title
stringlengths 2
110
| content
stringlengths 7
71.4k
| author
stringclasses 892
values | description
stringlengths 0
689
| keywords
stringlengths 0
159
| category
stringclasses 30
values | datePublished
stringdate 1970-01-01 01:00:00+0100
2025-06-14 14:47:07+0100
| dateModified
stringdate 1970-01-01 01:00:00+0100
2025-06-14 14:47:07+0100
| url
stringlengths 41
239
|
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Wo hat sie denn eigentlich gestanden? | Zwanzig Jahre nach dem Ende der kommunistischen Systeme in Osteuropa und dem zur Sowjetunion gehörenden Teil Asiens scheint auch das wichtigste Symbol für Unfähigkeit und Menschenverachtung kommunistischer Machthaber im Nebel der Geschichte zu verschwinden: die Mauer. Im Zentrum Berlins kann man tagtäglich Touristen aus aller Welt begegnen, die – mit einem Stadtplan und einer historischen Broschüre bewaffnet – verzweifelt herauszufinden versuchen, wo denn hier nun eigentlich dieses weltberühmt gewordene Bauwerk gestanden hat, von dem sie so viel gehört haben. Dieser touristischen Neugier entspricht in gewisser Beziehung und auf einer ganz anderen Ebene, was Meinungsforscher über das DDR-Bild deutscher Schüler aus Ost und West zu berichten haben. Danach läßt sowohl das Faktenwissen über diesen Teil der deutschen Geschichte zu wünschen übrig, als auch das Geschichtsbild, das auf dieser Grundlage in den Köpfen heutiger Schüler entstanden ist. Schüler wie Lehrer und auch die Eltern scheinen sich mit dem historischen Phänomen DDR schwerzutun. Den Rezensenten überrascht das nicht, hatte er doch als Verantwortlicher in der politischen Bildungsarbeit mit diesen Fragen schon vor mehr als drei Jahrzehnten zu kämpfen. Jetzt liegt ein Buch vor, das geeignet sein könnte, Abhilfe zu schaffen. Der britische Historiker Frederick Taylor, ausgewiesen durch verschiedene Arbeiten zur deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert, hat es in englischer Sprache bereits vor drei Jahren veröffentlicht. Für die makellose Übersetzung ins Deutsche hat Klaus-Dieter Schmidt gesorgt. Beim Titel handelt es sich allerdings in beiden Sprachen um britisches understatement. Das Buch liefert deutlich mehr, als der Titel verspricht. Der Autor legt – dargestellt am Beispiel Berlins – eine Geschichte der Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg vor, die weder mit dem Bau der Mauer am 13. August 1961 begann, noch mit ihrer überraschenden Öffnung am 9. November 1989 beendet war. Taylor bringt zuerst einen kurzen Überblick über die preußisch-deutsche Geschichte vom Ausgang des Mittelalters bis zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten. Auf den folgenden 150 Seiten beschäftigt er sich mit der Nachkriegsgeschichte, der unterschiedlichen Politik der Besatzungsmächte, den speziellen Zielen Walter Ulbrichts in der DDR und Konrad Adenauers im Westen, sowie herausragenden Ereignissen wie dem Aufstand vom 17. Juni 1953 oder dem Berlin-Ultimatum Nikita Chruschtschows. Der eigentlichen Zeit des Baus der Mauer und ihrer 28jährigen Existenz mit all ihren politischen und menschlichen Auswirkungen widmet er natürlich den größten Teil seiner Darstellung. Dabei werden die Ereignisse stets in das historische Umfeld eingebettet. Die jeweilige politische Situation und oft unterschiedlichen Interessenlagen der Politiker werden präzise dargestellt. Ihr Handeln wird damit mehr oder weniger nachvollziehbar; das alles in einer Sprache, die frei ist von Aufgeregtheiten, aber dennoch der Dramatik und auch den vielen Tragödien, etwa bei den Mauertoten, angemessen. Die letzten dreißig Seiten widmet Taylor der Wiedervereinigung und ihren Folgen. Auch hier hütet er sich vor Pauschalurteilen, verschweigt aber nicht manche Unzufriedenheiten der ehemaligen DDR-Bürger. Da man es niemals allen recht machen kann, hofft er auf die Jugend, die nun bereits seit zwanzig Jahren in einem allen gemeinsamen Deutschland aufwächst und daher auch die Probleme von heute und morgen lösen muß. Taylors Buch bringt dem Fachmann wenig Neues. Sein Wert liegt in der guten Lesbarkeit und den vielen Informationen, die es dem zeitgeschichtlich interessierten Laien bietet. Das gilt zum Beispiel für den Brief des amerikanischen Präsidenten vom 18. August 1961 an den Regierenden Bürgermeister von Berlin, der im vollen Wortlaut abgedruckt wird. Kennedy antwortet Willy Brandt auf dessen „Brand-Brief“ zwei Tage vorher. Er sparte nicht an teilnehmenden Äußerungen für das Leid der Deutschen, legte aber auch ganz nüchtern die Eckpunkte dar, von denen er sich in Zukunft in seiner Berlin-Politik leiten lassen werde. Es ging nur noch um die Freiheit West-Berlins und den Zugang der Alliierten – mehr nicht, aber der Stachel im kommunistischen Fleisch blieb. Da dieser Brief von Vizepräsident Lyndon B. Johnson und dem in Berlin besonders populären General Lucius D. Clay überbracht wurde, die von einer Verstärkung der amerikanischen Truppen in Berlin um 1.500 Mann begleitet wurden, verfehlte er seine Wirkung auf den Adressaten, aber auch auf die Moral der West-Berliner nicht. Der Autor ergeht sich nie in Spekulationen, sondern stützt sich auf überprüfbare Quellen. Die Ergebnisse seiner Interviews mit gut ausgewählten Zeitzeugen sind ein ausgesprochenes Lesevergnügen. Insgesamt hat man den Eindruck, daß er den Deutschen als dem von der Teilung besonders betroffenen Volk mit Sympathie begegnet, natürlich besonders den Deutschen in der DDR, die schließlich die Hauptlast zu tragen hatten. Dagegen verschweigt er nicht, daß 1961 nach den Sperrmaßnahmen viele Politiker auch im Westen, zum Beispiel in Frankreich und Großbritannien, eher erleichtert als bedrückt waren. Bei diesen Leuten herrschte dann 1989 nach dem Fall der Mauer folgerichtig das umgekehrte Gefühl vor. Wer dem Desinteresse und mangelnden Wissen in bezug auf die DDR gerade bei jungen Leuten begegnen will, sollte sich dieses Buches bedienen. Es ist für den Schulunterricht an höheren Schulen gut geeignet, wird aber auch bei Einzellektüre nicht langweilen. Und auch der Abiturient, der kürzlich an einer Schule in Treptow seinen Lehrer mit der Frage überraschte, ob dieser Berliner Bezirk, in dem er geboren wurde, eigentlich zu Ost- oder West-Berlin gehört habe, findet in diesem Buch ohne Probleme die richtige Antwort. Ältere Zeitgenossen, die die dramatische Geschichte der Teilung Berlins bewußt miterlebt und miterlitten haben, werden sich nicht ohne Bewegung an lange zurückliegende eigene Erlebnisse erinnern lassen. Detlef Kühn war von 1972 bis 1991 Präsident des Gesamtdeutschen Instituts in Bonn Frederick Taylor: Die Mauer. 13. August 1961 bis 9. November 1989. Siedler Verlag, München 2009, gebunden, 576 Seiten, 30 Bilder, Euro 29,95 Foto: Eingelassene Metallstreifen auf Gehsteig oder Fahrbahn markieren den Verlauf der Berliner Mauer: Objekt der touristischen Neugier | JF-Online | Zwanzig Jahre nach dem Ende der kommunistischen Systeme in Osteuropa und dem zur Sowjetunion gehörenden Teil Asiens scheint auch das wichtigste Symbol für | Kultur | 2009-03-13T00:00:00+01:00 | 2009-03-13T00:00:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2009/wo-hat-sie-denn-eigentlich-gestanden/ |
|
AfD wirft Bundesregierung Untätigkeit bei Benes-Dekreten vor | BERLIN. Die AfD hat die Bundesregierung dafür kritisiert, sich nicht für die Abschaffung der Benes-Dekrete in Tschechien einzusetzen. Hintergrund sind zwei Anfragen des Bundestagsabgeordneten Stephan Protschkas (AfD) an die Regierung und widersprüchliche Äußerungen von Innenminister Horst Seehofer (CSU). Im Mai hatte das Innenministerium dem AfD-Politiker geantwortet, Deutschland vertraue derzeit auf „einen auf Verständigung und Versöhnung zielenden Dialog mit der tschechischen Regierung“. Der Vorschlag des tschechischen Menschenrechtlers und Politikers Václav Havel werde dagegen nicht diskutiert. Havel hatte 1991 empfohlen, den Heimatvertriebenen aus Böhmen die Staatsbürgerschaft wieder zu verleihen und ihnen ein Rückkehrrecht zu gewähren. Weiter hieß es: „Beide Seiten stimmen darin überein, daß das begangene Unrecht der Vergangenheit angehört und werden daher ihre Beziehungen auf die Zukunft ausrichten.“ Die Bundesregierung sei aber weiterhin „an der Fortsetzung ihrer bisherigen Politik der Aussöhnung und Zusammenarbeit mit Tschechien“ verpflichtet. Seehofer findet deutliche Worte beim „Tag der Heimat 2018“ Dagegen fand Seehofer im August beim „Tag der Heimat 2018“ des Bundes der Vertriebenen deutliche Worte. Die 143 Erlasse aus dem Oktober 1945 seien „Unrechtsdekrete“, die nicht zur Wertegemeinschaft der Europäischen Union gehörten. Protschka wertete diesen „Meinungsschwenk“ im Innenministerium als Erfolg seiner Partei. „Daß dies überhaupt thematisiert wird, ist ein erstaunlicher Schritt. Obwohl die Diskussion mit uns als Partei und Fraktion verweigert wird, sehen wir, daß wir als AfD wirken“, sagte er der JUNGEN FREIHEIT. Früher seien Mitglieder und Verbände, die die Benes-Dekretekritisierten, mundtot gemacht, bekämpft und ausgeschlossen worden. „Da hat es eine Konkurrenzpartei gebraucht, um ein plötzliches Umdenken auf allen Ebenen zu bewirken.“ Am Mittwoch konfrontierte Protschka in einer mündlichen Anfrage im Bundestag das Innenministerium mit den widersprüchlichen Äußerungen. „Ist das nun nur eine populistische Einzelmeinung des Herrn Seehofers, der die Bayernwahlen im Blick hat, oder eine 180 Grad Wende in der Ausrichtung der Regierung in Bezug auf die Sudetendeutschen?“ Der zuständige Staatssekretär sagte in seiner Antwort, die Regierung sehe keinen Widerspruch zwischen der schriftlichen Antwort vom Mai und den Äußerungen Seehofers. (ls) | JF-Online | Die AfD hat die Bundesregierung dafür kritisiert, sich nicht für die Abschaffung der Benes-Dekrete in Tschechien einzusetzen. Hintergrund sind zwei Anfragen des Bundestagsabgeordneten Stephan Protschkas (AfD) an die Regierung und widersprüchliche Äußerungen von Innenminister Horst Seehofer (CSU). | Deutschland | 2018-10-12T10:40:45+02:00 | 2018-10-15T09:00:08+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/afd-wirft-bundesregierung-untaetigkeit-bei-benes-dekreten-vor/ |
|
Jamaika-Koalition plant Ausweitung des Bleiberechts für Asylbewerber | KIEL. Die Landesregierung von Schleswig-Holstein aus CDU, Grünen und FDP hat angekündigt, das Bleiberecht für junge Flüchtlinge altersmäßig auszuweiten. Künftig sollen Asylbewerber bis zum 27. Lebensjahr unter bestimmten Umständen bleiben dürfen, statt wie bisher bis 21. Ziel des Antrags, der in dieser Woche im Landtag verhandelt wird, sei es, Paragraf 25b des Aufenthaltsgesetzes zu ergänzen. Die Gesetzesstelle regelt die Aufenthaltsgewährung von geduldeten Ausländern, wenn sie sich dauerhaft in die deutschen Lebensverhältnisse integriert haben. Schule oder Ausbildung als Voraussetzung Nach den Plänen der Jamaika-Koalition sollen künftig Ausländer bis 27 Jahre eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Voraussetzung sei, daß sie seit vier Jahren eine Schule besuchten, einen Schul- oder Berufsabschluss erworben hätten oder sich in Ausbildung oder Studium befänden. „Einer Änderung des Aufenthaltsgesetzes müßten Bundestag und Bundesrat zustimmen“, sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Aminata Touré, der Nachrichtenagentur dpa. „Manche jugendliche Flüchtlinge, die etwa mit 17 oder 18 Jahren nach Deutschland kommen, können bis zum 21. Lebensjahr schon rein zeitliche diese Vorgaben nicht erfüllen“, fügte Touré hinzu. (ag) | JF-Online | Die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein hat angekündigt, das Bleiberecht für junge Flüchtlinge altersmäßig auszuweiten. Künftig sollen Asylbewerber bis zum 27. Lebensjahr unter bestimmten Umständen bleiben dürfen, statt wie bisher bis 21. | Politik | 2018-07-02T17:14:55+02:00 | 2018-07-02T18:28:54+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/2018/jamaika-koalition-plant-ausweitung-des-bleiberechts-fuer-asylbewerber/ |
|
Tumult im Landtag: AfD-Fraktionschef als „Nazi-Schwein“ beschimpft | POTSDAM. Der Vorsitzende der Linke-Fraktion, Sebastian Walter, hat für einen Eklat im Brandenburger Landtag gesorgt. Zunächst rief er während der Rede des AfD-Fraktionschefs Hans-Christoph Berndt „Nazi-Schwein“ dazwischen. Vom Rednerpult aus beleidigte er Berndt und auch den Vizepräsidenten des Parlaments, Andreas Galau (AfD), später als „Nazis“. Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) ließ Walters Zwischenruf gegen Berndt ungestraft durchgehen. Erst als er auch in seiner eigenen Rede beleidigend wurde, erteilte sie ihm einen Ordnungsruf. Angeblich habe sie die Beschimpfung „Nazi-Schwein“ überhört. Galau – einziger Politiker seiner Partei in deutschen Parlamenten, der Vizepräsident ist – reichte das nicht. Er setzte eine Sondersitzung des Landtagspräsidiums durch, doch es blieb bei der milden Sanktion eines Ordnungsrufes für den Linken-Politiker. Nun will Galau eine Strafanzeige gegen Walter prüfen. Der Landtag hatte in Potsdam über Antisemitismus debattiert. Als AfD-Fraktionschef Berndt den Judenhaß im Bundesland „auf Massenmigration“, die Öffnung der Grenzen 2015 und den „politisierten Islam“ zurückführte, brach ein Tumult aus. Abgeordnete aller Parteien reagierten lautstark mit Empörung, die in Walters beleidigendem Zwischenruf gipfelte. Unter großem Applaus aller anderen Fraktionen sagte SPD-Fraktionschef Daniel Keller anschließend an Berndt gerichtet: „Das zeigt, daß Sie nichts, aber auch gar nichts aus deutscher Geschichte gelernt haben.“ Es sei „unerträglich, Geflüchtete und Juden gegeneinander auszuspielen“. Auf Antrag von SPD, CDU, Linken, Grünen und Freien Wählern beschloß der Landtag mit großer Mehrheit dann, einen Antisemitismus-Beauftragten einzustellen. Nur die AfD stimmte dagegen. (fh) | JF-Online | Ein Fraktionschef fällt zwei Mal aus der Rolle. Erst ruft er „Nazi-Schwein“, später beleidigt er die AfD als „Nazis“. Er bekommt verspätet einen Ordnungsruf – doch das reicht der AfD nicht. | AfD | Deutschland | 2023-11-24T08:15:48+01:00 | 2023-11-24T09:30:53+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/tumult-im-landtag-afd-fraktionschef-als-nazi-schwein-beschimpft/ |
Landwirte warnen vor „Green Deal“ | BERLIN. Der Bundesverband Familienbetriebe Land und Forst hat vor einer Umsetzung des sogenannten „Green Deals“ in der Landwirtschaft gewarnt. „Durch die geplanten Einschnitte drohen uns Versorgungsengpässe und Nahrungsmittelknappheit“, befürchtete Verbandsprecher Max Freiherr von Elverfeldt gegenüber der Bild. Der „Green-Deal“ ist ein von der Europäischen Union 2019 beschlossenes Maßnahmenpaket, mit dem diese ihre Emissionen bis 2030 gegenüber dem Wert von 1990 halbieren will. Ab 2050 will sie ganz klimaneutral werden. Dazu gehört auch, einen Teil der Agrarflächen brachliegen zu lassen. Erste Maßnahmen greifen bereits ab 2021. „Wenn tatsächlich zehn Prozent der Agrarflächen stillgelegt werden sollten, würde die Landwirtschaft zehn bis zwanzig Prozent weniger Agrarprodukte produzieren“, rechnete von Elverfedt vor. „Spätestens durch die Folgen des Ukraine-Kriegs sollte jeder verstanden haben, wie wichtig es ist, daß wir uns regional und mit Produkten aus dem eigenen Land versorgen können.“ Besonders problematisch sei die Situation für die Forstwirtschaft. Könne weniger einheimisches Holz geschlagen werden, müsse Holz aus Ländern importiert werden, „in denen deutlich geringere Umweltstandards gelten als in Deutschland, etwa aus dem brasilianischen Regenwald“, gab der Verbandssprecher zu bedenken. „Hier in Deutschland bewirtschaften wir unsere Wälder zu 100 Prozent nachhaltig, ernten nicht mehr Holz als zur gleichen Zeit nachwächst.“ (JF) | JF-Online | Droht eine Nahrungsmittelknappheit durch den „Green Deal“ der EU? Das befürchten deutsche Landwirte. Die Pläne könnten zudem fatale Folgen für die Forstwirtschaft haben, wenn beispielsweise Holz aus dem brasilianischen Regenwald importiert würde. | land | Wirtschaft | 2022-06-02T16:15:19+02:00 | 2022-06-02T16:15:19+02:00 | https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2022/landwirte-warnen-vor-green-deal/ |
Ausschußvorsitzende abgelehnt: AfD zieht vor Bundesverfassungsgericht | BERLIN. Die AfD-Bundestagsfraktion hat juristische Schritte gegen die verweigerte Wahl ihrer Ausschußvorsitzenden eingeleitet. Am 31. Dezember habe sie sowohl eine Klage, als auch einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, teilte die AfD am Donnerstag mit. Der AfD stehe bei drei der 25 Bundestagsausschüsse „aufgrund verbindlicher Vereinbarungen zwischen sämtlichen Fraktionen der Vorsitz zu“, argumentiert die Oppositionspartei. Gemäß dem sogenannten Zugriffsverfahren hat die AfD demnach das Recht, den Vorsitz im Innen- und Gesundheitsausschuß sowie in dem für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu übernehmen. Doch bei den konstituierenden Sitzungen der Gremien Mitte Dezember waren alle drei AfD-Kandidaten durchgefallen. Dem Innenausschuß sollte Martin Hess vorsitzen, dem Gesundheitsausschuß Jörg Schneider und dem Entwicklungsausschuß Deitmar Friedhoff. Vor der Wahl war entgegen dem üblichen Vorgehen beschlossen worden, in geheimer Wahl abzustimmen. „Dies ist nach Auffassung der AfD eine Mißachtung des Rechts auf gleichberechtigte und faire Mitwirkung im Parlament und damit ein Verstoß gegen grundgesetzlich verankerte Demokratieprinzipien“, kritisiert die AfD. Der parlamentarische Geschäftsführer und Justiziar der AfD-Bundestagsfraktion, Stephan Brandner, fordert: „Deutschlands demokratisches System darf nicht weiter erodieren.“ Wenn im Bundestag Oppositionsfraktionen „mit Tricksereien und Blockaden unter Bruch jahrzehntelanger Gepflogenheiten und verbindlicher Vereinbarungen von einer angemessenen Mitwirkung in zentralen Gremien ausgeschlossen werden, ist das eine Tragödie für unseren Staat“. Er hoffe auf ein schnelles Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts. In der Beschwerdeschrift, die der JF vorliegt, heißt es, mit der Nicht-Wahl der AfD-Abgeordneten seien die „Grundsätze formaler Gleichbehandlung der Fraktionen sowie der effektiven Opposition“ verletzt worden, die zwar verfassungsrechtlich nicht in strikter Weise vorgegeben, aber durch die Geschäftsordnung des Bundestags gelten. Es gehe in dem Fall aber auch um „im öffentliche Interesse liegende Verfassungsprinzipien“, da die Kontrollbefugnisse der parlamentarischen Opposition nicht nur zu ihren Gunsten seien, „sondern in erster Linie im Interesse des demokratischen, gewaltengegliederten Staates“. Im Eilantrag fordert der Verfahrensbevollmächtigte, das Bundesverfassungsgericht solle „den Zustand vorläufig dahingehend regeln“, daß die AfD ab den nächsten Ausschußsitzungen am 12. Januar die drei Vorsitzenden stellen kann. Seitdem die AfD im Bundestag ist, haben die anderen Parteien immer wieder auf bisherige Gepflogenheiten verzichtet. So wird der AfD bereits seit der Legislaturperiode ab 2017 ein Posten als Bundestagsvizepräsident verweigert. Außerdem änderte das Parlament die Definition des Alterspräsidenten. War dies zuvor der älteste Abgeordnete, ist es nun der dienstälteste, wodurch bei der konstituierenden Sitzung im Oktober nicht Alexander Gauland von der AfD die Eröffnungsrede hielt, sondern der langjährige Parlamentarier Wolfgang Schäuble (CDU). (ls) | JF-Online | Gemäß üblicher Praxis hätten der AfD drei Vorsitze in Ausschüssen des Bundestags zugestanden. Doch bei den geheimen Wahlen lehnte dies jeweils eine Mehrheit der anderen Abgeordneten ab. Jetzt muß das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden. | Ausschußvorsitz | Deutschland | 2022-01-06T15:37:40+01:00 | 2022-01-07T08:53:24+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2022/ausschussvorsitzende-abgelehnt-afd-zieht-vor-bundesverfassungsgericht/ |
Chemnitz: Politikwissenschaftler Patzelt fordert Beweise für Hetzjagd-Vorwurf | Der Dresdner Politikwissenschaftler Werner J. Patzelt hat die Bundesregierung aufgefordert, Beweise für den Vorwurf vorzulegen, es habe in Chemnitz Hetzjagden auf Ausländer gegeben. Zudem kritisierte er die deutschen Medien. Diese hätten unzutreffend über Chemnitz berichtet und so dem internationalen Ansehen Deutschlands geschadet. „Wenn die Bundesregierung behauptet, etwas sei der Fall gewesen, von dem Polizei und Generalstaatsanwaltschaft sagen, dies sei nicht so gewesen, dann haben die Bürger ein berechtigtes Interesse, zu erfahren, was denn nun wirklich stimmt“, sagte Patzelt der Wochenzeitung Junge Freiheit. Einen von ihm mitinitiierten Aufruf haben bislang über 12.000 Unterstützer unterzeichnet. Es sei durchaus verständlich, daß Politiker unter zeitlichem und medialen Druck Fehler machten. „Das zuzugeben und sich zu korrigieren, bricht niemandem einen Zacken aus der Krone. Man wird aber unglaubwürdig, wenn man so tut, als wären keinerlei Fehler unterlaufen“, gab Patzelt zu bedenken. Hier lesen Sie mehr: https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/politikwissenschafler-patzelt-fordert-beweise-fuer-hetzjagd-vorwurf1/ | Der Dresdner Politikwissenschaftler Werner J. Patzelt hat die Bundesregierung aufgefordert, Beweise für den Vorwurf vorzulegen, es habe in Chemnitz Hetzjagden | Presse | 2018-09-05T14:25:39+02:00 | 2018-09-05T14:26:49+02:00 | https://jungefreiheit.de/pressemitteilung/2018/chemnitz-politikwissenschaftler-patzelt-fordert-beweise-fuer-hetzjagd-vorwurf/ |
||
Auf dem Weg zur Fußnote deutscher Geschichte | Auch Günter Grass, der „oberlehrerhafte Klugscheißer“ (Willy Brandt), hat mitunter lichte Momente. So 2002 in Halle, als er ein wenig völkerrechtliche Exegese trieb und feststellte, daß „in keinem Potsdamer Abkommen“ stehe, mit der Annexion Ostdeutschlands müsse man auch dessen „kulturelle Substanz“ preisgeben. Genau diese Preisgabe, so der pensionierte Oberschulrat Karlheinz Lau, vollziehe sich aber derzeit und drohe mit dem Tod der letzten Angehörigen der ostdeutschen Erlebnisgeneration in naher Zukunft zum Abschluß zu kommen (Deutschland-Archiv, 2/2010). Innerhalb der Vertriebenenverbände sei auf eine Weitergabe der Erinnerung nicht zu rechnen: die „Nachwuchsarbeit der großen Landsmannschaften“ dürfe als „nahezu bedeutungslos“ eingestuft werden. Für eine solche kollektive Amnesie scheinen die Weichen allerdings seit langem gestellt. Untergang einer deutschen Kulturlandschaft Bereits 1984 empfand der Althistoriker Alfred Heuß, der in Breslau und Königsberg gelehrt hatte, die Bundesdeutschen dächten an Ostpreußen, Pommern und Schlesien so schattenhaft zurück wie die Franzosen an ihr fernes verlorenes Indochina. Zwanzig Jahre später fiel auch Karl Schlögel (Frankfurt/Oder) auf, wie eigentümlich folgenlos die „säkulare Zäsur“ des Untergangs einer fast tausendjährigen deutschen Kulturlandschaft nach 1945 geblieben ist. Schlögel glaubte daher, das Absinken Ostdeutschlands zu einer „Fußnote“ unseres historischen Gedächtnisses beobachten zu können. Auch Lau weiß genügend Symptome aufzuzählen, die darauf hindeuten, Ostdeutschland zur memorialen Fußnote zu degradieren. Dazu gehört für ihn allerdings nicht die obstinate Erinnerungsverweigerung der politischen Klasse, wie sie nicht erst in zahlreichen Versuchen zutage trat, das Zentrum gegen Vertreibungen zu sabotieren. Vertreibung samt Landraub als „gerechte Strafe“ deuten Lau verschweigt diese Obstruktion wie auch die beharrliche polonophile Desinformationspolitik der Medien und der etablierten Geschichtswissenschaft, weil er als Mitglied der deutsch-polnischen Schulbuchkommission selbst an dieser offiziösen Erinnerungsentsorgung beteiligt ist. Von welchen Prämissen er dabei ausgeht, ergibt sich aus freudigen Bekenntissen zu den Dogmen „Tätervolk“, „deutsche Alleinschuld am Zweiten Weltkrieg“ sowie „Flucht und Vertreibung“ samt Landraub als vermeintlich „gerechte Strafe“ für „unsagbare Verbrechen am Nachbarvolk Polen“. Wer an diesen nach 1990 nahezu unbeschädigt aus dem Reservoir der SED-Geschichtsklitterungen geretteten Weisheiten, die Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) soeben noch einmal ganzseitig in der Welt vom 17. Mai in stumpfsinniger Ignoranz herunterbetet („Ohne Hitlers Rassismus keine Vertreibungen“), zweifelt, den rechnet Spaßvogel Lau unter die „Betonköpfe“. Mantra vom „Tätervolk“ Entsprechend skeptisch registriert man seine auf so schwankendem Boden fabrizierten Vorschläge, wie der drohende Geschichtstod Ostdeutschlands doch noch abzuwenden sei. Lau hofft dabei etwa auf ein vor der Drucklegung stehendes „Deutsch-polnisches Schulbuch“, das angeblich „ohne ideologische Scheuklappen“ gemacht werde – wobei er das Mantra vom „Tätervolk“ offenbar für „unideologisch“ hält. >> Ferner seien da „Bürgerinitiativen“ wie die polnische Borussia in Allenstein oder die Träger des Hauses Brandenburg in Fürstenwalde, die die „sinnstiftende“ Erinnerungsaufgabe nach dem Verschwinden der Erlebnisgeneration fortsetzen könnten. „Erfolgreich“ kann dies aus Laus Blickwinkel jedoch nur geschehen, wenn sie die bundesdeutsch-polnische Vorgabe von alleiniger deutscher „Schuld und Verantwortung am Verlust der Ostgebiete“ als Arbeitsmaxime verinnerlichten. Für erforderlich hält Lau zudem eine „Anpassung“ des Bundesvertriebenengesetzes in dem Sinne, daß auch die nunmehr 60jährige Geschichte „Westpolens“ für die ostdeutsche Erinnerungspflege verbindlich sein solle. Und wenn man schon beim „Anpassen“ sei, so könnte die Ost- und Mitteldeutsche Vereinigung der CDU ihren Beitrag gewiß effizienter leisten, wenn „ihr Name überdacht“ würde. „Internationaliät“ garantiert Eingetrübt zeigt sich Laus Optimismus nur durch die herkulische Aufgabe, „jungen Deutschen mit Migrationshintergrund“ die „Bedeutung des ehemaligen deutschen Ostens, des Holocaust oder der Vertreibung der Deutschen“ zu vermitteln. Wie könne ein „Kind türkischer Eltern“ dies als „Teil deutscher Identität“ akzeptieren? Im Bemühen, auf der Basis von Laus und Thierses „Rettungs“-Phantasmen voranzukommen, will das Europäische Netzwerk Erinnerung und Solidarität dem weiterhin als „Vertriebenenprojekt“ an Erika Steinbachs langer Leine diffamierten Unterfangen im Berliner Deutschlandhaus den Schneid abkaufen. Vor einem Monat jubelte Die Zeit vom 13. April: Während das Zentrum gegen Vertreibungen von einer Krise in die nächste taumle, „arbeitet das Netzwerk“. In Warschau domizilierend, von dem aufdringlich polonophilen Matthias Weber und Andrzej Przewoznik geleitet, sei dort „Internationaliät“ garantiert, während sie in Berlin, wo es natürlich gar nicht um „Versöhnung mit Polen“ gehe, nur „Camouflage“ sei. Warschauer Lesart des ostdeutschen Ethnozids Im witzigen Rückgriff auf einen illusionären Objektivismus des 19. Jahrhunderts glaubt man in der Zeit allen Ernstes, Leute wie Weber und sein polnischer Kopilot seien politisch neutral und nur der historischen „Wahrheit“ verpflichtet. Genau deswegen war es ihnen vermutlich ein Herzensanliegen, die „Vertreibung“ nicht etwa der Sudetendeutschen, sondern der 1919/20 nach Eger oder Reichenberg versetzten tschechischen Beamten und Funktionäre untersuchen zu lassen. Und darum sollen mit Geldern des Netzwerkes bald vermeintliche Standardwerke anglo-jüdischer Autoren wie Joseph B. Schechtman oder Eugene Kulischer ins Deutsche, Polnische und Tschechische übersetzt werden, die gewiß der „Versöhnung“ dienen, weil sie die Prager und Warschauer Lesart des ostdeutschen Ethnozids kolportieren. Mit der „Revision der Schulbücher“, auf die Lau ja schon die größten Erwartungen setzt, soll dann forciert fortgefahren werden, wie überhaupt – so tönt Worthülsen und SED-Vokabular nicht scheuend Markus Meckel (SPD), wie Thierse ein ewiger Mitläufer – die „Jugendarbeit“ des Netzwerkes der beste Garant dafür sei, im „europäischen Dialog“ die Ursachen der „Umsiedlungen“ (der Deutschen?) und von „Flucht und Vertreibung“ (der Polen und Tschechen!) zu ergründen. JF 22/10 | Oliver Busch | Ostpreußen, Pommern oder Schlesien sind für die meisten Deutschen Lichtjahre entfernt: Aus Medien und etablierter Geschichtswissenschaft kommen inzwischen zweifelhafte Vorschläge zur Rettung der „kulturellen Substanz“ Ostdeutschlands. | Geschichte | 2010-05-30T11:47:00+02:00 | 2013-12-03T18:53:13+01:00 | https://jungefreiheit.de/wissen/geschichte/2010/auf-dem-weg-zur-fussnote-deutscher-geschichte/ |
|
West-Berlin isolieren | Das große bundesrepublikanische Generationen-Epos „Die Apo und die 68er“ hat eine groteske, beinahe kafkaeske neue Pointe. Mit dem Schuß des Stasi-Agenten Kurras nahm eine Geschichte ihren Anfang, die die Bundesrepublik auf einen abschüssigen Weg nach links führte und nachhaltig veränderte. Nun steht gerade dieser Anfang in einem neuen grellen Licht. Denn Kurras stand im Dienst der „Abteilung IV“ des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), die Agenten führte, aber auch für „unfeine Dinge“ zuständig gewesen sein soll. Der „2. Juni“ wurde zum Gründungsdatum für jene ausufernde Protestbewegung, die „die 68er“ hervorbrachte, in Randbereichen in mörderische Gewalt ausartete, aber auch der in der Opposition stehenden SPD eine Viertelmillion Neumitglieder bescherte – eine der Ursachen für ihren Wahlsieg 1969. Die Protestbewegung wuchs sich zu einem bis dahin nicht gekannten Bündel von Bürgerbewegungen aus, aus denen später die Partei der Grünen hervorging. Bis hin zur Friedens-, Frauen- und Anti-Atomkraft-Bewegung manifestierten sich jene zahlreichen Spielarten von „Linkssein“, denen Millionen Menschen zwischen Aachen und Berlin damals anhingen. Von aktiven Minderheiten unter den 68ern und ihren Erben wurden abstruse Gedankengebäude vertreten. Das meiste davon lief sich tot, wurde von der Geschichte überholt. Doch ein fatales politisches Erbe dieser Bewegung – neben ihren personellen Hinterlassenschaften auf diversen „MinisterInnensesseln“ – ist geblieben: das Abgleiten politischer und gesellschaftlicher Werte nach links und kultureller Standards nach unten. Insofern ist es wie eine grandiose Ironie des Zufalls, daß die Stasi-Tätigkeit und die realsozialistisch-kommunistische Gesinnung von Karl-Heinz Kurras ausgerechnet am Vorabend des 60. Geburtstags der Bundesrepublik ans Licht kam. Was bleibt, sind viele offene Fragen. War die Stasi am Todesschuß ihres Agenten auf Benno Ohnesorg beteiligt? Gab Erich Mielke seinem Mitarbeiter Kurras den Schießbefehl? Die beiden Historiker, die in der Birthler-Behörde die brisante Akte fanden, konnten einen solchen Auftrag darin jedoch nicht entdecken. Sollte es also vielleicht doch ein Zufall sein, daß ausgerechnet ein DDR-Agent im WestBerliner Polizeizivil, ein Waffennarr und Meisterschütze „aus Versehen“ einen jungen Linken erschoß und dadurch zur Eskalation der politischen Situation im Westen beitrug? Andererseits, so die Historiker, waren „die gefundenen Aktenbestände über die inoffizielle Tätigkeit für das MfS von Kurras im wesentlichen vollständig, nur für Mai/Juni 1967 sind sie deutlich ausgedünnt. Besonders die Unterlagen um die Ohnesorg-Vorgänge im Juni 1967 fehlen vollständig.“ Ein Experte: „Die Stasi-Bürokratie hat die offenkundig problematischen ‘Innereien’ der Akte entfernt.“ Der SED-Forscher Jochen Staadt von der Freien Universität Berlin: „Es ist durchaus vorstellbar, daß die Stasi Herrn Kurras nahegelegt hat, die Situation für die West-Berliner Polizei ein wenig zu verschärfen und unangenehm zu machen. Das war ja auch in ihrem Interesse.“ Tatsächlich war es damals das Ziel der SED-Spitze, West-Berlin vom Bundesgebiet zu lösen und als eine „Selbständige Politische Einheit“ zu isolieren. Im Kalten Krieg und im Dünkel, der Sieg des Sozialismus sei mit allen, auch kriminellen Mitteln zu gewinnen, hatte das MfS bereits Routine in verdeckten Operationen gesammelt. Frei nach dem ideologischen Übervater der DDR, Karl Marx, der den Philosophen vorgehalten hatte, sie hätten die Welt nur verschieden interpretiert, es komme aber darauf an, sie zu verändern, wurden der Sowjetgeheimdienst KGB und die Staatssicherheit der DDR besonders skrupellos über die Grenze zwischen politischen und kriminellen Aktivitäten geführt. Sie sammelten nicht nur Informationen, sondern versuchten auch, durch „aktive Maßnahmen“ den Gang der Weltereignisse zu beeinflussen. Gewalttätige „Sonderaktionen“, Morde und Entführungen, die Manipulation der Medien, Desinformationskampagnen, das Kompromittieren von störenden Personen, Parteien, Staaten, Ideen und einzelnen Worten gehörten dazu. Auch die rechte, noch mehr die rechtsextremistische Szene bot ein breites Betätigungsfeld. Aus den Akten der Stasi weiß man ziemlich genau, wie, warum und wann „Naziterror“, „faschistische Provokationen“ oder „braune Bewegungen“ aufzudecken oder gegebenenfalls herzustellen waren. Selbst bei den Hakenkreuzschmierereien zum Jahreswechsel 1959/60, die die Bundesrepublik als „braun in braun“ präsentierten und die auf das Ausland wie auf führende deutsche Politiker verstörend wirkten, führten Stasi und KGB den Pinsel. Doch damals schob man die Untaten „den Rechten“ in die Schuhe. Erst viele Jahre später packte ein hochrangiger Überläufer aus. In der Tatsache, daß – bisher – kein Dokument aufgefunden worden ist, aus dem ein Tötungsauftrag an einen Agenten wie Kurras hervorgeht, sollte man also noch keinen eindeutigen Beweis sehen, daß die „schwere Faust der Arbeiterklasse“ nicht auch in diesem Fall zugeschlagen hat. | JF-Online | Das große bundesrepublikanische Generationen-Epos „Die Apo und die 68er“ hat eine groteske, beinahe kafkaeske neue Pointe. Mit dem Schuß des Stasi-Agenten | Debatte | 2009-05-29T00:00:00+02:00 | 2009-05-29T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/2009/west-berlin-isolieren/ |
|
Bürger in Wut: Rechte Konkurrenz für die AfD | BREMEN. Die Bremer Regionalpartei Bürger in Wut (BIW) will nach ihrem erfolgreichen Abschneiden bei der Bürgerschaftswahl in dem kleinsten Bundesland deutschlandweit antreten. Der AfD, die in Bremen nicht antreten durfte, wächst damit eine Konkurrenz im rechten Spektrum heran. BIW-Spitzenkandidat Jan Timke bestätigte am Wahlabend das Vorhaben, im Bündnis Deutschland aufzugehen und unter diesem Namen sowohl die Fraktion in der Bremer Bürgerschaft zu gründen, als auch bei den nächsten Landtags- und Bundestagswahlen antreten zu wollen: „Wir werden Bremen als Startschuß nehmen für die bundesweite Ausweitung der Partei“, sagte er in der ARD. Seine Partei erreichte laut Hochrechnungen – ein vorläufiges Endergebnis lag am Montagmorgen immer noch nicht vor – rund 9,5 Prozent der Stimmen und legte damit um mehr als sieben Punkte im Vergleich zur Wahl von 2019 zu. Offenbar profitierte sie davon, daß die AfD nicht antreten durfte. Timke sagte, er glaube, die BIW hätten vor allem enttäuschte CDU-Wähler gewinnen können: „Wir waren Sammelbecken für Unzufriedene.“ Der Bremerhavener Spitzenkandidat Piet Leidreiterer distanzierte sich nach der Wahl von der AfD: Dem Weser-Kurier sagte er: Die BIW verstünden sich ausdrücklich nicht als Alternative zur AfD, sondern zu CDU und FDP. (fh) | JF-Online | Nach ihrem Erfolg in Bremen fusionieren die Bürger in Wut mit dem Bündnis Deutschland und werden unter diesem Namen bundesweit antreten. Von der AfD distanzieren sie sich. | Bürger in Wut | Deutschland | 2023-05-15T08:07:07+02:00 | 2023-05-15T08:07:07+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/buerger-in-wut-afd/ |
Ulmer Münster zeigt Weihnachtskrippe ohne schwarzen König | ULM. Der Kirchengemeinderat des Ulmer Münsters hat entschieden, dieses Jahr vor Weihnachten nicht wie üblich die Krippe mit den Heiligen Drei Königen aufzustellen. Damit wolle man den schwarzhäutigen König Melchior aus einer möglichen Rassismusdebatte nehmen, sagte der Ulmer evangelische Dekan Ernst-Wilhelm Gohl am Montag dem Evangelischen Pressedienst. Der Gemeinderat habe in seiner jüngsten Sitzung entschieden, die Krippe in einer anderen Variante zu zeigen. Gohl erklärte, der vor rund 100 Jahren gestaltete Ulmer Melchior sei in mehrfacher Hinsicht eine Besonderheit. Er sei vermutlich der einzige heilige König mit einer Brezel in der Hand. Gleichzeitig spreche er aber mit seinen wulstigen Lippen, seiner Körperfülle und seinen Goldreifen an den nackten Fußknöcheln rassistische Stereotype an. Vor rund 30 Jahren sei die historische Krippe gestiftet worden, unter der Auflage, sie jährlich am ersten Advent im Münster auszustellen. Es gehe nun nicht darum, den schwarzen König zu unterschlagen, ergänzte der Dekan. Jedoch stehe die Art der Darstellung infrage. Nach Weihnachten solle über die Zukunft des Ulmer Melchiors in Ruhe öffentlich diskutiert werden. Im Zusammenhang mit der Black-Lives-Matter-Bewegung waren in den vergangenen Monaten erneut Diskussion über vermeintlich rassistische Straßennamen, Denkmäler oder Firmenlogos aufgeflammt. Unter anderem hatten die Marken „Uncle Ben’s“ und „Aunt Jemima“ angekündigt, ihre Logos zu ändern. Beide Markenzeichen sind von dunkelhäutigen Personen geprägt. Der US-Technologiekonzern Facebook hatte bekanntgegeben, schärfer gegen rassistische Stereotype vorzugehen. So würden Fotos von weißen Menschen mit schwarzer Schminke im Gesicht auf den Plattformen Facebook und Instagram gelöscht. Auch der „Zwarte Piet“, der dunkelhäutige Helfer des niederländischen Nikolaus, ist davon betroffen. (ls) | JF-Online | Der Kirchengemeinderat des Ulmer Münsters hat entschieden, dieses Jahr vor Weihnachten nicht wie üblich die Krippe mit den Heiligen Drei Königen aufzustellen. Damit wolle man den schwarzhäutigen König Melchior aus einer möglichen Rassismusdebatte nehmen. | Gesellschaft | 2020-10-05T17:31:37+02:00 | 2020-10-06T14:19:27+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2020/ulmer-muenster-schwarzen-koenig/ |
|
Geburtenrate fällt auf Zehn-Jahres-Tief | WIESBADEN. Die Geburtenrate in Deutschland hat 2022 ein Zehn-Jahres-Tief erreicht. „Im Jahr 2022 kamen in Deutschland 738.819 Kinder zur Welt“, teilte das Statistische Bundesamt am Freitag mit. Damit sank die Geburtenrate gegenüber dem Jahr 2021 um acht Prozent auf 1,46 Kinder pro Frau und damit auf den niedrigsten Stand seit 2013, als jede Frau durchschnittlich 1,42 Kinder gebar. 2022 kamen in Deutschland 738 819 Kinder zur Welt, 7 % weniger als 2021, dem geburtenreichsten Jahr seit 1997. Die zusammengefasste #Geburtenziffer sank gegenüber dem Vorjahr um 8 % auf 1,46 Kinder je Frau und damit auf den niedrigsten Stand seit 2013: https://t.co/YaCXsxyNml — Statistisches Bundesamt (@destatis) July 21, 2023 „Damit die Bevölkerung eines Landes – ohne Zuwanderung – nicht schrumpft, müßten in hoch entwickelten Ländern rein rechnerisch etwa 2,1 Kinder je Frau geboren werden“, erläuterten die Demographen ihre Ergebnisse. Die Geburtenrate sei 2022 in allen Bundesländern gesunken – besonders in Hamburg und Berlin. Dort sank sie um zehn Prozent im Vorjahresvergleich. In Bremen sei der Geburtenrückgang mit vier Prozent am schwächsten ausgefallen. „Die höchsten Geburtenziffern hatten die Frauen in Rheinland-Pfalz und Niedersachsen mit 1,52 Kindern“, äußerte das Statistikamt zu den Zahlen. Zu Beginn der Aufzeichnungen 1973 bekamen Frauen noch im Schnitt 1,57 Kinder. Das Durchschnittsalter der Mütter bei ihrem ersten Kind lag um die 30 und bei Vätern um die 33 Jahre. Vergleichbare Angaben zur Entwicklung der Geburtenrate im Jahr 2022 seien derzeit außerdem für einige nordeuropäische Staaten verfügbar. „So sank die Geburtenziffer nach Angaben der ‘Human Fertility Database’ des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung in Dänemark um zehn Prozent sowie in Norwegen und in Schweden um jeweils neun Prozent gegenüber dem Vorjahr und damit in einem ähnlichen Ausmaß wie in Deutschland“, kommentierten die Wissenschaftler. (fw) | JF-Online | Sie sind um die 30 Jahre alt und kümmern sich im Laufe ihres Lebens im Schnitt um etwas weniger als anderthalb Kinder – Mütter und Väter in Deutschland. Ein besorgniserregender Tiefstand, der allerdings nicht nur hierzulande erreicht ist. | Geburtenrate | Deutschland | 2023-07-21T16:43:28+02:00 | 2023-07-21T16:44:46+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/geburtenrate-faellt?attachment=frauen-ohne-kinder-23-06-2023 |
Linkspartei-Chef Riexinger warnt vor deutschen „Gelbwesten“ | BERLIN. In der Linkspartei ist ein Streit über die Haltung zu der französischen Protestbewegung „Gelbe Westen“ ausgebrochen. Während Fraktionschefin Sahra Wagenknecht sich eine solche auch für Deutschland wünscht, warnt Parteichef Bernd Riexinger nun davor. „In Frankreich wehren sich Menschen gegen die Verachtung ihrer Klasse, sie fordern soziale Gerechtigkeit und Aufmerksamkeit für ihre Interessen“, sagte Riexinger den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Allerdings wäre in Deutschland „eine solche Verbrüderung linker und rechter Gesinnung nicht denkbar“. „Das Potential Ultrarechter ist besorgniserregend“ Die Zusammensetzung der „Gelbwesten“ in Frankreich hält er für bedenklich. „Das Potential Ultrarechter in den Reihen der Bewegung ist besorgniserregend.“ Das Programm der politischen Rechten sei „zutiefst neoliberal“, ergänzte er. Deshalb bedeuteten soziale Proteste von links wie zuletzt in Deutschland bei der „Unteilbar!“-Demonstration ein klares Zeichen gegen die autoritäre Rechte. Wagenknecht hatte vor rund einer Woche die „Gelbwesten“ als Vorbild für Deutschland gelobt. „Ich finde es richtig, wenn Menschen sich wehren und protestieren, wenn die Politik ihr Leben verschlechtert – die Benzinpreiserhöhungen sind gerade für Pendler existentiell.“ In Deutschland könne man davon lernen. „Wir lassen uns viel zu viel von schlechten Regierungen gefallen“, verdeutlichte Wagenknecht. Regierung verschiebt Erhöhung der Ökosteuer Die französische Regierung hatte am Dienstag angekündigt, die zum 1. Januar geplante Erhöhung der Ökosteuer auf Diesel und Benzin zu verschieben. Die seit mehr als zwei Wochen anhaltenden Proteste waren am vergangenen Wochenende in Straßenschlachten umgeschlagen. Initiiert hatte die Bewegung die 51 Jahre alte Jacline Mouraud. Die Französin hatte in einem Video auf Facebook gegen die hohen Spritpreise protestiert. In dem rund viereinhalb Minuten langen Clip, der mittlerweile über sechs Millionen Aufrufe hat, sprach Mourad unter anderem von einer „Hetzjagd auf Autofahrer“. (ls) | JF-Online | In der Linkspartei ist ein Streit über die Haltung zu der französischen Protestbewegung „Gelbe Westen“ ausgebrochen. Während Fraktionschefin Sahra Wagenknecht sich eine solche auch für Deutschland wünscht, warnt Parteichef Bernd Riexinger nun davor. | Deutschland | 2018-12-05T14:54:50+01:00 | 2018-12-05T16:26:15+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/linkspartei-chef-riexinger-warnt-vor-deutschen-gelbwesten/ |
|
Vorsorge für Krisenzeite: Es geht ans Eingemachte | In Omas Keller waren die Regale voller Einmachgläser: Stachelbeeren, Quitten, Holunderbeeren – wäre der Kalte Krieg der Supermächte damals zum heißen Konflikt geworden, hätte Oma dort jahrelang aushalten können. Heute sind Omas große Gläser wieder hip und das nicht erst seitdem „der Russe“ wieder eine Bedrohung ist. Vorsorge ist in Zeiten von drohenden Blackouts, Stadtflucht, Inflation und hohen Preisen im Supermarkt angesagt, und zwar nicht nur unter fusseligen Bio-Fuzzys, sondern bei urbanen Jack-Wolfskin-Hipsters und konservativen Selbstversorgern. Jetzt ist Erntezeit, und nicht nur die Fridays-for-Future-Generation holt die Früchte ihres Urban-Gardens heim. Neben klassischen Konfitüren kommen auch szenige Chutneys und Relishs ins Einweckglas. Apropos: 1895 meldete der hessische Unternehmer Johann Carl Weck die luftdichte Lagerung von Lebensmitteln mittels spezieller Gläser mit Gummidichtung und Verschlußbügel zum Patent an. Das „Einwecken“ war erfunden. Doch kein Ertrag ohne Investment: Neben Gläsern und Gummiringen sind weitere Hilfsmittel nötig, wie Küchenwaage, Trichter und Obstentkerner. Ein Julienne-Reißer (oder Zestenreißer) erleichtert das Hobeln von hauchdünnen Orangen- oder Zitronenschalenstreifen. Eine Saucenpresse „Flotte Lotte“ macht das Pürieren einfach. Dann ist Hygiene oberstes Gebot. Alle Utensilien werden gespült und mit kochendem Wasser übergossen. Die Gläser warten kopfüber auf einem sauberen Tuch auf ihren Gebrauch. Doch zuvor müssen sie noch sterilisiert werden. Das geht im Backofen (20 Minuten bei 130 Grad) oder in der Spülmaschine – ohne Spültab. Achtung: Niemals heiße Früchte in ein kaltes Glas füllen: Sonst peng, klirr, spritz! Dann steht dem Experimentieren mit der günstigen Vielfalt aus Garten, Wald und Flur nichts mehr im Wege. Ein Espresso-Gelee mit Zitronensaft (und optional Amaretto) macht morgens munter. Der ideale Begleiter für den Herbst ist ein Bratapfelkompott aus Äpfeln, Rosinen, Marzipan, Mandeln, Vanille, Zimt und einem Schuß Rum. Im dunklen Vorratsschrank hält sich diese Köstlichkeit über ein halbes Jahr. Wer’s herzhaft liebt, versucht sich an einer karamellisierten Zwiebel-Marmelade mit Honig und Balsamico. Nicht nur Obst, auch Gemüse gehört ins Glas. Ein würziges Chutney läßt sich süß-säuerlich bis pikant-scharf variieren. Obwohl – ist diese Anleihe aus der indischen Küche überhaupt noch erlaubt, wegen „kultureller Aneignung“ und so? Ach egal, das Grundrezept ist stets dasselbe: Das Gemüse der Wahl wird mit Zwiebeln und Knoblauch in Öl angeschwitzt, gewürzt und eingeköchelt. Zucker und Essig sorgen für Haltbarkeit, was für eine gelungene Vorsorge von größter Bedeutung ist. Gurken passen ebenfalls gut ins Einweckglas, ob als Relish für Burger und Hot Dogs oder als klassisch-knackige Essiggurken. Auch Soleier in Salzlake wie früher in der Eckkneipe halten sich bis zu einem Monat. Auch die auf der verregneten Insel so beliebten Mixed Pickles sind im Handumdrehen selbst gezaubert. Die süßsauer-scharf eingelegten Gemüsestückchen bereichern viele Gerichte oder eignen sich zu Weißbrot als Snack. Der Geschmack wird mit der Zeit im Glas intensiver. Und Achtung: Da die Mixtur noch nachgärt, die Gläserdeckel in den ersten Tagen nicht zu fest verschrauben. Doch Einwecken ist mehr als Handwerk für Hausfrauen oder Krisen-Vosorge, nämlich auch ein Businesskonzept für Mikro-Unternehmen. Manufakturen für Eingemachtes zwischen Küste und Alpen bieten ihre Spezialitäten online an, zum Beispiel „Meingemachtes“, „Mamas Picnic“ oder „eingeweckt.de“. Auch Feinkostläden und sogar Edelrestaurants bieten in coronageprägten Zeiten des Selbstabholens ihre Speisen und Zutaten in Weck-Gläsern an. Das Verfahren eignet sich übrigens auch hervorragend für Nudelsoßen, und wer aus der Lockdownzeit noch etliche Packungen Spaghetti gebunkert hat, kann sich nun auch das passende Topping herstellen und für den Blackout-Winter aufbewahren. Außerdem sollte man jetzt schon an Weihnachten denken: Ein Glas leckeres Eingemachtes, stilecht mit kariertem Tuch über dem Deckel und ansprechend gestaltetem Etikett, ist ein ebenso individuelles wie nützliches Geschenk. Und „nachhaltig“ sowieso. JF 39/22 | Bernd Rademacher | Die Gläserfront mit eisernen Reserven in Kammer oder Keller wächst wieder. Angesichts von Inflation, steigenden Preisen und drohenden Blackouts erfährt Einmachen als Krisen-Vorsorge ein Revival. Längst machen auch junge Leute ein und entwickeln neue Rezepte. | Vorsorge | Sein und Zeit | 2022-10-11T09:57:33+02:00 | 2022-10-11T09:57:33+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/sein-und-zeit/2022/vorsorge-im-weckglas/ |
Über den Thüringer Weg zum Regierungsauftrag nach Berlin | Am kommenden Wochenende sollen die Chefin der Thüringer Linkspartei, Susanne Hennig-Wellsow, und die hessische Fraktionsvorsitzende Janine Wissler zur Doppelsitze der Partei gekührt werden. Die Wahl der beiden Politikerinnen gilt als sicher. Solche Wahlen gefallen Hennig-Wellsow. Zu tief sitzt bei den Thüringer Linken noch das Trauma vom Februar 2020, als im dortigen Landtag die FDP überraschend mit den Stimmen von CDU und AfD Thomas Kemmerich zum Kurzzeit-Ministerpräsidenten wählte. Um eine Wiederholung zu vermeiden, verlangte sie damals vor der erneuten Wahl, die CDU möge doch bitteschön vorher öffentlich ankündigen, daß mehrere ihrer Abgeordneten Bodo Ramelow zum Landesvater wählen würden. Solche Forderungen sind in einer Demokratie schon ein starkes Stück. Wie sich die Linkspartei in Thüringen verhält, zeigt, wohin der Weg mit ihr führt, wenn sie die Regierung stellt. Apropos Thüringer Weg. Was die Politikerin mit Schwerpunkt Bildungspolitik und Antifa-Schlagseite sich darunter vorstellt, legte sie zuletzt im Interview mit der SZ dar. „Morgens um sieben treffen wir uns mit den Siemens-Mitarbeitern am Werkstor, um Arbeitsplätze zu retten. Um zehn blockieren wir die Straße, damit die Nazis von der AfD nicht durch die Stadt laufen können. Mittags verhandeln wir mit unseren Koalitionspartnern über Gesetze und schreiben sie dann auch. Am Nachmittag diskutieren wir in der Fraktion über beitragsfreie Kitas und abends gehen wir Bier trinken und tanzen.“ So sehen die Vorstellungen von „radikal-pragmatischer“ Politik der Erfurter Landtagsabgeordneten aus. Mit diesem Stil Deutschland zu regieren, sieht sie ihre Partei gemeinsam mit SPD und Grünen berufen. „Wir haben den Auftrag, einen politischen Richtungswechsel einzuleiten“, ist sie sich sicher. Hennig-Wellsow, die aus ihrer Mitgliedschaft in der linksextremen „Roten Hilfe“ keinen Hehl machte, war auch an den Protesten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 beteiligt. Damals kam es zu schweren Ausschreitungen der sogenannten Globalisierungskritiker. Worüber bei anderen Parteien die Nase gerümpft würde, sorgt bei Tiefrot für den richtigen Stallgeruch. Wieviel die ehemalige Eisschnellläuferin von demokratischen Gepflogenheiten und Anstand auch in der Niederlage hält, machte sie deutlich, als es vor einem Jahr für ein paar Stunden so aussah, als hätte ihre Partei die Macht in Thüringen verloren. Als Vorsitzende der größten Landtagsfraktion warf sie damals dem frisch gewählten Kemmerich den obligatorischen Blumenstrauß vor die Füße. Für diese beispiellose Respektlosigkeit erntete sie Applaus. Nun kann die als „Ikone des Antifaschismus“ Geadelte beruhigt ihrer Wahl am kommenden Wochenende entgegensehen. Den Blumenstrauß wird sie dieses Mal wohl nicht wegwerfen. | Alexander Graf | Die Chefin der Thüringer Linkspartei, Susanne Hennig-Wellsow, soll die nächste Vorsitzende auf Bundesebene werden. Die Politikerin mit Antifa-Schlagseite hat ganz eigene Vorstellungen davon, wie ein rot-rot-grünes Bündnis Deutschland regieren könnte. Auf Straßenblockaden und Bier soll dabei jedenfalls nicht verzichtet werden. | Hennig-Wellsow | Deutschland | 2021-02-23T17:21:49+01:00 | 2021-03-25T14:29:31+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2021/ueber-den-thueringer-weg-zum-regierungsauftrag-nach-berlin/ |
Kurswechsel oder Brandmauer? Entweder, oder! | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Marco Pino | Nicht weniger als eine „Notlage“ in Sachen Asyl hat CDU-Chef Friedrich Merz ausgemacht, einen „Kurswechsel“ fordert sein Generalsekretär. Alles richtig – und doch wertlos, solange die Brandmauer steht. Ein Kommentar von Marco Pino. | Brandmauer,cdu | Kommentar | 2024-08-29T15:32:43+02:00 | 2024-08-29T15:32:43+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2024/kurswechsel-oder-brandmauer-entweder-oder/ |
Abtreibungen bleiben vorerst strafbar | BERLIN. Die Bundestagsabgeordneten Ulle Schauws (Grüne) und Carmen Wegge (SPD) haben Union und FDP für ihren Widerstand bei der Legalisierung von Abtreibungen scharf attackiert. „Daß Union und FDP nicht gewillt sind, übliche parlamentarische Vorgänge zu ermöglichen, ist der parlamentarischen Praxis unseres hohen Hauses nicht würdig und ein fatales Signal für unsere Demokratie“, kritisierten die beiden Frauen in einer gemeinsamen Erklärung. Am Montag abend hatte der Rechtsausschuß des Bundestags elf Sachverständige geladen, um ihre Einschätzung zu einem Gesetzentwurf für die Neuregelung von Abtreibungen einzuholen. Darin waren folgende Änderungen vorgesehen: Abtreibungen bis zur zwölften Woche sollten nicht länger strafbar sein, es sei denn, sie werden gegen den Willen der Schwangeren vorgenommen. Stattdessen sollte es künftig explizit verboten sein, eine Schwangere zum Austragen des Kindes zu „nötigen“. Dabei blieb allerdings offen, welches Verhalten als eine solche Nötigung geahndet würde. Weiter sollte die dreitägige Wartezeit nach der verpflichtenden Beratung entfallen. Auch eine Änderung des Sozialgesetzbuches war vorgesehen, damit die Krankenkassen künftig alle Kosten einer Abtreibung übernehmen müssen. Unter den Sachverständigen waren Mediziner, Juristen und auch der Geschäftsführer der Lebensrechtsorganisation 1000plus, Kristijan Aufiero. Die Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags zum rot-grün-roten Gesetzesvorhaben zur Legalisierung von Abtreibung startet gleich. Der 🧵 hier, der Bericht mit Hintergründen morgen auf @Corrigenda_. 👇 pic.twitter.com/upeBjGjL6y — Lukas Steinwandter (@LSteinwandter) February 10, 2025 Nach einer Debatte entschied der Rechtsausschuß, keine Abstimmung über den besagten Gesetzentwurf im Bundestag zu ermöglichen. Dafür wäre eine Sondersitzung nötig, für deren Beschluß es jedoch keine Mehrheit gibt. Union und FDP sind gegen eine solche Sondersitzung. Das Vorhaben sei „unvereinbar mit den Maßstäben, die das Bundesverfassungsgericht für eine Regelung des Schwangerschaftsabbruchs festgelegt hat“, erklärte der CDU-Bundestagsabgeordnete Günter Krings. SPD, Grüne und Linke hatten sich stark für das Vorhaben eingesetzt. Rechtspolitikerin Wegge und die Grünen-Frauensprecherin Schauws fürchteten zudem, es könnten sich bei einer Abstimmung „Zufallsmehrheiten mit der AfD“ ergeben. Das sei aber eine „rote Linie“, die sie nicht überschreiten wollen. Die AfD lehnt die Legalisierung von Abtreibungen allerdings ab. Auch wenn der Gesetzentwurf nun vorerst nicht zur Abstimmung in den Bundestag kommt, bleiben Lebensschützer besorgt. Bis zur Konstituierung des neuen Bundestags könnten die Parteien, die den Gesetzentwurf durchboxen wollen, eine Sondersitzung des Rechtsausschusses erzwingen. Das Vorhaben könnte somit doch noch zur Abstimmung im Plenum landen. (zit) | JF-Online | Grüne, Linke und SPD müssen eine Schlappe einstecken. An der aktuellen gesetzlichen Regelung von Abtreibungen wird vorerst nichts geändert. Zum Jubeln ist es aber noch zu früh. | Abtreibungen | Deutschland | 2025-02-11T17:03:27+01:00 | 2025-02-13T16:52:11+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2025/abtreibungen-bleiben-vorerst-strafbar/ |
Gabriel: Merkel hat „Ehre Deutschlands gerettet“ | BERLIN. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat laut dem früheren SPD-Chef Sigmar Gabriel mit ihrem Machtwort zu Thüringen „die Ehre Deutschlands gerettet“. In Thüringen sei ein Schaden eingetreten, der sich nicht mehr reparieren lasse, sagte Gabriel im Gespräch mit der Welt. „Aber es hätte auch ein Schaden für ganz Deutschland werden können, wenn das so dabei geblieben wäre. Und daß die Kanzlerin da eingeschritten ist, das ist aus meiner Sicht wirklich zur Ehrenrettung Deutschlands passiert.“ Schließlich gehe es bei der ganzen Angelegenheit nicht um irgendwen, sondern um die „Höcke-AfD“. Das seien diejenigen, die sich in Buchenwald lustig machten und die deutsche Geschichtsschreibung zu Auschwitz umschreiben wollten, behauptete der ehemalige Vize-Kanzler und Wirtschaftsminister. Gabriel: AfD ist aus FDP entstanden Gerade die FDP, aus der die AfD seiner Meinung nach entstanden sei, und die nach dem Zweiten Weltkrieg „viele alte Nazis“ unter ihren Mitgliedern gehabt habe, müßte besser wissen, vor welcher historischen Verantwortung sie stehe. Merkel hatte am Donnerstag aus Südafrika gefordert, die Wahl Thomas Kemmerichs (FDP) zum Ministerpräsidenten von Thüringen rückgängig zu machen. Der Vorgang sei „unverzeihlich“ und deshalb müsse „auch das Ergebnis wieder rückgängig gemacht werden“. Die Wahl Kemmerichs sei ein „schlechter Tag für die Demokratie“ gewesen, klagte Merkel. Wenig später kündigte der FDP-Politiker nach nur 25 Stunden im Amt seinen Rücktritt an. (krk) | JF-Online | Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat laut dem früheren SPD-Chef Sigmar Gabriel mit ihrem Machtwort zu Thüringen „die Ehre Deutschlands gerettet“. Schließlich gehe es bei der ganzen Angelegenheit nicht um irgendwen, sondern um die „Höcke-AfD“. | Deutschland | 2020-02-07T12:44:44+01:00 | 2020-02-07T12:44:44+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2020/gabriel-merkel-hat-ehre-deutschlands-gerettet/ |
|
Filme lieber ungewöhnlich | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Dietmar Mehrens | Die diesjährigen Oscar-Nominierungen sind da. Gleich mehrere Filme mit zeitgeistigen Themen sind heiße Favoriten im Rennen um den begehrten Preis. Dabei wird Extravaganz diesmal großgeschrieben. | Film,Oscars | Gesellschaft | 2025-01-27T14:01:29+01:00 | 2025-01-27T14:01:29+01:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2025/filme-lieber-ungewoehnlich/ |
Separatistische Bestrebungen in Linz | Es wird immer deutlicher: Zwischen der weltweiten römisch-katholischen Kirche und der katholischen Diözese Linz gibt es große Unterschiede. Weltweit bestimmt der Papst, wer zum Bischof geweiht wird. Im österreichischen Linz können das Kirchenvolk und der Diözesanklerus die Rücknahme der päpstlichen Ernennung erzwingen – so geschehen im Februar dieses Jahres hinsichtlich des designierten Weihbischofs, Pfarrer Gerhard Maria Wagner. In der katholischen – wörtlich übersetzt: „umfassenden“ – Kirche gilt außerhalb der mit Rom unierten Ostkirchen die Zölibatsverpflichtung der Priester. In Linz kann ein Pfarrer öffentlich gestehen, daß er ein Verhältnis mit einer Frau hat, ohne daß er sein Amt als Pfarrer deshalb niederlegen muß. Hier sind offensichtlich separatistische Bestrebungen im Gang, die auf eine Loslösung von Rom hinzielen. Josef Friedl (65), Pfarrer von Ungenach, war einer derjenigen, die Druck auf Diözesanbischof Ludwig Schwarz ausübten, um die Weihe von Pfarrer Wagner zu verhindern. Man befürchtete, daß Wagner, der einen sehr konservativen Ruf genießt, in der schon lange als liberal geltenden Diözese Linz einen neuen Kurs einschlagen würde. Pfarrer Friedl bekannte sich zu seiner Lebensgefährtin Im Zusammenhang um die Ernennung Wagners bekannte sich Pfarrer Friedl dann öffentlich zu seiner Lebensgefährtin. Das Amt des Dekans, das er ebenfalls innehatte, musste er daraufhin niederlegen; doch als Pfarrer blieb er weiterhin im Amt. Im Normalfall stellt die Kirche den Betroffenen in einem solchen Fall vor die Wahl: Entweder muß die Beziehung beendet oder das priesterliche Amt niedergelegt werden. Vor einer Woche gab nun der Linzer Bischof bekannt, Friedl habe sich für das Priesteramt entschieden. Pfarrer Friedl hingegen betonte mehrfach gegenüber der Presse: „Mit mir hat noch niemand gesprochen, weder der Herr Bischof noch jemand anderer aus der Diözese. Ich wundere mich darüber auch nicht.“ Wer sagt hier jetzt die Wahrheit? Auch für kommende Woche sind wieder Gespräche zwischen dem Bischof und seinem aufmüpfigen Pfarrer angekündigt. Ich bin gespannt, ob sich der Pfarrer von Ungenach endlich entscheiden kann. Ebenso frage ich mich, wie lange Bischof Schwarz sich noch auf der Nase herumtanzen lässt. Wann spricht er ein Machtwort und sorgt dafür, daß wieder „katholische Zustände“ einkehren? | Georg Oblinger | Es wird immer deutlicher: Zwischen der weltweiten römisch-katholischen Kirche und der katholischen Diözese Linz gibt es große Unterschiede. Weltweit bestimmt | Kolumne | 2009-06-28T16:37:00+02:00 | 2009-06-28T16:37:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kolumne/2009/separatistische-bestrebungen-in-linz/ |
|
WikiLeaks: Menschenrechte oder Informationsterror? | Es ist nicht verwunderlich, daß Angela Merkel und Guido Weserwelle pikiert sind, wenn sie in den jüngst von WikiLeaks veröffentlichten, eigentlich vertraulichen Dokumenten aus amerikanischen Diplomatenkreisen lesen müssen, was außer ihnen jeder weiß (daß man erstere nämlich für „unkreativ“, letzteren für „eitel“ und „inkompetent“ hält); von höchstem Interesse sind die bei der „investigativen“ Online-Plattform publizierten Informationen aber allemal. Wenn etwas vom gesamten politischen Establishment derart einhellig verurteilt wird – die Reaktionen reichen von „Cocktailgeschwätz“ (Horst Seehofer) bis zum „11. September der internationalen Diplomatie“ (Italiens Außenminister Frattini) –, dann ist wohlwollende Aufmerksamkeit geboten. Exzentrischer Autokrat mit hehren Zielen Gewiß ist die Methode fragwürdig, mit der WikiLeaks an die ungeheuren Mengen von Daten gelangt, die eigentlich „top secret“ sind. Man hat verinnerlicht, daß Verrat schädlich und schändlich ist, und wer nicht nur in moralischen, sondern auch in politischen Kategorien denkt, weiß, daß zur staatlichen Souveränität auch eine gewisse Steuerung von Informationsflüssen gehört; und doch ist der exzentrische und autokratische WikiLeaks-Gründer Julian Assange, der nun sogar (wegen angeblicher Sexualdelikte) von Interpol gesucht wird, tatsächlich so etwas wie ein globaler Freiheitskämpfer. Ein bißchen wie Michael Kohlhaas, aber doch mehr wie Robin Hood, der „gute Räuber“. Ein Räuber bleibt er trotzdem, aber seine Daten-Raubzüge kratzen an der Macht der Herrschaftsapparate und sind mit staatlichen Spitzeleien überhaupt nicht zu vergleichen, weshalb – ausgerechnet! – Wolfgang Schäubles Stasi-Vergleich so scheinheilig wie absurd ist. Und Westerwelles moralische Auslassung, daß Menschen in Diktaturen wegen solcher Enthüllungen an Leib und Leben gefährdet seien, klingt ähnlich überzeugend wie die klassische Mittagstisch-Ermahnung, den Teller leer zu essen, weil in Afrika die Menschen verhungern. Merkwürdigerweise sind die armen Menschen, die der Außenminister vor WikiLeaks schützen zu müssen glaubt, in Gestalt chinesischer Dissidenten an diesem Projekt selbst beteiligt. Enthüllungen unterscheiden nicht zwischen Demokratie und Diktatur Überhaupt ist erwähnenswert, daß die Enthüllungsplattform keinen Unterschied zwischen Demokratien und Diktaturen macht, was ihr etwa von der Federation of American Scientists vorgeworfen wird. Deren naiv-theoretischer Einwand, in demokratischen Staaten habe der Bürger Grundrechte, die er gegenüber dem Staat geltend machen könne, weshalb die unerlaubte Veröffentlichung von Geheimdokumenten nicht gerechtfertigt sei, wird durch das fortwährende, offenbar „systemrelevante“ Vorkommen der von WikiLeaks dokumentierten Fälle entkräftet. Theorie und Praxis klaffen in den westlichen Demokratien bereits zu weit auseinander, und die jüngsten Enthüllungen entlarven manche politisch-ideologischen Konstrukte immer mehr als reine Machtapparate. Deshalb – und nicht etwa wegen der „Vertrauensverluste innerhalb der internationalen Diplomatie“ – reagiert die politische Klasse so empfindlich. Mit Ausnahme des grün-alternativen Flügels, dessen auffälliges Schweigen darauf beruht, daß dieser Teil des Apparates als besonders authentische Instanz der Bürger- und Zivilgesellschaft gesehen werden will. Der „gläserne Bürger“ wehrt sich Wenn eine private, ehrenamtlich tätige und durch Spenden finanzierte Initiative mit einem jährlichen Budget von 600.000 Dollar innerhalb kürzester Zeit Hunderttausende geheimer Daten zu publizieren und damit ein weltweites politisches Erdbeben auszulösen vermag, zeigt dies, auf wie tönernen Füßen die unbezwingbar scheinenden Riesen stehen, die einen Internet-Guru als Staatsfeind ansehen müssen. Man kann WikiLeaks als Gegenbewegung zur Durchleuchtung des „gläsernen Bürgers“ verstehen: Der Bürger, der seine Privatsphäre dem immer anmaßender auftretenden Zugriff der Staaten und globalen Unternehmen preisgegeben sieht, geht in die Offensive, indem er deren geheime Daten ebenfalls durchleuchtet. Über die reine Publikation hinaus hat er, anders als Staat und Wirtschaft, keine Möglichkeit, diese zu verwenden; er stellt sie einfach ins Netz, zieht dem Kaiser die Kleider aus und läßt ihn genauso nackt dastehen wie er selbst in dessen Augen schon ist. | Baal Müller | Es ist nicht verwunderlich, daß Angela Merkel und Guido Weserwelle pikiert sind, wenn sie in den jüngst von WikiLeaks veröffentlichten, eigentlich | Kolumne | 2010-12-01T17:45:00+01:00 | 2013-12-03T18:43:29+01:00 | https://jungefreiheit.de/kolumne/2010/wikileaks-menschenrechte-oder-informationsterror/ |
|
Immer mehr Migranten reisen illegal nach Deutschland | BERLIN. Die Bundespolizei hat im Juli 10.714 illegal Einreisen festgestellt. Damit stieg die Zahl im Vergleich zu den Vormonaten und dem Vorjahreszeitraum weiter an. Im Mai und Juni reisten noch 9.461 beziehungsweise 8.532 Personen unerlaubt nach Deutschland ein. Im Juli 2022 lag die Zahl bei rund 9.500. Insgesamt kamen den Angaben zufolge von Januar bis Juli 2023 rund 56.000 Migranten illegal nach Deutschland. Das ist für die ersten sieben Monate dieses Jahres fast so viel wie im gesamten Jahr 2021 mit etwa 58.000 Personen. Im vergangenen Jahr lag der Wert bei insgesamt rund 92.000. „Diese Zahlen sind ein weiterer Beleg dafür, daß die von der Ampelregierung beim letzten Flüchtlingsgipfel vorgeschlagenen Maßnahmen nicht greifen“, kritisierte der Chef der Bundespolizeigewerkschaft (DPolG), Heiko Teggatz, gegenüber der Bild-Zeitung. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte vor wenigen Tagen gesagt: „Wir übernehmen uns gerade mit der Integration, auch was die zwingend notwendige Integration in den Arbeitsmarkt betrifft.“ Zuwanderer ohne Perspektive in Deutschland solle man „so schnell wie möglich“ wieder zurück in ihre Heimat abschieben. Die Bundesregierung will am Mittwoch über die geplanten Reformen für schnellere Einbürgerungen entscheiden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) legte dazu einen Gesetzesentwurf vor. (ca) | JF-Online | Die Zahl der illegalen Einreisen nach Deutschland steigt und steigt. Für den Juli steht ein neuer Höchstwert zu Buche. Bundesinnenministerin Faeser plant, Migranten leichter einzubürgern. | Migranten | Deutschland | 2023-08-23T13:59:43+02:00 | 2023-08-23T13:59:43+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/brd-illegale-migranten/ |
Unternehmen bangen um Existenz – Regierung rechnet mit starker Rezession | BERLIN. Zahlreiche deutsche Unternehmen bangen wegen der Folgen der Corona-Krise um ihre Existenz. Demnach könnten etwa die Hälfte der Firmen höchstens sechs Monate überstehen, das hat das Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) hat herausgefunden „Das sind beunruhigende Zahlen, die auf eine kommende Pleitewelle hindeuten“, resümierte der Leiter der Ifo-Befragungen, Klaus Wohlrabe. Den Einzelhandel würde es besonders heftig treffen. 63,2 Prozent gaben an, höchstens ein halbes Jahr durchhalten zu können. Auch 56 Prozent den Dienstleistern würde es so gehen. Etwas stabiler steht laut der Umfrage die Industrie mit 48 Prozent da. Der Bau zeige sich derzeit am robustesten, doch auch dort müßten 45,4 Prozent der Unternehmen spätestens nach einem halben Jahr die Pleite anmelden. Regierung geht von stärkerem Einbruch als nach der Finanzkrise aus Die Bundesregierung geht unterdessen von einem stärkeren Wirtschaftseinbruch als bei der weltweiten Finanzkrise vor zehn Jahren aus. Demnach sei eine Verminderung des Bruttoinlandprodukts um 6,9 Prozent zu erwarten. Am Donnerstag beraten Bund und Länder über mögliche Lockerungen. Mehrere Wirtschaftsverbände haben hinsichtlich dieses Treffens dafür appeliert, die Wirtschaft zügig wieder anzufahren.Laut der Nachrichtenagentur dpawarnten sie in einem Schreiben an den Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) vor schwerem wirtschaftlichen Schaden. „Jede Woche, die der Lockdown weiter andauert, kostet die deutsche Volkswirtschaft einen mittleren zweistelligen Milliardenbetrag an Wertschöpfung“, mahnten die Verbände. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), riet davon ab, sich Hoffnungen auf eine schnelle Rückkehr zur Normalität zu machen. Die Politik dürfe den Spielraum für weitere Lockerungen nicht überreizen. „An diesem 30. April wird es wichtige vorbereitende Beratungen und sehr begrenzte Beschlüsse geben“, bekräftigte auch Regierungssprecher Steffen Seibert. (zit) | JF-Online | Zahlreiche deutsche Unternehmen bangen wegen der Folgen der Corona-Krise um ihre Existenz. Etwa die Hälfte der Firmen könnte höchstens sechs Monate überstehen. Die Bundesregierung geht unterdessen von einem stärkeren Wirtschaftseinbruch als bei der weltweiten Finanzkrise vor zehn Jahren aus. | Wirtschaft | 2020-04-29T16:39:53+02:00 | 2020-04-29T16:41:32+02:00 | https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2020/unternehmen-bangen-um-existenz-regierung-rechnet-mit-starker-rezession/ |
|
„Haltung“ Made in Germany | Mit der Ära Merkel hat Deutschland seinen politischen Kompaß auf eine Politik der „Haltung“ ausgerichtet. Schon lange bestimmen Phrasen statt Inhalte den politischen Diskurs. Die Parole „Wir schaffen das!“ wurde zum Glaubensbekenntnis erhoben. Dabei paßt die inszenierte Klima-Hysterie, wie auch der Kult um die Schlepper-Kapitänin Carola Rackete in das neue deutsche Sendungsbewußtsein. Wir waren Papst, wir waren Weltmeister, jetzt sind wir Weltenretter! Wäre Deutschland ein Mensch aus Fleisch und Blut, würde man bei ihm anhand der Anamnese einen Helfer-Komplex diagnostizieren. Erst machen wir die Migration zur deutschen Chefsache, dann das Klima. Wir sind das neue Gewissen der Welt, wer diesen Regierungskurs kritisiert, und sei es jemand aus den eigenen Reihen, wird ins Abseits gestellt oder gar kriminalisiert. Während Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ein Ende des Solidaritätszuschlages per „Abschmelzmodell“ plant, bietet Außenminister Heiko Maas (SPD) dem Abschmelzen des Eises in der kanadischen Arktis kühn die Stirn. Und kaum aus dem Urlaub zurück, fordert die Bundeskanzlerin die Wiederaufnahme der staatlichen Seenotrettung auf dem Mittelmeer. Karma-Punkte für Deutschland Warum die europäische Seenotrettungsmission „Sophia“ im März dieses Jahres eingestellt worden war, scheint Angela Merkel nicht kommunizieren zu wollen. Denn das Ende des Marineeinsatzes vor der libyschen Küste resultierte aus einem Streit mit Italien über die weitere Flüchtlingsverteilung. Heiko Maas beschwört indes unermüdlich, der deutschen Vorreiter-Initiative zu folgen und Bootsmigranten aufzunehmen. Doch nur wenige Länder folgen dem Sirenengesang aus Berlin. Auf Einwände, die europäische Seenotrettung würde skrupellose Schleuser eher ermutigen, Menschen in hochseeuntaugliche Boote zu setzen, statt diesen Menschenhandel zu stoppen, reagiert Merkel wie gewohnt mit beharrlicher Ignoranz. Deutschland drängelt sich ganz nach vorne, an die Spitze des „Bündnisses der Hilfsbereiten“, schließlich gilt es, einen Titel zu verteidigen: Erst im Dezember lobte der deutsche Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR), Dominik Bartsch, die Rolle Deutschlands in der Migrationskrise als „vorbildlich“ und forderte, daß sich viele Staaten „in dieser Frage an Deutschland orientieren“. Wie gut, daß auch auf nichtstaatlicher Ebene eine deutsche Kapitänin an der Rettungsfront mitsegelt. Das gibt Karma-Punkte! Hypermoralismus Zu schade nur, daß Greta Thunberg keine Deutsche ist, werden sich so manche Politikberater voller Wehmut gedacht haben. Greta ist eben kein Gretchen, und doch nimmt die Tragödie ihren Lauf. Gemeinde um Gemeinde, Stadt um Stadt rufen den Klimanotstand aus, erklären entschlossen den Kampf gegen das CO2 und wundern sich, warum Deutschland als Wirtschaftsstandort immer unattraktiver wird. Defacto wird Deutschland nach und nach deindustrialisiert. Der Atomausstieg, die Angriffe auf die Autoindustrie, der Mangel an qualifizierten Facharbeitern: dies alles trägt zur Demontage der einst führenden Volkswirtschaft bei. Längst hat Deutschland seine Pole-Position in Forschung und Entwicklung eingebüßt. Der einstige Exportweltmeister exportiert nun „Haltung“ Made in Germany. Die Neuinterpretation des politischen Schlagwortes „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“ ist ein Sendungsbewußtsein des Hypermoralismus. Deutschland hat sich zum Weltenretter aufgeschwungen und merkt nicht, daß niemand Besserwisser mag. Wir zeigen mit dem bösen Finger sowohl auf Rußland als auch auf die USA und schießen uns damit ins diplomatische Aus. Dabei vergessen wir allerdings, daß eine Moral-Diktatur auch eine Diktatur ist. —————– Laila Mirzo wurde 1978 als Tochter einer Deutschen und eines kurdischen Syrers in Damaskus geboren und verbrachte ihre Kindheit auf den Golanhöhen. Sie arbeitet unter anderem als Kolumnistin und Buchautorin. | Laila Mirzo | Es ist das neue deutsche Sendungsbewußtsein: Wir waren Papst, wir waren Weltmeister, jetzt sind wir Weltenretter. Ob Klima oder Migration: Wir sind das neue Gewissen der Welt. Der neueste Exportschlager Made in Germany heißt Haltung. Ein Kommentar von Laila Mirzo. | Kommentar | 2019-08-19T16:38:26+02:00 | 2019-08-19T16:38:26+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2019/haltung-made-in-germany/ |
|
Islamisten attackieren Asylbewerber-Paar | POTSDAM. Mit Empörung haben brandenburgische Politiker auf den islamistischen Überfall auf eine schwangere Asylbewerberin in Eisenhüttenstadt reagiert. „Die Täter müssen sofort abgeschoben werden“, forderte der brandenburgische CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski gegenüber der Bild-Zeitung. „Flüchtlinge dürfen in unserer Obhut nicht derart in Bedrängnis geraten.“ Nach einem Bericht des Focus waren etwa zehn Islamisten aus Tschetschenien in der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber in Eisenhüttenstadt in das Zimmer eines Paares aus dem Kaukasus eingedrungen und hatten auf den Mann und die Frau eingeschlagen. Wie das Magazin berichtet, traten sie dabei auch der schwangeren 23jährigen Zulikhan S. in den Bauch. Hintergrund der Ende Juli begangenen Tat soll angeblich „unsittliches Verhalten“ der beiden Opfer gewesen sein, weil die Frau kein Kopftuch getragen habe. Die beiden angegriffenen Asylbewerber mußten nach dem Überfall stationär im Krankenhaus behandelt werden. Laut Bild und Focus verlor die Frau durch die Attacke ihr ungeborenes Kind. Eine Sprecherin des Innenministeriums wies dies jedoch am Sonntag gegenüber der Nachrichtenagentur dpa zurück. „Traditionellen Werte des Islam“ Verantwortlich für die Tat soll ein 38 Jahre alter Islamist sein, der bereits schon früher versucht hat, in dem Heim die „Traditionellen Werte“ des Islam durchzusetzen. Er gehört offenbar der islamistischen Gruppierung „Kaukasus-Emirat“ an, zu der auch die beiden mutmaßlichen Boston-Attentäter Verbindung hatten. Der FDP-Landtags-Abgeordnete Hans-Peter Goetz fordert Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke auf, zu klären, ob es in dem Asylbewerberheim eine „Parallelwelt gibt, in der islamistische Tugendwächter herrschen“. Auch Grünen-Fraktionschef Axel Vogel verurteilte die Tat: „Wer in seinem Land religiös verfolgt wird, darf hier nicht vom Regen in die Traufe geraten. Dieser Vorfall ist unerträglich.“ (krk) | JF-Online | Mit Empörung haben brandenburgische Politiker auf den islamistischen Überfall auf eine schwangere Asylbewerberin in Eisenhüttenstadt reagiert. Die CDU forderte, die Täter umgehend abzuschieben. | Deutschland | 2013-08-05T09:42:00+02:00 | 2013-12-03T19:15:05+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2013/islamisten-attackieren-asylbewerber-paar/ |
|
Mob lockt Polizei in Hinterhalt und greift Beamte an | Nach den massiven Ausschreitungen in Dietzenbach (Hessen) ermittelt die Polizei wegen Brandstiftung, Landfriedensbruch und versuchter Körperverletzung. Nach dem Angriff auf Feuerwehrleute und Polizeibeamte sind mehrere Streifenwagen zerstört. Der Schaden beträgt mindestens 150.000 Euro. „Ganz offensichtlich haben letzte Nacht rund 50 Gewalttäter unsere Einsatzkräfte in einen Hinterhalt gelockt“, sagte der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) bei einer Pressekonferenz in Wiesbaden. Kurz nach Mitternacht hatten Anwohner die Polizei alarmiert. Im Mespelbrunner Weg brannten Mülltonnen und ein Bagger. „Als Feuerwehr und Polizei eintrafen, wurden sie durch massive Steinwürfe attackiert“, sagt Henry Faltin vom Polizeipräsidium Südosthessen gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Die Steinewerfer attackierten die Helfer von einem Parkdeck aus. Die Polizei alarmierte weitere Kräfte nach. Ein Hubschrauber wurde zur Überwachung eingesetzt. Motiv noch unklar Die Beamten konnten sich nur mit Helm und Schild vor den Randalierern schützen. Zwei Stunden dauerte die Straßenschlacht. In der Nachsuche entdeckten die Polizisten auf dem Parkdeck, aber auch unter Büschen Steinhaufen. Die Fahnder gehen von rund 50 Angreifern aus. Drei Männer wurden festgenommen, zwei von ihnen später entlassen. Zu Motiven der Täter kann die Polizei noch nichts sagen. „Wir sind von der gestrigen Aktion überrascht“, sagt Faltin. „Es ist ein Wunder, daß niemand verletzt wurde, die Einsatzwagen sind Schrott.“ Ob der Gewaltausbruch im Zusammenhang mit einer Kellerräumung am Montag im Marktheidenfelder Weg zusammenhängt, ist unklar. Dort hatten Polizisten Diebesgut sichergestellt. Unter anderem 200 Fahrräder, Baumaschinen und ein Motorrad. „Wenn es so einfach wäre, würden wir uns freuen“, sagt Faltin. „Wir vermuten komplexere Zusammenhänge. Das können Drogengeschichten sein, oder Auswirkungen der US-Vorfälle. Wir ermitteln in alle Richtungen.“ Sicher ist, daß das Spessartviertel seit Jahrzehnten als ein sozialer Brennpunkt bekannt ist. In den fünf Hochhäusern leben rund 3.300 Menschen, 95 Prozent haben Migrationshintergrund, stammen aus 80 Nationen. Die meisten Bewohner sind allerdings aus der Türkei und Marokko. Die Täter sollen laut Polizei in dem Viertel wohnen. „Wir werden eine Arbeitsgruppe einsetzen, die Spuren auswerten. Der Hubschrauber hat in der Nacht tolle Fotos gemacht“, sagt Faltin. | Martina Meckelein | Nach den massiven Ausschreitungen in Dietzenbach (Hessen) ermittelt die Polizei wegen Brandstiftung, Landfriedensbruch und versuchter Körperverletzung. Nach dem Angriff auf Feuerwehrleute und Polizeibeamte sind mehrere Streifenwagen zerstört. Der Schaden beträgt mindestens 150.000 Euro. | Allgemein | 2020-05-29T15:57:50+02:00 | 2020-05-29T15:57:50+02:00 | https://jungefreiheit.de/allgemein/2020/mob-lockt-polizei-in-hinterhalt-und-greift-beamte-an/ |
|
Grüne verkrachen sich wegen EU-Asylkompromiß | BERLIN. Nach der Zustimmung der Bundesregierung zu einer Verschärfung des EU-Asylrechts, haben sich Teile der Grünen empört gezeigt. „Mehr Leid. Mehr Elend. Mehr Gewalt. Keine einzige Verbesserung für Flüchtende. Wir sind wütend“, schrieb etwa die Grüne Jugend auf Twitter. Mehr Leid.
Mehr Elend.
Mehr Gewalt. Keine einzige Verbesserung für Flüchtende. Wir sind wütend.#GEAS — GRÜNE JUGEND (@gruene_jugend) June 9, 2023 Der Vorsitzende der Parteijugend, Timon Dzienus, monierte, die Ampelkoalition sei an ihren eigenen Ansprüchen gescheitertert. „Diese Einigung schafft keine Verbesserung an den europäischen Außengrenzen, sondern führt zu einer weiteren Verschlechterung für die Menschen.“ Die Parteibasis hatte sich zuvor schon mit einem Protestbrief an die Führungsspitze gewandt und darum gebeten, dem Vorstoß nicht zuzustimmen. Auch grüne Landesminister unterschrieben den Appell. Doch nicht einmal die Parteispitze ist sich einig. Während der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour eine Verschärfung des EU-Asylrechts unterstützt, kritisierte seine Co-Chefin Ricarda Lang, die Einigung werde „dem Leid an den Außengrenzen nicht gerecht und schafft nicht wirklich Ordnung“. Auch im EU-Parlament zeigten sich Grünen-Abgeordnete fassungslos. „Die EU-Mitgliedstaaten haben ihren moralischen Kompaß verloren“, wetterte der Sprecher der deutschen Grünen in Brüssel, Rasmus Andresen. „Es ist beschämend, daß auch die deutsche Innenministerin Nancy Faeser mit Zustimmung der Ampel-Koalition diesem Vorschlag zugestimmt hat.“ Diese Einigung ist ein Fehler. Kaum eine der Prioritäten der deutschen Bundesregierung ist erfüllt worden, die Verhandlungen waren für Deutschland nicht erfolgreich. Es gab einen Durchmarsch rechter Positionen. Es gab noch gestern die Absprache diesem Ergebnis nicht zuzustimmen.… — Erik Marquardt (@ErikMarquardt) June 8, 2023 Der EU-Parlamentarier Erik Marquardt nannte den Kompromiß gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland einen „Durchmarsch populistischer Positionen“ mit deutscher Zustimmung. Das sei ein großer Vertrauensbruch. Die Reformpläne der EU sehen einen schärferen Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive vor. So sollen Einwanderer aus Ländern, die eigentlich als sicher gelten, nach ihrer Ankunft zunächst ihn Aufnahmeeinrichtungen verbracht werden, die Kritiker des Vorstoßes als haftähnlich skizzieren. Binnen zwölf Wochen soll dann geprüft werden, ob sie Aussicht auf Asyl haben, wenn nicht, werden sie sofort zurückgeschickt. Mitgliedsstaaten, die keine Asylbewerber aufnehmen wollen, möchte die EU zudem zu Ausgleichszahlungen verpflichten. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verteidigte die Einigung gegen Vorbehalte. „Daß die EU trotzdem zusammenfinden kann, ist gerade in einer Zeit, in der wir als Union zusammenstehen müssen, ein Wert“, gab er zu bedenken. Ich habe hohe Achtung vor denen, die aus humanitären Gründen zu anderen Bewertungen kommen. Ich hoffe, sie sehen auch, dass es Gründe gibt, dieses Ergebnis anzuerkennen.“ (zit) | JF-Online | Muß das Asylrecht verschärft werden, wie die EU es nun plant? Diese Frage läßt bei den Grünen die Fetzen fliegen. Nicht einmal die Parteichefs sind sich einig. | Grüne | Deutschland | 2023-06-09T12:42:20+02:00 | 2023-06-09T12:42:20+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/gruene-verkrachen-sich/ |
Polizeigewerkschaft empört über Linken-Fraktionschef Gysi | BERLIN. Die Deutsche Polizeigewerkschaft hat Linken-Fraktionschef Gregor Gysi vorgeworfen, mit seinen Äußerungen linke Gewalttaten zu provozieren. „Durch eine solche Aussage fühlen sich Linksextremisten in ihrem Treiben legitimiert und ermuntert“, sagte Gewerkschaftschef Rainer Wendt der JUNGEN FREIHEIT. Er sei „einigermaßen entsetzt“ über Gysis Ansichten. Der Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag hatte zuvor in einem Interview mit der Huffington Post beklagt, daß dem Linksextremismus in Deutschland zuviel Aufmerksamkeit gewidmet werde. „Der Rechtsextremismus wendet sich immer gegen Schwache, der Linksextremismus gegen Starke. Ich verurteile Gewalt. Aber ich mache da einen Unterschied. Es ist eine ganz andere Herausforderung, Starke anzugehen.“ „Gewalt ist immer verachtenswert“ Wendt reagierte empört auf die Äußerungen. „Gewalt, egal gegen wen sie sich richtet, ist immer verachtenswert. Wenn eine solche Sichtweise aus der parlamentarischen Mitte geäußert wird, braucht man sich über manche Entwicklungen in diesem Land nicht mehr zu wundern“, kritisierte der Polizeigewerkschafter. „Herr Gysi ist der lebende Beweis dafür, daß Deutschland einen starken Verfassungsschutz braucht.“ Wendt wies zudem auf einen Brandanschlag hin, bei dem am frühen Dienstagmorgen in Berlin vier Autos angezündet worden waren, darunter ein Dienstfahrzeug der Bundespolizei. Derzeit prüft der polizeiliche Staatsschutz, ob es sich um eine politische Tat handelt. „Sollte sich ein politisches Motiv bewahrheiten, sind das genau die Auswirkungen, die Herr Gysi mit seinen Aussagen provoziert“, warnte Wendt. Union wirft Gysi Verharmlosung vor Scharfe Kritik kam auch von der Union. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer (CSU) warf Gysi vor, die Gefahr des Linksextremismus herunterzuspielen. „Die verharmlosende und verklärte Sichtweise von Herrn Gysi auf den Linksextremismus kann ich nicht nachvollziehen und halte sie für gefährlich. Es ist immer gefährlich, auf dem rechten oder eben linken Auge blind zu sein“, sagte Mayer gegenüber der JF. Der Verfassungsschutz beobachte zu Recht sowohl den Linksextremismus als auch den Rechtsextremismus. In der Linkspartei gebe Gruppierungen wie die „Linksjugend solid“, die ebenso wenig wie andere extremistische Strömungen auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung stünden, kritisierte der Innenexperte. So existierten beispielsweise beim Thema Antisemitismus mehr Gemeinsamkeiten zwischen „den Protagonisten im rechtsextremistischen, linksextremistischen, aber auch islamistischen Spektrum“, als diesen lieb sei. (krk) | JF-Online | Die Deutsche Polizeigewerkschaft hat Linken-Fraktionschef Gregor Gysi vorgeworfen, mit seinen Äußerungen linke Gewalttaten zu provozieren. „Herr Gysi ist der lebende Beweis dafür, daß Deutschland einen starken Verfassungsschutz braucht“, sagte Gewerkschaftschef Rainer Wendt. Scharfe Kritik kam auch aus der Union. | Deutschland | 2015-03-10T13:35:15+01:00 | 2015-03-10T15:19:05+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2015/polizeigewerkschaft-empoert-ueber-linken-fraktionschef-gysi/ |
|
Schlacht um Awdijiwka: Quantität hat ihre eigene Qualität | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Ferdinand Vogel | Die ukrainische Stadt Awdijiwka liegt in Trümmern und die Front entwickelt sich zu einem Friedhof. Doch Kiew hält weiterhin am Maximalziel fest, während Moskau geschickt taktiert. Ein Lagebericht von Ferdinand Vogel. | awdijiwka,Ukraine | Ausland | 2023-11-29T11:27:23+01:00 | 2023-11-29T11:27:23+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2023/schlacht-um-awdijiwka-quantitaet-hat-ihre-eigene-qualitaet/ |
„Minarette sind Machtanspruch“ | Plakat der Anti-MinarettsinitiativeMitbegründer Ulrich Schlüer Fotos: JF, Privat Herr Schlüer, wird Ihre Volksinitiative „Für ein Bauverbot von Minaretten“ am Sonntag erfolgreich sein? Schlüer: Wie eine Abstimmung ausgeht, ist so lange offen, bis die letzte Stimme ausgezählt ist. Immerhin hat die Debatte inzwischen ein Ausmaß angenommen, das auch für die an Volksabstimmungen gewöhnte Schweiz Ausnahmecharakter hat. Die Informations- und Diskussionsveranstaltungen zum Thema sind außergewöhnlich gut besucht, in den Medien werden überdurchschnittlich viele – die Initiative mehrheitlich befürwortende – Leserbriefe publiziert, Radio und Fernsehen berichten intensiv, und sogar im Ausland findet unsere Initiative große Beachtung. Die Initiative bewegt das Volk außerordentlich. Klar, daß wir als Initianten überwiegend positive Stimmen zu unserer Initiative vernehmen. Warum ist das Interesse so überwältigend? Schlüer: Weil die Bürger spüren, daß die in ganz Westeuropa stattfindende Islamisierung, über die es bisher keine demokratische Debatte gab, unter dem Stichwort Political Correctness von Politikern und Medien verdrängt wurde – obwohl sie jeden Einzelnen zutiefst betrifft. „Wir haben lediglich eine reale Bedrohung visualisiert“ Ihre Initiative hat für viel Empörung gesorgt, nicht nur in der Schweiz. Der britische „Independent“ fragt, ob Ihr Land damit nicht zum „Herz der Finsternis“ Europas geworden sei. Mehrere Schweizer Städte haben gar versucht, Ihre Plakate gerichtlich zu verbieten. Schlüer: Es kam tatsächlich zu maßlosen Vorwürfen gegen uns – besonders wegen des Abstimmungsplakats. Darauf haben wir lediglich eine real existierende Bedrohung visualisiert – offensichtlich so, daß die Botschaft verstanden wurde. Daraufhin wurde versucht, uns per Gericht mundtot zu machen. Das allerdings ist gründlich schiefgegangen: Im Grunde können wir uns im nachhinein die Hände reiben. Die Kopflosigkeit der Gegenkampagne hat unserem Anliegen eine Medienaufmerksamkeit beschert, die wir als Werbekampagne niemals hätten bezahlen können. Und mit Ausnahme der Stadt Basel sind in der deutschen Schweiz alle Verbotsversuche gescheitert. Mit Erfolg haben Sie auch wieder ein Computerspiel eingesetzt. Schlüer: Nach den guten Erfahrungen mit dem „Zottel“-Spiel der Schweizerischen Volkspartei 2007, bei dem der Spieler mit dem Geißbock „Zottel“ von einer Schafweide, die die Schweiz darstellt, die schwarzen Schafe – stellvertretend für kriminelle Ausländer – hinunterzuexpedieren hatte, muß er in unserem Spiel „Minarett-Attack“ schnell und steil in den Himmel schießende Moscheetürme mitsamt Muezzin verhindern. Allerdings kann man das Spiel gar nicht gewinnen. Schlüer: Damit die Wirklichkeit nicht dem Spiel folgt, schließt das Spiel mit dem Aufruf, mit „Ja“ zum Minarettverbot zu stimmen. Beobachter sagen allerdings voraus, daß Ihre Vorlage trotz der enormen Beachtung, die sie gefunden hat, abgelehnt werden wird. Schlüer: Keiner weiß, wie die Abstimmung ausgeht. Wir rechnen uns jedenfalls gute Chancen aus. In der Schlußphase mobilisieren wir selbstverständlich noch alle unsere Reserven. „Keiner weiß, wie am Sonntag die Abstimmung ausgeht“ Was, wenn Sie Erfolg haben? Schlüer: Dann gibt es in der Schweiz zu den bisher vier Minaretten keine weiteren mehr und sicher auch keinen Muezzin. Was allerdings nichts am Prozeß der Islamisierung ändert. Schlüer: Natürlich lösen wir nicht alle Probleme über Nacht. Aber das Signal wäre unübersehbar: Jeder Politiker, jedes Behördenmitglied müßte erkennen, daß das Laisser-faire in Sachen Islamisierung der Schweiz vom Volk zutiefst mißbilligt wird. Kein Politiker könnte das übersehen. Er wird vielmehr erkennen: „Wenn ich den Volkswillen mißachte, ist meine Wiederwahl gefährdet.“ Solche Einsicht wirkt auf jeden Politiker. Dazu noch ein Beispiel: Vor wenigen Jahren wurde eine Volksinitiative für die lebenslange Verwahrung schwerer Sexual-Gewaltstraftäter gestartet. Sie wurde von der Politik nie ernstgenommen. Der Tenor war: Die paar Frauen, die hinter der Initiative stehen, finden doch nie eine Mehrheit. Doch die Vorlage wurde vom Volk angenommen. Seitdem vergeht keine Parlaments-Session, ohne daß nicht von allen Parteien neue Vorschläge gegen Gewaltkriminalität und zur Verschärfung des Strafrechts eingereicht werden. Der überraschende Erfolg dieser Initiative fuhr den Politikern so in die Knochen, daß die Politik zu Kriminalität und Strafrecht völlig verändert wurde. Gleiches wird die Minarettverbots-Initiative bewirken. >> <---newpage---> Das Argument Ihrer Kritiker, mit einem Minarettverbot verhindern Sie die Integration der Schweizer Muslime, ist allerdings nicht von der Hand zu weisen. Schlüer: Irrtum. Das Minarett ist die Speerspitze der politischen Islamisierung. Minarette sind kein Mittel der Integration, sie markieren den politischen Machtanspruch, der das islamische Scharia-Recht als Parallelrecht durchsetzen will. Damit wird Integration verhindert. Die Schweiz ist eine reine Willensnation Sie sagen, im Grunde sei die Schweiz sogar noch mehr bedroht als andere Länder. Warum? Schlüer: Weil die Schweiz eine reine Willensnation ist: Eine eigentliche, in einem einzigen Volk verankerte Nation bilden die Schweizer nicht. Sie setzen sich zusammen aus vier Volksgruppen mit vier Sprachen, die ab dem Jahr 1291 ihren Willen Schritt für Schritt umgesetzt haben, ein eigenständiges Land sein zu wollen, fußend auf vier Säulen: Demokratie, Rechtsstaat, Unabhängigkeit und Neutralität. Diese die Schweiz konstituierenden Werte würden durch die Islamisierung des Landes ausgehebelt. Wer versucht, mit der Scharia ein Parallelrecht im muslimischen Bevölkerungsteil der Schweiz zu etablieren, gerät in unauflösbaren Widerspruch zu Rechtsstaat und Verfassung. Wer die politische Zivilisation der Schweiz unterläuft, stellt die ganze Schweiz in Frage. Ohne ihre grundlegenden Werte kann die Schweiz als selbständiges Land nicht überleben. Zu dieser Gesellschaftsgrundlage der Schweiz gehört allerdings auch die Religionsfreiheit. Schlüer: Ganz recht! Und gegen den Islam als Religion ist nichts einzuwenden; Religionsfreiheit gilt in der Schweiz auch für Moslems. Das Problem ist aber, daß der Islam seinen Anhängern auch verbindlich einzuhaltende Rechtsnormen in Form der Scharia auferlegt. Daraus resultieren zum Beispiel die heute rund 17.000 muslimischen Zwangsehen in der Schweiz. Das Recht entsteht in der Schweiz politisch – aus dem demokratischen Entscheidungsprozeß heraus. So sehr wir die Religionsfreiheit umfassend gewährleisten, so konsequent müssen wir fordern: Es gibt nur ein einziges Recht in der Schweiz. Und die demokratisch geschaffenen Regeln gelten vorbehaltlos für alle, die in der Schweiz Wohnsitz haben. Für Zwangsehe und Scharia ist da kein Platz. Will jemand muslimisches Parallelrecht in Form der Scharia hier einführen, dann gibt es nur eine Antwort: Wehret den Anfängen! Im Grunde wendet sich Ihre Initiative doch nur gegen das Symptom, nicht gegen die Ursache – nämlich die Masseneinwanderung. Schlüer: Die Minarettverbots-Initiative ist tatsächlich keine Einwanderungsstopp-Initiative. Doch längst nicht alle Muslime kommen in die Schweiz mit der Absicht, die Islamisierung voranzutreiben. Es gibt zweifellos nicht wenige, vor allem muslimische Frauen in der Schweiz, die froh und dankbar sind, in einem Land leben zu können, wo das Gesetz über der Religion steht, wo die Gleichheit aller vor dem Gesetz gelebt wird. Dennoch – und da haben Sie recht – kann man Islamisierung und Einwanderung nicht völlig voneinander trennen. Zunächst geht es jetzt darum, durchzusetzen, daß Schweizer Recht in der ganzen Schweiz vorbehaltlos wieder für alle gilt – auch für alle Einwanderer. „Dank uns redet nun jeder Politiker über die Islamisierung“ Ohne Minarette kann sich die Islamisierung allerdings um so unbemerkter vollziehen. Schlüer: Da bin ich klar anderer Meinung. Herde des Terrorismus sind in Europa die Ghetto-Vorstädte, wo es Minarette, aber keine einheimische Bevölkerung mehr gibt.Was aber, wenn die Initiative doch scheitert – unwahrscheinlich ist das nicht?Schlüer: Selbst dann wird sich der Kampf gelohnt haben. Unsere Initiative hat schon jetzt viel bewirkt. Die Islamisierung ist durch uns auf die Ebene eines erstrangigen Problems gerückt worden. Das kann nicht mehr rückgängig gemacht werden – wie immer die Abstimmung ausgeht. >> <---newpage---> Wie geht es bei einer Niederlage weiter? Schlüer: Das Initiativkomitee, nicht ich, wird entscheiden, wie je nach Ergebnis weiter zu verfahren ist. Warten wir das Ergebnis ab. Wichtig ist, daß bereits jeder Politiker zwischen Boden- und Genfersee betont, daß er sich in Zukunft den Problemen der Islamisierung stellen werde. Das ist in jedem Fall ein wichtiger Etappensieg. Die Initiative wird zwar von der Schweizerischen Volkspartei (SVP) maßgeblich getragen, wurde aber nicht von ihr initiiert. Warum? Schlüer: Der Anstoß zur Initiative kam aus jenen Gemeinden, wo Minarettbauten geplant wurden. Dabei geschah es, daß das Bundesgericht gegen den Willen betroffener Gemeinden und Bürger den Minarettbau durchgesetzt hat. Daraus resultierte die Entscheidung, die Minarettfrage mittels Volksinitiative auf die eidgenössische Ebene zu verlagern, wozu der Kontakt mit Parlamentariern, auch mit mir, geknüpft wurde. „Die Konzeptlosigkeit der Bürgerlichen hat mich enttäuscht“ Sie gelten als einer aktivsten konservativen Exponenten in der Schweizer Politik. Schlüer: Ich vertrete den Standpunkt, daß Wort und Tat übereinstimmen müssen. Altersmäßig bin ich ein Achtundsechziger. Ich habe die Studentenunruhen an der Zürcher Universität miterlebt – und war dabei vor allem von den lauen und konzeptlosen Gegenargumenten des bürgerlichen Lagers enttäuscht. Viel zu wenige erfaßten, daß es damals um eine weichenstellende Auseinandersetzung um Wertvorstellungen und Grundsätze für die Gesellschaft und für die Schweiz ging. Damals fiel bei mir der Entschluß, dem Begriff „konservativ“ neuen Inhalt, antwortend auf moderne Herausforderungen, zu geben und die dabei gewonnenen Standpunkte offensiv zu vertreten. Diese Haltung lag auch der Gründung der Zeitung Schweizerzeit im Jahre 1979 zugrunde – als damals einziger konservativer Stimme im Schweizer Pressewald. Brauchen wir in Zukunft eine europäische Volksinitiative gegen Minarettbau? Schlüer: Wir Schweizer sind zutiefst dem Prinzip verpflichtet, uns „nicht in fremde Händel einzumischen“. Das gilt auch bezüglich der Minarettverbots-Initiative. Wir suchen eine Lösung für die Schweiz. Wir wollen nicht durch alle Lande missionieren. Zudem fehlt in anderen Ländern, auch in Deutschland, das Instrument der Volksabstimmung. Warten wir ab, was am 29. November geschieht. Selbst bei einem Erfolg am Sonntag – die Schweiz bleibt von einer Islamisierung des übrigen Europa nicht unberührt. Ist das „fremde Händel“-Prinzip da noch zeitgemäß? Schlüer: Für den Erfolg ausschlaggebend ist, daß Maßnahmen gegen die Islamisierung aus der Bevölkerung in dem Land heraus entfaltet werden, wo Handlungsbedarf entsteht. Grenzüberschreitende Orientierung und Konsultation kann dabei von Nutzen sein. Taten aber müssen von jener Bevölkerung getroffen und durchgesetzt werden, die direkt betroffen ist. Dr. Ulrich Schlüer ist Mitgründer der Eidgenössischen Volksinitiative für ein Bauverbot von Minaretten, über deren Vorlage die Schweiz am Sonntag in einer Volksabstimmung zu entscheiden hat. Der SVP-Nationalratsabgeordnete und ehemalige Geschichtslehrer, Jahrgang 1944, gilt als einer der profiliertesten konservativen Aktivisten in der Schweiz. Zunächst Sekretär von James Schwarzenbach, dem populären rechtskonservativen Schweizer Vordenker der siebziger Jahre, gründete Schlüer 1979 die Zeitschrift Schweizerzeit, engagierte sich in zahlreichen konservativen Initiativen und ist heute Mitglied des Schweizer Parlaments für die Schweizerische Volkspartei (SVP). Von der Volksinitiative stammt auch das umstrittene Computerspiel „Minarett-Attack“. JF 49/09 | Moritz Schwarz | Der Publizist Henryk M. Broder hat das Ergebnis der Volksabstimmung über ein Minarettverbot in der Schweiz als Votum gegen die „Appeaser“ in Politik und Medien bewertet. Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Armin Laschet nannte es dagegen ein Glück, daß esin Deutschland keine Volksabstimmungen gebe. | Interview | 2009-11-29T15:21:00+01:00 | 2009-11-29T15:21:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/interview/2009/minarette-sind-machtanspruch/ |
|
Fröhlich in die Barbarei | Die am 27. Oktober in Clichy-sous-Bois ausgebrochenen Krawalle, die sehr schnell auf weitere Städte des Departements übergriffen, und der Raubmord von Épinay-sur-Seine am selben Tag werfen vor dem Hintergrund der gewalttätigen Arbeitskämpfe gegen die Privatisierung der Schiffahrtsgesellschaft SNCM und der öffentlichen Nahverkehrsbetriebe, die seit über einem Monat Marseille lahmlegen, ein Schlaglicht auf vier hervorstechende Merkmale unserer Gesellschaft. Jedes für sich schlimm genug, erzwingen sie durch ihr Zusammentreffen eine Auseinandersetzung mit dem gegenwärtigen Zustand des französischen Modells, das – und zwar fröhlich – in die Barbarei abgleitet, soll heißen in die intellektuelle und gesellschaftliche Regression. Ihre spezielle Ausprägung erhält sie durch die Verbindung der Banalisierung von Gewalt mit dem Mißbrauch der Sprache, dem Versagen des Staates sowie dem Rückzug der verantwortlichen Eliten. Alltägliche Unhöflichkeiten, Gewalt gegen Personen und Eigentum, körperliche Angriffe, Lärmbelästigung, Drogenhandel, Molotow-Cocktails gegen die Ordnungskräfte, Steinwürfe auf Polizisten und Feuerwehrleute, Brandstiftung, Racheakte und hinterhältige Morde: Die Litanei der Gewalt verschlimmert sich in einem Maße, daß man in bestimmten als „schwierig“ verrufenen Vierteln nicht mehr vom Guerillakrieg, sondern vielmehr von der Barbarei in den Städten sprechen muß. Ihre Banalisierung, der die ständige Medienaufmerksamkeit Vorschub leistet, verwischt ihre pathologische Natur, deren Wucherungen die gesamte Gesellschaft zu infizieren drohen. Man kann in ihr nicht länger die Ausnahme sehen, die die Regel bestätigt, nämlich den Primat des Rechts, sondern sie ist selbst zur Regel geworden, ja zum Gesetz, das in den Vorstädten herrscht, nämlich das Recht des Stärkeren. Niemand wagt den offiziellen Zahlen zu widersprechen, obwohl alle wissen, daß sie zu niedrig sind. Dem Institut des Hautes Études de la Sécurité zufolge wird nur in 31 Prozent der Fälle von Gewalt gegen die Person Anzeige erhoben. Auch die Zahl der Eigentumsdelikte bleibt hoch, selbst wenn sich die Polizei brüstet, daß zwischen Januar und September im Großraum von Lyon nur achthundert Autos angezündet wurden, was im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang von acht Prozent bedeutet. Im Departement Seine-Saint-Denis brannten jede Nacht zwischen zwanzig und vierzig Autos, und es wurde mitgeteilt, daß seit Jahresbeginn neuntausend Polizeiwagen mit Steinen beworfen worden sind. In der Straßburger Region ist es mancherorts zum Brauch geworden, sich Weihnachten nicht mehr ums Kaminfeuer, sondern um die Karosserien ausgebrannter Wagen zu versammeln. Die verwüsteten Schulen, oft auch Kindergärten oder die geplünderten Vereinshäuser lassen sich schon nicht mehr zählen. Am meisten befremdet angesichts dieser Gewaltausbrüche, über deren Ursachen sich niemand einigen kann – von den Lösungen ganz zu schweigen -, die Gelassenheit, mit der die politischen Verantwortlichen und die Meinungsmacher das Maß dieser Maßlosigkeiten nehmen. Es hat den Anschein, als seien solche gesellschaftlichen Eruptionen mit Naturkatastrophen gleichzusetzen und als solche unvermeidbar, als bliebe unser Gemeinwesen unberührt von dem dramatischen Schauspiel, das es sich selber bietet. Gegenüber einer Demokratie, deren oberstes Gebot das der Sicherheit von Personen und Eigentum ist, darf jedoch keine derartige Gleichgültigkeit walten. Die Bewohner der guten Viertel, die ihren Reichtum schützen, mögen von ferne mitleidig auf das Elend ihrer ärmeren Mitbürger blicken, deren Viertel von Unsicherheit, Gewalt und Vernachlässigung verheert werden. Sie sollten nicht vergessen, daß diejenigen, die dort leben, ihre brennenden Autos und ihre verwüsteten Gebäude mit einem anderen Blick betrachten. Mancher von ihnen wäre gut beraten, einem solchen Blick zu begegnen. Wenn man nicht mehr wagt, den Dingen ins Gesicht zu sehen, ergreift man das Wort, um sie zu verschleiern. Soll heißen, in der Politik ist der Euphemismus eine Huldigung der Untugend an die Tugend: Wer Sprache dem eigenen intellektuellen Wohlbefinden zuliebe zur Beschönigung benutzt, mißbraucht sie. Semantische Manipulation ist nicht neu. Schon Thukydides berichtete von Beispielen aus der Zeit der griechischen Bürgerkriege: „Die Menschen begannen, um Taten zu beschreiben, willkürlich die gewöhnliche Bedeutung von Wörtern zu verändern.“ Alles, was der „Bürgerkrieg“ – wie soll man sonst beschreiben, was sich in den Banlieues abspielt, wenn die Repräsentanten des Staates als Feinde betrachtet werden? – stiftet, ist dem griechischen Historiker zufolge eine „Schule der Gewalt“. Sie verändert die Mentalität der Menschen durch eine Verweigerung der Wirklichkeit, in der sie leben, sowie eine gleichzeitige Verweigerung der Sprache, die sie in einer Art verbaler Auflehnung zum Ausdruck bringt. Deshalb, so lesen wir, gelte wahnwitzige Kühnheit als Mut, vorsichtiges Abwarten als Angst und Mäßigung als Maske der Feigheit (Der Peloponnesische Krieg, III, 82). Wenden wir diese Veränderungen des üblichen Wortsinns auf die Ausschreitungen an, die wir in den Vorstädten und anderswo erleben. In Frankreich wird statt von „Unruhen von „Schikanemaßnahmen“ die Rede sein; statt von „Kriminellen“ von „Jugendlichen“; statt von „Drogenhandel“ von „Parallelwirtschaft“; statt von „Seeräuberei“ vom „Kurswechsel des Schiffes“ oder der „Wiederherstellung des nationalen Wohls“; statt von „rechtlosen Zonen“ von „sensiblen Vierteln“; statt vom „Anschlag gegen das Recht auf Arbeit“ von einer „Bewegung der legitimen Forderung“ usw. Aus Angst, sich den Schwierigkeiten unserer Gesellschaft zu stellen, wagt man nicht mehr, die Dinge beim Namen zu nennen, und vergißt dabei, daß man, wie Boileau sagt, nichts benennen kann, „wenn es nicht sein Name ist“. Die Gutmenschen echauffieren sich, wenn der Innenminister von „Gesindel“ spricht oder von „null Toleranz“, und nehmen Anstoß an seiner „ultra-repressiven“ Ausdrucksweise und seinem „vo-luntaristischen“, „martialischen“ Tonfall. Gilt es jetzt nicht, „repressiv“ gegen rassistische Taten und antisemitische Ausschreitungen vorzugehen? Muß angesichts von Arbeitslosigkeit, Krankheit und Armut jeder politische „Wille“ zugunsten einer gesellschaftlichen Abulie preisgegeben werden? Oder müssen wir vielmehr durch sprachliche Rechtschaffenheit der sachlichen Richtigkeit Respekt zollen? Arnaud de Montebourg, der dem linken Flügel der Sozialistischen Partei angehört, empört sich, daß Sarkozy entwürdigende Begriffe für diejenigen verwende, an die sich seine Rede richtet. Ob diese Begriffe auf Drogenhändler, Brandstifter und Verbrecher zutreffen, diese Frage stellt er sich nicht. Die Definition von racaille (Gesindel), so der sozialistische Abgeordnete, der sein Wörterbuch zu Rate gezogen hat, laute „verachtenswerter Pöbel“. Doch wer trägt mehr Schuld: derjenige, dessen Worte ihn der Beachtung unwürdig machen, oder derjenige, dessen Taten ihn der Verachtung würdig machen? Was bei dieser Eskalation der Gewalt auf jeden Fall in Frage gestellt wird, ist die Existenz eines öffentlichen Raumes, an dem alle Bürger derselben Republik teilhaben und den sie respektieren können. Es fällt in die Verantwortung des Staates, einen solchen Raum durch das Erlassen von Gesetzen herzustellen oder durch Erziehung wiederherzustellen. Zugleich hat er die Sicherheit von Personen und Eigentum durch vorbeugende sowie bestrafende Maßnahmen zu gewährleisten. Nun haben sich die jeweiligen Regierungen seit mehreren Jahrzehnten geweigert, der Gewalt Herr zu werden, die sich ebenso gegen Privatpersonen wie gegen die Staatsmacht als solche richtet. Indem er sein von Max Weber definiertes Monopol auf legitime körperliche Gewalt organisierten oder Gelegenheitsbanden überläßt, verzichtet der Staat darauf, seine Hoheitsfunktion auszuüben sowie die Sicherheit seiner Bürger zu garantieren. Alle Theoretiker des modernen Staates haben ihn mit Machiavelli, Bodin oder Hobbes als „absolute und ewige Macht“ verstanden, nach Bodin die eigentliche Definition der res publica. Diese unterscheidet sich radikal von allen anderen Formen des Zusammenlebens, die gelegentlich der „Abschottung“ bezichtigt werden: Clans, Stämme, Rassen, religiöse Sekten, Banden etc. Das Wesen des Staates besteht demnach darin, Träger und Herr der Streit- und Polizeikräfte zu sein. Das macht ihn nicht etwa zum Polizeistaat, wie manche ihm in Erinnerung an Epochen vorwerfen, in denen der Willkür des Herrschers keine Grenzen gesetzt waren; solange er seine eigenen Bürger als Rechtssubjekte behandelt, um ihre Freiheit und ihre Gleichheit vor dem Gesetz sicherzustellen, handelt es sich um einen Rechtsstaat. Man kann bezweifeln, daß die dauernden Gewalttaten, die die Gesellschaft erschüttern, den Staat, die Demokratie und den öffentlichen Raum unversehrt lassen. Wenn man aus Kalkül, aus Schwäche oder aus Ohnmacht mehr und mehr rechtlose Zonen entstehen läßt; wenn der Polizei oder der Bereitschaftspolizei als Repräsentanten des Staates der Zutritt zu bestimmten Vierteln verwehrt oder sie als Provokateure verunglimpft werden; wenn sogar Feuerwehrmänner, manchmal auch Ärzte bei ihren Hilfeleistungen bedroht oder angegriffen werden, läßt sich durchaus auf ein Versagen des Staates schließen. Dessen Autorität wird hier nicht mehr herausgefordert oder verhöhnt, sondern zerstört. Der État de droit, der Rechtsstaat, unterwirft sich unmerklich dem état de fait, dem Tatbestand, wenn diejenigen, die Verantwortung für ihn tragen, nicht länger den Mut haben, zu sagen, was gesagt werden muß, und zu tun, was getan werden muß. Ebendiesen Zustand haben sowohl Hannah Arendt wie Alexander Solschenizyn vorausgesehen, wenn sie das „Schwinden des Mutes“ als politisches Hauptmerkmal zeitgenössischer Gesellschaften definierten. Der Mißbrauch der Sprache und der Verlust des Mutes führen unweigerlich dazu, daß die Menschen, die höchste Verantwortung tragen, sprich die zur Elite Auserkorenen, sich ihrer ersten Aufgabe entziehen: nämlich für ihre Worte und ihre Taten haften zu müssen – zuvorderst vor den Schwächeren und Ärmeren. Kriminelle fortlaufend als „Jugendliche“ zu bezeichnen, ist unverantwortlich, denn damit trifft die Schmach zum einen eine ganze Altersklasse, zum anderen alle Jugendlichen, die in den Armenvierteln leben. Wenn der Parteisprecher der Sozialisten, Julien Dray, erklärt, „Hunderte von Jugendlichen“ seien Opfer der Diskriminierung, sie seien „weder Gauner noch Gesindel“, beweist er dieselbe Verantwortungslosigkeit wie die Menschenrechtsorganisation SOS Racisme, die beklagt, daß „Jugendliche aus den Vierteln und Kriminelle in einen Topf geworfen“ würden. Denn in Wirklichkeit begünstigt gerade die allgemeine und systematische Verwendung des Begriffes „Jugendliche“ die Gleichsetzung von Bewohnern der betroffenen Orte und jenen, seien sie nun jugendlich oder weniger jugendlich, die tatsächlich und nicht nur nominell kriminell sind. Niemand ist je auf den Gedanken gekommen, die gesamte Bevölkerung der von der Gewalt betroffenen Vorstädte für schuldig zu erklären. Gerade die Bewohner dieser Banlieues werden Tag für Tag Opfer dieser Ausschreitungen. Genauso unverantwortlich ist es, die Gewalttaten in Clichy-sous-Bois und anderen Orten herunterzuspielen und sie einem Minister der Republik anzulasten statt den Akteuren, wie es der ehemalige sozialistische Premierminister Laurent Fabius tat, als er Sarkozy vorwarf, ein „furchtbares Klima“ in den Banlieues geschürt zu haben. Noch unverantwortlicher – und unwürdiger – ist es, den Tod der beiden Jugendlichen, die in Panik gerieten und in ein Transformatorhäuschen flüchteten, wo sie einen Stromschlag erlitten, zu instrumentalisieren, um die Polizei, die Regierung und den Staat anzuklagen, obwohl es sich um einen unglücklichen Unfall handelte. Schließlich ist es nicht nur unverantwortlich, sondern ungerecht, ja skandalös, mit zweierlei Maß zu messen, wenn man im Namen des Mitgefühls und der Gerechtigkeit zu sprechen behauptet. In Clichy-sous-Bois fand in Anwesenheit des Bürgermeisters ein Trauermarsch mit 500 Teilnehmern für die beiden verunglückten Jugendlichen statt. Es ist nichts darüber bekannt, daß eine ähnliche Gefühlswelle die Einwohner von Épinay-sur-Seine und, allgemeiner gesprochen, die Medien bewegt hätte, dem 56jährigen Familienvater, der vor den Augen seiner Frau und seines Kindes innerhalb von 90 Sekunden zu Tode geprügelt wurde, dieselbe Ehrung zu erweisen. Das einzige Vergehen, dessen er sich schuldig gemacht hatte, war, mit einer Digitalkamera eine Straßenlaterne zu fotografieren. Er starb grundlos, ohne Reaktionen seitens der offensichtlich Verantwortlichen auszulösen, die sich weder verantwortlich noch schuldig fühlen oder jemals fühlen werden. Jean-François Mattéi ist Professor für Philosophie an der Sophia-Antipolis-Universität Nizza, Mitglied des Institut Universitaire de France und des Institut Thomas More. Eine kürzere Fassung dieses Textes erschien am 3. November 2005 unter dem Titel „Violences urbaines, crescendo dans la barbarie“ in der Pariser Tageszeitung „Le Figaro“. Die Übersetzung hier stammt von Silke Lührmann. | JF-Online | Die am 27. Oktober in Clichy-sous-Bois ausgebrochenen Krawalle, die sehr schnell auf weitere Städte des Departements übergriffen, und der Raubmord von | Sonderthema | 2005-11-18T00:00:00+01:00 | 2005-11-18T00:00:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/sonderthema/2005/froehlich-in-die-barbarei/ |
|
Türkische Gemeinde: Deutschland verniedlicht Häuserbrände | KÖLN. Nach dem noch ungeklärten Brand in einem Kölner Wohnhaus hat der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, gefordert, bei allen Bränden in von Ausländern bewohnten Gebäuden automatisch von einem „rassistischen Anschlag“ auszugehen. Während die Behörden in England bereits so vorgingen, würde in Deutschland immer erst „verniedlicht“, empörte sich Kolat. „Es gibt in der türkischen Community überhaupt kein Vertrauen mehr in die deutschen Sicherheitsbehörden“, sagte er dem Kölner Stadtanzeiger. Kolat behauptete zudem, die Anzahl von Bränden in von Ausländern bewohnten Häusern nehme zu. „Sehr viele Leute schreiben mir, daß sie abends Angst haben. Sie treffen Vorkehrungen.“ Auch gebe es ein grundsätzliches Problem mit Rassismus in Deutschland, der „das Ergebnis des Populismus einiger Buchautoren“ sei. Bei den Opfern in Köln handelt es sich um eine Kosovarin und Deutschen. Kolat betonte mit Blick auf den Brand eines Hauses im baden-württembergischen Backnang, bei dem acht türkischstämmige Personen ums Leben gekommen waren, er hätte sich einen Besuch der Bundeskanzlerin vor Ort gewünscht. Diese habe jedoch abgelehnt. „Es wäre aus menschlicher Perspektive ein gutes Zeichen gewesen, auch wenn es gar kein rassistischer Anschlag war. Das muß von höchster Stelle kommen. Die Politik hat das immer noch nicht verstanden.“ Bisher gibt es keinen Hinweis auf einen ausländerfeindlichen Hintergrund. Sollten die Ermittlungen ergeben, daß die marode Technik das Feuer ausgelöst habe, könnte der türkische Hauseigentümer beschuldigt werden, teilte die Polizei mit. (ho) | JF-Online | Nach dem noch ungeklärten Brand in einem Kölner Wohnhaus hat der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, gefordert, bei allen Bränden in von Ausländern bewohnten Gebäuden automatisch von einem „rassistischen Anschlag“ auszugehen. | Deutschland | 2013-04-03T12:57:00+02:00 | 2013-12-03T18:42:22+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2013/tuerkische-gemeinde-deutschland-verniedlicht-haeuserbraende/ |
|
Sellner besetzt Nord Stream 2 und fordert Öffnung der Pipeline | LUBMIN. Der Sprecher der Identitären Bewegung (IB), Martin Sellner, und Mitstreiter der „Aktion Solidarität“ haben am Montag das Nord Stream 2 Terminal in Lubmin zeitweise besetzt und die Inbetriebnahme der Gaspipeline verlangt. „Wir fordern die sofortige Öffnung von Nord Stream 2 und eine Volksabstimmung über die Energie- und Sanktionspolitik der Bundesregierung“, sagte er in einem Video, das sich in den sozialen Medien verbreitete. Weiter drohte Sellner, die Pipeline selbst in Betrieb zu nehmen. „Wenn sie nicht Gas geben, dann geben wir Gas. Wir sind heute hier, um Nord Stream 2 aufzudrehen.“ Eine weitere Forderung an die Bundesregierung war, die Grenzen zu schließen. Identitäre sind auf dem Gelände von Nord Stream 2 in Lubmin und fordern die Öffnung der Pipeline.
Gemäß hiesiger „Aktivismus ist toll“-Logik vieler Medien müßten diese nun neutral bis wohlwollend darüber berichten.
Ich bin gespannt. pic.twitter.com/ZH8LxYVo3E — Lukas Steinwandter (@LSteinwandter) August 29, 2022 Zugleich richtete Sellner schwere Vorwürfe an die Bundesregierung. „Die Regierung nimmt die Verarmung und das Frieren von Millionen Menschen in Kauf.“ Dabei betonte er gegenüber der JUNGEN FREIHEIT: „Es geht hier gar nicht um Kriegs- und Geopolitik, sondern primär um die Verantwortung vor dem eigenen Volk.“ Nach kurzer Zeit war die Polizei vor Ort und versuchte demnach, die Aktion zu beenden. Um dem Zugriff der Beamten zu entgehen, seien sie in nahegelegene Wälder ausgewichen. „Die Polizei kam mit einem massiven Aufgebot und ein Teil der Aktivisten zog sich ins Gebüsch rund um Nord Stream zurück. Dort jagten die Polizisten sie im Unterholz unter anderem mit einem Helikopter. Die meisten konnten entkommen, vier wurden gefaßt und sind noch in Gewahrsam.“ Zwar habe die Aktion Wellen geschlagen und gezeigt, was ginge, wenn man nur wollte. „Wir sind noch nicht zufrieden, weil wir es diesmal nicht geschafft haben Nord Stream aufzudrehen. Aber wir sind überzeugt, daß wir den Protesten damit eine Initialzündung gegeben haben“, bilanzierte Sellner. Als Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine ist Nord Stream 2 derzeit nicht in Betrieb. Es ist unklar, ob oder wann russisches Gas durch sie nach Europa transportiert wird. (ag) | JF-Online | IB-Sprecher Martin Sellner besetzt ein Terminal der Gaspipeline Nord Stream 2 und droht, sie in Betrieb zu nehmen. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot im Einsatz, um Sellner und seine Mistreiter aufzuhalten. | Nord Stream 2 | Deutschland | 2022-08-29T18:42:44+02:00 | 2022-08-29T18:43:28+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2022/sellner-besetzt-nord-stream-2-und-fordert-oeffnung-der-pipeline/ |
Lockere Radmuttern: Polizei prüft möglichen Anschlag auf AfD-Politiker | SUHL. Die Thüringer Polizei ermittelt wegen eines möglichen Anschlags auf das Auto des AfD-Bundestagsabgeordneten Anton Friesen. Der AfD-Politiker war am Donnerstag abend bei einem Bürgerdialog im thüringischen Zella-Mehlis. Als er von der Veranstaltung zurückfuhr, bemerkten er und sein Mitarbeiter ein Ruckeln am Fahrzeug. Grund waren mehrere lockere Radmuttern an allen vier Rädern. Friesen geht von einem Anschlag aus und vermutet Linksextremisten hinter der Tat. Die Polizei widersprach auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT zuerst der Darstellung des AfD-Abgeordneten. Es seien nur lockere Bolzen an einem Rad festgestellt worden. Ob diese absichtlich gelöst worden seien, oder sich von selbst gelockert hätten, stehe derzeit nicht fest. Bislang habe die Polizei keinen Hinweis auf einen politisch motivierten Anschlag, sagte die Sprecherin der Landespolizeiinspektion Suhl, Cindy Beyer, der JF am Freitag mittag. Polizei bestätigt Friesens Version Kurze Zeit später veröffentlichte die Polizei jedoch eine Mitteilung, in der sie Friesens Version bestätigte. Die Radmuttern an allen vier Rädern seien locker gewesen. „Ob eine politisch motivierte Tat vorliegt, kann im Moment nicht zweifelsfrei gesagt werden. Ein Sachverständiger wird das Fahrzeug kommende Woche untersuchen und möglicherweise Aufschluss über die tatsächliche Ursache geben.“ Friesen forderte die übrigen Parteien auf, die Tat zu verurteilen. „Es gibt keine Opfer erster und zweiter Klasse. Tagtäglich schwappt eine Welle der Gewalt gegen AfD-Mitglieder, unsere Sympathisanten und Mandatsträger. Es muß endlich Schluß sein mit jeder Form der Bagatellisierung, Verharmlosung und Relativierung.“ (krk) | JF-Online | Die Thüringer Polizei ermittelt wegen eines möglichen Anschlags auf das Auto des AfD-Bundestagsabgeordneten Anton Friesen. Der Politiker war mit einem Mitarbeiter in seinem Auto unterwegs, als er bemerkte, daß an allen vier Rädern die Radbolzen gelöst worden waren. | Deutschland | 2018-05-26T07:37:40+02:00 | 2018-05-26T12:53:44+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/lockere-radmuttern-polizei-prueft-moeglichen-anschlag-auf-afd-politiker/ |
|
Chefredakteur | Stellvertretender Chefredakteur in einer Boulevardzeitung zu sein, war in den letzten Wochen so etwas wie eine Tontaube beim Schützenfest. Da ist zunächst die im Burda-Verlag erscheinende Ost-Illustrierte Super Illu. Deren stellvertretende Chefredakteurin Sabrina Stechel wurde fristlos vor die Tür gesetzt. Sie soll bereits während ihres Studiums für das Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet haben. Bei der DDR-Nachrichtenagentur ADN habe sie unter dem Decknamen Anne ihre Tätigkeit fortgesetzt. Ihr Arbeitgeber will jetzt alle Mitarbeiter auf ihre Vergangenheit hin durchleuchten, unabhängig von ihrer Herkunft. Ein anderer Stasi-Fall beschäftigt die Bild-Redaktion. Auch ihr stellvertretender Chefredakteur sei Stasi-Agent gewesen. Diese Vorwürfe sind nicht neu. Erst seit jetzt bekannt geworden ist, daß er als IM auch belastende Aussagen gemacht habe, wankt sein Posten in der Springer-Zeitung bedenklich. Schließlich hat der neue Chef der Berliner B.Z., Georg Gafron, seinem Ruf alle Ehre gemacht. „Wo Gafron auftaucht, da rollen Köpfe“, heißt es. Letzte Woche entließ er seinen stellvertretenden Chefredakteur Hansjörn Muder. Dieser wollte einen vernichtenden Beitrag über den ehemaligen Verkehrsminister Günter Krause und dessen alte Skandale veröffentlichen („Der Fall Krause: Das Ende eines Ex-Ministers“), hieß es aus Redaktionskreisen. Krause soll aber ein Freund von Gafron sein. Schade für Muder. Der Konflikt um den Beitrag endete im Streit und der Entlassung des Chefredakteurs. | JF-Online | Stellvertretender Chefredakteur in einer Boulevardzeitung zu sein, war in den letzten Wochen so etwas wie eine Tontaube beim Schützenfest. Da ist zunächst die | Zeitgeist | 2001-05-25T00:00:00+02:00 | 2001-05-25T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/zeitgeist/2001/chefredakteur/ |
|
Deutschwerbung | Großartig: Endlich rührt die Regierung kräftig die Werbetrommel für die deutsche Sprache. Eineinhalb Millionen Werbebroschüren verteilt das Bildungsministerium. Es rühmt die „logische und klare“ deutsche Sprache, mit deren Hilfe man „den enormen Reichtum“ Deutschlands und der deutschen Kultur ergründen könne. Was ist denn nun plötzlich in die Bundesregierung gefahren? Wie kommt sie auf einmal dazu, die deutsche Sprache dermaßen zu bejubeln? Handelt es sich etwa um einen Anflug von neunationalistischem Größenwahn? Die anfängliche Fassungslosigkeit weicht der Verblüffung, wenn wir erfahren, daß die Lobeshymne nicht von der deutschen, sondern von der französischen Regierung gesungen wird. Es war auch zu verrückt gewesen anzunehmen, daß Deutschland endlich selbst den Wert seiner Landessprache erkennt. Dennoch geht es uns wie Öl herunter, wenn wir lesen, daß die deutsche Sprache in den vergangenen Jahren immer beliebter bei den Franzosen geworden sei. In diesem Schuljahr lernen rund 823.000 französische Kinder Deutsch; 15 Prozent der Schüler an den weiterführenden Schulen. Wenn alle nur noch Globalesisch sprechen Großbritannien schafft währenddessen Schritt für Schritt den Fremdsprachenunterricht ab. Im Jahr 2004 entschied die britische Regierung, daß die Teilnahme am Fremdsprachenunterricht ab dem 14. Lebensjahr nicht mehr verpflichtend ist. Daraufhin brach auf der Insel die Zahl der Deutsch- und Französischschüler kräftig ein. Offenbar ist man in London der Ansicht, daß Fremdsprachen überflüssig sind, wenn alle Globalesisch sprechen. Frankreich hingegen führte Klassen ein, in denen die Schüler zwei Fremdsprachen lernen können. Mußten sich Schüler der sechsten und siebten Klasse früher zwischen Deutsch oder Englisch entscheiden, so können sie heute beide Sprachen gleichzeitig lernen. Das verhalf der deutschen Sprache, die gegenüber Englisch immer stärker ins Hintertreffen geraten war, zu einer Erneuerung. Denn in Paris weiß man besser als in Berlin, daß eine einseitige Ausrichtung auf Englisch und die Durchamerikanisierung der Sprache, Sitten und Gebräuche letztlich der eigenen Sprache und Identität das Grab schaufeln. | Thomas Paulwitz | Großartig: Endlich rührt die Regierung kräftig die Werbetrommel für die deutsche Sprache. Eineinhalb Millionen Werbebroschüren verteilt das | Kolumne | 2010-01-23T14:01:00+01:00 | 2010-01-23T14:01:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/kolumne/2010/deutschwerbung/ |
|
Bundeswehr und Cyberangriffe: Bedingt abwehrbereit | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Paul Leonhard | Deutschlands Armee kämpft mit vielen Problemen. Nun kommt eine Bedrohung hinzu, die mit dem klassischen Schlachtfeld wenig zu tun hat: Cyberangriffe. Kapituliert das Militär vor Hackern im Dienste der Feindstaaten? Von Paul Leonhard. | Cyberangriff,Bundeswehr | Deutschland | 2024-01-13T13:00:20+01:00 | 2024-01-13T13:00:20+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2024/bundeswehr-und-cyberangriffe-bedingt-abwehrbereit/ |
Grüne halten Geldsperre bei Jobverweigerung für verfassungswidrig | BERLIN. Der Vizevorsitzende der Bundestagsfraktion der Grünen, Andreas Audretsch, hat eine mögliche Aussetzung von Bürgergeld-Leistungen für Personen, die sich weigern, Jobangebote anzunehmen, als verfassungswidrig bezeichnet. Das Verfassungsgericht Karlsruhe hatte 2019 geurteilt, daß Sanktionen lediglich bis zu 30 Prozent des Bürgergelds beschneiden dürften, berichtete der Deutschlandfunk. Diese Strafe gebe es beim derzeitigen Bürgergeld bereits. Nach dem Urteil müsse zudem das Existenzminimum jedes Menschen in Deutschland zu jeder Zeit gesichert sein. Hintergrund ist eine Forderung des Arbeitsministers Hubertus Heil (SPD), Bürgergeldempfängern, die Arbeitsangebote konsequent ablehnen, für zwei Monate das Geld zu streichen. Lediglich die Kosten für Unterkunft und Heizung sollen demnach weiter übernommen werden, um zu verhindern, daß die entsprechenden Personen obdachlos werden. (lb) | JF-Online | Nachdem Arbeitsminister Heil eine Geldsperre für konsequente Jobverweigerer forderte, halten die Grünen dagegen. Der Vizevorsitzende Audretsch sieht sogar verfassungsrechtliche Probleme. | Grüne | Deutschland | 2024-01-10T17:34:15+01:00 | 2024-01-10T17:34:15+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2024/gruene-halten-geldsperre-bei-jobverweigerung-fuer-verfassungswidrig/ |
Alles klar beim Kanzler-Klartext im ZDF? | Handverlesenes Studio-Publikum? Abgesprochene Fragen? Stellte das ZDF für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Rund-um–Sorglos-Atmosphäre in einem Polit-Talk mit der Bevölkerung her? In den Sozialen Medien kochen die Diskussionen und Mutmaßungen hoch. Die JUNGE FREIHEIT fragte beim ZDF nach: Was war da los, beim Kanzler-Klartext? Donnerstag abend, 20.15 Uhr. „Klartext, Frau Merkel! – Bürger fragen die Bundeskanzlerin“ heißt die Sendung, in der Angela Merkel der Bevölkerung Rede und Antwort stehen will. Die 90 Minuten moderieren das ZDF-Duo Peter Frey und Bettina Schausten. „Wieder sind 150 Bürgerinnen und Bürger bei uns zu Gast“, begrüßt Frey die Gäste und die TV-Zuschauer – und natürlich die Kanzlerin. Und schon geht es mit einem Einspieler zum ersten großen Themenbereich Sicherheit los. Kriminalitätsopfer Josef Mooseder, Einzelhändler aus Dachau in Bayern erzählt von einem Einbruch in seinem Laden und darf die erste Frage an die Kanzlerin stellen: „Für mich wäre wichtig zu wissen, was würden Sie bei der Justiz und bei der Polizei verändern, wenn Sie noch mal die Chance dazu bekommen?“ Bürger fragen, Merkel antwortet Und Kanzlerin Merkel kann ausführen, was die Regierung unter ihrer Ägide getan hat – nämlich das Mindeststrafmaß für Wohnungseinbrüche auf ein Jahr hochgesetzt zu haben. Da meldet sich dann auch ein Kevin Komolka, Polizist aus Niedersachsen und Bundesjugendvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei zu Wort. Zum Thema Rente rechnet dann Reinigungskraft Petra Vogel aus Bochum in einem Einspieler vor, wie kläglich ihre Rente nach 40 Jahren mit 654 Euro ist, bei 1.050 Euro Gehalt. Frau Vogel ist darüber hinaus Betriebsrätin. Und stellt dann im Studio die Frage, warum in Deutschland nicht ein System wie das österreichische System der Bürgerrente eingeführt wird? Merkel sagt, das deutsche Rentensystem sei in langer Zeit gewachsen, hält aber das österreichische System für besser. Und fragt dann, ob die Frau eine Riesterrente hätte? Was dann von einer Zuschauerin als unverschämt bezeichnet wird. Spontane Fragen eines zufällig eingeladenen Publikums? Was wie spontane Fragen eines zufällig eingeladenen Studio-Publikums daherkommt, wird dann allerdings zu einem PR-Desaster für das Öffentlich-Rechtliche als plötzlich über die Mattscheibe von Hunderttausenden deutschen Fernsehern ein „Spickzettel“ des Moderators flimmert, den er in der Hand hält. Der Zuschauer zu Hause vor der Mattscheibe kann auf dem „Spickzettel“ Portraitfotos einzelner Studio-Zuschauer und Randbemerkungen erkennen. In den sozialen Medien wird nun vermutet, daß die spontan wirkenden Publikumsfragen gar nicht so spontan seien. Vielmehr handele es sich um ausgesuchte Personen, die zuvor abgestimmte Fragen stellten, wird gemutmaßt. Die Eigenwerbung des Zweiten Deutschen Fernsehens für das Format liest sich wie folgt: „Mit dem ‚TV-Duell‘ am Sonntag, 3. September 2017, 20.15 Uhr, startet das ZDF in eine informationsreiche Primetime-Sendewoche zur Bundestagswahl – mit einem TV-Dreikampf, einer ‚Wie geht’s, Deutschland?‘-Erkundung und fünfmal ‚Illner intensiv‘ an vier Tagen. Und in der Woche darauf bittet das ZDF um ‚Klartext, Herr Schulz!‘ und ‚Klartext, Frau Merkel!‘. In diesen beiden Publikumssendungen haben die Bürger Gelegenheit, dem SPD-Kanzlerkandidaten und der Bundeskanzlerin direkt ihre Fragen zu stellen.“ Ein Teil der Gäste war ausgesucht Kein Wort über vorsortiertes Publikum. Wie sieht es denn nun aus? ZDF-Pressesprecher Thomas Hagedorn, erklärt gegenüber der JF: Wie an verschiedener Stelle von den Moderatoren erwähnt, waren einige Gäste bereits als Protagonisten Teil von ZDF-Formaten im Fernsehen oder dem crossmedialen Projekt zur Wahl #ichbindeutschland. Die Moderatoren kannten einige der Gäste aus von der Redaktion vorbereiteten Profilen bzw. aus den oben genannten Fernseh- bzw. Netzformaten. Die Redaktion hat in der Vorbereitung der Sendung selbstverständlich auch geprüft, welche der eingeladenen Gäste zu welchen Themenkomplexen Fragen stellen könnten. – Hagedorn Auf nochmalige Nachfrage sagt Hagedorn: „Ja, ein Teil der Gäste war ausgesucht. Das haben wir immer erwähnt und transparent gemacht. Auch der Syrer, der seine Frau nachholen möchte, ist der Redaktion vorher bekannt gewesen. Und natürlich haben wir bei den Anmeldungen der Gäste geschaut, ob auch alle gesellschaftlichen und politischen Bereiche vertreten sind. Wir laden Leute mit und ohne politischen Hintergrund ein.“ Zuschauer müssen sich bewerben Und wie war das nun mit dem Spickzettel? „Die Moderationskarte ist ein Hilfsmittel, eine Gedächtnisstütze für den Moderator. So wie sie sich Notizen machen wenn sie eine Rede halten. Da waren nur die Fotos der Leute aus den Einspielern drauf und Notizen des Moderators, damit der auch weiß, wo die sitzen.“ Und Hagedorn gibt zu bedenken: „In einer 90-minütigen, dynamischen Livesendung kann das aber nicht viel mehr sein als eine grobe Orientierung für die Moderatoren. Es war verabredet, daß die Protagonisten, die in einem Film vorgestellt werden und in einen Themenkomplex einführen, auch zu Wort kommen. Alle anderen Entscheidungen fielen während der Sendung.“ Aber das ist nicht alles: Denn um Zuschauer bei der Sendung aus dem Hauptstadtstudio zu werden, muß man sich bewerben und zwar beim Ticketservice des ZDF. | Martina Meckelein | Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stand bei der ZDF-Sendung „Klartext, Frau Merkel!“ Bürgern Rede und Antwort. Seitdem in sozialen Medien ein Ausschnitt veröffentlicht wurde, der den Moderator mit einem „Spickzettel“ zeigt, vermuten viele Nutzer, daß die spontan wirkenden Publikumsfragen gar nicht so spontan waren. Die JUNGE FREIHEIT hat beim ZDF nachgefragt. | Medien | 2017-09-15T19:29:54+02:00 | 2017-09-16T08:25:51+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/medien/2017/alles-klar-beim-kanzler-klartext-im-zdf/ |
|
Pazderski zum alleinigen Chef der Berliner AfD gewählt | BERLIN. Georg Pazderski ist als Chef der Berliner AfD wiedergewählt worden. Der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus erhielt auf dem Landesparteitag am Sonnabend 74,6 Prozent. Neu ist, daß Pazderski die Partei fortan alleine führt und nicht mehr in einer gemeinsamen Doppelspitze mit Beatrix von Storch. Die Mehrheit der Mitglieder sprach sich dafür aus, nur noch einen Landesvorsitzenden zu wählen. Seine vorherige Co-Vorsitzende, die frühere AfD-Europaabgeordnete und jetztige Bundestagsabgeordnete von Storch, ist künftig aber eine seiner Stellevrtreterinnen. Sie erhielt 56,6 Prozent. Pazderski: Zukunft der AfD liegt in der konservativen Mitte Weitere Stellvertreter wurden die Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses Jeanette Auricht und Karsten Woldeit. Als Schatzmeister wurde Frank-Christian Hansel bestätigt. Pazderski gab als Ziel aus, die AfD regierungsfähig machen zu wollen. „Wir müssen in die Kieze, in die Verbände, in die Sportvereine. Wir brauchen mehr Mitglieder und müssen die richtigen Mitglieder werben, also liberal-konservative, rechts der Mitte“, sagte der 66jährige dem Berliner Tagesspiegel. Die Zukunft der AfD liege in der konservativen, rechten Mitte. (krk) | JF-Online | Georg Pazderski ist als Chef der Berliner AfD wiedergewählt worden. Der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus erhielt auf dem Landesparteitag am Sonnabend 74,6 Prozent. Neu ist, daß Pazderski die Partei fortan alleine führt und nicht mehr in einer gemeinsamen Doppelspitze mit Beatrix von Storch. | Deutschland | 2017-11-04T18:55:50+01:00 | 2017-11-05T08:25:30+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2017/pazderski-zum-alleinigen-chef-der-berliner-afd-gewaehlt/ |
|
Eine linke Sache, oder: Von der „Partei der Freiheit“ | „Unter Linken“ zu lesen ist das eine – unter ihnen zu sein, das andere. Der Spiegel-Journalist Jan Fleischhauer wird diese Ansicht wohl teilen, nur wird er nicht die gleiche Erfahrung machen wie ich, dem am zweiten Tag des Bundestagswahl-Parteitages der Linken – nach einem Gespräch mit hessischen Delegierten – die Akkreditierung entzogen und Hausverbot erteilt wurde. Begründung: „Rechtsextremisten“ hätten hier nichts zu suchen. Als ich, nurmehr rhetorisch, mit der Benachrichtigung des anwesenden ZDF-Teams drohte, lachten die Delegierten aus Hessen nur höhnisch. Zu Recht. Denn die Szenerie war ja die: Bettina Schausten und ihre ZDF-Kollegen, die während des Parteitages in intimen Gesprächen mit Genossen der Linken zu sehen waren, beispielsweise mit deren Pressesprecher Michael Schlick. Gedanklich nicht weit entfernt von diesem scheint auch Walter Kehr, der Pressesprecher des ZDF. Ist dieser doch dafür verantwortlich, daß der JF bis heute die Akkreditierung im ZDF-Pressebereich verwehrt wird – im Unterschied zu allen andern TV-Sendern Deutschlands. Immerhin ist Walter Kehr so diskret, daß er sich zu dieser Anweisung nicht öffentlich äußert, jegliches Gespräch verweigert und die Mitarbeiter seines Senders zu diesbezüglichem Stillschweigen angehalten hat. Lafontaine beklagt „manipulative Öffentlichkeit“ Wenn also Hessens Ministerpräsident Roland Koch etwas für die öffentlich-rechtliche Anstalt des ZDF tun will, hätte er hier einen konkreten Angriffspunkt. Wenn die „Hesse“ dann „komme“, sollen sie sich ruhig ein paar Schwaben mitbringen, die ihnen zeigen könnten, wie eine richtige „Kehrwoche“ auszusehen hätte. Doch zurück zum Parteitag der Linken vom vergangenen Wochenende. Dort beklagte sich Lafontaine über die Presse in Deutschland, die seiner Ansicht zufolge stärkerer Kontrolle bedürfe. Gerade die Linke als „eine Partei der Freiheit“ habe darunter zu leiden, daß die kritische Öffentlichkeit durch eine manipulative ersetzt worden sei. Deshalb, so der sozialistische Napoleon von der Saar, sollten in allen deutschen Medien „die Redaktionsstatute demokratisiert werden“. Als Vorbild hierfür empfahl er jenes von der Jungen Welt und zitierte Habermas, der sich für die Unterstützung von „Qualitätszeitungen“ ausgesprochen habe. Bliebe also die Frage, wie sich dessen inkommensurable Theorie des kommunikativen Handelns mit deren Scheitern, der Praxis des Presseverbots, verträgt. Dabei wissen wir ja durch Marshall McLuhan, daß das mediale Zeitalter einer ganz anderen Vorstellung gehorcht: Das Medium ist die Botschaft. In meinem Fall – ein Traum: Habermas‘ unverständliche Diskurs-Theoreme heraus aus den Bibliobtheken in die Hand von Olympia-Athleten, die dann den „Diskus der Moderne“ werfen und Platz schaffen, beispielsweise für die Kaplaken-Reihe der Edition Antaios. „Paris Hilton ohne Hündchen“ Sollte dies jetzt als „strukturelle Gewalt“ denunziert werden, verweise ich entschuldigend auf den „Strukturwandel“ der Öffentlichkeit und überhaupt auf diese ganze „Unübersichtlichkeit“, die uns der diskursive Schwachsinn von Habermas und seinen Adepten beschert hat. Das instrumentelle Verhältnis der Linken zur Öffentlichkeit offenbarte am Sonntag auch Gregor Gysi, derzeit Fraktionschef der Linken im Bundestag. In der Phoenix-Sendung „Macht trifft Meinung“ traf dieser auf Matthias Matussek, der zwar in der Lage ist, den „Notar“ Gysi als „Paris Hilton ohne Hündchen“ zu bezeichnen, aber zahnlos bleibt, wenn es darum geht, die Linken zu entlarven. Seine Vorwürfe gegen Gysi (Bonusmeilen, IM-Tätigkeit, Finanzgeschäfte der SED) werden von HoH (Hilton ohne Hündchen) eloquent in Luft aufgelöst. Nur einmal versagt Gysis Diplomatie, als er sich zum Verhältnis von Politik und Medien äußern soll. Erst verweigert er eine Antwort, dann läßt er die Katze aus dem Sack: Er „möchte mehr Journalisten, die sich an der Veränderung der Gesellschaft beteiligen wollen“. Als Matussek entgegnet, der Job des Journalisten sei es nicht, sich zum Werkzeug der Politik machen zu lassen, lächelt Gysi maliziös – TV ist generös. Solidarität nur unter Linken Dies gilt auch für das Bild, welches der zweite Parteivorsitzende der Linken, Lothar Bisky, über den Fernsehkanal Phoenix verbreitet. Dort dankt er in seiner Rede „allen Journalisten, die sich um faire Berichterstattung mühen“. Er verspricht aber auch: „Wir bleiben medienkritisch“, was in der Dialektik der Linken wohl heißen soll: Wir befreien uns von kritischen Medien. Wie scheinheilig Biskys Bekenntnis ist, zeigt seine anschließende Offenbarung: „Die Medien sind unsere größte Gefahr – und gleichzeitig die einzige Möglichkeit, die Menschen zu erreichen.“ Wenn die Linken dereinst regieren und sie die von Lafontaine dekretierten Redaktionsstatute durchgesetzt und die Presse gleichgeschaltet haben, wird es ein Déjà-vu, sprich: Neues Deutschland, geben. Genau betrachtet haben wir dieses schon heute: Trotz einer kleinen Meldung zum Hausverbot in der FAZ und einer Pressemitteilung der JF, die an mehrere hundert Medien gesandt wurde, hat niemand (!) bis heute darüber berichtet. Solidarität, so scheint es, ist eben nur eine Qualität der Linken – weil sich der Demos linken läßt. | Christian Dorn | „Unter Linken“ zu lesen ist das eine – unter ihnen zu sein, das andere. Der Spiegel-Journalist Jan Fleischhauer wird diese Ansicht wohl teilen, nur wird er | Kolumne | 2009-06-25T10:29:00+02:00 | 2009-06-25T10:29:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kolumne/2009/eine-linke-sache-oder-von-der-partei-der-freiheit/ |
|
Extremisten klären über Extremisten auf | BERLIN. Die Berliner Jusos wollen laut Tagesspiegel in der kommenden Woche gemeinsam mit Linksextremisten vor rund hundert Schulen eine Informationsbroschüre gegen die NPD verteilen. Mit der Verteilung der Broschüre Platzverweis reagieren die Initiatoren auf eine Aktion der NPD, die in den vergangenen Monaten ihrerseits ein Heft an Schüler in Berlin und Brandenburg verteilt hatte. Nachdenklich stimmen die Herausgeber der linken Broschüre, deren Startauflage bei 40.000 Exemplaren liegen soll. Denn neben den Jusos und verschiedenen anderen linken Gruppen beteiligen sich auch die „Antifaschistische Linke Berlin“ (ALB) und die „Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend“ (SDAJ). Die ALB gilt als eine der umtriebigsten Gruppen der radikalen Linken in der Hauptstadt. Und über die SDAJ heißt es im aktuellen Bundesverfassungsschutzbericht: „Die ‘Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend’ … ist nach wie vor eng mit der DKP verbunden. Ihre ideologische Kernforderung bleibt die Schaffung einer sozialistischen Gesellschaftsordnung in der Bundesrepublik Deutschland. … Zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele verbreitete die SDAJ beispielsweise Agitationsmaterial an Schulen.“ Für die Jusos scheint dies kein Problem darzustellen, denn es sei „erstmal jeder willkommen, der gegen Neonazis kämpft“, wie Jan Böning, Landessekretär der Jusos, gegenüber dem Tagesspiegel feststellte. Und auch der Sprecher der Berliner SPD, Hannes Hönemann, findet die Zusammenarbeit zwischen der Jugendorganisation seiner Partei und den Linksextremisten „bei diesem Projekt vertretbar“. | JF-Online | BERLIN. Die Berliner Jusos wollen laut Tagesspiegel in der kommenden Woche gemeinsam mit Linksextremisten vor rund hundert Schulen eine Informationsbroschüre | Deutschland | 2007-11-21T10:00:00+01:00 | 2013-12-03T13:55:07+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2007/extremisten-klaeren-ueber-extremisten-auf/ |
|
Murswiek: Bundesregierung kann Steinbach nicht ablehnen | FREIBURG. Die Bundesregierung hat kein Recht, aus politischen Gründen die Entsendung von BdV-Präsidentin Erika Steinbach in den Beirat der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ abzulehnen. Dies hat der Freiburger Rechtswissenschaftler Dietrich Murswiek am Donnerstag in einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung festgestellt. Aus dem Stiftungsgesetz gehe vielmehr hervor, daß die Regierung dazu verpflichtet ist, Steinbach im Stiftungsrat zu akzeptieren, wenn sie vom Bund der Vertriebenen für dieses Gremium benannt wurde.Kein Ermessensspielraum Schließlich heiße es dort, die von den einzelnen Institutionen oder Verbänden benannten Mitglieder „werden durch die Bundesregierung … bestellt“. Wäre der Exekutive hier ein Ermessensspielraum zugewiesen worden, hätte in der entsprechenden Passage „kann“ oder „soll“ stehen müssen, so Murswiek. Ein einzelnes Mitglied könnte laut Einschätzung des Professors für Staats- und Verwaltungsrecht nur dann abgelehnt werden, wenn dieses „schlechthin ungeeignet zur Mitarbeit“ wäre. Solche Eignungsmängel lägen etwa bei einer „Vorstrafe wegen Volksverhetzung“ oder bei verfassungsfeindlichen Bestrebungen vor. Murswiek ist jedoch überzeugt, daß ein Ablehnungsrecht aus politischen Gründen im Gesetz über die Vertriebenenstiftung nicht vorgesehen ist. Daraus ergebe sich sogar ein politischer Vorteil, denn Außenminister Guido Westerwelle (FDP) könne polnischen Vorbehalten gegen die BdV-Präsidentin gesichtswahrend mit dem Argument begegnen, er habe Frau Steinbach verhindern wollen, „aber rechtlich sei das nicht möglich“, schrieb Murswiek in seinem Beitrag. „Konzentration auf die sachliche Arbeit“ Unterdessen hat der Frauenverband im BdV bezüglich der Besetzung des Stiftungsrates „Sachlichkeit und Empathie mit den Vertriebenen“ gefordert. Sibylle Dreher, Präsidentin der BdV-Frauen, nannte es „unerträglich“, daß von anderen Vertretern im Stiftungsrat „Zweifel an der Legitimation des Bundes der Vertriebenen“ gesät würden. Sie bezog sich bei dieser Kritik ausdrücklich auf die Behauptung des Hamburger Weihbischofs Hans-Jochen Jaschke, der BdV repräsentiere nicht alle Vertriebenen. Dreher verbat sich eine solche Einmischung; auch der Weihbischof vertrete nicht alle Katholiken. „Alle Möglichkeiten ausschöpfen“ Der Frauenverband im BdV forderte außerdem eine „Konzentration auf die sachliche Arbeit“ der Stiftung: „Flucht, Vertreibung, Versöhnung geht alle an, aber die Vertriebenen am meisten, denn über sie und ihre Geschichte soll informiert werden“, sagte Dreher. Erika Steinbach bekräftigte gegenüber der FAZ noch einmal, sie werde „alle auch rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen“, um das Recht des Bundes der Vertriebenen durchzusetzen, seine Mitglieder für den Stiftungsrat zu nominieren. (vo) > Dossier „Der Streit um Steinbach“ | JF-Online | Die Regierung hat kein Recht, aus politischen Gründen die Entsendung von Erika Steinbach in den Stiftungsrat abzulehnen, meint der Staatsrechtler Dietrich Murswiek. | Deutschland | 2010-01-14T14:59:00+01:00 | 2010-01-14T14:59:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2010/murswiek-bundesregierung-kann-steinbach-nicht-ablehnen/ |
|
Mit Kanonen auf Spatzen | Auch die kleinsten Gemeinden bleiben von der Antisemitismuskeule nicht verschont. Die fünf Kilometer südlich von Berlin liegende Stadt Teltow bildet da keine Ausnahme. Oder doch? Was bewog die Anwälte der Erben der jüdischen Familie Sabersky und sogar den Kreisverband der PDS dazu, sich von der Antifa zu distanzieren, die der „antisemitischen Zonen-Gemeinde“ zeigen wollte, wo der antifaschistische Hammer hängt? In der kleinen 18.700 Einwohner zählenden Gemeinde kauften sich um 1870 die Brüder Max und Albert Sabersky ein 84 Hektar großes Gelände um den ehemaligen Gutshof Seehof. Dieses wurde mit Ausnahme des Gutshofs und einiger von der Familie bewohnter Grundstücke ab 1934 nach Abschluß eines Parzellierungsvertrags vom Oktober 1933 mit einem Unternehmer und eines Aufschließungsvertrags mit der Stadt Teltow geteilt und bis 1940 an rund 1.000 Siedler verkauft. Eine Erbengemeinschaft beantragte bereits 1991 Rückübertragung, was die zuständigen Vermögensämter ebenso wie das später angerufene Verwaltungsgericht Potsdam ablehnten. Das Bundesverwaltungsgericht verwies 1997 und 1999 das Verfahren zum Potsdamer Verwaltungsgericht zurück. Am 26. November letzten Jahres haben die Leipziger Richter in einem Musterprozeß den brandenburgischen Landkreis Potsdam-Mittelmark dazu verpflichtet, die Grundstücke an die Erbengemeinschaft zurückzuübertragen. Damit hoben sie ein Urteil des Potsdamer Verwaltungsgerichts vom Oktober 2002 auf und erkannten den verfolgungsbedingten Verkauf des Sabersky-Besitzes in der Zeit des Nationalsozialismus an. Die Seehofer hielten diesen Richterspruch für falsch, verweisen auf redlichen Erwerb, was die Antifa als Weigerung wertete, „wenigstens einen Teil des Unrechts wiedergutzumachen“. Für den 24. April rief die „Antifa Nordost“ unter dem Motto „Schon GEZahlt? Antisemiten den Boden entziehen!“ zu einer Demonstration auf, die „den Frieden dieser antisemitischen Dorfgemeinschaft stören“ sollte. Mit israelischen Panzern Entschädigung eintreiben Zahlreiche Seehofer sollten wenigstens die Entschädigung an die Anspruch stellende jüdische Erbengemeinschaft Sabersky zahlen, so eine der Forderungen auf der Internetseite www.antifanews.de. Selbst der Anwalt der Erbengemeinschaft bezeichnete die Standpunkte der Berliner als „wenig dienlich“, da man auch ohne die „völlig überzogenen Forderungen“ auf dem besten Wege zu einer Einigung sei. Die PDS Potsdam-Mittelmark verurteilte die beabsichtigte Demo von Antifa-Gruppen aus Berlin und Brandenburg gegen von Rückübertragung betroffene Einwohner in Teltow-Seehof. Man habe sich vom ersten Tag an gegen das verheerende Prinzip „Rückgabe vor Entschädigung“ ausgesprochen, heißt es in einer Verlautbarung. Altes Unrecht sollte nicht durch neues, wiederum staatlich verordnetes Unrecht ersetzt werden. In völliger Verkennung der historischen und gesetzgeberischen Tatsachen mache sich nun die Antifa-Bewegung zum Handlanger einer bundesdeutschen Politik. Trotz der Proteste durch alle Lager wurde die Demonstration genehmigt und durchgeführt. Es kam zwar nicht zu den befürchteten Krawallen, jedoch zu Verbalattacken gegen die wenigen Einwohner, die sich vor die Türen trauten. 50 bis 70 Demonstranten der Autonomen Antifa skandierten: „Teltow-Seehof wird bald weichen, Deutschland von der Karte streichen!“ In Anlehnung an israelische Maßnahmen forderte man gar „Hubschraubereinsatz“ und bezeichnete die Seehofer als „Palästinenser“. Dieser „Dorfmob“ hätte es nicht anders verdient, wenn „ein paar Panzer mit Stern die Entschädigungen eintreiben würden“. In der Stadtverwaltung Teltow herrscht nach der Demo anscheinend gelassene Stimmung. Man sehe sich zu keinen weiteren Schritten veranlaßt, so der Referent des SPD-Bürgermeisters Thomas Schmidt, Dietmar Hummel. Das Problem sei nicht Sache der Stadt, so Hummel gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Es habe sich um „Demotouristen“ aus Belzig gehandelt, die in Teltow Argumente „weit unter der Gürtellinie“ vorgetragen hätten. | JF-Online | Auch die kleinsten Gemeinden bleiben von der Antisemitismuskeule nicht verschont. Die fünf Kilometer südlich von Berlin liegende Stadt Teltow bildet da keine | Politik | 2004-05-07T00:00:00+02:00 | 2004-05-07T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/2004/mit-kanonen-auf-spatzen/ |
|
Gesundheitsministerium korrigiert Corona-Zahlen nach unten | BERLIN. Das Gesundheitsministerium von Karl Lauterbach (SPD) hat seinen Zahlen zu angeblichen Krankenhausaufenthalten wegen eines schweren Corona-Verlaufs korrigiert. So hatte es zunächst in einer Broschüre des Ministeriums geheißen: „Etwa zehn Prozent der in Deutschland erkrankten Personen werden aufgrund eines schweren Covid-19-Verlaufs im Krankenhaus behandelt“, zitierte die Bild-Zeitung daraus. Auf Nachfrage des Blattes räumte das Gesundheitsministeriums nun ein, dabei handele es sich um einen „redaktionellen Fehler“. So müßten nämlich „bis zu zehn Prozent“ und nicht jeder Zehnte wegen Corona ins Krankenhaus. Aktuell liege der Anteil laut Robert-Koch-Institut lediglich zwischen vier und fünf Prozent. In den vergangenen Wochen hatte Lauterbach erneut vor einem schwierigen Corona-Herbst gewarnt. Nach dem Beschluß neuer Einschränkungen der Bürger für die kommenden Monate schloß er auch die Ausrufung einer „epidemischen Lage“ im Winter nicht aus. (ag) | JF-Online | Panne im Gesundheitsministerium: In einer Broschüre wird vor Krankenhausaufenthalten wegen Corona gewarnt. Doch die Zahlen sind offenbar zu hoch angesetzt. Jetzt rudert das Ministerium von Karl Lauterbach (SPD) zurück. | Gesundheitsministerium | Deutschland | 2022-09-20T16:58:27+02:00 | 2022-09-20T17:11:20+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2022/gesundheitsministerium-korrigiert-zahlen/ |
AfD fordert Aussteigerprogramm für Linksextremisten | HAMBURG. Die Hamburger AfD-Fraktion hat sich für ein Aussteigerprogramm für Linksextremisten ausgesprochen. Sie forderte den Senat in einem entsprechenden Antrag auf, eine solche Koordinierungsstelle einzurichten. Der Hamburger AfD-Fraktionsvorsitzende Dirk Nockemann betonte, junge Menschen müßten die Möglichkeit haben, aus der linksextremen Szene auszusteigen. Die Pflicht der Demokraten sei es, sie auf den Boden des Grundgesetzes zurückzuholen. „Daß sich Linksextremisten nach G20 sogar vermehren konnten, zeigt das Unvermögen und Desinteresse der Altparteien an der Problematik“, bemängelte Nockemann und erinnerte an die Ausschreitungen rund den G20-Gipfel vor drei Jahren. Zu den Aufgaben der Koordinierungsstelle müsse die Unterstützung der Aussteiger bei der Suche nach Wohnung und Arbeit für die Aussteiger gehören sowie in zwingend erforderlichen Fällen die Gewährung materieller Hilfen. Auch eine rechtliche Unterstützung bei Bedrohungen durch Angehörige der Szene soll Teil des Angebots sein. Zudem forderten die Abgeordneten, eine Dienststelle zur „Umfunktionierung der Roten Flora“ einzurichten, weil diese die Schaltzentrale des Linksextremismus in der Hansestadt sei. Der Extremismusforscher und frühere Bereitschaftspolizist Karsten Dustin Hoffmann hatte die Rote Flora gegenüber der JF 2017 als „Geldautomat der linken Szene“ bezeichnet. Dort würden Demonstrationen, Kongresse und Treffen finanziert sowie juristischer Beistand für Linksextreme, die sich in einem Strafverfahren befänden. Die AfD plädierte dafür, das Aussteigerprogramm in das bestehenden „Landesprogramm zur Förderung demokratischer Kultur, Vorbeugung und Bekämpfung von Rechtsextremismus“ zu integrieren. Dafür soll die Formulierung „Rechtsextremismus zu „politischem Extremismus“ ausgeweitet werden. Die linksextreme Szene verfüge in der Stadt faktisch über das größte Gewaltpotenzial, begründeten die Antragsteller ihr Anliegen. Der Verfassungsschutz schätze 940 der 1.290 Anhänger als gewaltorientiert ein. Der Anteil an mutmaßlichen Gewalttätern liege somit bei 72,8 Prozent. Kein anderes verfassungsfeindliches Milieu in Hamburg könne mehr militante Mitglieder organisieren. Trotz ihres „destruktiven Potentials“ wie es sich beispielsweise den Ausschreitungen um den G20-Gipfel 2017 gezeigt habe, stießen die Linksextremen in weiten Teilen der Bevölkerung, der Medien sowie der politischen Linken auf „breite Akzeptanz“, kritisieren die AfD-Abgeordneten. Dadurch fühlten sich die Gewaltbereiten zunehmend sicher und trauten sich, die Autorität des Staates „immer häufiger nicht nur theoretisch infrage zu stellen“. (zit) | JF-Online | Die Hamburger AfD-Fraktion hat ein Aussteigerprogramm für Linksextremisten gefordert. Keine andere „staatsgefährdende Bestrebung“ in der Stadt verzeichne einen höheren Anteil an gewaltbereiten Anhängern. | AfD,aussteigerprogramm,Linksextremisten | Deutschland | 2020-11-04T05:30:50+01:00 | 2020-11-04T09:31:04+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2020/afd-linksextreme/ |
Helmut Schlesinger machte die D-Mark zum Leuchtturm | Helmut Schlesinger, früherer Präsident der Deutschen Bundesbank (1991-93), geboren am 4. September 1924, ist am 23. Dezember 2024 verstorben. Er machte die D-Mark zum Leuchtturm für die internationale Finanzwelt. Wenn sich die Zentralbanken der großen Nationen an ihm ausrichteten, blieben sie auf Stabilitätskurs. Diese Position war der Bundesbank nicht zugefallen. Zwar war sie in ihren Entscheidungen unabhängig, doch bewegte sie sich nicht in einem luftleeren Raum. Um dem Begehren von Staaten und Finanzwelt nach niedrigen Zinsen dauerhaft zu widerstehen, brauchen Notenbanker ein stabiles Rückgrat. Für Helmut Schlesinger war Inflation ein monetäres Phänomen. In Anlehnung an die Geldtheorie von Milton Friedman führte er das Konzept der Geldmengensteuerung ein. Die Entwicklung der Geldmenge sollte sich am wirtschaftlichen Wachstum orientieren. Als gegen Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts ein massiver Anstieg der Inflation drohte, hielt die Bundesbank das Geld weiterhin knapp. Die Zinsen wurden in den zweistelligen Bereich gedrückt. So konnte sie die Inflationserwartungen brechen. Als Folge orientierten sich Politik und Gewerkschaften an den Vorgaben der Bundesbank. Damit wurde die Geldpolitik allgemein als unabhängige Variable akzeptiert. Ihr stetiger Kurs machte die D-Mark auch zur Leitwährung im Europäischen Währungssystem (EWS). Das war nicht gewollt, doch mußten sich die Mitgliedstaaten des EWS schließlich an den Vorgaben der Bundesbank orientieren, wenn sie nicht die eigene Währung abwerten oder aus dem EWS ausscheiden wollten. Mit ihrer konsequenten Politik machte sich die Bundesbank aber nicht bloß Freunde. Insbesondere französische Politiker sahen die Stabilitätspolitik als Diktat und arbeiteten daran, die Vorherrschaft der Bundesbank zu brechen. Zu einer Zerreißprobe für das EWS wurde die deutsche Wiedervereinigung. Die damit verbundenen Aufbauleistungen finanzierte die Bundesregierung nicht über Haushaltskürzungen, sondern über den Kapitalmarkt. Da die Bundesbank bei ihrer Linie blieb, stieg das Zinsniveau an. Während Deutschland aufgrund des Wiedervereinigungsbooms die hohen Zinsen verkraften konnte, waren sie Gift für die Partnerstaaten. Dies galt in besonderem Maße für Großbritannien. Im Herbst 1992 wuchs von Tag zu Tag der Druck auf die Bundesbank, die Zinsen zu senken; doch hielt sie an ihrem stabilitätspolitischen Auftrag fest. Bei dieser Konstellation kam der Haltung der Bundesbank, verkörpert durch ihren Präsidenten, Helmut Schlesinger, weltpolitische Bedeutung zu. Entweder beugte sich die Bundesbank dem internationalen Druck oder Großbritannien musste abwerten bzw. aus dem EWS aussteigen. Ein Statement Helmut Schlesingers, angesichts der wirtschaftlichen Lage Großbritanniens sei ein Festhalten an den fixierten Wechselkursen nicht durchhaltbar, ließ alle Dämme brechen. Großbritannien sah sich gezwungen, das britische Pfund aus dem EWS zu nehmen. Als im britischen Unterhaus darüber debattiert wurde, brach ein Donnerwetter über Helmut Schlesinger herein. Immer wenn der britische Finanzminister, Norman Lamont, auf Schlesinger zu sprechen kam, war es, als ob Hammerschläge durch das Unterhaus hallten. Er war der Bösewicht, doch hat er Großbritannien den Weg zur wirtschaftlichen Gesundung geebnet. Großbritannien zog für sich daraus den Schluß, niemals wieder das Schicksal seiner Währung einer fremden Macht oder Institution anzuvertrauen. Norman Lamont hat später über Helmut Schlesinger geurteilt, er habe zurecht die D-Mark als Ankerwährung des EWS auf stabilitätspolitischem Kurs gehalten. Eine Nebenbemerkung: Der internationale Finanzinvestor, George Soros, machte bei diesem Vorgang sein Vermögen, weil er in großem Stile auf eine Abwertung des Pfunds wettete. Gefragt, was ihn bei seiner Spekulation so sicher gemacht habe, antwortete er, er habe auf die Zuverlässigkeit der Bundesbank gesetzt. Das Ende der D-Mark hat Schlesinger nur als Außenstehender verfolgen können. Helmut Kohl hatte die D-Mark geopfert, weil der französische Staatspräsident Mitterand ihm bedeutet hatte, daß Frankreich bei weiterer Dominanz der Bundesbank die Europäische Union verlasse. Die Vergemeinschaftung der Währungen entmachtete die Bundesbank und nahm Europa den Stabilitätsanker. Das Konzept Schlesingers, die Zentralbank als unabhängige Variable zu etablieren, war Vergangenheit. Schlesinger sagte über diesen Politikwechsel, daß die Europäische Zentralbank (EZB) keine Geldpolitik im engeren Sinne betreibe, sondern nur noch Antikrisenpolitik. Als kritischer Beobachter der Europäischen Währungsunion machte er Wissenschaft und Politik auf die Problematik der Target II-Salden aufmerksam. Hans-Werner Sinn hat das aufgenommen. Helmut Schlesinger kann für sich verbuchen, daß sich sein Stabilitätskonzept sowohl auf die deutsche Volkswirtschaft als auch auf die Weltwirtschaft vorteilhaft ausgewirkt hat. Die EZB hat dagegen die Pforten für eine Schuldenunion geöffnet, zumal Angela Merkel bemüht war, daß deutsche Währungsexperten vom Schlage Helmut Schlesingers gar nicht erst an die geldpolitischen Schalthebel der EZB gelangten. Mit dem Tode Helmut Schlesingers verliert Deutschland nicht nur einen herausragenden Geldpolitiker, sondern auch einen Mann, der uns an die Werte erinnerte, die einst die Stärke der deutschen Volkswirtschaft ausmachten. Prof. Dr. Joachim Starbatty, Jahrgang 1940, Volkswirtschaftler, lehrte an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, war Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft und von 2014 bis 2019 Mitglied des EU-Parlaments. | Joachim Starbatty | Helmut Schlesinger ist tot. Vom Architekten der starken D-Mark zum „Bösewicht“ Großbritanniens – die Geldpolitik des früheren Bundesbankchefs schrieb Geschichte. Ein Nachruf. | Schlesinger | Wirtschaft | 2024-12-30T14:23:30+01:00 | 2024-12-31T13:14:35+01:00 | https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2024/helmut-schlesinger-machte-die-d-mark-zum-leuchtturm/ |
Der neue Patriotismus | Auf ihrem letzten Parteitag hat die CDU den Patriotismus (wieder)entdeckt. Eigentlich ein Grund zur Freude, wenn da nur nicht der Verdacht wäre, daß es sich hierbei um ein Verlegenheitsthema handelt, da die CDU im Bereich der Sozial- und Gesundheitsreform zur Zeit nicht punkten kann. Aber auch „Verlegenheitskinder“ können groß und stark werden, und so sollte die Gelegenheit genutzt werden, diese Diskussion aufzugreifen und ins öffentliche Bewußtsein zu rücken, zumal nach dem Attentat auf den Filmemacher Theo van Gogh in den Niederlanden eine eigentümliche Wende in der öffentlichen Diskussion zu beobachten war. Plötzlich wurden unsere Medien insbesondere in den ansonsten immer progressiven Talkrunden zu Plattformen gegen Multikulturalismus, für christliche Wertebindung und Patriotismus. Man reibt sich verwundert die Augen. Kaum ist der Begriff Patriotismus gefallen, setzt ein Krieg um die Deutungshoheit ein. Der Begriff wird ideologisch inkorporiert, jede gesellschaftliche Interessengruppe deutet ihn so, daß er ins jeweilige Weltbild paßt. Insbesondere mit dem Konzept des „Verfassungspatriotismus“ und des „Wertepatriotismus“ glaubt man, dem Patriotismus die konservativen Zähne ziehen zu können. Der Begriff wird so lange ideologisch glattgebügelt, bis er als „Weltbürgerpatriotismus“ – ein Widerspruch in sich selbst – wieder in den multikulturellen Traum des linken Dogmas paßt. Daß unter Patriotismus entgegen diesen Deutungen etwas ganz anderes zu verstehen ist, gilt es aufzuzeigen und richtigzustellen. Eine erstaunlich sachdienliche und korrekte Definition von Patriotismus findet sich im dtv-Lexikon: „Patriotismus, Vaterlandsliebe, die im staatsbürgerlichen Ethos wurzelnde, zugleich gefühlsbetonte, oft leidenschaftlich gesteigerte Hingabe an das überpersönlich staatliche Ganze, das in dieser Hingabe nicht nur als rechtliche und politische Ordnung, sondern als die den einzelnen tragende Gemeinschaft empfunden wird. Vom Nationalismus unterscheidet sich der Patriotismus dadurch, daß er das Nationalbewußtsein der anderen Völker achtet.“ Patriotismus wird hier ganz richtig als Hingabe und Stolz auf das eigene Land und den eigenen Staat interpretiert. Damit markiert der Patriotismusbegriff immer die Differenz „eigenes Land/andere Länder“. Wenn man als Patriot auf das eigene Land stolz ist, so ist man auf die besonderen Leistungen, die besonderen kulturellen, gesellschaftlichen oder politischen Errungenschaften dieses einen Landes stolz, die Differenz „Wir und alle anderen“ ist dem Patriotismus von Anfang an inhärent. Deswegen ist die Position des Berliner Bischofs Wolfgang Huber auch völlig falsch und abwegig, wenn er betont, daß Patriotismus nur zulässig sei, wenn er „universale Werte“ wie Nächstenliebe, Solidarität, Gewaltverzicht, Achtung vor dem gleichen Recht des anderen ausdrückt. Natürlich kann man auf universale Werte stolz sein und sie auch als Teilbegründung für den Patriotismus heranziehen, aber Patriotismus ist immer mehr, er impliziert immer den Rückbezug auf die besondere Ausprägung zum Beispiel der universalen Werte im eigenen Land. Gewaltverzicht, Solidarität, Rechtsstaatlichkeit usw. begründen keinen Patriotismus, weil diese universalen Grundwerte auch in vielen anderen Ländern realisiert werden. Wären die Grundwerte die alleinige Basis des Patriotismus, so könnte sich jeder Deutsche als niederländischer, britischer, französischer Patriot ausgeben, weil in diesen Ländern die so apostrophierten Grundwerte genauso gewissenhaft umgesetzt werden. Es gibt mithin bei diesem Werte-Patriotismus keinen Rückbezug auf die besondere Leistung des eigenen Landes und Volkes, das einen spezifischen deutschen Patriotismus begründen könnte. Ganz anders sieht die Sache aus, wenn man die Realisation der Grundwerte in die Besonderheit ihrer Entstehungsgeschichte einbettet, wenn man also stolz ist, daß es den Deutschen nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges gelungen ist, eine dauerhafte demokratische Grundordnung zu installieren oder daß mit der Wiedervereinigung eine große demokratische Wende gewaltfrei geglückt ist. Hier werden die universalen Grundwerte an die Besonderheit der Geschichte eines Landes gekoppelt und ermöglichen Stolz auf den besonderen deutschen Weg der Realisation dieser Grundwerte. Das gleiche Argument gilt für den „Verfassungspatriotismus“. Wie der Staatsrechtler und Richter am Bundesverfassungsgericht Gerhard Leibholz bereits 1973 in seiner Schrift „Verfassungsstaat – Verfassungsrecht“ ausführte, zeichnet sich der Verfassungsstaat dadurch aus, daß Politik und Staat „selbst zum Gegenstand des Rechtes und einer etwa bestehenden Verfassungsgerichtsbarkeit wird“. Das Verfassungsrecht unterstellt auch die Politik dem Recht. „Eben weil ein Staat sich dem Rechte verpflichtet fühlt, gibt dieser sich eine Verfassung, die rechtlich das politische Geschehen im funktionellen Integrationsbereich regelt und darüber hinaus nicht selten auch die materialen Werte kanonisiert, die eine politische Gemeinschaft zu einer im Rechte stehenden Wertegemeinschaft zusammenschließen.“ Auch hier gilt: Die Tatsache der Existenz einer Verfassung begründet keinen Patriotismus, weil viele Staaten über Verfassungen verfügen, es fehlt somit die differentia specifica, die einen Stolz auf das eigene Land legitimieren könnte. Soll allein die Verfassung Quelle eines wie auch immer gearteten Patriotismus sein, so müßte man europäischer und angloamerikanischer Patriot in einem sein, weil in diesen Ländern sich die bis heute gültigen Verfassungen gebildet haben. Natürlich kann man sich in dieser Tradition sehen und stolz darauf sein, Teil dieser abendländischen Tradition zu sein, dies alleine begründet aber keinen Patriotismus, der sich nur auf das eigene Land beziehen kann. Patriotismus schließt nicht aus, daß man auch stolz auf die eigene Verfassung ist, aber auch hier geht es nicht ohne die Berücksichtigung des besonderen historischen Weges der Verfassungsgenese. Die Verfassung begründet keinen Patriotismus, allenthalben der Weg zu ihr. Es führt also kein Weg an der Tatsache vorbei, daß Patriotismus immer den Bezug zur Geschichte des eigenen Volkes, Landes und Staates erforderlich macht. Insofern gibt es keine universalistische Begründung von Patriotismus, Patriotismus bezieht sich immer auf den besonderen Weg, die besondere Leistung eines Landes, Staates und seiner Bevölkerung. Universale Werte können Teil des Patriotismus werden, wenn sie einen Bezug zu dieser besonderen Entwicklung in einem Staat und einer Nation haben: die universalen Werte von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit sind Teil des französischen Patriotismus, weil diese Werte mit der Französischen Revolution zur Grundlage des politischen Handelns wurden. Sie sind aber nicht „an sich“ Teil des französischen Patriotismus, sondern nur im Zusammenhang mit der historischen und besonderen Erscheinung der Französischen Revolution. Dabei bezieht sich der Patriotismus ganz wesentlich auf die Geschichte der Nationwerdung eines Volkes. Wir dürfen in diesem Zusammenhang wieder den Staatsrechtler Gerhard Leibholz zitieren: „Bei Lichte besehen ist in der Demokratie des 20. Jahrhunderts der Staat nichts anderes als die Organisationsform eines Volkes, das durch einen Akt des Selbstbewußtseins und des Willens sich zur Nation erweitert hat, d.h. sich seines politisch-kulturellen Eigenwertes bewußt geworden ist und seine Existenz als selbständig konkrete, politische Ganzheit bejaht hat. Dieses zur Nation erweiterte Volk sucht in der Demokratie mit Hilfe des Staates die Aufgaben, die ihm in so verschiedenen Formen gestellt werden, zu bewältigen“. Diese Geschichte der Entdeckung des jeweiligen politisch-kulturellen Eigenwertes ist wesentlicher Orientierungs- und Bezugspunkt des Patriotismus. Sie beginnt bei vielen Nationen mit einem „Gründungsmythos“. In Frankreich wird das historisch banale Ereignis des Sturms auf die Bastille als Gründungsmythos verwendet, für die Sowjetunion war der Sturm auf das Winterpalais gleichsam der Gründungsakt des Sowjetreiches, für die USA dient die ebenfalls historisch völlig unwichtige „Boston tea party“ als Gründungsakt. Egal, wie irrelevant der Gründungsakt historisch war, er markiert eine Zäsur, und ab diesem Punkt hat eine Nation eine eigene und besondere Geschichte, die natürlich Anknüpfungspunkt für den Patriotismus ist. Der Philosoph Peter Sloterdijk behauptet, daß sich die Völker durch das Lesen von gemeinsamen Texten zu den bürgerlichen Nationalstaaten des 19. und 20. Jahrhunderts entwickelt haben, sie wurden zu „durchalphabetisierten Zwangsfreundschaftsverbänden, die auf einen jeweils im Nationalraum verbindlichen Lektürekanon eingeschworen wurden“. Neben national relevanter Belletristik war die Lektüre und Rezeption der eigenen und spezifischen Geschichte Bezugspunkt der Pflege des Nationalbewußtseins. Patriotismus bedeutet so immer Rekurs auf die besonders in Mythologien und anderen Erzählformen zugänglich gemachte Geschichte. Er ist so Ausdruck des Stolzes der Bewohner eines Staatgebietes auf den Prozeß der Konsti-tution eines besonderen Nationalstaates und der spezifischen Leistungen, die im Gefolge der Existenz dieses Staates und seiner Bewohner erbracht worden sind. Wenn wir uns nun speziell der Patriotismus-Frage in Deutschland zuwenden, so können wir sofort zwei „Blockaden“ ausmachen, die den Ausdruck eines selbstverständlichen und naiven Patriotismus – wie das teilweise in anderen Ländern der Fall ist – erschweren. Gleichsam am Anfang und am Ende unserer Nationalgeschichte finden wir Besonderheiten, die einen unverkrampften Zugang zum Patriotismus behindern. Zum einen verfügen wir als „verspätete Nation“ ( Helmut Plessner) über keinen eindeutigen Gründungsmythos oder eine Gründungsgeschichte, die uns symbolisch den Zeitpunkt angibt, wo eine spezifisch deutsche Nationalgeschichte beginnt. War es die Varusschlacht im Teutoburger Wald? War es die Aufspaltung des Frankenreiches in ein west- und ostfränkisches Reich? Oder beginnt die deutsche Nationalgeschichte erst mit der Reichsgründung im Spiegelsaal von Versailles durch Otto von Bismarck? Die Experten sind sich uneins. So wie der Anfang im Dunkeln liegt, so ist uns der Zugang zur besonderen Geschichte Deutschlands als Bezugspunkt des Patriotismus in der Moderne durch den Nationalsozialismus versperrt – besonders dann, wenn man die spezielle Geschichte Deutschlands als eine gradlinige Geschichte hin zu Hitler interpretiert, wie das heute in weiten Kreisen als Immunisierungsstrategie gegen einen deutschen Patriotismus üblich ist. Natürlich ist diese hegelianisch anmutende Gedankenführung einer teleologischen Geschichtsvorstellung – der „deutsche Geist“ kommt mit Hitler gleichsam „zu sich selbst“ – absurd. Die Schreckensherrschaft des Nationalsozialismus macht es uns aber besonders schwer, unverkrampft und sachlich mit der deutschen Geschichte umzugehen und in ihr Bezugspunkte für Patriotismus zu finden. Solche Bezugspunkte gibt es indes in Hülle und Fülle: Denken wir an die berühmten Dichter und Denker, denken wir an die bekannten Forscher und Naturwissenschaftler. Zwischen 1901 und 1933 gingen 10 der 31 Physik-Nobelpreise, 14 der 28 Chemie-Nobelpreise und 6 der 27 Medizin-Nobelpreise nach Deutschland! Gleichwohl tun wir in Deutschland gut daran, mit dem Patriotismus vorsichtig umzugehen. Vor allen Dingen gilt es im Umgang mit der eigenen Geschichte zwischen Patriotismus und Nationalismus zu differenzieren. Der Patriotismus als Ausdrucksform des Stolzes auf besondere Leistungen des eigenen Landes akzeptiert in vollem Umfang das gleiche Recht auf Patriotismus anderer Länder. Ein Patriot bejaht die Einzigartigkeit und besondere Leistungsfähigkeit des eigenen Landes, niemals aber dessen Überlegenheit im Vergleich mit anderen Staaten und Nationen. Ein deutscher Patriotismus ist genauso gut wie ein französischer oder britischer. Insofern schließen sich Patriotismus und weltbürgerliche Gesinnung nicht aus, ja bedingen sich gegenseitig: Nur in Anerkennung der besonderen kulturellen Leistungen der verschiedenen Nationen können Menschen unterschiedlicher Nationalität von gleich zu gleich miteinander kommunizieren. Patriotismus kann man wie alle Gesinnungen nicht verordnen, aber man kann ihn ermöglichen, und ohne ihn ist ein funktionierendes Gemeinwesen auf Dauer kaum vorstellbar. Die Tatsache der „Eingesessenheit“ in einem spezifischen Land mit einer besonderen Geschichte verbindet das individuelle Schicksal mit dem des eigenen Landes auf ganz besondere Weise. Wir spüren dies heute ganz schmerzhaft in der Krise der sozialen Sicherungssysteme. Unser Schicksal im Alter hängt ganz wesentlich von der demographischen Entwicklung und dem generativen Verhalten der Bevölkerung insgesamt ab. Deswegen muß man schon aus Eigeninteresse wollen, daß es dem Land gutgeht! Und genau das ist Patriotismus und nicht ein hochachtungsvoller Umgang mit der Verfassung oder den universalen Werten. Prof Dr. Jost Bauch lehrt Soziologie an der Universität Konstanz. In der JUNGEN FREIHEIT schrieb er zuletzt über das „Ende des Wohlstands“ (JF 49/04). Bild: Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm und Alexander von Humboldt, Friedrich Schiller (v.l.n.r.): Ein Patriot bejaht die Einzigartigkeit und besondere Leistungsfähigkeit des eigenen Landes, niemals aber dessen Überlegenheit im Vergleich mit anderen Staaten und Nationen. | JF-Online | Auf ihrem letzten Parteitag hat die CDU den Patriotismus (wieder)entdeckt. Eigentlich ein Grund zur Freude, wenn da nur nicht der Verdacht wäre, daß es sich | Sonderthema | 2005-01-07T00:00:00+01:00 | 2005-01-07T00:00:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/sonderthema/2005/der-neue-patriotismus/ |
|
Mediale Modeerscheinung | Irgendwann mußte es ja einmal soweit kommen. Teeniemagazine wie Bravo und Mädchen genießen eine hohe Beliebtheit, Soaps sind ein gigantischer Quotenbringer im Fernsehen, und trotz immenser Kosten laden Jugendliche sich alles mögliche auf ihr Handy. Kein Wunder, daß irgendwann jemand auf die Idee kam, alles miteinander zu kombinieren. So wurde die erste Handy- Soap geboren – eine neue Idee, mit der Firmen nicht ganz so hellen Jugendlichen viel Geld aus der Tasche ziehen wollen. Eine Soap, auch Seifenoper genannt, ist eine Fernsehserie mit sehr vielen Folgen. Mit wenig Aufwand werden viele Sendeminuten produziert, vor allem für die werberelevanten Zielgruppen. Die Handlung und die agierenden Personen sind meist einfach gestrickt, vermutlich genauso wie das konsumierende Publikum. In Deutschland haben sich etliche dieser Serien etabliert. „Guten Zeiten – Schlechte Zeiten“, „Marienhof“ oder das Telenovela-Format „Verliebt in Berlin“ sind nur einige davon. Nicht selten sind solche Serien ein Sprungbrett für weitere Karrieren, wie etwa die ehemaligen Soap-Stars Jeanette Biedermann oder Oliver Petzokat beweisen. Geschichten als echtes Leben – herunterzuladen für 1,99 Euro Unter dem Titel „Mittendrin – Berlin rockt“ verbreitet sich nun die erste deutsche Handy-Soap. Attraktiv soll das Projekt durch die darin mitwirkende Teenie-Prominenz sein. So sind beispielsweise die Schauspielerin Dorkas Kiefer, Viva-Nervensäge Gülcan und Heulsusensänger Ben mit dabei. Durch ihre Präsenz in der Soap wollen sie ihre Popularität noch weiter steigern. Vor allem Ben wünscht sich, daß die Jugendlichen auch seine Musik kaufen. In dem TV-Magazin Polylux sagte er denn auch: „Ich erhoffe mir eigentlich, daß ich es schaffe, dadurch eine gewisse Popularität auch bei den Jungen, bei den Teenagern und Kindern zu erlangen, die halt auf diese Handygeschichte so sehr abfahren“. Moralische Skrupel hat er da natürlich keine. Und es ist ziemlich sicher, daß seine Rechnung aufgeht. Eine Folge der Soap besteht aus zehn Bildern. Die Kosten betragen 1,99 Euro pro Woche – ohne die Gebühren zum Herunterladen. Bei diesem Projekt werden aufgrund der hohen zu übertragenden Datenmengen die Telefonrechnun-gen um ein Vielfaches nach oben getrieben. Auch der Netzbetreiber wird kräftig mit an dem Projekt verdienen. Wer ungeachtet der Kosten ein Abo abschließt, bekommt jeweils am Morgen und am Abend eine Folge auf sein Mobiltelefon gesendet. Zum Warmwerden sind die ersten zwei Wochen kostenlos. Das ganze Projekt soll dann sechs Monate dauern. Daß die Jugendlichen die Kosten unterschätzen und am Monatsende eine böse Überraschung erleben, ist sehr wahrscheinlich. Die Geschichte soll wie das „echte“ Leben wirken. Daher finden alle Aufnahmen an Berliner Original-Schauplätzen statt. Themen sind die – für das Zielpublikum – wichtigen Dinge im Leben: Stars, Mode und Musik. Gülcan und Ben, die bereits zur Prominenz zählen, spielen sich selber. Die anderen Darsteller sind meist noch unbekannte Schauspieler. Hauptakteure sind die Modedesign-Studentin Maxi und ihre Freundin Sarah. Beide müssen sich in Berlin behaupten, nicht nur in der Arbeit, sondern auch im Nachtleben. Was da anstrengender ist, läßt sich kaum noch unterscheiden. Produziert wird die Soap von der Firma Icon Impact. Das Unternehmen entwickelt Konzepte für neue Medien. Sein Chef Philip Zwez hat die Idee in Holland entdeckt. Dort gibt es bereits ein ähnliches Angebot. Der Erfolg ist so immens, daß mittlerweile die dritte Staffel produziert wurde. Vermischung von bloßen Figuren mit realen Personen Angereichert hat das Unternehmen das Konzept mit interaktiven Elementen. Durch die Vermischung von realen und fiktiven Personen sowie durch die Möglichkeiten zur Interaktion mit dem Handy soll eine maximale Kundenbindung erzielt werden. Hier kann der Abonnent beispielsweise Einladungen zu Events erhalten, bei denen er seine Stars treffen kann. Wenn sich die Stars aus der Soap in einem Restaurant verabreden, dann sollen sie tatsächlich auch später dort anzutreffen sein. Riesige Vermarktungsmöglichkeiten tun sich auf diesem Weg auf. Kein Wunder, daß die Abogebühren dann nicht die einzige Einnahmequelle sind. Da die Zielgruppe aus kaufkräftigen Jugendlichen besteht, fanden sich schnell Sponsoren, die dem Projekt unter die Arme griffen. Sponsoring ist in diesem Zusammenhang nur ein besserer Begriff für Schleichwerbung, da nicht offen kommuniziert werden soll, daß hier Werbung lanciert wird. So soll öfter einmal McDonald’s in der Soap vorkommen, die wiederum in ihren Restaurants Werbung für die Serie machen. Foto: Um jeden Preis dabeisein: Kostenintensiv – Bilder statt Bildung? | JF-Online | Irgendwann mußte es ja einmal soweit kommen. Teeniemagazine wie Bravo und Mädchen genießen eine hohe Beliebtheit, Soaps sind ein gigantischer Quotenbringer im | Zeitgeist | 2006-04-14T00:00:00+02:00 | 2006-04-14T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/zeitgeist/2006/mediale-modeerscheinung/ |
|
Nur noch geschulte Personen: FDP-Politiker fordert „Wald-Verbot“ | BERLIN. Der FDP-Agrarexperte Karlheinz Busen hat gefordert, den Zutritt zu Deutschlands Wäldern für fast alle Personen vorübergehend zu verbieten. „Die Wälder in Deutschland sind extrem trocken, vor allem in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Es herrscht höchste Waldbrandgefahr“, warnte Busen gegenüber den Zeitungen des RedaktionsNetzwerk Deutschland. „Der Wald ist jetzt kein Ort der Erholung für Menschen mehr, sondern braucht selbst Erholung.“ Abseits größerer und befahrbarer Wege sollten sich deshalb nur noch geschulte Personen wie Förster oder Jäger aufhalten dürfen. „Für alle anderen Personen muss ein Waldbetretungsverbot verhängt werden – mit empfindlichen Ordnungsgeldern bei Verstößen“, forderte der Bundestagsabgeordnete. Es gehe dabei auch um den Schutz von Menschen, da ein ausgebrochener Brand bei großer Trockenheit auch zu einer Falle für Spaziergänger werden könnte. „Die Zahl der Waldbrände nimmt zu. Deutschland ist nur schlecht auf die kommenden Herausforderungen durch Waldbrände vorbereitet“, hatte Busen zuvor der Rheinischen Post gesagt. „Brandbekämpfung ist Aufgabe von Kommunen, die können aber keine Löschhubschrauber und Löschflugzeuge anschaffen. Das Ausstattungskonzept zwischen Bund und Ländern muss reformiert werden.“ (ls) | JF-Online | Der FDP-Agrarexperte Karlheinz Busen hat gefordert, den Zutritt zu Deutschlands Wäldern für fast alle Personen vorübergehend zu verbieten. „Der Wald ist jetzt kein Ort der Erholung für Menschen mehr, sondern braucht selbst Erholung.“ | Deutschland | 2019-06-24T14:07:46+02:00 | 2019-06-24T17:39:20+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2019/nur-noch-geschulte-personen-fdp-politiker-fordert-wald-verbot/ |
|
Koalition statt Reconquista | Schon vor seiner eigentlichen Veröffentlichung sorgte dieses Buch für einigen Wirbel bei Publizisten, Aktivisten und Abgeordneten der konservativen Szene und politischen Rechten. Es enthält, soweit waren sich auch die meisten Kritiker einig, eine recht mutige Fragestellung mit einer ebenso gewagten Antwort. Die Frage? Vordergründig diese: Ist der Islam wirklich der Gegner Europas, des Abendlands oder der politischen Rechten? Frederic Höfer verneint das. Wer verstehen will, wieso er das tut, kommt allerdings nicht um die Frage herum, die der Autor im Laufe des Buches ebenso aufwirft: Was ist eigentlich das Ziel der Konservativen oder der Rechten? Und wer steht diesem Ziel im Weg? Es sind Namen wie Julius Evola, Annemarie Schimmel und Frithjof Schuon, die erahnen lassen, aus welcher Tradition Höfer kommt. Demnach ist der Islam den Europäern weniger fremd, als es der durchschnittliche Konservative annehmen würde. Vielmehr ist er, wie Höfer ganz wortwörtlich schreibt, ein Produkt der Spätantike, ein „orientalisch-europäisches“ Konglomerat aus griechischer Philosophie und arabischer Symbolik. Die vormodernen Aspekte des Islams, seine Mythen, sein Kriegertum und seine strengen Hierarchien sind demnach auch keine „fremden“ Eigenschaften, sondern entspringen der antiken Erlebniswelt und einer uns verwandten indoeuropäischen Wurzel. Zumindest solange man der Argumentation der Traditionalisten folgt. Mit diesem Argument positioniert sich Höfer zunächst gegen jede aufklärerische und liberale Islamkritik. Wer dem Islam seine „Rückständigkeit“ vorwerfe, der argumentiere aus jener Traditionsfeindlichkeit heraus, die auch die westliche Kultur auffresse. Aus geopolitischer Perspektive vertrete er zudem dezidiert uneuropäische Interessen, indem er die amerikanische Expansions- und Destabilisationspolitik im Nahen Osten rechtfertige. Den illiberalen und identitären Strang der Islamkritik („Der Islam ist ein fremder Machtblock auf dem eigenen Kontinent“) versucht Höfer mit einem simpleren Argument zu kontern: Die Muslime in Europa seien schlicht zu zahlreich, um sie kulturell oder politisch zu bekämpfen. Ein solcher Weg führe direkt in eine Bürgerkriegslogik. Was allerdings sollen stattdessen Ziel und Gegner der Konservativen und Rechten sein? Höfer plädiert für eine „traditionale Wende“. Gemeint ist folgendes: Ziel des Menschen sei es, sich in eine bestimmte Beziehung zu dem zu setzen, was über ihn hinausragt, die Art des „Überschreitens, die den Menschen aus der Befangenheit im Alltäglichen löst und als ‘Horizontbewußtsein’ das Ganze der Welt erfahrbar macht“. Diese Form der Transzendenz habe sich jedoch im Sinne Ernst Noltes von einer „theoretischen“ in eine „praktische“ Transzendenz verwandelt. Statt durch Wahrnehmung und Bewußtsein überschreite der moderne westliche Mensch die Grenzen seines Menschseins durch Technologie. Er fliegt ins Weltall, vernetzt sich mit der ganzen Welt und träumt davon, als transhumanistischer Computer-Mensch seinen Körper zu verlassen. Ziel des Konservatismus solle nun sein, diesen Prozeß der Ortlosigkeit und Auflösung umzudrehen, also einen Bewußtseinsprozeß zu fördern, bei dem „das zu Überwindende“ mit einem Mal zu einem Rückgewinn wird. Höfers Ausführungen sind immens spannend zu lesen, größtenteils schlüssig argumentiert und dicht und komplex geschrieben. Seine Denkanstöße lohnen eine Debatte. Einige Kritikpunkte sollten dennoch nicht unerwähnt bleiben. An der von Höfer dargestellten Aufgabe der Konservativen und Rechten gibt es nichts zu rütteln. Ob sich daraus aber bereits eine Komplizenschaft zum Islam ergibt, ist zweifelhaft. Das beginnt schon damit, daß auch der modernekritische Rechte nicht leugnen kann, wie sehr diese Moderne europäisch ist. Die Logik der Auflösung, der Entropie und der Ortlosigkeit gehen eben wesenhaft aus unserer Kultur hervor. Wer das überwinden will, muß mit dieser Natur rechnen, muß also innerhalb dieser Logik einen Ausweg schaffen. Wenig erfolgversprechend scheint es hingegen, in Richtung einer Kultur zu blicken, aus der kein solcher Auflösungsimpuls hervorgeht und sie schlicht deswegen zum Verbündeten zu erklären. Ebenfalls kritikwürdig scheint Höfers Auffassung, Alltagskonflikte im Zusammenleben von Europäern und muslimischen Einwanderern seien ausschließlich auf den Status letzterer als „migrantisches Prekariat“ zurückzuführen. Zwar ist es zweifellos richtig, daß die zynische Reißbrett-Migrationspolitik des Westens auch Migranten entwurzelt und damit destruktive Tendenzen in ihren Gemeinschaften bestärkt. Doch bedeutet das nicht, daß die Religion der Einwanderer bei den zahlreichen Konflikten mit Einheimischen keinerlei Rolle spielt. Wenn, wie neulich im englischen Wakefield geschehen, ein englischer Schüler von seinen Mitschülern mit dem Tode bedroht wird, weil ihm versehentlich ein Koran aus der Hand fiel, hat dies zweifellos eine religiöse Komponente. Oder wäre jemandem ein Fall bekannt, bei dem eine versehentlich beschädigte Bhagavad Gita zu ähnlich angespannten Reaktionen der zahlreichen hinduistischen Einwanderer in Großbritannien geführt hätte? Die unglückliche Position der Einwanderer als importiertes Menschenkapital ist mitschuldig, aber nicht allein ursächlich. JF 25/23 | Lorenz Bien | In seinem Buch „Feinbild Islam als Sackgasse“ wirft Frederic Höfer einen für die konservative Szene ungewöhnlichen Blick auf den Islam. Dieser sei nicht fremd, sondern ein Zeugnis antiker Tradition. Und möglicherweise ein Verbündeter bei der Überwindung der Moderne. | Reconquista,Islam | Literatur | 2023-06-16T12:03:33+02:00 | 2023-06-16T12:03:33+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/literatur/2023/reconquista-islam/ |
Der Lockruf des Geldes | Als die DDR-Oberliga am 11. August 1990 in ihre vorerst letzte Saison startet, ist die Ausgangslage vieler Vereine denkbar schlecht. Der gesellschaftliche Umbruch überlagert zu diesem Zeitpunkt alle Lebensbereiche. Klar, daß auch der Volkssport Fußball davon nicht ausgenommen ist. Die meisten Menschen in Mitteldeutschland haben andere Sorgen als Fußball. Der Dauerkartenabsatz der Clubs bricht massiv ein, die Stadien bleiben leer. Viele Stars und Nachwuchshoffnungen der DDR haben sich ohnehin bereits in Richtung Westdeutschland verabschiedet. Denn schon im November 1989 stehen gewiefte Bundesliga-Manager wie Bayer Leverkusens Rainer Calmund Gewehr bei Fuß, um sich ihre Dienste zu sichern. Im Fußball schlägt der kapitalistische Systemwechsel mit voller Wucht ein. Calmund fädelt schon früh den Wechsel des DDR-Nationalspielers Andreas Thom ein, der als erster ostdeutscher Spieler im Westen unterschreibt. „Ich mußte nur schnell sein“, erinnert sich der langjährige Bayer-Manager später. Für den Transfer greift er tief in die Trickkiste: Sechs Tage nach dem Mauerfall spielt die DDR in Wien gegen Österreich. Der Manager der Werkself schickt den Betreuer der A-Jugend, Wolfgang Karnath, an die Donau, „ein abgewichstes Kerlchen“, wie Calmund ihn beschreibt. Sogar Helmut Kohl greift in die Wechselgeschäfte ein Auf der Tribüne im Wiener Praterstadion sitzen alle großen West-Vereine mit ihren Scouts und Agenten. „Mir war klar, daß es eine Invasion des Westens geben wird und wir nichts ausrichten können“, beschreibt Calmund die Situation. Kurzerhand schleust er Karnath mit einer Fotografen-Akkreditierung in den Innenraum ein, später ergaunert sich „Dr. Karnath“ sogar noch einen offiziellen Ausweis als Teamarzt. So gelangt der Bayer-Betreuer unbemerkt auf die Auswechselbank der DDR. Nach dem Abpfiff sammelt er von den verdutzten Spielern Kontakte ein. Bereits einen Tag später steht Rainer Calmund bei der Familie Thom im Berliner Wohnzimmer. Und schon ist der Deal eingetütet. Für den 24jährigen DDR-Fußballer des Jahres 1988 erhält Serienmeister BFC Dynamo schließlich satte 3,2 Millionen Mark. Die Folgen aber sind gewaltig: Viele Spieler wittern das große Geld, windige Vermittler aus dem Westen schalten sich ein. Im Osten herrscht Goldgräberstimmung. Ganze Mannschaften fallen auseinander, die Stars der Liga entschwinden über Nacht. Schließlich greift sogar Bundeskanzler Helmut Kohl ein. Als dieser kurz vor Weihnachten 1989 eine große Rede am Elbufer in Dresden hält, beschweren sich Dresdner Funktionäre über die Leverkusener Machenschaften. Das stehe einem westdeutschen Konzern nicht gut, meint der Kanzler. Also untersagt die Chefetage der Bayer AG den nächsten fast perfekten Transfer von Abwehrspieler Matthias Sammer zu Bayer Leverkusen. Der landet schließlich beim VfB Stuttgart. Ulf Kirsten folgt Andreas Thom später zu Bayer Leverkusen, Frank Rohde und Thomas Doll wechseln zum HSV. Finanziell übernommen Dazu setzt der ausgehandelte Modus der letzten DDR-Oberligasaison die vierzehn teilnehmenden Vereine unter Druck: Meister und Vizemeister sollen ab 1991 in die Bundesliga eingegliedert werden, die Mannschaften von Platz 3 bis 6 landen direkt in der zweiten Liga. Zwei weitere Zweitligaplätze werden in einer Qualifikationsrunde unter den Plätzen 7 bis 12 ausgespielt. Der Rest ist raus aus dem Profifußball. Ausgehandelt hatten diesen Deal der damalige DFB-Präsident Hermann Neuberger und sein DDR-Gegenüber Hans-Georg Moldenhauer vom ostdeutschen Fußballverband DFV. In einer Hotelsuite auf Malta kommt es am Rande eines Uefa-Kongreßes im April 1990 zum Showdown, der in einem 10-Stunden-Gespräch mündet. Moldenhauer will so viele Ost-Klubs wie möglich in die Bundesliga bringen, Neuberger hingegen strebt eine fußballerische Wiedervereinigung erst nach der EM 1992 an. „Wir im Fußball bestimmen nicht das Tempo“, lautet damals Moldenhauers trockene Antwort. „Die Menschen haben die Mauer eingerissen, da konnten wir doch keine neue Fußball-Mauer errichten“, sagt er später der Mitteldeutschen Zeitung. Der Modus verführt die Vereine. Mit aller Kraft will man es in die Bundesliga schaffen, koste es, was es wolle. Häufig erhalten Spieler bundesligaübliche Gehälter von bis 250.000 Mark – exklusive Prämien. Das muß früher oder später an die Substanz gehen. Zaghafte Stimmen, die Vereine könnten sich überheben, werden gekonnt ignoriert. Der goldene Westen lockt. Frisches Geld kommt über einen neuen Fernsehvertrag herein. Die Ufa Film- und Fernseh GmbH unter ihrem bestens vernetzten Chef Bernd Schiphorst (späterer Präsident von Hertha BSC) sichert sich für die letzte Saison die Fernsehrechte an der DDR-Oberliga. Unterdessen hat auch die Mönchengladbacher Spielmacherlegende Günter Netzer vor Saisonbeginn für die Schweizer Werbefirma CWL den ersten privaten Deal über Bandenwerbung in der Liga ausgehandelt. Doch kurz nach dem Start der letzten Saison hat die Liga an ganz anderer Stelle ein dickes Problem: Ab Herbst 1990 herrschen in und um die Stadien beinahe anarchische Zustände. Schwere Ausschreitungen sind an der Tagesordnung. „Im Prinzip herrschte das blanke Chaos“, beschreibt ein ehemaliger Dynamo-Dresden-Hooligan die Situation im Buch „Schwarzer Hals, gelbe Zähne“ von Veit Pätzug. Sorge vor Hooligans „Du hast nur gefühlt, du bist frei, diese scheiß DDR kann dich am Arsch lecken.“ Das sei das Signal gewesen: „Jetzt zeigst du es denen mal so richtig. Dann brach die Zone richtig zusammen und gerade beim Fußball war ständig Fasching.“ Der Haß auf die Ost-Polizei sei „größer denn je“ gewesen. „Die selbst schwebten ja in aufgelösten Strukturen und waren oft total ratlos. Sie wußten doch überhaupt nicht wie sie sich nun verhalten sollen. Oder die sind eben komplett durchgedreht – dann hattest du Pech.“ Die Atmosphäre heizt sich immer weiter auf und mündet schließlich am 3. November 1990 in einem Fiasko. Bei schweren Ausschreitungen, die sich über mehrere Stunden rund um das Oberliga-Spiel zwischen dem FC Sachsen Leipzig und dem FC Berlin (ehemals BFC Dynamo) hinziehen, verliert die überforderte Polizei die Nerven. Der Einsatzleiter gibt am alten Leutzscher Bahnhof den Befehl zum Gebrauch der Schußwaffe. In der Folge liegen mehrere Schwerverletzte am Boden, eine unbeteiligte Frau in 200 Meter Entfernung erleidet einen Beinschuß. Der 18jährige Mike Polley aber steht nicht mehr auf. Er stirbt durch einen Schuß aus rund 30 Meter Entfernung. Die Polizei beruft sich später auf Notwehr, mehrere Zeugen widersprechen. Ermittlungen gegen zehn Volkspolizisten werden eingestellt. Das tragische Ereignis hat auch unmittelbare Auswirkungen: Der DFB sagt das für Mitte November 1990 geplante Vereinigungsländerspiel zwischen den Nationalteams der DDR und der BRD aus Angst vor Solidarisierungaktionen von Hooligans gegen die Polizei kurzfristig ab. Mit durchschnittlich 4.758 Zuschauer pro Spiel fährt die DDR-Oberliga schließlich am Ende der Saison einen traurigen Negativrekord ein. Hansa Rostock sichert sich derweil eher überraschend sowohl Meistertitel als auch Pokalsieg. Der Einzug in die Bundesliga gelingt auch Dynamo Dresden auf Platz 2. Den Gang in die zweite Liga machen Rot-Weiß Erfurt, Chemie Halle, der Chemnitzer FC, Carl Zeiss Jena, Lok Leipzig und Stahl Brandenburg. Traditionsvereine wie Magdeburg oder der FC Berlin bleiben in den Seilen hängen. Trotz einer gewissen Anfangseuphorie nach der Eingliederung in die Bundesliga: Die finanziellen Bürden holen in den nächsten Jahren früher oder später jeden der letzten zwölf Oberligateilnehmer ein. Spielertransfers, Sponsoren- und Fernsehgelder überfordern die Verantwortlichen in der neuen Welt. Dazu kommen windige Gestalten wie der hessische Unternehmer Rolf-Jürgen Otto, der als Präsident von Dynamo Dresden ab 1993 drei Millionen Mark veruntreut, wofür er im Gefängnis landet und womit er schlußendlich für den Bundesliga-Lizenzentzug von Dynamo sorgt. Bis 1995 wechseln insgesamt rund 150 Spieler zu westdeutschen Vereinen. Ein Aderlaß, von dem sich der Ost-Fußball bis heute nicht erholt hat. Wenngleich manch einer, wie der frühere DDR-Oberligaspieler Steffen Heidrich, die ständige Opferrolle ablehnt: „Es wird im Osten auch zu viel gejammert“, so der Erzgebirgler in der vergangenen Woche im Kicker. | Björn Harms | Vor dreißig Jahren startet die DDR-Oberliga in ihre letzte Saison: Viele Stars sind bereits im Westen, die Zukunft vieler Vereine ist ungewiß. Der Ost-Fußball wird sich von dem Aderlaß nicht mehr erholen. Viele stolze Traditionsvereine straucheln. Am Ende bleibt manchmal nur die Insolvenz. | Geschichte | 2020-08-11T09:42:24+02:00 | 2020-08-11T14:56:22+02:00 | https://jungefreiheit.de/wissen/geschichte/2020/245825/ |
|
„Anti-Feminismus-Meldestelle“ vor allem mit sich selbst beschäftigt | BERLIN. Das mit Steuergeldern finanzierte Portal „Meldestelle Antifeminismus“ der linksextremen Amadeu-Antonio-Stiftung ist vor allem mit sich selbst beschäftigt. Ein Drittel der eingegangenen Meldungen beziehe sich auf Kritik an der Meldestelle, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Insgesamt seien im Januar rund 700 Eingaben registriert worden. „Die Zahl der Meldungen ist sehr hoch, das hat uns schon überrascht“, sagte die Leiterin des Denunziationsportals, Judith Rahner. Die anderen zwei Drittel entfallen demnach auf Antifeminismus als organisierte politische Bewegung und angeblichen Sexismus. Kritik an dem Portal, die unter anderem von der Unionsfraktion im Bundestag kam, sei „aus den üblich verdächtigen Ecken, vor allem aus der rechtsautoritären Bubble“ gekommen, beschwerte sich Rahner. „Frauenfeindlichkeit“ sei keine Meinung, unterstrich die Leiterin. Laut der Webseite der Stiftung ist bereits Kritik an Gleichstellungsbeauftragten und die Nutzung des Wortes „Gender-Ideologie“ ein Fall für die Meldestelle. Nachdem bekannt wurde, daß Geld aus dem Haushalt des Familienministeriums für das Portal bereitgestellt wird, hatte es heftige Kritik gegeben. Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Dorothee Bär (CSU) beschrieb die Arbeitsweise des Portals als „Denunzieren und Diffamieren auf Staatskosten“. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) warf die CSU-Politikerin vor, nichts „aus unserer Geschichte gelernt“ zu haben. Mit ihrer Förderung einer „Kultur des Anschwärzens“ lasse Pauls „jegliche Sensibilität“ vermissen und „gefährde und spalte“ den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Daß eine derartige Organisation grundsätzlich mit Steuergeldern gestärkt werde, ginge „gar nicht“, empörte sich Bär. (ho) | JF-Online | Schon wer „Gender-Ideologie“ sagt oder die Arbeit von Gleichstellungsbeauftragten kritisiert, gerät ins Visier der steuergeldfinanzierten „Meldestelle Antifeminismus“. Nun kommt heraus, viele Meldungen betreffen Kritik an dem Denunziationsportal selbst. | Meldestelle | Deutschland | 2023-03-07T15:23:42+01:00 | 2023-03-07T15:23:42+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/meldestelle-hetzportal/ |
Schweigepflicht | Wenn Kati Witt am 3. Oktober auf RTL die umstrittene DDR-Nostalgie-Show moderiert, lastet auf ihr eine Verantwortung, wie sie zuletzt wohl Günther Schabowski auf seiner unvergessenen Pressekonferenz getragen hat. Man kann die Vergangenheit, die sie an diesem Abend heraufbeschwören wird, nicht einfach unbeteiligt genießen, so wie man sich vielleicht über Galaprogramme amüsiert, die mit den überlebenden Stars westdeutscher Unterhaltung längst vergangener Jahrzehnte noch einmal vor Augen führen, was damals in Musik, Mode und Design auszuhalten war. Man wird vielmehr unweigerlich daran erinnert, mit welchen frohen Erwartungen der mißratene Staat zwischen Elbe und Oder zu Grabe getragen wurde – und was aus diesen Hoffnungen dann geworden ist. Seit dem Ende des Sozialismus nimmt die Klassengesellschaft der Bundesrepublik mehr und mehr Konturen an. Früher tat man vieles, um ihren Charakter zu verbergen. Heute traut man sich endlich zu, die Schutzgeldzahlungen an die Massen einzustellen. Für viele Alt-Bundesbürger kommt diese Entwicklung überraschend. Sie haben geglaubt, daß ihr System im Kern nicht so wäre, wie es die dick aufgetragene Propaganda von drüben behauptete. Die Menschen hingegen, die mit der einstigen DDR-Indoktrination groß geworden sind, dürften, sofern sie diese nicht gänzlich vergessen haben, nun besser auf unsere gemeinsame Zukunft vorbereitet sein. Ihr Wissensvorsprung sollte Pflichten nach sich ziehen. Unser Gemeinwesen stellt bekanntermaßen den Einzelnen in den Mittelpunkt. So etwas kann nur Bestand haben, so- lange nicht auch dieser Einzelne selbst sich für den Maßstab aller Dinge hält. Die DDR-Bürger von einst können daher nicht ohne weiteres das Recht beanspruchen, uneingeschränkt an Momente ihres Lebens zurückzudenken, bloß weil sie diese subjektiv als schön wahrgenommen haben. Sie sollten zunächst in sich gehen und sich fragen, ob es nicht gegen sie spricht, daß sie Freude empfanden, obwohl sie doch gar nicht frei waren? Wer unbelastet von dieser grundsätzlichen Scham ist, zeigt, daß er in der Bundesrepublik nicht so angekommen ist, wie er es eigentlich sein sollte. Die Freiheit ist ein Wert, auf dessen Wertschätzung es gerade in der neuen, fälschlicherweise als Krise angesehenen Normalität ankommt. Die Freiheit ist das, was den Massen bleibt, wenn es all jenes, was sonst noch ihre Lebensqualität ausmachte, nicht mehr gibt. Die Freiheit ist nämlich auch da, wo keiner mehr die Mittel hat, etwas aus ihr zu machen. Jede noch so private Erinnerung an eine Zeit, in der überlebte Werte wie soziale Sicherheit und eine humane Arbeitswelt mit Unfreiheit erkauft wurden, hat daher zu unterbleiben. Kati Witt muß am 3. Oktober vor die Kamera treten und sich für alles entschuldigen, was sie hingenommen hat. Danach hat der Bildschirm schwarz zu bleiben. Die DDR-Nostalgiker sollten das tun, was sie immer schon getan haben: schweigen. | JF-Online | Wenn Kati Witt am 3. Oktober auf RTL die umstrittene DDR-Nostalgie-Show moderiert, lastet auf ihr eine Verantwortung, wie sie zuletzt wohl Günther Schabowski | Debatte | 2003-08-22T00:00:00+02:00 | 2003-08-22T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/2003/schweigepflicht/ |
|
Berlin prüft Bußgelder für Autobahn-Blockierer | BERLIN. Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hat angekündigt, Blockaden auf der Stadtautobahn A100 künftig mit Bußgeldern zu ahnden. „Wir prüfen bereits, ob wir Kostenbescheide erlassen können“, erläuterte die Politikerin am Montag der Berliner Zeitung gegenüber. Jeder Räumungseinsatz koste Steuergelder, mahnte sie. „Die Polizei kennt mittlerweile diejenigen, die diese Straftaten wiederholt verübt haben. Sofern es sich dabei um Wiederholungstäter handelt, sind ihre Personalien erkannt.“ Die Sitzblockaden schadeten den Berlinern. Eine Schwangere sei beispielsweise nur mit Hilfe der Polizei rechtzeitig ins Krankenhaus gebracht worden. „Das ist eine Gefährdung anderer, die dort bewußt in Kauf genommen wird, und das werden wir nicht dulden. Darüber müssen sich die Autobahnblockierer bewußt sein“, warnte Spranger die Klima-Demonstranten. Der Staatsekretär in der Senatsinnenverwaltung, Torsten Akmann (SPD), äußerte unterdessen, die Blockierer seien nicht extremistisch. „Aktuell liegen dem Berliner Senat keine Hinweise darauf vor, daß den Blockadeaktivitäten verfassungsfeindliche Bestrebungen zugrunde liegen“, betonte der Deutschen Presse-Agentur zufolge am Montag. Bislang würde nichts den Verdacht nahelegen, daß sich Linksextremisten an den Aktionen beteiligten. „Die linksextremistische Szene in Berlin hat bisher weder das Anliegen noch die Blockadeaktionen zum Thema gemacht.“ Allerdings achte der Verfassungsschutz weiterhin darauf, ob Extremisten die Bockaden unterwandern. 14.2.22 7:38 Uhr Blockade der #A100 in Berlin von @AufstandLastGen mehr Videos gibt es hier https://t.co/aaZTgYRHll und was noch so heute passiert ist Poste ich hier👇#EssenRettenLebenRetten #EssenRetten #EssenRettengesetz pic.twitter.com/lmAO8RrB2g — #Hambi bleibt (@DanniPilger) February 14, 2022 Die Demonstranten der Initiative „Aufstand der letzten Generation“ verlangen, die Bundesregierung solle gegen Lebensmittelverschwendung von Supermarkt-Ketten vorgehen und eine Agrarwende forcieren, um die Entstehung klimaschädlicher Emissionen zu reduzieren. Bei den Sitzblockaden kommt es regelmäßig zu Rangeleien mit Autofahrern. Die Berliner Polizei warnte davor, die selbsternannten Umweltschützer eigenhändig von der Straße zu tragen. Dies könne schnell als Körperverletzung geahndet werden. Der Verein „Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte“ hingegen widersprach der Darstellung der Polizei. Es sei im Notfall durchaus erlaubt, eigenmächtig Straßenblockaden aufzulösen. Allerdings müsse man hierbei das mildeste Mittel anwenden, was in diesem Falle Wegtragen bedeute. (fw) | JF-Online | Weil sie mit ihren Aktionen andere Menschen gefährden, will Berlin die Autobahn-Blockierer der Initiative „Aufstand der letzten Generation“ künftig zur Kasse bitten. Die Berliner Verwaltung schätzt die selbsternannten Umweltschützer aber nicht als extremistisch ein. | Berlin | Deutschland | 2022-02-15T09:50:41+01:00 | 2022-02-15T11:36:06+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2022/berlin-prueft-bussgelder-fuer-autobahn-blockierer/ |
Papst verteidigt Isalm gegen Gewalt-Vorwurf | ROM. Papst Franziskus hat den Islam gegen Terrorismus-Vorwürfe in Schutz genommen. „Es ist nicht richtig und nicht wahr, daß der Islam gewalttätig ist“, sagte der Papst auf dem Rückflug vom Weltjugendtag in Krakau zu Journalisten. Den Islam als terroristisch zu bezeichnen, sei nicht gerecht. Zuvor war das katholische Oberhaupt laut der Nachrichtenagentur AP gefragt worden, warum er den Islam nicht namentlich erwähne, wenn er Terror-Anschläge verurteile. Nach Ansicht von Franziskus gebe es in jeder Glaubensrichtung radikale Anhänger. „Wenn ich über islamische Gewalt spreche, dann muß ich auch über christliche Gewalt sprechen“, betonte der Papst. „In fast jeder Religion gibt es immer eine kleine Gruppe von Fundamentalisten – bei uns auch.“ Auch in Italien gebe es beispielsweise jeden Tag Gewalt. „Der eine tötet seine Freundin, der andere tötet seine Schwiegermutter, und das sind alles getaufte Christen.“ Nicht die Religion sei für die Gewalttaten verantwortlich. Junge Menschen würden zu Terroristen, wenn sie keinen anderen Ausweg mehr sähen. „Viele unserer jungen Europäer“ seien ohne Ideale zurückgelassen worden, so daß sie sich deshalb nun Drogen und Alkohol zuwendeten und sich fundamentalistischen Gruppen anschlössen. (krk) | JF-Online | Papst Franziskus hat den Islam gegen Terrorismus-Vorwürfe in Schutz genommen. Der Islam sei nicht gewalttätig. Radikale Anhänger gebe es in jeder Glaubensrichtung. „Wenn ich über islamische Gewalt spreche, dann muß ich auch über christliche Gewalt sprechen“, betonte der Papst. | Ausland | 2016-08-01T12:57:15+02:00 | 2016-08-01T14:08:14+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2016/papst-verteidigt-isalm-gegen-gewalt-vorwurf/ |
|
Dresdner Stollen für Mexico Stadt | Die Fensterläden sind fest verschlossen. Die Türen verrammelt. Seit das ehemalige Königshaus Wettin Ansprüche angemeldet hat, gammelt Schloß Wachwitz am Dresdner Elbhang ungenutzt vor sich hin. Albert Prinz von Sachsen hätte hier gern seinen Wohnsitz genommen. Deswegen streiten sich die Wettiner seit Mitte der neunziger Jahre vor Gericht um das vom Sohn des letzten Sachsen-Königs als Familiensitz zwischen 1934 und 1936 errichtete Gebäudes. Auf der Liste der Rückgabeforderungen stehen außerdem Villen in Dresden, sowie Schloß Moritzburg und die Fasanerie. Mehr als der Immobilienstreit beschäftigt jedoch ein seit Monaten in aller Öffentlichkeit ausgetragener Familienstreit die Medien. Es geht um die Nachfolge des Adelshauses, das einst Sachsen regierte. Dabei schien bis vor kurzem noch alles klar. Da seine eigene Ehe kinderlos geblieben war, hatte der Chef des Hauses Maria Emanuel, Markgraf von Meißen und Herzog zu Sachsen, 1999 den Sohn seiner Schwester Prinz Alexander adoptiert. Der 49-jährige, der zu diesem Zeitpunkt seit Jahren mit seiner Familie in Mexiko lebte, sollte die Nachfolge antreten. Der Bruder des Markgrafen, Prinz Albert von Sachsen, erklärte sich damals schriftlich mit dieser Regelung einverstanden. Dann meldete überraschend im vergangenen Jahr der Urenkel des letzten Königs, Rüdiger Prinz von Sachsen, seine Ansprüche auf die Führungsrolle des Hauses an. Schließlich sei er der einzige direkte männliche Nachfolger Friedrichs August III., jenes Sachsen-Herrschers, der 1918 mit dem legendären Spruch „Macht doch Euern Dregg alleene“ abtrat. Das Adelsgeschlecht liefert sich eine Schlammschlacht Sein Konkurrent Prinz Alexander sei dagegen vom Wettiner-Chef lediglich adoptiert worden und dürfe daher nicht an der Spitze des Hauses stehen. Rüdiger Prinz von Sachsen beruft sich dabei auf einen Passus des „Königlichen Hausgesetzes“ der Wettiner, wonach „keinem Mitgliede des Königlichen Hauses“ eine Adoption gestattet ist. Geändert werden darf das Hausgesetz nur durch einstimmigen Beschluß der Agnaten, der männlichen Blutsverwandten der Vaterseite. Ein solcher Agnaten-Verein des Hauses Wettin Albertinische Linie sowie ein Familienverein mit den weiblichen Mitgliedern wurden Ende 2002 mit klarer Zielstellung gegründet: Seine Mitglieder sollen beim Abtritt des Markgrafen demokratisch die Nachfolge klären. Spätestens seitdem liegen Maria Emanuel, 76, und sein Bruder Albert, 68, miteinander im Clinch. Vor den Augen der erstaunten Sachsen liefert sich das Adelsgeschlecht eine Schlammschlacht, wie sie wohl unter den Wettinern noch nie ausgetragen wurde. Auf die Gründung der beiden die Interessen von Albert von Sachsen und damit die Ansprüche von Prinz Rüdiger vertretenden Vereine antwortete der Familienchef mit einem Verein „Vormaliges Sächsisches Königshaus“. Überdies überraschte er Anfang Januar mit einer fünfseitigen Erklärung die Öffentlichkeit. Darin warf er seinem Bruder Albert „zutiefst treuloses Fehlverhalten“ vor. Gleichzeitig stellte der Markgraf dem abtrünnigen Teil der Familie ein Ultimatum: Wer nicht bis zum 7. Februar „eine Loyalitätserklärung“ unterschreibe, in der der Chef des Hauses als Familienoberhaupt anerkannt wird, werde bei der anstehenden Reorganisation des Hauses Wettin nicht berücksichtigt. Er wolle so sicherstellen, daß die Öffentlichkeit nicht von falschen Wettinern überschwemmt wird, teilte er von seinem Wohnsitz am Genfer See mit. Juristische Unterstützung bekommt der Markgraf von Christoph Jestaedt. Nach Ansicht des Vorsitzenden Richters am Sächsischen Verwaltungsgericht ist Voraussetzung für die Thronfolge nach dem „Königlichen Hausgesetz“ die männliche Abstammung in gerader Linie nach Albrecht dem Beherzten sowie eine ebenbürtige Ehe der Eltern. Letztere sei aber bei Prinz Rüdiger nicht gegeben, da seine Mutter eine Bürgerliche war. Die vom Ausschluß bedrohten elf sächsischen Prinzen und Prinzessinnen gaben jedoch nicht klein bei, sondern wählten prompt Albert von Sachsen in das neue Amt eines „Präsidenten des Hauses Wettin“. Vor Gericht haben die Wetter verloren Inzwischen hat der Freistaat indirekt in die Nachfolgedebatte eingriffen. Wirtschaftsminister Martin Gillo (CDU) ernannte den vor fünf Jahren von Mexiko nach Dresden umgesiedelten Prinzen Alexander von Sachsen mit einem Zwei-Jahres-Vertrag zu seinem Wirtschaftsberater. Seit Februar soll der 49jährige in Nordamerika, Japan und den alten Bundesländern für Investitionen in Sachsen werben. In Mexiko-Stadt habe er bereits angeregt, zu Weihnachten Dresdner Stollen zu verteilen, teilte der Berater als ersten Erfolg mit. Verloren haben die Wettiner dagegen vor Justitia. Die Richter des Dresdner Verwaltungsgerichts lehnten Anfang Februar die Klage auf Rückübertragung von Immobilien ab. Diese seien von der sowjetischen Besatzungsmacht enteignet worden. Albert von Sachsen will nun „einen außergerichtlichen Vergleich mit dem Freistaat suchen“. Schließlich bleibe den Wettinern ein Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich. Vor weiterem Feilschen warnt Markgraf Maria Emanuel von Meißen. Die Wettiner dürften sich nicht wie Krämer aufführen, denen es eigentlich nur um Geld geht, schimpfte er mit Blick auf seine Verwandten. Genau diesen Eindruck haben aber viele Sachsen von den adeligen Erben, die zwei Jahre lang mit dem Freistaat über landesgeschichtlich und kunsthistorisch bedeutsame Werke verhandelten, die nach 1945 enteignet und nach 1990 als „bewegliche Güter“ zurückgegeben werden mußten. Letztlich überließen die Wettiner den staatlichen Museen 12.000 Gegenstände und erhielten dafür Immobilien und Bargeld im Wert von etwa 13 Millionen Euro. Neuen Zündstoff gibt es dagegen im Familienstreit. Der Markgraf hatte ein Ultimatum zum Beitritt zu seinem Verein „Vormaliges Sächsisches Königshaus“ gestellt. Bruder Albert deutete Interesse an, wenn zuvor neu über die Satzung verhandelt werde. Der Markgraf soll bereits abgewinkt haben: Es gebe kaum Spielraum. | JF-Online | Die Fensterläden sind fest verschlossen. Die Türen verrammelt. Seit das ehemalige Königshaus Wettin Ansprüche angemeldet hat, gammelt Schloß Wachwitz am | Politik | 2003-03-14T00:00:00+01:00 | 2003-03-14T00:00:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/2003/dresdner-stollen-fuer-mexico-stadt/ |
|
Ärzte warnen vor gesundheitlichen Schäden für Flüchtlinge | BERLIN. Ärzte und Psychotherapeuten haben vor den geplanten Ankerzentren für Asylbewerber gewarnt. „Die erzwungene Kasernierung von Menschen ohne sinngebende Beschäftigung – zumal von traumatisierten Menschen – führt erwiesenermaßen zu erhöhtem psychischem Streß“, sagte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer, Elise Bittenbinder, dem Evangelischen Pressedienst. Die Unterbringung könnte der Gesundheit der Zuwanderer ernsthaft schaden. Es sei völlig unklar, ob die Flüchtlinge psychische Beratung erhalten und ob sie bei Bedarf „so schnell wie nötig“ behandelt werden, mahnte die Berliner Therapeutin. In den Ankerzentren könnten die Betroffenen weder neuen Lebensmut noch eine Lebensperspektive entwickeln. Beides sei jedoch Voraussetzung für einen Heilungsprozeß bei traumatisierten Menschen. Bereits jetzt erhalte ein Großteil der Asylsuchenden nicht die notwendige psychotherapeutische Hilfe. Die rund 40 Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer in Deutschland behandeln Bittenbinder zufolge etwa 5.400 Klienten. Tausende stünden auf Wartelisten. CSU pocht trotz Widerstand auf Unterstützung durch Länder In den von der Bundesregierung geplanten Zentren soll künftig das komplette Asylverfahren abgewickelt werden. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zufolge sollen bis Herbst bis zu sechs Pilotzentren eröffnet werden. Je Einrichtung sollen maximal 1.500 Personen untergebracht werden. Allerdings unterstützen derzeit lediglich zwei Bundesländer die Pläne. Die CSU pocht jedoch trotz des Widerstands auf die bundesweite Einrichtung der Zentren. „Das kann nicht nur Bayern schultern“, sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume der Welt am Sonntag. „Jedes Bundesland in Deutschland muß ein Interesse daran haben, daß die Verfahren schnell und effizient abgewickelt werden – dafür werden die Ankerzentren sorgen.“ Die CSU werde es nicht akzeptieren, „daß andere schnelle Abschiebungen fordern, sich dann aber bei den Ankerzentren wegducken“, kündigte Blume an. Ein klares Nein zu den Plänen kam aus Berlin, Hessen und Thüringen, ergab eine Umfrage der Nachrichteagentur dpa. Nicht an der Pilotphase teilnehmen wollen zudem Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern verwiesen auf bestehende zentrale Einrichtungen. (ls) | JF-Online | Ärzte und Psychotherapeuten haben vor den geplanten Ankerzentren für Asylbewerber gewarnt. „Die erzwungene Kasernierung von Menschen ohne sinngebende Beschäftigung – zumal von traumatisierten Menschen – führt erwiesenermaßen zu erhöhtem psychischem Streß“, sagte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer, Elise Bittenbinder. | Deutschland | 2018-05-22T09:19:41+02:00 | 2018-05-22T11:18:49+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/aerzte-warnen-vor-gesundheitlichen-schaeden-fuer-fluechtlinge/ |
|
In eigener Sache | Schreiben wir in der JUNGEN FREIHEIT zuviel über die junge Partei Alternative für Deutschland (AfD)? Es gibt Leser, die uns dafür kritisieren. Einzelne werfen uns vor, wir seien „fast schon eine Parteizeitung“. Das ist selbstverständlich nicht unsere Absicht. Woher aber dann das besondere Interesse? Wenn wir 20 Jahre Wochenzeitung JF Revue passieren lassen, dann hat die Frage einer Erweiterung oder Ergänzung des deutschen Parteienspektrums eine konstante und zentrale Rolle in unserer Berichterstattung gespielt. Die JF hätte es übrigens nicht gegeben, hätten ihre Gründer nicht selbst bittere Erfahrungen gesammelt mit dem Versuch, eine konservative, rechtsdemokratische Alternative zu Union und FDP zu befördern. Wir erlebten das Scheitern der Republikaner, Gründung und Untergang des nationalliberalen Bundes Freier Bürger in den neunziger Jahren. Den kometenhaften Aufstieg und die Bruchlandung der Schill-Partei. Daneben verfolgten wir immer die Bemühungen, den konservativen Flügel der Union zu stärken oder die erfolglosen Unternehmungen, der FDP ein rechtsliberales Profil zu geben: ob unter Alexander von Stahl in Berlin Mitte der neunziger Jahre oder jüngst unter dem Euro-Kritiker Frank Schäffler. Die erste ernsthafte konservative Herausforderung Zweifellos ist die bisherige Entwicklung der AfD für die Parteiengeschichte der Bundesrepublik ohne Beispiel. Seit dem Verschwinden der Deutschen Partei, die von der CDU in den sechziger Jahren aufgesaugt worden war, ist sie die erste ernsthafte konservative Herausforderung für sie und die CSU, die an die Substanz gehen könnte. Insofern ist es für die künftige Ausrichtung der Republik von enormer Bedeutung, ob sich die Arithmetik durch die AfD verschiebt: Die Union verliert ihr Monopol auf Vertretung der bürgerlichen Mitte, die FDP geht als linksliberaler Faktor unter, und es eröffnen sich so Spielräume für rechtsliberale, konservative Politikinhalte. Die Aufgabe der JF ist es, diese sich gerade vollziehenden Veränderungen publizistisch zu beobachten und ein kritisches Forum zu bieten. In dieser Ausgabe haken wir deshalb beim Streit um die Ausrichtung der AfD in der Rußlandpolitik nach und haben zwei „Antipoden“ in dieser Frage gestellt. Parteisprecher Bernd Lucke und der brandenburgische AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland diskutieren in der aktuellen Ausgabe, welchen Weg die Partei in dieser Frage einschlagen soll. Das Gespräch zeigt anschaulich, daß eine erstaunliche Meinungsvielfalt in dieser jungen Partei gelebt wird und gleichzeitig die Beteiligten um einen zivilisierten Ton im Streit bemüht sind. Das läßt hoffen. Die konservative Intellektuellenszene ist dafür nicht berühmt. Zu oft sind Projekte wegen Eifersüchteleien, Sektierertum und realitätsfremden Ideen gescheitert. Auch im Fall der AfD wird sich zeigen, daß Politik das Bohren dicker Bretter bedeutet. JF 38/14 | JF-Online | Schreiben wir in der JUNGEN FREIHEIT zuviel über die junge Partei Alternative für Deutschland (AfD)? Es gibt Leser, die uns dafür kritisieren. Doch zweifellos ist die bisherige Entwicklung der AfD für die Parteiengeschichte der Bundesrepublik ohne Beispiel. Ein Kommentar von JF-Chefredakteur Dieter Stein. | Streiflicht | 2014-09-11T13:22:16+02:00 | 2014-09-11T16:07:08+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/streiflicht/2014/in-eigener-sache-2/ |
|
Wissenschaftsfreiheit: Der Rotstift im Kopf | Menschen dürfen alles meinen, auch wenn sie nicht alles sagen dürfen, was sie meinen: Sie dürfen meinen, daß der Wirtschaftsminister ein ahnungsloser Dummkopf ist, aber sagen dürfen sie es nicht, weil das eine Beleidigung ist oder jedenfalls sein könnte. Meinen und aber auch sagen dürfen sie, daß es biologisch gesehen nur zwei Geschlechter gibt; daß es taxonomisch sinnvoll ist, menschliche Rassen zu unterscheiden; daß Gendern der Geschichte und Struktur der deutschen Sprache widerspricht; daß es relativ gesehen mehr ausländische Straftäter gibt als deutsche; daß das Recht auf Erbschaft abgeschafft oder stark eingeschränkt werden sollte; daß die DDR kein Unrechtsstaat war; oder daß Israel ein Apartheidstaat ist, der im Gazastreifen einen Genozid begeht. Solche Meinungen müssen nicht wahr sein, damit man sie äußern darf, und sie müssen nicht einmal gut begründet sein. Man kann sie einfach so haben, solange sie strafrechtlich irrelevant sind und keinen direkten Angriff auf die Verfassung beinhalten oder fordern. Das nennt man Meinungsfreiheit. Solche Meinungen dürfen auch Wissenschaftler haben, solange sie aus der Wissenschaft erwachsen und von ihnen als Wissenschaftler erforscht und gelehrt werden; sie müssen nicht wahr, aber sie müssen wissenschaftlich begründet sein. Eine Mathematikerin hat sich im Hörsaal nicht zum Gaza-Krieg zu äußern; ein Philosoph, der sich mit der Theorie des gerechten Krieges befaßt, darf das sehr wohl. Das steht außer Frage, so wie es rechtlich gesehen außer Frage steht, daß man Thilo Sarrazin oder Peter Singer zu Vorträgen einladen oder ein Seminar zu der Frage abhalten darf, ob Boykottmaßnahmen gegen den israelischen Staat legitim sein können. Das Recht zu solchen Positionen und wissenschaftlichen Aktivitäten ergibt sich aus Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes. Denn Wissenschaftsfreiheit umfaßt als Individualrecht ohne Gesetzesvorbehalt die Freiheit einzelner Subjekte oder Forschungsgemeinschaften in bezug auf Forschungsgegenstände beziehungsweise Forschungsziele und Forschungsmethoden, und dies sowohl (vor allem) als Abwehrrecht wie auch als Recht auf etwas (Forschungsmittel), und sie umfaßt zugleich die Freiheit der Lehre. Dieses Recht ist außerdem ein Anspruchsrecht auf Schutz. Wenn der akademische Mob versucht, Bernd Lucke bei seiner Vorlesung oder Daphne Barak-Erez bei ihrem Vortrag zu stören, dann muß die Universität das unterbinden. Niemand bestreitet, daß dieses Recht auf freie Wissenschaft Grenzen hat, und zwar positivrechtliche, moralische und wissenschaftsmethodische Grenzen. So erwähnt Art. 5 Absatz 3 GG die „Treue zur Verfassung“, und auch für die Wissenschaftsfreiheit gibt es strafrechtliche Grenzen (Beleidigung, Volksverhetzung, Embryonenforschung); es gibt moralische Grenzen, die nicht rechtlich kodifiziert sind oder jedenfalls nicht so, daß sie bestimmte Handlungen verbieten (z. B. Tierversuche); und es gibt wissenschaftsmethodische Grenzen ‒ sie vor allem sind es, die Wissenschaftsfreiheit von Meinungsfreiheit zu unterscheiden erlauben ‒, die durch die Praxis der Wissenschaften selbst gesetzt werden (Astronomie ist eine Wissenschaft, Astrologie nicht) und zu denen man auch die akademische Tugendhaftigkeit und Regeln der „good scientific practice“ rechnen kann. All das ist klar und eindeutig. Aber warum gibt es dann den Streit, der seit einiger Zeit unter dem Stichwort der (akademischen) Cancel Culture geführt wird? Die einfache Antwort lautet: Weil es akademische Amtsträger, Aktivisten und auch Politiker oder Parteien gibt, die das Recht auf Wissenschaftsfreiheit nicht akzeptieren oder sich so zurechtlegen, wie es ihnen paßt. Genau das wiederum wird oft bestritten; es gäbe bestenfalls nur Anekdoten, keine belastbare Evidenz. Aber das ist offenkundiger Unfug oder schlichtweg verlogen (auch wenn man über die Frage diskutieren kann, ob die unbestreitbaren Fälle bereits eine Kultur des Cancelns manifestieren). Es gibt Dekane und Rektoren, die sich nicht zu schade sind, selbst Vorträge oder andere Veranstaltungen an der Universität abzusagen oder die es jedenfalls versuchen, und auch jene Führungskräfte, die nicht den Mumm aufbringen, das freiheitszerstörende Tun des akademischen Mobs zu verhindern. Das Bestreben, Wissenschaftler akademisch durch Niederbrüllen, „de-platforming“, Haß und Hetze, Disziplinarverfahren und sogar Morddrohungen aus der akademischen Welt zu verbannen, ist also manifest. Aber es ist nicht grundlos. Denn man sollte die akademische Cancel Culture als den Versuch verstehen, die moralischen Grenzen enger zu ziehen. Es wird geltend gemacht, daß Menschen ihr Recht auf freie Forschung und Lehre verwirken, wenn sie rassistisch seien oder auch antisemitisch, xenophob, islamophob und so weiter. Die typische Reaktion auf diese Positionierung besteht in dem Vorwurf der „Moralisierung“. Aber das ist irreführend. In der Tat sind die allermeisten der mit den Ismen und Phobien verbundenen Vorwürfe durchaus berechtigt, wenn man sie (diese Ismen und Phobien) denn angemessen definiert und im Einzelfall vernünftig unter sie subsumiert. Das Problem ist also nicht oder jedenfalls nicht per se eine grassierend inflationäre Moralisierung, die alle Lebensbereiche umfasse und die alles verbieten wolle, was nicht politisch korrekt sei; denn was politisch nicht korrekt ist, oder besser gesagt: moralisch nicht erlaubt ist, das ist es eben nicht, und das bildet auch zu Recht Grenzen der Wissenschaftsfreiheit. Man kann es also oder sollte es vielleicht sogar als moralischen Fortschritt begreifen, daß mehr (und mehr) Bereiche als moralische Sphären erfaßt werden. Denn wenn jemand tatsächlich rassistisch oder homophob ist, hat man einen sehr guten, nämlich einen moralischen Grund zur Kritik und gegebenenfalls auch zur legitimen Begrenzung. Die bloße Tatsache, daß wir heute mehr Handlungen für moralisch verwerflich oder auch erlaubt halten als früher, ist also nicht Resultat einer Hypermoral, sondern Ausdruck moralischen Fortschritts: Aristoteles hatte kein Problem mit der Sklaverei, wir (fast alle) schon; Kant hatte ein Problem mit Homosexualität, wir (oder jedenfalls viele von uns) nicht. Das kritikwürdige Phänomen ist also nicht eine inflationäre Moralisierung. Das Problem sind die – oft mit theoretisch-begrifflicher Ungenauigkeit verbundene – Voreiligkeit, der beanspruchte Infallibilismus, der Dogmatismus und vor allem der Mangel an Urteilskraft, die mit der Feststellung einhergehen, dieses oder jenes sei als dieser Ismus oder jene Phobie moralisch verwerflich. Wer schon die Aussage „Das Kopftuch ist ein Zeichen für Unterdrückung“ für diskriminierend und menschenverachtend hält, die Aussage, daß es biologisch gesehen nur zwei Geschlechter gibt, für transphob, oder die Aussage, daß es jenseits der Staatsangehörigkeit noch einen kulturellen Begriff des Volkes gibt, für rassistisch, muß sich den Vorwurf gefallen lassen, solche Begriffe (Menschenverachtung, Transphobie, Rassismus) völlig zu überdehnen. Diese Überdehnung geht Hand in Hand mit der epistemischen Arroganz ihrer Advokaten. Sie haben den Hang, ihre eigene Meinung bezüglich einer de facto umstrittenen und mit gegenläufigen Evidenzen verknüpften Sachfrage mit einem hohen Grad an subjektiver Gewißheit zu hegen, verbunden mit der Überzeugung, es besser zu wissen als andere Subjekte, die eine andere Meinung haben ‒ eine Gewißheit und Überzeugung, welche die Bereitschaft schmälern oder verhindern, andere Meinungen als diskussionswürdig anzuerkennen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Das bedeutet natürlich nicht, daß diejenigen, die aus ihren Wissenschaften heraus moralisch oder politisch so denken und argumentieren (etwa in weiten Teilen die Gender Studies oder der Postkolonialismus), nun ihrerseits wiederum in ihrer Wissenschaftsfreiheit beschränkt werden dürfen. Wer sich konsistent und ernsthaft für die Wissenschaftsfreiheit einsetzt, muß sich für die Wissenschaftsfreiheit aller Wissenschaftler einsetzen. Nun ist es zwar wahr, daß Fälle, die etwa das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit fortlaufend dokumentiert, ganz überwiegend Fälle sind, bei denen die Cancel-Versuche von links ausgehen. Das ist kein Zufall, sondern liegt daran, daß zumindest an einigen Fakultäten oder Fächern und erst recht bei den studentischen Vertretern linke Positionen gegenwärtig vorherrschend sind (zwar bestreiten Linke das immer wieder, aber dieses Manöver ist zu durchsichtig, um ernst genommen zu werden.) Doch die Feinde der Freiheit sitzen nicht nur im linken Lager. Zwar sind es gerade auch die Rechten, die sich lautstark über die Cancel Culture, politische Korrektheit, Meinungs- und Denkverbote aufregen und beschweren. Aber es kann keinen Zweifel daran geben, daß viele rechte Akteure keine Bedenken hätten oder haben, die Freiheit linker Denker einzuschränken. Einzelne AfD-Politiker haben bekanntlich linke Wissenschaftler öffentlich diffamiert (ich erinnere an die Angriffe von AfD-Politikern auf Maisha-Maureen Auma, Professorin für Diversity Studies an der Hochschule Magdeburg-Stendal, und Jürgen Zimmerer, Historiker an der Uni Hamburg). Als ich vor einigen Monaten bei einer Podiumsdiskussion in kritischer Absicht darauf hinwies, daß die AfD, wäre sie mit einer Zweidrittelmehrheit an der Macht, vermutlich die Gender Studies in Deutschland ganz abschaffen würde, gab es aus dem ganz überwiegend rechtskonservativen Publikum tosenden Applaus. Und zwar nicht für meine Kritik daran, sondern für eine solche imaginierte Maßnahme. Aber die wissenschaftlichen Gemeinschaften und Disziplinen, und nur sie allein, haben darüber zu entscheiden, was Wissenschaft ist. Das wiederum schließt nicht aus, daß man mit wissenschaftlichen Argumenten Positionen und Theorien einer Wissenschaft oder gar eine ganze Wissenschaft kritisieren darf; aber sie zu kritisieren ist etwas ganz anders, als sie zu canceln. Eben diesen ganz einfachen Punkt verstehen viele woke Akteure bis heute nicht. Denn es gehört zu den Standard-einwänden gegen eine liberale Auffassung von Wissenschaftsfreiheit, daß sie berechtige Kritik mit (angeblichen) Verletzungen von Wissenschaftsfreiheit verwechsle. Kritik und Widerspruch seien auszuhalten und nicht als Cancel Culture zu diffamieren ‒ was häufig genug, so das Argument, den wahren Zweck habe, sich gegen berechtigte Kritik vor allem marginalisierter Gruppen zu immunisieren. Aber Kritik ist für die Wissenschaft eine Conditio sine qua non. In jeder Wissenschaft werden Hypothesen, Thesen und Theorien entwickelt, um Dinge zu erklären oder zu verstehen. Sie werden nicht nur ständig kritisiert, sie müssen auch kritisiert werden dürfen; niemand bestreitet das (und selbstverständlich auch nicht das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit). Kritik ist also eine Sache, Angriffe auf die Wissenschaftsfreiheit sind eine andere, und auch wenn nicht immer klar ist, wo die Grenze liegt, so ist sie doch in den allermeisten Fällen, die zur Diskussion stehen, eindeutig. Wer kritisiert, nimmt mit Thesen und Argumenten an einer Debatte teil, wer akademisch verbannt, will diese Debatte gerade verhindern; an die Stelle von Austausch und Diskurs treten Einschüchterung, Mobbing, Bedrohung, Bestrafung, Ausgrenzung, Existenzgefährdung. Der aus der akademischen Verbannungskultur erwachsende Versuch, die Rede einer Person auch an einer Universität effektiv zu verhindern, ist ein Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit. Kritik und Protest sind dagegen selbst Element und Praxis dieser Freiheit, auch wenn sie sehr scharf oder polemisch ausfallen. Die Freiheit von Wissenschaft und Lehre ist wieder einmal bedroht. Ihre Feinde kommen gegenwärtig ganz überwiegend aus der linken Orthodoxie und Universität selbst. Sie wollen die Macht, die sie bereits haben, weiter zementieren und ausbauen. Daraus erwächst nicht nur eine Gefahr für die Wissenschaften, deren Freiheit nicht zuletzt in der Fallibilität aller wissenschaftlichen Anstrengungen begründet ist (wer weiß, daß er falschliegen könnte, verbietet die Meinung des anderen nicht; sie könnte die richtige sein). Sie ist auch eine Gefahr für die Demokratie. Denn aus der Freiheit von Wissenschaft und Lehre erwächst das Wissen, das Staatsbürger in Demokratien brauchen, um sich fundierte Meinungen für politische Präferenzen und Entscheidungen bilden zu können. ——————————————– Prof. Dr. Dieter Schönecker, Jahrgang 1965, lehrt Philosophie an der Universität Siegen und engagiert sich als Vertrauensdozent im Netzwerk Wissenschaftsfreiheit, zu dessen Gründungsmitgliedern er gehört. Wissenschaftlich arbeitet er zu Kant und Alvin Platinga. JF 20/24 | Dieter Schönecker | Rektoren, die Vorträge absagen, ein Mob, der Vorlesungen stört – die Wissenschaftsfreiheit ist in Gefahr. Und mit ihr die Demokratie in Deutschland. Doch der Streit um das bessere Argument wird nicht nur von Links bedroht. | Wissenschaftsfreiheit | Forum | 2024-05-12T11:32:02+02:00 | 2024-05-14T15:37:15+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/forum/2024/wissenschaftsfreiheit-der-rotstift-im-kopf/ |
Ein Patient namens Deutschland | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Dietmar Mehrens | „Megatrends“ machen krank. Wie Digitalisierung, vervielfachter Medienkonsum und die globale Transformation unsere Jugend gefährden, enthüllt eine Expertengruppe in dem Medizinfachorgan „The Lancet“. Was kann die Gesellschaft der Abwärtsspirale entgegensetzen? | Deutschland,Generation Z,Megatrend,Krise,Lancet-Studie | Kommentar | 2024-09-11T17:58:59+02:00 | 2024-09-11T18:07:40+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2024/ein-patient-namens-deutschland/ |
Auf dem Weg in die Demokratur | Bundespräsident Gauck, der einst den Bürgerrechtlern nahestand, lehnt Volksentscheide auf Bundesebene ab. Es gebe eine ganze Reihe von Themen wie etwa Sicherheit, Steuern und Währungspolitik, „bei denen einfache Antworten wie Ja oder Nein nicht ausreichen“, sagte er der Bild-Zeitung. „Oft müssen schwierige Kompromisse gefunden werden, die mit Volksentscheiden nicht möglich sind.“ Deshalb sei im Bund die „repräsentative Demokratie die beste Antwort auf die komplizierten Probleme unserer Zeit“. Gauck hat einen wichtigen Streitpunkt angesprochen, ohne mit seiner Schlußfolgerung zu überzeugen. Die repräsentativen Demokraten der Bundesrepublik sind offensichtlich unfähig, Antworten auf die Fragen unserer Zeit zu geben. Sie wursteln sich durch und lassen aus Konflikt- buchstäblichen Explosivstoff entstehen. Sie haben Deutschland in einen Staat mit ethnisch-kulturellen und religiösen Bruchlinien verwandelt, in dem der Terror zum Alltagsphänomen zu werden droht. Nichts rechtfertigt länger den Begriff der repräsentativen Demokratie Parallel dazu verflüssigt die europäische Währungsunion unser Erspartes und bringt den Kontinent ins Taumeln. Beides hätten Volksentscheide verhindern können. Schon die theoretische Möglichkeit, daß die direkte Demokratie ihre Fehlentscheidungen korrigiert, hätte die Funktionseliten zu mehr Vor- und Umsicht gezwungen. Im übrigen gibt es wenig, was den Begriff der repräsentativen Demokratie länger rechtfertigt. Der Bundestag ist zur Abnickmaschine degeneriert. Als Kontrollorgan der Exekutive und zentrales politisches Diskussionforum des Landes ist er ein Totalausfall. Eine parlamentarische Opposition und alternative Politikangebote existieren faktisch nicht. Unverdrossen generiert die politische Klasse sich über inzüchtige Parteienlisten. Symptome eines systemischen Strukturwandels Zugleich schrumpfen die Parteien, ihre Mitglieder sind überaltert oder, soweit berufstätig, überwiegend im öffentlichen Dienst. Folglich sind sie an einer Senkung der Staatsquote und der Entlastung der Steuerbürger desinteressiert. Die Qualität des Personals befindet sich im freien Fall. So sieht die SPD sich aktuell außerstande, einen überzeugenden Kanzlerkandidaten zu präsentieren, und in der Union findet sich niemand, der den Aufstand gegen das Zerstörungswerk der Kanzlerin wagt. Das sind, von einer Metaebene aus betrachtet, Symptome eines systemischen Strukturwandels, den der britische Politikwissenschaftler Colin Crouch in dem 2004 veröffentlichten, gleichnamigen Buch als „Postdemokratie“ bezeichnet hat. Die demokratischen Institutionen und Rituale: Parteien, Parlament, Wahlen, öffentliche Debatten, funktionieren weiter, gleichen jedoch einer entkernten Kulissenarchitektur. Regierungswechsel haben kaum noch politische Bedeutung, und Wahlkämpfe sind lediglich Spektakel, die von konkurrierenden PR-Experten bestimmt werden. „Marktkonforme Demokratie“ als Folge des Neoliberalismus Die Gründe für diese Entwicklung, die den Funktionseliten entgegenkommt, sind vielfältig: die Globalisierung, die den Nationalstaaten die Handlungsmöglichkeiten beschneidet; die permanente Umwälzung der Arbeitswelt, die den Beschäftigten keine Zeit mehr läßt, um ein verbindendes Klassenbewußtsein zu entwickeln; die Entwicklung des Bürgers zum Konsumenten, der PR-Reflexen folgt. Vor allem macht Crouch den Neoliberalismus verantwortlich. Er habe den Staat veranlaßt, seine Funktionen in die Privatwirtschaft auszulagern und ihr zu gestatten, über Lobbyismus und Beratertätigkeit die Regeln der Politik wesentlich mitzubestimmen. Angela Merkel hat den Zusammenhang in offenherzig-naiver Weise auf den Begriff der „marktkonformen Demokratie“ gebracht. Kritiker ist selbst Teil der Postdemokratie Das Buch von Crouch liefert wichtige Stichworte, doch keine tiefschürfende Analyse. Von der Politik fordert er, „neue Identitäten“ zu mobilisieren, allerdings keine „im essentialistischen Sinne“, also nationale, kulturelle, ethnische. Vorbilder sieht er vielmehr in den feministischen oder ökologischen Bewegungen. Es gehe nicht um „no global“, sondern um „new global“! Solche Textstellen weckten schon seinerzeit die Vermutung, daß Crouch ein Teil des globalistischen Establishments ist und seine Kritik nur taktisch bedingt war. Die Vermutung wird nun bestätigt durch die Artikel und Interviews, die er anläßlich der Brexit-Abstimmung verfaßt und gegeben hat. Empört und fassungslos konstatiert er, daß die einzige „soziale Identität mit politischen Implikationen“, die verblieben ist, die nationale ist, welche sich nun gegen „eine globale Wirtschaft“ und „eine kosmopolitische Elite“ wendet, die für „Migrationsströme, Flüchtlingswellen, islamistischen Terror“ verantwortlich gemacht wird. Das erinnere an die NS-Psychose. Damit outet er sich gleichfalls – als Postdemokrat! Naiver bundesdeutscher Kosmopolitismus Wo der Brite vor zwölf Jahren immerhin ein Legitimationsproblem erkannt hat, feiert der an der Freien Universität Berlin tätige, um eine flotte Formulierung nie verlegene Zeitgeschichtsprofessor Paul Nolte die Morgenröte einer „multiplen Demokratie“, in der neben die nationalen nun transnationale und globale Akteure treten: das EU-Parlament, die Uno, die Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Das sind Gedankenspiele, die dem naiven bundesdeutschen Kosmopolitismus entspringen, der in der Praxis dazu führt, daß die eigene politische Einheit von selbstbewußteren Kollektiven dominiert wird. Die provozierende Selbstsicherheit, mit welcher der türkische Präsident Erdoğan seine Anhänger hier in Marsch setzt, ist nur das Komplementärstück zur deutschen Schwäche. Schwächung des Staates als Problem Daraus ließe sich lernen, daß die Nation bis auf weiteres der Ausgangspunkt ist, von dem aus die planetarische Flurbereinigung aufgehalten oder verzögert werden kann. In diesem Sinne hatte Karlheinz Weißmann in seinem 2009 erschienenen Bändchen „Post-Demokratie“ postuliert, nicht das Verschwinden der Demokratie sei das hauptsächliche Problem, sondern die Schwächung des Staates, der die Voraussetzung für eine Demokratie bildet. Weißmann räumt ein, daß der Nationalstaat möglicherweise zu schwach sei, „um die kommenden militärischen und ökonomischen Auseinandersetzungen zu bestehen“. Aus dieser Erkenntnis heraus hat die belgische Politikwissenschaftlerin Chantal Mouffe in ihrem Buch „Über das Politische. Wider die kosmopolitische Illusion“ (2007) ein von Carl Schmitts Großraum-Theorie inspiriertes, echtes multiples Modell vorgeschlagen, in dem miteinander verwandte Staaten zu kooperativen Systemen zusammengebunden sind. Das würde der Pluralität der Welt entsprechen und den unterschiedlichen Kulturen erlauben, ihre Eigenheiten zu bewahren. Deutscher Demos wird demographisch relativiert Eine bundesdeutsche Elite, die den Namen verdient und die Interessen des Demos wahrt, müßte sich bemühen, diese vorsichtig in neue, größere politische Strukturen zu überführen. Das würde die Einsicht in den Wert des Eigenen und die Fähigkeit zur politischen Gestaltung voraussetzen, was unseren Funktionseliten aufgrund ihrer Konditionierung abgeht. Sie erblicken ihr Heil im Politikverzicht und in der Verwandlung Deutschlands in eine Filiale des Kosmopolitismus. Sie scheuen sich nicht, den deutschen Demos demographisch zu relativieren. Mit dem Satz „Das Asylrecht kennt keine Obergrenzen“ hat die Kanzlerin klargemacht, daß sie ein abstraktes, maßlos ausgeweitetes Recht über die konkrete Selbstbestimmung des eigenen Volkes stellt. Das kann als Hinweis verstanden werden, daß die Demokraten, die uns zu repräsentieren vorgeben, sich de facto als Funktionsgrößen einer kosmopolitischen Agenda verstehen. Unterm Strich bleibt der Verlust an Lebensqualität Jedenfalls geben sie den Außendruck, der auf das Gemeinwesen wirkt, ungebremst nach innen weiter. Notdürftig stabilisieren sie damit das System, dem sie ihre Machtposition verdanken. Die Bürger werden gezwungen, konkrete Rechte und Vorteile, die sie als Staatsbürger genießen, mit der Aussicht auf imaginäre Vorteile wie Buntheit, Vielfalt und Bereicherung aufzugeben. Unterm Strich bleiben der Verlust an Lebensqualität, die Terrorangst, die vermehrte Repression durch die Steuerschraube und die EZB. Da die Funktionseliten eine freie Debatte darüber kaum überstehen würden, erklären sie alle, die außerhalb der sinnentleerten Rituale der Postdemokratie versuchen politisch zu intervenieren, zum „antidemokratischen Mob“ (Colin Crouch). Legitime Opposition wird als Systemfeind kriminalisiert Dieser „Mob“ ist nichts anderes als eine legitime politische Opposition. Mit Hilfe unter anderem der Medien wird er als Systemfeind kriminalisiert und zum Objekt eines kalten Bürgerkriegs gemacht. Um diese innenpolitische Praxis adäquat zu beschreiben, muß der Begriff „Postdemokratie“ weiterentwickelt und durch „Demokratur“ ersetzt werden. Er bezeichnet eine staatliche Praxis, die den Bezug zum Demos innerlich aufgegeben hat, ihm die Selbstbestimmung verweigert und unter Beibehalt demokratischer Äußerlichkeiten sukzessive eine autoritäre bis diktatorische Politik etabliert. Und so erinnert Joachim Gauck mit seiner Ablehnung von Volksabstimmungen an den SED-Generalsekretär Egon Krenz, der nach seiner Wahl am 18. Oktober 1989 eine „Wende“ verkündete, jedoch die Zulassung der Oppositionspartei „Neues Forum“ mit der Begründung ablehnte: „Unsere Gesellschaft verfügt über genügend demokratische Foren, in denen sich die unterschiedlichsten Interessen der verschiedenen Schichten der Bevölkerung für einen lebenswerteren Sozialismus äußern können.“ JF 31/16 | Thorsten Hinz | Die repräsentativen Demokraten der Bundesrepublik sind offensichtlich unfähig, Antworten auf die Fragen unserer Zeit zu geben. Sie haben Deutschland in einen Staat mit ethnisch-kulturellen und religiösen Bruchlinien verwandelt, in dem der Terror zum Alltagsphänomen zu werden droht. Ein Kommentar von Thorsten Hinz. | Kommentar | 2016-08-06T07:57:23+02:00 | 2016-08-07T08:11:23+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2016/auf-dem-weg-in-die-demokratur/ |
|
Böhmer fordert mehr Wertschätzung für Einwanderer | BERLIN. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), hat die Deutschen dazu aufgerufen, sich stärker gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zu engagieren. Zwanzig Jahre nach den Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen komme es nicht nur auf den Staat, sondern auch auf den Einsatz eines jeden Einzelnen an, daß sich ein solches Ereignis nicht nochmals wiederhole, sagte Böhmer. „Die menschenverachtenden Ausschreitungen von Lichtenhagen sind uns eine deutliche Mahnung: Gegen Haß, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit muß konsequent vorgegangen werden.“ Die Einwanderer hierzulande müßten sich auf das Funktionieren des Rechtsstaates verlassen können. Dies sei gerade auch „vor dem Hintergrund der beispiellosen Verbrechen der rechtsextremistischen Terrorgruppe ‘Nationalsozialistischer Untergrund’ von zentraler Bedeutung“, betonte die Staatsministerin. Die Sicherheitsbehörden seien daher in der Pflicht, das Vertrauen der Einwanderer zurückzugewinnen. Ausbau eines „Wir-Gefühls in Deutschland“ Gefordert sei aber auch jeder Einzelne. Intoleranz und Rassismus äußerten sich keineswegs nur in Gewalt. „Gefährlich sind auch Vorurteile und dumpfe Parolen, die ein Klima der Verachtung von Minderheiten erzeugen. Um so wichtiger sei es, stets wachsam zu sein und rechtsextremistisches Gedankengut im Keim zu ersticken, warnte Böhmer. „Notwendig ist ein gesellschaftliches Klima, das Menschen aus Zuwandererfamilien als Bereicherung, und nicht als Belastung ansieht.“ Die Einwanderer bräuchten ein deutliches Zeichen des Willkommens und der Wertschätzung. Und die wachsende Vielfalt in Deutschland müsse als Normalität vermittelt werden. „Die Botschaft lautet: Deutschland ist die Heimat von allen bei uns lebenden Menschen – unabhängig von ihrer Herkunft“, erläuterte die CDU-Politikern. Fremdenfeindlichkeit und Gewalt dürften keinen Platz haben. „Hierfür stehen beispielsweise unzählige Gelegenheiten, bei denen Tausende friedlich gegen Rechts demonstriert haben.“ Dies solle Ansporn sein, den Ausbau eines „Wir-Gefühls in Deutschland“ mit ganzer Kraft voranzubringen. (krk) | JF-Online | Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), hat die Deutschen dazu aufgerufen, sich stärker gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zu engagieren. Notwendig sei zudem ein gesellschaftliches Klima, das Einwanderer als Bereicherung ansehe. | Deutschland | 2012-08-21T17:45:00+02:00 | 2013-12-03T15:59:22+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2012/boehmer-fordert-mehr-wertschaetzung-fuer-einwanderer/ |
|
Atheisten-Papst Dawkins sagt Gender-Ideologie den Kampf an | LONDON. Der britische Evolutionsbiologe Richard Dawkins hat die Existenz von mehr als zwei biologischen Geschlechtern bestritten. „Das biologische Geschlecht ist binär, man ist entweder männlich oder weiblich“, sagte der pensionierte Oxford-Professor in einer kürzlich veröffentlichten Folge seines Podcasts „The Poetry of Reality“. Für ihn als Biologen sei es außerordentlich seltsam, „wenn manche Personen einfach behaupten, sie seien eine Frau, obwohl sie einen Penis haben“, äußerte der bekennende Atheist. Sex is clearly binary, declaring oneself to be otherwise is a distortion of reality. #Gender #Science #PoetryOfReality pic.twitter.com/PHap1TQlaA — Richard Dawkins (@RichardDawkins) July 31, 2023 Anhänger der LGBTQ-Ideologie gehen davon aus, daß der Mensch sich sein Geschlecht frei aussuchen könne. Transfrauen, also biologische Männer, wären nach dieser Logik berechtigt, an sportlichen Wettkämpfen von Frauen teilzunehmen. Der Schwimm-Weltverband Fina legte daher fest, daß für eine Teilnahme die Geschlechts-Anpassung bis zum 12. Lebensjahr erfolgt seien muß. Der Wissenschaftler Dawkins stellte klar, daß man aufgrund von Chromosomen und Keimzellen klar zwischen den beiden Geschlechtern unterscheiden könne. Die geschlechtliche Selbstbestimmung sei ihn lediglich „eine seltsame Verzerrung der Realität“. (fw) | JF-Online | Er ist der wohl populärste Evolutionsbiologe unserer Zeit und bekannter Verfechter einer atheistischen Weltanschauung. Nun hat sich Richard Dawkins öffentlich mit der LGBTQ-Bewegung angelegt. | Dawkins,LGBTQ | Kultur | 2023-08-02T16:08:48+02:00 | 2023-08-02T16:12:34+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2023/dawkins-spricht/ |
Putin und die Pussy-Staaten | „Don’t be such a pussy“, sagt im englischen Sprachraum jemand, der seinen Gesprächspartner für total verweichlicht hält. Man könnte mit der Vokabel auch das Bild umreißen, das der russische Präsident von den westlichen Gesellschaften hat. In den vergangenen Wochen wurde angesichts des kriegsvorbereitenden Truppenaufmarsches an der Grenze zur Ukraine in deutschen Medien oft die Frage gestellt: „Was will Putin? Warum tut er das?“ Die Antwort ist ganz einfach: Er will den Westen düpieren. Und er tut es, weil er es kann. „Macht verdirbt, absolute Macht verdirbt absolut“, wußte bereits Baron Acton. Das kann so weit gehen, daß ein Autokrat die eigene Macht und Unverletzlichkeit nach Jahren unumschränkter Herrschaft so grotesk irrational überschätzt, wie es bei Saddam Hussein und Muammar al-Gaddafi zu diagnostizieren war. Beobachter sind sich einig, daß der Präsident, seit der von ihm betriebenen Verfassungsreform de facto Herrscher der Russen auf Lebenszeit, heute ein anderer ist als der, der 2000 Boris Jelzin beerbte und einen denkwürdigen, sehr versöhnlichen Auftritt im deutschen Bundestag hatte. Fatal erinnert sein Umgang mit der Ukraine an den des Hitler-Regimes mit der „Rest-Tschechei“ (wie die Ukraine vormals Teil eines Großreiches, als dessen Erbe der Hegemon sich verstand), bis hinein in feine sprachliche Details. Das „Protektorat Böhmen und Mähren“ war selbstverständlich keine schnöde Annexion, sondern die Deklaration eines Schutzgebiets. Auch Putin geht es nach eigenem Bekunden nur darum, die ethnischen Russen in der Ukraine zu schützen. Man muß freilich nicht wie Gaddafi und Saddam an Realitätsverlust leiden, um wie ein Hegemon zu agieren. Es spricht vielmehr einiges dafür, daß Putins Angriff auf die Ukraine eine sehr realistische Einschätzung der Reaktion seitens EU und Nato vorausging. Im Rückblick sehen die Besuche der deutschen Außenministerin von den pazifistischen Grünen, des französischen Wahlkämpfers Emmanuel Macron, der bezeichnenderweise in Mali gerade russischen Söldnern das Feld überläßt, und des schlafmützig auftretenden neuen deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz aus, als habe sich Putin lediglich einen letzten Rest an Überzeugung verschaffen wollen, daß von ihnen keine Gefahr droht, jedenfalls keine militärische. Baerbock hatte mit der sowohl rhetorisch als auch fachlich bemerkenswerten Aussage: „Der härteste Knüppel wird am Ende nicht immer das intelligenteste Schwert sein!“ bereits im Januar deutlich gemacht, was von der neuen Bundesregierung im Konfliktfall zu erwarten ist. Statt harter Waffen gibt es harte Worte und gegen die harten Waffen der Russen Schutzhelme. Schon in der Syrienkrise hatte der Westen jegliche Entschlossenheit vermissen lassen, massive Menschenrechtsverletzungen durch eine militärische Intervention zu unterbinden. Warum sollte das jetzt anders sein? Trotz gegenteiliger Lippenbekenntnisse während der Trump-Ära hängt die EU verteidigungsstrategisch nach wie vor am Tropf der USA. Aber für die ist die Ukraine weit weg. Putin dagegen gleicht einem sibirischen Tiger: Wenn er die Schwäche eines Beutetiers wittert und die Herde, in der es Schutz genießen könnte, nur ein wenig herumblökt, setzt er, seinen natürlichen Instinkten gemäß, zum Sprung an. Wenn man aus der Geschichte eines lernen kann, dann, daß schwache Gesellschaften irgendwann von starken übernommen werden. Schwäche ist immer eine Einladung an starke Potentaten, sich an ihnen zu vergreifen. Doch es ist nicht nur berechnende Machtpolitik, die aus Putins die Invasion begleitender Rhetorik spricht, es ist auch eine fundamentale Verachtung für den Westen, dessen Zivilisation man beim Degenerieren zusehen kann wie einem Moribunden im Sterbebett. Putin weiß, daß er es in der EU mit Pussy-Staaten zu tun hat, mit dekadenten, debilen, ihrer selbst nicht mehr gewissen Kulturen im Niedergang. Ihre national-kulturelle Identität opfern sie praktisch kampflos vordringenden vitalen Einwanderern, die Keimzelle der Gesellschaft, die Familie, verqueren Ideologen. Die eigene Nachkommenschaft huldigt einem ad absurdum geführten „Menschenrecht auf körperliche Selbstbestimmung“ auf dem Altar einer völlig aus dem Ruder gelaufenen Frauenbewegung, und in den Kreisen der Gebildeten wird allen Ernstes die Frage erörtert, ob man mit einem Geschlecht geboren wird oder sich dieses selbst aussuchen kann. Als hätte es noch eines allerletzten Beweises für die multiple Neurose bedurft, an der der Westen (einschließlich der USA) kollektiv erkrankt ist, konnte der russische Präsident in den vergangenen zwei Jahren mitansehen, wie eine universelle Angststörung die gesamte westliche Hemisphäre lähmte. Natürlich werden die Sanktionen, die jetzt kommen – die einzige Waffe, die der Westen benutzen kann – schmerzhaft werden, für Rußland, aber auch für die EU. Am Iran läßt sich ablesen, wen harte Sanktionen wirklich treffen. Ausbaden wird es wieder mal der kleine Mann. Steigende Rohstoffpreise und eine immer deutlicher sich abzeichnende Geldentwertung plagen ihn schon jetzt. Die Aussichten für einen großen wirtschaftlichen Zusammenbruch, der wegen der katastrophalen EU-Finanzpolitik schon länger prognostizierbar ist, verbessern sich im gleichen Maße, wie Putins Muskelspiele sich ausweiten. | Dietmar Mehrens | Putins Umgang mit der Ukraine zeigt, daß er jeglichen Respekt für die verweichlichten Kulturen des Westens verloren hat. Aus einer fundamentalen Verachtung für den Westen heraus handelt er nach der Devise: Es regiert das Recht des Stärkeren. Ein Kommentar. | Putin | Kommentar | 2022-02-25T12:36:16+01:00 | 2022-02-25T13:41:23+01:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2022/putin-und-die-pussy-staaten/ |
Russische und amerikanische Raketen – Deutschland im Fadenkreuz | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Ferdinand Vogel | Rußland und die USA liefern sich einen Aufrüstungswettbewerb um verschiedene Raketensysteme. Deutschland gerät dabei aufgrund seiner geographischen Lage zunehmend in die Gefahrenzone. Eine Analyse. | Deutschland,Rußland | Natur und Technik | 2024-12-01T16:36:03+01:00 | 2024-12-01T16:36:03+01:00 | https://jungefreiheit.de/wissen/natur-und-technik/2024/russische-und-amerikanische-raketen-deutschland-im-fadenkreuz/ |
Theaterstück über schwulenfeindliche Flüchtlinge abgesetzt | WIEN. Das Volkstheater Wien wird das Flüchtlingsdrama „Homohalal“ nicht aufführen. Das Stück werde der aufgeheizten Stimmung im Land nicht gerecht, begründete Direktorin Anna Badora laut dem Magazin Falter die Absetzung. Das Stück des syrischstämmigen Schriftstellers Ibrahim Amir handelt von der Besetzung der Votivkirche 2012 durch Flüchtlinge und Sympathisanten und thematisiert Sexismus und Schwulenfeindlichkeit unter Asylbewerbern. Das Volkstheater habe sich um „Differenzierung“ bemüht, verteidigte Badora die Maßnahme. Das Stück sei vor zwei Jahren in einer anderen Situation entstanden. „Man konnte damals noch mit Frechheit, Leichtigkeit und Unbesorgtheit an dieses Thema herangehen. Erst seit vergangenem Sommer gibt es diese enorme Flüchtlingswelle“, sagte Badora gegenüber dem österreichischen Kurier. Den Vorwurf der Feigheit wies die Theaterleiterin als „absurd“ zurück. „Das Stück bezieht seinen Humor aus konkreten, realistischen Situationen. Und die sind angesichts der aktuellen Entwicklung des Themas plötzlich so nichtig, so inadäquat.“ Autor zeigt Verständnis für Absage Amir selbst zeigte Verständnis. Es herrsche derzeit „eine Art generalisierte Hysterie auf allen Ebenen“, bei der jeder Vorfall „sofort gegen oder für die schutzsuchenden Menschen instrumentalisiert“ werde, schreibt er in einem Kommentar für den Falter. „Homohalal“ sei ein „selbstkritisches Stück, in dem wir versucht haben, uns die Zukunft in zwanzig Jahren vorzustellen“. Dabei habe sich eine Utopie zunehmend in einen Alptraum verwandelt. „Die Flüchtlinge und Aktivisten von damals sind inzwischen fremdenfeindlich, sexistisch, homophob und konservativ geworden.“ Zum Schluß zeige sich, die Welt habe sich nicht verändert. „Im Gegenteil, sie ist noch schlimmer geworden.“ Der 1984 in Aleppo geborene Amir lebt seit 2001 in Wien, wo er ein Medizinstudium absolvierte. Seine schwarze Komödie „Habe die Ehre“, die 2014 uraufgeführt wurde, handelt über Ehrenmorde im Einwanderermilieu. (FA) | JF-Online | Das Volkstheater Wien wird das Flüchtlingsdrama „Homohalal“ wegen der zunehmend asylkritischen Stimmung im Land nicht mehr aufführen. Das Stück des syrischstämmigen Schriftstellers Ibrahim Amir thematisiert Sexismus und Schwulenfeindlichkeit unter Asylbewerbern. | Gesellschaft | 2016-02-18T09:39:28+01:00 | 2016-02-18T10:36:50+01:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2016/theaterstueck-ueber-schwulenfeindliche-fluechtlinge-abgesetzt/ |
|
Notorisch kompliziert | Die Zeitschrift Hagal erscheint viermal im Jahr im Regin-Verlag und hat sich einem „Traditionalismus“ Evolascher Prägung verschrieben. Die „Studien zu Tradition, Metaphysik und Kultur“ sind das Schwesternblatt zum „Jungem Forum“, das Hagal-Herausgeber Markus Fernbach auf eine esoterische Linie gebracht hat. Die letzten Hefte würdigten den „Eurasien“-Ideologen Alexander Dugin, Corneliu Codreanu und die „Eiserne Garde“ sowie die Schöpferin eines „hinduistischen“ Hitler-Kultes, Savitri Devi. Dieses hemmungslose Schwelgen im Narrensaum politisch unkorrekter Philosophen und Phantasten ist auch konstitutives Element jener europaweiten Musikszene, der sich nun Hagal 1/2006 widmet: des sogenannten „Neofolk“. Dieser Ausdruck bezeichnet eine notorisch komplizierte Abspaltung der Gothic-Szene, deren Vorliebe für „faschistische“ Ästhetik, „schwarze Romantik“ und heidnische Mythologie heftige Angriffe seitens „antifaschistischer“ Autoren zur Folge hatte. Beispielhaft dafür ist der Schmöker „Ästhetische Mobilmachung“, dem nun die voluminöse Gegendarstellung zweier Szenekenner gefolgt ist: „Looking For Europe“. Ob der „Neofolk“ eine „dekadent-nihilistische Subkultur oder neue musikalische Avantgarde“ darstellt, beantwortet auch Hans-Georg Butte in seinem einleitenden Artikel nicht eindeutig. Der Genrebegriff selbst sei nicht mehr als ein Hilfsausdruck. Die Bandbreite der Stilmittel reicht von elektronischem Lärm über „klassische“ Orchestrierungen bis zu jugendbewegten Akustikgitarren.Was ursprünglich eine „Kernfamilie“ um Projekte wie Current 93 und Death In June bezeichnete, ist inzwischen zu einem komplexen Netzwerk angewachsen, das Außenstehenden Rätsel aufgibt. Für linke Kritiker hat sich hier ein metapolitischer, „rechter“ Untergrund etabliert. Diese Sicht wird jedoch vom Großteil der Musiker und ihrer Fans abgelehnt. Butte vergleicht die heterogene „Musikszene mit den vielen Widersprüchen“ mit einer „Erfahrungsreligion“: „Die von vielen hochgehaltene ‚Leistung‘ innerhalb der Neofolkszene ist das Selbsterfahren, das Nachforschen und die eigene Horizonterweiterung.“ Den Hauptteil des Heftes füllen Selbstdarstellungen von Protagonisten aus der „antimodernen“ Ecke des Spektrums. Ausführlich zu Wort kommen Michael Moynihan, der Kopf der berüchtigten Formation Blood Axis; Gregorio Bardini, Musikwissenschaftler und Guenon-Verehrer; Thierry Jolif von Lonsai Maikov über „Musik als Angriff der Tradition“; Marco Wertham-DePlano von der italienisch-britischen Gruppe Foresta di Ferro; schließlich natürlich auch Josef Klumb (Von Thronstahl); sowie „Parsifal“, deutsch singende Russen, die einen atemberaubend schwachsinnigen Text abgeliefert haben. Die Antifa wird dieses Heft mit Breker-Motiv auf dem Titel wie eine Trophäe hochhalten, scheint doch diesmal eine eindeutige „Vereinnahmung“ durch eine rechte Publikation gegeben zu sein. Eher noch zeigt sich darin die anarchische Weigerung der „Neofolker“, den Tabus der linksliberalen „Kulturhegemonie“ Folge zu leisten. Schließlich hatte auch diese Szene ihre Wurzeln im Punk. Anschrift: Regin-Verlag. Postfach 2129, D-47632 Straelen. Der Einzelpreis beträgt 3 Euro. Internet: www.regin-verlag.de | JF-Online | Die Zeitschrift Hagal erscheint viermal im Jahr im Regin-Verlag und hat sich einem "Traditionalismus" Evolascher Prägung verschrieben. Die "Studien zu | Kultur | 2006-06-23T00:00:00+02:00 | 2006-06-23T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2006/notorisch-kompliziert/ |
|
Die Migrationswaffe | Es ist ein Wort, das man in deutschen Leitmedien in den letzten Jahren nicht gehört oder gelesen hätte: die Migrationswaffe. Doch wenige Tage haben dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan gereicht, der Weltöffentlichkeit vorzuführen, daß dieses Wort durchaus seinen geopolitischen Sinn und Zweck hat. Für die JUNGE FREIHEIT waren Hinrich Rohbohm und Marco Pino im griechisch-türkischen Grenzgebiet unterwegs. Hier berichten sie über ihre Eindrücke: Wie viele Migranten sind eigentlich in die EU gekommen? Was machen diejenigen, die auf türkischer Seite festsitzen? Wie sind Berichterstattung und Debatte in Deutschland zu bewerten? Und was bedeutet Erdoğans Grenzöffnung für die alljährliche Hochsaison der Massenmigration, die bekanntlich erst noch bevor steht? Ein Gespräch über ein Ereignis, das immer noch andauert – und möglicherweise doch nur das Vorspiel einer neuen Asylkrise ist: Die Migrationswaffe – ein JF-TV Interview mit Hinrich Rohbohm. Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden. Mehr Informationen | JF-Online | Es ist ein Wort, das man in deutschen Leitmedien bislang nicht gehört oder gelesen hätte: die Migrationswaffe. Doch wenige Tage haben dem türkischen Ministerpräsidenten Erdoğan gereicht, zu zeigen, daß dieses Wort durchaus seinen geopolitischen Sinn und Zweck hat. Ein JF-TV-Interview. | Medien | 2020-03-14T16:17:55+01:00 | 2020-03-14T16:17:55+01:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/medien/2020/die-migrationswaffe/ |
|
Schabernack | Eine Einrichtung wie das Internet eignet sich vorzüglich dazu, auch mal kräftig auf den Putz zu hauen. Legendär ist beispielsweise die Aktion eines Bloggers, der im Windows Update nach Anforderung der kostenlosen CD mit dem „Service-Pack 2“ bei Microsoft einfach auf die „Zurück“-Taste klickte, nur um dann wieder auf „Weiter“ zu drücken. Diesen Vorgang wiederholte er 150 Mal – mit entsprechender Füllung seines Briefkastens – und rief etliche Nachahmer auf den Plan, regelrechte Wettbewerbe zu starten. Immerhin betont Microsoft-Gründer Bill Gates gebetsmühlenartig die Wichtigkeit der Einspielung! Auch mir saß nun der Schalk im Nacken, als sich ein Teilnehmer im Mountainbike-Forum über die pampige Antwort eines eBay-Verkäufers ausließ, den er (gutgemeint) auf den offensichtlich gestauchten Rahmen und die lebensgefährlich deformierte Gabel in dessen Auktion hinwies. Auf meine Initiative hin hatte der Verkäufer durch die geballte Schlagkraft der Forengemeinde viel zu lesen! Wer den Absendern von lästigen Spam-Nachrichten massenhaft Online-Grußkarten mit dem Absender ungeliebter Mitmenschen sendet, dürfte sogar noch mehr „bewegen“, schlawinert Euer Erol Stern | JF-Online | Eine Einrichtung wie das Internet eignet sich vorzüglich dazu, auch mal kräftig auf den Putz zu hauen. Legendär ist beispielsweise die Aktion eines Bloggers, | Zeitgeist | 2007-05-11T00:00:00+02:00 | 2007-05-11T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/zeitgeist/2007/schabernack/ |
|
Sigmar Gabriel fordert mehr Moslems im öffentlichen Dienst | KÖLN. Anläßlich des islamischen Fastenbrechens hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) angeblichen Vorurteilen gegen Moslems den Kampf angesagt. Moslems seien in vielen wichtigen Funktionen in Deutschland noch stark unterrepräsentiert, sagte er vor Zuhörern in einer Kölner Moschee. Das habe auch mit dem Vorurteil zu tun, daß Moslems religiöse Fanatiker seien, wird der Minister von der Nachrichtenagentur dpa wiedergegeben. Es fehle in Deutschland laut Gabriel an islamischen Richtern, Staatsanwälten, Polizisten und Schulleitern. Man müsse jetzt Moslems Mut zu machen, „sich sozusagen auch diesen Teil der deutschen Gesellschaft zu erobern“, forderte der SPD-Vorsitzende. Auch erinnerte Gabriel an das Nagelbomben-Attentat in Köln vor zehn Jahren, welches mittlerweile den mutmaßlichen Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos zugeschrieben wird. „Es ist eine der ganz großen Schanden dieser Republik, daß die staatlichen Organe mehr ihre Vorurteile im Blick hatten bei den Ermittlungen, als tatsächlich offen zu schauen: Woher kommt es eigentlich?“, empörte sich der Sozialdemokrat. Die Polizei sei jahrelang von einer Auseinandersetzung im kriminellen Milieu ausgegangen. Gabriel war vom Zentralrat der Muslime zu dem Festakt eingeladen worden. (FA) | JF-Online | Laut Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel fehlt es in Deutschland an islamischen Richtern, Staatsanwälten, Polizisten und Schulleitern. Man müsse daher Moslems Mut machen, „sich sozusagen auch diesen Teil der deutschen Gesellschaft zu erobern“. | Deutschland | 2014-07-03T13:07:17+02:00 | 2014-07-03T14:24:18+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2014/sigmar-gabriel-fordert-mehr-moslems-im-oeffentlichen-dienst/ |
|
Norwegen: Kirche entschuldigt sich für Kampf gegen Abtreibungen | OSLO. Die evangelische norwegische Staatskirche hat sich für ihr früheres Engagement gegen Abtreibung entschuldigt. „Als das Gesetz für selbstbestimmte Abtreibungen in den siebziger Jahren angenommen wurde, war die Kirche ein klarer Gegner dieser Veränderung“, heißt es in einer Stellungnahme. „Heute haben wir hingegen verstanden, daß die Argumentation der Kirche keinen guten Dialog ermöglicht hat“, geben sich die Verantwortlichen nun selbstkritisch. „Es ist Zeit für ein neues Debattenklima! Wir wollen dazu beitragen“, schreibt die Kirche weiter. „Anders über Abtreibung reden“ Allerdings geht es der Kirche um mehr als eine Verbesserung des Debattenklimas, wie aus dem zweiten Teil der Stellungnahme hervorgeht. „Eine Gesellschaft mit legalem Zugang zu Abtreibung ist eine bessere Gesellschaft wie eine solche ohne“, steht da. Man bedauere, daß international Kirchen immer noch die Last schwangerer Frauen in verwundbaren Situationen verschlimmerten. Für die norwegische Kirche soll das aber in der Vergangenheit liegen. „Es tut uns leid“, entschuldigt sie sich am Ende. Die norwegische Kirche habe früher „einen Mangel an Verständnis für Frauenrechte und die Befreiung der Frau“ gezeigt. „Als Kirche müssen wir in Zukunft anders über Abtreibung reden.“ (tb) | JF-Online | Die evangelische norwegische Staatskirche hat sich für ihr früheres Engagement gegen Abtreibung entschuldigt. „Als das Gesetz für selbstbestimmte Abtreibungen in den siebziger Jahren angenommen wurde, war die Kirche ein klarer Gegner dieser Veränderung“, heißt es in einer Stellungnahme. | Ausland | 2019-03-14T12:58:21+01:00 | 2019-03-14T14:09:58+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2019/norwegen-kirche-entschuldigt-sich-fuer-kampf-gegen-abtreibungen/ |
|
Russisch gezaubert | Jahrhundertelang ist die musikalische Begabung des russischen Volkes, soweit es sich nicht um kirchlichen Gesang handelte, unterdrückt worden. So mußten einmal auf Befehl des Moskauer Patriarchen fünfzig Wagenladungen mit Musikinstrumenten verbrannt werden. Zar Peter der Große importierte westliche Kunst und Sitten, was dann im 18. Jahrhundert zur völligen Italianisierung in der Musik führte. Locatelli, Galuppi, Paisiello, Cimarosa und andere Italiener beherrschten die Opernhäuser Moskaus und St. Petersburgs, während auf die russische Folklore als „Kutschermusik“ herabgesehen wurde. Ein patriotisches Gefühl für die eigenen Werte erwachte erst im Krieg gegen Napoleon. Im Jahr 1820 schrieb der 21jährige russische Dichter Alexander Puschkin das geniale Verspoem „Ruslan und Ludmilla“, ein märchenhaftes Werk aus Rußlands mythischer Vergangenheit, das ihn über Nacht zum gefeierten Helden machte. Sein Freund, der 1804 geborene Komponist Michail Glinka, suchte nach dem großen Erfolg seiner ersten Oper „Iwan Sussani“ — auch „Ein Leben für den Zaren“ genannt — erneut nach einem Stoff aus Rußlands ruhmreicher Vergangenheit. Er bat Puschkin, sein Verspoem zu einem Opernlibretto umzuarbeiten. Der frühe Duelltod des Dichters vereitelte jedoch diesen Plan. Es war Glinkas Ziel, “ westliche und russische Musik durch die heiligen Bande der Ehe zu vereinigen“. Er unternahm lange Studienreisen nach Italien, Frankreich und Deutschland und traf mit Bellini, Donizetti und Mendelssohn zusammen. In Berlin lernte er die Musik Bachs und Beethovens schätzen. Von seiner russischen Amme hatte Glinka als Kind alte Volksweisen und Märchen gehört. Diese Lieder vereinigten sich harmonisch mit seiner an westlicher Technik geschulten Musik. Durch die Verbindung italienischer Gesangskultur und seiner genialen Instrumentation mit Anklängen an kaukasische, finnische und arabische Folklore erreichte er eine bis dahin unerreichte Klangwelt. Voll Bewunderung wurde ihm der Titel „Vater der russischen Musik“ verliehen. Als erste in Europa erkannten Berlioz und Liszt sein großes Talent und lobten die Kraft, Schönheit und Exotik seiner Oper „Ruslan und Ludmilla“. Die Uraufführung 1842 in St. Petersburg war jedoch wegen ungenügender Proben ein Mißerfolg. Aber schon bald verhalfen die wahren Opernfreunde „Ruslan und Ludmilla“ zum großen Erfolg mit über neunzig Aufführungen. Im slawischen Kulturbereich ist heute diese märchenhafte Zauberoper ein ebenso beliebtes und viel gespieltes Volksstück wie unsere „Zauberflöte“. In Deutschland ist leider nur die zündende Ouvertüre bekannt. Die deutsche Erstaufführung fand sogar erst 1950 in der Lindenoper im sowjetisch besetzten Berlin statt. Es ist das große Verdienst des Badischen Staatstheaters Karlsruhe, diese so farbenreiche Oper nach mehr als einem halben Jahrhundert wieder auf die Bühne gebracht zu haben. Darin geht es um Ludmilla, eine Fürstentochter, die bei ihrer Hochzeit mit dem Ritter Ruslan von dem bösen Zwerg Tschernomor entführt wird. Ruslan und zwei andere Bewerber um Ludmillas Hand machen sich auf, die Schöne zu suchen. Nach manchen Heldentaten und mit Hilfe des guten Magiers Finn werden Ruslan und Ludmilla am Ende glücklich vereint. Musikalisch geriet die Aufführung unter der Leitung von Johannes Willig wie aus einem Guß. Auch die vorzüglichen Sänger trugen zum Erfolg des Abends bei. Vitalij Kowaljow als Ruslan begeisterte mit klangvoll lyrischem Bariton und heldisch metallischem Kern. In seiner großen Arie „Ist ewige Nacht auch mir schon nah?“ drückte der Sänger bewegend Ruslans Sorge wie auch die Hoffnung auf Ludmillas Rettung aus. Ljudmila Slepneva bewies mit strahlendem Sopran ihr Können in italienischen Belcanto-Koloraturen als Ludmilla. Mit herrlich weichem Alt sang Ewa Wolak die Hosenrolle des Chasarenfürsten Ratmir. Eine große Leistung zeigte auch der Tenor Hans-Jörg Weinschenk als Magier Finn. Selbst die kleineren Partien waren hervorragend besetzt, schönstimmig der Chor. Besonders beeindruckte der Männerchor, der unsichtbar aus dem abgeschlagenen Haupt eines Riesen tönte. Die Inszenierung von Tobias Lenel und vor allem die Kostüme von Kristine Upesleja zeigten einen gewissen Stilbruch. Es mutet schon befremdlich an, wenn die Hochzeitsgäste in Frack und Roben der Jahrhundertwende vorchristliche Götter wie Perun, Lel, Lalo anrufen. Auch die fesche weiße Operettenuniform des Ruslan wollte nicht so recht zur „mythischen Vorzeit“ passen. In anderen Bildern wie auf dem Schlachtfeld, bei der Hexe Naina oder im Zaubergarten des Zwerges Tschernomor — großartig Peter Luppa in einer stummen Rolle — waren die Kostüme eher altrussisch angehaucht. Insgesamt überwog jedoch die Freude, diese phantasievolle Musik mit ihren Anklängen an Mozart und Rossini und gepaart mit russischem Melos zu erleben. | JF-Online | Jahrhundertelang ist die musikalische Begabung des russischen Volkes, soweit es sich nicht um kirchlichen Gesang handelte, unterdrückt worden. So mußten | Kultur | 2001-06-01T00:00:00+02:00 | 2001-06-01T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2001/russisch-gezaubert/ |
|
Diplomaten und Militärs fordern Aufnahme afghanischer Ortskräfte | BERLIN. In einem Offenen Brief haben Diplomaten und hochrangige Militärs die Aufnahme sogenannter afghanischer Ortskräfte der Bundeswehr in Deutschland gefordert. „Während die Truppe unter verstärkten Sicherheitsvorkehrungen längst bei den Vorbereitungen zur Rückkehr ist, wachsen die Befürchtungen der afghanischen Ortskräfte, die oft viele Jahre für die Bundeswehr, die deutsche Polizeiausbildungsmission, diplomatische Missionen und die staatlichen Zwecke der Entwicklungszusammenarbeit tätig waren. Sie fürchten um ihre Sicherheit und ihr Leben – wie auch um das ihrer Familienangehörigen“, heißt es in dem Schreiben, das unter anderem mehrere Generäle, Bundestagsabgeordnete und Botschafter unterzeichnet haben. Daher verlangen sie von der Bundesregierung die „zügige und unbürokratische Aufnahme der Ortskräfte und ihrer Familienangehörigen parallel zum laufenden Abzug des deutschen Kontingents“. Zudem sollten zu diesem Zweck Informationen über das vereinfachte Verfahren im Land verbreitet werden. Angesichts der sich verschlechternden Sicherheitslage in Afghanistan plädieren die Unterzeichner dafür, auf das bisherige Prüfungsverfahren zu verzichten. Sie begründen das damit, daß es dies in der Praxis weitgehend unmöglich sei und für die Antragsteller unzumutbar wäre. Bislang gilt, daß ehemalige Ortskräfte sich um eine Ausreise nach Deutschland bewerben können, wenn ihr Engagement weniger als zwei Jahre zurückliegt. Auch diese Vorschrift solle abgeschafft werden, fordern die Unterzeichner. Sie erinnerten zugleich daran, daß Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) noch im April von der tiefen Verpflichtung der Bundesrepublik für die afghanischen Hilfskräfte gesprochen habe. Am vergangenen Freitag hatte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes betont, es sei das gemeinsame Ziel von Außen-, Verteidigungs- und Innenministerium, die Ausreiseverfahren für die Ortskräfte „so schnell und unkompliziert wie möglich zu gestalten“. In diesem Zusammenhang werden demnach „kreative Lösungen im Sinne der Betroffenen“ geprüft. Laut einem Sprecher des Bundesentwicklungsministeriums waren zwischen 2011 und 2020 bis zu 1.750 Ortskräfte für die staatliche Entwicklungszusammenarbeit in Afghanistan tätig. Derzeit seien noch knapp 1.100 Afghanen für rund 40 Projekte beschäftigt. Unterdessen berichtete die Nachrichtenagentur dpa, daß bereits mehr als 450 Ortskräfte entsprechende Anträge zur Einreise nach Deutschland gestellt haben. Hinzu kämen weitere 300 Anträge von Afghanen, die vor mehr als zwei Jahren für deutsche Organisationen und Institutionen gearbeitet hätten. Der Fall eines ehemaligen afghanischen Dolmetschers für die Bundeswehr zeigt, wie die ehemaligen Ortskräfte in Deutschland mitunter behandelt werden. Abdullah Arian schilderte der JUNGEN FREIHEIT, wie es ihm in Deutschland erging. Nach Plänen der Verteidigungsministerin könnten die deutschen Truppen bis Mitte August Afghanistan verlassen. Zuvor hatten die USA, die vor Ort das größte Kontingent stellen, ihren Abzug bekannt gegeben. (ag) | JF-Online | In einem Offenen Brief haben Diplomaten und hochrangige Militärs die Aufnahme sogenannter afghanischer Ortskräfte der Bundeswehr in Deutschland gefordert. Angesichts der sich verschlechternden Sicherheitslage in Afghanistan solle das Einreiseverfahren in die Bundesrepublik vereinfacht werden. | Ortskräfte | Deutschland | 2021-05-18T11:29:53+02:00 | 2021-05-18T12:23:24+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2021/diplomanten-und-militaers-fordern-aufnahme-afghanischer-ortskraefte/ |
Greta Thunberg sorgt mit Israel-Post erneut für Empörung | STOCKHOLM. Greta Thunberg hat erneut mit ihrer Parteinahme im Nahost-Konflikt Kritik auf sich gezogen. Die Sprecherin der globalen Klimabewegung „Fridays for Future“ teilte auf Instagram einen Aufruf des linksradikalen Bündnisses „Palästina Spricht“ zum „globalen Generalstreik“ als „Zeichen der Entrüstung“ über „den Genozid in Gaza und den repressiven Staatsterror vieler westlicher Staaten gegen alle, sie sich solidarisch mit Palästina zeigen und so handeln“. Auf ihrem Profil hatte die Vereinigung unter anderem Beiträge mit Parolen wie „Free Palestine from the river to the sea“ veröffentlicht. Das American Jewish Committee merkt an, dies sei ein Schlachtruf terroristischer Gruppen und ihrer Sympathisanten und bedeute, den Staat Israel samt dessen Bevölkerung „auszulöschen“. Wenig später legte Thunberg nach und veröffentlichte eine eigene Stellungnahme auf dem Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter). Die Welt, so die 20jährige, müsse „die Stimme erheben“ und zu einer sofortigen Waffenruhe sowie zur Gerechtigkeit und Freiheit für Palästinenser und alle betroffenen Zivilisten aufrufen. Anschließend warb sie für mehrere propalästinensische Konten auf der Plattform. Die israelische Botschaft in Deutschland reagierte empört und fragte, ob „Israelhaß“ oder Klimaschutz das Geschäft von „Fridays for Future“ sei. Imagine this is your first Statement on the massacre of 1300 Jews conducted by palestinian Terrorists. @FridaysForFuture, Was ist jetzt eigentlich euer business? Israelhass oder Klimaschutz?#HamasWarCrimes #HamasisISIS https://t.co/eBE6YI0w7A — Botschaft Israel (@IsraelinGermany) October 20, 2023 Bereits in der Vergangenheit sorgte das Gesicht der Klimabewegung für Kontroversen beim Thema Nahost-Konflikt. So hatte Thunberg beispielsweise 2021 einen Tweet von Naomi Klein kritiklos geteilt. In diesem warf die kanadische Autorin Israel „ein Kriegsverbrechen nach dem anderen“ im Kontext gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Juden um Scheich Dscharrah vor. Darüber hinaus wurden auf dem Profil von „Fridays For Future“ die infolge der Unruhen Getöteten als „Märtyrer“ bezeichnet und für die sogenannte BDS-Bewegung geworben. BDS steht für „Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen“ und richtet sich gegen Israels Politik im Westjordanland sowie in Gaza. Daraufhin hatte sich der deutsche Ableger distanziert. (kuk) | JF-Online | Zuletzt war es ruhig geworden um Greta Thunberg. Doch nun meldet sich die Ikone der radikalen Klimabewegung mit pro-palästinensischen Parolen zurück – die Kritik folgt auf dem Fuße. | Greta Thunberg,Israel | Gesellschaft | 2023-10-20T16:11:20+02:00 | 2023-10-20T16:11:20+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2023/greta-thunberg-sorgt-mit-israel-post-erneut-fuer-empoerung/ |
Maren Gilzer, Schauspielerin | Wo möchten Sie jetzt am liebsten sein? Ich bin immer am liebsten zu Hause oder in meinem Garten. Wofür lassen Sie alles stehen und liegen? Für einen ausgiebigen Spaziergang mit meinem Hund oder einen Einkaufsbummel. Was bedeutet Heimat für Sie? Deutschland ist meine Heimat, die ich auch sehr liebe. Ich möchte nicht woanders leben. Was ist Ihnen wichtig im Leben? Meine persönliche Freiheit und Unabhängigkeit und Spaß an allen Dingen, die ich tue. Was haben Ihnen Ihre Eltern mitgegeben? Alles, was ich an Disziplin und Eigenverantwortung brauche, um unabhängig zu sein. Welches Buch hat Sie nachhaltig beeinflußt? "Die Liebe – Psychologie eines Phänomens" von Peter Lauster. Welche Musik mögen Sie? Alles außer Country und Free Jazz. Welches Ereignis ist für die Welt das einschneidendste gewesen? Die Entdeckung der Kernspaltung. Was möchten Sie verändern? Ich kann nur mich selbst verändern. Das ist ja schon ein Anfang. Woran glauben Sie? An die positive Wirkung der eigenen positiven Kraft und Gedanken. Welche Werte sollen wir unseren Kindern weitergeben? Alles, was du gibst, bekommst du auch irgendwann zurück. Welche Bedeutung hat der Tod für Sie? Die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod verrringert die Angst davor ein wenig. Maren Gilzer, 36, Schauspielerin, drehte beim "SAT.1-Glücksrad" die Buchstaben-Tafeln um. Jetzt spielt sie in der ARD-Fernsehserie "In aller Freundschaft" mit. | JF-Online | Wo möchten Sie jetzt am liebsten sein? | Zeitgeist | 2000-12-22T00:00:00+01:00 | 2000-12-22T00:00:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/zeitgeist/2000/maren-gilzer-schauspielerin/ |
|
Immer mehr Rentner verdienen sich etwas dazu | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | JF-Online | Die Zahl der Rentner, die nebenbei im hohen Alter noch arbeiten, steigt deutlich. Das zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des AfD-Bundestagsabgeordneten René Springer, die der JF exklusiv vorliegt. Was sind die Gründe? | Rentner | Gesellschaft | 2025-01-17T12:23:35+01:00 | 2025-01-17T13:01:11+01:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2025/immer-mehr-rentner-verdienen-sich-etwas-dazu/ |
Nuhr: Deutsche Forschungsgemeinschaft unterwirft sich Krawallmachern | BERLIN. Der Kabarettist Dieter Nuhr hat die Löschung seines Beitrags über die Bedeutung der Wissenschaft durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) kritisiert. Hintergrund waren ablehnende Kommentare in den sozialen Medien wegen Nuhrs Aussagen. „Die DFG unterwirft sich den Krawallmachern, die im Internet systematisch an der Unterdrückung kritischer Stimmen arbeiten, die in der Mitte des politischen Spektrums stehen“, schrieb Nuhr auf Facebook. Daß die DFG eingeknickt sei, halte er für alarmierend. Er sei es gewohnt, für seine öffentlichen Aussagen Haß zu ernten, betonte Nuhr. „Neu ist, daß nun eine Organisation wie die Deutsche Forschungsgesellschaft, die eigentlich wie keine andere für freies Denken stehen sollte, den Ideologen im Netz nachgibt. Das ist nicht nur erstaunlich, sondern ängstigt mich.“ Die DFG schade sich selbst, wenn sie sich daran beteilige, „kritische und keineswegs extremistische oder verschwörungstheoretische Stimmen mundtot zu machen“. DFG bestreitet Zensur Die DFG hatte Nuhr zuvor gebeten, für eine Kampagne eine kurze Botschaft beizusteuern. In seinem Beitrag sagte er: „Wissen bedeutet nicht, daß man sich zu 100 Prozent sicher ist, sondern daß man über genügend Fakten verfügt, um eine begründete Meinung zu haben. Wissenschaft ist nämlich keine Heilslehre, keine Religion, die absolute Wahrheiten verkündet. Und wer ständig ruft ‘Folgt der Wissenschaft!’ hat das offensichtlich nicht begriffen.“ Gegenüber der Bild äußerte die DFG, dieser Satz sei ein „unnötiger Seitenhieb auf aktuelle Debatten in und um Wissenschaft und deren Akteure, den wir nicht mit den Anliegen der Kampagne für das Wissen in Übereinkunft bringen konnten“. Die Löschung sei jedoch keine Zensur. Der Kabarettist äußerte sich auch besorgt über das Meinungsklima an den Universitäten. So werde an „Universitäten indessen überall massiv darauf hingearbeitet, daß Andersdenkende gar nicht mehr hineingelassen werden. Das ist nicht nur empörend, sondern beängstigend.“ Nuhr hatte in der Vergangenheit für Schlagzeilen gesorgt, da er sich über die „Fridays-For-Future“-Bewegung lustig gemacht hatte. Die DFG ist ein Verein zur Förderung der Wissenschaft in Deutschland. Mitglieder sind zumeist Hochschulen und Forschungseinrichtungen. 2018 verfügte sie über einen Förderungsetat von 3,4 Milliarden Euro. (ag) | JF-Online | Der Kabarettist Dieter Nuhr hat die Löschung seines Beitrags über die Bedeutung der Wissenschaft durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) kritisiert. Die DFG schade sich selbst, wenn sie sich daran beteilige, „kritische und keineswegs extremistische oder verschwörungstheoretische Stimmen mundtot zu machen“. | Gesellschaft | 2020-08-03T14:41:29+02:00 | 2020-08-03T14:41:29+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2020/nuhr-deutsche-forschungsgemeinschaft-unterwirft-sich-krawallmachern/ |
|
Seehofer hält an Maaßen fest – SPD-Politiker fordern Konsequenzen | BERLIN. Juso-Chef Kevin Kühnert hat von der SPD einen Austritt aus der Großen Koalition gefordert, sollte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen seinen Posten behalten. „Wir sind an einem Punkt, an dem wir eine rote Linie ziehen sollten“, sagte Kühnert laut einer Vorabmeldung dem Spiegel. „Sollte der Verfassungsschutz-Präsident im Amt bleiben, kann die SPD nicht einfach so in der Regierung weiterarbeiten.“ Von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte er, sie müsse einen Weg finden, um Maaßen zu entlassen, „oder wir müssen unsere eigenen Konsequenzen ziehen“. „Das ist auch eine Frage der Selbstachtung: Wenn wir es Maaßen und der CSU durchgehen ließen, Verschwörungstheorien zu verbreiten, würden wir die dramatische Diskursverschiebung nach rechts legitimieren.“ Der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Post ergänzte, die SPD sei nun an einer Glaubwürdigkeitsfrage angelangt. Ein Rücktritt von Maaßen oder Seehofer sei unausweichlich. „Das müssen wir einfordern. Mit allen Konsequenzen – auch der des Koalitionsbruches.“ Seehofer hält an Maaßen fest Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte am Mittwoch abend gesagt, er halte an Maaßen fest. „Ich habe mich entschieden, daß ich für personelle Konsequenzen keinen Anlaß sehe“, betonte der CSU-Chef nach einer Sitzung des Innenausschusses des Bundestags. Dort mußte sich Maaßen für seine heftig kritisierten Äußerungen in der „Hetzjagd“-Debatte verantworten. Der Verfassungsschutzchef habe sein Bedauern zum Ausdruck gebracht, daß seine Worte in der Öffentlichkeit teilweise anders aufgefaßt und diskutiert worden seien als von ihm beabsichtigt. Zudem lobte Seehofer Maaßen für seine klare Positionierung gegen Rechtsextremismus. Neben der Union stellte sich auch die FDP hinter Maaßen. .@EvaHoegl nach Bericht von Herrn #Maaßen im Innenausschuss: „Herr Maaßen hat das Vertrauen nicht wieder herstellen können. Er selbst hat es leichtfertig verspielt. Deswegen ist er nicht mehr der Richtige an der Spitze des BfV.“ pic.twitter.com/XdKGTwElda — SPD im Bundestag (@spdbt) 12. September 2018 Die SPD-Innenpolitikerin Eva Högl dagegen äußerte „starke Zweifel“, ob Maaßen der richtige Mann für den Posten als Verfassungsschutzchef sei. Es sei viel Vertrauen verloren gegangen und sie habe sich mehr Selbstkritik gewünscht. Ähnlich kritisierten Grünen- und Linksparteipolitiker das Auftreten Maaßens nach einer Sitzung des geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremiums, berichtete die Nachrichtenagentur dpa. Sie sähen weiteren Informationsbedarf. AfD sieht sich bestärkt Die AfD fühlt sich von Maaßen hingegen in ihrer Meinung bestärkt, daß es in Chemnitz keine „Menschenjagden“ auf Ausländer gegeben habe. „Was es gab, war eine mediale Hetzjagd auf sächsische Migranten“, sagte der AfD-Innenpolitiker Gottfried Curio. Deutschlands oberster Verfassungsschützer hatte in einem Interview mit der Bild-Zeitung gesagt, seiner Behörde lägen keine belastbaren Informationen für „Hetzjagden“ bei den Protesten in Chemnitz vor. Damit widersprach er wie schon zuvor die Generalstaatsanwaltschaft in Dresden, Polizeigewerkschaften und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), der Bundesregierung. (ls) | JF-Online | Juso-Chef Kevin Kühnert hat von der SPD einen Austritt aus der Großen Koalition gefordert, sollte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen seinen Posten behalten. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte sich am Mittwoch abend hinter Maaßen gestellt. Hintergrund waren seine Äußerungen zu angeblichen „Hetzjagden“ in Chemnitz. | Deutschland | 2018-09-13T09:16:19+02:00 | 2018-09-14T09:38:53+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/seehofer-stellt-sich-hinter-maassen-spd-politiker-fordern-konsequenzen1/ |
|
Das Ungeheuer „Maxxxine“ lebt länger | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Dietmar Mehrens | Der Horrorfilm „Maxxxine“ von Ti West setzt die Reihe um eine extrem wehrhafte Möchtegernschauspielerin fort. Das ist nichts für Ästheten und Menschen mit schwachen Nerven! Aber eine Gruppe Filmfans könnte ihren Spaß daran haben. | Maxxxine | Medien | 2024-07-05T14:30:23+02:00 | 2024-07-05T15:00:53+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/medien/2024/das-ungeheuer-maxxxine-lebt-laenger/ |
Gewerkschaften werben für Euro-Rettung | BERLIN. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat die Bundestageabgeordneten aufgerufen, am Donnerstag für die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms zu stimmen. „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages tragen eine große Verantwortung, denn sie stimmen nicht nur über den Rettungsschirm ab, sondern über die Zukunft Europas“, heißt es in einer gemeinsamen Anzeige, die am Dienstag in mehreren Tageszeitungen veröffentlicht und von DGB-Chef Michael Sommer sowie den Vorsitzenden der acht DGB-Mitgliedsgewerkschaften unterzeichnet wurde – darunter Verdi-Chef Frank Bsirske und der Vorsitzende der IG Metall, Berthold Huber. Das Verbindende nicht aus den Augen verlieren Ohne gemeinsame Anstrengungen aller Länder der Eurozone, warnen die Gewerkschafter, drohe der Zerfall der gemeinsamen Währung mit weitreichenden Folgen für Wohlstand und Beschäftigung. „Unsere Mütter und Väter haben ein friedliches Europa auf den Trümmern zweier Weltkriege aufgebaut. Es ist unsere Verantwortung, das geeinte Europa für unsere Kinder und Enkel zu bewahren.“ Europa drohe in nationale Abgrenzungen zurückzufallen und das Verbindende aus den Augen zu verlieren. Es gehe nicht nur um Griechenland oder den Euro, sondern vor allem um das gemeinsame europäische Projekt. Die Währungsunion sei dabei ein Meilenstein der Europäischen Integration. (krk) | JF-Online | Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat die Abgeordneten des Bundestags aufgerufen, am Donnerstag für die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms zu stimmen. Die Parlamentarier entschieden über die Zukunft Europas, heißt es in einer Anzeige, die in mehreren Tageszeitungen veröffentlicht wurde. | Deutschland | 2011-09-27T10:56:00+02:00 | 2013-12-03T17:15:05+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2011/gewerkschaften-werben-fuer-euro-rettung/ |
|
Migranten vergewaltigen Mutter in Hamburger Schule | HAMBURG. Eine Hamburger Schule ist erneut Schauplatz einer unfaßbaren Tat geworden. Zwei „arabisch sprechende“ Männer, so die Polizei, vergewaltigten eine 29 Jahre alte Frau, die gerade ihr Kind von der Schule in der Weusthoffstraße im Stadtteil Heimfeld abholen wollte. Die Tat geschah bereits am Dienstag, einen Tag bevor migrantische Kinder und Jugendliche an mindestens zwei Schulen Lehrer mit Pistolen bedrohten. Die Polizei gab sie aber erst jetzt bekannt, weil sie Zeugen zu dem Verbrechen sucht. Kurz vor 12 Uhr sprachen die Frau – nach Angaben der Bild-Zeitung eine „Palästinenserin“ – zwei Männer auf Arabisch an. Die bisher unbekannten Täter zerrten sie dann aufs Schulgelände. Der eine hielt sie gewaltsam fest, während der andere sie sexuell mißbrauchte. Laut Angaben des Opfers ist der eine Mann zwischen 40 und 50 Jahre alt, etwa 1,70 Meter groß, hat ein arabisches Erscheinungsbild, graue Haare, zusammengewachsene Augenbrauen und einen Oberlippenbart. Der zweite Täter ist demnach zwischen 20 und 30 Jahre alt, etwa 1,78 bis 1,85 Meter groß, sieht ebenfalls arabisch aus, ist muskulös bis sportlich, hat ein ovales Gesicht mit frischer, schorfiger Wunde auf der Nase und trägt eine Tätowierung auf einem Unterarm. Die Polizei bittet Zeugen, die Hinweise auf die Täter geben können oder Beobachtungen gemacht haben, sich telefonisch unter 040/4286-56789 oder bei einer Polizeidienststelle zu melden. (fh) | JF-Online | Hamburgs Schulen kommen nicht zur Ruhe. Wie die Polizei erst jetzt bekanntgibt, vergewaltigen einen Tag vor den bewaffneten Überfällen „arabisch sprechende Täter“ eine junge Mutter. | hamburg,Vergewaltigung | Deutschland | 2023-11-10T07:34:32+01:00 | 2023-11-10T09:32:24+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/migranten-vergewaltigung-hamburg/ |
BSW eröffnet Bundestagswahlkampf mit AfD-Anleihe | BERLIN. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat den Bundestagswahlkampf mit einem Grundsatzdokument eingeläutet. „Deutschland, aber vernünftig und gerecht“, überschrieb die Partei der einstigen Linken-Ikone Sahra Wagenknecht (BSW) ihr Strategiepapier am Dienstag. Die AfD war bei der jüngsten Bundestagswahl 2021 mit dem Slogan „Deutschland. Aber normal.“ ins Rennen gegangen. Co-Parteichefin Wagenknecht mahnte auf X, die Politik werde ihren Aufgaben nicht mehr gerecht. „Die Politiker der Ampel und der frühere BlackRock-Lobbyist Merz werden unser Land nicht aus der Krise führen, sondern im schlimmsten Fall in einen großen Krieg“, mahnte sie. Die Politiker der #Ampel und der frühere BlackRock-Lobbyist #Merz werden unser Land nicht aus der #Krise führen, sondern im schlimmsten Fall in einen großen #Krieg. Was es stattdessen jetzt braucht: Unser Angebot für ein vernünftiges & gerechtes Land #BSW https://t.co/X8HtAbEr02 pic.twitter.com/dmhrcenKWp — Sahra Wagenknecht (@SWagenknecht) November 26, 2024 „Die Mehrheit der Menschen in Deutschland möchte weder Merz noch Scholz als Bundeskanzler“, betonte unterdessen auch das BSW in seinem Schreiben. Die Gefahr, daß nach der Wahl nichts besser, aber vieles noch schlechter werde, sei groß. Um das „erfolgreiche Deutschland-Modell“ zurückzuholen, sei ein „Kompetenz-Kabinett“ nötig. „Eine Expertenregierung aus integren, fachkundigen und unbestechlichen Persönlichkeiten, denen es nicht um ihre Anschlußverwendung in einem lukrativen Wirtschaftsjob, sondern tatsächlich um das Wohl der Allgemeinheit geht“, erläuterte das BSW die Idee. Außerdem erwähnte die Partei einige Wahlversprechen, mit deren Erfüllung die Bürger im Fall der Fälle rechnen könnten. Neben der Abschaffung des CO2-Preises, des „Verbrenner-Verbots“ und des Heizungsgesetzes und der Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro zählten dazu auch die Streichung der Waffenhilfe für die Ukraine aus dem Bundeshaushalt. „Kaum ein anderes Land belastet seine Bürger so stark, um diesen sinnlosen Krieg zu finanzieren“, begründete die erst Anfang des Jahres aus der Taufe gehobene Partei ihren Vorstoß. Außerdem versprach das Bündnis die Verkündung einer „Corona-Amnestie“ für alle Bußgelder, die wegen Verstößen gegen die Pandemiebekämpfungsmaßnahmen verhängt wurden. „Die sofortige Einstellung aller noch laufenden Verfahren ist überfällig“, unterstrich das BSW, das derzeit in drei Landesparlamenten Deutschlands als Fraktion vertreten ist. (fw) | JF-Online | Satte Statements sind das, die vom Bündnis Sahra Wagenknecht zum Wahlkampfauftakt kommen. Der Haken ist nur: Irgendwo hat man den wichtigsten Slogan der Partei schonmal so ähnlich gehört. | BSW | Deutschland | 2024-11-26T17:44:51+01:00 | 2024-11-26T17:50:55+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2024/bsw-eroeffnet-bundestagswahlkampf-mit-afd-anleihe/ |
Linksextreme überfallen Lokalpolitiker der Freien Wähler | FRANKFURT/MAIN. Zwei Frankfurter Stadtverordnete der Freien Wähler sind am vergangenen Sonntag von Unbekannten angegriffen worden. Die Täter stammen vermutlich aus dem linksextremen Milieu. Hintergrund war eine Gedenkveranstaltung zum 65. Jahrestag der Bombardierung Frankfurts. Hierzu hatten sich die Freien Wähler an einer Gedenkplatte in der Altstadt am Technischen Rathaus versammelt und Kerzen aufgestellt. Aufgrund von Protestaufrufen der Antifa Frankfurt im Internet war auch die Polizei vor Ort. Dennoch gelangten einige Gegendemonstranten auf den Platz, wo sie die Gedenkveranstaltung störten. Nach einem Bericht auf dem linksextremen Internetportal „Indymedia” bewarfen die Angreifer die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung sowie die Polizei mit Kerzen. Die Freien Wähler beendeten daraufhin die Veranstaltung vorzeitig. Polizei ermittelt wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung Aufgrund des Vorfalls wurden die beiden Stadtverordneten der Freien Wähler im Frankfurter Römer, Wolfgang Hübner und Hans-Günter Müller, nach der Veranstaltung von der Polizei zu ihren Fraktionsräumen im Rathaus begleitet. Als sie diese wieder verließen, wurden sie unvermittelt von mehreren vermummten Personen angegriffen. Während Hübner ins Rathaus flüchten konnte, wurde der 61 Jahre alte Lokalpolitiker Müller durch Tritte und Schläge im Gesicht verletzt. Die Freien Wähler bezeichneten den Vorfall als „Angriff auf die politische Kultur in Frankfurt“. Wer eine friedliche Gedenkveranstaltung nicht tolerieren, sondern unter Einsatz von Gewalt verhindern wolle, handle kriminell und schließe sich aus dem Kreis demokratischer Kräfte aus. In der Nacht zu Montag kam es zudem zu einem weiteren Vorfall. Unbekannte sprühten die Parole „Hier wohnt ein Nazi“ an Müllers Wohnhaus in Eschersheim. Die Polizei ermittelt nun wegen Nötigung, Körperverletzung und Sachbeschädigung. (krk) | JF-Online | FRANKFURT/MAIN. Zwei Frankfurter Stadtverordnete der Freien Wähler sind am vergangenen Sonntag von Unbekannten angegriffen worden. Die Täter stammen | Deutschland | 2009-03-24T16:53:00+01:00 | 2009-03-24T16:53:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2009/linksextreme-ueberfallen-lokalpolitiker-der-freien-waehler/ |
|
Nur Bildung schafft Ordnung | Wiki“ heißt auf hawaiisch „schnell“ und bezeichnet außerdem ein System zur Erstellung untereinander verlinkter elektronischer Texte, sogenannter Hypertexte. Im heutigen Sprachgebrauch ist ein Wiki eine Online-Enzyklopädie wie Wikipedia, die 2001 von dem amerikanischen Internet-Unternehmer Jimmy Wales begründet wurde und heute an sechster Stelle der weltweit am häufigsten frequentierten Internetseiten steht. Was als Spaßprojekt begann, hat mit der Entwicklung des Internet zum Leitmedium zu einer Revolution der Informationsverarbeitung geführt: Wie man früher zum Brockhaus griff, schaut man heute bei Wikipedia nach; während man damals aber wußte, daß ein Lexikon nur kurze, allgemeine Informationen liefert, werden Wikipedia-Artikel von Angehörigen der mit dem Internet aufgewachsenen Generation heute selbst in akademischen Arbeiten auf eine erstaunlich naive Weise zitiert. Bezog das gedruckte Lexikon seine Legitimation aus der Tatsache, daß seine Artikel von ausgewiesenen Experten verfaßt waren, so eröffnet Wikipedia bekanntlich jedem die Möglichkeit, selber neue Artikel einzustellen oder bestehende zu überarbeiten, wobei die Qualität der Beiträge durch das demokratische Prinzip der großen Zahl gewährleistet sein soll: Das Wissen der Einzelnen wird sich akkumulieren, Falsches und Überflüssiges durch die Aufmerksamkeit der Mitautoren bald ausgeschieden. Zudem gibt es bei aller programmatischen Offenheit doch mancherlei Instanzen mit Filterfunktion, etwa die aus besonders fleißigen Autoren rekrutierten Administratoren, sowie Relevanzkriterien, die zum Beispiel festlegen, wie viele Bücher ein Schriftsteller verfaßt oder an welchen Wettbewerben ein Sportler mit welcher Plazierung teilgenommen haben muß, um „enzyklopädisch relevant“ zu sein. So nötig die Versuche der Relevanzdefinition zur Vermeidung von Werbung und Selbstdarstellung sind, so kurios sind oft die Ergebnisse: Die „Hotelerbin“ Paris Hilton wird sehr viel ausgiebiger gewürdigt als der Barockdichter Andreas Gryphius; der Artikel „Arschgeweih“, der von Tätowierungen auf dem unteren Rücken handelt, ist deutlich länger als der über die causa sui, einen zentralen Begriff der abendländischen Philosophie; das Fernsehformat „Big Brother“ schlägt Kants „Kritik der reinen Vernunft“ um Längen, und der Container-Star Zlatko, der seinen kurzen, zweifelhaften Ruhm dadurch erlangte, daß er Shakespeare für eine Biersorte hielt, liegt mit dem Dichter Wilhelm Heinrich Wackenroder, einem Begründer der deutschen Romantik, etwa gleichauf. Dergleichen Grotesken verdeutlichen den Unterschied zwischen doch nur quantitativer Relevanz aufgrund des aktuellen Bekanntheitsgrades eines Themas und einer Bedeutung, die sich an qualitativen Maßstäben orientiert: der Originalität oder dem Einfluß einer Persönlichkeit, der prägenden Wirkung eines Gedankens oder der Mustergültigkeit eines Prinzips für Jahrhunderte. Um dergleichen aber beurteilen oder überhaupt als Problem erkennen zu können, ist ein Ordnung stiftendes Bildungswissen erforderlich, das durch Information allein nicht vermittelt bzw. durch inflationäres Faktenwissen im Sinne des Hypertext-Prinzips, also der Verknüpfung von potentiell allem mit allem, verdrängt wird. Weitere spezifische Probleme, etwa die Wechselwirkung zwischen Wikipedia und anderen Medien, die sich gegenseitig zitieren und dabei Fehler übernehmen oder bestätigen, und die Anfälligkeit für Juxbeiträge, „Vandalismus“ und edit wars, in denen unterschiedliche Interessengruppen erbittert um einzelne Beiträge ringen, kommen hinzu. Selbstverständlich hat Wikipedia schon Abspaltungen erlebt – etwa 2002 die der spanischsprachigen Enciclopedia Libre Universal, deren Betreiber eine Kommerzialisierung befürchteten – und zahlreiche Alternativprojekte angeregt, zum Beispiel die von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien in Deutschland indizierte, in sechzehn Sprachen verfügbare Metapedia und die im vergangenen Jahr gegründete Pluspedia, die „genug Platz für Irrelevanz“ bieten will; daneben gibt es auch satirische Parodien wie Kamelopedia. Insgesamt lassen sich zwei Stoßrichtungen der Wikipedia-Kritik unterscheiden, eine „anarchische“ und eine „elitäre“, die mit dem Selbstverständnis der „Wikipedianer“ als „Inkludisten“ oder „Exkludisten“ korrespondieren: Pluspedia-Gründer Antony Saravanja glaubt bei Wikipedia eine die Meinungsfreiheit gefährdende Tendenz zur Ausbildung einer Administratorenelite zu erkennen. Dagegen fordert die Politikwissenschaftlerin Margret Chatwin in dem von den SPD-Politikern Stephan Braun und Ute Vogt herausgegebenen Sammelband „Die Wochenzeitung ‘JUNGE FREIHEIT’ – Kritische Analysen zu Programmatik, Inhalten, Autoren und Kunden“ (2007) mehr „redaktionelle Durchsicht“ insbesondere bei „zeitgeschichtlichen und politischen Themen“, da die „Neue Rechte“ dort versuche, eine „Meinungshoheit“ zu erlangen – umgekehrt werfen viele Konservative Wikipedia eine einseitige Ausrichtung am linksgerichteten Mainstream vor. Das Grundproblem einer Entscheidung zwischen inkludistischer Verbreitung auch des Belanglosen oder exklusionistischer Redaktion nach Relevanzkriterien fächert sich innerhalb des „elitären“ Lagers weiter auf – je nachdem, ob primär wissenschaftliche Maßstäbe angelegt oder politische Positionen durchgesetzt werden sollen. Ob diese wie bei Metapedia rechtsaußen anzusiedeln sind oder in der Grauzone zwischen SPD und Linksextremismus – Chatwin war Betreiberin des umstrittenen „Informationsdienstes gegen Rechtsextremismus“ (IDGR), der sich bei seinen „Recherchen“ auch linksextremer Medien bediente –, ist dabei zweitrangig. Da eine Info-Anarchie durch das Internet sowieso geboten wird und somit nicht auch noch Aufgabe einer Enzyklopädie sein kann, sind Hierarchisierungen unverzichtbar; die zukünftige Bedeutung von Wikipedia und ähnlichen Projekten wird also davon abhängen, ob es ihnen gelingt, sich als kreative Alternativen sowohl zu kommerziellen als auch zu ideologisierten Medien zu profilieren. Kreation aber ist nicht Selbstorganisation, und Fakten ordnen sich niemals von alleine. Nur Bildung schafft Ordnung. Foto: Internetseiten von Wikipedia und Pluspedia: Alternativprojekte | JF-Online | Wiki“ heißt auf hawaiisch „schnell“ und bezeichnet außerdem ein System zur Erstellung untereinander verlinkter elektronischer Texte, sogenannter Hypertexte. | Kultur | 2010-02-12T00:00:00+01:00 | 2013-12-03T13:45:52+01:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2010/nur-bildung-schafft-ordnung/ |
|
Neue Eskalation in Bergkarabach: Warum Armenien allein steht | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Ferdinand Vogel | Die Lage in Bergkarabach wird immer dramatischer. Das christliche Armenien hat kaum Unterstützer im Kampf gegen die aserbaidschanischen Streitkräfte. An einen echten Frieden glaubt, trotz temporärem Waffenstillstand, kaum noch jemand. | Armenien | Ausland | 2023-09-20T12:33:51+02:00 | 2023-09-20T12:33:51+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2023/armenien-steht-nahezu-allein-da/ |
NRW will Christopher-Street-Day jährlich mit 145.000 Euro fördern | DÜSSELDORF. Die schwarz-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalens (NRW) hat angekündigt, den Christopher-Street-Day jährlich mit 145.000 Euro zu unterstützen. Die Förderung soll dazu dienen, die „Lebenssituation für LSBTIQ*-Menschen“ zu verbessern und „die Vielfalt der Zivilgesellschaft noch deutlicher zu stärken“, teilte Familienministerin Josefine Paul (Grüne) mit. Demnach können Vereine und Träger, die CSD-Veranstaltungen in NRW organisieren, „pro Jahr mit einer finanziellen Förderung von maximal 5.000 unterstützt werden“. Der Christopher-Street-Day sei aus „dem öffentlichen Leben vieler Städte und Gemeinden“ nicht mehr „wegzudenken“. Doch das „meist ehrenamtliche Engagement“ der Organisatoren benötige „nicht nur ideelle Unterstützung“. Benjamin Daniel Thomas von der CDU in Essen lobte die Entscheidung der Landesregierung. „So gelingt Inklusion“, schriebe er auf Twitter. Die #CDU geführte #NRW Landesregierung führt die Förderung von #CSD‘s ein. Als Vorsitzender des @netzwerkmmb freue ich mich ausdrücklich, dass explizit auch die barrierefreie Umsetzung der CSDs gefördert wird. So gelingt #Inklusion! Dafür hat sich auch die @lsu_nrw eingesetzt!🏳️🌈 pic.twitter.com/FyXHqYSlPD — Benjamin Daniel Thomas (@BenjaminDThomas) April 21, 2023
Zusätzlicher Hintergrund der Finanzierung sind Pläne der Landesregierung, wonach eine „Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen städtisch und ländlich geprägtem Raum“ erzielt werden soll. Die Förderung soll zur „Sichtbarkeit von queeren Communities in ländlichen Regionen“ beitragen. (lb) | JF-Online | Um die „Sichtbarkeit“ von sexuellen Minderheiten in ländlichen Regionen zu erhöhen, will die NRW-Landesregierung den Christopher-Street-Day mit stolzen Summen fördern. Die CDU zeigt sich begeistert. | NRW | Deutschland | 2023-04-26T10:35:14+02:00 | 2023-04-26T10:45:54+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/nrw-foerdert-csd/ |
Die Wähler fühlen sich verraten | Erst schleichend, nun immer rascher verändert das Land sein Gesicht. Innerhalb nur einer Generation sind die weißen Amerikaner, die Nachfahren der einstigen europäischen Einwanderer, in vielen Gebieten in die Minderheit geraten. In 35 der 50 größten US-Metropolen stellen sie inzwischen weniger als 50 Prozent der Bevölkerung. Es bestehen dort nun „Multi-Minoritäten-Gesellschaften“, wobei der Anteil der Schwarzen eher stagniert, der Anteil der Asiaten leicht wächst und derjenige der Latinos geradezu explodiert. Hält die Einwanderungswelle aus Mexiko an, so werden die USA in einigen Jahrzehnten über weite Strecken „hispanisiert“ sein, denn eine Assimilation wie bei früheren Einwanderern findet kaum noch statt. In einigen südwestlichen Bundesstaaten hat Spanisch das Englische als Verkehrssprache bereits verdrängt. Sorgen wegen der bedrohten angelsächsischen Identität hatte zuletzt Samuel Huntington in seinem Buch „Who Are We?“ geäußert. Der Umgang mit den geschätzten elf Millionen illegalen Einwanderern ist – neben dem Debakel im Irak – zum möglicherweise entscheidenden Thema des laufenden Wahlkampfs geworden. Im November entscheiden die US-Bürger über die neue Zusammensetzung des bislang republikanisch dominierten Repräsentantenhauses. Die Republikaner von Präsident George W. Bush sind in der Einwanderungsfrage uneinig. Der Wirtschaftsflügel plädiert für eine liberale Politik. Die billigen Arbeitskräfte, vor allem in der Landwirtschaft oder im Dienstleistungsgewerbe beschäftigt, beflügelten die US-Wirtschaft und bescherten den Konsumenten günstige Produkte und Dienstleistungen, argumentieren sie. Doch unter den US-Arbeitnehmern herrscht große Verunsicherung wegen der neuen Konkurrenz. Laut Umfragen befürwortet die Mehrheit der Wähler eine deutlich strengere Einwanderungspolitik. Während das Repräsentantenhaus im Dezember 2005 auf Initiative des Republikaners Tom Tancredo aus Colorado einen restriktiven Gesetzesentwurf verabschiedet hat, der den weiteren Zustrom aus Mexiko durch schärfere Sicherheitskontrollen drosseln will, hat sich der Senat im Mai mit den Stimmen der meisten Demokraten und einiger Republikaner für ein permissiveres Einwanderungsrecht ausgesprochen. Zwar fordert die parteiübergreifende Vorlage der Senatoren John McCain und Ted Kennedy auch einen schärferen Grenzschutz durch einen verstärkten 700 Kilometer langen Zaun im Süden, zugleich soll aber ein Gastarbeiterprogramm die Einwanderung verstetigen und bereits eingereisten Illegalen die US-Staatsbürgerschaft in Aussicht gestellt werden. Das US-Ministerium für Innere Sicherheit teilte letzten Freitag wählerwirksam mit, man werde die US-Grenze zu Kanada und Mexiko künftig mit einem neuartigen System von 1.800 Türmen, Kameras und Bewegungsmeldern überwachen. Der entsprechende Großauftrag an den Boeing-Konzern für den „unsichtbaren Zaun“ soll einen Gesamtwert von 2,5 Milliarden Dollar (knapp zwei Milliarden Euro) haben. Bush selbst hat hingegen mehrfach erklärt, daß er die mexikanische Einwanderung eher als ökonomische und kulturelle Bereicherung sieht. Dabei geht es ihm und Parteistrategen wie Karl Rove aber vor allem um Wählerstimmen. Sie sehen in den Latinos eine künftig bedeutsame politische Kraft und mögliche neue Basis für die Partei. Daß die Einwanderer sich zu organisieren beginnen, haben die Großdemonstrationen zum 1. Mai gezeigt. Aber der Rove vorschwebende Übergang von einer Partei mit angelsächsisch-protestantischen Wurzeln zu einer zunehmend hispanischen Einflüssen geöffneten Bewegung erweist sich als schwierig. Die alten Wählerschichten fühlen sich verraten. Als einer der schärfsten Kritiker der bisherigen Einwanderungspolitik tritt der dreimalige Präsidentschaftskandidat Pat Buchanan auf. Sein kürzlich erschienenes Buch „State of Emergency“ hat sofort die Spitze der Verkaufslisten erstürmt und die Debatte weiter angeheizt. Der konservative Journalist sieht die soziale Infrastruktur und kulturelle Einheit der USA durch die Masseneinwanderung akut in Gefahr. Der Strom der Migranten sei längst nicht mehr zu assimilieren, es drohe eine „Balkanisierung“, warnt er. Am Notstand in Schulen, Krankenhäusern und Gefängnissen in den südlichen Bundesstaaten sei abzulesen, wohin die Masseneinwanderung führe. Insgesamt entwirft Buchanan die düstere Vision einer in zahlreiche Minderheitengruppen zerfallenden Gesellschaft, die schließlich in Chaos und Gewalt ende. Zudem sieht er Parallelen zur muslimischen Einwanderung nach Europa und erwähnt die frühe Warnung des französischen Autors Jean Raspail (JF 34/06) vor einer zunächst friedlichen Invasion. Die Rassenunruhen in den Pariser Vororten vor einem Jahr erkennt Buchanan als Menetekel kommender Konflikte. „Die Islamisierung Europas ist eine unvermeidliche Konsequenz, nachdem die Europäer aufgehört haben, sich selbst zu reproduzieren.“ Allerdings hinkt der Vergleich: Die nach Europa einwandernden arabischen und nordafrikanischen Muslime entstammen einem fremden Kulturkreis – die mexikanischen Latinos sind katholische Christen. Zu Recht jedoch warnt Buchanan vor sozialen und kulturellen Spannungen, wenn die Wucht des Einwandererstroms die Integrationskapazität der alteingesessenen Bevölkerung übersteigt. Hohe Kriminalitätsraten und Verwahrlosung seien die Folge. Kurz nach Erscheinen des Buchs wurde Buchanan von Anhängern zu einer erneuten politischen Kandidatur gedrängt, was er ablehnte. Indirekt ist aber sein Einfluß spürbar wie schon seit Jahren nicht mehr. „Wenn die Zwischenwahlen 2002 der ’neokonservative Moment‘ in der amerikanischen Politik waren, so besteht die Gefahr, daß die Zwischenwahlen 2006 der ‚paläokonservative Moment‘ werden“, warnte der Economist in einem Artikel über Buchanan. Es drohe dann die Spaltung der republikanischen Partei, so das wirtschaftsnahe Blatt, das eine „Mistgabelrebellion“ der rechten Basis kommen sieht. Patrick J. Buchanan: State of Emergency: The Third World Invasion and Conquest of America, Thomas Dunne Books 2006, gebunden, 308 Seiten, 22,50 Euro Foto: Illegale Einwanderer aus Mexiko an der US-Südgrenze: Warnung vor einer „Balkanisierung“ der USA | JF-Online | Erst schleichend, nun immer rascher verändert das Land sein Gesicht. Innerhalb nur einer Generation sind die weißen Amerikaner, die Nachfahren der einstigen | Politik | 2006-09-29T00:00:00+02:00 | 2006-09-29T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/2006/die-waehler-fuehlen-sich-verraten/ |
|
Jugendgewalt: Film liefert Beweis für Rentner-These | BERLIN. Im Januar sorgte die These des Feuilleton-Chefs der Zeit, Jens Jessen, zu den Ursachen der Jugendkriminalität für Aufregung. Ein Kurzfilm, der seit einiger Zeit im Internet kursiert, könnte ihm als Vorlage gedient haben. Jessen hatte vor dem Hintergrund des brutalen Überfalls zweier ausländischer Jugendlicher auf einen Rentner in München in einem Videobeitrag die These aufgestellt, der Überfall könnte die Reaktion auf die permanente Gängelung junger Ausländer durch Rentner gewesen sein. „Man fragt sich doch, ob dieser Rentner, der sich das Rauchen in der Münchener U-Bahn verbeten hat, und damit den Auslöser gegeben hat zu einer zweifellos nicht entschuldigbaren Tat, eben sicher nur in einer Kette einer unendlichen Masse von Gängelungen, blöden Ermahnungen und Anquatschungen zu sehen ist, die der Ausländer, und namentlich der jugendliche, hier ständig zu erleiden hat. Und nicht nur der Ausländer. Letztlich zeigt der deutsche Spießer, um das böse Wort mal zu benutzen, doch überall sein fürchterliches Gesicht“, sagte Jessen. In dem Film mit dem Titel „Das Oma Problem“ ist nun zu sehen, was Jessen gemeint haben könnte: Vier rüstige Großmütter rauben Jugendlichen die Handys, prügeln grundlos auf sie ein und versetzen einen ganzen Ort in Angst und Schrecken. Selbst der von der Polizei gebildeten Sonderkommission gelingt es nicht, dem Treiben ein Ende zu setzen. Der mit Laienschauspielern gedrehte Film läßt keinen Zweifel daran, daß nicht die Jugendlichen das Problem sind, sondern „der deutsche Spießer“. Zum Kurzfilm „Das Oma Problem“ | JF-Online | BERLIN. Im Januar sorgte die These des Feuilleton-Chefs der Zeit, Jens Jessen, zu den Ursachen der Jugendkriminalität für Aufregung. Ein Kurzfilm, der seit | Deutschland | 2008-02-21T13:27:00+01:00 | 2008-02-21T13:27:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2008/jugendgewalt-film-liefert-beweis-fuer-rentner-these/ |
|
Bundesregierung will Haß im Netz härter bestrafen | BERLIN. Die Bundesregierung plant neue Maßnahmen gegen Haß im Netz. Zudem solle der Kampf gegen Rechtsextremismus ausgeweitet werden. Das Kabinett werde hierzu am Mittwoch ein Gesetzespaket beschließen, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Neben einer Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) werde auch das Waffenrecht verschärft. Künftig solle im Strafrecht zwischen Beleidigungen in der digitalen und der realen Welt unterschieden werden. Für entsprechende Äußerungen im Netz seien angesichts der „unbegrenzten Reichweite und der aufgrund vermeintlicher Anonymität oft sehr aggressiven Begehungsweise“höhere Strafen vorgesehen. „Eine Beleidigung auf Twitter oder Facebook, die unzählige Nutzer sehen können, ist etwas anderes als eine Beleidigung in der Kneipe“, erklärte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) dem Blatt. „Hetzer im Netz attackieren nicht nur einzelne Menschen, sonden vergiften das gesellschaftliche Klima.“ Facebook und Co. sollen strafrechtliche Äußerungen der Polizei melden Gleichzeitig sieht das Maßnahmenpaket vor, auch die Tatbestände „Aufforderung zu Straftaten“ und „Billigung von Straftaten“ härter zu ahnden. Auch hier soll der digitale Aspekt ergänzt werden. Durch eine Änderung des seit 2017 geltenden NetzDG sollen Betreiber von sozialen Netzwerken wie Facebook, YouTube oder Twitter verpflichtet werden, bestimmte strafbare Inhalte nicht nur zu löschen, sondern der Polizei zu melden. Das Bundeskriminalamt werde dafür eine neue Zentralstelle einrichten. Auch die IP-Adressen der betroffenen Nutzer sollen den Strafverfolgern weitergeleitet werden. Waffenerlaubnis soll leichter entzogen werden können Die geplanten Gesetze betreffen auch Waffenbesitzer. Wer künftig eine Waffenerlaubnis beantragt, soll immer durch den Verfassungsschutz überprüft werden. Bislang hatte es gegen diese sogenannte Regelabfrage des Inlandsgeheimdienstes Widerstand aus dem Bundesinnenministerium gegeben. Nun soll die Waffenerlaubnis auch leichter entzogen werden können. Wer Mitglied in einem verfassungsfeindlichen Organisation ist, dem kann künftig die Waffenerlaubnis entzogen werden können. Bislang mußte nachgewiesen werden, daß sich der Betroffene in den vergangenen fünf Jahren verfassungsfeindlich betätigt hat. Teile des Pakets sollen noch in diesem Jahr beschlossen werden. „Mit den dort genannten Maßnahmen werden wir Haß, Rechtsextremismus und Antisemitismus effektiv bekämpfen können“, teilte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, am Dienstag mit. (ls) | JF-Online | Die Bundesregierung plant neue Maßnahmen gegen Haß im Netz. Auch der Kampf gegen Rechtsextremismus soll ausgeweitet werden. Das Kabinett beschließt hierzu am Mittwoch ein Gesetzespaket. Neben einer Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes wird auch das Waffenrecht verschärft. | Deutschland | 2019-10-29T11:26:43+01:00 | 2019-10-29T11:26:43+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2019/bundesregierung-will-hass-im-netz-haerter-bestrafen/ |
|
Kein Platz auf der Burg | Die „Jugendburg Ludwigstein“ ist das Zentrum der deutschen Jugendbewegung. Schon seit einigen Jahren hängt hier der Haussegen schief. Es geht um die Frage, wer auf der Burg willkommen ist – und wer nicht. Damit geht es auch um das Selbstverständnis der heutigen bündischen Gruppen. Die Gemüter sind erhitzt. Am 8. November 2014 soll auf der Burg der Streit fortgesetzt werden. Die Burg Ludwigstein liegt im Werra-Meißner-Kreis in Hessen. Anfang des 15. Jahrhunderts erbaut, war die Burg Anfang des 20. Jahrhunderts weitgehend verfallen. Dennoch fühlten sich viele Gruppen der Jugendbewegung zu diesem Ort, der in der Nähe des legendären Hohen Meißners liegt, hingezogen. Sie nahmen die Burg seit Anfang des Jahrhunderts – unterbrochen durch den Ersten Weltkrieg – immer stärker in Besitz. 1920 gründeten Mitglieder der Jugendbewegung die Vereinigung „Jugendburg Ludwigstein“, um die Ruine zu erwerben und die Burg wieder aufzubauen – als Gemeinschaftsleistung aller Bünde. Die Gründungsmitglieder hatten den Wunsch, eine Begegnungsstätte für die verschiedenen Bünde der Jugendbewegung zu schaffen. Jugendbewegung war nicht homogen Grundlage des gemeinsamen Verständnisses war die Erklärung des Freideutschen Jugendtages von 1913, auch bekannt als „Meißner-Formel“: „Die Freideutsche Jugend will nach eigener Bestimmung vor eigener Verantwortung in innerer Wahrhaftigkeit ihr Leben gestalten. Für diese innere Freiheit tritt sie unter allen Umständen geschlossen ein.“ Die Jugendbewegung entstand um die Jahrhundertwende als Antwort junger Leute – überwiegend aus bürgerlichen Kreisen – auf ein überholtes autoritäres System. Ihre Mitglieder wollten raus aus der wilhelminischen Enge. Sie reisten in ferne Länder – und entdeckten auch die eigene Heimat neu. Sie suchten das Authentische, das „Echte“ – und meinten damit vor allem die „echte“ Freundschaft. Die Bünde der Jugendbewegung sollten „Lebensbünde“ sein. Von der Jugendbewegung ging eine große Faszination aus. Sie war nicht homogen, sondern setzte sich bis 1933 aus den unterschiedlichsten Bünden zusammen. Es gab kommunistische, sozialistische, christliche, jüdische und viele andere Bünde. Neben der „völkischen“ gab es auch eine „volkliche“ Richtung. Am Ende setzte sich die „völkische“ und damit die rassistische Richtung durch. Handvoll kleiner Bünde wird als „rechtsextrem“ angesehen Antisemitische Tendenzen gab es bereits vor dem Ersten Weltkrieg. Der Österreichische Wandervogel erklärte 1913, also im Jahr der „Meißner-Formel“: „Darum haben wir (…) kundgetan, daß wir weder Slaven noch Welsche, noch Juden in unseren Reihen sehen wollen, weil wir, umbrandet von Fremden und durchsetzt von Mischlingen, unsere rassische Reinheit bewahren müssen.“ Auf dieses Kapitel der Jugendbewegung hat kürzlich der Pädagoge, Psychologe und Nietzsche-Forscher Christian Niemeyer erneut aufmerksam gemacht. In seinem Buch „Die dunklen Seiten der Jugendbewegung“ setzt sich Niemeyer mit der völkischen Seite der Jugendbewegung auseinander – und mit der beschönigenden Aufarbeitung nach 1945. Die Frage, warum die Suche nach dem Eigenen und der Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben bei einem Teil der Jugendbewegung in der Ausgrenzung von Minderheiten geendet hatte, kann auch Christian Niemeyer nicht beantworten. Patrioten, die aus Scham keine Patrioten mehr sein wollten 1945 hatten viele Ideale der Jugendbewegung beziehungsweise der bündischen Jugend ihren Wert verloren. Bertolt Brecht stellte die berühmte Frage: „Was sind das für Zeiten, wo ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist, weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt?“ Es gab Patrioten, die aus Scham keine Patrioten mehr sein wollten. Mit dem Völkermord, der von Deutschen im Namen des deutschen Volkes verübt wurde, hat sich die „völkische“ Ideologie erledigt. Leider sind damit aber auch die „volklichen“ Strömungen in der früheren Jugendbewegung in Vergessenheit geraten. Zu denen, die mit „volklichen“ Ideen auch auf die Jugendbewegung eingewirkt hatten, gehörten unter anderem der spätere NS-Widerstandskämpfer Adolf Reichwein und Eugen Rosenstock-Huessy, der spätere „geistige Vater“ des Kreisauer Kreises. Beide waren von dem dänischen Philosophen Nikolai Frederik Severin Grundtvig (1783–1872) beeinflußt, der den Begriff der „Volklichkeit“ geprägt hatte. Die von Reichwein und Rosenstock-Huessy in den zwanziger Jahren organisierten „Arbeitslager“ für Arbeiter und Studenten in Schlesien waren Teil eines antikapitalistischen Bildungsprogramms. Durch „Volksbildung“ sollte die „Volkbildung“ vertieft werden. Vorwurf des „Extremismus“ Das war nicht – wie einzelne Kritiker heute behaupten – die „Light“-Version einer „völkischen“ Ideologie, sondern das Gegenteil. Der von Grundtvig verwendete Volksbegriff war nicht auf eine biologische „Herkunftsgemeinschaft“ beschränkt, sondern schloß die geistige „Überzeugungsgemeinschaft“ mit ein. Für richtige „Völkische“, die am liebsten Köpfe vermessen, eine grauenvolle Vorstellung. Vielleicht ist der Streit auf der Burg Ludwigstein vor diesem Hintergrund etwas besser zu verstehen. Die Leitung dieser bündischen Begegnungsstätte vertritt das Konzept einer „offenen Burg“. Danach sollen alle Bünde, die sich zur „Meißner-Formel“ und zu dem Wertekanon der Begegnungsstätte bekennen, auf der Burg willkommen sein. Zu denen, die dieses Bekenntnis abgelegt haben, gehört auch eine Handvoll kleiner Bünde, die von der Mehrheit der anderen Bünde als „völkisch“ beziehungsweise „rechtsextrem“ angesehen werden. Diese kleinen Bünde verfügen zusammen über kaum mehr als 300 Mitglieder und sollen – nach dem Willen der anderen Bünde – von der Burg ausgeschlossen werden. Doch die Leitung der Burg verteidigt diese Bünde gegen den Vorwurf des „Extremismus“. Spaltung und Umbenennung Ist der Vorwurf der anderen Bünde also gar nicht berechtigt? Oder ist das Kriterium des „Extremismus“ viel zu schwach? Müßte es andere Kriterien geben? Einer der kritisierten Bünde ist der „Freibund“. Die Geschichte dieses Bundes zeigt beispielhaft, wie schwer es sein kann, einen als falsch erkannten Kurs zu verlassen. Anfang der sechziger Jahre im rechtsextremen Milieu als „Bund Heimattreuer Jugend“ gegründet, nahm der Bund im Laufe der Zeit immer mehr Elemente der Jugendbewegung beziehungsweise bündischen Jugend auf. 1990 kam es zur Spaltung und zur Umbenennung. Seitdem trägt der Bund den heutigen Namen. Die Umbenennung war nicht ein „Etikettenwechsel“, sondern eine Zäsur. Damals ging ein Großteil der Mitglieder verloren. Auf der Suche nach neuen Leitbildern knüpfte man an die Tradition der bündischen Jugend vor 1933 an. Dadurch stieß man gleichzeitig auf den bündischen Widerstand – nach 1933. Es wurden Vorträge organisiert – zum Beispiel über den Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg, über den Jungenschaftsführer Eberhard Koebel („tusk“) und über die „Weiße Rose“. Mitglieder des Freibundes reisten zu Überlebenden der Widerstandsgruppe und befragten sie als Zeitzeugen. Einigen gingen die Veränderungen zu weit Doch mit der Spaltung waren die Auseinandersetzungen im Freibund nicht beendet. Als später ein neues Liederbuch zusammengestellt wurde, übernahm man aus der alten Liedersammlung, die aus der Frühphase des Bundes stammte, ein „falsches“ Lied. Der Fehler wurde entdeckt, als das Liederbuch bereits gedruckt war. In den darauffolgenden Jahren kam es im Freibund zu immer wieder neuen Austrittswellen. Das ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, wie sich das Selbstverständnis dieses Bundes durch die Zäsur 1990 verändert hatte. Einigen Mitgliedern gingen die Veränderungen zu weit. Anderen nicht weit genug. In der „Freiburger Erklärung“ aus dem Jahr 2005 ist das Selbstverständnis des Freibundes formuliert. Darin heißt es unter anderem: „Die Achtung der Menschenwürde und der menschlichen Grundrechte stellt eine Grundlage unseres Handelns dar. Wir verurteilen die Herabsetzung, Verfolgung oder gar Tötung von Menschen auf Grund ihrer Volkszugehörigkeit oder ihrer politischen und weltanschaulichen Einstellung. Wir bekennen uns zu den unveränderlichen Grundrechten des deutschen Grundgesetzes und fordern ihre konsequente Umsetzung …“ Umstrittenes Lied von Hans Baumann Der Freibund beruft sich in seiner „Freiburger Erklärung“ auf die „Meißner-Formel“. Doch wie ernst werden die „Freiburger Erklärung“ und die „Meißner-Formel“ von der Führung des Freibundes tatsächlich genommen? Zweifel sind angebracht – wenn man allein an das „Bundeslied“ des Freibundes denkt. Es ist merkwürdig, daß das Lied die Zäsur des Bundes überstanden hat. Es handelt sich um das Lied „Nur der Freiheit gehört unser Leben“. Text und Melodie stammen von Hans Baumann. Das Lied ist nicht nur im Liederbuch des Freibundes, sondern auch in rund 200 anderen Liederbüchern (für Schulen, Pfadfinder, Bundeswehr etc.) enthalten. Handelt es sich also um einen harmlosen, jugendbewegten Text? Der Eindruck täuscht. Hans Baumann hat das Lied 1935 verfaßt – im Auftrag der damaligen „Reichsjugendführung“ der HJ. Es handelt sich um eine „Auftragsarbeit“. An wessen Freiheit mag Hans Baumann wohl gedacht haben, als er den Text schrieb? Sicherlich nicht an die Freiheit derjenigen, die unter dem NS-Regime verfolgt wurden. Erwarten diejenigen, die das Lied heute singen, von denen, deren Vorfahren unter dem NS-Regime gequält und ermordet wurden, daß sie das Lied mitsingen? Wie kann es sein, daß ein solches Lied noch immer in vielen Liederbüchern – nicht nur der bündischen Jugend – zu finden ist? Die Geschichte des Liedes steht im Widerspruch zum Geist der „Meißner-Formel“ und zu allem, wofür die bündische Jugend heute steht. Konzept der „offenen Burg“ überdenken In dem Streit auf der Burg Ludwigstein – 25 Jahre nach dem Fall der Mauer – geht es nicht vorrangig um Lieder oder Liederbücher, sondern um Fragen eines gemeinsamen Geschichtsverständnisses – und um das Selbstverständnis der heutigen bündischen Jugend. Die Leitung der Burg Ludwigstein sollte das Konzept der „offenen Burg“ noch einmal gründlich überdenken – und von den Bünden mehr fordern als bisher. ——————————- Roland Wehl, Jahrgang 1957, arbeitet als Geschäftsführer einer Leasinggesellschaft. Er organisierte jüngst eine Veranstaltung mit Christian Niemeyer zum Thema Jugendbewegung, die im Oktober in Berlin stattfand. Ein Mitschnitt des Vortrags ist unter www.kohlenkeller-mexikoplatz.de zu finden. JF 46/14 | Roland Wehl | Auf der „Jugendburg Ludwigstein“ trifft sich regelmäßig die deutsche Jugendbewegung. Doch nicht alle Bünde sind willkommen, da sie ihren Kritikern als „völkisch“ und „rechtsextrem“ gelten. Sind die Vorwürfe überzogen oder haben sie eine Berechtigung? Ein Debattenbeitrag von Roland Wehl. | Forum | 2014-11-07T19:04:09+01:00 | 2014-11-17T13:42:42+01:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/forum/2014/kein-platz-auf-der-burg/ |
|
Tolkien: Am Anfang war das Wort | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Dietmar Mehrens | Er erfand Sprachen, ehe er Geschichten erfand. Eine Würdigung des großen Fantasy-Autors J. R. R. Tolkien, dessen Todestag sich am 2. September zum 50. Mal jährt. Begonnen hatte alles mit einer Erzählung für seine vier Kinder. | tolkien | Literatur | 2023-09-02T09:58:06+02:00 | 2023-09-02T09:58:58+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/literatur/2023/tolkien-am-anfang-war-das-wort/ |
Aus Angst vor Linksextremen: Schule cancelt Podiumsdiskussion mit AfD | HAMBURG. Nach Drohungen von Linksextremen hat eine Hamburger Schule eine Podiumsdiskussion mit dem AfD-Politiker Alexander Wolf abgesagt. Man habe „Sorgen um die Sicherheit der Beteiligten“, heißt es in einem Text auf der Internetseite des Gymnasium Corveystraße. Eigentlich hätten am Dienstag die traditionsreichen „Lokstedter Gespräche“ stattfinden sollen. Seit 1990 lädt die Bildungseinrichtung zu dieser Veranstaltung Hamburger Politiker ein, um mit ihnen eine Podiumsdebatte abzuhalten. Dieses Jahr sollte unter dem Titel „Zukunft gestalten, Gemeinschaft entfalten“ auch über das Thema Migration debattiert werden, wie die taz berichtet. Da für solche Veranstaltungen eine Neutralitätspflicht gilt, hatte die Schule auch den AfD-Bürgerschaftsabgeordneten Alexander Wolf eingeladen. Daraufhin tauchten in der Schule Flugblätter auf mit der Aufschrift: „Macht Lärm! Laßt Nazis nicht zu Wort kommen!“ Eine Schülergruppe kündigte an, die Veranstaltung stören zu wollen. „Wir wollen klare Kante zeigen“, betonte eine anonyme Schülerin. „Am Dienstag planen wir, so viel Lärm zu machen, daß Alexander Wolf auf der Bühne nicht seinen Haß verbreiten kann.“ Wolf sebs, der auch stellvertre äußerte sich bestürzt über die Absage. „Leider hat die linksextreme Antifa durch ihre Androhung mal wieder gegen die Demokratie gewonnen. Das ist sehr bedauerlich, denn dadurch erhalten die Schüler nicht die Möglichkeit, alle demokratisch legitimierten Parteien anzuhören, um sich eine eigene Meinung zu bilden. Und genauso sollte es in einer funktionieren Demokratie sein: zuhören, mitreden und eine eigene Meinung bilden. Leider ist das in Hamburg nicht mehr überall möglich. Ich hoffe im Sinne der Demokratie, daß die Podiumsdiskussion zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt wird. Ich stehe gerne zu Verfügung.“ (lb) | JF-Online | Eine Hamburger Schule will diskutieren. Über Migration. Doch da sie auch die AfD einlädt, mobilisieren Linksextreme gegen die Veranstaltung – und canceln sie erfolgreich. Die AfD sieht die Demokratie in Gefahr. | Podium | Deutschland | 2024-03-14T06:59:09+01:00 | 2024-03-14T06:59:09+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2024/aus-angst-vor-linksextremen-schule-cancelt-podiumsdiskussion-mit-afd/ |
Die große Transformation | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Dietmar Mehrens | Karfreitag und Ostern sind Feste der Verwandlung: Dem Sterblichen öffnet sich eine Brücke in die Ewigkeit. Gibt es Berührungspunkte mit der Transformationslehre des linksgrünen Milieus? | Transformation,Ostern | Gesellschaft | 2023-04-09T17:51:55+02:00 | 2023-04-09T17:51:55+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2023/die-grosse-transformation/ |
Serienvergewaltigung erschüttert Finnland | OULU. In Finnland steht eine Gruppe Ausländer im Verdacht, über Monate hinweg drei junge Mädchen vergewaltigt zu haben. Sieben Männer sitzen bereits in Untersuchungshaft, ein achter Verdächtiger wurde in Deutschland verhaftet, teilte die Polizei von Oulu am Dienstag mit. Zuvor war per Foto nach dem Mann gefahndet worden. Die Opfer werden von der Polizei als „unter 15 Jahren“ beschrieben. Keines der Mädchen sei aber erst zehn Jahre alt, wie einige finnische Medien berichteten, ergänzte die Polizei. Die Polizei ermittelt gegen die Männer, die als Asylbewerber und Kontingentsflüchtlinge nach Finnland gekommen sind und dort zum Teil seit Jahren leben, wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern, Vergewaltigung, Mißhandlung und besonders schwerer Vergewaltigung. Auch Körperverletzung wird ihnen zur Last gelegt. Die Taten sollen sich über ein Jahr lang hinweg ereignet haben. Einige der Verdächtige besitzen mittlerweile die finnische Staatsbürgerschaft. Auf ihrer Internetseite warnte die Polizei Oulu Kinder und deren Eltern davor, vorsichtig beim Umgang mit sozialen Medien zu sein, insbesondere gegenüber Fremden. (krk) | JF-Online | In Finnland steht eine Gruppe Ausländer im Verdacht, über Monate hinweg drei junge Mädchen vergewaltigt zu haben. Sieben Männer sitzen bereits in Untersuchungshaft, ein achter Verdächtiger wurde am Dienstag in Deutschland verhaftet. Alle Verdächtigen waren als Flüchtlinge nach Finnland gekommen. | Ausland | 2018-12-12T10:35:15+01:00 | 2018-12-12T10:59:51+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2018/serienvergewaltigung-erschuettert-finnland/ |
|
FDP erneut im Umfragetief | HAMBURG. Die FDP hat laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa erneut an Zustimmung verloren. Die Liberalen büßten in der vom Stern und RTL in Auftrag gegebenen Erhebung einen Punkt ein und fielen zurück auf ihr Rekordtief von drei Prozent. Die Union konnte sich dagegen um einen Punkt verbessern und kam auf 33 Prozent. Auch die Sozialdemokraten gewannen dazu und stiegen um einen Punkt auf 25 Prozent. Anders dagegen die Grünen: Sie verringerten sich um einen Punkt auf 22 Prozent und erzielten damit ihr schlechtestes Umfrageergebnis seit Anfang April. Die Linkspartei verbesserte sich um einen Punkt auf zehn Prozent. Für „sonstige Parteien“ votierten sieben Prozent der Befragten. Rot-Grün hätte damit gegenüber Schwarz-Gelb einen Vorsprung von elf Prozentpunkten und damit eine knappe Mehrheit im Bundestag. Forsa-Chef Manfred Güllner begründete die schlechten Umfragewerte der FDP mit der mangelnden Überzeugungskraft ihrer Führungsfiguren. „Der Außenminister bleibt ein Hemmschuh. Der Wirtschaftsminister gilt als nett, hat fachlich aber noch keine Kontur gewonnen. Und bei Entscheidungen wie jetzt zum Euro steht nicht er, sondern Kanzlerin Angela Merkel auf der Weltbühne“, sagte Güllner dem Stern. Die SPD strahle dagegen mit ihrem Dreiergespann Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück Einigkeit und Kompetenz aus. Dies habe zur Stabilisierung der Partei beigetragen. (krk) | JF-Online | Die FDP hat laut einer aktuellen Umfrage erneut an Zustimmung verloren. Die Liberalen büßten einen Punkt ein und fielen auf ihr Rekordtief von drei Prozent zurück. | Deutschland | 2011-07-27T12:08:00+02:00 | 2013-12-04T11:52:48+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2011/fdp-erneut-im-umfragetief/ |
|
Dreyer offen für Bündnis mit der Linkspartei | BERLIN. Die kommissarische SPD-Chefin Malu Dreyer hat ein mögliches Bündnis mit der Linkspartei auf Bundesebene nicht ausgeschlossen. „Sollte es eine Mehrheit links von der Union geben, müssen wir das Gemeinsame suchen und das Trennende analysieren. Unser Anspruch muß sein, ein Bündnis anzuführen“, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Zwar vertrete die Linkspartei zum Teil Positionen, die sie nicht teile, und einige davon seien auch nicht verhandelbar. „Aber Koalitionspartner sind nie das gleiche wie man selbst. Dann muß man sich eben verständigen.“ Sie sei jedenfalls „gespannt“ auf Rot-Rot-Grün in Bremen. Linke: Äußerungen machen Hoffnung Zuvor hatte der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel der derzeitigen SPD-Führung aus Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel einen zu starken Linkskurs vorgeworfen. Die Partei sei „linker als die Linkspartei geworden und ökologischer als die Grünen“. Man konzentriere sich zu sehr auf Gruppen- und Minderheitenthemen, beklagte er. Die Linkspartei hingegen zeigte sich erfreut über Dreyers Äußerungen. Diese machten Hoffnung, daß nach der nächsten Bundestagswahl „konstruktive Gespräche über neue linke Mehrheiten möglich sind“, sagte Parteichefin Katja Kipping der Nachrichtenagentur dpa. Gemeinsam könne man so dafür Sorge tragen, „daß soziale Gerechtigkeitsthemen wie Arbeit, Rente und Gesundheit nicht von einer schwarz-grünen Mehrheit untergebuttert werden“. (krk) | JF-Online | Die kommissarische SPD-Chefin Malu Dreyer hat ein mögliches Bündnis mit der Linkspartei auf Bundesebene nicht ausgeschlossen. „Sollte es eine Mehrheit links von der Union geben, müssen wir das Gemeinsame suchen und das Trennende analysieren. Unser Anspruch muß sein, ein Bündnis anzuführen.“ | Deutschland | 2019-08-08T16:50:41+02:00 | 2019-08-08T16:50:41+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2019/dreyer-offen-fuer-buendnis-mit-der-linkspartei/ |
|
Innensenator Körting rechnet mit weiteren Anschlägen | BERLIN. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) rechnet offenbar mit weiteren Anschlägen von Linksextremisten. Zwar sei die Zahl der angezündeten Fahrzeuge in der Hauptstadt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesunken, doch gehe er davon aus, „daß der Spuk nicht vorbei ist“, sagte Körting nach einem Bericht der Nachrichtenagentur ddp am Montag vor dem Innenausschuß des Abgeordnetenhauses während einer Debatte über Linksextremismus. Eine Rolle für den Rückgang habe unter anderem das kalte Wetter gespielt. Das Thema war auf Antrag der CDU-Fraktion auf die Tagesordnung gesetzt worden. Besorgt äußerte sich der Senator über die jüngsten Anschläge mit Gaskartuschen. Diese bedeuteten eine neue Qualität der Gewalt. In den vergangenen Monaten waren mehrere Anschläge mit Sprengsätzen aus Gaskartuschen in Berlin verübt worden, unter anderem auf das Haus der Wirtschaft und die Landesgeschäftsstelle der Deutschen Polizeigewerkschaft. Schwierigkeiten bei der Sicherung von Beweisen Probleme räumte Körting bei der Beweissicherung von Brandanschlägen auf Autos ein. Grillanzünder und andere Beweise würden zumeist verbrennen, und Gerichte verlangten, daß die Brandstifter auf frischer Tat ertappt würden. Bisher hätten Prozesse gezeigt, daß „eine Reihe von Indizien dem Rechtsstaat nicht ausreicht, um Tatverdächtige zu verurteilen“, sagte Körting laut dem Fernsehsender tv.berlin. Erst am vergangenen Freitag war ein 23 Jahre alter Mann, der der linken Szene zugerechnet wird, aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden. Ihm war zur Last gelegt worden, im Juni vergangenen Jahres ein Fahrzeug in Brand gesteckt zu haben. Eine andere Tatverdächtige war nach mehrmonatiger Untersuchungshaft im vergangenen November freigesprochen worden. (krk) | JF-Online | Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) rechnet offenbar mit weiteren Anschlägen von Linksextremisten. Zwar sei die Zahl der angezündeten Fahrzeuge zurückgegangen, doch gehe er davon aus, daß „der Spuk“ noch nicht vorbei sei. | Deutschland | 2010-03-08T17:26:00+01:00 | 2013-12-03T18:53:22+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2010/innensenator-koerting-rechnet-mit-weiteren-anschlaegen/ |
|
Hohe Mordrate: „Berlin ist eine unwürdige Hauptstadt“ | BERLIN. Die AfD hat den anderen Parteien eine Mitverantwortung für die hohe Mordrate in Berlin gegeben. „Berlin ist eine unwürdige Hauptstadt und ein Paradebeispiel dafür geworden, was jahrzehntelange bunte Altparteienherrschaft für schlimme Folgen hat“, teilte der stellvertretende AfD-Chef Stephan Brandner am Montag mit. Kriminelle Clans und Banden hätten „sich Berlin zu eigen gemacht“. Eine Ende Dezember veröffentlichte Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung(DIW) hatte die Zahl der Morde gerechnet auf 100.000 Einwohner von 16 europäischen Hauptstädten im Jahr 2016 verglichen. Dabei lag Berlin mit dem Wert 4,4 an erster Stelle. Dahinter folgten Paris mit 2,4 und Brüssel mit 2,2. Laut Berliner Zeitung waren rund die Hälfte der Tatbeteiligen in dem genannten Zeitraum keine deutschen Staatsbürger. Sowohl 48 Prozent der Opfer als auch fast 52 Prozent der Tatverdächtigen seien Ausländer gewesen. „Daß mehr als die Hälfte der Tatverdächtigen keine deutsche Staatsbürgerschaft hat, zeigt einmal mehr, wohin eine unkontrollierte Masseneinwanderung führen kann“, kritisierte Brandner. „Das ist nicht das Deutschland, das wir wollen.“ Kritik an Studie Allerdings gibt es an der Arbeit der Studienautoren Kritik. Für Berlin habe das DIW die Zahlen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OSZE) verwendet. Die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik für 2016 weise aber 37 vollendete Morde aus. Damit käme man auf einen Wert von 1,0 statt 4,4, errechnete die Berliner Zeitung. Fasse man jedoch die Zahl der „Straftaten gegen das Leben“ zusammen, komme man auf 167 und damit den mathematisch korrekten Wert 4,4. Unter dieser Kategorie werden allerdings nicht nur Morde oder Totschläge gerechnet, sondern auch fahrlässige Tötungen, minder schwere Totschläge oder Tötungen auf Verlangen. Im Laufe des Montags kündigte die OECD an, die Zahlen zu überprüfen. „Die Daten zu Tötungsdelikten werden der OECD von den nationalen Behörden gemeldet. In der Tat erscheinen im internationalen Vergleich die Mordraten für die deutschen Bundesländer ungewöhnlich hoch“, sagte OECD-Sprecher Matthias Rumpf dem Blatt. „Wir prüfen, ob die Zahlen nach den OECD-Standards berichtet wurden.“ Berlin bildet auch das Schlußlicht eines anderen Vergleichs unter europäischen Hauptstädten. Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln rechnete Anfang 2019 den sogenannten Hauptstadteffekt im europäischen Vergleich aus. Der Wert beschreibt den Verlust der Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung, den ein Land ohne seine Hauptstadt erleiden würde. Während in allen anderen untersuchten Staaten die Wirtschaftsleistung pro Kopf ohne ihre Hauptstadt sinken würde, stiege sie im Fall Deutschlands um 0,16 Prozent an. (ls) | JF-Online | Die AfD hat den anderen Parteien eine Mitverantwortung für die hohe Mordrate in Berlin gegeben. „Berlin ist eine unwürdige Hauptstadt und ein Paradebeispiel dafür geworden, was jahrzehntelange bunte Altparteienherrschaft für schlimme Folgen hat.“ Hintergrund ist eine Studie, die Berlin die höchste Mordrate europäischer Hauptstädte bescheinigt. | Deutschland | 2020-01-06T18:56:38+01:00 | 2020-01-06T18:56:38+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2020/hohe-mordrate-berlin-ist-eine-unwuerdige-hauptstadt/ |
|
Geschlechtertrennung bei britischen Sozialdemokraten | OLDHAM. Die Geschlechtertrennung bei einer Wahlveranstaltung für die sozialdemokratische Labour-Partei sorgt in Großbritannien für Spott und Empörung. Auf Fotos, die über den Kurznachrichtendienst Twitter verbreitet wurden, ist zu sehen, wie Frauen und Männer bei einer Veranstaltung der islamischen „Labour Friends of Bangladesh“ getrennt sitzen. Labour Friends of Bangladesh here to return @CllrJimMcMahon as the next MP for #OldhamWest with fab @ShabanaMahmood pic.twitter.com/ZLDYbSyDFJ — Debbie Abrahams (@Debbie_abrahams) 29. November 2015 Veröffentlicht wurden die Fotos von der Frau des Labour-Kandidaten Jim McMahon, zu dessen Wahlunterstützung die Veranstaltung am Sonntag abgehalten wurde. McMahon stellt sich zur Nachwahl eines Sitzes im Unterhaus im Bezirk Oldham West. Konkurrent John Bickley von der britischen Unabhängigkeitspartei (Ukip) zeigte sich entsetzt. Ukip kritisiert Veranstaltung „Ist das wirklich Labours modernes Großbritannien, wo bei einer politischen Veranstaltung nach Geschlecht getrennt wird?“ fragte der Politiker. „Wie kann es im modernen Großbritannien akzeptabel sein, daß eine politische Partei, die sich wünscht, alle Menschen zu vertreten, denkt, daß es in Ordnung ist, nach Geschlecht zu trennen“, monierte der Ukip-Kandidat. Die Sozialdemokraten müßten sich fragen lassen, ob das ihre Vorstellung des künftigen Großbritanniens sei. McMahon wies die Kritik zurück. Ein Sprecher der Partei ließ ausrichten, es habe niemals eine Geschlechtertrennung gegeben. „Der Vorwurf ist absolut unwahr.“ Ukip klammere sich nur an einen Strohhalm, um bei der kommenden Wahl Erfolg zu haben. Auf die wirklichen Probleme der Bürger habe die Partei keine Antwort. | JF-Online | Die Geschlechtertrennung bei einer Wahlveranstaltung für die sozialdemokratische Labour-Partei sorgt in Großbritannien für Spott und Empörung. Die Ukip-Partei von Nigel Farage fragte: „Ist das wirklich Labours modernes Großbritannien, wo bei einer politischen Veranstaltung nach Geschlecht getrennt wird?“ | Ausland | 2015-11-30T16:29:30+01:00 | 2015-11-30T18:23:38+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2015/geschlechtertrennung-bei-britischen-sozialdemokraten/ |
Subsets and Splits
No community queries yet
The top public SQL queries from the community will appear here once available.