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1970-01-01 01:00:00+0100
2025-06-14 14:47:07+0100
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Geldautomatensprenger kommen meist aus dem Ausland
BERLIN. Die Zahl der Geldautomatensprengungen in Deutschland ist 2023 erneut auf hohem Niveau geblieben. Wie aus einer der JUNGEN FREIHEIT vorliegenden Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage des AfD-Abgeordneten Stephan Brandner hervorgeht, wurden dem Bundeskriminalamt für das Jahr 2023 insgesamt 461 Fälle von Automatensprengungen bekannt. In 276 Fällen gelang es den Tätern, Bargeld zu erbeuten. Der dabei angerichtete Gesamtschaden belief sich laut Bundeslagebild auf rund 28,3 Millionen Euro. Vollständige Zahlen für 2024 liegen dem BKA noch nicht vor, heißt es. Die Sicherheitsbehörden sehen hinter dem Phänomen weiterhin überwiegend professionell agierende Tätergruppierungen. Von den insgesamt 201 Tatverdächtigen, die 2023 im Zusammenhang mit Automatensprengungen ermittelt wurden, verfügten 179 über eine ausländische Staatsangehörigkeit. Das entspricht einem Anteil von 89,1 Prozent. Besonders häufig traten Tatverdächtige aus den Niederlanden in Erscheinung: 136 Personen, also mehr als drei Viertel aller nichtdeutschen Verdächtigen, stammten laut Bundesregierung aus dem westlichen Nachbarland. Auf Platz zwei folgten Rumänen mit zehn Verdächtigen, gefolgt von Marokkanern (acht) und Personen mit polnischer sowie syrischer Staatsangehörigkeit (je drei). Der AfD-Abgeordnete Brandner kreidete gegenüber der JUNGEN FREIHEIT ein Verfehlen der Regierung an. „Seit Jahren wird das Problem der Geldautomatensprengungen nicht konsequent genug angegangen und weitet sich zunehmend aus“, sagte er. Konkrete Lösungsansätze seien nicht erkennbar, monierte Brandner. „Die Politik scheint auch dieser Herausforderung weitgehend tatenlos gegenüberzustehen.“ Die Ermittlungsbehörden weisen bereits seit mehreren Jahren auf Strukturen der organisierten Kriminalität hin. Demnach handelt es sich bei den niederländischen Tatverdächtigen häufig um Männer mit marokkanischem Migrationshintergrund, die in Städten wie Utrecht, Amsterdam oder Rotterdam leben. Der Kreis aktiver Täter wird auf bis zu 700 Personen geschätzt. Einen aktuellen Fall meldete am Mittwoch das Bayerische Landeskriminalamt. In der Nacht zu Mittwoch hatten Unbekannte einen Geldautomaten der VR-Bank Main-Rhön im unterfränkischen Fladungen gesprengt. Die Täter flüchteten laut Polizei in einem dunklen Fahrzeug Richtung Thüringen. Das Kriminaltechnische Institut des LKA untersucht derzeit die bei der Sprengung eingesetzten Explosivstoffe. Bei der Fahndung wird um Hilfe aus der Bevölkerung gebeten. Der Anteil vollendeter Sprengungen liegt seit Jahren deutlich über fünfzig Prozent. Während früher meist Gas zur Anwendung kam, verwenden die Täter seit etwa 2019 zunehmend sogenannte Blitzknallkörper, die eine erheblich höhere Zerstörungskraft entfalten. Die Polizei warnt vor unkalkulierbaren Gefahren für Anwohner und Einsatzkräfte. In mehreren Fällen wurden tragende Gebäudeteile beschädigt und angrenzende Wohnungen evakuiert. (sv)
JF-Online
In Bayern sprengen Unbekannte einen Geldautomaten. Das Bundeskriminalamt zählt mittlerweile mehr als eine Sprengung pro Tag. Der JF liegen exklusive Zahlen vor.
Geldautomat
Deutschland
2025-05-23T12:28:37+02:00
2025-05-23T12:28:37+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2025/geldautomatensprenger-kommen-meist-aus-dem-ausland/
Betreutes Denken als Kampf gegen Demokratie
Unter immer neuen Decknamen zweigt die Bundesregierung Steuermillionen aus dem Haushalt ab, um ein Heer politisch wohlgesonnener Vorfeldorganisationen zu subventionieren. Aktuell streitet die Ampel um das „Demokratiefördergesetz“, das 200 Millionen Euro jährlich bereitstellen soll, damit „Planungssicherheit“ für zu fördernde „Projekte“ herrscht: rund 600 Träger, die über 5.000 „Maßnahmen“ pro Jahr zur „Stärkung der Zivilgesellschaft“ durchführen. Das wohlklingende Wortgeklingel läßt sich auch abkürzen: Was unter „Demokratieförderung“ seit Jahren zelebriert wird, ist der Mißbrauch von Steuermitteln, um eine gigantische linke Wahlkampfmaschine zu alimentieren. Denn die Gelder versickern fast ausschließlich in einem „rot-grünen Milieu“, wie die NZZ gerade nüchtern analysiert hat. Über 100 Mitarbeiter beschäftigt das Bundesfamilienministerium, um Anträge linker Initiativen am Fließband abzuarbeiten und Gelder zu überweisen. Und das Ganze ohne ernsthafte Überprüfung, wie der Bundesrechnungshof inzwischen anklagt: Die Ziele der Programme seien so unklar, weshalb eine „sachgerechte Zielerreichungskontrolle“ unmöglich sei. Zudem, so die Rechnungsprüfer, fehle die „Förderkompetenz des Bundes“, wie nun auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem aktuellen Gutachten bestätigt. All dies wird die grün-roten Politiker nicht beirren. Schließlich geht es ihnen um „stabile Unterstützungsstrukturen“ für diejenigen, die sich „vor Ort für ein demokratisches Miteinander und Vielfalt einsetzen“ und die „oft prekär finanziert“ seien, wie Familienministerin Lisa Paus anmahnt. Ziel ist eine Flatrate für ihr politisches Vorfeld. Die skandalöse Asymmetrie der öffentlichen Meinung, da sowohl öffentlich-rechtliche als auch etablierte private Medien ohnehin schon eine linke Schlagseite haben, soll durch ein gigantisches Subventionsprogramm grün-roter Sympathisanten zementiert werden. Daß sich Politiker von Union und FDP nur halbherzig gegen diese verfassungswidrige Wettbewerbsverzerrung zur Wehr setzen, unterstreicht den Opportunismus und mangelnden Machtinstinkt eines spezifischen bürgerlichen Milieus. Hinter „Demokratieförderung“ steht nach orwellschem Neusprech in Wahrheit der Kampf gegen Demokratie und freien Diskurs. Feindbild ist der mündige, selbständig denkende Bürger, der ohne Beaufsichtigung in der Lage ist, am politischen Meinungsstreit teilzunehmen. Hier verbirgt sich die alte totalitäre Idee, Erwachsene Menschen zu ihrem Glück zwingen zu wollen, ihnen die Entscheidung darüber, was richtig oder falsch ist, einzutrichtern, wer gut und wer böse, links (diskutabel) und rechts (indiskutabel) ist. Das muß ein Ende haben. JF 12/24 Follow @dieter_stein
Dieter Stein
Angeblich geht es dem Familienministerium um „Demokratieförderung“. Doch hinter dem Begriff verbirgt sich der Kampf gegen ein linkes Feindbild: den mündigen Bürger. Der halbherzige Widerstand der FDP zeigt deren Opportunismus. Ein Kommentar von JF-Chefredakteur Dieter Stein.
Demokratie
Streiflicht
2024-03-14T11:30:49+01:00
2024-03-14T11:30:49+01:00
https://jungefreiheit.de/debatte/streiflicht/2024/betreutes-denken-kampf-gegen-demokratie/
Tschechiens Parlament stimmt für Recht auf Waffenbesitz
PRAG. Das tschechische Unterhaus hat das Recht auf den Besitz von Schußwaffen gebilligt. Die 200 Sitze große Parlamentskammer stimmte mit 139 Ja- und neun Nein-Stimmen für die Verfassungsänderung. Das politische System in Tschechien sieht nun vor, daß der Gesetzesentwurf vom Senat mit einer Drei-Fünftel-Mehrheit zugestimmt werden muß, um das Verfassungsrecht endgültig ändern zu können. Laut dem Entwurf bekommen „die Bürger der Tschechischen Republik das Recht, Waffen und Munition zu erwerben, aufzubewahren und zu tragen.“ Innenminister Milan Chovanec (ČSSD), der die Gesetzesänderung angestoßen hatte, begründete seine Motivation mit den islamistischen Terrorangriffen von Paris und Berlin. Er spricht sich für das Recht der Bürger aus, sich gegen solche nunmehr häufigen Angriffe sofort schützen zu können und zu dürfen – ohne auf das Erscheinen der polizeilichen Behörden warten zu müssen. „Der Grund ist, daß sich in Europa die Sicherheitslage immer weiter verschlechtert“, begründete Chovanec den Vorstoß laut Nachrichtenagentur APA. 300.000 der 10,5 Million Tschechen besitzen den Waffenschein und führen mehr als 800.000 Waffen. Die Lockerung des Waffengesetzes ist eine Reaktion der Tschechen gegen die jüngste Verschärfung des EU-Waffengesetzes. „Die Kommission will einen Teil der Waffenbesitzer entwaffnen – das ist schlicht und einfach Unfug“, betonte Chovanec. Die EU-Richtlinie sieht vor, vollautomatische, militärische und halbautomatische Schußwaffen grundsätzlich zu verbieten. Ebenso betroffen sind Kurzwaffen mit Magazinen von mehr als 20 Schuß und Langwaffen mit mehr als zehn Schuß. (JF)
JF-Online
Das tschechische Unterhaus hat das Recht auf den Besitz von Schußwaffen gebilligt. Die 200 Sitze große Parlamentskammer stimmte mit 139 Ja- und neun Nein-Stimmen für die Verfassungsänderung. „Der Grund ist, daß sich in Europa die Sicherheitslage immer weiter verschlechtert“, begründete Innenminister Milan Chovanec den Vorstoß.
Ausland
2017-06-29T14:31:50+02:00
2017-06-30T09:19:45+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2017/tschechien-verankert-recht-auf-waffenbesitz-in-verfassung/
Grüne wollen Rechte von Illegalen ausweiten
BERLIN. Die Grünen im Bundestag wollen die „sozialen Menschenrechte“ illegal in Deutschland lebender Einwanderer massiv ausweiten. Dies geht aus einem am Mittwoch eingereichten Gesetzesentwurf hervor. Als größtes Ärgernis sehen die Parlamentarier „die Meldepflicht aller öffentlichen Stellen an die Ausländerbehörde“ an, mit der die illegale Einwanderung bisher bekämpft wird. Künftig soll laut dem Antrag die Meldepflicht auf staatliche Einrichtungen beschränkt werden, „die der Gefahrenabwehr und der Strafrechtspflege dienen“. Bei Einrichtungen wie dem Amt für die Gewährung von Asylleistungen oder dem Sozialamt soll künftig eine Meldepflicht nur unter Auflagen erfolgen. „Die Betroffenen vermeiden den Kontakt mit allen staatlichen Einrichtungen aus Furcht, daß dadurch ihr Aufenthalt in Deutschland bekannt wird“, heißt es zur Begründung. Kosten „derzeit nicht zu prognostizieren“ „Zudem ist die humanitär motivierte Hilfe für diese Menschen in Deutschland unter Strafe gestellt“, beklagen die Grünen-Politiker. Der Straftatbestand der Beihilfe soll daher entsprechend eingeschränkt werden. Die Antragsteller schätzen, daß durch den Gesetzesentwurf „den öffentlichen Leistungsträgern Kosten“ entstehen würden, die „derzeit nicht zu prognostizieren“ seien. Einen ähnlichen Antrag hatte bereits vor zwei Jahren die SPD eingereicht. (FA)
JF-Online
Die Grünen wollen die „sozialen Menschenrechte“ illegal in Deutschland lebender Einwanderer massiv ausweiten. Vor allem die Meldepflicht öffentlicher Stellen soll stark eingeschränkt werden.
Deutschland
2011-06-23T11:29:00+02:00
2013-12-03T19:18:29+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2011/gruene-wollen-rechte-von-illegalen-ausweiten/
Jennifer Ulrich, Schauspielerin
Wo möchten Sie am liebsten sein? Ich bin momentan sehr glücklich, wo ich bin, beruflich sowie privat. Wofür lassen Sie alles stehen und liegen? Für meine Familie und meine Freunde. Was bedeutet Heimat für Sie? Geborgenheit, Sicherheit, Großstadt, Familie, Rückzug … Gerade als Schauspielerin, wenn man viel unterwegs ist, ist es wichtig, einen Ort zu haben, den man Heimat nennt, um dort Ruhe zu finden. Was ist Ihnen wichtig im Leben? Daß die Leute um mich herum und natürlich auch ich glücklich und gesund sind. Was haben Ihnen Ihre Eltern mitgegeben? Bodenhaftung, Selbstbewußtsein, Zielstrebigkeit, Humor, aber vor allem mir selbst treu zu bleiben und mich nicht verbiegen zu lassen. Welches Buch hat Sie nachhaltig beeinflußt? Ich habe das Jugendbuch „Die Mitte der Welt“ von Andreas Steinhöfel geliebt, aber stark beeinflußt haben mich auch viele andere Bücher. Welche Musik mögen Sie? Ich bin ein totaler Punkrock-Fan. Ich liebe die Beatsteaks, Billy Talent, Die Ärzte, The Hives. Welches Ereignis ist für die Welt das einschneidendste gewesen? Nur eins zu benennen würde unserer Weltgeschichte von etwa 4,6 Milliarden Jahren nicht gerecht werden. Was möchten Sie verändern? Jeder einzelne sollte sich die Frage stellen „Wie können wir die Zukunft nachhaltig beeinflussen?“ Das fängt bei kleinen Dingen wie Toleranz, Respekt und Umweltbewußtsein an. Woran glauben Sie? An viele Dinge. Das Gute im Menschen, die große Liebe, Schicksal, Geister und vieles mehr … Welche Werte sollen wir unseren Kindern weitergeben? Viel Liebe und Vertrauen, dann kommt der Rest von ganz allein. Welche Bedeutung hat der Tod für Sie? Er gehört zum Lauf des Lebens … Jennifer Ulrich , 23, gab ihr Kameradebüt 2001 in dem Kinofilm „Große Mädchen weinen nicht“; seither war die Berlinerin in zahlreichen Spielfilmen sowie im TV zu sehen; ihre erste große Hauptrolle spielt sie in „Die Welle“, der nächste Woche in die Kinos kommt.
JF-Online
Wo möchten Sie am liebsten sein? Ich bin momentan sehr glücklich, wo ich bin, beruflich sowie privat. Wofür lassen Sie alles stehen und liegen? Für meine
Sonderthema
2008-03-07T00:00:00+01:00
2008-03-07T00:00:00+01:00
https://jungefreiheit.de/sonderthema/2008/jennifer-ulrich-schauspielerin/
Mohammad auf Platz fünf der beliebtesten Namen Wiens
Es ist noch keine zwei Monate her, da sorgte der Stadtschulrat Wien für Aufregung in Österreich in dem er bekanntgab, daß mehr Moslems eine Pflichtschule besuchen als Katholiken. Nun richtet das Land wieder seinen Blick auf die Hauptstadt und ihre Kinder. Auf der Liste mit den „häufigsten Vornamen des Jahres 2016 in Wien“ scheint der Name Mohammad nämlich auf Platz fünf auf. 124 Mal gaben Eltern im vergangenen Jahr ihrem Jungen den Namen Mohammeds, der im Islam als Prophet gilt. Häufiger registrierte die Stadtverwaltung nur die Namen Alexander, Maximilian, David und Lukas. Doch davon bekommt der interessierte Bürger nichts mit, wenn er auf die Webseite des Wiener Standesamts klickt und sich die Liste anschaut. Dort taucht der Name Mohammad unter den zehn beliebtesten Namen nämlich nicht auf. Stadt wehrt sich gegen Vorwürfe Intern existiert aber eine zweite, nicht öffentliche Liste, in der gleichklingende Namen zusammengefaßt werden. Darin werden Mohammed, Muhammad und ähnliche Schreibweisen unter Mohammad gefaßt, genauso wie bei Iulia und Julia oder Lukas und Lucas. Die Kronen-Zeitung hatte Teile davon veröffentlicht und aufgezeigt, daß die Verwendung des Namens von 2010 mit 99 auf 124 im vergangenen Jahr gestiegen ist – Höchststand war 2015 mit 127. Die Stadt wehrt sich gegen die Vorwürfe, das Ergebnis vertuscht zu haben. Der Leiter der Statistikabteilung Klemens Himpele verteidigte das Vorgehen der Stadt. Es sei korrekt, „die Namen so zu veröffentlichen, wie sie geschrieben werden, weil mich ja meine Eltern bewußt Klemens und nicht Clemens genannt haben“. Bei dem Artikel gehe es „vor allem um Emotionen“. Zudem seien beide Listen veröffentlicht worden. Jedoch nicht auf der Seite der Stadt, auf der es heißt: „Die Wiener Standesämter werten jährlich die beurkundeten Geburten aus. So lassen sich Trends bei den beliebtesten Vornamen der letzten Jahre erkennen.“ Einen Hinweis auf die zweite, phonetisierte Liste gibt es nicht – weder 2016 noch in den Jahren davor.
Lukas Steinwandter
Der Name Mohammad rangiert auf der Liste mit den beliebtesten Namen Wiens auf Platz fünf. Doch davon bekommt der interessierte Bürger nichts mit, wenn er auf die Webseite des Wiener Standesamts klickt und sich die Liste anschaut. Dort taucht der Name Mohammad unter den zehn beliebtesten Namen nämlich nicht auf. Die Stadt weist Vertuschungsvorwürfe zurück.
Ausland
2017-11-13T16:34:18+01:00
2017-11-14T11:23:50+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2017/mohammad-auf-platz-fuenf-der-beliebtesten-namen-wiens/
Klimablockade geräumt: JUNGE FREIHEIT startet Spendenaktion für entlassenen LKW-Fahrer / Unternehmer bietet
Die JUNGE FREIHEIT hat eine Spendenaktion zur Unterstützung des LKW-Fahrers gestartet, der eine Blockade radikaler Klimakleber in Stralsund eigenmächtig geräumt hat. „Der LKW-Fahrer hat seinen Job und seinen Führerschein verloren. Die Klimakleber, die seit Wochen Deutschlands Autofahrer nötigen und als Statisten für ihre PR-Shows missbrauchen, müssen kaum Konsequenzen fürchten. Hier wird mal wieder mit zweierlei Maß gemessen, was in einem Rechtsstaat nicht vorkommen darf. Wir haben daher eine Spendenaktion für den LKW-Fahrer ins Leben gerufen. Die ersten Spenden sind bereits eingegangen. Zudem hat ein Unternehmer einen neuen Job für den LKW-Fahrer in Aussicht gestellt“, erklärt JF-Chefredakteur Dieter Stein. Kontodaten: IBAN: DE93 1001 0010 0262 7291 01 BIC: PBNKDEFFXXX Verwendungszweck: LKW-Fahrer Lesen Sie hier mehr >>> https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2023/unternehmer-bietet-job-fuer-entlassenen-lkw-fahrer-an/
Die JUNGE FREIHEIT hat eine Spendenaktion zur Unterstützung des LKW-Fahrers gestartet, der eine Blockade radikaler Klimakleber in Stralsund eigenmächtig
LKW-Fahrer,Klimakleber
Presse
2023-07-13T17:38:05+02:00
2023-07-13T17:40:58+02:00
https://jungefreiheit.de/pressemitteilung/2023/klimablockade-geraeumt-junge-freiheit-startet-spendenaktion-fuer-entlassenen-lkw-fahrer-unternehmer-bietet-neuen-job-an/
Stell Dir vor, es ist Frieden, und alle gehen hin
Kalte zwei Grad zeigt die Wetter-App an diesem Samstag nachmittag auf dem Handy an. Erst Schneeregen, dann weht den Menschenmassen vor dem Brandenburger Tor auf einmal ein eisiger Schneeschauer direkt in die zugekniffenen Gesichter. Über ihren Köpfen tänzeln blaue Fahnen, soweit das Auge reicht. Den Stoff ziert die ikonische Friedenstaube. Langsam wird es übervoll. „Schon über 50.000 Menschen haben ihren Weg zu uns gefunden“, rufen begeisterte Veranstalter von der Bühne, hinter der sich stoisch die Quadriga erhebt. Nach Polizeiangaben waren es 13.000 Teilnehmer. Kalte zwei Grad – damit ist es kälter als in den beiden ukrainischen Städten Donezk und Luhansk, die sich mitten im umkämpften Donbass im Osten des Landes befinden. Das digitale Thermometer zeigt jeweils vier Grad und Regen an. Mit den steigenden Temperaturen werden sich auch die Gefechte um das industrielle Herz der Ukraine wieder verschärfen – eine Aussicht, die im etwa 2.000 Kilometer entfernten Berlin viele Menschen auf die Straße treibt. Schon während der U-Bahnfahrt zum Ort des Geschehens hört man lange Monologe über den Profit, den die Vereinigten Staaten angeblich aus den Waffenlieferungen schlagen würden. „Die Ukraine least all diese Gerätschaften nur. In Washington läßt man sich die Hilfe schön bezahlen“, erklärt ein älterer Herr mit Schiebermütze seinem Sitznachbarn. Vor dem Brandenburger Tor ist die Stimmung ähnlich. „Es ist traurig zu sehen, wie bequem viele Menschen nach wie vor sind, obwohl wir in eine riesengroße Gefahr hineinlaufen“, mahnt beispielsweise der 77jährige Alexander Malmann aus Hamburg. Um bei der Großkundgebung dabei zu sein, ist der Pensionär eigens aus der Hansestadt angereist. Sein Transparent spricht für sich. „Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt“ – eine Losung, mit der die Grünen in den 90er Jahren Wahlkampf gemacht haben. Heute fällt die Parole gleichsam auf die Partei zurück. Auch Heide Götz aus Thüringen ist extra nach Berlin gefahren, um mit zu demonstrieren. Die Botschaft auf ihrem Schild ist denkbar einfach: „Die Waffen nieder!“ Zwei Damen, die etwas abseits stehen, outen sich im Gespräch als Dauerdemonstranten. „Wir kommen schon seit Jahren her und waren schon hier, als es um Corona ging“, berichten sie. Dieselben Leute, die damals vehement für die Impfung geworben hätten, seien nun für Waffenlieferungen an die Ukraine. 50.000 Menschen auf der #Friedenskundgebung #AufstandFuerFrieden in Berlin am Brandenburger Tor! #b2502 pic.twitter.com/lB5NZYruWX — Sevim Dağdelen, MdB (@SevimDagdelen) February 25, 2023 Die Ausführungen werden immer wieder von Parolen übertönt. Die beliebteste ist zweifellos „Frieden schaffen ohne Waffen“. Aber auch „Baerbock muß weg“ erweist sich als Dauerbrenner. Als die Veranstalter die Demo-Auflagen verlesen, wird indes ein lautes Zischen laut. Der Grund: Neben dem Tragen von Uniformen ist das Zeigen von Symbolen der ehemaligen Sowjetunion verboten, da sie als Rechtfertigung des russischen Einmarsches in der Ukraine gewertet werden könnten. Mehr muss man über die Abgründe dieser Demo und ihrer Teilnehmer*innen gar nicht wissen, als die Reaktion der Masse auf die Verlesung der geltenden Einschränkungen. Was für eine Niedertracht! #b2502 pic.twitter.com/tAWUNpVurQ — Benjamin Bauer (@beolba) February 25, 2023 Unter „Sahra!“-Rufen tritt schließlich die lang erwartete Linken-Politikerin Wagenknecht selbst ans Mikrophon vor dem Brandenburger Tor. Applaus brandet auf. „Heute kann man sehen, wie viele Menschen wir in Wirklichkeit sind“, freut sie sich beim Anblick der Menge. „Was Deutschland braucht, ist eine Friedensbewegung“, stellt sie klar. Fast jeder ihrer Sätze wird mit Pfiffen, Klatschen und Losungen begrüßt. „Das hysterische Gebrüll, mit dem man uns als ‚Putinfreunde‘ und ‚rechtsoffen‘ diffamiert hat, zeigt nur, daß sie Angst vor uns haben“, unterstreicht sie. „Es nervt mich, auf welchem Niveau wir in Deutschland diskutieren. Seit wann ist Frieden rechts? Da scheinen Einige wohl ihren politischen Kompaß verloren zu haben.“ Sie sei in der Angst vor einem Atompilz über Berlin aufgewachsen, erläutert Wagenknecht weiter. Wegen dieser Angst habe sie auch zum „Aufstand für den Frieden“ aufgerufen. Außer ihr und Alice Schwarzer redet auch der einstige Sicherheitsberater von Altkanzlerin Angela Merkel, Brigadegeneral a.D. Erich Vad. „Die derzeitigen Waffenlieferungen sind im Grunde Militarismus pur, weil man sie an keine politische Strategie knüpft“, warnt der Militär. Er wundere sich, weshalb Friedensinitiativen aus Brasilien und China kämen, aber nicht aus der EU. Etwas abseits der Kundgebung liefern sich die Gegner weiterer Waffenlieferungen unterdessen hitzige Wortgefechte mit Ukraine-Unterstützern. Das zum Jahrestag des Kriegsbeginns vor der russischen Botschaft als Mahnung aufgestellte Wrack eines Panzers, der bei der Schlacht um Kiew zerstört worden sein soll, wird dabei zum Kulminationspunkt der symbolischen Auseinandersetzung. Der T-72 ist sowohl mit roten Nelken als auch mit Bändern in den Farben der ukrainischen Nationalflagge geschmückt. Außer „kleineren Tumulten“ hat die Berliner Polizei am Ende allerdings keine Reibereien verzeichnet. Etwa 1.400 Beamte seien vor Ort gewesen, um die Lage zu überwachen, so die Polizei. Der „Aufstand für den Frieden“ könnte tatsächlich zur Initialzündung einer neuen Friedensbewegung in Deutschland werden. Ob die Linkspartei diese indes für sich vereinnahmen können wird, darf bezweifelt werden. Weder der Parteivorstand unter Martin Schirdewan und Janine Wissler noch zahlreiche Landesverbände und Parteigliederungen wollten sich zuletzt mit dem Projekt der Großkundgebung solidarisieren. Dabei ist die Sorge um den Frieden in Europa offenbar genauso massentauglich, wie zuletzt der Kampf um Bürgerrechte während der Corona-Krise. Daß der Protest gegen Waffenlieferungen pauschal mit AfD-Sympathien assoziiert wird, zeigt möglicherweise, daß die Linke dieses Feld bereits an ihre Konkurrenten von rechts verloren haben könnte. Die AfD-Spitze selbst hatte zwei Tage zuvor ihre Teilnahme an der Wagenknecht-Demo abgesagt. ————————————- Putin-Biograf und Rußlandexperte, Dr. Thomas Fasbender, warnt in einem Interview vor der russischen Botschaft: Europa steht vor düsteren Zeiten. Deutschland ist im Zentrum globaler Machtkämpfe und der Ukrainekrieg droht das Land zu zerreiben. Wie wird dieser Krieg für alle Akteure enden? Antworten gibt es im vollständigen Interview mit Chefredakteur Dieter Stein. Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden. Mehr Informationen
Florian Werner
Bei eisigen Temperaturen und wildem Schneegestöber versammeln sich am Samstag nachmittag Tausende Menschen vor dem Brandenburger Tor, um für das Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine zu demonstrieren. Das Thema bewegt die Menschen, wie die Massen vor Ort zeigen.
Frieden
Deutschland
2023-02-25T19:45:28+01:00
2023-02-25T20:12:41+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/stell-dir-vor-es-ist-frieden-und-alle-gehen-hin/
Darum verliert Graichen seinen Staatssekretär-Posten
BERLIN. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat seinen Staatssekretär Patrick Graichen (beide Grüne) in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Grund dafür seien zwei bisher unbekannte Vorgänge im Ministerium, an denen Graichen beteiligt war und die den Verdacht der Vetternwirtschaft erhärten könnten. So habe Graichen persönlich einen Antrag des Landesverbands Berlin der grünen Vorfeldorganisation BUND für rund 600.000 Euro als „förderwürdig“ eingestuft, obwohl seine Schwester stellvertretende Vorsitzende der Lobbyorganisation ist. Habeck bezeichnete dies als „den einen Fehler zu viel“. Zugleich nahm der Minister Graichen in Schutz, der „großartiges für dieses Land“ geleistet habe. Er monierte eine Kampagne angeblich „rechtsextremer und pro-russischer Accounts“ gegen den Staatssekretär. Die Kritik habe das diskutable Maß überschritten, empörte sich der Grünen-Politiker. Graichen war in den vergangenen Wochen immer stärker unter Druck geraten. Erst wurde bekannt, daß es ein Graichen-Netzwerk im Wirtschaftsministerium gab, später wurde zudem bekannt, daß er seinen Trauzeugen als Chef der Deutschen Energie-Agentur installieren wollte, ohne die Freundschaft offen zu legen. Habeck hatte sich zuletzt vor Graichen gestellt und von einem „Fehler“ gesprochen, der behoben werden konnte. „Ich habe entschieden, daß Graichen nicht gehen muß“, betonte der Minister, nachdem die beiden während einer Anhörung im Wirtschafts- und Klimaausschuß des Bundestags in der vergangenen Woche erneut in Bedrängnis gerieten. Graichen gilt als Kopf hinter dem faktische Wärmepumpenzwang, der hunderttausende Bürger in den kommenden Jahren finanziell schwer belasten wird. Er war zuvor Chef der grünen Vorfeldorganisation „Agora Energiwende“. Der bisherige Staatssekretär ist Teil eines Netzwerks im Wirtschaftsministerium und von Lobbygruppen, die zugleich auch von Aufträgen aus dem Wirtschaftsministerium profitieren. (ho)
JF-Online
Nach wochenlangen Vetternwirtschafts-Vorwürfen muß Patrick Graichen seinen Posten als Staatssekretär im Wirtschaftsministerium aufgeben. Gegen den Habeck-Vertrauten gibt es neue Vorwürfe.
graichen
Deutschland
2023-05-17T09:53:16+02:00
2023-05-17T11:25:05+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/eil-graichen-verliert-staatssekretaers-posten/
Bundeswehr investiert 58 Millionen Euro in İncirlik
BERLIN. Verteidigungs-Staatssekretär Gerd Hoofe hat ein Investitionsbudget von 58 Millionen Euro für den Bundeswehreinsatz in İncirlik freigegeben. Damit sollen auf der türkischen Basis für 26 Millionen Euro ein Flugfeld für Tornado-Aufklärungsflugzeuge und Unterkünfte gebaut werden, berichtete der Spiegel. Für weitere 30 Millionen soll die Luftwaffe einen mobilen Gefechtsstand schaffen. Hierfür müsse ein Fundament gebaut werden, das weitere zwei Millionen Euro koste. Die Diskussion über das Investitionsbudget war wegen des Streits um das Besuchsverbot erlahmt. Mittlerweile sei sich die Bundesregierung aber sicher, daß einem Besuch im Oktober nichts im Wege stünde. Unterstützung im Kampf gegen Terror Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten rechnet mit einer Visite der Bundeswehrsoldaten noch in dieser Woche. „Ich gehe davon aus, daß ich diese Woche die Besuchserlaubnis erhalte“, sagte von Stetten der Heilbronner Stimme am Dienstag. In İncirlik sind über 200 deutsche Soldaten stationiert. Zudem befinden sich in dem südtürkischen Ort Aufklärungsmaschinen und Tankflugzeuge. Damit unterstützt die Bundeswehr die von den Vereinigten Staaten angeführte Koalition gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“. (ls)
JF-Online
Verteidigungs-Staatssekretär Gerd Hoofe hat ein Investitionsbudget von 58 Millionen Euro für den Bundeswehreinsatz in İncirlik freigegeben. Damit sollen auf der türkischen Basis unter anderem ein Flugfeld für Tornado-Aufklärungsflugzeuge und Unterkünfte gebaut werden.
Deutschland
2016-09-06T13:08:18+02:00
2016-09-06T14:03:12+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2016/bundeswehr-investiert-58-millionen-euro-in-incirlik/
Komödiant Gervais verteidigt sich gegen Rechtspopulismusvorwürfe
LOS ANGELES. Der britische Komödiant Ricky Gervais hat sich gegen Vorwürfe amerikanischer Medien verteidigt, bei der Moderation der Golden-Globe-Preise „rechtslastige“ Witze gemacht zu haben. „Wie zum Teufel kann es rechtslastig sein, große Kapitalgesellschaften und die reichsten, privilegiertesten Menschen auf der Welt auf die Schippe zu nehmen?“ Gervais kritisierte in seiner Moderation am Sonntag vor allem Stars, die der Gesellschaft Moralpredigten hielten, selbst aber für unethisch handelnde Unternehmen arbeiteten. „Die Unternehmen, mit denen ihr arbeitet, heißen Apple, Amazon, Disney – wenn Isis einen Streaming-Service starten würde, würdet Ihr direkt euren Agenten anrufen, oder nicht?“ „Macht Witze, keine Kriege“ Danach rief er die Preisträger auf, bei ihren Dankesreden auf politische Appelle zu verzichten. „Wenn du gewinnst, komm hier hoch, nimm deine kleine Trophäe entgegen, danke deinem Agenten und Gott und dann verpiß dich“, sagte er. „Ihr seid in keiner Position, die Öffentlichkeit über irgendwas zu belehren. Ihr wißt nichts von der realen Welt“, rief er den sichtlich geschockten Hollywood-Größen zu. „Die meisten von euch haben weniger Zeit in der Schule verbracht als Greta Thunberg.“ Anders als von den großen Zeitungen des Landes – an vorderster Front die Los Angeles Times – erhielt Gervais für seinen Auftritt aber gerade in sozialen Netzwerken viel Zustimmung. „Beste Reaktion, die ich jemals bekommen habe“, bedankte er sich auf Twitter. Trotzdem sei er froh, daß es jetzt vorbei sei und er sich seinem richtigen Job zuwenden könne. Den Tweet schloß er mit dem Satz: „Macht Witze, keine Kriege.“ (tb)
JF-Online
Der britische Komödiant Ricky Gervais hat sich gegen Vorwürfe amerikanischer Medien verteidigt, bei der Moderation der Golden-Globe-Preise „rechtslastige“ Witze gemacht zu haben. „Wie zum Teufel kann es rechtslastig sein, große Kapitalgesellschaften und die reichsten, privilegiertesten Menschen auf der Welt auf die Schippe zu nehmen?“
Medien
2020-01-07T16:53:55+01:00
2020-01-07T16:53:55+01:00
https://jungefreiheit.de/kultur/medien/2020/komoediant-gervais-verteidigt-sich-gegen-rechtspopulismusvorwuerfe/
Zypries fordert „Kampf gegen Rechts“ im Internet
BERLIN. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat angekündigt, verstärkt gegen rechtsextreme Seiten im Internet vorzugehen. Auf der „Konferenz gegen die Verbreitung von Hass im Internet“ gab sie am Donnerstag ihr Maximalziel vor: „Der Haß muß raus aus dem Internet.“ Dabei würde man allerdings an rechtliche und technische Grenzen stoßen, da die Seiten häufig auf ausländischen Servern gelagert seien. „Recht ist national, das Internet ist global“, beschrieb Zypries die Schwierigkeiten der Strafverfolgung. Werde der Inhalt einer verbotenen Seite gelöscht, tauche er zudem bald an anderer Stelle wieder auf. Die Ministerin forderte daher „digitale Gegendemonstrationen“ in einer Netzgemeinschaft gegen Rechts, berichtet der Focus. Erst kürzlich hatte der Bundestag ein Gesetz gegen Kinderpornographie im Internet beschlossen. Kritiker des Gesetzes weisen darauf hin, daß die darin enthaltenen Regelungen kaum als Mittel gegen Kinderpornographie taugen, jedoch die rechtliche Grundlage für Verbote auch politischer Inhalte bieten würden. (FA)
JF-Online
BERLIN. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat angekündigt, verstärkt gegen rechtsextreme Seiten im Internet vorzugehen. Auf der „Konferenz gegen
Deutschland
2009-07-09T16:16:00+02:00
2009-07-09T16:16:00+02:00
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François Fillon – Stichflamme aus der Tiefe Frankreichs
In Frankreich bahnt sich eine tiefgreifende Wende an. In Scharen laufen Abgeordnete und politische Schwergewichte zu dem Überraschungssieger des ersten Wahlgangs im bürgerlichen Lager für die Bestimmung des Präsidentschaftskandidaten, François Fillon, über. Unter dem Radar des Mainstreams war das „Projekt Fillon“ ans erste Ziel geflogen und dort krachend eingeschlagen. Mit 44,2 Prozent der Stimmen hat der ehemalige Premierminister seine Rivalen Alain Juppé (28,7) und Nicolas Sarkozy (21,2) erstaunlich weit hinter sich gelassen. Es ist das ländliche, kleinstädtische Frankreich, „la France profonde – das tiefe, wahre Frankreich“ wie de Gaulle und Mitterrand einst sagten, das den lange unterschätzten Politiker gewählt hat. François Fillon repräsentiert die Wählerschaft, die man in den Medien und in der politischen Klasse (ähnlich wie in Deutschland) nicht mehr wahrnimmt: Die wertkonservativen und liberalen, die europakritischen, patriotisch gesinnten Bürger, die von Grund auf reformieren aber nicht umstürzen wollen. Fillon ist die Alternative zum linksliberalen Lager, aber auch zum Front National von Marine Le Pen. Sein Aufstieg bricht wie eine Stichflamme aus der Tiefe des französischen Gemüts empor und könnte sich zum Flächenbrand jener Demokraten ausweiten, die es satt haben, von einer linksliberalen Mehrheit in Politik und Medien gegängelt zu werden. Ein französischer Trump In diesem Sinn ist Fillon ein französischer Trump. Natürlich eleganter und ohne grobschlächtigen Sprüche, abgesehen von der persönlichen Integrität. Aber eben doch ein Gegner festgefahrener, ideologischer Denkmuster, ein Politiker, der den Wähler achtet und nicht nur sich plus ein paar Parolen, sondern ein „Projekt für Frankreich“ vorschlägt. Dieses Projekt hat viele Franzosen überzeugt, die in dem gesellschaftspolitisch eher linksextremen und außenpolitisch eher rechtsextremen Programm von Marine Le Pen keine vernünftige Alternative sehen und für die Juppé allzu kompromißbereit und systemhaft, eben wie der Repräsentant des ancien regime, daherkommt. Ein entscheidender Unterschied zwischen den beiden Kontrahenten der Stichwahl am kommenden Sonntag ist die Haltung zum Islam. Hier der verharmlosende Alain Juppé, enger Freund des Imam der großen Moschee in Bordeaux, dort der kampfbereite François Fillon, dessen jüngste Streitschrift mit dem programmatischen Titel „Den islamischen Totalitarismus besiegen“ gerade zum Kassenschlager wird. An keinem anderen Thema zeigt sich heute so deutlich, wes Geistes Kind ein Politiker ist. Es geht dem bekennenden Christ Fillon nicht um den Kampf gegen den Islam als solchen, sondern um die eigene freiheitliche Werteposition wider den totalitären Zug im Islam. Sieg gegen Le Pen Entweder der Islam reformiert sich oder er hat keine Zukunft in einem freien Frankreich – solch ein Bekenntnis ist selten. Aber offenbar wollen viele Franzosen gerade das hören und sehen. Beide, Juppé und Fillon, würden nach Umfragen bei den Präsidentschaftswahlen gegen Marine Le Pen gewinnen, Juppé deutlicher als Fillon, weil er dabei mit den Stimmen der Linken rechnen könnte. Gesellschaftspolitisch setzt Fillon auf die normale Familie von Vater, Mutter, Kind. Das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare will er rückgängig machen. Juppé will daran nicht rühren. Wirtschaftspolitisch sind die Unterschiede eher graduell. Fillon will in den kommenden fünf Jahren den Staatsapparat um rund eine halbe Million Angestellte auf europäisches Niveau abbauen, Juppé um eine viertel Million. Beide wollen die 35-Stunden-Woche abschaffen, Fillon will die Arbeitszeit bis 48 Stunden zulassen, Juppé bis 39 Stunden. Beide wollen das Rentenalter auf 65 Jahre anheben und die Steuerlast für die Unternehmen senken, um so die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Das wird Geld kosten wegen der anfangs fehlenden Steuereinnahmen. Einfluß der EU verringern Fillon will zur Finanzierung die Mehrwertsteuer um zwei Prozent anheben und so 16 Milliarden Euro hereinholen, Juppé will die notwendigen Milliarden auf dem Geldmarkt leihen und das Staatsdefizit erhöhen. Außenpolitisch gilt Fillon als Gaullist. Er sucht das Gespräch mit Moskau und mit Berlin. Assad sieht er, anders als Juppé, nicht als Hindernis für eine Friedenslösung in Syrien. Den Einfluß der EU-Kommission will er schmälern und die EU stärker vom Rat der Staatschefs gelenkt sehen. Juppé will das europäische Rad weder zurückdrehen noch beschleunigen. Ganz gleich wer am Sonntag die Stichwahl gewinnt, Brüssel und Berlin werden sich umstellen müssen.
Jürgen Liminski
In Frankreich bahnt sich eine tiefgreifende Wende an. In Scharen laufen Abgeordnete und politische Schwergewichte zu dem Überraschungssieger des ersten Wahlgangs im bürgerlichen Lager für die Bestimmung des Präsidentschaftskandidaten, François Fillon, über. Wer ist der Underdog? Und was bedeutet sein Erfolg für Marine Le Pen? Eine Analyse von Jürgen Liminski.
Ausland
2016-11-22T13:11:05+01:00
2016-11-22T14:03:37+01:00
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Kommunen beklagen Kostenexplosion durch junge Asylsuchende
DÜSSELDORF. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat die steigenden Aufwendungen für junge Asylsuchende beklagt. „Die Kosten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge explodieren“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Gerd Landsberg, der Rheinischen Post. Pro Monat würden für jeden minderjährigen Asylsuchenden 3.000 bis 5.000 Euro an Kosten anfallen, monierte Landsberg. Für die derzeit mehr als 65.000 minderjährigen Asylsuchenden müßten die Kommunen schon jetzt rund 2,7 Milliarden Euro im Jahr aufbringen. „Es macht überhaupt keinen Sinn, daß für die jungen Flüchtlinge die gleichen Bedingungen gelten sollen wie bei der Jugendhilfe für schwer Erziehbare“, sagte Landsberg. Sie bräuchten keinen Sozialarbeiter, der sie rund um die Uhr betreue. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte deshalb ein „maßgeschneidertes Handlungskonzept für die Integration speziell der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge“. Damit würden nicht nur die Kosten gesenkt, sondern auch den Jugendlichen besser geholfen werden. Zahl ankommender minderjähriger Asylsuchender stark gestiegen Die Zahl der nach Deutschland einwandernden Minderjährigen ohne Begleitung war Anfang dieses Jahres stark angestiegen. Alleine im Zeitraum vom November bis zum 18. Januar registrierten deutsche Jugendämter 21.301 Fälle, berichtete die Welt. Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) hatte angesichts steigender Kosten für die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Asylsuchender eine Änderung des Aufnahmesystems gefordert. „Das Jugendhilferecht paßt nicht. Nicht jeder minderjährige Flüchtling ist traumatisiert und braucht die besondere Betreuung der Jugendhilfe“, sagte Söder Ende April der Welt. (ls)
JF-Online
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat die steigenden Aufwendungen für junge Asylsuchende beklagt. Pro Monat würden für jeden minderjährigen Asylbewerber 3.000 bis 5.000 Euro an Kosten anfallen. Dabei sei es unsinnig, die Jugendlichen rund um die Uhr durch Sozialarbeiter zu betreuen.
Deutschland
2016-05-17T09:58:45+02:00
2016-05-17T11:42:54+02:00
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Suche nach Vaterersatz
Eigentlich hätte ein gutes Buch zur politischen Ideengeschichte des „Männerbundes“ entstehen können. Der Verlag scheute wenigstens keine Mühen, stellte teures Papier zur Verfügung, wählte eine ansprechende Drucktype, gestaltete einen schönen blauen Einband unter Verwendung von Hans von Marées‘ „Ruderern“. Die Verfasserin, Ulrike Brunotte, ist habilitierte Religionswissenschaftlerin, dank familiärer Prägung in der Beletage des niedersächsischen Protestantismus nahezu prädestiniert, den Konnex von Politik und Religion zum Lebensthema zu wählen, und einschlägig bekannt durch ihre Untersuchung über die politisch höchst wirkungsmächtige religiöse Vorstellungswelt des neuenglischen Puritanismus. Trotzdem legt man ihre Studie „Zwischen Eros und Krieg. Männerbund und Ritual in der Moderne“ enttäuscht aus der Hand. Sie bietet keine neuen Aufschlüsse, sondern referiert nur die in letzten Jahren stark feminisierten Ansichten über die „Erfindung des Männerbundes in Ethnologie und Kultur“, wie gleich ihr Eingangskapitel modisch angelehnt an Benedict Anderson überschrieben ist. Was folgt, stellt uns noch einmal das bekannte Personal dieser Bühne vor: die Hauptdarsteller Heinrich Schurtz und Hans Blüher, daneben die Chargen Walter Flex, Rainer Maria Rilke, Otto Weininger, Gottfried Benn und seine „Dorische Welt“, in der Komparserie die Jugendbewegung, die Steglitzer Wandervögel, Frauenfeinde wie Alfred Baeumler oder Mythologen der „posthumanen Männlichkeit“ wie Ernst Jünger, schließlich noch Üblichkeiten zur „Konstruktion des germanischen Männerbundes“, die natürlich am „Totenkult“ von Langemarck und Otto Höflers SS-gerechten „Kultischen Geheimbünden“ nicht vorbeikommen. Durch die Textdschungel der Blüher und Genossen bahnt sich Brunotte eigentlich keinen eigenen Pfad, sondern sie folgt den von Klaus Theweleit, Bernd Hüppauf oder Stefan Breuer ausgetretenen Wegen, wobei ihr vor allem die unveröffentlichten Vorlesungsmanuskripte ihres Lehrers Klaus Heinrich behilflich sind, dessen Dahlemer Lehrveranstaltungen in den siebziger und achtziger Jahren für das linksliberale intellektuelle West-Berlin, zumal für dessen weiblichen Teil, fast gesellschaftliche Ereignisse waren, die aber heute, soweit publiziert, als Mixtur aus Karl Marx, Paul Tillich und Sigmund Freud doch etwas verstaubt wirken. Bedauerlich ist, daß Brunotte ihre religionswissenschaftliche Kompetenz nicht ausspielt. Viel, zuviel ist zwar von „Performation“ des „kollektiven Bewußtseins“, von „performativer Praxis“ der homoerotisch befeuerten Gemeinschaftsbildung die Rede, von „Sinnproduktion“, aber die „tiefgreifende kulturgeschichtliche Analyse“, die sie fälschlich Thomas Manns Andeutungen über Hans Castorps „Sympathie mit dem Tode“ zuschreibt, die bietet Brunotte nun gerade nicht. Wie funktioniert denn die „emotionale Vergemeinschaftung“? Da ist doch gerade bei Max Weber, den Brunotte mit Blüher vergleicht, eine große Leerstelle, die sie hätte füllen können. Webers religionssoziologische Studien operieren mit der „Macht des Charismas“, doch welche psychischen Mechanismen verschaffen dem Charismatiker diese Bindungs-Macht? In ihrem Versuch einer „politischen Konkretisierung“ greift Brunotte auf Sven Reichardts Arbeit über „Faschistische Kampfbünde“ (JF 16/03) zurück. Demzufolge sei die „vaterlose Generation“ der jungen SA-Männer um 1930 nach einer „familienlosen Kindheit“ auf der Suche nach einem Ersatzvater, dem „vitalen Führer“ gewesen, hätte in den „braunen Bataillonen“ und im „Gruppengeist der Straße“ einen „Familien- und Arbeitsersatz“ gefunden. Klingt irgendwie nicht nach Freud, sondern nach Alfred Adlers Kompensationstheorie, erklärt aber den Resonanzerfolg politischer, „verkappter Religionen“ auch nicht, sondern bestätigt nur den Allgemeinplatz, daß in den Männerbünden eine anti-moderne „Gegen-Gesellschaft in der und zur Weimarer Republik“ entstand. In diesem Großessay, der doch so solide über die „Grundzüge der Forschung“ informiert, spricht die Verfasserin oft über die von ihr leider nicht enträtselte Macht der Emotionen. Man hätte sich gewünscht, sie wäre von der stärksten Emotion des Forschers ergriffen worden – der Neugier. Ulrike Brunotte: Zwischen Eros und Krieg. Männerbund und Ritual in der Moderne. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2004, 171 Seiten, 20,50 Euro.
JF-Online
Eigentlich hätte ein gutes Buch zur politischen Ideengeschichte des "Männerbundes" entstehen können. Der Verlag scheute wenigstens keine Mühen, stellte teures
Kultur
2005-08-19T00:00:00+02:00
2005-08-19T00:00:00+02:00
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„Umweltsau“-Lied: Buhrow kontert Laschet-Kritik
KÖLN. Der WDR-Intendant Tom Buhrow hat die Kritik von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zurückgewiesen, der WDR habe für sein „Umweltsau“-Lied Kinder instrumentalisiert. „Das ist doch lächerlich. Dem schließe ich mich überhaupt nicht an. Und es politisieren zu wollen, daß Kinder ein Kinderlied singen, finde ich absurd“, sagte er dem Spiegel. Buhrow betonte, Kinder spielten im Fernsehen und im Hörfunk überall eine Rolle, auf Spendengalas, bei Weihnachtskonzerten. „Ich glaube, selbst auf Wahlplakaten von Politikern.“ Zugleich verteidigte sich Buhrow gegen Vorwürfe, mit der Sperrung des Liedes sei der Sender vor rechten Kreisen eingeknickt. „Diese Art von Leuten können Sie gar nicht bremsen, die können Sie nicht lenken. Und von denen mache ich meine Entscheidungen auch nicht abhängig.“ Video führt zu massiven Protesten Zwar kenne der WDR die Mechanismen der rechten Mobilisierung. Aber Hunderte Senioren und deren Enkel hätten am Telefon ihren Unmut bekundet. Das seien echte Gefühlsäußerungen von ansonsten wohlmeinenden Hörern gewesen. „Uns war sofort klar, diese Menschen waren nicht Teil einer orchestrierten Sache.“ Ende Dezember hatte der Sender ein Video seines Kinderchors veröffentlicht, in dem dessen Mitglieder eine abgewandelte Version des Liedes „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ sangen. Darin heißt es unter anderem: „Meine Oma brät sich jeden Tag ein Kotelett, ein Kotelett, ein Kotelett. Weil Discounterfleisch so gut wie gar nichts kostet, meine Oma ist ne alte Umweltsau.“ Das Video hatte zu massiven Protesten geführt. (ag)
JF-Online
Der WDR-Intendant Tom Buhrow hat die Kritik von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zurückgewiesen, der WDR habe für sein „Umweltsau“-Lied Kinder instrumentalisiert. Die Vorwürfe seien absurd.
Medien
2020-01-03T13:58:09+01:00
2020-01-03T13:58:09+01:00
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Pankraz, die Gärtnerinnen und der optimale Film
Mit vollem Bierernst hat kürzlich eine britische Medienprofessorin der Universität Bristol das Mischungsverhältnis der Strategien und Ingredienzien für "den optimalen Film" errechnet. Indem sie viele erfolgreiche Filme der Vergangenheit wie "Titanic" oder "Vom Winde verweht" immer wieder in ihre Einzelbestandteile zerlegte und analysierte, will sie zu einem "Prozentschlüssel" durchgestoßen sein, von dem man annehmen dürfe, daß er allgemein gültig sei und von Produzenten wie Regisseuren künftig als "Handlungsmodell" angewendet werden könne. Die "story", die Erzählung, also das, worum es eigentlich geht, trägt demnach nur mit zehn Prozent zum Gelingen des Ganzen bei; ausschlaggebend auch bei ambitiösen Streifen ist die "action", das Zappeln und gegenseitige Wehtun der Schauspieler, das Fuchteln mit dem Revolver, die Handkantenschläge, das In-die-Luft-Jagen von Autos und Häusern. Dieser "action", sagt die Wissenschaftlerin, müssen in jedem Falle 31 Prozent der Spielzeit und der für die Entstehung des Werks aufgebotenen Geistesenergie vorbehalten sein. Weitere Daten: 17 Prozent "comedy", also Scherze, Jux und Tollerei, auch wenn es um schrecklichste Dinge geht; 13 Prozent "Gut gegen Böse"; 10 Prozent Spezialeffekte, 8 Prozent Musik. Die restlichen 11 Prozent verteilen sich auf weniger wichtige, in sich variable Aufwendungen wie Schnittechnik, Farbgebung, Attraktivität und Können der Schauspieler, Landschaftsbilder usw. Wohlgemerkt, es ist bei dieser Auflistung nicht (oder nicht allein) der Erfolg an den Kinokassen zugrunde gelegt, es geht nicht um eine Gebrauchsanweisung zur Verfertigung von populären Publikumsknüllern. Deshalb ja beispielsweise die gering bemessene Rolle der Schauspieler. Nein, es geht der Professorin um Wichtigeres. Angepeilt ist das filmische Meisterwerk an sich und überhaupt, von dem die Massen ebenso eingenommen sind wie die professionellen Filmkritiker, das einen Ehrenplatz in den Archiven zugewiesen bekommt und später in den Nachtprogrammen immer wieder gesendet wird und an dem die Studenten in den Filmakademien lernen, wie man es richtig macht. Voreiliger Spott ist nicht angebracht. Die Verfertigung eines Kunstwerks aus der Retorte ist ein alter Wunschtraum nicht nur von Ästhetikern. Weshalb, so wurde schon von Aristoteles und anderen praktischen Leuten in der Antike gefragt, soll es nicht möglich sein, ein optimales Kunstwerk aus seinen einzelnen Bestandteilen zusammenzubauen, und weshalb sollen die Bestandteile nicht genau quantifiziert und im Stil einer mathematischen Formel miteinander in Verbindung gebracht werden? Das war ja später auch das Ideal von Michelangelo und Leonardo da Vinci. Und gilt die Mathematik nicht auch heute noch gerade bei den feinsten, nachdenklichsten Geistern als Elixier der Vollkommenheit, in dem sich Handwerkertum und Genialität, Logik und Intuition zu wunderbarer Ehe vereinigt haben? Besonders bei Kunstwerken, die als Gemeinschaftsarbeit, im "Teamwork", entstehen, wo zudem – wie im Film – mit hohen Investitionen gerechnet werden muß, wo es dauernd auch um Geld und alle möglichen "kunstfremden" Kalkulationen geht, kann man sich die Berücksichtigung vorgegebener, mathematisch formalisierter Modelle gut vorstellen, ja, es ist eigentlich gar nicht möglich, sie sich nicht vorzustellen. Der Regisseur mag noch so genial sein – einfach aus dem Bauch heraus operieren kann er nicht, er ist in erster Linie ein kaltblütiger Rechenkünstler, der in jeder Schaffensphase mit mehreren Unbekannten, die nur teilweise in seiner Gewalt stehen, operieren muß. Und so wie ihm geht es den meisten im Team. Dennoch, Pankraz zögert nicht, die Prozentberechnung für den "optimalen Film" aus der Universität Bristol als kompletten Unsinn abzuheften, bestenfalls als einen doch nicht ganz ernst gemeinten "university joke" der höheren Gattung. Und das liegt weniger an der Mathematisierung als an dem Mißverständnis, daß die Summe der Einzelteile identisch sei mit dem vollendeten Ganzen, daß also das Ganze genau soviel sei wie seine Einzelteile und kein Gran mehr. So etwas stimmt schon in der simplen Technik nicht, ein ganzes Auto ist immer mehr als seine Einzelteile. In der Kunst (und der "optimale Film" ist in jedem Fall Kunst) verhält es sich so, daß erst vom Ganzen her die Einzelteile (die "Prozentanteile") ihre Rechtfertigung und ihren eventuellen Glanz erhalten. Mag sein, ein Film enthält punktgenau 31 Prozent "action", 8 Prozent Musik und 13 Prozent "Gut gegen Böse" – wenn die "Chemie" nicht stimmt, wenn nichts zusammenpaßt und das Ganze in keiner Richtung irgendeinen Sinn ergibt, helfen auch die schönsten Einzelheiten nichts, wirken nur peinlich. Unzählige Filme (und nicht nur Filme) scheitern an dieser Klippe. Es gibt in ihnen, loben die Kritiker etwa, "eindrucksvolle Einzeleinstellungen", "starke Gesichter", das Gute siegt am Ende irgendwie. Doch unterm Strich bleibt nichts als Verdrießlichkeit, der Streifen verschwindet so schnell wie möglich aus den Kinos, und die Eleven lernen daraus später lediglich, wie man es nicht machen soll. Der Sprung von der Summe der Einzelheiten zum wahren Ganzen ist nicht in Prozenten auszudrücken, und er ist wohl auch nicht zu berechnen, auch vom genialsten, gewitztesten Mathematiker nicht. "Mögt ihr Stück für Stück bewitzeln, / Doch das Ganze zieht euch an", singen die Gärtnerinnen beim Karneval im zweiten Teil des "Faust". Sie kennen aus ihren Gärten den Unterschied am besten. Ihre Rosen bestehen aus soundsovielen Blättern, und jedes einzelne dieser Blätter ist so gut wie nichts. Aber der Schönheit der Rosen tut das keinen Abbruch, auch wenn man nicht weiß, woher diese Schönheit kommt und wohin sie geht.
JF-Online
Mit vollem Bierernst hat kürzlich eine britische Medienprofessorin der Universität Bristol das Mischungsverhältnis der Strategien und Ingredienzien für
Kultur
2003-09-12T00:00:00+02:00
2003-09-12T00:00:00+02:00
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Ökologisches Versagen der Konservativen
Die CDU mußte 1998 die Macht in Bonn an die SPD abgeben. Rund fünf Prozent trennten beide Parteien. FDP und Grüne lagen mit einem Ergebnis von 6,2 und 6,7 Prozentpunkten beinahe gleichauf. Das Vehikel des Machtwechsels war nicht nur die von Gerhard Schröder versprochene neue Mitte, sondern auch das ökologische Themenfeld, also der Atomausstieg und die Ökosteuer. Diese Themen zogen vor allem bei jungen Wählern. Die Union sinnierte im Vorfeld zwar auch über eine Ökosteuer, wurde von Kanzler Kohl aber zurückgepfiffen. Wenige Tage vor der Wahl schien Kohl seine Felle davonschwimmen zu sehen; er bekundete im Fernsehen, es sei einer seiner größten Fehler gewesen, den Umweltpolitiker Herbert Gruhl aus der Partei gedrängt zu haben. Genützt hat Kohl dieses späte, eher strategisch gemeinte Geständnis nichts mehr. Und die Republikaner, die sich in Baden-Württemberg zu etablieren schienen? Es gab zwar durch die BSE-Krise zur diesjährigen Landtagswahl eine Renaissance des Umweltthemas, vor allem bezüglich der Landwirtschaft, des Verbraucher- und Tierschutzes. Doch im Wahlkampf gab die Rechtspartei dazu so viel von sich wie ihr Chef Rolf Schlierer in Interviews, also nichts. Statt dessen zeugten die Wahlplakate von einem CDU-Schmusekurs. Konservative Ökologen hatten sodann die Wahl mit den Grünen zu gehen oder aber zu Hause zu bleiben. Ergebnis: 4,4 Prozent und damit der Rauswurf aus dem Landtag. Sicher kann man allein mit Umweltthemen keine Wahlen gewinnen, ohne sie aber auch nicht. Völlig unglaubwürdig macht sich die Union, voran Angela Merkel, die einst eine Öko-Steuer forderte und nun pauschalisierend dagegen wettert. Den Konservativen in diesem Lande ist nicht zu helfen.
JF-Online
Die CDU mußte 1998 die Macht in Bonn an die SPD abgeben. Rund fünf Prozent trennten beide Parteien. FDP und Grüne lagen mit einem Ergebnis von 6,2 und 6,7
Wirtschaft
2001-05-18T00:00:00+02:00
2001-05-18T00:00:00+02:00
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Umfragewerte laufen auf Große Koalition hinaus
BERLIN. Gut sechs Wochen vor der Bundestagswahl haben laut einer aktuellen Umfrage weder Schwarz-Gelb noch Rot-Grün eine Mehrheit. Wäre am Sonntag Bundestagswahl käme die Union in einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag von RTL und Stern wie in der Vorwoche auf 40 Prozent. Die SPD würde sich um einen Punkt auf 23 Prozent verbessern. Grüne, Linkspartei und AfD verharrten bei acht Prozent. Die FDP verlor einen Punkt und landete bei sieben Prozent. Union und FDP kämen somit auf 47 Prozent, SPD, Linkspartei und Grüne auf 39 Prozent. Schulz abgeschlagen hinter Merkel Rechnerisch reichen würde es für eine sogenannte Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen (55 Prozent) sowie die Fortsetzung der Großen Koalition (63 Prozent). Möglich wäre auch ein Bündnis aus CDU, FDP und AfD (55 Prozent), was Union und Liberale aber ausgeschlossen haben. Würde der Regierungschef direkt gewählt, würden sich 50 Prozent der Wähler für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) entscheiden. Das sind zwei Prozentpunkte weniger als in der Vorwoche. SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz verharrte mit 21 Prozent auf dem niedrigsten Wert seit seiner Nominierung. (krk)
JF-Online
Gut sechs Wochen vor der Bundestagswahl haben laut einer aktuellen Umfrage weder Schwarz-Gelb noch Rot-Grün eine Mehrheit. Das macht einer Fortsetzung der Großen Koalition am wahrscheinlichsten. Würde der Regierungschef direkt gewählt, hätte SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz nach der momentanen Stimmung keine Chance gegen Amtsinhaberin Angela Merkel (CDU).
Deutschland
2017-08-09T09:36:12+02:00
2017-08-09T10:28:09+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2017/umfragewerte-laufen-auf-grosse-koalition-hinaus/
#MeToo: Schauspielerin fordert schwarzen Berlinale-Teppich
BERLIN. Die deutsche Schauspielerin Claudia Eisinger hat Berlinale-Direktor Dieter Koßlick aufgefordert, den Festivalteppich angesichts der #MeToo-Debatte schwarz einzufärben. Damit solle ein Zeichen gegen sexistische Übergriffe, Diskriminierung und Mißbrauch in der Filmbranche gesetzt werden, erklärte sie gegenüber dem RBB. In einer eigens dafür gestarteten Petition auf der Internetplattform change.org kamen bis Dienstag rund 16.000 Unterschriften zusammen. „#MeToo ist der kathartische Wirbelsturm, der sich endlich Bahn bricht“, heißt es darin. „Endlich fällt Licht auf ein längst überholtes System und legt die Mißstände nicht nur einer Branche, sondern einer ganzen Gesellschaft offen, die so lange stillschweigend hingenommen wurden.“ Die Gewinnerin des Deutschen Schauspielerpreises 2016 verwies auch auf Hollywood, wo bei der Verleihung der Golden Globes im Januar zahlreiche Schauspielerinnen ganz in Schwarz gekleidet waren. Kleiderordnung auf dem roten Teppich ist überholt Zuvor hatte bereits die Schauspielerin Anna Brüggemann dazu aufgerufen, bei der Berlinale auf die klassische Rollenverteilung in der Kleiderordnung zu verzichten. Das Frauen-, aber auch Männerbild, das bei Festivaleröffnungen, Premieren und Preisverleihungen erwartet werde, komme ihr vor wie aus den fünfziger Jahren. „Die Frauen zwängen sich in enge Röcke, zeigen Dekolleté, balancieren auf sehr hohen, sehr dünnen Absätzen, und die Männer versuchen, möglichst markant und nonchalant ihre Bodies zu präsentieren.“ Die 68. Internationalen Filmfestspiele Berlin beginnen am Donnerstag. Mit mehr als 300.000 verkauften Tickets ist es das weltweit größte Publikumsfestival. Zu allen großen Premieren wird vor dem Theater am Potsdamer Platz der rote Teppich ausgerollt. Zuletzt hatten mehrere prominente Französinnen in der #MeToo-Debatte vor einem „Klima der totalitären Gesellschaft“ gewarnt. „Vergewaltigung ist ein Verbrechen. Aber hartnäckiges oder ungeschicktes Flirten ist kein Delikt, und eine Galanterie auch keine chauvinistische Aggression“, schrieben unter anderen die Schauspielerin Catherine Deneuve sowie die Schriftstellerinnen Catherine Millet und Catherine Robbe-Grillet in einem Gastbeitrag für die französischen Zeitung Le Monde.(ha)
JF-Online
Am Donnerstag beginnen in Berlin die 68. Internationalen Filmfestspiele. Die deutsche Schauspielerin Claudia Eisinger hat nun dazu aufgefordert, den Festivalteppich angesichts der #MeToo-Debatte schwarz einzufärben. Damit solle ein Zeichen gegen sexistische Übergriffe, Diskriminierung und Mißbrauch in der Filmbranche gesetzt werden, erklärte sie.
Gesellschaft
2018-02-13T17:02:53+01:00
2018-02-13T17:58:43+01:00
https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2018/metoo-schauspielerin-fordert-schwarzen-berlinale-teppich/
„AfDler in die Gaskammer“: Linken-Politikerin beklagt Shitstorm
LINDEN. Eine Kommunalpolitikerin der Linkspartei hat einen Sturm der Entrüstung beklagt, nachdem menschenverachtende Äußerungen von ihr bekannt geworden waren. „Ich bin ein klitzekleines Lichtchen. Und die machen so einen Aufstand“, kritisierte Bianca Deubel, die bei der Kommunalwahl im hessischen Linden für die Linkspartei antritt, am Montag gegenüber der Gießener Allgemeinen. Deubel hatte am ersten Weihnachtstag 2018 auf den Tweet eines AfD-Politikers geantwortet: „Alle AfDler gehören in die Gaskammer.“ Am selben Tag schrieb sie laut dem Blatt mit Blick auf die Vorsitzende der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung, Erika Steinbach: „Ich freue mich schon, wenn ich auf ihrem Grab tanzen kann.“ Twitter sperrte die Nutzerin. Nachdem in sozialen Netzwerken bekanntgeworden war, daß Deubel nun für Platz zwei der Linken-Liste nominiert wurde, gerieten die Tweets wieder in den Fokus der Öffentlichkeit. „Es fängt an, mich wieder zu belasten“, sagte die selbständige Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache der Gießener Allgemeinen. „Wenn ich draußen bin, passe ich auf und schaue mich um.“ Vor zwei Jahren habe sie mehrere Wochen lang unter nächtlichem Telefonterror gelitten. Jetzt kehre die Angst zurück. Die Linken schicken besonders „qualifizierte“ Bewerber auf vordere Listenplätze.“Auf dem 2. Platz kandidiert die 47-jährige Dozentin Bianca Deubel “ -6 Mio AfD-Wähler in die Gaskammer“In der AfD hätten solche Hetzer längst ein PAV https://t.co/UlZSQLD8dM pic.twitter.com/YJALAk7tNM — Thomas Rudy (@Keineausrede) February 12, 2021 Von ihren Äußerungen distanziere sie sich. „Ich wünsche keinem AfD-Wähler den Tod.“ Sie habe ihre Aussagen als Bürgerin getroffen, „die sehr aufgewühlt war“. Zudem betonte die Linken-Politikerin, sie sei mißverstanden worden. Der AfD-Politiker, dem sie geantwortet hatte, habe sich über Warnungen der Kirchen vor Rechtspopulismus beklagt. „Daß ein Politiker den Kirchen vorschreiben will, was sie zu predigen haben, hat mich an die Gleichschaltung im Nationalsozialismus erinnert.“ Mit ihrem Tweet „Alle AfDler gehören in die Gaskammer“ habe sie sagen wollen, AfD-Politiker sollten Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus besuchen, um sich historisch zu bilden. Das schließe auch einstige Gaskammern mit ein. „Das würde ich heute deutlicher formulieren.“ Sie sei 2018 noch nicht Mitglied der Linkspartei gewesen. Der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag, Dietmar Bartsch, kritisierte die Äußerungen Deubels. „Ohne daß ich auch nur einen Hauch von Sympathie für AfD-Politiker habe, ist ein Aufruf, daß diese in Gaskammern gehören, nicht zu tolerieren“, sagte er vergangene Woche Tichys Einblick. „Ja, auch ich setze mich in großer Deutlichkeit mit der AfD im Bundestag und auch bei jeder anderen Gelegenheit auseinander, aber Aufrufe zu Mord und ähnlichem sind und bleiben absolut inakzeptabel.“ Der Landesvorsitzende der hessischen AfD, Klas Herrmann, verurteilte Deubels Aussagen scharf. „Wer Menschen vergasen will, hat nicht nur den Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verlassen, er zeigt auch seine kriminelle und strafwürdige Gesinnung.“ Er erwarte auch von Seiten des hessischen Linken-Vorstands eine Distanzierung. (ls)
JF-Online
Eine Kommunalpolitikerin der Linkspartei hat einen Sturm der Entrüstung beklagt, nachdem menschenverachtende Äußerungen von ihr bekannt geworden waren. Bianca Deubel hatte am ersten Weihnachtstag 2018 auf den Tweet eines AfD-Politikers geantwortet: „Alle AfDler gehören in die Gaskammer.“
Gaskammer
Deutschland
2021-02-22T10:58:16+01:00
2021-02-22T11:00:25+01:00
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Anti-Islamkongreß: Le Pen und Strache sagen Teilnahme ab
Der Vorsitzende des FN, Jean-Marie Le Pen Foto: WikipediaFPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Foto: FPÖFlugblatt der Kölner Polizei, das vor Moscheen verteilt wird Foto: JF KÖLN. Nach FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat auch der Vorsitzende des französischen Front National (FN), Jean-Marie Le Pen, seine Teilnahme am Anti-Islamisierungskongreß der Bürgerbewegung Pro Köln an diesem Wochenende abgesagt. Aus Straches Büro hieß es, der FPÖ-Politiker bedauere die Absage, ein Kommen sei ihm aber aus Termingründen in der Endphase des Wahlkampfs leider nicht möglich. In Österreich findet am 28. September die Parlamentswahl statt, bei der der FPÖ bis zu 20 Prozent prognostiziert werden. An Stelle Straches sollen nun der FPÖ-Generalsekretär und Nationalratsabgeordnete Harald Vilimsky und der FPÖ-Europaabgeordnete Andreas Mölzer am Samstag bei der Veranstaltung am Heumarkt zu den Kongreßteilnehmern sprechen. Mittlerweile meldete Kölner Stadt-Anzeiger, daß auch der Vorsitzende des Front National, Jean-Marie Le Pen, seine Teilnahme abgesagt habe. Die Zeitung zitiert Le Pens Sprecher Alain Wizier mit den Worten, ein Besuch Le Pens in Köln sei niemals geplant gewesen. Der Fraktionsvorsitzende des Belgischen Vlaams Belang, Filip Dewinter, und der parteilose Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche halten dagegen nach wie vor an ihrem Kommen fest. Ulfkotte distanziert sich von Pro Köln Unterdessen spricht sich der Islamkritiker Udo Ulfkotte gegen den Kongreß und seine Veranstalter aus und will am Samstag gemeinsam mit der Vorsitzenden des Zentralrats der Ex-Muslime, Mina Ahadi, und dem Schriftsteller Ralph Giordano ebenfalls demonstrieren. „Wir wollen zeigen, daß Islamkritik nicht gleichzeitig rechtsextremistisch oder ausländerfeindlich sein muß“, sagte Ulfkotte der JUNGEN FREIHEIT. Sie wollten allerdings weder auf seiten der linkextremen Antifakräfte noch in den Reihen des braunen Sumpfes demonstrieren. „Wir wollen ein Zeichen zwischen den Fronten setzen.“ Von Pro Köln distanzierte sich Ulfkotte ausdrücklich. „Ich möchte nichts mit Leuten zu tun haben, die verfassungsfeindliche Absichten verfolgen“, sagte er. Die Bundesregierung bestätigte derweil auf eine Schriftliche Frage des  Henry Nitzsches, der ebenfalls als Redner auf dem Kongreß auftreten wird, daß „Linksextremisten unterschiedlicher Richtungen bundesweit zu Protestaktionen gegen den geplanten ‘Anti-Islamisierungskongreß’“ aufrufen. Auch Grüne Jugend ruft zu Protesten auf Daran beteiligt sich seit gestern auch der Bundesverband der Grünen Jugend. Der „europaweite Hetzkongreß“ der „Neofaschisten“ könne nur verhindert werden, wenn an diesen Tagen möglichst viele Menschen gemeinsam den Veranstaltungsort blockierten und den Rechten den Durchgang versperrten, hieß es in einem Aufruf. „Bei aller Unterschiedlichkeit unserer politischen Ansichten verbindet uns dieses Ziel. Wir werden ihnen dabei unsere Entschlossenheit entgegensetzen und durch unsere Gemeinsamkeiten und Vielfalt unberechenbar sein.“ Mit dem Mittel des zivilen Ungehorsams wolle man Pro Köln und deren Gefolge in die Schranken weisen.
JF-Online
KÖLN. Nach FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat auch der Vorsitzende des französischen Front National (FN), Jean-Marie Le Pen, seine Teilnahme am
Deutschland
2008-09-16T11:41:00+02:00
2013-12-03T13:54:04+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2008/anti-islamkongress-le-pen-und-strache-sagen-teilnahme-ab/
Trotz Anfeindungen: „Café Mohrenkopf“ hält an Namen fest
INGOLSTADT. Mit einem Facebook-Post hat der Wirt des „Café Mohrenkopf“ in Ingolstadt einen viralen Hit gelandet. Seine Beschwerde über schlechte Google-Rezensionen von Leuten, die etwas gegen den Namen haben, aber noch nie dort waren, haben inzwischen mehr als 167.000 Menschen gelikt. Fast 30.000 haben den Beitrag kommentiert, 10.000 Mal wurde er geteilt. Und er bekräftigte: „Zum Xten Mal: DER NAME BLEIBT!!!!“ Der Gastwirt Claus Häring schrieb über die schlechten Bewertungen: „Das nervt mich. Und zwar gewaltig!!!“ Seine Angestellten leisteten eine „mega-tolle Arbeit, reißen sich den Allerwertesten fürs Café und unsere Gäste auf, putzen, kochen, servieren, halten das Café am Laufen, und dabei sind sie alle zusammen immer noch gut drauf“. Diese Leistung werde von einigen, die „nie im Café waren, schlecht bewertet, weil der Name unangebracht ist“. Er forderte die Nörgler auf: „Richtet diese negativen Dinge doch lieber an mich, schließlich bin ich der Böse und nicht meine Mitarbeiter.“ Bei Google gehen nun massenhaft 5-Sterne-Rezensionen für das „Café Mohrenkopf“ ein – ebenfalls von Leuten, die noch nie da waren und offen schreiben, daß sie damit die Negativ-Rezensionen neutralisieren wollen. Einer schreibt: „Bitte knickt nicht vor den haßzerfressenen Gutmenschen, die uns terrorisieren, ein!“ Ein anderer formuliert: „Der eine möchte Karl May verbieten, der andere den Namen Mohrenkopf. Obwohl es ein schönes Café ist und ein alteingesessener Name. Die Zensur erinnert an ganz schlimme Zeiten.“ Und ein weiterer meint: „Hoffentlich gelingt es diesen hirnkranken, rotgrünen Vollpfosten nicht, daß der Name geändert wird.“ Durchschnittlich hat das Café nun inzwischen 4,4 Sterne – ein ausgesprochen hoher Wert, den Google als „sehr gut“ einstuft. (fh) Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden. Mehr Informationen
JF-Online
Der Wirt des „Café Mohrenkopf“ in Ingolstadt will trotz Anfeindungen und schlechter Google-Bewertungen am Namen festhalten. Nun bekommt er massenhaften Zuspruch.
Mohrenkopf
Deutschland
2022-08-23T09:56:10+02:00
2022-08-23T16:35:28+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2022/trotz-anfeindungen-cafe-mohrenkopf-haelt-am-namen-fest/
Was Mensuren bei Burschenschaften über Extremismus aussagen
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Markus Oberhaus
Grüne Burschenschafter? Nicht ganz, aber die Grünen nähern sich dem Thema Burschenschaft und Rechtsextremismus. Eine Expertenrunde dazu offenbart unerwartet differenzierte Betrachtungen. Aber ohne Klischees geht es doch nicht.
Burschenschaft,Mensur
Deutschland
2024-11-13T15:15:40+01:00
2024-11-13T15:17:35+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2024/was-mensuren-bei-burschenschaften-ueber-extremismus-aussagen/
Berlin: Linksextreme Gewalt schon in der Nacht zum 1. Mai
BERLIN. Nach ersten, zum Teil gewalttätigen Aufmärschen der linken Szene ist es in der Nacht zum 1. Mai in Berlin zu einem verheerenden Brandanschlag in Berlin-Wittenau gekommen. Auf einem Gelände steckten Vermummte 16 Lieferwagen des Online-Händlers Amazon an. Die Feuerwehr versuchte in den frühen Morgenstunden mit 28 Einsatzkräften das Großfeuer zu löschen, konnte die Fahrzeuge aber nicht mehr retten. Die Polizei geht von Brandstiftung aus. Ob ein Zusammenhang zu den traditionellen Krawallen der linken Szene zum 1. Mai in Berlin besteht, sei Gegenstand der Ermittlungen, hieß es. Zeugen gaben an, mehrere vermummte Personen gesehen zu haben. Zuvor war unter dem Motto „Take back the night“ („Holt euch die Nacht zurück“) eine queer-feministische Demonstration gestartet. Zunächst marschierten 900 Linke und Linksextreme am Boxhagener Platz los. Auf dem Weg zum Spreewaldplatz schwoll der Zug nach Polizeiangaben auf 3.000 Personen an. Aus der Menge warfen Kriminelle Steine, Pyrotechnik und Eier auf die Polizisten. Die Beamten lösten die Demo auf. Allerdings entfernte sich ein Teil der Demonstranten, der berüchtigte gewaltbereite „Schwarze Block“, vorher aus dem Zug und tauchte nicht wieder auf. Die Polizei verlor die Linksextremisten aus den Augen. Ob einige von ihnen nach Wittenau fuhren, wo die Amazon-Transporter brannten, ist daher unklar. (fh)
JF-Online
In der Walpurgisnacht beginnen die ersten Krawalle von Linksextremisten in Berlin. Nach Angriffen auf Polizisten brennen später 16 Lieferwagen von Amazon.
linksextrem
Gesellschaft
2024-05-01T08:26:25+02:00
2024-05-01T08:42:52+02:00
https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2024/berlin-linksextreme-gewalt-schon-in-der-nacht-zum-1-mai/
Laschet gesteht Fehler bei früherem Buch ein
BERLIN. Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) hat einen Fehler bei seinem 2009 von ihm veröffentlichten Buch „Die Aufsteigerrepublik. Zuwanderung als Chance“ eingeräumt. „Mindestens ein Urheber des im Buch verwendeten Materials wird weder im Fließtext noch im Quellenverzeichnis genannt“, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident am Freitag der Nachrichtenagentur dpa. Das Buch beinhalte offensichtlich Fehler, für die er die Verantwortung übernehme, ergänzte Laschet. „Dafür möchte ich ausdrücklich um Entschuldigung bitten, denn sorgfältiges Arbeiten beim Verfassen von Werken und die Achtung des Urheberrechts sind für mich auch eine Frage des Respekts vor anderen Autoren.“ Er werde unverzüglich eine Überprüfung seines Buchs veranlassen, um zu klären, ob es noch mehr Fehler enthalte. Der Plagiatsjäger Martin Heidingsfelder hatte herausgefunden, daß Laschet bei dem Politologen und Autor Karsten Weitzenegger abgeschrieben hatte, ohne dessen Namen zu nennen. Plagiatsjäger Heidingsfelder hat mir mitgeteilt, dass Armin #Laschet in seinem Buch 2009 bei mir abgeschrieben hat.Spontan habe ich bestritten, jemals etwas so Dummes geschrieben zu haben.😅Ist aber wohl doch mein Paper, ich bereue nichts. #Laschetschreibtab pic.twitter.com/xcfhfLlMiR — Karsten Weitzenegger 😷 (@weitzenegger) July 29, 2021 Damit gerät nach der Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock nun auch Laschet unter Plagiatsverdacht. Bei Baerbocks Buch „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“ hat der Plagiatsjäger Stefan Weber bislang mehr als 50 Stellen zusammengetragen, bei denen die Grünen-Politikerin sich bei anderen Autoren bedient haben soll, ohne dies kenntlich zu machen. Baerbock verteidigte sich gegen die Vorwürfe damit, sie habe kein politisches Sachbuch geschrieben, sondern eine Art politisches Programm, in das auch viele Ideen anderer mit eingeflossen seien. Laschet sagte nun, er habe sein Buch als damaliger Integrationsminister von Nordrhein-Westfalen verfaßt, um „die Arbeit des ersten Integrationsministeriums Deutschlands darzustellen und für eine neue Integrationspolitik bundesweit zu werben. Dementsprechend wurde für das Buch auch auf Ausarbeitungen des Ministeriums Rückgriff genommen.“ Das werde auch durch das Literaturverzeichnis und die Danksagung deutlich. In dem Buch hatte Laschet für eine „dritte Einheit“ geworben. Nach der Integration der Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg und der Vereinigung von West- und Mitteldeutschen nach 1989 müsse nun die „Vereinigung“ von Deutschen und Einwanderern erfolgen. Den „Neudeutschen“ sollte über den gleichberechtigten Zugang zur Bildung größere Aufstiegschancen ermöglicht werden. (krk)
JF-Online
Nach Grünen-Chefin Annalena Baerbock sieht sich nun auch Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) mit Abschreibvorwürfen konfrontiert. Er soll sich bei seinem Buch von 2009, in dem er eine dritte deutsche Einheit zur Integration von Einwanderern forderte, bei einem anderen Autor bedient haben.
Laschet
Deutschland
2021-07-30T12:55:28+02:00
2021-07-30T12:55:28+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2021/plagiat-laschet-gibt-fehler-zu/
Pankraz, der Abgleich und die abgeschnittene Ehre
Das wahrscheinliche Unwort des Jahres erklingt heuer früh: Datenabgleich. Die Bahn hat ihre Mitarbeiter nicht bespitzelt oder ausgehorcht, sie hat ihnen nicht nachgeschnüffelt und auch keine Geruchskarteien von ihnen angelegt, sie hat lediglich "Daten abgeglichen". Aus einer geheimdienstlichen Kriminalaktion wurde so ein schlichter Verwaltungsvorgang. Im Grunde ist nichts passiert. Alle Aufregung ist überflüssig, von bösen Kräften ruchlos inszeniert. Die Unschuldsbeteuerungen der Verantwortlichen klingen possierlich, sind aber glaubhaft. Tatsächlich sind ja niemandem private Geheimnisse abgeluchst worden, sondern es handelte sich um „Daten“, die in offiziellen Computern ruhen und eben nur „abgeglichen“ werden mußten. Etwas „abgleichen“ hieß im bisherigen Sprachgebrauch, es funktionsfähig und ertragshaltig zu machen. Man verglich zwei Dinge nicht nur und machte sie auch nicht nur einander ähnlich („angleichen“), sondern man stellte einen regelrechten Funktionszusammenhang zwischen ihnen her. Industrielle Werkstücke werden der reibungslosen Produktion wegen gegenseitig abgeglichen. Die Bahn ist, wie jedes große Unternehmen, im Interesse reibungsloser Funktionalität an korruptionsfreien Zuständen interessiert, und also gleicht sie die Daten ihrer Mitarbeiter ab. Die Daten sind nichts weiter als Werkstücke. Um ihr Inneres, um die dahinter steckenden Seelenwehwehs und sonstigen Empfindlichkeiten geht es ausdrücklich nicht, nicht einmal um eventuelle kriminelle Energien und Verfehlungen. Viel bemerkenswerter als die Missetaten der Bahn ist der Lärm, der um ihre „Enthüllung“ veranstaltet wird. Ganz offensichtlich geht es dabei nicht nur um den üblichen Medienlärm, um die „neue Sau“, die durchs Dorf getrieben wird, um Wichtigtuerei und politisches Punktesammeln. Viele Lokomotivführer und Schaffner fühlen sich wirklich verletzt. Man hat ihnen – man denke! – die Daten abgeglichen! Das empfinden sie so wie früher ein Gentleman, dem man „die Ehre abgeschnitten“ hatte. An die Stelle der Ehre sind heute die „persönlichen Daten“ getreten. Was sind „persönliche Daten“? Geburtsjahr und Geburtsort, Beruf und Familienstand sind wohl nicht gemeint, denn die stehen seit Olims Zeiten in vielen Registern, ohne daß sich je einer darüber aufgeregt hätte. Auch was einer öffentlich sagt und schreibt und zugelassenerweise tut, gehört nur am Rande zu den „Daten“, wirft allenfalls ein besonderes, pikantes oder gar fatales Licht auf sie. Der Kern der „persönlichen Datei“ besteht vielmehr aus einem Dickicht von halb- oder viertellegalen, zeitgeistwidrigen Verhaltensweisen, individuellen, möglicherweise degoutanten Eigenheiten und – dies vor allem – kleinen, aber ständigen Ordnungswidrigkeiten, vulgo: Gesetzesübertretungen, die nicht zur langfristigen Registrierung gelangen. Jeder aufgeweckte Zeitgenosse weiß inzwischen, daß es mit der Geheimhaltung dieser persönlichen Daten längst nicht mehr weit her ist. Redaktionen und Pornoverlage, Kleiderläden, Parteien und Nichtstaatliche Organisationen, Banken und Versicherungen, sie alle legen voller Geduld und Verschwiegenheit über jeden einzelnen ihrer Kunden, über jedes ihrer Mitglieder „Persönlichkeitsprofile“ an und bewahren sie sorgfältig. Der Aufstieg des Internet tat ein Übriges. Das Stichwort heißt Vernetzung. Jede Instanz, die daran interessiert ist, kann sich mittlerweile aus dem Netz über die Daten beliebiger Mitbürger umfassend informieren, Neologismen wie „Datenklau“, „Datenhandel“ oder „Datenmißbrauch“ sind inzwischen fest im Sprachbewußtsein verankert und üben Wirkung aus. Die Rede vom Datenabgleich war jetzt gewissermaßen der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte. Gerade ihre bürokratische Beiläufigkeit bringt das Publikum auf. Es will nicht, daß „seine Daten“, dieses kleine Paradies aus Asymmetrie und Ordnungswidrigkeit, abgeglichen und somit funktionalisiert werden, auch und gerade dann nicht, wenn Behörden dringendes öffentliches Interesse als Grund ins Feld führen. Kein Mensch besteht nur aus Öffentlichkeit, keiner will nur funktionieren, auch Lokomotivführer und Zugbegleiter nicht. Die allermeisten von ihnen sind durchaus damit einverstanden, daß die Bahn korrupten Beamten in ihren Reihen, die gleichzeitig Industrielobbyist spielen und sich durch Ausschreibungsmanipulation hohe Bonitäten verschaffen, das Handwerk legt. Flächendeckenden Datenabgleich wollen sie jedoch nicht. Sie lassen sich gern untereinander vergleichen und gegebenenfalls auch maßvoll aneinander angleichen. Doch abgeglichen werden wollen sie nicht. Da das Wort aber nun einmal da ist, sollte man es auch ernst nehmen. Es drückt auf fast unheimliche Weise eine moderne Befindlichkeit aus, die unser aller Schicksal ist und auf die wir uns einstellen müssen, die „Mehdornsche Krankheit“, wenn man will. Diese besteht darin, daß ein beträchtlicher Teil unseres Innersten in die Verfügungsgewalt fremder Kräfte gerät und jederzeit in irgendwelche Funktionszusammenhänge eingebaut werden kann, ohne daß wir uns dagegen wehren können, allem „kritischem“ Mediengetöse zum Trotz. Verglichen damit sind traditionelle geheimdienstliche Praktiken, Stasi-Repressionen etwa oder BND-Intrigen, letztlich harmlose Räuber-und-Gendarm-Spiele. Daß die Sache auf Schiene und Eisenbahn über uns kommt, birgt eine eigene, zusätzliche Pointe. Alles bewegt sich in festen, vorgeschriebenen Gleisen, wird strengstens durch Rot- und Grünlicht geregelt, bezeugt Unabwendbarkeit. Auf Straße und Auto umzusteigen, bringt faktisch nichts, denn auch dort herrscht strengstes Regiment per Rot und Grün. Bahn und Straße können ohne weiteres abgeglichen werden und werden es auch. Die Mehdornsche Krankheit ist keine typische Bahnkrankheit, sie ist eine umfassende Zeitseuche. Wirksame Impfstoffe gegen sie sind leider noch nicht in Sicht. Wer sich gegen sie schützen will, muß seine inneren Asymmetrien so gut es geht unter Kontrolle halten.
JF-Online
Das wahrscheinliche Unwort des Jahres erklingt heuer früh: Datenabgleich. Die Bahn hat ihre Mitarbeiter nicht bespitzelt oder ausgehorcht, sie hat ihnen nicht
Kultur
2009-02-06T00:00:00+01:00
2009-02-06T00:00:00+01:00
https://jungefreiheit.de/kultur/2009/pankraz-der-abgleich-und-die-abgeschnittene-ehre/
Empörung über die Empörung
Über 290.000 Besucher, mehr als 180 Verlage, rund 500 Veranstaltungen und Lesungen: Das ist die Bilanz der diesjährigen Frankfurter Buchmesse. Mittendrin, wie in jedem Jahr, die junge freiheit. Doch während die größte Buchmesse der Welt einen leichten Besucherrückgang hinnehmen mußte, freute sich die JF über ein bisher nicht gekanntes Interesse: 4.000 verteilte Exemplare, über hundert gewonnene Probeabonnenten, gutbesuchte Diskussionsveranstaltungen, Treffen mit alten Bekannten und neuen Freunden. Meinungsfreiheit und Zensur waren die zentralen Themen in diesem Jahr, was jedoch nicht nur daran lag, daß China als Gastland ausgewählt worden war. Die meisten Besucher des JF-Messestands beschäftigte viel mehr der Fall Sarrazin (siehe die Beiträge auf Seite 2 und 5 dieser Ausgabe). Die in der Kulturzeitschrift Lettre International geäußerte Kritik des ehemaligen Berliner SPD-Finanzsenators an den Folgen der multikulturellen Gesellschaft und die Welle der politisch korrekten Empörung, die danach über ihn hereinbrach, waren das bestimmende Thema am Stand der JF. Viele waren sich einig: Nicht nur im Reich der Mitte, auch in Deutschland werden unbequeme Meinungen unterdrückt, wenn auch mit anderen Mitteln. Neben den Diskussionsveranstaltungen unter anderem zur Wirtschaftskrise, Zukunft der deutschen Sprache, Abtreibung und dem 70. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs sorgte vor allem der Besuch des Journalisten und Buchautors Peter Scholl-Latour (85) für Aufsehen, der mit JF-Chefredakteur Dieter Stein über sein im November erscheinendes Buch „Die Angst des weißen Mannes“ (Propyläen) sprach. Foto: Peter Scholl-Latour mit Dieter Stein auf der Buchmesse
JF-Online
Über 290.000 Besucher, mehr als 180 Verlage, rund 500 Veranstaltungen und Lesungen: Das ist die Bilanz der diesjährigen Frankfurter Buchmesse. Mittendrin, wie
Kultur
2009-10-23T00:00:00+02:00
2009-10-23T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/kultur/2009/empoerung-ueber-die-empoerung/
Steuerstaat außer Kontrolle
Es ist geschafft. Seit dem 8. Juli arbeiten die Deutschen statistisch gesehen nicht mehr für den Staat, sondern für sich selbst. Etwa 52 Prozent des Einkommens gehen für Steuern und Abgaben drauf. Zum Dank muß sich der Steuerzahler dann von Behörden und Verwaltung schikanieren lassen. Und der Staat hat noch lange nicht genug. In den kommenden Jahren wird sich der „Steuerzahlergedenktag“ immer weiter in den Juli verschieben. Unbezahlbare Rentenpakete, ausufernde Staatsausgaben und eine frech nach unten gelogene Inflationsrate fressen das hart erarbeitete Vermögen der Deutschen auf. Deutschland am Scheideweg Wo bleiben eigentlich all die Milliarden, die wir Monat für Monat in den Steuersäckel pumpen? Die Straßen sind vielerorts eine Zumutung, die Wartezeiten bei den Ärzten werden immer länger, die Renten dafür immer geringer. Die bittere Wahrheit: Dieser Staat ist außer Kontrolle. Er leistet sich ein riesiges finanziell privilegiertes Beamtenheer, eine aufgeblähte Verwaltung, Tausende Frauen- und Genderbeauftragte und soziale Sicherungssysteme, die spätestens 2030 mit einem großen Knall in die Luft fliegen werden. Deutschland steht am Scheideweg. Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Läuft alles weiter wie bisher mit steigenden Staatsausgaben, droht eine totale Umverteilung, gegen die selbst die DDR noch wie ein Hort der Marktwirtschaft wirkt. Dann dürfen die Steuerzahler künftig Weihnachten und den „Steuerzahlergedenktag“ am selben Tag begehen. Umverteilung schafft Abhängigkeit Die andere Möglichkeit ist, daß sich die Deutschen endlich von der Vorstellung lösen, der Staat könne besser mit ihrem Geld umgehen als sie selbst. Er kann es nicht, er konnte es nie und er wird es nie können. Mit Blick auf die demographische Krise und den baldigen Zusammenbruch der umlagefinanzierten Sozialsysteme bleibt nur eines: Eigenverantwortung. Daß der Staat das nicht will, liegt auf der Hand. Gibt es doch schließlich kein besseres Mittel als Umverteilung, um finanzielle Abhängigkeiten zu schaffen und die Bürger gefügig zu machen. Benjamin Franklin hat bis heute recht behalten: „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren.“ Der „Steuerzahlergedenktag“ ist eine schöne Erinnerung daran, wie wenig Freiheit uns noch geblieben ist.
Henning Hoffgaard
Es ist geschafft. Seit dem 8. Juli arbeiten die Deutschen statistisch gesehen nicht mehr für den Staat, sondern für sich selbst. Etwa 52 Prozent des Einkommens gehen für Steuern und Abgaben drauf. Zum Dank muß sich der Steuerzahler dann von Behörden und Verwaltung schikanieren lassen. Und der Staat hat noch lange nicht genug. Ein Kommentar von Henning Hoffgaard.
Kommentar
2014-07-08T11:45:11+02:00
2014-07-08T12:41:33+02:00
https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2014/steuerstaat-ausser-kontrolle/
Butterwegge sagt Pegida und AfD Kampf an
BERLIN. Christoph Butterwegge hat für den Fall seines Einzugs ins Schloß Bellevue Pegida und der AfD den Kampf angesagt. Der Kölner Sozialwissenschaftler ist Bundespräsidentenkandidat der Linkspartei. Als Bundespräsident würde er „kein Verständnis für rassistische Positionen zeigen und keine Vertreter von Pegida oder der AfD ins Schloß Bellevue einladen, sondern klare Kante zeigen“, sagte Butterwegge der taz. „Denen, die von rechts Stimmung machen, muß klargemacht werden, daß sie die Verfassung verletzen, und ein Bundespräsident hat diese zu schützen.“ Gleichzeitig forderte Butterwegge ein „breites Bündnis, das von links bis in die bürgerliche Mitte reicht und alle Kräfte vereint, die die Demokratie bewahren und schützen wollen“. Alle Parteien müßten in der parlamentarischen Auseinandersetzung mit der AfD zeigen, daß sie als Verteidiger der Demokratie und der Verfassung gegen diese rechtspopulistische Gruppierung stünden, mahnte der 60jährige. Butterwegge flog aus SPD „Das erreicht man aber leider nicht, wenn man wie die CSU in Asylfragen selbst auf die rechtspopulistische Schiene setzt. So betreibt man nur das Geschäft der AfD.“ Butterwegge war in den siebziger Jahren Mitgliee der Jusos und gehörte dort dem sogenannten Stamokap-Flügel an. Laut einem Bericht der Welt soll Butterwegge „Mitglied des Beirats einer DKP-Vorfeldorganisation“ gewesen sein. Wegen seines Eintretens für die Zusammenarbeit mit Kommunisten sowie seiner Kritik an Helmut Schmidt wurde er 1975 aus der SPD ausgeschlossen. In den achtziger Jahren bemühte sich Butterwegge um eine Wiederaufnahme in die SPD, was ihm auch gelang, nachdem sich Gerhard Schröder für ihn eingesetzt hatte. 2005 trat er jedoch aus Protest gegen die Große Koalition wieder aus der SPD aus und wandte sich der WASG und später der Linkspartei zu. Für letztere saß auch seine Frau, Caroline Butterwegge, von 2010 bis 2012 im Landtag von Nordrhein-Westfalen. „Wenn es sein muß mit Gewalt“ 1989 erschien unter der Mitwirkung der DKP-Vorfeldorganisation „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) ein Sammelband mit dem Titel: „Dem Haß keine Chance. Gemeinsam gegen Neofaschismus und Rassismus!“ Darin findet sich auch ein Beitrag Butterwegges, in dem dieser sich für eine „bundesweite Koordination“ der linksextremistischen „antifaschistischen Aktion“ aussprach. Neun Jahre zuvor schrieb Butterwegge in der Verbandszeitschrift des Sozialistischen Hochschulbunds, frontal: Der Sozialismus sei kein „Pluralismus-Paradies, sondern das Gesellschaftssystem, wo die Arbeiterklasse ihre politische Macht errichtet, sie – unter Wahrung der sozialistischen Gesetzlichkeit, wenn es sein muß mit Gewalt – gegen ehemalige Kapitalisten und Konterrevolutionäre verteidigt und zur Umwälzung der herrschenden Eigentumsverhältnisse einsetzt“. Auch könne die „Staatsmaschinerie der bürgerlich-parlamentarischen Demokratie“ nicht in den Sozialismus mit hinübergenommen werden. Sie müsse, um mit Marx zu sprechen, „zerbrochen“ werden. Nicht zuletzt wegen solcher Äußerungen urteilten mehrere CDU-Bundestagsabgeordnete noch 2003, die Liste der „linksextremistischen Aktivitäten“ Butterwegges sei „ellenlang“. Nach seiner Nominierung für das Amt des Bundespräsidenten durch die Linkspartei am Montag war aus der Union jedoch keine Kritik zu vernehmen. ARD lobt Nominierung in Kommentar Die ARD hingegen wertete die Entscheidung positiv. Es könne sich lohnen, Butterwegge zuzuhören, hieß es in einem Kommentar der Tagesthemen. Zum Beispiel darüber, wieviel Ungleichheit die Demokartei aushalte. Oder, warum sich so viele Bürger in der Gesellschaft überfordert fühlten. Der Sozilologe und Parteienkritiker Erwin K. Scheuch urteilte dagegen 2003: „Butterwegge, ehemaliger Kommunist mit eindeutig stalinistischen Ansichten – zum Beispiel rechtfertigte er noch in den achtziger Jahren die Mauer inklusive Schießbefehl – hat nur noch ein Thema: die Beschimpfung der Bundesrepublik Deutschland. Sein bevorzugtes Mittel dazu ist der Vorwurf der ‚Ausländerfeindlichkeit‘, allerdings ohne daß er sich dazu die Mühe machen würde, seine Tiraden wenigstens formal mit Daten zu unterlegen.“ (krk)
JF-Online
Christoph Butterwegge hat für den Fall seines Einzugs ins Schloß Bellevue Pegida und der AfD den Kampf angesagt. Gegen deren „rassistische Positionen“ würde er „klare Kante“ zeigen“. Der Kölner Sozialwissenschaftler ist Bundespräsidentenkandidat der Linkspartei und verfügt über eine radikal linke Vergangenheit.
Deutschland
2016-11-24T13:06:05+01:00
2016-11-24T13:55:55+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2016/butterwegge-sagt-pegida-und-afd-kampf-an/
Saure Ozeane
Das sogenannte Treibhausgas Kohlendioxid befindet sich nicht nur in der Luft. Etwa die Hälfte des zusätzlichen CO2, das seit der industriellen Revolution durch das Verbrennen von fossilen Stoffen und anderen Prozessen freigesetzt wurde, haben die Weltmeere geschluckt, erklärten unlängst Mitglieder der britischen Royal Society. „Es gibt für uns keine Möglichkeit, dieses CO2 wieder aus dem Ozean zu entfernen. Es wird viele Tausend Jahre dauern, bis natürliche Vorgänge es wieder entfernt haben“, erklärte John Raven von der University of Dundee. Was auf den ersten Blick unerwünscht scheint, ist auf den zweiten gar nicht so dramatisch. Viele Bewohner der Weltmeere brauchen CO2 sogar, etwa Unterwasserpflanzen. Andere Organismen nutzen es zum Aufbau von Knochen und Schalen. Auf den dritten Blick ist das Überangebot jedoch eine Bedrohung. Denn CO2 verwandelt sich im Ozean in Kohlensäure – und die greift alles an, was Kalk enthält. Besonders Muscheln und Korallen sind deshalb davon bedroht, vom sauren Meerwasser aufgelöst zu werden. „In 30 bis 40 Jahren werden wir wahrscheinlich die ersten merklichen Lücken in Korallenriffen sehen“, prophezeit Raven. Diese Schwächung ihrer Substanz werde die Riffe anfällig für Schäden durch Stürme machen. In den südlichen Ozeanen und rund um die Antarktis werden die Effekte wohl am stärksten ausfallen, so der Bericht. Was das alles für die erdumspannenden Abläufe bedeutet, darüber gibt es nur Ahnungen. Bisher galten die Meere als Puffer gegen den Treibhauseffekt, aber das hat ihnen selbst nicht gutgetan. Fest steht: Es gibt keine bequemen Lösungen, eine nach stetigem Wachstum hechelnde Zivilisation ist zum Tode verurteilt.
JF-Online
Das sogenannte Treibhausgas Kohlendioxid befindet sich nicht nur in der Luft. Etwa die Hälfte des zusätzlichen CO2, das seit der industriellen Revolution
Wirtschaft
2005-08-12T00:00:00+02:00
2005-08-12T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2005/saure-ozeane/
„Ich bin froh und dankbar!“
Herr Professor Ortleb, erinnern Sie sich noch an den Abend des 9. November 1989?  Ortleb: Natürlich, vor allem an das Gesicht meiner Frau, die eine West-Reise beantragt hatte und der ich, als sie spät abends nach Hause kam, eröffnete: „Du brauchst nicht auf deine Papiere zu warten, du kannst gleich fahren!“ Sie können sich vorstellen, wie sie aus allen Wolken gefallen ist. Im ersten Moment hat man das alles damals ja gar nicht fassen können: Die Mauer, die Teilung, all das schien für immer zementiert. Heute kann man kaum noch nachvollziehen, was deren Ende damals bedeutet hat. Viele Deutsche klagen aus persönlichen Gründen mehr über die Wiedervereinigung, als daß sie sich aus Patriotismus darüber freuen. Ortleb: Das ist unendlich schade! Für mich ist ganz klar: Ich bin froh und dankbar, und man sollte sich nicht dazu verleiten lassen, seine politischen Enttäuschungen über die letzten zwei Dekaden über die Freude an der Wiedervereinigung unseres Vaterlandes zu stellen. „Die Bonner Politik wußte nichts mit der Einheit anzufangen“ Die Einheit der Nation ist für Sie ein Wert an sich? Ortleb: Ja, und zwar weil ein Staat nicht leben kann ohne Volk und Nation. Die DDR hat den Fehler gemacht, sich einzubilden, dies sei möglich. Auch wenn das nicht der direkte Grund für ihren Untergang gewesen ist, weil sie von noch viel fundamentaleren Konstruktionsfehlern gezeichnet war, gehörte zu ihren Lebenslügen sicher die Ausklammerung der deutschen Frage. Ich war erstaunt, als ich später feststellen mußte, daß es auch in der Bundesrepublik die Tendenz dazu gibt. Was meinen Sie damit konkret? Ortleb: Natürlich stellt sich die Frage nach Volk und Nation heute anders als in der DDR: Heute geht es zum Beispiel darum, ob man Volk durch Bevölkerung ersetzen kann. Die Vorstellung, es sei egal, wer in einem Staat lebt, denn schließlich könne jeder mit jedem, ist aber ein gründlicher Irrtum. Wer so etwas vertritt, hat keine Ahnung von Geschichte. Denn tatsächlich muß eine Gemeinschaft ein Nationalverständnis haben, zum Beispiel um zu begreifen, warum man nicht nur für sich, sondern für die Gesamt heit verantwortlich ist. Von 1990 bis 1994 waren Sie Bundesminister in Bonn. Man hat den patriotischen Impuls der Wiedervereinigung dort also nicht aufgenommen?  Ortleb: Nein, ich mußte feststellen, daß das Thema Patriotismus dort mit der Wiedervereinigung abgehakt zu sein schien, statt dessen blickte man lieber wieder nach Europa. Ich habe nichts gegen Europa, aber es war bestürzend zu erleben, daß die politische Klasse des wiedervereinigten Deutschland mit dem Geschenk der Einheit offenbar gar nichts anzufangen wußte. Es war, als wäre ihnen das im Herbst 1989 so dazwischengekommen, und nachdem man das Problem am 3. Oktober 1990 unter Dach und Fach gebracht hatte, ging man wieder zur europäischen Tagesordnung über, als sei nichts gewesen. >> Offenbar hat das die Deutschen nicht gestört. Ortleb: Ich habe mich damals auch gefragt, woran das eigentlich liegt: Handeln die Politiker so, weil die Deutschen sich nicht mehr für Volk und Nation interessieren? Ich kann diese Frage natürlich nicht mit Sicherheit beantworten, mit Sicherheit kann ich überhaupt nur sagen, daß ich und auch mein Bekanntenkreis nach 1990 wieder mehr Volk und Nation erwartet haben und daß man aus der historischen Erfahrung heraus feststellen kann, daß ohne Gemeinschaft die Leute nicht zusammenhalten und daß das auch für Nationalstaaten gilt. Im übrigen wäre ich mir nicht so sicher, daß es die Deutschen nicht gestört hat, denn obwohl ich eben dazu aufgerufen habe, die persönlichen Enttäuschungen nicht über die Freude an der Wiedervereinigung zu stellen, sage ich Ihnen ebenso klar: Diese Enttäuschungen existieren, und es hat wiederum keinen Zweck, sie mit der Freude über die Einheit überdecken zu wollen.  Sie zählen sich zu den Enttäuschten? Ortleb: Leider ja. Und inzwischen ist mir auch klar, welchen Geburtsfehler die Wiedervereinigung hat. Sie ist bekanntlich nicht so abgelaufen wie im Grundgesetz vorgesehen, nämlich als Beendigung des Interimszustands nach 1945 durch das Schaffen eines neuen Deutschland gemäß Artikel 146 des Grundgesetzes. Statt dessen kam es nur zu einem Beitritt gemäß Artikel 23, der eigentlich dafür gar nicht vorgesehen war, sondern geschaffen wurde, um 1957 den Anschluß des Saarlandes zu ermöglichen. Das aber hat dazu geführt, daß erstens der eine Teil Deutschlands bei der Wiedervereinigung quasi „hinten runtergefallen“ ist und daß zweitens die Deutschen heute nicht wie andere Völker auch in einem selbstbewußten Nationalstaat leben, sondern quasi immer noch in einem verlängerten Nachkriegsprovisorium. „Heute würde ich manches anders machen, wenn ich könnte“ Sie waren damals als aktiver Politiker selbst am Prozeß der Wiedervereinigung beteiligt.  Ortleb: Das stimmt, als Fraktionsvorsitzender der Liberalen in der letzten, freigewählten DDR-Volkskammer, die in einer Koalition mit der CDU-geführten Allianz für Deutschland und der SPD die Regierung unter Lothar de Maizière stellten, war ich sogar maßgeblich für die Ausarbeitung des Einigungsvertrags verantwortlich. Heute muß ich einräumen, daß dabei nicht alles geglückt ist, so manches würde ich heute anders machen, wenn ich könnte. Allerdings standen wir damals auch unter erheblichem Druck, und zudem ist man hinterher immer klüger. Heute empfinde ich es allerdings – als jemand, der damals Verantwortung getragen hat – als Verpflichtung, in diesen Fragen auch mir selbst gegenüber Rechenschaft abzulegen. Sie waren bereits vor 1989 Funktionär der DDR-Blockpartei LDPD. Als solcher haben Sie alles andere als die Wiedervereinigung im Sinn gehabt, sondern die SED-Herrschaft aktiv unterstützt, die DDR-Diktatur gar als „verteidigungswürdige Gesellschaftsordnung“ und „gerechte Sache“ bezeichnet. Ortleb: In die LDPD bin ich eingetreten, weil mir als Student eine SED-Mitgliedschaft nahegelegt wurde. Da mein Vater schon in der LDPD war, war plausibel, daß auch ich den Liberaldemokraten beitrete. Und natürlich wurde erwartet, nicht einfach nur als Karteileiche dahinzuvegetieren, sondern auch Verantwortung zu übernehmen. Ich habe diese Rede, aus der Sie eben zitiert haben, nicht selbst geschrieben, aber es stimmt, daß ich sie gehalten habe. Das war 1977, ich wurde damals dafür ausgewählt, sie wurde mir quasi „aufs Auge gedrückt“. Weitere solcher Reden gab es folglich nicht. Aber richtig ist, ich habe in der Tat, das muß ich einräumen, diesem Staat gedient. Ich bin von Beruf Mathematiker und Programmierer, und mein Interesse galt Technik und Wissenschaft und nicht der Politik, ich habe mich deshalb nicht so sehr mit dem Staatswesen der DDR beschäftigt. Aber ich habe nach der Wende feststellen müssen, wie weit weg wir damals von aller Realität im Lande waren. Später habe ich allerdings eine ähnliche Tendenz auch im Politikbetrieb der Bundesrepublik bemerkt. >>  Inwiefern?  Ortleb: Ich glaube, daß eben wie gesagt die Enttäuschung über die Wiedervereinigung so vieler Bürger daraus resultiert. Auch habe ich feststellen müssen, daß das Versprechen der Demokratie nicht gehalten wird. Wie in der DDR geht es auch heute um Macht und nicht um Freiheit. Statt von einer Demokratie sollten wir ehrlicher von einer Mediokratie sprechen: Ich meine damit, daß nicht Volk und Freiheit herrschen, sondern die sogenannten „Meinungsmacher“. Als Bundesminister war ich einmal zu Besuch beim ZDF in Mainz und habe dort mit Ernüchterung erlebt, wie auf einer Sitzung der „Heute“-Nachrichtenredaktion unter den tausend Meldungen, die dort damals täglich eingingen, ganz offen diejenigen ausgewählt wurden, die der Redaktion am besten paßten, um einen bestimmten Tenor zu erzeugen. Das heißt, das grundgesetzliche Recht auf Meinungsfreiheit ist zwar de jure in Kraft, fällt aber de facto Meinungsmonopolisten zum Opfer. Können Sie dafür Beispiele nennen? Ortleb: Ich bin sicher, jedem kritischen Mediennutzer werden selbst etliche Beispiele dafür einfallen. Nehmen Sie jüngst natürlich den Fall Sarrazin. Egal, wie man zu seinen Aussagen steht, war es doch absolut erschreckend zu sehen, wie mit ihm umgegangen worden ist. Zwar war es auch nicht schlimmer als das, was zuvor etwa die TV-Moderatorin und Publizistin Eva Herman oder mein ehemaliger Parteifreund Alexander von Stahl erleiden mußten, aber die neue Qualität bestand darin, daß dies nun selbst einem so mächtigen Mann wie Thilo Sarrazin passieren kann. Und das ist doch der springende Punkt – die Botschaft ist: Wenn selbst eine so etablierte Persönlichkeit wie er nicht mehr sicher ist, dann wissen alle einfachen Bürger, daß sie erst recht lieber den Mund halten. Oder ein weiteres Beispiel aus eigenem Erleben: Glauben Sie, es wäre zu meiner Zeit als aktiver Politiker möglich gewesen, mit einem Mann wie Jörg Haider offen Kontakt aufzunehmen? Haider war doch als „Rechtspopulist“ quasi unberührbar. „Den Mut haben, den 3. Oktober auf den 9. November zu verlegen“ Sie hätten sich also eine stärker nationalliberale Ausrichtung der FDP gewünscht?   Ortleb: Ja, allerdings gebe ich zu, daß ich es zu meiner aktiven Zeit eben nicht gewagt habe, etwas in dieser Richtung zu unternehmen. Tatsächlich habe ich erst 2008 mit Jörg Haider Kontakt aufgenommen: Schließlich waren wir zu einem privaten Treffen verabredet, da verunglückte er am 11. Oktober überraschend tödlich. Zu meinen politischen Vorbildern zählt eben zweifellos der große Nationalliberale Friedrich Naumann, Vorsitzender der liberalen Partei zu Beginn der Weimarer Republik und geistiger Ziehvater des späteren FDP-Mitgründers und ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss. Heute allerdings bin ich mit der Partei fertig. Warum? Ortleb: Allgemein hat mich enttäuscht, daß die Partei das, was sie inhaltlich verspricht, regelmäßig nicht hält. Der Koalitionsvertrag ist ja nun ein neuer Beweis dafür: Für alle, die die FDP aus Überzeugung gewählt haben, ist der Vertrag doch eine Riesenenttäuschung. Und nicht zuletzt legt die FDP heute definitiv keinen Wert mehr auf ihr nationalliberales Erbe. Dabei wäre das nach meiner Ansicht sogar ein politisches Zukunftsmodell für Deutschland. Allgemein gilt er als ausrangiert. Ortleb: Zu Unrecht, denn der Nationalliberalismus ist ein Mittelweg zwischen der nationalistischen Zwangsgemeinschaft wie im Dritten Reich, bei der der Einzelne und der Fremde gar nichts gelten, und dem Internationalismus bzw. Multikulturalismus der Gegenwart, bei dem die soziale Gemeinschaft der Eigenen zugunsten des Einzelnen und des Fremden nichts mehr gilt. Beides sind verhängnisvolle Extreme, die sich irgendwann rächen. >> Ihre Bilanz zum Jahrestag des 9. November 1989 fällt also rein negativ aus? Ortleb: Nein, nach meinem Rückzug aus der Politik 2001 habe ich mich dem Vereinswesen gewidmet, um wieder in Kontakt mit den Menschen zu kommen. Die dadurch gemachten Erfahrungen machen mir Hoffnung. Und obwohl ich keine politischen Ambitionen mehr habe, möchte ich dennoch einen Vorschlag machen: 1990 haben wir am Ende des deutsch-deutschen Einigungsvertrages extra eine Klausel eingefügt, die es erlaubt, den Vertrag mit Zweidrittel-Mehrheit zu ändern. Nachbesserungen sind also grundsätzlich möglich! Es muß sich nur die politische Stimmung im Land ändern. Einen ersten Verbesserungsvorschlag hätte ich schon: Vielleicht sollten wir den Mut haben, den Nationalfeiertag der Deutschen vom 3. Oktober, für den ich damals leider mitverantwortlich war, der sich aber nicht bewährt hat, auf den 9. November zu verlegen, den Tag, an dem unsere Herzen höher schlagen! ——————————— Prof. Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister a.D.  Im Frühjahr 1990 wurde der 1944 in Gera geborene Informatik-Professor Partei- und Fraktionschef der ehemaligen SED-Blockpartei LDP – vormals LDPD (Liberal-Demokratische Partei Deutschlands). Er organisierte die Fusion mit der FDP, deren Bundes-Vize er bis 1995 war, und nahm an den Verhandlungen zur deutschen Einheit teil. 1990 wurde er Bundesminister für besondere Aufgaben, 1991 für Bildung und Wissenschaft und im gleichen Jahr FDP-Chef in Mecklenburg-Vorpommern. 1994 zog er sich von beiden Posten zurück, blieb jedoch bis 1998 Bundestagsabgeordneter. 1997 übernahm er den Vorsitz der FDP in Sachsen, trat aber 1999 auch hier zurück. 2001 verließ er enttäuscht seine Partei.   JF 46/09
Moritz Schwarz
Seit zwanzig Jahren ist Deutschland als Subjekt in die Geschichte zurückgekehrt. Die Wunden der Nation schließen sich symbolisch im Wiederaufbau der Frauenkirche oder der kommenden Wiedererrichtung des Berliner Stadtschlosses. In der neuen Generation liegt die Hoffnung des jungen Deutschlands. Sie muß die Fundamente der Nation erneuern. Von Dieter Stein
Interview
2009-11-08T08:47:00+01:00
2009-11-08T08:47:00+01:00
https://jungefreiheit.de/debatte/interview/2009/ich-bin-froh-und-dankbar/
AfD-Klage: NRW-Landesregierung muß gefährliche Orte benennen
MÜNSTER. Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen muß Auskunft über gefährliche Orte geben. Der Verfassungsgerichtshof des Bundeslands gab damit der AfD in einem Organstreitverfahren Recht.  Gleichzeitig stellte das Gericht fest, daß die Landesregierung ihrer Auskunftspflicht gegenüber dem Parlament nicht ausreichend nachgekommen ist. Hintergrund ist eine große parlamentarische Anfrage vom November 2017. Darin verlangten sieben Landtagsabgeordnete der Partei Auskunft über Orte, Straßen und Plätze, die die Polizei landesweit zwischen 2010 und 2017 als gefährliche Orte eingestuft hat. In ihrer Antwort weigerte sich die Landesregierung, die 44 Orte zu nennen und gab statt dessen lediglich eine Übersicht nach Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Kreispolizeibehörden. Gericht hält mögliche Stigmatisierung für kein ausreichendes Argument Die Begründung der Landesregierung dafür lautete, dadurch solle eine Stigmatisierung dieser Orte verhindert und eine Beein­trächtigung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung vermieden werden. Auch könne eine Öffentlichmachung die Polizeiarbeit erschweren. Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht. Die Antwort der Landesregierung habe „den Informationsanspruch der Antragsteller aus Art. 30 Abs. 2 und 3 der Landesver­fassung verletzt“, heißt es in der Begründung. Gerichtspräsidentin Ricarda Brandts merkte in der mündlichen Urteilsbegründung an, die Landesregierung wäre verpflichtet gewesen, die „Geheimhaltungsbedürftigkeit für jeden der in Rede stehenden Orte zu prüfen“. Soweit im Einzelfall Geheimhaltungsinteressen bestünden, müsse die Landesregierung zu­dem eine Unterrichtung der Antragsteller in nichtöffentlicher, vertraulicher oder ge­heimer Form in Betracht ziehen. Dabei müsse sie die Gründe für ein solches Vorge­hen in einer für die Antragsteller nachvollziehbaren Weise darlegen. Auch eine mögliche Stigmatisierung bestimmter Orte rechtfertige das Verschweigen nicht. (tb)
JF-Online
Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen muß Auskunft über gefährliche Orte geben. Der Verfassungsgerichtshof des Bundeslands gab damit der AfD in einem Organstreitverfahren Recht. Gleichzeitig stellte das Gericht fest, daß die Landesregierung ihrer Auskunftspflicht gegenüber dem Parlament nicht ausreichend nachgekommen ist.
Deutschland
2020-01-28T18:49:43+01:00
2020-01-28T18:49:43+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2020/afd-klage-nrw-landesregierung-muss-gefaehrliche-orte-benennen/
Auf das Verborgene warten
Es gibt kaum ein Feld menschlichen Zusammenlebens, in dem sich nicht verschiedene Interessen überschneiden. So findet die abstrakte Naturschwärmerei zuweilen in der Gestalt des Jägers ihr Feindbild. Eine Haltung, die per regelmäßigem Bankeinzug und korrektem Konsumverhalten die Umwelt zu retten gedenkt, empfindet das Waidwerk als elitäres Mordhobby. Auch dem Regisseur Hendrik Löbbert war die Jägerei fremd. Während der Arbeit am Dokumentarfilm „Grenzbock“ hat sich bei ihm eine hohe Achtung eingestellt vor der „Ernsthaftigkeit und Hingabe“, mit der sich die Jäger „um ihre Reviere und Wälder kümmern“. Vor den Dreharbeiten hat er an mehreren Jagden teilgenommen und sich dabei als stiller Begleiter zurückgehalten oder als Treiber nützlich gemacht. Es ist ihm schließlich geglückt, eine Wirklichkeit abzubilden, die den Betrachter anrührt. Schweigsame Männer Trotz vieler Bemühungen gelangen keine spektakulären Tieraufnahmen. Gerade dadurch entsteht ein wahres Bild des Wartens auf das Verborgene. Löbbert bezeichnet „Grenzbock“ als einen „Tierfilm über Jäger, der ein paar grundsätzliche Fragen über Kultur, Wildnis und unsere Rolle als Menschen stellt“. Dem Betrachter wird Empathie nahegelegt, ohne für die Haltung der Protagonisten eigentlich zu werben. Im Jäger erscheint der Mensch im Naturzustand. Verdeckt zehrt er überall von seiner Hegemonie über die belebte Natur, die nur in der Jagd direkt in Erscheinung tritt. Die Möglichkeiten des Films, Zeit und Raum, Nähe und Ferne zu vermengen, Gegensätze auszuspielen, nutzt Löbbert nicht. Nichts wird thematisiert oder zugespitzt. Die Protagonisten werden weder vorgestellt, noch werden ihnen Fragen gestellt. Nur indirekt in den Gesprächen untereinander dringt etwas durch. Es sind allesamt schweigsame Männer. Keiner erregt sich. Lediglich während der Jagd befinden sie sich in einer stillen Anspannung. Der Handlungsort ist ein ehemaliger Truppenübungsplatz vor den Toren Berlins. Nur im Abspann sind die Namen der drei wichtigsten Protagonisten aufgeführt. Der 85jährige Robert Hinz ist ein Veteran der regionalen Jagd. Bei den zwei anderen handelt es sich um öffentlich bekannte Kapazitäten. Hubertus Meckelmann war Vorstandsvorsitzender der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg und Leiter des Naturparks Nuthe-Nieplitz. Hans-Dieter Pfannenstiel ist Professor für Biologie an der FU Berlin, Autor eines Fachbuchs über das Schwarzwild und Vorsitzender eines Jagdverbandes. Der Film zeigt sie alle als Privatleute. Das Wesentliche vor der eigenen Haustüre Meckelmann sinniert über den Begriff der Wildnis. Die Reisefreiheit nach 1989 hat er ausgiebig genutzt. Heute findet er das für ihn Wesentliche wieder vor der eigenen Haustüre. Wie ein Hirte lehnt er auf seinem langen Stab und blickt in die unspektakuläre Landschaft oder deutet auf einem Sandweg die Fährten. Hinz kündigt am Telefon den Besuch bei einem alten Freund an und fragt ihn, ob er sich rasiert habe. Das Zimmer, in dem die beiden dann sitzen, ist voller Trophäen. Ein Fernsehgerät steht abgekehrt in die Ecke gerückt. Sie plaudern über Stellen im Wald und erinnern sich an den alten Baumschulbesitzer, der im Greisenalter auf die hohen Lärchen stieg, um Saatgut zu ernten. Die übergreifende Planung mit Volksjagdrecht wurde hier 1990 abgelöst, und das an den Besitz gekoppelte Revierrecht ist in Kraft getreten. Die zwei Alten stapfen schweigend einher. Am Waldsaum entspinnt sich ein Wortwechsel. Auf die Frage, ob das Feld auch zu ihm gehöre, erwidert der Angesprochene: „Nein, das ist feindlich.“ Seinerseits verweigert er dem Nachbarn den Schuß aus der Deckung seines Reviers. Reizvolle Metaphorik Bei Naturschutzmaßnahmen treten die Konflikte besonders stark hervor. Der Film handelt von der letzten Jagd im Naturschutzgebiet. Wenn die Bejagung eingestellt ist, wird dort ein mächtiges Rückzugsgebiet entstehen, dessen Wildbestand auf die angrenzenden Reviere drückt. Gegen Ende des Films äußert Hinz seine Skepsis über das Vorhaben, hunderte Wolfsrudel in Deutschland heimisch zu machen. „Das wird niemals eintreten. Da gibt es vorher einen Aufschrei in der Bevölkerung.“ Er berichtet, daß er sich von einem kanadischen Freund einen Wolfsschädel besorgt hat, mit dem er die Naturschützer narrt, indem er sie in dem Glauben läßt, er hätte das Tier erlegt. Oft entsteht unfreiwillig eine reizvolle Metaphorik. In den bildhaften Bemerkungen zu Wald und Wild werden die Jäger selbst widergespiegelt. Es ist die Rede von der Bedeutung der Alttiere für die Fortpflanzung. Alte Hirsche röhren nicht mehr, sie knören nur noch. Auch unter den Jägern und Jagdherren überwiegen ältere Herren. Doch Löbbert stellt fest: „Gerade die älteren Jäger haben einen sehr romantischen Blick auf den Wald, den ich für den Film sehr reizvoll fand.“ Zuweilen sieht es eher freudlos aus, wie die überwiegend korpulenten Männer ihren Wagen entsteigen. Die wenigen jüngeren haben diesen gesetzten Habitus bereits angenommen. Kurz nur taucht einmal in der Sitzung der Hegegemeinschaft ein Frauenkopf auf. Gleichwohl deutet sich das verborgene Wirken der Frauen an, wenn die Männer ihre Rucksäcke mit dem Proviant aufschnüren. JF 6/16 —————— Kinostart: 4. Februar 2016; www.grenzbock.de
Sebastian Hennig
Früher war dem Regisseur Hendrik Löbbert die Jägerei fremd. Doch während der Arbeit am Dokumentarfilm „Grenzbock“ hat sich bei ihm eine hohe Achtung eingestellt vor der „Ernsthaftigkeit und Hingabe“, mit der sich die Jäger „um ihre Reviere und Wälder kümmern“. Am heutigen Donnerstag läuft der Film in den Kinos an.
Kultur
2016-02-04T10:48:31+01:00
2016-02-04T12:05:19+01:00
https://jungefreiheit.de/kultur/2016/auf-das-verborgene-warten/
Protest des Mittelmaßes
Die Liste der Protestierer, die in einer Erklärung den Rücktritt des Geschäftsführers der Hessischen Filmförderung, Hans Joachim Mendig, verlangen, hat sich von ursprünglich 150 auf 550 Namen fast vervierfacht. Der Grund für den großen Auftritt: Mendig hatte sich mit Jörg Meuthen, AfD-Bundessprecher und damit Chef der einzigen real existierenden Oppositionspartei, in einem Restaurant zum Plausch getroffen. Bei der Gelegenheit haben die Herren selbstverständlich auch politisiert. So weit, so normal der Vorgang und so verrückt seine Skandalisierung. Doch weil die Verrückten die Norm vorgeben und über die Macht verfügen, das Normale als Regelverstoß zu ahnden, mußte Mendig am Ende seinen Hut nehmen. Das politische Elend, das sich in dem Vorgang zeigt, hat eine kulturelle Entsprechung: Geht man die Namensliste der Unterzeichner durch, tritt dem Betrachter auch das Elend des deutschen Gegenwartsfilms vor Augen. Keine Penelope Cruz, Isabelle Huppert, Charlotte Rampling befindet sich unter den „Filmschaffenden aus allen Bereichen und Regionen Deutschlands“, kein Pedro Almodovar, Xavier Dolan, François Ozon oder Lars von Trier. Wortgeklingel Dabei hat man alles zusammengekarrt, was nur greifbar war: Schauspieler, Regisseure, Drehbuchautoren, Kameraleute. Komponisten Presseagenten, Filmkritiker, Masken- und Kostümbildner. Sogar der Karikaturist Klaus Staeck, der seit gefühlten 200 Jahren im heroischen „Kampf gegen Rechts“ an vorderster Front steht, durfte sich eintragen. Der deutsche Film von heute ist eine provinzielle und drittklassige Angelegenheit. Es hat seinen Grund, daß er beim Filmfestival in Cannes so gut wie nie vertreten ist. Natürlich gibt es Ausnahmen wie den Film „Barbara“ des Regisseurs Christian Petzold (der leider ebenfalls zu den Unterzeichnern gehört), der einen viel realistischeres Bild der DDR-Wirklichkeit bietet als das hollywoodeske „Leben der anderen“. Doch solche Beispiele bestätigen bloß die Regel. Die erklärten Verteidiger der „liberalen Kulturproduktion“ führen ihre „Überparteilichkeit, Offenheit für vielfältige künstlerische Positionen, demokratische Kultur und Transparenz“ gegen die AfD ins Feld. Das Wortgeklingel erinnert an die „Weite und Vielfalt“, auf die sich die sozialistischen Kulturproduzenten in ihren obligaten Grußadressen an die SED-Führung verpflichteten. Vorgang zeigt die politische Einflußnahme Auch ist die Kunst nicht per se demokratisch. Im Erfolgsfall eröffnet sie einen originellen, überraschenden Blick auf die Wirklichkeit und kann dabei sogar ausgesprochen elitär sein. Eine Kunst, die sich heute „demokratisch“ betätigen wollte, müßte den zur Staatskonvention und -ideologie geronnenen „Kampf gegen Rechts“ kritisch in den Blick nehmen. Doch das wollen die Unterzeichner gerade nicht. Sie versprechen implizit, weiterhin affirmative Staatskunst abzuliefern und erwarten als Gegenleistung ihre Alimentierung. Denn in Wahrheit herrscht in der Filmproduktion inhaltliche und formale Einfalt vor. Die ARD-Serie „Lindenstraße“, wo der gute, weltoffene Linke säuberlich vom bösen, ausländerfeindliche Rechten geschieden ist, bietet das idealtypische Modell. Jörg Meuthens polemisch zugespitztes Wort vom „links-rot-grün-versifften 68er Deutschland“ wird durch den Skandalisierungsversuch der Protestierer zusätzlich bestätigt. Die Intervention der „Filmschaffenden“ ist eine interessengeleitete Meinungsäußerung aus dem links-rot-grünen Kulturbetrieb, mehr nicht. Wie frei sind die Unterzeichner des Appells überhaupt? Alle Erfahrung spricht dafür, daß jeder, der eine Gegenposition bezieht, raus aus dem Geschäft und damit arbeits- und brotlos ist. Immerhin hat der Appell auf ein sehr reales Problem der staatlichen Filmförderung aufmerksam gemacht: Auf die politische Einflußnahme, die mit ihr verbunden ist. Bisher hat sie das politisch opportune Mittelmaß begünstigt. Das Mittelmaß will mittelmäßig bleiben dürfen. Das alles ist lachhaft und zugleich bittere Wirklichkeit.
Thorsten Hinz
Daß sich der Geschäftsführer der Hessischen Filmförderung, Hans Joachim Mendig, mit AfD-Chef Jörg Meuthen zu einem Essen trifft, ist eigentlich ganz normal. Doch weil die Verrückten die Norm vorgeben und über die Macht verfügen, das Normale als Regelverstoß zu ahnden, mußte Mendig am Ende seinen Hut nehmen. Ein Kommentar von Thorsten Hinz.
Kommentar
2019-09-24T16:53:39+02:00
2019-09-24T16:53:39+02:00
https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2019/protest-des-mittelmasses/
Vater des Liberalismus
Der Greifswalder Theologiestudent Ernst Moritz Arndt wechselte 1793 zu Johann Gottlieb Fichte nach Jena. Der Philosoph des „absoluten Ich“ behagte dem spekulativ unbegabten Rüganer nicht. Trotzdem wirft der Aufenthalt an der Saale ein symbolisches Licht auf Arndts Vita – geriet er doch ins Umfeld eines studentischen Kreises, der sich „Bund der freien Männer“ nannte. Unter ihnen spielte Arndts „Urfreund“ Karl Schildener eine so aktive Rolle wie Johann Friedrich Herbart, der Nachfolger Kants, Johann Smid, späterer Bürgermeister und Übervater der Hansestadt Bremen, oder der Philosoph August Ludwig Hülsen, dessen Scheidebrief an den zur „Restauration“ abdriftenden August Wilhelm Schlegel („Man muß den Menschen erst vergessen, wenn man in Rittern und Herren noch eine Größe finden will“) Walter Benjamin in eine im Exil edierte Anthologie aufnahm. Ein „freier Mann“ wollte der Sohn eines nur wenige Monate vor seiner Geburt entlassenen Leibeigenen zeitlebens sein. Das ist der Grundimpuls der 200 Schriften, die sein publizistisches Lebenswerk ausmachen. Deswegen rühmten ihn Geister wie Friedrich Engels, Carl von Rotteck oder Karl Liebknecht als den „Vater des Liberalismus und des Freisinns“. Das war zugleich die Triebfeder des heute als „berüchtigt“ geltenden Befreiungsnationalismus des „Franzosenhassers“ Arndt, für den die Weltordnung sich in der Verschiedenheit souveräner Völker konstituierte. Um diesem „wahren Arndt“ historische Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und jenen neudeutschen Ideologen Paroli zu bieten, die partout der pommerschen Alma mater nicht mehr den Namen ihres Patrons gönnen wollen, hat ein Trupp Greifswalder Gelehrter eine den „Flugschriften“ des „teutschen Sängers“ kongeniale Broschüre veröffentlicht. Dirk Alvermann, Karl Ewald Tietz, der nun entschieden im Arndt-Lager stehende Romanist Reinhard Bach und Irmfried Garbe, sekundiert von Reinhard Staats (Kiel), kompensieren damit auf der Basis stupender Textkenntnis und einer schon altmodisch anmutenden, doch unverzichtbaren Kunst des „Verstehens“ das ausgerechnet von ihrem Kollegen, dem Neuhistoriker Thomas Stamm-Kuhlmann, verkörperte intellektuelle schwarze Loch (JF 5/10) in schier endloser Debatte. Wer noch vor der am 17. März zu fällenden Senatsentscheidung zum Greifswalder Namensstreit  ohne Blamagegefahr mitreden möchte, sollte sich zuvor in diese „Drucksache Arndt“ (im Internet abzurufen unter https://arndtag.wordpress.com ) vertiefen.
JF-Online
Der Greifswalder Theologiestudent Ernst Moritz Arndt wechselte 1793 zu Johann Gottlieb Fichte nach Jena. Der Philosoph des „absoluten Ich“ behagte dem
Kultur
2010-02-12T00:00:00+01:00
2010-02-12T00:00:00+01:00
https://jungefreiheit.de/kultur/2010/vater-des-liberalismus/
Visionärer Bildungsbürger
Albrecht Haushofer, geboren 1903 als Sohn des späteren Generals und Professors Karl Haushofer, war ein Kind jener großbürgerlichen Welt der „Haupt- und Residenzstadt München“, die Hermann Heimpel in seiner Erinnerung „Die halbe Violine“ so unvergeßlich beschworen hat. Der junge Haushofer, literarisch und musisch gebildet, promovierte 1924 in München bei dem Polarforscher Erich von Drygalski zum Thema „Paß-Staaten in den Alpen“ und war darauf Assistent des Geographen Albrecht Penck in Berlin. Nach einigen Auslandsreisen erhielt er dort durch Vermittlung des „Führer“-Stellvertreters Rudolf Heß 1933 eine Dozentur an der Hochschule für Politik und 1937 eine Professur für Politische Geographie und Geopolitik, die 1940 der Auslandswissenschaftlichen Fakultät der Universität eingegliedert wurde. Wie sein Vater gehört Albrecht Haushofer zu den namhaften Vertretern der zwischen Weltanschauung und Wissenschaft irrlichternden „Geopolitik“, einer Lehre, die den Einfluß des Raumes auf Politik, Wirtschaft, Kultur von Völkern und Staaten in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen stellt. Haushofers Beitrag zu dieser Lehre war der Versuch ihrer wissenschaftlichen Fundierung, das von ihm erarbeitete „Handbuch für Allgemeine Politische Geographie und Geopolitik“ erschien jedoch erst postum. Der rechtsliberale Haushofer beobachtete die Politik der Reichsregierung unter Adolf Hitler, die seinen eigenen Erkenntnissen und Erfahrungen diametral zuwiderlief, mit wachsender Sorge. Anfangs bemühte er sich, durch sachgerechte Zuarbeit korrigierenden Einfluß auf den Gang der Politik zu nehmen mit Hilfe von Denkschriften wie zum „Aufbau eines korporativen Staates“, als kritischer Begleiter auf internationalen Konferenzen, vor allem aber als Ratgeber der Informationsabteilung des Auswärtigen Amtes, also auf einem Feld, das man heute „Politikberatung“ nennt. Da Haushofer den von Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop gesteuerten Kurs kaum beeinflussen konnte, wandte er sich oppositionellen Kreisen zu. Als 1940 Bemühungen scheiterten, über die Schweiz Friedensfühler nach London auszustrecken, und zwar am heftigen Widerstand des britischen Außenministers, nahm er 1941 – offiziell von Rudolf Heß entsandt, inoffiziell für die deutsche Opposition – an einem Sondierungsgespräch teil, das – von der Frau des ehemaligen Botschafters Ulrich von Hassell vermittelt – über den einstigen Völkerbundkommissar Carl J. Burckhardt zustande kam. Heß entschloß sich danach zum Flug nach Schottland – gegen Haushofers Rat, der zutreffend meinte, daß Großbritannien jedes Friedensangebot ablehnen werde, da es grundsätzlich keine Hegemonie einer Großmacht auf europäischem Boden tolerierte. Auf Bitten von Heß bemühte Haushofer sich, einen brieflichen Kontakt nach England herzustellen. Dieser Brief an den RAF-Hauptmann Lord Hamilton wurde vom Secret Service abgefangen, so daß Heß bei seiner Landung in Schottland auf einen völlig ahnungslosen Lord stieß, die Mission scheiterte und die Reichsregierung sich umgehend von Heß distanzierte. Haushofer, für acht Wochen auf dem Obersalzberg inhaftiert, verfaßte daraufhin ein Memorandum, das alle Spuren verwischte. Danach nahm er seine Lehrtätigkeit wieder auf. Im wie immer gut gefüllten Hörsaal waren nicht nur die Themen interessant, sondern auch die Kontaktmöglichkeiten über Landesgrenzen hinweg. Besonders anregend war dies für uns Kriegssemester, weil ein solches „Fenster zur Welt“ neben dem Umgang mit zahlreichen ausländischen Studenten – auch aus dem nicht besetzten Frankreich – den Anschein offenen Gedankenaustausches wahrte. Der Dozent Haushofer hielt seine Lehrveranstaltungen souverän, stets in freier, aber diplomatischer Rede, ohne jede politische Engführung und zum Dialog bereit. Im Seminar wurden Aufgaben gestellt, die nach sofortiger Bearbeitung vorzutragen oder schriftlich vorzulegen waren. Die Überwachungsbehörden zeigten reges Interesse an Haushofers Institut, besonders aber an seinem handverlesenen Hauskreis, der sich aus der Hörerschaft rekrutierte. Auch andere Studenten bekamen dieses Mißtrauen zu spüren. So begleitete mich ein „Kommilitone“ in SS-Uniform eine Zeitlang regelmäßig auf allen Wegen vom morgendlichen Verlassen des Hauses bis zur Rückkehr am Abend durch alle Lehrveranstaltungen und Pausen in der Mensa und stellte viele Fragen zur Sache und zu Personen. Als die Fakultät gegen Kriegsende geschlossen wurde, faßte man die Studenten in Gemeinschaftsunterkünften zusammen, um internationale Nachrichten auszuwerten. Ganz gewiß hatte Haushofer Kenntnis von den Plänen für den 20. Juli 1944. Dafür spricht ein Gedankenaustausch mit dem Straßburger Oberbürgermeister Robert Ernst wie eine Bemerkung im engen Freundeskreis, er könne es nun „bald selbst tun“. Am 25. Juli 1944 findet sich sein Name in Ernst Kaltenbrunners Gestapoliste. Bis zum 7. Dezember rettete er sich noch in die bayerischen Alpen, dann wurde er auf einem einsamen Berghof verhaftet und nach Berlin-Moabit eingeliefert. SS-Wachen erschossen ihn und einige Mithäftlinge in der Nacht vom 23. zum 24. April 1945. Während der Haft zieht er in seinen „Moabiter Sonetten“ die Bilanz seines Lebens und hinterläßt damit das bewegendste literarische Zeugnis menschlicher Not, die zutiefst ihrem Land verbundene Deutsche durchlitten. Das spiegelt sich in den Versen: „Der Wahn alleine ist Herr in diesem Land,/In Leichenfeldern schließt sein stolzer Lauf,/und Elend, unmeßbar, steigt herauf.“ Literatur zum Thema: Albrecht Haushofer: Moabiter Sonette. Mit einem biographischen Nachwort von Ursula Laack. Langewiesche-Brandt, Ebenhausen 1999, 128 Seiten, 14 Euro Ernst Haiger, Amelie Ihering, Carl Friedrich von Weizsäcker: Albrecht Haushofer. Hrsg. v. Ernst-Freiberger-Stiftung.Langewiesche-Brandt, Ebenhausen 2002, 160 Seiten, vergriffen Bisher wurden hier Eduard Wagner, Karl-Friedrich Goerdeler, Ulrich von Hassell, Helmuth James Graf von Moltke, Carl-Heinrich von Stülpnagel, Julius Leber und Dietrich Bonhoeffer porträtiert. Foto: Haushofer (rechts) mit Assistent und Kartograph am Kartentisch, 1940: Korrigierenden Einfluß nehmen Dr. Ursula Besser (CDU) trägt den Berliner Ehrentitel der „Stadtältesten“. Sie erlebte Haushofer als Studentin zwischen 1943 und 1945.
JF-Online
Albrecht Haushofer, geboren 1903 als Sohn des späteren Generals und Professors Karl Haushofer, war ein Kind jener großbürgerlichen Welt der "Haupt- und
Geschichte
2004-06-18T00:00:00+02:00
2004-06-18T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/wissen/geschichte/2004/visionaerer-bildungsbuerger/
So viele Gaza-Bewohner holt die Bundesregierung jetzt nach Deutschland
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Israelische Medien berichten über „hunderte“ Menschen, die von Gaza nach Deutschland evakuiert worden seien. Die Bundesregierung bringt nun Licht ins Dunkel – und äußert sich auch zu den Kosten des Fluges. Die JF kennt die Zahlen.
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2025-04-02T17:20:19+02:00
2025-04-02T18:02:19+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2025/bundesregierung-bringt-gaza-bewohner-nach-deutschland/
Roberto Blanco und ein Abendmahl für Feinschmecker
Die evangelische Kirche, immer auf dem Sprung, durch attraktive Sonderangebote modischer Accessoires die Anzahl der ihr davonlaufenden Mitglieder zu verringern, hat sich wieder einmal einen Knüller ausgedacht. In Wesselburen, einer kleinen Stadt in Dithmarschen, hatte sich offenbar der Kirchenvorstand von St. Bartholomäus gefragt, ob man sich nicht die Fernseh­erfolge der zahlreichen Köche zunutze machen könnte, die auf allen Sendern ihre Gerichte brutzeln und damit große Zuschauermengen anlocken. So nahm die St. Bartholomäuskirche Verbindung auf mit dem Fernsehkoch Thies Möller und dem Schlagersänger Roberto Blanco („Ein bißchen Spaß muß sein“), um sie zu verpflichten, am 13. Februar unter dem Titel „Cook and Sing“ vor dem Altar aufzutreten. Die Kirchenoberen hatten entdeckt, daß auch die Kirche mit Essen und Trinken zu tun hat (und das nicht nur mit „Brot für die Welt“), und wollten daher die Gläubigen zu einem „Abendmahl für Gourmets“ einladen. Sie hauten tüchtig auf die Werbetrommel: „Wo man sonst im besten Falle mit ein paar Oblaten und einem Schlückchen Meßwein rechnen darf“, warben sie im Internet, „wird ein exquisites Menü inklusive erlesener Getränke serviert.“ Damit können wohl in ihren Augen Christi Leib und Christi Blut nicht konkurrieren. Man erfährt weiter: „Dank (Fernsehkoch) Thies Möllers Talent und Gottes Hilfe verspricht dies einen Abend voller engelsgleicher Musik, göttlichen Essen und himmlischen Entertainment.“ Zur engelsgleichen Musik sollte nicht nur Roberto Blanco beitragen, sondern auch Pastor Ralf-Thomas Knippenberg und seine „St. Jürgen Blues Band“. Eine regionale Zeitung hatte entdeckt, das in der Internet-Werbung für das „himmlische Event“ zudem mehrmals der Titel „Cock & Sing“ geschrieben war, was mitnichten „Kochen und Singen“ heißt, sondern im Vulgär-Englisch auf ein männliches Körperteil verweist, das man selbst bei einem banalisierten heiligen Abendmahl nicht erwartet. Irgendwann wurde das dem Probst von Norderdithmarschen, Peter Fenten, zuviel. Er zeigte sich verärgert, daß die Gemeinde die Grenze überschritten hatte, die selbst die moderne evangelische Kirche akzeptieren könne. Und so mußte der Kirchenvorstand von St. Bartholomäus sein bahnbrechendes Event absagen und den angeheuerten Künstlern kündigen. Die für den Werbetext verantwortliche Dame verstand die Welt nicht mehr. Das sei doch nur „ein bißchen jung und ein bißchen frech“ gewesen, meinte sie. Für die Künstler war das Verhalten der Kirche ein Vertragsbruch, den sie nicht hinnehmen wollten. Tanja Möller, Ehefrau und Managerin des Kochs, verlangte von der Kirchengemeinde Schadenersatz in Höhe von 11.000 Euro. Das aber war den evangelischen Christen zuviel, sie wollten höchstens 1.800 Euro zahlen. So traf man sich vor dem Landgericht Itzehoe. Der Fernsehkoch ließ sich vertreten durch den prominenten Anwalt Wolfgang Kubicki, Fraktionsvorsitzender der FDP im Kieler Landtag. Kubicki argumentierte, daß weder das Kochspektakel noch der Schlager-Remmidemmi für eine evangelische Kirche heutzutage ungewöhnlich sei, hätten doch schon Modenschauen in Kirchen stattgefunden. Kirchengemeinde und Showstars konnten sich dennoch nicht einigen. Der Richter ließ ihnen daher Zeit für eine außergerichtliche Einigung. Scheitert der Versuch, muß das Gericht entscheiden, wieviel die evangelische Kirchengemeinde blechen muß. Das Ergebnis steht noch aus.
JF-Online
Die evangelische Kirche, immer auf dem Sprung, durch attraktive Sonderangebote modischer Accessoires die Anzahl der ihr davonlaufenden Mitglieder zu
Politik
2009-04-10T00:00:00+02:00
2009-04-10T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/2009/roberto-blanco-und-ein-abendmahl-fuer-feinschmecker/
Willkommen im Missionsgebiet
Der Papst kommt nach Deutschland. Er trifft auf ein Land, dessen religiöse Indifferenz zugenommen hat. Beide großen Volkskirchen verlieren seit Jahrzehnten Mitglieder. 1990 waren in Deutschland noch über 70 Prozent der Bürger Angehörige einer Kirche. Im Jahr 2010 ist dieser Anteil unter 60 Prozent gesunken. Dazu kommt eine parallel zum demographischen Niedergang verlaufende Überalterung. Schwer getroffen hat nun die katholische Kirche zuletzt die Erschütterung durch Mißbrauchsskandale. Im Zuge von Aufklärung, Säkularisierung, Modernisierung und Demokratie ist dies der Lauf der Dinge, sagen viele. Tatsache ist jedenfalls: Das Oberhaupt der Katholiken kommt nicht nur in seine Heimat, sondern in ein Krisengebiet der Kirche, eine Zone seelsorgerischen Notstands, kurz: ein Missionsgebiet. Falls denn die Kirche sich nicht nur noch als ein Apparat in Abwicklung versteht, sondern sich immer noch vom Missionsbefehl des Gottessohnes befeuert sieht: „Darum gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“  Die Erinnerung an den zehnten Jahrestag des 11. Septembers hat die anhaltende Erschütterung des Westens durch die Herausforderung eines islamistischen Terrorismus ins Gedächtnis gerufen. Die europäischen und amerikanischen Eliten blicken ratlos auf den Verlust der Anziehungskraft ihrer Zivilisation und die Herausforderung durch wachsende Parallelgesellschaften insbesondere moslemischer Einwanderer. Die Selbstabschaffung durch eine Kultur des Todes ist hausgemacht Neben der liberalen Apathie gegenüber dieser Entwicklung wurde ein Anti-Islamismus geboren, der seine rationale Begründung in einer faktischen Überfremdung hat. Daß die Religion der Einwanderer von Islamkritikern obsessiv zum Feind stilisiert wird, lenkt aber vom eigentlichen Hauptproblem ab: der eigenen biologischen und religiös-kulturellen Schwäche. Für den Niedergang nationaler Identität und die Auflösung des Christentums kann man zuallerletzt den Islam verantwortlich machen. Die mutigen Christen, die beim „Marsch für das Leben“ am kommenden Wochenende in Berlin auf die erschütternde Zahl von in Deutschland täglich 1.000 im Mutterleib getöteten Kindern hinweisen (seit 1970 über acht Millionen!), werden von atheistischen Linksextremisten und nicht von Moslems angegriffen. Die Selbstabschaffung durch eine Kultur des Todes ist hausgemacht, die vermeintliche Stärke des Islams ist nur der Spiegel eigener geistig-religiöser Schwäche.  Deshalb ist es zu wünschen, wenn der Papst sich in Deutschland mit den Gründen dieser Selbstauflösung seiner Kirche und des Christentums beschäftigt und aufzeigt, wie eine abendländische Renaissance gelingen kann. JF 38/11
JF-Online
Der Papst kommt nach Deutschland. Doch das Oberhaupt der Katholiken kommt nicht nur in seine Heimat, sondern in ein Krisengebiet der Kirche, eine Zone seelsorgerischen Notstands. Er trifft auf ein Land, dessen religiöse Indifferenz zugenommen hat. Ein Kommentar von Dieter Stein.
Streiflicht
2011-09-15T15:23:00+02:00
2013-12-03T13:51:16+01:00
https://jungefreiheit.de/debatte/streiflicht/2011/willkommen-im-missionsgebiet/
Die AfD und die Lust an der Selbstbeschädigung
Sie haben es wieder getan: Diesmal war es der Landesparteitag der bayerischen AfD, der der Lust an der Beschädigung der eigenen Aushängeschilder erlegen ist. Statt des über die Landesgrenzen bekannten Landesvorsitzenden Petr Bystron setzte eine Mehrheit einen außerhalb der eigenen Reihen kaum wahrgenommenen Gegenkandidaten auf Platz 1 der Landesliste für die Bundestagswahl. Der Starnberger Kreisvorsitzende Martin Hebner erhielt auf dem Landesparteitag in Greding 243 Mitgliederstimmen, Bystron 190. Für die Bayern-AfD, die mit der CSU im Bundestagswahlkampf einem härteren Gegner gegenübersteht, als ihn die Merkel-CDU für andere Landesverbände darstellt, ist das ein Desaster. Entsprechend verheerend fiel das Echo in den von dieser Entscheidung überraschten Medien aus: „Schlappe“, „Niederlage“, „AfD düpiert Parteichef“. Bystron, der den Landesverband in der Krise nach dem Abgang der Lucke-Anhänger übernommen und wieder auf Erfolgskurs gebracht hatte, hat sich durch eine Reihe souveräner Medienauftritte einen Grad an Bekanntheit und öffentlicher Präsenz erarbeitet, auf den die Partei in der „Entscheidungsschlacht um den Bundestag“, in die der Landeschef sie führen wollte, nach rationalen Maßstäben nicht verzichten kann. Bauchgefühl steht oft über politischer Vernunft Warum dann dieses groteske Ergebnis? Offenkundig ging es weniger um politische Grundsatzfragen als um interne Querelen und persönliche Animositäten. Eine seit Wochen schwelende Auseinandersetzung zwischen dem Landesvorstand und dem Nürnberger Kreisvorsitzenden Martin Sichert lieferte das Grundrauschen. Der Konflikt um das Ausschlußverfahren gegen den Thüringer Landeschef Björn Höcke spielte ebenfalls eine Rolle, wenn auch wohl nur eine untergeordnete. Hebner selbst bestritt seine Vorstellungsrede vor allem mit Attacken auf die Arbeit des Landesvorstands, dem er als Landeschriftführer selbst angehört. Kritische Nachfragen etlicher Mitglieder, die ihm Passivität und Illoyalität in der Vorstandsarbeit vorwarfen, verhallten vor dem aufgeheizt applaudierenden und buhrufenden Anhängerblock. Die Praxis der Mitgliederparteitage, von der AfD als basisdemokratisches Kernstück hochgehalten, begünstigt fraglos die taktische Mobilisierung von Unterstützerkohorten, um Mehrheiten kurzfristig zu beeinflussen. Ein tieferes Problem dürfte indes in der Neigung bestehen, subjektive Befindlichkeiten und Bauchgefühl-Stimmungen über die politische Ratio und Lageanalyse zu stellen, ohne Rücksicht auf den potentiellen Schaden für den Gesamterfolg. Nicht nur von der parteiinternen Binnenperspektive leiten lassen Ähnliches ließ sich bereits Anfang des Monats beim Landesparteitag der baden-württembergischen AfD in Sulz am Neckar beobachten, als die Bundestags-Spitzenkandidatin Alice Weidel nicht auf den vakant gewordenen Landessprecher-Posten gewählt wurde. Zeitweise wurden allen Ernstes Stimmen laut, die Unternehmerin, die das große Potential enttäuschter Mittelschichtswähler überzeugend anspricht, wegen ihrer Positionierung in der Causa Höcke auch als Spitzenkandidatin abzuwählen. Auch Bundessprecherin Frauke Petry mußte am Wochenende um die Bestätigung ihres ersten Listenplatzes in Sachsen kämpfen und war von den scharfen persönlichen Angriffen ihres Konkurrenten sichtlich getroffen. Sicher erscheinende Listenplätze wecken naturgemäß Begehrlichkeiten, die sich mit politischen und persönlichen Differenzen zu explosiven Mischungen verbinden können. Der turbulente Verlauf mancher derzeit stattfindender Parteitage, wie etwa der am selben Wochenende abgehaltenen in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, legt davon Zeugnis ab. Die AfD kann ihren greifbar nahen Erfolg allerdings auch dadurch noch gefährden oder jedenfalls weit unter ihren Möglichkeiten bleiben, wenn die Versuchung Oberhand gewinnt, sich bei Wahlen und Kandidatenaufstellungen allein von der parteiinternen Binnenperspektive leiten zu lassen. Verschwenderischer Umgang mit Aktivposten Mindestens so fatal wie die wählerabschreckenden Eskapaden des Thüringer Landeschefs und manche ungeschickte Reaktion darauf kann es sich auswirken, wenn in der Öffentlichkeit seriös und positiv wahrgenommene Zugpferde aus momentanen Stimmungen oder egoistischen Motivlagen heraus „abgestraft“ werden. Verschwenderischen Umgang mit ihren Aktivposten kann sich eine aufsteigende junge Partei nicht erlauben.
Michael Paulwitz
Am vergangenen Wochenende hat die bayerische AfD ihren Vorsitzenden Petr Bystron abgestraft und ihm die Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl verwehrt. Dabei hat sich die Partei von Bauchgefühl-Stimmungen statt politischer Ratio leiten lassen. Ein Kommentar von Michael Paulwitz.
Kommentar
2017-03-28T12:43:57+02:00
2017-03-29T22:46:41+02:00
https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2017/die-afd-und-die-lust-an-der-selbstbeschaedigung/
Brokstedt-Attentäter vor Freilassung: „Ich bin auch ein Anis Amri“
HAMBURG. Der Anschlag im Regionalzug von Kiel nach Hamburg ist für die Behörden offenbar nicht überraschend gekommen. Denn wenige Monate vor seiner Haftentlassung verglich sich der spätere Täter Ibrahim A. gegenüber Gefängnismintarbeitern mit dem islamistisch motivierten Attentäter vom Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri. 2016 hatte dieser dort 13 Menschen getötet und 67 verletzt. Dies wirft die Frage auf, ob das Massaker von Brokstedt ein islamistischer Terroranschlag gewesen sein könnte. Die unverblümte Drohung wurde sogar aktenkundig. Demnach hat der Palästinenser gesagt: „Es gibt nicht nur einen Anis Amri, es gibt mehrere, ich bin auch einer.“ Das räumte die von der grünen Senatorin Anna Gallina geführte Justizbehörde nun auf Anfrage der dpa ein. Die Äußerung fiel demnach im August 2022 und sei in einem „Wahrnehmungsbogen“ in der Gefangenenpersonalakte des späteren Täters von Brokstedt festgehalten worden. Dennoch wurde A. fünf Monate später aus der U-Haft entlassen, in der der 33jährige bereits wegen eines Messerangriffs einsaß. Sechs Tage danach machte der Migrant, der 2015 seinen Asylantrag in Deutschland gestellt hatte, seine Ankündigung wahr und ging wahllos mit einem Messer auf Fahrgäste des Regionalzuges los. Zwei Menschen starben, fünf weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Ein Psychiater hatte A. kurz vor der Freilassung sogar für ungefährlich gehalten. Laut Hamburger Justizbehörde war dies nicht die einzige Drohung, die Ibrahim A. in seiner Haftzeit ausstieß. Außerdem habe er gesagt: „Großes Auto, Berlin, das ist die Wahrheit.“ Auch diese Äußerung steht offenbar im Zusammenhang mit dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt, die für A. ein Vorbild gewesen sein könnte. Darüber hinaus habe er einen Justizbediensteten zwei Mal gefragt, ob dieser auch „unter die Reifen“ wolle. Dennoch betont die Hamburger Justizverwaltung, daß abgesehen von diesen Vorfällen „keinerlei Äußerungen dokumentiert seien, die einen extremistischen Bezug nahelegen könnten“. Auch sein übriges Vollzugsverhalten sei insoweit unauffällig gewesen. Ibrahim A. war vor dem Anschlag von Brokstedt bereits mehr als 20 Mal polizeilich in Erscheinung getreten, darunter mit Messerattacken und schweren Körperverletzungen. (fh)
JF-Online
Der Bahn-Attentäter von Brokstedt kündigt im Gefängnis einen Terroranschlag nach dem Vorbild des Berliner Weihnachtmarkt-Terroristen an. Trotzdem wird er entlassen und richtet kurz darauf das Blutbad an.
Brokstedt
Deutschland
2023-02-05T19:53:23+01:00
2023-02-06T09:00:08+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/brokstedt-attentat-amri/
"Wissenschaftlich gleich Null"
Frau Dr. Scheuch, seit dem 27. Februar läuft die für Schulen konzipierte Ausstellung „Rechts um und ab durch die Mitte – Rechtsextremismus in Deutschland und was man dagegen tun kann“ (JF berichtete mehrfach). Jedoch sind dort nicht nur ausgemachte Rechtsextremisten zu sehen, sondern vor allem auch Politiker der CDU/CSU. Scheuch: Was heißt „auch“. Wer glaubt, dort vor allem über Rechtsextremisten aufgeklärt zu werden, der täuscht sich. Zwar firmiert die Ausstellung unter dem Titel „gegen Rechtsextremismus“, gezeigt – das heißt, ins Visier genommen – wird aber hauptsächlich die politische Mitte und das nicht nur, allerdings vor allem, in Gestalt prominenter Unionspolitiker wie Friedrich Merz, Laurenz Meyer, Jürgen Rüttgers, Roland Koch, Volker Rühe – ja sogar der früheren DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld. Außerdem Edmund Stoiber, Günther Beckstein, Ex-Innenminister Rudolf Seiters und viele andere (siehe Bilddokumentation auf Seite 10). Die Schau – indirekt, via Förderprogramme, auch durch das Bundesfamilienministerium sowie durch die Bundeszentrale für politische Bildung unterstützt – ist derzeit in Köln zu sehen. Sie haben sie am Wochenende besichtigt. Um was geht es denn dort ganz konkret? Scheuch: Es geht eindeutig darum, zu „beweisen“, daß unsere Politiker – insbesondere die der CDU/CSU – Mitverantwortung für mordende Neonazis tragen. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen nicht etwa Skinheads oder die NPD, sondern die Asyldebatte, die aber kein Thema randständiger extremistischer Gruppierungen war, sondern in den neunziger Jahren Politiker, Presse und Bürger in gleichem Maße bewegte. In der Ausstellung wird aber nicht diese demokratische Debatte wiedergegeben, sondern suggeriert, es handle sich um eine nach oben geschwappte rechtsextremistische Strömung. Wörtlich heißt es zum Beispiel: „Der enorme Anstieg rechtsextremistischer Gewalttaten und Morde nach 1989 war begleitet von einer aggressiv rassistischen Haltung gegenüber Flüchtlingen in Medien und Politik“. Dies aber verunglimpft all die Menschen, die sich damals gegen eine weiteren unkontrollierten Zuzug von Asylbewerbern wandten. Die genannten Unionspolitiker erscheinen in diesem Licht als Stichwortgeber dieses gesellschaftlich konsensfähigen „Rechtsextremismus“, also indirekt als „geistige Brandstifter“, quasi als „Nazis in Nadelstreifen“. Aber nicht nur sie, auch Innenminister Otto Schily wird mit seinem Ausspruch „Die Grenze der Belastbarkeit Deutschlands durch Zuwanderung ist überschritten“ zitiert. Wie sieht das praktisch aus? Scheuch: Es beginnt schon mit der Wahl des Ortes. Die Ausstellung wird im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln gezeigt, findet also an einem Ort statt, der thematisch völlig den Schrecken der NS-Diktatur gewidmet ist. Es handelt es sich bei dem Gebäude um die ehemalige Gestapo-Zentrale Kölns, in der 1988 das Dokumentationszentrum eingerichtet wurde. Damit werden ein bundesdeutscher Disksurs und demokratische Politiker in einem Umfeld behandelt, das mit dem Odium des Nationalsozialismus erfüllt ist. Der Besuch der Sonderausstellung ist im Eintrittspreis enthalten, und entsprechend wird auch ihren Besuchern empfohlen, den Rundgang durch das Haus im Keller zu beginnen. Eindrucksvoll und gruselig sind dort die historischen Zellen ausgeleuchtet, in denen die Gestapo ihre Gefangenen festhielt. Erschütternd sind vor allem die Inschriften und Zeichnungen der Gefangenen, die ihr Leid und ihre Trauer dokumentieren. In mehreren Räumen werden Dokumente zur NS-Herrschaft und zur leidvollen Geschichte der Juden in Köln präsentiert. Erst dann gelangt man in den Raum der aktuellen Ausstellung: Grauen der Gefangenen, Nazi-Zeit, CDU/CSU-Politiker – das ist die Reihung, die natürlich eine emotionale Wirkung hat. Nun ist die Arbeit des Dokumentationszentrums in jeder Weise zu begrüßen, aber in Hinblick auf die „Rechtsextremismus“-Ausstellung ist diese Reihung ein Skandal! „Von wirklichen Rechtsextremisten ist nur am Rande die Rede“ Was ist dann dort zu sehen? Scheuch: Die Ausstellung besteht ausschließlich aus 22 Bild-Text-Tafeln. Allein vier davon unter der Überschrift „Brandsätze – die Asyldebatte und ihre Folgen“. Unter der Überschrift „Stimmenfang um jeden Preis?“ werden die genannten Unionspolitiker gezeigt und mit ein, zwei Sätzen ihre „Verfehlung“ angeprangert. Zum Beispiel, daß Friedrich Merz den Begriff „Leitkultur“ aufgebracht hat, daß Roland Koch im beginnenden Bundestagswahlkampf 2001 den Begriff „nationale Identität“ verwendet hat oder daß Laurenz Meyer im Interview mit dem Focus mitteilte, er sei „stolz, ein Deutscher zu sein“. Daneben findet sich dann beispielsweise ein Plakat der DVU, auf dem es ebenfalls heißt: „Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein“. Jürgen Rüttgers wird neben einem Wahlplakat der Republikaner gezeigt, das seinen Ausspruch „Kinder statt Inder“ wiederholt, ebenso Roland Koch, der 2000 eine Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgeschaft initiiert hat. Laut Schautafel haben „die Erfahrungen mit der Asyldebatte … bei Politikern nicht zu einem anderen Umgang mit den Themen Asylrecht und Migration geführt … Auf dem Rücken von Flüchtlingen und Migranten gehen PoitikerInnen mit populistischen Parolen auf Stimmenfang“. Das heißt, es geht um die Delegitimierung klassischer CDU-Positionen? Scheuch: Eindeutig, von wirklichen Rechtsextremisten ist nur am Rande die Rede. In welchem Umfang? Scheuch: Ich würde schätzen, zu etwa zehn Prozent. Natürlich nicht aus Sicht der Macher, die den Rechtsextremismus als Phänomen der Mitte verstehen. Deshalb denkt auch zu kurz, wer glaubt, die Ausstellung richte sich allein gegen die Union und Innenminster Schily, nur weil dieses Personal dort in Form von Photos manifest ist. Tatsächlich geht es um nichts weniger als die Entmündigung der Bürger, die Unterwanderung prozessualer Demokratie durch eine Form der „Gesinnungsdemokratie“, die freilich ihrem Wesen nach keine Demokratie mehr sein kann. Das Prinzip ist, bestimmte Debatten – stellvertretend hier in Gestalt der Asyldebatte – zu stigmatisieren, um sie letztendlich tabuisieren zu können. Gelingt dies – und zu einem gewissen Teil ist dieses Bestreben schon erfolgreich, sonst hätte diese Ausstellung gar nicht erst eröffnet werden können -, wird die Kriminalisierung weiterer Debatten folgen, etwa die Zuwanderungsdebatte – die auf diese Weise ja immerhin schon weitgehend aus dem Bundestagswahlkampf 2001 heraus- und damit den Wählern vorenthalten werden konnte. Können Sie Ihre Wertungen auch durch Beweise belegen? Scheuch: Ja, so wird zum Beispiel in der Ausstellung behauptet, „eine fundierte öffentliche Diskussion über Rechtsextremismus und seine Ursachen in Deutschland hat bis heute nicht stattgefunden“. Dabei ist schon diese der Ausstellung vorangestellte Behauptung ganz offensichtlich absurd. Jeder aufmerksame Zeitungsleser weiß, daß die Diskussion über Rechtsextremismus in Deutschland breiter und tiefer geführt wird als in wohl jedem anderen Land. Der seriösen Politikwissenschaft – ich nenne hier zum Beispiel die Namen des renommierte Forscherduos Eberhard Jesse und Uwe Backes – gilt die Bundesrepublik Deutschland und ihre Bevölkerung als ein gegen Extremismus eher resistentes Staatsgebilde – allerdings mit einer extrem nervösen öffentlichen Meinung. Sie selbst sind allerdings keine Politik-, sondern Sozialwissenschaftlerin. Scheuch: Insbesondere aus dieser Disziplin lassen sich weitere Belege heranziehen: So haben etwa Erwin K. Scheuch und Hans-Dieter Klingemann immer wieder die Wahlergebnisse der NPD soziologisch analysiert und sind zu dem eindeutigen Ergebnis gekommen, daß nur eine Minderheit der NPD-Wähler ein rechtsextremistisches Weltbild hat. Die Mehrzahl der Wähler waren stets Protestwähler. Also auch aus soziologischer Sicht ist die These der Ausstellung von einem verbreiteten Rechtsextremismus in der Mitte der Gesellschaft – Stichwort „Rechts um und ab durch die Mitte“ – wissenschaftlich unhaltbar. Alle, aber wirklich alle seriösen wissenschaftlichen Erhebungen widerlegen die Behauptung, in Deutschland finde die Politik vor einem Resonanzboden tiefverwurzelten Rassismus im Volk statt, den vor allem die Politiker der CDU/CSU gezielt zum klingen bringen würden. Präsentiert die Ausstellung überhaupt wissenschaftliche Daten oder Analyseergebnisse, um ihre Thesen zu stützen? Scheuch: Fehlanzeige! Sie versucht das gar nicht erst. Nicht nur der wissenschaftliche Wert, schon der wissenschaftliche Anspruch ist gleich Null. Sie besteht ausschließlich aus willkürlich zusammengestellten Zitaten, Behauptungen und Bildern. Die einzigen erkennbaren Methoden sind die der Assoziation und Suggestion – beides sind allerdings bekanntlich keine Methoden aus dem Bereich der Wissenschaft, sondern des politischen Kampfes. Also eine Propagandaschau? Scheuch: Mir ist kein anderes Fazit möglich. Auch der Fall Hohmann und der Fall Möllemann werden thematisiert. Was haben die mit der Asyldebatte zu tun? Scheuch: Die argumentativ im Mittepunkt stehende Asyldebatte dient in mehrfacher Weise als assoziativer Ausgangspunkt. Erstens wird sie unterschwellig in eine gewisse Verbindung mit der Judenverfolgung während des Nationalsozialismus – Stichwort Ausstellungsort – gebracht. Es entsteht die Parallelkonstruktion: Drittes Reich – Judenverfolgung, Bundesrepublik Deutschland – Asyldebatte. Auch entsteht der Eindruck, als befinde sich Deutschland in puncto Asyl, Zuwanderung und Gewalt gegen Ausländer insgesamt auf einer schiefen Bahn, vielleicht in Richtung auf ein „neues 1933“. Zweitens wird die Asyldebatte mit dem angeblich virulenten Antisemitismus und Rassismus in der Bundesrepublik Deutschland verquickt. Dazu dient die „Dokumentation“ der Fälle Hohmann und Möllemann, die als Beweis für den angeblich überbordenden und ins Bedrohliche wachsenden Antisemitismus in Deutschland herhalten müssen. Der angeblich fast omnipräsente Rassismus in Deutschland wird dagegen durch Beschwörungsformeln wie „Immer wieder betreiben Politiker populistische Kampagnen mit stark rassistischen Tendenzen“ herbeigeredet. Ziel dieses Netzwerks an Unterstellungen ist zu suggerieren, daß wer sich gegen eine unkontrollierte Zuwanderung und somit für eine Asylgesetzgebung ausspricht, zwangsläufig auch ausländerfeindlich ist, strukturell in den Traditionen des NS-Staat steht und geistige Wegbereiter der Gewalt gegen Ausländer heute darstellt. Die Zahlen sprechen aber eine ganz andere Sprache: So hatten die Forschungsgruppe Wahlen im September 1992 ermittelt, 14 Prozent der Westdeutschen hätten Verständnis für Gewalt gegen Asylbewerber. Im Dezember 1992 – also nach den Attacken auf Ausländerheime und den drei Toten von Mölln – waren es dann „nur“ noch 5 Prozent. Gleichzeitig aber sprachen sich über 90 Prozent der Deutschen gegen eine ungeregelte Zuwanderung, sprich eine Belassung der damaligen Asylgesetzgebung aus. Also eine gewaltige Differenz von über 75, dann 85 Prozent! Erwartungsgemäß tauchen diese Zahlen in der Ausstellung nicht auf. Dort wird so getan, als seien beide Haltungen bei den Deutschen in etwa quantitativ identisch, ja korrelierend. Eröffnet hat die Ausstellung Bürgermeister Josef Müller. Das Dokumentationszentrum gehört der Stadt, die von OB Fritz Schramma regiert wird. Beide sind Mitglied der CDU! Scheuch: Ich bin überzeugt, auch wenn Herr Müller sogar eine Eröffnungsrede gehalten hat, die kommunale CDU hat gar nicht mitbekommen, was hier läuft. Gleichwohl ist es natürlich ein Skandal. Nun kommt es darauf an, wie sie darauf reagiert. Allerdings müßten die Proteste vor allem aus Düsseldorf und Berlin kommen, denn denunziert werden schließlich Landes- und Bundespolitiker wie Rüttgers und Merz. Scheuch: Zumindest im Falle der Landes-CDU dürfte das Stillhalten nichts weiter als Opportunismus sein. Ich kenne Rüttgers persönlich aus meiner Zeit in der CDU und habe ihn niemals als überzeugten Vertreter irgendwelcher politischen Ansichten erlebt. Was passiert, wenn die Union das Problem einfach aussitzt? Scheuch: Dann werden Angriffe dieser Art zunehmen, langfristig aber muß die Tabuisierung von klassischen CDU-Themen zu einer weiteren Entfremdung der Union von ihrer Wählerschaft führen, was erst zu Stimmverlusten, eines Tages sogar zum Entstehen einer Protestpartei führen kann, die der Union erfolgreich die Wähler abjagt. Bis dahin wird sie unter dem strategischen Nachteil der kulturellen Dominanz durch die Political Correctness leiden. Ihren politischen Gegnern wird es immer wieder gelingen Skandale, à la Hohmann zu initiieren. Sie wird – auch wenn Stimmungen ihr zu großen Einzelsiegen verhelfen mögen – ihre strukturelle Mehrheit verlieren, falls sie diese nicht schon verloren hat. Für Deutschland bedeutet das Fortschreiten dieser Entwicklung eine weitere Einengung von Demokratie und Freiheit, eine Zunahme der ja allseits beklagten Political Correctness und eine weitere Entmündigung der Bürger. Für den Rechtsextremismus bedeuten solche Ausstellungen eine ideologische Stärkung, denn der Besuch dieser Schau würde jeden Neonazi nur moralisch anfeuern, da er sich fortan als gerechten Vollstrecker des angeblich wachsenden fremdenfeindlichen, rassistischen und antisemitischen „Volkswillens“ sehen kann. Für die Opfer des Nationalsozialismus schließlich bedeutet es eine weitere Beleidigung, da die Erinnerung an ihr Leid politisch instrumentalisiert wird und der Vergleich der heutigen Zustände mit den damaligen in jeder Hinsicht eine grenzenlos Verharmlosung des Nationalsozialismus darstellt. Dr. Ute Scheuch Die Sozial- und Medienwissenschaftlerin wurde 1992 durch das Buch „Cliquen, Klüngel und Karrieren“ bundesweit bekannt, das sie zusammen mit ihrem Mann, dem im Herbst 2003 verstorbenen Soziologen Erwin K. Scheuch verfaßt hatte. Geboren 1943 in Düsseldorf, war sie leitende Mitarbeiterin in verschiedenen Projekten der empirischen Sozialforschung. 1971 trat Ute Scheuch der CDU bei, war Kreistagsabgeordnete und stellvertretende Kreisvorsitzende, verließ die Partei jedoch 1989 wegen der stillschweigenden Intervention des Bundeskanzler-amtes in einem Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Köln und dem damit offenbar werdenden „rechtsstaatlichen Defizit“ der damaligen Bundesregierung. Fotos: CDU-Politiker unterm Hakenkreuz (oben links) – Schautafel mit Roland Koch und Friedrich Merz: “ Die Unionspolitiker erscheinen als Stichwortgeber des Rechtsextremismus, als ‚geistige Brandstifter‘ und ‚Nazis in Nadelstreifen‘.“ weitere Interview-Partner der JF
JF-Online
Frau Dr. Scheuch, seit dem 27. Februar läuft die für Schulen konzipierte Ausstellung "Rechts um und ab durch die Mitte - Rechtsextremismus in Deutschland und
Interview
2004-03-26T00:00:00+01:00
2004-03-26T00:00:00+01:00
https://jungefreiheit.de/debatte/interview/2004/wissenschaftlich-gleich-null/
Polizeigewerkschaft: Rassismusvorwurf ist Quatsch
BERLIN. Hat die Berliner Polizei ein Rassismusproblem? Das zumindest behauptet das NDR-Politmagazin „Panorama“ in einem Kommentar. Anlaß sind die Klagen eines Ausbilders an der Berliner Polizeiakademie über das Verhalten von Polizeischülern mit Migrationshintergrund. Laut „Panorama“ verunglimpfe der Ausbilder Polizeischüler aus Einwandererfamilien „in rassistischer Weise“. Nicht arabische Clans unterwanderten die Polizei, sondern „besorgte Bürger“. Denen sei die „Vielfalt der Stadt“, die sich auch in der Polizei widerspiegle, ein Dorn im Auge. Das sei der eigentliche Skandal, weshalb Beamte, wie der sich beklagende Ausbilder, ermittelt und sanktioniert werden müßten. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) weist den Vorwurf zurück. „Der Kommentar ist eine Frechheit und Quatsch. Wenn sich Polizei, Gewerkschaften und Politik Sorgen über objektiv festgestellte Mißstände an einer Polizeischule machen, hat das nichts mit Rassismus zu tun“, sagte DPolG-Chef Rainer Wendt der JUNGEN FREIHEIT. „Rassimuskeule sitzt locker“ „Man konnte ja förmlich darauf warten, daß solche Vorwürfe nun kommen. Ich hätte aber eher erwartet, daß diese im Neuen Deutschland erhoben werden und nicht im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Aber auch dort sitzt die Rassismuskeule mittlerweile offenbar sehr locker.“ Gleichzeitig trat Wendt der Behauptung entgegen, arabische Clans unterwanderten in Berlin die Polizei. „Ich halte solche Sorgen für völlig überzogen. Wenn solche Clans Mitglieder in die Polizei einschleusen würden, dann würden sie doch darauf achten, daß diese sich besonders gut benehmen und nicht auffallen“, gab der Gewerkschaftschef zu bedenken. Im übrigen gehe es um die Ausbildung im mittleren Dienst. Wer diese erfolgreich beende, fahre im Anschluß Streife und werde nicht Ermittler im Bereich der Organisierten Kriminalität. „Wenn Clans an Informationen kommen wollen, dann versuchen sie, sich diese mit Geld, Technik und Anwälten zu beschaffen und nicht mit eingeschleusten Mitgliedern. Das ist viel zu aufwendig.“ Sicher gebe es einige Polizeianwärter aus Einwandererfamilien, die sich schlecht oder inakzeptabel benähmen, sagte Wendt. Ein solches Verhalten hätte dann aber auch Konsequenzen und zöge im drastischsten Fall den Rauswurf der betreffenden Polizeischüler nach sich. (krk)
JF-Online
Hat die Berliner Polizei ein Rassismusproblem? Das zumindest behauptet das NDR-Politmagazin „Panorama“ in einem Kommentar. Anlaß sind die Klagen eines Ausbilders an der Berliner Polizeiakademie über das Verhalten von Polizeischülern mit Migrationshintergrund. Die Deutsche Polizeigewerkschaft weist den Vorwurf entschieden zurück.
Deutschland
2017-11-08T12:42:51+01:00
2017-11-08T13:48:46+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2017/polizeigewerkschaft-rassismusvorwurf-ist-quatsch/
In eigener Sache: Hackerangriff auf die Pressefreiheit
Seit einigen Tagen rühmen sich linksextreme Hacker aus dem Umfeld des sogenannten Anonymous-Netzwerks damit, auf einer Internetplattform „Nazi Leaks“ illegal beschaffte Daten der rechtsextremen Szene öffentlich gemacht zu haben. Darunter findet sich auch eine Adreßliste, die Autoren der JUNGEN FREIHEIT enthält. Diese war bereits im Juli auf der linksextremistischen Internetseite Indymedia veröffentlicht worden. Die JUNGE FREIHEIT stellte seinerzeit Strafanzeige gegen Unbekannt. Die Liste enthält 380 Namen von Autoren und Interviewpartnern, aber auch von Personen, die mit dieser Zeitung in keinerlei Verbindung stehen. Entgegen einiger Falschdarstellungen enthält die Datei keine Daten von Abonnenten. Wir haben am Montag deswegen auch Strafanzeige gegen die bislang unbekannten Hacker aus dem Anonymous-Umfeld gestellt. Strafanzeige gegen Hajo Funke Eine weitere Strafanzeige habe ich gegen den Berliner Politologen Hajo Funke gestellt, der die Adreßliste ebenfalls auf seiner Internetseite veröffentlicht hat. Die reißerische Veröffentlichung der Adreßdaten blieb für Betroffene nicht folgenlos. Seit der ersten Verbreitung der Datei auf Indymedia und nun verstärkt durch die jüngste Veröffentlichung bei „Nazi Leaks“ kam es bereits zu mehreren Attacken auf Wohnungen und Drohanrufen gegen Personen, die auf dieser Liste stehen. Bei der Aktion der „Anonymus“-Leute handelt es sich um einen Angriff auf die Pressefreiheit. Journalisten sollen in ihrem privaten Umfeld unter Druck gesetzt und mundtot gemacht werden. Am Dienstag baten wir deshalb den Deutschen Journalistenverband, den Vorgang zu verurteilen. Dieser lehnt dies bislang jedoch ab. Es bestünde derzeit „kein Handlungsbedarf“, hieß es. Aufruf zur Solidarität Und das, obwohl sich unter den mit Privatadresse an den Pranger gestellten Journalisten auch solche namhaften Persönlichkeiten wie der langjährige Parlamentskorrespondent der FAZ und Theodor-Wolff-Preisträger Karl Feldmeyer, die Reporterlegende Peter Scholl-Latour oder der frühere Chefreporter der Welt, Konrad Adam, befinden – um nur einige zu nennen. Für einen Verband, der sich dem Schutz der Pressefreiheit in Deutschland verpflichtet hat, ist dies wahrlich eine moralische Bankrotterklärung. Wir rufen deshalb zur Solidarität über politische Grenzen hinweg auf, diese „Anonymous“-Aktion zu verurteilen. AKTUALISIERUNG: Am Dienstag Nachmittag hat Hajo Funke die Adreßliste mit Anschriften von JF-Autoren von seiner Internetseite gelöscht. Die Redaktion
Dieter Stein
Seit einigen Tagen rühmen sich linksextreme Hacker aus dem Umfeld des sogenannten Anonymous-Netzwerks damit, auf einer Internetplattform „Nazi Leaks“ illegal beschaffte Daten der rechtsextremen Szene öffentlich gemacht zu haben. Darunter findet sich auch eine Adreßliste, die Autoren der JUNGEN FREIHEIT enthält.
Sonderthema
2012-01-03T14:23:00+01:00
2013-12-11T15:03:41+01:00
https://jungefreiheit.de/sonderthema/2012/in-eigener-sache-hackerangriff-auf-die-pressefreiheit/
Halbleiter-Engpaß bedroht die deutsche Industrie
Zunächst klang die Meldung lediglich wie eine Randnotiz: Wer sich in Zukunft einen Porsche kauft, muß mit nur einem Schlüssel auskommen. Der Grund dafür liegt laut dem Unternehmen an fehlenden Halbleiterchips. Im ersten Quartal dieses Jahres lag der Lieferengpaß, was den wichtigen Rohstoff angeht, allein beim VW Konzern bei 100.000 Fahrzeugen. Bei den Mitbewerbern läuft es nicht besser. So mußte beispielsweise Opel auf die Herstellung von 190.000 Autos verzichten. In vielen Werken von Skoda, Mercedes oder BMW kommt es aufgrund des Mangels immer wieder zu Kurzarbeit. 40 Prozent aller Halbleiterchips, die hergestellt werden, benötigt die Automobilindustrie. Doch darüber hinaus finden sich in nahezu allen Geräten Mikrochips. In einer zunehmend digitalisierten Welt wird sich das Problem in Zukunft noch verschärfen. Experten gehen davon aus, daß sich die Krise bis ins Jahr 2023 ausdehnen wird. Dabei sind die Lieferengpässe in Teilen hausgemacht. Mehr als die Hälfte der Chip-Hersteller produzieren in Asien. Als der rigide Lockdown Anfang 2020 in China die Weltwirtschaft wider Erwarten ausbremste, wurde auch die Produktion der Chips gedrosselt. Unternehmen stellten sich auf eine lange Rezession ein. Hinzu kamen Naturkatastrophen in Japan und Taiwan. Im Oktober 2020 verursachten ein Brand massive Schäden beim Chip-Hersteller Asahi Kasei Microdevices. Ähnliches passierte einen Monat später der Firma Unimicron Technology. Ein wichtiger Aspekt des Angebotsabfalls liegt jedoch auch in geopolitischen Prozessen. So entschieden die USA, sich mit protektionistischen Maßnahmen wie Einfuhrzöllen und Blacklisting gegen das immer einflußreichere China zu wehren. So wurde der größte Chip-Produzent des Landes, Semiconductor Manufacturing International Corporation (SMIC), Ende vergangenen Jahres auf die Schwarze Liste gesetzt. Heißt konkret: Der Firma wurde es untersagt, in den Vereinigten Staaten Geschäfte zu machen. Die Corona-Maßnahmen und deren Auswirkungen auf die Weltwirtschaft konnte niemand vorhersehen. Denn nicht nur das Angebot an Halbleiterchips verschob sich, sondern auch die Nachfrage. Lockdowns ließen den Bedarf an Laptops, Smartphones und Tablets ansteigen. Unternehmen statteten ihre Mitarbeiter für das Arbeiten von zu Hause aus. Sogar Schulen rüsteten sich – wenn auch behäbig – für digitale Herausforderungen. In jedem der Produkte stecken die ohnehin schon knappen Mikrochips. Zudem kommt die Tatsache hinzu, daß vielen Privathaushalten mehr Geld als üblich zur Verfügung steht. Einige Geschäfte des Einzelhandels durften über Monate nicht öffnen. Gastronomie, Theater und Kinos ebenso wenig. Auch das Reisen wurde stark eingeschränkt. Dies hatte zur Folge, daß die finanziellen Möglichkeiten stiegen, sich zum Beispiel Produkte aus der Unterhaltungsindustrie zuzulegen. Dies spürte nicht zuletzt Sony, dessen Spielekonsole PlayStation immer wieder mit Lieferschwierigkeiten in die Schlagzeilen geriet. Senkung des Angebots und Steigerung der Nachfrage haben für den Konsumenten vor allem einen Effekt: Die Preise entsprechender Produkte steigen. In einer Zeit, in der immer noch mehr als eine Million Menschen Kurzarbeitergeld beziehen, dürfte das längerfristig zum Problem werden. Denn die Finanzreserven, die man in den Lockdowns möglicherweise angelegt hat, sind endlich. Eine protektionistische Politik der USA, aber auch der EU, verschärfen die Situation zusätzlich. Klar ist: Die Automobilindustrie gehört zu den wichtigsten Industriezweigen Deutschlands. Sie ist ein Jobmotor und bringt dem Fiskus Steuern in Milliardenhöhe. Eine weitere Verschärfung der Krise könnte für die Unternehmen zum Problem werden. Auch wenn es viele Politiker nicht wahr haben wollen: Wenn es in Deutschland Firmen gibt, die jenseits des Landes beliebt sind und hoch qualifiziertes Personal, aber auch Investoren anziehen, dann sind es die Automobilmarken. Ob Mercedes oder Volkswagen: Deutsche Autos sind sexy. Das sollte die Politik jenseits von Verbotsfantasien nicht vergessen und den Handel erleichtern. Außerdem sollte die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts gestärkt werden. Dann kann die Industrie auch den Mikrochip-Engpass überstehen.
Julian Marius Plutz
Der derzeitige Mangel an Halbleiterchips bringt die deutsche Autoindustrie ins Schwitzen. Aber nicht nur dort machen sich die Auswirkungen der corona-bedingten Lockdowns auf das Wirtschaftsleben bemerkbar. Zudem bleibt die protektionistische Wirtschaftspolitik der USA nicht ohne Folgen.
Industrie
Wirtschaft
2021-08-13T12:46:23+02:00
2021-08-13T12:46:23+02:00
https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2021/halbleiter-deutsche-industrie/
Weißer Mann – was nun?
Schon länger ist klar, daß in der westlichen Welt beim Thema Rassismus irgendwo eine Schraube locker ist. Besonders eindrücklich hat dies das Theater um die schwarzen Elfmeter-Versager gezeigt, die die englische Fußballnationalmannschaft zur Vize-Europameisterschaft schossen. Sicher ist das blöd und peinlich, darauf hinzuweisen, daß die drei unglücklichen Schützen Farbige waren. Nur: Gelenkt wurde die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Hautfarbe der Fehlschützen nicht von Rassisten, sondern von Antirassisten. Denn es waren ja die Antirassismus-Exzesse, die ostentativ in dem rituellen Niederknien der englischen Kicker vor jedem Spiel gipfelten, die das Bewußtsein für die Hautfarbe der verschiedenen englischen Spieler schärften und damit ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückten, was dort, wo es doch um Sport geht, nichts zu suchen hat. Einen Gefallen tat man ihnen mit dem großen „Black Lives Matter“-Kotau nicht. Denn wo man als schwarzer Spieler früher unbelastet von ideologisch aufgeladenen politischen Diskursen über die eigene ethnische Identität zum Elfmeterpunkt schreiten konnte, muß man heute überlegen, ob man es sich erlauben kann, einen Elfer zu verschießen – nachdem zweieinhalb Stunden zuvor eben wegen der Hautfarbe ein Riesenfaß aufgemacht wurde. Und wohin zu viel Nachdenken im Fußball führt, hat man im EM-Finale gesehen. Der Antirassismus der westlichen Welt übersteigt längst jedes gesunde Maß. Und wenn es stimmt, daß jedem totalitären System zutiefst eine Neurose innewohnt und das System seine Gegner umso grausamer verfolgt, je ausgeprägter die Neurose ist, dann muß man sich um die westlichen Demokratien ernsthaft Sorgen machen. Gefahr droht immer dort, warnte Hannah Arendt in „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“, wo Ideologie und Propaganda eine fiktive Welt erschaffen, die an die Stelle derjenigen treten soll, die das Individuum im eigenen Erfahrungshorizont erblickt. Sind Hitlers Judenhaß, Idi Amins und Stalins Panik vor unsichtbaren Feinden, Maos und Pol Pots Aversionen gegen Bildung und Besitz im ressentimentgesättigten Bildersturm der Antirassisten würdige Nachfolger erwachsen? Sind Menschen, deren blinder Haß selbst vor Monumenten der deutschen Kulturgeschichte wie Kant oder Bismarck nicht haltmacht, noch diesseits der Schwelle zur Psychiatrie therapierbar? Das Thema schlägt inzwischen so hohe Wellen, daß es es sogar aufs Titelblatt von Deutschlands immer noch auflagenstärkstem Nachrichtenmagazin schaffte. Spiegel-Schlagzeile: „Aufstand gegen den alten weißen Mann“. Und es geht gleich los mit einer Skandalgeschichte, von der man meinen könnte, sie stamme aus dem Deutschland der beginnenden Judenpogrome oder aus Südafrika zur Zeit der Apartheid. Der neue SPIEGEL ist da! In der Titelstory geht es um den Aufstand gegen den alten weißen Mann. Außerdem im Heft: Wie Markus Söder das Homeschooling seiner Kinder erlebte. Ab Samstag am Kiosk, jetzt schon hier: https://t.co/UXfTw98lxg pic.twitter.com/N5u9yeemKm — DER SPIEGEL (@derspiegel) July 9, 2021 Nur daß diesmal Weiße die Erniedrigten und Beleidigten, die Verunglimpften und Gemobbten sind, erniedrigt und gemobbt mit den Mitteln der Falschaussage, des Weglassens und der Intrige: Die farbige Studentin Oumou Kanoute war beim Einnehmen einer Mahlzeit von zwei weißen Angestellten des Smith College in Massachusetts gefragt worden, was sie in einem Raum zu suchen habe, der eigentlich für andere Gäste reserviert war. Einer der Männer war Hausmeister, der andere gehörte zum Sicherheitsdienst; und da solche Menschen in der Regel bewaffnet sind, fürchtete die Studentin um ihr Leben. Schließlich sei, so stellte sie es auf Facebook dar, eine schwarze Frau in Gegenwart eines weißen Uniformierten immer gefährdet. Geboren war ein Skandal um Rassismus am College. Der Hausmeister wurde suspendiert. Daß Kanoute gar nicht berechtigt war, sich in dem Raum aufzuhalten, und der Campuspolizist auch nicht bewaffnet, ging im Getöse um die angeblich rassistische Behandlung Kanoutes völlig unter. Schließlich kam auch noch heraus, daß einer der Männer, die die Studentin im Internet angeschwärzt hatte, gar nicht dabei gewesen war. Schon im vergangenen Jahr nahm sich das Wochenblatt Die Zeit des Themas an. Der in den USA bestens vernetzte Journalist Yascha Mounk schrieb über Freunde, die „aufgrund mißliebiger Standpunkte um Job und Aufträge fürchten“, über Bekannte, die unpopuläre Meinungen nur unter vorgehaltener Hand zu äußern wagten, und über David Shor, der nach den Tumulten und Unruhen, die der Todesfall George Floyd auslöste, via Twitter auf die Untersuchung eines farbigen Professors der Universität Princeton verwiesen hatte: Bereits 1968 hätten gewaltsame Proteste eher dem gegnerischen Lager, in dem Fall Richard Nixon, Kandidat der Republikaner für das Präsidentenamt, geholfen. Friedliche Demonstrationen dagegen hätten laut der Studie eher den Demokraten genützt. Shor kostete die Twitter-Meldung seinen Job. Was war passiert? Mounk: „Aktivisten hatten seinen Tweet als Rat gewertet, die ‘Black Lives Matter’-Bewegung solle auf Gewalt verzichten. Als Weißer habe er aber kein Recht, das zu beurteilen. Unter dem Druck der Twitter-Meute feuerte sein Arbeitgeber – eine Firma, die Demokraten durch Datenanalysen Wahlsiege verschaffen soll – Shor kurzerhand.“ Ein Einzelfall? Nur in den USA möglich? Mitnichten. Der Spiegel berichtet in seiner Titelgeschichte von rassistischen Vorfällen am Düsseldorfer Schauspielhaus – das Skandalwort „Sklave“ sei gefallen –, infolge derer den Theater-Statuten eine Klausel hinzugefügt wurde, „derzufolge – vereinfacht gesagt – bei Rassismusvorwürfen prinzipiell demjenigen geglaubt wird, der die Vorwürfe erhebt“. Der schwarzen Regisseurin Natasha Kelly reichte das nicht. Sie verließ das Haus und will jetzt ein eigenes Theater. Nun steht es in einem freien Land natürlich jedem frei, sein eigenes Theater zu gründen und sich dem Wettbewerb mit anderen Bühnen zu stellen. Da aber natürlich klar ist, daß eine Bühne von Schwarzen für Schwarze in Deutschland ein reines Nischenprodukt wäre, das ohne Förderung keinen Monat überleben würde, will Kelly eine Förderung durch die Stadt und das Land Nordrhein-Westfalen. Farbige bräuchten einen „Schutzraum“, behauptet Kelly, „einen Raum für sich“. Wer mitmachen darf und wer nicht, entscheidet die Hautfarbe. Weiße dürfen draußen bleiben. Eine neue, deutsche Apartheid, finanziert mit Steuermitteln, um, so Kelly wörtlich, „diesen seit 2000 Jahren andauernden weißen Blick zu durchbrechen“. Was die farbige Darstellerin und Regisseurin formuliert, ist das vorläufige Resultat eines verfestigten Ritus des Ihr-reicht-den-kleinen-Finger-und-wir-nehmen-die-ganze-Hand, bei dem Menschen, deren Vorfahren Deutschland großmütig Zuflucht gewährte, die nicht selten mit Steuer- oder Sozialkassengeldern gepampert wurden, nun Deutschlands (noch) weiße Mehrheitsgesellschaft in Regreß nehmen für koloniales Unrecht, für das ihnen – wie den Herero in Namibia – eine Entschädigung zustehe. Besonders radikalen Anhängern dieses Denkens gilt selbst der Antisemitismus der NS-Zeit nur als Facette dieses universellen kolonial-imperialistischen weißen Unterdrückergeistes. Inzwischen gibt es urbane Räume, in denen Migranten in der Mehrheit sind. Als in den Achtzigern auch in bürgerlichen Kreisen das Wort „Neger“ ungebräuchlich wurde, wurde das gesamtgesellschaftlich nicht als Zumutung, sondern als Geste der Verständigung und Rücksichtnahme aufgefaßt. Inzwischen aber müssen sich diejenigen, die damals Entgegenkommen signalisierten, fühlen wie aristokratische Gastgeber, die stets auf gute Manieren und Etikette, auch und besonders gegenüber neuen Gästen, achten und als Lohn dafür mit ansehen müssen, wie diese auf ihren Tischen tanzen, das Porzellan zerschlagen und mit dem Tafelsilber Fangen spielen. Als Erklärung für ein solches Verhalten wird dann das koloniale Familienerbe angeführt: „Ihr habt es nicht anders verdient!“ Schon gibt es Menschen, die aus Protest gegen diese Rüpelhaftigkeit das N-Wort wieder in ihren Wortschatz aufgenommen haben. Warum noch länger höflich bleiben in Anbetracht solcher ungehobelter Übergiffe. Daß sich die Gräben innerhalb der deutschen Gesellschaft immer weiter vertiefen, ist auch ein Fazit des Spiegel, der aber glaubt, daß sich alles schon wieder einrenken werde. Es handle sich um konfliktreiche, aber letztlich normale Anpassungen an grundlegende gesellschaftliche Veränderungen. Das ist die eine Möglichkeit. Es könnte aber auch so ausgehen wie in den Jahren 1789 und danach, als der Pöbel tatsächlich die Paläste stürmte und die Adligen hinauswarf. Die Dekadenz der höfischen Kultur des 18. Jahrhunderts, die Schlaffheit einer untergehenden Herrscherdynastie und ein universeller Verfall der Sitten waren dafür entscheidende Voraussetzungen. Klingt das nicht ein bißchen auch nach Deutschland anno 2021? Wer weiß ist und „schon länger hier lebt“, sollte sich auf jeden Fall warm anziehen.
Dietmar Mehrens
Lange Zeit wurden die neurotischen Auswüchse der Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsmanie von der Mehrheit belächelt. Doch die Lage ist ernster, als viele meinen. Ein Kommentar.
Weißer Mann
Kommentar
2021-07-15T17:15:33+02:00
2021-07-19T11:22:12+02:00
https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2021/weisser-mann-was-nun/
Münch: Kompetenz bei Postenvergabe wichtiger als Identität
BERLIN. Anläßlich der Vereidigung des Bundeskabinetts hat die Tutzinger Politikwissenschaftlerin Ursula Münch dafür plädiert, die Anforderungen an politische Gremien nicht über die Geschlechterparität hinaus auszuweiten. „Man muß aufpassen, daß man es mit der Repräsentanz von Gruppen nicht auf die Spitze treibt“, sagte sie der Neuen Osnabrücker Zeitung vom Mittwoch. Identitäten und Zugehörigkeiten dürften in Zukunft aber nicht wichtiger werden als Kompetenz und Erfahrung, mahnte Münch. Das Kabinett der neuen Bundesregierung von SPD, Grünen und FDP ist erstmals paritätisch besetzt. Der Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Linkspartei, Dietmar Bartsch, bemängelte eine angeblich unzureichende Parität im neuen Bundeskabinett. Der neue Bundeskanzler habe im Vorfeld versprochen, sich für eine gleiche Verteilung der Ministerposten an Männer und Frauen einzusetzen. „Wenn man vorher Parität sagt, dann heißt das auch mindestens 50 Prozent. Und wenn man das nicht erreicht, hat man das nicht erreicht“, sagte Bartsch dem Sender Phoenix. Schuld sei letztlich aber die FDP, die drei Männer und eine Frau als Minister bestimmt habe. Kritiker monierten, Bayern und die östlichen Bundesländer seien gar nicht beziehungsweise kaum repräsentiert, verdeutlichte Münch. Migrantenverbände beklagten überdies, daß nur der neue Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) einen Migrationshintergrund habe. Auch Vertreter weiterer Minderheiten forderten bereits, ebenfalls im Kabinett und im Bundestag entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung repräsentiert zu sein. Solche Rufe nach der Repräsentanz von gesellschaftlichen Gruppen stellten mitunter eine Gefahr für die repräsentative Demokratie dar. „Repräsentation hat aber nicht nur etwas mit Zugehörigkeit zu tun. Alle Volksvertreter und Minister sind dem Grundgesetz verpflichtet und haben also ohnehin den Auftrag, die Interessen der gesamten Bevölkerung zu vertreten“, führte die Politikwissenschaftlerin aus. Wenn dieser Grundsatz nicht länger Konsens sei, gerate man in „schwieriges Fahrwasser“. Auch der baden-württembergische AfD-Abgeordnete Bernd Gögel warnt vor einer ausufernden Identitätspolitik bei der Besetzung von Posten. Heutzutage sei nur noch Mittelmaß gewünscht. Gepaart mit dem Anspruch, „Minderheiten ‘sichtbar’ zu machen“, ergebe das einen politischen Tsunami, der die repräsentative Demokratie schwer beschädigen könne. (zit)
JF-Online
Nicht Identität, sondern Kompetenz soll darüber entscheiden, wer einen Posten in politischen Gremien bekommt, fordert Politikwissenschaftlerin Ursula Münch. Politiker seien ohnehin dem Grundgesetz und der gesamten Bevölkerung verpflichtet.
Münch
Deutschland
2021-12-08T11:35:13+01:00
2021-12-08T13:00:30+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2021/muench-postenvergabe/
Deutschlands Marine hat kein einsatzfähiges U-Boot mehr
KIEL. Bis Mitte 2018 stehen der deutschen Marine keine einsatzfähigen U-Boote zur Verfügung. Nach einem Unfall von U-35 bei einer Testfahrt vor der norwegischen Küste liegt nun auch das letzte der sechs Unterseeboote zur Reparatur in der Kieler Werft Thyssen Krupp Marine Systems (TKMS). „Bei einem Tauchmanöver zur Tiefwassererprobung stieß U-35 mit dem X-Ruder wohl gegen einen Felsen“, sagte ein Sprecher des Marinekommandos in Rostock dem Nachrichtenportal shz.de. Dabei sei eines der vier Ruderblätter stark beschädigt worden. Die derzeit eingeschränkte Verfügbarkeit sei unter anderem auf die unvollständige Herstellung der Versorgungsreife zurückzuführen, teilte die Marine mit. Die Versorgungsreife ist erreicht, wenn ein für die Nutzungsdauer aller U-Boote ausreichender Ersatzteilvorrat vorhanden ist. Aufgrund der Sparzwänge in den vergangenen 25 Jahren sei es nicht möglich gewesen, dies zu gewährleisten. U-Boot Lieferung an Israel Unterdessen hat die Bundesregierung dem Verkauf von drei U-Booten an Israel zugestimmt. Von deutscher Seite gibt es jedoch einen Exportvorbehalt, berichtet der Spiegel. Demnach unterzeichneten Kanzleramt, Auswärtiges Amt und Verteidigungsministerium gemeinsam mit Israel ein sogenanntes Memorandum of Understanding (MoU), das sich gegen Korruption richtet. Grund sind Bestechungsvorwürfe gegen Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sowie Berater und Vertraute des israelischen Regierungschefs. Bevor die U-Boote geliefert werden könnten, müßten sämtliche Ermittlungen eingestellt und alle Verdachtsmomente ausgeräumt sein, heißt es in dem MoU. Die Kieler Werft TKMS hat derzeit sieben U-Boote für Israel, Ägypten und Singapur im Auftragsbestand. Der Bau von vier U-Booten für Norwegen und zwei für die deutsche Marine steht vor dem Abschluß. In diesem Jahr hat die Werft bereits zwei U-Boote an Ägypten ausgeliefert. Mit dem Auftrag aus Israel wäre der U-Bootsbau der Bundeswehr bis Mitte des nächsten Jahrzehnts ausgelastet. (ha)
JF-Online
Bis Mitte 2018 stehen der deutschen Marine keine einsatzfähigen U-Boote zur Verfügung. Nach einem Unfall von U-35 bei einer Testfahrt vor der norwegischen Küste sind mittlerweile alle sechs U-Boote der Bundeswehr seeuntauglich.
Deutschland
2017-10-23T17:56:05+02:00
2017-10-23T18:40:11+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2017/deutschlands-marine-hat-kein-einsatzfaehiges-u-boot-mehr/
Deutschand nimmt Corona-Patienten aus Italien und Frankreich auf
DRESDEN. Sachsen hat mehrere an Covid-19 erkrankte Italiener aufgenommen, um sie hierzulande zu behandeln. Zunächst seien sechs Italiener per Flugzeug nach Sachsen gebracht worden, berichtete der Zeit-Journalist Martin Machowecz auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Sie würden an den Unikliniken in Dresden und Leipzig sowie in der Helios-Klinik Leipzig behandelt. „Ich bin sehr dankbar“, sagte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) demnach. Dies sei „ein ganz wichtiges Zeichen, daß wir zusammenhalten“. Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) verwies auf die europäische Solidarität. „Wir sind hier in der EU, wir sind hier in Europa und das gebietet es, daß wir solidarisch miteinander sind.“ Vor allem in der oberitalienischen Region Lombardei sprachen Ärzte in den vergangenen Tagen von Ausnahmezuständen, die an Kriegssituationen erinnerten. Italienische Medien berichteten, daß teilweise nur noch Patienten mit guten Überlebenschancen auf die Intensivstation dürften, da die Betten knapp seien. Rheinland-Pfalz nimmt zehn Patienten auf In Deutschland hatten sich Bund und Länder vorige Woche auf einen Notfallplan für Krankenhäuser geeinigt. Oberstes Ziel sei es, mehr Plätze für Corona-Patienten zu schaffen, die mit einem leichteren Verlauf der Krankheit zu kämpfen hätten. Allerdings reiche auch die Zahl der 25.000 Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit nicht aus, weshalb sie schnellstmöglich erhöht werden müsse. Zudem wurden Krankenhäuser angewiesen, medizinisch nicht dringende Operationen und Eingriffe zu verschieben. Ungeachtet dessen hatten bereits am Sonntag das Saarland und Rheinland-Pfalz angekündigt, mehrere schwererkrankte Corona-Patienten aus Frankreich aufzunehmen. Hierfür sollen Intensivbetten mit Beatmungsgeräten zur Verfügung gestellt werden. Der Kampf gegen das Virus sei nur gemeinsam zu gewinnen, betonte Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU). Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), sagte ebenfalls zehn Intensivbetten für Patienten aus Frankreich zu. Zuvor waren schon zwei Erkrankte aus dem Elsaß an der Uniklinik in Freiburg aufgenommen worden. Sieben weitere sollen an die Unikliniken in Heidelberg, Mannheim und Ulm verlegt werden. (ls/krk)
JF-Online
Sachsen hat mehrere an Covid-19 erkrankte Italiener aufgenommen, um sie hierzulande zu behandeln. Zuvor hatten schon das Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg angekündigt, Corona-Patienten aus Frankreich aufzunehmen.
Deutschland
2020-03-23T15:10:31+01:00
2020-03-23T15:27:42+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2020/deutschand-nimmt-corona-patienten-aus-italien-und-frankreich-auf/
Wenig Hoffnung gegen die Schwarzen
Knapp zwei Wochen vor der Landtagswahl in Bayern kennen die seit vierzig Jahren regierenden Christsozialen nur noch einen Gegner: die Wahlmüdigkeit. Wenn am 21. September die mehr als neun Millionen Wahlberechtigten im Freistaat zur Stimmabgabe aufgerufen sind, droht ein Negativ-Rekord. Etwa vierzig Prozent der Wähler könnten nach einhelliger Einschätzung von diversen Meinungsforschungsinstituten zu Hause bleiben. Vor fünf Jahren, damals zwei Wochen vor der Bundestagswahl, lag die Wahlbeteiligung noch knapp unter der 70-Prozent-Marke. Im Umfeld von Ministerpräsident Edmund Stoiber macht sich deswegen leichte Unruhe breit. Das Gerede von den 60 Prozent könnte die eigenen Anhänger einlullen – frei nach dem Motto: Der Sieg ist ohnehin unser, die Höhe eigentlich egal. Die Forschungsgruppe Wahlen sah die CSU am vergangenen Wochenende mit einer deutlichen absoluten Mehrheit vorn. Demnach käme die Stoiber-Partei auf 60 Prozent, das wären sieben Prozentpunkte mehr als bei der Landtagswahl 1998. Für die SPD werden derzeit nur noch 22 Prozent vorausgesagt, was ihr schlechtestes Ergebnis bei einer bayerischen Landtagswahl in der Nachkriegszeit wäre. 1998 hatte die SPD 28,7 Prozent erreicht. Die Umfrage für das ZDF-Politbarometer sieht die Grünen, die bislang stets um den Einzug ins Münchner Maximilianeum kämpfen mußten, bei stattlichen acht Prozent. Sowohl die Freien Wähler als auch die FDP würden demnach klar an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Diese Vorstellung scheint nun vielen Bayern doch nicht ganz geheuer. Das hat eine Umfrage unter 3.000 bayerischen Bürgern ergeben, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa durchführte. Demnach lehnen 63 Prozent der Bayern und sogar 56 Prozent der CSU-Wähler eine Zweidrittelmehrheit der CSU ab. Ein derartiges Szenario empfänden die meisten als „grauenvoll, Alptraum, Katastrophe, Diktatur“. Nur zwölf Prozent halten eine Zweidrittelmehrheit für einen „Traumzustand und wunderbar“. Von dieser Stimmung hofft Stoiber-Herausforderer Franz Maget zu profitieren. „Wer eine Zweidrittel-Mehrheit verhindern will, muß die SPD wählen“, glaubt der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten. Nur 30 Prozent kennen SPD-Spitzenkandidat Franz Maget Dabei ist der SPD-Herausforderer nach den Ergebnissen des neuen ZDF-Politbarometers in Bayern noch weitgehend unbekannt: So konnten lediglich 30 Prozent der Bürger die Frage richtig beantworten, wie der Spitzenkandidat der SPD bei der Landtagswahl am 21. September heißt. Den amtierenden bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber hingegen kennen 73 Prozent namentlich. Chancenlos ist Maget den Angaben zufolge auch bei der Frage, wen die Bayern lieber als Ministerpräsident hätten: 60 Prozent nennen hier Stoiber und nur 14 Prozent Maget – acht Prozent wollen keinen von beiden, und 14 Prozent können die Frage, wen sie lieber hätten, nicht beantworten, weil sie Maget nicht kennen. Bei den wichtigsten Sachfragen ist der Vorsprung der CSU ebenfalls deutlich. So trauen ihr beim Thema Arbeitslosigkeit 56 Prozent eher zu, die Probleme zu lösen. Die SPD kommt hier nur auf 7 Prozent. Sie erreicht beim Themenbereich Bildung ihren besten Kompetenzwert (19 Prozent), liegt aber auch hier deutlich hinter der CSU (48 Prozent). 1998 mußte die CSU mit einem für die Union negativen Bundestrend fertigwerden. Jetzt hat die SPD Gegenwind aus Berlin. So fällt die Zufriedenheit mit der Bundesregierung deutlich negativ aus: Die Bayern insgesamt vergeben hier auf der Skala von minus 5 bis plus 5 einen Durchschnittswert von minus 1,6. Aber auch die Zufriedenheit mit der Arbeit der SPD im bayerischen Landtag wird mit minus 1,1 negativ beurteilt. Mit der Arbeit der bayerischen Regierung sind die Bayern hingegen zufrieden (plus 1,5). In den Räumen der CSU-Wahlkampfzentrale werden dennoch Risiken gesehen. Die neuen Debatten um Stoibers mögliche Ambitionen, wieder Kanzlerkandidat zu werden, passen den schwarzen Strategen nicht ins Konzept. Der Ministerpräsident denke gar nicht an eine Kanzlerkandidatur, wird versichert. Stoiber selbst nennt solche Spekulationen „Unsinn“ und weist jeden Verdacht, er wolle noch einmal in Berlin antreten, weit von sich: „Es ist eine große und wunderbare Aufgabe, für Bayern zu arbeiten.“ Dies würden die kleineren Parteien auch gerne tun. Doch angesichts der schwierigen Wahlrechts im Freistaat, wo es keine einheitliche Landesliste gibt, ist ein Erfolg eines Außenseiters unwahrscheinlich. Je etwa die Hälfte der Abgeordneten wird direkt in Stimmkreisen und auf Wahlkreislisten gewählt. Kann eine Gruppierung aufgrund einer dünnen Personaldecke in gewissen Kreisen keinen Wahlvorschlag einreichen, so erscheint sie dort nicht auf dem Stimmzettel. Insgesamt 14 Parteien und Wählervereinigungen haben ihre Kandidatur angemeldet. Die große Unbekannte sind wie schon 1998 die kommunal stark verankerten Freien Wähler. Für vier Jahren kamen die Unabhängigen bei ihrer ersten landesweiten Kandidatur auf 3,7 Prozent. Auch diesmal gilt ihr Augenmerk hauptsächlich bürgerlichen Wählern, denen eine zu große Dominanz der CSU unheimlich erscheint. Zumindest in ihren Hochburgen könnten die „Freien“ für den einen oder anderen Paukenschlag sorgen. Im Stimmkreis Kitzingen werden beispielsweise ihrem Kandidaten Roland Eckert gute Chancen eingeräumt, das Direktmandat zu gewinnen. Dennoch bleibt ihm der Einzug ins bayerische Parlament wohl verwehrt – wenn seine Partei landesweit nicht über die Fünf-Prozent-Hürde kommt. Die Besonderheiten des bayerischen Wahlrechts machen populären Einzelkämpfern den Einzug in den Landtag so gut wie unmöglich. Republikaner nicht mehr Etablierten-Schreck Bestenfalls mit kommunalen Teilerfolgen kann auch die einzig kandidierende Rechtspartei rechnen. Vor Jahren in ihrem Stammland als Etablierten-Schreck angetreten, tauchen die Republikaner (1998: 3,6 Prozent) in Meinungsumfragen nicht mehr gesondert auf. „Wenn wir im Ein-Prozent-Nirvana landen sollten, bricht der Laden völlig auseinander“, befürchtet ein Bundesvorstandsmitglied, das jedoch nicht namentlich genannt werden will. Immerhin hat ein originell aufgemachter TV-Spot mit dem Titel „König Ludwig wählt REP“ die Partei ein wenig ins Gespräch gebracht. Landeschef und Spitzenkandidat Johann Gärtner versucht sich an die Spitze der CSU-Gegner zu stellen. „Wer etwas dagegen tun will, daß die Schwarzen völlig abheben, mit den rot-grünen Dilettanten aber nichts am Hut hat, für den gibt es ein ganz einfaches Rezept: Republikaner wählen“, fordert der mittelständische Unternehmer. Immerhin ist es der Partei, deren Mitgliederstamm in Bayern von 5.000 auf rund 1.500 zusammengeschrumpft ist, gelungen, nahezu flächendeckend zu kandidieren. Doch von einem Einzug in den Landtag wagt niemand zu träumen. „Wenn wir 2,5 Prozent erreichen sollten, wäre das ein Erfolg“, heißt es in der Partei. Auch die ÖDP kann zufrieden sein, wenn ihre 1,8 Prozent von 1998 halten – damals lag sie damit noch vor der FDP.
JF-Online
Knapp zwei Wochen vor der Landtagswahl in Bayern kennen die seit vierzig Jahren regierenden Christsozialen nur noch einen Gegner: die Wahlmüdigkeit. Wenn am
Politik
2003-09-12T00:00:00+02:00
2003-09-12T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/2003/wenig-hoffnung-gegen-die-schwarzen/
Rivalitätskampf zweier Ordnungsmächte
Am 18. April jährt sich zum 140. Mal der Tag des Sturmes auf die Düppeler Schanzen, der Entscheidungsschlacht des Deutsch-Dänischen Krieges von 1864. Hintergrund dieses Krieges war die komplizierte staatsrechtliche Situation der beiden Herzogtümer Schleswig und Holstein, die seit 1460 mit der dänischen Krone in Personalunion verbunden waren. Dabei gehörte das deutsch bevölkerte Holstein zum Deutschen Bund, und der dänische König war als Herzog von Holstein deutscher Bundesfürst. Schleswig hingegen mit einer nach Norden hin stärker werdenden dänischen Bevölkerungsminderheit gehörte nicht zum Deutschen Bund, sondern war schon seit dem Mittelalter dänisches Lehen. Gleichwohl pflegten die Herzogtümer eine enge Verbindung und waren stets gemeinsam regiert worden. So hatte auch der dänische König Christian I. den schleswig-holsteinischen Ständen, als diese ihn zum Herzog beider Landesteile wählten, schon 1460 zugesichert, daß die Lande – obwohl unterschiedliche Lehen – „auf ewig ungeteilt“ bleiben sollten. Dänemarks Vorgehen brach das Londoner Protokoll Im Jahre 1863 legte die nationalliberale dänische Regierung Hall den Entwurf einer Verfassung vor, die sowohl in Dänemark als auch im Herzogtum Schleswig, nicht aber im deutschen Holstein gelten sollte. Dies hätte die einseitige Einbeziehung Schleswigs in den dänischen Staat unter gleichzeitiger Trennung von Holstein bedeutet. Dieses Vorgehen widersprach völkerrechtlichen Verpflichtungen, die Dänemark nach dem Schleswig-Holsteinischen Krieg von 1848-1850 in den Londoner Protokollen von 1850 und 1852 gegenüber den europäischen Großmächten – darunter auch Preußen und Österreich – eingegangen war. Als die neue Verfassung im November 1863 in Kopenhagen verabschiedet und von König Christian IX. unterschrieben worden war, kam es zum militärischen Vorgehen des Deutschen Bundes gegen Dänemark. Ende Dezember 1863 rückten sächsische, hannoversche, preußische und österreichische Truppen in Holstein ein, das von den Dänen geräumt wurde, und erreichten Anfang Januar 1864 die Eidergrenze zwischen Holstein und Schleswig. Nachdem der Deutsche Bund am 14. Januar 1864 ein weiteres Vorrücken nach Schleswig abgelehnt hatte, beschlossen Preußen und Österreich, Schleswig auch ohne Mandat des Bundes zu besetzen, um so Dänemark zur Einhaltung der 1852 übernommenen Verpflichtungen zu zwingen. Nachdem ein preußisch-österreichisches Ultimatum am 16. Januar von Dänemark abgelehnt worden war, war der Krieg unvermeidlich. Am 1. Februar 1864 marschierten preußische und österreichische Truppen mit einer Gesamtstärke von 61.000 Mann nach Schleswig ein, wo sich die dänische Armee mit einer Stärke von 44.000 Mann hinter den Feldbefestigungen des historischen Danewerks zur frontalen Verteidigung verschanzt hatte. Angesichts des naßkalten Winterwetters war diese Feldbefestigung aber nicht zu halten und wurde bis zum 6. Februar 1864 von den Dänen geräumt. Zur weiteren Verteidigung besetzte das Gros der dänischen Armee die auf der Halbinsel Sundewitt ausgebauten Befestigungen bei Düppel, in der Absicht, von hier aus den weiteren Vormarsch der Preußen und Österreicher nach Norden aus der Flanke heraus zu bedrohen und zugleich den Übergang über den schmalen Sund zur Insel Alsen zu sperren. Der kleinere Teil der dänischen Armee zog sich weiter nach Norden zurück, um im Raum zwischen Kolding und Vejle Verteidigungsstellungen zu beziehen. Die dortige Festung Fredericia sah eine weitere Flankenstellung vor, die zugleich den Übergang nach Fünen decken sollte. Die Stellungen bei Düppel, die die dänische Armee ab dem 7. Februar besetzte, bestanden aus zehn Erdschanzen, die in einem drei Kilometer langen Bogen vom Alsensund bis zur Bucht von Vemmingbund angelegt worden waren. Den Rest des Februars und bis in den März hinein arbeiteten die dänischen Truppen an der Verstärkung der Schanzen, um Laufgräben zu schaffen, und an der Errichtung von Hindernissen zwischen den Schanzen. Währenddessen schloß das 1. preußische Armeekorps am 12. Februar die Düppelstellung auf Sundewitt ein und drängte die dänischen Vorposten in einer Reihe von Gefechten bis Mitte März bis kurz vor Düppel mit den eigentlichen Befestigungen zurück. Zugleich besetzten die übrigen preußischen und österreichischen Kräfte Nordschleswig bis zur dänischen Grenze. Ab dem 8. März stießen die Verbündeten weiter vor, riegelten die Festung Fredericia ab, nahmen die Stadt Vejle ein und erreichten die Städte Horsens und Skanderborg, während sich die Dänen weiter nach Norden zurückzogen. Ab dem 15. März begann der Beschuß der Düppelstellung mit schwerer Belagerungsartillerie. Ein dänischer Ausfall am 16. März wurde zurückgeschlagen und die Dänen über ihre Ausgangslinien auf die eigentlichen Befestigungen zurückgeworfen. Die Beschießung wurde ab dem 2. April erheblich intensiviert, so daß die Dänen ab dem 9. April mit den Ausbesserungsarbeiten an den Schanzen nicht mehr mithalten konnten und die Verteidigungsfähigkeit der Stellungen immer geringer wurde. Parallel hierzu gruben preußische Pioniere und Infanteristen Laufgräben bis auf etwa 250 Meter an die dänischen Schanzen heran, aus denen der Angriff erfolgen sollte. Der Sturm auf die Düppeler Schanzen begann am 18. April 1864 mit einem sechsstündigen Artilleriebombardement von großer Intensität. Als dieses um 10 Uhr verstummte, erhoben sich die preußischen Sturmkolonnen und gingen gegen die von immer noch 5.000 dänischen Soldaten besetzten Schanzen vor, die bis 12 Uhr sämtlich in preußischer Hand waren. Danach kam es zu Kämpfen mit dänischen Kräften von etwa weiteren 6.000 Mann aus Reservestellungen hinter den Schanzen und der befestigten Brückenkopfstellung, von der aus zwei Pontonbrücken über den Alsensund nach Sonderburg führten. Um 13.30 Uhr gelang es den ersten preußischen Truppen, in diese Brückenkopfstellung einzudringen, die gegen 16 Uhr von den letzten dänischen Truppen unter Zerstörung der Pontonbrücken geräumt wurde. Am Abend dieses Tages hatten die Dänen mehr als 4.800 Soldaten verloren. Die preußischen Verluste betrugen 1.201 Mann, darunter 263 Gefallene. Nach dem Verlust von Düppel räumten die Dänen am 28. April kampflos die Festung Fredericia, die österreichische Truppen besetzten. Erst der Regierungswechsel brachte den Frieden Am 20. April 1864 hatten in London Verhandlungen begonnen, die zu einem Waffenstillstand ab dem 12. Mai 1864 führten. Die weiteren Verhandlungen scheiterten aber vor allem an der Unnachgiebigkeit Dänemarks, so daß am 26. Juni 1864 die Kampfhandlungen wieder aufgenommen wurden. Schon drei Tage später setzten preußische Truppen von Düppel nach Alsen über und eroberten die Insel. Bis Mitte Juli besetzten die verbündeten Österreicher und Preußen das nördliche Jütland bis Skagen. Zwischen dem 13. und dem 15. Juli 1864 besetzten österreichische Truppen auch die nordfriesischen Inseln Sylt, Föhr, Romo und Fano. In Kopenhagen kam es nun zu einem Regierungswechsel. Am 20. Juli 1864 trat ein neuer Waffenstillstand in Kraft, der in Friedensverhandlungen einmündete. Im Wiener Frieden vom 30. Oktober 1864 trat der dänische König schließlich die Herzogtümer Schleswig und Holstein an Preußen und Österreich ab. Bild: Preußische Truppen erstürmen die Düppeler Schanzen am 18. April 1864: Schlüsselstellung erobert
JF-Online
Am 18. April jährt sich zum 140. Mal der Tag des Sturmes auf die Düppeler Schanzen, der Entscheidungsschlacht des Deutsch-Dänischen Krieges von 1864.
Geschichte
2004-04-16T00:00:00+02:00
2004-04-16T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/wissen/geschichte/2004/rivalitaetskampf-zweier-ordnungsmaechte/
Grundsätzliches zur Grundsicherung – das Hartz-IV-Experiment
Seit wann gibt es Hartz IV? Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) gibt es seit dem 1. Januar 2005; dazu zählen insbesondere das Arbeitslosengeld II und das Sozialgeld. In diesen beiden Leistungen sind die bisherige Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe zusammengeführt worden. Für wen gibt es Hartz IV? Arbeitslosengeld II können alle erwerbsfähigen Personen erhalten, wenn sie hilfebedürftig sind. Personen, die nicht erwerbsfähig sind, können Sozialgeld erhalten. Beide Absicherungen sind für alle gedacht, die zu wenige oder keine eigenen Mittel haben. Was bedeutet Grundsicherung? Damit ist eine Absicherung des Mindestbedarfes gemeint; sozusagen eine Sicherung des Existenzminimums, das zum Leben notwendig ist. Was dem Einzelnen dabei mindestens zusteht, hat der Gesetzgeber in so genannten Regelsätzen festgelegt. Hat eine Person gar kein Einkommen oder weniger Einkommen als diese Regelbeträge, kann sie grundsätzlich Leistungen erhalten. Arbeitslosigkeit ist dafür nicht vorausgesetzt; Leistungen kann man auch erhalten, wenn man zu wenig verdient, gleichgültig, ob man Arbeitnehmer oder als Selbständiger erwerbstätig ist. Wer bezahlt die Grundsicherung? Arbeitslosengeld II und Sozialgeld werden aus den Steuern finanziert, nicht aus der Arbeitslosenversicherung. Beide sind also nicht davon abhängig, ob man vorher versicherungspflichtig gearbeitet hat oder nicht. Die Höhe der Leistung ist damit auch von keinem vorherigen Arbeitseinkommen abhängig, sondern nur davon, was man zum Leben mindestens benötigt und nicht selbst aufbringen kann. Deshalb kann man bei Hilfebedürftigkeit Leistungen beantragen, auch wenn man bisher keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt hat. Insoweit hat das Arbeitslosengeld II nur wenig mit der bisherigen Arbeitslosenhilfe gemein. Können auch Sanktionen verhängt werden? Das Gesetz sieht bei pflichtwidrigem Verhalten unterschiedliche Folgen (Sanktionen) vor. Die Leistung kann vermindert werden (gekürzt werden) oder ganz entfallen (Wegfall des Arbeitslosengeldes II/Sozialgeldes). Wenn man einer Aufforderung nicht nachkommt – zum Beispiel sich bei einem sozialen Träger oder einer sonstigen Dienststelle des Trägers zu melden oder bei einem ärztlichen Untersuchungstermin zu erscheinen – kann das Arbeitslosengeld II bei einer ersten Verletzung der Meldepflicht um 10 Prozent des maßgebenden Regelsatzes gekürzt werden, sofern man schriftlich über die Rechtsfolgen belehrt worden ist.  Was passiert bei mehreren Verstößen? Wenn man wiederholt Pflichten verletzen, obwohl man über die Rechtsfolgen belehrt worden ist, kann das Arbeitslosengeld II bei der ersten wiederholten Pflichtverletzung um 60 Prozent des maßgebenden Regelsatzes gekürzt werden, bei jeder weiteren wiederholten Pflichtverletzung entfällt der Anspruch auf Arbeitslosengeld II vollständig. Eine wiederholte Pflichtverletzung liegt jedoch nicht mehr vor, wenn seit Beginn des vorangegangenen Sanktionszeitraumes ein Jahr vergangen ist. Gibt es immer eine Sanktion bei einem Verstoß? Wenn man für sein an sich pflichtwidriges Verhalten einen wichtigen Grund hat, sind keine Sanktionen vorgesehen. Ein wichtiger Grund liegt nur dann vor, wenn ein Abwägen der individuellen Interessen mit den Interessen der Allgemeinheit ein besonderes Gewicht zugunsten der individuellen Interessen ergibt. Aufgrund der klaren Bestimmungen können wichtige Gründe zur Ablehnung einer Erwerbstätigkeit jedoch nur in Ausnahmefällen anerkannt werden, zum Beispiel wenn das Ausüben einer Arbeit die Erziehung eines unter dreijährigen Kindes gefährden würde oder man zum Beispiel zu bestimmten Arbeiten körperlich, geistig oder seelisch nicht in der Lage ist. Erste Erfahrungen als „Kunde“ – das Hartz-IV-Experiment Das Hartz-IV-Experiment
Tobias Westphal
Seit wann gibt es Hartz IV?
Kolumne
2010-11-12T10:54:00+01:00
2013-12-05T11:25:05+01:00
https://jungefreiheit.de/kolumne/2010/grundsaetzliches-zur-grundsicherung-das-hartz-iv-experiment/
Kirchentagskollekte für Zigeuner und „Kampf gegen Rechts“
DRESDEN. Die Kollekten der Gottesdienste zum Beginn und Abschluß des Deutschen Evangelischen Kirchentags Anfang Juni in Dresden sollen Zigeunern und einem Anti-Rechts-Programm zugute kommen. Die Kollekte der Eröffnungsgottesdienste ist laut dem am Dienstag veröffentlichten Programm des Kirchentags für die diakonische Arbeit mit Sinti und Roma in Rumänien und der Slowakei bestimmt. Diese seien vom gesellschaftlichen Leben noch immer ausgeschlossen. Spezielle Programme sollten ihnen helfen, „Elend, Arbeitslosigkeit und Analphabetismus zu überwinden.“ Sichtbares Zeichen Die Sammlung des Abschlußgottesdienstes soll an die Aktion Sühnezeichen fließen. Der Verein will mit den Spenden für drei Jahre eine „Koordinierungsstelle“ finanzieren, die die „kirchliche Öffentlichkeitsarbeit, Zusammenarbeit und Auseinandersetzung“ mit antisemitischem und rechtsextremem Denken stärke. Dieses finde sich „in allen gesellschaftlichen Schichten – auch innerhalb der Kirche“. Der Schlußgottesdienst setze damit ein sichtbares Zeichen, daß sich der Deutsche Evangelische Kirchentag einem der wichtigsten Motive für seine Gründung nach der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft dauerhaft verpflichtet fühlt. (krk)
JF-Online
Die Kollekten der Gottesdienste zum Beginn und Abschluß des Deutschen Evangelischen Kirchentags in Dresden sollen Zigeunern und einem Anti-Rechts-Programm der Aktion Sühnezeichen zugute kommen.
Gesellschaft
2011-03-30T10:55:00+02:00
2013-12-06T11:36:23+01:00
https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2011/kirchentagskollekte-fuer-zigeuner-und-kampf-gegen-rechts/
"Menetekel für die Freiheit"
Herr Professor Hoeres, der italienische Christdemokrat Rocco Buttiglione ist vom „Ausschuß für bürgerliche Freiheiten“ des Europäischen Parlamentes wegen seiner angeblich homosexuellenfeindlichen Ansichten als Kandidat für das Amt des Justiz- und Innenkommissars der EU abgelehnt worden. Hoeres: Ich bitte Sie! Wissen Sie überhaupt, was der Mann gesagt hat? Er hat lediglich geäußert, daß er als Katholik persönlich Homosexualität als Sünde betrachtet, gleichzeitig aber bekräftigt, daß der Staat natürlich kein Recht habe, „Bürger aufgrund ihrer geschlechtlichen Orientierung zu diskriminieren“ (siehe Kasten unten). Buttiglione unterscheidet also zwischen seinem persönlichen Gewissen und seiner politischen Position. Solange er das konsequent tut, ist seine persönliche Überzeugung doch wohl seine Sache: „Auch wenn wir Politik machen, verzichten wir nicht auf das Recht moralischer Überzeugungen.“ Zudem vertritt er nichts weiter als die offizielle Lehrmeinung der Katholischen Kirche in dieser Frage, was ihm als gutem Katholiken wohl kaum zum Vorwurf gemacht werden kann. Nun mögen Sie einwenden, dann sei eben die Haltung der Katholischen Kirche „homosexuellenfeindlich“. Richtig ist aber, daß die Bibel zwar besagt, gleichgeschlechtliche Liebe ist eine Sünde, dennoch aber verbietet die christliche Überzeugung, diese Menschen deshalb zu diskriminieren. Die Kirche unterscheidet zwischen der Ausübung und der Veranlagung: Also Ablehnung von Homosexualität ja, von homosexuellen Menschen nicht im mindesten! Also gelten gläubige Katholiken in EU-Ämtern inzwischen als nicht mehr tragbar? Hoeres: Es ist immer noch das Europäische Parlament und nicht der Ausschuß – der kann nur eine Empfehlung aussprechen -, das die Kommission bestätigt. Immerhin aber kann man das Votum durchaus als Skandal bezeichnen, da es in der Tat signalisiert, daß eine papsttreue katholische Überzeugung offenbar als mindestens nicht gesellschaftsfähig gilt. Statt einer Diskriminierung der Homosexuellen haben wir es also tatsächlich mit einer Diskriminierung der Katholiken zu tun? Hoeres: Sollte sich die Empfehlung des Ausschusses wirklich im Parlament durchsetzen, ja. Schließlich unterscheidet der Ausschuß im Gegensatz zu Buttiglione eben nicht zwischen persönlicher und politischer Überzeugung, sondern setzt mit seiner Verurteilung beides in eins. Das aber erst ist das eigentliche Wesensmerkmal von Diskriminierung. Nicht, daß man Anschauung und Verhaltensweise eines anderen strikt ablehnt, sondern daß man ihn dafür gesellschaftlich ausgrenzt. Von den 455 Millionen EU-Europäern sind rund 263 Millionen Katholiken. Hoeres: Da sehen Sie, wie bizarr die ganze Sache ist. Die Repräsentanten Europas in Straßburg betrachten folglich über die Hälfte der europäischen Bevölkerung als potentiell „verfassungsfeindlich“? Hoeres: Angesichts der Tatsache, daß es noch keine verabschiedete europäische Verfassung gibt, ist das zwar eine etwas windschiefe Formulierung, aber sie trifft wohl den Kern der Sache. Zwar muß man bedenken, daß heute keineswegs mehr alle Katholiken noch vorbehaltlos den Primat des Papstes akzeptieren, aber für die Mehrheit ist der Heilige Stuhl nach wie vor die verbindliche Autorität in Fragen des Glaubens. Dieser Fall offenbart also durchaus, wie weit sich das EU-Personal in Brüssel und Straßburg offenbar schon vom demokratischen Prinzip der Repräsentation entfernt hat. Also handelt es sich nicht nur um ein Problem der Katholiken? Hoeres: Das „Demokratiedefizit in der EU“ wird immer wieder allseits beklagt, welches Ausmaß dieses Problem aber inzwischen angenommen hat, ist den meisten jedoch nicht bewußt. Der Fall Buttiglione zeigt ganz allgemein, wie weit sich die politische Kaste der maßgeblichen EU-Politiker bereits von den Menschen gelöst hat. Und von der europäischen Freiheitsidee mit ihrer Unterscheidung zwischen persönlichem Gewissen und politischer Meinung, wie Sie schon angeführt haben. Hoeres: Dieses Freiheitsverständnis, das in der christlichen Kultur Europas mit ihrer Gewissensfreiheit vor Gott begründet ist, hat in Europa schließlich die lange Folge blutiger bürgerkriegsartiger Auseinandersetzungen der frühen Neuzeit beendet. Katholiken und Protestanten haben gelernt, trotz völliger Ablehnung der jeweils anderen Überzeugung einander dennoch zu akzeptieren. Es ist also ebenso unstatthaft, seine politischen Ämter zur Diskriminierung Andersgläubiger, wie das politische Amt zur Diskriminierung der persönlichen religiösen Anschauung des Amtsinhabers zu mißbrauchen. Der religiöse Toleranzbegriff wurde schließlich auf die europäische politische Kultur übertragen und war die Voraussetzung der Entwicklung der pluralen Demokratie. Bis zum Aufkommen der Ideologien im 20. Jahrhundert. Hoeres: Die plötzlich wieder die innere Übereinstimmung von persönlichem „Gewissen“ und politischer „Überzeugung“ forderten und den Europäern die Katastrophen der totalitären Diktaturen bescherten. Also ist die Kritik an Buttiglione Ausdruck eines „Extremismus der Mitte“? Hoeres: Das ist in der Tat das Stichwort! Denn nach den durchgestandenen Extremismen von Links und Rechts ist dieser die neue Herausforderung für die freiheitliche Tradition Europas. Diesem – fast unmerklich, aber immer mehr um sich greifenden – Extremismus gilt heute zum Beispiel schon der im Grunde als Fundamentalist, der für sein eigenes Leben eine feste religiöse Überzeugung hat. Zum Beispiel? Hoeres: Na, zum Beispiel Herr Buttiglione, oder nehmen sie den Fall Hohmann. Unabhängig vom Streit um den Begriff „Tätervolk“, wurde der Schlußteil seiner Rede, in dem er den „Los-von-Gott“-Charakter von Kommunismus und Nationalsozialismus als Ursache für KZ und Gulag identifizierte, von vielen Kommentatoren als Ausdruck eines religiösen Fundamentalismus gewertet. Dabei hat Hohmann hier nichts anderes zum Ausdruck gebracht als das, was der Papst seit jeher über das Phänomen des europäischen Totalitarismus sagt. Für den „Extremismus der Mitte“ ist also Fundamentalismus keine Frage von Glaubensverbreitung mit Feuer und Schwert, sondern – entgegen der europäischen Tradition – schon von persönlicher Glaubensüberzeugung. Damit befindet sich diese „Mitte“ bereits selbst im Zustand einer Ideologie – und zwar einer potentiell totalitären. Auch Ehescheidung gilt Katholiken im Grunde als Sünde, was bislang aber kein Grund war, sie als politische Amtsträger für inakzeptabel zu erklären. Warum geschieht das plötzlich bei der Frage der Homosexualität? Hoeres: Weil es hierbei eben nicht um den „Schutz einer Minderheit“ geht, wie immer behauptet wird, sondern weil es sich beim Thema Homosexualität um ein politisches Instrument handelt. Es geht um die Bekämpfung der Reste des politischen Konkurrenten, des traditionalistischen, konservativen Lagers und mehr noch um das Aufbrechen der bestehenden Verhältnisse, um schließlich die eigenen Werte und Vorstellungen zu lancieren. So stellt das Thema Homosexualität nicht nur de facto einen Angriff auf das traditionelle Familienverständnis dar, sondern ist ideologisch tatsächlich auch so gemeint. Dabei wird den traditionalen Konservativen die Feindseligkeit gegenüber Homosexuellen unterstellt, die die Vordenker dieser „Mitte“ selbst gegenüber diesen Konservativen hegen, um deren – demokratisch gesehen illegitime – Bekämpfung in den Augen der Öffentlichkeit zu legitimieren. Einige Beobachter betrachten die Anschuldigung Buttigliones als Homosexuellenfeind als vorgeschützt, weil man mit dieser Personalie an sich nicht einverstanden ist. Immerhin unterstützt Buttiglione zum Beispiel in der Einwanderungsfrage unliebsame Positionen wie etwa die Einrichtung von Asyllagern in Nordafrika. Hoeres: Zu eventuellen politisch-taktischen Hintergründen des Falles kann ich mich nicht äußern, da ich hier keinen Einblick habe. Ob allerdings Buttigliones Position in Sachen Flüchtlingslager allein schon der eigentliche Anlaß ist, kann man bezweifeln, da diese Lager ja sogar vom SPD-Politiker Otto Schily gefordert werden. Sicher aber trifft zu, daß die Person Buttigliones insgesamt mißfällt. Nicht nur wegen seiner Aussagen zur Homosexualität und zur Familie, sondern allgemein wegen seines Profils als sozialkatholischer Philosoph und Buchautor, der sich sowohl europäisch wie patriotisch gibt. Und ebenso wegen seines politischen Vorbildes Helmut Kohl wie um seiner besonderen Freundschaft zum Papst willen: Buttiglione schmuggelte zur Zeit der Herrschaft des Kommunismus in Osteuropa für den damaligen Kardinal von Krakau, Karol Woityla, Bücher und Schriften durch den Eisernen Vorhang. Also markiert der Fall Buttiglione einen Kulturkampf um Europa? Hoeres: Auf jeden Fall, denn es geht um das Selbstverständnis unseres Kontinents. Ist die EU eine Einigung durch die christlich-abendländischen Patrioten Europas oder die Keimzelle eines One-World-Konzeptes, sozusagen einer Art Uno mit politischer Integration? Die ursprünglichen Konzepte für Europa, etwa Charles de Gaulles oder Konrad Adenauers, sind mittlerweile ja klammheimlich den antieuropäischen, internationalistischen „Idealen“ der heute in Amt und Würden befindlichen Achtundsechziger gewichen. Deshalb sind auch Fragen wie die nach einem Gottesbezug in der EU-Verfassung oder nach dem EU-Beitritts der Türkei von fundamentaler Bedeutung. Nicht, weil etwa die Türkei sozialökonomisch zu rückständig ist – das mag außerdem der Fall sein -, sondern weil diese Fragen das Selbstverständnis der EU als europäisch – also christlich-abendländisch – oder eben als internationalistisch definieren. Die Katholische Kirche geriet nach der Einigung des kleindeutschen Reiches 1871 bekanntlich in den Kulturkampf. Ob ihrer Papsttreue wurden bekennende Katholiken als „schlechte Deutsche“ und „Reichsfeinde“ betrachtet. Steht die Kirche nun vor einem neuen Kulturkampf, wenn Katholiken wie Buttiglione als „schlechte Europäer“ und „Fortschrittsfeinde“ gelten? Hoeres: Nur mit dem Unterschied, daß damals die Kirche weitgehend geschlossen und selbstbewußt in die Auseinandersetzung ging, während heutzutage die Relativierung fundamentaler Glaubenswahrheiten selbst in den höchsten Kreisen der Katholischen Kirche stattfindet. Darüber sollten im übrigen nicht nur Katholiken beunruhigt sein, denn ebenso wie der Kulturkampf des 19. Jahrhunderts schließlich ein Stück erkämpften demokratischen Pluralismus im Deutschen Kaiserreich darstellte, ist die Auseinandersetzung heute eine Frage, ob wir ein Stück demokratischer Pluralität in Europa bewahren können. Eine endgültige Ausgrenzung katholischer Positionen wäre ein Menetekel für die Freiheit aller Europäer. Prof. Dr.Walter Hoeres promovierte 1951 bei Theodor W. Adorno und lehrte an der Pädagogischen Hochschule Freiburg im Breisgau Philosophie. Hoeres gilt dank seiner Medienauftritte, vor allem beim Südwestrundfunk, als einer der profiliertesten konservativen Kritiker katholischer Provenienz. Geboren wurde er 1928 in Gladbeck, seit 1949 ist er Mitglied der CDU. Wichtigste Veröffentlichungen: „Der Aufstand gegen die Ewigkeit“ (Christiana-Verlag, 1984); „Offenheit und Distanz. Grundzüge eine phänomenologischen Anthropoogie“ (Duncker & Humblot, 1993); „Kirchensplitter. Streiflichter der Krise“ (Franz Schmitt Verlag, 2002); „Der Weg der Anschauung“ (Die Graue Edition, 2004) weitere Interview-Partner der JF
JF-Online
Herr Professor Hoeres, der italienische Christdemokrat Rocco Buttiglione ist vom "Ausschuß für bürgerliche Freiheiten" des Europäischen Parlamentes wegen
Interview
2004-10-22T00:00:00+02:00
2004-10-22T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/debatte/interview/2004/menetekel-fuer-die-freiheit/
„Eigentlich müßte die Regierung vom Verfassungsschutz beobachtet werden“
Der bayerische AfD-Vorsitzende Petr Bystron sorgt sich, der Verfassungsschutz könnte gegen seine Partei in Stellung gebracht werden. Ein solcher Schritt sei für die AfD existenzbedrohend, warnt er. Im Interview mit der JF plädiert Bystron daher, zu klären, was mit der Mitgliedschaft in der AfD vereinbar ist und was nicht. Herr Bystron, der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, hat erst jüngst erst wieder erklärt, er wolle die AfD nicht beobachten lassen. Weshalb machen Sie sich trotzdem Sorgen, daß dies nicht so bleibt? Bystron: Wir sehen eine klare Tendenz der Altparteien, die AfD zumindest verbal immer wieder als extremistisch zu bezeichnen. Dazu werden von den Mainstream-Medien immer wieder Bilder kreiert, welche dieses Image festigen. Beste Beispiele hierfür waren der vom Mannheimer Morgen erfundene „Schießbefehl“ von Frauke Petry ebenso wie die von der FAS herbeigeschrieben „Beleidigung“ von Herrn Boateng durch Alexander Gauland. Das funktioniert nach dem Motto: „Tausend Mal wiederholte Lüge wird zur Wahrheit“. Damit soll in der Bevölkerung der Boden für eine spätere tatsächliche Beobachtung vorbereitet werden. In Bayern ist die Lage besonders drastisch. Die CSU kann uns wegen der vielen inhaltlichen Überschneidungen unserer Programme gar nicht inhaltlich bekämpfen. Daher bleibt ihr nur die Einschüchterung der Wähler. Der bayerische Verfassungsschutz und der Bayerische Rundfunk helfen da kräftig mit. Es hat wirklich absurde Ausmaße erreicht. Sie müßten Mal die Nachrichtenbeiträge des BR zählen, in denen es heißt: „Die AfD wird noch nicht vom Verfassungsschutz beobachtet“, nur damit die Konnotationsachse AfD = Verfassungsschutz entsteht. Wenn die genauso oft „Horst Seehofer ist noch nicht zum Rücktritt aufgefordert worden“ verbreitet hätten, wäre der Arme schon lange nicht mehr Ministerpräsident. Gefährlicher Prozeß Rechnen Sie damit, daß der Verfassungsschutz bis zur Bundestagswahl seine Haltung gegenüber der AfD ändert? Bystron: Dazu gibt es faktisch keinen Grund. Herr Maaßen hat sich auch wiederholt dagegen verwahrt, daß seine Behörde von politischen Parteien zur Bekämpfung der AfD mißbraucht wird. Es ist auch absurd, uns Verfassungsfeindlichkeit in die Schuhe schieben zu wollen – wir sind die Partei, deren Mitglieder sich am meisten Sorgen um die Einhaltung unserer Gesetze und auch des Grundgesetzes machen. Eigentlich müßte eher die Regierung vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Doch die Realität sieht so aus, daß die Altparteien alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel ausschöpfen werden, uns an unserem Weg zur Macht zu behindern. Herr Maaßen wäre nicht der erste Beamte, der plötzlich seinen Hut nehmen müßte. Es findet sich immer jemand, der bereit ist, an seiner Stelle die an ihn gelegten Erwartungen im vorauseilenden Gehorsam zu erfüllen. Warum ist es für Ihre Partei existenzbedrohend, wenn der Verfassungsschutz gegen Sie in Stellung gebracht wird? Bystron: Weil dann ein gefährlicher Prozeß beginnt: Beamte und Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst verlassen die Partei, es findet eine Ausgrenzung in der Gesellschaft statt. Das hat schon den Republikanern das Genick gebrochen. Bei denen war die Beobachtung faktisch auch nicht gerechtfertigt. Es hat ihnen aber nichts genützt, als sie sich juristisch dagegen wehrten. Als sie alle Gerichtsverfahren in dieser Sache gewonnen hatten, waren sie bereits politisch völlig bedeutungslos. „Die radikalen Mitglieder sind eine deutliche Minderheit“ Beobachten Sie, daß bereits jetzt Beamte, Polizisten, Soldaten, Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes die Partei verlassen oder gar nicht erst in sie eintreten? Bystron: Noch ist das Gegenteil der Fall. Durch die offensichtlichen Lügen der Regierung zu dem ganzen Komplex der Zuwanderung kommen sehr viele Polizisten, Feuerwehrleute und andere zu uns, die mit den Migranten im täglichen Leben konfrontiert sind. Sie alle können die enorme Diskrepanz zwischen der offiziell verbreiteten Propaganda und der Realität nicht mehr ertragen. Bei Beamten aus anderen Bereichen ist jedoch eine gewisse Zurückhaltung spürbar. Es ist erschreckend, daß wir im Jahr 2016 in der Bundesrepublik solche Zustände haben. Menschen haben Angst, einer demokratischen Partei beizutreten, weil sie deswegen mit Konsequenzen im Berufsleben rechnen müssen. Das gesellschaftliche Klima hier und jetzt gleicht der Stimmung im Ostblock am Vorabend des Zusammenbruchs des Kommunismus. Droht Ihnen durch die Mediendebatte, die AfD befinde sich auf dem Weg zu einer rechtsradikalen Partei, eine Art „Selbsterfüllende Prophezeiung“, indem gemäßigte Mitglieder die Partei verlassen und radikalere die Oberhand gewinnen? Bystron: Nein, noch nicht. Wir sind ja eine Partei der gesellschaftlichen Mitte. Unsere Mitglieder sind mehrheitlich überdurchschnittlich gebildet und politisch gemäßigt. Das zeigt sich immer wieder bei allen wichtigen Abstimmungen und Parteitagen. Die radikalen Mitglieder sind eine deutliche Minderheit. Aber sie waren schon immer überproportional laut. Und sie bekommen überproportional viel Aufmerksamkeit der Medien. Viele von denen versuchen, radikale Positionen unter dem Deckmantel der Redefreiheit in der Partei zu etablieren. Das ist natürlich perfide, denn die Freiheit der Gedanken und des Wortes ist für die meisten von uns ein hohes Gut. Doch nicht alles, was gesagt werden kann, soll und will die AfD als ihre Parteilinie vertreten. Menschen, die bei ihren Äußerungen keine Rücksicht auf das Überleben der Partei nehmen, sind hier falsch am Platz. Sie sollten sich eine andere Plattform suchen, vielleicht eine außerparlamentarische. „Antisemitismus ist absolutes ‘No-Go’“ Was wollen Sie gegen diese Entwicklung tun? Bystron: Wir müssen zwei Sachen tun: Erstens möglichst viele Menschen über die Mechanismen aufklären, deren sich die Altparteien bedienen, um uns zu vernichten. Und zweitens müssen wir parteiintern sehr deutlich machen, was mit der AfD-Mitgliedschaft vereinbar ist und was nicht. In welchen Punkten wünschen Sie sich mehr Klarheit? Bystron: Die Punkte müssen intern diskutiert werden. Aber Antisemitismus ist sicher ein absolutes „No-Go“, da sind wir uns alle einig. Gibt es aus Ihrer Sicht auch hausgemachte, objektive Probleme und Fehlentwicklungen in Ihrer Partei? Bystron: Um Gottes Willen, selbstverständlich machen wir Fehler! Es wäre sehr verwunderlich, wenn dem nicht so wäre. Die AfD macht alle Prozesse durch, die eine neugegründete Partei eben auf dem Weg zum Erwachsenwerden durchmachen muß. Ich habe als Politologe und Kommunikationsberater einige Parteigründungen in mehreren europäischen Ländern begleitet. Im Vergleich mit den anderen kann ich sagen: Bisher haben wir uns sehr gut geschlagen. Das ist vor allem das Verdienst unserer sehr besonnen agierenden Mitglieder. Die Mehrheit unserer Mitglieder ist sich unserer Verantwortung für dieses Land, ja für ganz Europa bewußt. Und sie handeln auch entsprechend verantwortungsvoll. „Hetze in unvorstellbarem Ausmaß“ Ist die Auseinandersetzung um den Abgeordneten Wolfgang Gedeon in Baden-Württemberg eine Schlüssel-Affäre? Steht die Partei hier an einem entscheidenden Scheideweg? Bystron: Ich würde es nicht am Fall Gedeon alleine festmachen. Die AfD steht insgesamt auf dem Scheideweg. Der Druck von Außen hat enorm zugenommen. Die Linken, Grünen, SPD und Gewerkschaften hetzen gegen uns in einem für mich früher nicht vorstellbaren Ausmaß. Sie säen Haß und nehmen dabei gezielt eine Spaltung der Gesellschaft in Kauf. Große Teile der Medien beteiligen sich bereitwillig an diesem Prozeß. Das beste Beispiel dafür ist die Affäre Boateng, bei der die FAS aus einem banalen, rein deskriptiven Satz von Herrn Gauland eine „Beleidigung“ herausgedrechselt hat und die dann postwendend weitere Medien zum Rassismus hochgeschrieben haben. An der Heftigkeit der Reaktionen sieht man, wie blank die Nerven bei den Politikern der Altparteien liegen. Gaulands Äußerung wurde von der Bundeskanzlerin kommentiert, meine Kritik an der Profitgier der Amtskirchen vom Bundespräsidenten. Wir kämpfen wirklich gegen das ganze Kartell-System der Etablierten – Parteien, Medien, Gewerkschaften, Verbände und Amtskirchen. Just in dieser Situation sind einige unserer Mitglieder und Funktionäre nach den beeindruckenden Erfolgen der letzten drei Landtagswahlen etwas übermütig geworden. Die wollen nun alle nach vorne stürmen und Tore schießen. Dabei müssen wir aber gerade jetzt wie ein Mann hinten stehen und auf schnelle Konter spielen. „Bürgerlich, liberal, freiheitsliebend“ Der Verfassungsschutz hat jetzt im Bund und in den Ländern begonnen, die „Identitäre Bewegung“ wegen des Verdachts auf rechtsextremistische Bestrebungen zu beobachten. Es gibt Mitglieder der AfD und der Jungen Alternative, die in dieser Organisation aktiv sind. Ist ein Unvereinbarkeitsbeschluß Ihrer Partei notwendig? Bystron: Das werden wir intern zu diskutieren haben. Sehen Sie insgesamt in Ihrer Partei die Tendenz zu einem „Überbietungswettkampf“ um die steilste These, den „umstrittensten“ Auslandskontakt? Wer fährt öfter nach Moskau, auf die Krim, wer trifft sich als erster mit Politikern des Front National? Das wirkt alles getrieben von einem schwelenden innerparteilichen Machtkampf. Bystron: Klar macht der eine oder andere gerne Mal ein gemeinsames Foto für Facebook mit einem ausländischen Politiker. Aber insgesamt ist das kein gravierendes Phänomen. Im Bereich Außenpolitik bewegen sich bei uns nur einige wenige Politiker. Die meisten aus gutem Grund. Marcus Pretzell war in seiner Funktion als Mitglied des Europäischen Parlaments in Moskau. Beatrix von Storch trifft sich mit Nigel Farage, weil sie Kollegen in der gleichen Fraktion sind. Und die Kontakte zum FN finden auch meist auf der Basis normaler Arbeitstreffen im EU-Parlament statt. Man kann keinen internen Machtkampf mit außenpolitischen Treffen gewinnen. Die AfD muß in der Öffentlichkeit den Wählen eigentlich nicht mehr klar machen, daß sie gegen den Kurs der Bundesregierung in der Frage unkontrollierter Einwanderung steht. Hat die AfD nicht eher das Problem, ihren Ruf zu verteidigen, Wähler auch bis in die Mitte zu erreichen, auch eine Stimme der gut integrierten Migranten zu sein, nicht eine ausländerfeindliche Partei zu sein? Wie kann Ihnen das gelingen? Bystron: Ja, genau das ist im Moment unser größtes Problem. Wir müssen dem medial erzeugten Bild unserer Partei mit allem Gewicht entgegentreten. Im Empfinden der Menschen sind wir in den letzten Monaten weit nach rechts gerückt. Im Jahr 2014 sahen uns 30 Prozent der Wähler in der Mitte, 38 Prozent rechts oder sehr rechts. Ende 2015 hielten uns bereits 57 Proznet der Wähler für rechts oder sehr rechts. Die Wahrnehmung unserer Mitglieder bleib dabei jedoch unverändert, sie sehen sich selbst und unsere Partei immer noch in der Mitte. Das ist auch der Schlüssel zu Erfolg: Wir müssen bei jeder Gelegenheit zeigen, wie wir wirklich sind: bürgerlich, liberal, freiheitsliebend. In einer Studie der Hans Seidel Stiftung heißt es:  „Die AfD steht auf der Links-Rechts-Skala heute da, wo 1998 noch die CDU gestanden hatte.“ Genau das müssen wir auch den Menschen vermitteln.
JF-Online
Der bayerische AfD-Vorsitzende Petr Bystron sorgt sich, der Verfassungsschutz könnte gegen seine Partei in Stellung gebracht werden. Ein solcher Schritt sei für die AfD existenzbedrohend, warnt er. Im Interview mit der JF plädiert Bystron daher, zu klären, was mit der Mitgliedschaft in der AfD vereinbar ist und was nicht.
Interview
2016-06-14T12:59:00+02:00
2016-06-14T17:23:08+02:00
https://jungefreiheit.de/debatte/interview/2016/eigentlich-muesste-die-regierung-vom-verfassungsschutz-beobachtet-werden/
Fall Hohmann: CDU-Ausschluß ist rechtmäßig
KARLSRUHE. Der Ausschluß des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann aus der CDU war rechtmäßig. Das gab der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe heute bekannt. Hohmann war wegen einer fälschlicherweise als antisemitisch bezeichneten Rede zum Tag der Deutschen Einheit 2003 und einer anschließenden Medienkampagne gegen ihn im November 2003 aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und anschließend aus der Partei ausgeschlossen worden. Gegen seinen Parteiausschluß hatte Hohmann Klage erhoben, die das Berliner Landgericht jedoch abwies. Die darauf erhobene Berufung gegen diese Entscheidung wies das zuständige Kammergericht ebenfalls zurück und ließ darüber hinaus auch eine Revision nicht zu. BGH: Beschwerdewert nur 15.000 Euro Gegen dieses Urteil legte Hohmann wiederum Beschwerde beim BGH ein.Der zuständige II. Zivilsenat wies die Beschwerde nun als unzulässig zurück, da der erforderliche Beschwerdewert von mehr als 20.000 Euro nicht erreicht sei. Das Berliner Kammergericht hatte den Streitwert des Verfahrens auf 15.000 Euro festgesetzt. Hohmann hatte daraufhin geltend gemacht, daß sein Interesse an einem Verbleib in der CDU mit deutlich mehr als 15.000 Euro zu bewerten sei. Dem folgte der Senat des BGH aber nicht, sondern setzte die Beschwerde ebenfalls auf 15.000 Euro fest. Entscheidung macht den Weg frei zum Bundesverfassungsgericht Der Fuldarer Rechtsanwalt Chrisptph Kind, der Hohmann vor dem Landgericht und dem Kammergericht Berlin vertreten hatte, zeigte sich gegenüber der JUNGEN FREIHEIT von der Entscheidung nicht überrascht. „Im Hinblick darauf, daß die Zivilgerichte einen Parteiaustritt nur innerhalb sehr enger Grenzen, zum Beispiel auf Willkür, überprüfen können, ist das Urteil nicht völlig überraschend. Es macht aber den Weg frei, die Angelegenheit auf Verstöße gegen Verfassungsrechte wie das Recht auf Meinungsfreiheit hin zu überprüfen.“ Kind zeigte sich allerdings verwundert über die Formulierung des BGH, nach der Hohmanns Rede „von weiten Teilen der Öffentlichkeit als antisemitisch empfunden“ worden sei. Ihn würde es interessieren, woher der BGH diese Erkenntnisse habe. Seines Wissens nach seien darüber keine repräsentativen Umfragen erhoben worden, sagte Kind.
JF-Online
KARLSRUHE. Der Ausschluß des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann aus der CDU war rechtmäßig. Das gab der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe
Deutschland
2007-12-17T15:30:00+01:00
2007-12-17T15:30:00+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2007/fall-hohmann-cdu-ausschluss-ist-rechtmaessig/
Gericht bestätigt Urteil gegen Ärztin
GIESSEN. Das Landgericht Gießen hat das Urteil gegen die Medizinerin Kristina Hänel wegen unerlaubter Werbung für Abtreibungen bestätigt. Die Medizinerin war zuvor vom Amtsgericht Gießen in erster Instanz zu einer Geldstrafe in Höhe von 6.000 Euro verurteilt worden, weil sie Information über Schwangerschaftsabbrüche auf ihrer Internetseite veröffentlicht hatte. Die Anklage stützte sich auf den Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches. Er verbietet das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Abtreibungen aus einem finanziellen Vorteil heraus, oder wenn dies in „grob anstößiger Weise“ geschieht. Hänel hatte den Vorwürfen widersprochen. Sie habe medizinische Informationen ins Netz gestellt, um Menschen aufzuklären und zu informieren. Sie betrachte das als ihre ärztliche Pflicht. Unterdessen hat Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) abermals eine Neuregelung des Paragraphen 219a gefordert. „Ärztinnen und Ärzte brauchen hier dringend Rechtssicherheit“, sagte Barley den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Sie sei optimistisch, daß noch in diesem Herbst eine Einigung darüber in der Koalition hergestellt werden könne. „Hier vertraue ich auch auf das Wort der Kanzlerin, die zugesagt hat, eine gute Lösung für alle Beteiligten zu finden.“ (tb)
JF-Online
Das Landgericht Gießen hat das Urteil gegen die Medizinerin Kristina Hänel wegen unerlaubter Werbung für Abtreibungen bestätigt. Die Ärztin war zuvor vom Amtsgericht Gießen in erster Instanz zu einer Geldstrafe in Höhe von 6.000 Euro verurteilt worden, weil sie Information über Schwangerschaftsabbrüche auf ihrer Internetseite veröffentlicht hatte.
Deutschland
2018-10-12T13:30:34+02:00
2018-10-12T14:00:51+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/gericht-bestaetigt-urteil-gegen-aerztin1/
Ansprüche am Chlorwasser
„Wir sind Lübecker, wir haben uns gut integriert“, ist Fatima Serap Yilmaz überzeugt, das dürfe aber nicht bedeuten, „daß die Religionsfreiheit eingeschränkt wird“, maßregelt die 40jährige Physiotherapeutin in den Lübecker Nachrichten. Denn genau die sieht die zweifache Mutter, die vor 38 Jahren aus der Türkei nach Deutschland kam, wegen der „zu seltenen“ Frauenbadezeiten und der Präsenz männlicher Bademeister in den öffentlichen Schwimmbädern gefährdet. Jetzt hat sie mit Unterstützung vieler Gemeindemitglieder der Lübecker Moscheen eine Initiative gestartet, die ein zusätzliches Hallenbad in der Hansestadt fordert, in der moslemische Frauen ungestört zur Wassergymnastik schreiten können. „Wir zahlen Steuern und Krankenkassen-Beiträge“, begründet sie ihre Unterschriftenaktion. „Es geht hier um Gesundheit, nicht ums Vergnügen.“ Verständnis der Lokalpolitik Die Lübecker Gleichstellungsbeauftragte Elke Sasse hat „für das Anliegen als solches natürlich Verständnis“. Da aber „die öffentlichen Schwimmbäder sowieso nicht rentabel sind“ und die kommunalen Kassen leer, hält sie es für sinnvoller, „mehr Angebote“ zu schaffen. Dem stimmt Sozialsenator Sven Schindler (SPD) zu und gibt sich ganz salomonisch: „Ich halte es für nachdenkenswert, im gleichen Zeitanteil reine Frauenbadezeit anzubieten, wie der Anteil muslimischer Frauen an der Lübecker Bevölkerung ist.“ JF 5/11
Matthias Bäkermann
Weil es im Lübecker Hallenbad angeblich zu selten Badezeiten nur für Frauen gibt, fordert eine 40 Jahre alte Türkin, die seit 38 Jahren in Deutschland lebt, ein eigenes Hallenbad. Es dürfe nicht sein, „daß die Religionsfreiheit eingeschränkt wird“.
Deutschland
2011-01-27T16:46:00+01:00
2013-12-03T18:52:35+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2011/ansprueche-am-chlorwasser/
Stiller Abschied
Leiser Regen setzt ein, als der Sarg Carl Gustaf Ströhms auf einer Bahre ins Freie geschoben wird. Bescheiden hat sich der am 14. Mai in Wien im Alter von 74 Jahren verstorbene Publizist seine Beisetzung gewünscht. Von den rund 80 erschienenen Familienangehörigen und Freunden paßte am vergangenen Donnerstag nicht einmal die Hälfte in die kleine Kappelle auf dem Friedhof von Kötschach, in der sich zwei Dutzend Kränze türmen. Kötschach ist ein kleines Nest in einer der beliebtesten Wintersportregionen Kärntens. Carl Gustaf Ströhm hatte sich vor Jahren bei einem Urlaub in diesen Ort verliebt und ein Ferienhaus erworben, in dem er und seine Familie viele glückliche Tage verbrachten. Noch im Januar war er dort Ski gelaufen. Nicht in der Metropole Wien, sondern in einer entlegenen Bergregion wollte er seine letzte Ruhe finden. Gefaßt nehmen die Witwe Elisabeth Ströhm und die beiden jungen Söhne Abschied. Es werden kurze Ansprachen gehalten. Der evangelische Pfarrer Rapp skizziert Ströhms verschlungenen baltisch-deutsch-russischen Lebenslauf. Ein Vertreter der kroatischen Wochenzeitung Slobodna Dalmacija dankt für die Mitarbeit des Publizisten, der Vorsitzende des kroatisch-deutschen Freundschaftsverbandes würdigt Ströhms Verdienste um die Wiedererlangung der nationalen Freiheit des kleinen Balkanlandes. Immer wieder wird Ströhms Einsatz für die kleinen Völker des Ostens betont. Gut ein Drittel der Anwesenden sind Kroaten. Eine Ansprache hält auch Otto Scrinzi für die österreichische Zeitschrift Aula. Alle Teilnehmer sind bewegt, als die Schwester, Gita Körbel, an die gemeinsam verbrachte Kindheit mit ihrem Bruder Carl Gustaf erinnert, den zärtlichen, einfühlsamen, gebildeten Mann und glücklichen Familienmenschen beschreibt und sich im Andenken an die im selben Familiengrab beigesetzte russische Mutter mit den Zeilen aus einem bekannten kosakischen Wiegenlied verabschiedet: „Spi, mladyenets, moi prekrasny, bayushki bayu.“ Fotos: Beisetzung von Carl Gustaf Ströhm: Im Bergdorf Kötschach-Meuthen nahe der italienischen Grenze wurde der Osteuropakorrespondent und JF-Kolumnist im Beisein von rund 80 Angehörigen und Freunden beerdigt Trauerzug: Nahezu ein Drittel der Trauernden war aus Kroatien angereist Letztes Geleit in Kötschach: Unter den Trauergästen u.a. Andreas Mölzer (links), Herausgeber der Wochenzeitung „Zur Zeit“, und Otto Scrinzi von der Zeitschrift „Aula“ (rechts, neben der Witwe, Elisabeth Ströhm)
JF-Online
Leiser Regen setzt ein, als der Sarg Carl Gustaf Ströhms auf einer Bahre ins Freie geschoben wird. Bescheiden hat sich der am 14. Mai in Wien im Alter von 74
Politik
2004-06-04T00:00:00+02:00
2004-06-04T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/2004/stiller-abschied/
Was Rußland ausnutzt, gewährt es selbst nicht
Russische Unternehmen sind im Westen auf Einkaufstour. Die Konzerne Rusal und Sual schlossen sich im März mit dem Schweizer Rohstoffhändler Glencore zur Vereinigten Russischen Aluminiumgesellschaft zusammen – der größten der Welt. Der Monopolist Gasprom, der schon an der BASF-Tochter Wingas und der Leipziger Verbundnetz Gas AG beteiligt ist, will verstärkt deutsche Stadtwerke kaufen und zum führenden globalen Energiekonzern werden. Die Aeroflot bemüht sich um die italienische Alitalia. Der Autobauer Gaz („Wolga“) liebäugelt angeblich mit dem Erwerb des US-Autoherstellers Chrysler, den Daimler wieder loswerden will. Volle Kassen machen auch Russen sinnlich. Aber so frei sich Rußland mit seinen staatlichen oder staatsnahen Großunternehmen durch Kauf an bedeutenden westlichen Unternehmen bedienen und gütlich tun darf, so sehr schottet es eigene wichtige Industriebranchen gegenüber ausländischen Mehrheitsbeteiligungen ab. Und welche diese wichtigen sind, hatte es schon im vergangenen Jahr konkretisiert: die Bereiche Rüstung, Raumfahrt, Flugzeuge, Spezialanlagen, Kernkraft, Rohstoffe sowie Monopole von gesamtstaatlicher Bedeutung. Die deutsche Wirtschaft hat die Abschottung – sie betrifft auch die Autoindustrie – längst heftig kritisiert und verlangt, Rußland solle Ausländer wie Inländer behandeln. Das will es aber nicht und tut es nicht. Zwar mag man für den Schutz militärischer Industrie noch Verständnis aufbringen, aber für die anderen Bereiche geht die Abschottung zu weit. Der Größenwahn mit den Megafusionen, den die Globalisierung mit sich bringt, ist schon gefährlich genug. Er schadet nicht nur dem Wettbewerb. Doch wenn schon Globalisierung, dann nicht als Einbahnstraße.
JF-Online
Russische Unternehmen sind im Westen auf Einkaufstour. Die Konzerne Rusal und Sual schlossen sich im März mit dem Schweizer Rohstoffhändler Glencore zur
Wirtschaft
2007-04-13T00:00:00+02:00
2007-04-13T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2007/was-russland-ausnutzt-gewaehrt-es-selbst-nicht/
IS-Anhänger gesteht Anschläge in Bayern
WAILDKRAIBURG. Nach mehreren Anschlägen auf Geschäfte türkischstämmiger Inhaber im bayerischen Waldkraiburg hat ein 25jähriger am Samstag die Taten gestanden. Bei einer zufälligen Kontrolle am Freitag aufgrund eines fehlenden Fahrscheins hatten Polizeibeamte laut Bayerischem Rundfunk mehrere Rohrbomben gefunden. Der Sohn türkischer Eltern, der selbst die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, habe sich in seiner Vernehmung als Anhänger und Kämpfer des IS bezeichnet. Als Motiv nannte er „Haß auf Türken“, einen Zusammenhang mit dem Kurden-Konflikt verneinte er jedoch, teilte der leitende Oberstaatsanwalt, Georg Freutsmiedl, mit. Er sei der Polizei bis auf wenige Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz zuvor nicht aufgefallen. Noch am Samstag gestand der 25jährige alle vier Anschläge in Waldkraiburg, auch den vorerst letzten Brandanschlag auf ein Lebensmittelgeschäft am 27. April. Bei einem Dönerimbiß, einer Pizzeria und einem Friseursalon waren Scheiben eingeworfen und eine stinkende Flüssigkeit verteilt worden. Bei der Durchsuchung der Wohnung des Tatverdächtigen in Waldkraiburg fand die Polizei weitere Rohrbomben, Schwarzpulver, Phosphor und andere verschiedene Stoffe, sowie eine Waffe mit Munition. Die Bomben soll er selbst gebastelt haben. Nach eigenen Aussagen habe der Mann weitere Anschläge geplant. Er sitzt nun in Untersuchungshaft und muß sich wegen versuchten Mordes in 27 Fällen, schwerer Brandstiftung und gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Sachbeschädigung in drei Fällen verantworten. (ha)
JF-Online
Nach mehreren Anschlägen auf Geschäfte türkischstämmiger Inhaber im bayerischen Waldkraiburg hat ein 25jähriger die Taten gestanden. Der Sohn türkischer Eltern bezeichnete sich laut Staatsanwaltschaft als IS-Anhänger. Als Motiv nannte er „Haß auf Türken“.
Deutschland
2020-05-10T16:54:40+02:00
2020-05-10T16:54:40+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2020/is-anhaenger-gesteht-anschlaege-in-bayern/
Arabischer Botschafter findet Kalifat-Demonstration „inakzeptabel“
BERLIN. Der Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate in Deutschland, Ahmed Alattar, hat die Islamisten-Demonstration in Hamburg scharf kritisiert. Es sei „unglaublich, inakzeptabel und unverständlich, wie sich Menschen, die in Deutschland eine Heimat gefunden haben, gegen Deutschland wenden“, schrieb er auf der Plattform X. „Aber das ist typisch für politische Islamisten.“ Unglaublich, inakzeptabel und unverständlich, wie sich Menschen, die in Deutschland eine Heimat gefunden haben, gegen Deutschland wenden. Aber das ist typisch für politische Islamisten. https://t.co/M6VXyywIoX — Ahmed Alattar (@VAEAMBDE) April 28, 2024 In Hamburg hatten am Samstag rund 1.000 Personen an einer islamistischen Demonstration teilgenommen, angebliche Islamfeindlichkeit in Deutschland beklagt und ein Kalifat gefordert. Der Anmelder der Demonstration steht laut Angaben des Hamburger Verfassungsschutzes der Gruppierung „Muslim Interaktiv“ nahe, die als gesichert extremistisch eingestuft ist. Zahlreiche Politiker haben inzwischen ein Verbot von „Muslim Interaktiv“ gefordert. Alattar ist nicht der erste Vertreter der Vereinigten Arabischen Emirate, der den Westen vor der Gefahr des Islamismus warnt. Der Außenminister des Landes, Abdullah bin Zayid Al Nahyan, kritisierte Europa bereits 2017 für den aus seiner Sicht zu laschen Umgang mit radikalen Moslems. „Eines Tages wird es in Europa deutlich mehr Radikale, Extremisten und Terroristen geben. Grund dafür sind Inkonsequenz und die politische Korrektheit”, sagte Al Nahyan damals auf dem „Tweeps Forum“ in Riad. 7 years ago, the UAE’s Foreign Minister issued a warning to the West. His words now sound prophetic.pic.twitter.com/JLYcABVH31 — Visegrád 24 (@visegrad24) April 19, 2024 (dh)
JF-Online
Die islamistische Demonstration in Hamburg sorgt nicht nur bei deutschen Politikern für Empörung. Auch der Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate findet klare Worte. Es ist nicht das erste Mal, daß ein arabischer Politiker die Europäer vor Islamismus warnt.
Arabisch
Deutschland
2024-04-29T17:00:31+02:00
2024-04-29T17:00:31+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2024/arabischer-botschafter-findet-kalifat-demonstration-inakzeptabel/
ARD-Sendung in der Kritik: Politiker und Schauspieler als „zufällige Bürger“ getarnt?
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Lorenz Bien
Die ARD-Sendung „Die 100“ schlägt hohe Wellen: Unter den angeblich zufällig ausgewählten Teilnehmern entpuppten sich mehrere als Politiker linker Parteien oder Schauspieler —ohne Kennzeichnung! Wurde das Publikum getäuscht?
ARD
Medien
2024-09-18T17:57:09+02:00
2024-09-19T09:30:46+02:00
https://jungefreiheit.de/kultur/medien/2024/ard-sendung-in-der-kritik-politiker-und-schauspieler-als-zufaellige-buerger-getarnt/