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Wo hat sie denn eigentlich gestanden? | Zwanzig Jahre nach dem Ende der kommunistischen Systeme in Osteuropa und dem zur Sowjetunion gehörenden Teil Asiens scheint auch das wichtigste Symbol für Unfähigkeit und Menschenverachtung kommunistischer Machthaber im Nebel der Geschichte zu verschwinden: die Mauer. Im Zentrum Berlins kann man tagtäglich Touristen aus aller Welt begegnen, die – mit einem Stadtplan und einer historischen Broschüre bewaffnet – verzweifelt herauszufinden versuchen, wo denn hier nun eigentlich dieses weltberühmt gewordene Bauwerk gestanden hat, von dem sie so viel gehört haben. Dieser touristischen Neugier entspricht in gewisser Beziehung und auf einer ganz anderen Ebene, was Meinungsforscher über das DDR-Bild deutscher Schüler aus Ost und West zu berichten haben. Danach läßt sowohl das Faktenwissen über diesen Teil der deutschen Geschichte zu wünschen übrig, als auch das Geschichtsbild, das auf dieser Grundlage in den Köpfen heutiger Schüler entstanden ist. Schüler wie Lehrer und auch die Eltern scheinen sich mit dem historischen Phänomen DDR schwerzutun. Den Rezensenten überrascht das nicht, hatte er doch als Verantwortlicher in der politischen Bildungsarbeit mit diesen Fragen schon vor mehr als drei Jahrzehnten zu kämpfen. Jetzt liegt ein Buch vor, das geeignet sein könnte, Abhilfe zu schaffen. Der britische Historiker Frederick Taylor, ausgewiesen durch verschiedene Arbeiten zur deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert, hat es in englischer Sprache bereits vor drei Jahren veröffentlicht. Für die makellose Übersetzung ins Deutsche hat Klaus-Dieter Schmidt gesorgt. Beim Titel handelt es sich allerdings in beiden Sprachen um britisches understatement. Das Buch liefert deutlich mehr, als der Titel verspricht. Der Autor legt – dargestellt am Beispiel Berlins – eine Geschichte der Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg vor, die weder mit dem Bau der Mauer am 13. August 1961 begann, noch mit ihrer überraschenden Öffnung am 9. November 1989 beendet war. Taylor bringt zuerst einen kurzen Überblick über die preußisch-deutsche Geschichte vom Ausgang des Mittelalters bis zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten. Auf den folgenden 150 Seiten beschäftigt er sich mit der Nachkriegsgeschichte, der unterschiedlichen Politik der Besatzungsmächte, den speziellen Zielen Walter Ulbrichts in der DDR und Konrad Adenauers im Westen, sowie herausragenden Ereignissen wie dem Aufstand vom 17. Juni 1953 oder dem Berlin-Ultimatum Nikita Chruschtschows. Der eigentlichen Zeit des Baus der Mauer und ihrer 28jährigen Existenz mit all ihren politischen und menschlichen Auswirkungen widmet er natürlich den größten Teil seiner Darstellung. Dabei werden die Ereignisse stets in das historische Umfeld eingebettet. Die jeweilige politische Situation und oft unterschiedlichen Interessenlagen der Politiker werden präzise dargestellt. Ihr Handeln wird damit mehr oder weniger nachvollziehbar; das alles in einer Sprache, die frei ist von Aufgeregtheiten, aber dennoch der Dramatik und auch den vielen Tragödien, etwa bei den Mauertoten, angemessen. Die letzten dreißig Seiten widmet Taylor der Wiedervereinigung und ihren Folgen. Auch hier hütet er sich vor Pauschalurteilen, verschweigt aber nicht manche Unzufriedenheiten der ehemaligen DDR-Bürger. Da man es niemals allen recht machen kann, hofft er auf die Jugend, die nun bereits seit zwanzig Jahren in einem allen gemeinsamen Deutschland aufwächst und daher auch die Probleme von heute und morgen lösen muß. Taylors Buch bringt dem Fachmann wenig Neues. Sein Wert liegt in der guten Lesbarkeit und den vielen Informationen, die es dem zeitgeschichtlich interessierten Laien bietet. Das gilt zum Beispiel für den Brief des amerikanischen Präsidenten vom 18. August 1961 an den Regierenden Bürgermeister von Berlin, der im vollen Wortlaut abgedruckt wird. Kennedy antwortet Willy Brandt auf dessen „Brand-Brief“ zwei Tage vorher. Er sparte nicht an teilnehmenden Äußerungen für das Leid der Deutschen, legte aber auch ganz nüchtern die Eckpunkte dar, von denen er sich in Zukunft in seiner Berlin-Politik leiten lassen werde. Es ging nur noch um die Freiheit West-Berlins und den Zugang der Alliierten – mehr nicht, aber der Stachel im kommunistischen Fleisch blieb. Da dieser Brief von Vizepräsident Lyndon B. Johnson und dem in Berlin besonders populären General Lucius D. Clay überbracht wurde, die von einer Verstärkung der amerikanischen Truppen in Berlin um 1.500 Mann begleitet wurden, verfehlte er seine Wirkung auf den Adressaten, aber auch auf die Moral der West-Berliner nicht. Der Autor ergeht sich nie in Spekulationen, sondern stützt sich auf überprüfbare Quellen. Die Ergebnisse seiner Interviews mit gut ausgewählten Zeitzeugen sind ein ausgesprochenes Lesevergnügen. Insgesamt hat man den Eindruck, daß er den Deutschen als dem von der Teilung besonders betroffenen Volk mit Sympathie begegnet, natürlich besonders den Deutschen in der DDR, die schließlich die Hauptlast zu tragen hatten. Dagegen verschweigt er nicht, daß 1961 nach den Sperrmaßnahmen viele Politiker auch im Westen, zum Beispiel in Frankreich und Großbritannien, eher erleichtert als bedrückt waren. Bei diesen Leuten herrschte dann 1989 nach dem Fall der Mauer folgerichtig das umgekehrte Gefühl vor. Wer dem Desinteresse und mangelnden Wissen in bezug auf die DDR gerade bei jungen Leuten begegnen will, sollte sich dieses Buches bedienen. Es ist für den Schulunterricht an höheren Schulen gut geeignet, wird aber auch bei Einzellektüre nicht langweilen. Und auch der Abiturient, der kürzlich an einer Schule in Treptow seinen Lehrer mit der Frage überraschte, ob dieser Berliner Bezirk, in dem er geboren wurde, eigentlich zu Ost- oder West-Berlin gehört habe, findet in diesem Buch ohne Probleme die richtige Antwort. Ältere Zeitgenossen, die die dramatische Geschichte der Teilung Berlins bewußt miterlebt und miterlitten haben, werden sich nicht ohne Bewegung an lange zurückliegende eigene Erlebnisse erinnern lassen. Detlef Kühn war von 1972 bis 1991 Präsident des Gesamtdeutschen Instituts in Bonn Frederick Taylor: Die Mauer. 13. August 1961 bis 9. November 1989. Siedler Verlag, München 2009, gebunden, 576 Seiten, 30 Bilder, Euro 29,95 Foto: Eingelassene Metallstreifen auf Gehsteig oder Fahrbahn markieren den Verlauf der Berliner Mauer: Objekt der touristischen Neugier | JF-Online | Zwanzig Jahre nach dem Ende der kommunistischen Systeme in Osteuropa und dem zur Sowjetunion gehörenden Teil Asiens scheint auch das wichtigste Symbol für | Kultur | 2009-03-13T00:00:00+01:00 | 2009-03-13T00:00:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2009/wo-hat-sie-denn-eigentlich-gestanden/ |
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AfD wirft Bundesregierung Untätigkeit bei Benes-Dekreten vor | BERLIN. Die AfD hat die Bundesregierung dafür kritisiert, sich nicht für die Abschaffung der Benes-Dekrete in Tschechien einzusetzen. Hintergrund sind zwei Anfragen des Bundestagsabgeordneten Stephan Protschkas (AfD) an die Regierung und widersprüchliche Äußerungen von Innenminister Horst Seehofer (CSU). Im Mai hatte das Innenministerium dem AfD-Politiker geantwortet, Deutschland vertraue derzeit auf „einen auf Verständigung und Versöhnung zielenden Dialog mit der tschechischen Regierung“. Der Vorschlag des tschechischen Menschenrechtlers und Politikers Václav Havel werde dagegen nicht diskutiert. Havel hatte 1991 empfohlen, den Heimatvertriebenen aus Böhmen die Staatsbürgerschaft wieder zu verleihen und ihnen ein Rückkehrrecht zu gewähren. Weiter hieß es: „Beide Seiten stimmen darin überein, daß das begangene Unrecht der Vergangenheit angehört und werden daher ihre Beziehungen auf die Zukunft ausrichten.“ Die Bundesregierung sei aber weiterhin „an der Fortsetzung ihrer bisherigen Politik der Aussöhnung und Zusammenarbeit mit Tschechien“ verpflichtet. Seehofer findet deutliche Worte beim „Tag der Heimat 2018“ Dagegen fand Seehofer im August beim „Tag der Heimat 2018“ des Bundes der Vertriebenen deutliche Worte. Die 143 Erlasse aus dem Oktober 1945 seien „Unrechtsdekrete“, die nicht zur Wertegemeinschaft der Europäischen Union gehörten. Protschka wertete diesen „Meinungsschwenk“ im Innenministerium als Erfolg seiner Partei. „Daß dies überhaupt thematisiert wird, ist ein erstaunlicher Schritt. Obwohl die Diskussion mit uns als Partei und Fraktion verweigert wird, sehen wir, daß wir als AfD wirken“, sagte er der JUNGEN FREIHEIT. Früher seien Mitglieder und Verbände, die die Benes-Dekretekritisierten, mundtot gemacht, bekämpft und ausgeschlossen worden. „Da hat es eine Konkurrenzpartei gebraucht, um ein plötzliches Umdenken auf allen Ebenen zu bewirken.“ Am Mittwoch konfrontierte Protschka in einer mündlichen Anfrage im Bundestag das Innenministerium mit den widersprüchlichen Äußerungen. „Ist das nun nur eine populistische Einzelmeinung des Herrn Seehofers, der die Bayernwahlen im Blick hat, oder eine 180 Grad Wende in der Ausrichtung der Regierung in Bezug auf die Sudetendeutschen?“ Der zuständige Staatssekretär sagte in seiner Antwort, die Regierung sehe keinen Widerspruch zwischen der schriftlichen Antwort vom Mai und den Äußerungen Seehofers. (ls) | JF-Online | Die AfD hat die Bundesregierung dafür kritisiert, sich nicht für die Abschaffung der Benes-Dekrete in Tschechien einzusetzen. Hintergrund sind zwei Anfragen des Bundestagsabgeordneten Stephan Protschkas (AfD) an die Regierung und widersprüchliche Äußerungen von Innenminister Horst Seehofer (CSU). | Deutschland | 2018-10-12T10:40:45+02:00 | 2018-10-15T09:00:08+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/afd-wirft-bundesregierung-untaetigkeit-bei-benes-dekreten-vor/ |
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Jamaika-Koalition plant Ausweitung des Bleiberechts für Asylbewerber | KIEL. Die Landesregierung von Schleswig-Holstein aus CDU, Grünen und FDP hat angekündigt, das Bleiberecht für junge Flüchtlinge altersmäßig auszuweiten. Künftig sollen Asylbewerber bis zum 27. Lebensjahr unter bestimmten Umständen bleiben dürfen, statt wie bisher bis 21. Ziel des Antrags, der in dieser Woche im Landtag verhandelt wird, sei es, Paragraf 25b des Aufenthaltsgesetzes zu ergänzen. Die Gesetzesstelle regelt die Aufenthaltsgewährung von geduldeten Ausländern, wenn sie sich dauerhaft in die deutschen Lebensverhältnisse integriert haben. Schule oder Ausbildung als Voraussetzung Nach den Plänen der Jamaika-Koalition sollen künftig Ausländer bis 27 Jahre eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Voraussetzung sei, daß sie seit vier Jahren eine Schule besuchten, einen Schul- oder Berufsabschluss erworben hätten oder sich in Ausbildung oder Studium befänden. „Einer Änderung des Aufenthaltsgesetzes müßten Bundestag und Bundesrat zustimmen“, sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Aminata Touré, der Nachrichtenagentur dpa. „Manche jugendliche Flüchtlinge, die etwa mit 17 oder 18 Jahren nach Deutschland kommen, können bis zum 21. Lebensjahr schon rein zeitliche diese Vorgaben nicht erfüllen“, fügte Touré hinzu. (ag) | JF-Online | Die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein hat angekündigt, das Bleiberecht für junge Flüchtlinge altersmäßig auszuweiten. Künftig sollen Asylbewerber bis zum 27. Lebensjahr unter bestimmten Umständen bleiben dürfen, statt wie bisher bis 21. | Politik | 2018-07-02T17:14:55+02:00 | 2018-07-02T18:28:54+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/2018/jamaika-koalition-plant-ausweitung-des-bleiberechts-fuer-asylbewerber/ |
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Tumult im Landtag: AfD-Fraktionschef als „Nazi-Schwein“ beschimpft | POTSDAM. Der Vorsitzende der Linke-Fraktion, Sebastian Walter, hat für einen Eklat im Brandenburger Landtag gesorgt. Zunächst rief er während der Rede des AfD-Fraktionschefs Hans-Christoph Berndt „Nazi-Schwein“ dazwischen. Vom Rednerpult aus beleidigte er Berndt und auch den Vizepräsidenten des Parlaments, Andreas Galau (AfD), später als „Nazis“. Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) ließ Walters Zwischenruf gegen Berndt ungestraft durchgehen. Erst als er auch in seiner eigenen Rede beleidigend wurde, erteilte sie ihm einen Ordnungsruf. Angeblich habe sie die Beschimpfung „Nazi-Schwein“ überhört. Galau – einziger Politiker seiner Partei in deutschen Parlamenten, der Vizepräsident ist – reichte das nicht. Er setzte eine Sondersitzung des Landtagspräsidiums durch, doch es blieb bei der milden Sanktion eines Ordnungsrufes für den Linken-Politiker. Nun will Galau eine Strafanzeige gegen Walter prüfen. Der Landtag hatte in Potsdam über Antisemitismus debattiert. Als AfD-Fraktionschef Berndt den Judenhaß im Bundesland „auf Massenmigration“, die Öffnung der Grenzen 2015 und den „politisierten Islam“ zurückführte, brach ein Tumult aus. Abgeordnete aller Parteien reagierten lautstark mit Empörung, die in Walters beleidigendem Zwischenruf gipfelte. Unter großem Applaus aller anderen Fraktionen sagte SPD-Fraktionschef Daniel Keller anschließend an Berndt gerichtet: „Das zeigt, daß Sie nichts, aber auch gar nichts aus deutscher Geschichte gelernt haben.“ Es sei „unerträglich, Geflüchtete und Juden gegeneinander auszuspielen“. Auf Antrag von SPD, CDU, Linken, Grünen und Freien Wählern beschloß der Landtag mit großer Mehrheit dann, einen Antisemitismus-Beauftragten einzustellen. Nur die AfD stimmte dagegen. (fh) | JF-Online | Ein Fraktionschef fällt zwei Mal aus der Rolle. Erst ruft er „Nazi-Schwein“, später beleidigt er die AfD als „Nazis“. Er bekommt verspätet einen Ordnungsruf – doch das reicht der AfD nicht. | AfD | Deutschland | 2023-11-24T08:15:48+01:00 | 2023-11-24T09:30:53+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/tumult-im-landtag-afd-fraktionschef-als-nazi-schwein-beschimpft/ |
Landwirte warnen vor „Green Deal“ | BERLIN. Der Bundesverband Familienbetriebe Land und Forst hat vor einer Umsetzung des sogenannten „Green Deals“ in der Landwirtschaft gewarnt. „Durch die geplanten Einschnitte drohen uns Versorgungsengpässe und Nahrungsmittelknappheit“, befürchtete Verbandsprecher Max Freiherr von Elverfeldt gegenüber der Bild. Der „Green-Deal“ ist ein von der Europäischen Union 2019 beschlossenes Maßnahmenpaket, mit dem diese ihre Emissionen bis 2030 gegenüber dem Wert von 1990 halbieren will. Ab 2050 will sie ganz klimaneutral werden. Dazu gehört auch, einen Teil der Agrarflächen brachliegen zu lassen. Erste Maßnahmen greifen bereits ab 2021. „Wenn tatsächlich zehn Prozent der Agrarflächen stillgelegt werden sollten, würde die Landwirtschaft zehn bis zwanzig Prozent weniger Agrarprodukte produzieren“, rechnete von Elverfedt vor. „Spätestens durch die Folgen des Ukraine-Kriegs sollte jeder verstanden haben, wie wichtig es ist, daß wir uns regional und mit Produkten aus dem eigenen Land versorgen können.“ Besonders problematisch sei die Situation für die Forstwirtschaft. Könne weniger einheimisches Holz geschlagen werden, müsse Holz aus Ländern importiert werden, „in denen deutlich geringere Umweltstandards gelten als in Deutschland, etwa aus dem brasilianischen Regenwald“, gab der Verbandssprecher zu bedenken. „Hier in Deutschland bewirtschaften wir unsere Wälder zu 100 Prozent nachhaltig, ernten nicht mehr Holz als zur gleichen Zeit nachwächst.“ (JF) | JF-Online | Droht eine Nahrungsmittelknappheit durch den „Green Deal“ der EU? Das befürchten deutsche Landwirte. Die Pläne könnten zudem fatale Folgen für die Forstwirtschaft haben, wenn beispielsweise Holz aus dem brasilianischen Regenwald importiert würde. | land | Wirtschaft | 2022-06-02T16:15:19+02:00 | 2022-06-02T16:15:19+02:00 | https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2022/landwirte-warnen-vor-green-deal/ |
Ausschußvorsitzende abgelehnt: AfD zieht vor Bundesverfassungsgericht | BERLIN. Die AfD-Bundestagsfraktion hat juristische Schritte gegen die verweigerte Wahl ihrer Ausschußvorsitzenden eingeleitet. Am 31. Dezember habe sie sowohl eine Klage, als auch einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, teilte die AfD am Donnerstag mit. Der AfD stehe bei drei der 25 Bundestagsausschüsse „aufgrund verbindlicher Vereinbarungen zwischen sämtlichen Fraktionen der Vorsitz zu“, argumentiert die Oppositionspartei. Gemäß dem sogenannten Zugriffsverfahren hat die AfD demnach das Recht, den Vorsitz im Innen- und Gesundheitsausschuß sowie in dem für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu übernehmen. Doch bei den konstituierenden Sitzungen der Gremien Mitte Dezember waren alle drei AfD-Kandidaten durchgefallen. Dem Innenausschuß sollte Martin Hess vorsitzen, dem Gesundheitsausschuß Jörg Schneider und dem Entwicklungsausschuß Deitmar Friedhoff. Vor der Wahl war entgegen dem üblichen Vorgehen beschlossen worden, in geheimer Wahl abzustimmen. „Dies ist nach Auffassung der AfD eine Mißachtung des Rechts auf gleichberechtigte und faire Mitwirkung im Parlament und damit ein Verstoß gegen grundgesetzlich verankerte Demokratieprinzipien“, kritisiert die AfD. Der parlamentarische Geschäftsführer und Justiziar der AfD-Bundestagsfraktion, Stephan Brandner, fordert: „Deutschlands demokratisches System darf nicht weiter erodieren.“ Wenn im Bundestag Oppositionsfraktionen „mit Tricksereien und Blockaden unter Bruch jahrzehntelanger Gepflogenheiten und verbindlicher Vereinbarungen von einer angemessenen Mitwirkung in zentralen Gremien ausgeschlossen werden, ist das eine Tragödie für unseren Staat“. Er hoffe auf ein schnelles Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts. In der Beschwerdeschrift, die der JF vorliegt, heißt es, mit der Nicht-Wahl der AfD-Abgeordneten seien die „Grundsätze formaler Gleichbehandlung der Fraktionen sowie der effektiven Opposition“ verletzt worden, die zwar verfassungsrechtlich nicht in strikter Weise vorgegeben, aber durch die Geschäftsordnung des Bundestags gelten. Es gehe in dem Fall aber auch um „im öffentliche Interesse liegende Verfassungsprinzipien“, da die Kontrollbefugnisse der parlamentarischen Opposition nicht nur zu ihren Gunsten seien, „sondern in erster Linie im Interesse des demokratischen, gewaltengegliederten Staates“. Im Eilantrag fordert der Verfahrensbevollmächtigte, das Bundesverfassungsgericht solle „den Zustand vorläufig dahingehend regeln“, daß die AfD ab den nächsten Ausschußsitzungen am 12. Januar die drei Vorsitzenden stellen kann. Seitdem die AfD im Bundestag ist, haben die anderen Parteien immer wieder auf bisherige Gepflogenheiten verzichtet. So wird der AfD bereits seit der Legislaturperiode ab 2017 ein Posten als Bundestagsvizepräsident verweigert. Außerdem änderte das Parlament die Definition des Alterspräsidenten. War dies zuvor der älteste Abgeordnete, ist es nun der dienstälteste, wodurch bei der konstituierenden Sitzung im Oktober nicht Alexander Gauland von der AfD die Eröffnungsrede hielt, sondern der langjährige Parlamentarier Wolfgang Schäuble (CDU). (ls) | JF-Online | Gemäß üblicher Praxis hätten der AfD drei Vorsitze in Ausschüssen des Bundestags zugestanden. Doch bei den geheimen Wahlen lehnte dies jeweils eine Mehrheit der anderen Abgeordneten ab. Jetzt muß das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden. | Ausschußvorsitz | Deutschland | 2022-01-06T15:37:40+01:00 | 2022-01-07T08:53:24+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2022/ausschussvorsitzende-abgelehnt-afd-zieht-vor-bundesverfassungsgericht/ |
Chemnitz: Politikwissenschaftler Patzelt fordert Beweise für Hetzjagd-Vorwurf | Der Dresdner Politikwissenschaftler Werner J. Patzelt hat die Bundesregierung aufgefordert, Beweise für den Vorwurf vorzulegen, es habe in Chemnitz Hetzjagden auf Ausländer gegeben. Zudem kritisierte er die deutschen Medien. Diese hätten unzutreffend über Chemnitz berichtet und so dem internationalen Ansehen Deutschlands geschadet. „Wenn die Bundesregierung behauptet, etwas sei der Fall gewesen, von dem Polizei und Generalstaatsanwaltschaft sagen, dies sei nicht so gewesen, dann haben die Bürger ein berechtigtes Interesse, zu erfahren, was denn nun wirklich stimmt“, sagte Patzelt der Wochenzeitung Junge Freiheit. Einen von ihm mitinitiierten Aufruf haben bislang über 12.000 Unterstützer unterzeichnet. Es sei durchaus verständlich, daß Politiker unter zeitlichem und medialen Druck Fehler machten. „Das zuzugeben und sich zu korrigieren, bricht niemandem einen Zacken aus der Krone. Man wird aber unglaubwürdig, wenn man so tut, als wären keinerlei Fehler unterlaufen“, gab Patzelt zu bedenken. Hier lesen Sie mehr: https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/politikwissenschafler-patzelt-fordert-beweise-fuer-hetzjagd-vorwurf1/ | Der Dresdner Politikwissenschaftler Werner J. Patzelt hat die Bundesregierung aufgefordert, Beweise für den Vorwurf vorzulegen, es habe in Chemnitz Hetzjagden | Presse | 2018-09-05T14:25:39+02:00 | 2018-09-05T14:26:49+02:00 | https://jungefreiheit.de/pressemitteilung/2018/chemnitz-politikwissenschaftler-patzelt-fordert-beweise-fuer-hetzjagd-vorwurf/ |
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Auf dem Weg zur Fußnote deutscher Geschichte | Auch Günter Grass, der „oberlehrerhafte Klugscheißer“ (Willy Brandt), hat mitunter lichte Momente. So 2002 in Halle, als er ein wenig völkerrechtliche Exegese trieb und feststellte, daß „in keinem Potsdamer Abkommen“ stehe, mit der Annexion Ostdeutschlands müsse man auch dessen „kulturelle Substanz“ preisgeben. Genau diese Preisgabe, so der pensionierte Oberschulrat Karlheinz Lau, vollziehe sich aber derzeit und drohe mit dem Tod der letzten Angehörigen der ostdeutschen Erlebnisgeneration in naher Zukunft zum Abschluß zu kommen (Deutschland-Archiv, 2/2010). Innerhalb der Vertriebenenverbände sei auf eine Weitergabe der Erinnerung nicht zu rechnen: die „Nachwuchsarbeit der großen Landsmannschaften“ dürfe als „nahezu bedeutungslos“ eingestuft werden. Für eine solche kollektive Amnesie scheinen die Weichen allerdings seit langem gestellt. Untergang einer deutschen Kulturlandschaft Bereits 1984 empfand der Althistoriker Alfred Heuß, der in Breslau und Königsberg gelehrt hatte, die Bundesdeutschen dächten an Ostpreußen, Pommern und Schlesien so schattenhaft zurück wie die Franzosen an ihr fernes verlorenes Indochina. Zwanzig Jahre später fiel auch Karl Schlögel (Frankfurt/Oder) auf, wie eigentümlich folgenlos die „säkulare Zäsur“ des Untergangs einer fast tausendjährigen deutschen Kulturlandschaft nach 1945 geblieben ist. Schlögel glaubte daher, das Absinken Ostdeutschlands zu einer „Fußnote“ unseres historischen Gedächtnisses beobachten zu können. Auch Lau weiß genügend Symptome aufzuzählen, die darauf hindeuten, Ostdeutschland zur memorialen Fußnote zu degradieren. Dazu gehört für ihn allerdings nicht die obstinate Erinnerungsverweigerung der politischen Klasse, wie sie nicht erst in zahlreichen Versuchen zutage trat, das Zentrum gegen Vertreibungen zu sabotieren. Vertreibung samt Landraub als „gerechte Strafe“ deuten Lau verschweigt diese Obstruktion wie auch die beharrliche polonophile Desinformationspolitik der Medien und der etablierten Geschichtswissenschaft, weil er als Mitglied der deutsch-polnischen Schulbuchkommission selbst an dieser offiziösen Erinnerungsentsorgung beteiligt ist. Von welchen Prämissen er dabei ausgeht, ergibt sich aus freudigen Bekenntissen zu den Dogmen „Tätervolk“, „deutsche Alleinschuld am Zweiten Weltkrieg“ sowie „Flucht und Vertreibung“ samt Landraub als vermeintlich „gerechte Strafe“ für „unsagbare Verbrechen am Nachbarvolk Polen“. Wer an diesen nach 1990 nahezu unbeschädigt aus dem Reservoir der SED-Geschichtsklitterungen geretteten Weisheiten, die Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) soeben noch einmal ganzseitig in der Welt vom 17. Mai in stumpfsinniger Ignoranz herunterbetet („Ohne Hitlers Rassismus keine Vertreibungen“), zweifelt, den rechnet Spaßvogel Lau unter die „Betonköpfe“. Mantra vom „Tätervolk“ Entsprechend skeptisch registriert man seine auf so schwankendem Boden fabrizierten Vorschläge, wie der drohende Geschichtstod Ostdeutschlands doch noch abzuwenden sei. Lau hofft dabei etwa auf ein vor der Drucklegung stehendes „Deutsch-polnisches Schulbuch“, das angeblich „ohne ideologische Scheuklappen“ gemacht werde – wobei er das Mantra vom „Tätervolk“ offenbar für „unideologisch“ hält. >> Ferner seien da „Bürgerinitiativen“ wie die polnische Borussia in Allenstein oder die Träger des Hauses Brandenburg in Fürstenwalde, die die „sinnstiftende“ Erinnerungsaufgabe nach dem Verschwinden der Erlebnisgeneration fortsetzen könnten. „Erfolgreich“ kann dies aus Laus Blickwinkel jedoch nur geschehen, wenn sie die bundesdeutsch-polnische Vorgabe von alleiniger deutscher „Schuld und Verantwortung am Verlust der Ostgebiete“ als Arbeitsmaxime verinnerlichten. Für erforderlich hält Lau zudem eine „Anpassung“ des Bundesvertriebenengesetzes in dem Sinne, daß auch die nunmehr 60jährige Geschichte „Westpolens“ für die ostdeutsche Erinnerungspflege verbindlich sein solle. Und wenn man schon beim „Anpassen“ sei, so könnte die Ost- und Mitteldeutsche Vereinigung der CDU ihren Beitrag gewiß effizienter leisten, wenn „ihr Name überdacht“ würde. „Internationaliät“ garantiert Eingetrübt zeigt sich Laus Optimismus nur durch die herkulische Aufgabe, „jungen Deutschen mit Migrationshintergrund“ die „Bedeutung des ehemaligen deutschen Ostens, des Holocaust oder der Vertreibung der Deutschen“ zu vermitteln. Wie könne ein „Kind türkischer Eltern“ dies als „Teil deutscher Identität“ akzeptieren? Im Bemühen, auf der Basis von Laus und Thierses „Rettungs“-Phantasmen voranzukommen, will das Europäische Netzwerk Erinnerung und Solidarität dem weiterhin als „Vertriebenenprojekt“ an Erika Steinbachs langer Leine diffamierten Unterfangen im Berliner Deutschlandhaus den Schneid abkaufen. Vor einem Monat jubelte Die Zeit vom 13. April: Während das Zentrum gegen Vertreibungen von einer Krise in die nächste taumle, „arbeitet das Netzwerk“. In Warschau domizilierend, von dem aufdringlich polonophilen Matthias Weber und Andrzej Przewoznik geleitet, sei dort „Internationaliät“ garantiert, während sie in Berlin, wo es natürlich gar nicht um „Versöhnung mit Polen“ gehe, nur „Camouflage“ sei. Warschauer Lesart des ostdeutschen Ethnozids Im witzigen Rückgriff auf einen illusionären Objektivismus des 19. Jahrhunderts glaubt man in der Zeit allen Ernstes, Leute wie Weber und sein polnischer Kopilot seien politisch neutral und nur der historischen „Wahrheit“ verpflichtet. Genau deswegen war es ihnen vermutlich ein Herzensanliegen, die „Vertreibung“ nicht etwa der Sudetendeutschen, sondern der 1919/20 nach Eger oder Reichenberg versetzten tschechischen Beamten und Funktionäre untersuchen zu lassen. Und darum sollen mit Geldern des Netzwerkes bald vermeintliche Standardwerke anglo-jüdischer Autoren wie Joseph B. Schechtman oder Eugene Kulischer ins Deutsche, Polnische und Tschechische übersetzt werden, die gewiß der „Versöhnung“ dienen, weil sie die Prager und Warschauer Lesart des ostdeutschen Ethnozids kolportieren. Mit der „Revision der Schulbücher“, auf die Lau ja schon die größten Erwartungen setzt, soll dann forciert fortgefahren werden, wie überhaupt – so tönt Worthülsen und SED-Vokabular nicht scheuend Markus Meckel (SPD), wie Thierse ein ewiger Mitläufer – die „Jugendarbeit“ des Netzwerkes der beste Garant dafür sei, im „europäischen Dialog“ die Ursachen der „Umsiedlungen“ (der Deutschen?) und von „Flucht und Vertreibung“ (der Polen und Tschechen!) zu ergründen. JF 22/10 | Oliver Busch | Ostpreußen, Pommern oder Schlesien sind für die meisten Deutschen Lichtjahre entfernt: Aus Medien und etablierter Geschichtswissenschaft kommen inzwischen zweifelhafte Vorschläge zur Rettung der „kulturellen Substanz“ Ostdeutschlands. | Geschichte | 2010-05-30T11:47:00+02:00 | 2013-12-03T18:53:13+01:00 | https://jungefreiheit.de/wissen/geschichte/2010/auf-dem-weg-zur-fussnote-deutscher-geschichte/ |
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West-Berlin isolieren | Das große bundesrepublikanische Generationen-Epos „Die Apo und die 68er“ hat eine groteske, beinahe kafkaeske neue Pointe. Mit dem Schuß des Stasi-Agenten Kurras nahm eine Geschichte ihren Anfang, die die Bundesrepublik auf einen abschüssigen Weg nach links führte und nachhaltig veränderte. Nun steht gerade dieser Anfang in einem neuen grellen Licht. Denn Kurras stand im Dienst der „Abteilung IV“ des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), die Agenten führte, aber auch für „unfeine Dinge“ zuständig gewesen sein soll. Der „2. Juni“ wurde zum Gründungsdatum für jene ausufernde Protestbewegung, die „die 68er“ hervorbrachte, in Randbereichen in mörderische Gewalt ausartete, aber auch der in der Opposition stehenden SPD eine Viertelmillion Neumitglieder bescherte – eine der Ursachen für ihren Wahlsieg 1969. Die Protestbewegung wuchs sich zu einem bis dahin nicht gekannten Bündel von Bürgerbewegungen aus, aus denen später die Partei der Grünen hervorging. Bis hin zur Friedens-, Frauen- und Anti-Atomkraft-Bewegung manifestierten sich jene zahlreichen Spielarten von „Linkssein“, denen Millionen Menschen zwischen Aachen und Berlin damals anhingen. Von aktiven Minderheiten unter den 68ern und ihren Erben wurden abstruse Gedankengebäude vertreten. Das meiste davon lief sich tot, wurde von der Geschichte überholt. Doch ein fatales politisches Erbe dieser Bewegung – neben ihren personellen Hinterlassenschaften auf diversen „MinisterInnensesseln“ – ist geblieben: das Abgleiten politischer und gesellschaftlicher Werte nach links und kultureller Standards nach unten. Insofern ist es wie eine grandiose Ironie des Zufalls, daß die Stasi-Tätigkeit und die realsozialistisch-kommunistische Gesinnung von Karl-Heinz Kurras ausgerechnet am Vorabend des 60. Geburtstags der Bundesrepublik ans Licht kam. Was bleibt, sind viele offene Fragen. War die Stasi am Todesschuß ihres Agenten auf Benno Ohnesorg beteiligt? Gab Erich Mielke seinem Mitarbeiter Kurras den Schießbefehl? Die beiden Historiker, die in der Birthler-Behörde die brisante Akte fanden, konnten einen solchen Auftrag darin jedoch nicht entdecken. Sollte es also vielleicht doch ein Zufall sein, daß ausgerechnet ein DDR-Agent im WestBerliner Polizeizivil, ein Waffennarr und Meisterschütze „aus Versehen“ einen jungen Linken erschoß und dadurch zur Eskalation der politischen Situation im Westen beitrug? Andererseits, so die Historiker, waren „die gefundenen Aktenbestände über die inoffizielle Tätigkeit für das MfS von Kurras im wesentlichen vollständig, nur für Mai/Juni 1967 sind sie deutlich ausgedünnt. Besonders die Unterlagen um die Ohnesorg-Vorgänge im Juni 1967 fehlen vollständig.“ Ein Experte: „Die Stasi-Bürokratie hat die offenkundig problematischen ‘Innereien’ der Akte entfernt.“ Der SED-Forscher Jochen Staadt von der Freien Universität Berlin: „Es ist durchaus vorstellbar, daß die Stasi Herrn Kurras nahegelegt hat, die Situation für die West-Berliner Polizei ein wenig zu verschärfen und unangenehm zu machen. Das war ja auch in ihrem Interesse.“ Tatsächlich war es damals das Ziel der SED-Spitze, West-Berlin vom Bundesgebiet zu lösen und als eine „Selbständige Politische Einheit“ zu isolieren. Im Kalten Krieg und im Dünkel, der Sieg des Sozialismus sei mit allen, auch kriminellen Mitteln zu gewinnen, hatte das MfS bereits Routine in verdeckten Operationen gesammelt. Frei nach dem ideologischen Übervater der DDR, Karl Marx, der den Philosophen vorgehalten hatte, sie hätten die Welt nur verschieden interpretiert, es komme aber darauf an, sie zu verändern, wurden der Sowjetgeheimdienst KGB und die Staatssicherheit der DDR besonders skrupellos über die Grenze zwischen politischen und kriminellen Aktivitäten geführt. Sie sammelten nicht nur Informationen, sondern versuchten auch, durch „aktive Maßnahmen“ den Gang der Weltereignisse zu beeinflussen. Gewalttätige „Sonderaktionen“, Morde und Entführungen, die Manipulation der Medien, Desinformationskampagnen, das Kompromittieren von störenden Personen, Parteien, Staaten, Ideen und einzelnen Worten gehörten dazu. Auch die rechte, noch mehr die rechtsextremistische Szene bot ein breites Betätigungsfeld. Aus den Akten der Stasi weiß man ziemlich genau, wie, warum und wann „Naziterror“, „faschistische Provokationen“ oder „braune Bewegungen“ aufzudecken oder gegebenenfalls herzustellen waren. Selbst bei den Hakenkreuzschmierereien zum Jahreswechsel 1959/60, die die Bundesrepublik als „braun in braun“ präsentierten und die auf das Ausland wie auf führende deutsche Politiker verstörend wirkten, führten Stasi und KGB den Pinsel. Doch damals schob man die Untaten „den Rechten“ in die Schuhe. Erst viele Jahre später packte ein hochrangiger Überläufer aus. In der Tatsache, daß – bisher – kein Dokument aufgefunden worden ist, aus dem ein Tötungsauftrag an einen Agenten wie Kurras hervorgeht, sollte man also noch keinen eindeutigen Beweis sehen, daß die „schwere Faust der Arbeiterklasse“ nicht auch in diesem Fall zugeschlagen hat. | JF-Online | Das große bundesrepublikanische Generationen-Epos „Die Apo und die 68er“ hat eine groteske, beinahe kafkaeske neue Pointe. Mit dem Schuß des Stasi-Agenten | Debatte | 2009-05-29T00:00:00+02:00 | 2009-05-29T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/2009/west-berlin-isolieren/ |
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Bürger in Wut: Rechte Konkurrenz für die AfD | BREMEN. Die Bremer Regionalpartei Bürger in Wut (BIW) will nach ihrem erfolgreichen Abschneiden bei der Bürgerschaftswahl in dem kleinsten Bundesland deutschlandweit antreten. Der AfD, die in Bremen nicht antreten durfte, wächst damit eine Konkurrenz im rechten Spektrum heran. BIW-Spitzenkandidat Jan Timke bestätigte am Wahlabend das Vorhaben, im Bündnis Deutschland aufzugehen und unter diesem Namen sowohl die Fraktion in der Bremer Bürgerschaft zu gründen, als auch bei den nächsten Landtags- und Bundestagswahlen antreten zu wollen: „Wir werden Bremen als Startschuß nehmen für die bundesweite Ausweitung der Partei“, sagte er in der ARD. Seine Partei erreichte laut Hochrechnungen – ein vorläufiges Endergebnis lag am Montagmorgen immer noch nicht vor – rund 9,5 Prozent der Stimmen und legte damit um mehr als sieben Punkte im Vergleich zur Wahl von 2019 zu. Offenbar profitierte sie davon, daß die AfD nicht antreten durfte. Timke sagte, er glaube, die BIW hätten vor allem enttäuschte CDU-Wähler gewinnen können: „Wir waren Sammelbecken für Unzufriedene.“ Der Bremerhavener Spitzenkandidat Piet Leidreiterer distanzierte sich nach der Wahl von der AfD: Dem Weser-Kurier sagte er: Die BIW verstünden sich ausdrücklich nicht als Alternative zur AfD, sondern zu CDU und FDP. (fh) | JF-Online | Nach ihrem Erfolg in Bremen fusionieren die Bürger in Wut mit dem Bündnis Deutschland und werden unter diesem Namen bundesweit antreten. Von der AfD distanzieren sie sich. | Bürger in Wut | Deutschland | 2023-05-15T08:07:07+02:00 | 2023-05-15T08:07:07+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/buerger-in-wut-afd/ |
Ulmer Münster zeigt Weihnachtskrippe ohne schwarzen König | ULM. Der Kirchengemeinderat des Ulmer Münsters hat entschieden, dieses Jahr vor Weihnachten nicht wie üblich die Krippe mit den Heiligen Drei Königen aufzustellen. Damit wolle man den schwarzhäutigen König Melchior aus einer möglichen Rassismusdebatte nehmen, sagte der Ulmer evangelische Dekan Ernst-Wilhelm Gohl am Montag dem Evangelischen Pressedienst. Der Gemeinderat habe in seiner jüngsten Sitzung entschieden, die Krippe in einer anderen Variante zu zeigen. Gohl erklärte, der vor rund 100 Jahren gestaltete Ulmer Melchior sei in mehrfacher Hinsicht eine Besonderheit. Er sei vermutlich der einzige heilige König mit einer Brezel in der Hand. Gleichzeitig spreche er aber mit seinen wulstigen Lippen, seiner Körperfülle und seinen Goldreifen an den nackten Fußknöcheln rassistische Stereotype an. Vor rund 30 Jahren sei die historische Krippe gestiftet worden, unter der Auflage, sie jährlich am ersten Advent im Münster auszustellen. Es gehe nun nicht darum, den schwarzen König zu unterschlagen, ergänzte der Dekan. Jedoch stehe die Art der Darstellung infrage. Nach Weihnachten solle über die Zukunft des Ulmer Melchiors in Ruhe öffentlich diskutiert werden. Im Zusammenhang mit der Black-Lives-Matter-Bewegung waren in den vergangenen Monaten erneut Diskussion über vermeintlich rassistische Straßennamen, Denkmäler oder Firmenlogos aufgeflammt. Unter anderem hatten die Marken „Uncle Ben’s“ und „Aunt Jemima“ angekündigt, ihre Logos zu ändern. Beide Markenzeichen sind von dunkelhäutigen Personen geprägt. Der US-Technologiekonzern Facebook hatte bekanntgegeben, schärfer gegen rassistische Stereotype vorzugehen. So würden Fotos von weißen Menschen mit schwarzer Schminke im Gesicht auf den Plattformen Facebook und Instagram gelöscht. Auch der „Zwarte Piet“, der dunkelhäutige Helfer des niederländischen Nikolaus, ist davon betroffen. (ls) | JF-Online | Der Kirchengemeinderat des Ulmer Münsters hat entschieden, dieses Jahr vor Weihnachten nicht wie üblich die Krippe mit den Heiligen Drei Königen aufzustellen. Damit wolle man den schwarzhäutigen König Melchior aus einer möglichen Rassismusdebatte nehmen. | Gesellschaft | 2020-10-05T17:31:37+02:00 | 2020-10-06T14:19:27+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2020/ulmer-muenster-schwarzen-koenig/ |
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Geburtenrate fällt auf Zehn-Jahres-Tief | WIESBADEN. Die Geburtenrate in Deutschland hat 2022 ein Zehn-Jahres-Tief erreicht. „Im Jahr 2022 kamen in Deutschland 738.819 Kinder zur Welt“, teilte das Statistische Bundesamt am Freitag mit. Damit sank die Geburtenrate gegenüber dem Jahr 2021 um acht Prozent auf 1,46 Kinder pro Frau und damit auf den niedrigsten Stand seit 2013, als jede Frau durchschnittlich 1,42 Kinder gebar. 2022 kamen in Deutschland 738 819 Kinder zur Welt, 7 % weniger als 2021, dem geburtenreichsten Jahr seit 1997. Die zusammengefasste #Geburtenziffer sank gegenüber dem Vorjahr um 8 % auf 1,46 Kinder je Frau und damit auf den niedrigsten Stand seit 2013: https://t.co/YaCXsxyNml — Statistisches Bundesamt (@destatis) July 21, 2023 „Damit die Bevölkerung eines Landes – ohne Zuwanderung – nicht schrumpft, müßten in hoch entwickelten Ländern rein rechnerisch etwa 2,1 Kinder je Frau geboren werden“, erläuterten die Demographen ihre Ergebnisse. Die Geburtenrate sei 2022 in allen Bundesländern gesunken – besonders in Hamburg und Berlin. Dort sank sie um zehn Prozent im Vorjahresvergleich. In Bremen sei der Geburtenrückgang mit vier Prozent am schwächsten ausgefallen. „Die höchsten Geburtenziffern hatten die Frauen in Rheinland-Pfalz und Niedersachsen mit 1,52 Kindern“, äußerte das Statistikamt zu den Zahlen. Zu Beginn der Aufzeichnungen 1973 bekamen Frauen noch im Schnitt 1,57 Kinder. Das Durchschnittsalter der Mütter bei ihrem ersten Kind lag um die 30 und bei Vätern um die 33 Jahre. Vergleichbare Angaben zur Entwicklung der Geburtenrate im Jahr 2022 seien derzeit außerdem für einige nordeuropäische Staaten verfügbar. „So sank die Geburtenziffer nach Angaben der ‘Human Fertility Database’ des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung in Dänemark um zehn Prozent sowie in Norwegen und in Schweden um jeweils neun Prozent gegenüber dem Vorjahr und damit in einem ähnlichen Ausmaß wie in Deutschland“, kommentierten die Wissenschaftler. (fw) | JF-Online | Sie sind um die 30 Jahre alt und kümmern sich im Laufe ihres Lebens im Schnitt um etwas weniger als anderthalb Kinder – Mütter und Väter in Deutschland. Ein besorgniserregender Tiefstand, der allerdings nicht nur hierzulande erreicht ist. | Geburtenrate | Deutschland | 2023-07-21T16:43:28+02:00 | 2023-07-21T16:44:46+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/geburtenrate-faellt?attachment=frauen-ohne-kinder-23-06-2023 |
Linkspartei-Chef Riexinger warnt vor deutschen „Gelbwesten“ | BERLIN. In der Linkspartei ist ein Streit über die Haltung zu der französischen Protestbewegung „Gelbe Westen“ ausgebrochen. Während Fraktionschefin Sahra Wagenknecht sich eine solche auch für Deutschland wünscht, warnt Parteichef Bernd Riexinger nun davor. „In Frankreich wehren sich Menschen gegen die Verachtung ihrer Klasse, sie fordern soziale Gerechtigkeit und Aufmerksamkeit für ihre Interessen“, sagte Riexinger den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Allerdings wäre in Deutschland „eine solche Verbrüderung linker und rechter Gesinnung nicht denkbar“. „Das Potential Ultrarechter ist besorgniserregend“ Die Zusammensetzung der „Gelbwesten“ in Frankreich hält er für bedenklich. „Das Potential Ultrarechter in den Reihen der Bewegung ist besorgniserregend.“ Das Programm der politischen Rechten sei „zutiefst neoliberal“, ergänzte er. Deshalb bedeuteten soziale Proteste von links wie zuletzt in Deutschland bei der „Unteilbar!“-Demonstration ein klares Zeichen gegen die autoritäre Rechte. Wagenknecht hatte vor rund einer Woche die „Gelbwesten“ als Vorbild für Deutschland gelobt. „Ich finde es richtig, wenn Menschen sich wehren und protestieren, wenn die Politik ihr Leben verschlechtert – die Benzinpreiserhöhungen sind gerade für Pendler existentiell.“ In Deutschland könne man davon lernen. „Wir lassen uns viel zu viel von schlechten Regierungen gefallen“, verdeutlichte Wagenknecht. Regierung verschiebt Erhöhung der Ökosteuer Die französische Regierung hatte am Dienstag angekündigt, die zum 1. Januar geplante Erhöhung der Ökosteuer auf Diesel und Benzin zu verschieben. Die seit mehr als zwei Wochen anhaltenden Proteste waren am vergangenen Wochenende in Straßenschlachten umgeschlagen. Initiiert hatte die Bewegung die 51 Jahre alte Jacline Mouraud. Die Französin hatte in einem Video auf Facebook gegen die hohen Spritpreise protestiert. In dem rund viereinhalb Minuten langen Clip, der mittlerweile über sechs Millionen Aufrufe hat, sprach Mourad unter anderem von einer „Hetzjagd auf Autofahrer“. (ls) | JF-Online | In der Linkspartei ist ein Streit über die Haltung zu der französischen Protestbewegung „Gelbe Westen“ ausgebrochen. Während Fraktionschefin Sahra Wagenknecht sich eine solche auch für Deutschland wünscht, warnt Parteichef Bernd Riexinger nun davor. | Deutschland | 2018-12-05T14:54:50+01:00 | 2018-12-05T16:26:15+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/linkspartei-chef-riexinger-warnt-vor-deutschen-gelbwesten/ |
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Vorsorge für Krisenzeite: Es geht ans Eingemachte | In Omas Keller waren die Regale voller Einmachgläser: Stachelbeeren, Quitten, Holunderbeeren – wäre der Kalte Krieg der Supermächte damals zum heißen Konflikt geworden, hätte Oma dort jahrelang aushalten können. Heute sind Omas große Gläser wieder hip und das nicht erst seitdem „der Russe“ wieder eine Bedrohung ist. Vorsorge ist in Zeiten von drohenden Blackouts, Stadtflucht, Inflation und hohen Preisen im Supermarkt angesagt, und zwar nicht nur unter fusseligen Bio-Fuzzys, sondern bei urbanen Jack-Wolfskin-Hipsters und konservativen Selbstversorgern. Jetzt ist Erntezeit, und nicht nur die Fridays-for-Future-Generation holt die Früchte ihres Urban-Gardens heim. Neben klassischen Konfitüren kommen auch szenige Chutneys und Relishs ins Einweckglas. Apropos: 1895 meldete der hessische Unternehmer Johann Carl Weck die luftdichte Lagerung von Lebensmitteln mittels spezieller Gläser mit Gummidichtung und Verschlußbügel zum Patent an. Das „Einwecken“ war erfunden. Doch kein Ertrag ohne Investment: Neben Gläsern und Gummiringen sind weitere Hilfsmittel nötig, wie Küchenwaage, Trichter und Obstentkerner. Ein Julienne-Reißer (oder Zestenreißer) erleichtert das Hobeln von hauchdünnen Orangen- oder Zitronenschalenstreifen. Eine Saucenpresse „Flotte Lotte“ macht das Pürieren einfach. Dann ist Hygiene oberstes Gebot. Alle Utensilien werden gespült und mit kochendem Wasser übergossen. Die Gläser warten kopfüber auf einem sauberen Tuch auf ihren Gebrauch. Doch zuvor müssen sie noch sterilisiert werden. Das geht im Backofen (20 Minuten bei 130 Grad) oder in der Spülmaschine – ohne Spültab. Achtung: Niemals heiße Früchte in ein kaltes Glas füllen: Sonst peng, klirr, spritz! Dann steht dem Experimentieren mit der günstigen Vielfalt aus Garten, Wald und Flur nichts mehr im Wege. Ein Espresso-Gelee mit Zitronensaft (und optional Amaretto) macht morgens munter. Der ideale Begleiter für den Herbst ist ein Bratapfelkompott aus Äpfeln, Rosinen, Marzipan, Mandeln, Vanille, Zimt und einem Schuß Rum. Im dunklen Vorratsschrank hält sich diese Köstlichkeit über ein halbes Jahr. Wer’s herzhaft liebt, versucht sich an einer karamellisierten Zwiebel-Marmelade mit Honig und Balsamico. Nicht nur Obst, auch Gemüse gehört ins Glas. Ein würziges Chutney läßt sich süß-säuerlich bis pikant-scharf variieren. Obwohl – ist diese Anleihe aus der indischen Küche überhaupt noch erlaubt, wegen „kultureller Aneignung“ und so? Ach egal, das Grundrezept ist stets dasselbe: Das Gemüse der Wahl wird mit Zwiebeln und Knoblauch in Öl angeschwitzt, gewürzt und eingeköchelt. Zucker und Essig sorgen für Haltbarkeit, was für eine gelungene Vorsorge von größter Bedeutung ist. Gurken passen ebenfalls gut ins Einweckglas, ob als Relish für Burger und Hot Dogs oder als klassisch-knackige Essiggurken. Auch Soleier in Salzlake wie früher in der Eckkneipe halten sich bis zu einem Monat. Auch die auf der verregneten Insel so beliebten Mixed Pickles sind im Handumdrehen selbst gezaubert. Die süßsauer-scharf eingelegten Gemüsestückchen bereichern viele Gerichte oder eignen sich zu Weißbrot als Snack. Der Geschmack wird mit der Zeit im Glas intensiver. Und Achtung: Da die Mixtur noch nachgärt, die Gläserdeckel in den ersten Tagen nicht zu fest verschrauben. Doch Einwecken ist mehr als Handwerk für Hausfrauen oder Krisen-Vosorge, nämlich auch ein Businesskonzept für Mikro-Unternehmen. Manufakturen für Eingemachtes zwischen Küste und Alpen bieten ihre Spezialitäten online an, zum Beispiel „Meingemachtes“, „Mamas Picnic“ oder „eingeweckt.de“. Auch Feinkostläden und sogar Edelrestaurants bieten in coronageprägten Zeiten des Selbstabholens ihre Speisen und Zutaten in Weck-Gläsern an. Das Verfahren eignet sich übrigens auch hervorragend für Nudelsoßen, und wer aus der Lockdownzeit noch etliche Packungen Spaghetti gebunkert hat, kann sich nun auch das passende Topping herstellen und für den Blackout-Winter aufbewahren. Außerdem sollte man jetzt schon an Weihnachten denken: Ein Glas leckeres Eingemachtes, stilecht mit kariertem Tuch über dem Deckel und ansprechend gestaltetem Etikett, ist ein ebenso individuelles wie nützliches Geschenk. Und „nachhaltig“ sowieso. JF 39/22 | Bernd Rademacher | Die Gläserfront mit eisernen Reserven in Kammer oder Keller wächst wieder. Angesichts von Inflation, steigenden Preisen und drohenden Blackouts erfährt Einmachen als Krisen-Vorsorge ein Revival. Längst machen auch junge Leute ein und entwickeln neue Rezepte. | Vorsorge | Sein und Zeit | 2022-10-11T09:57:33+02:00 | 2022-10-11T09:57:33+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/sein-und-zeit/2022/vorsorge-im-weckglas/ |
Über den Thüringer Weg zum Regierungsauftrag nach Berlin | Am kommenden Wochenende sollen die Chefin der Thüringer Linkspartei, Susanne Hennig-Wellsow, und die hessische Fraktionsvorsitzende Janine Wissler zur Doppelsitze der Partei gekührt werden. Die Wahl der beiden Politikerinnen gilt als sicher. Solche Wahlen gefallen Hennig-Wellsow. Zu tief sitzt bei den Thüringer Linken noch das Trauma vom Februar 2020, als im dortigen Landtag die FDP überraschend mit den Stimmen von CDU und AfD Thomas Kemmerich zum Kurzzeit-Ministerpräsidenten wählte. Um eine Wiederholung zu vermeiden, verlangte sie damals vor der erneuten Wahl, die CDU möge doch bitteschön vorher öffentlich ankündigen, daß mehrere ihrer Abgeordneten Bodo Ramelow zum Landesvater wählen würden. Solche Forderungen sind in einer Demokratie schon ein starkes Stück. Wie sich die Linkspartei in Thüringen verhält, zeigt, wohin der Weg mit ihr führt, wenn sie die Regierung stellt. Apropos Thüringer Weg. Was die Politikerin mit Schwerpunkt Bildungspolitik und Antifa-Schlagseite sich darunter vorstellt, legte sie zuletzt im Interview mit der SZ dar. „Morgens um sieben treffen wir uns mit den Siemens-Mitarbeitern am Werkstor, um Arbeitsplätze zu retten. Um zehn blockieren wir die Straße, damit die Nazis von der AfD nicht durch die Stadt laufen können. Mittags verhandeln wir mit unseren Koalitionspartnern über Gesetze und schreiben sie dann auch. Am Nachmittag diskutieren wir in der Fraktion über beitragsfreie Kitas und abends gehen wir Bier trinken und tanzen.“ So sehen die Vorstellungen von „radikal-pragmatischer“ Politik der Erfurter Landtagsabgeordneten aus. Mit diesem Stil Deutschland zu regieren, sieht sie ihre Partei gemeinsam mit SPD und Grünen berufen. „Wir haben den Auftrag, einen politischen Richtungswechsel einzuleiten“, ist sie sich sicher. Hennig-Wellsow, die aus ihrer Mitgliedschaft in der linksextremen „Roten Hilfe“ keinen Hehl machte, war auch an den Protesten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 beteiligt. Damals kam es zu schweren Ausschreitungen der sogenannten Globalisierungskritiker. Worüber bei anderen Parteien die Nase gerümpft würde, sorgt bei Tiefrot für den richtigen Stallgeruch. Wieviel die ehemalige Eisschnellläuferin von demokratischen Gepflogenheiten und Anstand auch in der Niederlage hält, machte sie deutlich, als es vor einem Jahr für ein paar Stunden so aussah, als hätte ihre Partei die Macht in Thüringen verloren. Als Vorsitzende der größten Landtagsfraktion warf sie damals dem frisch gewählten Kemmerich den obligatorischen Blumenstrauß vor die Füße. Für diese beispiellose Respektlosigkeit erntete sie Applaus. Nun kann die als „Ikone des Antifaschismus“ Geadelte beruhigt ihrer Wahl am kommenden Wochenende entgegensehen. Den Blumenstrauß wird sie dieses Mal wohl nicht wegwerfen. | Alexander Graf | Die Chefin der Thüringer Linkspartei, Susanne Hennig-Wellsow, soll die nächste Vorsitzende auf Bundesebene werden. Die Politikerin mit Antifa-Schlagseite hat ganz eigene Vorstellungen davon, wie ein rot-rot-grünes Bündnis Deutschland regieren könnte. Auf Straßenblockaden und Bier soll dabei jedenfalls nicht verzichtet werden. | Hennig-Wellsow | Deutschland | 2021-02-23T17:21:49+01:00 | 2021-03-25T14:29:31+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2021/ueber-den-thueringer-weg-zum-regierungsauftrag-nach-berlin/ |
Kurswechsel oder Brandmauer? Entweder, oder! | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Marco Pino | Nicht weniger als eine „Notlage“ in Sachen Asyl hat CDU-Chef Friedrich Merz ausgemacht, einen „Kurswechsel“ fordert sein Generalsekretär. Alles richtig – und doch wertlos, solange die Brandmauer steht. Ein Kommentar von Marco Pino. | Brandmauer,cdu | Kommentar | 2024-08-29T15:32:43+02:00 | 2024-08-29T15:32:43+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2024/kurswechsel-oder-brandmauer-entweder-oder/ |
Abtreibungen bleiben vorerst strafbar | BERLIN. Die Bundestagsabgeordneten Ulle Schauws (Grüne) und Carmen Wegge (SPD) haben Union und FDP für ihren Widerstand bei der Legalisierung von Abtreibungen scharf attackiert. „Daß Union und FDP nicht gewillt sind, übliche parlamentarische Vorgänge zu ermöglichen, ist der parlamentarischen Praxis unseres hohen Hauses nicht würdig und ein fatales Signal für unsere Demokratie“, kritisierten die beiden Frauen in einer gemeinsamen Erklärung. Am Montag abend hatte der Rechtsausschuß des Bundestags elf Sachverständige geladen, um ihre Einschätzung zu einem Gesetzentwurf für die Neuregelung von Abtreibungen einzuholen. Darin waren folgende Änderungen vorgesehen: Abtreibungen bis zur zwölften Woche sollten nicht länger strafbar sein, es sei denn, sie werden gegen den Willen der Schwangeren vorgenommen. Stattdessen sollte es künftig explizit verboten sein, eine Schwangere zum Austragen des Kindes zu „nötigen“. Dabei blieb allerdings offen, welches Verhalten als eine solche Nötigung geahndet würde. Weiter sollte die dreitägige Wartezeit nach der verpflichtenden Beratung entfallen. Auch eine Änderung des Sozialgesetzbuches war vorgesehen, damit die Krankenkassen künftig alle Kosten einer Abtreibung übernehmen müssen. Unter den Sachverständigen waren Mediziner, Juristen und auch der Geschäftsführer der Lebensrechtsorganisation 1000plus, Kristijan Aufiero. Die Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags zum rot-grün-roten Gesetzesvorhaben zur Legalisierung von Abtreibung startet gleich. Der 🧵 hier, der Bericht mit Hintergründen morgen auf @Corrigenda_. 👇 pic.twitter.com/upeBjGjL6y — Lukas Steinwandter (@LSteinwandter) February 10, 2025 Nach einer Debatte entschied der Rechtsausschuß, keine Abstimmung über den besagten Gesetzentwurf im Bundestag zu ermöglichen. Dafür wäre eine Sondersitzung nötig, für deren Beschluß es jedoch keine Mehrheit gibt. Union und FDP sind gegen eine solche Sondersitzung. Das Vorhaben sei „unvereinbar mit den Maßstäben, die das Bundesverfassungsgericht für eine Regelung des Schwangerschaftsabbruchs festgelegt hat“, erklärte der CDU-Bundestagsabgeordnete Günter Krings. SPD, Grüne und Linke hatten sich stark für das Vorhaben eingesetzt. Rechtspolitikerin Wegge und die Grünen-Frauensprecherin Schauws fürchteten zudem, es könnten sich bei einer Abstimmung „Zufallsmehrheiten mit der AfD“ ergeben. Das sei aber eine „rote Linie“, die sie nicht überschreiten wollen. Die AfD lehnt die Legalisierung von Abtreibungen allerdings ab. Auch wenn der Gesetzentwurf nun vorerst nicht zur Abstimmung in den Bundestag kommt, bleiben Lebensschützer besorgt. Bis zur Konstituierung des neuen Bundestags könnten die Parteien, die den Gesetzentwurf durchboxen wollen, eine Sondersitzung des Rechtsausschusses erzwingen. Das Vorhaben könnte somit doch noch zur Abstimmung im Plenum landen. (zit) | JF-Online | Grüne, Linke und SPD müssen eine Schlappe einstecken. An der aktuellen gesetzlichen Regelung von Abtreibungen wird vorerst nichts geändert. Zum Jubeln ist es aber noch zu früh. | Abtreibungen | Deutschland | 2025-02-11T17:03:27+01:00 | 2025-02-13T16:52:11+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2025/abtreibungen-bleiben-vorerst-strafbar/ |
Gabriel: Merkel hat „Ehre Deutschlands gerettet“ | BERLIN. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat laut dem früheren SPD-Chef Sigmar Gabriel mit ihrem Machtwort zu Thüringen „die Ehre Deutschlands gerettet“. In Thüringen sei ein Schaden eingetreten, der sich nicht mehr reparieren lasse, sagte Gabriel im Gespräch mit der Welt. „Aber es hätte auch ein Schaden für ganz Deutschland werden können, wenn das so dabei geblieben wäre. Und daß die Kanzlerin da eingeschritten ist, das ist aus meiner Sicht wirklich zur Ehrenrettung Deutschlands passiert.“ Schließlich gehe es bei der ganzen Angelegenheit nicht um irgendwen, sondern um die „Höcke-AfD“. Das seien diejenigen, die sich in Buchenwald lustig machten und die deutsche Geschichtsschreibung zu Auschwitz umschreiben wollten, behauptete der ehemalige Vize-Kanzler und Wirtschaftsminister. Gabriel: AfD ist aus FDP entstanden Gerade die FDP, aus der die AfD seiner Meinung nach entstanden sei, und die nach dem Zweiten Weltkrieg „viele alte Nazis“ unter ihren Mitgliedern gehabt habe, müßte besser wissen, vor welcher historischen Verantwortung sie stehe. Merkel hatte am Donnerstag aus Südafrika gefordert, die Wahl Thomas Kemmerichs (FDP) zum Ministerpräsidenten von Thüringen rückgängig zu machen. Der Vorgang sei „unverzeihlich“ und deshalb müsse „auch das Ergebnis wieder rückgängig gemacht werden“. Die Wahl Kemmerichs sei ein „schlechter Tag für die Demokratie“ gewesen, klagte Merkel. Wenig später kündigte der FDP-Politiker nach nur 25 Stunden im Amt seinen Rücktritt an. (krk) | JF-Online | Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat laut dem früheren SPD-Chef Sigmar Gabriel mit ihrem Machtwort zu Thüringen „die Ehre Deutschlands gerettet“. Schließlich gehe es bei der ganzen Angelegenheit nicht um irgendwen, sondern um die „Höcke-AfD“. | Deutschland | 2020-02-07T12:44:44+01:00 | 2020-02-07T12:44:44+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2020/gabriel-merkel-hat-ehre-deutschlands-gerettet/ |
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Filme lieber ungewöhnlich | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Dietmar Mehrens | Die diesjährigen Oscar-Nominierungen sind da. Gleich mehrere Filme mit zeitgeistigen Themen sind heiße Favoriten im Rennen um den begehrten Preis. Dabei wird Extravaganz diesmal großgeschrieben. | Film,Oscars | Gesellschaft | 2025-01-27T14:01:29+01:00 | 2025-01-27T14:01:29+01:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2025/filme-lieber-ungewoehnlich/ |
Separatistische Bestrebungen in Linz | Es wird immer deutlicher: Zwischen der weltweiten römisch-katholischen Kirche und der katholischen Diözese Linz gibt es große Unterschiede. Weltweit bestimmt der Papst, wer zum Bischof geweiht wird. Im österreichischen Linz können das Kirchenvolk und der Diözesanklerus die Rücknahme der päpstlichen Ernennung erzwingen – so geschehen im Februar dieses Jahres hinsichtlich des designierten Weihbischofs, Pfarrer Gerhard Maria Wagner. In der katholischen – wörtlich übersetzt: „umfassenden“ – Kirche gilt außerhalb der mit Rom unierten Ostkirchen die Zölibatsverpflichtung der Priester. In Linz kann ein Pfarrer öffentlich gestehen, daß er ein Verhältnis mit einer Frau hat, ohne daß er sein Amt als Pfarrer deshalb niederlegen muß. Hier sind offensichtlich separatistische Bestrebungen im Gang, die auf eine Loslösung von Rom hinzielen. Josef Friedl (65), Pfarrer von Ungenach, war einer derjenigen, die Druck auf Diözesanbischof Ludwig Schwarz ausübten, um die Weihe von Pfarrer Wagner zu verhindern. Man befürchtete, daß Wagner, der einen sehr konservativen Ruf genießt, in der schon lange als liberal geltenden Diözese Linz einen neuen Kurs einschlagen würde. Pfarrer Friedl bekannte sich zu seiner Lebensgefährtin Im Zusammenhang um die Ernennung Wagners bekannte sich Pfarrer Friedl dann öffentlich zu seiner Lebensgefährtin. Das Amt des Dekans, das er ebenfalls innehatte, musste er daraufhin niederlegen; doch als Pfarrer blieb er weiterhin im Amt. Im Normalfall stellt die Kirche den Betroffenen in einem solchen Fall vor die Wahl: Entweder muß die Beziehung beendet oder das priesterliche Amt niedergelegt werden. Vor einer Woche gab nun der Linzer Bischof bekannt, Friedl habe sich für das Priesteramt entschieden. Pfarrer Friedl hingegen betonte mehrfach gegenüber der Presse: „Mit mir hat noch niemand gesprochen, weder der Herr Bischof noch jemand anderer aus der Diözese. Ich wundere mich darüber auch nicht.“ Wer sagt hier jetzt die Wahrheit? Auch für kommende Woche sind wieder Gespräche zwischen dem Bischof und seinem aufmüpfigen Pfarrer angekündigt. Ich bin gespannt, ob sich der Pfarrer von Ungenach endlich entscheiden kann. Ebenso frage ich mich, wie lange Bischof Schwarz sich noch auf der Nase herumtanzen lässt. Wann spricht er ein Machtwort und sorgt dafür, daß wieder „katholische Zustände“ einkehren? | Georg Oblinger | Es wird immer deutlicher: Zwischen der weltweiten römisch-katholischen Kirche und der katholischen Diözese Linz gibt es große Unterschiede. Weltweit bestimmt | Kolumne | 2009-06-28T16:37:00+02:00 | 2009-06-28T16:37:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kolumne/2009/separatistische-bestrebungen-in-linz/ |
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WikiLeaks: Menschenrechte oder Informationsterror? | Es ist nicht verwunderlich, daß Angela Merkel und Guido Weserwelle pikiert sind, wenn sie in den jüngst von WikiLeaks veröffentlichten, eigentlich vertraulichen Dokumenten aus amerikanischen Diplomatenkreisen lesen müssen, was außer ihnen jeder weiß (daß man erstere nämlich für „unkreativ“, letzteren für „eitel“ und „inkompetent“ hält); von höchstem Interesse sind die bei der „investigativen“ Online-Plattform publizierten Informationen aber allemal. Wenn etwas vom gesamten politischen Establishment derart einhellig verurteilt wird – die Reaktionen reichen von „Cocktailgeschwätz“ (Horst Seehofer) bis zum „11. September der internationalen Diplomatie“ (Italiens Außenminister Frattini) –, dann ist wohlwollende Aufmerksamkeit geboten. Exzentrischer Autokrat mit hehren Zielen Gewiß ist die Methode fragwürdig, mit der WikiLeaks an die ungeheuren Mengen von Daten gelangt, die eigentlich „top secret“ sind. Man hat verinnerlicht, daß Verrat schädlich und schändlich ist, und wer nicht nur in moralischen, sondern auch in politischen Kategorien denkt, weiß, daß zur staatlichen Souveränität auch eine gewisse Steuerung von Informationsflüssen gehört; und doch ist der exzentrische und autokratische WikiLeaks-Gründer Julian Assange, der nun sogar (wegen angeblicher Sexualdelikte) von Interpol gesucht wird, tatsächlich so etwas wie ein globaler Freiheitskämpfer. Ein bißchen wie Michael Kohlhaas, aber doch mehr wie Robin Hood, der „gute Räuber“. Ein Räuber bleibt er trotzdem, aber seine Daten-Raubzüge kratzen an der Macht der Herrschaftsapparate und sind mit staatlichen Spitzeleien überhaupt nicht zu vergleichen, weshalb – ausgerechnet! – Wolfgang Schäubles Stasi-Vergleich so scheinheilig wie absurd ist. Und Westerwelles moralische Auslassung, daß Menschen in Diktaturen wegen solcher Enthüllungen an Leib und Leben gefährdet seien, klingt ähnlich überzeugend wie die klassische Mittagstisch-Ermahnung, den Teller leer zu essen, weil in Afrika die Menschen verhungern. Merkwürdigerweise sind die armen Menschen, die der Außenminister vor WikiLeaks schützen zu müssen glaubt, in Gestalt chinesischer Dissidenten an diesem Projekt selbst beteiligt. Enthüllungen unterscheiden nicht zwischen Demokratie und Diktatur Überhaupt ist erwähnenswert, daß die Enthüllungsplattform keinen Unterschied zwischen Demokratien und Diktaturen macht, was ihr etwa von der Federation of American Scientists vorgeworfen wird. Deren naiv-theoretischer Einwand, in demokratischen Staaten habe der Bürger Grundrechte, die er gegenüber dem Staat geltend machen könne, weshalb die unerlaubte Veröffentlichung von Geheimdokumenten nicht gerechtfertigt sei, wird durch das fortwährende, offenbar „systemrelevante“ Vorkommen der von WikiLeaks dokumentierten Fälle entkräftet. Theorie und Praxis klaffen in den westlichen Demokratien bereits zu weit auseinander, und die jüngsten Enthüllungen entlarven manche politisch-ideologischen Konstrukte immer mehr als reine Machtapparate. Deshalb – und nicht etwa wegen der „Vertrauensverluste innerhalb der internationalen Diplomatie“ – reagiert die politische Klasse so empfindlich. Mit Ausnahme des grün-alternativen Flügels, dessen auffälliges Schweigen darauf beruht, daß dieser Teil des Apparates als besonders authentische Instanz der Bürger- und Zivilgesellschaft gesehen werden will. Der „gläserne Bürger“ wehrt sich Wenn eine private, ehrenamtlich tätige und durch Spenden finanzierte Initiative mit einem jährlichen Budget von 600.000 Dollar innerhalb kürzester Zeit Hunderttausende geheimer Daten zu publizieren und damit ein weltweites politisches Erdbeben auszulösen vermag, zeigt dies, auf wie tönernen Füßen die unbezwingbar scheinenden Riesen stehen, die einen Internet-Guru als Staatsfeind ansehen müssen. Man kann WikiLeaks als Gegenbewegung zur Durchleuchtung des „gläsernen Bürgers“ verstehen: Der Bürger, der seine Privatsphäre dem immer anmaßender auftretenden Zugriff der Staaten und globalen Unternehmen preisgegeben sieht, geht in die Offensive, indem er deren geheime Daten ebenfalls durchleuchtet. Über die reine Publikation hinaus hat er, anders als Staat und Wirtschaft, keine Möglichkeit, diese zu verwenden; er stellt sie einfach ins Netz, zieht dem Kaiser die Kleider aus und läßt ihn genauso nackt dastehen wie er selbst in dessen Augen schon ist. | Baal Müller | Es ist nicht verwunderlich, daß Angela Merkel und Guido Weserwelle pikiert sind, wenn sie in den jüngst von WikiLeaks veröffentlichten, eigentlich | Kolumne | 2010-12-01T17:45:00+01:00 | 2013-12-03T18:43:29+01:00 | https://jungefreiheit.de/kolumne/2010/wikileaks-menschenrechte-oder-informationsterror/ |
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Immer mehr Migranten reisen illegal nach Deutschland | BERLIN. Die Bundespolizei hat im Juli 10.714 illegal Einreisen festgestellt. Damit stieg die Zahl im Vergleich zu den Vormonaten und dem Vorjahreszeitraum weiter an. Im Mai und Juni reisten noch 9.461 beziehungsweise 8.532 Personen unerlaubt nach Deutschland ein. Im Juli 2022 lag die Zahl bei rund 9.500. Insgesamt kamen den Angaben zufolge von Januar bis Juli 2023 rund 56.000 Migranten illegal nach Deutschland. Das ist für die ersten sieben Monate dieses Jahres fast so viel wie im gesamten Jahr 2021 mit etwa 58.000 Personen. Im vergangenen Jahr lag der Wert bei insgesamt rund 92.000. „Diese Zahlen sind ein weiterer Beleg dafür, daß die von der Ampelregierung beim letzten Flüchtlingsgipfel vorgeschlagenen Maßnahmen nicht greifen“, kritisierte der Chef der Bundespolizeigewerkschaft (DPolG), Heiko Teggatz, gegenüber der Bild-Zeitung. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte vor wenigen Tagen gesagt: „Wir übernehmen uns gerade mit der Integration, auch was die zwingend notwendige Integration in den Arbeitsmarkt betrifft.“ Zuwanderer ohne Perspektive in Deutschland solle man „so schnell wie möglich“ wieder zurück in ihre Heimat abschieben. Die Bundesregierung will am Mittwoch über die geplanten Reformen für schnellere Einbürgerungen entscheiden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) legte dazu einen Gesetzesentwurf vor. (ca) | JF-Online | Die Zahl der illegalen Einreisen nach Deutschland steigt und steigt. Für den Juli steht ein neuer Höchstwert zu Buche. Bundesinnenministerin Faeser plant, Migranten leichter einzubürgern. | Migranten | Deutschland | 2023-08-23T13:59:43+02:00 | 2023-08-23T13:59:43+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/brd-illegale-migranten/ |
Unternehmen bangen um Existenz – Regierung rechnet mit starker Rezession | BERLIN. Zahlreiche deutsche Unternehmen bangen wegen der Folgen der Corona-Krise um ihre Existenz. Demnach könnten etwa die Hälfte der Firmen höchstens sechs Monate überstehen, das hat das Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) hat herausgefunden „Das sind beunruhigende Zahlen, die auf eine kommende Pleitewelle hindeuten“, resümierte der Leiter der Ifo-Befragungen, Klaus Wohlrabe. Den Einzelhandel würde es besonders heftig treffen. 63,2 Prozent gaben an, höchstens ein halbes Jahr durchhalten zu können. Auch 56 Prozent den Dienstleistern würde es so gehen. Etwas stabiler steht laut der Umfrage die Industrie mit 48 Prozent da. Der Bau zeige sich derzeit am robustesten, doch auch dort müßten 45,4 Prozent der Unternehmen spätestens nach einem halben Jahr die Pleite anmelden. Regierung geht von stärkerem Einbruch als nach der Finanzkrise aus Die Bundesregierung geht unterdessen von einem stärkeren Wirtschaftseinbruch als bei der weltweiten Finanzkrise vor zehn Jahren aus. Demnach sei eine Verminderung des Bruttoinlandprodukts um 6,9 Prozent zu erwarten. Am Donnerstag beraten Bund und Länder über mögliche Lockerungen. Mehrere Wirtschaftsverbände haben hinsichtlich dieses Treffens dafür appeliert, die Wirtschaft zügig wieder anzufahren.Laut der Nachrichtenagentur dpawarnten sie in einem Schreiben an den Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) vor schwerem wirtschaftlichen Schaden. „Jede Woche, die der Lockdown weiter andauert, kostet die deutsche Volkswirtschaft einen mittleren zweistelligen Milliardenbetrag an Wertschöpfung“, mahnten die Verbände. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), riet davon ab, sich Hoffnungen auf eine schnelle Rückkehr zur Normalität zu machen. Die Politik dürfe den Spielraum für weitere Lockerungen nicht überreizen. „An diesem 30. April wird es wichtige vorbereitende Beratungen und sehr begrenzte Beschlüsse geben“, bekräftigte auch Regierungssprecher Steffen Seibert. (zit) | JF-Online | Zahlreiche deutsche Unternehmen bangen wegen der Folgen der Corona-Krise um ihre Existenz. Etwa die Hälfte der Firmen könnte höchstens sechs Monate überstehen. Die Bundesregierung geht unterdessen von einem stärkeren Wirtschaftseinbruch als bei der weltweiten Finanzkrise vor zehn Jahren aus. | Wirtschaft | 2020-04-29T16:39:53+02:00 | 2020-04-29T16:41:32+02:00 | https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2020/unternehmen-bangen-um-existenz-regierung-rechnet-mit-starker-rezession/ |
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„Haltung“ Made in Germany | Mit der Ära Merkel hat Deutschland seinen politischen Kompaß auf eine Politik der „Haltung“ ausgerichtet. Schon lange bestimmen Phrasen statt Inhalte den politischen Diskurs. Die Parole „Wir schaffen das!“ wurde zum Glaubensbekenntnis erhoben. Dabei paßt die inszenierte Klima-Hysterie, wie auch der Kult um die Schlepper-Kapitänin Carola Rackete in das neue deutsche Sendungsbewußtsein. Wir waren Papst, wir waren Weltmeister, jetzt sind wir Weltenretter! Wäre Deutschland ein Mensch aus Fleisch und Blut, würde man bei ihm anhand der Anamnese einen Helfer-Komplex diagnostizieren. Erst machen wir die Migration zur deutschen Chefsache, dann das Klima. Wir sind das neue Gewissen der Welt, wer diesen Regierungskurs kritisiert, und sei es jemand aus den eigenen Reihen, wird ins Abseits gestellt oder gar kriminalisiert. Während Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ein Ende des Solidaritätszuschlages per „Abschmelzmodell“ plant, bietet Außenminister Heiko Maas (SPD) dem Abschmelzen des Eises in der kanadischen Arktis kühn die Stirn. Und kaum aus dem Urlaub zurück, fordert die Bundeskanzlerin die Wiederaufnahme der staatlichen Seenotrettung auf dem Mittelmeer. Karma-Punkte für Deutschland Warum die europäische Seenotrettungsmission „Sophia“ im März dieses Jahres eingestellt worden war, scheint Angela Merkel nicht kommunizieren zu wollen. Denn das Ende des Marineeinsatzes vor der libyschen Küste resultierte aus einem Streit mit Italien über die weitere Flüchtlingsverteilung. Heiko Maas beschwört indes unermüdlich, der deutschen Vorreiter-Initiative zu folgen und Bootsmigranten aufzunehmen. Doch nur wenige Länder folgen dem Sirenengesang aus Berlin. Auf Einwände, die europäische Seenotrettung würde skrupellose Schleuser eher ermutigen, Menschen in hochseeuntaugliche Boote zu setzen, statt diesen Menschenhandel zu stoppen, reagiert Merkel wie gewohnt mit beharrlicher Ignoranz. Deutschland drängelt sich ganz nach vorne, an die Spitze des „Bündnisses der Hilfsbereiten“, schließlich gilt es, einen Titel zu verteidigen: Erst im Dezember lobte der deutsche Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR), Dominik Bartsch, die Rolle Deutschlands in der Migrationskrise als „vorbildlich“ und forderte, daß sich viele Staaten „in dieser Frage an Deutschland orientieren“. Wie gut, daß auch auf nichtstaatlicher Ebene eine deutsche Kapitänin an der Rettungsfront mitsegelt. Das gibt Karma-Punkte! Hypermoralismus Zu schade nur, daß Greta Thunberg keine Deutsche ist, werden sich so manche Politikberater voller Wehmut gedacht haben. Greta ist eben kein Gretchen, und doch nimmt die Tragödie ihren Lauf. Gemeinde um Gemeinde, Stadt um Stadt rufen den Klimanotstand aus, erklären entschlossen den Kampf gegen das CO2 und wundern sich, warum Deutschland als Wirtschaftsstandort immer unattraktiver wird. Defacto wird Deutschland nach und nach deindustrialisiert. Der Atomausstieg, die Angriffe auf die Autoindustrie, der Mangel an qualifizierten Facharbeitern: dies alles trägt zur Demontage der einst führenden Volkswirtschaft bei. Längst hat Deutschland seine Pole-Position in Forschung und Entwicklung eingebüßt. Der einstige Exportweltmeister exportiert nun „Haltung“ Made in Germany. Die Neuinterpretation des politischen Schlagwortes „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“ ist ein Sendungsbewußtsein des Hypermoralismus. Deutschland hat sich zum Weltenretter aufgeschwungen und merkt nicht, daß niemand Besserwisser mag. Wir zeigen mit dem bösen Finger sowohl auf Rußland als auch auf die USA und schießen uns damit ins diplomatische Aus. Dabei vergessen wir allerdings, daß eine Moral-Diktatur auch eine Diktatur ist. —————– Laila Mirzo wurde 1978 als Tochter einer Deutschen und eines kurdischen Syrers in Damaskus geboren und verbrachte ihre Kindheit auf den Golanhöhen. Sie arbeitet unter anderem als Kolumnistin und Buchautorin. | Laila Mirzo | Es ist das neue deutsche Sendungsbewußtsein: Wir waren Papst, wir waren Weltmeister, jetzt sind wir Weltenretter. Ob Klima oder Migration: Wir sind das neue Gewissen der Welt. Der neueste Exportschlager Made in Germany heißt Haltung. Ein Kommentar von Laila Mirzo. | Kommentar | 2019-08-19T16:38:26+02:00 | 2019-08-19T16:38:26+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2019/haltung-made-in-germany/ |
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Islamisten attackieren Asylbewerber-Paar | POTSDAM. Mit Empörung haben brandenburgische Politiker auf den islamistischen Überfall auf eine schwangere Asylbewerberin in Eisenhüttenstadt reagiert. „Die Täter müssen sofort abgeschoben werden“, forderte der brandenburgische CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski gegenüber der Bild-Zeitung. „Flüchtlinge dürfen in unserer Obhut nicht derart in Bedrängnis geraten.“ Nach einem Bericht des Focus waren etwa zehn Islamisten aus Tschetschenien in der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber in Eisenhüttenstadt in das Zimmer eines Paares aus dem Kaukasus eingedrungen und hatten auf den Mann und die Frau eingeschlagen. Wie das Magazin berichtet, traten sie dabei auch der schwangeren 23jährigen Zulikhan S. in den Bauch. Hintergrund der Ende Juli begangenen Tat soll angeblich „unsittliches Verhalten“ der beiden Opfer gewesen sein, weil die Frau kein Kopftuch getragen habe. Die beiden angegriffenen Asylbewerber mußten nach dem Überfall stationär im Krankenhaus behandelt werden. Laut Bild und Focus verlor die Frau durch die Attacke ihr ungeborenes Kind. Eine Sprecherin des Innenministeriums wies dies jedoch am Sonntag gegenüber der Nachrichtenagentur dpa zurück. „Traditionellen Werte des Islam“ Verantwortlich für die Tat soll ein 38 Jahre alter Islamist sein, der bereits schon früher versucht hat, in dem Heim die „Traditionellen Werte“ des Islam durchzusetzen. Er gehört offenbar der islamistischen Gruppierung „Kaukasus-Emirat“ an, zu der auch die beiden mutmaßlichen Boston-Attentäter Verbindung hatten. Der FDP-Landtags-Abgeordnete Hans-Peter Goetz fordert Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke auf, zu klären, ob es in dem Asylbewerberheim eine „Parallelwelt gibt, in der islamistische Tugendwächter herrschen“. Auch Grünen-Fraktionschef Axel Vogel verurteilte die Tat: „Wer in seinem Land religiös verfolgt wird, darf hier nicht vom Regen in die Traufe geraten. Dieser Vorfall ist unerträglich.“ (krk) | JF-Online | Mit Empörung haben brandenburgische Politiker auf den islamistischen Überfall auf eine schwangere Asylbewerberin in Eisenhüttenstadt reagiert. Die CDU forderte, die Täter umgehend abzuschieben. | Deutschland | 2013-08-05T09:42:00+02:00 | 2013-12-03T19:15:05+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2013/islamisten-attackieren-asylbewerber-paar/ |
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Mob lockt Polizei in Hinterhalt und greift Beamte an | Nach den massiven Ausschreitungen in Dietzenbach (Hessen) ermittelt die Polizei wegen Brandstiftung, Landfriedensbruch und versuchter Körperverletzung. Nach dem Angriff auf Feuerwehrleute und Polizeibeamte sind mehrere Streifenwagen zerstört. Der Schaden beträgt mindestens 150.000 Euro. „Ganz offensichtlich haben letzte Nacht rund 50 Gewalttäter unsere Einsatzkräfte in einen Hinterhalt gelockt“, sagte der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) bei einer Pressekonferenz in Wiesbaden. Kurz nach Mitternacht hatten Anwohner die Polizei alarmiert. Im Mespelbrunner Weg brannten Mülltonnen und ein Bagger. „Als Feuerwehr und Polizei eintrafen, wurden sie durch massive Steinwürfe attackiert“, sagt Henry Faltin vom Polizeipräsidium Südosthessen gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Die Steinewerfer attackierten die Helfer von einem Parkdeck aus. Die Polizei alarmierte weitere Kräfte nach. Ein Hubschrauber wurde zur Überwachung eingesetzt. Motiv noch unklar Die Beamten konnten sich nur mit Helm und Schild vor den Randalierern schützen. Zwei Stunden dauerte die Straßenschlacht. In der Nachsuche entdeckten die Polizisten auf dem Parkdeck, aber auch unter Büschen Steinhaufen. Die Fahnder gehen von rund 50 Angreifern aus. Drei Männer wurden festgenommen, zwei von ihnen später entlassen. Zu Motiven der Täter kann die Polizei noch nichts sagen. „Wir sind von der gestrigen Aktion überrascht“, sagt Faltin. „Es ist ein Wunder, daß niemand verletzt wurde, die Einsatzwagen sind Schrott.“ Ob der Gewaltausbruch im Zusammenhang mit einer Kellerräumung am Montag im Marktheidenfelder Weg zusammenhängt, ist unklar. Dort hatten Polizisten Diebesgut sichergestellt. Unter anderem 200 Fahrräder, Baumaschinen und ein Motorrad. „Wenn es so einfach wäre, würden wir uns freuen“, sagt Faltin. „Wir vermuten komplexere Zusammenhänge. Das können Drogengeschichten sein, oder Auswirkungen der US-Vorfälle. Wir ermitteln in alle Richtungen.“ Sicher ist, daß das Spessartviertel seit Jahrzehnten als ein sozialer Brennpunkt bekannt ist. In den fünf Hochhäusern leben rund 3.300 Menschen, 95 Prozent haben Migrationshintergrund, stammen aus 80 Nationen. Die meisten Bewohner sind allerdings aus der Türkei und Marokko. Die Täter sollen laut Polizei in dem Viertel wohnen. „Wir werden eine Arbeitsgruppe einsetzen, die Spuren auswerten. Der Hubschrauber hat in der Nacht tolle Fotos gemacht“, sagt Faltin. | Martina Meckelein | Nach den massiven Ausschreitungen in Dietzenbach (Hessen) ermittelt die Polizei wegen Brandstiftung, Landfriedensbruch und versuchter Körperverletzung. Nach dem Angriff auf Feuerwehrleute und Polizeibeamte sind mehrere Streifenwagen zerstört. Der Schaden beträgt mindestens 150.000 Euro. | Allgemein | 2020-05-29T15:57:50+02:00 | 2020-05-29T15:57:50+02:00 | https://jungefreiheit.de/allgemein/2020/mob-lockt-polizei-in-hinterhalt-und-greift-beamte-an/ |
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Grüne verkrachen sich wegen EU-Asylkompromiß | BERLIN. Nach der Zustimmung der Bundesregierung zu einer Verschärfung des EU-Asylrechts, haben sich Teile der Grünen empört gezeigt. „Mehr Leid. Mehr Elend. Mehr Gewalt. Keine einzige Verbesserung für Flüchtende. Wir sind wütend“, schrieb etwa die Grüne Jugend auf Twitter. Mehr Leid.
Mehr Elend.
Mehr Gewalt. Keine einzige Verbesserung für Flüchtende. Wir sind wütend.#GEAS — GRÜNE JUGEND (@gruene_jugend) June 9, 2023 Der Vorsitzende der Parteijugend, Timon Dzienus, monierte, die Ampelkoalition sei an ihren eigenen Ansprüchen gescheitertert. „Diese Einigung schafft keine Verbesserung an den europäischen Außengrenzen, sondern führt zu einer weiteren Verschlechterung für die Menschen.“ Die Parteibasis hatte sich zuvor schon mit einem Protestbrief an die Führungsspitze gewandt und darum gebeten, dem Vorstoß nicht zuzustimmen. Auch grüne Landesminister unterschrieben den Appell. Doch nicht einmal die Parteispitze ist sich einig. Während der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour eine Verschärfung des EU-Asylrechts unterstützt, kritisierte seine Co-Chefin Ricarda Lang, die Einigung werde „dem Leid an den Außengrenzen nicht gerecht und schafft nicht wirklich Ordnung“. Auch im EU-Parlament zeigten sich Grünen-Abgeordnete fassungslos. „Die EU-Mitgliedstaaten haben ihren moralischen Kompaß verloren“, wetterte der Sprecher der deutschen Grünen in Brüssel, Rasmus Andresen. „Es ist beschämend, daß auch die deutsche Innenministerin Nancy Faeser mit Zustimmung der Ampel-Koalition diesem Vorschlag zugestimmt hat.“ Diese Einigung ist ein Fehler. Kaum eine der Prioritäten der deutschen Bundesregierung ist erfüllt worden, die Verhandlungen waren für Deutschland nicht erfolgreich. Es gab einen Durchmarsch rechter Positionen. Es gab noch gestern die Absprache diesem Ergebnis nicht zuzustimmen.… — Erik Marquardt (@ErikMarquardt) June 8, 2023 Der EU-Parlamentarier Erik Marquardt nannte den Kompromiß gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland einen „Durchmarsch populistischer Positionen“ mit deutscher Zustimmung. Das sei ein großer Vertrauensbruch. Die Reformpläne der EU sehen einen schärferen Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive vor. So sollen Einwanderer aus Ländern, die eigentlich als sicher gelten, nach ihrer Ankunft zunächst ihn Aufnahmeeinrichtungen verbracht werden, die Kritiker des Vorstoßes als haftähnlich skizzieren. Binnen zwölf Wochen soll dann geprüft werden, ob sie Aussicht auf Asyl haben, wenn nicht, werden sie sofort zurückgeschickt. Mitgliedsstaaten, die keine Asylbewerber aufnehmen wollen, möchte die EU zudem zu Ausgleichszahlungen verpflichten. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verteidigte die Einigung gegen Vorbehalte. „Daß die EU trotzdem zusammenfinden kann, ist gerade in einer Zeit, in der wir als Union zusammenstehen müssen, ein Wert“, gab er zu bedenken. Ich habe hohe Achtung vor denen, die aus humanitären Gründen zu anderen Bewertungen kommen. Ich hoffe, sie sehen auch, dass es Gründe gibt, dieses Ergebnis anzuerkennen.“ (zit) | JF-Online | Muß das Asylrecht verschärft werden, wie die EU es nun plant? Diese Frage läßt bei den Grünen die Fetzen fliegen. Nicht einmal die Parteichefs sind sich einig. | Grüne | Deutschland | 2023-06-09T12:42:20+02:00 | 2023-06-09T12:42:20+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/gruene-verkrachen-sich/ |
Polizeigewerkschaft empört über Linken-Fraktionschef Gysi | BERLIN. Die Deutsche Polizeigewerkschaft hat Linken-Fraktionschef Gregor Gysi vorgeworfen, mit seinen Äußerungen linke Gewalttaten zu provozieren. „Durch eine solche Aussage fühlen sich Linksextremisten in ihrem Treiben legitimiert und ermuntert“, sagte Gewerkschaftschef Rainer Wendt der JUNGEN FREIHEIT. Er sei „einigermaßen entsetzt“ über Gysis Ansichten. Der Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag hatte zuvor in einem Interview mit der Huffington Post beklagt, daß dem Linksextremismus in Deutschland zuviel Aufmerksamkeit gewidmet werde. „Der Rechtsextremismus wendet sich immer gegen Schwache, der Linksextremismus gegen Starke. Ich verurteile Gewalt. Aber ich mache da einen Unterschied. Es ist eine ganz andere Herausforderung, Starke anzugehen.“ „Gewalt ist immer verachtenswert“ Wendt reagierte empört auf die Äußerungen. „Gewalt, egal gegen wen sie sich richtet, ist immer verachtenswert. Wenn eine solche Sichtweise aus der parlamentarischen Mitte geäußert wird, braucht man sich über manche Entwicklungen in diesem Land nicht mehr zu wundern“, kritisierte der Polizeigewerkschafter. „Herr Gysi ist der lebende Beweis dafür, daß Deutschland einen starken Verfassungsschutz braucht.“ Wendt wies zudem auf einen Brandanschlag hin, bei dem am frühen Dienstagmorgen in Berlin vier Autos angezündet worden waren, darunter ein Dienstfahrzeug der Bundespolizei. Derzeit prüft der polizeiliche Staatsschutz, ob es sich um eine politische Tat handelt. „Sollte sich ein politisches Motiv bewahrheiten, sind das genau die Auswirkungen, die Herr Gysi mit seinen Aussagen provoziert“, warnte Wendt. Union wirft Gysi Verharmlosung vor Scharfe Kritik kam auch von der Union. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer (CSU) warf Gysi vor, die Gefahr des Linksextremismus herunterzuspielen. „Die verharmlosende und verklärte Sichtweise von Herrn Gysi auf den Linksextremismus kann ich nicht nachvollziehen und halte sie für gefährlich. Es ist immer gefährlich, auf dem rechten oder eben linken Auge blind zu sein“, sagte Mayer gegenüber der JF. Der Verfassungsschutz beobachte zu Recht sowohl den Linksextremismus als auch den Rechtsextremismus. In der Linkspartei gebe Gruppierungen wie die „Linksjugend solid“, die ebenso wenig wie andere extremistische Strömungen auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung stünden, kritisierte der Innenexperte. So existierten beispielsweise beim Thema Antisemitismus mehr Gemeinsamkeiten zwischen „den Protagonisten im rechtsextremistischen, linksextremistischen, aber auch islamistischen Spektrum“, als diesen lieb sei. (krk) | JF-Online | Die Deutsche Polizeigewerkschaft hat Linken-Fraktionschef Gregor Gysi vorgeworfen, mit seinen Äußerungen linke Gewalttaten zu provozieren. „Herr Gysi ist der lebende Beweis dafür, daß Deutschland einen starken Verfassungsschutz braucht“, sagte Gewerkschaftschef Rainer Wendt. Scharfe Kritik kam auch aus der Union. | Deutschland | 2015-03-10T13:35:15+01:00 | 2015-03-10T15:19:05+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2015/polizeigewerkschaft-empoert-ueber-linken-fraktionschef-gysi/ |
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Schlacht um Awdijiwka: Quantität hat ihre eigene Qualität | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Ferdinand Vogel | Die ukrainische Stadt Awdijiwka liegt in Trümmern und die Front entwickelt sich zu einem Friedhof. Doch Kiew hält weiterhin am Maximalziel fest, während Moskau geschickt taktiert. Ein Lagebericht von Ferdinand Vogel. | awdijiwka,Ukraine | Ausland | 2023-11-29T11:27:23+01:00 | 2023-11-29T11:27:23+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2023/schlacht-um-awdijiwka-quantitaet-hat-ihre-eigene-qualitaet/ |
„Minarette sind Machtanspruch“ | Plakat der Anti-MinarettsinitiativeMitbegründer Ulrich Schlüer Fotos: JF, Privat Herr Schlüer, wird Ihre Volksinitiative „Für ein Bauverbot von Minaretten“ am Sonntag erfolgreich sein? Schlüer: Wie eine Abstimmung ausgeht, ist so lange offen, bis die letzte Stimme ausgezählt ist. Immerhin hat die Debatte inzwischen ein Ausmaß angenommen, das auch für die an Volksabstimmungen gewöhnte Schweiz Ausnahmecharakter hat. Die Informations- und Diskussionsveranstaltungen zum Thema sind außergewöhnlich gut besucht, in den Medien werden überdurchschnittlich viele – die Initiative mehrheitlich befürwortende – Leserbriefe publiziert, Radio und Fernsehen berichten intensiv, und sogar im Ausland findet unsere Initiative große Beachtung. Die Initiative bewegt das Volk außerordentlich. Klar, daß wir als Initianten überwiegend positive Stimmen zu unserer Initiative vernehmen. Warum ist das Interesse so überwältigend? Schlüer: Weil die Bürger spüren, daß die in ganz Westeuropa stattfindende Islamisierung, über die es bisher keine demokratische Debatte gab, unter dem Stichwort Political Correctness von Politikern und Medien verdrängt wurde – obwohl sie jeden Einzelnen zutiefst betrifft. „Wir haben lediglich eine reale Bedrohung visualisiert“ Ihre Initiative hat für viel Empörung gesorgt, nicht nur in der Schweiz. Der britische „Independent“ fragt, ob Ihr Land damit nicht zum „Herz der Finsternis“ Europas geworden sei. Mehrere Schweizer Städte haben gar versucht, Ihre Plakate gerichtlich zu verbieten. Schlüer: Es kam tatsächlich zu maßlosen Vorwürfen gegen uns – besonders wegen des Abstimmungsplakats. Darauf haben wir lediglich eine real existierende Bedrohung visualisiert – offensichtlich so, daß die Botschaft verstanden wurde. Daraufhin wurde versucht, uns per Gericht mundtot zu machen. Das allerdings ist gründlich schiefgegangen: Im Grunde können wir uns im nachhinein die Hände reiben. Die Kopflosigkeit der Gegenkampagne hat unserem Anliegen eine Medienaufmerksamkeit beschert, die wir als Werbekampagne niemals hätten bezahlen können. Und mit Ausnahme der Stadt Basel sind in der deutschen Schweiz alle Verbotsversuche gescheitert. Mit Erfolg haben Sie auch wieder ein Computerspiel eingesetzt. Schlüer: Nach den guten Erfahrungen mit dem „Zottel“-Spiel der Schweizerischen Volkspartei 2007, bei dem der Spieler mit dem Geißbock „Zottel“ von einer Schafweide, die die Schweiz darstellt, die schwarzen Schafe – stellvertretend für kriminelle Ausländer – hinunterzuexpedieren hatte, muß er in unserem Spiel „Minarett-Attack“ schnell und steil in den Himmel schießende Moscheetürme mitsamt Muezzin verhindern. Allerdings kann man das Spiel gar nicht gewinnen. Schlüer: Damit die Wirklichkeit nicht dem Spiel folgt, schließt das Spiel mit dem Aufruf, mit „Ja“ zum Minarettverbot zu stimmen. Beobachter sagen allerdings voraus, daß Ihre Vorlage trotz der enormen Beachtung, die sie gefunden hat, abgelehnt werden wird. Schlüer: Keiner weiß, wie die Abstimmung ausgeht. Wir rechnen uns jedenfalls gute Chancen aus. In der Schlußphase mobilisieren wir selbstverständlich noch alle unsere Reserven. „Keiner weiß, wie am Sonntag die Abstimmung ausgeht“ Was, wenn Sie Erfolg haben? Schlüer: Dann gibt es in der Schweiz zu den bisher vier Minaretten keine weiteren mehr und sicher auch keinen Muezzin. Was allerdings nichts am Prozeß der Islamisierung ändert. Schlüer: Natürlich lösen wir nicht alle Probleme über Nacht. Aber das Signal wäre unübersehbar: Jeder Politiker, jedes Behördenmitglied müßte erkennen, daß das Laisser-faire in Sachen Islamisierung der Schweiz vom Volk zutiefst mißbilligt wird. Kein Politiker könnte das übersehen. Er wird vielmehr erkennen: „Wenn ich den Volkswillen mißachte, ist meine Wiederwahl gefährdet.“ Solche Einsicht wirkt auf jeden Politiker. Dazu noch ein Beispiel: Vor wenigen Jahren wurde eine Volksinitiative für die lebenslange Verwahrung schwerer Sexual-Gewaltstraftäter gestartet. Sie wurde von der Politik nie ernstgenommen. Der Tenor war: Die paar Frauen, die hinter der Initiative stehen, finden doch nie eine Mehrheit. Doch die Vorlage wurde vom Volk angenommen. Seitdem vergeht keine Parlaments-Session, ohne daß nicht von allen Parteien neue Vorschläge gegen Gewaltkriminalität und zur Verschärfung des Strafrechts eingereicht werden. Der überraschende Erfolg dieser Initiative fuhr den Politikern so in die Knochen, daß die Politik zu Kriminalität und Strafrecht völlig verändert wurde. Gleiches wird die Minarettverbots-Initiative bewirken. >> <---newpage---> Das Argument Ihrer Kritiker, mit einem Minarettverbot verhindern Sie die Integration der Schweizer Muslime, ist allerdings nicht von der Hand zu weisen. Schlüer: Irrtum. Das Minarett ist die Speerspitze der politischen Islamisierung. Minarette sind kein Mittel der Integration, sie markieren den politischen Machtanspruch, der das islamische Scharia-Recht als Parallelrecht durchsetzen will. Damit wird Integration verhindert. Die Schweiz ist eine reine Willensnation Sie sagen, im Grunde sei die Schweiz sogar noch mehr bedroht als andere Länder. Warum? Schlüer: Weil die Schweiz eine reine Willensnation ist: Eine eigentliche, in einem einzigen Volk verankerte Nation bilden die Schweizer nicht. Sie setzen sich zusammen aus vier Volksgruppen mit vier Sprachen, die ab dem Jahr 1291 ihren Willen Schritt für Schritt umgesetzt haben, ein eigenständiges Land sein zu wollen, fußend auf vier Säulen: Demokratie, Rechtsstaat, Unabhängigkeit und Neutralität. Diese die Schweiz konstituierenden Werte würden durch die Islamisierung des Landes ausgehebelt. Wer versucht, mit der Scharia ein Parallelrecht im muslimischen Bevölkerungsteil der Schweiz zu etablieren, gerät in unauflösbaren Widerspruch zu Rechtsstaat und Verfassung. Wer die politische Zivilisation der Schweiz unterläuft, stellt die ganze Schweiz in Frage. Ohne ihre grundlegenden Werte kann die Schweiz als selbständiges Land nicht überleben. Zu dieser Gesellschaftsgrundlage der Schweiz gehört allerdings auch die Religionsfreiheit. Schlüer: Ganz recht! Und gegen den Islam als Religion ist nichts einzuwenden; Religionsfreiheit gilt in der Schweiz auch für Moslems. Das Problem ist aber, daß der Islam seinen Anhängern auch verbindlich einzuhaltende Rechtsnormen in Form der Scharia auferlegt. Daraus resultieren zum Beispiel die heute rund 17.000 muslimischen Zwangsehen in der Schweiz. Das Recht entsteht in der Schweiz politisch – aus dem demokratischen Entscheidungsprozeß heraus. So sehr wir die Religionsfreiheit umfassend gewährleisten, so konsequent müssen wir fordern: Es gibt nur ein einziges Recht in der Schweiz. Und die demokratisch geschaffenen Regeln gelten vorbehaltlos für alle, die in der Schweiz Wohnsitz haben. Für Zwangsehe und Scharia ist da kein Platz. Will jemand muslimisches Parallelrecht in Form der Scharia hier einführen, dann gibt es nur eine Antwort: Wehret den Anfängen! Im Grunde wendet sich Ihre Initiative doch nur gegen das Symptom, nicht gegen die Ursache – nämlich die Masseneinwanderung. Schlüer: Die Minarettverbots-Initiative ist tatsächlich keine Einwanderungsstopp-Initiative. Doch längst nicht alle Muslime kommen in die Schweiz mit der Absicht, die Islamisierung voranzutreiben. Es gibt zweifellos nicht wenige, vor allem muslimische Frauen in der Schweiz, die froh und dankbar sind, in einem Land leben zu können, wo das Gesetz über der Religion steht, wo die Gleichheit aller vor dem Gesetz gelebt wird. Dennoch – und da haben Sie recht – kann man Islamisierung und Einwanderung nicht völlig voneinander trennen. Zunächst geht es jetzt darum, durchzusetzen, daß Schweizer Recht in der ganzen Schweiz vorbehaltlos wieder für alle gilt – auch für alle Einwanderer. „Dank uns redet nun jeder Politiker über die Islamisierung“ Ohne Minarette kann sich die Islamisierung allerdings um so unbemerkter vollziehen. Schlüer: Da bin ich klar anderer Meinung. Herde des Terrorismus sind in Europa die Ghetto-Vorstädte, wo es Minarette, aber keine einheimische Bevölkerung mehr gibt.Was aber, wenn die Initiative doch scheitert – unwahrscheinlich ist das nicht?Schlüer: Selbst dann wird sich der Kampf gelohnt haben. Unsere Initiative hat schon jetzt viel bewirkt. Die Islamisierung ist durch uns auf die Ebene eines erstrangigen Problems gerückt worden. Das kann nicht mehr rückgängig gemacht werden – wie immer die Abstimmung ausgeht. >> <---newpage---> Wie geht es bei einer Niederlage weiter? Schlüer: Das Initiativkomitee, nicht ich, wird entscheiden, wie je nach Ergebnis weiter zu verfahren ist. Warten wir das Ergebnis ab. Wichtig ist, daß bereits jeder Politiker zwischen Boden- und Genfersee betont, daß er sich in Zukunft den Problemen der Islamisierung stellen werde. Das ist in jedem Fall ein wichtiger Etappensieg. Die Initiative wird zwar von der Schweizerischen Volkspartei (SVP) maßgeblich getragen, wurde aber nicht von ihr initiiert. Warum? Schlüer: Der Anstoß zur Initiative kam aus jenen Gemeinden, wo Minarettbauten geplant wurden. Dabei geschah es, daß das Bundesgericht gegen den Willen betroffener Gemeinden und Bürger den Minarettbau durchgesetzt hat. Daraus resultierte die Entscheidung, die Minarettfrage mittels Volksinitiative auf die eidgenössische Ebene zu verlagern, wozu der Kontakt mit Parlamentariern, auch mit mir, geknüpft wurde. „Die Konzeptlosigkeit der Bürgerlichen hat mich enttäuscht“ Sie gelten als einer aktivsten konservativen Exponenten in der Schweizer Politik. Schlüer: Ich vertrete den Standpunkt, daß Wort und Tat übereinstimmen müssen. Altersmäßig bin ich ein Achtundsechziger. Ich habe die Studentenunruhen an der Zürcher Universität miterlebt – und war dabei vor allem von den lauen und konzeptlosen Gegenargumenten des bürgerlichen Lagers enttäuscht. Viel zu wenige erfaßten, daß es damals um eine weichenstellende Auseinandersetzung um Wertvorstellungen und Grundsätze für die Gesellschaft und für die Schweiz ging. Damals fiel bei mir der Entschluß, dem Begriff „konservativ“ neuen Inhalt, antwortend auf moderne Herausforderungen, zu geben und die dabei gewonnenen Standpunkte offensiv zu vertreten. Diese Haltung lag auch der Gründung der Zeitung Schweizerzeit im Jahre 1979 zugrunde – als damals einziger konservativer Stimme im Schweizer Pressewald. Brauchen wir in Zukunft eine europäische Volksinitiative gegen Minarettbau? Schlüer: Wir Schweizer sind zutiefst dem Prinzip verpflichtet, uns „nicht in fremde Händel einzumischen“. Das gilt auch bezüglich der Minarettverbots-Initiative. Wir suchen eine Lösung für die Schweiz. Wir wollen nicht durch alle Lande missionieren. Zudem fehlt in anderen Ländern, auch in Deutschland, das Instrument der Volksabstimmung. Warten wir ab, was am 29. November geschieht. Selbst bei einem Erfolg am Sonntag – die Schweiz bleibt von einer Islamisierung des übrigen Europa nicht unberührt. Ist das „fremde Händel“-Prinzip da noch zeitgemäß? Schlüer: Für den Erfolg ausschlaggebend ist, daß Maßnahmen gegen die Islamisierung aus der Bevölkerung in dem Land heraus entfaltet werden, wo Handlungsbedarf entsteht. Grenzüberschreitende Orientierung und Konsultation kann dabei von Nutzen sein. Taten aber müssen von jener Bevölkerung getroffen und durchgesetzt werden, die direkt betroffen ist. Dr. Ulrich Schlüer ist Mitgründer der Eidgenössischen Volksinitiative für ein Bauverbot von Minaretten, über deren Vorlage die Schweiz am Sonntag in einer Volksabstimmung zu entscheiden hat. Der SVP-Nationalratsabgeordnete und ehemalige Geschichtslehrer, Jahrgang 1944, gilt als einer der profiliertesten konservativen Aktivisten in der Schweiz. Zunächst Sekretär von James Schwarzenbach, dem populären rechtskonservativen Schweizer Vordenker der siebziger Jahre, gründete Schlüer 1979 die Zeitschrift Schweizerzeit, engagierte sich in zahlreichen konservativen Initiativen und ist heute Mitglied des Schweizer Parlaments für die Schweizerische Volkspartei (SVP). Von der Volksinitiative stammt auch das umstrittene Computerspiel „Minarett-Attack“. JF 49/09 | Moritz Schwarz | Der Publizist Henryk M. Broder hat das Ergebnis der Volksabstimmung über ein Minarettverbot in der Schweiz als Votum gegen die „Appeaser“ in Politik und Medien bewertet. Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Armin Laschet nannte es dagegen ein Glück, daß esin Deutschland keine Volksabstimmungen gebe. | Interview | 2009-11-29T15:21:00+01:00 | 2009-11-29T15:21:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/interview/2009/minarette-sind-machtanspruch/ |
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Fröhlich in die Barbarei | Die am 27. Oktober in Clichy-sous-Bois ausgebrochenen Krawalle, die sehr schnell auf weitere Städte des Departements übergriffen, und der Raubmord von Épinay-sur-Seine am selben Tag werfen vor dem Hintergrund der gewalttätigen Arbeitskämpfe gegen die Privatisierung der Schiffahrtsgesellschaft SNCM und der öffentlichen Nahverkehrsbetriebe, die seit über einem Monat Marseille lahmlegen, ein Schlaglicht auf vier hervorstechende Merkmale unserer Gesellschaft. Jedes für sich schlimm genug, erzwingen sie durch ihr Zusammentreffen eine Auseinandersetzung mit dem gegenwärtigen Zustand des französischen Modells, das – und zwar fröhlich – in die Barbarei abgleitet, soll heißen in die intellektuelle und gesellschaftliche Regression. Ihre spezielle Ausprägung erhält sie durch die Verbindung der Banalisierung von Gewalt mit dem Mißbrauch der Sprache, dem Versagen des Staates sowie dem Rückzug der verantwortlichen Eliten. Alltägliche Unhöflichkeiten, Gewalt gegen Personen und Eigentum, körperliche Angriffe, Lärmbelästigung, Drogenhandel, Molotow-Cocktails gegen die Ordnungskräfte, Steinwürfe auf Polizisten und Feuerwehrleute, Brandstiftung, Racheakte und hinterhältige Morde: Die Litanei der Gewalt verschlimmert sich in einem Maße, daß man in bestimmten als „schwierig“ verrufenen Vierteln nicht mehr vom Guerillakrieg, sondern vielmehr von der Barbarei in den Städten sprechen muß. Ihre Banalisierung, der die ständige Medienaufmerksamkeit Vorschub leistet, verwischt ihre pathologische Natur, deren Wucherungen die gesamte Gesellschaft zu infizieren drohen. Man kann in ihr nicht länger die Ausnahme sehen, die die Regel bestätigt, nämlich den Primat des Rechts, sondern sie ist selbst zur Regel geworden, ja zum Gesetz, das in den Vorstädten herrscht, nämlich das Recht des Stärkeren. Niemand wagt den offiziellen Zahlen zu widersprechen, obwohl alle wissen, daß sie zu niedrig sind. Dem Institut des Hautes Études de la Sécurité zufolge wird nur in 31 Prozent der Fälle von Gewalt gegen die Person Anzeige erhoben. Auch die Zahl der Eigentumsdelikte bleibt hoch, selbst wenn sich die Polizei brüstet, daß zwischen Januar und September im Großraum von Lyon nur achthundert Autos angezündet wurden, was im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang von acht Prozent bedeutet. Im Departement Seine-Saint-Denis brannten jede Nacht zwischen zwanzig und vierzig Autos, und es wurde mitgeteilt, daß seit Jahresbeginn neuntausend Polizeiwagen mit Steinen beworfen worden sind. In der Straßburger Region ist es mancherorts zum Brauch geworden, sich Weihnachten nicht mehr ums Kaminfeuer, sondern um die Karosserien ausgebrannter Wagen zu versammeln. Die verwüsteten Schulen, oft auch Kindergärten oder die geplünderten Vereinshäuser lassen sich schon nicht mehr zählen. Am meisten befremdet angesichts dieser Gewaltausbrüche, über deren Ursachen sich niemand einigen kann – von den Lösungen ganz zu schweigen -, die Gelassenheit, mit der die politischen Verantwortlichen und die Meinungsmacher das Maß dieser Maßlosigkeiten nehmen. Es hat den Anschein, als seien solche gesellschaftlichen Eruptionen mit Naturkatastrophen gleichzusetzen und als solche unvermeidbar, als bliebe unser Gemeinwesen unberührt von dem dramatischen Schauspiel, das es sich selber bietet. Gegenüber einer Demokratie, deren oberstes Gebot das der Sicherheit von Personen und Eigentum ist, darf jedoch keine derartige Gleichgültigkeit walten. Die Bewohner der guten Viertel, die ihren Reichtum schützen, mögen von ferne mitleidig auf das Elend ihrer ärmeren Mitbürger blicken, deren Viertel von Unsicherheit, Gewalt und Vernachlässigung verheert werden. Sie sollten nicht vergessen, daß diejenigen, die dort leben, ihre brennenden Autos und ihre verwüsteten Gebäude mit einem anderen Blick betrachten. Mancher von ihnen wäre gut beraten, einem solchen Blick zu begegnen. Wenn man nicht mehr wagt, den Dingen ins Gesicht zu sehen, ergreift man das Wort, um sie zu verschleiern. Soll heißen, in der Politik ist der Euphemismus eine Huldigung der Untugend an die Tugend: Wer Sprache dem eigenen intellektuellen Wohlbefinden zuliebe zur Beschönigung benutzt, mißbraucht sie. Semantische Manipulation ist nicht neu. Schon Thukydides berichtete von Beispielen aus der Zeit der griechischen Bürgerkriege: „Die Menschen begannen, um Taten zu beschreiben, willkürlich die gewöhnliche Bedeutung von Wörtern zu verändern.“ Alles, was der „Bürgerkrieg“ – wie soll man sonst beschreiben, was sich in den Banlieues abspielt, wenn die Repräsentanten des Staates als Feinde betrachtet werden? – stiftet, ist dem griechischen Historiker zufolge eine „Schule der Gewalt“. Sie verändert die Mentalität der Menschen durch eine Verweigerung der Wirklichkeit, in der sie leben, sowie eine gleichzeitige Verweigerung der Sprache, die sie in einer Art verbaler Auflehnung zum Ausdruck bringt. Deshalb, so lesen wir, gelte wahnwitzige Kühnheit als Mut, vorsichtiges Abwarten als Angst und Mäßigung als Maske der Feigheit (Der Peloponnesische Krieg, III, 82). Wenden wir diese Veränderungen des üblichen Wortsinns auf die Ausschreitungen an, die wir in den Vorstädten und anderswo erleben. In Frankreich wird statt von „Unruhen von „Schikanemaßnahmen“ die Rede sein; statt von „Kriminellen“ von „Jugendlichen“; statt von „Drogenhandel“ von „Parallelwirtschaft“; statt von „Seeräuberei“ vom „Kurswechsel des Schiffes“ oder der „Wiederherstellung des nationalen Wohls“; statt von „rechtlosen Zonen“ von „sensiblen Vierteln“; statt vom „Anschlag gegen das Recht auf Arbeit“ von einer „Bewegung der legitimen Forderung“ usw. Aus Angst, sich den Schwierigkeiten unserer Gesellschaft zu stellen, wagt man nicht mehr, die Dinge beim Namen zu nennen, und vergißt dabei, daß man, wie Boileau sagt, nichts benennen kann, „wenn es nicht sein Name ist“. Die Gutmenschen echauffieren sich, wenn der Innenminister von „Gesindel“ spricht oder von „null Toleranz“, und nehmen Anstoß an seiner „ultra-repressiven“ Ausdrucksweise und seinem „vo-luntaristischen“, „martialischen“ Tonfall. Gilt es jetzt nicht, „repressiv“ gegen rassistische Taten und antisemitische Ausschreitungen vorzugehen? Muß angesichts von Arbeitslosigkeit, Krankheit und Armut jeder politische „Wille“ zugunsten einer gesellschaftlichen Abulie preisgegeben werden? Oder müssen wir vielmehr durch sprachliche Rechtschaffenheit der sachlichen Richtigkeit Respekt zollen? Arnaud de Montebourg, der dem linken Flügel der Sozialistischen Partei angehört, empört sich, daß Sarkozy entwürdigende Begriffe für diejenigen verwende, an die sich seine Rede richtet. Ob diese Begriffe auf Drogenhändler, Brandstifter und Verbrecher zutreffen, diese Frage stellt er sich nicht. Die Definition von racaille (Gesindel), so der sozialistische Abgeordnete, der sein Wörterbuch zu Rate gezogen hat, laute „verachtenswerter Pöbel“. Doch wer trägt mehr Schuld: derjenige, dessen Worte ihn der Beachtung unwürdig machen, oder derjenige, dessen Taten ihn der Verachtung würdig machen? Was bei dieser Eskalation der Gewalt auf jeden Fall in Frage gestellt wird, ist die Existenz eines öffentlichen Raumes, an dem alle Bürger derselben Republik teilhaben und den sie respektieren können. Es fällt in die Verantwortung des Staates, einen solchen Raum durch das Erlassen von Gesetzen herzustellen oder durch Erziehung wiederherzustellen. Zugleich hat er die Sicherheit von Personen und Eigentum durch vorbeugende sowie bestrafende Maßnahmen zu gewährleisten. Nun haben sich die jeweiligen Regierungen seit mehreren Jahrzehnten geweigert, der Gewalt Herr zu werden, die sich ebenso gegen Privatpersonen wie gegen die Staatsmacht als solche richtet. Indem er sein von Max Weber definiertes Monopol auf legitime körperliche Gewalt organisierten oder Gelegenheitsbanden überläßt, verzichtet der Staat darauf, seine Hoheitsfunktion auszuüben sowie die Sicherheit seiner Bürger zu garantieren. Alle Theoretiker des modernen Staates haben ihn mit Machiavelli, Bodin oder Hobbes als „absolute und ewige Macht“ verstanden, nach Bodin die eigentliche Definition der res publica. Diese unterscheidet sich radikal von allen anderen Formen des Zusammenlebens, die gelegentlich der „Abschottung“ bezichtigt werden: Clans, Stämme, Rassen, religiöse Sekten, Banden etc. Das Wesen des Staates besteht demnach darin, Träger und Herr der Streit- und Polizeikräfte zu sein. Das macht ihn nicht etwa zum Polizeistaat, wie manche ihm in Erinnerung an Epochen vorwerfen, in denen der Willkür des Herrschers keine Grenzen gesetzt waren; solange er seine eigenen Bürger als Rechtssubjekte behandelt, um ihre Freiheit und ihre Gleichheit vor dem Gesetz sicherzustellen, handelt es sich um einen Rechtsstaat. Man kann bezweifeln, daß die dauernden Gewalttaten, die die Gesellschaft erschüttern, den Staat, die Demokratie und den öffentlichen Raum unversehrt lassen. Wenn man aus Kalkül, aus Schwäche oder aus Ohnmacht mehr und mehr rechtlose Zonen entstehen läßt; wenn der Polizei oder der Bereitschaftspolizei als Repräsentanten des Staates der Zutritt zu bestimmten Vierteln verwehrt oder sie als Provokateure verunglimpft werden; wenn sogar Feuerwehrmänner, manchmal auch Ärzte bei ihren Hilfeleistungen bedroht oder angegriffen werden, läßt sich durchaus auf ein Versagen des Staates schließen. Dessen Autorität wird hier nicht mehr herausgefordert oder verhöhnt, sondern zerstört. Der État de droit, der Rechtsstaat, unterwirft sich unmerklich dem état de fait, dem Tatbestand, wenn diejenigen, die Verantwortung für ihn tragen, nicht länger den Mut haben, zu sagen, was gesagt werden muß, und zu tun, was getan werden muß. Ebendiesen Zustand haben sowohl Hannah Arendt wie Alexander Solschenizyn vorausgesehen, wenn sie das „Schwinden des Mutes“ als politisches Hauptmerkmal zeitgenössischer Gesellschaften definierten. Der Mißbrauch der Sprache und der Verlust des Mutes führen unweigerlich dazu, daß die Menschen, die höchste Verantwortung tragen, sprich die zur Elite Auserkorenen, sich ihrer ersten Aufgabe entziehen: nämlich für ihre Worte und ihre Taten haften zu müssen – zuvorderst vor den Schwächeren und Ärmeren. Kriminelle fortlaufend als „Jugendliche“ zu bezeichnen, ist unverantwortlich, denn damit trifft die Schmach zum einen eine ganze Altersklasse, zum anderen alle Jugendlichen, die in den Armenvierteln leben. Wenn der Parteisprecher der Sozialisten, Julien Dray, erklärt, „Hunderte von Jugendlichen“ seien Opfer der Diskriminierung, sie seien „weder Gauner noch Gesindel“, beweist er dieselbe Verantwortungslosigkeit wie die Menschenrechtsorganisation SOS Racisme, die beklagt, daß „Jugendliche aus den Vierteln und Kriminelle in einen Topf geworfen“ würden. Denn in Wirklichkeit begünstigt gerade die allgemeine und systematische Verwendung des Begriffes „Jugendliche“ die Gleichsetzung von Bewohnern der betroffenen Orte und jenen, seien sie nun jugendlich oder weniger jugendlich, die tatsächlich und nicht nur nominell kriminell sind. Niemand ist je auf den Gedanken gekommen, die gesamte Bevölkerung der von der Gewalt betroffenen Vorstädte für schuldig zu erklären. Gerade die Bewohner dieser Banlieues werden Tag für Tag Opfer dieser Ausschreitungen. Genauso unverantwortlich ist es, die Gewalttaten in Clichy-sous-Bois und anderen Orten herunterzuspielen und sie einem Minister der Republik anzulasten statt den Akteuren, wie es der ehemalige sozialistische Premierminister Laurent Fabius tat, als er Sarkozy vorwarf, ein „furchtbares Klima“ in den Banlieues geschürt zu haben. Noch unverantwortlicher – und unwürdiger – ist es, den Tod der beiden Jugendlichen, die in Panik gerieten und in ein Transformatorhäuschen flüchteten, wo sie einen Stromschlag erlitten, zu instrumentalisieren, um die Polizei, die Regierung und den Staat anzuklagen, obwohl es sich um einen unglücklichen Unfall handelte. Schließlich ist es nicht nur unverantwortlich, sondern ungerecht, ja skandalös, mit zweierlei Maß zu messen, wenn man im Namen des Mitgefühls und der Gerechtigkeit zu sprechen behauptet. In Clichy-sous-Bois fand in Anwesenheit des Bürgermeisters ein Trauermarsch mit 500 Teilnehmern für die beiden verunglückten Jugendlichen statt. Es ist nichts darüber bekannt, daß eine ähnliche Gefühlswelle die Einwohner von Épinay-sur-Seine und, allgemeiner gesprochen, die Medien bewegt hätte, dem 56jährigen Familienvater, der vor den Augen seiner Frau und seines Kindes innerhalb von 90 Sekunden zu Tode geprügelt wurde, dieselbe Ehrung zu erweisen. Das einzige Vergehen, dessen er sich schuldig gemacht hatte, war, mit einer Digitalkamera eine Straßenlaterne zu fotografieren. Er starb grundlos, ohne Reaktionen seitens der offensichtlich Verantwortlichen auszulösen, die sich weder verantwortlich noch schuldig fühlen oder jemals fühlen werden. Jean-François Mattéi ist Professor für Philosophie an der Sophia-Antipolis-Universität Nizza, Mitglied des Institut Universitaire de France und des Institut Thomas More. Eine kürzere Fassung dieses Textes erschien am 3. November 2005 unter dem Titel „Violences urbaines, crescendo dans la barbarie“ in der Pariser Tageszeitung „Le Figaro“. Die Übersetzung hier stammt von Silke Lührmann. | JF-Online | Die am 27. Oktober in Clichy-sous-Bois ausgebrochenen Krawalle, die sehr schnell auf weitere Städte des Departements übergriffen, und der Raubmord von | Sonderthema | 2005-11-18T00:00:00+01:00 | 2005-11-18T00:00:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/sonderthema/2005/froehlich-in-die-barbarei/ |
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Türkische Gemeinde: Deutschland verniedlicht Häuserbrände | KÖLN. Nach dem noch ungeklärten Brand in einem Kölner Wohnhaus hat der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, gefordert, bei allen Bränden in von Ausländern bewohnten Gebäuden automatisch von einem „rassistischen Anschlag“ auszugehen. Während die Behörden in England bereits so vorgingen, würde in Deutschland immer erst „verniedlicht“, empörte sich Kolat. „Es gibt in der türkischen Community überhaupt kein Vertrauen mehr in die deutschen Sicherheitsbehörden“, sagte er dem Kölner Stadtanzeiger. Kolat behauptete zudem, die Anzahl von Bränden in von Ausländern bewohnten Häusern nehme zu. „Sehr viele Leute schreiben mir, daß sie abends Angst haben. Sie treffen Vorkehrungen.“ Auch gebe es ein grundsätzliches Problem mit Rassismus in Deutschland, der „das Ergebnis des Populismus einiger Buchautoren“ sei. Bei den Opfern in Köln handelt es sich um eine Kosovarin und Deutschen. Kolat betonte mit Blick auf den Brand eines Hauses im baden-württembergischen Backnang, bei dem acht türkischstämmige Personen ums Leben gekommen waren, er hätte sich einen Besuch der Bundeskanzlerin vor Ort gewünscht. Diese habe jedoch abgelehnt. „Es wäre aus menschlicher Perspektive ein gutes Zeichen gewesen, auch wenn es gar kein rassistischer Anschlag war. Das muß von höchster Stelle kommen. Die Politik hat das immer noch nicht verstanden.“ Bisher gibt es keinen Hinweis auf einen ausländerfeindlichen Hintergrund. Sollten die Ermittlungen ergeben, daß die marode Technik das Feuer ausgelöst habe, könnte der türkische Hauseigentümer beschuldigt werden, teilte die Polizei mit. (ho) | JF-Online | Nach dem noch ungeklärten Brand in einem Kölner Wohnhaus hat der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, gefordert, bei allen Bränden in von Ausländern bewohnten Gebäuden automatisch von einem „rassistischen Anschlag“ auszugehen. | Deutschland | 2013-04-03T12:57:00+02:00 | 2013-12-03T18:42:22+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2013/tuerkische-gemeinde-deutschland-verniedlicht-haeuserbraende/ |
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Sellner besetzt Nord Stream 2 und fordert Öffnung der Pipeline | LUBMIN. Der Sprecher der Identitären Bewegung (IB), Martin Sellner, und Mitstreiter der „Aktion Solidarität“ haben am Montag das Nord Stream 2 Terminal in Lubmin zeitweise besetzt und die Inbetriebnahme der Gaspipeline verlangt. „Wir fordern die sofortige Öffnung von Nord Stream 2 und eine Volksabstimmung über die Energie- und Sanktionspolitik der Bundesregierung“, sagte er in einem Video, das sich in den sozialen Medien verbreitete. Weiter drohte Sellner, die Pipeline selbst in Betrieb zu nehmen. „Wenn sie nicht Gas geben, dann geben wir Gas. Wir sind heute hier, um Nord Stream 2 aufzudrehen.“ Eine weitere Forderung an die Bundesregierung war, die Grenzen zu schließen. Identitäre sind auf dem Gelände von Nord Stream 2 in Lubmin und fordern die Öffnung der Pipeline.
Gemäß hiesiger „Aktivismus ist toll“-Logik vieler Medien müßten diese nun neutral bis wohlwollend darüber berichten.
Ich bin gespannt. pic.twitter.com/ZH8LxYVo3E — Lukas Steinwandter (@LSteinwandter) August 29, 2022 Zugleich richtete Sellner schwere Vorwürfe an die Bundesregierung. „Die Regierung nimmt die Verarmung und das Frieren von Millionen Menschen in Kauf.“ Dabei betonte er gegenüber der JUNGEN FREIHEIT: „Es geht hier gar nicht um Kriegs- und Geopolitik, sondern primär um die Verantwortung vor dem eigenen Volk.“ Nach kurzer Zeit war die Polizei vor Ort und versuchte demnach, die Aktion zu beenden. Um dem Zugriff der Beamten zu entgehen, seien sie in nahegelegene Wälder ausgewichen. „Die Polizei kam mit einem massiven Aufgebot und ein Teil der Aktivisten zog sich ins Gebüsch rund um Nord Stream zurück. Dort jagten die Polizisten sie im Unterholz unter anderem mit einem Helikopter. Die meisten konnten entkommen, vier wurden gefaßt und sind noch in Gewahrsam.“ Zwar habe die Aktion Wellen geschlagen und gezeigt, was ginge, wenn man nur wollte. „Wir sind noch nicht zufrieden, weil wir es diesmal nicht geschafft haben Nord Stream aufzudrehen. Aber wir sind überzeugt, daß wir den Protesten damit eine Initialzündung gegeben haben“, bilanzierte Sellner. Als Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine ist Nord Stream 2 derzeit nicht in Betrieb. Es ist unklar, ob oder wann russisches Gas durch sie nach Europa transportiert wird. (ag) | JF-Online | IB-Sprecher Martin Sellner besetzt ein Terminal der Gaspipeline Nord Stream 2 und droht, sie in Betrieb zu nehmen. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot im Einsatz, um Sellner und seine Mistreiter aufzuhalten. | Nord Stream 2 | Deutschland | 2022-08-29T18:42:44+02:00 | 2022-08-29T18:43:28+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2022/sellner-besetzt-nord-stream-2-und-fordert-oeffnung-der-pipeline/ |
Lockere Radmuttern: Polizei prüft möglichen Anschlag auf AfD-Politiker | SUHL. Die Thüringer Polizei ermittelt wegen eines möglichen Anschlags auf das Auto des AfD-Bundestagsabgeordneten Anton Friesen. Der AfD-Politiker war am Donnerstag abend bei einem Bürgerdialog im thüringischen Zella-Mehlis. Als er von der Veranstaltung zurückfuhr, bemerkten er und sein Mitarbeiter ein Ruckeln am Fahrzeug. Grund waren mehrere lockere Radmuttern an allen vier Rädern. Friesen geht von einem Anschlag aus und vermutet Linksextremisten hinter der Tat. Die Polizei widersprach auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT zuerst der Darstellung des AfD-Abgeordneten. Es seien nur lockere Bolzen an einem Rad festgestellt worden. Ob diese absichtlich gelöst worden seien, oder sich von selbst gelockert hätten, stehe derzeit nicht fest. Bislang habe die Polizei keinen Hinweis auf einen politisch motivierten Anschlag, sagte die Sprecherin der Landespolizeiinspektion Suhl, Cindy Beyer, der JF am Freitag mittag. Polizei bestätigt Friesens Version Kurze Zeit später veröffentlichte die Polizei jedoch eine Mitteilung, in der sie Friesens Version bestätigte. Die Radmuttern an allen vier Rädern seien locker gewesen. „Ob eine politisch motivierte Tat vorliegt, kann im Moment nicht zweifelsfrei gesagt werden. Ein Sachverständiger wird das Fahrzeug kommende Woche untersuchen und möglicherweise Aufschluss über die tatsächliche Ursache geben.“ Friesen forderte die übrigen Parteien auf, die Tat zu verurteilen. „Es gibt keine Opfer erster und zweiter Klasse. Tagtäglich schwappt eine Welle der Gewalt gegen AfD-Mitglieder, unsere Sympathisanten und Mandatsträger. Es muß endlich Schluß sein mit jeder Form der Bagatellisierung, Verharmlosung und Relativierung.“ (krk) | JF-Online | Die Thüringer Polizei ermittelt wegen eines möglichen Anschlags auf das Auto des AfD-Bundestagsabgeordneten Anton Friesen. Der Politiker war mit einem Mitarbeiter in seinem Auto unterwegs, als er bemerkte, daß an allen vier Rädern die Radbolzen gelöst worden waren. | Deutschland | 2018-05-26T07:37:40+02:00 | 2018-05-26T12:53:44+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/lockere-radmuttern-polizei-prueft-moeglichen-anschlag-auf-afd-politiker/ |
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Chefredakteur | Stellvertretender Chefredakteur in einer Boulevardzeitung zu sein, war in den letzten Wochen so etwas wie eine Tontaube beim Schützenfest. Da ist zunächst die im Burda-Verlag erscheinende Ost-Illustrierte Super Illu. Deren stellvertretende Chefredakteurin Sabrina Stechel wurde fristlos vor die Tür gesetzt. Sie soll bereits während ihres Studiums für das Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet haben. Bei der DDR-Nachrichtenagentur ADN habe sie unter dem Decknamen Anne ihre Tätigkeit fortgesetzt. Ihr Arbeitgeber will jetzt alle Mitarbeiter auf ihre Vergangenheit hin durchleuchten, unabhängig von ihrer Herkunft. Ein anderer Stasi-Fall beschäftigt die Bild-Redaktion. Auch ihr stellvertretender Chefredakteur sei Stasi-Agent gewesen. Diese Vorwürfe sind nicht neu. Erst seit jetzt bekannt geworden ist, daß er als IM auch belastende Aussagen gemacht habe, wankt sein Posten in der Springer-Zeitung bedenklich. Schließlich hat der neue Chef der Berliner B.Z., Georg Gafron, seinem Ruf alle Ehre gemacht. „Wo Gafron auftaucht, da rollen Köpfe“, heißt es. Letzte Woche entließ er seinen stellvertretenden Chefredakteur Hansjörn Muder. Dieser wollte einen vernichtenden Beitrag über den ehemaligen Verkehrsminister Günter Krause und dessen alte Skandale veröffentlichen („Der Fall Krause: Das Ende eines Ex-Ministers“), hieß es aus Redaktionskreisen. Krause soll aber ein Freund von Gafron sein. Schade für Muder. Der Konflikt um den Beitrag endete im Streit und der Entlassung des Chefredakteurs. | JF-Online | Stellvertretender Chefredakteur in einer Boulevardzeitung zu sein, war in den letzten Wochen so etwas wie eine Tontaube beim Schützenfest. Da ist zunächst die | Zeitgeist | 2001-05-25T00:00:00+02:00 | 2001-05-25T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/zeitgeist/2001/chefredakteur/ |
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Deutschwerbung | Großartig: Endlich rührt die Regierung kräftig die Werbetrommel für die deutsche Sprache. Eineinhalb Millionen Werbebroschüren verteilt das Bildungsministerium. Es rühmt die „logische und klare“ deutsche Sprache, mit deren Hilfe man „den enormen Reichtum“ Deutschlands und der deutschen Kultur ergründen könne. Was ist denn nun plötzlich in die Bundesregierung gefahren? Wie kommt sie auf einmal dazu, die deutsche Sprache dermaßen zu bejubeln? Handelt es sich etwa um einen Anflug von neunationalistischem Größenwahn? Die anfängliche Fassungslosigkeit weicht der Verblüffung, wenn wir erfahren, daß die Lobeshymne nicht von der deutschen, sondern von der französischen Regierung gesungen wird. Es war auch zu verrückt gewesen anzunehmen, daß Deutschland endlich selbst den Wert seiner Landessprache erkennt. Dennoch geht es uns wie Öl herunter, wenn wir lesen, daß die deutsche Sprache in den vergangenen Jahren immer beliebter bei den Franzosen geworden sei. In diesem Schuljahr lernen rund 823.000 französische Kinder Deutsch; 15 Prozent der Schüler an den weiterführenden Schulen. Wenn alle nur noch Globalesisch sprechen Großbritannien schafft währenddessen Schritt für Schritt den Fremdsprachenunterricht ab. Im Jahr 2004 entschied die britische Regierung, daß die Teilnahme am Fremdsprachenunterricht ab dem 14. Lebensjahr nicht mehr verpflichtend ist. Daraufhin brach auf der Insel die Zahl der Deutsch- und Französischschüler kräftig ein. Offenbar ist man in London der Ansicht, daß Fremdsprachen überflüssig sind, wenn alle Globalesisch sprechen. Frankreich hingegen führte Klassen ein, in denen die Schüler zwei Fremdsprachen lernen können. Mußten sich Schüler der sechsten und siebten Klasse früher zwischen Deutsch oder Englisch entscheiden, so können sie heute beide Sprachen gleichzeitig lernen. Das verhalf der deutschen Sprache, die gegenüber Englisch immer stärker ins Hintertreffen geraten war, zu einer Erneuerung. Denn in Paris weiß man besser als in Berlin, daß eine einseitige Ausrichtung auf Englisch und die Durchamerikanisierung der Sprache, Sitten und Gebräuche letztlich der eigenen Sprache und Identität das Grab schaufeln. | Thomas Paulwitz | Großartig: Endlich rührt die Regierung kräftig die Werbetrommel für die deutsche Sprache. Eineinhalb Millionen Werbebroschüren verteilt das | Kolumne | 2010-01-23T14:01:00+01:00 | 2010-01-23T14:01:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/kolumne/2010/deutschwerbung/ |
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Bundeswehr und Cyberangriffe: Bedingt abwehrbereit | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Paul Leonhard | Deutschlands Armee kämpft mit vielen Problemen. Nun kommt eine Bedrohung hinzu, die mit dem klassischen Schlachtfeld wenig zu tun hat: Cyberangriffe. Kapituliert das Militär vor Hackern im Dienste der Feindstaaten? Von Paul Leonhard. | Cyberangriff,Bundeswehr | Deutschland | 2024-01-13T13:00:20+01:00 | 2024-01-13T13:00:20+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2024/bundeswehr-und-cyberangriffe-bedingt-abwehrbereit/ |
Grüne halten Geldsperre bei Jobverweigerung für verfassungswidrig | BERLIN. Der Vizevorsitzende der Bundestagsfraktion der Grünen, Andreas Audretsch, hat eine mögliche Aussetzung von Bürgergeld-Leistungen für Personen, die sich weigern, Jobangebote anzunehmen, als verfassungswidrig bezeichnet. Das Verfassungsgericht Karlsruhe hatte 2019 geurteilt, daß Sanktionen lediglich bis zu 30 Prozent des Bürgergelds beschneiden dürften, berichtete der Deutschlandfunk. Diese Strafe gebe es beim derzeitigen Bürgergeld bereits. Nach dem Urteil müsse zudem das Existenzminimum jedes Menschen in Deutschland zu jeder Zeit gesichert sein. Hintergrund ist eine Forderung des Arbeitsministers Hubertus Heil (SPD), Bürgergeldempfängern, die Arbeitsangebote konsequent ablehnen, für zwei Monate das Geld zu streichen. Lediglich die Kosten für Unterkunft und Heizung sollen demnach weiter übernommen werden, um zu verhindern, daß die entsprechenden Personen obdachlos werden. (lb) | JF-Online | Nachdem Arbeitsminister Heil eine Geldsperre für konsequente Jobverweigerer forderte, halten die Grünen dagegen. Der Vizevorsitzende Audretsch sieht sogar verfassungsrechtliche Probleme. | Grüne | Deutschland | 2024-01-10T17:34:15+01:00 | 2024-01-10T17:34:15+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2024/gruene-halten-geldsperre-bei-jobverweigerung-fuer-verfassungswidrig/ |
Alles klar beim Kanzler-Klartext im ZDF? | Handverlesenes Studio-Publikum? Abgesprochene Fragen? Stellte das ZDF für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Rund-um–Sorglos-Atmosphäre in einem Polit-Talk mit der Bevölkerung her? In den Sozialen Medien kochen die Diskussionen und Mutmaßungen hoch. Die JUNGE FREIHEIT fragte beim ZDF nach: Was war da los, beim Kanzler-Klartext? Donnerstag abend, 20.15 Uhr. „Klartext, Frau Merkel! – Bürger fragen die Bundeskanzlerin“ heißt die Sendung, in der Angela Merkel der Bevölkerung Rede und Antwort stehen will. Die 90 Minuten moderieren das ZDF-Duo Peter Frey und Bettina Schausten. „Wieder sind 150 Bürgerinnen und Bürger bei uns zu Gast“, begrüßt Frey die Gäste und die TV-Zuschauer – und natürlich die Kanzlerin. Und schon geht es mit einem Einspieler zum ersten großen Themenbereich Sicherheit los. Kriminalitätsopfer Josef Mooseder, Einzelhändler aus Dachau in Bayern erzählt von einem Einbruch in seinem Laden und darf die erste Frage an die Kanzlerin stellen: „Für mich wäre wichtig zu wissen, was würden Sie bei der Justiz und bei der Polizei verändern, wenn Sie noch mal die Chance dazu bekommen?“ Bürger fragen, Merkel antwortet Und Kanzlerin Merkel kann ausführen, was die Regierung unter ihrer Ägide getan hat – nämlich das Mindeststrafmaß für Wohnungseinbrüche auf ein Jahr hochgesetzt zu haben. Da meldet sich dann auch ein Kevin Komolka, Polizist aus Niedersachsen und Bundesjugendvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei zu Wort. Zum Thema Rente rechnet dann Reinigungskraft Petra Vogel aus Bochum in einem Einspieler vor, wie kläglich ihre Rente nach 40 Jahren mit 654 Euro ist, bei 1.050 Euro Gehalt. Frau Vogel ist darüber hinaus Betriebsrätin. Und stellt dann im Studio die Frage, warum in Deutschland nicht ein System wie das österreichische System der Bürgerrente eingeführt wird? Merkel sagt, das deutsche Rentensystem sei in langer Zeit gewachsen, hält aber das österreichische System für besser. Und fragt dann, ob die Frau eine Riesterrente hätte? Was dann von einer Zuschauerin als unverschämt bezeichnet wird. Spontane Fragen eines zufällig eingeladenen Publikums? Was wie spontane Fragen eines zufällig eingeladenen Studio-Publikums daherkommt, wird dann allerdings zu einem PR-Desaster für das Öffentlich-Rechtliche als plötzlich über die Mattscheibe von Hunderttausenden deutschen Fernsehern ein „Spickzettel“ des Moderators flimmert, den er in der Hand hält. Der Zuschauer zu Hause vor der Mattscheibe kann auf dem „Spickzettel“ Portraitfotos einzelner Studio-Zuschauer und Randbemerkungen erkennen. In den sozialen Medien wird nun vermutet, daß die spontan wirkenden Publikumsfragen gar nicht so spontan seien. Vielmehr handele es sich um ausgesuchte Personen, die zuvor abgestimmte Fragen stellten, wird gemutmaßt. Die Eigenwerbung des Zweiten Deutschen Fernsehens für das Format liest sich wie folgt: „Mit dem ‚TV-Duell‘ am Sonntag, 3. September 2017, 20.15 Uhr, startet das ZDF in eine informationsreiche Primetime-Sendewoche zur Bundestagswahl – mit einem TV-Dreikampf, einer ‚Wie geht’s, Deutschland?‘-Erkundung und fünfmal ‚Illner intensiv‘ an vier Tagen. Und in der Woche darauf bittet das ZDF um ‚Klartext, Herr Schulz!‘ und ‚Klartext, Frau Merkel!‘. In diesen beiden Publikumssendungen haben die Bürger Gelegenheit, dem SPD-Kanzlerkandidaten und der Bundeskanzlerin direkt ihre Fragen zu stellen.“ Ein Teil der Gäste war ausgesucht Kein Wort über vorsortiertes Publikum. Wie sieht es denn nun aus? ZDF-Pressesprecher Thomas Hagedorn, erklärt gegenüber der JF: Wie an verschiedener Stelle von den Moderatoren erwähnt, waren einige Gäste bereits als Protagonisten Teil von ZDF-Formaten im Fernsehen oder dem crossmedialen Projekt zur Wahl #ichbindeutschland. Die Moderatoren kannten einige der Gäste aus von der Redaktion vorbereiteten Profilen bzw. aus den oben genannten Fernseh- bzw. Netzformaten. Die Redaktion hat in der Vorbereitung der Sendung selbstverständlich auch geprüft, welche der eingeladenen Gäste zu welchen Themenkomplexen Fragen stellen könnten. – Hagedorn Auf nochmalige Nachfrage sagt Hagedorn: „Ja, ein Teil der Gäste war ausgesucht. Das haben wir immer erwähnt und transparent gemacht. Auch der Syrer, der seine Frau nachholen möchte, ist der Redaktion vorher bekannt gewesen. Und natürlich haben wir bei den Anmeldungen der Gäste geschaut, ob auch alle gesellschaftlichen und politischen Bereiche vertreten sind. Wir laden Leute mit und ohne politischen Hintergrund ein.“ Zuschauer müssen sich bewerben Und wie war das nun mit dem Spickzettel? „Die Moderationskarte ist ein Hilfsmittel, eine Gedächtnisstütze für den Moderator. So wie sie sich Notizen machen wenn sie eine Rede halten. Da waren nur die Fotos der Leute aus den Einspielern drauf und Notizen des Moderators, damit der auch weiß, wo die sitzen.“ Und Hagedorn gibt zu bedenken: „In einer 90-minütigen, dynamischen Livesendung kann das aber nicht viel mehr sein als eine grobe Orientierung für die Moderatoren. Es war verabredet, daß die Protagonisten, die in einem Film vorgestellt werden und in einen Themenkomplex einführen, auch zu Wort kommen. Alle anderen Entscheidungen fielen während der Sendung.“ Aber das ist nicht alles: Denn um Zuschauer bei der Sendung aus dem Hauptstadtstudio zu werden, muß man sich bewerben und zwar beim Ticketservice des ZDF. | Martina Meckelein | Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stand bei der ZDF-Sendung „Klartext, Frau Merkel!“ Bürgern Rede und Antwort. Seitdem in sozialen Medien ein Ausschnitt veröffentlicht wurde, der den Moderator mit einem „Spickzettel“ zeigt, vermuten viele Nutzer, daß die spontan wirkenden Publikumsfragen gar nicht so spontan waren. Die JUNGE FREIHEIT hat beim ZDF nachgefragt. | Medien | 2017-09-15T19:29:54+02:00 | 2017-09-16T08:25:51+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/medien/2017/alles-klar-beim-kanzler-klartext-im-zdf/ |
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Pazderski zum alleinigen Chef der Berliner AfD gewählt | BERLIN. Georg Pazderski ist als Chef der Berliner AfD wiedergewählt worden. Der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus erhielt auf dem Landesparteitag am Sonnabend 74,6 Prozent. Neu ist, daß Pazderski die Partei fortan alleine führt und nicht mehr in einer gemeinsamen Doppelspitze mit Beatrix von Storch. Die Mehrheit der Mitglieder sprach sich dafür aus, nur noch einen Landesvorsitzenden zu wählen. Seine vorherige Co-Vorsitzende, die frühere AfD-Europaabgeordnete und jetztige Bundestagsabgeordnete von Storch, ist künftig aber eine seiner Stellevrtreterinnen. Sie erhielt 56,6 Prozent. Pazderski: Zukunft der AfD liegt in der konservativen Mitte Weitere Stellvertreter wurden die Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses Jeanette Auricht und Karsten Woldeit. Als Schatzmeister wurde Frank-Christian Hansel bestätigt. Pazderski gab als Ziel aus, die AfD regierungsfähig machen zu wollen. „Wir müssen in die Kieze, in die Verbände, in die Sportvereine. Wir brauchen mehr Mitglieder und müssen die richtigen Mitglieder werben, also liberal-konservative, rechts der Mitte“, sagte der 66jährige dem Berliner Tagesspiegel. Die Zukunft der AfD liege in der konservativen, rechten Mitte. (krk) | JF-Online | Georg Pazderski ist als Chef der Berliner AfD wiedergewählt worden. Der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus erhielt auf dem Landesparteitag am Sonnabend 74,6 Prozent. Neu ist, daß Pazderski die Partei fortan alleine führt und nicht mehr in einer gemeinsamen Doppelspitze mit Beatrix von Storch. | Deutschland | 2017-11-04T18:55:50+01:00 | 2017-11-05T08:25:30+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2017/pazderski-zum-alleinigen-chef-der-berliner-afd-gewaehlt/ |
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Eine linke Sache, oder: Von der „Partei der Freiheit“ | „Unter Linken“ zu lesen ist das eine – unter ihnen zu sein, das andere. Der Spiegel-Journalist Jan Fleischhauer wird diese Ansicht wohl teilen, nur wird er nicht die gleiche Erfahrung machen wie ich, dem am zweiten Tag des Bundestagswahl-Parteitages der Linken – nach einem Gespräch mit hessischen Delegierten – die Akkreditierung entzogen und Hausverbot erteilt wurde. Begründung: „Rechtsextremisten“ hätten hier nichts zu suchen. Als ich, nurmehr rhetorisch, mit der Benachrichtigung des anwesenden ZDF-Teams drohte, lachten die Delegierten aus Hessen nur höhnisch. Zu Recht. Denn die Szenerie war ja die: Bettina Schausten und ihre ZDF-Kollegen, die während des Parteitages in intimen Gesprächen mit Genossen der Linken zu sehen waren, beispielsweise mit deren Pressesprecher Michael Schlick. Gedanklich nicht weit entfernt von diesem scheint auch Walter Kehr, der Pressesprecher des ZDF. Ist dieser doch dafür verantwortlich, daß der JF bis heute die Akkreditierung im ZDF-Pressebereich verwehrt wird – im Unterschied zu allen andern TV-Sendern Deutschlands. Immerhin ist Walter Kehr so diskret, daß er sich zu dieser Anweisung nicht öffentlich äußert, jegliches Gespräch verweigert und die Mitarbeiter seines Senders zu diesbezüglichem Stillschweigen angehalten hat. Lafontaine beklagt „manipulative Öffentlichkeit“ Wenn also Hessens Ministerpräsident Roland Koch etwas für die öffentlich-rechtliche Anstalt des ZDF tun will, hätte er hier einen konkreten Angriffspunkt. Wenn die „Hesse“ dann „komme“, sollen sie sich ruhig ein paar Schwaben mitbringen, die ihnen zeigen könnten, wie eine richtige „Kehrwoche“ auszusehen hätte. Doch zurück zum Parteitag der Linken vom vergangenen Wochenende. Dort beklagte sich Lafontaine über die Presse in Deutschland, die seiner Ansicht zufolge stärkerer Kontrolle bedürfe. Gerade die Linke als „eine Partei der Freiheit“ habe darunter zu leiden, daß die kritische Öffentlichkeit durch eine manipulative ersetzt worden sei. Deshalb, so der sozialistische Napoleon von der Saar, sollten in allen deutschen Medien „die Redaktionsstatute demokratisiert werden“. Als Vorbild hierfür empfahl er jenes von der Jungen Welt und zitierte Habermas, der sich für die Unterstützung von „Qualitätszeitungen“ ausgesprochen habe. Bliebe also die Frage, wie sich dessen inkommensurable Theorie des kommunikativen Handelns mit deren Scheitern, der Praxis des Presseverbots, verträgt. Dabei wissen wir ja durch Marshall McLuhan, daß das mediale Zeitalter einer ganz anderen Vorstellung gehorcht: Das Medium ist die Botschaft. In meinem Fall – ein Traum: Habermas‘ unverständliche Diskurs-Theoreme heraus aus den Bibliobtheken in die Hand von Olympia-Athleten, die dann den „Diskus der Moderne“ werfen und Platz schaffen, beispielsweise für die Kaplaken-Reihe der Edition Antaios. „Paris Hilton ohne Hündchen“ Sollte dies jetzt als „strukturelle Gewalt“ denunziert werden, verweise ich entschuldigend auf den „Strukturwandel“ der Öffentlichkeit und überhaupt auf diese ganze „Unübersichtlichkeit“, die uns der diskursive Schwachsinn von Habermas und seinen Adepten beschert hat. Das instrumentelle Verhältnis der Linken zur Öffentlichkeit offenbarte am Sonntag auch Gregor Gysi, derzeit Fraktionschef der Linken im Bundestag. In der Phoenix-Sendung „Macht trifft Meinung“ traf dieser auf Matthias Matussek, der zwar in der Lage ist, den „Notar“ Gysi als „Paris Hilton ohne Hündchen“ zu bezeichnen, aber zahnlos bleibt, wenn es darum geht, die Linken zu entlarven. Seine Vorwürfe gegen Gysi (Bonusmeilen, IM-Tätigkeit, Finanzgeschäfte der SED) werden von HoH (Hilton ohne Hündchen) eloquent in Luft aufgelöst. Nur einmal versagt Gysis Diplomatie, als er sich zum Verhältnis von Politik und Medien äußern soll. Erst verweigert er eine Antwort, dann läßt er die Katze aus dem Sack: Er „möchte mehr Journalisten, die sich an der Veränderung der Gesellschaft beteiligen wollen“. Als Matussek entgegnet, der Job des Journalisten sei es nicht, sich zum Werkzeug der Politik machen zu lassen, lächelt Gysi maliziös – TV ist generös. Solidarität nur unter Linken Dies gilt auch für das Bild, welches der zweite Parteivorsitzende der Linken, Lothar Bisky, über den Fernsehkanal Phoenix verbreitet. Dort dankt er in seiner Rede „allen Journalisten, die sich um faire Berichterstattung mühen“. Er verspricht aber auch: „Wir bleiben medienkritisch“, was in der Dialektik der Linken wohl heißen soll: Wir befreien uns von kritischen Medien. Wie scheinheilig Biskys Bekenntnis ist, zeigt seine anschließende Offenbarung: „Die Medien sind unsere größte Gefahr – und gleichzeitig die einzige Möglichkeit, die Menschen zu erreichen.“ Wenn die Linken dereinst regieren und sie die von Lafontaine dekretierten Redaktionsstatute durchgesetzt und die Presse gleichgeschaltet haben, wird es ein Déjà-vu, sprich: Neues Deutschland, geben. Genau betrachtet haben wir dieses schon heute: Trotz einer kleinen Meldung zum Hausverbot in der FAZ und einer Pressemitteilung der JF, die an mehrere hundert Medien gesandt wurde, hat niemand (!) bis heute darüber berichtet. Solidarität, so scheint es, ist eben nur eine Qualität der Linken – weil sich der Demos linken läßt. | Christian Dorn | „Unter Linken“ zu lesen ist das eine – unter ihnen zu sein, das andere. Der Spiegel-Journalist Jan Fleischhauer wird diese Ansicht wohl teilen, nur wird er | Kolumne | 2009-06-25T10:29:00+02:00 | 2009-06-25T10:29:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kolumne/2009/eine-linke-sache-oder-von-der-partei-der-freiheit/ |
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Extremisten klären über Extremisten auf | BERLIN. Die Berliner Jusos wollen laut Tagesspiegel in der kommenden Woche gemeinsam mit Linksextremisten vor rund hundert Schulen eine Informationsbroschüre gegen die NPD verteilen. Mit der Verteilung der Broschüre Platzverweis reagieren die Initiatoren auf eine Aktion der NPD, die in den vergangenen Monaten ihrerseits ein Heft an Schüler in Berlin und Brandenburg verteilt hatte. Nachdenklich stimmen die Herausgeber der linken Broschüre, deren Startauflage bei 40.000 Exemplaren liegen soll. Denn neben den Jusos und verschiedenen anderen linken Gruppen beteiligen sich auch die „Antifaschistische Linke Berlin“ (ALB) und die „Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend“ (SDAJ). Die ALB gilt als eine der umtriebigsten Gruppen der radikalen Linken in der Hauptstadt. Und über die SDAJ heißt es im aktuellen Bundesverfassungsschutzbericht: „Die ‘Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend’ … ist nach wie vor eng mit der DKP verbunden. Ihre ideologische Kernforderung bleibt die Schaffung einer sozialistischen Gesellschaftsordnung in der Bundesrepublik Deutschland. … Zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele verbreitete die SDAJ beispielsweise Agitationsmaterial an Schulen.“ Für die Jusos scheint dies kein Problem darzustellen, denn es sei „erstmal jeder willkommen, der gegen Neonazis kämpft“, wie Jan Böning, Landessekretär der Jusos, gegenüber dem Tagesspiegel feststellte. Und auch der Sprecher der Berliner SPD, Hannes Hönemann, findet die Zusammenarbeit zwischen der Jugendorganisation seiner Partei und den Linksextremisten „bei diesem Projekt vertretbar“. | JF-Online | BERLIN. Die Berliner Jusos wollen laut Tagesspiegel in der kommenden Woche gemeinsam mit Linksextremisten vor rund hundert Schulen eine Informationsbroschüre | Deutschland | 2007-11-21T10:00:00+01:00 | 2013-12-03T13:55:07+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2007/extremisten-klaeren-ueber-extremisten-auf/ |
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Murswiek: Bundesregierung kann Steinbach nicht ablehnen | FREIBURG. Die Bundesregierung hat kein Recht, aus politischen Gründen die Entsendung von BdV-Präsidentin Erika Steinbach in den Beirat der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ abzulehnen. Dies hat der Freiburger Rechtswissenschaftler Dietrich Murswiek am Donnerstag in einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung festgestellt. Aus dem Stiftungsgesetz gehe vielmehr hervor, daß die Regierung dazu verpflichtet ist, Steinbach im Stiftungsrat zu akzeptieren, wenn sie vom Bund der Vertriebenen für dieses Gremium benannt wurde.Kein Ermessensspielraum Schließlich heiße es dort, die von den einzelnen Institutionen oder Verbänden benannten Mitglieder „werden durch die Bundesregierung … bestellt“. Wäre der Exekutive hier ein Ermessensspielraum zugewiesen worden, hätte in der entsprechenden Passage „kann“ oder „soll“ stehen müssen, so Murswiek. Ein einzelnes Mitglied könnte laut Einschätzung des Professors für Staats- und Verwaltungsrecht nur dann abgelehnt werden, wenn dieses „schlechthin ungeeignet zur Mitarbeit“ wäre. Solche Eignungsmängel lägen etwa bei einer „Vorstrafe wegen Volksverhetzung“ oder bei verfassungsfeindlichen Bestrebungen vor. Murswiek ist jedoch überzeugt, daß ein Ablehnungsrecht aus politischen Gründen im Gesetz über die Vertriebenenstiftung nicht vorgesehen ist. Daraus ergebe sich sogar ein politischer Vorteil, denn Außenminister Guido Westerwelle (FDP) könne polnischen Vorbehalten gegen die BdV-Präsidentin gesichtswahrend mit dem Argument begegnen, er habe Frau Steinbach verhindern wollen, „aber rechtlich sei das nicht möglich“, schrieb Murswiek in seinem Beitrag. „Konzentration auf die sachliche Arbeit“ Unterdessen hat der Frauenverband im BdV bezüglich der Besetzung des Stiftungsrates „Sachlichkeit und Empathie mit den Vertriebenen“ gefordert. Sibylle Dreher, Präsidentin der BdV-Frauen, nannte es „unerträglich“, daß von anderen Vertretern im Stiftungsrat „Zweifel an der Legitimation des Bundes der Vertriebenen“ gesät würden. Sie bezog sich bei dieser Kritik ausdrücklich auf die Behauptung des Hamburger Weihbischofs Hans-Jochen Jaschke, der BdV repräsentiere nicht alle Vertriebenen. Dreher verbat sich eine solche Einmischung; auch der Weihbischof vertrete nicht alle Katholiken. „Alle Möglichkeiten ausschöpfen“ Der Frauenverband im BdV forderte außerdem eine „Konzentration auf die sachliche Arbeit“ der Stiftung: „Flucht, Vertreibung, Versöhnung geht alle an, aber die Vertriebenen am meisten, denn über sie und ihre Geschichte soll informiert werden“, sagte Dreher. Erika Steinbach bekräftigte gegenüber der FAZ noch einmal, sie werde „alle auch rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen“, um das Recht des Bundes der Vertriebenen durchzusetzen, seine Mitglieder für den Stiftungsrat zu nominieren. (vo) > Dossier „Der Streit um Steinbach“ | JF-Online | Die Regierung hat kein Recht, aus politischen Gründen die Entsendung von Erika Steinbach in den Stiftungsrat abzulehnen, meint der Staatsrechtler Dietrich Murswiek. | Deutschland | 2010-01-14T14:59:00+01:00 | 2010-01-14T14:59:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2010/murswiek-bundesregierung-kann-steinbach-nicht-ablehnen/ |
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Mit Kanonen auf Spatzen | Auch die kleinsten Gemeinden bleiben von der Antisemitismuskeule nicht verschont. Die fünf Kilometer südlich von Berlin liegende Stadt Teltow bildet da keine Ausnahme. Oder doch? Was bewog die Anwälte der Erben der jüdischen Familie Sabersky und sogar den Kreisverband der PDS dazu, sich von der Antifa zu distanzieren, die der „antisemitischen Zonen-Gemeinde“ zeigen wollte, wo der antifaschistische Hammer hängt? In der kleinen 18.700 Einwohner zählenden Gemeinde kauften sich um 1870 die Brüder Max und Albert Sabersky ein 84 Hektar großes Gelände um den ehemaligen Gutshof Seehof. Dieses wurde mit Ausnahme des Gutshofs und einiger von der Familie bewohnter Grundstücke ab 1934 nach Abschluß eines Parzellierungsvertrags vom Oktober 1933 mit einem Unternehmer und eines Aufschließungsvertrags mit der Stadt Teltow geteilt und bis 1940 an rund 1.000 Siedler verkauft. Eine Erbengemeinschaft beantragte bereits 1991 Rückübertragung, was die zuständigen Vermögensämter ebenso wie das später angerufene Verwaltungsgericht Potsdam ablehnten. Das Bundesverwaltungsgericht verwies 1997 und 1999 das Verfahren zum Potsdamer Verwaltungsgericht zurück. Am 26. November letzten Jahres haben die Leipziger Richter in einem Musterprozeß den brandenburgischen Landkreis Potsdam-Mittelmark dazu verpflichtet, die Grundstücke an die Erbengemeinschaft zurückzuübertragen. Damit hoben sie ein Urteil des Potsdamer Verwaltungsgerichts vom Oktober 2002 auf und erkannten den verfolgungsbedingten Verkauf des Sabersky-Besitzes in der Zeit des Nationalsozialismus an. Die Seehofer hielten diesen Richterspruch für falsch, verweisen auf redlichen Erwerb, was die Antifa als Weigerung wertete, „wenigstens einen Teil des Unrechts wiedergutzumachen“. Für den 24. April rief die „Antifa Nordost“ unter dem Motto „Schon GEZahlt? Antisemiten den Boden entziehen!“ zu einer Demonstration auf, die „den Frieden dieser antisemitischen Dorfgemeinschaft stören“ sollte. Mit israelischen Panzern Entschädigung eintreiben Zahlreiche Seehofer sollten wenigstens die Entschädigung an die Anspruch stellende jüdische Erbengemeinschaft Sabersky zahlen, so eine der Forderungen auf der Internetseite www.antifanews.de. Selbst der Anwalt der Erbengemeinschaft bezeichnete die Standpunkte der Berliner als „wenig dienlich“, da man auch ohne die „völlig überzogenen Forderungen“ auf dem besten Wege zu einer Einigung sei. Die PDS Potsdam-Mittelmark verurteilte die beabsichtigte Demo von Antifa-Gruppen aus Berlin und Brandenburg gegen von Rückübertragung betroffene Einwohner in Teltow-Seehof. Man habe sich vom ersten Tag an gegen das verheerende Prinzip „Rückgabe vor Entschädigung“ ausgesprochen, heißt es in einer Verlautbarung. Altes Unrecht sollte nicht durch neues, wiederum staatlich verordnetes Unrecht ersetzt werden. In völliger Verkennung der historischen und gesetzgeberischen Tatsachen mache sich nun die Antifa-Bewegung zum Handlanger einer bundesdeutschen Politik. Trotz der Proteste durch alle Lager wurde die Demonstration genehmigt und durchgeführt. Es kam zwar nicht zu den befürchteten Krawallen, jedoch zu Verbalattacken gegen die wenigen Einwohner, die sich vor die Türen trauten. 50 bis 70 Demonstranten der Autonomen Antifa skandierten: „Teltow-Seehof wird bald weichen, Deutschland von der Karte streichen!“ In Anlehnung an israelische Maßnahmen forderte man gar „Hubschraubereinsatz“ und bezeichnete die Seehofer als „Palästinenser“. Dieser „Dorfmob“ hätte es nicht anders verdient, wenn „ein paar Panzer mit Stern die Entschädigungen eintreiben würden“. In der Stadtverwaltung Teltow herrscht nach der Demo anscheinend gelassene Stimmung. Man sehe sich zu keinen weiteren Schritten veranlaßt, so der Referent des SPD-Bürgermeisters Thomas Schmidt, Dietmar Hummel. Das Problem sei nicht Sache der Stadt, so Hummel gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Es habe sich um „Demotouristen“ aus Belzig gehandelt, die in Teltow Argumente „weit unter der Gürtellinie“ vorgetragen hätten. | JF-Online | Auch die kleinsten Gemeinden bleiben von der Antisemitismuskeule nicht verschont. Die fünf Kilometer südlich von Berlin liegende Stadt Teltow bildet da keine | Politik | 2004-05-07T00:00:00+02:00 | 2004-05-07T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/2004/mit-kanonen-auf-spatzen/ |
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Gesundheitsministerium korrigiert Corona-Zahlen nach unten | BERLIN. Das Gesundheitsministerium von Karl Lauterbach (SPD) hat seinen Zahlen zu angeblichen Krankenhausaufenthalten wegen eines schweren Corona-Verlaufs korrigiert. So hatte es zunächst in einer Broschüre des Ministeriums geheißen: „Etwa zehn Prozent der in Deutschland erkrankten Personen werden aufgrund eines schweren Covid-19-Verlaufs im Krankenhaus behandelt“, zitierte die Bild-Zeitung daraus. Auf Nachfrage des Blattes räumte das Gesundheitsministeriums nun ein, dabei handele es sich um einen „redaktionellen Fehler“. So müßten nämlich „bis zu zehn Prozent“ und nicht jeder Zehnte wegen Corona ins Krankenhaus. Aktuell liege der Anteil laut Robert-Koch-Institut lediglich zwischen vier und fünf Prozent. In den vergangenen Wochen hatte Lauterbach erneut vor einem schwierigen Corona-Herbst gewarnt. Nach dem Beschluß neuer Einschränkungen der Bürger für die kommenden Monate schloß er auch die Ausrufung einer „epidemischen Lage“ im Winter nicht aus. (ag) | JF-Online | Panne im Gesundheitsministerium: In einer Broschüre wird vor Krankenhausaufenthalten wegen Corona gewarnt. Doch die Zahlen sind offenbar zu hoch angesetzt. Jetzt rudert das Ministerium von Karl Lauterbach (SPD) zurück. | Gesundheitsministerium | Deutschland | 2022-09-20T16:58:27+02:00 | 2022-09-20T17:11:20+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2022/gesundheitsministerium-korrigiert-zahlen/ |
AfD fordert Aussteigerprogramm für Linksextremisten | HAMBURG. Die Hamburger AfD-Fraktion hat sich für ein Aussteigerprogramm für Linksextremisten ausgesprochen. Sie forderte den Senat in einem entsprechenden Antrag auf, eine solche Koordinierungsstelle einzurichten. Der Hamburger AfD-Fraktionsvorsitzende Dirk Nockemann betonte, junge Menschen müßten die Möglichkeit haben, aus der linksextremen Szene auszusteigen. Die Pflicht der Demokraten sei es, sie auf den Boden des Grundgesetzes zurückzuholen. „Daß sich Linksextremisten nach G20 sogar vermehren konnten, zeigt das Unvermögen und Desinteresse der Altparteien an der Problematik“, bemängelte Nockemann und erinnerte an die Ausschreitungen rund den G20-Gipfel vor drei Jahren. Zu den Aufgaben der Koordinierungsstelle müsse die Unterstützung der Aussteiger bei der Suche nach Wohnung und Arbeit für die Aussteiger gehören sowie in zwingend erforderlichen Fällen die Gewährung materieller Hilfen. Auch eine rechtliche Unterstützung bei Bedrohungen durch Angehörige der Szene soll Teil des Angebots sein. Zudem forderten die Abgeordneten, eine Dienststelle zur „Umfunktionierung der Roten Flora“ einzurichten, weil diese die Schaltzentrale des Linksextremismus in der Hansestadt sei. Der Extremismusforscher und frühere Bereitschaftspolizist Karsten Dustin Hoffmann hatte die Rote Flora gegenüber der JF 2017 als „Geldautomat der linken Szene“ bezeichnet. Dort würden Demonstrationen, Kongresse und Treffen finanziert sowie juristischer Beistand für Linksextreme, die sich in einem Strafverfahren befänden. Die AfD plädierte dafür, das Aussteigerprogramm in das bestehenden „Landesprogramm zur Förderung demokratischer Kultur, Vorbeugung und Bekämpfung von Rechtsextremismus“ zu integrieren. Dafür soll die Formulierung „Rechtsextremismus zu „politischem Extremismus“ ausgeweitet werden. Die linksextreme Szene verfüge in der Stadt faktisch über das größte Gewaltpotenzial, begründeten die Antragsteller ihr Anliegen. Der Verfassungsschutz schätze 940 der 1.290 Anhänger als gewaltorientiert ein. Der Anteil an mutmaßlichen Gewalttätern liege somit bei 72,8 Prozent. Kein anderes verfassungsfeindliches Milieu in Hamburg könne mehr militante Mitglieder organisieren. Trotz ihres „destruktiven Potentials“ wie es sich beispielsweise den Ausschreitungen um den G20-Gipfel 2017 gezeigt habe, stießen die Linksextremen in weiten Teilen der Bevölkerung, der Medien sowie der politischen Linken auf „breite Akzeptanz“, kritisieren die AfD-Abgeordneten. Dadurch fühlten sich die Gewaltbereiten zunehmend sicher und trauten sich, die Autorität des Staates „immer häufiger nicht nur theoretisch infrage zu stellen“. (zit) | JF-Online | Die Hamburger AfD-Fraktion hat ein Aussteigerprogramm für Linksextremisten gefordert. Keine andere „staatsgefährdende Bestrebung“ in der Stadt verzeichne einen höheren Anteil an gewaltbereiten Anhängern. | AfD,aussteigerprogramm,Linksextremisten | Deutschland | 2020-11-04T05:30:50+01:00 | 2020-11-04T09:31:04+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2020/afd-linksextreme/ |
Helmut Schlesinger machte die D-Mark zum Leuchtturm | Helmut Schlesinger, früherer Präsident der Deutschen Bundesbank (1991-93), geboren am 4. September 1924, ist am 23. Dezember 2024 verstorben. Er machte die D-Mark zum Leuchtturm für die internationale Finanzwelt. Wenn sich die Zentralbanken der großen Nationen an ihm ausrichteten, blieben sie auf Stabilitätskurs. Diese Position war der Bundesbank nicht zugefallen. Zwar war sie in ihren Entscheidungen unabhängig, doch bewegte sie sich nicht in einem luftleeren Raum. Um dem Begehren von Staaten und Finanzwelt nach niedrigen Zinsen dauerhaft zu widerstehen, brauchen Notenbanker ein stabiles Rückgrat. Für Helmut Schlesinger war Inflation ein monetäres Phänomen. In Anlehnung an die Geldtheorie von Milton Friedman führte er das Konzept der Geldmengensteuerung ein. Die Entwicklung der Geldmenge sollte sich am wirtschaftlichen Wachstum orientieren. Als gegen Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts ein massiver Anstieg der Inflation drohte, hielt die Bundesbank das Geld weiterhin knapp. Die Zinsen wurden in den zweistelligen Bereich gedrückt. So konnte sie die Inflationserwartungen brechen. Als Folge orientierten sich Politik und Gewerkschaften an den Vorgaben der Bundesbank. Damit wurde die Geldpolitik allgemein als unabhängige Variable akzeptiert. Ihr stetiger Kurs machte die D-Mark auch zur Leitwährung im Europäischen Währungssystem (EWS). Das war nicht gewollt, doch mußten sich die Mitgliedstaaten des EWS schließlich an den Vorgaben der Bundesbank orientieren, wenn sie nicht die eigene Währung abwerten oder aus dem EWS ausscheiden wollten. Mit ihrer konsequenten Politik machte sich die Bundesbank aber nicht bloß Freunde. Insbesondere französische Politiker sahen die Stabilitätspolitik als Diktat und arbeiteten daran, die Vorherrschaft der Bundesbank zu brechen. Zu einer Zerreißprobe für das EWS wurde die deutsche Wiedervereinigung. Die damit verbundenen Aufbauleistungen finanzierte die Bundesregierung nicht über Haushaltskürzungen, sondern über den Kapitalmarkt. Da die Bundesbank bei ihrer Linie blieb, stieg das Zinsniveau an. Während Deutschland aufgrund des Wiedervereinigungsbooms die hohen Zinsen verkraften konnte, waren sie Gift für die Partnerstaaten. Dies galt in besonderem Maße für Großbritannien. Im Herbst 1992 wuchs von Tag zu Tag der Druck auf die Bundesbank, die Zinsen zu senken; doch hielt sie an ihrem stabilitätspolitischen Auftrag fest. Bei dieser Konstellation kam der Haltung der Bundesbank, verkörpert durch ihren Präsidenten, Helmut Schlesinger, weltpolitische Bedeutung zu. Entweder beugte sich die Bundesbank dem internationalen Druck oder Großbritannien musste abwerten bzw. aus dem EWS aussteigen. Ein Statement Helmut Schlesingers, angesichts der wirtschaftlichen Lage Großbritanniens sei ein Festhalten an den fixierten Wechselkursen nicht durchhaltbar, ließ alle Dämme brechen. Großbritannien sah sich gezwungen, das britische Pfund aus dem EWS zu nehmen. Als im britischen Unterhaus darüber debattiert wurde, brach ein Donnerwetter über Helmut Schlesinger herein. Immer wenn der britische Finanzminister, Norman Lamont, auf Schlesinger zu sprechen kam, war es, als ob Hammerschläge durch das Unterhaus hallten. Er war der Bösewicht, doch hat er Großbritannien den Weg zur wirtschaftlichen Gesundung geebnet. Großbritannien zog für sich daraus den Schluß, niemals wieder das Schicksal seiner Währung einer fremden Macht oder Institution anzuvertrauen. Norman Lamont hat später über Helmut Schlesinger geurteilt, er habe zurecht die D-Mark als Ankerwährung des EWS auf stabilitätspolitischem Kurs gehalten. Eine Nebenbemerkung: Der internationale Finanzinvestor, George Soros, machte bei diesem Vorgang sein Vermögen, weil er in großem Stile auf eine Abwertung des Pfunds wettete. Gefragt, was ihn bei seiner Spekulation so sicher gemacht habe, antwortete er, er habe auf die Zuverlässigkeit der Bundesbank gesetzt. Das Ende der D-Mark hat Schlesinger nur als Außenstehender verfolgen können. Helmut Kohl hatte die D-Mark geopfert, weil der französische Staatspräsident Mitterand ihm bedeutet hatte, daß Frankreich bei weiterer Dominanz der Bundesbank die Europäische Union verlasse. Die Vergemeinschaftung der Währungen entmachtete die Bundesbank und nahm Europa den Stabilitätsanker. Das Konzept Schlesingers, die Zentralbank als unabhängige Variable zu etablieren, war Vergangenheit. Schlesinger sagte über diesen Politikwechsel, daß die Europäische Zentralbank (EZB) keine Geldpolitik im engeren Sinne betreibe, sondern nur noch Antikrisenpolitik. Als kritischer Beobachter der Europäischen Währungsunion machte er Wissenschaft und Politik auf die Problematik der Target II-Salden aufmerksam. Hans-Werner Sinn hat das aufgenommen. Helmut Schlesinger kann für sich verbuchen, daß sich sein Stabilitätskonzept sowohl auf die deutsche Volkswirtschaft als auch auf die Weltwirtschaft vorteilhaft ausgewirkt hat. Die EZB hat dagegen die Pforten für eine Schuldenunion geöffnet, zumal Angela Merkel bemüht war, daß deutsche Währungsexperten vom Schlage Helmut Schlesingers gar nicht erst an die geldpolitischen Schalthebel der EZB gelangten. Mit dem Tode Helmut Schlesingers verliert Deutschland nicht nur einen herausragenden Geldpolitiker, sondern auch einen Mann, der uns an die Werte erinnerte, die einst die Stärke der deutschen Volkswirtschaft ausmachten. Prof. Dr. Joachim Starbatty, Jahrgang 1940, Volkswirtschaftler, lehrte an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, war Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft und von 2014 bis 2019 Mitglied des EU-Parlaments. | Joachim Starbatty | Helmut Schlesinger ist tot. Vom Architekten der starken D-Mark zum „Bösewicht“ Großbritanniens – die Geldpolitik des früheren Bundesbankchefs schrieb Geschichte. Ein Nachruf. | Schlesinger | Wirtschaft | 2024-12-30T14:23:30+01:00 | 2024-12-31T13:14:35+01:00 | https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2024/helmut-schlesinger-machte-die-d-mark-zum-leuchtturm/ |
Der neue Patriotismus | Auf ihrem letzten Parteitag hat die CDU den Patriotismus (wieder)entdeckt. Eigentlich ein Grund zur Freude, wenn da nur nicht der Verdacht wäre, daß es sich hierbei um ein Verlegenheitsthema handelt, da die CDU im Bereich der Sozial- und Gesundheitsreform zur Zeit nicht punkten kann. Aber auch „Verlegenheitskinder“ können groß und stark werden, und so sollte die Gelegenheit genutzt werden, diese Diskussion aufzugreifen und ins öffentliche Bewußtsein zu rücken, zumal nach dem Attentat auf den Filmemacher Theo van Gogh in den Niederlanden eine eigentümliche Wende in der öffentlichen Diskussion zu beobachten war. Plötzlich wurden unsere Medien insbesondere in den ansonsten immer progressiven Talkrunden zu Plattformen gegen Multikulturalismus, für christliche Wertebindung und Patriotismus. Man reibt sich verwundert die Augen. Kaum ist der Begriff Patriotismus gefallen, setzt ein Krieg um die Deutungshoheit ein. Der Begriff wird ideologisch inkorporiert, jede gesellschaftliche Interessengruppe deutet ihn so, daß er ins jeweilige Weltbild paßt. Insbesondere mit dem Konzept des „Verfassungspatriotismus“ und des „Wertepatriotismus“ glaubt man, dem Patriotismus die konservativen Zähne ziehen zu können. Der Begriff wird so lange ideologisch glattgebügelt, bis er als „Weltbürgerpatriotismus“ – ein Widerspruch in sich selbst – wieder in den multikulturellen Traum des linken Dogmas paßt. Daß unter Patriotismus entgegen diesen Deutungen etwas ganz anderes zu verstehen ist, gilt es aufzuzeigen und richtigzustellen. Eine erstaunlich sachdienliche und korrekte Definition von Patriotismus findet sich im dtv-Lexikon: „Patriotismus, Vaterlandsliebe, die im staatsbürgerlichen Ethos wurzelnde, zugleich gefühlsbetonte, oft leidenschaftlich gesteigerte Hingabe an das überpersönlich staatliche Ganze, das in dieser Hingabe nicht nur als rechtliche und politische Ordnung, sondern als die den einzelnen tragende Gemeinschaft empfunden wird. Vom Nationalismus unterscheidet sich der Patriotismus dadurch, daß er das Nationalbewußtsein der anderen Völker achtet.“ Patriotismus wird hier ganz richtig als Hingabe und Stolz auf das eigene Land und den eigenen Staat interpretiert. Damit markiert der Patriotismusbegriff immer die Differenz „eigenes Land/andere Länder“. Wenn man als Patriot auf das eigene Land stolz ist, so ist man auf die besonderen Leistungen, die besonderen kulturellen, gesellschaftlichen oder politischen Errungenschaften dieses einen Landes stolz, die Differenz „Wir und alle anderen“ ist dem Patriotismus von Anfang an inhärent. Deswegen ist die Position des Berliner Bischofs Wolfgang Huber auch völlig falsch und abwegig, wenn er betont, daß Patriotismus nur zulässig sei, wenn er „universale Werte“ wie Nächstenliebe, Solidarität, Gewaltverzicht, Achtung vor dem gleichen Recht des anderen ausdrückt. Natürlich kann man auf universale Werte stolz sein und sie auch als Teilbegründung für den Patriotismus heranziehen, aber Patriotismus ist immer mehr, er impliziert immer den Rückbezug auf die besondere Ausprägung zum Beispiel der universalen Werte im eigenen Land. Gewaltverzicht, Solidarität, Rechtsstaatlichkeit usw. begründen keinen Patriotismus, weil diese universalen Grundwerte auch in vielen anderen Ländern realisiert werden. Wären die Grundwerte die alleinige Basis des Patriotismus, so könnte sich jeder Deutsche als niederländischer, britischer, französischer Patriot ausgeben, weil in diesen Ländern die so apostrophierten Grundwerte genauso gewissenhaft umgesetzt werden. Es gibt mithin bei diesem Werte-Patriotismus keinen Rückbezug auf die besondere Leistung des eigenen Landes und Volkes, das einen spezifischen deutschen Patriotismus begründen könnte. Ganz anders sieht die Sache aus, wenn man die Realisation der Grundwerte in die Besonderheit ihrer Entstehungsgeschichte einbettet, wenn man also stolz ist, daß es den Deutschen nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges gelungen ist, eine dauerhafte demokratische Grundordnung zu installieren oder daß mit der Wiedervereinigung eine große demokratische Wende gewaltfrei geglückt ist. Hier werden die universalen Grundwerte an die Besonderheit der Geschichte eines Landes gekoppelt und ermöglichen Stolz auf den besonderen deutschen Weg der Realisation dieser Grundwerte. Das gleiche Argument gilt für den „Verfassungspatriotismus“. Wie der Staatsrechtler und Richter am Bundesverfassungsgericht Gerhard Leibholz bereits 1973 in seiner Schrift „Verfassungsstaat – Verfassungsrecht“ ausführte, zeichnet sich der Verfassungsstaat dadurch aus, daß Politik und Staat „selbst zum Gegenstand des Rechtes und einer etwa bestehenden Verfassungsgerichtsbarkeit wird“. Das Verfassungsrecht unterstellt auch die Politik dem Recht. „Eben weil ein Staat sich dem Rechte verpflichtet fühlt, gibt dieser sich eine Verfassung, die rechtlich das politische Geschehen im funktionellen Integrationsbereich regelt und darüber hinaus nicht selten auch die materialen Werte kanonisiert, die eine politische Gemeinschaft zu einer im Rechte stehenden Wertegemeinschaft zusammenschließen.“ Auch hier gilt: Die Tatsache der Existenz einer Verfassung begründet keinen Patriotismus, weil viele Staaten über Verfassungen verfügen, es fehlt somit die differentia specifica, die einen Stolz auf das eigene Land legitimieren könnte. Soll allein die Verfassung Quelle eines wie auch immer gearteten Patriotismus sein, so müßte man europäischer und angloamerikanischer Patriot in einem sein, weil in diesen Ländern sich die bis heute gültigen Verfassungen gebildet haben. Natürlich kann man sich in dieser Tradition sehen und stolz darauf sein, Teil dieser abendländischen Tradition zu sein, dies alleine begründet aber keinen Patriotismus, der sich nur auf das eigene Land beziehen kann. Patriotismus schließt nicht aus, daß man auch stolz auf die eigene Verfassung ist, aber auch hier geht es nicht ohne die Berücksichtigung des besonderen historischen Weges der Verfassungsgenese. Die Verfassung begründet keinen Patriotismus, allenthalben der Weg zu ihr. Es führt also kein Weg an der Tatsache vorbei, daß Patriotismus immer den Bezug zur Geschichte des eigenen Volkes, Landes und Staates erforderlich macht. Insofern gibt es keine universalistische Begründung von Patriotismus, Patriotismus bezieht sich immer auf den besonderen Weg, die besondere Leistung eines Landes, Staates und seiner Bevölkerung. Universale Werte können Teil des Patriotismus werden, wenn sie einen Bezug zu dieser besonderen Entwicklung in einem Staat und einer Nation haben: die universalen Werte von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit sind Teil des französischen Patriotismus, weil diese Werte mit der Französischen Revolution zur Grundlage des politischen Handelns wurden. Sie sind aber nicht „an sich“ Teil des französischen Patriotismus, sondern nur im Zusammenhang mit der historischen und besonderen Erscheinung der Französischen Revolution. Dabei bezieht sich der Patriotismus ganz wesentlich auf die Geschichte der Nationwerdung eines Volkes. Wir dürfen in diesem Zusammenhang wieder den Staatsrechtler Gerhard Leibholz zitieren: „Bei Lichte besehen ist in der Demokratie des 20. Jahrhunderts der Staat nichts anderes als die Organisationsform eines Volkes, das durch einen Akt des Selbstbewußtseins und des Willens sich zur Nation erweitert hat, d.h. sich seines politisch-kulturellen Eigenwertes bewußt geworden ist und seine Existenz als selbständig konkrete, politische Ganzheit bejaht hat. Dieses zur Nation erweiterte Volk sucht in der Demokratie mit Hilfe des Staates die Aufgaben, die ihm in so verschiedenen Formen gestellt werden, zu bewältigen“. Diese Geschichte der Entdeckung des jeweiligen politisch-kulturellen Eigenwertes ist wesentlicher Orientierungs- und Bezugspunkt des Patriotismus. Sie beginnt bei vielen Nationen mit einem „Gründungsmythos“. In Frankreich wird das historisch banale Ereignis des Sturms auf die Bastille als Gründungsmythos verwendet, für die Sowjetunion war der Sturm auf das Winterpalais gleichsam der Gründungsakt des Sowjetreiches, für die USA dient die ebenfalls historisch völlig unwichtige „Boston tea party“ als Gründungsakt. Egal, wie irrelevant der Gründungsakt historisch war, er markiert eine Zäsur, und ab diesem Punkt hat eine Nation eine eigene und besondere Geschichte, die natürlich Anknüpfungspunkt für den Patriotismus ist. Der Philosoph Peter Sloterdijk behauptet, daß sich die Völker durch das Lesen von gemeinsamen Texten zu den bürgerlichen Nationalstaaten des 19. und 20. Jahrhunderts entwickelt haben, sie wurden zu „durchalphabetisierten Zwangsfreundschaftsverbänden, die auf einen jeweils im Nationalraum verbindlichen Lektürekanon eingeschworen wurden“. Neben national relevanter Belletristik war die Lektüre und Rezeption der eigenen und spezifischen Geschichte Bezugspunkt der Pflege des Nationalbewußtseins. Patriotismus bedeutet so immer Rekurs auf die besonders in Mythologien und anderen Erzählformen zugänglich gemachte Geschichte. Er ist so Ausdruck des Stolzes der Bewohner eines Staatgebietes auf den Prozeß der Konsti-tution eines besonderen Nationalstaates und der spezifischen Leistungen, die im Gefolge der Existenz dieses Staates und seiner Bewohner erbracht worden sind. Wenn wir uns nun speziell der Patriotismus-Frage in Deutschland zuwenden, so können wir sofort zwei „Blockaden“ ausmachen, die den Ausdruck eines selbstverständlichen und naiven Patriotismus – wie das teilweise in anderen Ländern der Fall ist – erschweren. Gleichsam am Anfang und am Ende unserer Nationalgeschichte finden wir Besonderheiten, die einen unverkrampften Zugang zum Patriotismus behindern. Zum einen verfügen wir als „verspätete Nation“ ( Helmut Plessner) über keinen eindeutigen Gründungsmythos oder eine Gründungsgeschichte, die uns symbolisch den Zeitpunkt angibt, wo eine spezifisch deutsche Nationalgeschichte beginnt. War es die Varusschlacht im Teutoburger Wald? War es die Aufspaltung des Frankenreiches in ein west- und ostfränkisches Reich? Oder beginnt die deutsche Nationalgeschichte erst mit der Reichsgründung im Spiegelsaal von Versailles durch Otto von Bismarck? Die Experten sind sich uneins. So wie der Anfang im Dunkeln liegt, so ist uns der Zugang zur besonderen Geschichte Deutschlands als Bezugspunkt des Patriotismus in der Moderne durch den Nationalsozialismus versperrt – besonders dann, wenn man die spezielle Geschichte Deutschlands als eine gradlinige Geschichte hin zu Hitler interpretiert, wie das heute in weiten Kreisen als Immunisierungsstrategie gegen einen deutschen Patriotismus üblich ist. Natürlich ist diese hegelianisch anmutende Gedankenführung einer teleologischen Geschichtsvorstellung – der „deutsche Geist“ kommt mit Hitler gleichsam „zu sich selbst“ – absurd. Die Schreckensherrschaft des Nationalsozialismus macht es uns aber besonders schwer, unverkrampft und sachlich mit der deutschen Geschichte umzugehen und in ihr Bezugspunkte für Patriotismus zu finden. Solche Bezugspunkte gibt es indes in Hülle und Fülle: Denken wir an die berühmten Dichter und Denker, denken wir an die bekannten Forscher und Naturwissenschaftler. Zwischen 1901 und 1933 gingen 10 der 31 Physik-Nobelpreise, 14 der 28 Chemie-Nobelpreise und 6 der 27 Medizin-Nobelpreise nach Deutschland! Gleichwohl tun wir in Deutschland gut daran, mit dem Patriotismus vorsichtig umzugehen. Vor allen Dingen gilt es im Umgang mit der eigenen Geschichte zwischen Patriotismus und Nationalismus zu differenzieren. Der Patriotismus als Ausdrucksform des Stolzes auf besondere Leistungen des eigenen Landes akzeptiert in vollem Umfang das gleiche Recht auf Patriotismus anderer Länder. Ein Patriot bejaht die Einzigartigkeit und besondere Leistungsfähigkeit des eigenen Landes, niemals aber dessen Überlegenheit im Vergleich mit anderen Staaten und Nationen. Ein deutscher Patriotismus ist genauso gut wie ein französischer oder britischer. Insofern schließen sich Patriotismus und weltbürgerliche Gesinnung nicht aus, ja bedingen sich gegenseitig: Nur in Anerkennung der besonderen kulturellen Leistungen der verschiedenen Nationen können Menschen unterschiedlicher Nationalität von gleich zu gleich miteinander kommunizieren. Patriotismus kann man wie alle Gesinnungen nicht verordnen, aber man kann ihn ermöglichen, und ohne ihn ist ein funktionierendes Gemeinwesen auf Dauer kaum vorstellbar. Die Tatsache der „Eingesessenheit“ in einem spezifischen Land mit einer besonderen Geschichte verbindet das individuelle Schicksal mit dem des eigenen Landes auf ganz besondere Weise. Wir spüren dies heute ganz schmerzhaft in der Krise der sozialen Sicherungssysteme. Unser Schicksal im Alter hängt ganz wesentlich von der demographischen Entwicklung und dem generativen Verhalten der Bevölkerung insgesamt ab. Deswegen muß man schon aus Eigeninteresse wollen, daß es dem Land gutgeht! Und genau das ist Patriotismus und nicht ein hochachtungsvoller Umgang mit der Verfassung oder den universalen Werten. Prof Dr. Jost Bauch lehrt Soziologie an der Universität Konstanz. In der JUNGEN FREIHEIT schrieb er zuletzt über das „Ende des Wohlstands“ (JF 49/04). Bild: Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm und Alexander von Humboldt, Friedrich Schiller (v.l.n.r.): Ein Patriot bejaht die Einzigartigkeit und besondere Leistungsfähigkeit des eigenen Landes, niemals aber dessen Überlegenheit im Vergleich mit anderen Staaten und Nationen. | JF-Online | Auf ihrem letzten Parteitag hat die CDU den Patriotismus (wieder)entdeckt. Eigentlich ein Grund zur Freude, wenn da nur nicht der Verdacht wäre, daß es sich | Sonderthema | 2005-01-07T00:00:00+01:00 | 2005-01-07T00:00:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/sonderthema/2005/der-neue-patriotismus/ |
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Mediale Modeerscheinung | Irgendwann mußte es ja einmal soweit kommen. Teeniemagazine wie Bravo und Mädchen genießen eine hohe Beliebtheit, Soaps sind ein gigantischer Quotenbringer im Fernsehen, und trotz immenser Kosten laden Jugendliche sich alles mögliche auf ihr Handy. Kein Wunder, daß irgendwann jemand auf die Idee kam, alles miteinander zu kombinieren. So wurde die erste Handy- Soap geboren – eine neue Idee, mit der Firmen nicht ganz so hellen Jugendlichen viel Geld aus der Tasche ziehen wollen. Eine Soap, auch Seifenoper genannt, ist eine Fernsehserie mit sehr vielen Folgen. Mit wenig Aufwand werden viele Sendeminuten produziert, vor allem für die werberelevanten Zielgruppen. Die Handlung und die agierenden Personen sind meist einfach gestrickt, vermutlich genauso wie das konsumierende Publikum. In Deutschland haben sich etliche dieser Serien etabliert. „Guten Zeiten – Schlechte Zeiten“, „Marienhof“ oder das Telenovela-Format „Verliebt in Berlin“ sind nur einige davon. Nicht selten sind solche Serien ein Sprungbrett für weitere Karrieren, wie etwa die ehemaligen Soap-Stars Jeanette Biedermann oder Oliver Petzokat beweisen. Geschichten als echtes Leben – herunterzuladen für 1,99 Euro Unter dem Titel „Mittendrin – Berlin rockt“ verbreitet sich nun die erste deutsche Handy-Soap. Attraktiv soll das Projekt durch die darin mitwirkende Teenie-Prominenz sein. So sind beispielsweise die Schauspielerin Dorkas Kiefer, Viva-Nervensäge Gülcan und Heulsusensänger Ben mit dabei. Durch ihre Präsenz in der Soap wollen sie ihre Popularität noch weiter steigern. Vor allem Ben wünscht sich, daß die Jugendlichen auch seine Musik kaufen. In dem TV-Magazin Polylux sagte er denn auch: „Ich erhoffe mir eigentlich, daß ich es schaffe, dadurch eine gewisse Popularität auch bei den Jungen, bei den Teenagern und Kindern zu erlangen, die halt auf diese Handygeschichte so sehr abfahren“. Moralische Skrupel hat er da natürlich keine. Und es ist ziemlich sicher, daß seine Rechnung aufgeht. Eine Folge der Soap besteht aus zehn Bildern. Die Kosten betragen 1,99 Euro pro Woche – ohne die Gebühren zum Herunterladen. Bei diesem Projekt werden aufgrund der hohen zu übertragenden Datenmengen die Telefonrechnun-gen um ein Vielfaches nach oben getrieben. Auch der Netzbetreiber wird kräftig mit an dem Projekt verdienen. Wer ungeachtet der Kosten ein Abo abschließt, bekommt jeweils am Morgen und am Abend eine Folge auf sein Mobiltelefon gesendet. Zum Warmwerden sind die ersten zwei Wochen kostenlos. Das ganze Projekt soll dann sechs Monate dauern. Daß die Jugendlichen die Kosten unterschätzen und am Monatsende eine böse Überraschung erleben, ist sehr wahrscheinlich. Die Geschichte soll wie das „echte“ Leben wirken. Daher finden alle Aufnahmen an Berliner Original-Schauplätzen statt. Themen sind die – für das Zielpublikum – wichtigen Dinge im Leben: Stars, Mode und Musik. Gülcan und Ben, die bereits zur Prominenz zählen, spielen sich selber. Die anderen Darsteller sind meist noch unbekannte Schauspieler. Hauptakteure sind die Modedesign-Studentin Maxi und ihre Freundin Sarah. Beide müssen sich in Berlin behaupten, nicht nur in der Arbeit, sondern auch im Nachtleben. Was da anstrengender ist, läßt sich kaum noch unterscheiden. Produziert wird die Soap von der Firma Icon Impact. Das Unternehmen entwickelt Konzepte für neue Medien. Sein Chef Philip Zwez hat die Idee in Holland entdeckt. Dort gibt es bereits ein ähnliches Angebot. Der Erfolg ist so immens, daß mittlerweile die dritte Staffel produziert wurde. Vermischung von bloßen Figuren mit realen Personen Angereichert hat das Unternehmen das Konzept mit interaktiven Elementen. Durch die Vermischung von realen und fiktiven Personen sowie durch die Möglichkeiten zur Interaktion mit dem Handy soll eine maximale Kundenbindung erzielt werden. Hier kann der Abonnent beispielsweise Einladungen zu Events erhalten, bei denen er seine Stars treffen kann. Wenn sich die Stars aus der Soap in einem Restaurant verabreden, dann sollen sie tatsächlich auch später dort anzutreffen sein. Riesige Vermarktungsmöglichkeiten tun sich auf diesem Weg auf. Kein Wunder, daß die Abogebühren dann nicht die einzige Einnahmequelle sind. Da die Zielgruppe aus kaufkräftigen Jugendlichen besteht, fanden sich schnell Sponsoren, die dem Projekt unter die Arme griffen. Sponsoring ist in diesem Zusammenhang nur ein besserer Begriff für Schleichwerbung, da nicht offen kommuniziert werden soll, daß hier Werbung lanciert wird. So soll öfter einmal McDonald’s in der Soap vorkommen, die wiederum in ihren Restaurants Werbung für die Serie machen. Foto: Um jeden Preis dabeisein: Kostenintensiv – Bilder statt Bildung? | JF-Online | Irgendwann mußte es ja einmal soweit kommen. Teeniemagazine wie Bravo und Mädchen genießen eine hohe Beliebtheit, Soaps sind ein gigantischer Quotenbringer im | Zeitgeist | 2006-04-14T00:00:00+02:00 | 2006-04-14T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/zeitgeist/2006/mediale-modeerscheinung/ |
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Nur noch geschulte Personen: FDP-Politiker fordert „Wald-Verbot“ | BERLIN. Der FDP-Agrarexperte Karlheinz Busen hat gefordert, den Zutritt zu Deutschlands Wäldern für fast alle Personen vorübergehend zu verbieten. „Die Wälder in Deutschland sind extrem trocken, vor allem in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Es herrscht höchste Waldbrandgefahr“, warnte Busen gegenüber den Zeitungen des RedaktionsNetzwerk Deutschland. „Der Wald ist jetzt kein Ort der Erholung für Menschen mehr, sondern braucht selbst Erholung.“ Abseits größerer und befahrbarer Wege sollten sich deshalb nur noch geschulte Personen wie Förster oder Jäger aufhalten dürfen. „Für alle anderen Personen muss ein Waldbetretungsverbot verhängt werden – mit empfindlichen Ordnungsgeldern bei Verstößen“, forderte der Bundestagsabgeordnete. Es gehe dabei auch um den Schutz von Menschen, da ein ausgebrochener Brand bei großer Trockenheit auch zu einer Falle für Spaziergänger werden könnte. „Die Zahl der Waldbrände nimmt zu. Deutschland ist nur schlecht auf die kommenden Herausforderungen durch Waldbrände vorbereitet“, hatte Busen zuvor der Rheinischen Post gesagt. „Brandbekämpfung ist Aufgabe von Kommunen, die können aber keine Löschhubschrauber und Löschflugzeuge anschaffen. Das Ausstattungskonzept zwischen Bund und Ländern muss reformiert werden.“ (ls) | JF-Online | Der FDP-Agrarexperte Karlheinz Busen hat gefordert, den Zutritt zu Deutschlands Wäldern für fast alle Personen vorübergehend zu verbieten. „Der Wald ist jetzt kein Ort der Erholung für Menschen mehr, sondern braucht selbst Erholung.“ | Deutschland | 2019-06-24T14:07:46+02:00 | 2019-06-24T17:39:20+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2019/nur-noch-geschulte-personen-fdp-politiker-fordert-wald-verbot/ |
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Koalition statt Reconquista | Schon vor seiner eigentlichen Veröffentlichung sorgte dieses Buch für einigen Wirbel bei Publizisten, Aktivisten und Abgeordneten der konservativen Szene und politischen Rechten. Es enthält, soweit waren sich auch die meisten Kritiker einig, eine recht mutige Fragestellung mit einer ebenso gewagten Antwort. Die Frage? Vordergründig diese: Ist der Islam wirklich der Gegner Europas, des Abendlands oder der politischen Rechten? Frederic Höfer verneint das. Wer verstehen will, wieso er das tut, kommt allerdings nicht um die Frage herum, die der Autor im Laufe des Buches ebenso aufwirft: Was ist eigentlich das Ziel der Konservativen oder der Rechten? Und wer steht diesem Ziel im Weg? Es sind Namen wie Julius Evola, Annemarie Schimmel und Frithjof Schuon, die erahnen lassen, aus welcher Tradition Höfer kommt. Demnach ist der Islam den Europäern weniger fremd, als es der durchschnittliche Konservative annehmen würde. Vielmehr ist er, wie Höfer ganz wortwörtlich schreibt, ein Produkt der Spätantike, ein „orientalisch-europäisches“ Konglomerat aus griechischer Philosophie und arabischer Symbolik. Die vormodernen Aspekte des Islams, seine Mythen, sein Kriegertum und seine strengen Hierarchien sind demnach auch keine „fremden“ Eigenschaften, sondern entspringen der antiken Erlebniswelt und einer uns verwandten indoeuropäischen Wurzel. Zumindest solange man der Argumentation der Traditionalisten folgt. Mit diesem Argument positioniert sich Höfer zunächst gegen jede aufklärerische und liberale Islamkritik. Wer dem Islam seine „Rückständigkeit“ vorwerfe, der argumentiere aus jener Traditionsfeindlichkeit heraus, die auch die westliche Kultur auffresse. Aus geopolitischer Perspektive vertrete er zudem dezidiert uneuropäische Interessen, indem er die amerikanische Expansions- und Destabilisationspolitik im Nahen Osten rechtfertige. Den illiberalen und identitären Strang der Islamkritik („Der Islam ist ein fremder Machtblock auf dem eigenen Kontinent“) versucht Höfer mit einem simpleren Argument zu kontern: Die Muslime in Europa seien schlicht zu zahlreich, um sie kulturell oder politisch zu bekämpfen. Ein solcher Weg führe direkt in eine Bürgerkriegslogik. Was allerdings sollen stattdessen Ziel und Gegner der Konservativen und Rechten sein? Höfer plädiert für eine „traditionale Wende“. Gemeint ist folgendes: Ziel des Menschen sei es, sich in eine bestimmte Beziehung zu dem zu setzen, was über ihn hinausragt, die Art des „Überschreitens, die den Menschen aus der Befangenheit im Alltäglichen löst und als ‘Horizontbewußtsein’ das Ganze der Welt erfahrbar macht“. Diese Form der Transzendenz habe sich jedoch im Sinne Ernst Noltes von einer „theoretischen“ in eine „praktische“ Transzendenz verwandelt. Statt durch Wahrnehmung und Bewußtsein überschreite der moderne westliche Mensch die Grenzen seines Menschseins durch Technologie. Er fliegt ins Weltall, vernetzt sich mit der ganzen Welt und träumt davon, als transhumanistischer Computer-Mensch seinen Körper zu verlassen. Ziel des Konservatismus solle nun sein, diesen Prozeß der Ortlosigkeit und Auflösung umzudrehen, also einen Bewußtseinsprozeß zu fördern, bei dem „das zu Überwindende“ mit einem Mal zu einem Rückgewinn wird. Höfers Ausführungen sind immens spannend zu lesen, größtenteils schlüssig argumentiert und dicht und komplex geschrieben. Seine Denkanstöße lohnen eine Debatte. Einige Kritikpunkte sollten dennoch nicht unerwähnt bleiben. An der von Höfer dargestellten Aufgabe der Konservativen und Rechten gibt es nichts zu rütteln. Ob sich daraus aber bereits eine Komplizenschaft zum Islam ergibt, ist zweifelhaft. Das beginnt schon damit, daß auch der modernekritische Rechte nicht leugnen kann, wie sehr diese Moderne europäisch ist. Die Logik der Auflösung, der Entropie und der Ortlosigkeit gehen eben wesenhaft aus unserer Kultur hervor. Wer das überwinden will, muß mit dieser Natur rechnen, muß also innerhalb dieser Logik einen Ausweg schaffen. Wenig erfolgversprechend scheint es hingegen, in Richtung einer Kultur zu blicken, aus der kein solcher Auflösungsimpuls hervorgeht und sie schlicht deswegen zum Verbündeten zu erklären. Ebenfalls kritikwürdig scheint Höfers Auffassung, Alltagskonflikte im Zusammenleben von Europäern und muslimischen Einwanderern seien ausschließlich auf den Status letzterer als „migrantisches Prekariat“ zurückzuführen. Zwar ist es zweifellos richtig, daß die zynische Reißbrett-Migrationspolitik des Westens auch Migranten entwurzelt und damit destruktive Tendenzen in ihren Gemeinschaften bestärkt. Doch bedeutet das nicht, daß die Religion der Einwanderer bei den zahlreichen Konflikten mit Einheimischen keinerlei Rolle spielt. Wenn, wie neulich im englischen Wakefield geschehen, ein englischer Schüler von seinen Mitschülern mit dem Tode bedroht wird, weil ihm versehentlich ein Koran aus der Hand fiel, hat dies zweifellos eine religiöse Komponente. Oder wäre jemandem ein Fall bekannt, bei dem eine versehentlich beschädigte Bhagavad Gita zu ähnlich angespannten Reaktionen der zahlreichen hinduistischen Einwanderer in Großbritannien geführt hätte? Die unglückliche Position der Einwanderer als importiertes Menschenkapital ist mitschuldig, aber nicht allein ursächlich. JF 25/23 | Lorenz Bien | In seinem Buch „Feinbild Islam als Sackgasse“ wirft Frederic Höfer einen für die konservative Szene ungewöhnlichen Blick auf den Islam. Dieser sei nicht fremd, sondern ein Zeugnis antiker Tradition. Und möglicherweise ein Verbündeter bei der Überwindung der Moderne. | Reconquista,Islam | Literatur | 2023-06-16T12:03:33+02:00 | 2023-06-16T12:03:33+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/literatur/2023/reconquista-islam/ |