, dass die Klägerin mit der vorliegenden, die Dauer betreffenden Rüge nicht nur die Herabsetzung der Geldbuße begehrt, sondern auch die teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, insbesondere des Art. 1 ihres verfügenden Teils, soweit die Kommission darin zu Unrecht festgestellt habe, dass die Zuwiderhandlung vom 27. September 2010 bis zum 4. Februar 2011 gedauert habe. 267 Es ist jedoch festzustellen, dass sie keine zusätzlichen Gesichtspunkte vorträgt, die speziell die Dauer der Zuwiderhandlung betreffen, und lediglich auf Kritikpunkte verweist, die sie bereits im Kontext ihres auf einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV und das zu seiner Durchführung erlassene Recht gestützten Klagegrundes vorgetragen hat und die in diesem Rahmen bereits geprüft und zurückgewiesen worden sind (siehe oben, Rn. 122 bis 161). Da die Klägerin weder hat dartun können, dass das Wettbewerbsverbot von einer Verpflichtung zur Selbstbewertung abhängig gewesen sei, noch, dass die Telefonkonferenzen vom Oktober 2010 zur Aufhebung der Klausel geführt hätten, ist ihr Begehren, die für der Bemessung der Geldbuße herangezogene Dauer der Zuwiderhandlung zu verkürzen, zurückzuweisen. d) Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit 268 Die Klägerin macht geltend, die Festsetzung der Höhe der wegen der hier in Rede stehenden Zuwiderhandlung gegen sie verhängten Geldbuße verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. 269 Die Kommission erhebt eine Unzulässigkeitseinrede, indem sie geltend macht, dieser vorgebliche Nichtigkeitsgrund müsse für unzulässig erklärt werden, weil die Klägerin sich in den drei Zeilen der Klageschrift, die sich damit befassten, auf die Kritik beschränke, dass sie „alles in allem überzeugt [ist], dass die Kommission in Anbetracht sämtlicher Umstände des Falles und der bei der Festsetzung von Geldbußen zu beachtenden Kriterien gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen hat“. 270 Zum einen ist – wie bereits oben in Rn. 68 ff. erwähnt – darauf hinzuweisen, dass jede Klageschrift nach Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss und diese Angaben so klar und deutlich sein müssen, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht wird. Um die Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage außerdem erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen sie beruht, zusammenhängend und verständlich aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst ergeben (vgl. Beschluss TF1/Kommission, oben in Rn. 70 angeführt, EU:T:2008:155, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung). 271 Es ist festzustellen, dass die Darlegung des von der Klägerin im Rahmen der vorliegenden Klage geltend gemachten Klagegrundes des Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit den vorstehend genannten Anforderungen nicht genügt, so dass sich die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit als begründet erweist und der vorgebliche Klagegrund des Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für unzulässig zu erklären ist. 272 Zum anderen ist insoweit festzustellen, dass die Rechtmäßigkeitskontrolle im Wettbewerbsrecht der Union durch die dem Unionsrichter früher durch Art. 17 der Verordnung Nr. 17, jetzt durch Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 gemäß Art. 261 AEUV eingeräumte Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ergänzt wird. Diese Befugnis ermächtigt den Richter über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme hinaus dazu, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen (vgl. Urteil vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, Slg, EU:C:2011:815, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). 273 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nicht einer Prüfung von Amts wegen entspricht und dass das Verfahren vor den Gerichten der Union ein streitiges Verfahren ist. Mit Ausnahme der Gründe zwingenden Rechts, die der Richter von Amts wegen zu berücksichtigen hat, wie etwa das Fehlen einer Begründung der angefochtenen Entscheidung, ist es Sache des Klägers, gegen die Entscheidung Klagegründe vorzubringen und für diese Beweise beizubringen (Urteil Chalkor/Kommission, oben in Rn. 272 angeführt, EU:C:2011:815, Rn. 64). 274 Dieses verfahrensrechtliche Erfordernis verstößt nicht gegen den Grundsatz, wonach bei Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht die Kommission die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen zu beweisen und die Beweismittel beizubringen hat, die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend belegen. Vom Kläger wird nämlich im Rahmen einer Klage verlangt, dass er die beanstandeten Punkte des angefochtenen Beschlusses bezeichnet, insoweit Rügen formuliert und Beweise oder zumindest ernsthafte Indizien für deren Begründetheit beibringt (Urteil Chalkor/Kommission, oben in Rn. 272 angeführt, EU:C:2011:815, Rn. 65). 275 Das Fehlen einer Verpflichtung, den gesamten angefochtenen Beschluss von Amts wegen zu prüfen, verstößt nicht gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes. Für die Wahrung dieses Grundsatzes ist es nicht unerlässlich, dass das Gericht, das jedenfalls die geltend gemachten Klagegründe prüfen und sowohl in rechtlicher wie in tatsächlicher Hinsicht eine Kontrolle vornehmen muss, verpflichtet ist, den gesamten Vorgang von Amts wegen erneut zu prüfen (Urteil Chalkor/Kommission, oben in Rn. 272 angeführt, EU:C:2011:815, Rn. 66). 276 Die in den Verträgen vorgesehene Kontrolle bedeutet somit, dass der Unionsrichter sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht eine Kontrolle vornimmt und befugt ist, die Beweise zu würdigen, den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären und die Höhe der Geldbußen zu ändern. Es ist daher nicht ersichtlich, dass die in Art. 263 AEUV vorgesehene Rechtmäßigkeitskontrolle, ergänzt um die in Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung hinsichtlich der Höhe der Geldbuße, gegen den in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes verstößt (Urteil Chalkor/Kommission, oben in Rn. 272 angeführt, EU:C:2011:815, Rn. 67). 277 Aus dieser Rechtsprechung folgt, dass das Gericht angesichts des Umstands, dass die Klägerin keine Argumente und Beweise anführt, auf die sie ihren vorgeblichen Klagegrund des Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stützt, nicht verpflichtet ist, in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung von Amts wegen zu prüfen, ob die Kommission diesen Grundsatz bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße beachtet hat. 3. Antrag auf Zeugenvernehmung 278 Die Klägerin beantragt, Frau M. R. S. S. N., die zur Zeit des Abschlusses des Vertrags sowie des Vertrags zur Aufhebung der Klausel Leiterin der Abteilung Wettbewerb von PT war, vor Gericht als Zeugin zu vernehmen. 279 Die Kommission macht geltend, dieser Antrag sei als nicht sachdienlich und überflüssig zurückzuweisen, weil die eidliche Erklärung von Frau M. R. S. S. N. über die Tatsachen, von denen sie Kenntnis erlangt haben soll, sich bereits in der Akte befinde. 280 Es ist darauf hinzuweisen, dass es allein Sache des Gerichts ist, zu entscheiden, ob die ihm in einer bei ihm anhängigen Rechtssache vorliegenden Informationen möglicherweise der Ergänzung bedürfen (vgl. Beschluss vom 10. Juni 2010, Thomson Sales Europe/Kommission, C‑498/09 P, EU:C:2010:338, Rn. 138 und die dort angeführte Rechtsprechung). 281 Wie der Gerichtshof bereits im Rahmen einer das Wettbewerbsrecht betreffenden Rechtssache entschieden hat, ist es selbst dann, wenn ein in der Klageschrift enthaltener Antrag auf Vernehmung von Zeugen genau die Tatsachen bezeichnet, die Gegenstand der Vernehmung des oder der Zeugen sein sollen, und genau die Gründe angibt, die ihre Vernehmung rechtfertigen, Sache des Gerichts, die Sachdienlichkeit des Antrags im Hinblick auf den Streitgegenstand und die Erforderlichkeit einer Vernehmung der genannten Zeugen zu beurteilen (vgl. Urteil vom 19. Dezember 2013, Siemens/Kommission, C‑239/11 P, C‑489/11 P und C‑498/11 P, EU:C:2013:866, Rn. 323 und die dort angeführte Rechtsprechung). 282 Der Gerichtshof hat zudem die Vereinbarkeit dieses Ermessens des Gerichts mit dem Grundrecht auf ein faires Verfahren und insbesondere mit Art. 6 Abs. 3 Buchst. d der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) bejaht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs räumt nämlich die letztgenannte Bestimmung dem Angeklagten kein absolutes Recht ein, das Erscheinen von Zeugen vor einem Gericht zu erwirken, und es ist grundsätzlich Sache des Gerichts, darüber zu entscheiden, ob die Ladung eines Zeugen erforderlich oder sachdienlich ist. Art. 6 Abs. 3 EMRK verlangt nicht die Ladung jedes Zeugen, sondern bezweckt eine völlige Waffengleichheit, die gewährleistet, dass das streitige Verfahren als Ganzes dem Angeklagten angemessene und ausreichende Gelegenheit gibt, dem auf ihm lastenden Verdacht entgegenzutreten (vgl. Urteil Siemens/Kommission, oben in Rn. 281 angeführt, EU:C:2013:866, Rn. 324 und 325 und die dort angeführte Rechtsprechung). 283 Insoweit hat das Gericht bereits entschieden, dass dem Antrag eines klagenden Unternehmens auf Vernehmung von Zeugen nicht stattzugeben ist, wenn die Erklärungen, die es durch eine solche Zeugenaussage vor Gericht herbeiführen will, schon gegenüber der Kommission abgegeben worden waren, diese aber der Auffassung war, dass sie nicht durch schriftliche Beweisstücke gestützt würden und dass bestimmte Unterlagen in den Akten sogar gegen sie sprächen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juli 2011, ThyssenKrupp Liften Ascenseurs/Kommission, T‑144/07, T‑147/07 bis T‑150/07 und T‑154/07, Slg, EU:T:2011:364, Rn. 152 und 154). 284 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass ein Antrag, der darauf gerichtet ist, dass das Gericht die ihm vorliegenden Informationen ergänzt, ins Leere geht, wenn dessen Entscheidung auch dann, wenn es dem Antrag stattgäbe, nicht anders lauten würde (vgl. in diesem Sinne Beschluss Thomson Sales Europe/Kommission, oben in Rn. 280 angeführt, EU:C:2010:338, Rn. 141). 285 Wenn dem Gericht auf der Grundlage der Anträge sowie des schriftlichen und des mündlichen Vorbringens und der vorgelegten Dokumente eine sachgerechte Entscheidung möglich ist, ist der Antrag der Klägerin auf Vernehmung eines Zeugen zurückzuweisen, ohne dass das Gericht besonders zu begründen braucht, warum es die Erhebung ergänzender Beweise für nicht erforderlich hält (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 15. September 2005, Marlines/Kommission, C‑112/04 P, EU:C:2005:554, Rn. 39, und Urteil vom 9. September 2009, Clearstream/Kommission, T‑301/04, Slg, EU:T:2009:317, Rn. 218). 286 Auch wenn jedoch eine Partei nicht berechtigt ist, von einem Unionsgericht den Erlass einer prozessleitenden Maßnahme oder eines Beweisbeschlusses zu verlangen, kann das Gericht dennoch aus dem Fehlen bestimmter Informationen in der Akte keine Konsequenzen ziehen, solange es nicht die in seiner Verfahrensordnung vorgesehenen Mittel ausgeschöpft hat, um deren Vorlage durch die betreffende Partei zu erwirken (vgl. Beschluss vom 8. Oktober 2013, Michail/Kommission, T‑597/11 P, Slg. ÖD, EU:T:2013:542, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung). 287 Da sich im vorliegenden Fall die Erklärung von Frau M. R. S. S. N. zu den Tatsachen, von denen sie Kenntnis erlangt haben soll, bereits in der Akte befindet, ist dem Antrag der Klägerin auf Zeugenvernehmung nicht stattzugeben. 288 Insoweit ist zu beachten, dass das Gericht, wie bereits oben in Rn. 283 ausgeführt, entschieden hat, dass dem Antrag eines klagenden Unternehmens auf Vernehmung von Zeugen nicht stattzugeben ist, wenn die Erklärungen, die es durch eine solche Zeugenaussage vor Gericht herbeiführen will, schon gegenüber der Kommission abgegeben worden waren, diese aber der Auffassung war, dass sie nicht durch schriftliche Beweisstücke gestützt würden und dass bestimmte Unterlagen in den Akten sogar gegen sie sprächen. 289 Im vorliegenden Fall hat, wie bereits oben in den Rn. 149 und 150 dargelegt, die Kommission angegeben, die betreffende Erklärung berücksichtigt und in Übereinstimmung mit den Grundsätzen auf dem Gebiet der Beweiswürdigung beurteilt zu haben. So hat die Kommission den Umstand berücksichtigt, dass diese Erklärung von einer Person abgegeben wurde, die ein unmittelbares Interesse an der Rechtssache haben könnte (122. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), und diese Erklärung gegen die anderen verfügbaren Beweise abgewogen (Erwägungsgründe 121, 124 und 308 des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission hat zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen, dass die Person, von der diese Erklärung stammte, sich tatsächlich so geäußert hat, wie es in dieser Erklärung festgehalten ist. 290 Unter diesen Umständen muss der Antrag, die Person, die diese Erklärung abgegeben hat, vor Gericht als Zeugin zu vernehmen, zurückgewiesen werden, weil die Angaben in den Akten ausreichen, um dem Gericht eine Entscheidung über die Telefonkonferenzen vom Oktober 2010 zu ermöglichen (vgl. in diesem Sinne Urteil ThyssenKrupp Liften Ascenseurs/Kommission, oben in Rn. 283 angeführt, EU:T:2011:364, Rn. 152 und 154; vgl. in diesem Sinne und entsprechend auch Urteil vom 7. Oktober 2004, Mag Instrument/HABM, C‑136/02 P, Slg, EU:C:2004:592, Rn. 77). 291 Diesem Ergebnis stehen die Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, wegen des Grundsatzes der Unmittelbarkeit habe die Vernehmung von Zeugen vor Gericht ein unbestreitbar größeres Gewicht als die Berücksichtigung schriftlich festgehaltener Erklärungen, nicht entgegen. Da der Inhalt der Erklärung nämlich nicht in Frage gestellt wird und es nur darum geht, sie im Verhältnis zur Gesamtheit der Beweise zu würdigen, kann die Feststellung, dass es der Vernehmung der Urheberin der fraglichen Äußerung durch das Gericht nicht bedarf, durch das Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht in Frage gestellt werden. 292 Nach alledem ist der Antrag auf Zeugenvernehmung zurückzuweisen. 293 Aus allen diesen Erwägungen folgt, dass das Vorbringen der Klägerin zu den Umsätzen, die für die Berechnung der Geldbuße herangezogen wurden, teilweise durchgreift, da die Kommission zur Festsetzung des für die Berechnung der Geldbuße heranzuziehenden Umsatzes der Klägerin deren Vorbringen hätte prüfen müssen, mit dem dargetan werden soll, dass es hinsichtlich bestimmter Dienstleistungen an einem potenziellen Wettbewerb zwischen Telefónica und PT gefehlt habe. Folglich ist Art. 2 des angefochtenen Beschlusses insoweit für nichtig zu erklären, als er den Betrag der Geldbuße auf der Grundlage des von der Kommission herangezogenen Umsatzes festsetzt; im Übrigen ist die Klage abzuweisen. Kosten 294 Nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, jede Partei ihre eigenen Kosten. Das Gericht kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint. 295 Da der Klage nur teilweise stattgegeben wurde, erscheint es bei angemessener Berücksichtigung der Umstände des Falles geboten, der Klägerin drei Viertel ihrer eigenen Kosten sowie ein Viertel der Kosten der Kommission aufzuerlegen. Die Kommission trägt drei Viertel ihrer eigenen Kosten und ein Viertel der Kosten der Klägerin. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1. Art. 2 des Beschlusses C (2013) 306 final der Kommission vom 23. Januar 2013 in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV (Sache COMP/39.839 – Telefónica/Portugal Telecom) wird, soweit darin der Betrag der gegen die Portugal Telecom SGPS, SA verhängten Geldbuße auf 12290000 Euro festgesetzt wird, insoweit für nichtig erklärt, als dieser Betrag aufgrund des von der Europäischen Kommission herangezogenen Umsatzes festgesetzt wurde. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Die Portugal Telecom SGPS trägt drei Viertel ihrer eigenen Kosten und ein Viertel der Kosten der Kommission. Die Kommission trägt drei Viertel ihrer eigenen Kosten und ein Viertel der Kosten von Portugal Telecom SGPS. Martins Ribeiro Gervasoni Madise Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 28. Juni 2016. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits A – Vorstellung von PT und Telefónica B – Verhandlungen und Vertragsunterzeichnung C – Nach dem Abschluss des Vertrags eingetretene Umstände D – Verfahren vor der Kommission Angefochtener Beschluss Verfahren und Anträge der Beteiligten Rechtliche Würdigung A – Zulässigkeit B – Begründetheit 1. Auf die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses gerichtete Anträge a) Klagegrund der Verletzung wesentlicher Formvorschriften b) Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 101 AEUV und das bei seiner Anwendung zu beachtende Recht Vorbemerkungen Das Vorbringen, die Klausel habe mit der Kaufoption oder dem Rücktritt der von Telefónica ernannten Verwaltungsratsmitglieder von PT im Zusammenhang gestanden Das Vorbringen, die Klausel habe eine Verpflichtung zur Selbstbewertung enthalten Das auf einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV wegen fehlender Untersuchung der Voraussetzungen für einen potenziellen Wettbewerb gestützte Vorbringen Das auf das Fehlen von Wirkungen gestützte Vorbringen 2. Anträge auf Herabsetzung der Geldbuße a) Vorbemerkungen Grundsätze der Berechnung der Geldbußen Angefochtener Beschluss b) Zur Berechnung der Geldbuße herangezogene Umsätze Begründung Begründetheit – Umsätze, die auf nicht dem Wettbewerb unterliegende Tätigkeiten entfielen – Auf bestehende Aktivitäten entfallende Umsätze – Auf Tätigkeiten außerhalb der Iberischen Halbinsel entfallende Umsätze c) Dauer der Zuwiderhandlung d) Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit 3. Antrag auf Zeugenvernehmung Kosten (*1) Verfahrenssprache: Portugiesisch.
Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 5. Oktober 2011.#Romana Tabacchi Srl gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb - Kartelle - Italienischer Markt für den Kauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak - Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird - Preisfestsetzung und Marktaufteilung - Beteiligung an der Zuwiderhandlung - Dauer der Zuwiderhandlung - Geldbußen - Mildernde Umstände - Obergrenze von 10 % des Umsatzes - Gleichbehandlung - Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung.#Rechtssache T-11/06.
62006TJ0011
ECLI:EU:T:2011:560
2011-10-05T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2011 II-06681
Rechtssache T‑11/06 Romana Tabacchi Srl gegen Europäische Kommission „Wettbewerb – Kartelle – Italienischer Markt für den Kauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Preisfestsetzung und Marktaufteilung – Beteiligung an der Zuwiderhandlung – Dauer der Zuwiderhandlung – Geldbußen – Mildernde Umstände – Obergrenze von 10 % des Umsatzes – Gleichbehandlung – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“ Leitsätze des Urteils 1.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Beurteilung – Pflicht zur Berücksichtigung der konkreten Auswirkungen auf den Markt – Fehlen – Vorrangige Rolle des Kriteriums der Art der Zuwiderhandlung (Art. 81 Abs. 1 Buchst. a und b EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A) 2.      Wettbewerb – Geldbußen – Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen – Rechtsnatur (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission) 3.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Besonders schwere Verstöße (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A) 4.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Auswirkungen einer wettbewerbswidrigen Praxis – Nicht ausschlaggebendes Kriterium (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A) 5.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Marktanteile des betroffenen Unternehmens (Art. 81 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A) 6.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Konkrete Auswirkungen auf den Markt – Beurteilungskriterien (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A) 7.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Festsetzung der Geldbuße entsprechend den bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigten Faktoren (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A) 8.      Wettbewerb – Geldbußen – Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden – Begründungspflicht – Umfang (Art. 253 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2 und 3) 9.      Verfahren – Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens – Voraussetzungen – Neues Vorbringen – Begriff (Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 48 § 2) 10.    Wettbewerb – Kartelle – Vereinbarungen zwischen Unternehmen – Beweislast der Kommission für die Zuwiderhandlung und ihre Dauer – Anwendbarkeit des Grundsatzes der Unschuldsvermutung (Art. 81 Abs. 1 EG; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 48 Abs. 1) 11.    Wettbewerb – Kartelle – Beweis – Grad an Genauigkeit, den die von der Kommission herangezogenen Beweise aufweisen müssen (Art. 81 Abs. 1 EG) 12.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Beurteilung – Berücksichtigung der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage zur Zeit der Begehung der Zuwiderhandlung (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 3; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A) 13.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Einteilung der betroffenen Unternehmen in Gruppen – Voraussetzungen – Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A) 14.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Bedrohungen und Belastungen eines Unternehmens – Ausschluss (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 3) 15.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Passive Rolle oder Mitläufertum des Unternehmens – Beurteilungskriterien (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 3, erster Gedankenstrich) 16.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Betroffene Unternehmen, die zu den kleinen und mittleren Unternehmen zählen – Keine Auswirkung (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A Abs. 5) 17.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Mildernde Umstände – Von den kartellinternen Vereinbarungen abweichendes Verhalten (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 3, zweiter Gedankenstrich) 18.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Mildernde Umstände – Beurteilung (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 3) 19.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Höchstbetrag – Berechnung – Unterscheidung zwischen dem Endbetrag und dem Zwischenbetrag der Geldbuße – Folgen (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission) 20.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Finanzlage des betreffenden Unternehmens – Berücksichtigung – Pflicht – Fehlen (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2) 21.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Ermessen der Kommission – Gerichtliche Nachprüfung – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung (Art. 229 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 31; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission) 22.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Abschreckender Charakter – Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Art. 81 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2) 1.      Art. 81 Abs. 1 Buchst. a und b EG erklärt Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die in der unmittelbaren oder mittelbaren Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen oder die in der Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung oder des Absatzes bestehen, ausdrücklich für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar. Solche Zuwiderhandlungen werden, insbesondere wenn es sich um horizontale Kartelle handelt, als „besonders schwerwiegend“ eingestuft, da sie einen unmittelbaren Eingriff in die wesentlichen Wettbewerbsparameter auf dem betreffenden Markt bedeuten, oder als offenkundige Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln. Die Schwere der Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht ist anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln, zu denen u. a. die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gibt, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten. Nach der in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, vorgesehenen Methode sind bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes seine Art und seine konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen. Jedoch haben diese drei Kriterien für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes im Rahmen der Gesamtprüfung nicht das gleiche Gewicht. Die Art der Zuwiderhandlung spielt, insbesondere wenn es darum geht, Zuwiderhandlungen als „besonders schwer“ einzustufen, eine vorrangige Rolle. Dagegen sind bei horizontalen Kartellen, die insbesondere auf die Festsetzung der Preise abzielen, weder konkrete Auswirkungen auf den Markt noch der Umfang des räumlichen Marktes für die Einstufung einer Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ erforderlich. Somit können derartige horizontale Kartelle allein aufgrund ihrer Art als „besonders schwere“ Verstöße angesehen werden, ohne dass die Kommission konkrete Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt nachweisen müsste. (vgl. Randnrn. 67, 69, 74, 76-78) 2.      Die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS‑Vertrag festgesetzt werden, sind ein Instrument, mit dem unter Beachtung höherrangigen Rechts die Kriterien präzisiert werden sollen, die die Kommission im Rahmen der Ausübung des ihr nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zustehenden Ermessens bei der Festsetzung von Geldbußen anzuwenden gedenkt. Die Leitlinien stellen zwar nicht die Rechtsgrundlage für eine Entscheidung dar, mit der Geldbußen verhängt werden – diese Entscheidung beruht auf der Verordnung Nr. 1/2003 –, sie enthalten jedoch eine allgemeine und abstrakte Regelung der Vorgehensweise, die sich die Kommission zur Festsetzung der in dieser Entscheidung verhängten Geldbußen auferlegt hat, und schaffen damit Rechtssicherheit für die Unternehmen. Auch wenn die Leitlinien somit nicht als Rechtsnorm qualifiziert werden können, die die Verwaltung auf jeden Fall zu beachten hat, stellen sie doch eine Verhaltensnorm dar, die einen Hinweis auf die zu befolgende Verwaltungspraxis enthält und von der die Verwaltung im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen abweichen kann. Die aus dem Erlass der Leitlinien resultierende Selbstbeschränkung des Ermessens der Kommission ist jedoch nicht unvereinbar mit dem Fortbestand eines erheblichen Ermessens der Kommission. Die Kommission ist nämlich dadurch, dass sie in den Leitlinien ihre Vorgehensweise bei der Beurteilung der Schwere eines Verstoßes präzisiert hat, nicht daran gehindert, die Schwere umfassend anhand aller relevanten Umstände des Einzelfalls einschließlich der Gesichtspunkte zu beurteilen, die in den Leitlinien nicht ausdrücklich erwähnt sind. (vgl. Randnrn. 71-73) 3.      Der in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS‑Vertrag festgesetzt werden, für besonders schwere Zuwiderhandlungen vorgesehene Ausgangsbetrag von mindestens 20 Mio. Euro bezieht sich auf das einzelne Unternehmen und nicht auf alle Unternehmen, die die Zuwiderhandlung begangen haben. (vgl. Randnr. 86) 4.      Was die konkreten Auswirkungen einer beschränkenden Verhaltensweise, die gegen die Wettbewerbsregeln verstößt, auf den Markt anbelangt, sind bei der Festsetzung der Höhe der für eine solche Zuwiderhandlung verhängten Geldbuße die Dauer und sämtliche Faktoren zu berücksichtigen, die für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung eine Rolle spielen könnten, wie z. B. das Verhalten jedes einzelnen Unternehmens, die Rolle, die jedes Unternehmen bei der Abstimmung der Verhaltensweisen gespielt hat, der Gewinn, den die Unternehmen aus diesen Verhaltensweisen ziehen konnten, ihre Größe und der Wert der betroffenen Waren sowie die Gefahr, die derartige Zuwiderhandlungen für die Ziele der Union bedeuten. Somit sind die Auswirkungen einer wettbewerbswidrigen Praxis als solche bei der Beurteilung der angemessenen Höhe der Geldbuße kein ausschlaggebendes Kriterium. Insbesondere können Gesichtspunkte, die die Intention eines Verhaltens betreffen, größere Bedeutung haben als jene, die dessen Wirkungen betreffen, vor allem, wenn es sich dem Wesen nach um schwere Zuwiderhandlungen wie eine Marktaufteilung handelt. (vgl. Randnr. 90) 5.      Selbst dann, wenn es an einem Nachweis für konkrete Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt fehlt, stellt der Anteil jedes der betreffenden Unternehmen an dem Markt, der Gegenstand einer beschränkenden Verhaltensweise war, ein objektives Kriterium dar, das zutreffend die Verantwortung jedes der Unternehmen an der Schädlichkeit dieser Verhaltensweise auf den normalen Wettbewerb angibt. Daher sind bei der Festsetzung der Geldbuße die Marktanteile eines Unternehmens für die Bestimmung des Einflusses, den das Unternehmen auf den Markt ausüben konnte, relevant. (vgl. Randnr. 97) 6.      Bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung ist entscheidend, ob die Kartellmitglieder alles in ihrer Macht Stehende taten, damit ihre Pläne konkrete Auswirkungen hatten. Da das, was dann auf der Ebene der tatsächlich erzielten Marktpreise geschah, durch andere, von den Kartellmitgliedern nicht kontrollierbare Faktoren beeinflusst werden konnte, können die Kartellmitglieder externe Faktoren – wie den Anstieg der Preise auf dem betreffenden Markt –, die ihre Bemühungen durchkreuzten, nicht zu ihren Gunsten anführen und zu Umständen umdeuten, die eine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertigen. (vgl. Randnrn. 99-100) 7.      Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürfen die Handlungen der Organe der Union nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und erforderlich ist. Im Rahmen der Verfahren, die von der Kommission eingeleitet werden, um Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln zu ahnden, setzt die Anwendung dieses Grundsatzes voraus, dass die Geldbußen nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen, d. h. zur Beachtung dieser Regeln, stehen dürfen und die einem Unternehmen wegen einer Zuwiderhandlung im Bereich des Wettbewerbs auferlegte Geldbuße so zu bemessen ist, dass sie bei einer Gesamtwürdigung der Zuwiderhandlung unter besonderer Berücksichtigung ihrer Schwere in angemessenem Verhältnis zu ihr steht. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt insbesondere, dass die Kommission die Geldbuße verhältnismäßig nach den Gesichtspunkten festsetzen muss, die sie für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt hat, und dass sie diese Faktoren dabei schlüssig und objektiv gerechtfertigt bewerten muss. Unter diesen Umständen verstößt die Kommission nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn sie den Ausgangsbetrag einer Geldbuße für den Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln auf 10 Mio. Euro festsetzt, da es sich bei dieser Zuwiderhandlung um eine besonders schwere und vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln handelt und dieser Betrag deutlich unter dem in den Leitlinien für ein solches Kartell vorgesehenen Mindestbetrag festgesetzt wurde. (vgl. Randnrn. 104-105, 107) 8.      Die Begründungspflicht im Rahmen der Festsetzung von Geldbußen wegen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht der Union ist dann erfüllt, wenn die Kommission in ihrer Entscheidung die Beurteilungsgesichtspunkte angibt, die es ihr ermöglicht haben, Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu ermitteln. Die Kommission ist zwar gemäß Art. 253 EG verpflichtet, in den Gründen ihrer Entscheidungen die sachlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung abhängt, sowie die Erwägungen anzugeben, die sie zu ihrem Erlass veranlasst haben; diese Bestimmung zwingt die Kommission jedoch nicht, auf alle sachlichen und rechtlichen Fragen einzugehen, die während des Verwaltungsverfahrens behandelt wurden. Hinsichtlich einer Entscheidung, mit der Geldbußen gegenüber mehreren Unternehmen verhängt werden, muss die Reichweite der Begründungspflicht u. a. im Licht der Tatsache beurteilt werden, dass die Schwere der Zuwiderhandlungen anhand zahlreicher Gesichtspunkte bestimmt werden muss, wie u. a. der besonderen Umstände der Rechtssache, ihres Zusammenhangs und des Abschreckungspotenzials der Geldbußen, ohne dass hiermit eine zwingende oder erschöpfende Liste der unbedingt zu berücksichtigenden Kriterien aufgestellt werden soll. (vgl. Randnrn. 109, 233) 9.      Nach Art. 48 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel, das eine Erweiterung eines bereits vorher – unmittelbar oder implizit – vorgetragenen Angriffs- oder Verteidigungsmittels darstellt und einen engen Zusammenhang mit diesem aufweist, ist jedoch zulässig. (vgl. Randnr. 124) 10.    Die Kommission muss nicht nur das Vorliegen eines gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstoßenden Kartells, sondern auch dessen Dauer beweisen. Insbesondere für den Nachweis eines Verstoßes gegen Art. 81 Abs. 1 EG hat die Kommission die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen zu beweisen und die Beweismittel beizubringen, durch die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend belegt wird. Hat das Gericht Zweifel, muss dies dem Unternehmen zugutekommen, an das sich die Entscheidung richtet, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird. Das Gericht kann daher nicht davon ausgehen, dass die Kommission das Vorliegen der betreffenden Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn bei ihm noch Zweifel in dieser Hinsicht bestehen; dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine Klage auf Nichtigerklärung und/oder Abänderung einer Entscheidung zur Verhängung einer Geldbuße handelt. In diesem Fall ist nämlich der Grundsatz der Unschuldsvermutung zu beachten, der zu den Grundrechten gehört, die in der Unionsrechtsordnung geschützt sind, und der in Art. 48 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist. Angesichts der Art der betreffenden Zuwiderhandlungen sowie der Art und der Schwere der ihretwegen verhängten Sanktionen ist der Grundsatz der Unschuldsvermutung insbesondere in Verfahren wegen Verstößen gegen die für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln anwendbar, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können). Somit ist es erforderlich, dass die Kommission aussagekräftige und übereinstimmende Beweise beibringt, um die feste Überzeugung zu begründen, dass die behauptete Zuwiderhandlung stattgefunden hat. Es muss nicht jeder der von der Kommission vorgelegten Beweise diesen Kriterien notwendig hinsichtlich jedes Merkmals der Zuwiderhandlung genügen. Es reicht aus, dass das von der Kommission angeführte Indizienbündel bei seiner Gesamtwürdigung dieser Anforderung genügt. (vgl. Randnrn. 129-130, 143) 11.    Es ist üblich, dass die mit wettbewerbswidrigen Vereinbarungen verbundenen Tätigkeiten im Geheimen ablaufen, die Zusammenkünfte heimlich stattfinden und die Unterlagen darüber auf ein Minimum reduziert werden. Selbst wenn die Kommission Schriftstücke findet, die, wie z. B. Protokolle über Zusammenkünfte, eine unzulässige Kontaktaufnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern ausdrücklich bestätigen, handelt es sich folglich normalerweise nur um lückenhafte und vereinzelte Belege, so dass es häufig erforderlich ist, bestimmte Einzelheiten durch Schlussfolgerungen zu rekonstruieren. In den meisten Fällen muss daher das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können. Außerdem muss die Kommission, soweit es an Beweismaterialien fehlt, mit denen die Dauer der Zuwiderhandlung direkt belegt werden kann, zumindest Beweismaterialien beibringen, die sich auf Fakten beziehen, die zeitlich so nahe beieinander liegen, dass sie vernünftigerweise den Schluss zulassen, dass die Zuwiderhandlung zwischen zwei konkreten Zeitpunkten ohne Unterbrechung erfolgt ist. Hierbei genügt es zum Nachweis der Teilnahme eines Unternehmens an einem Kartell, wenn die Kommission dartut, dass das betreffende Unternehmen an Treffen teilgenommen hat, bei denen wettbewerbswidrige Vereinbarungen getroffen wurden, ohne sich offen dagegen auszusprechen. Ist die Teilnahme an solchen Zusammenkünften erwiesen, obliegt es diesem Unternehmen, anhand von Indizien nachzuweisen, dass es an diesen Zusammenkünften ohne irgendwelche wettbewerbswidrigen Absichten teilgenommen hat, und zu beweisen, dass es seine Wettbewerber auf seine andere Zielsetzung hingewiesen hat. Diesem Rechtsgrundsatz liegt die Erwägung zugrunde, dass ein Unternehmen, das an dem genannten Treffen teilgenommen hat, ohne sich offen von dessen Inhalt zu distanzieren, den übrigen Teilnehmern den Eindruck vermittelt hat, dass es sich dem Ergebnis dieses Treffens anschließe und sich entsprechend verhalten werde. Dagegen begeht die Kommission einen Beurteilungsfehler, wenn sie auf die Beteiligung eines Unternehmens an einem gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstoßenden Kartell schließt, ohne dass es ausreichend Indizien dafür gibt. (vgl. Randnrn. 131-132, 158, 165-166) 12.    Hinsichtlich der Wahl des Referenzjahrs für die Ermittlung des jeweiligen Gewichts der Unternehmen im Bereich eines gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstoßenden Kartells sehen die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, zwar in Nr. 1 A Abs. 4 und 5 eine differenzierte Behandlung der Unternehmen nach ihrer wirtschaftlichen Bedeutung vor, geben jedoch nicht vor, nach welchem Jahr das jeweilige Gewicht der Unternehmen zu bestimmen ist. Dabei hat die Kommission eine Berechnungsmethode zu wählen, die es ihr ermöglicht, Größe und Wirtschaftskraft eines jeden betroffenen Unternehmens sowie das Ausmaß der begangenen Zuwiderhandlung anhand der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage zur Zeit der Begehung der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen. Zudem muss der zu berücksichtigende Zeitraum so abgegrenzt werden, dass die ermittelten Umsatzzahlen – und die Marktanteile – so weit wie möglich miteinander vergleichbar sind. Das Referenzjahr muss daher nicht unbedingt das letzte volle Jahr sein, in dem die Zuwiderhandlung angedauert hat. (vgl. Randnrn. 176-177) 13.    Die Methode, die Mitglieder eines Kartells im Hinblick auf eine differenzierte Behandlung im Stadium der Festsetzung der Ausgangsbeträge ihrer Geldbußen in Kategorien einzuteilen, obwohl die Größenunterschiede zwischen Unternehmen derselben Kategorie unberücksichtigt bleiben, führt zu einer Pauschalierung des für die Unternehmen derselben Kategorie festgesetzten Ausgangsbetrags. Bei einer solchen Einteilung in Kategorien muss allerdings der Grundsatz der Gleichbehandlung beachtet werden, wonach vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist. Im Übrigen muss die Höhe der Geldbußen zumindest in angemessenem Verhältnis zu den Faktoren stehen, die für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes eine Rolle gespielt haben. Bei der Prüfung, ob die Einteilung der Mitglieder eines Kartells in Kategorien mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit in Einklang steht, ist festzustellen, ob diese Einteilung schlüssig und objektiv gerechtfertigt ist. Wenn die Kommission die Marktanteile heranziehen kann, die ein Unternehmen, das Mitglied eines Kartells ist, während des letzten vollen Jahres der festgestellten Zuwiderhandlung innegehabt hat, um seine Größe und Wirtschaftskraft in einem bestimmten Markt und das Ausmaß der von ihm begangenen Zuwiderhandlung zu bewerten, muss sie jedenfalls darauf achten, dass die Marktanteile jedes der beteiligten Unternehmen die tatsächliche wirtschaftliche Lage zur Zeit der Begehung der Zuwiderhandlung angemessen wiedergeben. Nur wenn das letzte volle Jahr der Zuwiderhandlung, von dem die Kommission ausgeht, der Dauer der Beteiligung jedes dieser Unternehmen entspricht, können in der Regel bei Zuwiderhandlungen von langer Dauer, wie im vorliegenden Fall, die Marktanteile dieses Jahres in diesem Zusammenhang als angemessene Indikatoren dienen und können mit diesen so weit wie möglich vergleichbare Ergebnisse erzielt werden, vor allem für die Einteilung der beteiligten Unternehmen in Kategorien. (vgl. Randnrn. 180-182, 184, 186) 14.    Drohungen oder die Ausübung von Druck, um ein Unternehmen zur Teilnahme an einem Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht der Union zu bewegen, gehören nicht zu den in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, genannten mildernden Umständen. Druck, gleich welcher Größe, der von Unternehmen ausgeübt wird, um andere Unternehmen zur Teilnahme an einem Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht zu bewegen, befreit das betreffende Unternehmen nicht von seiner Haftung für die begangene Zuwiderhandlung, ändert nichts an der Schwere des Kartells und stellt keinen Milderungsgrund bei der Festsetzung der Beträge der Geldbußen dar, da das betroffene Unternehmen den möglicherweise auf es ausgeübten Druck bei den zuständigen Behörden hätte anzeigen und bei diesen eine Beschwerde einreichen können. Folglich ist die Kommission nicht verpflichtet, derartige Drohungen als mildernden Umstand zu berücksichtigen. (vgl. Randnrn. 211-213) 15.    Ein Anhaltspunkt für die bloß passive Mitwirkung eines Unternehmens an einem Kartell, die nach Nr. 3 erster Gedankenstrich der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, die Verringerung einer Geldbuße rechtfertigen kann, kann sein, dass es deutlich seltener als die anderen Kartellmitglieder an den Treffen teilnahm, dass es, unabhängig von der Dauer seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung, erst verspätet auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt aufgetreten ist oder dass es ausdrückliche Erklärungen in diesem Sinne seitens der Vertreter von Drittunternehmen gibt, die ebenfalls an der Zuwiderhandlung beteiligt waren. Außerdem impliziert die ausschließlich passive Mitwirkung eines Mitglieds eines Kartells, dass es sich „nicht hervorgetan“ hat, d. h., dass es nicht aktiv an der Ausarbeitung der wettbewerbswidrigen Absprachen teilgenommen hat. Dabei genügt nicht, dass sich das betreffende Unternehmen, selbst wenn dies erwiesen wäre, in bestimmten Zeiträumen des Kartells oder hinsichtlich bestimmter Absprachen des Kartells nicht hervorgetan hat. So sind die Einberufung von Sitzungen in anderen Zeiträumen, der Vorschlag einer Tagesordnung und die Verteilung von Unterlagen zur Vorbereitung der Sitzungen mit der passiven Rolle eines Mitläufers, der sich nicht hervortut, unvereinbar. Derartige Initiativen lassen eine positive und aktive Haltung des Unternehmens in der Schaffung, Fortführung und Überwachung des Kartells erkennen. Hat außerdem ein Unternehmen, auch ohne eine aktive Rolle zu spielen, an Treffen mit wettbewerbswidrigem Zweck teilgenommen, so ist davon auszugehen, dass es am Kartell beteiligt war, sofern es nicht beweist, dass es sich offen von der rechtswidrigen Abstimmung distanziert hat. Durch ihre Teilnahme an den Treffen hat das Unternehmen nämlich dem Inhalt der dort getroffenen wettbewerbswidrigen Vereinbarungen grundsätzlich zugestimmt oder bei den anderen Teilnehmern zumindest diesen Eindruck erweckt. (vgl. Randnrn. 217-218, 220, 223, 225) 16.    Nr. 1 A Abs. 5 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, erlaubt der Kommission eine Erhöhung der Geldbußen für Großunternehmen, schreibt ihr aber keine Ermäßigung der gegen kleinere Unternehmen festzusetzenden Geldbußen vor. Der Größe des Unternehmens wird nämlich durch die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 festgelegte Obergrenze und durch die Leitlinien Rechnung getragen. Abgesehen von diesen Erwägungen zur Größe gibt es keinen Grund, kleine und mittlere Unternehmen anders als andere Unternehmen zu behandeln. Die Tatsache, dass die Unternehmen von kleiner und mittlerer Größe sind, befreit sie nicht von ihrer Verpflichtung zur Einhaltung der Wettbewerbsvorschriften. Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verlangt im Übrigen nicht, dass in Fällen, in denen Geldbußen gegen mehrere Unternehmen festgesetzt werden, die an derselben Zuwiderhandlung beteiligt sind, die gegen ein kleines oder mittleres Unternehmen festgesetzte Geldbuße, als Prozentsatz vom Umsatz ausgedrückt, nicht höher sein darf als die gegen die größeren Unternehmen festgesetzten Geldbußen. Aus dieser Bestimmung ergibt sich nämlich, dass sowohl bei den kleinen oder mittleren Unternehmen als auch bei den größeren Unternehmen für die Festsetzung der Höhe der Geldbuße die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung berücksichtigt werden müssen. (vgl. Randnrn. 226, 228, 260) 17.    Die Kommission braucht das Vorliegen eines mildernden Umstands wegen tatsächlicher Nichtanwendung der Vereinbarungen über Verstöße nach Nr. 3 zweiter Gedankenstrich der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, nur anzuerkennen, wenn das Unternehmen, das die Nichtumsetzung des Kartells geltend macht, nachweisen kann, dass es sich der Umsetzung des Kartells so eindeutig und nachdrücklich widersetzte, dass dadurch sogar dessen Funktionieren gestört wurde, und dass es der Vereinbarung auch nicht scheinbar zustimmte und dadurch andere Unternehmen zur Umsetzung des fraglichen Kartells veranlasste. Unternehmen könnten nämlich das Risiko, eine beträchtliche Geldbuße zahlen zu müssen, zu leicht minimieren, wenn sie zunächst von einem rechtswidrigen Kartell profitieren und anschließend eine Herabsetzung der Geldbuße mit der Begründung beanspruchen könnten, dass sie bei der Durchführung der Zuwiderhandlung nur eine begrenzte Rolle gespielt hätten, obgleich ihre Haltung andere Unternehmen dazu veranlasste, sich in stärkerem Maß wettbewerbsschädigend zu verhalten. (vgl. Randnrn. 240-241) 18.    Die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, schreiben nicht vor, dass die Kommission jeden der in Nr. 3 dieser Leitlinien aufgeführten mildernden Umstände immer gesondert berücksichtigen muss. Sie ist daher nicht verpflichtet, automatisch eine zusätzliche Herabsetzung zu gewähren, weil die Frage, ob eine Herabsetzung der Geldbuße wegen mildernder Umstände angemessen ist, unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände im Wege einer Gesamtwürdigung zu beurteilen ist. (vgl. Randnr. 242) 19.    Die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Obergrenze von 10 % des Gesamtumsatzes dient einem gegenüber dem Zweck der Kriterien der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung gesonderten und eigenständigen Zweck, und zwar soll sie die Verhängung von Geldbußen verhindern, die die Unternehmen aufgrund ihrer Größe, wie sie, wenn auch nur annähernd und unvollständig, anhand ihres Gesamtumsatzes ermittelt wird, voraussichtlich nicht werden zahlen können. Diese vom Gesetzgeber festgelegte Grenze gilt daher einheitlich für alle Unternehmen und hängt von deren jeweiliger Größe ab, wobei sie überhöhte und unverhältnismäßige Geldbußen verhindern soll. Die einzig mögliche Folge einer solchen Grenze ist, dass die anhand der Kriterien der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung berechnete Geldbuße auf den zulässigen Höchstbetrag gesenkt wird, wenn sie diesen überschreitet. Ihre Anwendung führt dazu, dass das betreffende Unternehmen nicht die gesamte Geldbuße zahlt, die an sich bei einer auf diese Kriterien gestützten Beurteilung verhängt werden müsste. Im Übrigen verbietet es Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 der Kommission nicht, bei ihrer Berechnung einen Zwischenbetrag heranzuziehen, der diese Grenze übersteigt, sofern die letztlich festgesetzte Geldbuße nicht darüber liegt. Hieraus folgt, dass die Kommission in keinem Stadium der Anwendung der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, verpflichtet ist, sicherzustellen, dass die festgesetzten Zwischenbeträge der Geldbußen jeden Unterschied zwischen den Gesamtumsätzen der betreffenden Unternehmen abbilden. Die Kommission ist außerdem auch nicht verpflichtet, dafür zu sorgen, dass in den von ihr errechneten Endbeträgen der Geldbußen der betreffenden Unternehmen alle Unterschiede zwischen diesen in Bezug auf deren Umsatz zum Ausdruck kommen. (vgl. Randnrn. 257, 259) 20.    Die Kommission ist nicht verpflichtet, bei der Bemessung der Geldbuße die schlechte Finanzlage eines betroffenen Unternehmens zu berücksichtigen, da die Anerkennung einer solchen Verpflichtung darauf hinauslaufen würde, den am wenigsten den Marktbedingungen angepassten Unternehmen einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. (vgl. Randnr. 258) 21.    Die nach Art. 229 EG dem Gericht durch Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 erteilte Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ermächtigt dieses, über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Sanktion hinaus, die nur die Zurückweisung der Nichtigkeitsklage oder die Nichtigerklärung des angefochtenen Rechtsakts ermöglicht, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß den angefochtenen Rechtsakt, auch ohne ihn für nichtig zu erklären, unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände abzuändern und insbesondere die verhängte Geldbuße anders festzusetzen, wenn ihm die Frage nach deren Höhe zur Beurteilung vorgelegt worden ist. Die Festsetzung einer Geldbuße durch das Gericht ist dem Wesen nach kein streng mathematischer Vorgang. Im Übrigen ist das Gericht weder an die Berechnungen der Kommission noch an deren Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, gebunden, wenn es aufgrund seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung entscheidet, sondern es hat unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine eigene Beurteilung vorzunehmen. (vgl. Randnrn. 265-266) 22.    Mit Geldbußen wegen Verstößen gegen Art. 81 EG, wie sie in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehen sind, sollen rechtswidrige Handlungen der betreffenden Unternehmen geahndet und diese Unternehmen und andere Wirtschaftsteilnehmer vor künftigen Verletzungen der Wettbewerbsregeln des Unionsrechts abgeschreckt werden. Die Berücksichtigung der Größe und der Gesamtressourcen des betreffenden Unternehmens, um eine hinreichend abschreckende Wirkung der Geldbuße zu gewährleisten, findet ihren Grund in der angestrebten Wirkung auf dieses Unternehmen, da die Sanktion insbesondere im Hinblick auf dessen Wirtschaftskraft nicht unerheblich sein darf. Außerdem dürfen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Handlungen der Organe nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Vorschrift zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die verursachten Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen. Die Geldbußen dürfen folglich nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen, d. h. der Beachtung der Wettbewerbsregeln, stehen, und die einem Unternehmen wegen einer Zuwiderhandlung im Bereich des Wettbewerbs auferlegte Geldbuße ist so zu bemessen, dass sie bei einer Gesamtwürdigung der Zuwiderhandlung unter besonderer Berücksichtigung ihrer Schwere in angemessenem Verhältnis zu ihr steht. (vgl. Randnrn. 279-280) URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer) 5. Oktober 2011(*) „Wettbewerb – Kartelle – Italienischer Markt für den Kauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Preisfestsetzung und Marktaufteilung – Beteiligung an der Zuwiderhandlung – Dauer der Zuwiderhandlung – Geldbußen – Mildernde Umstände – Obergrenze von 10 % des Umsatzes – Gleichbehandlung – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“ In der Rechtssache T‑11/06 Romana Tabacchi Srl, vormals Romana Tabacchi SpA, mit Sitz in Rom (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Siragusa und G. C. Rizza, Klägerin, gegen Europäische Kommission, zunächst vertreten durch É. Gippini Fournier und F. Amato, dann durch É. Gippini Fournier und V. Di Bucci und schließlich durch É. Gippini Fournier und L. Malferrari als Bevollmächtigte, Beklagte, wegen teilweiser Nichtigerklärung der Entscheidung K(2005) 4012 endg. der Kommission vom 20. Oktober 2005 in einem Verfahren nach Art. 81 Abs. 1 [EG] (Sache COMP/C.38.281/B.2 – Rohtabak – Italien) und Herabsetzung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße erlässt DAS GERICHT (Dritte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi, der Richterin E. Cremona (Berichterstatterin) und des Richters S. Frimodt Nielsen, Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. Dezember 2010 folgendes Urteil Vorgeschichte des Rechtsstreits 1        Die Klägerin, die Romana Tabacchi Srl, ist eine italienische Gesellschaft, die sich derzeit in Liquidation befindet und deren Haupttätigkeit in der Erstverarbeitung von Rohtabak besteht. Zum Zeitpunkt des Sachverhalts, der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, waren die Eheleute B. die einzigen Anteilseigner der Klägerin, die zusammen sämtliche Anteile hielten und bis zum heutigen Tag halten. 1.     Verwaltungsverfahren 2        Am 15. Januar 2002 richtete die Kommission der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 11 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Art. [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), den italienischen Markt für Rohtabak betreffende Auskunftsverlangen an die Berufsverbände der italienischen Tabakverarbeiter und ‑erzeuger, nämlich die Associazione professionale trasformatori tabacchi italiani (APTI, Berufsverband der italienischen Tabakverarbeitungsunternehmen) und die Unione italiana tabacco (Unitab, Verband der Rohtabakhersteller). 3        Am 19. Februar 2002 ging bei der Kommission ein Antrag der Deltafina SpA, einem APTI angehörenden italienischen Verarbeitungsunternehmen, auf Erlass der Geldbuße in Anwendung der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit) ein. Am 6. März 2002 gewährte die Kommission Deltafina einen bedingten Erlass der Geldbuße gemäß Randnr. 15 dieser Mitteilung. 4        Am 4. April 2002 gingen bei der Kommission ein Antrag der Dimon Italia Srl (eine Tochtergesellschaft der Dimon Inc., jetzt in Mindo Srl umbenannt) auf Erlass der Geldbuße gemäß Randnr. 8 der Mitteilung über Zusammenarbeit und, hilfsweise, ein Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße gemäß den Randnrn. 20 bis 27 dieser Mitteilung sowie ein Antrag der Transcatab SpA (eine Tochtergesellschaft der Standard Commercial Corp., im Folgenden: SCC) auf Herabsetzung der Geldbuße aufgrund dieser Regelung ein. 5        Am 18. und 19. April 2002 nahm die Kommission Nachprüfungen gemäß Art. 14 der Verordnung Nr. 17 in den Geschäftsräumen von Dimon Italia und Transcatab sowie in den Geschäftsräumen der Trestina Azienda Tabacchi SpA und der Klägerin vor. 6        Am 8. Oktober 2002 setzte die Kommission Dimon Italia und Transcatab von ihrem Beschluss in Kenntnis, ihnen – als erstes bzw. zweites Unternehmen, das Beweismittel für die Zuwiderhandlung im Sinne der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 vorgelegt hatte – am Ende des Verwaltungsverfahrens eine Ermäßigung der Geldbuße zu gewähren, die andernfalls aufgrund der gegebenenfalls festgestellten Zuwiderhandlungen jeweils gegen sie verhängt worden wäre. 7        Am 25. Februar 2004 nahm die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an, die an zehn Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, darunter Deltafina, Dimon Italia, Transcatab und die Klägerin (im Folgenden: Verarbeitungsunternehmen), sowie teilweise an deren Muttergesellschaften, darunter Universal Corp., Dimon und SCC, gerichtet war. Die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte hatten Zugang zur Verwaltungsakte, von der ihnen eine Kopie auf CD-ROM von der Kommission übermittelt wurde, und sie erwiderten auf die von dieser erhobenen Beschwerdepunkte mit schriftlichen Erklärungen. Daraufhin fand am 22. Juni 2004 eine Anhörung statt. 8        Nachdem am 21. Dezember 2004 ein Nachtrag zur Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 25. Februar 2004 angenommen wurde, erfolgte am 1. März 2005 eine zweite Anhörung. 9        Nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen und in Kenntnis des Abschlussberichts des Anhörungsbeauftragten erließ die Kommission am 20. Oktober 2005 die Entscheidung K(2005) 4012 endg. in einem Verfahren nach Art. 81 Abs. 1 [EG] (Sache COMP/C.38.281/B.2 − Rohtabak – Italien) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), von der eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 13. Februar 2006 (ABl. L 353, S. 45) veröffentlicht wurde. 2.     Angefochtene Entscheidung 10      Die angefochtene Entscheidung betrifft erstens ein horizontales Kartell, das die Verarbeitungsunternehmen auf dem italienischen Markt für Rohtabak gebildet hatten (erster Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 11      Die Kommission stellte in der angefochtenen Entscheidung fest, dass die Verarbeitungsunternehmen im Rahmen dieses Kartells in der Zeit von 1995 bis Anfang 2002 die Handelsbedingungen beim Einkauf von Rohtabak in Italien in Bezug auf Direktankäufe bei den Erzeugern und Ankäufe bei „Drittpackern“, insbesondere durch die Festsetzung der Preise und die Aufteilung des Marktes, festgelegt hätten (erster Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 12      Die angefochtene Entscheidung betrifft zweitens zwei weitere, von dem durch die Verarbeitungsunternehmen errichteten Kartell getrennte Zuwiderhandlungen, die zwischen Anfang 1999 und Ende 2001 begangen wurden und bei denen es im einen Fall um die Festsetzung der Vertragspreise durch APTI ging, die der Verband im Namen seiner Mitglieder beim Abschluss von Branchenvereinbarungen mit Unitab aushandelte, und im anderen Fall um die Festsetzung der Preise, die Unitab im Namen ihrer Mitglieder mit APTI im Hinblick auf diese Vereinbarungen aushandelte. 13      In der angefochtenen Entscheidung vertrat die Kommission die Ansicht, dass die Praktiken der Verarbeitungsunternehmen eine einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG seien (vgl. insbesondere Erwägungsgründe 264 bis 269 der angefochtenen Entscheidung). 14      In Art. 1 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung machte die Kommission die Verarbeitungsunternehmen sowie Universal, die Muttergesellschaft von Deltafina, und Alliance One International, Inc. (im Folgenden: Alliance One) als aus dem Zusammenschluss von Dimon und SCC hervorgegangene Gesellschaft für das Kartell verantwortlich. In Art. 1 Abs. 2 der angefochtenen Entscheidung stellte sie darüber hinaus fest, dass APTI und Unitab dadurch gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstoßen hätten, dass sie Beschlüsse zur Festsetzung der Vertragspreise gefasst hätten, die von ihnen im Namen ihrer Mitglieder beim Abschluss von Branchenvereinbarungen ausgehandelt worden seien. 15      In Art. 2 der angefochtenen Entscheidung setzte die Kommission Geldbußen gegen die oben in Randnr. 14 angeführten Unternehmen sowie gegen APTI und Unitab fest (siehe nachstehend, Randnr. 42). 16      In den Erwägungsgründen 356 bis 404 der angefochtenen Entscheidung bestimmte die Kommission, welche Geldbußen den Adressaten dieser Entscheidung aufzuerlegen seien. 17      Die Höhe der Geldbußen bestimmte die Kommission anhand der Schwere und der Dauer der in Rede stehenden Zuwiderhandlungen, also der beiden Kriterien, die in Art. 23 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) sowie in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 ausdrücklich genannt sind (Erwägungsgründe 356 f. der angefochtenen Entscheidung). Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbußen Schwere 18      Hinsichtlich der Schwere der betreffenden Zuwiderhandlung stellte die Kommission fest, dass sie bei deren Ermittlung die Art der Zuwiderhandlung, ihre tatsächlichen Auswirkungen auf den Markt, sofern messbar, und den räumlichen Umfang des betreffenden Marktes zu berücksichtigen habe (365. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 19      Die Kommission gab sodann an, dass die Produktion von Rohtabak in Italien 38 % der in der Europäischen Union im Rahmen der Quoten erzeugten Produktion ausmache, was einem Gesamtwert von 67,338 Mio. Euro im Jahr 2001, dem letzten vollen Jahr der Zuwiderhandlung, entspreche (366. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 20      Hinsichtlich der Art der Zuwiderhandlung stellte die Kommission fest, dass diese als besonders schwer einzustufen gewesen sei, da sie die Festsetzung von Ankaufspreisen von Rohtabaksorten in Italien und die Aufteilung der gekauften Mengen betroffen habe. Unter Bezugnahme auf die ebenfalls in der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Prüfung der Einschränkung des Wettbewerbs (Erwägungsgründe 272 ff.) stellte die Kommission fest, dass Einkaufskartelle die Produktionsbereitschaft der Erzeuger beeinträchtigen und den Wettbewerb zwischen den Verarbeitungsunternehmen der nachgelagerten Märkte einschränken könnten. Dies gelte insbesondere für diesen Fall, in dem das Produkt (hier: Rohtabak), das Gegenstand des Kartells sei, ein wichtiges „Einsatzmittel“ für die Aktivitäten der nachgelagerten Marktteilnehmer sei (hier: die Erstverarbeitung und der Verkauf des verarbeiteten Tabaks) (Erwägungsgründe 367 f. der angefochtenen Entscheidung). 21      Auf der Grundlage dieser Überlegungen kam die Kommission im 369. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu dem Schluss, dass die Zuwiderhandlung der Verarbeitungsunternehmen als besonders schwer einzustufen sei. Differenzierte Behandlung 22      In den Erwägungsgründen 370 bis 376 der angefochtenen Entscheidung prüfte die Kommission die Frage der „individuellen Gewichtung“ und der „Abschreckung“. Hierzu führte sie aus, dass bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße „die jeweilige Gewichtung aller betreffenden Unternehmen sowie die etwaigen Auswirkungen ihres unerlaubten Handelns“ berücksichtigt werden müssten (370. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 23      Die Kommission war daher der Ansicht, dass die Höhe der Geldbußen gemäß der Marktstellung der einzelnen Parteien festgesetzt werden sollte (371. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 24      Für Deltafina müsse der Ausgangsbetrag der Geldbuße am höchsten sein, denn sie habe sich mit einem Marktanteil von etwa 25 % im Jahr 2001 als der größte Aufkäufer erwiesen (372. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 25      In Anbetracht dessen, dass der Marktanteil von Transcatab, Dimon Italia und Romana Tabacchi am fraglichen Markt mit ca. 9 % bis 11 % im Jahr 2001 geringer gewesen sei, war die Kommission der Ansicht, dass sie „zusammengefasst werden können“ und für sie niedrigere Ausgangsbeträge der Geldbuße festzusetzen seien (373. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 26      Die Kommission war jedoch der Auffassung, dass ein Ausgangsbetrag, der allein der Marktstellung entspreche, gegenüber Deltafina, Dimon Italia (Mindo) und Transcatab nicht genügend abschreckend wirken würde, da diese Unternehmen, trotz ihrer relativ geringen Umsätze, multinationalen Gruppen von erheblicher wirtschaftlicher und finanzieller Stärke angehörten bzw., im Fall von Mindo, angehört hätten, in der die weltweit größten Tabakhändler vereinigt seien und die auf den verschiedenen Geschäftsebenen der Tabakindustrie und in verschiedenen räumlichen Märkten tätig seien (374. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 27      Um der Geldbuße eine abschreckende Wirkung zu verleihen, hielt die Kommission daher die Anwendung eines Multiplikators von 1,5 – d. h. eine Erhöhung um 50 % – für den Ausgangsbetrag von Deltafina und eines Multiplikators von 1,25 – d. h. eine Erhöhung um 25 % – für den Ausgangsbetrag von Dimon Italia (Mindo) und Transcatab für erforderlich (375. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 28      Somit setzte die Kommission im 376. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung folgende Ausgangsbeträge der Geldbußen fest: –        Deltafina:       37,5 Mio. Euro; –        Transcatab:       12,5 Mio. Euro; –        Dimon Italia (Mindo):       12,5 Mio. Euro; –        Romana Tabacchi: 10 Mio. Euro. Festsetzung des Grundbetrags der Geldbußen 29      In den Erwägungsgründen 377 f. der angefochtenen Entscheidung prüfte die Kommission die Frage der Dauer der Zuwiderhandlung. 30      Die Kommission war der Ansicht, dass das von den Verarbeitungsunternehmen gebildete Kartell am 29. September 1995 begonnen und, nach den Angaben der Verarbeitungsunternehmen, am 19. Februar 2002 beendet worden sei. Hinsichtlich der Klägerin führte die Kommission aus, diese sei im Oktober 1997 dem Kartell beigetreten, vom 5. November 1999 bis zum 29. Mai 2001 habe sie ihre Teilnahme am Kartell ausgesetzt und vom 29. Mai 2001 bis zum 19. Februar 2002 sei sie dem Kartell wieder beigetreten. Da ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung nur zwei Jahre und acht Monate gedauert habe, war der Ausgangsbetrag ihrer Geldbuße nach Ansicht der Kommission nur um 25 % zu erhöhen, während die Ausgangsbeträge der gegen die anderen Verarbeitungsunternehmen verhängten Geldbußen um 60 % erhöht wurden. 31      Für die Adressaten der angefochtenen Entscheidung wurden somit folgende Ausgangsbeträge der Geldbußen festgesetzt: –        Deltafina:       60 Mio. Euro; –        Transcatab:          20 Mio. Euro; –        Dimon Italia (Mindo):       20 Mio. Euro; –        Romana Tabacchi:       12,5 Mio. Euro. Mildernde Umstände 32      In den Erwägungsgründen 380 bis 398 der angefochtenen Entscheidung prüfte die Kommission, ob mildernde Umstände zu berücksichtigen seien. 33      Hinsichtlich der Klägerin stellte die Kommission im 380. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest, dass diese „in Bezug auf die Direktankäufe bei den Herstellern nicht einbezogen war, weil [sie] erst im Jahr 2000 begann, kleine Tabakmengen direkt anzukaufen“. Außerdem sei die Marktstellung der Klägerin im Jahr 1997, als sie dem Kartell beigetreten sei, schwach gewesen. Darüber hinaus habe die Klägerin „durch [ihr] Verhalten häufig die Zielsetzungen des Kartells behindert, was so weit [gegangen sei], dass die anderen Teilnehmer gemeinsam über Reaktionen auf das Verhalten [der Klägerin beraten hätten]“. 34      Aufgrund dieser Umstände beschloss die Kommission, den Grundbetrag der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße um 30 % zu reduzieren. 35      Was Dimon Italia und Transcatab anbelangt, wies die Kommission deren Vorbringen für die Anwendung mildernder Umstände in vollem Umfang zurück (Erwägungsgründe 381 bis 384 der angefochtenen Entscheidung). 36      Die Kommission berücksichtigte schließlich die besondere Situation von Deltafina und stellte fest, dass ihre Geldbuße wegen ihrer Mitwirkung um 50 % ermäßigt werden könne (Erwägungsgründe 385 bis 398 der angefochtenen Entscheidung). 37      Unter Berücksichtigung der mildernden Umstände setzte die Kommission die Geldbußen wie folgt fest (399. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung): –        Deltafina:        30 Mio. Euro; –        Dimon Italia (Mindo):       20 Mio. Euro; –        Transcatab:        20 Mio. Euro; –        Romana Tabacchi: 8,75 Mio. Euro. Obergrenze der Geldbuße nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 38      In den Erwägungsgründen 400 bis 404 der angefochtenen Entscheidung prüfte die Kommission, ob die für die einzelnen Adressaten so berechneten Grundbeträge anzupassen seien, damit sie die Grenze von 10 % des Umsatzes nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 nicht übersteigen. 39      Sie war daher der Ansicht, dass die Geldbuße der Klägerin 2,05 Mio. Euro nicht übersteigen dürfe und dass bei den übrigen Geldbußen eine Ermäßigung der Geldbuße aufgrund dieser Bestimmung nicht erforderlich sei (Erwägungsgründe 402 f. der angefochtenen Entscheidung). Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit 40      In den Erwägungsgründen 405 bis 500 der angefochtenen Entscheidung äußerte sich die Kommission zur Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit. 41      Nachdem die Kommission festgestellt hatte, dass Dimon Italia und Transcatab die ihnen im Hinblick auf ihren Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße auferlegten Bedingungen erfüllt hätten, folgerte sie aus der Würdigung der vorgelegten Beweismittel und ihrer Zusammenarbeit während des Verfahrens, dass ihnen die höchste Ermäßigungsstufe innerhalb der Prozentbereiche zuzuerkennen sei, die ihnen nach ihrem Antrag auf Ermäßigung mitgeteilt worden seien, d. h. 50 % bzw. 30 % (Erwägungsgründe 492 bis 499 der angefochtenen Entscheidung). Deltafina hingegen wurde weder ein Erlass noch eine Herabsetzung der Geldbuße gewährt. Endbetrag der Geldbußen 42      In Art. 2 der angefochtenen Entscheidung setzte die Kommission die Beträge der Geldbußen, die den Unternehmen und Unternehmensvereinigungen aufzuerlegen waren, die Adressaten der angefochtenen Entscheidung waren, gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 wie folgt fest: –        Deltafina und Universal gesamtschuldnerisch haftend: 30 Mio. Euro; –        Dimon Italia (Mindo) und Alliance One: 10 Mio. Euro, wobei Alliance One für den gesamten Betrag und Mindo lediglich gesamtschuldnerisch für 3,99 Mio. Euro haftete; –        Transcatab und Alliance One, gesamtschuldnerisch haftend: 14 Mio. Euro; –        Romana Tabacchi: 2,05 Mio. Euro; –        APTI: 1 000 Euro; –        Unitab: 1 000 Euro. Verfahren und Anträge der Parteien 43      Mit Klageschrift, die am 19. Januar 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 44      Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist (Rechtssache T‑11/06 R), hat die Klägerin gemäß Art. 242 EG und Art. 104 der Verfahrensordnung des Gerichts einen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung und auf Befreiung der Klägerin von der Obliegenheit gestellt, für die Zahlung der Geldbuße als Bedingung dafür, dass diese nicht sofort beigetrieben werde, eine Bankbürgschaft stellen zu müssen. 45      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 13. Juli 2006, Romana Tabacchi/Kommission (T‑11/06 R, Slg. 2006, II‑2491), wurde die Obliegenheit der Klägerin, zugunsten der Kommission eine Bankbürgschaft zu stellen, um die sofortige Beitreibung der gegen sie nach Art. 2 der angefochtenen Entscheidung verhängten Geldbuße zu vermeiden, unter bestimmten Bedingungen ausgesetzt, und die Kostenentscheidung blieb vorbehalten. 46      Auf Bericht der Berichterstatterin hat das Gericht (Dritte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und es hat im Rahmen der in Art. 64 seiner Verfahrensordnung vorgesehenen prozessleitenden Maßnahmen die Parteien zur Vorlage von Schriftstücken aufgefordert. Die Verfahrensbeteiligten sind dieser Aufforderung fristgerecht nachgekommen. 47      Die Parteien haben in der öffentlichen Sitzung vom 1. Dezember 2010 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 48      Mit Schreiben vom 7. und 10. Dezember 2010 haben die Klägerin und die Kommission jeweils auf eine vom Gericht in der mündlichen Verhandlung getroffene prozessleitende Maßnahme geantwortet und Schriftstücke vorgelegt. 49      Am 19. Januar 2011 hat die Kommission auf Ersuchen des Gerichts weitere Schriftstücke vorgelegt. 50      Am 8. Februar 2011 hat die Klägerin zu diesen Schriftstücken Stellung genommen. 51      Die Klägerin beantragt, –        die angefochtene Entscheidung, soweit sie die Berechnung der gegen sie verhängten Geldbuße betrifft, teilweise für nichtig zu erklären; –        die gegen sie verhängte Geldbuße erheblich herabzusetzen; –        alle sonstigen Maßnahmen, einschließlich Beweiserhebungsmaßnahmen, zu erlassen, die dem Gericht angemessen erscheinen; –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 52      Die Kommission beantragt, –        die Klage abzuweisen; –        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Rechtliche Würdigung 53      Die Klägerin stützt ihre Klage auf fünf Gründe. Mit dem ersten Klagegrund wird eine fehlerhafte Ermittlung, eine fehlerhafte bzw. nicht folgerichtige Begründung sowie ein Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit geltend gemacht, da die Kommission bei der Berechnung des Ausgangsbetrags der Geldbuße nicht berücksichtigt habe, dass das Kartell keine konkreten Auswirkungen auf den Markt gehabt habe. Mit dem zweiten Klagegrund wird eine nicht folgerichtige Begründung und ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung bei der Abstufung des Ausgangsbetrags der Geldbuße gerügt, da die Geldbuße dem spezifischen Gewicht der Klägerin hätte angepasst werden müssen. Mit dem dritten Klagegrund wird eine fehlerhafte Begründung und Ermittlung sowie ein Verstoß gegen die Beweislast bei der Feststellung der Dauer der Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung geltend gemacht. Mit dem vierten Klagegrund wird eine angesichts der „störenden“ Rolle der Klägerin unzureichende Ermäßigung der Geldbuße und die Nichtberücksichtigung weiterer mildernder Umstände geltend gemacht. Mit dem fünften Klagegrund wird geltend gemacht, dass die Geldbuße angesichts der Vermögensstruktur und der tatsächlichen Steuerkraft der Klägerin in einem gegebenen sozialen Umfeld unbillig und unverhältnismäßig sei. 54      Das Gericht wird zunächst den ersten Klagegrund, sodann den dritten Klagegrund und schließlich den zweiten, den vierten und den fünften Klagegrund prüfen. 1.     Zum Antrag auf Zeugenbeweis 55      Was die Beurteilung der Erklärungen betrifft, die die Klägerin der Klageschrift als Beweismittel beigefügt hat, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Verfahrensordnung es den Parteien nicht verbietet, solche Erklärungen vorzulegen. Ihre Beurteilung ist jedoch Sache des Gerichts, das, wenn die darin beschriebenen Tatsachen für die Entscheidung des Rechtsstreits wichtig sind, zur Beweiserhebung die Vernehmung des Verfassers eines solchen Dokuments als Zeugen anordnen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2007, BASF und UCB/Kommission, T‑101/05 und T‑111/05, Slg. 2007, II‑4949, Randnr. 97). Im vorliegenden Fall ist das Gericht angesichts der Schriftsätze der Parteien, der zu den Akten genommenen Unterlagen und der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung seiner Auffassung nach hinreichend unterrichtet, um über den vorliegenden Rechtsstreit entscheiden zu können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission, T‑120/04, Slg. 2006, II‑4441, Randnr. 80). 56      Der von der Klägerin gestellte Antrag auf Beweiserhebung wird daher zurückgewiesen. 2.     Zum ersten Klagegrund: Fehlerhafte Ermittlung, fehlerhafte bzw. nicht folgerichtige Begründung sowie Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit, da die Kommission das Fehlen konkreter Auswirkungen auf den Markt nicht berücksichtigt habe Vorbringen der Parteien 57      Mit dem ersten Klagegrund macht die Klägerin zunächst geltend, dass die Kommission bei der Berechnung des Ausgangsbetrags der gegen sie verhängten Geldbuße das „Fehlen konkreter Auswirkungen [des Kartells] auf den Markt“ hätte berücksichtigen müssen. Insbesondere habe die Kommission zum einen aus den in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellungen (Erwägungsgründe 97 f. der angefochtenen Entscheidung), denen zufolge die an die Erzeuger von Rohtabak gezahlten Preise in Italien deutlich stärker gestiegen seien als im europäischen Durchschnitt, und zum anderen aus der Tatsache, dass die Mitglieder des Kartells, die nur 55 % des Marktes ausgemacht hätten, zwangsläufig einem starken Konkurrenzdruck seitens der Verarbeitungsunternehmen ausgesetzt gewesen seien, die sich der Vereinbarung nicht angeschlossen hätten, keine Konsequenzen gezogen. 58      Nach Ansicht der Klägerin ist die Kommission bei der Berechnung der Geldbuße entsprechend ihrer von der Rechtsprechung gebilligten Entscheidungspraxis verpflichtet, Kartelle mit erheblichen tatsächlichen Auswirkungen auf den Markt von solchen ohne oder mit geringen Auswirkungen zu unterscheiden. Die Kommission treffe daher eine „positive Verpflichtung“, die tatsächlichen Auswirkungen des Kartells auf den Markt zu messen, wenn sie für die Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße dessen Schwere ermittle. Die Verpflichtung zur Berücksichtigung der „konkreten Auswirkungen [eines Verstoßes] auf den Markt, sofern diese messbar sind“, ergebe sich ausdrücklich aus dem Wortlaut der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Art. 65 Abs. 5 [KS] festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), von denen die Kommission nicht abweichen könne. 59      Insbesondere müsse die Kommission, um die konkreten Auswirkungen einer Zuwiderhandlung auf den Markt zu beurteilen, auf den Wettbewerb abstellen, den es normalerweise ohne die Zuwiderhandlung gegeben hätte. Daher müsse zum einen bei Preiskartellen festgestellt werden, dass die Vereinbarungen es den betreffenden Unternehmen tatsächlich erlaubt hätten, einen höheren Geschäftspreis als ohne Kartell zu erzielen. Zum anderen müsse die Kommission bei ihrer Beurteilung sämtliche objektiven Bedingungen des betreffenden Marktes im Hinblick auf den wirtschaftlichen Zusammenhang berücksichtigen. Im Übrigen sei es keineswegs unmöglich, die Auswirkungen eines Kartells auf die Preise zu messen, und die Kommission sei zur Durchführung einer solchen Analyse in der Lage, wie ihre Entscheidungspraxis im Bereich der Zusammenschlusskontrolle zeige. 60      Nach Ansicht der Klägerin verstößt eine schematische und mechanische Vorgehensweise bei der Berechnung der Geldbußen, die die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt nicht berücksichtigt, auch gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit. Die Beachtung des ersten Grundsatzes verpflichte die Kommission dazu, die Geldbußen entsprechend der konkreten Auswirkungen der Kartelle auf den Markt, die in jedem Fall einzeln geahndet würden, festzusetzen. Die Beachtung des zweiten Grundsatzes verpflichte dazu, bei der Berechnung der Geldbuße dafür zu sorgen, dass die Geldbuße in einem vernünftigen und angemessenen Verhältnis zu den tatsächlichen Auswirkungen des ungesetzlichen Handelns und insbesondere zu dem den Kunden und den Endverbrauchern entstandenen Schaden stehe, wobei im vorliegenden Fall kein Schaden gegeben sei. Die Höhe eines solchen Schadens stelle nämlich das erste Kriterium für die Unterscheidung der Kartelle dar. Die Geldbuße, die für ein Kartell verhängt werde, dessen tatsächliche Auswirkungen auf den Markt unbedeutend seien und das bei den Kunden der beteiligten Unternehmen und den Verbrauchern keinen Schaden verursache, müsse, auch bei „besonders schweren“ Zuwiderhandlungen, der untersten Stufe der Skala der Geldbußen entsprechen. 61      Die Klägerin wendet sich außerdem gegen das Vorbringen der Kommission, dass der in Nr. 1 Teil A der Leitlinien genannte Betrag von 20 Mio. Euro die Mindestsumme des Grundbetrags der Geldbuße darstelle, die im Prinzip gegen das Unternehmen verhängt werden könne, das auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt die wichtigste Position innehabe, und nicht gegen die am Kartell beteiligten Unternehmen insgesamt verhängt werde. Im Übrigen sei die Kommission in dem Verfahren, das zu der Entscheidung K(2004) 4030 endg. vom 20. Oktober 2004 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] (Sache COMP/C.38.238/B.2 – Rohtabak – Spanien) geführt habe, das mit dem Verfahren, das Gegenstand der vorliegenden Klage sei, offensichtliche Parallelen aufweise, von dem Mindestbetrag von 20 Mio. Euro abgewichen. 62      Darüber hinaus komme der formellen Beurteilung, die auf der Unterscheidung „schwer/besonders schwer“ beruhe, nicht die Bedeutung zu, die ihr die Kommission beimesse, denn Gegenstand der von der Klägerin erhobenen Rügen sei das Endergebnis der Berechnung der Kommission im Hinblick auf ihre Leitlinien. Im Übrigen ergebe sich aus der Rechtsprechung, dass ein Preiskartell, wenn die Auswirkungen auf den Markt begrenzt seien, auch als „schwere“ anstatt als „besonders schwere“ Zuwiderhandlung eingestuft werden könne. Um den begrenzten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt angemessen Rechnung zu tragen, könne die Kommission schließlich auch den aufgrund der Schwere festgesetzten Betrag im Verhältnis zu dem Mindestbetrag reduzieren, der gewöhnlich bei einer „besonders schweren“ Zuwiderhandlung angesetzt werde. 63      Da schließlich keine Beweise für die konkreten Auswirkungen des Kartells auf den Markt vorlägen, hätte der Ausgangsbetrag der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße jedenfalls auf der niedrigsten Stufe der Skala der bei Kartellen angemessenen Geldbußen festgesetzt werden müssen. 64      Die Kommission beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 65      Im Rahmen des ersten Klagegrundes trägt die Klägerin mehrere Rügen vor, mit denen sie beanstandet, dass die Kommission bei der Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße den Umstand, dass das Kartell keine konkreten Auswirkungen auf den Markt gehabt habe, nicht berücksichtigt habe. 66      In diesem Zusammenhang hält es das Gericht für erforderlich, vor einer Prüfung der von der Klägerin geltend gemachten Rügen auf die allgemeinen Grundsätze für die Bestimmung der Höhe von Geldbußen bei Kartellen, die gegen Art. 81 EG verstoßen, und insbesondere für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung einzugehen. Allgemeine Erwägungen 67      Art. 81 Abs. 1 Buchst. a und b EG erklärt Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die in der unmittelbaren oder mittelbaren Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen oder die in der Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung oder des Absatzes bestehen, ausdrücklich für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar. Die Rechtsprechung hat solche Zuwiderhandlungen, insbesondere wenn es sich um horizontale Kartelle handelt, als „besonders schwerwiegend“ eingestuft, da sie einen unmittelbaren Eingriff in die wesentlichen Wettbewerbsparameter auf dem betreffenden Markt bedeuten (Urteil des Gerichts vom 11. März 1999, Thyssen Stahl/Kommission, T‑141/94, Slg. 1999, II‑347, Randnr. 675), oder als offenkundige Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln (Urteile des Gerichts vom 6. April 1995, Tréfilunion/Kommission, T‑148/89, Slg. 1995, II‑1063, Randnr. 109, und vom 14. Mai 1998, BPB de Eendracht/Kommission, T‑311/94, Slg. 1998, II‑1129, Randnr. 303). 68      Nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 ist bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße wegen eines Verstoßes gegen Art. 81 Abs. 1 EG sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen. 69      Nach ständiger Rechtsprechung ist die Schwere der Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln, zu denen u. a. die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gibt, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (Urteile des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 241, vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, C‑534/07 P, Slg. 2009, I‑7415, Randnr. 54, und vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C‑125/07 P, C‑133/07 P, C‑135/07 P und C‑137/07 P, Slg. 2009, I‑8681, Randnr. 91). 70      Um die Transparenz und Objektivität der Entscheidungen der Kommission bei der Festsetzung von Geldbußen zu gewährleisten, hat die Kommission Leitlinien erstellt (Abs. 1 der Leitlinien). 71      Die Leitlinien sind ein Instrument, mit dem unter Beachtung höherrangigen Rechts die Kriterien präzisiert werden sollen, die die Kommission im Rahmen der Ausübung des ihr nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zustehenden Ermessens bei der Festsetzung von Geldbußen anzuwenden gedenkt. Die Leitlinien stellen zwar nicht die Rechtsgrundlage für eine Entscheidung dar, mit der Geldbußen verhängt werden – diese Entscheidung beruht auf der Verordnung Nr. 1/2003 –, sie enthalten jedoch eine allgemeine und abstrakte Regelung der Vorgehensweise, die sich die Kommission zur Festsetzung der in dieser Entscheidung verhängten Geldbußen auferlegt hat, und schaffen damit Rechtssicherheit für die Unternehmen (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnrn. 209 bis 213, sowie Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg. 2006, II‑5169, Randnrn. 219 und 223). 72      Auch wenn die Leitlinien somit nicht als Rechtsnorm qualifiziert werden können, die die Verwaltung auf jeden Fall zu beachten hat, stellen sie doch eine Verhaltensnorm dar, die einen Hinweis auf die zu befolgende Verwaltungspraxis enthält und von der die Verwaltung im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen abweichen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnrn. 209 f., sowie Urteil des Gerichtshofs vom 18. Mai 2006, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, C‑397/03 P, Slg. 2006, I‑4429, Randnr. 91). 73      Die aus dem Erlass der Leitlinien resultierende Selbstbeschränkung des Ermessens der Kommission ist jedoch nicht unvereinbar mit dem Fortbestand eines erheblichen Ermessens der Kommission (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, Mannesmannröhren-Werke/Kommission, T‑44/00, Slg. 2004, II‑2223, Randnrn. 246, 274 und 275). Die Kommission ist nämlich dadurch, dass sie in den Leitlinien ihre Vorgehensweise bei der Beurteilung der Schwere eines Verstoßes präzisiert hat, nicht daran gehindert, die Schwere umfassend anhand aller relevanten Umstände des Einzelfalls einschließlich der Gesichtspunkte zu beurteilen, die in den Leitlinien nicht ausdrücklich erwähnt sind (Urteil Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnr. 237). 74      Nach der in den Leitlinien vorgesehenen Methode wählt die Kommission als Ausgangspunkt bei der Berechnung der gegen die fraglichen Unternehmen zu verhängenden Geldbußen einen nach der „Schwere“ des Verstoßes ermittelten Betrag. Bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes sind seine Art und seine konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen (Nr. 1 Teil A Abs. 1 der Leitlinien). 75      In diesem Rahmen werden die Verstöße in drei Gruppen unterteilt, nämlich die „minder schweren Verstöße“, für die die in Betracht kommenden Bußgeldbeträge zwischen 1 000 und 1 Mio. Euro betragen, die „schweren Verstöße“, für die Bußgeldbeträge zwischen 1 Mio. und 20 Mio. Euro in Betracht kommen, und die „besonders schweren Verstöße“ mit in Betracht kommenden Bußgeldbeträgen oberhalb von 20 Mio. Euro (Nr. 1 Teil A Abs. 2 erster bis dritter Gedankenstrich der Leitlinien). Zu den besonders schweren Verstößen führt die Kommission aus, es handle sich im Wesentlichen um horizontale Beschränkungen wie z. B. „Preiskartelle“, Marktaufteilungsquoten und sonstige Beschränkungen der Funktionsweise des Binnenmarkts, wie z. B. die Abschottung der nationalen Märkte oder Missbräuche marktbeherrschender Stellungen von Unternehmen in Quasi-Monopolstellung (Nr. 1 Teil A Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Leitlinien). 76      Des Weiteren haben die drei oben in Randnr. 74 angeführten Kriterien für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes im Rahmen der Gesamtprüfung nicht das gleiche Gewicht. Die Art der Zuwiderhandlung spielt, insbesondere wenn es darum geht, Zuwiderhandlungen als „besonders schwer“ einzustufen, eine vorrangige Rolle (Urteil Erste Group Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 101, sowie Urteil des Gerichts vom 28. April 2010, Gütermann und Zwicky/Kommission, T‑456/05 und T‑457/05, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 137). 77      Dagegen sind bei horizontalen Kartellen, die wie hier insbesondere auf die Festsetzung der Preise abzielen, weder konkrete Auswirkungen auf den Markt noch der Umfang des räumlichen Marktes für die Einstufung einer Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ erforderlich. Diese beiden Gesichtspunkte sind zwar bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen, es handelt sich dabei aber um einzelne Kriterien neben anderen, die bei der Gesamtbeurteilung der Schwere zu beachten sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnrn. 74 und 81, sowie Urteile des Gerichts Raiffeisen Zentralbank Österreich/Kommission, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnrn. 240 und 311, und vom 8. Oktober 2008, Carbone-Lorraine/Kommission, T‑73/04, Slg. 2008, II‑2661, Randnr. 91). 78      Nach nunmehr ebenfalls gefestigter Rechtsprechung ergibt sich aus den Leitlinien, dass horizontale Kartelle, die wie hier insbesondere auf die Festsetzung der Preise abzielen, allein aufgrund ihrer Art als „besonders schwere“ Verstöße angesehen werden können, ohne dass die Kommission konkrete Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt nachweisen müsste (Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 75; vgl. in diesem Sinne auch Urteile des Gerichts vom 27. Juli 2005, Brasserie nationale u. a./Kommission, T‑49/02 bis T‑51/02, Slg. 2005, II‑3033, Randnr. 178, und vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Randnr. 150). 79      Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass zwar in der Beschreibung der schweren Verstöße ausdrücklich erwähnt wird, dass sie Auswirkungen auf den Markt haben, die Beschreibung der besonders schweren Verstöße aber kein Erfordernis konkreter Auswirkungen auf den Markt enthält (Urteil Gütermann und Zwicky/Kommission, oben in Randnr. 76 angeführt, Randnr. 137; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Brasserie nationale u. a./Kommission, oben in Randnr. 78 angeführt, Randnr. 178). 80      Die einzelnen von der Klägerin erhobenen Rügen sind daher im Licht dieser Rechtsprechungsgrundsätze zu prüfen. Zur Nichtberücksichtigung der konkreten Auswirkungen des Kartells auf den Markt bei der Festsetzung der Geldbuße 81      Die Klägerin wirft der Kommission zunächst vor, diese habe bei der Berechnung des Ausgangsbetrags der Geldbuße nicht berücksichtigt, dass das Kartell keine konkreten Auswirkungen auf den Markt gehabt habe. 82      Zunächst ist jedoch darauf hinzuweisen, dass aus der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, dass die Kommission die Höhe der gegen die verschiedenen Adressaten verhängten Geldbuße anhand der allgemeinen Methode festgesetzt hat, die sie sich in den Leitlinien auferlegt hat, selbst wenn diese in der Entscheidung nicht ausdrücklich erwähnt werden. 83      Was speziell die Art der betreffenden Zuwiderhandlung anbelangt, ist festzustellen, dass der Zweck des Kartells der Verarbeitungsunternehmen insbesondere die gemeinsame Festlegung der von den Verarbeitungsunternehmen gezahlten Preise für Rohtabak sowie die Zuordnung von Lieferanten und Rohtabakmengen war. Derartige Praktiken stellen horizontale Beschränkungen von der Art des „Preiskartells“ im Sinne der Leitlinien dar und somit Zuwiderhandlungen, die ihrer Art nach „besonders schwer“ sind. Wie oben in Randnr. 67 ausgeführt, werden solche Kartelle von der Rechtsprechung als offenkundige Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln oder, da sie einen unmittelbaren Eingriff in die wesentlichen Wettbewerbsparameter auf dem betreffenden Markt bedeuten, als besonders schwere Zuwiderhandlungen eingestuft. 84      Daher konnte die Kommission im vorliegenden Fall das Kartell aufgrund seiner Art zu Recht als eine „besonders schwere“ Zuwiderhandlung einstufen, und dies unabhängig von den konkreten Auswirkungen auf den Markt (vgl. die oben in den Randnrn. 76 f. angeführte Rechtsprechung und insbesondere Urteil Erste Groupe Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 103). 85      In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin jedoch erklärt, dass sie sich, entgegen ihrem Vorbringen in ihren Schriftsätzen, nicht gegen die Einstufung der Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ als solche wende. Sie hat daher den Umfang ihrer Rüge wie folgt näher ausgeführt. Im Wesentlichen hat sie geltend gemacht, dass der in den Leitlinien für besonders schwere Zuwiderhandlungen vorgesehene Betrag von 20 Mio. Euro für den Gesamtbetrag der Geldbußen für alle am Kartell beteiligten Unternehmen gelte. Da die Kommission im vorliegenden Fall für alle am Kartell beteiligten Unternehmen einen Ausgangsbetrag von insgesamt 55 Mio. Euro festgesetzt habe, habe sie diesen Betrag überschritten. Die Kommission hätte daher berücksichtigen müssen, dass sich die Zuwiderhandlung nicht auf den Markt ausgewirkt habe, und begründen müssen, weshalb sie den Betrag überschritten hat. 86      Hierzu ist erstens festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin von einer falschen Annahme ausgeht. Aus der Rechtsprechung ergibt sich nämlich, dass sich der in den Leitlinien für besonders schwere Zuwiderhandlungen vorgesehene Ausgangsbetrag von mindestens 20 Mio. Euro auf das einzelne Unternehmen bezieht und nicht auf alle Unternehmen, die die Zuwiderhandlung begangen haben (vgl. in diesem Sinne Urteile Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnrn. 306 und 311, Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 81, sowie Urteile des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, T‑69/04, Slg. 2008, II‑2567, Randnr. 187, und vom 30. April 2009, Nintendo und Nintendo of Europe/Kommission, T‑13/03, Slg. 2009, II‑947, Randnr. 44). 87      Im Übrigen wird die Schlussfolgerung, dass sich die in den Leitlinien genannten „voraussichtlichen Beträge“ auf die für ein einzelnes Unternehmen festgesetzte Geldbuße und nicht auf die Summe der für alle am Kartell beteiligten Unternehmen festgesetzten Geldbußen bezieht, durch eine systematische Auslegung der Leitlinien bestätigt. Der Begriff „Grundbetrag“ wird dort nämlich immer in Bezug auf die gegen ein einzelnes Unternehmen und nicht in Bezug auf die gegen alle Mitglieder des Kartells zu verhängende Geldbuße verwendet. Dies ergibt sich insbesondere aus Abs. 2 der Leitlinien, nach dem das neue Verfahren auf der Errechnung eines Grundbetrags beruht, bei dem zur Berücksichtigung erschwerender bzw. mildernder Umstände Aufschläge bzw. Abzüge berechnet werden können. Diese Umstände werden auf jedes einzelne Unternehmen angewandt und nicht auf die Kartellmitglieder insgesamt, so dass sich der Begriff „Grundbetrag“ nur auf die Geldbuße für ein einzelnes Unternehmen beziehen kann. Außerdem wird durch Nr. 1 Teil A Abs. 6 der Leitlinien bestätigt – da dieser vorsieht, dass „[b]ei Verstößen, an denen mehrere Unternehmen beteiligt sind …, in bestimmten Fällen die innerhalb der einzelnen [in den Leitlinien] beschriebenen Gruppen festgesetzten Beträge gewichtet werden [sollten]“, – dass sich diese Beträge auf die Beträge der Geldbußen für jedes einzelne an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen beziehen und nicht auf die Summe dieser Beträge. Die Kommission trägt daher zu Recht vor, dass sie, wenn sie sich, wie von der Klägerin geltend gemacht, in Nr. 1 Teil A der Leitlinien tatsächlich auf den Mindestbetrag der Geldbußen für die Unternehmen insgesamt hätte beziehen wollen, dies näher ausgeführt und eine ausdrückliche Formulierung wie „Mindestbetrag der Geldbußen für die Unternehmen insgesamt“ verwendet hätte. 88      Daher ist festzustellen, dass die Kommission im vorliegenden Fall den Ausgangsbetrag der gegen die Klägerin zu verhängenden Geldbuße auf 10 Mio. Euro festgesetzt hat, was einem Betrag entspricht, der deutlich unter dem in den Leitlinien vorgesehenen Betrag von 20 Mio. Euro liegt. 89      Insoweit geht das Argument der Klägerin fehl, dass aus den Ausführungen der Kommission nicht hervorgehe, weshalb in dem Verfahren, das zu der Entscheidung K(2004) 4030 endg. geführt habe, die Ausgangsbeträge weit unter dem vorgenannten Betrag von 20 Mio. Euro gelegen hätten. Wie nämlich in der Rechtsprechung erläutert worden ist, stellt der in Nr. 1 Teil A dritter Gedankenstrich Abs. 2 der Leitlinien für besonders schwere Zuwiderhandlungen vorgesehene Betrag von 20 Mio. Euro keinen Mindestbetrag dar, der nicht unterschritten werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 97; vgl. auch Urteil des Gerichts vom 29. November 2005, SNCZ/Kommission, T‑52/02, Slg. 2005, II‑5005, Randnr. 42). 90      Was speziell die Berücksichtigung der konkreten Auswirkungen auf den Markt bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße anbelangt, ist zweitens darauf hinzuweisen, dass bei dieser Festsetzung die Dauer der Zuwiderhandlungen und sämtliche Faktoren zu berücksichtigen sind, die für die Beurteilung der Schwere dieser Zuwiderhandlungen eine Rolle spielen könnten, wie z. B. das Verhalten jedes einzelnen Unternehmens, die Rolle, die jedes Unternehmen bei der Abstimmung der Verhaltensweisen gespielt hat, der Gewinn, den die Unternehmen aus diesen Verhaltensweisen ziehen konnten, ihre Größe und der Wert der betroffenen Waren sowie die Gefahr, die derartige Zuwiderhandlungen für die Ziele der Union bedeuten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 129, und Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 242). Somit sind die Auswirkungen einer wettbewerbswidrigen Praxis als solche bei der Beurteilung der angemessenen Höhe der Geldbuße kein ausschlaggebendes Kriterium. Insbesondere können Gesichtspunkte, die die Intention eines Verhaltens betreffen, größere Bedeutung haben als jene, die dessen Wirkungen betreffen, vor allem, wenn es sich dem Wesen nach um schwere Zuwiderhandlungen wie die im vorliegenden Fall gegebene Marktaufteilung handelt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Thyssen Stahl/Kommission, C‑194/99 P, Slg. 2003, I‑10821, Randnr. 118, Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 96, und Urteil vom 12. November 2009, Carbone-Lorraine/Kommission, C‑554/08 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 44). 91      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Prüfung des Teils der angefochtenen Entscheidung, der die beanstandeten Handlungen betrifft, zeigt, dass die Verarbeitungsunternehmen die wettbewerbswidrigen Praktiken, wegen derer gegen sie die Strafen verhängt wurden, bewusst getätigt haben (vgl. insbesondere die Erwägungsgründe 124, 132, 133 und 141 der angefochtenen Entscheidung). Wie aus den Erwägungsgründen 363 und 473 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, wird diese Überlegung im Übrigen durch den Umstand bestätigt, dass das Kartell geheim war. 92      Des Weiteren geht aus der angefochtenen Entscheidung auch hervor, dass die Verarbeitungsunternehmen wiederholt Absprachen über Maßnahmen getroffen haben, um die tatsächliche Umsetzung des Kartells sicherzustellen, z. B. haben sie sich wechselseitig die Rechnungen ihrer jeweiligen Lieferanten zugeleitet (Erwägungsgründe 122 und 129 der angefochtenen Entscheidung), hatten sie sich bei Ankäufen außerhalb der Vereinbarungen abzustimmen (139. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und hatten sie ihre Mitarbeiter zu kontrollieren, damit diese keine unkoordinierten Maßnahmen treffen (140. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Hierzu geht aus dem 383. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission auch festgestellt hat, dass das Kartell durchgeführt worden war. 93      Im vorliegenden Fall ist daher nicht nur ein besonders schwerer Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln gegeben, sondern es liegen auch Gesichtspunkte wie die oben in den Randnrn. 91 f. genannten vor, die die Intention betreffen. 94      Aus dem 376. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geht außerdem hervor, dass der Ausgangsbetrag der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße einem Betrag entspricht, der deutlich unter demjenigen liegt, den die Kommission nach den Leitlinien für besonders schwere Verstöße hätte verhängen können. 95      Unter diesen Umständen kann die Klägerin nicht geltend machen, dass die Kommission bei der Festsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße einen Fehler begangen habe, da sie nicht berücksichtigt habe, dass die Zuwiderhandlung keine Auswirkungen auf den Markt gehabt habe, selbst wenn diese messbar gewesen wären. 96      Drittens ist festzustellen, dass die Kommission bei der Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße die möglichen Folgen des ungesetzlichen Handelns jedes der betreffenden Unternehmen berücksichtigt hat. Aus dem 370. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geht nämlich hervor, dass die Kommission es für angebracht hielt, die Höhe der Geldbußen gemäß der Marktposition der einzelnen Parteien festzusetzen, um neben dem Gewicht des jeweiligen Unternehmens die anzunehmenden Auswirkungen des ungesetzlichen Handelns jedes Unternehmens zu berücksichtigen. 97      Nach der Rechtsprechung stellt selbst dann, wenn es an einem Nachweis für konkrete Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt fehlt, der Anteil jedes der betreffenden Unternehmen an dem Markt, der Gegenstand einer beschränkenden Verhaltensweise war, ein objektives Kriterium dar, das zutreffend die Verantwortung jedes der Unternehmen an der Schädlichkeit dieser Verhaltensweise auf den normalen Wettbewerb angibt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, I‑1181, Randnrn. 196 bis 198). Daher sind nach der Rechtsprechung bei der Festsetzung der Geldbuße die Marktanteile eines Unternehmens für die Bestimmung des Einflusses, den das Unternehmen auf den Markt ausüben konnte, relevant (Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417, Randnr. 139, und Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 62). 98      Nach diesen Grundsätzen hat die Kommission im vorliegenden Fall, als sie den Ausgangsbetrag der Geldbuße nach Maßgabe der Marktanteile der jeweiligen an dem Kartell beteiligten Partei festgesetzt hat, ein Kriterium angewandt, das nach der Rechtsprechung für die Bestimmung des Einflusses, den das Verhalten der Klägerin auf den Markt haben konnte, relevant ist. 99      Was viertens die in der angefochtenen Entscheidung genannten Informationen betrifft, die laut der Klägerin beweisen würden, dass sich das Kartell nicht auf den Markt ausgewirkt habe, ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung entscheidend ist, ob die Kartellmitglieder alles in ihrer Macht Stehende taten, damit ihre Pläne konkrete Auswirkungen hatten. Da das, was dann auf der Ebene der tatsächlich erzielten Marktpreise geschah, durch andere, von den Kartellmitgliedern nicht kontrollierbare Faktoren beeinflusst werden konnte, können die Kartellmitglieder externe Faktoren, die ihre Bemühungen durchkreuzten, nicht zu ihren Gunsten anführen und zu Umständen umdeuten, die eine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertigen (vgl. Urteile Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, oben in Randnr. 71 angeführt, Randnr. 287, und Gütermann und Zwicky/Kommission, oben in Randnr. 76 angeführt, Randnr. 130 und die dort angeführte Rechtsprechung). 100    Da im vorliegenden Fall die Mitglieder des Kartells Maßnahmen getroffen haben, damit ihre wettbewerbswidrigen Ziele konkrete Auswirkungen hatten (siehe oben, Randnrn. 91 f.), kann somit die Entwicklung der Marktpreise, wie der von der Klägerin angeführte Anstieg der Tabakpreise, für sich allein keine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertigen. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass der Preisanstieg ohne das Kartell höher gewesen wäre als der oben genannte Anstieg der Preise. 101    Was schließlich das Argument anbelangt, die Tätigkeit und die Stabilität des Kartells seien von der Klägerin häufig gestört worden, was die Annahme verstärke, dass das Kartell keine Auswirkungen auf den Markt gehabt habe, genügt die Feststellung, dass das Verhalten der Klägerin, mit dem sie das Kartell „störte“, von der Kommission als mildernder Umstand gewürdigt wurde (380. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Zum Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit 102    Was zunächst den angeblichen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung ein Verstoß gegen diesen Grundsatz nur dann vorliegt, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleichbehandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt (Urteil des Gerichtshofs vom 13. Dezember 1984, Sermide, 106/83, Slg. 1984, 4209, Randnr. 28, und Urteil des Gerichts vom 30. September 2009, Hoechst/Kommission, T‑161/05, Slg. 2009, II‑3555, Randnr. 79). 103    Im vorliegenden Fall ist aber festzustellen, dass die Klägerin nur geltend macht, dass die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung die Kommission dazu verpflichte, die Geldbußen entsprechend den konkreten Auswirkungen der Kartelle auf den Markt, die in jedem Fall einzeln geahndet würden, festzusetzen. Sie legt jedoch nicht dar, inwiefern die Kommission ihrer Ansicht nach im vorliegenden Fall gegen diesen Grundsatz verstoßen haben soll. Ferner können nach ständiger Rechtsprechung in anderen Fällen ergangene Entscheidungen, die von der Klägerin nicht einmal benannt werden, nur Hinweischarakter für das eventuelle Vorliegen einer Diskriminierung haben, da es wenig wahrscheinlich ist, dass die für sie kennzeichnenden Umstände wie die Märkte, die Waren, die Unternehmen und die betroffenen Zeiträume die gleichen sind (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 21. September 2006, JCB Service/Kommission, C‑167/04 P, Slg. 2006, I‑8935, Randnrn. 201 und 205, und vom 7. Juni 2007, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, C‑76/06 P, Slg. 2007, I‑4405, Randnr. 60, sowie Urteil des Gerichts vom 30. April 2009, Itochu/Kommission, T‑12/03, Slg. 2009, II‑883, Randnr. 124). 104    Was sodann den angeblichen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass nach diesem Grundsatz die Handlungen der Organe nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die dadurch verursachten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen müssen (Urteile des Gerichtshofs vom 13. November 1990, Fedesa u. a., C‑331/88, Slg. 1990, I‑4023, Randnr. 13, und vom 5. Mai 1998, Vereinigtes Königreich/Kommission, C‑180/96, Slg. 1998, I‑2265, Randnr. 96; Urteil des Gerichts vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission, T‑30/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 223). 105    Im Rahmen der Verfahren, die von der Kommission eingeleitet werden, um Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln zu ahnden, setzt die Anwendung dieses Grundsatzes voraus, dass die Geldbußen nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen, d. h. zur Beachtung dieser Regeln, stehen dürfen und die einem Unternehmen wegen einer Zuwiderhandlung im Bereich des Wettbewerbs auferlegte Geldbuße so zu bemessen ist, dass sie bei einer Gesamtwürdigung der Zuwiderhandlung unter besonderer Berücksichtigung ihrer Schwere in angemessenem Verhältnis zu ihr steht (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Randnr. 532, und vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 104 angeführt, Randnrn. 223 f. und die dort angeführte Rechtsprechung). Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt insbesondere, dass die Kommission die Geldbuße verhältnismäßig nach den Gesichtspunkten festsetzen muss, die sie für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt hat, und dass sie diese Faktoren dabei schlüssig und objektiv gerechtfertigt bewerten muss (Urteile des Gerichts vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T‑43/02, Slg. 2006, II‑3435, Randnrn. 226 bis 228, und vom 28. April 2010, Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, T‑446/05, Slg. 2010, II‑1255, Randnr. 171). 106    Hierzu ist festzustellen, dass die Klägerin nicht dargetan hat, dass, worauf sie ihre Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stützt, den Kunden und den Endverbrauchern kein Schaden entstanden ist. Mit den Informationen, auf die sie sich im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes beruft, lässt sich nämlich nicht beweisen, dass es keine Auswirkungen gegeben hat, da diese Informationen von anderen Faktoren beeinflusst worden sein könnten (siehe oben, Randnrn. 99 f.). 107    Darüber hinaus kann die Klägerin nicht geltend machen, dass die Kommission gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen hat, als sie den Ausgangsbetrag der Geldbuße auf 10 Mio. Euro festgesetzt hat, da es sich bei dieser Zuwiderhandlung um eine besonders schwere und vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln handelt. Die Verhältnismäßigkeit des im vorliegenden Fall festgesetzten Ausgangsbetrags wird auch dadurch bestätigt, dass er deutlich unter dem in den Leitlinien für ein solches Kartell vorgesehenen Mindestbetrag festgesetzt wurde. Zur fehlerhaften bzw. nicht folgerichtigen Begründung 108    Zu dieser Rüge ist festzustellen, dass die Klägerin die fehlerhafte bzw. nicht folgerichtige Begründung in der Überschrift des Klagegrundes angeführt hat, ohne diese Rüge in den Ausführungen zu diesem Klagegrund zu begründen. Auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin klargestellt, dass sie eine nicht folgerichtige Begründung geltend mache, da die Kommission eine über dem in den Leitlinien vorgesehenen Mindestbetrag liegende Geldbuße verhängt habe, ohne die Auswirkungen des Kartells auf den Markt geprüft zu haben. 109    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Begründungspflicht im Rahmen der Festsetzung von Geldbußen wegen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht dann erfüllt ist, wenn die Kommission in ihrer Entscheidung die Beurteilungsgesichtspunkte angibt, die es ihr ermöglicht haben, Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu ermitteln. Hinsichtlich einer Entscheidung, mit der Geldbußen gegenüber mehreren Unternehmen verhängt werden, muss die Reichweite der Begründungspflicht u. a. im Licht der Tatsache beurteilt werden, dass die Schwere der Zuwiderhandlungen anhand zahlreicher Gesichtspunkte bestimmt werden muss, wie u. a. der besonderen Umstände der Rechtssache, ihres Zusammenhangs und des Abschreckungspotenzials der Geldbußen, ohne dass hiermit eine zwingende oder erschöpfende Liste der unbedingt zu berücksichtigenden Kriterien aufgestellt werden soll (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, „PVC II“, C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, Slg. 2002, I‑8375, Randnrn. 463 und 465). 110    Im vorliegenden Fall hat die Kommission in den Erwägungsgründen 365 bis 376 der angefochtenen Entscheidung die Gesichtspunkte genannt, die sie bei der Festsetzung der Ausgangsbeträge der gegen die verschiedenen Unternehmen verhängten Geldbußen berücksichtigt hat. Die Kommission hat dort vor allem die Kriterien angegeben, anhand derer sie zum einen die Schwere der Zuwiderhandlung beurteilt und zum anderen sodann den Ausgangsbetrag festgesetzt hat, indem sie die Unternehmen anhand ihrer durch ihren Marktanteil bestimmten Marktbedeutung eingestuft und dabei das jeweilige Gewicht aller beteiligten Unternehmen sowie die anzunehmenden Auswirkungen ihres ungesetzlichen Handelns berücksichtigt hat. Die von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen bezüglich der Begründungspflicht waren damit erfüllt. 111    Da festgestellt wurde (siehe oben, Randnr. 88), dass die Kommission den Ausgangsbetrag der gegen die Klägerin zu verhängenden Geldbuße deutlich unterhalb des in den Leitlinien für besonders schwere Zuwiderhandlungen vorgesehenen Mindestbetrags festgesetzt hat, kann dem Vorbringen einer nicht folgerichtigen Begründung nicht gefolgt werden. 112    Nach alledem ist der erste Klagegrund zurückzuweisen. 3.     Zum dritten Klagegrund: Fehlerhafte Begründung und Ermittlung sowie Verstoß gegen die Beweislast bei der Feststellung der Beteiligung der Klägerin an der mutmaßlichen Zuwiderhandlung Vorbringen der Parteien 113    Nach Ansicht der Klägerin hat die Kommission, als sie von einer Beteiligung der Klägerin am Kartell von zwei Jahren und acht Monaten ausging, nämlich von Oktober 1997 bis zum 19. Februar 2002, mit einer Unterbrechung vom 5. November 1999 bis zum 29. Mai 2001, den Sachverhalt offensichtlich falsch beurteilt. Die Klägerin trägt hierzu vor, sie habe im Verwaltungsverfahren geltend gemacht, dass sie ihre Beteiligung am Kartell im Februar 1999 eingestellt und danach nicht wieder aufgenommen habe. Ihre Beteiligung am Kartell habe daher etwas länger als ein Jahr gedauert. Sie wirft der Kommission auch vor, diese habe ihre Schlussfolgerungen auf ungeeignete Beweise gestützt und hierfür keine ausreichende Begründung gegeben. 114    Was erstens den letzten Abschnitt des ersten Zeitraums ihrer Beteiligung am Kartell angeht, weist die Klägerin auf Folgendes hin: –        Entgegen einer gefestigten Rechtsprechung würden in den Erwägungsgründen 157 bis 201 der angefochtenen Entscheidung keine Beweise für ihre Teilnahme an Sitzungen oder an anderen Aktivitäten im Jahr 1999 angeführt. –        Aus den von der Kommission vorgelegten Beweisen ergebe sich, dass das letzte Treffen, an dem die Klägerin teilgenommen habe, das Treffen vom 14. Dezember 1998 gewesen sei (155. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Außerdem sei in einem vom 20. Oktober 1998 datierten internen Memorandum von Dimon Italia (145. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), das die Kommission außer Acht gelassen habe, angegeben, dass sich die „internationalen Unternehmen“ seit dem 16. Oktober 1998 darüber beschwerten, dass die Klägerin die vom Kartell vorgegebenen Verhaltensregeln nicht einhalte. –        Obwohl das Kartell im Jahr 1999 sehr aktiv gewesen sei, gehe aus der angefochtenen Entscheidung nicht hervor, dass die Klägerin daran beteiligt gewesen sei. In der angefochtenen Entscheidung werde ausgeführt, dass (i) die anderen Verarbeitungsunternehmen, d. h. Deltafina, Transcatab, Dimon Italia und Trestina Azienda Tabacchi, regelmäßig Druck auf APTI ausgeübt hätten, um auf die Verhandlungen für den Abschluss von Branchenvereinbarungen Einfluss zu nehmen (165. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), dass (ii) im Jahr 1999 zwischen Deltafina, Transcatab und Dimon Italia verschiedene Kartelltreffen stattgefunden hätten, darunter vor allem sehr wichtige Treffen im Monat Oktober, ohne dass die Klägerin hieran teilgenommen hätte oder eingeladen gewesen wäre (184. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), und dass (iii) sich nur bestimmte Verarbeitungsunternehmen auf ein Memorandum zu den Rohtabaksorten Bright und Burley geeinigt hätten (186. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 115    Was zweitens den Zeitraum vom 29. Mai 2001 bis zum 19. Februar 2002 angeht, trägt die Klägerin Folgendes vor: –        Der maßgebliche Beweis für die Wiederaufnahme ihrer Beteiligung am Kartell sei der Erhalt eines Telefaxes gewesen, das ihr am 29. Mai 2001 von Deltafina übermittelt worden und in dem der Preis angegeben gewesen sei, zu dem Letztere die Verträge mit den Erzeugervereinigungen für Bright-Tabak unterschreiben werde. Diese Mitteilung sei jedoch nicht wettbewerbswidrig gewesen. Es habe sich vielmehr um einen einzelnen Kontakt gehandelt, um ihr bei Verständnisschwierigkeiten hinsichtlich der Marktwerte zu helfen, die bei den Verträgen zwischen Erzeugern und Verarbeitungsunternehmen Vorrang hätten, für deren Unterzeichnung die Regeln der gemeinsamen Agrarpolitik maßgeblich seien, die wichtige Änderungen erfahren habe. –        Das Geschäftsverhalten der Klägerin sei bei den Treffen des Kartells, an denen sie nicht teilgenommen habe, genau verfolgt worden (209. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Außerdem seien die Beziehungen zwischen dem Kartell und der Klägerin sogar Teil einer von Dimon Italia an Deltafina und Transcatab übersandten vorläufigen Tagesordnung für ein Treffen gewesen, das am 18. September 2001, d. h. nach dem Erhalt des Telefaxes, habe stattfinden sollen (212. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). –        Die angebliche Beteiligung der Klägerin am Kartell sei, wie sich aus den Erklärungen von Transcatab bei der am 18. April 2002 durchgeführten Nachprüfung ergebe, auf zwei Treffen am 16. November 2001 und am 8. Januar 2002 beschränkt gewesen. Die Klägerin habe daran teilgenommen, da Deltafina, Dimon Italia und Transcatab sie aufgefordert hätten, als „Vermittlerin“ tätig zu werden, um den Widerstand des „Konsortiums zum Schutz und zur Förderung des Burley-Campano-Tabaks“ (im Folgenden: Burley-Konsortium) gegen die Einführung eines Versteigerungssystems für den Verkauf von Tabak abzubauen, das von Unitab und APTI unterstützt worden sei und vom nationalen Burley-Fachausschuss (im Folgenden: Cogentab) geleitet worden wäre. Die Klägerin habe ihrerseits die beteiligten Parteien zu dem Treffen am 8. Januar 2002 eingeladen (222. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), dem am Vortag ein anderes Treffen vorangegangen sei, bei dem Deltafina, Dimon Italia und Transcatab unter sich, in Abwesenheit der Klägerin und der am Burley-Konsortium beteiligten Lieferanten, wahrscheinlich eine gemeinsame Haltung für die Verhandlungen am Folgetag besprochen hätten. 116    Die Kommission führt erstens aus, sie habe den 5. November 1999 als den Tag festgestellt, an dem die Klägerin ihre Beteiligung am Kartell unterbrochen habe, da die handschriftliche Notiz eines Einkäufers von Deltafina zu einem Treffen am gleichen Tag zeige, dass die Klägerin als ein nicht mehr zum Kartell gehörendes Unternehmen auf die Tagesordnung gesetzt gewesen sei. 117    In diesem Zusammenhang weist die Kommission das Vorbringen der Klägerin zurück, als Datum für die Unterbrechung ihrer Beteiligung am Kartell sei der 14. Dezember 1998 heranzuziehen (das Datum des letzten Kartelltreffens, an dem sie teilgenommen habe) oder es müsse auf der Grundlage des im 145. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genannten internen Memorandums von Dimon Italia vom 20. Oktober 1998 festgestellt werden. Zum einen habe die Klägerin nämlich in ihrer Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte selbst eingeräumt, dass sie mindestens bis Februar 1999 am Kartell beteiligt gewesen sei, und zum anderen könne das Memorandum von Dimon Italia nicht als ein Nachweis für die Unterbrechung der Beteiligung der Klägerin am Kartell im Jahr 1998 angesehen werden, da nach ständiger Rechtsprechung ein Unternehmen, solange es sich nicht offen vom Inhalt der Treffen distanziert habe, für seine Beteiligung am Kartell in vollem Umfang verantwortlich bleibe. Mangels entsprechender Beweise sei in der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt worden, dass die Beteiligung der Klägerin am Kartell mindestens bis zum 5. November 1999 gedauert habe. 118    Die Kommission führt zweitens aus, sie habe den 29. Mai 2001 als den Tag festgestellt, an dem die Klägerin ihre Beteiligung am Kartell wieder aufgenommen habe, da die Klägerin an diesem Tag ein Telefax erhalten habe, in dem ihr der Preis mitgeteilt worden sei, zu dem Deltafina die Verträge mit den Erzeugervereinigungen unterschreiben werde. 119    Eine solche Mitteilung unter Wettbewerbern stelle einen Beweis für die erneute Beteiligung der Klägerin am Kartell dar, da sie diesem bis zum Jahr 1999 angehört und kurze Zeit später, nämlich am 16. November 2001, auch ihre Teilnahme an den Treffen des Kartells wieder aufgenommen habe. 120    In der Gegenerwiderung weist die Kommission auch die Behauptung der Klägerin zurück, die Klageschrift bringe deutlich zum Ausdruck, dass sie nicht nur die Dauer der Beteiligung, sondern auch die Wiederaufnahme der Beteiligung am Kartell selbst in der Zeit von Mai 2001 bis Anfang 2002 bestreiten wolle. Die Kommission ist zum einen der Ansicht, die Klägerin habe erst in der Erwiderung erstmals in Abrede gestellt, dass die Treffen rechtswidrig gewesen seien, als sie bestritten habe, dass sie dem Kartell im Jahr 2001 wieder beigetreten sei. Diese Rüge sei gemäß Art. 44 Abs. 1 Buchst. c in Verbindung mit Art. 48 Abs. 2 der Verfahrensordnung unzulässig. Zum anderen ist die Kommission der Auffassung, dass diese Rüge jedenfalls unbegründet sei. Die Erklärung von Transcatab vom 18. April 2002 (Dokument Nr. 38281/03488) enthalte nämlich eine Aufstellung verschiedener Treffen zwischen den Mitgliedern des Kartells, in der das Treffen vom 16. November 2001 als Treffen „im engen Kreis“ bezeichnet werde (ein Treffen, an dem nur die Geschäftsführer teilnehmen) und das Treffen vom 8. Januar 2002 als „Arbeitstreffen“ (ein Treffen, an dem die für den Einkauf verantwortlichen Mitarbeiter teilnehmen). Nach Ansicht der Kommission waren diese beiden Treffen daher wettbewerbswidrig und dienten einem wettbewerbswidrigen Zweck, so dass sie zu den Aktivitäten des Kartells gehört hätten. Die Tatsache, dass bei diesen Treffen auch die Möglichkeit der Einführung eines Versteigerungssystems für den Verkauf von Tabak erörtert worden sei, bedeute nicht unbedingt, dass Fragen im Zusammenhang mit dem Kartell dabei nicht besprochen worden seien bzw. dass die Klägerin an diesen Diskussionen nicht beteiligt gewesen wäre. Außerdem habe die Klägerin keinen Beweis dafür vorgelegt, dass sie sich bei diesen Treffen offen von den Diskussionen mit einem wettbewerbswidrigen Zweck distanziert habe. 121    Die Kommission ist drittens der Ansicht, dass dieser Klagegrund jedenfalls nicht durchgreife. Selbst wenn diesem Klagegrund stattgegeben würde, hätte er nämlich nur zur Folge, dass der Ausgangsbetrag der Geldbuße der Klägerin um 15 % anstatt um 25 % zu erhöhen gewesen wäre, was sich auf den Endbetrag der Geldbuße wegen deren Herabsetzung auf 2,05 Mio. Euro in Anwendung der Obergrenze von 10 % gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 nicht auswirke. Würdigung durch das Gericht 122    Zur Dauer der Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung (Erwägungsgründe 302 und 378 der angefochtenen Entscheidung) ist zunächst festzustellen, dass zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die Klägerin dem Kartell im Oktober 1997 beigetreten ist. Nicht einig sind sich die Parteien hingegen im Wesentlichen zum einen in der Frage, ob die Kommission zu Recht festgestellt hat, dass die Beteiligung der Klägerin am 5. November 1999 geendet habe, und zum anderen in der Frage, ob die Kommission zu Recht festgestellt hat, dass sich die Klägerin vom 29. Mai 2001 bis zur Beendigung der Zuwiderhandlung, d. h. bis zum 19. Februar 2002, wieder am Kartell beteiligt habe. 123    Sodann ist darauf hinzuweisen, dass nach Ansicht der Kommission das Vorbringen der Klägerin, mit dem diese die Rechtswidrigkeit der Treffen vom 16. November 2001 und vom 8. Januar 2002 in Abrede stellt, ein neues Angriffsmittel darstellt, das erst im Rahmen der Erwiderung erhoben worden und folglich unzulässig sei. 124    Nach Art. 48 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel, das eine Erweiterung eines bereits vorher – unmittelbar oder implizit – vorgetragenen Angriffs- oder Verteidigungsmittels darstellt und einen engen Zusammenhang mit diesem aufweist, ist jedoch zulässig (Urteile des Gerichts vom 10. April 2003, Travelex Global and Financial Services und Interpayment Services/Kommission, T‑195/00, Slg. 2003, II‑1677, Randnrn. 33 f., und vom 24. Mai 2007, Duales System Deutschland/Kommission, T‑151/01, Slg. 2007, II‑1607, Randnr. 71). 125    Im vorliegenden Fall unterstützt das Angriffsmittel, das von der Kommission als neu angesehen wird, die Argumente der Klägerin, mit denen sie auf das Vorbringen der Kommission in der Klagebeantwortung zum dritten Klagegrund, der die Dauer der Beteiligung der Klägerin am Kartell zum Gegenstand hat, reagiert hat. Die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit ist damit zurückzuweisen. 126    Außerdem ist festzustellen, dass die Klägerin nicht ausdrücklich die Nichtigerklärung von Art. 1 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung beantragt, der die Dauer ihrer Beteiligung am Kartell angibt. 127    Im vorliegenden Fall geht indessen aus den Schriftsätzen der Klägerin hervor, dass sie im Grunde die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung insoweit in Frage stellt, als die Kommission feststellt, wie dies in Art. 1 Buchst. b des verfügenden Teils dieser Entscheidung angegeben wird, dass sich die Zuwiderhandlung, was die Klägerin anbelangt, auf die Zeit von Oktober 1997 bis zum 5. November 1999 und vom 29. Mai 2001 bis zum 19. Februar 2002 erstreckt habe. Daher hat die Klägerin in ihren Schriftsätzen angegeben, dass die Dauer ihrer Beteiligung am Kartell auf etwas mehr als ein Jahr festzusetzen sei, nämlich von Oktober 1997 bis Februar 1999, und dass die Kommission mit der Feststellung, dass die Zuwiderhandlung der Klägerin weitaus länger gedauert habe, „den Sachverhalt und die [von der Klägerin] vorgelegten Beweismittel falsch beurteilt“ habe. Überdies steht fest, dass die Klägerin die Dauer ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung im Verwaltungsverfahren, insbesondere in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, bestritten hat (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 78 angeführt, Randnr. 212). 128    Demnach ist davon auszugehen, dass die Klägerin mit dem vorliegenden Klagegrund nicht nur eine Herabsetzung der Geldbuße begehrt, sondern auch eine teilweise Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung und insbesondere von deren Art. 1 Buchst. b, soweit die Kommission darin rechtswidrig festgestellt habe, dass die Zuwiderhandlung von Oktober 1997 bis zum 19. Februar 2002, mit einer Unterbrechung vom 5. November 1999 bis zum 29. Mai 2001, gedauert habe (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 78 angeführt, Randnr. 213). 129    Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass die Kommission nicht nur das Vorliegen eines Kartells, sondern auch dessen Dauer beweisen muss (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg. 2000, II‑491, Randnr. 2802 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insbesondere für den Nachweis eines Verstoßes gegen Art. 81 Abs. 1 EG hat die Kommission die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen zu beweisen und die Beweismittel beizubringen, durch die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend belegt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Baustahlgewebe/Kommission, oben in Randnr. 97 angeführt, Randnr. 58, Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, Slg. 1999, I‑4125, Randnr. 86, und Urteil Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 78 angeführt, Randnr. 215). Hat das Gericht Zweifel, muss dies dem Unternehmen zugutekommen, an das sich die Entscheidung richtet, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird. Das Gericht kann daher nicht davon ausgehen, dass die Kommission das Vorliegen der betreffenden Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn bei ihm noch Zweifel in dieser Hinsicht bestehen; dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine Klage auf Nichtigerklärung und/oder Abänderung einer Entscheidung zur Verhängung einer Geldbuße handelt. In diesem Fall ist nämlich der Grundsatz der Unschuldsvermutung zu beachten, der zu den Grundrechten gehört, die in der Unionsrechtsordnung geschützt sind, und der in Art. 48 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. 2007, C 303, S. 1) verankert ist. Angesichts der Art der betreffenden Zuwiderhandlungen sowie der Art und der Schwere der ihretwegen verhängten Sanktionen ist der Grundsatz der Unschuldsvermutung insbesondere in Verfahren wegen Verstößen gegen die für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln anwendbar, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Hüls/Kommission, C‑199/92 P, Slg. 1999, I‑4287, Randnrn. 149 f.; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 78 angeführt, Randnrn. 215 f.). Somit ist es erforderlich, dass die Kommission aussagekräftige und übereinstimmende Beweise beibringt, um die feste Überzeugung zu begründen, dass die behauptete Zuwiderhandlung stattgefunden hat (vgl. Urteil Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 78 angeführt, Randnr. 217 und die dort angeführte Rechtsprechung). 130    Nach ständiger Rechtsprechung muss nicht jeder der von der Kommission vorgelegten Beweise diesen Kriterien notwendig hinsichtlich jedes Merkmals der Zuwiderhandlung genügen. Es reicht aus, dass das von der Kommission angeführte Indizienbündel bei seiner Gesamtwürdigung dieser Anforderung genügt (vgl. Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 105 angeführt, Randnr. 180 und die dort angeführte Rechtsprechung). 131    Im Übrigen ist es üblich, dass die mit wettbewerbswidrigen Vereinbarungen verbundenen Tätigkeiten im Geheimen ablaufen, die Zusammenkünfte heimlich stattfinden und die Unterlagen darüber auf ein Minimum reduziert werden. Selbst wenn die Kommission Schriftstücke findet, die, wie z. B. Protokolle über Zusammenkünfte, eine unzulässige Kontaktaufnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern ausdrücklich bestätigen, handelt es sich folglich normalerweise nur um lückenhafte und vereinzelte Belege, so dass es häufig erforderlich ist, bestimmte Einzelheiten durch Schlussfolgerungen zu rekonstruieren. In den meisten Fällen muss daher das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnrn. 55 bis 57, und vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, C‑403/04 P und C‑405/04 P, Slg. 2007, I‑729, Randnr. 51). 132    Außerdem muss die Kommission, soweit es an Beweismaterialien fehlt, mit denen die Dauer der Zuwiderhandlung direkt belegt werden kann, nach der Rechtsprechung zumindest Beweismaterialien beibringen, die sich auf Fakten beziehen, die zeitlich so nahe beieinander liegen, dass sie vernünftigerweise den Schluss zulassen, dass die Zuwiderhandlung zwischen zwei konkreten Zeitpunkten ohne Unterbrechung erfolgt ist (Urteil des Gerichts vom 7. Juli 1994, Dunlop Slazenger/Kommission, T‑43/92, Slg. 1994, II‑441, Randnr. 79; vgl. Urteil Peróxidos Orgánicos/Kommission, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung). 133    Im vorliegenden Fall stellt sich angesichts der erhobenen Rügen die Frage, ob der Kommission genügend Beweise vorlagen, um zu dem Schluss zu gelangen, dass die Klägerin in der Zeit von Oktober 1997 bis zum 5. November 1999 am Kartell beteiligt war und dass sie sich in der Zeit vom 29. Mai 2001 bis zum 19. Februar 2002 wieder daran beteiligt hat. Zum Zeitpunkt der Beendigung der Beteiligung der Klägerin am Kartell im Jahr 1999 134    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin ihre Beteiligung am Kartell unstreitig im Jahr 1999 unterbrochen hat. Dagegen streiten die Parteien über den genauen Zeitpunkt dieser Unterbrechung. Die Klägerin bestreitet, nach dem 19. Februar 1999, dem Datum des letzten Treffens, an dem sie eine Teilnahme einräumt, am Kartell beteiligt gewesen zu sein, während die Kommission den Zeitpunkt dieses Rückzugs auf den 5. November 1999 festgelegt hat. Dieses Datum wurde aufgrund der Angaben in den handschriftlichen Notizen bestimmt, die am 5. November 1999 von einem Mitarbeiter von Deltafina angefertigt wurden und sich auf das Treffen des Kartells vom selben Tag beziehen (vgl. Fn. 263 der angefochtenen Entscheidung). Aus diesen Notizen ergebe sich, dass u. a. die Beziehungen zwischen den Mitgliedern des Kartells und der Klägerin Gegenstand dieses Treffens gewesen seien, was zeige, dass diese als ein nicht zum Kartell gehörendes Unternehmen angesehen worden sei. 135    Hierzu ist anzumerken, dass diese handschriftlichen Notizen, aufgrund derer die Kommission den Zeitpunkt festgelegt hat, zu dem die Klägerin ihre Beteiligung am Kartell im Jahr 1999 unterbrochen hat, in Wirklichkeit keine Angaben zum Zeitpunkt der Beendigung dieser Beteiligung enthalten. Das einzige sichere Datum, das sich diesen Notizen entnehmen lässt, ist das ihrer Erstellung durch ihren Verfasser. 136    Daher ist festzustellen, dass die Tatsachen, zu denen sich der Verfasser dieser Notizen implizit äußert, d. h. der Umstand, dass die Klägerin zu den nicht zum Kartell gehörenden Unternehmen gezählt hat, zwangsläufig – wie von der Kommission in Fn. 263 der angefochtenen Entscheidung im Übrigen selbst eingeräumt – dem Zeitpunkt der Anfertigung dieser Notizen vorausgehen. 137    Daher kann aufgrund dieser Notizen, entgegen dem Vorbringen der Kommission in der angefochtenen Entscheidung, der 5. November 1999 nicht als der Zeitpunkt festgestellt werden, zu dem die Klägerin ihre Beteiligung am Kartell unterbrochen hat. 138    Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Kommission im 157. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, mit dem der Teil der Entscheidung beginnt, in dem die beanstandeten Handlungen im Jahr 1999 untersucht werden, ausführt, dass „Deltafina, Dimon Italia und Transcatab … regelmäßig informelle Kontakte zur Besprechung der Marktprognosen und der Entwicklung der Einkaufspreise in Italien [unterhielten]“, ohne die Klägerin zu nennen (was im Übrigen aus Punkt 2.3 des im 7. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genannten Antrags auf Geldbußenerlass von Dimon Italia vom 4. April 2002 klar hervorgeht [Dokument Nr. 38281/04998]). In den Erwägungsgründen 165, 184 und 185 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission dann mehrere Treffen zwischen diesen drei Verarbeitungsunternehmen im Jahr 1999 an, wobei aber keines dieser Treffen die Klägerin betrifft. Außerdem haben sich Deltafina, Dimon Italia und Transcatab, wie im 186. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angegeben, im Oktober 1999 auf eine „in Struktur und Inhalt der Vereinbarung von Villa Grazioli sehr [ähnliche Vereinbarung] zu Bright und Burley [geeinigt]“. Laut der Kommission „[bestand] das wichtigste Element der Vereinbarung … in der Festsetzung der Preise für den Einkauf von Rohtabak … bei Drittpackern, in der Zuordnung bestimmter Drittpacker mit definierten Tabakmengen zu jedem Verarbeitungsunternehmen und im Boykott von Drittpackern, die Cogentab nicht beigetreten waren“. Wie die Kommission in Fn. 263 der angefochtenen Entscheidung selbst einräumt, geht aus den schriftlichen Erklärungen von Transcatab vom 18. April 2002, die diese bei der Nachprüfung in ihren Geschäftsräumen vorgelegt hat, hervor (vgl. auch nachstehend, Randnr. 159), dass die Klägerin das Kartell verlassen hatte, weil sie „mit der Gründung von Cogentab nicht einverstanden war“. Dabei handelte es sich um eine von APTI und Unitab im Oktober 1999 gemäß der Branchenvereinbarung für die Burley-Ernte 1999 gegründete Vereinigung (182. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Darüber hinaus ergibt sich aus dem 159. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass bei den beiden Treffen der Verarbeitungsunternehmen, die im Februar 1999 in Rom (Italien) stattfanden und bei denen die Klägerin nicht zu den Teilnehmern gehörte, „[außerdem] über die Einrichtung eines gemeinsamen Einkaufskomitees [gesprochen wurde], das später den Namen Cogentab erhielt“. 139    In der angefochtenen Entscheidung werden daher von der Kommission letztlich keine Beweise für eine Beteiligung der Klägerin am Kartell bis zum 5. November 1999 vorgelegt. 140    Die Kommission hat erst in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragen, dass die Klägerin am 22. Juli 1999 an einem „operativen“ Treffen teilgenommen habe, das sie jedoch weder in der Mitteilung der Beschwerdepunkte noch in der angefochtenen Entscheidung erwähnt hat. 141    Aus der angefochtenen Entscheidung geht dagegen nur hervor, dass die Klägerin „das Kartell [im Jahr 1999] verlassen hatte“, weil sie „mit der Gründung von Cogentab nicht einverstanden war“ (302. Erwägungsgrund und Fn. 263 der angefochtenen Entscheidung), und dass deren Gründung bei den beiden Treffen vom Februar 1999 erörtert wurde (vgl. 159. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), ohne dass die Kommission in dieser Entscheidung nachgewiesen hat, dass die Klägerin an diesen Treffen teilgenommen hat. 142    Die Kommission hat daher den Sachverhalt falsch beurteilt, als sie in der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen ist, dass die Klägerin ihre Beteiligung am Kartell am 5. November 1999 beendet hat. 143    Vor diesem Hintergrund durfte die Kommission daher, da sie keinen genauen Zeitpunkt für die Beendigung der Beteiligung der Klägerin am Kartell nachgewiesen hat, hierfür nicht den 5. November 1999 feststellen, und nach dem Grundsatz in dubio pro reo (siehe oben, Randnr. 129) ist folglich der Monat Februar 1999 als der letzte Monat anzusehen, in dem die Klägerin am Kartell beteiligt war. 144    Diese Beurteilung kann nicht durch das Vorbringen der Kommission in Frage gestellt werden, dass sie, wenn keine Beweise dafür vorlagen, dass sich die Klägerin gegenüber den anderen Mitgliedern des Kartells ab dem Jahr 1998 bzw. in jedem Fall ab Februar 1999 offen distanziert hat, nach der Rechtsprechung zu Recht habe feststellen können, dass die Beteiligung der Klägerin am Kartell bis zum 5. November 1999 gedauert habe, da Beweise vorgelegen hätten, dass die anderen Mitglieder des Kartells zu diesem Zeitpunkt ebenfalls von einer Beendigung der Beteiligung der Klägerin ausgegangen seien. 145    Insoweit genügt der Hinweis, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht nachgewiesen hat, dass die Klägerin im Jahr 1999 und, genauer gesagt, bis zum 5. November 1999 an Treffen teilgenommen hat, bei denen wettbewerbswidrige Vereinbarungen getroffen oder umgesetzt worden sind (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 131 angeführt, Randnr. 81). Stattdessen heißt es hinsichtlich der Treffen vom Februar 1999 im 159. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass, abgesehen von Deltafina, Dimon Italia und Transcatab, die Anwesenheit anderer Verarbeitungsunternehmen, einschließlich der Klägerin, nicht „eindeutig zu klären“ war. 146    Außerdem steht das Argument der Kommission in Widerspruch zu der in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellung, die auf den schriftlichen Erklärungen von Transcatab vom 18. April 2002 beruht (vgl. Fn. 263 der angefochtenen Entscheidung), nach der die Klägerin am 5. November 1999 „das Kartell bereits verlassen hatte“, da sie mit der Gründung von Cogentab nicht einverstanden war. Aus den in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellungen geht auch hervor (vgl. 159. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), dass die ersten Erörterungen hinsichtlich der Einrichtung von Cogentab bereits bei den Treffen vom Februar 1999 stattfanden (siehe auch oben, Randnrn. 138 und 141). 147    Unbeachtlich ist auch das in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragene Argument der Kommission, dass sie sich gegenüber der Klägerin „großzügig“ gezeigt habe, als sie den 5. November 1999 berücksichtigt habe, da die Klägerin gemäß dem 199. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung am 22. November 1999 an einem Treffen der Verarbeitungsunternehmen mit einem „wahrscheinlich“ wettbewerbswidrigen Inhalt teilgenommen habe. Sowohl in der Mitteilung der Beschwerdepunkte als auch in der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission nämlich einer möglichen Teilnahme der Klägerin an einem solchen Treffen keinen Beweiswert beigemessen, dergestalt dass sie diese der Klägerin hätte zur Last legen können, weswegen sie diese Behauptung im Rahmen der Beurteilung der Dauer der Beteiligung der Klägerin am Kartell nicht übernommen und schließlich festgestellt hat, dass die Klägerin am 5. November 1999 „das Kartell bereits verlassen hatte“ (Fn. 263 der angefochtenen Entscheidung). Diese Einschätzung wird im Übrigen zum einen durch den Antrag auf Erlass der Geldbuße von Dimon Italia vom 4. April 2002 und zum anderen durch die Erklärungen von Transcatab vom 18. April 2002 bestätigt (siehe oben, Randnr. 138). 148    Die Kommission hat schließlich auch nicht nachgewiesen, dass die Klägerin im Jahr 1999 an der Durchführung von Branchenvereinbarungen für die verschiedenen Tabaksorten beteiligt war oder an den Treffen der Verarbeitungsunternehmen teilgenommen hat, bei denen eine gemeinsame Position vereinbart werden sollte, die sie dann bei APTI vertreten wollten, um deren Haltung bei den Verhandlungen mit Unitab in Bezug auf diese Vereinbarungen zu beeinflussen (vgl. 165. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 149    In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist der Rüge stattzugeben, dass die Kommission zu Unrecht festgestellt hat, dass die Klägerin ihre Beteiligung am Kartell am 5. November 1999 beendet hat, da die Kommission aufgrund der hierzu in der angefochtenen Entscheidung gewürdigten Beweise und des übrigen Akteninhalts nur hätte feststellen dürfen, dass die Teilnahme nur bis Februar 1999 erwiesen war (159. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und Fn. 263). Zur Beteiligung der Klägerin am Kartell vom 29. Mai 2001 bis zum 19. Februar 2002 150    Hinsichtlich des Zeitraums, in dem die Klägerin wieder am Kartell beteiligt gewesen sein soll, d. h. vom 29. Mai 2001 bis zum 19. Februar 2002, hat die Kommission ihre Beurteilung auf drei Tatsachen gestützt. Was den Zeitpunkt betrifft, zu dem die Klägerin ihre Beteiligung wieder aufgenommen haben soll, hat die Kommission den 29. Mai 2001 festgestellt, da an diesem Tag ein Mitarbeiter von Deltafina einem Mitarbeiter der Klägerin ein Telefax übersandt habe, das Informationen hinsichtlich des Preises pro Kilogramm enthalten habe, zu dem Deltafina die Anbauverträge für Bright-Tabak unterzeichnen würde (Erwägungsgründe 211 und 302 der angefochtenen Entscheidung). Dieser Umstand, zusammen mit der Teilnahme der Klägerin an zwei Treffen am 16. November 2001 (213. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und am 8. Januar 2002 (222. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), hat die Kommission dann zu der Feststellung veranlasst, dass die Klägerin, wie Deltafina, Transcatab und Dimon Italia, bis zum 19. Februar 2002 am Kartell beteiligt gewesen sei. –       Zum Telefax von Deltafina vom 29. Mai 2001 151    Hinsichtlich des Telefaxes vom 29. Mai 2001 ist zunächst anzumerken, dass darin nur die Preise angegeben waren, die Deltafina in den Anbauverträgen mit den Erzeugervereinigungen für Bright-Tabak, je nach dessen Qualitätsstufe, angeben würde. 152    Hierzu ist erstens festzustellen, dass aus der angefochtenen Entscheidung weder hervorgeht, dass es sich bei diesen Preisen um diejenigen handelte, die im Rahmen des Kartells festgelegt worden waren, noch, dass Deltafina vom Kartell damit beauftragt worden war, solche Preise mitzuteilen. Das Telefax stellt daher einen einzelnen Kontakt zwischen Deltafina und der Klägerin dar, der zwar eine sensible Handelsinformation betraf, die jedoch auf die Preise beschränkt war, die in den Anbauverträgen für nur eine der im 87. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genannten Tabaksorten angegeben werden sollten. Außerdem war in dem Telefax nicht angegeben, für welche Regionen diese Preise gelten sollten, obwohl die Kommission im 99. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung selbst festgestellt hat, dass „die Rohtabakpreise je nach Region und Sorte sehr unterschiedlich [sind]“. 153    Zweitens ist festzustellen, dass es sich bei dem Preis, der in dem Telefax von Deltafina genannt war, das sich ausdrücklich auf Anbauverträge bezog, nur um einen „Vertragspreis“ handeln konnte. Aus der angefochtenen Entscheidung geht nämlich hervor, dass dieser Preis in den Verträgen enthalten ist, die im Allgemeinen zwischen den Erzeugern bzw. Erzeugervereinigungen und den Verarbeitungsunternehmen zwischen März und Mai des jeweiligen Erntejahrs abgeschlossen werden, und dass es sich dabei um den Preis handelt, „zu dessen Zahlung sich die Verarbeitungsunternehmen je nach Qualität des Tabaks verpflichten“ (Erwägungsgründe 90 f. der angefochtenen Entscheidung). 154    Wie im 92. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt wird, weicht dieser Preis von dem Preis ab, der „bei Lieferung des Tabaks tatsächlich gezahlt wird und der unmittelbar von der Qualitätsstufe des Tabaks und anderen Faktoren … abhängt“. Dieser sogenannte „Lieferpreis“ wird nämlich „gewöhnlich im Zeitraum Dezember [bis] Februar festgelegt“. Im Übrigen geht aus dem 279. Erwägungsgrund Buchst. a der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die von den Weiterverarbeitern begangene einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung u. a. die „Festlegung gemeinsamer Einkaufspreise, die die Verarbeitungsunternehmen … bei der Lieferung von Tabak zahlen“, umfasste. 155    Drittens ist zum einen darauf hinzuweisen, dass dem Erhalt dieses Telefaxes durch die Klägerin die Erstellung einer Tagesordnung durch Dimon Italia am 10. Mai 2001 vorausging – die intern bei dieser diskutiert worden war und ein Treffen betraf, das zwei Wochen später in deren Geschäftsräumen stattfinden sollte –, in der als Gesprächsthema u. a. der Punkt „Romana Tabacchi/ATI“ vorgesehen war (209. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Zum anderen hat Dimon Italia nach dem Erhalt des genannten Telefaxes durch die Klägerin an Deltafina und Transcatab am 14. September 2001 eine Tagesordnung übersandt, die ein Treffen betraf, das am 18. September 2001 stattgefunden und an dem die Klägerin nicht teilgenommen hat. Diese Tagesordnung enthält einen Punkt, der wie folgt lautet: „Ns. rapporti Versus ATI, ETI, ROM TAB“ („Unsere Beziehungen zu ATI/ETI und Romana Tabacchi“) (vgl. 212. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Da dieselbe Tagesordnung einen ersten Punkt enthält, der mit „Ribadire ns. Rapporti“ („Stärkung unserer Beziehungen“) überschrieben ist, lässt sich dies nur dahin gehend verstehen, dass die Klägerin, wie sie selbst geltend macht, nicht am Kartell beteiligt war. Die Verwendung des Wortes „versus“ einerseits und die Absicht, die Beziehungen zwischen den Mitgliedern des Kartells zu stärken, andererseits lassen nämlich keine Zweifel an der Position der Klägerin gegenüber Dimon Italia, Transcatab und Deltafina. Außerdem geht auch aus dem 204. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervor, dass am 5. Juni 2001, d. h. zwischen dem Zeitpunkt des Erhalts des Telefaxes von Deltafina und dem Treffen vom 18. September 2001, in Caserta (Italien) ein weiteres operatives Treffen des Kartells stattgefunden hat, an dem die Klägerin nicht teilgenommen hat. 156    Selbst wenn das Telefax von Deltafina als ein Beweis dafür angesehen werden kann, dass die Klägerin mit einem Mitglied des Kartells erneut Kontakt aufgenommen hat, um eine punktuelle Information hinsichtlich des „Vertragspreises“ einer bestimmten Tabaksorte zu erhalten, der in den Anbauverträgen angegeben werden sollte, die sie mit den Erzeugervereinigungen abschließen würde, so kann dieser Umstand, insbesondere vor dem oben in den Randnrn. 152 bis 155 dargestellten Hintergrund, für sich allein nicht als ein ausreichender Hinweis dafür angesehen werden, dass die Klägerin erneut am Kartell beteiligt war. –       Zu den Treffen vom 16. November 2001 und vom 8. Januar 2002 157    Die Klägerin räumt ein, dass sie an den Treffen vom 16. November 2001 und vom 8. Januar 2002 teilgenommen hat. Sie trägt jedoch vor, dass sie von Dimon Italia zu einem Treffen „gerufen“ worden sei, das am 16. November 2001 in den Geschäftsräumen von APTI stattgefunden habe und bei dem sie aufgefordert worden sei, als „Vermittlerin“ tätig zu werden, um den Widerstand des Burley-Konsortiums gegen das von Unitab und APTI unterstützte Versteigerungssystem für den Verkauf von Tabak, das von Cogentab hätte geleitet werden sollen, abzubauen. Zu diesem Zweck habe die Klägerin dann die betroffenen Parteien zu dem Treffen vom 8. Januar 2002 in ihren Geschäftsräumen geladen. 158    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung zum Nachweis der Teilnahme eines Unternehmens an einem Kartell genügt, wenn die Kommission dartut, dass das betreffende Unternehmen an Treffen teilgenommen hat, bei denen wettbewerbswidrige Vereinbarungen getroffen wurden, ohne sich offen dagegen auszusprechen. Ist die Teilnahme an solchen Zusammenkünften erwiesen, obliegt es diesem Unternehmen, anhand von Indizien nachzuweisen, dass es an diesen Zusammenkünften ohne irgendwelche wettbewerbswidrigen Absichten teilgenommen hat, und zu beweisen, dass es seine Wettbewerber auf seine andere Zielsetzung hingewiesen hat. Diesem Rechtsgrundsatz liegt die Erwägung zugrunde, dass ein Unternehmen, das an dem genannten Treffen teilgenommen hat, ohne sich offen von dessen Inhalt zu distanzieren, den übrigen Teilnehmern den Eindruck vermittelt hat, dass es sich dem Ergebnis dieses Treffens anschließe und sich entsprechend verhalten werde (vgl. Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 131 angeführt, Randnrn. 81 f. und die dort angeführte Rechtsprechung). 159    Erstens ist festzustellen, dass Transcatab in ihren Erklärungen vom 18. April 2002 behauptet, die Klägerin habe das Kartell im Jahr 1999 verlassen, als das „Einkaufssystem Cogentab“ eingeführt worden sei, um, wie Transcatab ausführt, bei anderen Verarbeitungsunternehmen, die zwischenzeitlich das Burley-Konsortium eingeführt hätten, um in erster Linie dem System Cogentab und der Einführung des „Versteigerungssystem“ entgegenzuwirken, Marktanteile zu gewinnen. Transcatab führt u. a. Folgendes aus: „Nach ca. zwei Jahren hält es Romana Tabacchi – u. a. wegen der mit ATI (eine Teilstruktur des früheren italienischen Tabakmonopols [vgl. Erwägungsgrund 39 der angefochtenen Entscheidung], die im Jahr 2001 Cogentab beigetreten war [vgl. Erwägungsgrund 183 der angefochtenen Entscheidung]) geschlossenen Vermarktungsvereinbarungen – für erforderlich, bei APTI aufgenommen zu werden. Folglich muss sie sich zu der Einkaufspolitik innerhalb der Cogentab und zur Anwendung des Versteigerungssystems äußern. Ende 2001 und Anfang 2002 fanden daher mehrere Treffen bei APTI und Romana Tabacchi statt, bei denen diese ihre Haltung bezüglich der Versteigerungen änderte und sich für eine Vermittlung zwischen der Position des [Burley-Konsortiums] und derjenigen von Cogentab aussprach.“ 160    Zwischen den Parteien ist dabei unstreitig, dass eine Anpassung des Versteigerungssystems für den Einkauf von Rohtabak, die Ende des Jahres 2001 erörtert worden war, wenige Monate später in der Verordnung (EG) Nr. 546/2002 des Rates vom 25. März 2002 zur Festsetzung der Prämien und Garantieschwellen für Tabakblätter nach Sortengruppen und Mitgliedstaaten für die Ernten 2002, 2003 und 2004 sowie zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2075/92 (ABl. L 84, S. 4) vorgesehen war. 161    Aus den Erklärungen von Transcatab geht daher hervor, dass die Klägerin das Kartell im Jahr 1999 endgültig verlassen hat und dass sie im Jahr 2001, nachdem sie ihre Aufnahme bei APTI beantragt hatte, an den fraglichen Treffen teilgenommen hat, um das Versteigerungssystem zu erörtern und die Vermittlung zwischen dem Burley-Konsortium und Cogentab hinsichtlich dieses Systems zu fördern. Laut Transcatab hat die Klägerin somit mit ihrer Teilnahme an diesen Treffen einen besonderen Zweck verfolgt. Sie hatte daher eine andere Zielsetzung als die Mitglieder des Kartells und hat ihrerseits nicht auf wettbewerbswidrige Absichten schließen lassen. 162    Zweitens ergibt sich, wie bereits oben in Randnr. 138 ausgeführt, aus Punkt 2.3 des Antrags von Dimon Italia vom 4. April 2002 auf Erlass der Geldbuße, dass in dem Zeitraum von 1999 bis 2002 nur die drei „wichtigsten Verarbeitungsunternehmen“, nämlich Deltafina, Dimon Italia und Transcatab, hinsichtlich des Gegenstands des Kartells regelmäßige Kontakte unterhielten. Die Klägerin wird dagegen von Dimon Italia nicht als ein aktives Mitglied des Kartells in diesem Zeitraum angesehen. Daher ist festzustellen, dass Dimon Italia, wie sich aus ihrer Wiedergabe dieses Zeitraums der Tätigkeit des Kartells ergibt, die Teilnahme der Klägerin an den fraglichen Treffen nicht als einen Ausdruck von wettbewerbswidrigen Absichten wahrgenommen hat. 163    Drittens hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass in der Zeit vom 29. Mai 2001 bis Februar 2002 sechs Treffen stattgefunden haben und die Klägerin nur an zwei dieser Treffen teilgenommen hat, darunter dasjenige vom 16. November 2001, bei dem es sich nicht um eine Zusammenkunft des Kartells im eigentlichen Sinne, sondern um ein APTI-Treffen gehandelt hat. Was außerdem das Treffen vom 8. Januar 2002 anbelangt – das zweite Treffen, an dem die Klägerin während des gesamten Zeitraums vom 29. Mai 2001 bis zum Ende der Zuwiderhandlung teilgenommen hat –, ist zum einen festzustellen, dass nach den Erklärungen von Transcatab vom 18. April 2002 bei diesem Treffen außer Transcatab selbst, Dimon Italia, Deltafina und der Klägerin auch ein Vertreter eines anderen Unternehmens anwesend war. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass diesem Treffen ein weiteres Treffen am Vortag vorausgegangen ist, an dem nur Dimon Italia, Transcatab und Deltafina teilgenommen hatten (vgl. 222. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Angesichts der in den Erklärungen von Transcatab und im Antrag auf Erlass der Geldbuße von Dimon Italia enthaltenen Aussagen (siehe insbesondere oben, Randnrn. 161 f.), hat die Kommission daher nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass es sich bei dem Treffen vom 8. Januar 2002 um ein Treffen des Kartells gehandelt hat. 164    Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass in einem Kontext wie dem vorstehend beschriebenen die Kommission nicht über Beweise oder ein Indizienbündel verfügt hat, um hinreichend nachweisen zu können, dass die Klägerin in der Zeit vom 29. Mai 2001 bis zum 19. Februar 2002 am Kartell beteiligt war. Stattdessen hätten verschiedene Punkte in der Verwaltungsakte, wie sich ebenfalls aus der angefochtenen Entscheidung ergibt, die Kommission zu einer anderen Schlussfolgerung veranlassen können als derjenigen, die sie letztlich hinsichtlich der Dauer der Beteiligung der Klägerin gezogen hat. 165    Da die von der Kommission angeführten Indizien insgesamt nicht ausreichen, um eine Beteiligung der Klägerin am Kartell in dem oben genannten Zeitraum anzunehmen, ist festzustellen, dass die Kommission den Sachverhalt falsch beurteilt hat, als sie davon ausgegangen ist, dass die Klägerin in der Zeit vom 29. Mai 2001 bis zum 19. Februar 2002, dem Zeitpunkt der Beendigung der Zuwiderhandlung, am Kartell beteiligt war. 166    Nach alledem greift der vorliegende Klagegrund durch. Daher ist Art. 1 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung, soweit er die Zuwiderhandlung der Klägerin über Februar 1999 hinaus berücksichtigt, für nichtig zu erklären. Auf die daraus abzuleitenden Folgen für die Bestimmung der Höhe der Geldbuße wird nachstehend in den Randnrn. 265 ff. eingegangen. 4.     Zum zweiten Klagegrund: Nicht folgerichtige Begründung und Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung bei der Abstufung des Ausgangsbetrags der Geldbuße Vorbringen der Parteien 167    Die Klägerin macht zum einen geltend, dass die Kommission nicht das Jahr 2001 als Referenzjahr für die Ermittlung ihres Marktanteils hätte wählen dürfen. Da sie nicht ununterbrochen an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, hätte die Kommission entweder den Durchschnitt der Marktanteile während des gesamten betreffenden Zeitraums als Berechnungsgrundlage heranziehen müssen – der in ihrem Fall bei 4,69 % des Marktes gelegen habe –, was erst recht bei Zuwiderhandlungen von mittlerer Dauer angemessen sei, oder sie hätte allenfalls den Marktanteil im Jahr 1998 berücksichtigen dürfen und nicht den Marktanteil im Jahr 2001, in dem sie, wenn dies denn erwiesen wäre, jedenfalls nur teilweise beteiligt gewesen sei. Sie macht auch geltend, dass sie, da ihr Marktanteil geringer gewesen sei als der von Transcatab und Dimon Italia, nicht in dieselbe Gruppe von Unternehmen hätte eingestuft werden dürfen wie diejenige, der diese Unternehmen zugeordnet worden seien und für die die Kommission den gleichen Ausgangsbetrag von 10 Mio. Euro festgelegt habe. Bereits vor der Anwendung eines Multiplikators hätte die Kommission ebenfalls unterschiedliche Ausgangsbeträge festsetzen müssen. 168    Die Klägerin beanstandet insbesondere die Verwendung des Marktanteils des letzten vollen Jahres der Zuwiderhandlung als Bezugskriterium für die Bestimmung des spezifischen Gewichts eines Unternehmens. Die Verwendung eines solchen Marktanteils müsse in allen Fällen, in denen, wie vorliegend, die Beteiligung eines Unternehmens am Kartell Unterbrechungen erfahren habe, angepasst werden. In einem solchen Fall spiegle der Marktanteil des letzten vollen Jahres der Zuwiderhandlung nämlich nicht nur die Gewinne wider, die das Unternehmen aufgrund seines wettbewerbswidrigen Verhaltens erzielt habe, sondern auch diejenigen, die es aufgrund seiner Tätigkeit auf dem Markt in den Zeiten erzielt habe, in denen es nicht am Kartell beteiligt gewesen sei. Genau das sei vorliegend der Fall, da das größte von der Klägerin erzielte Wachstum in den Jahren 1999 und 2000 zu verzeichnen gewesen sei, als sie unstreitig nicht am Kartell beteiligt gewesen sei. 169    Da die Kommission sowohl für die Klägerin als auch für die anderen Unternehmen, deren Beteiligung am Kartell keine Unterbrechung erfahren habe, dieselbe Berechnungsmethode angewandt habe, sei die angefochtene Entscheidung wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und einer nicht folgerichtigen Begründung des betreffenden Teils fehlerhaft. 170    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. 171    Sie weist erstens darauf hin, dass nach der Rechtsprechung die Anwendung desselben Ausgangsbetrags auf Unternehmen, die einen Marktanteil besäßen, der sich innerhalb einer geringen Bandbreite bewege – wie dies vorliegend der Fall sei –, keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung darstelle. Außerdem verfüge sie bei der Festsetzung der Geldbußen über einen weiten Ermessensspielraum, und sie sei nicht verpflichtet, eine genaue mathematische Formel anzuwenden. Das Vorbringen gehe ohnehin fehl, da der Endbetrag der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße letztlich gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 auf 2,05 Mio. Euro herabgesetzt worden sei. 172    Zweitens macht die Kommission zum Vorbringen der Klägerin, mit dem diese sich gegen die Verwendung des Marktanteils des letzten vollen Jahres der Zuwiderhandlung als Bezugskriterium wendet, geltend, dass sie nach der Rechtsprechung innerhalb der Grenzen ihres Ermessensspielraums handle, wenn sie bei der Festsetzung der Geldbußen die betreffenden Unternehmen in schlüssiger und objektiv gerechtfertigter Weise in Kategorien einteile. Die Marktanteile des letzten vollen Jahres der Zuwiderhandlung seien ein geeignetes Indiz für das spezifische Gewicht und die Auswirkungen des ungesetzlichen Handelns auf den Wettbewerb, da sie, zumindest zum Teil, die Folge der Zuwiderhandlung selbst sein könnten. 173    Drittens führt die Kommission zum Vorbringen, bei Zuwiderhandlungen von mittlerer Dauer sei es angemessener, als Bezugskriterium den Durchschnitt der Marktanteile der betreffenden Unternehmen in den Jahren der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen, zunächst aus, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um eine Zuwiderhandlung von „mittlerer“ Dauer, sondern von „langer“ Dauer gehandelt habe. Sodann macht sie geltend, dass der Durchschnitt der Marktanteile, gerade weil die Klägerin ihre Teilnahme am Kartell eine bestimmte Zeit lang unterbrochen habe, kein Parameter für die Einteilung der betreffenden Unternehmen in Kategorien für die Festsetzung der Geldbußen sein könne. Außerdem hätte die Kommission für die Berechnung dieses Durchschnitts von jedem der am Kartell beteiligten Unternehmen nicht nur die Daten zu deren eigenen Ankäufen von Rohtabak in den Jahren 1995 bis 2000 erhalten müssen, sondern auch den Gesamtwert der Ankäufe von Rohtabak für jedes dieser Jahre, was auch den Ankäufen von jedem anderen italienischen Verarbeitungsunternehmen in den sechs Jahren des Kartells entsprochen hätte, mit all den damit verbundenen Schwierigkeiten. 174    Selbst wenn der Durchschnitt der Marktanteile der betreffenden Unternehmen in den Jahren des Kartells berücksichtigt und angenommen würde, dass der Marktanteil der Klägerin bei ca. 5 % liege, sei jedenfalls eine Bandbreite von 5 % bis 11 % nicht wesentlich größer als eine Bandbreite von 11 % bis 18 %, die von der Rechtsprechung als angemessen angesehen worden sei. Im Übrigen könnte dem Vorbringen der Klägerin selbst dann nicht gefolgt werden, wenn diese z. B. nur im letzten Jahr des Kartells an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen wäre. Es sei daher nicht zu rechtfertigen, wenn die Klägerin aus dem Umstand, dass ihre Teilnahme an den Tätigkeiten des Kartells länger als ein Jahr gedauert habe, irgendeinen Vorteil – in Form einer Herabsetzung der Geldbuße – ziehen könnte. 175    Viertens verweist die Kommission zum Vorbringen, die Verwendung des Marktanteils des letzten vollen Jahres der Zuwiderhandlung sei in allen Fällen anzupassen, in denen die Beteiligung am Kartell Unterbrechungen erfahren habe, darauf, dass in der angefochtenen Entscheidung die kürzere Dauer der Beteiligung der Klägerin bereits bei der Berechnung des Ausgangsbetrags der gegen sie verhängten Geldbuße berücksichtigt worden sei. Laut der Kommission ist daher nicht ersichtlich, weshalb diese, bezogen auf die Dauer, geringere Beteiligung auch als mildernder Umstand zu berücksichtigen sein solle. Würdigung durch das Gericht 176    Zunächst ist hinsichtlich der Wahl des Referenzjahrs für die Ermittlung des jeweiligen Gewichts der Unternehmen festzustellen, dass die Leitlinien zwar in Nr. 1 Teil A Abs. 4 und 5 eine differenzierte Behandlung der Unternehmen nach ihrer wirtschaftlichen Bedeutung vorsehen, jedoch nicht vorgeben, nach welchem Jahr das jeweilige Gewicht der Unternehmen zu bestimmen ist. Dabei ist Nr. 5 Buchst. a Abs. 2 die einzige Regelung in den Leitlinien, nach der das dem Jahr des Erlasses der Entscheidung vorausgehende Geschäftsjahr zu berücksichtigen ist, wobei diese Regelung nur auf die Ermittlung des Umsatzes im Zusammenhang mit der Einhaltung der 10%-Grenze nach Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 anwendbar ist. Diese Regelung ist damit nicht auf die Bestimmung des jeweiligen Gewichts der am Kartell beteiligten Unternehmen anwendbar. 177    Nach der Rechtsprechung hat die Kommission eine Berechnungsmethode zu wählen, die es ihr ermöglicht, Größe und Wirtschaftskraft eines jeden betroffenen Unternehmens sowie das Ausmaß der begangenen Zuwiderhandlung anhand der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage zur Zeit der Begehung der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen. Zudem muss nach der Rechtsprechung der zu berücksichtigende Zeitraum so abgegrenzt werden, dass die ermittelten Umsatzzahlen – und die Marktanteile – so weit wie möglich miteinander vergleichbar sind. Das Referenzjahr muss daher nicht unbedingt das letzte volle Jahr sein, in dem die Zuwiderhandlung angedauert hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. September 2010, Trioplast Wittenheim/Kommission, T‑26/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 81 f. und die dort angeführte Rechtsprechung). 178    Wie sich aus dem 372. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ergibt, in dem der Marktanteil von Deltafina festgestellt wird, war das Jahr 2001, das vorliegend als Referenzjahr für die Bestimmung des jeweiligen Gewichts der Unternehmen gewählt wurde, das letzte volle Jahr der Zuwiderhandlung der Verarbeitungsunternehmen. 179    Daher hat die Kommission Deltafina, mit einem Marktanteil im Jahr 2001 von 25 %, in eine Kategorie eingestuft (372. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und Dimon Italia, Transcatab sowie die Klägerin, mit einem Marktanteil im Jahr 2001 von 11,28 % (35. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), 10,8 % (37. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) bzw. 8,86 % (40. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), in einer anderen Kategorie zusammengefasst (373. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Infolge dieser Zuordnung und nach Anwendung eines Multiplikators von 1,5 für Deltafina und von 1,25 für Transcatab und Dimon Italia wurde der Ausgangsbetrag für Deltafina auf 37,5 Mio. Euro, für Transcatab und Dimon Italia auf 12,5 Mio. Euro und für die Klägerin auf 10 Mio. Euro festgesetzt (376. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 180    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Methode, die Mitglieder eines Kartells im Hinblick auf eine differenzierte Behandlung im Stadium der Festsetzung der Ausgangsbeträge ihrer Geldbußen in Kategorien einzuteilen, obwohl die Größenunterschiede zwischen Unternehmen derselben Kategorie unberücksichtigt bleiben, zu einer Pauschalierung des für die Unternehmen derselben Kategorie festgesetzten Ausgangsbetrags führt (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. März 2006, Daiichi Pharmaceutical/Kommission, T‑26/02, Slg. 2006, II‑713, Randnr. 83 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil Itochu/Kommission, oben in Randnr. 103 angeführt, Randnr. 73). 181    Bei einer solchen Einteilung in Kategorien muss allerdings der Grundsatz der Gleichbehandlung beachtet werden, wonach vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. hierzu die oben in Randnr. 102 angeführte Rechtsprechung). Im Übrigen muss die Höhe der Geldbußen nach der Rechtsprechung zumindest in angemessenem Verhältnis zu den Faktoren stehen, die für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes eine Rolle gespielt haben. Bei der Prüfung, ob die Einteilung der Mitglieder eines Kartells in Kategorien mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit in Einklang steht, ist festzustellen, ob diese Einteilung schlüssig und objektiv gerechtfertigt ist (vgl. in diesem Sinne Urteile Daiichi Pharmaceutical/Kommission, oben in Randnr. 180 angeführt, Randnrn. 84 f., und Itochu/Kommission, oben in Randnr. 103 angeführt, Randnr. 74). 182    Nach der angefochtenen Entscheidung war die Klägerin während eines ersten Zeitraums von Oktober 1997 bis zum 5. November 1999 und während eines zweiten Zeitraums vom 29. Mai 2001 bis zum 19. Februar 2002 am Kartell beteiligt, während die anderen Mitglieder vom 29. September 1995 bis zum 19. Februar 2002 ohne Unterbrechung daran beteiligt waren. Obwohl die Kommission festgestellt hat, dass die Klägerin während eines kürzeren und nicht zusammenhängenden Zeitraums am Kartell beteiligt war – wobei dessen genaue Dauer, wie oben im Rahmen des dritten Klagegrundes festgestellt, von der Klägerin bestritten wird –, hat sich die Kommission auf die Marktanteile der betreffenden Unternehmen, einschließlich der Klägerin, im Jahr 2001 gestützt, dem letzten vollen Jahr der Zuwiderhandlung, ungeachtet der Tatsache, dass die Klägerin laut der angefochtenen Entscheidung ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung erst am 29. Mai 2001 wieder aufgenommen hat. 183    Indem die Kommission für die Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbußen als Kriterium den Marktanteil im letzten vollen Jahr der Zuwiderhandlung gewählt hat, hat sie unterschiedliche Sachverhalte gleichbehandelt. Die Klägerin hat sich nämlich in einer anderen Situation befunden als die drei anderen Verarbeitungsunternehmen, da sie, der angefochtenen Entscheidung zufolge, zum einen insgesamt während eines kürzeren und nicht zusammenhängenden Zeitraums und zum anderen nur für einen begrenzten Teil des Jahres 2001 am Kartell beteiligt war, während die anderen Verarbeitungsunternehmen von September 1995 bis Februar 2002 ohne Unterbrechung daran beteiligt waren. Die Wahl des Jahres 2001 als Referenzjahr stellt daher eine Ungleichbehandlung zulasten der Klägerin dar. 184    Für eine solche Ungleichbehandlung gibt es keine objektive Rechtfertigung. Wenn die Kommission nämlich die Marktanteile heranziehen kann, die ein Unternehmen, das Mitglied eines Kartells ist, während des letzten vollen Jahres der festgestellten Zuwiderhandlung innegehabt hat, um seine Größe und Wirtschaftskraft in einem bestimmten Markt und das Ausmaß der von ihm begangenen Zuwiderhandlung zu bewerten (siehe oben, Randnr. 177), muss sie jedenfalls darauf achten, dass die Marktanteile jedes der beteiligten Unternehmen die tatsächliche wirtschaftliche Lage zur Zeit der Begehung der Zuwiderhandlung angemessen wiedergeben. Nur wenn das letzte volle Jahr der Zuwiderhandlung, von dem die Kommission ausgeht, der Dauer der Beteiligung jedes dieser Unternehmen entspricht, können in der Regel bei Zuwiderhandlungen von langer Dauer, wie im vorliegenden Fall, die Marktanteile dieses Jahres in diesem Zusammenhang als angemessene Indikatoren dienen und können mit diesen so weit wie möglich vergleichbare Ergebnisse erzielt werden, vor allem für die Einteilung der beteiligten Unternehmen in Kategorien. 185    Im vorliegenden Fall trägt die Kommission indessen in der angefochtenen Entscheidung keine stichhaltige Rechtfertigung dafür vor, weshalb sie die vier betroffenen Verarbeitungsunternehmen in zwei Kategorien eingeteilt und insbesondere die Klägerin sowie Transcatab und Dimon Italia, bei denen es sich jeweils um die Tochterunternehmen der multinationalen Gruppen SCC bzw. Dimon handelt, aufgrund ihrer jeweiligen Marktanteile im Jahr 2001 in derselben Kategorie zusammengefasst hat. Die Kommission stellt hierzu lediglich fest, dass für Transcatab, Dimon Italia und die Klägerin, da deren Marktanteile geringer gewesen seien, im Vergleich zu Deltafina „niedrigere Ausgangsbeträge der Geldbuße festzusetzen“ seien (373. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). In Anbetracht der unterschiedlichen Dauer ihrer Beteiligung am Kartell, auch im Jahr 2001, ihrer unterschiedlichen Rollen bei der Ausgestaltung und Durchführung des Kartells sowie ihrer unterschiedlichen Größe und Wirtschaftskraft gab es dagegen keine objektive Rechtfertigung dafür, dass die Kommission die Klägerin mit Dimon Italia und Transcatab gleichsetzt und diese drei Unternehmen in dieselbe Kategorie einteilt und auf sie denselben Ausgangsbetrag der Geldbuße anwendet. 186    Unter diesen Umständen und angesichts der in den Erwägungsgründen 301 f. der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Ausführungen zur Dauer der Zuwiderhandlung konnte die Kommission das Jahr 2001 nicht als das letzte volle Jahr der festgestellten Zuwiderhandlung berücksichtigen, ohne im Hinblick auf die Klägerin gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen, da diese, laut der Kommission, erst ab dem 29. Mai 2001 an der Zuwiderhandlung beteiligt war (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Fiskeby Board/Kommission, T‑319/94, Slg. 1998, II‑1331, Randnr. 43). 187    Dies gilt umso mehr im Licht der oben in den Randnrn. 150 bis 165 im Rahmen der Würdigung des dritten Klagegrundes entwickelten Überlegungen, nach denen die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass die Klägerin ihre Beteiligung am Kartell am 29. Mai 2001 wieder aufgenommen hat und bis zur Beendigung der Zuwiderhandlung daran beteiligt war. 188    In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass die Kommission, indem sie den Marktanteil im letzten vollen Jahr der Zuwiderhandlung, nämlich im Jahr 2001, für alle beteiligten Unternehmen als Kriterium verwendet hat, um die Klägerin, Mindo und Transcatab in derselben Kategorie zusammenzufassen und ihnen gegenüber denselben Ausgangsbetrag anzuwenden, gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen hat. 189    Die Argumente, die die Kommission hierzu vorbringt, sind nicht geeignet, dieses Ergebnis in Frage zu stellen. 190    Was erstens das Vorbringen anbelangt, die Marktanteile des letzten vollen Jahres der Zuwiderhandlung seien ein geeignetes Indiz für das spezifische Gewicht und die Auswirkungen des ungesetzlichen Handelns auf den Wettbewerb, selbst wenn berücksichtigt werde, dass sie, zumindest zum Teil, die Folge der Zuwiderhandlung selbst sein könnten, ist festzustellen, dass eben dies nicht der Fall ist, wenn das betreffende Unternehmen nicht während des gesamten letzten Jahres an der Zuwiderhandlung beteiligt war (siehe oben, Randnr. 184). Außerdem ist anzumerken, dass eine solche Feststellung ein Unternehmen nicht daran hindern kann, nachzuweisen, wie dies vorliegend der Fall ist, dass sein Marktanteil in dem herangezogenen Zeitraum aus für dieses Unternehmen spezifischen Gründen weder für seine tatsächliche Größe und Wirtschaftskraft noch für das Ausmaß der von ihm begangenen Zuwiderhandlung einen Anhaltspunkt bietet (vgl. in diesem Sinne Urteil Fiskeby Board/Kommission, oben in Randnr. 186 angeführt, Randnr. 42). Der Marktanteil der Klägerin im Jahr 2001, verglichen mit der bemerkenswerten Entwicklung ihrer Marktanteile in dem Zeitraum, in dem sie nicht am Kartell beteiligt war, kann nämlich nicht oder zumindest nur in geringem Maße, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, als das Ergebnis ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung angesehen werden. In diesem Zusammenhang kann dem von der Kommission in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argument, dass die Klägerin jedenfalls in der entscheidenden Phase, nämlich in der zweiten Hälfte des Jahres 2001, am Kartell beteiligt gewesen sei, nicht gefolgt werden. Die Kommission hat dieses Argument nämlich nicht untermauert, und es widerspricht im Wesentlichen ihrer in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Wahl, das letzte volle Jahr der Zuwiderhandlung heranzuziehen. Jedenfalls hat die Kommission, wie im Rahmen der Würdigung des dritten Klagegrundes festgestellt (siehe oben, Randnrn. 150 bis 165), nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass die Klägerin in der zweiten Hälfte des Jahres 2001 am Kartell beteiligt war. 191    Was zweitens das Argument betrifft, das gegen die Verwendung des Durchschnitts der Marktanteile gerichtet ist, da die Kommission eine Reihe von Informationen hätte einholen müssen, die schwierig zu beschaffen gewesen wären, genügt die Feststellung, dass sich die Kommission hinsichtlich der Marktanteile, die sie für das Jahr 2001 herangezogen hat, darauf beschränkt hat, die Informationen zu verwenden, die ihr von den Unternehmen selbst übermittelt worden waren. Aus den Erwägungsgründen 31, 35, 37 und 40 der angefochtenen Entscheidung geht nämlich hervor, dass die jeweiligen Marktanteile von Deltafina, Dimon Italia, Transcatab und der Klägerin, die die Kommission in den Erwägungsgründen 372 f. der angefochtenen Entscheidung für die Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbußen und eine differenzierte Behandlung verwendet hat, den eigenen Schätzungen dieser Unternehmen entsprechen. Wie im Übrigen aus den Unterlagen hervorgeht, die die Kommission auf Verlangen des Gerichts zu den Akten gereicht hat, hat sie über Daten zu den Marktanteilen dieser Unternehmen in den Jahren 1999 bis 2002 verfügt, die ihr während des Verwaltungsverfahrens auf ihre ausdrückliche Aufforderung hin übermittelt worden waren. Das Vorbringen, für die Kommission sei es besonders schwierig gewesen, weitere Informationen zu erhalten, kann daher nicht durchgreifen, da aus der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, dass die Kommission diese Entscheidung auf Informationen zu den Jahren 1999 bis 2002 gestützt hat, hinsichtlich derer es die Kommission selbst für angebracht gehalten hat, diese von den Verarbeitungsunternehmen zu verlangen, und die ihr von diesen Unternehmen vorgelegt worden waren. 192    Was drittens das Vorbringen angeht, in der angefochtenen Entscheidung sei bei der Berechnung des Grundbetrags der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße bereits die kürzere Dauer ihrer Beteiligung berücksichtigt worden, genügt die Feststellung, dass sich der vorliegende Klagegrund in Wirklichkeit gegen die Festsetzung des Ausgangsbetrags richtet, die auf der Grundlage der Schwere und nicht der Dauer der Zuwiderhandlung erfolgt. Im Übrigen hat die Klägerin, entgegen dem Vorbringen der Kommission, nicht verlangt, dass ihre in Bezug auf die Dauer geringere Beteiligung als mildernder Umstand berücksichtigt wird. 193    Was viertens das Argument der Kommission betrifft, der vorliegende Klagegrund setze notwendigerweise voraus, dass die Beteiligung der Klägerin am Kartell deutlich länger als ein Jahr gedauert habe, und es sei daher nur schwer zu rechtfertigen, dass die Klägerin aus diesem Umstand irgendeinen Vorteil – in Form einer Herabsetzung der Geldbuße – ziehen könnte, ist festzustellen, dass es sich dabei um ein rein hypothetisches Argument handelt, dem kein Beweiswert zukommt. In dem von der Kommission angeführten Fall, dass die Beteiligung eines Unternehmens an einem Kartell auf das letzte Jahr beschränkt wäre, könnte nämlich nur der Marktanteil dieses Jahres berücksichtigt werden. Da dies vorliegend jedoch nicht der Fall war, hat die Kommission somit nicht dargetan, wie und in welchem Maße die Klägerin daraus einen Vorteil ziehen könnte, dass ihre Beteiligung am Kartell deutlich länger als das letzte Jahr der Zuwiderhandlung gedauert habe. 194    Zu der von der Kommission in der mündlichen Verhandlung vorgeschlagenen Auswertung des Wertes der Ankäufe der Klägerin im Jahr 2001, mit der nachgewiesen werden soll, dass deren Marktanteil im Jahr 2001 im Grunde unterschätzt worden sei, ist lediglich festzustellen, dass dieses Argument zurückzuweisen ist, da es die in der angefochtenen Entscheidung der Kommission getroffenen Feststellungen in Frage stellt. 195    Der zweite Klagegrund greift daher durch, da die Kommission, indem sie den bei der Klägerin angesetzten Ausgangsbetrag auf deren Marktanteil im Referenzjahr 2001 gestützt hat, gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen hat. Auf die daraus abzuleitenden Folgen für die Bestimmung der Höhe der Geldbuße wird nachstehend in den Randnrn. 265 ff. eingegangen. 5.     Zum vierten Klagegrund: Unzureichende Ermäßigung der Geldbuße angesichts der „störenden“ Rolle der Klägerin und Nichtberücksichtigung weiterer mildernder Umstände 196    Die Klägerin wirft der Kommission vor, dass diese den Grundbetrag ihrer Geldbuße nur um 30 % herabgesetzt habe. 197    Das Vorbringen der Klägerin besteht aus zwei Teilen. Im Rahmen des ersten Teils macht die Klägerin geltend, die Kommission habe den mildernden Umstand, dass auf sie Druck ausgeübt worden sei, und ihre rein passive Rolle bei der Zuwiderhandlung verkannt. Im Rahmen des zweiten Teils trägt die Klägerin vor, die Kommission habe als mildernden Umstand eine „häufige Störung der Zielsetzungen des Kartells“ anerkannt, dabei aber der Tatsache, dass die Klägerin die Entscheidungen des Kartells de facto systematisch nicht angewandt habe, kein angemessenes Gewicht im Sinne der Leitlinien beigemessen. Zum ersten Teil: Verkennung des auf die Klägerin ausgeübten Drucks und ihrer rein passiven Rolle als mildernde Umstände durch die Kommission Vorbringen der Parteien 198    Die Klägerin erinnert daran, dass sie bereits während des Verwaltungsverfahrens erklärt habe, dass ihre formelle Beteiligung am Kartell das Ergebnis des Drucks gewesen sei, den die anderen Verarbeitungsunternehmen auf sie ausgeübt hätten, und dass die Furcht vor Repressalien seitens dieser Unternehmen sie dazu veranlasst habe, den Erwartungen des „harten Kerns“ des Kartells, zu dem Deltafina, Dimon Italia und Transcatab gehört hätten, scheinbar nachzukommen. 199    Zur Stützung ihrer Behauptung weist sie darauf hin, dass sie folgende Beweismittel vorgelegt habe: –        ein internes Memorandum von Dimon Italia vom 9. Oktober 1997 (Dokument Nr. 39281-4670/4671), in dem auf den Vorschlag von Deltafina verwiesen werde, dass die „fünf großen“ italienischen Verarbeitungsunternehmen eine Vereinbarung treffen sollten, und aus dem hervorgehe, dass Deltafina auf alle im Tabaksektor tätigen Unternehmen mit einer starken Marktstellung Druck ausgeübt habe, um ein Kartell der Verarbeitungsunternehmen einzurichten; –        ein Dokument zum Erntejahr 1997 (Dokument Nr. 38281-434/435), das Deltafina an die anderen Verarbeitungsunternehmen übersandt habe und in dem auf die „Absicht, bei möglichen Störungen des Marktes von außen einvernehmlich zu handeln“, verwiesen werde; –        ein von Transcatab vorgelegtes Memorandum vom 9. April 2002 (Dokument Nr. 38281-04103), in dem diese einräume, dass sie im Jahr 1996 mit Deltafina und Dimon Italia vereinbart habe, „soweit möglich Druck auszuüben, damit die anderen in Italien tätigen Verarbeitungsunternehmen den [wettbewerbswidrigen] Strategien ebenfalls folgen“; –        eine E-Mail eines Mitarbeiters von Dimon Italia vom 10. Mai 2001 an einen Kollegen in demselben Unternehmen (Dokument Nr. 38281-04856), in der erwähnt werde, dass Dimon Italia beabsichtige, zusammen mit Transcatab bestimmten Kunden (Käufern) einen Besuch abzustatten, um mit diesen die „Lage auf dem Markt“ und die Risiken zu besprechen, die mit dem Ankauf von Tabak bei anderen (nicht zum Kartell gehörenden) Verarbeitungsunternehmen verbunden seien, wobei zu Letzteren wahrscheinlich auch die Klägerin gehört habe, die zu diesem Zeitpunkt völlig eigenständig tätig gewesen und als ein den Markt störender Faktor angesehen worden sei. 200    Im Übrigen macht die Klägerin geltend, sie habe im Rahmen des Verwaltungsverfahrens auch vorgetragen, dass ihre Beteiligung von Anfang an passiv und/oder die eines Mitläufers gewesen und dies auch während des gesamten ihr vorgeworfenen Zeitraums der Zuwiderhandlung geblieben sei. 201    Trotz solcher Beweise und der rechtzeitigen Mitteilungen der Klägerin während des Verwaltungsverfahrens werde in der angefochtenen Entscheidung nicht auf den Druck eingegangen, der von Deltafina und den beiden anderen Mitgliedern des „harten Kerns“ auf sie ausgeübt worden sei. 202    In ihrer Erwiderung weist die Klägerin darauf hin, dass die Kommission im Rahmen der Berechnung der Geldbuße alle mildernden Umstände zu berücksichtigen habe, hinsichtlich derer ein Unternehmen nachgewiesen habe, dass es sich darauf berufen könne, und dass die Kommission nicht einen oder mehrere Umstände außer Acht lassen dürfe, ohne ihre Wahl zu begründen. 203    Die Nichtberücksichtigung des auf die Klägerin ausgeübten Drucks stelle auch einen Verstoß gegen die Pflicht dar, die Ermittlungen sorgfältig und unparteiisch durchzuführen. 204    Die Klägerin rügt schließlich, dass auf sie der in der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz angewandt worden sei, nach dem eine ausschließlich passive Mitwirkung eines Unternehmens an der Zuwiderhandlung verneint werde, weil es das Kartell nicht angezeigt habe. Eine gleich strenge Anwendung dieses Grundsatzes auf „Großunternehmen“ wie auf Familienunternehmen sei nämlich unbillig und unverhältnismäßig. 205    Nach Auffassung der Kommission ist der erste Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 206    Zunächst ist anzumerken, dass die Argumentation der Klägerin nicht eindeutig zwischen dem wiederholt vorgetragenen Umstand einerseits unterscheidet, dass sie, unter Androhung von Repressalien durch den „harten Kern“ des Kartells, zur Teilnahme am Kartell gezwungen worden sei, da sie sich im Vergleich zu ihren Wettbewerbern in einer strukturell schwächeren Situation befunden habe, und dem Umstand andererseits, dass sie sich zur Teilnahme in der Weise entschlossen habe, dass sie sich „nicht habe hervortun wollen“, so dass ihre Beteiligung nur vorgetäuscht und ihr Verhalten passiv und/oder das eines Mitläufers gewesen sei. 207    Die beiden von der Klägerin angeführten Umstände sind gesondert zu prüfen. Obwohl zwischen diesen Punkten ein enger Zusammenhang bestehen und einer als die Folge des anderen angesehen werden könnte − der Umstand, dass die Klägerin sich „nicht hervortun“ wollte, könnte nämlich Ausdruck und Anzeichen einer Zwangslage sein −, sind diese Punkte gleichwohl mit zwei unterschiedlichen Situationen und Zeitpunkten verbunden, da sich der auf die Klägerin ausgeübte Druck insbesondere vor ihrem „erzwungenen“ Beitritt zum Kartell gezeigt hat und das „passive Verhalten“ und/oder „Mitläufertum“ danach erfolgt ist. 208    Die Rügen, mit denen geltend gemacht wird, dass zunächst der Umstand, dass die Klägerin zur Beteiligung am Kartell gezwungen worden sei, und danach der mildernde Umstand einer ausschließlich passiven Mitwirkung oder eines reinen Mitläufertums nicht berücksichtigt worden seien, sind daher nacheinander zu prüfen. 209    Insbesondere ist festzustellen, ob die Kommission zu Recht und ohne die ihr obliegende Begründungspflicht zu verletzen, erstens nicht anerkannt hat, dass die Klägerin zur Teilnahme am Kartell gezwungen worden war, und zweitens, dass sie bei dessen Umsetzung eine passive Rolle gespielt hat. –       Zur Rüge der Nichtberücksichtigung des Umstands, dass die Klägerin zur Beteiligung am Kartell gezwungen worden sei 210    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe, obwohl die im Rahmen des Verwaltungsverfahrens erlangten Beweismittel gezeigt hätten, dass die Klägerin insbesondere seitens Deltafina, aber auch seitens der anderen Mitglieder des „harten Kerns“ des Kartells bedroht und unter Druck gesetzt worden sei, diese Beweismittel nicht berücksichtigt. 211    Zunächst ist festzustellen, dass Drohungen oder die Ausübung von Druck, um ein Unternehmen zur Teilnahme an einem Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht zu bewegen, nicht zu den in den Leitlinien genannten mildernden Umständen gehören. 212    Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass Druck, gleich welcher Größe, der von Unternehmen ausgeübt wird, um andere Unternehmen zur Teilnahme an einem Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht zu bewegen, das betreffende Unternehmen nicht von seiner Haftung für die begangene Zuwiderhandlung befreit, nichts an der Schwere des Kartells ändert und keinen Milderungsgrund bei der Festsetzung der Beträge der Geldbußen darstellt, da das betroffene Unternehmen den möglicherweise auf es ausgeübten Druck bei den zuständigen Behörden hätte anzeigen und bei diesen eine Beschwerde einreichen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnrn. 369 f., und Urteil des Gerichts vom 29. November 2005, Union Pigments/Kommission, T‑62/02, Slg. 2005, II‑5057, Randnr. 63). 213    Folglich war die Kommission nicht verpflichtet, die Drohungen, wie sie vorliegend geltend gemacht wurden, als mildernden Umstand zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 26. April 2007, Bolloré u. a./Kommission, T‑109/02, T‑118/02, T‑122/02, T‑125/02, T‑126/02, T‑128/02, T‑129/02, T‑132/02 und T‑136/02, Slg. 2007, II‑947, Randnr. 640). 214    Dieses Ergebnis wird durch die von der Klägerin vorgetragenen Argumente nicht in Frage gestellt. 215    Selbst wenn sich nämlich aus der Akte ergibt, dass auf die Klägerin seitens der anderen Unternehmen, die das betreffende Kartell bereits eingerichtet hatten, als die Klägerin im Jahr 1997 als unabhängiger Marktteilnehmer in den Markt eingetreten ist, möglicherweise Druck ausgeübt worden ist, ergibt sich indessen aus der Akte weder, dass sie wenigstens versucht hätte, diesen Druck bei den zuständigen Behörden anzuzeigen, noch, dass sie den Druck, insbesondere in der ersten Zeit, völlig passiv über sich hätte ergehen lassen (siehe unten, Randnrn. 221 bis 224). 216    Demnach ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen. –       Zur Rüge der Nichtberücksichtigung der ausschließlich passiven Rolle oder des reinen Mitläufertums der Klägerin 217    Nach Nr. 3 erster Gedankenstrich der Leitlinien wird eine Verringerung des Grundbetrags der Geldbuße bei mildernden Umständen wie z. B. „ausschließlich passive Mitwirkung oder reines Mitläufertum“ des betreffenden Unternehmens gewährt. 218    Dabei kann nach der Rechtsprechung ein Anhaltspunkt für die bloß passive Mitwirkung eines Unternehmens an einem Kartell sein, dass es deutlich seltener als die anderen Kartellmitglieder an den Treffen teilnahm (Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Cheil Jedang/Kommission, T‑220/00, Slg. 2003, II‑2473, Randnr. 168; vgl. Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, oben in Randnr. 97 angeführt, Randnr. 331 und die dort angeführte Rechtsprechung), dass es, unabhängig von der Dauer seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung, erst verspätet auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt aufgetreten ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 10. Dezember 1985, Stichting Sigarettenindustrie u. a./Kommission, 240/82 bis 242/82, 261/82, 262/82, 268/82 und 269/82, Slg. 1985, 3831, Randnr. 100, und Urteil vom 8. Oktober 2008, Carbone-Lorraine/Kommission, oben in Randnr. 77 angeführt, Randnr. 164 und die dort angeführte Rechtsprechung) oder dass es ausdrückliche Erklärungen in diesem Sinne seitens der Vertreter von Drittunternehmen gibt, die ebenfalls an der Zuwiderhandlung beteiligt waren (vgl. Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, oben in Randnr. 95 angeführt, Randnr. 331 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das Gericht hat außerdem entschieden, dass die „ausschließlich passive Mitwirkung“ eines Mitglieds eines Kartells impliziert, dass es sich „nicht hervorgetan“ hat, d. h., dass es nicht aktiv an der Ausarbeitung der wettbewerbswidrigen Absprachen teilgenommen hat (vgl. Urteil Jungbunzlauer/Kommission, oben in Randnr. 105 angeführt, Randnr. 252 und die dort angeführte Rechtsprechung). 219    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass in Anbetracht der im Rahmen des dritten Klagegrundes gezogenen Schlussfolgerungen zum Zeitpunkt der Beendigung der Beteiligung der Klägerin am Kartell im Jahr 1999 und ihrer Beteiligung in der Zeit vom 29. Mai 2001 bis zum 19. Februar 2002 nur für die Zeit von Oktober 1997 bis Februar 1999 auf das Vorliegen einer ausschließlich passiven Mitwirkung oder eines reinen Mitläufertums der Klägerin einzugehen ist. 220    Was erstens diesen Zeitraum der Zuwiderhandlung anbelangt, kann sich die Klägerin, um in den Genuss der Anerkennung mildernder Umstände zu gelangen, nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie zur Teilnahme am Kartell gezwungen worden sei. Selbst wenn als wahr unterstellt würde, dass die anderen Kartellmitglieder, die sie als den „harten Kern“ bezeichnet, sie wirtschaftlich unter Druck gesetzt hätten, um sie zur Teilnahme an den Vereinbarungen des Kartells zu bewegen, würde dies nichts daran ändern, dass sie, nachdem sie dem Kartell beigetreten war, die Beschlüsse der Kartellmitglieder eingehalten hat, ohne bei der Begehung der Zuwiderhandlung eine ausschließlich passive Mitwirkung oder ein reines Mitläufertum an den Tag zu legen. Nach den Leitlinien kann jedoch nur eine „ausschließlich“ passive Mitwirkung oder „reines“ Mitläufertum zu einer Herabsetzung der Geldbuße führen. Es genügt daher nicht, dass sich das betreffende Unternehmen, selbst wenn dies erwiesen wäre, in bestimmten Zeiträumen des Kartells oder hinsichtlich bestimmter Absprachen des Kartells „nicht hervorgetan“ hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Jungbunzlauer/Kommission, oben in Randnr. 105 angeführt, Randnr. 254, und Urteil vom 8. Oktober 2008, Carbone‑Lorraine/Kommission, oben in Randnr. 77 angeführt, Randnr. 179). 221    Zweitens wird diese Beurteilung durch die Tatsache bestätigt, dass die Klägerin in dem betreffenden Zeitraum mit großer Regelmäßigkeit an den Treffen des Kartells teilgenommen hat. Wie die Kommission feststellt, hat die Klägerin zwischen Oktober 1997 und Dezember 1998 an zehn von zwölf Treffen teilgenommen (vgl. hierzu die Erwägungsgründe 124, 128, 129, 131, 132, 142, 144, 146 und 155 der angefochtenen Entscheidung). Die einzigen Treffen, an denen die Klägerin in diesem Zeitraum nicht teilgenommen hat, waren die Treffen vom 16. und 22. Oktober 1998 (Erwägungsgründe 145 und 152 der angefochtenen Entscheidung). Außerdem fanden zwei dieser Treffen in ihren Geschäftsräumen statt. Dabei handelt es sich um die Treffen vom 20. Oktober 1997 (128. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und vom 2. Dezember 1998 (146. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Schließlich ergibt sich aus dem 150. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass sie am 2. Juli 1998 mit Dimon Italia, Deltafina und Transcatab einen Höchstpreis für das Gebot bei einer Ausschreibung von ATI vereinbart hat. 222    Drittens ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung auch (vgl. 131. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), dass die Klägerin am 29. Mai 1998 die Vorsitzenden von Deltafina, Dimon Italia und Transcatab zu einem Treffen am 4. Juni 1998 eingeladen hat. Nach diesem Treffen hat sie ein weiteres Treffen am 2. Juli 1998 einberufen, das jedoch am 4. Juli 1998 stattgefunden hat. Bei diesem Treffen ist eine vom Vertreter der Klägerin vorbereitete oder niedergeschriebene schriftliche Vereinbarung geschlossen worden, die sogenannte „Vereinbarung von Villa Grazioli“, in der die Einkaufspreise für den Rohtabak der Sorten Burley, Bright und DAC festgesetzt worden sind (132. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 223    Die Klägerin unterschätzt insoweit zu Unrecht die Rolle des Leiters, die sie bei den Kartelltreffen, die der Vorbereitung dieser Vereinbarung dienten, ausgeübt hat, wenn sie vorträgt, dass diese Funktion im Wesentlichen nur Verwaltungsarbeit bedeutet und ihr keinen Einfluss auf die Erstellung und Ausarbeitung der Vereinbarung verschafft habe. Die Einberufung von Sitzungen, der Vorschlag einer Tagesordnung und die Verteilung von Unterlagen zur Vorbereitung der Sitzungen sind nämlich mit der passiven Rolle eines Mitläufers, der sich nicht hervortut, unvereinbar. Derartige Initiativen lassen eine positive und aktive Haltung der Klägerin in der Schaffung, Fortführung und Überwachung des Kartells erkennen. Hierbei ist auch der Umstand nicht bedeutungslos, dass der Vorsitzende der Klägerin, Herr B. (der die Kontrolle der Gesellschaft innehatte), selbst an den Treffen des Kartells teilgenommen hat, selbst wenn innerhalb dieses Unternehmens keine hierarchische Struktur gegeben war, die mit der der anderen Mitglieder des Kartells vergleichbar wäre. Diese Punkte sind jedenfalls nicht geeignet, eine „ausschließlich passive Mitwirkung oder reines Mitläufertum“ der Klägerin zu belegen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil Jungbunzlauer/Kommission, oben in Randnr. 105 angeführt, Randnr. 257). 224    Die Klägerin führt im Übrigen weder konkrete Umstände noch Beweise wie Erklärungen anderer Mitglieder des Kartells an, die belegen könnten, dass ihr Verhalten bei den fraglichen Treffen rein passiv oder bloßes Mitläufertum war und sich damit erheblich vom Verhalten der übrigen Mitglieder des Kartells unterschieden hat. 225    Hat außerdem ein Unternehmen, auch ohne eine aktive Rolle zu spielen, an Treffen mit wettbewerbswidrigem Zweck teilgenommen, so ist davon auszugehen, dass es am Kartell beteiligt war, sofern es nicht beweist, dass es sich offen von der rechtswidrigen Abstimmung distanziert hat. Durch ihre Teilnahme an den Treffen hat die Klägerin nämlich dem Inhalt der dort getroffenen wettbewerbswidrigen Vereinbarungen grundsätzlich zugestimmt oder bei den anderen Teilnehmern zumindest diesen Eindruck erweckt (vgl. in diesem Sinne Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 131 angeführt, Randnrn. 81, 82 und 85). 226    In diesem Zusammenhang kann auch das Vorbringen der Klägerin nicht durchgreifen, dass es im Grunde unbillig und unverhältnismäßig sei, diese Rechtsprechung auf Großunternehmen, die juristische und wirtschaftliche Kenntnisse und Infrastrukturen hätten, die es ihnen erleichterten, ihr Verhalten als Zuwiderhandlung zu erkennen und die entsprechenden wettbewerbsrechtlichen Folgerungen daraus zu ziehen, und auf kleine Familienunternehmen, die bestimmte Verhaltensweisen nicht zwangsläufig für rechtswidrig halten würden, gleich streng anzuwenden. Insoweit genügt der Hinweis, dass nach ständiger Rechtsprechung Nr. 1 Teil A Abs. 5 der Leitlinien der Kommission eine Erhöhung der Geldbußen für Großunternehmen erlaubt, ihr aber keine Ermäßigung der gegen kleinere Unternehmen festzusetzenden Geldbußen vorschreibt. Da außerdem die Unvereinbarkeit des in Rede stehenden Kartells mit den Wettbewerbsvorschriften in Art. 81 Abs. 1 Buchst. a bis c EG ausdrücklich festgestellt wird und in ständiger Rechtsprechung bestätigt worden ist, kann die Klägerin nicht behaupten, dass ihr das einschlägige Recht nicht hinreichend bekannt gewesen sei. Im Übrigen ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung, dass die beschuldigten Unternehmen sich der Rechtswidrigkeit eines Kartells, das die Festsetzung von Preisen, die Aufteilung des Marktes und die Zuteilung von Kunden vorsah, durchaus bewusst waren (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil SNCZ/Kommission, oben in Randnr. 89 angeführt, Randnr. 82). 227    Jedenfalls ist nach der Rechtsprechung für die Erfüllung des Tatbestands einer vorsätzlich begangenen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsvorschriften nicht erforderlich, dass sich das Unternehmen des Verstoßes gegen diese Vorschriften bewusst gewesen ist, sondern es genügt, dass es sich nicht in Unkenntnis darüber befinden konnte, dass sein Verhalten eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckte (Urteil des Gerichts vom 6. April 1995, Ferriere Nord/Kommission, T‑143/89, Slg. 1995, II‑917, und Urteil SNCZ/Kommission, oben in Randnr. 89 angeführt, Randnr. 83). 228    Die Kommission muss außerdem die Geldbußen nicht abmildern, wenn es sich bei den betreffenden Unternehmen um kleine und mittlere Unternehmen handelt. Der Größe des Unternehmens wird nämlich durch die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 festgelegte Obergrenze und durch die Leitlinien Rechnung getragen. Abgesehen von diesen Erwägungen zur Größe gibt es keinen Grund, kleine und mittlere Unternehmen anders als andere Unternehmen zu behandeln. Die Tatsache, dass die Unternehmen von kleiner und mittlerer Größe sind, befreit sie nicht von ihrer Verpflichtung zur Einhaltung der Wettbewerbsvorschriften (vgl. in diesem Sinne Urteil SNCZ/Kommission, oben in Randnr. 89 angeführt, Randnr. 84; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 30. April 2009, CD-Contact Data/Kommission, T‑18/03, Slg. 2009, II‑1021, Randnr. 115). 229    Es stellt daher keine Verletzung ihrer Leitlinien dar, dass die Kommission der Klägerin die Anrechnung mildernder Umstände wegen ausschließlich passiver Mitwirkung oder reinen Mitläufertums der Klägerin bei der Durchführung der Zuwiderhandlung versagt hat. –       Zur fehlerhaften Begründung 230    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die angefochtene Entscheidung enthalte weder hinsichtlich ihrer passiven Rolle im Kartell noch hinsichtlich des auf sie ausgeübten Drucks, der zu ihrer Teilnahme am Kartell geführt habe, eine Begründung. 231    Dazu ist zum einen zu bemerken, dass bei den Gesichtspunkten, die die Klägerin in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich als mildernde Umstände angeführt hat, nur die passive Rolle genannt wird, die sie bei der Zuwiderhandlung gespielt haben soll, und zum anderen, dass die Kommission diesen mildernden Umstand in der angefochtenen Entscheidung tatsächlich nicht berücksichtigt hat. 232    Die Tatsache, dass die Kommission in dem Teil der angefochtenen Entscheidung, der die mildernden Umstände betrifft, nicht erläutert hat, weshalb sie es nicht für erforderlich gehalten hat, bestimmte, von der Klägerin in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte angeführte Gesichtspunkte zu berücksichtigen, ist jedoch irrelevant. 233    Nach ständiger Rechtsprechung ist die Kommission zwar gemäß Art. 253 EG verpflichtet, in den Gründen ihrer Entscheidungen die sachlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung abhängt, sowie die Erwägungen anzugeben, die sie zu ihrem Erlass veranlasst haben; diese Bestimmung zwingt die Kommission jedoch nicht, auf alle sachlichen und rechtlichen Fragen einzugehen, die während des Verwaltungsverfahrens behandelt wurden (Urteil des Gerichtshofs vom 9. November 1983, Nederlandsche Banden‑Industrie‑Michelin/Kommission, 322/81, Slg. 1983, 3461, Randnrn. 14 f., und Urteil Fiskeby Board/Kommission, oben in Randnr. 186 angeführt, Randnr. 127). 234    Aus dem 380. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass die Kommission den Grundbetrag der gegen die Klägerin zu verhängenden Geldbuße um 30 % reduziert hat, nachdem sie geprüft hat, ob eine Herabsetzung der Geldbuße wegen mildernder Umstände, unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände im Weg einer Gesamtwürdigung, angemessen ist. 235    Diese Rüge ist daher zurückzuweisen. Der erste Teil des vierten Klagegrundes ist daher insgesamt zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Keine angemessene Berücksichtigung des mildernden Umstands einer „häufigen Störung der Zielsetzungen des Kartells“ durch eine systematische Nichtdurchführung der Entscheidungen des Kartells Vorbringen der Parteien 236    Die Klägerin macht geltend, sie habe im Rahmen des Verwaltungsverfahrens auch vorgetragen, dass sie die Entscheidungen des Kartells nicht durchgeführt habe. Die Nichtdurchführung der Vereinbarungen sei in vollem Umfang und systematisch erfolgt, und dies nicht nur im fast gesamten Jahr 1999, sondern auch in der Zeit von Mai 2001 bis Februar 2002. Für die Zeit von Oktober 1997 bis Februar 1999 könne ebenfalls eine teilweise und unregelmäßige Durchführung der Entscheidungen des Kartells durch die Klägerin geltend gemacht werden, für die wegen des mildernden Umstands der tatsächlichen Nichtanwendung der Vereinbarungen über Verstöße eine Herabsetzung der Geldbuße angezeigt gewesen wäre. 237    In den Leitlinien sei nämlich nicht vorgesehen, dass ein solcher Umstand nur bei einer völligen und systematischen Nichtanwendung anwendbar sei. Es liege daher ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vor, wenn nicht anerkannt werde, dass ein Kartellteilnehmer die wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen nur teilweise ausgeführt habe, da dies gegen die Verpflichtung verstoße, die unterschiedliche Schwere des individuellen Verhaltens der an einer Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen zu beachten. 238    Als Schlussfolgerung dieses Klagegrundes ersucht die Klägerin daher das Gericht, die Herabsetzung des Grundbetrags der gegen sie festgesetzten Geldbuße zu überprüfen und deutlich auszuweiten, um dem mildernden Umstand des auf sie ausgeübten Drucks und ihrer ausschließlich passiven Mitwirkung sowie den tatsächlichen Auswirkungen des mildernden Umstands, dass sie die Zielsetzungen des Kartells häufig behindert habe, Rechnung zu tragen. 239    Nach Auffassung der Kommission ist der zweite Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 240    Mit dem vorliegenden Teil des vierten Klagegrundes beansprucht die Klägerin eine Herabsetzung ihrer Geldbuße wegen der „tatsächlichen Nichtanwendung der Vereinbarungen über Verstöße“, die zu den in Nr. 3 der Leitlinien genannten mildernden Umständen gehört. Sie ist der Ansicht, die Herabsetzung des Grundbetrags der Geldbuße um 30 % spiegle den mildernden Umstand, dass sie die Zielsetzungen des Kartells häufig behindert habe, indem sie nämlich dessen Entscheidungen tatsächlich systematisch nicht durchgeführt habe, nicht in vollem Umfang wider. 241    Nach gefestigter Rechtsprechung braucht die Kommission das Vorliegen eines mildernden Umstands in Form der Nichtumsetzung eines Kartells nur anzuerkennen, wenn das Unternehmen, das diesen Umstand geltend macht, nachweisen kann, dass es sich der Umsetzung des Kartells so eindeutig und nachdrücklich widersetzte, dass dadurch sogar dessen Funktionieren gestört wurde, und dass es der Vereinbarung auch nicht scheinbar zustimmte und dadurch andere Unternehmen zur Umsetzung des fraglichen Kartells veranlasste (Urteile Daiichi Pharmaceutical/Kommission, oben in Randnr. 180 angeführt, Randnr. 113, und vom 8. Oktober 2008, Carbone‑Lorraine/Kommission, oben in Randnr. 77 angeführt, Randnr. 196). Unternehmen könnten nämlich das Risiko, eine beträchtliche Geldbuße zahlen zu müssen, zu leicht minimieren, wenn sie zunächst von einem rechtswidrigen Kartell profitieren und anschließend eine Herabsetzung der Geldbuße mit der Begründung beanspruchen könnten, dass sie bei der Durchführung der Zuwiderhandlung nur eine begrenzte Rolle gespielt hätten, obgleich ihre Haltung andere Unternehmen dazu veranlasste, sich in stärkerem Maß wettbewerbsschädigend zu verhalten (Urteile Mannesmannröhren-Werke/Kommission, oben in Randnr. 73 angeführt, Randnrn. 277 f., und Itochu/Kommission, oben in Randnr. 103 angeführt, Randnr. 145). 242    Die Leitlinien schreiben außerdem nicht vor, dass die Kommission jeden der in Nr. 3 der Leitlinien aufgeführten mildernden Umstände immer gesondert berücksichtigen muss. Nach dieser Rechtsprechung ist sie daher nicht verpflichtet, automatisch eine zusätzliche Herabsetzung zu gewähren, weil die Frage, ob eine Herabsetzung der Geldbuße wegen mildernder Umstände angemessen ist, unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände im Wege einer Gesamtwürdigung zu beurteilen ist. 243    Im vorliegenden Fall hat die Kommission im 380. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung Folgendes dargelegt: „Romana Tabacchi war in Bezug auf die Direktankäufe bei den Herstellern nicht einbezogen, weil [das Unternehmen] erst im Jahr 2000 begann, kleine Tabakmengen direkt anzukaufen … Darüber hinaus hat Romana Tabacchi durch [ihr] Verhalten häufig die Zielsetzungen des Kartells behindert, was so weit ging, dass die anderen Teilnehmer gemeinsam über Reaktionen auf das Verhalten von Romana Tabacchi berieten … Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist der Grundbetrag der gegen Romana Tabacchi zu verhängenden Geldbuße um [30] % zu reduzieren.“ 244    Wie die Kommission zu Recht vorträgt, ergibt sich schon aus dem Wortlaut dieses Erwägungsgrundes, dass der von der Klägerin mit dieser Rüge geltend gemachte Umstand bereits gebührend berücksichtigt worden ist. 245    Nach alledem sind die von der Klägerin im Rahmen dieses Klagegrundes vorgebrachten Rügen und Argumente als unbegründet zurückzuweisen. 6.     Zum fünften Klagegrund: Unbillige und unverhältnismäßige Geldbuße angesichts der Vermögensstruktur und der Steuerkraft der Klägerin Vorbringen der Parteien 246    Die Klägerin ist der Ansicht, dass die gegen sie verhängte Geldbuße, die fast doppelt so hoch sei wie ihr Gesellschaftskapital, ungerecht und unverhältnismäßig sei. Der vorliegende Fall sei vor allem ein Beispiel für die „Missstände“ bei der Kommission. Die missbräuchliche Ausübung ihrer Ermessensbefugnisse bei der Berechnung von Geldbußen sei im vorliegenden Fall besonders schwer, da sie mit einer Politik der Milde gegenüber den wichtigsten und einflussreichsten Mitgliedern des Kartells einhergehe, die zu einem außerordentlich ungerechten Gesamtergebnis führe. Die Nachlässigkeit und oberflächliche Haltung der Kommission in Bezug auf die Klägerin habe zu der paradoxen Situation geführt, dass die Klägerin dasjenige Unternehmen sei, gegen das die prozentual schwerste Strafe verhängt worden sei, nämlich 10 % ihres Umsatzes, und dass sie im Grunde dazu verurteilt worden sei, sich vom Markt zurückzuziehen, obwohl sie als einziges Unternehmen die Stabilität des Kartells gefährdet habe und nur kurze Zeit daran beteiligt gewesen sei, wobei ihre Beteiligung im Übrigen auf einzelne Aspekte des Kartells begrenzt gewesen sei. 247    Die in der angefochtenen Entscheidung vorgenommene ungleiche Verteilung zwischen den Mitgliedern des „harten Kerns“ des Kartells, die von der Kommission mit Nachsicht behandelt worden seien, und der Klägerin sei auf eine schematische und formalistische Anwendung der Leitlinien zurückzuführen, die den Erfordernissen einer Individualisierung und Abstufung von Sanktionen widerspreche. 248    Hierbei weist die Klägerin auch darauf hin, dass der Betrag ihrer Geldbuße vor Anwendung der in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Obergrenze von 10 % des Umsatzes (8,75 Mio. Euro) mehr als 42 % ihres Umsatzes in 2004/05 entsprochen habe, während die gegen Deltafina verhängte Geldbuße (30 Mio. Euro) nur 31 % von deren Umsatz in demselben Zeitraum ausgemacht habe. Die Kommission hätte solche „Nebeneffekte“ verhindern und hierauf bei der Anwendung der Leitlinien im Rahmen ihrer abschließenden Entscheidung in hohem Maße achten müssen. 249    Die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße verstoße nicht nur gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, ihr fehle vielmehr die praktische Wirksamkeit, da sie die Existenz der Klägerin unwiderruflich gefährde. Da die Geldbuße nämlich ungefähr doppelt so hoch sei wie das Gesellschaftskapital der Klägerin, könnte sie im Fall ihrer Vollstreckung zur Liquidation der Klägerin führen. 250    Die Klägerin führt außerdem Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien an, der dahin auszulegen sei, dass bei einem Unternehmen dann davon auszugehen sei, dass es nicht zahlen könne, wenn die Verhängung einer hohen Geldbuße bei ihm schwerste finanzielle und wirtschaftliche Schäden oder sogar unmittelbar seine Auflösung oder eine zum Konkurs führende Zahlungsunfähigkeit zur Folge haben könnte. Die Klägerin weist im Übrigen darauf hin, dass nach der Rechtsprechung die tatsächliche Steuerkraft eines Unternehmens nur in seinem gegebenen sozialen Umfeld relevant sei, d. h. im Licht der Folgen, die die Zahlung der Geldbuße in Form einer Zunahme der Arbeitslosigkeit oder einer Beeinträchtigung der dem betreffenden Unternehmen vor- und nachgelagerten Wirtschaftssektoren hätte. Nach Ansicht der Klägerin kann die gegen sie verhängte Geldbuße zu einer solchen Beeinträchtigung des vorgelagerten Marktes führen. 251    Wie nämlich aus der Erklärung vom 16. Januar 2006 von Herrn F. hervorgehe, dem Direktor der Nahrungsmittelgenossenschaft (Centro cooperativo agroalimentare, CECAS) und Vize-Präsidenten des Nationalen Verbands der Landwirtschafts- und Nahrungsmittelgenossenschaften (Federazione nazionale delle cooperative agricole e agroalimentari, Fedagri) sowie Vorsitzenden des Tabak-Ausschusses (Consulta Tabacco) innerhalb dieses Verbands, würde das Verschwinden der Klägerin vom Markt dazu führen, dass die Ausfuhr von Tabak, der von in Italien ansässigen Unternehmen angebaut werde, für die die Klägerin die Verbindung für die Ausfuhr in bestimmte „Nischenmärkte“ sei, zunichtegemacht oder drastisch reduziert würde. Die Klägerin trägt vor, dass ihr Verschwinden für italienischen schwarzen Tabak und den in der Region Benevento (Italien) angebauten Burley-Tabak verheerende Folgen hätte. Im Fall des Verschwindens der Klägerin würden die Unternehmen, die die von ihr vertriebenen Tabaksorten produzierten, keine Absatzmöglichkeiten mehr finden, was sich auf die Beschäftigung und generell auf die Wirtschaft der überwiegend landwirtschaftlich geprägten Regionen auswirken würde. 252    Darüber hinaus würde ihr Verschwinden vom Markt in keiner Weise dem Ziel der Förderung des Wettbewerbs und des Marktes dienen, da sich auf dem Markt der Konzentrationsgrad erhöhen würde. Da sich nämlich Dimon und SCC am 13. Mai 2005 in den Vereinigten Staaten zu Alliance One zusammengeschlossen hätten, was dazu geführt habe, dass deren italienische Tochterunternehmen Dimon Italia und Transcatab den Markt verlassen hätten, befände sich der italienische Tabakmarkt seitdem in den Händen eines einzigen Verarbeitungsunternehmens, nämlich Deltafina. Die Zahlung der von der Kommission verhängten Geldbuße von 2 Mio. Euro hätte daher zur Folge, dass die Klägerin vom Markt verschwände, was Deltafina zugutekäme, die dann das letzte wichtige Verarbeitungsunternehmen in Italien wäre. 253    Indem die Kommission eine derart unverhältnismäßige Geldbuße verhängt habe, habe sie vorliegend den Aspekt der „Spezialprävention“ außer Acht gelassen und eine rechtswidrige „exemplarische“ Strafe verhängt. 254    Die Kommission beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen. Würdigung durch das Gericht 255    Die Klägerin führt im Wesentlichen aus, dass die Kommission ihr in der angefochtenen Entscheidung eine Geldbuße auferlegt habe, die als solche gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße und die tatsächliche Steuerkraft der Klägerin in einem gegebenen sozialen Umfeld nicht berücksichtige. 256    Insoweit macht die Klägerin erstens allgemein geltend, dass die Kommission ihr in der angefochtenen Entscheidung eine im Hinblick auf ihren Umsatz und ihr Gesellschaftskapital unbillige und unverhältnismäßige Geldbuße auferlegt habe, was ihre Existenz ernsthaft gefährde. 257    Zunächst ist festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin, dass es sich bei einer Geldbuße, die der in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Obergrenze von 10 % ihres Gesamtumsatzes entspreche, um den Höchstsanktionsbetrag handle, unzutreffend ist. Nach der Rechtsprechung dient diese Grenze einem gegenüber dem Zweck der Kriterien der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung gesonderten und eigenständigen Zweck, und zwar soll sie die Verhängung von Geldbußen verhindern, die die Unternehmen aufgrund ihrer Größe, wie sie, wenn auch nur annähernd und unvollständig, anhand ihres Gesamtumsatzes ermittelt wird, voraussichtlich nicht werden zahlen können (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnrn. 280 und 282, und Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2008, Knauf Gips/Kommission, T‑52/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 452). Entgegen der Auffassung der Klägerin gilt diese vom Gesetzgeber festgelegte Grenze daher einheitlich für alle Unternehmen und hängt von deren jeweiliger Größe ab, wobei sie überhöhte und unverhältnismäßige Geldbußen verhindern soll (vgl. in diesem Sinne Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 281, und vorstehend genanntes Urteil Knauf Gips/Kommission, Randnr. 453 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die einzig mögliche Folge einer solchen Grenze ist, dass die anhand der Kriterien der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung berechnete Geldbuße auf den zulässigen Höchstbetrag gesenkt wird, wenn sie diesen überschreitet. Ihre Anwendung führt dazu, dass das betreffende Unternehmen nicht die gesamte Geldbuße zahlt, die an sich bei einer auf diese Kriterien gestützten Beurteilung verhängt werden müsste (vgl. vorgenanntes Urteil Knauf Gips/Kommission, Randnr. 454 und die dort angeführte Rechtsprechung). 258    Was sodann das Vorbringen betrifft, dass die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße deren Existenz ernsthaft gefährde und zu ihrer Auflösung führen könnte, ist festzustellen, dass die Kommission nach der Rechtsprechung nicht verpflichtet ist, bei der Bemessung der Geldbuße die schlechte Finanzlage eines betroffenen Unternehmens zu berücksichtigen, da die Anerkennung einer solchen Verpflichtung darauf hinauslaufen würde, den am wenigsten den Marktbedingungen angepassten Unternehmen einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu verschaffen (Urteile des Gerichtshofs Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 327, und vom 29. Juni 2006, SGL Carbon/Kommission, C‑308/04 P, Slg. 2006, I‑5997, Randnr. 105; vgl. auch Urteile des Gerichts Union Pigments/Kommission, oben in Randnr. 212 angeführt, Randnr. 175 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 28. April 2010, BST/Kommission, T‑452/05, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 95). Darüber hinaus hat die Klägerin im vorliegenden Fall ein solches Argument im Verwaltungsverfahren nicht einmal vorgebracht. 259    Was zweitens das Argument der Klägerin anbelangt, mit dem sie, genauer gesagt, den Ausgangsbetrag ihrer Geldbuße, der mehr als 42 % ihres Umsatzes entspreche, mit der gegen Deltafina verhängten Geldbuße vergleicht, die nur 31 % von deren Umsatz ausmache, ist darauf hinzuweisen, dass nur der Endbetrag der verhängten Geldbuße auf die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Obergrenze herabzusetzen ist. Diese Bestimmung verbietet es der Kommission nicht, bei ihrer Berechnung einen Zwischenbetrag heranzuziehen, der diese Grenze übersteigt, sofern die letztlich festgesetzte Geldbuße nicht darüber liegt (vgl. in diesem Sinne Urteile PVC II, oben in Randnr. 109 angeführt, Randnrn. 592 f., und Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 278; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, oben in Randnr. 97 angeführt, Randnr. 367). Hieraus folgt, dass die Kommission in keinem Stadium der Anwendung der Leitlinien verpflichtet ist, sicherzustellen, dass die festgesetzten Zwischenbeträge der Geldbußen jeden Unterschied zwischen den Gesamtumsätzen der betreffenden Unternehmen abbilden (Urteil des Gerichts vom 6. Mai 2009, Wieland‑Werke/Kommission, T‑116/04, Slg. 2009, II‑1087, Randnr. 87). Da die Kommission außerdem auch nicht verpflichtet ist, dafür zu sorgen, dass in den von ihr errechneten Endbeträgen der Geldbußen der betreffenden Unternehmen alle Unterschiede zwischen diesen in Bezug auf deren Umsatz zum Ausdruck kommen, kann die Klägerin der Kommission vorliegend nicht vorwerfen, dass gegen sie eine Geldbuße festgesetzt worden ist, die, gemessen am Prozentsatz vom Gesamtumsatz, höher ist als die gegen Deltafina verhängte Geldbuße (vgl. in diesem Sinne Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 315; vgl. in diesem Sinne auch Urteil SNCZ/Kommission, oben in Randnr. 89 angeführt, Randnr. 114). 260    Entgegen den Behauptungen der Klägerin verlangt Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 im Übrigen nicht, dass in Fällen, in denen Geldbußen gegen mehrere Unternehmen festgesetzt werden, die an derselben Zuwiderhandlung beteiligt sind, die gegen ein kleines oder mittleres Unternehmen festgesetzte Geldbuße, als Prozentsatz vom Umsatz ausgedrückt, nicht höher sein darf als die gegen die größeren Unternehmen festgesetzten Geldbußen. Aus dieser Bestimmung ergibt sich nämlich, dass sowohl bei den kleinen oder mittleren Unternehmen als auch bei den größeren Unternehmen für die Festsetzung der Höhe der Geldbuße die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung berücksichtigt werden müssen. Hierbei ist auch noch zu bemerken, wie bereits oben in Randnr. 228 ausgeführt, dass die Kommission die Geldbußen nicht abmildern muss, wenn es sich bei den betreffenden Unternehmen um kleine und mittlere Unternehmen handelt. Es gibt nämlich keinen Grund, kleine und mittlere Unternehmen anders als andere Unternehmen zu behandeln. Die Tatsache, dass die Unternehmen kleine und mittlere Unternehmen sind, befreit sie nicht von ihrer Pflicht, die Wettbewerbsregeln zu beachten. 261    Drittens ist zum Vorbringen der Klägerin, dass die Kommission ihre tatsächliche Steuerkraft in einem „gegebenen sozialen Umfeld“ im Sinne von Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien hätte berücksichtigen müssen, festzustellen, dass, wie relevant diese Argumente auch sein mögen, aus der Akte nicht hervorgeht, dass die Klägerin im Verwaltungsverfahren das Vorliegen eines solchen „Umfelds“ geltend gemacht oder Fragen bezüglich ihrer tatsächlichen Steuerkraft aufgeworfen hat. 262    Die Klägerin hat erst im Laufe des Verfahrens vorgetragen, dass ihr Verschwinden vom Markt wegen der hohen Geldbuße zum einen eine Beeinträchtigung des vorgelagerten Marktes zur Folge hätte, da dieses Verschwinden dazu führen würde, dass die Ausfuhr von Tabak, der von bestimmten in Italien ansässigen Unternehmen angebaut werde, zunichtegemacht oder drastisch reduziert würde, und dass es zum anderen verheerende Folgen für die Beschäftigung und die Wirtschaft bestimmter überwiegend landwirtschaftlich geprägter Regionen hätte, da die Klägerin für schwarzen Tabak, der von dem für diese Produktion wichtigsten Genossenschaftskonsortium verkauft werde, und für eine in der Region Benevento angebaute Tabaksorte (Burley-Tabak) der einzige Abnehmer sei. 263    Daher kann die Klägerin der Kommission jetzt keine unzureichende Ermittlung hinsichtlich der Anwendung von Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien vorwerfen, dessen Reichweite z. B. im 384. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf ein von Transcatab als Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgebrachtes Argument beurteilt wurde. 264    Nach alledem sind die von der Klägerin im Rahmen des fünften Klagegrundes vorgebrachten Rügen und Argumente als unbegründet zurückzuweisen. 7.     Zur Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung durch das Gericht und zur Festlegung des Endbetrags der Geldbuße 265    Die nach Art. 229 EG dem Gericht durch Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 erteilte Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ermächtigt dieses, über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Sanktion hinaus, die nur die Zurückweisung der Nichtigkeitsklage oder die Nichtigerklärung des angefochtenen Rechtsakts ermöglicht, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß den angefochtenen Rechtsakt, auch ohne ihn für nichtig zu erklären, unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände abzuändern und insbesondere die verhängte Geldbuße anders festzusetzen, wenn ihm die Frage nach deren Höhe zur Beurteilung vorgelegt worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, Slg. 2007, I‑1331, Randnrn. 61 f., und vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 86 und die dort angeführte Rechtsprechung). 266    Dazu ist zu bemerken, dass die Festsetzung einer Geldbuße durch das Gericht dem Wesen nach kein streng mathematischer Vorgang ist. Im Übrigen ist das Gericht weder an die Berechnungen der Kommission noch an deren Leitlinien gebunden, wenn es aufgrund seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung entscheidet (vgl. in diesem Sinne Urteil BASF und UCB/Kommission, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 213 und die dort angeführte Rechtsprechung), sondern es hat unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine eigene Beurteilung vorzunehmen. 267    Aus der vom Gericht oben im Rahmen des zweiten und des dritten Klagegrundes vorgenommenen Prüfung ergibt sich, dass die Kommission bei der Berechnung der Geldbuße zum einen hinsichtlich der Dauer der Beteiligung der Klägerin am Kartell den Sachverhalt fehlerhaft gewürdigt und zum anderen bei der Beurteilung des spezifischen Gewichts dieser Beteiligung gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen hat. 268    Zum Rechtsverstoß der Kommission bei der Berechnung der Dauer der Zuwiderhandlung im Fall der Klägerin ist darauf hinzuweisen, wie oben in Randnr. 30 festgestellt, dass die Kommission der Klägerin vorgeworfen hat, von Oktober 1997 bis zum 19. Februar 2002, dem Zeitpunkt der Beendigung der Zuwiderhandlung, am Kartell der Verarbeitungsunternehmen beteiligt gewesen zu sein, wobei sie ihre Teilnahme vom 5. November 1999 bis zum 29. Mai 2001 ausgesetzt habe (Erwägungsgründe 302 und 378 der angefochtenen Entscheidung). Da die Beteiligung der Klägerin länger als zwei Jahre und acht Monate gedauert habe, hat die Kommission die gegen sie zu verhängende Geldbuße um 25 % erhöht. Der Grundbetrag der Geldbuße ist somit auf 12,5 Mio. Euro festgesetzt worden (vgl. 379. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 269    Wie im Rahmen der Würdigung des dritten Klagegrundes festgestellt (siehe oben, Randnrn. 134 bis 143 und 150 bis 165), ist die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin in dem genannten Zeitraum am Kartell beteiligt war und ihre Teilnahme von November 1999 bis Mai 2001 ausgesetzt hat. Hinsichtlich des Zeitraums bis zum 5. November 1999 ergibt sich nämlich aus den oben, insbesondere in den Randnrn. 134 bis 149 ausgeführten Erwägungen, dass die Kommission diesen Zeitpunkt nicht als den Zeitpunkt der Beendigung der Beteiligung der Klägerin am Kartell feststellen durfte, da sie aufgrund der hierzu in der angefochtenen Entscheidung gewürdigten Beweise und des übrigen Akteninhalts lediglich hätte feststellen dürfen, dass die Teilnahme nur bis Februar 1999 erwiesen war. 270    Zu der angeblichen Wiederaufnahme der Beteiligung der Klägerin am Kartell in der Zeit vom 29. Mai 2001 bis zum 19. Februar 2002 ergibt sich aus den oben, insbesondere in den Randnrn. 150 bis 164 angestellten Erwägungen, dass die Indizien, die der Kommission vorlagen, insgesamt nicht ausgereicht haben, um eine Beteiligung der Klägerin am Kartell in dem genannten Zeitraum anzunehmen, und dass die Kommission den Sachverhalt daher falsch beurteilt hat, als sie davon ausgegangen ist, dass die Klägerin in diesem Zeitraum wieder am Kartell beteiligt war. 271    Danach ist die Dauer der Zuwiderhandlung, die für die Festsetzung der Geldbuße zu berücksichtigen ist, auf 16 Monate zu begrenzen. 272    Zum anderen Rechtsverstoß der Kommission ergibt sich aus den vorstehenden Randnrn. 176 bis 195, dass die angefochtene Entscheidung insoweit gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstößt, als die Kommission gegenüber der Klägerin das Jahr 2001 als Referenzjahr für die Feststellung des Ausgangsbetrags der Geldbuße herangezogen hat. 273    Aus den Erwägungsgründen 370 bis 373 der angefochtenen Entscheidung ergibt sich nämlich, dass die Kommission das jeweilige Gewicht der am Kartell beteiligten Unternehmen anhand ihrer Marktanteile im letzten vollen Jahr der Zuwiderhandlung bestimmt hat. 274    Die Wahl des Jahres 2001, das aus den oben in den Randnrn. 182 bis 186 genannten Gründen in keinem Fall als das letzte volle Jahr der Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung angesehen werden konnte, hat die Kommission dazu veranlasst, für die Klägerin einen Marktanteil von 8,86 % anzunehmen (vgl. 40. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Dieser Marktanteil war indessen deutlich höher als der Marktanteil der Klägerin im letzten vollen Jahr ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung, nämlich ein Marktanteil von 2,71 % im Jahr 1998, wie aus der in der Fn. 21 der angefochtenen Entscheidung genannten Mitteilung der Klägerin hervorgeht, die von der Kommission aufgrund einer prozessleitenden Maßnahme des Gerichts zu den Akten gegeben wurde (siehe hierzu auch oben, Randnr. 191). 275    Da der Unterschied zwischen dem von der Kommission berücksichtigten Marktanteil der Klägerin und den jeweiligen Marktanteilen von Mindo und Transcatab im Jahr 2001 angeblich nicht wesentlich war, da diese alle in einer Bandbreite von 9 % bis 11 % lagen (vgl. 373. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), war die Kommission der Ansicht, dass diese drei Unternehmen in dieselbe Kategorie eingestuft werden konnten, für die der Ausgangsbetrag der Geldbuße auf 10 Mio. Euro festgesetzt wurde, wobei dieser Betrag, in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen, das „spezifische Gewicht“ der Klägerin und die anzunehmenden Auswirkungen ihres ungesetzlichen Handelns nicht widerspiegelte. 276    Daraus folgt, dass der Fehler, den die Kommission begangen hat, als sie den Marktanteil der Klägerin im Jahr 2001 zugrunde gelegt hat, zu der falschen Einstufung der Klägerin in eine auf sie nicht zutreffende Gruppe von Unternehmen geführt hat, so dass die Kommission schließlich einen Ausgangsbetrag für die gegen die Klägerin zu verhängende Geldbuße festgesetzt hat, der im Hinblick auf deren tatsächliches Gewicht bei der Zuwiderhandlung unverhältnismäßig war. 277    Daher haben die Fehler, die die Kommission zum einen bei der Dauer der Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung und zum anderen bei der Bestimmung des Marktanteils der Klägerin und damit bei deren Einstufung in dieselbe Gruppe wie Unternehmen, die eine andere Größe und innerhalb des Kartells ein anderes Gewicht haben, begangen hat, die Kommission dazu veranlasst, der Klägerin im Grunde eine ähnliche Rolle innerhalb des Kartells zuzuschreiben wie diejenige der anderen drei Verarbeitungsunternehmen, nämlich Deltafina, Dimon Italia und Transcatab. 278    Insoweit ist anzumerken, dass sich die Beteiligung der Klägerin am Kartell deutlich von derjenigen der drei anderen Verarbeitungsunternehmen unterscheidet, die alle multinationalen Gruppen angehörten. Diese drei Unternehmen sind nämlich die einzigen, die das Kartell errichtet haben und vom Beginn der Zuwiderhandlung bis zu deren Beendigung an allen Aspekten des Kartells beteiligt waren. Außerdem waren die drei genannten Verarbeitungsunternehmen, im Gegensatz zur Klägerin, alle APTI-Mitglieder (45. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und wollten das Verhalten von APTI bestimmen (244. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Wie schließlich aus der angefochtenen Entscheidung hervorgeht (vgl. insbesondere 380. Erwägungsgrund), war die Klägerin nicht nur mit Unterbrechungen am Kartell beteiligt, sondern sie hat auch, als sie beteiligt war, dessen Funktionieren häufig gestört. 279    Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung mit Geldbußen wegen Verstößen gegen Art. 81 EG, wie sie in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehen sind, rechtswidrige Handlungen der betreffenden Unternehmen geahndet und diese Unternehmen und andere Wirtschaftsteilnehmer vor künftigen Verletzungen der Wettbewerbsregeln des Unionsrechts abgeschreckt werden sollen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 17. Juni 2010, Lafarge/Kommission, C‑413/08 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 102 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Berücksichtigung der Größe und der Gesamtressourcen des betreffenden Unternehmens, um eine hinreichend abschreckende Wirkung der Geldbuße zu gewährleisten, findet ihren Grund in der angestrebten Wirkung auf dieses Unternehmen, da die Sanktion insbesondere im Hinblick auf dessen Wirtschaftskraft nicht unerheblich sein darf (vgl. in diesem Sinne vorgenanntes Urteil Lafarge/Kommission, Randnr. 104). 280    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Handlungen der Organe nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der mit der fraglichen Vorschrift zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die verursachten Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen (vgl. die oben in Randnr. 104 angeführte Rechtsprechung). Die Geldbußen dürfen folglich nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen, d. h. der Beachtung der Wettbewerbsregeln, stehen, und die einem Unternehmen wegen einer Zuwiderhandlung im Bereich des Wettbewerbs auferlegte Geldbuße ist so zu bemessen, dass sie bei einer Gesamtwürdigung der Zuwiderhandlung unter besonderer Berücksichtigung ihrer Schwere in angemessenem Verhältnis zu ihr steht (vgl. die oben in Randnr. 105 angeführte Rechtsprechung). 281    Bei der Klägerin handelt es sich vorliegend um ein kleines Unternehmen, dessen Gesellschaftskapital im Jahr 2005 lediglich 1,1 Mio. Euro betrug und dessen Beteiligungsstruktur die eines Familienunternehmens ist, da dieses Kapital nur von zwei natürlichen Personen, den Eheleuten B., gehalten wird (Beschluss Romana Tabacchi/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnrn. 70 und 123). Aus den im Rahmen des mit dem vorliegenden Verfahren zusammenhängenden Verfahrens der einstweiligen Anordnung getroffenen Feststellungen ergibt sich auch, dass die Klägerin im Jahr 2005 einen Betrieb in Cerratina in der Gemeinde Pianella (Italien) verkaufen musste, um zur Bildung einer Rückstellung für das Risiko der Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 1 Mio. Euro beizutragen, so dass sich der Wert ihres Anlagevermögens auf einen geringeren Betrag als die von der Kommission verhängte Geldbuße verringert hat (Beschluss Romana Tabacchi/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnrn. 87 und 107). 282    Zu den Auswirkungen der Einbeziehung einer Geldbuße in Höhe von 2,05 Mio. Euro in ihren Jahresabschluss hat die Klägerin im Verfahren der einstweiligen Anordnung auch vorgetragen, ohne dass ihr die Kommission insoweit widersprochen hätte, dass gemäß Art. 2447 und Art. 2484 Abs. 4 des Codice civile (italienisches Zivilgesetzbuch) die Eintragung eines Passivpostens in Höhe des Doppelten des Gesellschaftskapitals in die Bilanz, wie dies vorliegend der Fall ist, dieses Kapital auf null reduzieren könnte. Insbesondere sei eine Aktiengesellschaft (SpA) bei einer Verringerung ihres Kapitals auf einen Betrag unterhalb des gesetzlichen Minimums im Wesentlichen vor folgende Wahl gestellt: Durchführung ihrer Auflösung oder Rekapitalisierung (vgl. in diesem Sinne Beschluss Romana Tabacchi/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnrn. 88 und 123). Hierzu ergibt sich aus den im Verfahren der einstweiligen Anordnung getroffenen Feststellungen, dass die Klägerin ab dem 13. Juli 2006 rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass sie, wie auch ihre beiden Anteilseigner, noch nicht einmal in der Lage war, für die Zahlung der von der Kommission verhängten Geldbuße von 2,05 Mio. Euro eine Bankbürgschaft zu stellen (Beschluss Romana Tabacchi/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnrn. 100 bis 122). Vor allem ist festzustellen, dass nachgewiesen ist, dass es den Anteilseignern der Klägerin nicht möglich ist, für den Gesamtbetrag der Geldbuße eine Bankbürgschaft zu stellen, und dass sie damit auf jeden Fall zum Kapital der Gesellschaft keinen ausreichenden Zuschuss leisten können, um deren Liquidation abzuwenden (vgl. in diesem Sinne Beschluss Romana Tabacchi/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 123). Die Hausbanken der Klägerin hatten dieser auch wegen der Verschlechterung ihrer Lage die Kreditlinien gestrichen (Beschluss Romana Tabacchi/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 85). Außerdem gibt es vorliegend keinen Hinweis darauf, dass diese Verschlechterung auf betrügerische Weise herbeigeführt wurde, um die Zahlung der Geldbuße zu vermeiden. 283    In Anbetracht dieser Umstände ist das Gericht der Ansicht, dass eine Geldbuße in Höhe von 2,05 Mio. Euro, wie sie am 20. Oktober 2005 von der Kommission verhängt worden ist, als solche zur Liquidation der Klägerin und folglich zu deren Verschwinden vom Markt führen könnte, was im Übrigen die von der Klägerin im Rahmen ihres fünften Klagegrundes genannten erheblichen Auswirkungen haben könnte. 284    Aufgrund der vorstehenden Erwägungen, insbesondere in Anbetracht der kumulativen Wirkung der vorstehend festgestellten Rechtsverstöße sowie der geringen finanziellen Leistungsfähigkeit der Klägerin, ist das Gericht der Ansicht, dass sämtliche Umstände des vorliegenden Falles angemessen berücksichtigt sind, wenn der Endbetrag der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße auf 1 Mio. Euro festgesetzt wird. Mit einer Geldbuße in dieser Größenordnung kann nämlich das rechtswidrige Verhalten der Klägerin wirksam und in einer nicht unerheblichen Weise, die eine ausreichend abschreckende Wirkung erzielt, geahndet werden. Jede Geldbuße, die diesen Betrag übersteigt, wäre im Hinblick auf die der Klägerin vorgeworfene Zuwiderhandlung bei deren Gesamtwürdigung unverhältnismäßig. 285    In der vorliegenden Rechtssache stellt eine Geldbuße in Höhe von 1 Mio. Euro eine angemessene Sanktion für das der Klägerin vorgeworfene Verhalten dar. 286    Nach alledem ist erstens Art. 1 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit er sich auf die der Klägerin für die Zeit nach Februar 1999 vorgeworfene Zuwiderhandlung bezieht, zweitens der Betrag der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße auf 1 Mio. Euro festzusetzen und drittens die Klage im Übrigen abzuweisen. Kosten 287    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 87 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. 288    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass den Anträgen der Klägerin im Wesentlichen stattgegeben worden ist. Bei angemessener Würdigung der Umstände des Falles hat daher die Kommission ihre eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin zu tragen. 289    Was das Verfahren der einstweiligen Anordnung in der Rechtssache T‑11/06 R betrifft, sind im Licht des Beschlusses des Präsidenten des Gerichts vom 13. Juli 2006 der Kommission ihre eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin in diesem Verfahren aufzuerlegen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Art. 1 Buchst. b der Entscheidung K(2005) 4012 endg. der Kommission vom 20. Oktober 2005 in einem Verfahren nach Art. 81 Abs. 1 [EG] (Sache COMP/C.38.281/B.2 – Rohtabak – Italien) wird insoweit für nichtig erklärt, als die Europäische Kommission darin festgestellt hat, dass die Romana Tabacchi Srl über Februar 1999 hinaus an der Zuwiderhandlung beteiligt war. 2.      Der Betrag der gegen Romana Tabacchi verhängten Geldbuße wird auf 1 Mio. Euro festgesetzt. 3.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 4.      Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten von Romana Tabacchi. 5.      In der Rechtssache T‑11/06 R trägt die Kommission ihre eigenen Kosten und die Kosten von Romana Tabacchi. Azizi Cremona Frimodt Nielsen Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 5. Oktober 2011. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Vorgeschichte des Rechtsstreits 1.  Verwaltungsverfahren 2.  Angefochtene Entscheidung Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbußen Schwere Differenzierte Behandlung Festsetzung des Grundbetrags der Geldbußen Mildernde Umstände Obergrenze der Geldbuße nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit Endbetrag der Geldbußen Verfahren und Anträge der Parteien Rechtliche Würdigung 1.  Zum Antrag auf Zeugenbeweis 2.  Zum ersten Klagegrund: Fehlerhafte Ermittlung, fehlerhafte bzw. nicht folgerichtige Begründung sowie Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit, da die Kommission das Fehlen konkreter Auswirkungen auf den Markt nicht berücksichtigt habe Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Allgemeine Erwägungen Zur Nichtberücksichtigung der konkreten Auswirkungen des Kartells auf den Markt bei der Festsetzung der Geldbuße Zum Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit Zur fehlerhaften bzw. nicht folgerichtigen Begründung 3.  Zum dritten Klagegrund: Fehlerhafte Begründung und Ermittlung sowie Verstoß gegen die Beweislast bei der Feststellung der Beteiligung der Klägerin an der mutmaßlichen Zuwiderhandlung Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht Zum Zeitpunkt der Beendigung der Beteiligung der Klägerin am Kartell im Jahr 1999 Zur Beteiligung der Klägerin am Kartell vom 29. Mai 2001 bis zum 19. Februar 2002 –  Zum Telefax von Deltafina vom 29. Mai 2001 –  Zu den Treffen vom 16. November 2001 und vom 8. Januar 2002 4.  Zum zweiten Klagegrund: Nicht folgerichtige Begründung und Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung bei der Abstufung des Ausgangsbetrags der Geldbuße Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht 5.  Zum vierten Klagegrund: Unzureichende Ermäßigung der Geldbuße angesichts der „störenden“ Rolle der Klägerin und Nichtberücksichtigung weiterer mildernder Umstände Zum ersten Teil: Verkennung des auf die Klägerin ausgeübten Drucks und ihrer rein passiven Rolle als mildernde Umstände durch die Kommission Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht –  Zur Rüge der Nichtberücksichtigung des Umstands, dass die Klägerin zur Beteiligung am Kartell gezwungen worden sei –  Zur Rüge der Nichtberücksichtigung der ausschließlich passiven Rolle oder des reinen Mitläufertums der Klägerin –  Zur fehlerhaften Begründung Zum zweiten Teil: Keine angemessene Berücksichtigung des mildernden Umstands einer „häufigen Störung der Zielsetzungen des Kartells“ durch eine systematische Nichtdurchführung der Entscheidungen des Kartells Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht 6.  Zum fünften Klagegrund: Unbillige und unverhältnismäßige Geldbuße angesichts der Vermögensstruktur und der Steuerkraft der Klägerin Vorbringen der Parteien Würdigung durch das Gericht 7.  Zur Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung durch das Gericht und zur Festlegung des Endbetrags der Geldbuße Kosten * Verfahrenssprache: Italienisch.
Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 13. Juli 2018.#Stührk Delikatessen Import GmbH & Co. KG gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Markt für Nordseegarnelen in Belgien, Deutschland, Frankreich und den Niederlanden – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV festgestellt wird – Abstimmung der Preise und Austausch sensibler Geschäftsinformationen – Einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung – Geldbußen – Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen – Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006 – Mildernde Umstände – Sehr geringfügige Beteiligung – Zusammenarbeit im Verwaltungsverfahren – Obergrenze von 10 % des Gesamtumsatzes – Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Ziff. 37 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006 – Gleichbehandlung – Begründungspflicht.#Rechtssache T-58/14.
62014TJ0058
ECLI:EU:T:2018:474
2018-07-13T00:00:00
Gericht
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Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 15. Januar 2013.#Guido Strack gegen Europäische Kommission.#Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Dokumente in Bezug auf Zweitanträge auf Zugang zu Dokumenten und auf eine Rechtssache vor dem Gericht – Dokumentenregister – Nichtigkeitsklage – Stillschweigende Zugangsverweigerung – Rechtsschutzinteresse – Zulässigkeit – Teilweise Zugangsverweigerung – Ausnahme zum Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen – Ausnahme zum Schutz der geschäftlichen Interessen eines Dritten – Ausnahme zum Schutz des Entscheidungsprozesses – Begründungspflicht – Außervertragliche Haftung.#Rechtssache T‑392/07.
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ECLI:EU:T:2013:8
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Sammlung der Rechtsprechung 2013 -00000
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Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 13. Juli 2011.#ThyssenKrupp Liften Ascenseurs NV u.a. gegen Europäische Kommission.#Wettbewerb – Kartelle – Markt für die Montage und Wartung von Aufzügen und Fahrtreppen – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Manipulation bei Ausschreibungen – Aufteilung der Märkte – Festsetzung der Preise.#Rechtssachen T-144/07, T-147/07 bis T-150/07 und T-154/07.
62007TJ0144
ECLI:EU:T:2011:364
2011-07-13T00:00:00
Gericht
Sammlung der Rechtsprechung 2011 II-05129
Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07 bis T‑150/07 und T‑154/07 ThyssenKrupp Liften Ascenseurs NV u. a. gegen Europäische Kommission „Wettbewerb – Kartelle – Markt für die Montage und Wartung von Aufzügen und Fahrtreppen – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Manipulation bei Ausschreibungen – Aufteilung der Märkte – Festsetzung der Preise“ Leitsätze des Urteils 1.      Wettbewerb – Kartelle – Vereinbarungen zwischen Unternehmen – Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Beurteilungskriterien – Potenzielle erhebliche Beeinträchtigung – Kartell, das sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstreckt – Abschottung der nationalen Märkte – Unzulässigkeit (Art. 81 EG und 82 EG) 2.      Wettbewerb – Kartelle – Vereinbarungen zwischen Unternehmen – Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Spürbarkeit – Beurteilung nach der Stellung und Bedeutung der Parteien auf dem Markt (Art. 81 EG) 3.      Wettbewerb – Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden – Bekanntmachung der Kommission zur Zusammenarbeit innerhalb des Netzes der Wettbewerbsbehörden – Anspruch der Unternehmen darauf, dass sich eine bestimmte Wettbewerbsbehörde mit ihrem Fall befasst – Fehlen (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 11 Abs. 6; Bekanntmachung 2004/C 101/03 der Kommission, Nrn. 8 und 31) 4.      Europäische Gemeinschaften – Sprachenregelung – Zustellung von Schriftstücken in einer anderen Sprache als derjenigen der Parteien – Einverständnis der Parteien – Keine Unregelmäßigkeit (Verordnung Nr. 1 des Rates, Art. 3) 5.      Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien – Vermutung, dass eine Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf Tochtergesellschaften ausübt, deren Kapital sie zu 100 % hält (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2) 6.      Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Vermutung, dass eine Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf Tochtergesellschaften ausübt, deren Kapital sie zu 100 % hält (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2) 7.      Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien – Vermutung, dass eine Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf Tochtergesellschaften ausübt, deren Kapital sie zu 100 % hält – Verstoß gegen den Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen – Fehlen – Verstoß gegen die Unschuldsvermutung – Fehlen (Art. 81 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2) 8.      Wettbewerb – Unionsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien – Vermutung, dass eine Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf Tochtergesellschaften ausübt, deren Kapital sie zu 100 % hält – Von einer Zwischenholding gehaltene Tochtergesellschaft – Zur Widerlegung der Vermutung unzureichender Umstand (Art. 81 Abs. 1 EG) 9.      Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Entscheidungen – Heilung eines Begründungsmangels im gerichtlichen Verfahren – Unzulässigkeit (Art. 253 EG) 10.    Verfahren – Beweisaufnahme – Anhörung von Zeugen (Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 64 und 65) 11.    Wettbewerb – Geldbußen – Nach einer Entscheidung einer nationalen Wettbewerbsbehörde über einen vorläufigen Geldbußenerlass ergangene Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem – Fehlen (Art. 81 EG; Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen, Art. 54; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 5, 14 und 23) 12.    Wettbewerb – Geldbußen – Nach einer Entscheidung einer nationalen Wettbewerbsbehörde über einen vorläufigen Geldbußenerlass ergangene Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes – Fehlen – Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung – Fehlen (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23) 13.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Beurteilungskriterien (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A) 14.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Kohärenz zwischen den mehreren Unternehmen auferlegten Beträgen (Art. 81 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A) 15.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Berücksichtigung der wirtschaftlichen Fähigkeit des Unternehmens, einen Schaden zu verursachen (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A) 16.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Abschreckender Charakter (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A) 17.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Erschwerende Umstände – Wiederholungsfall – Begriff (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 2) 18.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Niedrigere Festsetzung der Geldbuße als Gegenleistung für die Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens – Voraussetzungen – Erheblicher Mehrwert der vom betreffenden Unternehmen vorgelegten Beweismittel (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 2002/C 45/03 der Kommission) 19.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Niedrigere Festsetzung der Geldbuße als Gegenleistung für die Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens – Ermessen der Kommission (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 2002/C 45/03 der Kommission) 20.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Niedrigere Festsetzung der Geldbuße als Gegenleistung für die Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens – Voraussetzungen – Herabsetzung der Geldbuße bei Nichtbestreiten (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilungen 96/C 207/04 und 2002/C 45/03 der Kommission) 21.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Nichtfestsetzung oder niedrigere Festsetzung der Geldbuße als Gegenleistung für die Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens – Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit – Herabsetzung wegen Nichtbestreitens außerhalb dieser Mitteilung (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilungen 96/C 207/04 und 2002/C 45/03 der Kommission) 22.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Nichtfestsetzung oder niedrigere Festsetzung der Geldbuße als Gegenleistung für die Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens – Herabsetzung wegen Nichtbestreitens außerhalb der Mitteilung über Zusammenarbeit – Verhältnismäßigkeit (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 2002/C 45/03 der Kommission) 23.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Nichtfestsetzung oder niedrigere Festsetzung der Geldbuße als Gegenleistung für die Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens – Herabsetzungen, die zum einen nach der Mitteilung über Zusammenarbeit und zum anderen wegen Nichtbestreitens außerhalb dieser Mitteilung gewährt werden (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 2002/C 45/03 der Kommission) 24.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Gesamtumsatz des betroffenen Unternehmens (Art. 81 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 5 Buchst. b) 25.    Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – Voraussetzungen (Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2) 1.      Auslegung und Anwendung des in den Art. 81 EG und 82 EG enthaltenen Tatbestandsmerkmals der Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten müssen vom Zweck dieses Merkmals ausgehen, auf dem Gebiet der Wettbewerbsregeln den Geltungsbereich des Unionsrechts von dem des Rechts der Mitgliedstaaten abzugrenzen. In den Geltungsbereich des Unionsrechts fallen dabei alle Kartelle und alle Verhaltensweisen, die geeignet sind, die Freiheit des Handels zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise zu gefährden, die für die Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen Marktes zwischen den Mitgliedstaaten nachteilig sein kann, indem insbesondere die nationalen Märkte abgeschottet werden oder die Wettbewerbsstruktur im Gemeinsamen Markt verändert wird. Ein Beschluss, eine Vereinbarung oder eine Verhaltensweise kann den Handel zwischen Mitgliedstaaten nur dann beeinträchtigen, wenn sich anhand einer Gesamtheit tatsächlicher und rechtlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass sie unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell die Handelsströme zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise beeinflussen können, die für die Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes nachteilig sein kann. Außerdem darf diese Beeinträchtigung nicht nur geringfügig sein. Somit liegt im Allgemeinen eine Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels dann vor, wenn mehrere Voraussetzungen erfüllt sind, die für sich allein genommen nicht unbedingt entscheidend sind. Ein Kartell, das sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstreckt, hat aber schon seinem Wesen nach die Wirkung, die Abschottung der Märkte auf nationaler Ebene zu verfestigen, wodurch es die vom Vertrag gewollte wirtschaftliche Verflechtung behindert. (vgl. Randnrn. 55-57, 60) 2.      Der Einfluss einer Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten ist insbesondere nach der Stellung und Bedeutung der Parteien auf dem Markt der betreffenden Erzeugnisse zu beurteilen. Entfällt auf die an einem Kartell beteiligten Unternehmen zusammengenommen der Großteil der Lieferungen der betreffenden Waren auf dem relevanten Markt, ist davon auszugehen, dass dieses Kartell geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen. Auch ist die Kommission nicht verpflichtet, darzutun, dass sich die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen spürbar auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirken. Nach Art. 81 Abs. 1 EG müssen nämlich die wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen zur Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten lediglich geeignet sein. (vgl. Randnrn. 67-69) 3.      Aus den Bestimmungen der Verordnung Nr. 1/2003 geht hervor, dass die Kommission im Rahmen der Ermittlung und Feststellung von Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln der Union eine vorrangige Rolle behält, die nicht durch die parallele Zuständigkeit, über die die nationalen Wettbewerbsbehörden nach dieser Verordnung verfügen, beeinträchtigt wird. So ist die Kommission nach deren Art. 11 Abs. 6 auch dann, wenn eine nationale Behörde bereits in einem Fall tätig ist, nach deren Konsultierung zur Einleitung eines Verfahrens im Hinblick auf den Erlass einer Entscheidung befugt. Überdies entfällt nach dieser Bestimmung bei Einleitung eines Verfahrens durch die Kommission die Zuständigkeit der nationalen Wettbewerbsbehörden für die Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union auf einen solchen Fall. Außerdem begründet die Bekanntmachung zur Zusammenarbeit innerhalb des Netzes der Wettbewerbsbehörden nach ihrer Nr. 31 für die beteiligten Unternehmen kein Recht dahin gehend, dass sich eine bestimmte Behörde mit dem Fall zu befassen hätte. Ein Unternehmen kann daher nicht geltend machen, es habe einen Anspruch darauf oder eine berechtigte Erwartung dahin gehend, dass die nationalen Wettbewerbsbehörden eine bestimmte Zuwiderhandlung anstelle der Kommission verfolgten. Zudem hat Nr. 8 dieser Bekanntmachung keine Bindungswirkung, da ihre Formulierung zeigt, dass aus der bloßen Möglichkeit einer Verteilung der Aufgaben, auf die sie sich bezieht, keine Verpflichtung der Kommission hergeleitet werden kann, in einem Fall, in dem die in ihr genannten Bedingungen erfüllt sind, nicht tätig zu werden. (vgl. Randnrn. 76-77, 80) 4.      Die Kommission ist eine vielsprachliche Institution, der die Fähigkeit zuerkannt werden muss, in allen Amtssprachen der Gemeinschaft zu arbeiten. Ein Kläger kann nicht damit gehört werden, dass die Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der das Verwaltungsverfahren abschließenden Entscheidung in einer bestimmten Amtssprache – während er im Verwaltungsverfahren selbst zwei weitere Amtssprachen verwendet habe – die Ausübung seiner Verteidigungsrechte beeinträchtigt habe, wenn er einräumt, dass er mit der Zustellung der Schriftstücke der fraglichen Sprache einverstanden war. (vgl. Randnrn. 86, 414) 5.      Einer Muttergesellschaft kann das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft insbesondere dann zugerechnet werden, wenn die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen, die die beiden Rechtssubjekte verbinden, im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt. In einem solchen Fall sind nämlich die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit und bilden damit ein Unternehmen. Weil eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, kann die Kommission demnach eine Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten, ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachgewiesen werden müsste. In dem besonderen Fall, dass eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstoßen hat, kann zum einen diese Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben und besteht zum anderen eine widerlegliche Vermutung, dass diese Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt. Unter diesen Umständen genügt es, dass die Kommission für die Vermutung, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik dieser Tochtergesellschaft ausübt, nachweist, dass die Muttergesellschaft das gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft hält. Die Kommission kann in der Folge die Muttergesellschaft für die Zahlung der gegen ihre Tochtergesellschaft verhängten Geldbuße gesamtschuldnerisch zur Haftung heranziehen, sofern die Muttergesellschaft, der es obliegt, diese Vermutung zu widerlegen, keine ausreichenden Beweise dafür erbringt, dass ihre Tochtergesellschaft auf dem Markt eigenständig auftritt. (vgl. Randnrn. 94-97, 310-313) 6.      In dem besonderen Fall, dass eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstoßen hat, besteht eine widerlegliche Vermutung, dass diese Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt. Wenn die organisatorischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Verbindungen zwischen diesen Unternehmen einen Einfluss der Muttergesellschaft auf die Strategie ihrer Tochterunternehmen begründen können, ist es gerechtfertigt, sie als wirtschaftliche Einheit zu begreifen. Dagegen ist der Umstand, dass die klagenden Unternehmen eigenständig am Verfahren teilgenommen und eine individuelle Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte abgegeben haben, nicht geeignet, die Vermutung einer Haftung der Muttergesellschaften für das Verhalten ihrer Tochtergesellschaften zu widerlegen. Zwar kann es nämlich von einem entscheidenden Einfluss auf das Verhalten der Tochtergesellschaft zeugen, wenn die Muttergesellschaft gegenüber der Kommission als alleinige Gesprächspartnerin für die betreffende Zuwiderhandlung aufgetreten ist, doch vermag die Vorlage getrennter Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte durch die Tochtergesellschaften einer Unternehmensgruppe keinen Beweis für die Autonomie der genannten Tochtergesellschaften zu erbringen. (vgl. Randnrn. 96, 125-127) 7.      Nach dem Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen, der für jedes Verwaltungsverfahren gilt, das zur Verhängung von Sanktionen nach den Wettbewerbsregeln der Union führen kann, darf ein Unternehmen nur für die Handlungen bestraft werden, die ihm individuell zur Last gelegt worden sind. Dieser Grundsatz muss jedoch mit dem Unternehmensbegriff in Einklang gebracht werden. Denn nicht ein zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft in Bezug auf die Zuwiderhandlung bestehendes Anstiftungsverhältnis und schon gar nicht eine Beteiligung Ersterer an dieser Zuwiderhandlung, sondern der Umstand, dass sie ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, verleiht der Kommission die Befugnis, die Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft einer Unternehmensgruppe zu richten. Außerdem ist die frühere Entscheidungspraxis der Kommission nicht auf eine bestimmte Rechtssache übertragbar. Entscheidungen in anderen Rechtssachen können nämlich nur Hinweischarakter haben, da die konkreten Umstände der Rechtssachen nicht die gleichen sind. Der u. a. in Art. 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention niedergelegte Grundsatz der Unschuldsvermutung gehört zu den Grundrechten, die in der Unionsrechtsordnung anerkannt sind, und ist im Übrigen durch Art. 6 Abs. 2 EU und durch Art. 48 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bekräftigt worden. Angesichts der Art der fraglichen Zuwiderhandlungen sowie der Art und Schwere der ihretwegen verhängten Sanktionen gilt der Grundsatz der Unschuldsvermutung auch in Verfahren wegen Verletzung der für Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, in denen Geldbußen oder Zwangsgelder verhängt werden können. Hierbei ist zu beachten, dass eine Regel über die Zurechenbarkeit einer Zuwiderhandlung, wie die Vermutung des bestimmenden Einflusses einer Muttergesellschaft auf ihre hundertprozentigen Tochtergesellschaften, nicht gegen die Unschuldsvermutung verstoßen kann. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat nämlich festgestellt, dass Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention in Strafgesetzen enthaltenen Vermutungen tatsächlicher oder rechtlicher Art nicht entgegensteht, sondern gebietet, sie angemessen einzugrenzen, wobei das Gewicht der betroffenen Belange zu berücksichtigen ist und die Verteidigungsrechte zu wahren sind. Ein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung scheidet somit aus, wenn in Wettbewerbsverfahren aus typischen Geschehensabläufen nach Erfahrungssätzen bestimmte Schlussfolgerungen gezogen werden und die betroffenen Unternehmen die Möglichkeit behalten, diese Schlussfolgerungen zu entkräften. (vgl. Randnrn. 106-108, 112, 114) 8.      Die Möglichkeit, der Obergesellschaft eine Sanktion für das rechtswidrige Verhalten einer Tochtergesellschaft aufzuerlegen, steht der Verhängung einer Sanktion gegen eine Zwischenholdinggesellschaft oder die Tochtergesellschaft selbst nicht entgegen, sofern die Kommission festgestellt hat, dass die genannten Gesellschaften ein einziges Unternehmen bildeten. In einem solchen Fall hat die Kommission, wenn die Voraussetzungen für die Zurechenbarkeit erfüllt sind, die Wahl, die Tochtergesellschaft, die sich an der Zuwiderhandlung beteiligt hat, die Zwischenmuttergesellschaft, die sie während dieses Zeitraums kontrolliert hat, und die Obergesellschaft der Unternehmensgruppe mit einer Sanktion zu belegen. Insoweit ist zu beachten, dass im Rahmen einer Unternehmensgruppe eine Holding eine Gesellschaft ist, die die Beteiligungen an verschiedenen Gesellschaften bündeln und als deren Leitungsinstanz fungieren soll. (vgl. Randnrn. 119, 122) 9.      Die Kommission braucht bei der Begründung von Entscheidungen, die sie zu erlassen hat, um die Anwendung des Wettbewerbsrechts zu gewährleisten, zwar nicht auf alle tatsächlichen und rechtlichen Fragen sowie die Erwägungen einzugehen, die sie veranlasst haben, eine solche Entscheidung zu treffen; sie muss jedoch nach Art. 253 EG zumindest die Tatsachen und die Erwägungen aufführen, die in der Systematik ihrer Entscheidung wesentlich sind, um es auf diese Weise dem Unionsrichter und den Betroffenen zu ermöglichen, die Voraussetzungen zu erfahren, unter denen sie den Vertrag angewandt hat. Ferner muss, falls nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen, die Begründung einer Entscheidung in dieser selbst enthalten sein; die Entscheidung kann nicht zum ersten Mal und nachträglich vor dem Richter erörtert werden. So ist die Begründung dem Betroffenen grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen. (vgl. Randnrn. 133, 146, 399) 10.    Was die Würdigung von Anträgen einer Partei auf prozessleitende Maßnahmen oder Beweisaufnahme durch das Gericht des ersten Rechtszugs angeht, ist es allein Sache des Gerichts, zu entscheiden, ob das ihm in einer Rechtssache vorliegende Beweismaterial der Ergänzung bedarf. Insoweit kann einem Antrag eines klagenden Unternehmens auf Vernehmung von Zeugen nicht stattgegeben werden, wenn die Aussagen, die dieses Unternehmen aufgrund der Vernehmung vor dem Gericht zu erhalten sucht, bereits vor der Kommission gemacht wurden, wenn sie als nicht durch schriftliche Beweismittel gestützt angesehen wurden und ihnen sogar durch bestimmte Unterlagen in den Akten widersprochen wurde. Ein Antrag auf Vorlage einer vorangegangenen Entscheidung der Kommission kann nicht als notwendig angesehen werden, da die frühere Entscheidungspraxis der Kommission nicht den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bilden kann. (vgl. Randnrn. 151-153, 211) 11.    Der auch in Art. 4 des Protokolls Nr. 7 zur Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Grundsatz ne bis in idem ist ein fundamentaler Grundsatz des Unionsrechts, den der Gemeinschaftsrichter zu beachten hat. Im Bereich des Wettbewerbsrechts der Union verbietet es dieser Grundsatz, dass ein Unternehmen wegen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens, für das es in einer früheren, nicht mehr anfechtbaren Entscheidung der Kommission mit einer Sanktion belegt oder für nicht verantwortlich erklärt wurde, von der Kommission erneut mit einer Sanktion belegt oder verfolgt wird. Die Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem setzt somit voraus, dass über das Vorliegen der Zuwiderhandlung entschieden oder die Rechtmäßigkeit ihrer Würdigung geprüft wurde. Dieser Grundsatz verbietet daher nur eine neue sachliche Würdigung des Vorliegens der Zuwiderhandlung, die dazu führen würde, dass entweder – falls die Verantwortlichkeit erneut bejaht wird – eine zweite, zur ersten hinzukommende Sanktion oder – falls die in der ersten Entscheidung verneinte Verantwortlichkeit in der zweiten Entscheidung bejaht wird – eine erste Sanktion verhängt wird. Was die Frage angeht, ob eine Entscheidung einer nationalen Wettbewerbsbehörde die Kommission daran hindern kann, ein und dasselbe Unternehmen erneut mit einer Sanktion zu belegen oder zu verfolgen, so hängt die Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem von der dreifachen Voraussetzung der Identität des Sachverhalts, des Zuwiderhandelnden und des geschützten Rechtsguts ab. Dieser Grundsatz verbietet es somit, dieselbe Person mehr als einmal wegen desselben rechtswidrigen Verhaltens zum Schutz desselben Rechtsguts mit einer Sanktion zu belegen. Insoweit hindert eine vorläufige Entscheidung einer nationalen Wettbewerbsbehörde über Kronzeugenbehandlung die Kommission nicht daran, diese Zuwiderhandlung festzustellen und zu ahnden, da durch diese Entscheidung die gegen eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht gerichtete Strafklage nicht endgültig verbraucht worden ist. Auch wenn man im Übrigen annähme, dass eine Berufung auf Art. 54 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen im Bereich des Wettbewerbsrechts der Union möglich sei, weil er Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes des Unionsrechts, nämlich des Grundsatzes ne bis in idem, ist, könnte eine vorläufige Entscheidung einer nationalen Wettbewerbsbehörde über Kronzeugenbehandlung jedenfalls nicht als unter diese Bestimmung fallend angesehen werden. Die Gewährung eines vorläufigen Geldbußenerlasses genügt nämlich nicht dem in dieser Bestimmung geforderten Merkmal der Endgültigkeit des Strafklageverbrauchs. (vgl. Randnrn. 158-161, 166-167, 174-176) 12.    Gegenüber einer Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln der Union geahndet wird und die nach vorläufigen Entscheidungen nationaler Wettbewerbsbehörden über Kronzeugenbehandlung erlassen worden ist, kann sich ein klagendes Unternehmen nicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, wenn es keine Beweismittel vorlegt, aus denen sich zum einen ergäbe, dass die Kommission ihm bestimmte Zusicherungen dahin gehend gegeben hätte, dass die Rechtsakte dieser Behörden es vor jeglicher Verfolgung und Sanktion bewahren würden, und zum anderen, dass es von diesen Behörden bestimmte Zusicherungen dahin gehend erhalten hätte, dass die Kommission durch die von diesen Behörden erlassenen Rechtsakte an der Feststellung und Ahndung der genannten Zuwiderhandlung gehindert wäre. Die Nichtberücksichtigung der vorläufigen Entscheidungen nationaler Wettbewerbsbehörden über Kronzeugenbehandlung kann auch nicht gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen. Denn die Kommission ist zwar nach dem Billigkeitsgrundsatz verpflichtet, die einem Unternehmen für dieselbe Tat bereits auferlegten Sanktionen zu berücksichtigen, wenn es sich um Sanktionen wegen Zuwiderhandlungen gegen das Kartellrecht eines Mitgliedstaats – also im Gebiet der Union begangene Rechtsverletzungen – handelt, jedoch ist eine solche Situation nicht gegeben, wenn diese Behörden gegen das klagende Unternehmen keine Sanktion verhängt haben. (vgl. Randnrn. 181, 185-186) 13.    Die Schwere der Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Union ist anhand einer Vielzahl von Faktoren zu ermitteln, zu denen u. a. die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müsste. In diesem Zusammenhang ist die Größe des betroffenen Marktes bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung grundsätzlich kein obligatorischer, sondern nur ein relevanter Faktor unter anderen, wobei die Kommission im Übrigen nicht zur Abgrenzung des betroffenen Marktes oder der Beurteilung seiner Größe verpflichtet ist, wenn die betreffende Zuwiderhandlung einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt. Denn die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, sehen zwar nicht vor, dass die Höhe von Geldbußen anhand des Gesamtumsatzes oder des Umsatzes der Unternehmen auf dem betreffenden Markt berechnet wird. Sie schließen jedoch auch nicht aus, dass diese Umsätze bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt werden, damit die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts gewahrt bleiben und wenn die Umstände es erfordern. Hat insoweit die Kommission für die Festsetzung des allgemeinen Ausgangsbetrags einer Geldbuße wegen einer einen Mitgliedstaat betreffenden Zuwiderhandlung nicht auf die Größe des betroffenen Markts abgestellt, sondern ihre Entscheidung auf die Art und den räumlichen Umfang dieser Zuwiderhandlung gestützt, beruht die Erwägung, dass der in Bezug auf das Kartell in diesem Mitgliedstaat festgesetzte allgemeine Ausgangsbetrag der Geldbuße die behauptete geringe Größe des betroffenen Markt widerspiegeln müsse, auf einer irrigen Prämisse, so dass die Entscheidung der Kommission nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Gleiches gilt für die Nichtberücksichtigung der Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt. Nach Nr. 1 Abschnitt A Abs. 1 der genannten Leitlinien muss die Kommission nämlich bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung die konkreten Auswirkungen auf den Markt nur dann prüfen, wenn sie messbar erscheinen. Bei der Beurteilung dieser Auswirkungen muss sich die Kommission auf den Wettbewerb beziehen, der normalerweise ohne eine Zuwiderhandlung geherrscht hätte. Vertritt die Kommission jedoch die Auffassung, dass es nicht möglich gewesen sei, die konkreten Auswirkungen einer Zuwiderhandlung auf den Markt zu messen, ohne dass die betroffenen Unternehmen das Gegenteil nachgewiesen hätten, und hat sie ihre Entscheidung auf die Schwere und den geografischen Umfang der Zuwiderhandlung gestützt, ohne die Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt zu berücksichtigen, geht sie über den ihr bei der Bestimmung der Geldbußen wegen Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln zustehenden Wertungsspielraum nicht offensichtlich hinaus. (vgl. Randnrn. 193, 208-211, 215-216, 218-220, 226-230, 239-240, 243) 14.    Selbst wenn die Kommission bei der Feststellung mehrerer besonders schwerer Zuwiderhandlungen in ein und derselben Entscheidung eine gewisse Kohärenz zwischen den allgemeinen Ausgangsbeträgen der Geldbußen und der Größe der verschiedenen betroffenen Märkte wahren müsste, deutet nichts darauf hin, dass es bei den wegen der Zuwiderhandlungen in mehreren Mitgliedstaaten festgesetzten allgemeinen Ausgangsbeträge an Kohärenz fehlte oder dass bei ihnen von einer angeblich angewandten Berechnungsmethode abgewichen worden wäre, da die Kommission die allgemeinen Ausgangsbeträge umso höher angesetzt hat, je größer der Markt war, ohne dabei allerdings eine genaue mathematische Formel anzuwenden, wozu sie jedenfalls nicht verpflichtet ist. (vgl. Randnrn. 235-236) 15.    Im Rahmen der Bemessung der nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verhängten Geldbußen ergibt sich eine differenzierte Behandlung der betroffenen Unternehmen unmittelbar aus der Ausübung der der Kommission nach dieser Vorschrift zustehenden Befugnisse. Im Rahmen ihres Wertungsspielraums hat die Kommission nämlich die Sanktion entsprechend den für die betroffenen Unternehmen kennzeichnenden Verhaltensweisen und Eigenschaften individuell festzulegen, um in jedem Einzelfall die volle Wirksamkeit der Wettbewerbsregeln der Union sicherzustellen. So bestimmen die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, dass bei einer Zuwiderhandlung von bestimmter Schwere in Fällen, in denen mehrere Unternehmen beteiligt sind, wie bei Kartellen, der allgemeine Ausgangsbetrag gewichtet werden sollte, um einen spezifischen Ausgangsbetrag festzulegen, der das Gewicht und damit die tatsächliche Auswirkung des Verstoßes jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb berücksichtigt, vor allem, wenn an einem Verstoß derselben Art Unternehmen von sehr unterschiedlicher Größe beteiligt waren. Insbesondere muss die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit der Urheber der Verstöße berücksichtigt werden, Wettbewerber und den Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen. Zudem liegt nach Nr. 1 Abschnitt A Abs. 7 dieser Leitlinien der abgestuften Behandlung von an derselben Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen keine arithmetische Formel zugrunde. Denn die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verlangen nicht, dass der Ausgangsbetrag der Geldbuße bei allen Mitgliedern eines Kartells den gleichen Prozentsatz ihres individuellen Umsatzes ausmacht. Daher muss sich das Gericht bei der Prüfung, ob die Einteilung der Mitglieder eines Kartells in Gruppen mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist, im Rahmen seiner Kontrolle, ob die Kommission das ihr in diesem Bereich zustehende Ermessen rechtmäßig ausgeübt hat, darauf beschränken, ob die Einteilung schlüssig und objektiv gerechtfertigt ist. Hat sich ein Unternehmen aber nur an einem Teil eines Kartells beteiligt, ist seine Fähigkeit, Wettbewerber erheblich zu schädigen, in geringerem Maße vorhanden. Daher kann eine Entscheidung der Kommission, mit der für ein solches Unternehmen ein anderer spezifischer Ausgangsbetrag festgesetzt wird, nicht diskriminierend sein. Im Übrigen folgt der Umstand, dass der Ausgangsbetrag der Geldbuße nicht zwangsläufig bei allen Kartellmitgliedern dem gleichen Prozentsatz ihrer jeweiligen Umsätze entspricht, aus der Methode, die Unternehmen in Gruppen einzuteilen, da dies zu einer Pauschalierung des für die Unternehmen derselben Gruppe festgesetzten Ausgangsbetrags führt. Eine solche Methode ist, auch wenn sie bewirkt, dass die Größenunterschiede zwischen Unternehmen derselben Kategorie unberücksichtigt bleiben, grundsätzlich nicht zu beanstanden. Schließlich enthält das Unionsrecht keinen allgemein anwendbaren Grundsatz, wonach die Sanktion in angemessenem Verhältnis zur Bedeutung des Unternehmens auf dem Markt für die Erzeugnisse, die Gegenstand der Zuwiderhandlung sind, stehen müsste. (vgl. Randnrn. 247-248, 253-254, 259-260, 263, 274, 277) 16.    Die Notwendigkeit, eine ausreichende Abschreckungswirkung der Geldbuße sicherzustellen, wenn sie nicht schon einen Grund für eine allgemeine Erhöhung der Geldbußen im Rahmen der Durchführung einer Wettbewerbspolitik darstellt, gebietet es, die Höhe der Geldbuße individuell anzupassen, um die angestrebte Wirkung für das Unternehmen, gegen das sie verhängt wird, zu berücksichtigen, damit die Geldbuße – nach den Erfordernissen, die sich zum einen aus der Notwendigkeit, die Wirksamkeit der Geldbuße zu gewährleisten, und zum anderen aus der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ergeben – insbesondere im Hinblick auf die Finanzkraft des betreffenden Unternehmens nicht entweder zu niedrig oder aber zu hoch ausfällt. Dabei kann die Kommission den Gesamtumsatz jedes an einem Kartell beteiligten Unternehmens als relevantes Kriterium für die Festsetzung eines Abschreckungsmultiplikators heranziehen. Somit sind die Größe und die Gesamtressourcen eines Unternehmens die maßgeblichen Kriterien im Hinblick auf das angestrebte Ziel, die Wirksamkeit der Geldbuße durch Anpassung ihrer Höhe nach Maßgabe der Gesamtressourcen des Unternehmens und seiner Fähigkeit zu gewährleisten, die notwendigen Mittel zur Zahlung dieser Geldbuße aufzubringen. Mit der Festlegung des Erhöhungssatzes des Ausgangsbetrags zur Gewährleistung einer ausreichenden Abschreckungswirkung der Geldbuße soll nämlich in erster Linie die Wirksamkeit der Geldbuße sichergestellt und weniger die Schädlichkeit der Zuwiderhandlung für den freien Wettbewerb und damit die Schwere dieser Zuwiderhandlung berücksichtigt werden. Gerechtfertigt ist überdies eine Erhöhung der Ausgangsbeträge, um den Abschreckungszweck der Geldbuße zu gewährleisten, wobei eine Differenzierung bei der Behandlung der Teilnehmer ein und desselben Kartells vorgenommen wird, um der Art und Weise Rechnung zu tragen, in der sie tatsächlich von der Geldbuße betroffen sind. Eine solche Erhöhung verletzt schon deshalb nicht den Grundsatz der Gleichbehandlung, weil sich die Kommission, um die Notwendigkeit einer Erhöhung der Geldbußen zur Gewährleistung ihrer Abschreckungswirkung zu beurteilen, auf den Gesamtumsatz der Beteiligten und nicht auf den Umsatz bezieht, den sie innerhalb der Union oder auf dem betreffenden nationalen Markt erzielten. (vgl. Randnrn. 285, 287, 292, 294-295) 17.    Der Begriff des Wiederholungsfalls in einigen nationalen Rechtsordnungen bedeutet, dass eine Person neue Zuwiderhandlungen begeht, nachdem ähnliche von ihr begangene Zuwiderhandlungen geahndet worden waren. Außerdem ist in Nr. 2 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, im Rahmen der beispielhaften Aufzählung erschwerender Umstände, die eine Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße rechtfertigen können, eigens von einem erneuten, gleichartigen Verstoß des/derselben Unternehmen(s) die Rede. In diesem Zusammenhang ist es nicht hinnehmbar, dass die Kommission im Rahmen der Feststellung des erschwerenden Umstands der Wiederholungstäterschaft die Auffassung vertritt, dass ein Unternehmen für eine frühere Zuwiderhandlung zur Verantwortung gezogen werden müsse, für die es von ihr nicht durch eine Entscheidung mit einer Sanktion belegt wurde und im Rahmen von deren Erstellung es nicht Adressat einer Mitteilung der Beschwerdepunkte war, so dass einem solchen Unternehmen in dem Verfahren, das zum Erlass der die frühere Zuwiderhandlung feststellenden Entscheidung geführt hat, keine Gelegenheit gegeben wurde, seinen Standpunkt vorzutragen, um das Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen ihm und anderen Unternehmen in Abrede zu stellen. Diese Schlussfolgerung ist umso mehr geboten, als zwar nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die zwischen der betreffenden Zuwiderhandlung und einer früheren Verletzung der Wettbewerbsregeln verstrichene Zeit berücksichtigt werden muss, um die Neigung des Unternehmens, diese Regeln zu übertreten, beurteilen zu können, die Kommission jedoch für die Feststellung eines Wiederholungsfalls nicht an eine Verjährungsfrist gebunden ist. Auch ist es zwar durchaus statthaft, anzunehmen, dass eine Muttergesellschaft von einer früheren Entscheidung der Kommission, die an ihre Tochtergesellschaft gerichtet war, deren Kapital sie fast vollständig hält, tatsächlich Kenntnis hat, doch kann eine solche Kenntnis nicht das Fehlen einer Feststellung in der früheren Entscheidung heilen, dass zwischen dieser Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit dergestalt bestehe, dass der Muttergesellschaft die Haftung für die frühere Zuwiderhandlung auferlegt werden könnte und die gegen sie festgesetzten Geldbußen wegen eines Wiederholungsfalls erhöht werden könnten. (vgl. Randnrn. 308, 319-320, 322) 18.    Die Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (Mitteilung über Zusammenarbeit) ist ein Instrument, mit dem unter Beachtung des höherrangigen Rechts die Kriterien präzisiert werden sollen, die die Kommission bei der Ausübung ihres Ermessens im Rahmen der Zumessung von Geldbußen anzuwenden gedenkt, die wegen Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln der Union verhängt werden. Daraus resultiert eine Selbstbeschränkung dieses Ermessens, die jedoch mit dem Fortbestand des erheblichen Wertungsspielraums der Kommission nicht unvereinbar ist. Somit verfügt die Kommission über einen weiten Wertungsspielraum, wenn sie zu prüfen hat, ob Beweismittel, die von einem Unternehmen vorgelegt worden sind, das erklärt hat, es wolle die Mitteilung über Zusammenarbeit in Anspruch nehmen, einen erheblichen Mehrwert im Sinne von Randnr. 21 dieser Mitteilung darstellen. Ebenso verfügt die Kommission, nachdem sie festgestellt hat, dass Beweismittel einen erheblichen Mehrwert im Sinne von Randnr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit darstellen, über einen Wertungsspielraum, wenn sie den genauen Umfang der dem betreffenden Unternehmen zu gewährenden Ermäßigung der Geldbuße zu bestimmen hat. Randnr. 23 Buchst. b Abs. 1 dieser Mitteilung sieht nämlich für die verschiedenen Kategorien von Unternehmen, auf die er sich bezieht, jeweils Bandbreiten vor, innerhalb deren Geldbußen ermäßigt werden können. Angesichts dieses Wertungsspielraums kann nur ein offensichtliches Überschreiten dieses Spielraums vom Unionsrichter beanstandet werden. Unter diesen Umständen begeht die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler, indem sie die Ermäßigung der Geldbuße nach der Mitteilung über Zusammenarbeit dann im unteren Bereich dieser Bandbreite bestimmt, wenn sich die vom betreffenden Unternehmen gemachten Angaben bereits in ihrem Besitz befanden oder sich nicht auf Tatsachen bezogen, die ihr vorher unbekannt gewesen wären, und die, auch wenn sie ihr zum Nachweis der Zuwiderhandlung hätten verhelfen können, keinen erheblichen Mehrwert darstellen. Ein Unternehmen kann auch keine zusätzliche Ermäßigung der ihm von der Kommission auferlegten Geldbuße aufgrund eines aus der Zeit der Zuwiderhandlung selbst stammenden Dokuments beanspruchen, das es der Kommission vorgelegt habe, wenn dieses Dokument sich bereits im Besitz der Kommission befand und das Unternehmen lediglich zusätzliche Erläuterungen zu seinem Verständnis gegeben hat. Außerdem darf die Kommission im Rahmen ihrer Beurteilung der von den an einer Absprache Beteiligten geleisteten Zusammenarbeit nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen. Ein solcher Verstoß ist nicht gegeben, wenn zum einen der Mehrwert eines nach der Mitteilung über Zusammenarbeit gestellten Antrags anhand der sich bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweismittel beurteilt wird und zum anderen eines der betroffenen Unternehmen zeitgleiche Beweisdokumente mit erheblichem Mehrwert vorgelegt hat, während ein anderes Unternehmen nur ein einziges zeitgleiches Beweismittel vorgelegt hat, so dass die unterschiedliche Behandlung der beiden Unternehmen gerechtfertigt ist, da sie sich nicht in vergleichbaren Situationen befinden. (vgl. Randnrn. 332-333, 335, 337, 350, 355, 357, 361, 363, 367-369) 19.    Eine klagende Gesellschaft, gegen die eine Sanktion wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln der Union verhängt wurde, kann sich für ihr Begehren, einen günstigeren Ermäßigungssatz für die gegen sie von der Kommission verhängte Geldbuße anzuwenden, in einem Fall angeblichen Bestehens eines Zweifels, der die Begründung der Entscheidung hinsichtlich der Bestimmung dieses Prozentsatzes fehlerhaft mache, nicht auf den Grundsatz in dubio pro reo berufen. Dieser Grundsatz bezieht sich nämlich auf die Führung des Nachweises einer Zuwiderhandlung und darauf, ob die von der Kommission vorgelegten Beweismittel die von ihr in der angefochtenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen stützen. (vgl. Randnr. 343) 20.    Die Mitteilung von 2002 über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002) sieht im Gegensatz zu Abschnitt D Nr. 2 zweiter Gedankenstrich der Mitteilung von 1996 über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996) keine Ermäßigung der Geldbuße zugunsten eines Unternehmens vor, das nach Eingang der Mitteilung der Beschwerdepunkte den Sachverhalt, auf den die Kommission ihre Einwände stützt, nicht bestreitet. Nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 muss ein Unternehmen, um für eine Ermäßigung der Geldbuße in Betracht zu kommen, der Kommission Beweismittel für die mutmaßliche Zuwiderhandlung vorlegen, die gegenüber den bereits in ihrem Besitz befindlichen Beweismitteln einen erheblichen Mehrwert darstellen. Nach den Randnrn. 21 und 22 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 berücksichtigt die Kommission bei der Prüfung des Mehrwerts der von einem Unternehmen vorgelegten Beweismittel nicht nur deren Eigenschaft und/oder Ausführlichkeit, sondern auch jene Beweismittel, die sich zum Zeitpunkt der Antragstellung des betreffenden Unternehmens bereits in ihrem Besitz befanden. Daher führt die Kommission ihre Beurteilung sowohl anhand der Qualität der Zusammenarbeit des betreffenden Unternehmens als auch des Vergleichs des fraglichen Mehrwerts mit den bereits in ihrem Besitz befindlichen Beweismitteln durch. (vgl. Randnrn. 378-379, 382, 393, 398) 21.    Auf den Vertrauensschutz kann sich jeder berufen, bei dem die Unionsverwaltung durch bestimmte Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat. Hingegen kann niemand eine Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes geltend machen, dem die Verwaltung keine bestimmten Zusicherungen gegeben hat. Präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte von zuständiger und zuverlässiger Seite stellen solche Zusicherungen dar. Im Rahmen der Bemessung einer Geldbuße wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln der Union kann die Ankündigung der Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte, zu prüfen, ob Ermäßigungen der Geldbuße außerhalb der Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen gewährt werden könnten, keine bestimmte Zusicherung hinsichtlich des Umfangs oder des Satzes der Ermäßigung darstellen, der den betreffenden Unternehmen gegebenenfalls gewährt würde. Eine solche Äußerung kann daher keinesfalls ein irgendwie geartetes berechtigtes Vertrauen hierauf begründen. Ebenso wenig kann eine frühere Entscheidungspraxis der Kommission den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bilden. (vgl. Randnrn. 421-425) 22.    Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürfen die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist. Dabei ist, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen; ferner müssen die verursachten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen. Insoweit verletzt eine Entscheidung der Kommission, mit der nur eine minimale Ermäßigung der Geldbuße um 1 % wegen Nichtbestreitens des Sacherhalts gewährt wird, unter Berücksichtigung des geringen Werts einer nach Eingang der Mitteilung der Beschwerdepunkte angebotenen Zusammenarbeit nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn diese Ermäßigung zu den Ermäßigungen hinzutritt, die schon im Rahmen der Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen gewährt wurden. (vgl. Randnrn. 428, 432, 449) 23.    Die Kommission darf im Rahmen ihrer Beurteilung der von den an einer Absprache Beteiligten geleisteten Zusammenarbeit nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen. Indessen ist außer dem Umstand, dass die im Rahmen der Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (Mitteilung über Zusammenarbeit) und die außerhalb dieser Mitteilung gewährten Ermäßigungen der Geldbußen verschiedenen Schritten der Berechnung der Geldbußenhöhe entsprechen, festzustellen, dass sich die Unternehmen, die sowohl im Rahmen als auch außerhalb dieser Mitteilung kooperiert haben, und die Unternehmen, die nur außerhalb dieser Mitteilung kooperiert haben, nicht in vergleichbaren Situationen befinden. Die Kommission ist daher berechtigt, eine Ermäßigung der Geldbuße wegen der Zusammenarbeit außerhalb dieser Mitteilung zum einen unmittelbar auf den Gesamtbetrag der Geldbuße von Unternehmen, die im Rahmen dieser Mitteilung nicht kooperiert haben, und zum anderen auf den nach dieser Mitteilung bereits ermäßigten Geldbußenbetrag von Unternehmen, die in ihrem Rahmen kooperiert haben, anzuwenden. (vgl. Randnrn. 435-437) 24.    Nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 darf die Geldbuße für jedes an einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln der Union beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Vereinigung 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen. Somit ist die in dieser Bestimmung vorgesehene Obergrenze von 10 % des Umsatzes anhand des gesamten Umsatzes aller Gesellschaften zu ermitteln, aus denen die als Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG auftretende wirtschaftliche Einheit besteht. (vgl. Randnrn. 443-444) 25.    Bei der Bemessung von wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln der Union verhängten Geldbußen dürfen diese nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen – Beachtung der Wettbewerbsregeln – stehen, und die einem Unternehmen wegen einer Zuwiderhandlung im Bereich des Wettbewerbs auferlegte Geldbuße ist so zu bemessen, dass sie bei einer Gesamtwürdigung der Zuwiderhandlung unter besonderer Berücksichtigung ihrer Schwere in angemessenem Verhältnis zu ihr steht. Zudem kann die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen die Notwendigkeit berücksichtigen, deren abschreckende Wirkung sicherzustellen. Dazu ist erstens festzustellen, dass Kartelle, die im Wesentlichen aus geheimen Absprachen zwischen Kartellmitgliedern zu dem Zweck bestanden, durch die Zuweisung von Projekten für den Verkauf und den Einbau neuer Aufzüge und/oder Fahrtreppen die Märkte aufzuteilen oder die Marktanteile einzufrieren sowie den gegenseitigen Wettbewerb bei der Wartung und Modernisierung von Aufzügen und Fahrtreppen zu unterlassen, schon ihrem Wesen nach zu den schwerwiegendsten Verstößen gegen Art. 81 EG zählen. Hierbei ist die verhältnismäßig geringe Größe des Marktes für die fraglichen Produkte, unterstellt, sie sei erwiesen, im Verhältnis zu allen anderen Faktoren, die die Schwere der Zuwiderhandlung belegen, von nur untergeordneter Bedeutung. Zweitens ist der Grundsatz der Angemessenheit der Geldbußen im Verhältnis zur Größe und zur Wirtschaftskraft der betreffenden als Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG handelnden wirtschaftlichen Einheiten nicht verletzt, wenn diese Geldbußen nicht die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 genannte Obergrenze übersteigen, die verhindern soll, dass die Geldbußen gemessen an der Bedeutung des Unternehmens unverhältnismäßig sind. Drittens kann die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen insbesondere die Größe und die Wirtschaftskraft der als Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG handelnden wirtschaftlichen Einheit berücksichtigen. Es ist jedoch möglich, dass das zu berücksichtigende maßgebliche Unternehmen nicht jeder Tochtergesellschaft, die an den festgestellten Zuwiderhandlungen beteiligt war, sondern den Unternehmen entspricht, die die Muttergesellschaft und alle ihre Tochtergesellschaften sind. Viertens ist die Kommission bei der Ermittlung der Höhe der Geldbußen anhand von Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung nicht verpflichtet, für den Fall, dass gegen mehrere an derselben Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen Geldbußen festgesetzt werden, dafür zu sorgen, dass in den von ihr errechneten Endbeträgen der Geldbußen der betreffenden Unternehmen alle Unterschiede in Bezug auf ihren Gesamtumsatz oder ihren Umsatz auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt zum Ausdruck kommen. Der Endbetrag der Geldbuße ist nämlich nicht von vornherein ein geeigneter Faktor, um zu bestimmen, ob eine Geldbuße im Hinblick auf die Bedeutung der am Kartell Beteiligten etwa unverhältnismäßig ist. Für die Ermittlung des Endbetrags der Geldbuße sind u. a. verschiedene Umstände maßgeblich, die nicht mit dem Marktanteil oder dem Umsatz des fraglichen Unternehmens, sondern mit seinem individuellen Verhalten zusammenhängen, etwa der Dauer der Zuwiderhandlung, dem Vorliegen erschwerender oder mildernder Umstände und dem Umfang der Zusammenarbeit des Unternehmens. (vgl. Randnrn. 450-456) URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer) 13. Juli 2011(*) „Wettbewerb – Kartelle – Markt für die Montage und Wartung von Aufzügen und Fahrtreppen – Entscheidung, mit der ein Verstoß gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Manipulation bei Ausschreibungen – Aufteilung der Märkte – Festsetzung der Preise“ In den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 ThyssenKrupp Liften Ascenseurs NV mit Sitz in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwältin V. Turner und Rechtsanwalt D. Mes, sodann Rechtsanwälte O. W. Brouwer und J. Blockx, Klägerin in der Rechtssache T‑144/07, ThyssenKrupp Aufzüge GmbH mit Sitz in Neuhausen auf den Fildern (Deutschland), ThyssenKrupp Fahrtreppen GmbH mit Sitz in Hamburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwältinnen U. Itzen und K. Blau-Hansen, sodann Rechtsanwältinnen U. Itzen und K. Blau-Hansen sowie Rechtsanwalt S. Thomas und schließlich Rechtsanwältin K. Blau-Hansen und Rechtsanwalt S. Thomas, Klägerinnen in der Rechtssache T‑147/07, ThyssenKrupp Ascenseurs Luxemburg Sàrl mit Sitz in Howald (Luxemburg), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin K. Beckmann, Rechtsanwalt S. Dethof und Rechtsanwältin U. Itzen, Klägerin in der Rechtssache T‑148/07, ThyssenKrupp Elevator AG mit Sitz in Düsseldorf (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt T. Klose und Rechtsanwältin J. Ziebarth, Klägerin in der Rechtssache T‑149/07, ThyssenKrupp AG mit Sitz in Duisburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte M. Klusmann und S. Thomas, sodann Rechtsanwalt M. Klusmann, Klägerin in der Rechtssache T‑150/07, ThyssenKrupp Liften BV mit Sitz in Krimpen aan den IJssel (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt O.W. Brouwer und Rechtsanwältin A. Stoffer, Klägerin in der Rechtssache T‑154/07, gegen Europäische Kommission, in den Rechtssachen T‑144/07 und T‑154/07 vertreten durch A. Bouquet und R. Sauer als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwälten F. Wijckmans und F. Tuytschaever, in den Rechtssachen T‑147/07 und T‑148/07 zunächst vertreten durch R. Sauer und O. Weber, sodann durch R. Sauer und K. Mojzesowicz als Bevollmächtigte und in den Rechtssachen T‑149/07 und T‑150/07, vertreten durch R. Sauer und K. Mojzesowicz als Bevollmächtigte, Beklagte, betreffend eine Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung C (2007) 512 final der Kommission vom 21. Februar 2007 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] (Sache COMP/E-1/38.823 − Aufzüge und Fahrtreppen), hilfsweise, Herabsetzung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße erlässt DAS GERICHT (Achte Kammer) unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro (Berichterstatterin) sowie der Richter N. Wahl und A. Dittrich, Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3., 7. und 10. September 2009 folgendes Urteil 1        Gegenstand der vorliegenden Rechtssachen sind Anträge auf Nichtigerklärung der Entscheidung C (2007) 512 final der Kommission vom 21. Februar 2007 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] (Sache COMP/E-1/38.823 − Aufzüge und Fahrtreppen) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), von der eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 26. März 2008 (ABl. C 75, S. 19) veröffentlicht ist, hilfsweise, Herabsetzung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbußen. 2        In der angefochtenen Entscheidung vertrat die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Auffassung, dass folgende Gesellschaften gegen Art. 81 EG verstoßen hätten: –        die Kone Belgium SA (im Folgenden: Kone Belgien), die Kone GmbH (im Folgenden: Kone Deutschland), die Kone Luxembourg Sàrl (im Folgenden: Kone Luxemburg), die Kone BV Liften en Roltrappen (im Folgenden: Kone Niederlande) und die Kone Oyj (im Folgenden: KC) (im Folgenden zusammen oder einzeln: Kone); –        die Otis SA (im Folgenden: Otis Belgien), die Otis GmbH & Co. OHG (im Folgenden: Otis Deutschland), die General Technic-Otis Sàrl (im Folgenden: GTO), die General Technic Sàrl (im Folgenden: GT), die Otis BV (im Folgenden: Otis Niederlande), die Otis Elevator Company (im Folgenden: OEC) und die United Technologies Corporation (im Folgenden: UTC) (im Folgenden zusammen oder einzeln: Otis); –        die Schindler SA (im Folgenden: Schindler Belgien), die Schindler Deutschland Holding GmbH (im Folgenden: Schindler Deutschland), die Schindler Sàrl (im Folgenden: Schindler Luxemburg), die Schindler Liften BV (im Folgenden: Schindler Niederlande) und die Schindler Holding Ltd (im Folgenden: Schindler Holding) (im Folgenden zusammen oder einzeln: Schindler); –        die ThyssenKrupp Liften Ascenseurs NV (im Folgenden: TKLA), die ThyssenKrupp Aufzüge GmbH (im Folgenden: TKA), die ThyssenKrupp Fahrtreppen GmbH (im Folgenden: TKF), die ThyssenKrupp Elevator AG (im Folgenden: TKE), die ThyssenKrupp AG (im Folgenden: TKAG), die ThyssenKrupp Ascenseurs Luxembourg Sàrl (im Folgenden: TKAL) und die ThyssenKrupp Liften BV (im Folgenden: TKL) (im Folgenden zusammen oder einzeln: ThyssenKrupp); –        die Mitsubishi Elevator Europe BV (im Folgenden: MEE). 3        Die Klägerinnen – TKLA, TKA, TKF, TKAL, TKE, TKAG und TKL – gehören zur Unternehmensgruppe ThyssenKrupp, die in den Bereichen Aufzüge, Stahl, Automobilindustrie, Technologien und Dienstleistungen tätig ist. Muttergesellschaft der Gruppe ist die börsennotierte TKAG. TKE ist ein 100%iges Tochterunternehmen von TKAG und als zwischengeschaltete Holdinggesellschaft das wichtigste Unternehmen der Gruppe im Bereich Aufzüge (Erwägungsgründe 33 bis 37 der angefochtenen Entscheidung). 4        ThyssenKrupp übt ihre Tätigkeiten im Fahrtreppen- und Aufzuggeschäft durch nationale Tochtergesellschaften aus. Dies sind u. a. in Belgien TKLA, in Deutschland TKA und TKF, in Luxemburg TKAL und in den Niederlanden TKL (Erwägungsgründe 33 bis 37 der angefochtenen Entscheidung). Anders als TKL, die keine Tochtergesellschaft von TKE ist, sind die übrigen genannten Tochtergesellschaften unmittelbare oder mittelbare 100%ige Tochtergesellschaften von TKE und TKAG. Verwaltungsverfahren 1.     Untersuchung der Kommission 5        Im Sommer 2003 wurde die Kommission darüber informiert, dass möglicherweise ein Kartell zwischen den vier größten europäischen Herstellern von Aufzügen und Fahrtreppen mit Geschäftstätigkeit in der Union, nämlich Kone, Otis, Schindler und ThyssenKrupp, bestehe (Erwägungsgründe 3 und 91 der angefochtenen Entscheidung). Belgien 6        Ab 28. Januar 2004 und im März 2004 führte die Kommission gemäß Art. 14 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82] des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), Nachprüfungen u. a. in den Geschäftsräumen der Tochtergesellschaften von Kone, Otis, Schindler und ThyssenKrupp in Belgien durch (Erwägungsgründe 92, 93, 95 und 97 der angefochtenen Entscheidung). 7        Nacheinander reichten Kone, Otis, ThyssenKrupp und Schindler Anträge nach der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002) ein. Diese Anträge wurden von den jeweiligen Unternehmen ergänzt (Erwägungsgründe 94, 96, 98 und 103 der angefochtenen Entscheidung). 8        Am 29. Juni 2004 wurde Kone ein bedingter Geldbußenerlass nach Randnr. 8 Buchst. b dieser Mitteilung gewährt (99. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 9        Zwischen September und Dezember 2004 sandte die Kommission zudem Auskunftsverlangen gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) an die Unternehmen, die an der Zuwiderhandlung in Belgien beteiligt gewesen waren, an einige Kunden in diesem Mitgliedstaat und an den belgischen Verband Agoria (Erwägungsgründe 101 und 102 der angefochtenen Entscheidung). Deutschland 10      Ab 28. Januar 2004 und im März 2004 führte die Kommission gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 17 Nachprüfungen u. a. in den Geschäftsräumen der Tochtergesellschaften von Otis und ThyssenKrupp in Deutschland durch (Erwägungsgründe 104 und 106 der angefochtenen Entscheidung). 11      Am 12. und am 18. Februar 2004 ergänzte Kone ihren in Bezug auf Belgien gestellten Antrag vom 2. Februar 2004 auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 um Informationen betreffend Deutschland. Entsprechend ergänzte Otis zwischen März 2004 und Februar 2005 ihren Antrag zu Belgien um Informationen betreffend Deutschland. Schindler reichte am 25. November 2004 einen Antrag nach der genannten Mitteilung ein, der Informationen betreffend Deutschland enthielt, und ergänzte ihn zwischen Dezember 2004 und Februar 2005. Schließlich reichte ThyssenKrupp im Dezember 2005 ebenfalls nach dieser Mitteilung einen Antrag betreffend Deutschland bei der Kommission ein (Erwägungsgründe 105, 107, 112 und 114 der angefochtenen Entscheidung). 12      Zwischen September und November 2004 sandte die Kommission des Weiteren Auskunftsverlangen gemäß Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 an die Unternehmen, die an der Zuwiderhandlung in Deutschland beteiligt gewesen waren, an einige Kunden in diesem Mitgliedstaat sowie an die Verbände VDMA, VFA und VMA (Erwägungsgründe 110, 111 und 113 der angefochtenen Entscheidung). Luxemburg 13      Am 5. Februar 2004 ergänzte Kone ihren Antrag vom 2. Februar 2004 in Bezug auf Belgien um Informationen betreffend Luxemburg. Otis und ThyssenKrupp stellten mündlich einen Antrag nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 in Bezug auf Luxemburg. Ein auf diese Mitteilung gestützter Antrag in Bezug auf Luxemburg wurde von Schindler eingereicht (Erwägungsgründe 115, 118, 119 und 124 der angefochtenen Entscheidung). 14      Ab 9. März 2004 führte die Kommission gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 17 Nachprüfungen u. a. in den Geschäftsräumen der Tochtergesellschaften von Schindler und ThyssenKrupp in Luxemburg durch (116. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 15      Am 29. Juni 2004 wurde Kone gemäß Randnr. 8 Buchst. b der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 ein bedingter Geldbußenerlass in Bezug auf den Luxemburg betreffenden Teil ihres Antrags gewährt (120. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 16      Im September und im Oktober 2004 sandte die Kommission Auskunftsverlangen gemäß Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 an die Unternehmen, die an der Zuwiderhandlung in Luxemburg beteiligt gewesen waren, sowie an einige Kunden in diesem Mitgliedstaat und an die Fédération luxembourgeoise des ascensoristes (Luxemburgischer Verband der Aufzugunternehmen) (Erwägungsgründe 122 und 123 der angefochtenen Entscheidung). Niederlande 17      Im März 2004 reichte Otis einen Antrag nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 in Bezug auf die Niederlande ein, der später ergänzt wurde. Im April 2004 stellte ThyssenKrupp einen Antrag nach dieser Mitteilung, der ebenfalls im weiteren Verlauf mehrmals ergänzt wurde. Am 19. Juli 2004 ergänzte schließlich Kone ihren in Bezug auf Belgien gestellten Antrag vom 2. Februar 2004 um Informationen zu den Niederlanden (Erwägungsgründe 127, 129 und 130 der angefochtenen Entscheidung). 18      Am 27. Juli 2004 wurde Otis gemäß Randnr. 8 Buchst. a der genannten Mitteilung ein bedingter Geldbußenerlass gewährt (131. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 19      Ab 28. April 2004 führte die Kommission gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 17 Nachprüfungen u. a. in den Geschäftsräumen der Tochtergesellschaften von Kone, Schindler, ThyssenKrupp und MEE in den Niederlanden sowie in den Räumen des Verbands Boschduin durch (128. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 20      Im September 2004 sandte die Kommission gemäß Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 Auskunftsverlangen an die Unternehmen, die an der Zuwiderhandlung in den Niederlanden beteiligt gewesen waren, an einige Kunden sowie an die Verbände VLR und Boschduin (Erwägungsgründe 133 und 134 der angefochtenen Entscheidung). 2.     Mitteilung der Beschwerdepunkte 21      Am 7. Oktober 2005 beschloss die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, die sie u. a. an die in der vorstehenden Randnr. 2 genannten Gesellschaften richtete. Alle Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte reichten in Beantwortung der von der Kommission geäußerten Beschwerdepunkte schriftliche Stellungnahmen ein (Erwägungsgründe 135 und 137 der angefochtenen Entscheidung). 22      Eine mündliche Anhörung fand nicht statt, da kein Adressat der Mitteilung der Beschwerdepunkte einen entsprechenden Antrag stellte (138. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 3.     Angefochtene Entscheidung 23      Die Kommission erließ am 21. Februar 2007 die angefochtene Entscheidung, in der sie feststellte, dass die Gesellschaften, an die sie gerichtet war, an vier einzelnen, vielschichtigen und fortgesetzten Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 Abs. 1 EG in vier Mitgliedstaaten teilgenommen hätten, indem sie die Märkte durch Absprachen und/oder Abstimmung zum Zweck der Zuweisung von Angeboten und Aufträgen für Verkauf, Montage, Wartung und Modernisierung von Aufzügen und Fahrtreppen untereinander aufgeteilt hätten (zweiter Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 24      Hinsichtlich der Adressaten der angefochtenen Entscheidung vertrat die Kommission die Auffassung, dass neben den Tochtergesellschaften der betroffenen Unternehmen in Belgien, Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden deren Muttergesellschaften für die Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 EG, die durch ihre jeweiligen Tochtergesellschaften begangen worden seien, gesamtschuldnerisch haftbar zu machen seien, da sie entscheidenden Einfluss auf das Geschäftsverhalten der Tochtergesellschaften während des Zeitraums der Zuwiderhandlung ausgeübt haben könnten, weshalb davon auszugehen sei, dass sie diese Möglichkeit auch wahrgenommen hätten (Erwägungsgründe 608, 615, 622, 627 und 634 bis 641 der angefochtenen Entscheidung). Die Muttergesellschaften von MEE wurden für das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft nicht gesamtschuldnerisch haftbar gemacht, da nicht habe ermittelt werden können, ob sie entscheidenden Einfluss auf deren Verhalten ausgeübt hätten (643. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 25      Zur Berechnung der Höhe der Geldbußen wandte die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Methode an, die in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 [KS] festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien von 1998), dargelegt ist. Sie prüfte außerdem, ob und inwieweit die betroffenen Unternehmen den Anforderungen entsprachen, die in der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 aufgestellt waren. 26      Die Kommission stufte die Zuwiderhandlungen in Anbetracht ihrer Art und der Tatsache, dass sich jede einzelne Zuwiderhandlung auf das gesamte Gebiet eines Mitgliedstaats (Belgien, Deutschland, Luxemburg oder Niederlande) erstreckt habe, als „besonders schwer“ ein, auch wenn ihre konkreten Auswirkungen nicht gemessen werden könnten (671. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 27      Um das tatsächliche wirtschaftliche Vermögen der betroffenen Unternehmen, den Wettbewerb schwerwiegend zu schädigen, zu berücksichtigen, unterteilte die Kommission diese, aufgeschlüsselt nach Ländern, nach ihrem auf dem Markt für Aufzüge und/oder Fahrtreppen einschließlich gegebenenfalls Wartungs- und Modernisierungsdienstleistungen erzielten Umsatz in verschiedene Gruppen (Erwägungsgründe 672 und 673 der angefochtenen Entscheidung). 28      Was das Kartell in Belgien angeht, wurden Kone und Schindler der ersten Gruppe zugeordnet, und zwar mit einem nach der Schwere der Zuwiderhandlung bemessenen Ausgangsbetrag der Geldbuße von je 40 000 000 Euro. Otis wurde der zweiten Gruppe zugeordnet mit einem Ausgangsbetrag der Geldbuße von 27 000 000 Euro. ThyssenKrupp wurde der dritten Gruppe zugeordnet mit einem Ausgangsbetrag der Geldbuße von 16 500 000 Euro (Erwägungsgründe 674 und 675 der angefochtenen Entscheidung). Ein Multiplikator von 1,7 wurde auf den Ausgangsbetrag der gegen Otis zu verhängenden Geldbuße angewandt und ein Multiplikator von 2 auf den Ausgangsbetrag der Geldbuße von ThyssenKrupp, um der Größe und den Gesamtressourcen dieser Unternehmen Rechnung zu tragen, so dass die Ausgangsbeträge ihrer jeweiligen Geldbußen auf 45 900 000 Euro bzw. 33 000 000 Euro angehoben wurden (Erwägungsgründe 690 und 691 der angefochtenen Entscheidung). Da die Zuwiderhandlung sieben Jahre und acht Monate (vom 9. Mai 1996 bis zum 29. Januar 2004) gedauert hatte, setzte die Kommission den Ausgangsbetrag der jeweiligen Geldbußen für die betroffenen Unternehmen um 75 % herauf. So wurde der Grundbetrag der Geldbuße für Kone auf 70 000 000 Euro, für Otis auf 80 325 000 Euro, für Schindler auf 70 000 000 Euro und für ThyssenKrupp auf 57 750 000 Euro festgesetzt (Erwägungsgründe 692 und 696 der angefochtenen Entscheidung). Da die Kommission ThyssenKrupp als Wiederholungstäter ansah, setzte sie deren Geldbuße wegen dieses erschwerenden Umstands um 50 % herauf (Erwägungsgründe 697, 698 und 708 bis 710 der angefochtenen Entscheidung). Mildernde Umstände kamen bei den betroffenen Unternehmen nicht zur Anrechnung (Erwägungsgründe 733, 734, 749, 750 und 753 bis 755 der angefochtenen Entscheidung). Kone wurde aufgrund der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 ein vollständiger Geldbußenerlass gewährt. Otis wurde zum einen eine Ermäßigung der Geldbuße um 40 % innerhalb der in Randnr. 23 Buchst. b Abs. 1 erster Gedankenstrich dieser Mitteilung vorgegebenen Bandbreite und zum anderen eine Ermäßigung der Geldbuße um 1 % wegen Nichtbestreitens des Sachverhalts gewährt. ThyssenKrupp wurde zum einen eine Ermäßigung der Geldbuße um 20 % innerhalb der in Randnr. 23 Buchst. b Abs. 1 zweiter Gedankenstrich der Mitteilung vorgegebenen Bandbreite und zum anderen eine Ermäßigung der Geldbuße um 1 % wegen Nichtbestreitens des Sachverhalts gewährt. Schindler wurde eine Ermäßigung der Geldbuße um 1 % wegen Nichtbestreitens des Sachverhalts gewährt (Erwägungsgründe 760 bis 777 der angefochtenen Entscheidung). 29      Was das Kartell in Deutschland angeht, wurden Kone, Otis und ThyssenKrupp der ersten Gruppe zugeordnet mit einem Ausgangsbetrag der Geldbuße von 70 000 000 Euro. Schindler wurde der zweiten Gruppe zugeordnet mit einem Ausgangsbetrag der Geldbuße von 17 000 000 Euro (Erwägungsgründe 676 bis 679 der angefochtenen Entscheidung). Ein Multiplikator von 1,7 wurde auf den Ausgangsbetrag der gegen Otis zu verhängenden Geldbuße angewandt und ein Multiplikator von 2 auf den Ausgangsbetrag der Geldbuße von ThyssenKrupp, um der Größe und den Gesamtressourcen dieser Unternehmen Rechnung zu tragen, so dass die Ausgangsbeträge ihrer jeweiligen Geldbußen auf 119 000 000 Euro bzw. 140 000 000 Euro angehoben wurden (Erwägungsgründe 690 und 691 der angefochtenen Entscheidung). Da die Zuwiderhandlungen von Kone, Otis und ThyssenKrupp acht Jahre und vier Monate (vom 1. August 1995 bis zum 5. Dezember 2003) gedauert hatten, setzte die Kommission den Ausgangsbetrag der jeweiligen Geldbußen für diese Unternehmen um 80 % herauf. Da die Zuwiderhandlung von Schindler fünf Jahre und vier Monate (vom 1. August 1995 bis zum 6. Dezember 2000) gedauert hatte, setzte die Kommission den Ausgangsbetrag der Geldbuße für dieses Unternehmen um 50 % herauf. So wurde der Grundbetrag der Geldbuße für Kone auf 126 000 000 Euro, für Otis auf 214 200 000 Euro, für Schindler auf 25 500 000 Euro und für ThyssenKrupp auf 252 000 000 Euro erhöht (Erwägungsgründe 693 und 696 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission sah ThyssenKrupp als Wiederholungstäter an und setzte deren Geldbuße wegen dieses erschwerenden Umstands um 50 % herauf (Erwägungsgründe 697 bis 707 der angefochtenen Entscheidung). Mildernde Umstände zugunsten der betroffenen Unternehmen kamen nicht zur Anrechnung (Erwägungsgründe 727 bis 729, 735, 736, 742 bis 744, 749, 750 und 753 bis 755 der angefochtenen Entscheidung). Kone wurde zum einen die größtmögliche Ermäßigung der Geldbuße um 50 % nach Randnr. 23 Buchst. b Abs. 1 erster Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 und zum anderen eine Ermäßigung der Geldbuße um 1 % wegen Nichtbestreitens des Sachverhalts gewährt. Otis wurde zum einen eine Ermäßigung der Geldbuße um 25 % innerhalb der Bandbreite von Randnr. 23 Buchst. b Abs. 1 zweiter Gedankenstrich dieser Mitteilung und zum anderen eine Ermäßigung der Geldbuße um 1 % wegen Nichtbestreitens des Sachverhalts gewährt. Schindler wurde zum einen eine Ermäßigung der Geldbuße um 15 % innerhalb der Bandbreite von Randnr. 23 Buchst. b Abs. 1 dritter Gedankenstrich dieser Mitteilung und zum anderen eine Ermäßigung der Geldbuße um 1 % wegen Nichtbestreitens des Sachverhalts gewährt. ThyssenKrupp wurde eine Ermäßigung der Geldbuße um 1 % wegen Nichtbestreitens des Sachverhalts gewährt (Erwägungsgründe 778 bis 813 der angefochtenen Entscheidung). 30      In Bezug auf das Kartell in Luxemburg wurden Otis und Schindler der ersten Gruppe zugeordnet mit einem Ausgangsbetrag der Geldbuße von 10 000 000 Euro. Kone und ThyssenKrupp wurden der zweiten Gruppe zugeordnet mit einem Ausgangsbetrag der Geldbuße von 2 500 000 Euro (Erwägungsgründe 680 bis 683 der angefochtenen Entscheidung). Ein Multiplikator von 1,7 wurde auf den Ausgangsbetrag der gegen Otis zu verhängenden Geldbuße angewandt und ein Multiplikator von 2 auf den Ausgangsbetrag der Geldbuße von ThyssenKrupp, um der Größe und den Gesamtressourcen dieser Unternehmen Rechnung zu tragen, so dass die Ausgangsbeträge ihrer jeweiligen Geldbußen auf 17 000 000 Euro bzw. 5 000 000 Euro angehoben wurden (Erwägungsgründe 690 und 691 der angefochtenen Entscheidung). Da die Zuwiderhandlung acht Jahre und drei Monate (vom 7. Dezember 1995 bis zum 9. März 2004) gedauert hatte, setzte die Kommission den Ausgangsbetrag der jeweiligen Geldbußen für die betroffenen Unternehmen um 80 % herauf. So wurde der Grundbetrag der Geldbußen für Kone auf 4 500 000 Euro, für Otis auf 30 600 000 Euro, für Schindler auf 18 000 000 Euro und für ThyssenKrupp auf 9 000 000 Euro erhöht (Erwägungsgründe 694 und 696 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission sah ThyssenKrupp als Wiederholungstäter an und setzte deren Geldbuße wegen dieses erschwerenden Umstands um 50 % herauf (Erwägungsgründe 697, 698 und 711 bis 714 der angefochtenen Entscheidung). Mildernde Umstände zugunsten der betroffenen Unternehmen kamen nicht zur Anrechnung (Erwägungsgründe 730, 749, 750 und 753 bis 755 der angefochtenen Entscheidung). Kone wurde nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 ein vollständiger Geldbußenerlass gewährt. Otis wurde zum einen eine Ermäßigung der Geldbuße um 40 % innerhalb der Bandbreite von Randnr. 23 Buchst. b Abs. 1 erster Gedankenstrich dieser Mitteilung und zum anderen eine Ermäßigung der Geldbuße um 1 % wegen Nichtbestreitens des Sachverhalts gewährt. Schindler und ThyssenKrupp wurde lediglich eine Ermäßigung der Geldbuße um 1 % wegen Nichtbestreitens des Sachverhalts gewährt (Erwägungsgründe 814 bis 835 der angefochtenen Entscheidung). 31      Was das Kartell in den Niederlanden betrifft, wurde Kone der ersten Gruppe zugeordnet mit einem Ausgangsbetrag der Geldbuße von 55 000 000 Euro. Otis wurde der zweiten Gruppe zugeordnet mit einem Ausgangsbetrag der Geldbuße von 41 000 000 Euro. Schindler wurde der dritten Gruppe zugeordnet mit einem Ausgangsbetrag der Geldbuße von 24 500 000 Euro. ThyssenKrupp und MEE wurden der vierten Gruppe zugeordnet mit einem Ausgangsbetrag der Geldbuße von 8 500 000 Euro (Erwägungsgründe 684 und 685 der angefochtenen Entscheidung). Ein Multiplikator von 1,7 wurde auf den Ausgangsbetrag der gegen Otis zu verhängenden Geldbuße angewandt und ein Multiplikator von 2 auf den Ausgangsbetrag der Geldbuße von ThyssenKrupp, um der Größe und den Gesamtressourcen dieser Unternehmen Rechnung zu tragen, so dass die Ausgangsbeträge ihrer jeweiligen Geldbußen auf 69 700 000 Euro bzw. 17 000 000 Euro angehoben wurden (Erwägungsgründe 690 und 691 der angefochtenen Entscheidung). Da die Zuwiderhandlungen von Otis und ThyssenKrupp fünf Jahre und zehn Monate (vom 15. April 1998 bis zum 5. März 2004) gedauert hatten, setzte die Kommission den Ausgangsbetrag der Geldbußen für diese Unternehmen um 55 % herauf. Da die Zuwiderhandlungen von Kone und Schindler vier Jahre und neun Monate (vom 1. Juni 1999 bis zum 5. März 2004) gedauert hatten, setzte die Kommission für diese Unternehmen den Ausgangsbetrag der Geldbußen um 45 % herauf. Da die Zuwiderhandlung von MEE vier Jahre und einen Monat (vom 11. Januar 2000 bis zum 5. März 2004) gedauert hatte, setzte die Kommission den Ausgangsbetrag der Geldbuße für dieses Unternehmen um 40 % herauf. So wurde der Grundbetrag der Geldbuße für Kone auf 79 750 000 Euro, für Otis auf 108 035 000 Euro, für Schindler auf 35 525 000 Euro, für ThyssenKrupp auf 26 350 000 Euro und für MEE auf 11 900 000 Euro erhöht (Erwägungsgründe 695 und 696 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission sah ThyssenKrupp als Wiederholungstäter an und setzte deren Geldbuße wegen dieses erschwerenden Umstands um 50 % herauf (Erwägungsgründe 697, 698 und 715 bis 720 der angefochtenen Entscheidung). Mildernde Umstände zugunsten der betroffenen Unternehmen kamen nicht zur Anrechnung (Erwägungsgründe 724 bis 726, 731, 732, 737, 739 bis 741, 745 bis 748, 751 bis 755 der angefochtenen Entscheidung). Otis wurde nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 ein vollständiger Geldbußenerlass gewährt. ThyssenKrupp wurde zum einen eine Ermäßigung der Geldbuße um 40 % innerhalb der Bandbreite von Randnr. 23 Buchst. b Abs. 1 erster Gedankenstrich dieser Mitteilung und zum anderen eine Ermäßigung der Geldbuße um 1 % wegen Nichtbestreitens des Sachverhalts gewährt. Schindler und MEE wurde eine Ermäßigung der Geldbuße um 1 % wegen Nichtbestreitens des Sachverhalts gewährt (Erwägungsgründe 836 bis 855 der angefochtenen Entscheidung). 32      Der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung lautet: „Artikel 1 (1)      Hinsichtlich Belgiens haben folgende Unternehmen gegen Art. 81 [EG] verstoßen, indem sie in den angegebenen Zeiträumen im Zusammenhang mit einzelstaatlichen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen betreffend Aufzüge und Fahrtreppen regelmäßig kollektive Vereinbarungen getroffen haben, um Märkte aufzuteilen, öffentliche und private Verfahren zur Vergabe von Aufträgen und anderen Verträgen entsprechend den zuvor vereinbarten Anteilen am Verkaufs- und Montagegeschäft zuzuweisen und im Hinblick auf die Wartungs- und Modernisierungsverträge nicht miteinander in Wettbewerb zu treten: –        Kone: [KC] und [Kone Belgien]: vom 9. Mai 1996 bis zum 29. Januar 2004; –        Otis: [UTC], [OEC] und [Otis Belgien]: vom 9. Mai 1996 bis zum 29. Januar 2004; –        Schindler: [Schindler Holding] und [Schindler Belgien]: vom 9. Mai 1996 bis zum 29. Januar 2004; und –        ThyssenKrupp: [TKAG], [TKE] und [TKLA]: vom 9. Mai 1996 bis zum 29. Januar 2004. (2)      Hinsichtlich Deutschlands haben folgende Unternehmen gegen Art. 81 [EG] verstoßen, indem sie in den angegebenen Zeiträumen im Zusammenhang mit einzelstaatlichen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen betreffend Aufzüge und Fahrtreppen regelmäßig kollektive Vereinbarungen getroffen haben, um Märkte aufzuteilen, öffentliche und private Verfahren zur Vergabe von Aufträgen und anderen Verträgen entsprechend den zuvor vereinbarten Anteilen am Verkaufs- und Montagegeschäft zuzuweisen: –        Kone: [KC] und [Kone Deutschland]: vom 1. August 1995 bis zum 5. Dezember 2003; –        Otis: [UTC], [OEC] und [Otis Deutschland]: vom 1. August 1995 bis zum 5. Dezember 2003; –        Schindler: [Schindler Holding] und [Schindler Deutschland]: vom 1. August 1995 bis zum 6. Dezember 2000; und –        ThyssenKrupp: [TKAG], [TKE], [TKA] und [TKF]: vom 1. August 1995 bis zum 5. Dezember 2003. (3)      Hinsichtlich Luxemburgs haben folgende Unternehmen gegen Art. 81 [EG] verstoßen, indem sie in den angegebenen Zeiträumen im Zusammenhang mit einzelstaatlichen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen betreffend Aufzüge und Fahrtreppen regelmäßig kollektive Vereinbarungen getroffen haben, um Märkte aufzuteilen, öffentliche und private Verfahren zur Vergabe von Aufträgen und anderen Verträgen entsprechend den zuvor vereinbarten Anteilen am Verkaufs- und Montagegeschäft zuzuweisen und im Hinblick auf die Wartungs- und Modernisierungsverträge nicht miteinander in Wettbewerb zu treten: –        Kone: [KC] und [Kone Luxemburg]: vom 7. Dezember 1995 bis zum 29. Januar 2004; –        Otis: [UTC], [OEC], [Otis Belgien], [GTO] und [GT]: vom 7. Dezember 1995 bis zum 9. März 2004; –        Schindler: [Schindler Holding] und [Schindler Luxemburg]: vom 7. Dezember 1995 bis zum 9. März 2004; und –        ThyssenKrupp: [TKAG], [TKE] und [TKAL]: vom 7. Dezember 1995 bis zum 9. März 2004. (4)      Hinsichtlich der Niederlande haben folgende Unternehmen gegen Art. 81 [EG] verstoßen, indem sie in den angegebenen Zeiträumen im Zusammenhang mit einzelstaatlichen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen betreffend Aufzüge und Fahrtreppen regelmäßig kollektive Vereinbarungen getroffen haben, um Märkte aufzuteilen, öffentliche und private Verfahren zur Vergabe von Aufträgen und anderen Verträgen entsprechend den zuvor vereinbarten Anteilen am Verkaufs- und Montagegeschäft zuzuweisen und im Hinblick auf die Wartungs- und Modernisierungsverträge nicht miteinander in Wettbewerb zu treten: –        Kone: [KC] und [Kone Niederlande]: vom 1. Juni 1999 bis zum 5. März 2004; –        Otis: [UTC], [OEC] und [Otis Niederlande]: vom 15. April 1998 bis zum 5. März 2004; –        Schindler: Schindler Holding und [Schindler Niederlande]: vom 1. Juni 1999 bis zum 5. März 2004; –        ThyssenKrupp: [TKAG] und [TKL]: vom 15. April 1998 bis zum 5. März 2004; und –        [MEE]: vom 11. Januar 2000 bis zum 5. März 2004. Artikel 2 (1) Wegen der in Art. 1 Abs. 1 angeführten Verstöße in Belgien werden folgende Geldbußen verhängt: –        Kone: [KC] und [Kone Belgien], gesamtschuldnerisch: 0 Euro; –        Otis: [UTC], [OEC] und [Otis Belgien], gesamtschuldnerisch: 47 713 050 Euro; –        Schindler: [Schindler Holding] und [Schindler Belgien], gesamtschuldnerisch: 69 300 000 Euro; und –        ThyssenKrupp: [TKAG], [TKE] und [TKLA], gesamtschuldnerisch: 68 607 000 Euro. (2) Wegen der in Art. 1 Abs. 2 angeführten Verstöße in Deutschland werden folgende Geldbußen verhängt: –        Kone: [KC] und [Kone Deutschland], gesamtschuldnerisch: 62 370 000 Euro; –        Otis: [UTC], [OEC] und [Otis Deutschland], gesamtschuldnerisch: 159 043 500 Euro; –        Schindler: [Schindler Holding] und [Schindler Deutschland], gesamtschuldnerisch: 21 458 250 Euro; und –        ThyssenKrupp: [TKAG], [TKE], [TKA] und [TKF], gesamtschuldnerisch: 374 220 000 Euro. (3) Wegen der in Art. 1 Abs. 3 angeführten Verstöße in Luxemburg werden folgende Geldbußen verhängt: –        Kone: [KC] und [Kone Luxemburg], gesamtschuldnerisch: 0 Euro; –        Otis: [UTC], [OEC], [Otis Belgien], [GTO] und [GT], gesamtschuldnerisch: 18 176 400 Euro; –        Schindler: [Schindler Holding] und [Schindler Luxemburg], gesamtschuldnerisch: 17 820 000 Euro; und –        ThyssenKrupp: [TKAG], [TKE] und [TKAL], gesamtschuldnerisch: 13 365 000 Euro. (4) Wegen der in Art. 1 Abs. 4 angeführten Verstöße in den Niederlanden werden folgende Geldbußen verhängt: –        Kone: [KC] und [Kone Niederlande], gesamtschuldnerisch: 79 750 000 Euro; –        Otis: [UTC], [OEC] und [Otis Niederlande], gesamtschuldnerisch: 0 Euro; –        Schindler: [Schindler Holding] und [Schindler Niederlande], gesamtschuldnerisch: 35 169 750 Euro; –        ThyssenKrupp: [TKAG] und [TKL], gesamtschuldnerisch: 23 477 850 Euro; und –        [MEE]: 1 841 400 Euro. …“ Verfahren und Anträge der Parteien 33      Mit Klageschriften, die am 7. Mai 2007 (in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07) und am 8. Mai 2007 (in der Rechtssache T‑154/07) bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben die Klägerinnen die vorliegenden Klagen erhoben. 34      Das Gericht (Achte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, in den vorliegenden Rechtssachen die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und hat den Parteien im Rahmen der in Art. 64 seiner Verfahrensordnung vorgesehenen prozessleitenden Maßnahmen schriftlich Fragen gestellt und sie zur Vorlage von Schriftstücken aufgefordert. Die Parteien sind den Aufforderungen fristgemäß nachgekommen. 35      Die Parteien in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 haben in den Sitzungen vom 3., 7. und 10. September 2009 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet. Daraufhin ist die mündliche Verhandlung in den Rechtssachen T‑144/07 und T‑148/07 geschlossen worden. 36      Auf Aufforderung des Gerichts haben die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 bestimmte Schriftstücke vorgelegt. 37      Mit Schriftsätzen vom 14. und 15. September 2009 haben die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 jeweils ein „Korrigendum“ zu ihrem Klagegrund der irrigen Feststellung einer Wiederholungstäterschaft bei der Kanzlei eingereicht. 38      Mit Beschlüssen vom 20. Oktober 2009 ist die mündliche Verhandlung in den Rechtssachen T‑144/07 und T‑148/07 wiedereröffnet worden. 39      Die „Korrigenda“ der Klägerinnen sind in den oben in Randnr. 37 genannten Rechtssachen zu den Akten genommen worden. Die Kommission hat zu ihnen Stellung genommen und insbesondere ihre Unzulässigkeit geltend gemacht. Nachdem die Klägerinnen hierzu Stellung genommen haben, ist die mündliche Verhandlung in diesen Rechtssachen geschlossen worden. 40      Das Gericht hat nach Anhörung der Parteien in der mündlichen Verhandlung beschlossen, die vorliegenden Rechtssachen gemäß Art. 50 der Verfahrensordnung zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden. 41      Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 beantragen, –        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit diese sie betrifft; –        hilfsweise, die verhängte Geldbuße herabzusetzen; –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 42      Die Kommission beantragt in jeder Rechtssache, –        die Klage abzuweisen; –        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen. Zur Begründetheit 1.     Vorbemerkungen 43      Die von den Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 eingereichten Klagen haben einen zweifachen Gegenstand, nämlich in erster Linie Anträge auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung und, hilfsweise, Anträge auf Aufhebung oder Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbußen. 44      Die Klägerinnen stützen ihre Klagen auf zehn Gründe. Die ersten beiden Klagegründe, mit denen sie fehlende Zuständigkeit der Kommission und missbräuchliche Feststellung einer gesamtschuldnerischen Haftung für die Zuwiderhandlung geltend machen, gehören zu den Anträgen auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung. 45      Die weiteren acht von den Klägerinnen angeführten Klagegründe beziehen sich auf die Festsetzung der Höhe der Geldbußen und gehören somit zu den Anträgen auf deren Aufhebung oder Herabsetzung. Der erste Klagegrund, der von den Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 geltend gemacht wird, wird auf die Verletzung des Grundsatzes ne bis in idem gestützt. Der zweite, von den Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 et T‑154/07 angeführte Klagegrund wird auf eine Verletzung der Leitlinien von 1998, der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung sowie der Verteidigungsrechte bei der Bemessung des Ausgangsbetrags nach Maßgabe der Schwere der Zuwiderhandlungen gestützt. Der von allen Klägerinnen geltend gemachte dritte Klagegrund fußt auf einem Verstoß gegen die Leitlinien von 1998, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Art. 253 EG und den Grundsatz der Gleichbehandlung im Rahmen der Anwendung des Konzernmultiplikators zur Berücksichtigung des Abschreckungszwecks bei der Bestimmung des Ausgangsbetrags der Geldbußen. Der von allen Klägerinnen angeführte vierte Klagegrund wird auf eine Verletzung der Leitlinien von 1998, des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und der Verteidigungsrechte bei der Erhöhung des Grundbetrags der Geldbußen um 50 % wegen Wiederholungstäterschaft gestützt. Mit dem fünften, von allen Klägerinnen angeführten Klagegrund machen diese eine Verletzung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 sowie der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Gleichbehandlung bei der Beurteilung ihrer Zusammenarbeit geltend. Der sechste, von allen Klägerinnen angeführte Klagegrund wird auf einen Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Gleichbehandlung, der Verhältnismäßigkeit und der ordnungsgemäßen Verwaltung bei der Bestimmung der Höhe der außerhalb der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 gewährten Ermäßigung der Geldbußen gestützt. Den siebten, von allen Klägerinnen geltend gemachten Klagegrund stützen diese auf einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003. Mit dem achten Klagegrund schließlich, der von den Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 angeführt wird, machen diese eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Berechnung des Endbetrags der Geldbußen geltend. 2.     Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung Zum Klagegrund der fehlenden Zuständigkeit der Kommission 46      Dieser Klagegrund wird in seinen beiden Teilen geprüft. Mit dem ersten Teil wird ein Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG mit der Begründung geltend gemacht, dass die fraglichen Kartelle nicht den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigten. Der hilfsweise geltend gemachte zweite Teil wird auf eine Verletzung der Verordnung Nr. 1/2003, der Bekanntmachung der Kommission über die Zusammenarbeit innerhalb des Netzes der Wettbewerbsbehörden (ABl. 2004, C 101, S. 43, im Folgenden: Bekanntmachung über die Netzzusammenarbeit) sowie der Grundsätze der Gleichbehandlung und des Vertrauensschutzes gestützt, da die Kommission die Verfolgung der Zuwiderhandlungen nach Ansicht der Klägerinnen den jeweiligen nationalen Behörden hätte überlassen müssen. Zum ersten Teil: Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG, da die fraglichen Kartelle nicht den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigten 47      Im 602. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung weist die Kommission darauf hin, dass „die Anwendung und Durchführung des Systems der Projektzuteilung durch die vier großen Aufzug- und Fahrtreppenhersteller (im Fall der Niederlande einschließlich [MEE]) in jedem der betreffenden Mitgliedstaaten vor dem Hintergrund ihrer Verweisungspraxis geeignet [waren], zu einer Umleitung der Handelsströme zu führen, wie sie sich andernfalls ergeben hätten“. Hierzu führt sie folgende Überlegungen an. 48      Als Erstes stellt die Kommission fest, dass „innerhalb der EU einige grenzüberschreitende Transaktionen betreffend den Verkauf und die Installation von Aufzügen und Fahrtreppen und die Bereitstellung von Wartungs- und Modernisierungsdienstleistungen statt[finden]“ (86. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung; vgl. auch deren 596. Erwägungsgrund). 49      Weiter führt die Kommission aus, dass ihre „Akte … einige Beispiele für den grenzüberschreitenden Handel [enthält], an dem im Wesentlichen KMU beteiligt sind …, jedoch auch mindestens ein großes Unternehmen, nämlich [MEE, die] den belgischen Markt von ihrer Tochtergesellschaft in den Niederlanden aus [bedient]“ (87. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Sie stellt zudem fest, dass „[d]ie vier großen Hersteller … ebenfalls gelegentlich an grenzüberschreitenden Ausschreibungen in der … EU teil[nehmen]“, und führt für diese Behauptung einige Beispiele an (88. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung; vgl. auch deren 78. Erwägungsgrund). Nach Auffassung der Kommission „[greifen] die Kunden zunehmend auf Lieferquellen außerhalb der nationalen Grenzen zurück“ (596. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 50      Auch lässt sich nach Ansicht der Kommission „ein Trend beobachten, dass große (multinationale) Unternehmen und Unternehmensgruppen, die in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind, beispielsweise internationale Hotelketten, Lieferverträge bevorzugt für mehrere Mitgliedstaaten abschließen“ (89. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 51      Als Zweites bezieht sich die Kommission auf die Verweisungspraxis der vier größten Hersteller von Aufzügen und Fahrtreppen in der Europäischen Union. Ihrer Ansicht nach wäre „[d]ie Anzahl der grenzüberschreitenden Transaktionen … höher, wenn die[se] Hersteller … nicht ihre Strategie umsetzen würden, praktisch alle grenzüberschreitenden Anfragen für Preisangebote abzulehnen und die Kunden an die entsprechenden nationalen Tochterunternehmen weiterzuleiten“ (90. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung; vgl. auch deren 596. Erwägungsgrund). 52      Als Drittes hebt die Kommission im Rahmen ihrer rechtlichen Bewertung hervor, dass „der Umstand, dass sich ein horizontales Kartell nur auf einen einzigen Mitgliedstaat erstreckt, nicht [bedeutet], dass die rechtswidrigen Vereinbarungen den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen könnten“ (595. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Sie weist zudem darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung „der Einfluss einer Vereinbarung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten … insbesondere von der Stellung und Bedeutung der Parteien auf dem Markt dieser Erzeugnisse ab[hängt]“ (600. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofs vom 28. April 1998, Javico, C‑306/96, Slg. 1998, I‑1983, Randnr. 17). Die Kommission führt weiter aus: „Angesichts der sehr hohen Umsatzanteile der vier großen Aufzug- und Fahrtreppenhersteller bei Aufzügen, Fahrtreppen, der Wartung und Modernisierung und angesichts der Tatsache, dass sie ein System der Projektzuteilung, das sich über das gesamte Gebiet Belgiens, Luxemburgs, Deutschlands und der Niederlande erstreckte, errichteten und in Verbindung mit ihrer Verweisungspraxis durchführten, ist die Annahme berechtigt, dass ausländische Unternehmen in ihrer Fähigkeit behindert wurden, ihre Produkte und Dienstleistungen in den betreffenden Ländern abzusetzen, da sie dort gegen eine Gruppe von Herstellern hätten angehen müssen, auf die zusammengenommen der Großteil der Lieferungen entfiel“ (600. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 53      Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 machen im Wesentlichen geltend, die Zuwiderhandlungen hätten den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht spürbar beeinträchtigt, so dass sie keinen Verstoß gegen Art. 81 EG darstellten. 54      Wie sich bereits aus dem Wortlaut der Art. 81 EG und 82 EG ergibt, sind die Wettbewerbsvorschriften der Union auf ein Kartell oder ein missbräuchliches Verhalten nur anwendbar, wenn es den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann (Urteil des Gerichtshofs vom 13. Juli 2006, Manfredi u. a., C‑295/04 bis C‑298/04, Slg. 2006, I‑6619, Randnr. 40). 55      Auslegung und Anwendung des Tatbestandsmerkmals der Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten müssen vom Zweck dieses Merkmals ausgehen, auf dem Gebiet der Wettbewerbsregeln den Geltungsbereich des Unionsrechts von dem des Rechts der Mitgliedstaaten abzugrenzen. In den Geltungsbereich des Unionsrechts fallen dabei alle Kartelle und alle Verhaltensweisen, die geeignet sind, die Freiheit des Handels zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise zu gefährden, die für die Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen Marktes zwischen den Mitgliedstaaten nachteilig sein kann, indem insbesondere die nationalen Märkte abgeschottet werden oder die Wettbewerbsstruktur im Gemeinsamen Markt verändert wird (Urteile des Gerichtshofs Manfredi u. a., oben in Randnr. 54 angeführt, Randnr. 41, vom 23. November 2006, Asnef-Equifax und Administración del Estado, C‑238/05, Slg. 2006, I‑11125, Randnr. 33, und vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C‑407/04 P, Slg. 2007, I‑829, Randnr. 89). 56      Ein Beschluss, eine Vereinbarung oder eine Verhaltensweise kann den Handel zwischen Mitgliedstaaten nur dann beeinträchtigen, wenn sich anhand einer Gesamtheit tatsächlicher und rechtlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass sie unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell die Handelsströme zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise beeinflussen können, die für die Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes nachteilig sein kann. Außerdem darf diese Beeinträchtigung nicht nur geringfügig sein (Urteile des Gerichtshofs vom 28. April 1998, Javico, oben in Randnr. 52 angeführt, Randnr. 16, vom 21. Januar 1999, Bagnasco u. a., C‑215/96 und C‑216/96, Slg. 1999, I‑135, Randnr. 47, Manfredi u. a., oben in Randnr. 54 angeführt, Randnr. 42, Asnef-Equifax und Administración del Estado, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 34, und Dalmine/Kommission, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 90). 57      Somit liegt im Allgemeinen eine Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels dann vor, wenn mehrere Voraussetzungen erfüllt sind, die für sich allein genommen nicht unbedingt entscheidend sind (Urteile Bagnasco u. a., oben in Randnr. 56 angeführt, Randnr. 47, Manfredi u. a., oben in Randnr. 54 angeführt, Randnr. 43, und Asnef-Equifax und Administración del Estado, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 35). 58      Nach Ansicht der Klägerinnen beeinträchtigen die in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Zuwiderhandlungen nicht den Handel zwischen Mitgliedstaaten, da die Tätigkeiten im Bereich von Aufzügen und Fahrtreppen insbesondere deshalb auf nationaler, wenn nicht sogar lokaler Ebene, organisiert seien, weil deren Montage und Wartung Arbeiten seien, die aus Gründen der wirtschaftlichen Effizienz von erfahrenen Fachleuten ausgeführt werden müssten, weil es notwendig sei, kurze Fristen für ein Tätigwerden aufrechtzuerhalten, und weil schließlich nationale Regelungen bestünden. Zwischenstaatliche Transaktionen seien im Übrigen die Ausnahme gewesen. Die Kommission selbst gehe von nationalen Kartellen aus. 59      Es ist festzustellen, dass die Klägerinnen nicht bestreiten, dass sich die vier in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Kartelle jeweils auf das gesamte Hoheitsgebiet Belgiens, Deutschlands, Luxemburgs und der Niederlande erstreckten (Erwägungsgründe 595 und 600 der angefochtenen Entscheidung). 60      Nach ständiger Rechtsprechung hat aber ein Kartell, das sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstreckt, schon seinem Wesen nach die Wirkung, die Abschottung der Märkte auf nationaler Ebene zu verfestigen, wodurch es die vom Vertrag gewollte wirtschaftliche Verflechtung behindert (Urteile des Gerichtshofs vom 17. Oktober 1972, Vereeniging van Cementhandelaren/Kommission, 8/72, Slg. 1972, 977, Randnr. 29, vom 19. Februar 2002, Wouters u. a., C‑309/99, Slg. 2002, I‑1577, Randnr. 95, Manfredi u. a., oben in Randnr. 54 angeführt, Randnr. 45, und Asnef-Equifax und Administración del Estado, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 37; Urteile des Gerichts vom 22. Oktober 1997, SCK und FNK/Kommission, T‑213/95 und T‑18/96, Slg. 1997, II‑1739, Randnr. 179, und vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg. 2006, II‑5169, Randnr. 180). 61      Nach dieser Rechtsprechung besteht zumindest eine starke Vermutung dafür, dass eine wettbewerbswidrige Verhaltensweise, die im gesamten Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats angewandt wird, geeignet ist, zur Abschottung der Märkte beizutragen und den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr zu beeinträchtigen. Diese Vermutung entfällt nur dann, wenn sich bei Untersuchung der Merkmale und des wirtschaftlichen Gesamtzusammenhangs der Vereinbarung das Gegenteil herausstellt (Urteil Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 181). 62      Zunächst hat sich die Kommission, um in der angefochtenen Entscheidung zu der Schlussfolgerung zu gelangen, dass die Kartelle im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG geeignet seien, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, entgegen der Auffassung der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 nicht nur auf diese Rechtsprechung berufen. Aus den vorstehenden Randnrn. 47 bis 52 ergibt sich vielmehr, dass sie sich in dieser Entscheidung auch auf das Vorliegen bestimmter grenzüberschreitender Transaktionen betreffend den Verkauf und die Montage von Aufzügen und Fahrtreppen sowie auf die Erbringung von Wartungs- und Modernisierungsdienstleistungen bezogen hat, an denen namentlich die vier in der angefochtenen Entscheidung genannten großen Hersteller beteiligt waren (Erwägungsgründe 87, 88 und 596 der angefochtenen Entscheidung). 63      Sodann ist festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerinnen zu den Besonderheiten des relevanten Marktes, die dessen nationalen, wenn nicht lokalen Charakter beweisen sollen, nicht geeignet ist, den Beweiswert der in der angefochtenen Entscheidung angeführten schriftlichen Beweisstücke (Erwägungsgründe 88 und 90 der angefochtenen Entscheidung) zu beeinträchtigen, die belegen, dass es auf dem in dieser Entscheidung bezeichneten Markt einen Handel zwischen Mitgliedstaaten gibt. Gleiches gilt für das Vorbringen zum Ausnahmecharakter der zwischenstaatlichen Transaktionen, mit dem nur die Spürbarkeit der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten, nicht aber die Existenz dieses Handels selbst in Frage gestellt wird. 64      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Verweisungspraxis von Kone, Otis, Schindler und ThyssenKrupp, wie sich aus der angefochtenen Entscheidung ergibt, „als solche schon ein Anzeichen dafür [ist], dass bei den Kunden ein gewisses Interesse daran besteht, sich an die Lieferer jenseits der nationalen Grenzen zu wenden“ (596. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Überdies hat die Kommission u. a. die Teilnahme ausländischer Unternehmen an nationalen Ausschreibungen (78. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und das Vorliegen supranationaler Ausschreibungsverfahren (89. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) festgestellt. Es kann davon ausgegangen werden, dass, wie die Kommission im 90. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, die Anzahl der grenzüberschreitenden Transaktionen höher wäre, wenn die vier genannten großen Hersteller nicht ihre Strategie umsetzen würden, praktisch alle grenzüberschreitenden Anfragen abzulehnen und die Kunden direkt an die entsprechenden nationalen Tochterunternehmen weiterzuleiten. 65      In diesem Zusammenhang ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass die Verweisungspraxis durch die Art der betroffenen Tätigkeit bedingt sei. Dieses Vorbringen wird nämlich schon dadurch widerlegt, dass es auf dem relevanten Markt bestimmte grenzüberschreitende Transaktionen gibt. 66      Die Kommission hat daher auf der Grundlage der in den vorstehenden Randnummern dargelegten tatsächlichen Feststellungen unter Anwendung der ständigen Rechtsprechung (siehe oben, Randnr. 60) zu Recht die Auffassung vertreten, dass die in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung bezeichneten Kartelle geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. 67      Zur Beantwortung der Frage, ob diese Beeinträchtigung als spürbar zu qualifizieren ist, ist darauf hinzuweisen, dass der Einfluss einer Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten insbesondere nach der Stellung und Bedeutung der Parteien auf dem Markt der betreffenden Erzeugnisse zu beurteilen ist (Urteile des Gerichtshofs vom 10. Juli 1980, Lancôme und Cosparfrance Nederland, 99/79, Slg. 1980, 2511, Randnr. 24, und Javico, oben in Randnr. 52 angeführt, Randnr. 17; Urteil des Gerichts vom 14. Juli 1994, Parker Pen/Kommission, T‑77/92, Slg. 1994, II‑549, Randnr. 40). 68      Auf die in der angefochtenen Entscheidung genannten Hersteller „[entfiel] zusammengenommen der Großteil der Lieferungen“ (600. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), d. h. etwa 81 % der Verkäufe von Aufzügen und Fahrtreppen in Europa (auf das Jahr 2004 bezogene Zahl, in Volumen ausgedrückt; 83. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Damit waren diese Hersteller ihrer Größe und Wirtschaftskraft nach so bedeutend, dass ihre in der angefochtenen Entscheidung bezeichneten Verhaltensweisen geeignet waren, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 1. Februar 1978, Miller International Schallplatten/Kommission, 19/77, Slg. 1978, 131, Randnr. 10, und Urteil SCK und FNK/Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 181). 69      Auch war die Kommission entgegen der Auffassung der Klägerinnen nicht verpflichtet, darzutun, dass sich die streitigen Vereinbarungen in der Praxis spürbar auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten ausgewirkt hätten oder dass die zwischenstaatliche Handelstätigkeit nach dem Ende der Zuwiderhandlungen zugenommen hätte. Nach Art. 81 Abs. 1 EG müssen nämlich die wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen zur Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten lediglich geeignet sein (Urteil Asnef-Equifax und Administración del Estado, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 43, und Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2006, FNCBV u. a./Kommission, T‑217/03 und T‑245/03, Slg. 2006, II‑4987, Randnr. 68). 70      Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die Kommission zu Recht angenommen hat, dass die in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Kartelle gemäß Art. 81 Abs. 1 EG den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar beeinträchtigt haben. 71      Damit ist der erste Teil zurückzuweisen. Zum zweiten Teil: Verletzung der Verordnung Nr. 1/2003, der Bekanntmachung über die Netzzusammenarbeit sowie der Grundsätze der Gleichbehandlung und des Vertrauensschutzes, da die Kommission die Verfolgung der Zuwiderhandlungen den jeweiligen nationalen Wettbewerbsbehörden hätte überlassen müssen 72      Im 543. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung begründet die Kommission ihre Zuständigkeit für die Anwendung von Art. 81 EG auf die in dieser Entscheidung genannten Kartelle wie folgt: „Mit der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 wurde das gemeinschaftliche System der Parallelzuständigkeit für die Anwendung von Art. 81 Abs. 1 [EG] fortgeführt. Insbesondere wurde mit ihr nicht die Befugnis der Kommission zur Untersuchung vermuteter Zuwiderhandlungen und zum Erlass von Entscheidungen nach Art. 81 [EG] geändert, auch soweit es um Zuwiderhandlungen geht, die sich überwiegend in einem einzigen Mitgliedstaat auswirken. Die [Bekanntmachung über die Netzzusammenarbeit] enthält Leitlinien für die Arbeitsteilung zwischen der Kommission und den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten. Weder die Verordnung … Nr. 1/2003 noch diese Bekanntmachung begründet Rechte oder Erwartungen für ein Unternehmen dahin gehend, dass sein Fall von einer bestimmten Wettbewerbsbehörde behandelt wird; ebenso wenig ist die Kommission daran gehindert, gegen eine vermutete Verletzung von Art. 81 [EG] auch in Fällen vorzugehen, die sich auf das Gebiet eines einzigen Mitgliedstaates beschränken.“ 73      Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 tragen im Wesentlichen vor, selbst wenn Art. 81 EG anwendbar gewesen wäre, wäre die Kommission doch nicht zuständig gewesen, das Verfahren einzuleiten und Geldbußen zu verhängen. Durch die Einleitung des Verfahrens habe die Kommission gegen die Bekanntmachung über die Netzzusammenarbeit und den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen. Nach den Art. 5 und 35 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie Ziff. 8 und 14 der Bekanntmachung über die Netzzusammenarbeit seien die betreffenden nationalen Wettbewerbsbehörden zur Verfolgung der Zuwiderhandlungen am besten geeignet gewesen. Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 machen zudem geltend, dass die Bekanntmachung über die Netzzusammenarbeit für die Wettbewerbsbehörden Bindungswirkung habe, was aus den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der Gleichbehandlung und des Vertrauensschutzes folge. Schließlich heben die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07 und T‑149/07 hervor, dass eine Fortsetzung des Verfahrens durch die nationalen Wettbewerbsbehörden im Hinblick auf die „unzureichenden Sprachkenntnisse“ der zuständigen Beamten der Kommission effizienter gewesen wäre. 74      Nach Ansicht dieser Klägerinnen zeigt der Umstand, dass die Kommission es der österreichischen Wettbewerbsbehörde überlassen habe, eine parallele Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG auf dem Markt für Fahrstühle und Fahrtreppen in Österreich zu verfolgen, dass die Anwendung der in der Bekanntmachung über die Netzzusammenarbeit vorgesehenen Grundsätze der Kompetenzzuweisung willkürlich gewesen sei. Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 tragen dazu vor, sie seien schlechter behandelt worden, als wenn die nach der Bekanntmachung über die Netzzusammenarbeit zuständigen Behörden angerufen worden wären; denn von den Wettbewerbsbehörden Belgiens, Luxemburgs und der Niederlande wäre ihnen ein Geldbußenerlass gewährt worden. 75      Was als Erstes die Zuständigkeitsverteilung zwischen der Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden betrifft, beendet die Verordnung Nr. 1/2003 die vorhergehende zentralisierte Regelung und organisiert gemäß dem Subsidiaritätsgrundsatz einen weiteren Zusammenschluss der nationalen Wettbewerbsbehörden. So sind die Mitgliedstaaten nach Art. 35 der Verordnung Nr. 1/2003 zur Bestimmung der für die Anwendung der Art. 81 EG und 82 EG zuständige(n) Wettbewerbsbehörde(n) verpflichtet, und diesen Behörden ist nach Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 die Befugnis zur Durchführung des Wettbewerbsrechts der Union eingeräumt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. März 2007, France Télécom/Kommission, T‑339/04, Slg. 2007, II‑521, Randnr. 79). 76      Jedoch lässt die mit der Verordnung Nr. 1/2003 eingeführte Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden nicht die Annahme zu, dass die Kommission im vorliegenden Fall die Verfolgung der einzelnen Straftaten den betroffenen nationalen Wettbewerbsbehörden hätte überlassen müssen. Vielmehr geht aus den Bestimmungen der Verordnung Nr. 1/2003 hervor, dass die Kommission im Rahmen der Ermittlung und Feststellung von Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln der Union eine vorrangige Rolle behält, die nicht durch die parallele Zuständigkeit, über die die nationalen Wettbewerbsbehörden nach dieser Verordnung verfügen, beeinträchtigt wird. So ist die Kommission nach Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 auch dann, wenn eine nationale Behörde bereits in einem Fall tätig ist, nach deren Konsultierung zur Einleitung eines Verfahrens im Hinblick auf den Erlass einer Entscheidung befugt. Überdies entfällt nach dieser Bestimmung bei Einleitung eines Verfahrens durch die Kommission die Zuständigkeit der nationalen Wettbewerbsbehörden für die Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union auf einen solchen Fall. 77      Die Bekanntmachung über die Netzzusammenarbeit, die nach Ansicht der Klägerinnen im vorliegenden Fall verletzt sein soll, begründet nach ihrer Ziff. 31 für die beteiligten Unternehmen kein Recht dahin gehend, dass sich eine bestimmte Behörde mit dem Fall zu befassen hätte. Die Auffassung der Klägerinnen, sie hätten nach dieser Bekanntmachung einen Anspruch darauf oder eine berechtigte Erwartung dahin gehend, dass die nationalen Wettbewerbsbehörden die in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlungen verfolgten, ist daher unbegründet (vgl. in diesem Sinne Urteil France Télécom/Kommission, oben in Randnr. 75 angeführt, Randnr. 83). 78      Somit hat die Kommission im 543. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt, dass „[w]eder die Verordnung … Nr. 1/2003 noch die Bekanntmachung [über die Netzzusammenarbeit] … Rechte oder Erwartungen für ein Unternehmen dahin gehend [begründet], dass sein Fall von einer bestimmten Wettbewerbsbehörde behandelt wird“. 79      Selbst wenn man im Übrigen annähme, dass die Bekanntmachung über die Netzzusammenarbeit Rechte oder berechtigte Erwartungen der Unternehmen dahin gehend begründen könnte, dass eine Angelegenheit von einer bestimmten Behörde zu behandeln sei, wäre das Vorbringen der Klägerinnen, das sie auf die Ziff. 8 und 14 dieser Bekanntmachung stützen, doch zurückzuweisen. 80      Dazu ist erstens festzustellen, dass Ziff. 8 der Bekanntmachung über die Netzzusammenarbeit, in der die Bedingungen aufgezählt sind, unter denen „[b]ei einer Behörde … davon ausgegangen werden [kann], dass sie gut geeignet ist, sich eines Falls anzunehmen“, keine Bindungswirkung hat. Die Verwendung des Verbs „können“ zeigt, dass es sich um eine bloße Möglichkeit einer Verteilung der Aufgaben handelt, aus der keine Verpflichtung der Kommission hergeleitet werden kann, in einem Fall, in dem die in Ziff. 8 genannten Bedingungen erfüllt sind, nicht tätig zu werden (Urteil France Télécom/Kommission, oben in Randnr. 75 angeführt, Randnr. 84). 81      Zweitens würde Ziff. 14 der Bekanntmachung über die Netzzusammenarbeit, sofern sie überhaupt Rechte oder berechtigte Erwartungen begründen könnte, die Zuständigkeit der Kommission, sich mit dem vorliegenden Fall zu befassen, nur bestätigen, da es in dieser Ziffer heißt, dass die Kommission, wenn bestimmte dort aufgezählte Voraussetzungen erfüllt sind, besonders gut geeignet „ist“. Denn nach Ziff. 14 dieser Bekanntmachung ist die Kommission als besonders gut geeignet, sich eines Falles anzunehmen, anzusehen, „wenn eine oder mehrere Vereinbarungen oder Verhaltensweisen … in mehr als drei Mitgliedstaaten … Auswirkungen auf den Wettbewerb haben“, was auf die in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlungen zutrifft. 82      Was drittens Ziff. 15 der Bekanntmachung über die Netzzusammenarbeit angeht, in der die Klägerinnen mangels einheitlicher Zuwiderhandlung die alleinige Grundlage für die Zuständigkeit der Kommission sehen und deren Voraussetzungen ihrer Ansicht nach im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind, genügt es, mit der Kommission festzustellen, dass diese Bestimmung für die vorliegende Rechtssache nicht einschlägig ist, da sie einen Fall betrifft, in dem die Kommission zur Behandlung einer Angelegenheit besonders gut geeignet wäre. 83      Da im vorliegenden Fall nicht gegen die Bekanntmachung über die Netzzusammenarbeit verstoßen worden ist, bedarf es keiner Entscheidung über die behauptete Verletzung der Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Gleichbehandlung, die einer Bindungswirkung dieser Bekanntmachung zugrunde liegen sollen. 84      Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass auch der Erlass einer Entscheidung durch die österreichische Wettbewerbsbehörde im Rahmen einer parallelen einzelstaatlichen Zuwiderhandlung nicht als Beleg dafür dienen kann, dass die Kommission die Verfolgung der Zuwiderhandlungen in Belgien, Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden den jeweiligen nationalen Wettbewerbsbehörden hätte überlassen müssen. Wie sich aus der oben in den Randnrn. 75 bis 78 vorgenommenen Beurteilung ergibt, erlegt nämlich keine Bestimmung des Unionsrechts der Kommission eine solche Verpflichtung auf. Im Übrigen ist den Erklärungen der Kommission zu entnehmen, dass deren Vorgehensweise jedenfalls nicht willkürlich war. Denn unstreitig ist, dass die Untersuchungen hinsichtlich der in der angefochtenen Entscheidung genannten vier Kartelle 32 Monate vor der Einleitung einer Untersuchung in Bezug auf das Kartell in Österreich eingeleitet worden und zum Zeitpunkt der Einreichung des ersten Antrags nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 zum Kartell in Österreich bereits abgeschlossen waren und ein Entscheidungsentwurf bereits erstellt war. Der Grund für die Beschränkung der Untersuchung der Kommission auf die vier in der angefochtenen Entscheidung genannten Kartelle bestand somit im Risiko einer Verzögerung bei der Behandlung dieser Angelegenheiten. 85      Als Drittes ist festzustellen, dass sich die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 nicht auf Entscheidungen über Geldbußenerlass, die sie von der belgischen, der luxemburgischen und der niederländischen Wettbewerbsbehörde erwirkt haben wollen, für ihr Vorbringen berufen können, dass die Kommission verpflichtet gewesen sei, die Verfolgung der Zuwiderhandlungen diesen nationalen Behörden zu überlassen. Diese nationalen Entscheidungen waren nämlich nur vorläufiger Natur (siehe unten, Randnrn. 167 bis 174) und allenfalls in einem nationalen Verfahren ergangen. Nach Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 ist die Kommission jedoch jederzeit berechtigt, ein Verfahren einzuleiten und damit den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten die Zuständigkeit zu entziehen. 86      Was als Viertes das auf angeblich „unzureichende Sprachkenntnisse“ der zuständigen Beamten der Kommission gestützte Vorbringen der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07 und T‑149/07 angeht, so ist dieses zurückzuweisen, da die Kommission eine vielsprachliche Institution ist, der die Fähigkeit zuerkannt werden muss, in allen Amtssprachen der Gemeinschaft zu arbeiten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg. 2000, II‑491, Randnr. 640). Auch damit, dass die Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung an die Klägerinnen in englischer Sprache – während sie im Verwaltungsverfahren selbst die deutsche oder die niederländische Sprache verwendet hätten – die Ausübung ihrer Verteidigungsrechte beeinträchtigt habe, können die Klägerinnen nicht gehört werden, da sie einräumen, dass sie mit der Zustellung der Schriftstücke in englischer Sprache einverstanden waren und ihr Vorbringen jedenfalls nicht durch Beweise untermauert worden ist. 87      Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass auch der zweite Teil des vorliegenden Klagegrundes zurückzuweisen ist. 88      Mithin ist der Klagegrund der fehlenden Zuständigkeit der Kommission insgesamt zurückzuweisen. Zum Klagegrund einer Verletzung der Grundsätze der Zurechnung der Haftung für Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 EG, der Unschuldsvermutung, der individuellen Zumessung von Strafen und der Gleichbehandlung sowie einer Verletzung der Verteidigungsrechte und des Art. 253 EG bei der Zurechnung der von den Tochtergesellschaften begangenen Zuwiderhandlungen an ihre Muttergesellschaften Vorbemerkungen 89      Mit diesem Klagegrund, der sich zum einen auf die Rechtmäßigkeit der Feststellung einer Zuwiderhandlung der betreffenden Muttergesellschaften in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung und zum anderen auf die Rechtmäßigkeit der gegen diese Muttergesellschaften in Art. 2 der angefochtenen Entscheidung verhängten Geldbußen bezieht, stellen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 die gesamtschuldnerische Haftung von TKE und TKAG für die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen ihrer Tochtergesellschaften in Belgien, Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden in Frage. 90      Was die gesamtschuldnerische Haftung einer Muttergesellschaft für das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft angeht, ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass die Tochtergesellschaft eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, nicht auszuschließen vermag, dass ihr Verhalten der Muttergesellschaft zugerechnet werden kann (Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juli 1972, Imperial Chemical Industries/Kommission, 48/69, Slg. 1972, 619, Randnr. 132). 91      Das Wettbewerbsrecht der Union betrifft die Tätigkeit von Unternehmen, und der Begriff des Unternehmens umfasst jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, C‑97/08 P, Slg. 2009, I‑8237, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). 92      Die Unionsgerichte haben weiter klargestellt, dass in diesem Zusammenhang unter dem Begriff des Unternehmens eine wirtschaftliche Einheit zu verstehen ist, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich von mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 12. Juli 1984, Hydrotherm Gerätebau, 170/83, Slg. 1984, 2999, Randnr. 11, und Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnr. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil des Gerichts vom 29. Juni 2000, DSG/Kommission, T‑234/95, Slg. 2000, II‑2603, Randnr. 124). So haben sie betont, dass es bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln nicht auf die sich aus der Verschiedenheit der Rechtspersönlichkeit ergebende formale Trennung zwischen zwei Gesellschaften ankommt, sondern vielmehr darauf, ob sich die beiden Gesellschaften auf dem Markt einheitlich verhalten. Es kann also notwendig sein, zu ermitteln, ob zwei Gesellschaften mit je eigener Rechtspersönlichkeit ein und dasselbe Unternehmen oder ein und dieselbe wirtschaftliche Einheit mit einheitlichem Marktverhalten bilden oder hierzu gehören (Urteil Imperial Chemical Industries/Kommission, oben in Randnr. 90 angeführt, Randnr. 140, und Urteil des Gerichts vom 15. September 2005, DaimlerChrysler/Kommission, T‑325/01, Slg. 2005, II‑3319, Randnr. 85). 93      Verstößt eine solche wirtschaftliche Einheit gegen die Wettbewerbsregeln, hat sie nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für diese Zuwiderhandlung einzustehen (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnr. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung). 94      So kann einer Muttergesellschaft das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft insbesondere dann zugerechnet werden, wenn die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen, die die beiden Rechtssubjekte verbinden, im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Metsä-Serla u. a./Kommission, C‑294/98 P, Slg. 2000, I‑10065, Randnr. 27, vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 117, und Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnr. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). 95      In einem solchen Fall sind nämlich die Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft Teile ein und derselben wirtschaftlichen Einheit und bilden damit ein einziges Unternehmen im Sinne der oben in Randnr. 91 angeführten Rechtsprechung. Weil eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaft ein Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, kann die Kommission demnach eine Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft richten, ohne dass deren persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachgewiesen werden müsste (Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnr. 59). 96      In dem besonderen Fall, dass eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstoßen hat, kann zum einen diese Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben und besteht zum anderen eine widerlegliche Vermutung, dass diese Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnr. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung). 97      Unter diesen Umständen genügt es, dass die Kommission für die Vermutung, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik dieser Tochtergesellschaft ausübt, nachweist, dass die Muttergesellschaft das gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft hält. Die Kommission kann in der Folge die Muttergesellschaft für die Zahlung der gegen ihre Tochtergesellschaft verhängten Geldbuße gesamtschuldnerisch zur Haftung heranziehen, sofern die Muttergesellschaft, der es obliegt, diese Vermutung zu widerlegen, keine ausreichenden Beweise dafür erbringt, dass ihre Tochtergesellschaft auf dem Markt eigenständig auftritt (vgl. Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnr. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). 98      Außerdem hat der Gerichtshof zwar in den Randnrn. 28 und 29 seines Urteils vom 16. November 2000, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission (C‑286/98 P, Slg. 2000, I‑9925), neben der 100%igen Kapitalbeteiligung an dem Tochterunternehmen weitere Umstände, wie das Nichtbestreiten des vom Mutterunternehmen auf die Geschäftspolitik seines Tochterunternehmens ausgeübten Einflusses und die gemeinsame Vertretung der beiden Unternehmen im Verwaltungsverfahren, angeführt, er hat diese Umstände jedoch nur erwähnt, um die Gesamtheit der Gesichtspunkte aufzuführen, auf die das Gericht seine Argumentation gestützt hatte, und nicht, um die Geltung der oben in Randnr. 96 genannten Vermutung von der Beibringung zusätzlicher Indizien für die tatsächliche Einflussnahme durch die Muttergesellschaft abhängig zu machen (Urteil Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnr. 62). 99      Im Licht der vorstehend in Erinnerung gerufenen Grundsätze ist die Zurechnung der von TKLA, TKA, TKF und TKAL begangenen Zuwiderhandlungen an TKE und TKAG und die Zurechnung der von TKL begangenen Zuwiderhandlung an TKAG zu prüfen. Zur Zurechnung der in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlungen an TKE und TKAG 100    Die Kommission hat in den Erwägungsgründen 634, 635, 636 und 641 die Auffassung vertreten, dass TKE als zwischengeschaltete 100%ige Muttergesellschaft für die von ihren Tochtergesellschaften TKLA, TKAL, TKA und TKF in Belgien, Luxemburg bzw. Deutschland begangenen Zuwiderhandlungen haftbar zu machen sei. Sie hat weiter gemeint, TKAG sei als 100%ige (Groß-)Muttergesellschaft für die von diesen Tochtergesellschaften sowie von TKL in den Niederlanden begangenen Zuwiderhandlungen haftbar zu machen (Erwägungsgründe 634, 635, 636, 637 und 641 der angefochtenen Entscheidung). 101    Im 639. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission aus: „[G]emäß den im 619. Erwägungsgrund [der angefochtenen Entscheidung] dargelegten Erwägungen hält die Kommission das Argument von TKE für nicht stichhaltig, dass das Fehlen von Überschneidungen in den Führungsgremien von TKE und den Tochtergesellschaften während der Zeit der Zuwiderhandlungen eine Haftbarkeit von TKE ausschließe. Wie im 626. Erwägungsgrund eingehend dargelegt, ist für die Zuweisung der Haftbarkeit an die Muttergesellschaft keine Überschneidung bei den Geschäftstätigkeiten der beiden Unternehmen erforderlich. Die Kommission hält daher das Argument von TKE, dass ‚TKE eine reine zwischengeschaltete Holdinggesellschaft ist, die in das Tagesgeschäft ihrer Gesellschaft nicht eingreift’, und dass deshalb TKE nicht in der Lage gewesen sei, Einfluss auf ihre Tochtergesellschaften auszuüben, für nicht ausreichend. Bei einer einzigen Wirtschaftseinheit ist nämlich davon auszugehen, dass die Tochtergesellschaft im Wesentlichen den Anweisungen der Muttergesellschaft folgt und diese nicht unbedingt das Tagesgeschäft der Tochtergesellschaft führen muss, um einen entscheidenden Einfluss auf deren Geschäftsverhalten auszuüben. Die Tatsache, dass TKE eine gruppeninterne Anweisung an ihre Tochtergesellschaften erteilt hat, sich auf ihre Inlandsmärkte zu konzentrieren, und dass die Tochtergesellschaften diese Anweisungen auch befolgt haben, zeigt, dass TKE von der Möglichkeit, entscheidenden Einfluss auf die Geschäftstätigkeit ihrer Tochtergesellschaften auszuüben, auch Gebrauch gemacht hat.“ 102    Im 640. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission sodann aus, dass „[i]n ihren Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte … TKE und ihre betreffenden Tochtergesellschaften keine Beweismittel zur Klarstellung ihrer konzerninternen Beziehungen, Führungsstruktur und Weisungshierarchie unterbreitet [haben], um die Vermutung zu widerlegen, dass die Tochtergesellschaften ihr eigenes Marktverhalten nicht selbständig bestimmten“; sie gelangt zu dem Ergebnis, dass „[TKAG] und ihre 100%ige Tochtergesellschaft TKE die Haftungsvermutung für die in Belgien, Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden begangenen Zuwiderhandlungen nicht widerlegt haben“. 103    Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 machen im Wesentlichen geltend, dass die Grundsätze über die Zurechenbarkeit von Zuwiderhandlungen der Tochtergesellschaften an ihre Muttergesellschaften verletzt worden seien. Sie führen außerdem mehrere Argumente an, mit denen sie dartun wollen, dass die oben in Randnr. 99 genannten Tochtergesellschaften der ThyssenKrupp-Gruppe (im Folgenden: ThyssenKrupp-Tochtergesellschaften) ihre Geschäftspolitik ohne Einfluss ihrer Muttergesellschaften selbständig bestimmten. Schließlich tragen sie vor, die Kommission habe den Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen, die Unschuldsvermutung, die Verteidigungsrechte der Klägerinnen sowie die ihr obliegende Begründungspflicht verletzt. –       Zur Vermutung der Verantwortlichkeit von TKAG und TKE für die Verhaltensweisen ihrer Tochtergesellschaften 104    Als Erstes ist festzustellen, dass während des Zuwiderhandlungszeitraums unstreitig TKAG unmittelbar 100 % des Kapitals von TKE hielt, die ihrerseits unmittelbar 100 % des Kapitals von TKA und mittelbar 100 % des Kapitals von TKAL, TKLA und TKF hielt. Außerdem war TKAG auch die Obergesellschaft von TKL. Angesichts der oben in Randnr. 96 angeführten Rechtsprechung besteht daher eine Vermutung dafür, dass TKAG und TKE einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer jeweiligen Tochtergesellschaften ausgeübt haben. Somit können die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑149/07 und T‑150/07 nicht damit gehört werden, dass die Kommission die Grundsätze der Beweislastverteilung hinsichtlich der Abhängigkeit der Tochtergesellschaften von ihrer Muttergesellschaft verletzt habe. 105    Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑149/07 und T‑150/07 machen des Weiteren geltend, die Zurechnung des Verhaltens von Tochtergesellschaften an ihre Muttergesellschaft scheide nach dem sich auch aus der Entscheidungspraxis der Kommission ergebenden Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen aus, wenn die Muttergesellschaft nicht an der Zuwiderhandlung materiell beteiligt gewesen sei. 106    Dazu ist festzustellen, dass ein Unternehmen nach dem Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen, der für jedes Verwaltungsverfahren gilt, das zur Verhängung von Sanktionen nach den Wettbewerbsregeln der Union führen kann, nur für die Handlungen bestraft werden darf, die ihm individuell zur Last gelegt worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2001, Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, T‑45/98 und T‑47/98, Slg. 2001, II‑3757, Randnr. 63). 107    Dieser Grundsatz muss jedoch mit dem Unternehmensbegriff in Einklang gebracht werden. Denn nicht ein zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft in Bezug auf die Zuwiderhandlung bestehendes Anstiftungsverhältnis und schon gar nicht eine Beteiligung Ersterer an dieser Zuwiderhandlung, sondern der Umstand, dass sie ein einziges Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG bilden, verleiht der Kommission die Befugnis, die Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden, an die Muttergesellschaft einer Unternehmensgruppe zu richten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Michelin/Kommission, T‑203/01, Slg. 2003, II‑4071, Randnr. 290). Zuwiderhandlungen sind aber unmittelbar gegenüber TKAG und TKE festgestellt worden, die diese aufgrund ihrer engen wirtschaftlichen und rechtlichen Bindungen zu ihren Tochtergesellschaften selbst begangen haben sollen (vgl. in diesem Sinne Urteil Metsä-Serla u. a./Kommission, oben in Randnr. 94 angeführt, Randnr. 34). 108    Weiter ist zur Berufung der Klägerinnen auf die Entscheidungspraxis der Kommission festzustellen, dass sich die Würdigung der Sachverhalte früherer Fälle durch die Kommission nicht auf die vorliegende Rechtssache übertragen lässt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2007, Sun Chemical Group u. a./Kommission, T‑282/06, Slg. 2007, II‑2149, Randnr. 88) und dass Entscheidungen in anderen Rechtssachen nur Hinweischarakter haben können, da die konkreten Umstände der Rechtssache nicht die gleichen sind (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 21. September 2006, JCB Service/Kommission, C‑167/04 P, Slg. 2006, I‑8935, Randnrn. 201 und 205, und vom 7. Juni 2007, Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, C‑76/06 P, Slg. 2007, I‑4405, Randnr. 60). Folglich ist der Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen im vorliegenden Fall nicht verletzt worden. 109    Als Zweites machen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑149/07 und T‑150/07 geltend, dass die Zurechnung des Verhaltens einer Tochtergesellschaft an deren Muttergesellschaft nur dann in Betracht komme, wenn dies objektiv erforderlich sei, um die praktische Wirksamkeit der Wettbewerbsregeln sicherzustellen. 110    Diese Auffassung beruht auf einem irrigen Verständnis der oben in den Randnrn. 90 bis 98 angeführten Rechtsprechung und ist daher zurückzuweisen. Da die Kommission nämlich zu Recht die Auffassung vertreten hat, dass TKAG, TKE und die ThyssenKrupp-Tochtergesellschaften für die Anwendung des Art. 81 EG ein einheitliches Unternehmen darstellen und dass deshalb unmittelbar gegenüber diesem Unternehmen Zuwiderhandlungen festgestellt worden sind, die als von ihm selbst begangen gelten, ist die Kommission bei der Prüfung der Zurechenbarkeit einer von einer Tochtergesellschaft begangenen Zuwiderhandlung an deren Muttergesellschaft nicht verpflichtet, zu prüfen, ob diese Zurechnung erforderlich ist, um die „praktische Wirksamkeit“ des Wettbewerbsrechts der Union sicherzustellen. 111    Als Drittes tragen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 vor, die oben in Randnr. 96 dargestellte Haftungsvermutung verstoße gegen die Unschuldsvermutung und sei mit Art. 6 Abs. 2 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) sowie Art. 48 Abs. 1 der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364, S. 1, im Folgenden: Grundrechtecharta) unvereinbar. 112    Der u. a. in Art. 6 Abs. 2 EMRK niedergelegte Grundsatz der Unschuldsvermutung gehört zu den Grundrechten, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs, die im Übrigen durch Art. 6 Abs. 2 EU und durch Art. 48 Abs. 1 der Grundrechtecharta bekräftigt worden ist, in der Unionsrechtsordnung anerkannt sind. Angesichts der Art der fraglichen Zuwiderhandlungen sowie der Art und Schwere der ihretwegen verhängten Sanktionen gilt der Grundsatz der Unschuldsvermutung auch in Verfahren wegen Verletzung der für Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, in denen Geldbußen oder Zwangsgelder verhängt werden können (vgl. Urteil des Gerichts vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, Slg. 2006, II‑897, Randnr. 115 und die dort angeführte Rechtsprechung). 113    Nach der Unschuldsvermutung gilt jede angeklagte Person bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis ihrer Schuld als unschuldig (Urteil des Gerichts vom 6. Oktober 2005, Sumitomo Chemical und Sumika Fine Chemicals/Kommission, T‑22/02 und T‑23/02, Slg. 2005, II‑4065, Randnr. 106). 114    Zur Frage, ob eine Regel über die Zurechenbarkeit einer Zuwiderhandlung, wie sie in der oben in Randnr. 96 angeführten Rechtsprechung genannt ist, mit Art. 6 Abs. 2 EMRK vereinbar ist, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) festgestellt, dass diese Bestimmung in Strafgesetzen enthaltenen Vermutungen tatsächlicher oder rechtlicher Art nicht entgegensteht, sondern gebietet, sie angemessen einzugrenzen, wobei das Gewicht der betroffenen Belange zu berücksichtigen ist und die Verteidigungsrechte zu wahren sind (vgl. EGMR, Urteil vom 7. Oktober 1988, Salabiaku/Frankreich, Serie A, Nr. 141‑A, Randnr. 28; vgl. in diesem Sinne auch EGMR, Urteil vom 23. September 2008, Grayson und Barnham/Vereinigtes Königreich, Recueil des arrêts et décisions, 2008, Randnr. 40). Ein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung scheidet somit aus, wenn in Wettbewerbsverfahren aus typischen Geschehensabläufen nach Erfahrungssätzen bestimmte Schlussfolgerungen gezogen werden und die betroffenen Unternehmen die Möglichkeit behalten, diese Schlussfolgerungen zu entkräften (vgl. entsprechend Schlussanträge von Generalanwältin Kokott in der Rechtssache C‑8/08, Urteil des Gerichtshofs vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a., Slg. 2009, I‑4529, I‑4533, Nr. 93). 115    Im vorliegenden Fall hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zunächst, ohne auf irgendeine Vermutung tatsächlicher oder rechtlicher Art zurückzugreifen, festgestellt, dass die ThyssenKrupp-Tochtergesellschaften in Belgien, Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 EG begangen hätten. 116    In Anbetracht des Umstands, dass Art. 81 EG die Verhaltensweisen von Unternehmen betrifft, hat die Kommission sodann geprüft, ob die wirtschaftliche Einheit, die diese Zuwiderhandlungen ihrer Ansicht nach begangen hatte, auch die Muttergesellschaften der ThyssenKrupp-Tochtergesellschaften umfasst. Sie hat festgestellt, dass TKAG und TKE entscheidenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaften ausgeübt hätten, indem sie sich auf die Haftungsvermutung gestützt hat, die sich insbesondere aus der oben in Randnr. 96 angeführten Rechtsprechung ergibt. Schließlich ist diesen Muttergesellschaften, die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte waren, unter Beachtung der Verteidigungsrechte Gelegenheit gegeben worden, diese Vermutung dadurch zu widerlegen, dass sie Beweismittel beibringen, anhand deren sich die Selbständigkeit ihrer Tochtergesellschaften beweisen lässt. Die Kommission hat jedoch im 641. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung die Ansicht vertreten, dass die Vermutung nicht widerlegt worden sei. 117    Da die oben in Randnr. 96 bezeichnete Vermutung widerleglich ist, nur die Zurechnung einer bereits bei der Tochtergesellschaft festgestellten Zuwiderhandlung betrifft und zudem in einem Verfahren herangezogen worden ist, in dem die Verteidigungsrechte gewahrt worden sind, ist folglich die Rüge der Verletzung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung zurückzuweisen. 118    Als Viertes macht die Klägerin in der Rechtssache T‑149/07 geltend, die Geldbuße gegen TKE sei ohne Grund und in Widerspruch dazu verhängt worden, dass die Kommission gegen andere Zwischengesellschaften keine Geldbußen verhängt habe. 119    Auch dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Die Möglichkeit, der Obergesellschaft eine Sanktion für das rechtswidrige Verhalten einer Tochtergesellschaft aufzuerlegen, steht nämlich der Verhängung einer Sanktion gegen eine Zwischenholdinggesellschaft oder die Tochtergesellschaft selbst nicht entgegen, sofern die Kommission festgestellt hat, dass die genannten Gesellschaften ein einziges Unternehmen bildeten. In einem solchen Fall hat die Kommission, wenn die Voraussetzungen für die Zurechenbarkeit erfüllt sind, die Wahl, die Tochtergesellschaft, die sich an der Zuwiderhandlung beteiligt hat, die Zwischenmuttergesellschaft, die sie während dieses Zeitraums kontrolliert hat und die Obergesellschaft der Unternehmensgruppe mit einer Sanktion zu belegen (vgl. in diesem Sinne Urteil Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 331). 120    Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass sämtliche Rügen, die dagegen gerichtet sind, dass im vorliegenden Fall die Vermutung einer Haftung von TKAG und TKE für das Verhalten ihrer Tochtergesellschaften herangezogen worden ist, zurückzuweisen sind. –       Zu dem Vorbringen der Klägerinnen, mit dem sie die Vermutung einer Haftung von TKAG und TKE für das Verhalten ihrer jeweiligen Tochtergesellschaften widerlegen wollen 121    Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 tragen im Wesentlichen vor, selbst wenn eine Vermutung dahin gehend bestehen sollte, dass TKAG und TKE für das Verhalten ihrer Tochtergesellschaften haftbar seien, wäre diese Vermutung doch widerlegt worden, da der Kommission gegenüber im Verwaltungsverfahren, insbesondere bei den Treffen vom 1. März 2005 und 20. September 2006, dargetan worden sei, dass die ThyssenKrupp-Tochtergesellschaften wirtschaftlich und rechtlich autonom tätig gewesen seien und dies immer noch seien. 122    Erstens machen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 geltend, dass TKAG lediglich eine Holdinggesellschaft sei, die nur über weitere Holdinggesellschaften Anteile der an den Kartellen beteiligten lokalen Gesellschaften halte, und dass TKE nur eine Zwischenholdinggesellschaft sei, die nicht im operativen Aufzug- und Fahrtreppengeschäft tätig sei. Ein solches Vorbringen ist zu verwerfen, da mit der bloßen Eigenschaft als Holding- oder Zwischenholdinggesellschaft als solcher die Vermutung der Haftung einer Muttergesellschaft für das Verhalten ihrer Tochtergesellschaften nicht widerlegt werden kann. Insoweit ist insbesondere zu beachten, dass im Rahmen einer Unternehmensgruppe wie der hier fraglichen eine Holding eine Gesellschaft ist, die die Beteiligungen an verschiedenen Gesellschaften bündeln und als deren Leitungsinstanz fungieren soll (Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, T‑69/04, Slg. 2008, II‑2567, Randnrn. 60 und 63). 123    Zweitens führen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 aus, wegen der dezentralen Organisationsstruktur des Segments „Elevator“ von ThyssenKrupp hätten sich die ThyssenKrupp-Tochtergesellschaften, die über ihre eigenen personellen und sächlichen Mittel verfügten, an den Zuwiderhandlungen beteiligt, ohne dem Einfluss von TKE und TKAG zu unterliegen. 124    Diese Behauptungen vermögen die Vermutung einer Haftung von TKAG und TKE für das Verhalten der ThyssenKrupp-Tochtergesellschaften nicht zu widerlegen, da sie nicht untermauert worden sind. Jedenfalls ist festzustellen, dass die Unterteilung der Tochtergesellschaften von TKAG in Segmente – wie das Segment „Elevator“, für das TKE verantwortlich ist und in dem alle ThyssenKrupp-Tochtergesellschaften einschließlich TKL, obwohl diese keine Tochtergesellschaft von TKE ist, zusammengeschlossen sind – eher ein Indiz für die Ausübung eines entscheidenden Einflusses durch die betreffenden Muttergesellschaften auf die genannten Tochtergesellschaften ist. 125    Drittens ist auch das Vorbringen der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 zurückzuweisen, wonach es zwischen den Leitungsorganen von TKE und TKAG sowie ihren jeweiligen Tochtergesellschaften keine Überschneidungen gegeben habe. Diese Behauptungen sind durch keine Beweisdokumente erhärtet worden, obwohl solche hätten vorgelegt werden können, besonders soweit es um die Namensliste der Mitglieder der satzungsmäßigen Organe dieser Gesellschaften zur Zeit der Zuwiderhandlung geht (vgl. in diesem Sinne Urteil Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, oben in Randnr. 122 angeführt, Randnr. 69). Außerdem können die organisatorischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Verbindungen zwischen TKAG, TKE und den ThyssenKrupp-Tochtergesellschaften einen Einfluss von TKAG und TKE auf die Strategie dieser Tochtergesellschaften begründen und es somit rechtfertigen, sie als wirtschaftliche Einheit zu begreifen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2007, Akzo Nobel u. a./Kommission, T‑112/05, Slg. 2007, II‑5049, Randnr. 83). 126    Viertens heben die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 hervor, sie hätten eigenständig am Verfahren teilgenommen und eine individuelle Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkt abgegeben. 127    Auch dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Vermutung einer Haftung von TKAG und TKE für das Verhalten ihrer Tochtergesellschaften zu widerlegen. Zwar hat der Gerichtshof befunden, dass es von einem entscheidenden Einfluss auf das Verhalten der Tochtergesellschaft zeugen kann, wenn die Muttergesellschaft gegenüber der Kommission als alleinige Gesprächspartnerin für die betreffende Zuwiderhandlung aufgetreten ist (Urteil Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, oben in Randnr. 98 angeführt, Randnr. 29). Jedoch vermag die Vorlage getrennter Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte durch die Tochtergesellschaften einer Unternehmensgruppe als solche keinen Beweis für die Autonomie der genannten Tochtergesellschaften zu erbringen. 128    Fünftens tragen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 vor, der 639. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung sei insoweit, als die Kommission darin die Ansicht vertreten habe, dass sich der entscheidende Einfluss von TKE auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaften aus der Erteilung einer gruppeninternen Anweisung von TKE ergebe, mit der sie ihre Tochtergesellschaften angewiesen habe, sich auf ihre Inlandsmärkte zu konzentrieren, unzutreffend, da sich in dieser Vorgabe nur die Geschäftspolitik der nationalen Tochtergesellschaften widerspiegele. Die Konzentration auf die nationalen Märkte folge aus einer in den Marktgegebenheiten begründeten Aufgabenteilung zwischen den Tochtergesellschaften. 129    Dieses Argument beruht auf einem irrigen Verständnis der Erwägungsgründe 634 bis 639 der angefochtenen Entscheidung. Nach diesen Erwägungsgründen hat sich die Kommission nämlich für ihre Auffassung, dass TKE für die von ihren Tochtergesellschaften begangenen Zuwiderhandlungen haftbar zu machen sei, auf die 100%ige Beteiligung von TKE am Kapital ihrer Tochtergesellschaften und auf die nicht widerlegte Vermutung eines daraus folgenden entscheidenden Einflusses auf deren Geschäftspolitik gestützt. Zwar hat sie im 639. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung auch darauf hingewiesen, dass die Tatsache, dass TKE eine gruppeninterne Anweisung dahin gehend, dass sich die Tochtergesellschaften auf ihre Inlandsmärkte konzentrieren sollten, erteilt habe und dass die Tochtergesellschaften diese Anweisung befolgt hätten, zeige, dass TKE von der Möglichkeit, entscheidenden Einfluss auf die Geschäftstätigkeit ihrer Tochtergesellschaften auszuüben, Gebrauch gemacht habe. Diese Erwägung stellte jedoch eine Erwiderung auf das Argument von TKE in deren Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte dar, wonach TKE eine reine zwischengeschaltete Holdinggesellschaft gewesen sein soll, die nicht in das Tagesgeschäft der von ihr gehaltenen Gesellschaften eingegriffen habe (siehe oben, Randnr. 122). 130    Entgegen der Auffassung der Klägerinnen zeugt jedenfalls, wie die Kommission betont hat, die Erteilung einer Anweisung durch TKE an die zum Segment „Elevator“ gehörenden Tochtergesellschaften der Gruppe, sich auf ihre nationalen Märkte zu konzentrieren, vom entscheidenden Einfluss von TKE nicht nur auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaften, sondern auch auf dasjenige von TKL, die, wie die Klägerin in der Rechtssache T‑149/07 in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, ebenfalls zu diesem Segment gehört. 131    Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die Kommission im 641. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu Recht die Auffassung vertreten hat, dass die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 die Vermutung einer Haftung von TKAG und TKE für die von den ThyssenKrupp-Tochtergesellschaften in Belgien, Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden begangenen Zuwiderhandlungen nicht widerlegt habe. Zur Verletzung der Begründungspflicht und der Verteidigungsrechte 132    Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 machen im Wesentlichen geltend, dass die Kommission in mehrfacher Hinsicht ihre Begründungspflicht verletzt habe. Zunächst sei die angefochtene Entscheidung, soweit es um die Feststellung einer wirtschaftlichen Einheit zwischen TKAG, TKE und den ThyssenKrupp-Tochtergesellschaften gehe, mit einem Begründungsmangel behaftet und gebe nicht an, inwiefern die von den Gesellschaften der ThyssenKrupp-Gruppe vorgelegten Beweismittel zur Widerlegung der Haftungsvermutung nicht ausreichten. Sodann habe die Kommission mehrere Beweismittel ignoriert, die von den Klägerinnen in den Rechtssachen T‑149/07 und T‑150/07 in Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgelegt worden seien. Schließlich enthalte der 639. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung Begründungsfehler und beziehe sich zudem auf Feststellungen, die die Kommission zur Otis-Gruppe getroffen habe. 133    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Kommission bei der Begründung von Entscheidungen, die sie zu erlassen hat, um die Anwendung des Wettbewerbsrechts zu gewährleisten, zwar nicht auf alle tatsächlichen und rechtlichen Fragen sowie die Erwägungen einzugehen braucht, die sie veranlasst haben, eine solche Entscheidung zu treffen; sie muss jedoch nach Art. 253 EG zumindest die Tatsachen und die Erwägungen aufführen, die in der Systematik ihrer Entscheidung wesentlich sind, um es auf diese Weise dem Gemeinschaftsrichter und den Betroffenen zu ermöglichen, die Voraussetzungen zu erfahren, unter denen sie den Vertrag angewandt hat (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. September 1998, European Night Services u. a./Kommission, T‑374/94, T‑375/94, T‑384/94 und T‑388/94, Slg. 1998, II‑3141, Randnr. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung). 134    Erstens ist das Vorbringen der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 zurückzuweisen, das sie auf einen Begründungsmangel bei der Feststellung einer wirtschaftlichen Einheit zwischen den Gesellschaften der ThyssenKrupp-Gruppe, die Adressaten der angefochtenen Entscheidung sind, stützen. Den Erwägungsgründen 633 bis 641 der angefochtenen Entscheidung ist nämlich zu entnehmen, dass die Kommission rechtlich hinreichend die Gründe dargelegt hat, aus denen die Verhaltensweisen der ThyssenKrupp-Tochtergesellschaften ihren jeweiligen Muttergesellschaften TKE und/oder TKAG zuzurechnen sind. Denn in diesen Erwägungsgründen hat sich die Kommission auf die oben in Randnr. 96 angeführte Rechtsprechung bezogen, um TKAG und TKE als für das Verhalten ihrer Tochtergesellschaften haftbar anzusehen, die an den Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 EG beteiligt waren. Sie hat außerdem festgestellt, dass den Klägerinnen keine Widerlegung der Haftungsvermutung gelungen sei. 135    Zweitens ist das Vorbringen der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑149/07 und T‑150/07 zurückzuweisen, die Kommission habe einige in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgebrachte Argumente übergangen. 136    So ist zur Berufung von TKE in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte darauf, dass es keine supranationalen Vorgaben gegeben habe und dass TKE und ihre Tochtergesellschaften im Verwaltungsverfahren getrennt gehandelt hätten, festzustellen, dass die Kommission im 639. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung Folgendes ausgeführt hat: „Die Tatsache, dass TKE eine gruppeninterne Anweisung an ihre Tochtergesellschaften erteilt hat, sich auf ihre Inlandsmärkte zu konzentrieren, und dass die Tochtergesellschaften diese Anweisungen auch befolgt haben, zeigt, dass TKE von der Möglichkeit, entscheidenden Einfluss auf die Geschäftstätigkeit ihrer Tochtergesellschaften auszuüben, auch Gebrauch gemacht hat.“ Außerdem ist die Kommission zwar in der angefochtenen Entscheidung nicht auf das Argument eines getrennten Handelns von TKE und deren Tochtergesellschaften im Verwaltungsverfahren eingegangen, doch ist festzustellen, dass dieses Argument in der Systematik der angefochtenen Entscheidung nicht wesentlich ist und daher unter Berücksichtigung der oben in Randnr. 133 angeführten Rechtsprechung keine ausdrückliche Beantwortung durch die Kommission erfordert. 137    Des Weiteren hat die Kommission auch die von TKAG in deren Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgetragenen Argumente beantwortet. Darin hatte TKAG nämlich behauptet, dass die Stellung eines Antrags nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 nicht die materielle Verantwortlichkeit von TKAG begründen könne, dass sich TKAG weder unmittelbar noch mittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligt habe, dass der Sektor der Fahrstühle und Fahrtreppen dezentral organisiert gewesen und von den nationalen Tochtergesellschaften eigenständig geführt worden sei, dass TKAG eine reine Holdinggesellschaft gewesen sei, die nicht in die operative Geschäftstätigkeit ihrer im Bereich der Fahrstühle und Fahrtreppen tätigen Tochtergesellschaften eingegriffen habe, dass die operativen Gesellschaften sich nicht an die ihnen von TKE übermittelten Richtlinien zur Einhaltung der Gesetze gehalten hätten, durch die sie zur Beendigung der Zuwiderhandlung angehalten worden seien, dass die Akten der Kommission keine Beweismittel für die Ausübung eines tatsächlichen Einflusses von TKAG auf die operativen Gesellschaften enthielten und dass TKAG im Verwaltungsverfahren stets getrennt von den anderen Gesellschaften aufgetreten sei. Wie jedoch die Kommission zu Recht darlegt, enthalten die Randnrn. 74 bis 87 der Erwiderung von TKAG auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte im Wesentlichen Ausführungen zum rechtlichen Kriterium, das im Rahmen der Zurechenbarkeit des Verhaltens von Tochtergesellschaften auf deren Muttergesellschaft anzuwenden sei, zu denen die Kommission in den Erwägungsgründen 603 bis 605 und 639 der angefochtenen Entscheidung Stellung genommen hat. Zu den in dieser Erwiderung aufgestellten Tatsachenbehauptungen legt TKAG keine Beweismittel vor, sondern verweist lediglich auf Richtlinien zur Einhaltung der Wettbewerbsgesetze, die im Übrigen ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht beigefügt waren. Was schließlich das auf ein separates Handeln von TKAG und ihren Tochtergesellschaften im Verwaltungsverfahren gestützte Vorbringen angeht, erfordert auch dieses nach der oben in Randnr. 133 angeführten Rechtsprechung keine ausdrückliche Erwiderung durch die Kommission. 138    Damit ist die Rüge des Begründungsmangels zurückzuweisen. 139    Drittens machen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07 und T‑149/07 geltend, der 639. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung sei mit einem Begründungsmangel behaftet und verstoße gegen „Denkgesetze“, soweit die Kommission dort die Auffassung vertreten habe, dass bei einer wirtschaftlichen Einheit zu vermuten sei, dass die Tochtergesellschaft im Wesentlichen den Weisungen der Muttergesellschaft Folge leiste, was bedeute, dass aus dem gewünschten Prüfungsergebnis (hier: Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit) auf die Voraussetzung für dieses Ergebnis (hier: Fehlen von Hinweisen auf die kaufmännische Unabhängigkeit der Tochtergesellschaften von ThyssenKrupp) selbst geschlossen werde. Auch sei es unlogisch, einen Grund für die Widerlegung der Vermutung – hier: das Fehlen personeller Verflechtungen zwischen den Vorständen von TKE und ihren Tochtergesellschaften – mit dem Argument zurückzuweisen, dass eine Überschneidung bei den Leitungsorganen keine Voraussetzung für die Vermutung sei. 140    Auch dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Es verkennt nämlich zum einen die Regelung der Haftungsvermutung, wie sie sich aus der oben in den Randnrn. 96 und 97 angeführten Rechtsprechung ergibt, und insbesondere, dass diese Vermutung von der Muttergesellschaft durch Beweismittel widerlegt werden kann, die geeignet sind, die Eigenständigkeit ihrer Tochtergesellschaften nachzuweisen. Zum anderen hat die Kommission das auf das Fehlen von Verflechtungen zwischen TKE und ihren Tochtergesellschaften gestützte Argument der Klägerinnen nicht etwa mit der Begründung verworfen, dass die Überschneidung zwischen den Leitungsorganen keine Voraussetzung für die Vermutung einer Haftung der Muttergesellschaft darstelle. Vielmehr ergibt sich aus der Verweisung auf den 619. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung sowie aus deren 640. Erwägungsgrund, dass die Kommission dieses Argument deshalb zurückgewiesen hat, weil TKE hierfür kein Beweismittel vorgelegt hatte. Hierbei ist hervorzuheben, dass die Behauptungen der Klägerinnen über das Fehlen von Überschneidungen zwischen den Leitungsorganen von TKE und TKAG sowie deren jeweiligen Tochtergesellschaften selbst im Laufe des Verfahrens vor dem Gericht durch keinerlei Beweisunterlagen gestützt worden sind (siehe oben, Randnr. 125). 141    Hinsichtlich des 639. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung rügen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 weiter eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte, da die dort dargelegten Gründe auf den 626. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, der das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen den Gesellschaften der Otis-Gruppe betreffe, verwiesen und die Kommission die maßgeblichen Passagen der Erwägungsgründe 622 bis 625 der angefochtenen Entscheidung gegenüber ThyssenKrupp nicht offengelegt habe. 142    Dazu ist festzustellen, dass die Klägerinnen nicht erklären, inwiefern die Verweisung im 639. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung auf deren 626. Erwägungsgrund ihre Verteidigungsrechte im Verwaltungsverfahren verletzt haben soll. 143    Da die oben in Randnr. 141 angeführte Rüge dahin auszulegen ist, dass mit ihr ein Begründungsmangel geltend gemacht wird, ist festzustellen, dass sich die Kommission, soweit es um die Verweisung im 639. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung auf deren 626. Erwägungsgrund geht, auf folgende Bemerkung beschränkt hat: „[W]ie im 626. Erwägungsgrund ... dargelegt worden ist, ist für die Zurechnung der Haftung an eine Muttergesellschaft keine Überschneidung zwischen den Geschäftstätigkeiten der beiden Unternehmen erforderlich.“ Die Darlegungen, auf die der 639. Erwägungsgrund verweist, stehen jedoch nicht in dem – gegenüber den Gesellschaften der ThyssenKrupp-Gruppe nicht geschwärzten – 626. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, sondern im vorangehenden Erwägungsgrund, und zwar insbesondere in der nachstehend wiedergegebenen Passage des 625. Erwägungsgrundes, die gegenüber den Gesellschaften der ThyssenKrupp-Gruppe ebenfalls nicht geschwärzt worden ist: „[D]ie Zurechnung der Haftung für das Marktverhalten einer Tochtergesellschaft verlangt weder eine Überschneidung mit den Geschäftstätigkeiten der Muttergesellschaft noch eine enge Verbindung mit dem Geschäft der Tochtergesellschaft. Es ist nämlich normal, dass unterschiedliche Tätigkeiten und Spezialisierungen verschiedenen Einheiten innerhalb einer Unternehmensgruppe zugewiesen werden.“ 144    Die Klägerinnen können daher nicht damit gehört werden, dass die rechtlichen Grundsätze, auf die sich die Kommission im 639. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung gestützt habe, unklar geblieben seien. Unter diesen Umständen ist somit auch die oben in Randnr. 141 angeführte Rüge zurückzuweisen. 145    Viertens machen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 geltend, die Kommission habe in ihren Klagebeantwortungen eine Reihe neuer Argumente vorgebracht, die die fehlende Begründung in der angefochtenen Entscheidung nicht ersetzen könnten. Dieses Vorbringen sei verspätet und unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. 146    Wie oben in Randnr. 133 dargelegt worden ist, hat die Kommission nach Art. 253 EG zumindest die Tatsachen und die Erwägungen aufzuführen, die in der Systematik ihrer Entscheidung wesentlich sind, um es auf diese Weise dem Gemeinschaftsrichter und den Betroffenen zu ermöglichen, die Voraussetzungen zu erfahren, unter denen sie den Vertrag angewandt hat. Ferner muss nach der Rechtsprechung, falls nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen, die Begründung einer Entscheidung in dieser selbst enthalten sein; die Entscheidung kann nicht zum ersten Mal und nachträglich vor dem Richter erörtert werden (vgl. Urteil European Night Services u. a./Kommission, oben in Randnr. 133 angeführt, Randnr. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung). So ist die Begründung dem Betroffenen grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen (vgl. Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 94 angeführt, Randnr. 463 und die dort angeführte Rechtsprechung). 147    Wie bereits oben in Randnr. 134 festgestellt worden ist, geht aus den Erwägungsgründen 633 bis 641 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission rechtlich hinreichend die Gründe dargelegt hat, aus denen die Verhaltensweisen der ThyssenKrupp-Tochtergesellschaften ihren jeweiligen Muttergesellschaften TKE und/oder TKAG zuzurechnen sind. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass das Vorbringen in den Klagebeantwortungen der Kommission lediglich darauf abzielt, das Vorbringen in den Schriftsätzen der Klägerinnen zu beantworten, und nicht darauf, dem angeblichen Begründungsmangel in der angefochtenen Entscheidung abzuhelfen. 148    Folglich ist auch diese Rüge zurückzuweisen. 149    Alle Rügen der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07, die eine Verletzung des Art. 253 EG und der Verteidigungsrechte im Zusammenhang mit der Zurechnung der von den ThyssenKrupp-Tochtergesellschaften begangenen Zuwiderhandlungen an TKAG und TKE betreffen, sind somit zurückzuweisen. Zu den Anträgen auf Beweisaufnahme 150    Für ihr Vorbringen, die Gesellschaften der ThyssenKrupp-Gruppe hätten die innerhalb dieser Gruppe bestehende dezentrale Organisation der von der angefochtenen Entscheidung betroffenen Tätigkeitssegmente detailliert erläutert, bieten die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 gemäß Art. 65 Buchst. c der Verfahrensordnung Beweis durch Vernehmung des Sachbearbeiters der Kommission, eines Beamten der Kommission, der die Nachprüfungen in Deutschland am 28. und 29. Januar 2004 geleitet habe, und eines Vorstandsmitglieds von TKE an. Des Weiteren bieten die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 Beweis durch Vernehmung eines Mitarbeiters von TKAG an. Darüber hinaus beantragt die Klägerin in der Rechtssache T‑149/07, der Kommission aufzugeben, ihre Entscheidung C (2005) 4634 vom 30. November 2005 in einem Verfahren nach Art. 81 EG (Sache COMP/38.354 – Industriesäcke) vorzulegen, von der eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 26. Oktober 2007 (L 282, S. 41) veröffentlicht worden ist; aus dieser gehe hervor, dass kein sachlicher Grund für eine gesamtschuldnerische Verhängung einer Geldbuße gegen eine Zwischenholding bestehe, wenn schon gegen die tatbeteiligten Tochtergesellschaften und die oberste Konzernholding eine Geldbuße verhängt werde. 151    Was die Würdigung von Anträgen einer Partei auf Beweisaufnahme angeht, ist es allein Sache des Gerichts, zu entscheiden, ob das ihm in einer Rechtssache vorliegende Beweismaterial der Ergänzung bedarf (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 22. November 2007, Sniace/Kommission, C‑260/05 P, Slg. 2007, I‑10005, Randnr. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung). 152    Zum einen ist zu den Anträgen auf Vernehmung von Zeugen zum Beweis dessen, dass die Gesellschaften der ThyssenKrupp-Gruppe die innerhalb dieser Gruppe bestehende dezentrale Organisation der von der angefochtenen Entscheidung betroffenen Tätigkeitssegmente detailliert erläutert haben, festzustellen, dass die Kommission nicht bestreitet, dass die Gesellschaften der ThyssenKrupp-Gruppe mündliche Erklärungen zu deren behaupteter dezentraler Organisation abgegeben haben. Sie meint jedoch, dass die Argumente der Gesellschaften der ThyssenKrupp-Gruppe nicht durch schriftliche Beweisstücke gestützt worden seien und dass ihnen sogar durch bestimmte Unterlagen in den Akten widersprochen worden sei. 153    Zum anderen kann der Antrag auf Vorlage der Entscheidung C (2005) 4634 der Kommission nicht als für die Entscheidung des Rechtsstreits notwendig angesehen werden, da eine Entscheidungspraxis der Kommission nicht den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bilden kann (Urteile JCB Service/Kommission, oben in Randnr. 108 angeführt, Randnrn. 201 und 205, und Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, oben in Randnr. 108 angeführt, Randnr. 60; Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 2008, Carbone‑Lorraine/Kommission, T‑73/04, Slg. 2008, II‑2661, Randnr. 92). 154    Die Anträge auf Beweisaufnahme sind somit zurückzuweisen, da die Angaben in den Akten ausreichen, um dem Gericht eine Entscheidung über den vorliegenden Klagegrund zu ermöglichen. 155    Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen ist. 3.     Zu den Anträgen auf Aufhebung oder Herabsetzung der verhängten Geldbußen Zum Klagegrund einer Verletzung des Grundsatzes ne bis in idem 156    Das Vorbringen von ThyssenKrupp, dass angesichts der vermeintlichen Entscheidungen der nationalen Wettbewerbsbehörden Belgiens, Luxemburgs und der Niederlande über eine Kronzeugenbehandlung jede gegen sie verhängte Geldbuße den Grundsatz ne bis in idem verletze, verwirft die Kommission im 655. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung mit folgenden Worten: „Die Anwendung [des] Grundsatzes [ne bis in idem] setzt … voraus, dass zu der Frage, ob eine Zuwiderhandlung begangen wurde, bereits eine Entscheidung ergangen ist oder dass die Rechtmäßigkeit eines solchen Verhaltens überprüft worden ist ... Im vorliegenden Fall hat keine der von ThyssenKrupp erwähnten nationalen Wettbewerbsbehörden in dem Fall ermittelt oder eine endgültige Entscheidung in der Sache erlassen. Der Grundsatz ne bis in idem hindert die Kommission nicht daran, ihre Befugnisse in Fällen auszuüben, in denen eine vorläufige Entscheidung über Kronzeugenbehandlung auf nationaler Ebene ergangen ist. Außerdem waren im vorliegenden Fall alle von ThyssenKrupp angeführten vermeintlichen Entscheidungen nach der Einleitung eines Verfahrens durch die Kommission nach Art. 11 Abs. 6 der Verordnung … Nr. 1/2003 ergangen. Gemäß dieser Bestimmung werden alle nationalen Wettbewerbsbehörden unter solchen Umständen von ihrer Zuständigkeit für die Anwendung von Art. 81 [EG] entbunden.“ 157    Nach Ansicht der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 verletzt die angefochtene Entscheidung den Grundsatz ne bis in idem. Dazu machen sie geltend, die Kommission hätte wegen der Zuwiderhandlungen, die von ThyssenKrupp in Belgien, Luxemburg und den Niederlanden begangen worden seien, keine Geldbußen gegen sie verhängen dürfen, da sie für diese Zuwiderhandlungen bereits von den belgischen, luxemburgischen und niederländischen Wettbewerbsbehörden im Sinne von Art. 54 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. 2000, L 239, S. 19, im Folgenden: SDÜ) rechtskräftig abgeurteilt worden seien. Für dieses Vorbringen berufen sie sich auf den Bescheid des belgischen Korps Verslaggevers (Berichterstattergremium) [vertraulich](1), den Avis de clémence (Bescheid über Kronzeugenbehandlung) des luxemburgischen Conseil de la concurrence (Wettbewerbsrat) [vertraulich] und die Clementietoezegging (Zusage über Kronzeugenbehandlung) der niederländischen Mededingsautoriteit (Wettbewerbsbehörde) [vertraulich]. Diese Klägerinnen heben weiter hervor, die Entscheidungen der nationalen Wettbewerbsbehörden seien vor der Einleitung des Verfahrens durch die Kommission vom 7. Oktober 2005 ergangen, so dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Zuständigkeit dieser Behörden zum Zeitpunkt des Erlasses ihrer Entscheidungen nach Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 bereits entfallen gewesen sei. 158    Es ist darauf hinzuweisen, dass der auch in Art. 4 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK verankerte Grundsatz ne bis in idem ein fundamentaler Grundsatz des Unionsrechts ist, den der Gemeinschaftsrichter zu beachten hat (Urteil des Gerichtshofs vom 29. Juni 2006, SGL Carbon/Kommission, C‑308/04 P, Slg. 2006, I‑5977, Randnr. 26, und Urteil des Gerichts vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, T‑410/03, Slg. 2008, II‑881, Randnr. 598). 159    Im Bereich des Wettbewerbsrechts der Union ist bereits entschieden worden, dass dieser Grundsatz es verbietet, dass ein Unternehmen wegen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens, für das es in einer früheren, nicht mehr anfechtbaren Entscheidung der Kommission mit einer Sanktion belegt oder für nicht verantwortlich erklärt wurde, von der Kommission erneut mit einer Sanktion belegt oder verfolgt wird (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, Slg. 2002, I‑8375, Randnr. 59; Urteile des Gerichts vom 9. Juli 2003, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, T‑224/00, Slg. 2003, II‑2597, Randnrn. 85 und 86, vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, Randnrn. 130 und 131, und FNCBV u. a./Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 340). 160    Die Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem setzt somit voraus, dass über das Vorliegen der Zuwiderhandlung entschieden oder die Rechtmäßigkeit ihrer Würdigung geprüft wurde (Urteil Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, oben in Randnr. 159 angeführt, Randnr. 60). Dieser Grundsatz verbietet daher nur eine neue sachliche Würdigung des Vorliegens der Zuwiderhandlung, die dazu führen würde, dass entweder – falls die Verantwortlichkeit erneut bejaht wird – eine zweite, zur ersten hinzukommende Sanktion oder – falls die in der ersten Entscheidung verneinte Verantwortlichkeit in der zweiten Entscheidung bejaht wird – eine erste Sanktion verhängt wird (Urteil Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, oben in Randnr. 159 angeführt, Randnr. 61). 161    Was die Frage angeht, ob eine Entscheidung einer nationalen Wettbewerbsbehörde die Kommission daran hindern kann, ein und dasselbe Unternehmen erneut mit einer Sanktion zu belegen oder zu verfolgen, ist darauf hinzuweisen, dass die Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem von der dreifachen Voraussetzung der Identität des Sachverhalts, des Zuwiderhandelnden und des geschützten Rechtsguts abhängt. Dieser Grundsatz verbietet es somit, dieselbe Person mehr als einmal wegen desselben rechtswidrigen Verhaltens zum Schutz desselben Rechtsguts mit einer Sanktion zu belegen (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 338, Urteile FNCBV u. a./Kommission, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 340, und Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 600). 162    Da das Tätigwerden der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten zum einen und der Kommission zum anderen, wenn sie Unternehmen aufgrund von Zuständigkeiten, die ihnen durch Art. 5 bzw. Art. 14 der Verordnung Nr. 1/2003 zugewiesen sind, wegen Verstößen gegen die Art. 81 EG und 82 EG verfolgen und mit einer Sanktion belegen, den Schutz desselben Rechtsguts, nämlich den des freien Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes, bezweckt, der nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. g EG ein grundlegendes Ziel der Gemeinschaft darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil SGL Carbon/Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 31), verbietet der Grundsatz ne bis in idem, dass ein Unternehmen wegen eines Verstoßes gegen Art. 81 EG oder 82 EG, für den es in einer früheren, aufgrund Art. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 ergangenen und bestandskräftig gewordenen Entscheidung einer nationalen Wettbewerbsbehörde mit einer Sanktion belegt oder für nicht verantwortlich erklärt wurde, von der Kommission erneut mit einer Sanktion belegt oder verfolgt wird. 163    Als Erstes ist daher zu prüfen, ob die oben in Randnr. 157 angeführten Rechtsakte Entscheidungen nationaler Wettbewerbsbehörden darstellen, durch die die Klägerinnen wegen der in Belgien, Luxemburg und den Niederlanden begangenen, in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlungen mit einer Sanktion belegt oder endgültig für nicht verantwortlich erklärt worden sind. 164    Es ist festzustellen, dass sich die Rechtsakte der betreffenden nationalen Wettbewerbsbehörden auf einen Geldbußenerlass beziehen, der den zur ThyssenKrupp-Gruppe gehörenden Gesellschaften für die in der angefochtenen Entscheidung später festgestellten und geahndeten Zuwiderhandlungen in Belgien, Luxemburg und den Niederlanden gegebenenfalls gewährt werden könnte. Wie jedoch die Kommission im 655. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zutreffend feststellt, „hat keine der von ThyssenKrupp erwähnten nationalen Wettbewerbsbehörden … eine endgültige Entscheidung in der Sache erlassen“. Da mit den Rechtsakten der nationalen Wettbewerbsbehörden, auf die sich die Klägerinnen beziehen, nicht über das Vorliegen der in Belgien, Luxemburg und den Niederlanden begangenen Zuwiderhandlungen entschieden worden ist, kann die Kommission durch diese Rechtsakte nach der oben in Randnr. 160 angeführten Rechtsprechung auch nicht daran gehindert werden, diese Zuwiderhandlungen in der angefochtenen Entscheidung festzustellen und zu ahnden. 165    Nach Ansicht der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 genügt für die Zwecke der Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem jedoch eine summarische Prüfung der Zuwiderhandlung durch eine nationale Wettbewerbsbehörde. Für diese Auffassung berufen sie sich auf Art. 54 SDÜ und das Urteil des Gerichtshofs vom 11. Februar 2003, Gözütok und Brügge (C‑187/01 und C‑385/01, Slg. 2003, I‑1345, Randnr. 30), mit dem eine Abkehr vom Urteil Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission (oben in Randnr. 159 angeführt, Randnr. 60) vollzogen worden sei. Die Entscheidungen der nationalen Wettbewerbsbehörden über einen Geldbußenerlass genügten den Voraussetzungen des Art. 54 SDÜ. 166    Insoweit bestimmt Art. 54 SDÜ: „Wer durch eine Vertragspartei rechtskräftig abgeurteilt worden ist, darf durch eine andere Vertragspartei wegen derselben Tat nicht verfolgt werden …“ Nach dem Urteil Gözütok und Brügge (oben in Randnr. 165 angeführt, Randnrn. 30 und 31) ist eine Person dann rechtskräftig abgeurteilt, wenn die Strafklage aufgrund eines nationalen Verfahrens endgültig verbraucht ist, auch wenn im Rahmen eines solchen Verfahrens kein Gericht tätig wird. 167    Auch wenn man annähme, dass eine Berufung auf Art. 54 SDÜ im Bereich des Wettbewerbsrechts der Union möglich sei, weil er Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes des Unionsrechts, nämlich des Grundsatzes ne bis in idem, ist, könnte eine vorläufige Entscheidung einer nationalen Wettbewerbsbehörde über Kronzeugenbehandlung jedenfalls nicht als unter diese Bestimmung fallend angesehen werden. Die Gewährung eines vorläufigen Geldbußenerlasses genügt nämlich nicht dem im Art. 54 SDÜ geforderten Merkmal der Endgültigkeit des Strafklageverbrauchs. 168    Erstens ist zur angeblichen Entscheidung der belgischen Wettbewerbsbehörde [vertraulich] festzustellen, dass diese vom belgischen Korps Verslaggevers (Berichterstattergremium) erlassen worden ist. Nach der Gezamenlijke Mededeling van de Raad voor de Mededinging en het Korps Verslaggevers betreffende immuniteit tegen geldboeten en vermindering van geldboeten in kartelzaken (Gemeinsame Mitteilung des Wettbewerbsrates und des Berichterstattergremiums über den Erlass und die Herabsetzung von Geldbußen in Kartellsachen, im Folgenden: belgische Mitteilung über Kronzeugenbehandlung) werden bei der belgischen Wettbewerbsbehörde gestellte Anträge auf Geldbußenerlass zunächst vom Berichterstattergremium geprüft (Nrn. 7 und 8 der belgischen Mitteilung über Kronzeugenbehandlung). Da jedoch der „Wettbewerbsrat … das Rechtsprechungsorgan mit Entscheidungszuständigkeit [ist]“ (Nr. 7 der belgischen Mitteilung über Kronzeugenbehandlung), ist es allein dessen Sache, „am Ende der Untersuchung … auf der Grundlage des Untersuchungsberichts des Berichterstatters“ (Nr. 8 der belgischen Mitteilung über Kronzeugenbehandlung; vgl. auch deren Nrn. 21 und 22) endgültige Entscheidungen über einen Geldbußenerlass zu erlassen. In Anbetracht des in Belgien bestehenden rechtlichen Rahmens ist somit ein Schreiben des Berichterstattergremiums zu einem Antrag auf Geldbußenerlass immer vorläufig. 169    Im Übrigen geht der vorläufige Charakter des Schreibens des Berichterstattergremiums [vertraulich] auch aus seinem Inhalt hervor, da darin bestätigt wird, dass die Anträge „prima facie die Voraussetzungen für die Gewährung eines Geldbußenerlasses … erfüllen“. 170    Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Strafklage hinsichtlich der Beteiligung von ThyssenKrupp an der Zuwiderhandlung in Belgien durch das Schreiben des Berichterstattergremiums [vertraulich] endgültig verbraucht worden ist. Da ThyssenKrupp von der belgischen Wettbewerbsbehörde nicht im Sinne von Art. 54 SDÜ „rechtskräftig abgeurteilt“ wurde, war die Kommission im vorliegenden Fall nicht daran gehindert, in Art. 1 Abs. 1 bzw. Art. 2 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung die Beteiligung dieses Unternehmens an der Zuwiderhandlung in Belgien festzustellen und zu ahnden. 171    Zweitens ist zum Bescheid des luxemburgischen Wettbewerbsrats [vertraulich] über Kronzeugenbehandlung festzustellen, dass mit ihm gegenüber TKAL und TKE der Eingang ihres Antrags auf Kronzeugenbehandlung in Bezug auf die Zuwiderhandlung in Luxemburg und zudem bestätigt wird, dass diesem Antrag rechtliche Geltung für das Verfahren in Luxemburg eingeräumt werde (Art. 1 und 2 des Bescheids über Kronzeugenbehandlung). Wie beim Schreiben des belgischen Berichterstattergremiums ist jedoch auch hier keine endgültige Entscheidung über den Antrag auf Kronzeugenbehandlung ergangen. Der luxemburgische Wettbewerbsrat hat es nämlich als „zweckmäßig an[gesehen], die Entscheidung über den Antrag auf Kronzeugenbehandlung in der Sache bis zum Ausgang der Untersuchung der … Kommission auszusetzen“ (Nr. 6 und Art. 3 des Bescheids über Kronzeugenbehandlung). 172    Unter diesen Umständen ist ThyssenKrupp auch durch den Bescheid des luxemburgischen Wettbewerbsrats [vertraulich] nicht im Sinne von Art. 54 SDÜ „rechtskräftig abgeurteilt“ worden. Mithin war die Kommission durch diesen Bescheid über Kronzeugenbehandlung nicht daran gehindert, in Art. 1 Abs. 3 bzw. Art. 2 Abs. 3 der angefochtenen Entscheidung die Beteiligung dieses Unternehmens an der Zuwiderhandlung in Luxemburg festzustellen und zu ahnden. 173    Drittens ist zur Zusage über Kronzeugenbehandlung der niederländischen Wettbewerbsbehörde [vertraulich] festzustellen, dass auch sie keinen endgültigen Charakter hat. Darin wird nämlich TKAG und TKL nur für den Fall eine Kronzeugenbehandlung bewilligt, dass die niederländische Wettbewerbsbehörde die Zuwiderhandlung in den Niederlanden selbst, d. h. auf Ersuchen der Kommission oder auf eigenes Betreiben, untersuchen und verfolgen sollte (Nr. 7 der Zusage über Kronzeugenbehandlung). Da dies aber im vorliegenden Fall nicht geschehen ist, hat die Zusage über Kronzeugenbehandlung ihre Vorläufigkeit behalten und ist durch sie die gegen ThyssenKrupp wegen deren Beteiligung an der Zuwiderhandlung in den Niederlanden gerichtete Strafklage nicht endgültig verbraucht worden. 174    Unter diesen Umständen hinderte die Zusage über Kronzeugenbehandlung die Kommission nicht daran, in Art. 1 Abs. 4 bzw. Art. 2 Abs. 4 der angefochtenen Entscheidung die Beteiligung von ThyssenKrupp an der Zuwiderhandlung in den Niederlanden festzustellen und zu ahnden. 175    Damit hat die Kommission im 655. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu Recht die Auffassung vertreten, dass die oben in Randnr. 157 genannten Rechtsakte der nationalen Wettbewerbsbehörden vorläufige Entscheidungen über Kronzeugenbehandlung darstellten, die sie an der Wahrnehmung ihrer Befugnisse nicht hindern konnten. 176    Als Zweites ergibt sich aus den vorstehend getroffenen Feststellungen, dass das Vorbringen der Klägerinnen, die Kommission habe im 655. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht gemeint, dass die betreffenden nationalen Wettbewerbsbehörden zum Zeitpunkt des Erlasses der oben in Randnr. 157 genannten Rechtsakte ihre Zuständigkeit gemäß Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 eingebüßt hätten, ins Leere geht. Selbst wenn nämlich die genannten Stellen zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die oben in Randnr. 157 genannten Rechtsakte erlassen haben, doch noch für den Erlass von Entscheidungen über die Kronzeugenbehandlung zuständig gewesen sein sollten, wäre doch festzustellen, dass diese Rechtsakte im vorliegenden Fall nicht für eine Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem genügen, da sie sich nicht zum materiellen Vorliegen der Zuwiderhandlung äußern und jedenfalls vorläufigen Charakter haben. 177    Gleiches gilt für das Vorbringen, das auf einen Vorrang des Grundsatzes ne bis in idem vor dem abgeleiteten Unionsrecht gestützt wird, denn jedenfalls sind die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Grundsatzes im vorliegenden Fall nicht erfüllt. 178    Als Drittes machen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑149/07 und T‑150/07 geltend, sie hätten zu Recht darauf vertraut, dass sie durch die Rechtsakte der oben in Randnr. 157 genannten nationalen Wettbewerbsbehörden vor einer neuen Verfolgung durch die Kommission geschützt würden. 179    Auf den Vertrauensschutz kann sich jeder berufen, bei dem die Unionsverwaltung durch bestimmte Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juli 2004, Di Lenardo und Dilexport, C‑37/02 und C‑38/02, Slg. 2004, I‑6911, Randnr. 70; Urteile des Gerichts vom 17. Dezember 1998, Embassy Limousines & Services/Parlament, T‑203/96, Slg. 1998, II‑4239, Randnr. 74, und vom 15. November 2007, Enercon/HABM [Windenergiekonverter], T‑71/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 36). 180    Dagegen kann niemand eine Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes geltend machen, dem die Verwaltung keine bestimmten Zusicherungen gegeben hat (Urteile des Gerichts vom 14. September 1995, Lefebvre u. a./Kommission, T‑571/93, Slg. 1995, II‑2379, Randnr. 72, und vom 29. Januar 1998, Dubois und Fils/Rat und Kommission, T‑113/96, Slg. 1998, II‑125, Randnr. 68). Präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte von zuständiger und zuverlässiger Seite stellen unabhängig von der Form ihrer Mitteilung solche Zusicherungen dar (Urteil des Gerichts vom 21. Juli 1998, Mellett/Gerichtshof, T‑66/96 und T‑221/97, Slg. ÖD 1998, I‑A‑449 und II‑1305, Randnrn. 104 und 107). 181    Es ist festzustellen, dass die Klägerinnen nichts vortragen, woraus sich ergäbe, dass die Kommission ihnen Zusicherungen dahin gehend gegeben hätte, dass die Rechtsakte der oben in Randnr. 157 genannten Wettbewerbsbehörden sie vor jeglicher Verfolgung und Sanktion wegen der in der angefochtenen Entscheidung festgestellten und geahndeten Zuwiderhandlungen in Belgien, Luxemburg und den Niederlanden bewahren würden. Ebenso tragen die Klägerinnen unabhängig davon, ob durch die Verhaltensweisen nationaler Wettbewerbsbehörden bei den Rechtsbürgern ein berechtigtes Vertrauen dergestalt entstehen kann, dass dadurch die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der Kommission berührt werden könnte, nichts vor, was den Nachweis zuließe, dass sie von den nationalen Wettbewerbsbehörden bestimmte Zusicherungen dahin gehend erhalten hätten, dass die Kommission durch die oben in Randnr. 157 genannten Rechtsakte an der Feststellung und Ahndung der genannten Zuwiderhandlungen gehindert wäre. Schließlich ist, wie bereits oben in den Randnrn. 168 bis 175 festgestellt worden ist, dem Inhalt dieser Rechtsakte zu entnehmen, dass sie vorläufiger Natur waren und daher keine berechtigte Erwartung dahin gehend begründen konnten, dass ThyssenKrupp nicht wegen der in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlungen verfolgt und mit einer Sanktion belegt würde. 182    Somit ist das auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes gestützte Vorbringen zurückzuweisen. 183    Als Viertes tragen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 vor, selbst wenn der Grundsatz ne bis in idem nicht anwendbar wäre, stellte es doch einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und eine Verletzung der Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Rechtssicherheit dar, dass die ihnen gegenüber erlassenen nationalen Entscheidungen über Geldbußenerlass in der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt worden seien. 184    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsakte der nationalen Wettbewerbsbehörden, auf die sich die Klägerinnen beziehen, wie sich oben aus den Randnrn. 158 bis 175 ergibt, vorläufige Entscheidungen über Kronzeugenbehandlung sind, die die Kommission nicht an der Wahrnehmung ihrer Befugnisse hindern können. 185    Sodann geht aus der Rechtsprechung, die die Klägerinnen zur Stützung ihres Vorbringens angeführt haben, hervor, dass die Kommission bei der Festsetzung der Geldbuße nach dem Billigkeitsgrundsatz verpflichtet ist, die einem Unternehmen für dieselbe Tat bereits auferlegten Sanktionen zu berücksichtigen, wenn es sich um Sanktionen wegen Zuwiderhandlungen gegen das Kartellrecht eines Mitgliedstaats – also im Gebiet der Union begangene Rechtsverletzungen – handelt (Urteile des Gerichtshofs vom 13. Februar 1969, Wilhelm u. a., 14/68, Slg. 1969, 1, Randnr. 11, und vom 14. Dezember 1972, Boehringer Mannheim/Kommission, 7/72, Slg. 1972, 1281, Randnr. 3, Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, oben in Randnr. 159 angeführt, Randnr. 87; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Roquette Frères/Kommission, T‑322/01, Slg. 2006, II‑3137, Randnr. 279). 186    Eine solche Situation ist im vorliegenden Fall jedoch offensichtlich nicht gegeben, da feststeht, dass gegen die Klägerinnen mit den oben in Randnr. 157 angeführten Rechtsakten der nationalen Wettbewerbsbehörden keine Sanktionen verhängt worden sind. 187    Schließlich bezieht sich die oben in Randnr. 185 angeführte Rechtsprechung jedenfalls auf Entscheidungen, die von den nationalen Wettbewerbsbehörden in einer Zeit erlassen wurden, in der die Verordnung Nr. 1/2003 nicht in Kraft war; bei dieser Rechtsprechung ging es um die Gefahr, dass eine Zuwiderhandlung parallel nach dem innerstaatlichen Wettbewerbsrecht und nach dem der Union geahndet werden könnte. Wie die Kommission zu Recht unterstrichen hat, besteht diese Gefahr heute nicht mehr dank des durch die Verordnung Nr. 1/2003 geschaffenen europäischen Wettbewerbsnetzes, der in dieser Verordnung enthaltenen Bestimmungen über die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten sowie der Bekanntmachung über die Netzzusammenarbeit. 188    Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen war die Kommission im vorliegenden Fall nach keinem Grundsatz des Unionsrechts verpflichtet, bei der Festsetzung der Geldbußen in der angefochtenen Entscheidung die oben in Randnr. 157 genannten vorläufigen Entscheidungen über Kronzeugenbehandlung zu berücksichtigen. 189    Somit ist auch das von den Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 geltend gemachte Hilfsvorbringen zu verwerfen. 190    Damit ist der Klagegrund einer Verletzung des Grundsatzes ne bis in idem insgesamt zurückzuweisen. Zum Klagegrund einer Verletzung der Leitlinien von 1998, der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung sowie der Verteidigungsrechte bei der Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbußen nach der Schwere der Zuwiderhandlungen Vorbemerkungen 191    Mit diesem Klagegrund wenden sich die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 gegen die Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbußen durch die Kommission. 192    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach ständiger Rechtsprechung über ein weites Ermessen in Bezug auf die Methode zur Berechnung der Geldbußen verfügt. Diese in den Leitlinien von 1998 beschriebene Methode enthält verschiedene Spielräume, die es der Kommission ermöglichen, ihr Ermessen im Einklang mit den Vorschriften des Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 auszuüben (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 3. September 2009, Papierfabrik August Koehler u. a./Kommission, C‑322/07 P, C‑327/07 P und C‑338/07 P, Slg. 2009, I‑7191, Randnr. 112 und die dort angeführte Rechtsprechung). 193    Die Schwere der Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Union ist anhand einer Vielzahl von Faktoren zu ermitteln, zu denen u. a. die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müsste (Urteile des Gerichtshofs vom 19. März 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, C‑510/06 P, Slg. 2009, I‑1843, Randnr. 72, und vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, C‑534/07 P, Slg. 2009, I‑7415, Randnr. 54). 194    Wie vorstehend in Randnr. 25 dargelegt worden ist, hat die Kommission im vorliegenden Fall die Höhe der Geldbußen unter Anwendung der in den Leitlinien von 1998 festgelegten Methode bestimmt. 195    Die Leitlinien von 1998 können zwar nicht als Rechtsnorm qualifiziert werden, die die Verwaltung auf jeden Fall zu beachten hat, sie stellen jedoch eine Verhaltensnorm dar, die einen Hinweis auf die zu befolgende Verwaltungspraxis enthält und von der die Verwaltung im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen abweichen kann, die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar sind (vgl. Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 94 angeführt, Randnr. 209 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Urteil Carbone‑Lorraine/Kommission, oben in Randnr. 153 angeführt, Randnr. 70). 196    Die Kommission hat dadurch, dass sie derartige Verhaltensnormen erlassen und durch ihre Veröffentlichung angekündigt hat, dass sie sie von nun an auf die von ihnen erfassten Fälle anwenden werde, die Ausübung ihres Ermessens beschränkt und kann nicht von diesen Normen abweichen, ohne dass dies gegebenenfalls wegen eines Verstoßes gegen allgemeine Rechtsgrundsätze wie die der Gleichbehandlung oder des Vertrauensschutzes geahndet würde (vgl. Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 94 angeführt, Randnr. 211 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil Carbone‑Lorraine/Kommission, oben in Randnr. 153 angeführt, Randnr. 71). 197    Sodann legen die Leitlinien von 1998 allgemein und abstrakt die Methode fest, die sich die Kommission zur Festsetzung der Geldbußen auferlegt hat und schaffen damit Rechtssicherheit für die Unternehmen (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 94 angeführt, Randnrn. 211 und 213). 198    Schließlich ist zu beachten, dass die Leitlinien von 1998 als Erstes die Beurteilung der Schwere des Verstoßes als solche regeln, auf deren Grundlage ein allgemeiner Ausgangsbetrag bestimmt werden kann (Nr. 1 Abschnitt A Abs. 2). Als Zweites wird die Schwere des Verstoßes im Hinblick auf die Art der begangenen Zuwiderhandlungen und die Merkmale des betroffenen Unternehmens untersucht, insbesondere im Hinblick auf seine Größe und seine Stellung auf dem relevanten Markt, was Anlass für die Gewichtung des Ausgangsbetrags, die Unterteilung der Unternehmen in Gruppen und die Festsetzung eines spezifischen Ausgangsbetrags sein kann (Nr. 1 Abschnitt A Abs. 3 bis 7). Angefochtene Entscheidung 199    Als Erstes prüft die Kommission in dem der Schwere der Zuwiderhandlungen gewidmeten Abschnitt der angefochtenen Entscheidung (Abschnitt 13.6.1) parallel die vier in deren Art. 1 festgestellten Zuwiderhandlungen, da sie „gemeinsame Merkmale aufweisen“ (657. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Dieser Abschnitt ist in drei Unterabschnitte unterteilt: erstens „Art der Zuwiderhandlungen“ (Unterabschnitt 13.6.1.1), zweitens „Umfang des räumlich relevanten Marktes“ (Unterabschnitt 13.6.1.2) und drittens „Schlussfolgerung zur Schwere der Zuwiderhandlung“ (Unterabschnitt 13.6.1.3). 200    In den Erwägungsgründen 658 und 659 in Unterabschnitt „Art der Zuwiderhandlungen“ der angefochtenen Entscheidung, legt die Kommission dar: „(658)      Die von dieser Entscheidung erfassten Zuwiderhandlungen bestanden im Wesentlichen aus geheimen Absprachen zwischen Kartellmitgliedern zu dem Zweck, durch die Zuweisung von Projekten für den Verkauf und den Einbau neuer Aufzüge und/oder Fahrtreppen die Märkte aufzuteilen oder Marktanteile einzufrieren sowie den gegenseitigen Wettbewerb bei der Wartung und Modernisierung von Aufzügen und Fahrtreppen zu unterlassen (außer in Deutschland, wo das Wartungs- und Modernisierungsgeschäft nicht Gegenstand der Absprachen zwischen den Kartellmitgliedern war). Solche horizontalen Beschränkungen zählen schon ihrem Wesen nach zu den schwerwiegendsten Verstößen gegen Art. 81 [EG]. Im vorliegenden Fall sind die Vorteile, die die Kunden im Rahmen eines im freien Wettbewerb durchgeführten Bieterverfahrens für sich erwarten konnten, durch die Zuwiderhandlungen zunichte gemacht und ihnen vorenthalten worden. Außerdem ist zu beachten, dass es sich bei einigen der manipulierten Projekte um aus Steuermitteln finanzierte öffentliche Ausschreibungen handelte, die gerade im Hinblick darauf durchgeführt wurden, konkurrenzfähige, kostenwirksame Angebote zu erhalten. (659)      Für die Ermittlung der Schwere einer Zuwiderhandlung sind die Faktoren, die ihren Gegenstand betreffen, im Allgemeinen von größerer Bedeutung als diejenigen, die ihre Wirkungen betreffen, insbesondere wenn die Vereinbarungen, wie im vorliegenden Fall, besonders schwere Zuwiderhandlungen, wie z. B. die Preisfestsetzung und Marktaufteilung, betreffen. Die Auswirkungen einer Vereinbarung sind im Allgemeinen kein schlüssiges Kriterium für die Bewertung der Schwere der Zuwiderhandlung.“ 201    Die Kommission führt weiter aus, sie habe „im vorliegenden Fall nicht versucht, die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung nachzuweisen, da es unmöglich ist, mit hinreichender Gewissheit die betreffenden Wettbewerbsparameter (u. a. Preis, Handelsbedingungen, Qualität, Innovation) ohne die Zuwiderhandlungen zu bestimmen“ (660. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Es sei jedoch „offenkundig, dass die Zuwiderhandlungen tatsächliche Auswirkungen hatten“, denn „[a]llein die Tatsache, dass die verschiedenen wettbewerbswidrigen Vorkehrungen von den Kartellteilnehmern durchgeführt wurden, lässt auf Auswirkungen auf den Markt schließen, auch wenn die tatsächliche Wirkung schwer zu messen wäre …, weil insbesondere nicht bekannt ist, ob und gegebenenfalls wie viele andere Projekte manipuliert wurden oder wie viele Projekte möglicherweise zwischen den Kartellmitgliedern aufgeteilt wurden, ohne dass es Kontakten zwischen ihnen bedurft hätte“ (660. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Weiter heißt es im selben Erwägungsgrund: „Die zusammengenommen hohen gemeinsamen Marktanteile der Kartellteilnehmer machen wettbewerbswidrige Wirkungen wahrscheinlich, und die verhältnismäßig hohe Stabilität dieser Marktanteile während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlungen dürfte diese Wirkungen bestätigen.“ 202    In den Erwägungsgründen 661 bis 669 der angefochtenen Entscheidung geht die Kommission auf das von den Klägerinnen im Verwaltungsverfahren geltend gemachte Vorbringen ein, mit dem diese dartun wollen, dass sich die Zuwiderhandlungen nur beschränkt auf den Markt ausgewirkt hätten. 203    Im 670. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung im Unterabschnitt „Umfang des räumlich relevanten Marktes“ führt die Kommission aus: „Die von [der angefochtenen] Entscheidung erfassten Kartelle erstrecken sich auf die vollständigen Gebiete Belgiens, Deutschlands, Luxemburgs bzw. der Niederlande. Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass ein räumlich relevanter nationaler Markt, der sich auf einen Mitgliedstaat insgesamt erstreckt, bereits als solcher einen wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes bildet.“ 204    Im 671. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung im Unterabschnitt „Schlussfolgerung zur Schwere der Zuwiderhandlung“ weist die Kommission darauf hin, dass jeder Adressat „[i]n Anbetracht der Art der Zuwiderhandlungen und der Tatsache, dass sich jede einzelne auf das ganze Gebiet eines Mitgliedstaats (Belgien, Deutschland, Luxemburg oder Niederlande) erstreckte“, eine oder mehrere besonders schwere Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 EG begangen habe. Sie gelangt zu dem Ergebnis, dass „diese Faktoren … so geartet [sind], dass die Zuwiderhandlungen als besonders schwer einzustufen sind, auch wenn ihre tatsächlichen Auswirkungen nicht messbar sind“. 205    Als Zweites setzt die Kommission im Abschnitt „Unterschiedliche Behandlung“ (Abschnitt 13.6.2) für jedes Unternehmen, das an den verschiedenen Kartellen teilgenommen hat, einen Ausgangsbetrag der Geldbuße fest (siehe oben, Randnrn. 28 bis 31), der dem 672. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zufolge „die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit der Urheber der Verstöße, den Wettbewerb in erheblichem Umfang zu schädigen“, berücksichtigt. Im 673. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung erläutert die Kommission: „Hierzu können die Unternehmen gemäß ihrem Umsatz mit Aufzügen und/oder Fahrtreppen einschließlich gegebenenfalls Wartungs- und Modernisierungsdienstleistungen in verschiedene Gruppen unterteilt werden.“ Zur behaupteten Rechtswidrigkeit der allgemeinen Ausgangsbeträge der Geldbußen 206    Was als Erstes die Zuwiderhandlung in Deutschland angeht, machen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 geltend, dass die Kommission bei der Festsetzung der Höhe des Ausgangsbetrags der Geldbußen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und ihre eigene Entscheidungspraxis verstoßen habe. Bei dieser Festsetzung habe sie nämlich auf die Größe des Marktes für Aufzüge und Fahrtreppen abgehoben, der einem Wert von über 500 Mio. Euro entspreche (664. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Die Kartelle hätten jedoch nur den Absatz von Fahrtreppen und einen kleinen Teil des Absatzes von Aufzügen in Deutschland betroffen, der Groß- und Prestigeprojekten entsprochen habe. Die Größe des von den Vereinbarungen betroffenen Marktes habe daher einen Wert von 170 Mio. Euro nicht überstiegen. Der Markt für Großprojekte unterscheide sich von den übrigen Märkten im Aufzugbereich; auf ihm seien nur Otis, Schindler, Kone und ThyssenKrupp tätig, und die dortigen Wettbewerbsbedingungen seien so speziell, dass die Absprachen auf diesem Markt keine spürbaren Auswirkungen auf den Markt für Standardaufzüge haben könnten, wie sich aus einem von den Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 vorgelegten Sachverständigengutachten (im Folgenden: Gutachten) ergebe. Nach Ansicht der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑149/07 und T‑150/07 sind weitergehende Spekulationen jedenfalls nicht berücksichtigungsfähig, da sie unter Verletzung ihrer Verteidigungsrechte nicht in der Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgeführt worden seien. 207    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 nicht die Rechtmäßigkeit der in Nr. 1 Abschnitt A der Leitlinien von 1998 dargelegten Methode zur Ermittlung der allgemeinen Ausgangsbeträge der Geldbußen in Frage stellen. Diese Methode entspricht einer pauschalierenden Betrachtungsweise, wonach der anhand der Schwere der Zuwiderhandlung des Verstoßes ermittelte allgemeine Ausgangsbetrag der Geldbuße nach Maßgabe von Art und räumlichem Umfang des Verstoßes sowie dessen konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, berechnet wird (Urteile des Gerichts vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, Slg. 2006, II‑497, Randnr. 134, und vom 6. Mai 2009, Wieland-Werke/Kommission, T‑116/04, Slg. 2009, II‑1087, Randnr. 62). 208    Entgegen der Auffassung der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 hat die Kommission für die Festsetzung des allgemeinen Ausgangsbetrags der Geldbuße wegen der Zuwiderhandlung in Deutschland nicht auf die Größe des angeblich betroffenen Marktes abgestellt. Wie sich aus den Erwägungsgründen 657 bis 671 der angefochtenen Entscheidung ergibt, hat sie nämlich ihre Schlussfolgerung zur Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlungen auf deren Art und räumlichen Umfang gestützt. 209    In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Größe des betroffenen Marktes bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung grundsätzlich kein obligatorischer, sondern nur ein relevanter Faktor unter anderen ist, wobei die Kommission im Übrigen nach der Rechtsprechung nicht zur Abgrenzung des betroffenen Marktes oder der Beurteilung seiner Größe verpflichtet ist, wenn die betreffende Zuwiderhandlung einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt (vgl. in diesem Sinne Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 193 angeführt, Randnrn. 55 und 64). 210    So kann die Kommission bei der Ermittlung des allgemeinen Ausgangsbetrags der Geldbuße den Wert des Marktes, auf den sich die Zuwiderhandlung bezieht, berücksichtigen, ohne hierzu jedoch verpflichtet zu sein (vgl. in diesem Sinne Urteile BASF/Kommission, oben in Randnr. 207 angeführt, Randnr. 134, und Wieland‑Werke/Kommission, oben in Randnr. 207 angeführt, Randnr. 63). Denn die Leitlinien von 1998 sehen zwar nicht vor, dass die Höhe von Geldbußen anhand des Gesamtumsatzes oder des Umsatzes der Unternehmen auf dem betreffenden Markt berechnet wird. Sie schließen jedoch auch nicht aus, dass diese Umsätze bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt werden, damit die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts gewahrt bleiben und wenn die Umstände es erfordern (Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, oben in Randnr. 159 angeführt, Randnr. 187). Das Argument der Klägerinnen, der in Bezug auf das Kartell in Deutschland festgesetzte allgemeine Ausgangsbetrag der Geldbuße müsse die behauptete geringe Größe des betroffenen Marktes widerspiegeln, beruht somit auf einer irrigen Prämisse und ist zu verwerfen. 211    Mithin ist das Vorbringen der Klägerinnen zurückzuweisen, die Kommission habe den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dadurch verletzt, dass sie bei den Aufzugsmärkten nicht berücksichtigt habe, dass die Kartelle nur Groß- oder Prestigeprojekte betroffen hätten und dass damit die Größe des von den Kartellen betroffenen Marktes den Wert von 170 Mio. Euro nicht überstiegen habe. Auch kann das auf einen Verstoß gegen die Entscheidungspraxis der Kommission gestützte Vorbringen nicht durchgreifen, da diese Praxis, wie oben in Randnr. 153 in Erinnerung gerufen worden ist, nicht den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bilden kann. 212    Jedenfalls ist festzustellen, dass selbst auf der Grundlage der von den Klägerinnen vorgelegten Schätzungen, wonach der Wert des betreffenden Marktes 170 Mio. Euro nicht überstiegen haben soll, der Ausgangsbetrag der Geldbuße von 70 Mio. Euro etwa 41 % des Marktes entspräche. Wie aber bereits entschieden worden ist, können Ausgangsbeträge, die einem so hohen Prozentsatz entsprechen, in Fällen sehr schwerwiegender Zuwiderhandlungen gerechtfertigt sein (vgl. in diesem Sinne Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 210 angeführt, Randnrn. 130 und 133 bis 137). 213    In diesem Zusammenhang ist auch dem Vorbringen der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑149/07 und T‑150/07, mit dem sie eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte geltend machen, nicht zu folgen. Abgesehen davon, dass die Kommission entgegen dem Vortrag dieser Klägerinnen die Schwere der Zuwiderhandlung nicht anhand der Größe des vom Kartell betroffenen Marktes oder der Auswirkungen der Zuwiderhandlung ermittelt hat, ist festzustellen, dass die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte, insbesondere in deren Randnrn. 77 bis 83 sowie 579 und 583, die Auffassung vertreten hatte, dass das Kartell in Deutschland alle Sektoren des Aufzug- und Fahrtreppengeschäfts erfasse. Des Weiteren führte die Kommission bei der Würdigung der Schwere jeder einzelnen Zuwiderhandlung im Rahmen der Bemessung der Geldbuße in Randnr. 617 Buchst. b der Mitteilung der Beschwerdepunkte aus, dass sich „die Kartellvereinbarungen … auf den gesamten Sektor Aufzüge und Fahrtreppen erstrecken“. 214    Was zweitens das Vorbringen der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 angeht, dass sich die Kartelle nicht auf den behaupteten gesonderten Markt für Standardaufzüge ausgewirkt hätten, ist auf die Leitlinien von 1998 hinzuweisen, in deren Nr. 1 Abschnitt A Abs. 1 und 2 es zur Beurteilung der Zuwiderhandlung heißt: „Bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes sind seine Art und die konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen. Die Verstöße werden in folgende drei Gruppen unterteilt: minder schwere, schwere und besonders schwere Verstöße.“ 215    Nach Nr. 1 Abschnitt A Abs. 1 der Leitlinien von 1998 muss die Kommission somit bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung die konkreten Auswirkungen auf den Markt nur dann prüfen, wenn sie messbar erscheinen (vgl. in diesem Sinne Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 193 angeführt, Randnr. 74; Urteile Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, oben in Randnr. 159 angeführt, Randnr. 143, und Degussa/Kommission, oben in Randnr. 112 angeführt, Randnr. 216). 216    Nach ständiger Rechtsprechung muss sich die Kommission bei der Beurteilung der konkreten Auswirkungen einer Zuwiderhandlung auf den Markt auf den Wettbewerb beziehen, der normalerweise ohne eine Zuwiderhandlung geherrscht hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 16. Dezember 1975, Suiker Unie u. a./Kommission, 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, Slg. 1975, 1663, Randnrn. 619 und 620; Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, Mayr Melnhof/Kommission, T‑347/94, Slg. 1998, II‑1751, Randnr. 235, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, oben in Randnr. 159 angeführt, Randnr. 150, und Carbone‑Lorraine/Kommission, oben in Randnr. 153 angeführt, Randnr. 83). 217    Die Kommission gibt im 660. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu bedenken, dass sie „im vorliegenden Fall nicht versucht [hat], die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung nachzuweisen, da es unmöglich ist, mit hinreichender Gewissheit die betreffenden Wettbewerbsparameter (u. a. Preis, Handelsbedingungen, Qualität, Innovation) ohne die Zuwiderhandlungen zu bestimmen“. Auch wenn die Kommission in diesem Erwägungsgrund die Auffassung vertritt, es sei offenkundig, dass die Kartelle konkrete Auswirkungen gehabt hätten, da sie durchgeführt worden seien, was an sich schon auf Auswirkungen auf dem Markt schließen lasse, und auch wenn sie in den Erwägungsgründen 661 bis 669 das Vorbringen der betreffenden Unternehmen zurückgewiesen hat, mit dem diese dartun wollten, dass die Auswirkungen der Kartelle beschränkt gewesen seien, ist doch festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlungen nicht deren etwaige Auswirkungen auf den Markt berücksichtigt hat. 218    So gründet die Kommission im 671. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung das Ergebnis ihrer Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlungen nur auf die Berücksichtigung der Art und des räumlichen Umfangs dieser Zuwiderhandlungen. Sie gelangt nämlich in diesem Erwägungsgrund zu dem Schluss, dass „[i]n Anbetracht der Art der Zuwiderhandlungen und der Tatsache, dass sich jede einzelne auf das ganze Gebiet eines Mitgliedstaats (Belgien, Deutschland, Luxemburg oder Niederlande) erstreckte“, davon auszugehen sei, dass „jeder Adressat … eine oder mehrere besonders schwere Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 EG begangen [hat]“. 219    Insbesondere ergibt sich hinsichtlich der Zuwiderhandlung in Deutschland aus dem 664. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, in dem die Kommission im Übrigen auf die von Kone und Otis behauptete beschränkte Auswirkung der Zuwiderhandlung eingeht, dass es „nicht möglich war, die konkreten Wirkungen der Zuwiderhandlung nachzuweisen“, und dass die Vereinbarungen in Deutschland nicht nur Fahrtreppen und hochwertige Aufzugprojekte umfassten; die Kommission hielt es nämlich für wahrscheinlich, dass „die rechtswidrigen Absprachen hinsichtlich der Aufzugprojekte im Wert von mehr als 1 Mio. Euro, die auch Hochgeschwindigkeits- und hochwertige Aufzüge umfassten, die Funktionsweise des verbleibenden Aufzugsmarktes beeinflussen konnten“. In diesem Erwägungsgrund hat die Kommission weiter festgestellt, dass es unabhängig von der Anzahl und der Art der Aufzüge auf den Gesamtwert eines Projekts angekommen sei, dass es nicht möglich sei, die konkreten Wirkungen der Zuwiderhandlung nachzuweisen, und dass aufgrund der Tatsachen feststehe, dass die Beteiligten nicht die Absicht gehabt hätten, bestimmte Produktarten auszuschließen, sondern rechtswidrige Absprachen zu Projekten zu treffen, bei denen der Wettbewerb am leichtesten ausgeschaltet werden könne. 220    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 nicht etwa geltend machen, dass die Auswirkungen der Zuwiderhandlung in Deutschland messbar gewesen seien, sondern lediglich, dass die Auswirkungen einen Markt angeblich geringer Größe betroffen hätten und dass die Kartelle keine spürbaren Auswirkungen auf den behaupteten Markt der Standardfahrstühle hätten haben können. Unter diesen Umständen haben die Klägerinnen nicht dargetan, dass die Kommission nach den Leitlinien von 1998 und der oben in Randnr. 215 angeführten Rechtsprechung verpflichtet war, bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlungen deren konkrete Auswirkungen zu berücksichtigen, so dass ihr Vorbringen nicht durchgreifen kann. 221    Angesichts der vorstehenden Ausführungen ist über die von der Kommission in Frage gestellte Zulässigkeit des Gutachtens, mit dem dargetan werden soll, dass das Kartell in Deutschland nur einen Teil des Aufzugsmarktes betroffen habe, nicht zu entscheiden; ebenso wenig ist den entsprechenden Beweisanträgen der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 stattzugeben, anhand deren sie die Zulässigkeit des Gutachtens nachweisen wollen. 222    Auf jeden Fall ist zu diesem Gutachten festzustellen, dass zwar einerseits die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 behaupten, dass der von den Vereinbarungen angeblich betroffene Markt den Wert von 170 Mio. Euro nicht überstiegen habe und sich nicht spürbar auf den Markt der Standardfahrstühle habe auswirken können, dass jedoch andererseits das Gutachten darlegt, dass zum einen auf Hochgeschwindigkeitsaufzüge (High-Tech/Premium) im Jahr 2003 ein Anteil von zwischen 11,5 und 13,04 Mio. Euro entfallen sei und dass zum anderen die Großprojekte sowohl Hochgeschwindigkeits‑ als auch Standardaufzüge umfasst hätten. Selbst wenn also davon auszugehen wäre, dass nur die behaupteten Großprojekte vom Kartell betroffen gewesen seien, ließen sich doch nicht deren Auswirkungen auf den behaupteten Markt der Standardaufzüge ausschließen, umfassen die Großprojekte doch offensichtlich auch viele Standardaufzüge. 223    Selbst wenn im Übrigen die Kommission dieses fakultative Element der Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt hätte berücksichtigen wollen und wenn sie infolgedessen in der angefochtenen Entscheidung konkrete, glaubhafte und ausreichende Indizien hätte anführen müssen, um eine Beurteilung der tatsächlichen Auswirkungen, die die Zuwiderhandlung auf den Wettbewerb auf dem Markt hätte haben können, zu ermöglichen (Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 193 angeführt, Randnr. 82), wäre davon auszugehen, dass sie diese Verpflichtung auf jeden Fall erfüllt hätte. 224    Zur Zuwiderhandlung in Deutschland hat die Kommission u. a. festgestellt, dass auf Kone, Otis, Schindler und ThyssenKrupp wertbezogen über 60 % des Fahrstuhlabsatzes und nahezu 100 % des Marktes für Fahrtreppen entfielen (Erwägungsgründe 51 und 232 der angefochtenen Entscheidung). Zudem entfielen nach 2000 auf die drei Kartellbeteiligten etwa 75 % des Fahrtreppenmarktes und nahezu 50 % des Aufzugsmarktes (Erwägungsgründe 278 und 280 der angefochtenen Entscheidung). Im Übrigen bezweckte das Kartell das Einfrieren der jeweiligen Marktanteile der betreffenden Unternehmen (Erwägungsgründe 236 ff. der angefochtenen Entscheidung). Außerdem hat die Kommission die Häufigkeit der Treffen hervorgehoben (Erwägungsgründe 217 und 218 der angefochtenen Entscheidung) und auf die Vorsichtsmaßnahmen der Teilnehmer zur Verheimlichung ihrer Kontakte hingewiesen (Erwägungsgründe 219 bis 221 der angefochtenen Entscheidung). 225    Wie oben in Randnr. 217 hervorgehoben worden ist, ist die Kommission im 660. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die Tatsache, dass die verschiedenen wettbewerbswidrigen Vereinbarungen durchgeführt worden seien, allein schon auf Auswirkungen auf den Markt schließen lasse, auch wenn die konkrete Wirkung schwer zu messen wäre, da es insbesondere nicht möglich gewesen sei, festzustellen, ob und gegebenenfalls wie viele andere Projekte manipuliert oder wie viele Projekte möglicherweise zwischen den Mitgliedern des Kartells aufgeteilt worden seien, ohne dass es Kontakten zwischen ihnen bedurft hätte. Die Kommission hat hinzugefügt, dass die zusammengenommen hohen Marktanteile der Kartellteilnehmer wettbewerbswidrige Wirkungen wahrscheinlich machten und dass die verhältnismäßig hohe Stabilität dieser Marktanteile während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlungen diese Wirkungen bestätige. 226    Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Höhe des für die Zuwiderhandlung in Deutschland festgesetzten Ausgangsbetrags von 70 Mio. Euro angesichts der besonderen Schwere der Zuwiderhandlung nicht unverhältnismäßig ist, selbst wenn nachgewiesen würde, dass das Kartell, wie die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 behaupten, bei Aufzügen nur Großprojekte betraf. 227    Drittens machen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 geltend, das Kartell habe nur in Deutschland und auch nur auf einem zu vernachlässigenden Teil des Marktes Wirkungen gezeitigt, so dass der für die Zuwiderhandlung in Deutschland festgesetzte Ausgangsbetrag von 70 Mio. Euro unter Berücksichtigung des betroffenen räumlichen Marktes herabzusetzen sei. 228    Insoweit wird, wie dargelegt, der allgemeine Ausgangsbetrag der Geldbuße u. a. nach dem räumlichen Umfang der Zuwiderhandlung bestimmt. 229    Zudem bildet nach ständiger Rechtsprechung ein geografischer Markt von nationalem Ausmaß einen wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes (Urteil des Gerichtshofs vom 9. November 1983, Nederlandsche Banden-Industrie-Michelin/Kommission, 322/81, Slg. 1983, 3461, Randnr. 28, und Urteil des Gerichts vom 27. Juli 2005, Brasserie nationale u. a./Kommission, T‑49/02 bis T‑51/02, Slg. 2005, II‑3033, Randnr. 176). Da sich das Kartell in Deutschland unstreitig auf das gesamte Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats erstreckte, ist davon auszugehen, dass es einen wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes erfasste. 230    Unter Berücksichtigung zum einen der besonderen Schwere des Kartells und zum anderen der Tatsache, dass es einen wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes erfasste, verstößt die Festsetzung eines Ausgangsbetrags für die Zuwiderhandlung in Deutschland auf 70 Mio. Euro durch die Kommission nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. 231    Hilfsweise tragen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 vor, auch wenn man auf das Gesamtvolumen des Aufzugsmarktes abstelle, sei der für die Zuwiderhandlung in Deutschland festgesetzte Ausgangsbetrag von 70 Mio. Euro zu hoch bemessen, da die am Verfahren beteiligten Unternehmen weniger als 50 % des Gesamtvolumens des deutschen Aufzugsmarktes repräsentiert hätten (280. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Dieses Argument ist jedoch zu verwerfen, da die Kommission, wie oben in den Randnrn. 208 bis 210 festgestellt worden ist, nicht verpflichtet war, bei der Festsetzung des allgemeinen Ausgangsbetrags der Geldbuße für die Zuwiderhandlung in Deutschland auf die Größe des angeblich betroffenen Marktes abzustellen, und dies im vorliegenden Fall auch nicht getan hat. 232    Jedenfalls bestreiten die Klägerinnen nicht, dass die am Kartell in Deutschland beteiligten Unternehmen im Jahr 2003 48 % des auf 506 Mio. Euro geschätzten gesamten Aufzugsmarktes (280. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und 75 % des auf 70 Mio. Euro geschätzten Fahrtreppenmarktes (Erwägungsgründe 82 und 278 der angefochtenen Entscheidung) repräsentierten. Damit entspricht der Ausgangsbetrag von 70 Mio. Euro 23,7 % des Umsatzes, der von den am deutschen Kartell beteiligten Unternehmen erzielt wurde. Ein solcher Prozentsatz kann aber unter Berücksichtigung der besonderen Schwere der Zuwiderhandlung zum einen und ihres geografischen Umfangs zum anderen nicht als zu hoch angesetzt angesehen werden. 233    Weiter hilfsweise tragen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 vor, bei der Bestimmung des Ausgangsbetrags der Geldbuße für die Zuwiderhandlung in Deutschland sei die Kommission von der in der angefochtenen Entscheidung angewandten Methode der Geldbußenberechnung abgewichen. Nachdem sie davon ausgegangen sei, dass der Umfang der Absprachen in Deutschland geringer sei als in den drei Benelux-Ländern, könne sie bei der Berechnung der Geldbuße, die wegen der in Deutschland begangenen Zuwiderhandlung zu verhängen sei, nicht dieselben Kriterien anwenden. 234    Hierzu ist zu bemerken, dass die Kommission zwar nicht versucht hat, die konkreten Wirkungen der Zuwiderhandlung nachzuweisen (660. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), jedoch in Bezug auf die Zuwiderhandlung in Deutschland einen niedrigeren Ausgangsbetrag angesetzt hat, um zugunsten der betroffenen Unternehmen in Rechnung zu stellen, dass möglicherweise nicht der gesamte Aufzugsmarkt von den Kartellen unmittelbar betroffen war. Wie sie im 664. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, hat die Kommission bei der Bestimmung des Ausgangsbetrags der Geldbuße tatsächlich „berücksichtig[t], dass möglicherweise nicht der gesamte Aufzugsmarkt unmittelbar von den Kartelltätigkeiten [in Deutschland] beeinträchtigt wurde“. Es zeigt sich nämlich, dass der Ausgangsbetrag für das Kartell in Deutschland in Anbetracht der Größe der betroffenen Märkte niedriger festgesetzt wurde als die Ausgangsbeträge für die übrigen Kartelle, auf die sich die angefochtene Entscheidung bezieht. 235    Selbst wenn die Kommission bei der Feststellung mehrerer besonders schwerer Zuwiderhandlungen in ein und derselben Entscheidung eine gewisse Kohärenz zwischen den allgemeinen Ausgangsbeträgen und der Größe der verschiedenen betroffenen Märkte wahren müsste, deutet doch im vorliegenden Fall nichts darauf hin, dass es bei den wegen der Zuwiderhandlungen in Belgien, Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden festgesetzten allgemeinen Ausgangsbeträge an Kohärenz fehlte oder dass bei ihnen von einer in der angefochtenen Entscheidung angeblich angewandten Berechnungsmethode abgewichen worden wäre. 236    Die Prüfung der maßgeblichen Angaben zeigt nämlich, dass die Kommission die allgemeinen Ausgangsbeträge der Geldbußen unter Berücksichtigung der Größe der betroffenen Märkte kohärent festgesetzt hat. So hat sie die allgemeinen Ausgangsbeträge umso höher angesetzt, je größer der Markt war, ohne dabei allerdings eine genaue mathematische Formel anzuwenden, wozu sie jedenfalls nicht verpflichtet war (siehe oben, Randnrn. 207 bis 210). In dieser Weise ist der allgemeine Ausgangsbetrag für den eindeutig größten Markt, nämlich den Deutschlands, der einem Wert von 576 Mio. Euro entspricht, auf 70 Mio. Euro, derjenige für die beiden nächstkleineren Märkte, die der Niederlande und Belgiens, die einem Wert von 363 Mio. Euro bzw. 254 Mio. Euro entsprechen, auf 55 Mio. Euro bzw. 40 Mio. Euro und derjenige für den offensichtlich kleineren luxemburgischen Markt, der einem Wert von 32 Mio. Euro entspricht, auf nur 10 Mio. Euro festgesetzt worden, obwohl die Leitlinien von 1998 für besonders schwere Verstöße vorsehen, dass wegen der Schwere ein Betrag „oberhalb von 20 Mio. [Euro]“ anzusetzen sei (vgl. in diesem Sinne Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 207 angeführt, Randnr. 136). 237    Daraus folgt, dass alle Rügen, die sich auf die Festsetzung des Ausgangsbetrags wegen der Zuwiderhandlung in Deutschland beziehen, zurückzuweisen sind. 238    Als Zweites machen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 hinsichtlich der Zuwiderhandlung in Luxemburg ein Missverhältnis zwischen dem allgemeinen Ausgangsbetrag der Geldbuße und der Größe des von der Zuwiderhandlung betroffenen Marktes geltend. 239    Hierzu ist festzustellen, dass auch die Klägerin in der Rechtssache T‑148/07 nicht die Rechtmäßigkeit der in Nr. 1 Abschnitt A der Leitlinien von 1998 dargestellten Methode zur Bestimmung des Ausgangsbetrags der Geldbuße in Frage stellt, die, wie oben in Randnr. 207 ausgeführt worden ist, einer pauschalierenden Betrachtungsweise entspricht. Außerdem ist die Größe des betroffenen Marktes nach der oben in Randnr. 209 angeführten Rechtsprechung nur ein relevanter Faktor für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung, den zu berücksichtigen die Kommission bei der Bestimmung des Ausgangsbetrags der Geldbuße nicht verpflichtet ist. Wie jedoch oben in Randnr. 208 dargelegt worden ist, hat die Kommission im vorliegenden Fall, wie sich aus den Erwägungsgründen 657 bis 671 der angefochtenen Entscheidung ergibt, ihre Schlussfolgerung zur Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlungen auf deren Art und räumlichen Umfang gestützt. Das Vorbringen der Klägerinnen, dass der Ausgangsbetrag wegen der Zuwiderhandlung in Luxemburg gemessen an der Größe des von der Zuwiderhandlung betroffenen Marktes zu hoch angesetzt worden sei, ist somit zurückzuweisen. 240    Hervorzuheben ist auf jeden Fall, dass die Kommission den allgemeinen Ausgangsbetrag der Geldbuße für die Zuwiderhandlung in Luxemburg auf 10 Mio. Euro festgesetzt hat. So hat sie es, obwohl sie die Schwere der Zuwiderhandlung nach deren Art und räumlichem Umfang bestimmt hat, als zweckmäßig angesehen, den allgemeinen Ausgangsbetrag der Geldbuße auf die Hälfte des Mindestbetrags von 20 Mio. Euro festzusetzen, der in den Leitlinien für diesen Typ einer besonders schweren Zuwiderhandlung normalerweise vorgesehen ist (vgl. Nr. 1 Abschnitt A Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Leitlinien von 1998). 241    Folglich ist das Vorbringen der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 zurückzuweisen. 242    Als Drittes tragen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑150/07 und T‑154/07 zur Zuwiderhandlung in den Niederlanden vor, die Kommission habe die beschränkte Auswirkung der Zuwiderhandlung auf den Markt verkannt, da weniger als 10 % bis 15 % des Marktes vom Kartell erfasst worden seien, was von allen Unternehmen bestätigt worden sei, die an der Zuwiderhandlung in den Niederlanden beteiligt gewesen seien. Außerdem hätte die Kommission, selbst wenn sie nicht zur Feststellung der konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den niederländischen Markt verpflichtet gewesen wäre, das sehr beschränkte Volumen des vom Kartell erfassten Marktes berücksichtigen müssen. 243    Dazu ist festzustellen, dass auch die Klägerin in der Rechtssache T‑154/07 nicht die Rechtmäßigkeit der in Nr. 1 Abschnitt 1 der Leitlinien von 1998 dargestellten Methode zur Bestimmung des Ausgangsbetrags der Geldbuße in Frage stellt, die, wie oben in Randnr. 207 ausgeführt worden ist, einer pauschalierenden Betrachtungsweise entspricht. Außerdem ist die Größe des betroffenen Marktes nach der oben in Randnr. 209 angeführten Rechtsprechung nur ein relevanter Faktor für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung, den zu berücksichtigen die Kommission bei der Bestimmung des Ausgangsbetrags der Geldbuße nicht verpflichtet ist. Wie jedoch oben in Randnr. 208 dargelegt worden ist, hat die Kommission im vorliegenden Fall, wie sich aus den Erwägungsgründen 657 bis 671 der angefochtenen Entscheidung ergibt, ihre Schlussfolgerung zur Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlungen auf deren Art und räumlichen Umfang gestützt. Das Vorbringen der Klägerin, dass der Ausgangsbetrag wegen der Zuwiderhandlung in den Niederlanden gemessen an der Größe des von der Zuwiderhandlung betroffenen Marktes zu hoch angesetzt worden sei, ist somit zurückzuweisen. 244    Im Übrigen beruhen, wie die Kommission zu Recht feststellt, die Erklärungen, die die Teilnehmer am Kartell in den Niederlanden zu den angeblich vom Kartell betroffenen Projekten abgegeben haben, nur auf der Zahl der Vorhaben, für die diese Teilnehmer das Bestehen eines Kartells ausdrücklich anerkannt haben. Wie die Kommission im 384. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, bestand keine Notwendigkeit, jedes einzelne Projekt im Rahmen des Kartells in den Niederlanden zuzuweisen, da die betreffenden Unternehmen nur über Projekte verhandeln mussten, die nicht automatisch einem von ihnen aufgrund etablierter Beziehungen zu einem bestehenden Kunden zugewiesen wurden. Zum anderen haben zwar Otis und ThyssenKrupp behauptet, dass die Gesamtzahl von Projekten, für die Zuweisungsgespräche stattgefunden hätten, nur einen kleinen Teil aller Projekte in den Niederlanden ausgemacht habe (492. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), doch weisen die von ihnen hierzu vorgelegten Berechnungen jedenfalls eine erhebliche Schwankungsbreite auf (Erwägungsgründe 494, 495, 496, 497 und 499 der angefochtenen Entscheidung). 245    Folglich ist das Vorbringen eines überhöhten Ausgangsbetrags für die Zuwiderhandlung in den Niederlanden zu verwerfen. 246    Damit sind alle Rügen, die die allgemeinen Ausgangsbeträge der Geldbuße betreffen, zurückzuweisen. Zur behaupteten Rechtswidrigkeit der spezifischen Ausgangsbeträge der Geldbußen 247    Im Rahmen der Bemessung der nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verhängten Geldbußen ergibt sich eine differenzierte Behandlung der betroffenen Unternehmen unmittelbar aus der Ausübung der der Kommission nach dieser Vorschrift zustehenden Befugnisse. Im Rahmen ihres Wertungsspielraums hat die Kommission nämlich die Sanktion entsprechend den für die betroffenen Unternehmen kennzeichnenden Verhaltensweisen und Eigenschaften individuell festzulegen, um in jedem Einzelfall die volle Wirksamkeit der Wettbewerbsregeln der Union sicherzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 109, und Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, oben in Randnr. 108 angeführt, Randnr. 44). 248    Demgemäß bestimmen die Leitlinien von 1998, dass bei einer Zuwiderhandlung von bestimmter Schwere in Fällen, in denen mehrere Unternehmen beteiligt sind, wie bei Kartellen, der allgemeine Ausgangsbetrag gewichtet werden sollte, um einen spezifischen Ausgangsbetrag festzulegen, der das Gewicht und damit die tatsächliche Auswirkung des Verstoßes jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb berücksichtigt, vor allem, wenn an einem Verstoß derselben Art Unternehmen von sehr unterschiedlicher Größe beteiligt waren (Nr. 1 Abschnitt A Abs. 6). Insbesondere muss die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit der Urheber der Verstöße berücksichtigt werden, Wettbewerber und den Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen (Nr. 1 Abschnitt A Abs. 4). 249    Die Leitlinien von 1998 stellen weiter klar, dass der Grundsatz der Strafgleichheit bei gleicher Verhaltensweise gegebenenfalls dazu führen kann, dass abgestufte Beträge gegenüber den beteiligten Unternehmen festgesetzt werden, wobei dieser Abstufung keine arithmetische Formel zugrunde liegt (Nr. 1 Abschnitt A Abs. 7). 250    Wie oben in Randnr. 210 ausgeführt worden ist, ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Leitlinien von 1998 keine Berechnung der Höhe von Geldbußen anhand des von den Unternehmen auf dem betreffenden Markt erzielten Umsatzes vorsehen. So ist die Kommission bei der Ermittlung des Einflusses eines Unternehmens auf den Markt oder seiner – wie es in den Leitlinien heißt – tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit, Wettbewerber in erheblichem Umfang zu schädigen, nicht verpflichtet, zunächst den Markt abzugrenzen und dann dessen Größe zu bestimmen (Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 193 angeführt, Randnr. 63). Die Leitlinien von 1998 schließen aber auch nicht aus, dass diese Umsätze bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt werden, damit die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts gewahrt bleiben und wenn die Umstände es erfordern (Urteile des Gerichts vom 20. März 2002, LR AF 1998/Kommission, T‑23/99, Slg. 2002, II‑1705, Randnrn. 283 und 284, vom 9. Juli 2003, Cheil Jedang/Kommission, T‑220/00, Slg. 2003, II‑2473, Randnr. 82, und vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Randnr. 157). 251    Im vorliegenden Fall geht aus den Erwägungsgründen 672 bis 685 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission hinsichtlich jeder in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung „die Unternehmen unterschiedlich [behandelt hat], um die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit der Urheber der Verstöße zu berücksichtigen, den Wettbewerb schwerwiegend zu schädigen“ (672. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Für jede einzelne Zuwiderhandlung hat sie die Unternehmen in Gruppen eingeteilt, um die spezifischen Ausgangsbeträge der Geldbuße anhand des Umsatzes festzusetzen, den sie auf dem jeweiligen nationalen Markt mit den betreffenden Erzeugnissen erzielt haben (Erwägungsgründe 673 bis 685 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission hat zur Bestimmung der spezifischen Ausgangsbeträge der Unternehmen mit Ausnahme des für Schindler wegen deren Beteiligung am Kartell in Deutschland angesetzten Betrags in Bezug auf jede Zuwiderhandlung das Jahr 2003 zugrunde gelegt, das ihrer Ansicht nach das letzte Jahr ist, in dem diese Unternehmen aktiv an den betreffenden Kartellen teilnahmen (Erwägungsgründe 674, 676, 680 und 684 der angefochtenen Entscheidung). 252    Was als Erstes die Zuwiderhandlung in Belgien betrifft, machen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑149/07 und T‑105/07 im Rahmen ihres Vorbringens zum Ausgangsbetrag der Geldbußen geltend, dass ThyssenKrupp im Zeitraum der Zuwiderhandlung in Belgien einen deutlich niedrigeren Marktanteil als Kone und Schindler gehalten habe, so dass die Geldbuße herabzusetzen sei. 253    Nach Nr. 1 Abschnitt A Abs. 7 der Leitlinien von 1998 liegt der abgestuften Behandlung von an derselben Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen keine arithmetische Formel zugrunde. Denn die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung verlangen nicht, dass der Ausgangsbetrag der Geldbuße bei allen Mitgliedern eines Kartells den gleichen Prozentsatz ihres individuellen Umsatzes ausmacht (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 210 angeführt, Randnr. 149). 254    Daher muss sich das Gericht bei der Prüfung, ob die Einteilung der Mitglieder eines Kartells in Gruppen mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist, im Rahmen seiner Kontrolle, ob die Kommission das ihr in diesem Bereich zustehende Ermessen rechtmäßig ausgeübt hat, darauf beschränken, ob die Einteilung schlüssig und objektiv gerechtfertigt ist (Urteile des Gerichts vom 19. März 2003, CMA CGM u. a./Kommission, T‑213/00, Slg. 2003, II‑913, Randnrn. 406 und 416, Tokai Carbon u. a./Kommission, oben in Randnr. 159 angeführt, Randnrn. 220 und 222, BASF/Kommission, oben in Randnr. 210 angeführt, Randnr. 157, sowie Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, oben in Randnr. 122 angeführt, Randnr. 184). 255    Im vorliegenden Fall hat die Kommission entgegen der Behauptung der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑149/07 und T‑150/07 die verhältnismäßig weniger bedeutende Position von TKLA auf dem belgischen Markt berücksichtigt, indem sie sie in eine gesonderte Gruppe mit einem Ausgangsbetrag eingestuft hat, der deutlich unter dem für die übrigen Teilnehmer am Kartell in Belgien festgesetzten liegt. So ist ThyssenKrupp im Gegensatz zu Kone und Schindler, die mit einem Ausgangsbetrag von 40 Mio. Euro in die erste Gruppe eingestuft wurden, und zu Otis, die mit einem Ausgangsbetrag von 27 Mio. Euro in die zweite Gruppe eingestuft wurde, in die dritte Gruppe eingestuft worden mit einem Ausgangsbetrag von 16,5 Mio., der im Übrigen unterhalb der Untergrenze von 20 Mio. Euro liegt, die in den Leitlinien normalerweise für diesen Typ einer besonders schweren Zuwiderhandlung vorgesehen ist (Nr. 1 Abschnitt A Abs. 2 dritter Gedankenstrich; vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Daesang und Sewon Europe/Kommission, T‑230/00, Slg. 2003, II‑2733, Randnr. 58). 256    Das Vorbringen der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑149/07 und T‑150/07, das diese auf die angebliche Rechtswidrigkeit des spezifischen Ausgangsbetrags der Geldbuße stützen, die wegen der Beteiligung von TKLA am Kartell in Belgien gegen sie verhängt wurde, ist somit zurückzuweisen. 257    Was als Zweites die Zuwiderhandlung in Deutschland angeht, machen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 erstens eine diskriminierende Behandlung geltend, soweit der gegen sie festgesetzte Ausgangsbetrag der Geldbuße nur auf der Grundlage von Art und räumlichem Umfang der rechtswidrigen Verhaltensweisen berechnet worden sei, während beim Ausgangsbetrag der gegen Schindler verhängten Geldbuße berücksichtigt worden sei, dass die entsprechenden Verhaltensweisen nur einen Teil des relevanten Produktmarktes betroffen hätten. Wende man die von der Kommission auf Schindler angewandte Methode auf die Situation der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 an, müsse dies zu einer Herabsetzung des Ausgangsbetrags ihrer Geldbuße führen. 258    Zunächst ist festzustellen, dass aus der angefochtenen Entscheidung, insbesondere ihren Erwägungsgründen 676 bis 679, zweifelsfrei hervorgeht, dass sich die Kommission zur Einstufung der Unternehmen, die sich am Kartell in Deutschland beteiligt hatten, und zwar sowohl in Bezug auf Schindler als auch in Bezug auf die übrigen Kartellbeteiligten in Deutschland, auf die Umsätze bezogen hat, welche die jeweiligen Unternehmen auf dem vom Kartell betroffenen Markt erzielt hatten. 259    Sodann ist darauf hinzuweisen, dass sich die Situation von Schindler hinsichtlich des Kartells in Deutschland von derjenigen von ThyssenKrupp unterscheidet. Unstreitig betraf nämlich die Beteiligung von Schindler am Kartell in Deutschland zwischen August 1995 und Dezember 2000 während der gesamten Dauer dieser Beteiligung nur Fahrtreppen (213. Erwägungsgrund und Art. 1 Abs. 2 der angefochtenen Entscheidung). Schindler hat sich somit an der in Art. 1 Abs. 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung nur hinsichtlich des Fahrtreppen betreffenden Teils beteiligt. Dagegen hat sich ThyssenKrupp an beiden Teilen der Zuwiderhandlung beteiligt, d. h. den Fahrtreppen betreffenden Teil zwischen August 1995 und Dezember 2003 und den Aufzüge betreffenden Teil zwischen Dezember 2000 und Dezember 2003 (Erwägungsgründe 212 und 213 sowie Art. 1 Abs. 2 der angefochtenen Entscheidung). Mit der unterschiedlichen Behandlung sollen aber gerade die zwischen den Unternehmen bestehenden Unterschiede hinsichtlich der Fähigkeit, Wettbewerber erheblich zu schädigen, berücksichtigt werden, die bei Schindler notwendig in geringerem Maße vorhanden war, da diese nicht an dem Aufzüge betreffenden Teil des Kartells beteiligt war. 260    Unter diesen Umständen können die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 nicht mit ihrer Schlussfolgerung einer diskriminierenden Behandlung gehört werden, die sich daraus ergeben soll, dass bei der Bestimmung des spezifischen Ausgangsbetrags der Geldbuße für Schindler nur der auf dem Markt für Fahrtreppen erzielte Umsatz berücksichtigt worden sei. Vielmehr hat sich die Kommission unter Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung gerade aufgrund der Berücksichtigung der Unterschiede zwischen den Situationen von Schindler einerseits und den übrigen Kartellbeteiligten andererseits veranlasst gesehen, für die beiden Gruppen beteiligter Unternehmen unterschiedliche Umsätze heranzuziehen. 261    Zweitens tragen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 vor, sie seien zu Unrecht der ersten Gruppe zugeordnet worden, weil die Kommission nach den ihnen vorliegenden Angaben die tatsächliche Konstellation der Marktanteile verkannt habe. Zur Stützung ihres Vorbringens beziehen sich diese Klägerinnen zum einen auf die Marktanteile von Schindler auf dem Markt für Aufzüge und Fahrtreppen im Referenzjahr 2003. Zum anderen behaupten sie, sie hielten im Sektor Fahrtreppen und Aufzuggroßprojekte keine Marktanteile, die denen von Kone und Otis auf dem deutschen Markt gleichwertig seien. Insoweit habe die Kommission nicht die der Definition der Gruppen nach Marktanteilen zugrunde liegenden Berechnungen offengelegt, und zwar auch nicht, nachdem sie von den Klägerinnen hierzu aufgefordert worden sei. 262    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission zur Festsetzung der spezifischen Ausgangsbeträge der Geldbuße die Unternehmen anhand des von ihnen auf dem jeweiligen Inlandsmarkt für die betroffenen Erzeugnisse erzielten Umsatzes in Gruppen eingeteilt hat (673. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung; siehe oben Randnr. 251). Sie hat in diesem Zusammenhang im 678. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass es „[i]n Anbetracht der ähnlichen Marktanteile und Wirtschaftskraft von Kone, Otis und ThyssenKrupp … nicht angemessen [ist], diese Unternehmen bei der Ermittlung der Geldbußen unterschiedlich zu behandeln“. 263    Außerdem folgt der Umstand, dass der Ausgangsbetrag der Geldbuße nicht zwangsläufig bei allen Kartellmitgliedern dem gleichen Prozentsatz ihrer jeweiligen Umsätze entspricht, aus der Methode, die Unternehmen in Gruppen einzuteilen, da dies zu einer Pauschalierung des für die Unternehmen derselben Gruppe festgesetzten Ausgangsbetrags führt. Wie das Gericht bereits entschieden hat, ist eine solche Methode, auch wenn sie bewirkt, dass die Größenunterschiede zwischen Unternehmen derselben Kategorie unberücksichtigt bleiben, grundsätzlich nicht zu beanstanden (Urteile CMA CGM u. a./Kommission, oben in Randnr. 254 angeführt, Randnr. 385, Tokai Carbon u. a./Kommission, oben in Randnr. 159 angeführt, Randnr. 217, und BASF/Kommission, oben in Randnr. 210 angeführt, Randnr. 150). 264    Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 stellen die Ausführungen in den Erwägungsgründen 673 und 678 der angefochtenen Entscheidung nicht in Frage. 265    Da jedoch zum einen das Kartell, an dem Schindler beteiligt war, nur Fahrtreppen betraf, hat die Kommission bei der Bestimmung des spezifischen Ausgangsbetrags dieses Unternehmens zu Recht nur den von ihm in diesem Sektor erzielten Umsatz berücksichtigt. Das Argument der Klägerinnen, das auf einen Vergleich mit den Marktanteilen von Schindler auf dem Markt für Aufzüge und Fahrtreppen im Jahr 2003 abstellt, kann daher nicht durchgreifen. 266    Da zum anderen die Klägerinnen nicht beanstanden, dass die Kommission die Unternehmen nach Maßgabe des von ihnen auf dem jeweiligen Inlandsmarkt für die betroffenen Erzeugnisse erzielten Umsatzes in Gruppen eingeteilt hat (673. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), und da die Kommission bei der Ermittlung des Einflusses eines Unternehmens auf den Markt oder seiner – wie es in den Leitlinien von 1998 heißt – tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit, Wettbewerber in erheblichem Umfang zu schädigen, nicht verpflichtet ist, zunächst den Markt abzugrenzen und dann dessen Größe zu bestimmen (Urteil Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 193 angeführt, Randnr. 63), geht das Vorbringen der Klägerinnen, das sie auf die Anteile der beteiligten Unternehmen an den Märkten für Fahrtreppen sowie für Aufzuggroßprojekte stützen, auf jeden Fall fehl. 267    Demgemäß ist das Vorbringen der Klägerinnen, dass sie zu Unrecht der ersten Gruppe zugewiesen worden seien, zurückzuweisen. Unter diesen Umständen ist dem von den Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 gestellten Antrag auf prozessleitende Maßnahmen, mit denen die Kommission dazu verpflichtet werden soll, ihre Berechnungen zu den Marktanteilen auf dem deutschen Markt mitzuteilen, nicht stattzugeben. 268    Als Drittes tragen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 zur Zuwiderhandlung in Luxemburg vor, ThyssenKrupp sei wegen ihrer geringen Größe und ihres geringen Marktanteils nicht in der Lage, Wettbewerber und den Verbraucher zu schädigen (Nr. 1 Abschnitt A der Leitlinien von 1998). 269    Erstens habe die Kommission ThyssenKrupp und Kone in die zweite Gruppe eingestuft, obwohl Kone einen viel höheren – bis zu doppelt so hohen – Marktanteil als ThyssenKrupp gehalten habe (680. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 270    Dazu ist festzustellen, dass die Umsätze von Kone und ThyssenKrupp auf dem luxemburgischen Markt, wie sich aus dem 680. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ergibt, im Jahr 2003 verhältnismäßig ähnlich waren und jeweils ein Drittel bis ein Viertel der Umsätze von Otis und Schindler auf diesem Markt ausmachten. Die Kommission ist somit nicht offensichtlich über den ihr zuerkannten Wertungsspielraum hinausgegangen, indem sie Schindler und Otis in die erste Gruppe und Kone und ThyssenKrupp in die zweite Gruppe eingestuft hat, was kohärent und objektiv gerechtfertigt erscheint. 271    Zweitens zeige ein Vergleich der Marktanteile von ThyssenKrupp mit denen von Otis und Schindler, dass die Zuordnung von ThyssenKrupp zur zweiten Gruppe sachlich falsch gewesen sei. Otis und Schindler seien nämlich in die erste Gruppe eingestuft worden und hätten 2003 fünfmal so hohe Marktanteile wie ThyssenKrupp gehalten. Der Ausgangsbetrag der Geldbuße für ThyssenKrupp entspreche einem Viertel der für Otis und Schindler festgesetzten Ausgangsbeträge, obwohl ihr Marktanteil nur etwa ein Fünftel der Marktanteile dieser beiden Unternehmen und nur etwa die Hälfte des Marktanteils von Kone ausgemacht habe. Dieses Missverhältnis widerspreche der Entscheidungspraxis der Kommission, wonach die Grundbeträge für nachrangige Gruppen stets anteilig niedriger als für die erste Gruppe festgesetzt worden seien. 272    Auch dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Denn aufgrund der großen Differenz zwischen den Marktanteilen von Otis und Schindler einerseits und von Kone und ThyssenKrupp andererseits war eine unterschiedliche Einstufung der Beteiligten in zwei Gruppen gerechtfertigt. Da jedoch – abgesehen davon, dass die Ermittlung eines Ausgangsbetrags für jede Gruppe nicht einer arithmetischen Berechnung unterliegt, nach der sich jeder bei den Marktanteilen der Unternehmen festgestellte Unterschied in einer Zugehörigkeit dieser Unternehmen zur ersten oder zur zweiten Gruppe äußern müsste – im vorliegenden Fall der von einem Unternehmen der ersten Gruppe erzielte Umsatz etwa dem Vierfachen des Umsatzes des zur zweiten Gruppe gehörenden Unternehmens ThyssenKrupp entspricht, erscheint die Festsetzung eines Ausgangsbetrags für ThyssenKrupp, der 25 % des für die Unternehmen der ersten Gruppe festgesetzten Ausgangsbetrags ausmacht, auf jeden Fall kohärent und objektiv gerechtfertigt. 273    Drittens habe die Kommission das Gruppensystem in Bezug auf Luxemburg fehlerhaft angewandt, da sie ThyssenKrupp, verglichen mit der Einstufung von TKLA und TKL bei den Zuwiderhandlungen in Belgien und in den Niederlanden, in eine niedrigere Gruppe als Kone hätte einstufen und demgemäß für sie einen niedrigeren Grundbetrag hätte festsetzen müssen, um ihrem geringen Marktanteil in Luxemburg Rechnung zu tragen. 274    Hierzu ist bereits oben in Randnr. 270 festgestellt worden, dass die Kommission, ohne offensichtlich über den ihr zuerkannten Wertungsspielraum hinausgegangen zu sein, Kone und ThyssenKrupp in die zweite Gruppe eingestuft hat, was kohärent und objektiv gerechtfertigt erscheint. Auch das Argument, dass die Kommission andere Gesellschaften der ThyssenKrupp-Gruppe im Rahmen anderer Zuwiderhandlungen anders behandelt habe, ist unerheblich, da mit einer unterschiedlichen Behandlung in Bezug auf jede einzelne Zuwiderhandlung gerade dem relativen Gewicht der betreffenden Unternehmen auf den jeweiligen Märkten gebührend Rechnung getragen werden soll. Das Vorbringen der Klägerinnen ist daher zurückzuweisen. 275    Viertens rügen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in Bezug auf das Verhältnis zwischen ihrem auf dem relevanten Markt erzielten Umsatz und dem Ausgangsbetrag der gegen sie verhängten Geldbuße. So machen sie geltend, dass der ihnen zugewiesene Ausgangsbetrag [vertraulich] ihr auf dem luxemburgischen Markt im Jahr 2003 erzielter Umsatz sei. 276    Zum einen ist jedoch, wie aus der vorstehenden Randnr. 218 hervorgeht, der allgemeine Ausgangsbetrag der Geldbußen unter Berücksichtigung der Art der Zuwiderhandlungen und des Umfangs des betreffenden räumlichen Marktes ermittelt worden. Zum anderen hat die Kommission die von den fraglichen Unternehmen auf dem luxemburgischen Markt erzielten Umsätze nur deshalb im Rahmen einer differenzierenden Behandlung der betreffenden Unternehmen berücksichtigt, um deren relativer Bedeutung auf dem betreffenden Markt und ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit, den Wettbewerb schwerwiegend zu schädigen (672. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), Rechnung zu tragen. Der von den Klägerinnen angestellte Vergleich zwischen dem von ihnen auf dem betreffenden Markt erzielten Umsatz und dem Ausgangsbetrag ihrer Geldbuße geht daher fehl. 277    Da jedenfalls das Unionsrecht keinen allgemein anwendbaren Grundsatz enthält, wonach die Sanktion in angemessenem Verhältnis zur Bedeutung des Unternehmens auf dem Markt für die Erzeugnisse, die Gegenstand der Zuwiderhandlung sind, stehen müsste (Urteil Archer Daniels Midland/Kommission, oben in Randnr. 193 angeführt, Randnr. 75), ist somit das Vorbringen, dass der gegen ThyssenKrupp wegen der Zuwiderhandlung in Luxemburg festgesetzte spezifische Ausgangsbetrag überhöht sei, zurückzuweisen. 278    Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die Rügen, die die spezifischen Ausgangsbeträge der Geldbußen betreffen, insgesamt zu verwerfen sind. 279    Der vorliegende Klagegrund ist somit in vollem Umfang zurückzuweisen. Zum Klagegrund einer Verletzung der Leitlinien von 1998, des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, des Art. 253 EG und des Grundsatzes der Gleichbehandlung bei der Anwendung des Konzernmultiplikators zur Berücksichtigung des Abschreckungszwecks bei der Bestimmung des Ausgangsbetrag der Geldbuße 280    Die Kommission weist in der angefochtenen Entscheidung auf die Notwendigkeit hin, die Geldbußen „in einer Höhe [festzusetzen], die eine hinreichend abschreckende Wirkung gewährleistet, wobei die Größe jedes Unternehmens berücksichtigt wird“ (686. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). So hat sie nach ihrer Feststellung, dass ThyssenKrupp und OTC/Otis „[m]it ihrem weltweiten Umsatz von 47 100 000 000 Euro bzw. 34 300 000 000 Euro … wesentlich größere Marktteilnehmer als die übrigen Adressaten [sind]“, die Auffassung vertreten, dass „der Ausgangsbetrag der Geldbuße, um angemessen zu sein, zur Berücksichtigung der Größe und der Gesamtressourcen von ThyssenKrupp und OTC/Otis weiter nach oben angepasst werden muss“ und dass „die Anwendung eines Multiplikators von 2 (Erhöhung um 100 %) auf den Ausgangsbetrag der gegen ThyssenKrupp festzusetzenden Geldbuße und von 1,7 (Erhöhung um 70 %) auf den Ausgangsbetrag der gegen UTC/Otis festzusetzenden Geldbuße angemessen [ist]“ (690. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 281    Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 machen geltend, die Kommission habe die Leitlinien von 1998, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt, indem sie auf die Ausgangsbeträge der Geldbußen gegen die in den vier betroffenen Mitgliedstaaten ansässigen Gesellschaften der ThyssenKrupp-Gruppe einen Multiplikator von 2 angewandt habe, um für diese Geldbußen eine ausreichende Abschreckungswirkung sicherzustellen. Die Klägerin in der Rechtssache T‑154/07 rügt darüber hinaus einen Begründungsmangel in Bezug auf den in der angefochtenen Entscheidung angewandten Multiplikator. 282    Als Erstes ist die von der Klägerin in der Rechtssache T‑154/07 geltend gemachte Rüge eines Verstoßes gegen Art. 253 EG zurückzuweisen. Die Kommission hat nämlich in den Erwägungsgründen 689 und 690 der angefochtenen Entscheidung die Anwendung eines Multiplikators von 2 mit der beträchtlichen Wirtschafts- und Finanzkraft von ThyssenKrupp begründet, deren weltweiter Umsatz denjenigen von Kone und von Schindler bei Weitem übertreffe, wie dies auch bei Otis der Fall sei. 283    Als Zweites beanstanden die oben in Randnr. 281 genannten Klägerinnen, dass bei der Bestimmung des Multiplikators der weltweite Umsatz der ThyssenKrupp-Gruppe berücksichtigt worden sei. Dabei betonen sie, dass zwischen den Tochtergesellschaften, die die Zuwiderhandlungen begangen hätten, und ihren Muttergesellschaften keine wirtschaftliche Einheit bestehe. Die Klägerin in der Rechtssache T‑154/07 fügt hinzu, ThyssenKrupp sei mit einer dezentralen Organisation ausgestattet, in deren Rahmen TKL eigenständig und unabhängig tätig sei. Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07 und T‑148/07 machen darüber hinaus geltend, dass bei der Bestimmung dieses Multiplikators lediglich der Umsatz des Segments „Elevator“ der ThyssenKrupp-Gruppe herangezogen werden könne. Die Klägerin in der Rechtssache T‑144/07 vertritt schließlich die Ansicht, die Anwendung eines Konzernmultiplikators für Abschreckungszwecke sei nicht erforderlich, um die Beachtung des Wettbewerbsrechts zu gewährleisten, da sich die Geldbuße von TKLA ohne sie aufgrund des Multiplikators auf [vertraulich] % des von dieser Gesellschaft im fraglichen Zeitraum in Belgien erzielten Umsatzes belaufen hätte. 284    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission zu Recht den Standpunkt vertreten hat, dass die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 eine wirtschaftliche Einheit bildeten (siehe oben, Randnrn. 100 bis 131). 285    Sodann ist zu beachten, dass die Notwendigkeit, eine ausreichende Abschreckungswirkung der Geldbuße sicherzustellen, wenn sie nicht schon einen Grund für eine allgemeine Erhöhung der Geldbußen im Rahmen der Durchführung einer Wettbewerbspolitik darstellt, es gebietet, die Höhe der Geldbuße individuell anzupassen, um die angestrebte Wirkung für das Unternehmen, gegen das sie verhängt wird, zu berücksichtigen, damit die Geldbuße – nach den Erfordernissen, die sich zum einen aus der Notwendigkeit, die Wirksamkeit der Geldbuße zu gewährleisten, und zum anderen aus der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ergeben – insbesondere im Hinblick auf die Finanzkraft des betreffenden Unternehmens nicht entweder zu niedrig oder aber zu hoch ausfällt (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2008, Lafarge/Kommission, T‑54/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 670). 286    Zwar hat die Kommission für die Berücksichtigung des Abschreckungszwecks in den Leitlinien von 1998 keine individualisierten Methoden oder Kriterien festgelegt, deren Einzeldarstellung verbindlich sein könnte. Nr. 1 Abschnitt A Abs. 4 der Leitlinien erwähnt im Zusammenhang mit den Hinweisen zur Beurteilung der Schwere eines Verstoßes nur, dass es nötig sein wird, die Geldbuße auf einen Betrag festzusetzen, der eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet (Urteil Schunk und Schunk Kohlenstoff-Technik/Kommission, oben in Randnr. 122 angeführt, Randnr. 193). 287    Nach ständiger Rechtsprechung kann die Kommission den Gesamtumsatz jedes an einem Kartell beteiligten Unternehmens als relevantes Kriterium für die Festsetzung eines Abschreckungsmultiplikators heranziehen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 29. Juni 2006, Showa Denko/Kommission, C‑289/04 P, Slg. 2006, I‑5859, Randnrn. 17 und 18). Somit sind die Größe und die Gesamtressourcen eines Unternehmens die maßgeblichen Kriterien im Hinblick auf das angestrebte Ziel, die Wirksamkeit der Geldbuße durch Anpassung ihrer Höhe nach Maßgabe der Gesamtressourcen des Unternehmens und seiner Fähigkeit zu gewährleisten, die notwendigen Mittel zur Zahlung dieser Geldbuße aufzubringen. Mit der Festlegung des Erhöhungssatzes des Ausgangsbetrags zur Gewährleistung einer ausreichenden Abschreckungswirkung der Geldbuße soll nämlich in erster Linie die Wirksamkeit der Geldbuße sichergestellt und weniger die Schädlichkeit der Zuwiderhandlung für den freien Wettbewerb und damit die Schwere dieser Zuwiderhandlung berücksichtigt werden (Urteil Lafarge/Kommission, oben in Randnr. 285 angeführt, Randnr. 672). 288    Die Kommission hat folglich weder die Leitlinien von 1998 noch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, indem sie sich zur Anwendung des Abschreckungsfaktors auf den Gesamtumsatz der ThyssenKrupp-Gruppe bezogen hat. Das Vorbringen, mit dem sich die Klägerin in der Rechtssache T‑144/07 auf einen Vergleich des Umsatzes von TKLA in Belgien mit der Geldbuße beruft, um darzutun, dass keine Notwendigkeit bestehe, ihr gegenüber einen Abschreckungsfaktor anzuwenden, kann daher ebenfalls nicht durchgreifen. 289    Was als Drittes den Multiplikator von 2 angeht, der bei den gegen die ThyssenKrupp-Gruppe verhängten Geldbußen angewandt worden ist, machen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 unter Berufung auf die Entscheidungspraxis der Kommission, insbesondere deren Entscheidung 2007/534/EG vom 13. September 2006 in einem Verfahren gemäß Artikel 81 des Vertrags [EG] (Sache COMP/F/38.456 – Bitumen [Niederlande]) (ABl. L 196, S. 40, im Folgenden: Entscheidung „Straßenbaubitumen“), geltend, dass dieser Multiplikator niedriger hätte festgesetzt werden müssen, da es sich um rein nationale Sachverhalte handele. Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 beantragen dazu, der Kommission gemäß Art. 65 Buchst. b der Verfahrensordnung aufzugeben, die Entscheidung „Straßenbaubitumen“ vorzulegen. 290    Zu dem in der vorliegenden Rechtssache angewandten, nach Ansicht der Klägerinnen überhöhten Multiplikator ist festzustellen, dass mit der Erhöhung der Geldbuße zum Zweck der Abschreckung die Wirksamkeit dieser Geldbuße dadurch gewährleistet werden soll, dass deren Höhe nach Maßgabe der Gesamtressourcen des Unternehmens und seiner Fähigkeit, die notwendigen Mittel zur Zahlung dieser Geldbuße aufzubringen, angepasst wird (Urteil Lafarge/Kommission, oben in Randnr. 285 angeführt, Randnr. 671). Damit kann das Argument des rein nationalen Charakters der von der Kommission festgestellten Zuwiderhandlungen nicht durchgreifen. 291    Auch dem auf die Entscheidung „Straßenbaubitumen“ gestützten Argument kann nicht gefolgt werden. Nach der oben in Randnr. 153 angeführten Rechtsprechung sind nämlich die früheren Entscheidungen der Kommission nicht maßgeblich, da deren frühere Entscheidungspraxis, wie oben in Randnr. 108 dargelegt worden ist, nicht als rechtlicher Rahmen für Geldbußen im Wettbewerbsrecht dient. Somit ist auch der Beweisantrag der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 zurückzuweisen, mit dem der Kommission aufgegeben werden soll, die Entscheidung „Straßenbaubitumen“ vorzulegen. 292    Jedenfalls erscheint die Anwendung eines Multiplikators von 2 auf die Ausgangsbeträge der Geldbußen gegen ThyssenKrupp unter Berücksichtigung des sich auf 47,1 Mrd. Euro belaufenden Gesamtumsatzes von ThyssenKrupp (689. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) angemessen, um die Wirksamkeit der Geldbußen im Hinblick auf die Finanzkraft dieses Unternehmens und damit eine ausreichende Abschreckungswirkung der gegen sie verhängten Geldbußen zu gewährleisten. 293    Als Viertes führen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07 und T‑154/07 aus, dass die Anwendung eines Multiplikators auf ihre jeweiligen Geldbußen diskriminierend sei, da die Kommission keinen Abschreckungsmultiplikator gegenüber Kone und Schindler angewandt habe, obwohl diese Unternehmen zu multinationalen Konzernen mit größerem Umsatz innerhalb der Union gehörten. Außerdem sei die Stellung der Tochtergesellschaften von Kone und Schindler auf dem betreffenden Markt in den Niederlanden um ein Vielfaches bedeutender als die von ThyssenKrupp. 294    Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Denn mit der Erhöhung der Ausgangsbeträge zur Gewährleistung des Abschreckungszwecks der Geldbuße nimmt die Kommission in Wirklichkeit nur eine Differenzierung bei der Behandlung der Teilnehmer ein und desselben Kartells vor, um der Art und Weise Rechnung zu tragen, in der sie tatsächlich von der Geldbuße betroffen sind (Urteil BASF/Kommission, oben in Randnr. 210 angeführt, Randnr. 241). 295    Die Kommission hat sich im vorliegenden Fall, um die Notwendigkeit einer Erhöhung der Geldbußen zur Gewährleistung ihrer Abschreckungswirkung zu beurteilen, ohne Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung auf den Gesamtumsatz der Beteiligten und nicht auf den Umsatz bezogen, den sie innerhalb der Union oder auf dem betreffenden nationalen Markt erzielten. Angesichts des Gesamtumsatzes von ThyssenKrupp ist nämlich davon auszugehen, dass dieses Unternehmen, wenn keine Erhöhung zu Abschreckungszwecken vorgenommen worden wäre, in geringerem Maße als Kone und Schindler – mit Umsätzen von 3,2 Mrd. Euro bzw. 5,73 Mrd. Euro (689. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) – von den verhängten Geldbußen betroffen gewesen wäre. 296    Die Anwendung eines Multiplikators von 2 auf die Geldbußen von ThyssenKrupp erweist sich damit im vorliegenden Fall als gerechtfertigt, um die Wirksamkeit der Geldbußen im Hinblick auf die Finanzkraft von ThyssenKrupp zu gewährleisten. 297    Der vorliegende Klagegrund ist daher zurückzuweisen. Zum Klagegrund einer Verletzung der Leitlinien von 1998, des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und der Verteidigungsrechte bei der Erhöhung des Grundbetrags der Geldbußen um 50 % wegen Wiederholungstäterschaft 298    Die Kommission vertritt in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung, dass der Grundbetrag der Geldbußen gegen TKAG, TKE und die ThyssenKrupp-Tochtergesellschaften wegen Wiederholungstäterschaft um 50 % heraufzusetzen sei (Erwägungsgründe 707, 710, 714 und 720 der angefochtenen Entscheidung). 299    Im 697. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung weist die Kommission in diesem Zusammenhang auf Folgendes hin: „[E]ine wiederholte Zuwiderhandlung derselben Art [liegt] dann vor …, wenn ein Unternehmen, das in einer früheren Entscheidung der Kommission für eine Zuwiderhandlung haftbar gemacht wurde, später für eine andere Zuwiderhandlung derselben Art zur Verantwortung gezogen wird, auch wenn diese Zuwiderhandlung in einem anderen Geschäftszweig oder in Bezug auf ein anderes Produkt begangen wurde. Nach Nr. 4 Abschnitt B der Leitlinien [von 1998] gilt die Wiederholung von Zuwiderhandlungen derselben Art, die von dem- oder denselben Unternehmen begangen werden, als erschwerender Umstand. Der Begriff ‚Unternehmen’ umfasst alle juristischen Personen innerhalb derselben Unternehmensgruppe, die ihr Marktverhalten nicht selbständig bestimmen. Im Urteil Michelin [Urteil Michelin/Kommission, oben in Randnr. 107 angeführt, Randnr. 290] hat das Gericht erster Instanz bestätigt, dass die Wiederholungstäterschaft auch für eine Einheit bejaht werden könnte, die 100%ig von einer [Mutter-]Gesellschaft gehalten wird, die eine andere Einheit kontrolliert, gegen die bereits wegen einer früheren Zuwiderhandlung eine Sanktion verhängt wurde.“ 300    Für die Feststellung der Wiederholungstäterschaft im vorliegenden Fall beruft sich die Kommission im 698. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung auf ihre Entscheidung 98/247/EGKS vom 21. Januar 1998 in einem Verfahren nach Art. 65 [KS] (Sache IV/35.814 – Legierungszuschlag) (ABl. L 100, S. 55, im Folgenden: Entscheidung „Legierungszuschlag“). In diesem Erwägungsgrund führt sie aus: „Im Jahr 1998 wurden in [der Kommissionsentscheidung ‚Legierungszuschlag‘] Geldbußen für ein Kartell festgesetzt, das die Beschränkung und Verfälschung des Wettbewerbs bezweckte und bewirkte … Eine Geldbuße wurde u. a. gegen ThyssenKrupp Stainless GmbH (TKS) verhängt, ein am 1. Januar 1995 durch die Zusammenlegung des Edelstahlgeschäfts von Krupp und Thyssen nach deutschem Recht gegründetes Unternehmen … Daneben wurde eine Geldbuße gegen Acciai Speciali Terni SpA (AST) festgesetzt, ein am 1. Januar 1994 nach italienischem Recht gegründetes Unternehmen, dessen Haupttätigkeiten die Erzeugung von rostfreien Flacherzeugnissen umfassen. Im Dezember 1994 erwarben eine Reihe von Unternehmen, darunter Krupp und Thyssen, gemeinsam AST. Im Dezember 1995 erhöhte Krupp ihren Anteil an AST von 50 % zunächst auf 75 % und sodann im Mai 1996 auf 100 %. Krupp übertrug daraufhin ihre gesamten AST‑Aktien an TKS.“ 301    Die Kommission weist in der angefochtenen Entscheidung weiter darauf hin (Erwägungsgründe 700, 704, 709, 713 und 717 der angefochtenen Entscheidung), dass das in der Entscheidung „Legierungszuschlag“ festgestellte Kartell vom 16. Dezember 1993, dem Tag, an dem ein Treffen stattgefunden habe, bei dem die teilnehmenden Unternehmen eine rechtswidrige Absprache getroffen hätten, bis zum 21. Januar 1998, dem Tag des Erlasses der die Zuwiderhandlung feststellenden Entscheidung, gedauert habe, so dass die von den Gesellschaften der ThyssenKrupp-Gruppe begangenen Zuwiderhandlungen nicht nur wiederholt begangen worden seien, sondern sich auch überschnitten hätten und gleichzeitig begangen worden seien. 302    Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 vertreten die Ansicht, die Kommission habe ihre Geldbußen in den Erwägungsgründen 699 bis 707 (Rechtssachen T‑147/07 und T‑150/07), 708 bis 710 (Rechtssachen T‑144/07 und T‑150/07), 711 bis 714 (Rechtssachen T‑148/07 und T‑149/07), 717 (Rechtssache T‑150/07) und 720 (Rechtssachen T‑150/07 und T‑154/07) der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht wegen Wiederholungstäterschaft um 50 % heraufgesetzt. Sie hätte nicht davon ausgehen dürfen, dass die Zuwiderhandlung, für die die ThyssenKrupp Stainless AG, die vor September 1997 unter der Bezeichnung KruppThyssen Nirosta GmbH firmiert habe (Fn. 882 der angefochtenen Entscheidung; für die Zeit vor und nach September 1997 im Folgenden: TKS), sowie die Acciai Speciali Terni SpA (im Folgenden: AST) in der Entscheidung „Legierungszuschlag“ mit einer Sanktion belegt worden seien, eine von diesen Unternehmen begangene ähnliche frühere Zuwiderhandlung sei. 303    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Art. 1 der Entscheidung „Legierungszuschlag“, auf die sie sich in der angefochtenen Entscheidung bezieht, um im vorliegenden Fall eine Wiederholungstäterschaft festzustellen, den Standpunkt vertrat, dass mehrere Gesellschaften, darunter die Krupp Hoesch Stahl AG (im Folgenden: KHS) (ab 1. Januar 1995: TKS), die Thyssen Stahl AG (im Folgenden: TS) (ab 1. Januar 1995: TKS) und AST, für die Zeit – soweit es um diese Gesellschaften geht – von Dezember 1993 bis zum 21. Januar 1998 dadurch gegen Art. 65 § 1 KS verstoßen hätten, dass sie die Referenzwerte der Formel zur Berechnung des Legierungszuschlags abgeändert und diese Änderung angewandt hätten. Nach Ansicht der Kommission wurde mit dieser Handlungsweise die Beschränkung und Verfälschung des normalen Wettbewerbs im Gemeinsamen Markt sowohl bezweckt als auch bewirkt. 304    Aus der Entscheidung „Legierungszuschlag“ geht hervor, dass sich KHS und TS bis zum 31. Dezember 1994 unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligt hatten und für diese Beteiligung deshalb getrennt zur Verantwortung zu ziehen waren. Die Kommission verhängte die gegen sie festzusetzende Geldbuße jedoch nur gegen TKS, die ihr mit Schreiben vom 23. Juli 1997 mitgeteilt hatte, dass sie die Verantwortung für die von TS und KHS seit 1993 vorgenommenen Handlungen übernehme (Erwägungsgründe 14 und 102 der Entscheidung „Legierungszuschlag“). 305    TKS und AST reichten am 11. bzw. 13. März 1998 Klagen beim Gericht ein, mit denen sie beantragten, die Entscheidung „Legierungszuschlag“, soweit sie von dieser betroffen waren, für nichtig zu erklären, hilfsweise, die mit dieser Entscheidung gegen sie verhängten Geldbußen erheblich herabzusetzen. Mit seinem oben in Randnr. 106 angeführten Urteil Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission erklärte das Gericht Art. 1 der Entscheidung „Legierungszuschlag“, soweit mit ihm TKS die Verantwortung für die von TS begangene Zuwiderhandlung auferlegt worden war, wegen Verletzung der Verteidigungsrechte von TKS für nichtig, da dieser keine Gelegenheit gegeben worden sei, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der TS zur Last gelegten Handlungen Stellung zu nehmen. Gegen dieses Urteil wurden zwei Rechtsmittel eingelegt, die vom Gerichtshof mit Urteil vom 14. Juli 2005, ThyssenKrupp/Kommission (C‑65/02 P und C‑73/02 P, Slg. 2005, I‑6773), zurückgewiesen wurden. 306    Auf das oben in Randnr. 106 angeführte Urteil Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission hin erließ die Kommission am 20. Dezember 2006 die Entscheidung C (2006) 6765 endg. in einem Verfahren nach Art. 65 [KS] (Sache COMP/F/39.234 – Legierungszuschlag – Neuentscheidung). In dieser Entscheidung stellte die Kommission fest, dass TS zwischen dem 16. Dezember 1993 und dem 31. Dezember 1994 gegen Art. 65 § 1 KS verstoßen habe, und machte TKS aufgrund deren Schreiben vom 23. Juli 1997 für das Verhalten von TS haftbar. 307    Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes bestreiten die Rechtsmittelführerinnen, dass sie mit den in der Entscheidung „Legierungszuschlag“ mit einer Sanktion belegten Unternehmen eine wirtschaftliche Einheit im Sinne der Art. 81 EG und 82 EG bildeten. Dazu machen sie geltend, die Kommission habe dem oben in Randnr. 107 angeführten Urteil Michelin/Kommission zu Unrecht entnommen, dass eine 100%ige Beteiligung einer Muttergesellschaft am Kapital ihrer Tochtergesellschaft für eine Zurechnung einer von dieser begangenen früheren Zuwiderhandlung an ihrer Muttergesellschaft genüge, ohne dass es auf die Frage der tatsächlichen Autonomie der Tochtergesellschaft ankäme. Der Kommission habe es daher entgegen ihrem Vortrag nie freigestanden, die Geldbuße in den beiden Entscheidungen gegen dieselbe Muttergesellschaft zu verhängen, wie es das Urteil Michelin/Kommission (oben in Randnr. 107 angeführt, Randnr. 290) verlange. 308    Es ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff des Wiederholungsfalls in einigen nationalen Rechtsordnungen bedeutet, dass eine Person neue Zuwiderhandlungen begeht, nachdem ähnliche von ihr begangene Zuwiderhandlungen geahndet worden waren (Urteile des Gerichts vom 11. März 1999, Thyssen Stahl/Kommission, T‑141/94, Slg. 1999, II‑347, Randnr. 617, Michelin/Kommission, oben in Randnr. 107 angeführt, Randnr. 284, Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 250 angeführt, Randnr. 362, und Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 450). Außerdem heißt es in Nr. 2 der Leitlinien von 1998 im Rahmen der beispielhaften Aufzählung erschwerender Umstände, die eine Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße rechtfertigen können, eigens „erneuter, gleichartiger Verstoß des/derselben Unternehmen(s)“. 309    Wie oben in Randnr. 92 ausgeführt worden ist, ist im wettbewerbsrechtlichen Zusammenhang unter dem Begriff des Unternehmens eine im Hinblick auf den Gegenstand der betreffenden Vereinbarung wirtschaftliche Einheit zu verstehen, selbst wenn diese rechtlich von mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird. 310    Das wettbewerbswidrige Verhalten eines Unternehmens kann daher einem anderen Unternehmen zugerechnet werden, wenn es sein Marktverhalten nicht selbständig bestimmt hat, sondern vor allem wegen der wirtschaftlichen und rechtlichen Bindungen zu dem anderen Unternehmen im Wesentlichen dessen Weisungen befolgt hat (Urteile Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 94 angeführt, Randnr. 117, Metsä-Serla u. a./Kommission, oben in Randnr. 94 angeführt, Randnr. 27, und vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnr. 58; Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Avebe/Kommission, T‑314/01, Slg. 2006, II‑3085, Randnr. 135). 311    Dabei ist klarzustellen, dass sich die Kommission nach der Rechtsprechung nicht mit der Feststellung begnügen kann, dass ein Unternehmen einen solchen entscheidenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben „konnte“, ohne dass zu prüfen wäre, ob dieser Einfluss tatsächlich ausgeübt wurde. Vielmehr obliegt es grundsätzlich der Kommission, einen solchen entscheidenden Einfluss anhand einer Reihe tatsächlicher Umstände zu beweisen, zu denen insbesondere auch das etwaige Weisungsrecht eines dieser Unternehmen gegenüber dem anderen gehört (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Aristrain/Kommission, C‑196/99 P, Slg. 2003, I‑11005, Randnrn. 95 bis 99, und Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 94 angeführt, Randnrn. 118 bis 122; Urteile des Gerichts vom 20. März 2002, HFB u. a./Kommission, T‑9/99, Slg. 2002, II‑1487, Randnr. 527, und Avebe/Kommission, oben in Randnr. 310 angeführt, Randnr. 136). 312    Zwar hat das Gericht, wie die Kommission hervorhebt, in seinem Urteil Michelin/Kommission (oben in Randnr. 107 angeführt, Randnr. 290) die Ansicht vertreten, dass daraus, dass das Kapital zweier Tochtergesellschaften zu mehr als 99 % unmittelbar oder mittelbar von derselben Muttergesellschaft gehalten wird, geschlossen werden darf, dass diese Tochtergesellschaften ihr Marktverhalten nicht selbständig bestimmen. Das Gericht hat in diesem Urteil hinzugefügt, dass verschiedene Gesellschaften, die zum selben Konzern gehören, eine wirtschaftliche Einheit und somit ein Unternehmen im Sinne der Art. 81 EG und 82 EG darstellen, wenn sie ihr Marktverhalten nicht selbständig bestimmen. 313    Wie in den vorstehenden Randnrn. 96 und 97 festgestellt worden ist, hat der Gerichtshof kürzlich darauf hingewiesen, dass in dem besonderen Fall, in dem eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstoßen hat, zwar eine Vermutung dafür besteht, dass die Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt, dass diese Vermutung jedoch widerleglich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnrn. 60 und 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zudem hat der Gerichtshof in seinem Urteil Aristrain/Kommission (oben in Randnr. 311 angeführt, Randnr. 99) darauf aufmerksam gemacht, dass die bloße Tatsache, dass das Kapital zweier eigenständiger Handelsgesellschaften derselben Person gehört, nicht als Nachweis dafür ausreicht, dass diese beiden Gesellschaften eine wirtschaftliche Einheit bilden, die nach dem Wettbewerbsrecht der Union zur Folge hätte, dass die Handlungen einer von ihnen der anderen zugerechnet werden können. 314    Im vorliegenden Fall ist zum einen festzustellen, dass die Kommission in der Sache „Legierungszuschlag“ nicht befunden hat, dass die Muttergesellschaften von KHS, TS, TKS und AST, deren wirtschaftliche und rechtliche Nachfolgerin TKAG war, für die Zwecke der Anwendung der Art. 81 EG und 82 EG eine wirtschaftliche Einheit mit diesen Gesellschaften gebildet hätten, und deshalb auch nicht behauptet hat, dass KHS, TS, TKS und AST ihr Marktverhalten nicht selbständig bestimmt hätten. Vielmehr geht aus der Entscheidung „Legierungszuschlag“ hervor, dass die Kommission hinsichtlich der zur ThyssenKrupp-Gruppe gehörenden Gesellschaften nur bei KHS, TS, TKS und AST und nicht bei ihren jeweiligen Muttergesellschaften eine Zuwiderhandlung festgestellt hat, die, wie die Klägerinnen vorgetragen haben, ohne dass die Kommission ihnen widersprochen hätte, im Verwaltungsverfahren, das zum Erlass dieser Entscheidung geführt hatte, nicht angehört worden waren. 315    Zum anderen ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung nicht, dass die Kommission im Rahmen der vorliegenden Rechtssache die Auffassung vertreten hätte, dass KHS, TS, TKS und AST zu den Unternehmen gehörten, denen gegenüber in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung Zuwiderhandlungen festgestellt worden sind. 316    Somit können die in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlungen nicht als Wiederholungstaten desselben Unternehmens oder derselben Unternehmen angesehen werden, dem bzw. denen gegenüber in der Sache „Legierungszuschlag“ Zuwiderhandlungen festgestellt wurden. 317    Zunächst ist insoweit das Vorbringen der Kommission zurückzuweisen, ThyssenKrupp sei im Verwaltungsverfahren, das zum Erlass der angefochtenen Entscheidung und zum vorliegenden Klageverfahren geführt hat, Gelegenheit gegeben worden, die Annahme des Bestehens einer wirtschaftlichen Einheit zwischen ihr und denjenigen Unternehmen zu bekämpfen, die in der Sache „Legierungszuschlag“ mit Sanktionen belegt worden seien. 318    Es ist nämlich zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum einen der Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte ausschließt, dass eine Entscheidung als rechtmäßig gelten kann, mit der die Kommission gegen ein Unternehmen eine Geldbuße im Bereich des Wettbewerbsrechts verhängt, ohne ihm zuvor die ihm zur Last gelegten Beschwerdepunkte mitgeteilt zu haben, und dass zum anderen die Mitteilung der Beschwerdepunkte wegen ihrer Bedeutung eindeutig angeben muss, gegen welche juristische Person Geldbußen festgesetzt werden könnten, und an diese Person gerichtet sein muss (vgl. Urteile Papierfabrik August Koehler/Kommission, oben in Randnr. 192 angeführt, Randnrn. 37 und 38, und vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnr. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). 319    Es ist daher nicht hinnehmbar, dass die Kommission im Rahmen der Feststellung des erschwerenden Umstands der Wiederholungstäterschaft die Auffassung vertritt, dass ein Unternehmen für eine frühere Zuwiderhandlung zur Verantwortung gezogen werden müsse, für die es von ihr nicht durch eine Entscheidung mit einer Sanktion belegt wurde und im Rahmen von deren Erstellung es nicht Adressat einer Mitteilung der Beschwerdepunkte war, so dass einem solchen Unternehmen in dem Verfahren, das zum Erlass der die frühere Zuwiderhandlung feststellenden Entscheidung geführt hat, keine Gelegenheit gegeben wurde, seinen Standpunkt vorzutragen, um das Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen ihm und anderen Unternehmen in Abrede zu stellen. 320    Diese Schlussfolgerung ist umso mehr geboten, als zwar nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die zwischen der betreffenden Zuwiderhandlung und einer früheren Verletzung der Wettbewerbsregeln verstrichene Zeit berücksichtigt werden muss, um die Neigung des Unternehmens, diese Regeln zu übertreten, beurteilen zu können, der Gerichtshof jedoch bereits betont hat, dass die Kommission für die Feststellung eines Wiederholungsfalls nicht an eine Verjährungsfrist gebunden ist (Urteil des Gerichtshofs vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, Slg. 2007, I‑1331, Randnr. 38, und Urteil Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 462; vgl. auch Urteil vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 250 angeführt, Randnr. 353) und dass diese Feststellung somit auch viele Jahre nach der Feststellung einer Zuwiderhandlung zu einem Zeitpunkt getroffen werden kann, zu dem es dem betroffenen Unternehmen jedenfalls nicht möglich wäre, das Bestehen einer solchen wirtschaftlichen Einheit mit Erfolg zu bestreiten, insbesondere wenn die oben in Randnr. 313 angeführte Vermutung angewandt wird. 321    Ebenso wenig ist dem Vorbringen der Kommission zu folgen, dass eine Erhöhung der Geldbuße wegen eines Wiederholungsfalls auch in Anbetracht der Zuwiderhandlungen gerechtfertigt wäre, die in ihren Entscheidungen 90/417/EGKS vom 18. Juli 1990 in einem Verfahren nach Art. 65 [KS] betreffend eine Vereinbarung und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von europäischen Herstellern von kaltgewalzten, nichtrostenden, flachen Stahlerzeugnissen (ABl. L 220, S. 28) und 94/215/EGKS vom 16. Februar 1994 in einem Verfahren nach Artikel 65 [KS] betreffend Vereinbarungen und verabredete Praktiken von europäischen Trägerherstellern (ABl. L 116, S. 1) festgestellt worden seien. Nicht nur sind diese Entscheidungen weder in der Mitteilung der Beschwerdepunkte noch in der angefochtenen Entscheidung genannt worden, sondern es handelt sich bei den in diesen Entscheidungen mit Sanktionen belegten Unternehmen entsprechend denjenigen in der Sache „Legierungszuschlag“ auch nicht im Sinne der Art. 81 EG und 82 EG um dieselben Unternehmen wie die, die in der angefochtenen Entscheidung mit Sanktionen belegt worden sind. 322    Schließlich ist auch das Vorbringen der Kommission zurückzuweisen, dass im Fall einer fast 100%igen Beteiligung am Kapital einer Tochtergesellschaft auch die Muttergesellschaft Adressat der an die Tochtergesellschaft gerichteten Warnung aus einer früheren Entscheidung der Kommission sei, mit der die Tochtergesellschaft wegen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht mit einer Sanktion belegt worden sei. Zwar ist es durchaus statthaft, anzunehmen, dass eine Muttergesellschaft von einer früheren Entscheidung der Kommission, die an ihre Tochtergesellschaft gerichtet war, deren Kapital sie fast vollständig hält, tatsächlich Kenntnis hat, doch kann eine solche Kenntnis nicht das Fehlen einer Feststellung in der früheren Entscheidung heilen, dass zwischen dieser Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit dergestalt bestehe, dass der Muttergesellschaft die Haftung für die frühere Zuwiderhandlung auferlegt werden könnte und die gegen sie festgesetzten Geldbußen wegen eines Wiederholungsfalls erhöht werden könnten. 323    Infolgedessen ist der vorliegende Klagegrund begründet, so dass die angefochtene Entscheidung abzuändern ist, ohne dass es notwendig wäre, das übrige Vorbringen der Klägerinnen zu prüfen, das diese im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes geltend gemacht haben. Die Folgen dieser Abänderung werden nachstehend in den Randnrn. 461 und 462 dargestellt. Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 sowie einer Verletzung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Gleichbehandlung bei der Beurteilung der Zusammenarbeit 324    Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 weisen darauf hin, dass sie Anträge auf Erlass oder Ermäßigung ihrer Geldbußen nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 gestellt hätten. Die Kommission habe jedoch bei der Beurteilung von Qualität und Nützlichkeit ihres Kooperationsbeitrags gegen die Bestimmungen dieser Mitteilung verstoßen. Nach Ansicht der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 hat die Kommission außerdem im Rahmen der Beurteilung ihrer Zusammenarbeit ihre berechtigten Erwartungen bei der Feststellung der Zuwiderhandlung in Deutschland verletzt. Schließlich machen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑149/07 und T‑150/07 eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung bei der Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 geltend, soweit es um die Zuwiderhandlung in Belgien geht. Zur Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 325    In der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 hat die Kommission die Voraussetzungen festgelegt, unter denen den Unternehmen, die bei der Feststellung eines Kartells mit ihr zusammenarbeiten, die Geldbußen erlassen oder ermäßigt werden können, die sie andernfalls zu entrichten hätten. 326    Zunächst bestimmt die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 in Abschnitt A Randnr. 8: „Die Kommission erlässt einem Unternehmen die Geldbuße, die andernfalls verhängt worden wäre, sofern a)      das Unternehmen als erstes Beweismittel vorlegt, die es der Kommission ihrer Ansicht nach ermöglichen, in einer Entscheidung eine Nachprüfung gemäß Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 … anzuordnen, um gegen ein mutmaßliches, die Gemeinschaft betreffendes Kartell zu ermitteln, oder b)      das Unternehmen als erstes Beweismittel vorlegt, die es der Kommission ihrer Ansicht nach ermöglichen, eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 [EG] … in Form eines mutmaßlichen, die Gemeinschaft betreffenden Kartells festzustellen.“ 327    Sodann sieht die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 in Abschnitt B Randnr. 20 vor, dass „Unternehmen, die die Voraussetzungen [für einen Erlass der Geldbuße] in Abschnitt A nicht erfüllen, … eine Ermäßigung der Geldbuße gewährt werden [kann], die andernfalls verhängt worden wäre“, und in Randnr. 21, dass, „[u]m für eine Ermäßigung der Geldbuße in Betracht zu kommen, … das Unternehmen der Kommission Beweismittel für die mutmaßliche Zuwiderhandlung vorlegen [muss], die gegenüber den bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweismitteln einen erheblichen Mehrwert darstellen, und seine Beteiligung an der mutmaßlich rechtswidrigen Handlung spätestens zum Zeitpunkt der Beweisvorlage einstellen [muss]“. 328    Der Begriff des Mehrwerts wird in Randnr. 22 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 erläutert: „Der Begriff ‚Mehrwert’ bezieht sich auf das Ausmaß, in dem die vorgelegten Beweismittel aufgrund ihrer Eigenschaft und/oder ihrer Ausführlichkeit der Kommission dazu verhelfen, den betreffenden Sachverhalt nachzuweisen. Bei ihrer Würdigung wird die Kommission im Allgemeinen schriftlichen Beweisen aus der Zeit des nachzuweisenden Sachverhalts einen größeren Wert beimessen als solchen, die zeitlich später einzuordnen sind. Ebenso werden Beweismittel, die den fraglichen Sachverhalt unmittelbar beweisen, höher eingestuft als jene, die nur einen mittelbaren Bezug aufweisen.“ 329    Randnr. 23 Buchst. b Abs. 1 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 sieht für die Geldbußenermäßigungen eine Einstufung in drei Kategorien vor: „–       für das erste Unternehmen, das die Voraussetzungen unter Randnummer 21 erfüllt, eine Ermäßigung zwischen 30 % und 50 %; –       für das zweite Unternehmen, das die Voraussetzungen unter Randnummer 21 erfüllt, eine Ermäßigung zwischen 20 % und 30 %; –       für jedes weitere Unternehmen, das die Voraussetzungen unter Randnummer 21 erfüllt, eine Ermäßigung bis zu 20 %.“ 330    Randnr. 23 Buchst. b Abs. 2 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 lautet: „Um den Umfang der Ermäßigung der Geldbuße innerhalb dieser Bandbreiten zu bestimmen, wird die Kommission den Zeitpunkt berücksichtigen, zu dem das Beweismittel, das die Voraussetzungen unter Randnummer 21 erfüllt, vorgelegt wurde, sowie den Umfang des mit dem Beweismittel verbundenen Mehrwerts. Sie kann ebenfalls berücksichtigen, ob das Unternehmen seit der Vorlage des Beweismittels kontinuierlich mit ihr zusammengearbeitet hat.“ 331    Randnr. 23 Buchst. b Abs. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 bestimmt schließlich: „Falls ein Unternehmen Beweismittel für einen Sachverhalt vorlegt, von denen die Kommission zuvor keine Kenntnis hatte und die die Schwere oder Dauer des mutmaßlichen Kartells unmittelbar beeinflussen, lässt die Kommission diese Faktoren bei der Festsetzung der Geldbuße gegen das Unternehmen, das diese Beweismittel geliefert hat, unberücksichtigt.“ Zum Wertungsspielraum der Kommission und zur Kontrolle durch die Unionsgerichte 332    Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, der die Rechtsgrundlage für die Verhängung von Geldbußen wegen Zuwiderhandlungen gegen die Regeln des Wettbewerbsrechts der Union bildet, räumt der Kommission bei der Bußgeldzumessung einen Wertungsspielraum ein (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 21. Oktober 1997 in der Rechtssache T‑229/94, Deutsche Bahn/Kommission, Slg. 1997, II‑1689, Randnr. 127), der sich insbesondere nach ihrer allgemeinen Politik im Bereich des Wettbewerbs richtet (vgl. in diesem Sinne Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 247 angeführt, Randnrn. 105 und 109). In diesem Rahmen erließ und veröffentlichte die Kommission, um die Transparenz und die Objektivität ihrer Bußgeldentscheidungen zu gewährleisten, im Jahr 2002 die Mitteilung über Zusammenarbeit. Es handelt sich dabei um ein Instrument, mit dem unter Beachtung des höherrangigen Rechts die Kriterien präzisiert werden sollen, die die Kommission bei der Ausübung ihres Ermessens anzuwenden gedenkt. Daraus ergibt sich eine Selbstbeschränkung dieses Ermessens (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 30. April 1998, Vlaams Gewest/Kommission, T‑214/95, Slg. 1998, II‑717, Randnr. 89), da die Kommission die Leitlinien einhalten muss, die sie sich selbst gesetzt hat (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 1996, AIUFFASS und AKT/Kommission, T‑380/94, Slg. 1996, II‑2169, Randnr. 57). 333    Die aus der Annahme der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 resultierende Selbstbeschränkung des Ermessens der Kommission ist jedoch nicht unvereinbar mit dem Fortbestand ihres erheblichen Wertungsspielraums (vgl. entsprechend Urteil Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 224). 334    Die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 enthält nämlich verschiedene Spielräume, die es der Kommission ermöglichen, ihr Ermessen im Einklang mit den Vorschriften des Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof auszuüben (vgl. entsprechend Urteil Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 224). 335    Somit verfügt die Kommission über einen weiten Wertungsspielraum, wenn sie zu prüfen hat, ob Beweismittel, die von einem Unternehmen vorgelegt worden sind, das erklärt hat, es wolle die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 in Anspruch nehmen, einen erheblichen Mehrwert im Sinne von Randnr. 21 dieser Mitteilung darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, C‑328/05 P, Slg. 2007, I‑3921, Randnr. 88, und Urteil Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 555). Zu Randnr. 8 Buchst. a und b der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 ist festzustellen, dass sich dieser erhebliche Wertungsspielraum aus dem Wortlaut dieser Bestimmung selbst ergibt, der ausdrücklich auf die Vorlage von Beweismitteln Bezug nimmt, die es der Kommission „ihrer Ansicht nach“ ermöglichen, in einer Entscheidung eine Nachprüfung anzuordnen bzw. eine Zuwiderhandlung festzustellen. Die Beurteilung von Qualität und Nützlichkeit des Kooperationsbeitrags eines Unternehmens setzt nämlich komplexe Tatsachenwürdigungen voraus (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, Randnr. 81, und Urteil Carbone‑Lorraine/Kommission, oben in Randnr. 153 angeführt, Randnr. 271). 336    Ebenso verfügt die Kommission, nachdem sie festgestellt hat, dass Beweismittel einen erheblichen Mehrwert im Sinne von Randnr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 darstellen, über einen Wertungsspielraum, wenn sie den genauen Umfang der dem betreffenden Unternehmen zu gewährenden Ermäßigung der Geldbuße zu bestimmen hat. Randnr. 23 Buchst. b Abs. 1 dieser Mitteilung sieht nämlich für die verschiedenen Kategorien von Unternehmen, auf die er sich bezieht, jeweils Bandbreiten vor, innerhalb deren Geldbußen ermäßigt werden können, während Abs. 2 dieser Randnummer die Kriterien festlegt, die von der Kommission bei der Bestimmung des Umfangs innerhalb dieser Bandbreiten berücksichtigt werden müssen. 337    Angesichts des Wertungsspielraums, über den die Kommission bei der Würdigung der Zusammenarbeit eines Unternehmens nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 verfügt, kann nur ein offensichtliches Überschreiten dieses Spielraums vom Gericht beanstandet werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, oben in Randnr. 335 angeführt, Randnrn. 81, 88 und 89, und Urteil Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 555). Zur Zusammenarbeit von ThyssenKrupp bei der Feststellung der Zuwiderhandlung in Belgien 338    Im 773. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission entschieden, „ThyssenKrupp eine Ermäßigung [der Geldbuße] um 20 % innerhalb der in Randnr. 23 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit [von 2002] vorgegebenen Bandbreite zu gewähren“. 339    Sie hat dazu im 769. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt: „Zu dem Zeitpunkt, zu dem ThyssenKrupp ihren Antrag [nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002] übermittelte, hatte die Kommission bereits drei Nachprüfungen in Belgien durchgeführt und zwei einander entsprechende Anträge [nach dieser Mitteilung] von Kone und Otis hinsichtlich von Kartelltätigkeiten in Belgien erhalten.“ 340    Nach ihrer Feststellung im 770. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass „[d]ie von ThyssenKrupp vorgelegten neuen Informationen … im Wesentlichen aus mündlichen Erläuterungen zu bestimmten Aufzug- und Fahrtreppenprojekten [bestanden]“, hat die Kommission im 771. Erwägungsgrund eingeräumt: „Der Antrag von ThyssenKrupp [nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002] stellt einen erheblichen Mehrwert dar, da in ihm zusätzliche Informationen über [vertraulich] enthalten waren [vertraulich].“ Weiter heißt es im 771. Erwägungsgrund: „Außerdem hat das Vorbringen von ThyssenKrupp die bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweismittel betreffend die beteiligten Unternehmen, die erfassten Produkte und Dienstleistungen, den Untersuchungszeitraum, den Ort und die Organisation der Kartellzusammenkünfte sowie die Funktionsweise und Durchführung des Kartells erhärtet.“ 341    Im 772. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ist die Kommission zu der Schlussfolgerung gelangt, dass ThyssenKrupp „Beweismittel von erheblichem Mehrwert vorgelegt [hat], die der Kommission in hohem Maße dazu verholfen haben, die Zuwiderhandlung nachzuweisen. Die vorgelegten Beweismittel beziehen sich jedoch nicht auf Tatsachen, die [ihr] vorher nicht bekannt gewesen wären, und enthalten auch keine Beweismittel aus dem Zeitraum selbst, auf den sie sich beziehen [im Folgenden: zeitgleiche Beweismittel].“ 342    Erstens machen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑149/07 und T‑150/07 geltend, die angefochtene Entscheidung sei irreführend hinsichtlich des Prozentsatzes der Ermäßigung der Geldbuße, den die Kommission zugunsten von ThyssenKrupp wegen deren Zusammenarbeit bei der Feststellung der Zuwiderhandlung in Belgien habe anwenden wollen. Im 773. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung führe die Kommission eine Ermäßigung um 20 % an, während dieser Ermäßigungssatz nach dem 856. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung 25 % betragen solle. ThyssenKrupp habe nach dem Grundsatz in dubio pro reo Anspruch darauf, dass bei der Bemessung ihrer Geldbuße die günstigste Auslegung der angefochtenen Entscheidung angewandt werde. Statt um 20 % sei die Geldbuße daher um 25 % herabzusetzen. 343    Es ist festzustellen, dass den Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑149/07 und T‑150/07 in diesem Punkt eine Berufung auf den Grundsatz in dubio pro reo, wonach ihrer Ansicht nach Zweifel den betroffenen Unternehmen zugute kommen, versagt ist, da sich dieser Grundsatz auf die Führung des Nachweises einer Zuwiderhandlung und darauf bezieht, ob die von der Kommission vorgelegten Beweismittel die von ihr in der angefochtenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen stützen. Diese Klägerinnen stellen aber die Zuwiderhandlung, für die sie in der angefochtenen Entscheidung mit einer Sanktion belegt worden sind, nicht in Frage. 344    Was das Argument der Klägerinnen angeht, die gegen ThyssenKrupp wegen der Zuwiderhandlung in Belgien verhängte Geldbuße sei herabzusetzen, da der 856. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung einen Ermäßigungssatz von 25 % ausweise, ist zu beachten, dass der in Art. 1 Abs. 1 vierter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung festgesetzte Geldbußenbetrag eine Ermäßigung um 20 % wegen der Zusammenarbeit von ThyssenKrupp im Rahmen der Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 enthält. 345    Zwar ist der verfügende Teil eines Rechtsakts mit seiner Begründung untrennbar verbunden, so dass er erforderlichenfalls unter Berücksichtigung der Gründe auszulegen ist, die zu seinem Erlass geführt haben (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Mai 1997, TWD/Kommission, C‑355/95 P, Slg. 1997, I‑2549, Randnr. 21). Die Gründe der angefochtenen Entscheidung lassen jedoch klar die Absicht der Kommission erkennen, ThyssenKrupp nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 eine Ermäßigung der Geldbuße um 20 % und nicht um 25 % zu gewähren. 346    Denn zum einen hat die Kommission im 772. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen, dass „ThyssenKrupp [vertraulich] … vollständig die Voraussetzungen der Randnr. 21 [der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 erfüllt] und Beweismittel von erheblichem Mehrwert vorgelegt [hat], die der Kommission in hohem Maße dazu verholfen haben, die Zuwiderhandlung nachzuweisen“. Sie hat jedoch klargestellt, dass sich „[d]ie vorgelegten Beweismittel … nicht auf Tatsachen [beziehen], die [ihr] zuvor nicht bekannt gewesen wären, und … auch keine [zeitgleichen] Beweismittel [enthalten]“, was auf die Vornahme einer geringfügigen Herabsetzung des Geldbußenbetrags im Rahmen der in Randnr. 23 Buchst. b Abs. 1 zweiter Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 vorgesehenen Bandbreite hindeutet. Zum anderen bestätigt der 773. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich, dass es „[a]ufgrund der vorstehenden Erwägungen … angemessen [erscheint], ThyssenKrupp eine Ermäßigung um 20 % innerhalb der [anwendbaren] Bandbreite zu gewähren“. 347    Der Ermäßigungssatz von 25 %, der im 856. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genannt ist, der sämtliche den einzelnen Unternehmen als Gegenleistung für ihre Zusammenarbeit im Verwaltungsverfahren gewährten Geldbußenermäßigungen im Ergebnis zusammenfasst, ist im Lichte der Erwägungsgründe 772 und 773 sowie des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung als ein Schreibfehler anzusehen. Die erste Rüge der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑149/07 und T‑150/07 ist daher zurückzuweisen. 348    Zweitens tragen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑149/07 und T‑150/07 vor, ThyssenKrupp hätte nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 eine Ermäßigung der ihr wegen der Zuwiderhandlung in Belgien auferlegten Geldbuße von mindestens 25 % gewährt werden müssen. Sie habe nämlich Beweise für Tatsachen und Umstände vorgelegt, die der Kommission zuvor unbekannt gewesen seien. Außerdem sei es dabei um Schlüsselelemente der Zuwiderhandlung gegangen. 349    Hierzu ist festzustellen, dass die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑149/07 et T‑150/07 nicht in Abrede stellen, dass der Kooperationsbeitrag von ThyssenKrupp unter Randnr. 23 Buchst. b Abs. 1 zweiter Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 fällt und dass dieses Unternehmen danach Anspruch auf eine Ermäßigung der Geldbuße um zwischen 20 % und 30 % hatte. Die ThyssenKrupp wegen ihrer Zusammenarbeit gewährte Ermäßigung der Geldbuße um 20 % (773. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) liegt daher innerhalb der in dieser Mitteilung für diesen Fall vorgesehenen Spanne. 350    Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wenn sie den genauen Umfang der innerhalb der Bandbreite nach Randnr. 23 Buchst. b Abs. 1 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 zu gewährenden Ermäßigung der Geldbuße zu bestimmen hat, über einen Wertungsspielraum verfügt und dass nur ein offensichtliches Überschreiten dieses Spielraums vom Gericht beanstandet werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, oben in Randnr. 335 angeführt, Randnrn. 81, 88 und 89). 351    Nachdem die Kommission in der angefochtenen Entscheidung eingeräumt hatte, dass ThyssenKrupp Anspruch auf Ermäßigung der Geldbuße habe, da die „[vorgelegten] Beweismittel [ihr] in hohem Maße dazu verholfen haben, die Zuwiderhandlung nachzuweisen“, entschloss sie sich, eine Ermäßigung des Geldbußenbetrags um 20 % zu gewähren, weil „[d]ie vorgelegten Beweismittel … sich … nicht auf Tatsachen [beziehen], die [ihr] vorher nicht bekannt gewesen wären, und … auch keine [zeitgleichen] Beweismittel [enthalten]“ (772. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 352    Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑149/07 und T‑150/07 bestreiten jedoch die sachliche Richtigkeit der im 772. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellungen. 353    Sie tragen zunächst vor, die Zuwiderhandlung in Belgien habe aus zwei Phasen bestanden, nämlich zum einen aus einem Kartell, das die Marktanteile oder das Einfrieren der Marktanteile betroffen habe, und zum anderen aus einem Kartell für die Zuweisung von Verfahren zur Vergabe öffentlicher oder privater Aufträge zur Erreichung der vereinbarten Marktanteile. Die Kommission stütze sich aber für ihre in den Erwägungsgründen 158 und 159 der angefochtenen Entscheidung getroffene Feststellung zum Einfrieren der Marktanteile der betreffenden Unternehmen nur auf von ThyssenKrupp vorgelegte Beweise. Damit habe ThyssenKrupp der Kommission dieser vorher nicht bekannte Informationen über einen Aspekt geliefert, der für die Zuwiderhandlung in Belgien konstitutiv gewesen sei, nämlich über das Kartell, das die Aufteilung des Geschäftsbereichs Verkauf und Montage von Aufzügen und Fahrtreppen in Belgien betroffen habe. 354    Hierzu ist festzustellen, dass zwischen den beiden im 158. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung beschriebenen Aspekten der Zuwiderhandlung ein innerer Zusammenhang besteht. Die Zuweisung öffentlicher und privater Aufträge und anderer Verträge „entsprechend den zuvor vereinbarten Anteilen“, wie es im dritten Satz des 158. Erwägungsgrundes heißt, setzt nämlich das Bestehen eines Marktaufteilungskartells voraus, von dem im ersten Satz des 158. Erwägungsgrundes sowie im 159. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung die Rede ist. Da die Klägerinnen nicht bestreiten, dass die von Kone und Otis vorgelegten Beweismittel für den Nachweis des im dritten Satz des 158. Erwägungsgrundes bezeichneten Kartells ausreichten, ist davon auszugehen, dass das Bestehen eines Kartells hinsichtlich der Marktanteile der vier betroffenen Hersteller der Kommission zum Zeitpunkt des Antrags von ThyssenKrupp bekannt gewesen sein muss. 355    Jedenfalls ist den Akten der Kommission zu entnehmen, dass diese bereits im Februar 2004 von Kone darüber informiert wurde, dass den an der Zuwiderhandlung in Belgien Beteiligten ein Anpassungsmechanismus für den Fall zur Verfügung stand, dass die tatsächlichen von den vereinbarten Marktanteilen abwichen, was nur im Rahmen eines Marktaufteilungskartells denkbar war. Unter diesen Umständen zeigt zwar der Umstand, dass sich der 159. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung für den Nachweis des Bestehens des Marktanteilekartells nur auf von ThyssenKrupp stammende Beweismittel bezieht, dass diese Beweismittel der Kommission zum Nachweis der Zuwiderhandlung verholfen haben, impliziert deshalb jedoch nicht, dass die Kommission durch diese Beweismittel über ihr zuvor nicht bekannte Tatsachen informiert worden wäre. 356    Außerdem bedeutet der Umstand, dass die Vertreter von Kone in Beantwortung einer von der Kommission bei einer Zusammenkunft [vertraulich] gestellten Frage zu der „für die Marktanteile herangezogenen Quelle“ erklärt haben, dass ihnen diese Quelle angesichts der Tatsache, dass die Marktanteile zu der Zeit, als sie ihre Stelle bei Kone angetreten hätten, bereits festgelegt gewesen seien, unbekannt sei, keineswegs, dass die Kommission vor dem [vertraulich], als der Antrag von ThyssenKrupp bei ihr eingegangen war, keine Kenntnis vom Bestehen des Marktanteilekartells gehabt hätte. Vielmehr belegt schon die Tatsache, dass die Kommission die Vertreter von Kone zur Art und Weise der Bestimmung der Marktanteile der beteiligten Unternehmen befragt hat, hinreichend, das die Kommission bereits vor [vertraulich] Kenntnis vom Bestehen eines Kartells über die Marktanteile hatte. 357    Dem Akteninhalt zufolge ist angesichts der Elemente, die der Kommission bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung von ThyssenKrupp nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 bekannt waren, d. h. angesichts des Bestehens eines Marktanteilekartells und der von den Beteiligten tatsächlich vereinbarten Marktanteile, davon auszugehen, dass sich die Angaben, die dieses Unternehmen der Kommission gegenüber machte, nicht auf Tatsachen bezogen, die dieser vorher unbekannt gewesen wären. Im Übrigen ist zu der Aussage, die Marktanteile seien auf der Grundlage der vom sektoralen Verband Agoria, ehemals Fabrimetal, erstellten Marktstatistiken eingefroren worden, festzustellen, dass sie im Rahmen des Nachweises der Zuwiderhandlung in Belgien nur einen beschränkten Mehrwert darstellt. 358    Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑149/07 und T‑150/07 machen weiter geltend, ThyssenKrupp habe einen maßgeblichen Beitrag zur Feststellung der Zuwiderhandlungen im Zusammenhang mit der Instandhaltung und Modernisierung von Aufzügen und Fahrtreppen in Belgien (771. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) geleistet, da sie als erstes Unternehmen den Beweis vorgelegt habe, dass die beteiligten Unternehmen, wie sich klar aus einem Vergleich der Mitteilung der Beschwerdepunkte mit der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 189 bis 196 der angefochtenen Entscheidung) ergebe, [vertraulich] angewandt hätten, was die Zuwiderhandlung noch gravierender gemacht habe. 359    Die Klägerinnen führen aus, sie hätten der Kommission zum Beweis für ihre Behauptungen [vertraulich] ein Telefax von Schindler vorgelegt. Die Behauptung der Kommission im 772. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass ThyssenKrupp kein einziges Beweisstück aus der Zeit der Zuwiderhandlung vorgelegt habe, sei daher unzutreffend. Auch wenn die Kommission dieses Telefax anlässlich der Nachprüfungen bei Schindler und Kone kopiert habe, habe sie doch die Bedeutung dieser Schriftstücke nur aufgrund der Aussagen von ThyssenKrupp erkannt. Der Mehrwert bestehe gerade in der zusätzlichen Erläuterung durch ThyssenKrupp, zumal den Beweismitteln, die der Kommission vorgelegen hätten, insbesondere einer Aussage von Kone vom 11. Februar 2004, zu entnehmen gewesen sei, dass kein [vertraulich] verwendet worden sei. 360    Hierzu ist festzustellen, dass sich das Telefax von Schindler, auf das sich die genannten Klägerinnen beziehen, zum Zeitpunkt der Antragstellung von ThyssenKrupp [vertraulich] bereits im Besitz der Kommission befand. Wie sich aus den unbestrittenen Feststellungen im 196. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und den in deren Fn. 224 aufgeführten Schriftstücken ergibt, war das Telefax von Schindler nämlich bereits im Januar 2004 bei Kone und Schindler beschlagnahmt worden. Daher kann, auch wenn dieses Telefax ein Beweismittel darstellt, das aus der Zeit der Zuwiderhandlung selbst stammt, doch nicht davon ausgegangen werden, dass dieses von ThyssenKrupp übermittelte Schriftstück gegenüber den Beweismitteln, die sich zum Zeitpunkt der Antragstellung dieses Unternehmens bereits im Besitz der Kommission befanden, einen erheblichen Mehrwert dargestellt hätte. Da es somit nicht die Voraussetzungen der Randnr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 erfüllte, hatte die Kommission dieses Schriftstück bei der Bestimmung des Umfangs der ThyssenKrupp wegen deren Zusammenarbeit nach dieser Mitteilung gewährten Ermäßigung der Geldbuße nicht zu berücksichtigen. Denn zu einer Ermäßigung der Geldbuße nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 berechtigen nur Beweismittel, die die Voraussetzungen der Randnr. 21 dieser Mitteilung erfüllen. 361    Zwar hat ThyssenKrupp mit ihrer Übermittlung des Telefax von Schindler ergänzende Informationen über [vertraulich] geliefert. Diese Informationen stellten jedoch, obwohl sie die Voraussetzungen der Randnr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 erfüllten, keine zeitgleichen Beweismittel dar und bezogen sich auf eine Tatsache – [vertraulich] –, die bereits in den Erläuterungen von Otis von März 2004 (194. Erwägungsgrund und Fn. 222 der angefochtenen Entscheidung) offengelegt worden war. Jedenfalls geht aus den Erwägungsgründen 189 und 193 bis 196 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass [vertraulich], auf das sich die Klägerinnen beziehen, nur die Funktionsweise und Durchführung des Kartells in Bezug auf die Wartungsverträge betraf und als solches kein entscheidendes Element für die Feststellung der in Art. 1 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung bezeichneten Zuwiderhandlung darstellte. 362    Schließlich können die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑149/07 und T‑150/07 auch nicht damit gehört werden, dass ein Vergleich der Mitteilung der Beschwerdepunkte mit der angefochtenen Entscheidung ergebe, dass die Kommission aufgrund der ihr von ThyssenKrupp übermittelten Informationen eine schwerwiegendere Zuwiderhandlung habe feststellen können. Denn ein Vergleich der Randnrn. 195 bis 200 der Mitteilung der Beschwerdepunkte mit den von diesen Klägerinnen angeführten Erwägungsgründen 189 bis 196 der angefochtenen Entscheidung lässt nicht erkennen, dass zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und dem Erlass der angefochtenen Entscheidung eine Qualifikation der Tatsachen als schwerwiegender vorgenommen worden wäre. Jedenfalls hätte eine nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgenommene Qualifizierung der Zuwiderhandlung als schwerwiegender nicht das Ergebnis des Telefax von Schindler und der von ThyssenKrupp in ihrem Antrag gemachten Erläuterungen sein können, da dieser Antrag der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorausging und das Telefax von Schindler und die Erläuterungen von ThyssenKrupp schon in den Randnrn. 196 und 200 der Mitteilung der Beschwerdepunkte geprüft worden waren. 363    In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen ist festzustellen, dass die Kommission die Ermäßigung der Geldbuße von ThyssenKrupp, die dieser wegen ihrer Zusammenarbeit bei der Feststellung der Zuwiderhandlung in Belgien zu gewähren war, zutreffend auf den Mindestsatz innerhalb der in Randnr. 23 Buchst. b Abs. 1 zweiter Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 vorgesehenen Bandbreite festgesetzt hat, ohne ihren Wertungsspielraum offensichtlich zu überschreiten. 364    Drittens machen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑149/07 und T‑150/07 geltend, die Kommission habe den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt, indem sie ThyssenKrupp eine Ermäßigung der Geldbuße um 20 %, Otis jedoch, deren Kooperationsbeitrag dem von ThyssenKrupp ähnlich gewesen sei, eine Ermäßigung um 40 % gewährt habe. 365    Nach ständiger Rechtsprechung darf die Kommission im Rahmen ihrer Beurteilung der von den an einer Absprache Beteiligten geleisteten Zusammenarbeit nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen (vgl. Urteile des Gerichts Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, oben in Randnr. 106 angeführt, Randnr. 237, und vom 20. März 2002, ABB Asea Brown Boveri/Kommission, T‑31/99, Slg. 2002, II‑1881, Randnr. 240 und die dort angeführte Rechtsprechung). 366    Das in der vorstehenden Randnr. 364 wiedergegebene Vorbringen, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung dargetan werden soll, ist jedoch zurückzuweisen. 367    Zum einen ist nämlich der Mehrwert eines nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 gestellten Antrags anhand der sich bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweismittel zu beurteilen. Da jedoch der Kooperationsbeitrag von Otis demjenigen von ThyssenKrupp vorausging (Erwägungsgründe 96 und 98 der angefochtenen Entscheidung), verfügte die Kommission zu dem Zeitpunkt, zu dem ThyssenKrupp ihren Antrag nach dieser Mitteilung stellte, über mehr Beweismittel als zum Zeitpunkt der Antragstellung durch Otis. 368    Zum anderen hat Otis zeitgleiche Beweisdokumente mit erheblichem Beweiswert vorgelegt (766. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), während ThyssenKrupp nur ein einziges zeitgleiches Beweismittel vorgelegt hat, nämlich das oben in Randnr. 360 genannte Telefax von Schindler, das jedoch nicht der Randnr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 genügte, da es sich bereits im Besitz der Kommission befand, als ThyssenKrupp ihren Antrag nach dieser Mitteilung einreichte. 369    Unter diesen Umständen hat die Kommission, da sich Otis und ThyssenKrupp nicht in vergleichbaren Situationen befanden, nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, indem sie ThyssenKrupp nach dem zweiten Gedankenstrich der genannten Bestimmung eine Ermäßigung der Geldbuße um 20 % gewährte. 370    Aus alledem folgt, dass sämtliche Rügen von ThyssenKrupp, die sich auf die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 auf ihre Kooperation bei der Feststellung der Zuwiderhandlung in Belgien beziehen, zurückzuweisen sind. Zur Zusammenarbeit von ThyssenKrupp bei der Feststellung der Zuwiderhandlung in Deutschland 371    Im 812. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission befunden, dass ThyssenKrupp im Hinblick auf ihre Zusammenarbeit bei der Feststellung der Zuwiderhandlung in Deutschland [vertraulich] (807. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), weder ein Erlass noch eine Ermäßigung der Geldbuße zu gewähren sei. 372    Im 808. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission aus: „ThyssenKrupp trägt einige Behauptungen vor, die sich auf [vertraulich] beziehen [vertraulich]. Diese Behauptungen werden [jedoch] nicht durch zeitgleiche Beweismittel gestützt, und die Kommission hat hierfür keine Beweismittel festgestellt.“ 373    Sodann hat die Kommission im 809. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass „[d]ie übrigen Angaben, die ThyssenKrupp [vertraulich] gemacht hat, … nur die Beweismittel in der Mitteilung der Beschwerdepunkte [bestätigen], was weder einen entscheidenden Beitrag noch einen erheblichen Mehrwert darstellt“. 374    In den Randnrn. 810 und 811 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission schließlich insbesondere Folgendes dargelegt: „(810) … Das Vorbringen von ThyssenKrupp war für die Feststellung [der] Zuwiderhandlung [gegen Art. 81 EG] durch die Kommission nicht entscheidend, da diese bereits über ausreichende Beweismittel verfügte, wie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgezeigt wird. … ThyssenKrupp [hat] keine aus dem Untersuchungszeitraum stammenden Beweismittel vorgelegt … Vielmehr bestätigen die Erklärungen, die nach Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte und nach Einsicht in die Akte erstellt wurden, lediglich Beweismittel, die sich bereits im Besitz der Kommission befanden. … [D]ie unbestätigten einseitigen Erklärungen über [vertraulich] bleiben weiterhin unbewiesen. (811)      Angesichts dessen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die von ThyssenKrupp vorgelegten Informationen einen erheblichen Mehrwert im Sinne der [Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002] darstellen. [vertraulich] Selbst dann noch beschränkte ThyssenKrupp ihre Zusammenarbeit [vertraulich] auf eine bloße Bestätigung der Stellungnahmen, die schon von allen anderen Kartellmitgliedern abgegeben worden waren. [vertraulich]“ 375    Nach Ansicht der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 hat die Kommission gegen die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 verstoßen, da sie den von ThyssenKrupp vorgelegten Beweismitteln zu den Zuwiderhandlungen in Deutschland keinen erheblichen Mehrwert zuerkannt habe. 376    Erstens habe ThyssenKrupp die ihr in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zur Last gelegten Tatsachen nicht bestritten, sondern bestätigt und ergänzt. Damit habe sie im Sinne von Randnr. 22 Satz 1 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 der Kommission dazu verholfen, die Zuwiderhandlung nachzuweisen. ThyssenKrupp habe der Kommission unverzüglich die Ergebnisse ihrer internen Untersuchungen zur Verfügung gestellt, nachdem es ihr gelungen sei, die in Deutschland begangenen Zuwiderhandlungen aufzuklären. 377    Zweitens habe Thyssen Krupp der Kommission, indem sie sie über [vertraulich] informiert habe, Beweismittel von erheblichem Mehrwert vorgelegt, die eine Ermäßigung der gegen sie wegen der Zuwiderhandlung in Deutschland verhängten Geldbuße um 20 % gerechtfertigt hätten. Die Beweise [vertraulich] seien von erheblichem Mehrwert unabhängig davon, ob die Kommission sie berücksichtige. Durch die Nichtberücksichtigung dieser Beweismittel habe die Kommission außerdem die berechtigten Erwartungen der genannten Klägerinnen verletzt, da Randnr. 617 der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu entnehmen sei, dass [vertraulich] bei der Würdigung der Schwere jeder Zuwiderhandlung berücksichtigt worden sei. 378    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 im Gegensatz zu Abschnitt D Nr. 2 zweiter Gedankenstrich der Mitteilung über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996) keine Ermäßigung der Geldbuße zugunsten eines Unternehmens vorsieht, das nach Eingang der Mitteilung der Beschwerdepunkte den Sachverhalt, auf den die Kommission ihre Einwände stützt, nicht bestreitet. 379    Nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 muss ein Unternehmen, um für eine Ermäßigung der Geldbuße in Betracht zu kommen, der Kommission Beweismittel für die mutmaßliche Zuwiderhandlung vorlegen, die gegenüber den bereits in ihrem Besitz befindlichen Beweismitteln einen erheblichen Mehrwert darstellen (Randnr. 21 dieser Mitteilung). 380    Angesichts des Wertungsspielraums, über den die Kommission bei der Würdigung der Zusammenarbeit eines Unternehmens nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 und insbesondere bei der Feststellung verfügt, ob Beweismittel einen erheblichen Mehrwert darstellen, kann nur ein offensichtliches Überschreiten dieses Spielraums vom Gericht beanstandet werden (siehe oben, Randnr. 350). 381    Daher ist zu prüfen, ob die Kommission ihren Wertungsspielraum offensichtlich überschritten hat, indem sie festgestellt hat, dass die von ThyssenKrupp vorgelegten Beweismittel keinen erheblichen Mehrwert im Sinne dieser Mitteilung darstellten. 382    Nach den Randnrn. 21 und 22 dieser Mitteilung berücksichtigt die Kommission bei der Prüfung des Mehrwerts der von einem Unternehmen vorgelegten Beweismittel nicht nur deren Eigenschaft und/oder Ausführlichkeit, sondern auch jene Beweismittel, die sich zum Zeitpunkt der Antragstellung des betreffenden Unternehmens bereits in ihrem Besitz befinden. 383    Dazu ist festzustellen, dass die Kommission zum Zeitpunkt der Antragstellung durch ThyssenKrupp [vertraulich] nicht nur von Kone, Otis und Schindler bereits Anträge nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 zur Zuwiderhandlung in Deutschland erhalten hatte, sondern zudem zwei Nachprüfungsrunden nach Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 17 (Erwägungsgründe 104 und 106 der angefochtenen Entscheidung) durchgeführt und Auskunftsverlangen nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 an die an der Zuwiderhandlung in Deutschland beteiligten Unternehmen, an die Verbände VDMA, VFA und VMA sowie an mehrere Kunden in Deutschland gerichtet hatte (Erwägungsgründe 110, 111 und 113 der angefochtenen Entscheidung). Außerdem hatte die Kommission bereits hinreichend Beweismittel zusammengetragen, um den Beteiligten an der Zuwiderhandlung in Deutschland am 7. Oktober 2005, bevor ThyssenKrupp ihren Antrag stellte, Beschwerdepunkte mitzuteilen (135. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Im Übrigen bestreiten die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 nicht, dass die Behauptungen von ThyssenKrupp nicht durch zeitgleiche Beweismittel gestützt wurden (Erwägungsgründe 808 und 810 der angefochtenen Entscheidung). 384    Zur Behauptung der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07, dass ThyssenKrupp den dem Kartell in Deutschland zugrunde liegenden Sachverhalt „bestätigt und ergänzt“ habe, ist festzustellen, dass die Klägerinnen außer den die Verschleierung des Kartells betreffenden Beweismitteln weder genaue Angaben zu den von ihnen angeblich vorgelegten Beweismitteln machen noch vortragen, inwiefern diese einen erheblichen Beweiswert im Sinne von Randnr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 dargestellt haben sollen. 385    Was die Beweismittel hinsichtlich [vertraulich] in Deutschland angeht, ergibt sich aus den in den Randnrn. 234 bis 236 der Mitteilung der Beschwerdepunkte und den Erwägungsgründen 219 bis 221 der angefochtenen Entscheidung genannten Schriftstücken, dass die von Kone, Otis und Schindler vor der Antragstellung von ThyssenKrupp vorgelegten Beweismittel bereits für den Nachweis ausreichten, dass die Teilnehmer am Kartell in Deutschland verschiedene Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatten [vertraulich]. 386    Soweit das Vorbringen der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 [vertraulich] betrifft, ist zu beachten, dass diese Bestrebungen, soweit sie erwiesen sind, in die Zeit nach der Zuwiderhandlung fielen, wie diese in Art. 1 Abs. 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellt worden ist. Diese Beweismittel konnten daher der Kommission nicht zum Nachweis der Zuwiderhandlung verhelfen und somit keinen erheblichen Mehrwert im Sinne von Randnr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 darstellen. 387    Da mithin im vorliegenden Fall die von ThyssenKrupp vorgelegten Beweismittel die Voraussetzungen dieser Bestimmung nicht erfüllten, hat die Kommission ThyssenKrupp eine Ermäßigung ihrer Geldbuße nach Randnr. 23 Buchst. b Abs. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit zu Recht verweigert. 388    Was schließlich die Rüge einer Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes angeht, ist in der vorstehenden Randnr. 179 darauf hingewiesen worden, dass sich auf den Vertrauensschutz jeder berufen kann, bei dem die Unionsverwaltung durch bestimmte Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat. 389    Dass die Kommission in Randnr. 617 der Beschwerdepunkte ausgeführt hat, sie werde bei der Würdigung der Schwere der Zuwiderhandlung insbesondere berücksichtigen, dass die Kartellbeteiligten umfangreiche Vorsichtsmaßnahmen getroffen hätten, um eine Aufdeckung des Kartells zu verhindern, kann jedoch nicht als bestimmte Zusicherung gewertet werden, ThyssenKrupp nach Randnr. 23 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 eine Ermäßigung der Geldbuße für ihre Zusammenarbeit zu gewähren. Die Ermäßigung der Geldbuße nach dieser Bestimmung hängt nämlich vom erheblichen Mehrwert der vorgelegten Beweismittel ab, zu dem Randnr. 617 der Mitteilung der Beschwerdepunkte keinen Hinweis enthält. Da außerdem ThyssenKrupp zum Zeitpunkt des Eingangs der Mitteilung der Beschwerdepunkte noch keinen Antrag nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 in Bezug auf die Zuwiderhandlung in Deutschland gestellt hatte, konnte Randnr. 617 der Mitteilung der Beschwerdepunkte jedenfalls keine begründeten Erwartungen hinsichtlich des Mehrwerts der noch nicht vorgelegten Beweismittel wecken. 390    Nach alledem sind sämtliche Rügen, die ThyssenKrupp gegenüber der Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 auf ihre Kooperation bei der Feststellung der Zuwiderhandlung in Deutschland geltend macht, zurückzuweisen. Zur Zusammenarbeit von ThyssenKrupp bei der Feststellung der Zuwiderhandlung in Luxemburg 391    ThyssenKrupp, die als drittes Unternehmen einen Antrag nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 hinsichtlich des Kartells in Luxemburg stellte (119. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), wurde in Bezug auf dieses Kartell keine Ermäßigung der Geldbuße nach dieser Mitteilung gewährt (828. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Dazu führt die Kommission im 827. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung aus: „Die Kommission stellt fest, dass sie bereits vor Einreichung des Antrags [nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002] durch ThyssenKrupp eine Nachprüfung in Luxemburg durchgeführt und von Kone und Otis zwei einander bestätigende Anträge [nach dieser Mitteilung] betreffend Kartellaktivitäten in Luxemburg erhalten hatte. Der Antrag von ThyssenKrupp bestand aus einer kurzen mündlichen Erklärung des Unternehmens, und mit ihm wurden weder aus dem betreffenden Zeitraum stammende Beweismittel noch neue Informationen von Bedeutung vorgelegt; vielmehr war der Antrag weitgehend auf die Bestätigung von der Kommission bereits bekannten Informationen, z. B. über die am Kartell beteiligten Personen, beschränkt. ThyssenKrupp hat daher keine neuen Beweismittel von erheblichem Mehrwert vorgelegt und der Kommission im Vergleich zu den Beweismitteln, die sich zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits in ihrem Besitz befanden, nicht in erheblichem Ausmaß zum Nachweis des fraglichen Sachverhalts verholfen. Nach der Stellung ihres … Antrags … hat ThyssenKrupp keinen weiteren Kooperationsbeitrag mehr geleistet, außer dass sie das Auskunftsersuchen der Kommission nach Art. 18 Abs. 2 [der Verordnung Nr. 1/2003) beantwortet hat.“ 392    Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 tragen vor, die Kommission habe die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 rechtlich falsch angewandt, da sie nicht den Mehrwert der von ThyssenKrupp vorgelegten Beweismittel berücksichtigt habe. ThyssenKrupp habe der Kommission nämlich dadurch Beweismittel von erheblichem Mehrwert verschafft, dass sie den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargelegten Sachverhalt nicht bestritten und die Vorwürfe der Kommission untermauert und ergänzt habe, was sich nach Randnr. 23 Buchst. b Abs. 1 zweiter Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 in einer Ermäßigung der gegen sie wegen des Kartells in Luxemburg festgesetzten Geldbuße um 20 % bis 30 % niederschlagen müsste. 393    Bereits in der vorstehenden Randnr. 378 ist darauf hingewiesen worden, dass die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 keine Ermäßigung der Geldbuße zugunsten eines Unternehmens vorsieht, das nach Erhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht den Sachverhalt bestreitet, auf den die Kommission ihre Einwände stützt. Es ist daher zu prüfen, ob die Kommission den Wertungsspielraum, über den sie bei der Beurteilung der Zusammenarbeit eines Unternehmens nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 verfügt, durch ihre Feststellung offensichtlich überschritten hat, dass die von ThyssenKrupp vorgelegten Beweismittel im Verhältnis zu den Beweismitteln, die sich zum Zeitpunkt der Einreichung des von diesem Unternehmen nach dieser Mitteilung gestellten Antrags bereits in ihrem Besitz befanden, keinen erheblichen Mehrwert darstellten. 394    Im vorliegenden Fall ist als Erstes festzustellen, dass die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07, die sich nicht dagegen wenden, dass Kone ein Geldbußenerlass nach Randnr. 8 Buchst. b der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 gewährt worden war, auch nicht bestreiten, dass schon die von Kone vorgelegten Informationen es der Kommission ermöglichten, eine Zuwiderhandlung in Luxemburg festzustellen (816. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission hatte somit bereits ausreichende Beweismittel erhalten, um zum Zeitpunkt der Antragstellung durch ThyssenKrupp eine Zuwiderhandlung in Luxemburg feststellen zu können. Außerdem war bei der Kommission vor der Antragstellung durch ThyssenKrupp – im März 2004 – auch schon ein Antrag von Otis eingegangen, aufgrund dessen dieser eine Ermäßigung der gegen sie wegen der Zuwiderhandlung in Luxemburg festgesetzten Geldbuße um 40 % gewährt wurde (Erwägungsgründe 118 und 823 der angefochtenen Entscheidung). 395    Als Zweites ist festzustellen, dass die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 nicht bestreiten, dass ThyssenKrupp im Rahmen ihres Antrags [vertraulich] der Kommission kein zeitgleiches Beweismittel vorgelegt hat (827. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Nach Randnr. 22 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 ist jedoch schriftlichen Beweisen aus der Zeit des nachzuweisenden Sachverhalts größerer Wert beizumessen als Beweisen, die zeitlich später einzuordnen sind. 396    Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 führen jedoch mehrere Umstände an, die ihrer Ansicht nach geeignet sind, zu belegen, dass die von ThyssenKrupp beigebrachten Beweise einen erheblichen Mehrwert gegenüber den bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweisen darstellten. 397    Erstens berufen sich diese Klägerinnen auf die in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen zahlreichen Bezugnahmen auf den von ThyssenKrupp nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 gestellten Antrag, um dessen Mehrwert darzutun. 398    Dass die Kommission sämtliche ihr vorliegenden Beweismittel und damit auch die von ThyssenKrupp in deren Antrag [vertraulich] mitgeteilten Informationen in der angefochtenen Entscheidung verwertet hat, belegt deshalb jedoch noch nicht, dass diese Informationen gegenüber den der Kommission zu diesem Zeitpunkt bereits vorliegenden Beweismitteln einen erheblichen Mehrwert darstellten. Denn der Mehrwert im Sinne der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 ist sowohl anhand der Qualität der Zusammenarbeit als auch des Vergleichs dieser Zusammenarbeit mit den bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweismitteln zu beurteilen. 399    In diesem Zusammenhang können die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 nicht geltend machen, die Kommission habe ihre Begründungspflicht verletzt, indem sie die Bedeutung der ihr von den Unternehmen vorgelegten detaillierten Beweismittel zu Unrecht herunterspiele. Nach ständiger Rechtsprechung muss die in Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung die Überlegungen der Unionsbehörde, die den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteile des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 63, und vom 30. September 2003, Deutschland/Kommission, C‑301/96, Slg. 2003, I‑9919, Randnr. 87). Im vorliegenden Fall hat die Kommission jedoch in den Erwägungsgründen 825 bis 828 der angefochtenen Entscheidung (siehe insbesondere oben, Randnr. 391) die Gründe, aus denen wegen der Zuwiderhandlung in Luxemburg keine Ermäßigung der Geldbuße gewährt werden konnte, klar dargelegt. 400    Zweitens machen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 geltend, dass sich die Kommission auf Erklärungen von ThyssenKrupp gestützt habe, um sich im 307. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung auf die Vorsichtsmaßnahmen der an der Zuwiderhandlung Beteiligten zu beziehen, mit denen diese die Treffen und Kontakte zwischen den Wettbewerbern hätten verschleiern wollen. 401    Die im 307. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführten Erklärungen von ThyssenKrupp nehmen darauf Bezug, dass [vertraulich] von TKAL ein zweites Mobiltelefon mit Wertkarte verwendet habe, um die wettbewerbswidrigen Zusammenkünfte zu organisieren. Die Bemühungen der Teilnehmer am Kartell in Luxemburg, ihre Treffen und Kontakte zu verschleiern, gehen jedoch bereits klar aus dem Antrag von Kone vom 5. Februar 2004, insbesondere dessen Nrn. 3.4.2 und 3.4.5, hervor. Unter diesen Umständen hat die Kommission ihren Wertungsspielraum nicht offensichtlich überschritten, indem sie festgestellt hat, dass die im 307. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Erklärungen von ThyssenKrupp gegenüber den sich bereits in ihrem Besitz befindlichen Beweismitteln keinen erheblichen Mehrwert dargestellt hätten. 402    Drittens führen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 aus, ThyssenKrupp habe die Kommission als erstes Unternehmen darauf hingewiesen, dass die rechtswidrigen Zusammenkünfte [vertraulich] organisiert worden [vertraulich] seien (303. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Dazu gehe aus Fn. 455 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Eingabe von ThyssenKrupp [vertraulich] denjenigen ihrer Wettbewerber vorausgegangen sei. 403    Wie sich aus den Akten ergibt, war jedoch der Kommission aufgrund der Erklärungen von Kone und Otis von Februar und März 2004 die Rolle [vertraulich] bei der Organisation der rechtswidrigen Zusammenkünfte entgegen den Behauptungen der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 schon vor der Eingabe von ThyssenKrupp bekannt. Daher kann den in der vorstehenden Randnummer genannten Erklärungen von ThyssenKrupp kein erheblicher Mehrwert im Sinne von Randnr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 beigemessen werden. 404    Selbst wenn man aber annähme, dass ThyssenKrupp das erste Unternehmen gewesen sei, das die oben in Randnr. 402 angeführten Informationen mitgeteilt hat, hätte jedenfalls die Kommission nicht ihren Wertungsspielraum offensichtlich überschritten, indem sie die Ansicht vertrat, dass diese Angaben keinen erheblichen Mehrwert im Sinne von Randnr. 21 dieser Mitteilung darstellten. Nicht nur kann nämlich die Identität des Unternehmens, das die rechtswidrigen Zusammenkünfte einberufen hat, nicht als ein wichtiges Element für den Nachweis der Existenz eines Kartells angesehen werden, sondern die Kommission hat dem 721. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zufolge auch die fraglichen Informationen nicht als überzeugend genug angesehen, um daraus den Schluss ziehen zu können, dass [vertraulich] der Anführer des Kartells in Luxemburg gewesen sei oder in diesem eine entscheidende Rolle wahrgenommen habe. 405    Viertens habe ThyssenKrupp in ihrem Antrag [vertraulich] die Kommission vom Bestehen eines „Anpassungsmechanismus“ in Kenntnis gesetzt. Immer wenn die vereinbarten Marktanteile nicht eingehalten worden seien, sei automatisch eine Neuverteilung der Projekte zwischen den Beteiligten des Kartells vorgenommen worden (Erwägungsgründe 317 und 336 der angefochtenen Entscheidung). Hierzu führe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (Fn. 484 und 517) eine Eingabe von Kone vom 29. Oktober 2004 an, die aber nicht freiwillig und viel später als diejenige von ThyssenKrupp gemacht worden sei. 406    Wie den Akten zu entnehmen ist, hat jedoch ThyssenKrupp in ihrem Antrag [vertraulich] nur angegeben, dass mit der Verteilung der Projekte ein Einfrieren der Marktanteile bezweckt gewesen sei und dass eine Nichteinhaltung der Vereinbarungen eine Berichtigung für die nachfolgenden Projekte zur Folge gehabt habe. Über diese Informationen verfügte die Kommission jedoch schon zum Zeitpunkt der Antragstellung durch ThyssenKrupp. Ein erheblicher Mehrwert im Sinne von Randnr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 kann daher den von ThyssenKrupp übermittelten Informationen über den Anpassungsmechanismus nicht beigemessen werden. 407    Fünftens habe ThyssenKrupp in ihrer Eingabe [vertraulich] ausgeführt, dass die Projektlisten die Namen der Projekte, die Aufzugmengen und die Preise enthalten hätten. Die Kommission habe diese Information im 321. Erwägungsgrund Buchst. a, b und c verwendet, ohne allerdings einzuräumen, dass es sich um einen Beitrag von ThyssenKrupp handele. 408    Wie aus den Akten hervorgeht, ist jedoch festzustellen, dass sich die in der vorstehenden Randnummer genannten Informationen schon im Besitz der Kommission befanden, als ThyssenKrupp ihren Antrag einreichte. Daher kann den fraglichen Informationen kein erheblicher Mehrwert im Sinne von Randnr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 beigemessen werden. 409    Sechstens tragen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 vor, die Kommission habe Informationen über den Inhalt der Wartungsverträge verwertet und sich hierzu auf die Eingabe von Kone vom 5. Februar 2004 und von ThyssenKrupp [vertraulich] gestützt, während die Eingaben von Schindler und Luxlift erst später gemacht worden seien (348. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission habe jedoch die im 348. Erwägungsgrund getroffene Aussage durch vier Aussagen von Wettbewerbern bestätigt und sich offensichtlich nicht allein auf die Aussage von Kone verlassen können. 410    Dem Akteninhalt zufolge ist jedoch festzustellen, dass Kone am 5. und 11. Februar 2004, vor der Antragstellung von ThyssenKrupp [vertraulich], viel detailliertere Angaben zu den Wartungsverträgen als ThyssenKrupp gemacht hatte und dass diese Informationen von Otis am 23. März 2004 mündlich bestätigt worden waren. Somit kann den Angaben zu den Wartungsverträgen, die von ThyssenKrupp in ihrem Antrag nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 gemacht wurden, kein erheblicher Mehrwert beigemessen werden. 411    Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 nicht nachgewiesen haben, dass die Kommission ihren Wertungsspielraum offensichtlich überschritten hat, indem sie die Auffassung vertreten hat, dass die von ThyssenKrupp vorgelegten Beweismittel keinen erheblichen Mehrwert im Sinne von Randnr. 21 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 dargestellt hätten. 412    Drittens machen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 geltend, die Kommission habe ihr Ermessen grob fehlerhaft ausgeübt, indem sie die Entscheidung der luxemburgischen Wettbewerbsbehörde [vertraulich] ignoriert habe, mit der ThyssenKrupp ein Geldbußenerlass gewährt worden sei und die darauf hindeute, dass die Kooperationsbeiträge dieses Unternehmens nach luxemburgischem Recht für die Gewährung eines vollständigen oder teilweisen Geldbußenerlasses ausreichten und damit einen Mehrwert aufwiesen. 413    Wie dargelegt, wurde mit dem Bescheid des luxemburgischen Wettbewerbsrats [vertraulich] über Kronzeugenbehandlung gegenüber TKAL und TKE der Eingang ihres Antrags auf Kronzeugenbehandlung in Bezug auf die Zuwiderhandlung in Luxemburg und zudem bestätigt, dass diesem Antrag rechtliche Geltung für das Verfahren in Luxemburg eingeräumt werde (Art. 1 und 2 des Bescheids über Kronzeugenbehandlung). Dieser Bescheid enthält jedoch keine sachliche Beurteilung der von ThyssenKrupp vorgelegten Beweismittel. Der luxemburgische Wettbewerbsrat sah es nämlich als „zweckmäßig an, die Entscheidung über den Antrag auf Kronzeugenbehandlung in der Sache bis zum Ausgang der Untersuchung der … Kommission auszusetzen“ (Nr. 6 und Art. 3 des Bescheids über Kronzeugenbehandlung). Dem Vorbringen der Klägerinnen ist daher nicht zu folgen. 414    Viertens behaupten die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07, wegen der bei den mit der Sache betrauten Beamten anzutreffenden offensichtlichen Sprachschwierigkeiten, die sich in einer Fehlinterpretation einzelner Beweismittel niedergeschlagen hätten, habe die Kommission den Mehrwert des Beitrags von ThyssenKrupp nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 nicht korrekt gewürdigt. Dieses Vorbringen ist jedoch aus den in der vorstehenden Randnr. 86 dargelegten Gründen zurückzuweisen. 415    Nach alledem sind sämtliche von ThyssenKrupp geltend gemachten Rügen, die sich auf die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 auf ihre Kooperation bei der Feststellung der Zuwiderhandlung in Luxemburg beziehen, zurückzuweisen. 416    Damit ist der vorliegende Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum Klagegrund der Verletzung der Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Gleichbehandlung, der Verhältnismäßigkeit und der ordnungsgemäßen Verwaltung bei der Bestimmung des Umfangs der wegen der Zusammenarbeit außerhalb der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 gewährten Ermäßigung der Geldbußen 417    In Randnr. 614 der Mitteilung der Beschwerdepunkte hatte die Kommission angekündigt, zu „prüfen, ob, insbesondere in Fällen, in denen eine Gesellschaft den von der Kommission festgestellten Sachverhalt nicht bestreitet oder an dessen Aufklärung oder Ergänzung weiter mitwirkt, Ermäßigungen wegen Zusammenarbeit außerhalb der Mitteilung über [Zusammenarbeit von 2002] gewährt werden können“. 418    Im 758. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hat sie ausgeführt: „Die Kommission hat beschlossen, Randnr. 614 der Mitteilung der Beschwerdepunkte, soweit diese Randnummer in der vorliegenden Sache Erwartungen geweckt hat, zugunsten derjenigen Unternehmen auszulegen, die sich auf sie berufen und an der Feststellung der Zuwiderhandlung in der vorliegenden Entscheidung dadurch mitwirken, dass sie den Sachverhalt nicht bestreiten oder weitere Informationen oder Klarstellungen liefern.“ 419    So hat die Kommission allen an den vier Zuwiderhandlungen Beteiligten mit Ausnahme zum einen der Unternehmen, die in den Genuss eines Geldbußenerlasses gekommen sind (Erwägungsgründe 762, 817 und 839 angefochtenen Entscheidung), und zum anderen von Kone im Rahmen des Kartells in den Niederlanden (851. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) dafür, dass sie den in der Mitteilung über die Beschwerdepunkte dargelegten Sachverhalt nicht bestritten haben, eine Ermäßigung der Geldbuße um 1 % wegen ihrer Zusammenarbeit außerhalb der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 gewährt (Erwägungsgründe 768, 774, 777, 794, 801, 806, 813, 824, 829, 835, 845, 854, 855 und 856 der angefochtenen Entscheidung). 420    Als Erstes vertreten die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 die Auffassung, sie hätten in Bezug auf die Zuwiderhandlungen in Belgien, Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden Anspruch auf eine Ermäßigung der gegen ThyssenKrupp festgesetzten Geldbußen um mindestens 10 %, da sie den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angeführten Sachverhalt nicht bestritten hätten. Diese berechtigten Erwartungen ergäben sich aus Randnr. 614 der Mitteilung der Beschwerdepunkte und aus der Entscheidungspraxis der Kommission, nach der einem Unternehmen, das die ihm in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zur Last gelegten Tatsachen nicht bestreite, gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 eine Ermäßigung seiner Geldbuße um 10 % zu gewähren sei. 421    Erstens kann sich, wie in der vorstehenden Randnr. 388 dargelegt, auf den Vertrauensschutz jeder berufen, bei dem die Unionsverwaltung durch bestimmte Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat. 422    Hingegen kann, wie bereits oben in Randnr. 180 festgestellt worden ist, niemand eine Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes geltend machen, dem die Verwaltung keine bestimmten Zusicherungen gegeben hat. Präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte von zuständiger und zuverlässiger Seite stellen solche Zusicherungen dar. 423    Zwar sieht die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 im Gegensatz zu derjenigen von 1996 keine Ermäßigung der Geldbuße zugunsten der Unternehmen vor, die nicht den Sachverhalt bestreiten, auf den die Kommission ihre Einwände in der Mitteilung der Beschwerdepunkte stützt. Die Kommission hat jedoch im 758. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung eingeräumt, dass Randnr. 614 der Mitteilung der Beschwerdepunkte bei den Unternehmen die berechtigte Erwartung geweckt habe, dass das Nichtbestreiten des Sachverhalts zu einer Ermäßigung der Geldbuße außerhalb der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 führe. 424    In Randnr. 614 der Mitteilung der Beschwerdepunkte hatte die Kommission angekündigt, zu „prüfen, ob, insbesondere in Fällen, in denen eine Gesellschaft den von der Kommission festgestellten Sachverhalt nicht bestreitet oder an dessen Aufklärung oder Ergänzung weiter mitwirkt, Ermäßigungen wegen Zusammenarbeit außerhalb der Mitteilung über [Zusammenarbeit von 2002] gewährt werden können“. Eine solche Äußerung kann nicht als bestimmte Zusicherung angesehen werden, die bei den Klägerinnen begründete Erwartungen darauf hätte wecken können, dass ihnen eine Ermäßigung der Geldbuße um mehr als 1 % gewährt würde. Randnr. 614 der Mitteilung der Beschwerdepunkte gibt nämlich nicht den Umfang oder den Satz der Ermäßigung an, der den betreffenden Unternehmen gegebenenfalls gewährt würde, so dass er keinesfalls ein irgendwie geartetes berechtigtes Vertrauen darauf hätte begründen können. 425    Zweitens ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, die Kommission sei von ihrer früheren Praxis abgewichen, wonach einem Unternehmen, das den ihm in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zur Last gelegten Sachverhalt nicht bestreite, eine Ermäßigung der ihm auferlegten Geldbuße um 10 % gewährt werden könne; wie oben in Randnr. 153 ausgeführt worden ist, kann nämlich eine Entscheidungspraxis der Kommission nach ständiger Rechtsprechung nicht den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bilden. 426    Außerdem stellen die Klägerinnen nicht in Frage, dass allein die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 auf ihre Anträge anwendbar ist. Daher kann jedenfalls die Entscheidungspraxis der Kommission oder die Rechtsprechung zur Anwendung von Abschnitt D Nr. 2 zweiter Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 kein aus Randnr. 614 der Mitteilung der Beschwerdepunkte hergeleitetes berechtigtes Vertrauen der Klägerinnen hinsichtlich des Umfangs der Ermäßigung der Geldbußen wegen des Nichtbestreitens des Sachverhalts im Zusammenhang mit den Kartellen in Belgien, Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden begründen. 427    Als Zweites machen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07 und T‑154/07 geltend, die Kommission habe dadurch, dass sie keine Ermäßigung um 10 % wegen des Nichtbestreitens des Sachverhalts gewährt habe, gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Weiter machen sie insoweit eine Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung geltend, da die Kommission die Unternehmen angehalten habe, den Sachverhalt nicht zu bestreiten, ihnen jedoch nur eine Ermäßigung ihrer Geldbußen um 1 % gewährt habe. 428    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist. Dabei ist, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen; ferner müssen die verursachten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen (Urteile des Gerichtshofs vom 5. Mai 1998, Vereinigtes Königreich/Kommission, C‑180/96, Slg. 1998, I‑2265, Randnr. 96, und des Gerichts vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission, T‑30/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 223). 429    Zu dem Satz einer etwaigen Ermäßigung der Geldbuße wegen Nichtbestreitens des Sachverhalts ist festzustellen, dass nach der Rechtsprechung bei einem Unternehmen, das ausdrücklich erklärt, dass es die Tatsachenbehauptungen, auf die die Kommission ihre Vorwürfe stützt, nicht bestreite, davon ausgegangen werden kann, dass es zur Erleichterung der Aufgabe der Kommission beigetragen hat, Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln der Union festzustellen und zu verfolgen (Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, Mo och Domsjö/Kommission, T‑352/94, Slg. 1998, II‑1989, Randnr. 395, und SCA Holding/Kommission, T‑327/94, Slg. 1998, II‑1373, Randnr. 157). 430    Die Kommission hat jedoch im 758. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen, dass „[b]ei dem Umfang der Ermäßigung … berücksichtigt [wird], dass eine nach der Versendung der Beschwerdepunkte angebotene Zusammenarbeit, als die Kommission sämtliche Bestandteile der Zuwiderhandlung bereits ermittelt hatte, dem Unternehmen die Ergebnisse der Untersuchung bekannt waren und es Zugang zur Untersuchungsakte gehabt hatte, die Kommission, wenn überhaupt, nur geringfügig bei ihrer Untersuchung zu unterstützen vermag“. Dem hat sie hinzugefügt: „Grundsätzlich ist das Eingeständnis von Tatsachen unter diesen Umständen bestenfalls eine Erhärtung des Sachverhalts, den die Kommission in der Regel durch andere Beweismittel in der Akte als hinreichend bewiesen ansieht.“ 431    In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 ein hohes Niveau der Zusammenarbeit mit der Kommission verlangt, wobei diese in Betracht zieht, dass „die Höhe des Geldbußenerlasses stärker davon abhängig gemacht [werden könnte], welchen Beitrag des Unternehmen zum Nachweis des Kartells geleistet hat“ (Randnr. 5 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002). So sieht zum einen, wie bereits in der vorstehenden Randnr. 278 festgestellt worden ist, die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 anders als diejenige von 1996 keine Ermäßigung der Geldbußen wegen Nichtbestreitens des Sachverhalts vor, und zum anderen beläuft sich bei Anträgen, die gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 bei der Kommission eingereicht wurden, die größtmögliche Ermäßigung für Unternehmen, die weder das erste noch das zweite Unternehmen sind, das die Voraussetzung der Randnr. 21 dieser Mitteilung erfüllt, deren Beweismittel jedoch gegenüber den bereits im Besitz der Kommission befindlichen einen erheblichen Mehrwert darstellen, auf 20 %. 432    Angesichts der vorstehenden Ausführungen, sodann der Tatsache, dass die im vorliegenden Fall wegen Nichtbestreitens des Sachverhalts gewährten Ermäßigungen der Geldbußen zu denjenigen hinzutreten, die schon im Rahmen der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 gewährt wurden, und schließlich des geringen Werts einer nach Eingang der Mitteilung der Beschwerdepunkte angebotenen Zusammenarbeit (758. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) hat die Kommission dadurch, dass sie ThyssenKrupp wegen des Nichtbestreitens des Sachverhalts in Bezug auf die Kartelle in Belgien, Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden keine Geldbußenermäßigung um 10 % gewährt hat, nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Zudem bieten die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07 und T‑154/07 keinen Beweis dafür an, dass die Kommission sie zum Nichtbestreiten des Sachverhalts angehalten habe, so dass ihre Rüge einer Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung jedenfalls nicht durchgreifen kann. 433    Als Drittes machen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 geltend, ThyssenKrupp, die die Kommission über die Bestrebungen der an der Zuwiderhandlung in Deutschland Beteiligten, ihre Untersuchung zu behindern, in Kenntnis gesetzt habe, sei gegenüber den Unternehmen, die diese Verhaltensweisen bestritten hätten, diskriminierend behandelt worden, da beide Gruppen von Unternehmen für ihre Zusammenarbeit außerhalb der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 die gleiche Geldbußenermäßigung erhalten hätten. Des Weiteren macht die Klägerin in der Rechtssache T‑144/07 dazu geltend, dass auf alle Unternehmen unabhängig von ihrem Kooperationsbeitrag eine Ermäßigung der Geldbuße um 1 % angewandt worden sei. 434    Dieser Rüge kann nicht gefolgt werden. Da die von ThyssenKrupp zu den Behinderungsversuchen aufgestellten Behauptungen der Kommission nicht zum Nachweis der Zuwiderhandlung verhelfen konnten (siehe oben, Randnr. 386), war die zweckdienliche Kooperation von ThyssenKrupp außerhalb der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 auf das Nichtbestreiten des Sachverhalts beschränkt. Der Kooperationsbeitrag von ThyssenKrupp ist damit vergleichbar mit dem der anderen Unternehmen, die sich, was die Zusammenarbeit außerhalb dieser Mitteilung betrifft, darauf beschränkt haben, den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargelegten Sachverhalt nicht zu bestreiten. 435    Als Viertes tragen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 vor, aufgrund der Methode zur Berechnung der Ermäßigung um 1 % wegen Nichtbestreitens des Sachverhalts entstehe ThyssenKrupp ein finanzieller Schaden im Vergleich zu den übrigen Unternehmen, die am Verwaltungsverfahren beteiligt gewesen seien. Bei ThyssenKrupp habe die Kommission nämlich die gewährten Geldbußenermäßigungen in zwei Schritten errechnet, nämlich in Bezug auf Belgien und die Niederlande zunächst Ermäßigungen um 20 % bzw. 40 % für die Kooperation im Rahmen der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 und sodann Ermäßigungen um 1 % für die Kooperation außerhalb dieser Mitteilung. Bei den anderen Unternehmen sei die 1%ige Ermäßigung jedoch unmittelbar auf die von der Kommission festgesetzte Geldbuße angewandt worden. Mit ihrer Berechnungsweise habe die Kommission somit die Unternehmen, die keine Ermäßigung der Geldbuße nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 erhalten hätten, gegenüber den Unternehmen, die im Verwaltungsverfahren kooperiert hätten, begünstigt. 436    Es ist schon darauf hingewiesen worden (siehe oben, Randnr. 365), dass die Kommission nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen ihrer Beurteilung der von den an einer Absprache Beteiligten geleisteten Zusammenarbeit nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen darf. 437    Indessen ist außer dem Umstand, dass die im Rahmen der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 und die außerhalb dieser Mitteilung gewährten Ermäßigungen der Geldbußen verschiedenen Schritten der Berechnung der Geldbußenhöhe entsprechen, festzustellen, dass sich die Unternehmen, die sowohl im Rahmen als auch außerhalb dieser Mitteilung kooperiert haben, und die Unternehmen, die nur außerhalb dieser Mitteilung kooperiert haben, nicht in vergleichbaren Situationen befinden. Die Rüge einer Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung geht daher fehl. 438    Demgemäß ist der vorliegende Klagegrund insgesamt zurückzuweisen. Zum Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 439    Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 machen geltend, die Geldbußen, die in Art. 2 der angefochtenen Entscheidung für die in dieser Bestimmung festgestellten Zuwiderhandlungen festgesetzt worden seien, verstießen gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, da die Kommission für die Bestimmung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes der fraglichen Unternehmen auf den Umsatz der ThyssenKrupp-Gruppe und nicht auf denjenigen der Tochtergesellschaften, die sich unmittelbar an den Zuwiderhandlungen beteiligt hätten, abgestellt habe. 440    Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 tragen erstens vor, dass TKAG und TKE nicht die von ihren jeweiligen Tochtergesellschaften begangenen Zuwiderhandlungen zugerechnet werden könnten und dass die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 bezeichnete Obergrenze von 10 % des Umsatzes damit nach dem Umsatz dieser Tochtergesellschaften zu ermitteln sei. 441    Festzustellen ist jedoch, dass sich diese Rüge mit den in den vorstehenden Randnrn. 100 bis 149 geprüften Rügen zur Zurechnung der rechtswidrigen Verhaltensweisen der Tochtergesellschaften der ThyssenKrupp-Gruppe an ihre Muttergesellschaften deckt. Aus den Ausführungen zu diesen Rügen folgt indessen, dass die Kommission zu Recht davon ausgegangen ist, dass TKAG und TKE mit ihren jeweiligen Tochtergesellschaften eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Diese Rüge ist daher zurückzuweisen. 442    Zweitens halten die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 eine Bestimmung der Obergrenze der Geldbußen auf der Grundlage des Umsatzes der Muttergesellschaft jedenfalls auch deshalb für ausgeschlossen, weil sich Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 auf „an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen“ beziehe. Die Obergrenze von 10 % gelte daher für den Umsatz des unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligten Zuwiderhandelnden und nicht für den Umsatz seiner gesamtschuldnerisch haftenden Muttergesellschaft. 443    In Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 heißt es dazu, dass „[d]ie Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Vereinigung … 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen [darf]“. Nach ständiger Rechtsprechung ist unter dem in dieser Bestimmung bezeichneten Umsatz der Gesamtumsatz des betreffenden Unternehmens zu verstehen (vgl. Urteil Dalmine/Kommission, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 146, und Urteil vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 428 angeführt, Randnr. 177 und die dort angeführte Rechtsprechung). 444    Somit ist die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Obergrenze von 10 % des Umsatzes anhand des gesamten Umsatzes aller Gesellschaften zu ermitteln, aus denen die als Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG auftretende wirtschaftliche Einheit besteht (Urteile des Gerichts HFB u. a./Kommission, oben in Randnr. 311 angeführt, Randnr. 528, und vom 15. Juni 2005, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑71/03, T‑74/03, T‑87/03 und T‑91/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 390). 445    Im vorliegenden Fall hat die Kommission festgestellt, dass TKAG für die Zwecke der Anwendung des Art. 81 EG mit ihren in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Tochtergesellschaften eine wirtschaftliche Einheit bilde (siehe oben, Randnrn. 100 bis 149). Unter Berücksichtigung der in den vorstehenden Randnrn. 443 und 444 angeführten Rechtsprechung hat sich die Kommission für die Berechnung der von ihr in Art. 2 der angefochtenen Entscheidung auferlegten Geldbußen zu Recht auf den Umsatz der Muttergesellschaft bezogen, um die Geldbußen in einer hinreichend abschreckenden Höhe festzusetzen. 446    Folglich hat die Kommission nicht gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen, indem sie im Hinblick auf die zu verhängenden Geldbußen für Zuwiderhandlungen, die von den zur ThyssenKrupp gehörenden Gesellschaften begangen wurden, bei der Bestimmung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes auf den Umsatz von TKAG abgestellt hat. Da die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 nicht geltend machen, dass die gegen sie festgesetzte Geldbuße die Obergrenze von 10 % dieses Umsatzes übersteige, sind ihre Rügen zurückzuweisen. Zum Klagegrund der Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Berechnung des Endbetrags der Geldbußen 447    Nach Ansicht der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 ist der Endbetrag der gegen sie festgesetzten Geldbußen unverhältnismäßig. 448    Zur Darlegung des Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit heben erstens die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑149/07 und T‑150/07 den einzelstaatlichen Charakter der in der angefochtenen Entscheidung geahndeten Zuwiderhandlungen hervor. Zweitens machen die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 geltend, die gegen ThyssenKrupp wegen der Zuwiderhandlungen in Belgien und in Luxemburg verhängten Geldbußen seien im Verhältnis zur Größe der betreffenden Markte zu hoch und spiegelten nicht korrekt die wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse zwischen den an den Zuwiderhandlungen beteiligten Unternehmen wider, auf die es bei ihrer Begehung entscheidend angekommen sei. Die Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 weisen in diesem Zusammenhang weiter darauf hin, dass die wegen der Zuwiderhandlungen in Belgien und den Niederlanden gegen sie festgesetzten Geldbußen einem Vielfachen der jeweiligen Umsätze von TKLA und TKL entsprächen. Drittens führt die Klägerin in der Rechtssache T‑144/07 aus, nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit habe die Kommission den endgültigen Betrag der Geldbuße so festzusetzen, dass er den gesamten Umfang der von TKLA geleisteten Zusammenarbeit widerspiegele, und insbesondere das von der belgischen Wettbewerbsbehörde gegebene Versprechen einer Kronzeugenbehandlung zu berücksichtigen. Die Klägerin in der Rechtssache T‑154/07 macht hierzu außerdem geltend, dass die Kommission den Geldbußenerlass, den TKL von der niederländischen Wettbewerbsbehörde erwirkt habe, hätte berücksichtigen müssen. 449    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist. Dabei ist, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen; ferner müssen die verursachten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen (siehe oben, Randnr. 428). 450    Die Geldbußen dürfen folglich nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen – Beachtung der Wettbewerbsregeln – stehen, und die einem Unternehmen wegen einer Zuwiderhandlung im Bereich des Wettbewerbs auferlegte Geldbuße ist so zu bemessen, dass sie bei einer Gesamtwürdigung der Zuwiderhandlung unter besonderer Berücksichtigung ihrer Schwere in angemessenem Verhältnis zu ihr steht (Urteil vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 428 angeführt, Randnr. 224). Zudem kann die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen die Notwendigkeit berücksichtigen, deren abschreckende Wirkung sicherzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 247 angeführt, Randnr. 108, und Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Europa Carton/Kommission, T‑304/94, Slg. 1998, II‑869, Randnr. 89). 451    Erstens ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall die Kartelle im Wesentlichen aus geheimen Absprachen zwischen Kartellmitgliedern zu dem Zweck bestanden, durch die Zuweisung von Projekten für den Verkauf und den Einbau neuer Aufzüge und/oder Fahrtreppen die Märkte aufzuteilen oder die Marktanteile einzufrieren sowie den gegenseitigen Wettbewerb bei der Wartung und Modernisierung von Aufzügen und Fahrtreppen zu unterlassen (außer in Deutschland, wo das Wartungs- und Modernisierungsgeschäft nicht Gegenstand der Absprachen zwischen den Kartellmitgliedern war). Solche Zuwiderhandlungen zählen aber schon ihrem Wesen nach zu den schwerwiegendsten Verstößen gegen Art. 81 EG (658. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). 452    Hierbei ist die verhältnismäßig geringe Größe des Marktes für die fraglichen Produkte, unterstellt, sie sei erwiesen, im Verhältnis zu allen anderen Faktoren, die die Schwere der Zuwiderhandlung belegen, von nur untergeordneter Bedeutung (vgl. in diesem Sinne Urteil Roquette Frères/Kommission, oben in Randnr. 185 angeführt, Randnr. 151). Das Vorbringen der Klägerinnen, die von der Kommission verhängten Geldbußen seien im Verhältnis zur Größe der betreffenden Märkte unverhältnismäßig, ist daher zurückzuweisen. 453    Was zweitens die Angemessenheit der Geldbußen im Verhältnis zur Größe und zur Wirtschaftskraft der betreffenden als Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG handelnden wirtschaftlichen Einheiten angeht, ist darauf hinzuweisen, dass diese Geldbußen nach den vorstehenden Ausführungen nicht die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 genannte Obergrenze übersteigen, die verhindern soll, dass die Geldbußen gemessen an der Bedeutung des Unternehmens unverhältnismäßig sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 247 angeführt, Randnr. 129, und Urteil vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission, oben in Randnr. 428 angeführt, Randnr. 229). 454    Drittens kann die Kommission nach ständiger Rechtsprechung bei der Bemessung der Geldbußen insbesondere die Größe und die Wirtschaftskraft der als Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG handelnden wirtschaftlichen Einheit berücksichtigen. Im vorliegenden Fall entspricht jedoch das zu berücksichtigende maßgebliche Unternehmen nicht jeder Tochtergesellschaft, die an den in Art. 1 Abs. 1, 3 und 4 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlungen beteiligt war. Vielmehr ergibt sich aus der vorstehenden Prüfung, dass die Unternehmen, die die Zuwiderhandlungen begangen haben, auf die Art. 1 Abs. 1, 3 und 4 jeweils vierter Gedankenstrich der angefochtenen Entscheidung Bezug nimmt, TKAG und alle ihre in diesen Bestimmungen der angefochtenen Entscheidung genannten Tochtergesellschaften sind (siehe oben, Randnrn. 100 bis 149). Unter diesen Umständen ist das Vorbringen zurückzuweisen, mit dem die Klägerinnen lediglich ein Missverhältnis zwischen der Höhe der von der Kommission festgesetzten Geldbußen und dem von den genannten Tochtergesellschaften, ohne die Muttergesellschaft, erzielten Umsatz dartut. 455    Viertens ist nach der Rechtsprechung die Kommission bei der Ermittlung der Höhe der Geldbußen anhand von Schwere und Dauer der betreffenden Zuwiderhandlung nicht verpflichtet, für den Fall, dass gegen mehrere an derselben Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen Geldbußen festgesetzt werden, dafür zu sorgen, dass in den von ihr errechneten Endbeträgen der Geldbußen der betreffenden Unternehmen alle Unterschiede in Bezug auf ihren Gesamtumsatz oder ihren Umsatz auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt zum Ausdruck kommen (vgl. in diesem Sinne Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 94 angeführt, Randnr. 312, und Urteil des Gerichts vom 4. Juli 2006, Hoek Loos/Kommission, T‑304/02, Slg. 2006, II‑1887, Randnr. 84). 456    So hat das Gericht bereits befunden, dass der Endbetrag der Geldbuße nicht von vornherein ein geeigneter Faktor ist, um zu bestimmen, ob eine Geldbuße im Hinblick auf die Bedeutung der am Kartell Beteiligten etwa unverhältnismäßig ist. Für die Ermittlung dieses Endbetrags sind nämlich u. a. verschiedene Umstände maßgeblich, die nicht mit dem Marktanteil oder dem Umsatz des fraglichen Unternehmens, sondern mit seinem individuellen Verhalten zusammenhängen, etwa der Dauer der Zuwiderhandlung, dem Vorliegen erschwerender oder mildernder Umstände und dem Umfang der Zusammenarbeit des Unternehmens (Urteil Hoek Loos/Kommission, oben in Randnr. 455 angeführt, Randnrn. 85 und 86). 457    Außerdem geht aus den Erwägungsgründen 672, 673, 674, 676, 680 und 686 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission die betreffenden Unternehmen bei der Festsetzung des spezifischen Ausgangsbetrags der Geldbußen differenzierend behandelt hat, um ihrer Bedeutung auf den von den Kartellen betroffenen Märkten Rechnung zu tragen. So hat sie die Unternehmen „gemäß ihrem Umsatz mit Aufzügen und/oder Fahrtreppen einschließlich gegebenenfalls Wartungs- und Modernisierungsdienstleistungen in verschiedene Gruppen unterteilt“ (673. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Dem Vorbringen der Klägerinnen, wonach die verhängten Geldbußen nicht die wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse zwischen den an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen korrekt widerspiegelten, ist daher nicht zu folgen. 458    Fünftens ist auch das Vorbringen der Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07 und T‑154/07 zurückzuweisen, dass die Kommission nicht dem gesamten Umfang der von ThyssenKrupp in Bezug auf Belgien geleisteten Zusammenarbeit Rechnung getragen habe und die Rechtsakte der nationalen Wettbewerbsbehörden hätte berücksichtigen müssen. 459    Wie dargelegt, ist nämlich die von TKLA bei der Feststellung der Zuwiderhandlung in Belgien geleistete Zusammenarbeit von der Kommission in den Erwägungsgründen 769 bis 774 der angefochtenen Entscheidung gebührend berücksichtigt worden. Auch ist den vorstehenden Ausführungen (Randnrn. 338 bis 370) zu entnehmen, dass die Kommission in dieser Hinsicht keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat. Des Weiteren geht aus den vorstehenden Randnrn. 156 bis 190 hervor, dass sich die Klägerinnen auch nicht auf Zusagen hinsichtlich einer Kronzeugenbehandlung berufen können, die sie von den belgischen und niederländischen Wettbewerbsbehörden erhalten haben wollen. 460    Aufgrund dessen ist der von den Klägerinnen in den Rechtssachen T‑144/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 angeführte Klagegrund der Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Berechnung des Endbetrags der Geldbuße zurückzuweisen. Zur Bestimmung des Endbetrags der Geldbußen 461    Wie sich aus den vorstehenden Randnrn. 303 bis 323 ergibt, ist die angefochtene Entscheidung abzuändern, soweit sie in der angefochtenen Entscheidung eine Erhöhung des Grundbetrags der gegen ThyssenKrupp verhängten Geldbußen um 50 % wegen Wiederholungstäterschaft festsetzt. 462    Der Endbetrag dieser Geldbußen wird daher wie folgt berechnet: –        Hinsichtlich der Zuwiderhandlung in Belgien: Der Grundbetrag der Geldbuße (57 750 000 Euro) wird ermäßigt um 20 % wegen der Zusammenarbeit im Rahmen der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002, was einen Betrag von 46 200 000 Euro ergibt, und um 1 % wegen der Zusammenarbeit außerhalb der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002, was einen Endbetrag der Geldbuße von 45 738 000 Euro ergibt. –        Hinsichtlich der Zuwiderhandlung in Deutschland: Der Grundbetrag der Geldbuße (252 000 000 Euro) wird wegen der Zusammenarbeit außerhalb der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 um 1 % ermäßigt, was einen Endbetrag der Geldbuße von 249 480 000 Euro ergibt. –        Hinsichtlich der Zuwiderhandlung in Luxemburg: Der Grundbetrag der Geldbuße (9 000 000 Euro) wird wegen der Zusammenarbeit außerhalb der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 um 1 % ermäßigt, was einen Endbetrag der Geldbuße von 8 910 000 Euro ergibt. –        Hinsichtlich der Zuwiderhandlung in den Niederlanden: Der Grundbetrag der Geldbuße (26 350 000 Euro) wird ermäßigt um 40 % wegen der Zusammenarbeit im Rahmen der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002, was einen Betrag von 15 810 000 Euro ergibt, und um 1 % wegen der Zusammenarbeit außerhalb der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002, was einen Endbetrag der Geldbuße von 15 651 900 Euro ergibt. Kosten 463    Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt und teils unterliegt. Im vorliegenden Fall ist zu entscheiden, dass die Klägerinnen drei Viertel ihrer Kosten und drei Viertel der Kosten der Kommission tragen. Die Kommission hat ein Viertel ihrer eigenen Kosten sowie ein Viertel der Kosten der Klägerinnen zu tragen. Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Achte Kammer) für Recht erkannt und entschieden: 1.      Die Rechtssachen T‑144/07, T‑147/07, T‑148/07, T‑149/07, T‑150/07 und T‑154/07 werden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden. 2.      Art. 2 Abs. 1 vierter Gedankenstrich, Abs. 2 vierter Gedankenstrich, Abs. 3 vierter Gedankenstrich und Abs. 4 vierter Gedankenstrich der Entscheidung C (2007) 512 final der Kommission vom 21. Februar 2007 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] (Sache COMP/E‑1/38.823 − Aufzüge und Fahrtreppen) wird für nichtig erklärt. 3.      In den Rechtssachen T‑144/07, T‑149/07 und T‑150/07 wird der Betrag der in Art. 2 Abs. 1 vierter Gedankenstrich der Entscheidung C (2007) 512 gegen die ThyssenKrupp Liften Ascenseurs NV, die ThyssenKrupp Elevator AG und die ThyssenKrupp AG wegen der Zuwiderhandlung in Belgien verhängten Geldbuße auf 45 738 000 Euro festgesetzt. 4.      In den Rechtssachen T‑147/07, T‑149/07 und T‑150/07 wird der Betrag der in Art. 2 Abs. 2 vierter Gedankenstrich der Entscheidung C (2007) 512 gegen die ThyssenKrupp Aufzüge GmbH, die ThyssenKrupp Fahrtreppen GmbH, die ThyssenKrupp Elevator AG und die ThyssenKrupp AG wegen der Zuwiderhandlung in Deutschland verhängten Geldbuße auf 249 480 000 Euro festgesetzt. 5.      In den Rechtssachen T‑148/07, T‑149/07 und T‑150/07 wird der Betrag der in Art. 2 Abs. 3 vierter Gedankenstrich der Entscheidung C (2007) 512 gegen die ThyssenKrupp Ascenseurs Luxembourg Sàrl, die ThyssenKrupp Elevator AG und die ThyssenKrupp AG wegen der Zuwiderhandlung in Luxemburg verhängten Geldbuße auf 8 910 000 Euro festgesetzt. 6.      In den Rechtssachen T‑150/07 und T‑154/07 wird der Betrag der in Art. 2 Abs. 4 vierter Gedankenstrich der Entscheidung C (2007) 512 gegen die ThyssenKrupp Liften BV und die ThyssenKrupp AG wegen der Zuwiderhandlung in den Niederlanden verhängten Geldbuße auf 15 651 900 Euro festgesetzt. 7.      Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen. 8.      In jeder Rechtssache tragen die Klägerinnen drei Viertel ihrer eigenen Kosten sowie drei Viertel der Kosten der Europäischen Kommission. Die Kommission trägt ein Viertel ihrer Kosten sowie ein Viertel der Kosten der Klägerinnen. Martins Ribeiro Wahl Dittrich Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. Juli 2011. Unterschriften Inhaltsverzeichnis Verwaltungsverfahren 1.  Untersuchung der Kommission Belgien Deutschland Luxemburg Niederlande 2.  Mitteilung der Beschwerdepunkte 3.  Angefochtene Entscheidung Verfahren und Anträge der Parteien Zur Begründetheit 1.  Vorbemerkungen 2.  Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung Zum Klagegrund der fehlenden Zuständigkeit der Kommission Zum ersten Teil: Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG, da die fraglichen Kartelle nicht den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigten Zum zweiten Teil: Verletzung der Verordnung Nr. 1/2003, der Bekanntmachung über die Netzzusammenarbeit sowie der Grundsätze der Gleichbehandlung und des Vertrauensschutzes, da die Kommission die Verfolgung der Zuwiderhandlungen den jeweiligen nationalen Wettbewerbsbehörden hätte überlassen müssen Zum Klagegrund einer Verletzung der Grundsätze der Zurechnung der Haftung für Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 EG, der Unschuldsvermutung, der individuellen Zumessung von Strafen und der Gleichbehandlung sowie einer Verletzung der Verteidigungsrechte und des Art. 253 EG bei der Zurechnung der von den Tochtergesellschaften begangenen Zuwiderhandlungen an ihre Muttergesellschaften Vorbemerkungen Zur Zurechnung der in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlungen an TKE und TKAG –  Zur Vermutung der Verantwortlichkeit von TKAG und TKE für die Verhaltensweisen ihrer Tochtergesellschaften –  Zu dem Vorbringen der Klägerinnen, mit dem sie die Vermutung einer Haftung von TKAG und TKE für das Verhalten ihrer jeweiligen Tochtergesellschaften widerlegen wollen Zur Verletzung der Begründungspflicht und der Verteidigungsrechte Zu den Anträgen auf Beweisaufnahme 3.  Zu den Anträgen auf Aufhebung oder Herabsetzung der verhängten Geldbußen Zum Klagegrund einer Verletzung des Grundsatzes ne bis in idem Zum Klagegrund einer Verletzung der Leitlinien von 1998, der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung sowie der Verteidigungsrechte bei der Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbußen nach der Schwere der Zuwiderhandlungen Vorbemerkungen Angefochtene Entscheidung Zur behaupteten Rechtswidrigkeit der allgemeinen Ausgangsbeträge der Geldbußen Zur behaupteten Rechtswidrigkeit der spezifischen Ausgangsbeträge der Geldbußen Zum Klagegrund einer Verletzung der Leitlinien von 1998, des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, des Art. 253 EG und des Grundsatzes der Gleichbehandlung bei der Anwendung des Konzernmultiplikators zur Berücksichtigung des Abschreckungszwecks bei der Bestimmung des Ausgangsbetrag der Geldbuße Zum Klagegrund einer Verletzung der Leitlinien von 1998, des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und der Verteidigungsrechte bei der Erhöhung des Grundbetrags der Geldbußen um 50 % wegen Wiederholungstäterschaft Zum Klagegrund eines Verstoßes gegen die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 sowie einer Verletzung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Gleichbehandlung bei der Beurteilung der Zusammenarbeit Zur Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 Zum Wertungsspielraum der Kommission und zur Kontrolle durch die Unionsgerichte Zur Zusammenarbeit von ThyssenKrupp bei der Feststellung der Zuwiderhandlung in Belgien Zur Zusammenarbeit von ThyssenKrupp bei der Feststellung der Zuwiderhandlung in Deutschland Zur Zusammenarbeit von ThyssenKrupp bei der Feststellung der Zuwiderhandlung in Luxemburg Zum Klagegrund der Verletzung der Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Gleichbehandlung, der Verhältnismäßigkeit und der ordnungsgemäßen Verwaltung bei der Bestimmung des Umfangs der wegen der Zusammenarbeit außerhalb der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 gewährten Ermäßigung der Geldbußen Zum Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 Zum Klagegrund der Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Berechnung des Endbetrags der Geldbußen Zur Bestimmung des Endbetrags der Geldbußen Kosten * Verfahrenssprachen: Niederländisch und Deutsch. 1 – Nicht wiedergegebene vertrauliche Daten.