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Die Angehimmelte
Die Verehrung für Angela Merkel hat schon während ihrer Amtszeit bisweilen groteske Blüten getrieben: Sogar als Mutter Theresa war sie zeitweilig angehimmelt worden. Ein trockenes Wort der Kanzlerin hier, eine bürokratendeutsche Satzkonstruktion dort: „Wir werden sie noch vermissen“, hallte es einem da schnell entgegen. Verstehe mal einer die Deutschen! Der Journalist, Autor und Dokumentarfilmer Torsten Körner legt nun ein 90minütiges filmisches Porträt vor, das sich weitgehend in die Serie von Lobpreisungen einreiht. „Angela Merkel – Im Lauf der Zeit“, zu sehen bei ARTE und in der ARD, soll die Protagonistin in den Zeitläuften vor allem der vergangenen 30 Jahre zeigen, strukturiert Aspekten ihres politischen Lebens: von „In der Männerrepublik“ (Merkel als feministische Vorkämpferin gegen die Kochs, Wulffs und Merze) über „Kindheitsmuster“ (die Pfarrerstochter) bis hin zu „Die Pest“ (die kluge Corona-Bekämpferin). Der Film verzichtet auf eine Einordnung mittels „Off-Kommentar“. „Mir war wichtig, daß der Zuschauer die Möglichkeit hat, sich ein eigenes Bild zu machen“, begründet der Macher dies und weiß es doch höchstwahrscheinlich selbst besser. Denn für die gewünschte, eben nicht offene Interpretation sorgt in der Doku eine einseitige Auswahl an Journalisten, Politikern (darunter kein geringerer als Barack Obama), Wissenschaftlern und Weggefährten Merkels, von denen viele nah – zu nah für ein ausgewogenes Bild – an der Kanzlerin dran waren. Ganz vorne mit dabei: Kristina Dunz, heute im Hauptstadtbüro des Redaktionsnetzwerk Deutschland. Im Film gerät sie – Journalistin oder doch Pressesprecherin? – regelrecht ins Schwärmen: „Ihre erste Selbstpflicht war, Humanität zu zeigen“, kommentiert Dunz Merkels Grenzöffnung von 2015. Oder auch mit Blick auf die Belehrungen der Kanzlerin gegenüber Donald Trump: „Das hat sie ganz eisenhart gemacht. Das war in den Augen mancher Menschen Arroganz. Und es war genau das richtige für das, was kam.“ Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden. Mehr Informationen Kaum anders Virologin Melanie Brinkmann, die zu berichten weiß, im Ausland hätten uns viele „einfach nur beneidet. Die haben gesagt: Boah, ihr habt eine so tolle Kanzlerin, die sitzt da, und erklärt, was exponentielles Wachstum ist.“ Einzig noch ein bißchen mehr autokratisches Durchregieren hätte sich Brinkmann in der Corona-Zeit gewünscht. Oder auch EZB-Chefin Christine Lagarde: „Angela, the force“, sagt sie in die Kamera: Merkel habe für „Werte und Prinzipien“ gestanden. Und so weiter und so fort. Wo Kritik angebracht wird, da nur leise und zart, oder allenfalls auf Umwegen: Horst Seehofers legendäre Parteitagsrede zum Flüchtlingskurs 2015, als der CSU-Chef Merkel Minuten lang neben sich stehen ließ, wird kurz eingeblendet, dazu Parteitagsäußerungen kritischer CDU-Mitglieder – und anschließend von Dunz per Kommentierung abgeräumt. Auch Sahra Wagenknechts Philippika gegen die Eurorettungspolitik wird reingeschnitten. Doch selbst zu Wort kommen die Kritiker nicht: nicht Merz, nicht Schäuble, nicht Seehofer; die AfD schon dreimal nicht. Wobei: ganz richtig ist das nicht. Luisa Neubauer darf Kritik an Merkels Klimapolitik anbringen; und Aminata Touré beklagen, Merkel habe nach 2015 eine zu harte Abschiebepolitik verfolgt. Ursprünglich hatte Touré wegen Merkels Politik der offenen Grenzen noch gedacht: „die Frau ist schon kraß“. Die Grüne ist eine Landespolitikerin aus Schleswig-Holstein, die bekannt wurde, weil sie die erste schwarze Landtagsvizepräsidentin ist. Warum sie in der Doku Merkel kommentieren darf, bleibt ein Rätsel. Nicht unerwähnt bleiben soll, daß auch die Kanzlerin selbst zu Wort kommt. Sie erklärte sich bereit, zwei Exklusivinterviews, das letzte am 6. Dezember 2021, zum Film beizusteuern – weil Körner in eigenen Worten sein „ganz engagiertes Interesse“ deutlich gemacht habe, „ein versuchsweise differenziertes Porträt zu zeichnen“. Einer kritischeren Beleuchtung hätte Merkel natürlich gar nicht erst ihre Beteiligung geschenkt. Noch einmal läßt sie das demokratiepolitisch gefährliche Leitbild ihrer Amtszeit durchschimmern: „alternativlos“. Die Flüchtlingspolitik, weil der Artikel 1 des Grundgesetzes keine „Gefühlsduselei“ sei; die Eurorettung, die sich im Nachhinein als richtig herausgestellt habe; die erbarmungslose Corona-Politik mit ihren Maßnahmen, die man, so klingen ihre Worte, nur als richtig betrachten kann: „Ich war verzweifelt, daß das alles so einfach zu sehen ist, aber viele wollten es nicht so wahr haben“ – Merkel, die Frau mit den autokratischen Tendenzen. Zugespitzt wird man diesem Film Züge einer Hagiographie aus der Blase Berlin attestieren können, wie es dieser Tage sogar in der FAZ zu lesen war. Er liefert auch nicht viele neue Erkenntnisse, aber zumindest einige schöne Bilder und Videoschnipsel vergangener Zeiten. Zu empfehlen ist er also doch irgendwo – zumindest für Menschen, die Angela Merkel gerne einmal mit gewagtem Bademantel auf einer Pressekonferenz sehen wollen. Ich kannte diese Szene jedenfalls noch nicht. ————————————————————– „Angela Merkel – im Lauf der Zeit“ ist am Sonntag, dem 27. Februar, um 21.45 Uhr im Ersten zu sehen. Bereits jetzt kann der Film in den Mediatheken von ARD und ARTE abgerufen werden.
Sandro Serafin
Eine ARD-Doku porträtiert Angela Merkel. Herausgekommen ist eine 90minütige Hagiographie. Journalisten und Politiker schwärmen, Kritiker kommen nicht vor, und die Kanzlerin zeigt sich selbstzufrieden.
Merkel
Medien
2022-02-23T18:04:07+01:00
2022-02-23T18:07:55+01:00
https://jungefreiheit.de/kultur/medien/2022/merkel-die-angehimmelte/
Länderfusion im großen Stil?
Hätten nach dem Dreißigjährigen Krieg „landsmannschaftliche“ Gründe für die Beibehaltung der bestehenden „Länder“-Gliederung in Deutschland Bestand gehabt, wir lebten heute noch in Kleinstaaterei. Stadt- und auch Flächenstaaten von einer oder zweieinhalb Millionen Einwohnern – mit abnehmender Tendenz – kommen den Bürger teuer zu stehen. Eine umfassende Länderneugliederung ist überfällig. Das Grundgesetz in seiner Urfassung enthielt einen entsprechenden Auftrag. Schließlich waren die Länderzuschnitte nach dem Zweiten Weltkrieg meist Kunstgebilde der Alliierten. Nur Baden und Württemberg-Hohenzollern haben die Fusion 1951 in einer Volksabstimmung zuwege gebracht. Nach Jahrzehnten der Untätigkeit in der alten Bundesrepublik wurde vom Bundestag der Neugliederungsauftrag einfach mit einer „Kann“-Bestimmung entschärft. Verständlich: so ein Reformprozeß bedroht natürlich viele Sessel. Auch die Chance zur Neugliederung der Bundesrepublik im Zuge der Vereinigung der beiden deutschen Staaten wurde nicht genutzt. Eine Reform der bundesstaatlichen Ordnung bietet viele Chancen für Demokratie und Wirtschaft: Die Zusammenfassung kleinerer, wirtschafts- und finanzschwächerer Länder zu einem größeren Bundesland schafft in etwa gleichgewichtige Länder. Reduzierte Verwaltungen, Regierungen und Parlamente sparen Steuern. Größere Länder erlauben eine bessere Qualität des Verwaltens und Regierens. Abstimmungsprozesse unter den Ländern werden leichter. Freilich: an einen großen Wurf glaube ich nicht. Erst müssen wohl noch Fusionen auf Länderebene vorausgehen. Und sicher werden Zusammenlegungen von Ländereinrichtungen den Weg für Fusionen vorbereiten müssen. Es bleibt die Aufforderung an die Politik: Wer andere reformiert, sollte sich auch selbst reformieren können. Jörg Henning ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Stadtwerke Halle GmbH. Zunächst kann man sich grundlegend darüber verständigen und auch diskutieren, ob es Sinn macht, die Idee des Föderalismus aufrechtzuerhalten. Ich denke, daß es Sinn macht, und bin daher ein außerordentlicher Befürworter der Kommission des Bundesarbeitskreises Christlich-Demokratischer Juristen, die am letzten Wochenende ihre Ergebnisse vorlegte. Er zeigte unter der Leitung von Professor Kirchhoff auf, wie der Föderalismus in Deutschland wieder zu beleben beziehungsweise zu stärken sei. Konkret auf eine angestrebte Fusion von oder mit Thüringen angesprochen, denke ich, daß ein unionsgeführtes Bundesland sich stets von der Idee der Subsidiarität leiten läßt. Was in kleinen Einheiten geschafft werden kann, das stärkt die Selbstverantwortung und das braucht nicht auf anonyme Ebenen hochgezogen zu werden, um es dort zu regeln. Es spielt aber auch ein ideeller Aspekt mit hinein, daß in den 13 Jahren nach der Wiedervereinigung die Länder endlich wieder ein wenig von ihrer Identität zurückgewonnen haben. Zumindest läßt sich das für Sachsen und auch für Thüringen sagen. Die Leute sind bei uns wieder stolz darauf, Thüringer zu sein. Das ist ein Wert, der wichtig dafür ist, daß die Leute sich für das Gemeinwesen einsetzen. Sollte nun wieder eine Identitätsveränderung oder eine Zusammenlegung mehrerer Bundesländer stattfinden, könnte dies negative Auswirkungen haben und das föderale System schädigen. Man kann überlegen, wie man die länderübergreifende Zusammenarbeit verstärkt. Wir haben uns für die „Initiative Mitteldeutschland“ ausgesprochen, das Projekt der Ministerpräsidenten der Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringens. Es ist wichtig, Aufwand an gegebener Stelle einzusparen und leistungsfähigere Strukturen zu schaffen – wie dies heute schon in Bereichen der Verwaltung mit Bayern, Hessen und Sachsen geschieht. Dr. Mario Hüther ist Landesvorsitzender der Jungen Union Thüringen.
JF-Online
Hätten nach dem Dreißigjährigen Krieg "landsmannschaftliche" Gründe für die Beibehaltung der bestehenden "Länder"-Gliederung in Deutschland Bestand gehabt,
Debatte
2003-07-04T00:00:00+02:00
2003-07-04T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/debatte/2003/laenderfusion-im-grossen-stil/
Furchtbar teure Meinung
Kleine Unterhaltung auf den Fluren eines öffentlich-rechtlichen Senders: Der Kollege wird gefragt, ob es stimme, daß er für die Junge Freiheit schreibe. „Ja, warum nicht?“ – „Die sind doch ganz rechts.“ – „Und stehen voll unter dem Verfassungsbogen, so wie wir.“ – „Trotzdem, die lassen doch nur eine Meinung zu, so rechtsaußen.“ – „Da gibt es keine Zensur, die lassen mich schreiben, wie ich denke. Muß natürlich Fakten und Argumente bringen.“ – „Ja, aber der gute Name unseres Senders …“ – „Ich schreibe unter meinem Namen, und habe die Nebentätigkeit hier angemeldet.“ So geht es fünf Minuten lang, dann fragt der JF-Autor den kritischen Kollegen: „Hast du schon mal die Zeitung in der Hand gehabt?“ – „Nö.“ Die Szene ist symptomatisch für viele Redakteure öffentlich-rechtlicher Sender: Schwache Ahnung, aber starke Meinung. Und Hauptsache mitten im Mainstream treiben lassen, dann kommt man sicher bis zur Rente, und das lohnt sich – noch. Es ist sicher nicht so, daß alle öffentlich-rechtlichen Journalisten links stehen. Aber der – zumeist rotgrüne – Meinungsdruck in vielen Redaktionen ist erheblich. Von Ausgewogenheit kann schon lange keine Rede mehr sein. Der Druck wird verstärkt durch die Aussicht auf sichere und überdurchschnittliche Renten, da lohnt das Mitschwimmen. Daß die Rentenproblematik für ARD, ZDF und Deutschlandfunk eine Systemfrage, mithin eine Existenzfrage ist, auch davon haben die meisten vermutlich nur eine leise Ahnung. Die Intendanten dafür um so mehr. Sie müssen die Bugwelle der Pensionen mit ihren Dickschiffen verdrängen, und wenn die Bugwelle wächst, kann es schnell sehr naß werden an Deck und in den warmen Kabinen. Intendanten leben vom Gebühren- und Steuerzahler Es ist einfach und wohlfeil, den Intendanten ihre Gehälter und Pensionen zum Vorwurf zu machen. Im Vergleich zu den Managergehältern in vergleichbaren Unternehmen der Wirtschaft sind sie fast bescheiden. Es sei ihnen gegönnt, sofern sie den kleinen Unterschied beachten: Die Intendanten leben vom Gebühren- und Steuerzahler, die Manager von freiwilligen Konsumenten. Die Zwangszahler des Gebührensystems müssen immer zahlen, auch wenn sie nicht konsumieren. Daraus erwächst für die Intendanten wie für Politiker die Verantwortung, mit dem Geld der Zwangszahler sparsam umzugehen und dabei mehr Phantasie zu entwickeln. Auch dafür werden sie bezahlt. Bei den Renten haben sie über die Jahre schon viele Abstriche gemacht. Junge Redakteure haben heute sehr viel weniger Ansprüche als ihre Kollegen vor zwanzig Jahren, die Ausgaben heute sind damit freilich nicht gesunken. Auch ist, statistisch gesehen, die Lebenserwartung der jungen Redakteursgeneration deutlich höher. Man wird weniger, aber dafür länger zahlen. Dennoch ist hier, wie in der staatlichen Rente, eine Stellschraube zu bewegen. Wer weder Beiträge erhöhen noch Leistungen kürzen will, der muß die Arbeitszeit verlängern. Wie wäre es, wenn man bei Neuanstellungen und auch beim Heer der freien Mitarbeiter die Verträge so gestaltet, daß man nur mit Abschlägen früher als mit 69 oder 70 Jahren in Rente gehen kann? Es wäre eine Pioniertat, denn im staatlichen Rentensystem wird es in den nächsten Jahren so weit kommen. Wähler haben wenig Verständnis für das Gebaren Intendanten schreien bei solchen Vorschlägen laut auf, denn viel lieber machen sie leise Druck auf die Politik, damit die Zwangsgebühren erhöht werden. Aber die Politik schaut auf die Wähler, und die haben wenig Verständnis für das Gebaren der öffentlich-rechtlichen Sender. Auch die Drohung mit Einschnitten ins Programm zieht eigentlich nicht mehr. Diese Programme bieten viele Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Sendern. Es muß nicht sein, daß jeder Sender mehrere Sendungen zu Bienen, Schlafstörungen, bestimmten Volkskrankheiten produziert. Vieles kann man austauschen. Es reicht, die Programme zu vergleichen. Das verlangt aber, über den Tellerrand der Kleinredaktionen hinaus zu schauen – mühsam. Auch sind Wiederholungen nicht verboten, bei manchen Produktionen lohnt es sich wahrhaftig, finanziell und inhaltlich. Auch kann man stärker auf pensionierte Kollegen zurückgreifen, sie bekommen entsprechend der ARD-Regel nur halbes Honorar und kosten keine Sozialabgaben. Man könnte auch das Urlaubsgeld halbieren und beim Stellenplan kürzen oder, mehr als bisher, mit Zeitverträgen arbeiten und bei Einstellungen in unteren Gehaltsgruppen anfangen. Das verringert die Gesamtansprüche und fordert zu mehr Leistung der einzelnen Redakteure heraus. Natürlich erfolgt bei solchen Maßnahmen der Aufschrei aus den Redaktionen und Betriebsräten, aber das ist bei Intendanten und Programmdirektoren als Schmerzensgeld im Gehalt verbucht. Schließlich strapazieren die Redaktionen nicht nur die Konten, sondern auch oft die Nerven der Zwangskonsumenten. Die Politik könnte die Sender zum Sparen zwingen Es führt kein Weg am Sparen vorbei. Schlankere Strukturen in den öffentlich-rechtlichen Anstalten sind eine Überlebensfrage. Das gilt für Verwaltung und Redaktionen. Oder man geht fett unter. Das Bundesverfassungsgericht wird im Zweifelsfall in seiner jetzigen Zusammenstellung zwar lieber den öffentlich-rechtlichen Rundfunk retten als Ehe und Familie. Aber das ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit der anderen Gewalten, sprich der Politik. Sie könnte die Sender, ähnlich wie bei den staatlichen Renten, per Gesetz mit Obergrenzen versehen und so zum Sparen zwingen. Aber dafür braucht man Ahnung von demographischen Prozessen und nicht nur eine starke Meinung. JF 06/19
Jürgen Liminski
Die Intendanten der öffentlich-rechtlichen Sender leben vom Gebühren- und Steuerzahler. Das gilt auch später für ihre Rente. Dabei gäbe es Mittel und Wege, die Sender zu verschlanken und so Geld zu sparen. Ein Kommentar von Jürgen Liminski.
Kommentar
2019-02-03T09:08:23+01:00
2019-02-03T15:41:13+01:00
https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2019/furchtbar-teure-meinung/
G20-Krawalle: Polizei ermittelt 600 Verdächtige
HAMBURG. Die Hamburger Polizei hat bei der Fahndung nach G20-Gewalttätern bereits 600 Verdächtige namentlich identifiziert. Gegen sie werde unter anderem wegen Landfriedensbruch und Körperverletzung ermittelt, teilte ein Polizeisprecher dem Sender NDR 90,3 mit. Die Zahl der Ermittlungsverfahren ist demnach auf mehr als 3.000 gestiegen. Gleichzeitig habe die Polizei durch die laufende Öffentlichkeitsfahndung mit Fotos von 107 Verdächtigen 21 Gesuchte aufgespürt. Das sei eine hohe Trefferquote von fast 20 Prozent, betonte der Sprecher. Bei anderen Öffentlichkeitsfahndungen läge die Erfolgsquote in der Regel zwischen fünf und zehn Prozent. Zusätzlich habe die Polizei 57 Razzien durchgeführt. Hamburger Bürgerschaft will Konsequenzen ziehen Am Mittwoch trifft sich die Hamburger Bürgerschaft, um über die Konsequenzen aus den Ausschreitungen zu diskutieren, hieß es in dem Bericht. Dabei gehe es auch um behördenübergreifende polizeiliche Zusammenarbeit, die Mobilisierung der linksextremen Szene und um den Streit um die Protestcamps. Zudem soll über die Ausschüttung der Gelder des eingesetzten Härtefallfonds für die Opfer der Ausschreitungen gesprochen werden. Bei den Krawallen Anfang Juli 2017 war es vor allem im Schanzenviertel zu gewalttätigen Ausschreitungen, Angriffen auf die Polizei und zur Plünderung von Geschäften gekommen. In Hamburg hatten sich die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer getroffen. (ha)
JF-Online
Die Fahndungsmaßnahmen der Hamburger Polizei nach den G20-Ausschreitungen hatten offenbar einen größeren Erfolg als bisher bekannt. Demnach konnten die Ermittlungsbehörden mehr als 600 Verdächtige identifizieren. Gleichzeitig habe die Polizei durch die laufende Öffentlichkeitsfahndung mit Fotos von 107 Randalierern 21 Gesuchte ermittelt.
Deutschland
2018-01-24T15:59:52+01:00
2018-01-24T17:04:09+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/g20-krawalle-polizei-ermittelt-600-verdaechtige/
Sabine Leutberger
„Gib den Regierenden ein besseres Deutsch und den Deutschen eine bessere Regierung.“ Erfüllt sich nun endlich die Bitte des Pfarrers Hermann Joseph Kappen von St. Lamberti zu Münster? Sie stammt aus dessen Neujahrsgebet von 1883. Seither sind unzählige Gesetze beschlossen und Verordnungen erlassen worden – nicht immer im besten Deutsch, wie die beiden folgenden Beispiele zeigen: „Wohnungsbau ist das Schaffen von Wohnraum durch Baumaßnahmen, durch die Wohnraum in einem neuen selbständigen Gebäude geschaffen wird.“ §16, Absatz 1, Nr. 1 des Wohnraumförderungsgesetzes „Eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden, ist nichtig.“ § 118 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat am vergangenen Donnerstag gegenüber der Rheinischen Post angekündigt, daß – nach dem Vorbild der Schweiz – die Verständlichkeit von Gesetzentwürfen besser geprüft werden soll. Diese Forderung ist nicht auf dem Mist der FDP gewachsen, sondern stammt aus dem Bundestagswahlprogramm von CDU und CSU. Dort lesen wir: „Der Bürger muß das Recht verstehen können, wenn er es befolgen soll. Wir fordern ein übersichtlicheres und verständlicheres Recht. CDU und CSU wollen, daß Gesetze und Bescheide der Verwaltung in einer für den Bürger verständlichen Sprache verfaßt werden. Wir fordern die konsequente Umsetzung der Grundsätze der ‚besseren Gesetzgebung‘ in Deutschland und der EU.“ Folgen wir den Gesetzen oder dienen sie uns? Doch auch das ist keine neue Forderung. Schon Friedrich der Große schrieb in einer Kabinettsorder vom 14. April 1780 über die Ausarbeitung des Allgemeinen Landrechts: „Was die Gesetze … betrifft, so finde ich es unschicklich, daß solche größtenteils in einer Sprache geschrieben sind, welche diejenigen nicht verstehen, denen sie doch zur Richtschnur dienen sollen. Ihr müßt also vorzüglich dahin sehen, daß alle Gesetze für unsere Staaten und Unterthanen in ihrer eigenen Sprache abgefaßt werden.“ Vergleichen wir einmal die beiden ersten Sätze: Welches Menschenbild liegt solchen Formulierungen zugrunde? Bei CDU/CSU sollen die Bürger die Gesetze „befolgen“, während bei Friedrich die Gesetze „zur Richtschnur dienen sollen“. Folgen wir den Gesetzen oder dienen sie uns? Wirken Friedrichs Worte da nicht wesentlich aufgeklärter und freiheitlicher? Vielleicht sollten wir ja nicht zuerst die Sprache, sondern das Denken ändern? Nicht die Bürger sind für die Gesetze da, sondern die Gesetze für die Bürger! Dies zu verinnerlichen, würde letztlich sicher auch zu einer besseren, bürgernahen und verständlichen Sprache in den Gesetzen führen. Als ersten Schritt zur Vereinfachung der Rechtssprache schlage ich jedenfalls vor, daß Frau Leutheusser-Schnarrenberger ihren platzfüllenden Doppelnamen ablegt. Sabine Leutberger – das klingt doch weit weniger abgehoben, sondern viel freundlicher und volksnäher!
Thomas Paulwitz
„Gib den Regierenden ein besseres Deutsch und den Deutschen eine bessere Regierung.“ Erfüllt sich nun endlich die Bitte des Pfarrers Hermann Joseph Kappen von
Kolumne
2009-12-12T12:39:00+01:00
2013-12-03T16:10:25+01:00
https://jungefreiheit.de/kolumne/2009/sabine-leutberger/
SWR entschuldigt sich für Witz über Terroranschlag
STUTTGART. Der SWR hat sich für eine als Satire gedachte Äußerung über den islamistischen Terroranschlag in Würzburg entschuldigt. „Der Tweet war ironisch gemeint – das ging daneben. Wir wollten niemanden verletzten. Es tut uns leid, wir haben daraus gelernt.“ Der Sender hatte am Tag nach dem Zug-Attentat auf dem Kurznachrichtendienst Twitter geschrieben: Ähm. Twitter-User sind sich einig. Bald heißt es:#ISbekenntsich zu den verschwundenen Socken. … zum Untergang der Titanic. … zu #BER. — SWRinfo (@SWRinfo) 19. Juli 2016 Der SWR hatte mit dem Tweet einen möglichen Zusammenhang des Zug-Attentats mit der Terrormiliz „Islamischer Staat“ satirisch einzuordnen versucht. Die Terrororganisation sei demnach auch für verschwundene Socken und den Untergang der Titanic verantwortlich, witzelte der Sender. Die Veröffentlichung hatte einen Sturm der Entrüstung mit dutzenden Antworten ausgelöst, auf den der öffentlich-rechtliche Sender mit beschwichtigenden Antworten zu reagieren versuchte: Die Opfer des Terroristen von Würzburg können vermutlich nicht ganz so herzhaft über diesen Gebühren-Humor lachen. https://t.co/xozqUHERqq — Julian Reichelt (@jreichelt) 19. Juli 2016 Ich deute ihn (missraten) humoristisch, halte Humor bei Anschlägen aber weder für Ihre Aufgabe, noch für Ihre Kompetenz. @SWRinfo — Julian Reichelt (@jreichelt) 19. Juli 2016 @SWRinfo Ihr scheint ja mächtig Spaß auf Kosten eurer Gebührenzahler zu haben — aquanaut2004 (@aquanaut2004) 19. Juli 2016 @SWRinfo Warum ist es so unendlich schwer, einzusehen, taktlos gewesen zu sein und seinen Fehler einzugestehen? — RA Roscher-Meinel (@lawyerberlin) 19. Juli 2016 @SWRinfo Soll das lustig sein, Redaktionsmitarbeiter? Bah! Pfui! Shame on you! Ich bezweifle, daß der Intendant des Senders dies mitträgt. — Sprecher Pat Murphy (@_PatMurphy_) 19. Juli 2016 @SWRinfo So kann es nicht weitergehen. Diese Tweets sind gemein, widerlich, höhnisch und zutiefst verletzend für die Opfer. #Wuerzburg — Margit (@Margit11) 19. Juli 2016 (ls)
JF-Online
Während die Opfer des Würzburger Terroranschlags noch um ihr Leben kämpfen, reißt der SWR Witze über einen möglichen Zusammenhang mit der Terrormiliz „Islamischer Staat“. Nach einer Welle der Empörung ruder der Sender nun zurück.
Medien
2016-07-20T13:17:17+02:00
2016-07-20T13:45:39+02:00
https://jungefreiheit.de/kultur/medien/2016/swr-entschuldigt-sich-fuer-witz-ueber-terroranschlag/
Der Hexenanwalt
Er kämpfte gegen Hexenwahn und Folter, war seiner Zeit weit voraus und ertrug alle Unannehmlichkeiten, die mit dem Eintreten für eine religiös und politisch „unkorrekte“ Minderheitsposition verbunden sind: Friedrich Spee SJ (1591-1635). „Priester, Mahner und Poet“ – unter diesem Leitgedanken erinnert die Diözesan- und Dombibliothek Köln (in Verbindung mit der Friedrich-Spee-Gesellschaft Düsseldorf) an Leben und Werk dieses verdienstvollen rheinischen Ordensgeistlichen. In Kaiserwerth als Sohn des dortigen kurkölnischen Amtmannes geboren, gehörte Spee einer alten, am Niederrhein weit verzweigten Familie des niederen Adels an. Sein Nachruhm überstrahlt alle anderen bedeutenden Angehörigen dieses Adelsgeschlechts, auch den des Reichsgrafen Maximilian Spee, der 1914 als Vizeadmiral in der Schlacht bei den Falklandinseln fiel. Die Ausstellung dokumentiert Spees Leben, stellt ihn als Jesuiten, als Moraltheologen und als Seelsorger vor und setzt dabei einen besonderen Schwerpunkt zum Thema Hexenverfolgung und Folter unter Berücksichtigung der damaligen Theorie und Praxis. Ähnlich berühmt wie die „Cautio Criminalis“ zu diesem Themenkomplex wurden Gedichte und Lieder des Barockdichters Spee („Trutz-Nachtigall“). Noch heute singen katholische (und auch evangelische) Christen Kirchenlieder, die Spee geschaffen hat – etwa „O Heiland reiß die Himmel auf“. Einen weiteren thematischen Schwerpunkt setzt die Ausstellung bei Spees Vorliebe für die Verehrung der Heiligen und der Engel. Man denke hier etwa an Spees Michaellied „Unüberwindlich starker Held“, das bis in den Weltanschauungskampf des Dritten Reiches hinein starke Wirkungen erzielt hat. Der sehr informative Ausstellungskatalog bringt Einzeluntersuchungen auch zu Aspekten, die in der räumlich beengten Exposition allenfalls ganz am Rande behandelt werden konnten: etwa über den Pädagogen oder den Frauenseelsorger Spee. Einige Hinweise auf Spee als Reichspatrioten wären sicher angebracht gewesen. Die Ausstellung hat die Gesamtthematik in gediegen-konventioneller Weise aufgearbeitet. Sie greift auf alte Landkarten, Stiche, Bilder und bibliophile Kostbarkeiten zurück. Einen besonderen Reiz bietet eine Leihgabe des Düsseldorfer Bildhauers Bert Gerresheim: ein Gipsmodell des Spee-Epitaphs an der Suitbertus-Basilika in Düsseldorf-Kaiserwerth (mit Vorzeichnungen und Porträtskizzen aus der Entstehungsgeschichte des Kunstwerks). Der tapfere Hexenanwalt Spee war ein Mann des Wortes und der Tat. Bei der unermüdlichen Versorgung von verwundeten und sterbenden Soldaten zog sich Pater Spee in Trier ein pestartiges Fieber zu, das ihn am 7. August 1635 dahinraffte. Die Ausstellung in der Diözesan- und Dombibliothek Köln, Kardinal-Frings-Str. 1-3, ist bis zum 9. Oktober zu sehen. Öffnungszeiten: Montag bis Mittwoch und Freitag von 9 bis 17 Uhr, donnerstags von 12 bis 19 Uhr. Der Ausstellungskatalog mit 494 Seiten, herausgegeben von Heinz Finger, kostet 22 Euro. Foto: Friedrich-Spee-Epitaph, Gipsmodell: Reichspatriot
JF-Online
Er kämpfte gegen Hexenwahn und Folter, war seiner Zeit weit voraus und ertrug alle Unannehmlichkeiten, die mit dem Eintreten für eine religiös und
Kultur
2008-08-29T00:00:00+02:00
2008-08-29T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/kultur/2008/der-hexenanwalt/
Bürgermeister darf nicht zum Widerstand gegen NPD aufrufen
GERA. Das Verwaltungsgericht Gera hat es Oberbürgermeister Norbert Vornehm (SPD) untersagt, zum Widerstand gegen eine NPD-Demonstration am Sonnabend aufzurufen. „Man kann nicht als Versammlungsbehörde eine Demonstration genehmigen und zugleich zu Gegenaktionen aufrufen“, sagte Gerichtssprecher Bernd Amelung nach einem Bericht des MDR. Vornehm hatte in seiner Funktion als Oberbürgermeister im Gera Amtsblatt vom 25. Juni zum Protest gegen die NPD-Veranstaltung aufgerufen, wogegen diese erfolgreich einen Eilantrag erwirkte. Ein Oberbürgermeister habe sich an das Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot zu halten, stellte das Gericht dazu fest. Lediglich als Privatperson dürfe Vornehm gegen die Veranstaltung protestieren, erläuterte Amelung. Nicht aber in seiner Funktion als Oberbürgermeister. (FA)
JF-Online
Das Verwaltungsgericht Gera hat es Oberbürgermeister Norbert Vornehm (SPD) untersagt, zum Widerstand gegen eine NPD-Demonstration aufzurufen. Er müsse sich an das Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot halten.
Deutschland
2010-07-08T15:53:00+02:00
2013-12-03T19:25:03+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2010/buergermeister-darf-nicht-zum-widerstand-gegen-npd-aufrufen/
Wenn der Energiespeicher des „Flash“ leer ist
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Dietmar Mehrens
„The Flash“ ist der neueste Streich aus dem Superhelden-„Multiversum“. Es gibt ein Wiedersehen mit alten Bekannten. Doch immer deutlicher zeichnet sich auch mit diesem Film eine Zeitenwende im Superheldenkosmos ab.
Flash
Medien
2023-06-12T11:40:16+02:00
2023-06-12T12:57:01+02:00
https://jungefreiheit.de/kultur/medien/2023/flash-ist-leer/
Hessen-CDU wirft Grüne aus der Regierung
WIESBADEN. Die hessische CDU hat angekündigt, mit der SPD in Koalitionsverhandlungen zu treten. CDU-Landeschef und Ministerpräsident Boris Rhein kündigte am Freitag an, nicht mehr mit den Grünen, sondern mit den Sozialdemokraten koalieren zu wollen. Hessen wurde in den vergangenen zehn Jahren aus einer Koalition aus Christdemokraten und Grünen regiert. Sollten die Koalitionsverhandlungen Erfolg haben, wäre es die erste schwarz-rote Regierung in der Geschichte des Bundeslandes. Rhein bedankte sich bei den Grünen. Allerdings wolle man „ein christlich-soziales Programm“ aufstellen: „Besonnen, nie mit Schaum vorm Mund, aber doch mit sehr klaren Entscheidungen.“ Er wünsche sich einen starken Staat, eine starke Wirtschaft und Modernisierung. Rhein wolle auf „Anreize statt Verbote“ setzen, die Menschen nicht bevormunden. Außerdem habe man sich dem Thema Migration nicht mit den Grünen verständigen können, berichtete die FAZ. Die CDU hatte nach der Landtagswahl am 8. Oktober Sondierungsgespräche mit Sozialdemokraten und Grünen aufgenommen. Rhein versicherte, die Gespräche seien konstruktiv gewesen. Bereits vor der Wahl kündigte er an, neben dem Bündnis mit den Grünen auch Kontakte zur SPD zu pflegen. Sie habe „ähnliche Erfahrungswelten als Volkspartei“. Aus der Landtagswahl ging die CDU unter Boris Rhein als klare Gewinnerin hervor. Mit 34,8 Prozent wurde sie stärkste Kraft vor der zweitplatzierten AfD mit 18,4 Prozent. Beide Parteien konnten Wählerstimmen dazugewinnen. Als große Wahlverliererin galt SPD-Spitzenkandidatin und Innenministerin Nancy Faeser. Ihre Partei verlor – wie die Grünen – rund fünf Prozent. Die konstituierende Sitzung des Hessischen Landtages findet am 18. Januar 2024 statt. (sv)
JF-Online
Premiere: Die CDU in Hessen strebt einen Koalitionsvertrag mit der SPD an. Die Grünen verlassen voraussichtlich somit nach knapp einem Jahrzehnt die Regierungsbank. Laut Ministerpräsident Rhein würden dann zwei Parteien mit „ähnlichen Erfahrungswelten als Volksparteien“ zusammenarbeiten.
CDU
Deutschland
2023-11-10T14:35:26+01:00
2023-11-10T14:35:26+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/hessen-cdu-wirft-gruene-aus-der-regierung/
Eigentum und Freiheit
Wer sich mit dem Eigentum und dessen Bedeutung befaßt, stößt unweigerlich auf das, was Eigentum schaffen und sichern hilft: auf die Freiheit. Und Freiheit abzusichern und zu bewahren, geht nicht ohne Recht. Daher stehen die drei großen Begriffe „Eigentum, Freiheit und Recht“ miteinander in einem festen inneren Zusammenhang. Aber alle drei sind – so sicher und gefestigt sie scheinen, wenn sie errungen wurden – stets Unterhöhlungen und Angriffen ausgesetzt, alle drei müssen stets gegen sie verteidigt werden. Unterhöhlungen sind für die meisten Bürger (anders als offene Angriffe) schwer zu erkennen – zum Beispiel dann, wenn staatliche Politik die volkswirtschaftliche Substanz des Landes verwirtschaftet. Geschieht dies – und ebendas findet in Deutschland statt – dann sind alle davon betroffen, dann verwirtschaftet die staatliche Politik das Eigentum aller. Wenn sie die staatliche Verschuldung, in astronomische Höhen treibt, belastet sie damit aller Eigentum, denn für den Schuldendienst (also Tilgung und Zinsen) müssen die Bürger aufkommen. Den Bürgern wird das Geld dafür abgenommen – entweder in Form von Steuern und Abgaben sowie in Form von Inflation, also laufender Geld- und Kaufkraftentwertung, oder aber dann, wenn es zu einem großen Zusammenbruch kommt, wenn der Staat die bisherige Währung wegwirft und zu einer neuen greift. Dann vernichtet er damit Geldvermögen, wie es Deutschland in den vergangenen achtzig Jahren immerhin schon zweimal erlebt hat, also innerhalb von nur drei Generationen. Angriffe auf das Eigentum müssen nicht mit einem großen Paukenschlag daherkommen und nicht auf linke oder rechte Diktaturen beschränkt sein. Es gibt auch schleichende Enteignungen, und sie finden auch in liberalen, demokratisch verfaßten Rechtsstaaten statt: durch eine zu hohe Besteuerung, durch eine staatliche zwangsweise Einheitsversicherung für die Altersversorgung, für Krankheit, für den Pflegefall, durch die schon erwähnte Geldentwertung, die ihre Ursachen in verfehlter staatlicher Politik hat, durch aufweichenden Rechtsschutz für das Eigentum, durch ein Vordringen des Staates in zu viele Lebensbereiche, die Privatsache der Bürger sein müssen. Solche schleichenden Enteignungen führen überdies dazu, daß es den Bürgern immer mehr erschwert wird, neues oder zusätzliches Eigentum zu bilden und sich mit ihm ihre Unabhängigkeit und Freiheit zu sichern. Damit findet zweierlei statt: Bestehendes Eigentum wird ausgehöhlt, und das Entstehen künftigen Eigentums behindert oder unmöglich gemacht. Ein Staat, der enteignet, treibt die Bürger in die Verarmung, und wenn die Bürger verarmen, werden sie abhängig und unfrei. Für den britischen Moralphiloso-phen Adam Smith im 18. Jahrhundert bestand die „natürliche“ Freiheit darin, daß jedermann völlig frei darin ist, seine Interessen auf seine eigene Weise zu verfolgen, solange er dabei nicht die Gesetze der Gerechtigkeit verletzt. Und dem Staat kommen nach dieser Auffassung nur drei Aufgaben zu: erstens, jedes Mitglied der Gesellschaft soweit wie möglich davor zu schützen, daß es von einem anderen Mitglied der Gesellschaft unterdrückt wird; zweitens, die Gesellschaft davor zu schützen, daß sie unter Gewaltanwendung und Invasion in die Gewalt einer anderen Gesellschaft gerät; drittens, öffentliche Einrichtungen (wie zum Beispiel ein Straßennetz oder Leuchttürme für die Schiffahrt) bereitzustellen, die für die Allgemeinheit als notwendig gelten. Man weiß: Staaten und ihre Träger sind versucht, die Bürger zu bevormunden, ihnen scheinbar Sinnvolles oder Notwendiges aufzudrängen oder aufzuzwingen, weil sie glauben, es besser zu wissen und besser zu können als der einzelne Bürger selbst und in eigener Verantwortung. Sie beanspruchen damit ein Monopol auf Wissen, eignen sich damit ein Monopol auf vermeintliches Besserwissen an – und zwar ein hoheitliches Monopol. Die Versuchung dazu ist so stark, daß sie ihr zu häufig erliegen – ein Verhalten, das Friedrich von Hayek im 20. Jahrhundert als eine Anmaßung von Wissen zu bezeichnen pflegte. Längst geht das Bereitstellen von allgemein notwendigen Einrichtungen durch den Staat über so etwas wie den Straßen- und Leuchtturmbau weit, weit hinaus: Das vermeintliche Besserwissen greift aus und dringt ein in die individuellen Lebensverhältnisse der Menschen; es wird zum Drang nach allumfassender staatlicher Fürsorge und sozialer Beglückung; der Staat redet den Menschen ein, sie könnten die Risiken und Wechselfälle des Lebens wie Krankheit, Arbeitslosigkeit und Altersversorgung nur mit staatlicher Umhegtheit, nicht selbstverantwortlich aus eigener Kraft bewältigen. Er beutet das menschliche Bedürfnis nach Sicherheit und Gerechtigkeit aus und beschwört und verherrlicht diese als „soziale“ Sicherheit und „soziale“ Gerechtigkeit; er drängt die Menschen aus Eigenverantwortung und Unabhängigkeit mehr und mehr heraus und in die Abhängigkeit von Staat und Kollektivismus hinein, versucht, es ihnen unter dem Markennamen „Sozialstaat“ schmackhaft zu machen. Hayek hat diesen Sozialstaat als eine „wohlwollende Despotie“ bezeichnet. Aber wie wohlwollend auch immer, Despotie bleibt Despotie: Sie unterdrückt die Freiheit als Wert an sich. Wer sich Eigenverantwortung nehmen läßt, verliert Teile seiner Freiheit. Dabei lassen die einen das mit sich geschehen, weil sie Angst vor zuviel Freiheit haben, weil sie sich trotz dieses Teilverlustes von Freiheit bei der Marke „Sozialstaat“ besser aufgehoben wähnen, stimmen also zu und wissen nicht, daß es sich um süßes Gift handelt; denn ihr Freiheitswille und ihr Wille, Freiheitsentzug überhaupt wahrzunehmen, sind schon verkümmert. Bei anderen dagegen ist dieser Wille nach wie vor sehr lebendig und ausgeprägt, sie mögen die Marke „Sozialstaat“ daher nicht, mögen diese Teile ihrer Freiheit nicht hingeben, werden aber trotzdem in das Kollektiv vereinnahmt, verlieren Teile ihrer Freiheit also gegen ihren Willen. Am stärksten gefährdet wird die Freiheit gerade von dem, dem aufgegeben ist, sie zu schützen: dem Staat. Das führt dann zu der Frage, wie die Menschen vor ihrem Staat geschützt werden können, wenn dieser unzulässigerweise in ihre Freiheit eingreift und sie immer weiter beschneidet. Wir stehen damit, wie es der Publizist Detmar Doering einmal ausgedrückt und auf einen kurzen Nennen gebracht hat, „vor dem Paradox, den Staat zu brauchen, um den Staat zu verhindern“. Starke Gefahr für Freiheit und Eigentum geht vom Sozialstaat aus. Dieser verkörpert, wenn er sich nicht mit dem unabweisbar Notwendigen bescheidet, ein Bild vom Menschen, das den Menschen für unfähig hält, für die Unbilden, die das Leben nun einmal bereithält, Eigenverantwortung zu übernehmen. Deshalb ist er davon beseelt, seine vermeintlich unfähigen Bürger gegen alle diese Unbilden in einem öffentlich-rechtlichen Kollektiv zwangsversichern zu müssen. Deshalb nimmt er sich sogar auch heraus, dieses Hineinzwingen in das Kollektiv als große Wohltat auszugeben und geradezu als Menschheitsbeglückung hinzustellen. Privateigentum ist mehr als bloßes Weihwasser der Marktwirtschaft. Schon gar nicht genügen ein paar hingetupfte Spritzer; es ist für die Marktwirtschaft das Lebenselixier. Ohne dieses Eigentum funkt es nicht und funktioniert es nicht. Marktwirtschaft mit ein bißchen Eigentum geht so wenig wie eine Frau mit ein bißchen Schwangerschaft. Aber in einer Politik des verkappten Sozialismus, wie er sich hierzulande seit der Wiedervereinigung verstärkt hat, wird auf so ein bißchen Eigentum hingearbeitet. Sozialistisches Gedankengut, sozialistische Irrlehre mit ihren vermeintlichen Volksbeglückungsideen sind nicht totzukriegen. Sie tauchen in jeweils anderen Umverteilungsgewändern immer wieder auf – zum Beispiel im Gewand der Ökologie, der Steuergerechtigkeit, der Gesundheitsver-sorgung, der Alterssicherung, der staatlich umfassenden Fürsorge. Oder sie sind in einem solchen Gewand immer noch da. Nur, die meisten Menschen erkennen in diesem Gewand den Sozialismus nicht. Oder meinen, das Gewand stehe ihm doch ganz gut, nehmen das Gewand nur wahr als schönen Schein, von dem sie sich trügen lassen und das zunächst auch noch gern, bis sie das Trügerische dieses Scheins eines Tages nicht mehr übersehen können und das Blendwerk erkennen, weil das Schöne sich verflüchtigt hat – so wie derweilen in der quasi-staatlichen Ein-heitszwangsversicherung zur Altersvorsorge oder in der quasi-staatlichen Krankenversicherung. Sozialismus ist ein Enteignungsprogramm. Damit ist er zugleich ein Freiheitsunterdrückungsprogramm. Sein Leben hat er immer nur vermeintlich ausgehaucht. Wir glauben, mit dem Untergang der DDR, der Sowjetunion, des kommunistischen Ostblocks sei er erledigt, abgehakt, entsorgt. Wir denken, daß die schrecklichen Erfahrungen sitzen, daß sie in den Köpfen der Menschen dauerhaft verankert sind, zumal in den Köpfen jener, die ihn am eigenen Leib leidvoll haben ertragen müssen wie die Deutschen in der einstigen DDR – und erleben doch: Sozialismus ist nie tot, er ist immer nur scheintot. Harmlos versucht sich der Sozialismus nur vorübergehend zu geben, solange sich noch zu viele Menschen an seine Schrecknisse erinnern und es opportun erscheint, sich etwas wegzuducken. Das Recht der Bürger am privaten Eigentum und der Schutz dieses Rechts ist in freiheitlichen Demokratien und Wirtschaftsordnungen ein wesentliches Grundrecht und daher in der Verfassung verbrieft. Das Recht auf und am Privateigentum zählt – wie das Recht auf Freiheit, Verträge zu schließen, den Beruf zu wählen, den Nachlaß zu vererben usw. – zu den wirtschaftlichen Freiheiten. Dieses Recht ist für die marktwirtschaftlich verfaßte Wirtschaftsordnung die treibende Kraft und wichtigste tragende Säule, unentbehrlich für eine Volkswirtschaft, die, um sich zu behaupten, effizient sein muß, und ebenso unentbehrlich für eine Gesellschaft, die politisch stabil bleiben will. Das Rechtsinstitut Privateigentum nimmt im Regelwerk einer freiheitlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung eine herausragende Rolle ein. Für die Menschen ist es eine Triebkraft, ein Anreiz, sich ins Zeug zu legen, es durch Arbeit zu etwas zu bringen und auf diese Weise nicht nur für sich allein, sondern zugleich für Volk und Vaterland etwas zu leisten. In freien, demokratisch verfaßten Gesellschaften und Staatswesen gehört das Recht auf Eigentum lange zur Freiheit dazu. Diese Gesellschaften wissen, was sie vom Eigentum haben, und wenn sie klug sind, lassen sie es nicht beschädigen, nicht aushöhlen, sondern hegen und pflegen es. Sie wissen: Privates Eigentum, zumal an Grund und Boden, an Häusern, an Betrieben, an Kapital ist ein hohes Gut. Die Gewißheit, solches Eigentum erwerben, behalten, nutzen und vererben zu können, spornt die Menschen an zu Ideen, zu Fleiß, zum Sparen, zum Investieren und damit zu notwendigen wirtschaftlichen Tugenden. Selbst Entbehrungen nehmen sie dafür in Kauf. Eigentum fördert ihr wirtschaftliches Denken, ihren sorgsamen Umgang mit wirtschaftlichen Gütern, spornt sie an zu wirtschaftlichen Leistungen, die auch anderen Bürgern und der Gesellschaft insgesamt nützen. Mit dem Anreizmittel Eigentum bringen sie es zu höheren wirtschaftlichen Leistungen als ohne dieses Mittel – nicht nur für sich allein, sondern auch für die Gesellschaft als Ganzes. Eine freiheitliche Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung mit einer Marktwirtschaft, die effizient sein soll, kommt daher ohne Eigentum nicht aus; es ist eine für sie notwendige Bedingung. Eben aus diesem Grund gehört das Institut Privateigentum auch zu den sieben konstituierenden Prinzipien, wie sie der Nationalökonom Walter Eucken, einer der geistigen Väter der deutschen Wirtschaftsordnung nach dem Zweiten Weltkrieg, für die Wirtschaftsordnung in der Form der Wett-bewerbsordnung als notwendig aufgestellt hat. Eigentum ist also für eine freie Marktwirtschaft, wenn sie funktionieren soll, und überhaupt für eine freiheitlich verfaßte Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung eine unabdingbare Voraussetzung. Entscheidend ist dabei, daß die Eigentumsrechte stark genug und damit für die Menschen überzeugend genug sind. Ein Staat, der sich für eine marktwirtschaftliche Ordnung entschieden hat, aber diese Eigentumsrechte vernachlässigt und sie schwächt, setzt leichtfertig die Effizienz dieser Ordnung aufs Spiel – und er beschädigt zugleich auch die Freiheit, also den Wert an sich. Eigentum und Freiheit hängen also zusammen: Freiheit ermöglicht Eigentum, führt zu Eigentum, und Eigentum verschafft mehr Freiheit. Eigentum ist Bestandteil der Freiheit, denn zur Freiheit gehört, daß man frei darin ist, Eigentum zu erwerben, zu mehren, wegzugeben und zurückzuverlangen, wenn es widerrechtlich weggenommen wurde. Freiheit ist aber auch Bestandteil des Eigentums, denn das Eigentumsrecht ist als Eigentum ohne die Freiheit, es zu nutzen oder auch nicht zu nutzen, eine leere Hülse ohne Wert. Freiheit und Eigentum ergänzen einander, stärken sich gegenseitig: Freiheit wird durch Eigentum gefestigt, und Eigentum weitet die Freiheit aus, macht den, der über Eigentum verfügt, freier. Wer für Freiheit eintritt, sollte daher auch immer für Eigentum eintreten. Eigentum sollte immer Bestandteil der Freiheit sein, Freiheit das Eigentum immer umfassen, immer ermöglichen. Menschen, die frei sind und Eigentum haben, sind bereiter, von sich aus mehr zu leisten. Das geschieht zwar aus Eigennutz, setzt sich insgesamt aber um in Gemeinnutz, in Nutzen für die Allgemeinheit. Man kann daher für Freiheit und Eigentum eintreten, weil sie sich für eine Gesellschaft, für ein Staatswesen als nützlich erweisen. Besser wäre es allerdings, man träte für sie nur um ihrer selbst willen ein, für Freiheit und Eigentum als Werte an sich, weil sie gerade für die Menschen einen Eigenwert haben. Folglich muß man um der Menschen willen für Freiheit und Eigentum eintreten. Wer zuläßt, daß beide Werte abhanden kommen, hat sie eigentlich nicht verdient, ist ihrer eigentlich nicht wert. Klaus Peter Krause , Jahrgang 1936, arbeitete von 1966 bis zu seiner Pensionierung als Redakteur im Wirtschaftsressort der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ).
JF-Online
Wer sich mit dem Eigentum und dessen Bedeutung befaßt, stößt unweigerlich auf das, was Eigentum schaffen und sichern hilft: auf die Freiheit. Und Freiheit
Sonderthema
2005-03-25T00:00:00+01:00
2005-03-25T00:00:00+01:00
https://jungefreiheit.de/sonderthema/2005/eigentum-und-freiheit/
Evangelischer Kirchentag
Ostern, das höchste Fest des Christentums: Nur an Weihnachten finden mehr Gläubige ihren Weg in die Kirchen. Sie kommen in die Gebäude einer Institution, die schwer erschüttert ist. Besonders betroffen ist die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD). Beispiel Berlin-Brandenburg: Innerhalb von zehn Jahren sanken die Kirchensteuereinnahmen infolge von massenhaften Austritten um 40 Prozent. Bundesweit, so Pressemeldungen, würde fast die Hälfte der 20.000 Kirchen künftig aufgrund der fallenden Mitgliederzahlen nicht mehr benötigt. Die katholische Kirche will allein in Berlin die Zahl ihrer Gemeinden durch Zusammenlegungen von 207 auf 110 halbieren. Nun sollte man erwarten, die Kirche reagiere auf ihren drohenden Konkurs wie ein ins Trudeln geratenes Unternehmen dadurch, daß die Marketingstrategie überdacht würde. Doch weit gefehlt: Vor allem die evangelische Kirche setzt auf Untergang – volle Kraft voraus. Wäre der Kapitän der „Titanic“ von der EKD gestellt worden, er hätte das Schiff auch ohne Eisberg versenkt. Zu diesem Eindruck muß man kommen, wenn man sich das Programm des diesjährigen Evangelischen Kirchentages ansieht, der vom 25. bis 29. Mai in Hannover stattfindet. Für helle Empörung sorgte bereits in den letzten Wochen der geplante Auftritt des TV-Moderators Michel Friedman. Erst nach einer überraschenden Welle von Protesten einfacher Kirchenmitglieder, aber auch von Frauenrechtsgruppen hat Friedman nun abgesagt. Anhaltenden Unmut ruft der Auftritt des „TV-Pfarrers“ Jürgen Fliege hervor, der aktuell von sich reden macht, indem er die Forderung nach einer „Kuschel-Kirche“ und der Abnahme des Kreuzes in den Kirchen aufgestellt hat, weil es „grausam und bedrückend“ wirke. Den Vogel schoß er ab, als er erklärte, es gebe keinen „wahren einzigen Gott und keinen einzig wahren Glauben“. Das Programm des Kirchentages wimmelt von Veranstaltungen pro Homosexualität, es wird sogar ein „Segnungsgottesdienst für gleichgeschlechtliche Paare“ der Lübecker Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter angekündigt, man wird überschwemmt von religiösen Angeboten aller Richtungen, ob moslemisch, buddhistisch, esoterisch. Das Wort „Christenverfolgung“ sucht man im 608 Seiten umfassenden Programm jedoch vergebens. Der Begriff „Lebensrecht“ taucht dreimal auf, Abtreibung einmal. Indessen lädt der Kirchentag zum Freitagsgebet in die Jama’at-un-Nur Islamische Gemeinde Hannover ein und diskutiert unter dem Motto „Mission impossible?“ nicht etwa die Christliche Mission, sondern gibt Nadeem A. Elyas, dem umstrittenen Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland, ein Podium. Die Teilnahme auf dem Kirchentag verweigert wurde, wie konservativ-evangelikale Kreise kritisieren, dem messianisch-jüdischen Verein Beit Sar Shalom, dem in Deutschland 15 Gemeinden von Juden angehören, die sich zu Jesus als Messias bekennen. Die Kirchentags-Leitung lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die christliche Mission von Juden sei mit den Zielen der Veranstaltung nicht vereinbar. Die Herbeiführung der religiösen Beliebigkeit unter Christen offensichtlich schon.
JF-Online
Ostern, das höchste Fest des Christentums: Nur an Weihnachten finden mehr Gläubige ihren Weg in die Kirchen. Sie kommen in die Gebäude einer Institution, die
Sonderthema
2005-03-25T00:00:00+01:00
2005-03-25T00:00:00+01:00
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Extremismusforscher kritisiert Blockaden als undemokratisch
FRANKFURT AM MAIN. Der Politikwissenschaftler Eckhard Jesse hat die rechtswidrigen Blockaden, die sich gegen genehmigte Demonstrationen von Rechtsextremen richteten, als undemokratisch kritisiert. In einem am Donnerstag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienenen Beitrag betonte Jesse, daß „ein noch so gutes Gewissen“ keine Rechtsverletzung rechtfertige. Die Kritik des Berliner Innensenators Ehrhart Körting (SPD) an Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) bezüglich dessen Teilnahme an einer Sitzblockade am 1. Mai lobte der Politologe in diesem Sinne „als Worte der Vernunft“. „Schindluder getrieben“ Solche seien zu seinem Bedauern jedoch nach den Ereignissen vom 13. Februar dieses Jahres in Dresden nicht zu vernehmen gewesen. Die Blockaden dort, zu denen „auch Amtsträger und Abgeordnete“ aufgerufen hatten, seien kein „beeindruckendes Zeichen bürgerschaftlichen Engagements“ gewesen, so Jesse. Wer Legitimität gegen Legalität auszuspielen versuche, öffne seiner Meinung nach „dem Mißbrauch Tür und Tor“. Schließlich unterliegt auch die vielbeschworene „Zivilgesellschaft“ Recht und Gesetz. Ohnehin, so kritisiert der an der Technischen Universität Chemnitz lehrende Extremismusforscher, werde mit dem Begriff des zivilen Ungehorsams „Schindluder getrieben“; denn diese Form politischen Widerstands werde uminterpretiert, wenn sie sich gegen jemanden richtet, der offenkundig von der Mehrheit der Gesellschaft „verachtet“ wird, schreibt der Professor mit Blick auf die von den Gegendemonstranten blockierten Rechtsextremen. Nicht immer entspreche das politisch Opportune dem verfassungsrechtlich Gebotenen. Das aber heißt, so Jesse abschließend: „Eine Partei, die nicht verboten ist, muß nicht demokratisch sein. Aber es ist verboten, gegen sie nicht demokratisch zu sein.“ (vo)
JF-Online
Der Politikwissenschaftler Eckhard Jesse hat die Blockaden, die sich gegen genehmigte Demonstrationen von Rechtsextremen richteten, als undemokratisch kritisiert: Kein „noch so gutes Gewissen“ rechtfertige eine Rechtsverletzung.
Deutschland
2010-05-06T11:23:00+02:00
2013-12-03T18:53:15+01:00
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Ganz und gar Menschenwerk
Wer weltweit nation building betreibt, sollte sich wenig stens über den Zustand der eigenen Nation im klaren sein. Eine solche Vergewisserung leistet der US-amerikanische Präsident alljährlich in seiner „State of the union“-Ansprache. Das ging diesmal daneben: Die Rede vom Januar hat George W. Bush gerade nachträglich in erhebliche Verlegenheit gebracht. Nun haben sich fünfzig Künstler, 35 Fotografen und 15 Literaten, dem – vordergründig ganz unpolitischen – Auftrag gestellt, ihr Land wenn nicht zu erklären, so doch in den Blick zu rücken, wenn nicht begreiflich, so doch greifbar zu machen. „Visions of Passage“ heißt das Projekt, dessen Ergebnis derzeit als „The American Scene 2000“ im Berliner Martin-Gropius-Bau zu besichtigen ist. Mit „Übergang“ ist der zum dritten Jahrtausend gemeint, an das Dick Allen sein Gedicht „E-Mail to the Year 2099“ richtet. „Diesen ambivalenten Moment“, nennt ihn Arthur Ollman in der Einleitung zum Ausstellungskatalog, „dieses pralle Nicht-Ereignis in einer beschäftigten Welt. Jener Moment, von dem wir zu Unrecht erwarteten, er würde bedeutsam sein. Ein Moment, den wir kaum erkannten, als er dann kam.“ Von Joan Myers‘ sublimen Wind-, Wasser- und Sonnenkraftwerken über Marion Fallers Gärten voller schrillem Kitsch bis zu Bruce Davidons Aufnahmen aus Las Vegas und Susan Meiselas‘ New Yorker Straßenszenen ist die „American Scene“ ganz und gar Menschenwerk: Kein Gott, der nicht längst gesehen hätte, daß es alles andere als gut ward – mögen Gay Block und die Rabbinerin Malka Drucker sich mit ihrer Priesterinnen-Serie noch so sehr bemühen, ihn zurückzurufen. John Pfahls fotogene Müllberge, Gus Fosters Sonnenblumenfelder und abhängenden Schweinekadaver gehören demselben monströsen Kreislauf des Konsums an. In dieser Welt aus Plastik, Stahl und Beton zeugen Mark Kletts Nahaufnahmen von einem rührend kindlichen Schaffensdrang im klitzekleinen Maßstab: Kreideblumen blühen auf einer Staffelei, Blockhütten sind aus abgeleckten Eisstäbchen, Kakteen aus Papier. Die abgebildeten Kinder dagegen sind, wo sie nicht eine geradezu perverse Sehnsucht nach Unschuld erwecken sollen, vollends angepaßte Produkte ihrer Umwelt: Barbiepuppen, die um den Titel einer Schönheitsprinzessin konkurrieren, oder autistische Game-Boy-Spieler. Nicht nur Gott, auch die Literatur scheint aus dieser mißratenen Schöpfung abgedankt zu haben. Dabei sind die Vor-Bilder der amerikanischen Szene vor allem literarische: der Dichter Walt Whitman etwa, dessen ausschweifende, allumfassende Ergüsse vielen als die Begründung einer selbstbewußt demokratischen (Massen-)Kultur gelten, oder auch sein Kollege Allen Ginsberg, der Amerika ein Jahrhundert später verfluchte: „Go fuck yourself with your atom bomb“. Den Titel „The American Scene“ lieferte der Romancier Henry James, der seine unkultivierten Landsleute so sehr verachtet wie bewundert hat, das Format der Dokumentation mit ästhetischem Anspruch beruft sich auf Männer wie den Journalisten James Agee oder den Schriftsteller John Steinbeck. Diese Tradition dient ihren Erben heute als Anlaß, beim lust- und lieblosen Sex über Geldanlagen zu spekulieren. Zu Whitmans Zeiten, nach dem Bürgerkrieg, hätte man Eisenbahnaktien besitzen müssen, sinnt das kaum noch lyrische Ich in Robert Hass‘ „Investment Strategy“, während „sie dabei war, eine Bluse auszuziehen, fast durchsichtig“. Doch was soll’s, die Literatur kommt im Museum sowieso schlecht weg. Sie gilt als privater Zeitvertreib, taugt nicht recht zur öffentlichen Repräsentation. Eine ständige Beschallung wollte man den kulturbeflissenen Besuchern offenbar nicht zumuten. Statt dessen liegen im Gropius-Bau ein paar Ordner mit Kopien der englischen Originaltexte aus, die man sich auch über Kopfhörer vom Autor vorlesen lassen kann, dazu Romane in deutscher Übersetzung, vor allem die von Denis Johnson, den der hiesige Markt gerade entdeckt hat. Was hat nun die Kunst dem Künstlichen zu sagen, und was das Künstliche der Kunst? So akademisch wie diese Frage ist die Sicht der Ausstellungsmacher. Das Konzept entstand an der University of Santa Fe unter Leitung des Direktors der dortigen Scholl of Photography, die Mehrzahl der Beteiligten unterrichtet an verschiedenen Bildungsinstitutionen. Barbara Norfleet klassifiziert ihre Subjekte: als Touristin, Spaziergänger mit Hund, Verwaltungsangestellte, Stadtplaner. Andere sprechen in aller Schrulligkeit für sich selbst: Der Betrachter kann sie als Charaktere oder als Karikaturen wahrnehmen. Städtische Bandenkrieger stellen sich der Kamera in apokalyptischen Posen, auf dem Land pflegt man eine bodenständigere Art von Gewalt und posiert mit erlegtem Rehbock, einen zweiten stolz auf die Brust tätowiert. Lee Friedlander sieht Amerika immer wieder durch Stachel- und Maschendrahtzäune hindurch. Selbst das Auto, mächtigstes Symbol der Freiheit und der Jagd nach dem Glück, ist in seinen Bildern eingesperrt. Daß die Amerikaner trotz allem noch träumen können, verdanken sie Photoshop. Daß sie augenscheinlich kaum noch träumen wollen, verwundert doch. Von den Collagen der Hopi-Indianers Victor Masayesva abgesehen, die Elemente traditioneller und moderner Visionen computergraphisch zusammenbringen, sind die ausgestellten Fotografien zwar manchmal nostalgisch, aber dabei durchweg realistisch. Freilich ist dies der Realismus des Breitwandkinos, dessen Geschehen nie am Bildrand endet. Die Wissenschaft, vom Feuilleton in den letzten zehn Jahren immer wieder zur Sinnstifterin und Weltdeuterin des neuen Zeitalters ausgerufen, darf nicht fehlen, wird aber in ein paar sterilen Labor-Fotos von Catherine Wagner abgehandelt. Stephen Shore interessiert sich für das, was hinter den Kulissen medialer Großereignisse vorgeht: Politische Skandale und patriotische Anlässe verursachen den gleichen Kabelsalat. Die „Szene“ mag vielstimmig sein, wie der Katalog (mit über 300 Seiten und hervorragenden Reproduktionen aller ausgestellten Werke eine durchaus lohnende Anschaffung) immer wieder betont, auf jeden Fall ist sie disparat. Mit kreativem Chaos hat solche Konfusion wenig zu tun, mit Richtungslosigkeit schon eher. The centre cannot hold, prognostizierte William Butler Yeats der Moderne zu Beginn des letzten Jahrhunderts. Hier zerfällt Amerika in Stämme und in Horden von Vereinzelten, die sich am Wühltisch gegenseitig die Schnäppchen aus der Hand reißen. Zärtlichkeiten kommen nur peripher vor, dort nämlich, wo sie Tabu-Reste brechen: innige Küsse zwischen verrunzelten Alten oder Gleichgeschlechtlichen unterschiedlicher Rasse. Shock and awe, Ehrfurcht ob der überwältigenden Kraft dieser Bilder vermag die Ausstellung nicht auszulösen: aber davon hat die Welt – sogar die amerikanische – in den letzten Monaten und Jahren wahrlich genug gehabt. Dennoch, wer bei 30 Grad im Schatten am Martin-Gropius-Bau vorbeikommt, könnte dümmeres tun, als ein Stündchen oder zwei im kühlen Obergeschoß zu verweilen. Brother Baker, Persimmon Fork, Kentucky, 1999 (fotografiert von Chris Rainier); The Tribe, San Francisco, 1999 (fotografiert von Shelby Lee Adams): Charaktere oder Karikaturen? Pop-up Saguaros, 1999 (fotografiert Mark Klett): Rührend Die Ausstellung ist noch bis zum 24. August im Berliner Martin-Gropius-Bau, Niederkirchnerstraße 7, zu sehen. Tel.: 030 / 2 54 86-0
JF-Online
Wer weltweit nation building betreibt, sollte sich wenig stens über den Zustand der eigenen Nation im klaren sein. Eine solche Vergewisserung leistet der
Kultur
2003-08-08T00:00:00+02:00
2003-08-08T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/kultur/2003/ganz-und-gar-menschenwerk/
INSA: Weidel im Sympathie-Höhenflug / Die bei Mitte-Rechts-Wählern beliebtesten Politiker
Das Meinungsforschungsinstitut INSA ist im Auftrag der Jungen Freiheit erneut der Frage nachgegangen: Welcher Politiker ist wie beliebt bei den Mitte-Rechts-Wählern?   Insbesondere die AfD-Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel kann auftrumpfen. Betrachtet man nur die Wähler von Union, AfD und FDP kommt Weidel in der August-Befragung auf Platz zwei, noch vor CDU-Chef Friedrich Merz. Während Weidel einen Punkt gewinnt und nun auf einer Beliebtheitsskala von 0 bis 100 auf respektable 48,5 Punkte kommt, muß Merz zwei Punkte abgeben und erreicht noch 46,5. An der Spitze steht weiter Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit 53,8 Punkten.   Auf den weiteren Plätzen folgen NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und Linkspartei-Rebellin Sahra Wagenknecht, die allerdings Punkte abgeben muß. Ebenfalls zulegen können FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki und Weidels Co-Sprecher Tino Chrupalla, der noch vor CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann mit zwei Pluspunkten nun auf Platz acht kommt (Vormonat Platz zehn).   Redaktionen: Lesen Sie alle Ergebnisse der INSA-Befragung hier >>> https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/das-duell-weidel-soeder/
Das Meinungsforschungsinstitut INSA ist im Auftrag der Jungen Freiheit erneut der Frage nachgegangen: Welcher Politiker ist wie beliebt bei den
Mitte-Rechts-Wähler,Alice Weidel
Presse
2023-09-08T10:50:31+02:00
2023-09-08T10:55:09+02:00
https://jungefreiheit.de/pressemitteilung/2023/insa-weidel-im-sympathie-hoehenflug-die-bei-mitte-rechts-waehlern-beliebtesten-politiker/
Bundesregierung informiert: mehr als 50 linksextreme Zentren in Deutschland
51 linksextremistisch genutzte Immobilien zählt die Bundesregierung derzeit – plus eine weitere Anzahl autonomer Zentren, zu denen sie aus verfassungsschutzrelevanten Gründen keine Angaben machen möchte. Die Informationen sind Teil eine Antwort auf eine Kleine Anfrage des AfD-Bundestagsabgeordneten Harald Weyel, die der Wochenzeitung Junge Freiheit exklusiv vorliegt. Danach ist Sachsen das Bundesland mit den meisten linksextremen Zentren. Neun zählt die Bundesregierung hier. Es folgen Baden-Württemberg (8), Sachsen-Anhalt (7), Thüringen (6), Niedersachsen (6), Hamburg (4), Bremen (4), Schleswig-Holstein (3), Mecklenburg-Vorpommern (2), Saarland (1) und Berlin (1). Auffallend ist, daß in der Aufzählung der Bundesregierung fünf Bundesländer nicht vorkommen: Bayern, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen. Dabei verfügt Bayern mit dem „Kafe Marat“ in München nachweislich über mindestens ein linksextremes Zentrum von Bedeutung. Gleiches gilt für Brandenburg mit dem „Zelle 79“ in Cottbus oder das „Kulturzentrum Spartacus“ in Potsdam. Auch in Nordrhein-Westfalen zählte die dortige Landesregierung im vergangenen Jahr zwölf linksextreme Zentren, wie aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der AfD-Landtagsfraktion vom August hervorgeht. Daß einige Szenetreffs nicht in der Antwort der Bundesregierung erwähnt werden, hat sicherheitspolitische Gründe… Hier lesen Sie mehr: https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/schaltstellen-der-linksextremen-szene/
51 linksextremistisch genutzte Immobilien zählt die Bundesregierung derzeit – plus eine weitere Anzahl autonomer Zentren, zu denen sie aus
Presse
2018-05-09T16:15:16+02:00
2018-05-09T16:15:16+02:00
https://jungefreiheit.de/pressemitteilung/2018/bundesregierung-informiert-mehr-als-50-linksextreme-zentren-in-deutschland/
Mülltrennung bleibt weiterhin unverzichtbar
Im Ausland wird Deutschland auch als das Land der getrennten Mülltonnen wahrgenommen. Ein ganzer Industriezweig beschäftigt sich heute mit der Aufarbeitung dieser Wertstoffe. Und jeder Bürger, der zu Hause brav seine mindestens vier verschiedenen Eimer hat, darf sich freuen über ein ökologisch sauberes Gewissen. Gestört wird dieser Zustand von Berichten in den Medien, wonach die Mülltrennung überflüssig werde, weil neue Sortiermaschinen die Vorarbeit der Menschen übernähmen. Derzeit testen verschiedene Unternehmen in aufwendigen Versuchen, wie gut eine maschinelle Trennung funktioniert, falls Leichtverpackungen aus Metall-, Kunst- oder Verbundstoffen zusammen in der Tonne landen. In diesen Versuchen geht es aber nicht um die maschinelle Separierung von Glas, Papier und organischen Abfällen; diese Abfallarten werden im bewährten Verfahren getrennt erfaßt. Das Umweltbundesamt (UBA) begleitet einige dieser Versuche und hat dazu ein Positionspapier erstellt. Das UBA hält eine auf "stoffstromorientierte Ressourcenschonung" ausgerichtete Neuorientierung der Abfallwirtschaft für erforderlich. Notwendig sei nach wie vor die weitgehende Verwertung sowie die Ausschleusung schadstoffhaltiger Abfallströme oder -produkte. Nach bisherigem Erkenntnisstand gilt, daß die Verwertung der weitgehend sortenrein gewonnenen Abfälle den höchsten Beitrag zur Ressourcenschonung leistet. Daher ist die getrennte Sammlung nach wie vor unverzichtbar. Denn nur so können hochwertige Sekundärrohstoffe erzeugt werden. Allerdings ist die separate Erfassung nicht als Selbstzweck zu sehen. Man könnte sie jedoch nur dann durch die nachträgliche Aufbereitung gemischt erfaßter Abfälle ersetzen, wenn diese mindestens dieselbe Leistung hinsichtlich Menge und erforderlicher Reinheit stofflich zu verwertender Abfälle erbringt und zudem kostengünstiger ist – oder ihre Mehrkosten durch erheblich höhere Leistungen vertretbar wären. Gewinnung hochwertiger Sekundärrohstoffe Dabei darf man aber nicht übersehen, daß die derzeit praktizierte getrennte Sammlung hinsichtlich Beschaffenheit und Menge der erfaßten Abfälle – und auch im Hinblick auf die Kosten – optimiert werden kann. Auch gibt es für die Herstellung der erforderlichen Sortenreinheit mittlerweile technische Entwicklungen, die die getrennte Sammlung für einzelne Abfallarten zukünftig entbehrlich werden lassen. Für das UBA wird die getrennte Sammlung niemals flächendeckend ersetzt werden können. Viel eher gehen die Fachleute davon aus, daß sich verschiedene, den jeweiligen Bedingungen angepaßte Entsorgungskonzepte entwickeln werden. Durch den einsetzenden "Technologiedruck" in der Müllbranche hält man eine Überprüfung der bisherigen Erfassungspraxis für erforderlich. Dabei lauten die zwei Kernfragen: l Gilt noch die bisherige Erkenntnis, daß die für eine hochwertige Verwertung erforderliche Sortenreinheit, Qualität und Menge nur durch die getrennte Sammlung von Abfällen erreichbar ist? l Und ist im Ergebnis eine Neubewertung der getrennten Sammlung bestimmter Abfallfraktionen als notwendige Voraussetzung für die oben genannten Ziele erforderlich? Um es gleich vorwegzunehmen: Für das UBA gibt es in einer ersten Einschätzung für die "Praxis der getrennten Sammlung derzeit keine Alternative". Zwischen den Zeilen machen sich die Fachleute Sorgen, daß die bisherigen, ökologisch sinnvollen und aller Erfahrung nach gut funktionierenden Getrennthaltungssysteme leichtfertig aufgegeben werden könnten, bevor bessere Alternativen zur Verfügung stehen. Gleichwohl weiß man auch im UBA, daß man sich dem "technischen Fortschritt" nicht entziehen kann. Jedem ist klar: Der Gelbe Sack ist nicht der ökologischen Weisheit letzter Schluß. Um aber auf neue Randbedingungen flexibel und zielgerichtet mit der Empfehlung geeigneter umweltpolitischer Maßnahmen reagieren zu können, hat sich das UBA zur Aufgabe gemacht, die Entwicklung ökologisch und ökonomisch aussichtsreicher Alternativen (technische Neuerungen, kartell- und andere rechtliche Entwicklungen, Neubewertung von Verwertungssystemen) "sorgfältig und zeitnah" zu beobachten und zu begleiten. In absehbarer Zukunft wird es allerdings für gewisse Abfallfraktionen keine Alternative zur getrennten Sammlung geben. Diese sind: Papier, Pappe, Kartonagen, Verbundkarton, Behälterglas, Bildschirmglas, Textilien, Elektronikgeräte und Leuchtstoffröhren. Zu den zu "Selektierenden" gehört natürlich auch der "Bioabfall". Denn nur so – kompostiert oder vergärt – bekommt man als Ergebnis ein schad- und störstoffarmes, hygienisch einwandfreies Düngemittel oder Kultursubstrat, das umweltverträglich eingesetzt werden kann. In Regionen, in denen die Bedingungen für eine stoffliche Verwertung nicht erfüllt sind, ist die energetische Nutzung der Bioabfälle in einer Müllverbrennungsanlage (MVA) für die Fachleute eine mögliche Alternative. Das macht stutzig. Denn wieso vorher getrennt gesammelt werden soll, wenn der Bioabfall nachher mit dem Restmüll gemeinsam verbrannt wird, bleibt das Geheimnis des UBA. Gleichwohl sehen die Berliner Öko-Beamten in der "energetischen Nutzung" einen "nennenswerten Beitrag" zum Klimaschutz, sofern die Anlage über einen hohen Energienutzungsgrad verfügt. Fazit: In nächster Zeit bleibt beim Müll wohl alles beim alten.
JF-Online
Im Ausland wird Deutschland auch als das Land der getrennten Mülltonnen wahrgenommen. Ein ganzer Industriezweig beschäftigt sich heute mit der Aufarbeitung
Wirtschaft
2004-08-27T00:00:00+02:00
2004-08-27T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2004/muelltrennung-bleibt-weiterhin-unverzichtbar/
Kölsch und andere Fremdsprachen
Fred und Inge, erstmalige Besucher einer rheinischen Karnevalssitzung, sehen sich verwundert an: Daß der Jux so teuer werden würde, konnte man nicht wissen! Nach fast siebzig Euro für zwei Eintrittskarten, anderthalbhundert Euro Leihgebühr für die beiden Kostüme und zwanzig Euro fürs Taxi nun dreißig Euro für den Käse-Igel. Sechzig Käsestückchen auf hölzernen Spießchen, das Ganze auf einen Kohlstrunk drappiert und mit Paprika bestäubt. Fred hatte, in gehobener Stimmung, geordert: „Bringen Sie uns auch so einen Igel!“, ohne auf die Speisekarte geschaut zu haben. „Fast sechzig Mark!“, rechnete Fred instinktiv in alter Währung um; die beiden Mineralwasserfläschlein rechts und links vom eßbaren Igel schienen aus einer Apotheke zu kommen, wurden doch jeweils dreieinhalb Euro für das fade Gesöff verlangt. Fünf Stück davon hatte Inge bald intus und Fred eine Flasche Ahrwein, neunundzwanzig Euro, sowie drei Glas Kölschbier – kleine, versteht sich – zu jeweils drei Euro, dazu ein Euro für Garderobe und fünfzig Cent für die freundliche Dame von den sanitären Anlagen. „Ein teures Vergnügen!“, findet Fred, am kommenden Wochenende würde er mit Sicherheit wieder schwarzarbeiten gehen müssen, um das Loch in der Kasse zu stopfen. Ab und an haben Fred und Inge sogar Spaß an der Karnevalssitzung. Weniger an dem, was auf der Bühne geboten wird, und in der Bütt, einem Faß, darin stehend die Redner ihre Vorträge zum besten geben, sondern an dem, was sich im Saal abspielt. Da ist zum Beispiel jener kleine dicke Knubbel am Nebentisch, der ordensgeschmückte Frack mit Halbglatze, bei dem man von „Sitzung“ nicht sprechen kann. Kaum sitzt er zehn Sekunden, da erblickt er abermals einen Bekannten und winkt ihm wild rudernd, solange, bis der Betreffende ihn seinerseits gewahrt und zurückgestikuliert. Beide arbeiten sich durch die Menge, streben aufeinander zu und umhalsen sich. Der speckige Frack kennt offenbar die gesamte Karnevalsprominenz: „Küste morrje zoo de Funke?“ „Ei looojisch!“ „Joot dassde ooch kumme doos. Besss morje Jupp!“ Nehmen Redner, Tanz- oder Gesangsgruppen nach dem Auftritt, beim „Ausmarsch“, ihren Weg durch den Gang in der Saalmitte, schnellt der Frack raketenartig hoch, sobald das Objekt seiner Begierde in Reichweite gerät. Da werden ranke Schnäuzer-Kerls, meist semiprofessionelle Musikanten aus der Vorstadt, umarmt, geherzt und schultergeklopft; mit den jungen Dingern von der Tanzgarde wird man feixend handgemein und versichert den schrill herausgeputzten Jungstuten uralter Traditionsvereine: „Suuuperauftritt! Suuperklasse! Mädels, Ihr seid einsame Spitze!“ Am Tisch zurück läßt Frackglatze dann alle wissen: „Datt Mariesche, datt känn isch juut. Watt e lecker Mädsche!“ Rülpst und läßt die lauwarme Pfütze aus seinem Bierglas im weit aufgerissenen Rachen verschwinden. Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Denkt Fred bei sich und dreht sich zu seiner Inge: „Die meisten kennt man schon vom Fernsehen. Und die Witze auch.“ Ein Promi-Redner steigt in die Bütt; im Scheichkostüm lästert er ab, über Allah, den Muselmann an sich und die „janzen bekloppten Osamas da unten“. Der Saal explodiert gleichsam, als der Bütten-Scheich seine Haremspointen abschießt, darunter seinen in tausend Sitzungsschlachten bewährten Mordskracher: Wo wer „beim Bart des Propheten“ schwören will und es stattdessen „beim Griff der Macheten“ tut: „Schnippschnapp Krummschwanz ab!“ Hohoho, hihihi – da taumelt Kegelbruder Rudi wider Hausmeister Krause, beider feiste Gattinnen nicht minder und das hiesige Krähwinkeltum ist abermals ganz bei sich selbst. Fred: „Ich versteh den Dialekt nicht. Kommt bald der Bernd Stelter? Der von RTL?“ Frackglatze versetzt brüllend, um schmetternden Blechklang zu übertönen: „Enäää, dää Bäärnd kann hück nitt. Dä hätt ett im Hals!“ Das Kölnische Dreigestirn ergreift Besitz vom Saal: Ein närrischer Geleitzug aus Kapellen, Tanzgardisten, Funkenmariechen, Konfetti-Artilleristen, Fahnenträgern, Trommlern, Literaten, Zeremoniaren und auffällig unauffälligen, handybewehrten Ablaufkontrollettis wälzt sich vor Bauer, Jungfrau (traditionell von einem Kerl gegeben!) und Prinz der Bühne entgegen, um dort von elf ordenübersäten Honorablen in schwarzem Zwirn empfangen zu werden. Der Geräuschpegel nähert sich dem einer startenden Viermotorigen, Fred und Inge fliehen zu einem Bierstand im Foyer: „Mensch, ist das laut im Saal!“ Drinnen erreicht die sogenannte Stimmung ihren Zenit, als es zum „Stippefötche“ der Garden kommt. Was einen Ulktanz meint, bei dem altpreußisch uniformierte Männer ihre weißbehosten Hinterbacken aneinanderpressen und zum Gaudium des Volkes hin- und herreiben. Dazu denkt „dä kölsche Minsch“ dreierlei: 1). Unser Herrgott hat eine große Menagerie; 2). Man muß auch gönnen können; 3). Jedem Narr’ gefällt sein’ Kapp. Wie stets stellt der deutsche Geist auch hierin seine Zukünftigkeit unter Beweis. Fred und Inge treffen im Foyer auf Dirk, Mechaniker, und Anke, Callcenteragentin (früher: Telefonistin), gute Bekannte, die auch zum ersten Mal eine Karnevalssitzung besuchen. Gemeinsam schlendert man zu den Stellwänden mit den Buntfotos. Knipsprofis lichten vor Sitzungsbeginn alles ab, was sich bewegt; für neun Euro pro Aufnahme kann man sich anschließend sein Sitzungssouvenir kaufen. Fred findet seine Fotos und darauf sich und die Seine unvorteilhaft, ganz unvorteilhaft getroffen; kurzentschlossen dreht er das Zeug um, bevor Inge auf dumme Gedanken kommen kann. Dirk und Anke aber kaufen ihre Konterfeis, finden sich „optimal getroffen“ und haben „eine Erinnerung für später“. In der Tat ist es spät geworden; man kehrt zu den Plätzen zurück, zum teuren Wein, zum teuren Käse-Igel. Und ärgert sich, daß von beidem konsumiert worden sein muß, als man selbst sich draußen erging. Nach sechs Stunden veloziferischem Sing-, Schunkel- und Lachstreß ist das Spiel endlich aus. Erschöpft und abgespannt entfährt Fred ein letztes, ironisch gemeintes „Kölle alaaf!“, fast zwei Stunden nach Mitternacht. Fahruntüchtige Graumelierte kramen in der Hosentasche nach ihrem Autoschlüssel. Fünfhundert Handys bestellen Taxis. Ein letztes Mal dröhnt der DJ Ötzis Gassenhauer „Die Hände zum Himmel“ aus der Saalanlage, vor Garderobe und Damenklo lange Schlangen. Ein feuerwasserbedingt torkelnder Indianerhäuptling fühlt sich von einem beschlipsten Anzugträger provoziert: „Superkostüm! Als Staubsaugervertreter hier?“ „Exakt“, versetzt der Attackierte, „und gestern war ich den ganzen Nachmittag bei Ihrer Frau.“ Karneval ist eben eine todernste Sache.
JF-Online
Fred und Inge, erstmalige Besucher einer rheinischen Karnevalssitzung, sehen sich verwundert an: Daß der Jux so teuer werden würde, konnte man nicht wissen!
Zeitgeist
2002-02-08T00:00:00+01:00
2002-02-08T00:00:00+01:00
https://jungefreiheit.de/kultur/zeitgeist/2002/koelsch-und-andere-fremdsprachen/
Kreuzberg, die Polizei und seine Majestät
BERLIN. Wenn in Berlin die Polizei einen Tatverdächtigen stellt und festnehmen will, sehen manche Zeitgenossen gleich rot. Sie wittern den nächsten Fall angeblicher Willkür oder gar Polizeigewalt. Selbst mutmaßliche Gewalttäter und Randalierer kommen bisweilen in den Genuß der Solidarität. Am Sonntag abend rückten Beamte zu einem Einsatz im Stadtteil Kreuzberg aus. Ein Mann habe dort mit Metallstühlen auf Gäste eines Lokals eingeschlagen, berichtete die Berliner Zeitung. Die Sicherheitskräfte konnten demnach einen Verdächtigen stellen, der sich einen Backofenrost als eine Art Rüstung vor die Brust geschnallt hatte. Laut Zeugenaussagen habe sich der Mann als „King of Israel“ vorgestellt. Ein Foto der B.Z. zeigt den mutmaßlichen Täter, einen Schwarzen, mit seiner improvisierten Rüstung. Als die Polizisten den selbsternannten König festnahmen, solidarisierten sich Anwohner mit ihm. Zeugen filmten das Vorgehen der Beamten. Anwohner forderten demnach lautstark von Balkons die Freilassung des renitenten Möchtegern-Monarchen. Sie verwiesen darauf, er gehöre schließlich zur Nachbarschaft. Die Beamten zeigten sich davon unbeeindruckt und legten dem Verdächtigen Handschellen an und brachten ihn in einen bereitstehenden Rettungswagen. Dieser lieferte ihn zur Untersuchung in ein Krankenhaus ein. Dort blieb er wegen seines Geisteszustandes über Nacht, teilte die Polizei auf Nachfrage der JUNGEN FREIHEIT mit. Der „König von Israel“  war laut weiterer Zeugenaussagen zuvor von einer Personengruppe angegriffen worden. (ag)
JF-Online
Rückt in Berlin die Polizei zum Einsatz aus, kann sie nicht zwangsläufig mit Rückendeckung aus der Bevölkerung rechnen. Als sie einen randalierenden Schwarzen festnehmen will, solidarisieren sich die Anwohner mit dem Verdächtigen – der von sich selbst behauptet, eine Majestät zu sein.
Polizei
Deutschland
2022-09-12T13:28:11+02:00
2022-09-12T13:28:56+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2022/kreuzberg-die-polizei/
Aus Neuer Wehrmacht wurde Bundeswehr
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Josef Kraus
Vor genau 70 Jahren entschied sich die bundesdeutsche Wiederbewaffnung: Auf der Londoner Neun-Mächte-Konferenz wurden am 3. Oktober 1954 die Weichen für den Beitritt zum Nordatlantischen Verteidigungsbündnis und der Gründung der Bundeswehr gelegt.
Bundeswehr
Geschichte
2024-10-03T12:05:41+02:00
2024-10-03T12:05:41+02:00
https://jungefreiheit.de/wissen/geschichte/2024/aus-neuer-wehrmacht-wurde-bundeswehr/
AfD: Unvereinbarkeitsliste bleibt gültig
BERLIN. Die AfD hält an ihrer Unvereinbarkeitsliste fest. Der Bundesvorstand entschied am Montag einstimmig, daß aktive oder ehemalige Mitglieder bestimmter Organisationen und Vereine nicht Mitglied der AfD werden dürfen. Dazu zählen unter anderem die NPD, die Pro-Bewegung, die DVU und Der III. Weg, aber auch die Identitäre Bewegung. IB-Mitglieder können aber in Ausnahmefällen dennoch aufgenommen werden, wenn sich der zuständige Landesvorstand mit einer Zweidrittel-Mehrheit dafür entscheidet. Am Wochenende war bei einem Treffen des Flügels im bayerischen Greding die Forderung laut geworden, die Unvereinbarkeitsliste abzuschaffen. Diese gehöre auf den „Müllhaufen der Parteigeschichte“, sagte Benjamin Nolte, Mitglied des bayerischen Landesvorstands der AfD. Gauland distanziert sich von IB Zuvor hatte sich bereits AfD-Chef Alexander Gauland von der IB distanziert. „Wir haben uns ganz klar gegen Rechtsextreme, Reichsbürger oder die Identitäre Bewegung gestellt“, sagte er der Welt am Sonntag. Daß IB-Chef Daniel Fiß eine zeitlang für den AfD-Bundestagsabgeordneten Siegbert Droese gearbeitet habe, erklärte Gauland damit, dieser habe nicht gewußt, um wen es sich bei Fiß handle. Als ihm dessen führende Rolle bei der IB dann bekannt geworden sei, habe er Fiß entlassen. (krk)
JF-Online
Die AfD hält an ihrer Unvereinbarkeitsliste fest. Der Bundesvorstand entschied am Montag einstimmig, daß aktive oder ehemalige Mitglieder bestimmter Organisationen und Vereine nicht Mitglied der AfD werden dürfen. Dazu zählen unter anderem die NPD und die Identitäre Bewegung. Von letzterer hatte sich zuvor bereits AfD-Chef Alexander Gauland distanziert.
Deutschland
2019-05-06T15:25:38+02:00
2019-05-06T15:59:42+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2019/afd-unvereinbarkeitsliste-bleibt-gueltig/
Geltungssüchtig
Anetta Kahane macht es einem schwer, Nachsicht oder Verständnis für sie aufzubringen. Zuletzt äußerte sie sich in einer Broschüre der Amadeu-Antonio-Stiftung zum Umgang mit „Hate Speech“ (Haßrede), die – so Justizminister Heiko Maas im Geleitwort – helfen soll, „Haßredner und ihre Codes zu identifizieren“ und „Anregungen zum Widerspruch“ zu geben. Unter dem Titel „Kulturkampf der Gegenwart“ hat sie die Einleitung verfaßt. Bemerkenswert an dem kurzen Text ist lediglich, daß darin 27mal das Wort „Haß“ beziehungsweise „hassen“ vorkommt. Ein Auszug: „Das ist eine weitere Spezialität des Menschen, die ihn von Tieren unterscheidet: Er haßt wirr um sich herum und weiß oft nicht, weshalb und wen er aus welchen Gründen damit treffen will. Dabei zieht er ganze Gruppen von Menschen in den Dreck, diffamiert, beschimpft und bedroht sie. Und weil Haß sich niemals verbraucht, nie aufhört oder von allein verschwindet, macht er immer so weiter, genau wie ein Tier, das zwar keinen Haß kennt, aber seinen Reflexen ausgeliefert ist. Menschen also, in denen ein tiefer Haß brennt, dessen eigentliche Ursache sie aber nicht verstehen wollen, sind am Ende dieser Kette eher animalisch als human.“ Jeder Versuch, soviel geballte Absurdität zu widerlegen, führt nur zu neuen Absurditäten. Man könnte höchstens jene Keule hervorholen, die Kahane oft, gern und siegesbewußt schwingt, und ihr mit Adorno antworten: „Auschwitz beginnt da, wo sich einer hinstellt und sagt: ‘Das sind doch nur Tiere’.“ Einer 16jährigen Antifa-Aktivistin, die sich so militant äußert, könnte man den emotionalen Überschuß der Jugend zugute halten. Die Exaltationen einer 62jährigen sind von anderer Qualität. Sie lassen auf ein trotziges Verharren in der Kindheits- oder Pubertätsphase schließen. Mit ihrer Stasi-Tätigkeit wollte sie sich beweisen Erklärungsversuche, die mit Bezeichnungen wie „links“, „antifaschistisch“, „politisch korrekt“ operieren, berühren daher nur die Oberfläche. Es genügt auch nicht, Kahane auf ihre Stasi-Spitzelei als „IM Victoria“ festzulegen nach dem Motto: Einmal Denunziantin, immer Denunziantin! Gerechterweise muß man hinzufügen, daß sie 1982 ihre IM-Tätigkeit aus eigenem Entschluß aufgegeben und dadurch ihr großes Privileg – die Reisen ins nichtsozialistische Ausland – verloren hat. In dem autobiographischen Buch „Ich sehe was, was du nicht siehst“, das 2004 erschien, schrieb sie: „Der Abschied vollzog sich langsam, nicht immer bewußt und nicht auf einmal. Es waren Momente, die aneinandergereiht langsam eine Kette bildeten und mir den Hals zuschnürten.“ Es geht hier nicht – wie die falsche Metapher nahelegt – um einen mißglückten Selbstmordversuch, sondern sie versucht, ihr Aufbegehren gegen das streng kommunistische Elternhaus und den DDR-Staat in Worte zu fassen. Das Politische und das Familiäre fallen bei ihr in eins, und was die Öffentlichkeit als ihr politisches Wirken wahrnimmt, ist im Grunde die Projektion ihrer unaufgelösten persönlichen Dramen. Linientreu Kahane entstammt einem jüdischen Elternhaus. Die Eltern waren während des Zweiten Weltkriegs in Frankreich im Widerstand tätig. Der Vater, Max Kahane, war in der DDR ein bekannter Journalist und Auslandskorrespondent. Für Anetta brachte seine Tätigkeit einen unschätzbaren Vorteil mit sich: Sie wuchs im Ausland, in Indien und in Brasilien auf. Als sie mit den Eltern in die DDR zurückkehrte, empfand sie das Land als farblos, eng und bedrückend. Die Eltern brachten dafür kein Verständnis auf. Sie beschreibt sie als linientreu, pflichtbewußt und leistungsorientiert. Sie hingegen galt als unordentlich und unzuverlässig. In einem Akt jugendlicher Auflehnung bekannte sie sich zu ihrem Judentum, das die Eltern verleugneten. Es kam zu Konflikten, doch so einfach löst man sich nicht aus familiären Zusammenhängen. Nachdem eine Freundin in den Westen gegangen war, begann sie ihre Stasi-Tätigkeit, um den Eltern und dem Staat ihre Zuverlässigkeit und Nützlichkeit zu beweisen. Sie ist Opfer und zugleich Mittäterin des repressiven Staates. Ihre Schuld delegiert sie an die Eltern und den Staat Aus ihrem Buch, ihren Artikeln, Kolumnen und Interviews ergibt sich eine spezielle Sicht auf ihre Biographie. Kahane verbindet mit ihrem Leben in der DDR unfreundliche Erinnerungen. Ihre Stasi-Tätigkeit empfindet sie als Schuld, die sie an die Eltern und den Staat delegiert, mit dem die Eltern sich identifizierten. Deren Identifikation mit der DDR war mit Wirklichkeits- und Selbstverleugnung verbunden, die nur vor dem Hintergrund des Holocaust vollständig erklärbar ist. Als linke jüdische Antifaschisten klammerten sie sich an den Staat, von dem es hieß und von dem sie meinten, daß er den Faschismus und den Judenhaß mit der Wurzel ausgerottet hatte. Den Loyalitätsdruck, unter den sie sich setzten, gaben sie an die Tochter weiter, die sich ab einem bestimmten Punkt jedoch dagegen sperrte. 1986 stellte sie einen Ausreiseantrag. Diese Familienkonstellation war kein Einzelfall. Der stellvertretende Kulturminister der DDR, Horst Brasch, war ebenfalls ein jüdischer Remigrant. Seine Loyalität zum Staat reichte so weit, daß er 1968 der Stasi sogar bei der Verhaftung seines Sohnes, des späteren Schriftstellers Thomas Brasch, zur Hand ging, der öffentlich gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings protestiert hatte. Anetta Kahane schwärzte 1976 die beiden ältesten Brasch-Söhne bei der Stasi an: „Zu den Feinden der DDR gehören in erster Linie Klaus Brasch und Thomas Brasch.“ Sie wendet ihren Selbsthaß nach außen Das ist peinlich. Doch Anetta Kahane hat auch dafür die große Erlösungsformel gefunden: „Meine Schwierigkeit war und ist es, einen Ort im Täterland zu finden.“ Sie sieht sich als eine Außen- und – vor allem – Darüberstehende. Denn Täter, das sind Menschen auf Bewährung, die man resozialisieren muß. Der SED-Staat schrumpft bei ihr zu einem Modus, durch den die DDR-Deutschen ihrer Holocaust-Schuld entkommen und zu verdrängen versuchten. In diesem Verdrängungszusammenhang werden auch die parteifrommen Eltern zu unbewußten Geiseln. Das Trauma der NS-Judenverfolgung bildet ihr Stockholm-Syndrom. Damit sind alle persönlichen Konflikte theoretisch aufgelöst: Anettas unfrohes Leben in der DDR, die Kämpfe mit den Eltern, deren Regimetreue und die eigene Stasi-Mitarbeit gehen auf die NS-Zeit und die Unlust der Deutschen zurück, sich mit ihrer Schuld auseinanderzusetzen. Kahanes praktische Durcharbeitung besteht nun darin, die angestaute Verbitterung im öffentlichen Raum zu entladen. Sie würde sagen: gegen den Rassismus und Neonazismus zu kämpfen! Sie entwickelt ihre Logik eher auf der emotionalen als auf der Reflexionsebene, wie ja auch das atemlose Stakkato im „Haß“-Text heftige Emotionen verrät. Zu den stärksten Gefühlen zählt der Haß, und dessen intensivste Variante ist der nach außen gewendete Selbsthaß. Der 27malige Gebrauch des Wortes auf einer einzigen Seite ist neben der stilistischen auch eine Freudsche Fehlleistung. Emotionen überspülen jeden Sinn und Verstand Kahanes öffentliches Wüten und Zetern hat, wie gesagt, etwas Kindliches. Gefühlseruptionen des Kindes können maßlos sein. Zum Weltflüchtlingstag am 22. Juni 2015 schrieb sie in der Berliner Zeitung: „Deutschland hat sich einen neuen Gedenktag gegeben – für die Opfer von Flucht und Vertreibung. Wie ein alter, stinkender Fisch liegt er direkt auf dem Weltflüchtlingstag der Vereinten Nationen.“ Zur Rede des Bundespräsidenten merkte sie an: „Gauck beschreibt die Innensicht der Deutschen als jenes Kollektiv, das die am Ende Millionen Heimatvertriebenen erfolgreich aufgenommen hat. Nicht so recht in die Rede paßte, daß ein Weltkrieg und die Vernichtung von Hunderten Millionen in ganz Europa dem vorausgingen.“ Hunderte Millionen! Die Emotionen, einmal entfesselt, überspülen jeden Sinn und Verstand. Ihre Aggression richtet sich vornehmlich gegen die östlichen Bundesländer. Der Tagesspiegel zitierte sie im Sommer 2015 mit den Worten, es sei „die größte Bankrotterklärung“ der deutschen Politik seit der Wiedervereinigung gewesen, „daß ein Drittel des Staatsgebiets weiß“ geblieben sei. „Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, würde ich sagen: Es ist Zeit für die zweite Wende und einen neuen Aufbau Ost, infrastrukturell, emotional, kulturell.“ Was spricht eigentlich dafür, Stralsund, Weimar oder Meißen in kleine Johannesburgs oder Duisburg-Marxlohs zu verwandeln? Von den unbeglichenen Rechnungen Kahanes mit der DDR einmal abgesehen? Frau Kahane ist keine starke intellektuelle Begabung. Die moralisch aufgeladene Position der Anklägerin ist für sie die einzige Möglichkeit, sich Geltung zu verschaffen. Dabei ist ihr Verhalten aus ihren persönlichen Voraussetzungen durchaus leicht verstehbar, und sie hat Anspruch darauf, mit Nachsicht behandelt zu werden. Aber von kompetenter Stelle muß ihr endlich zu verstehen gegeben werden, daß der öffentliche Raum kein geeigneter Ort für Selbst- und Familientherapien ist. Den Schaden haben am Ende alle – sie eingeschlossen! JF 25/16
JF-Online
Im Kampf gegen Rechts sind der Chefin der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane, fast alle Mittel recht. Die ruhmsüchtige frühere Stasi-Zuträgerin spielt sich auch aus selbsttherapeutischen Gründen als Anklägerin auf. Ein Porträt von Thorsten Hinz.
Gesellschaft
2016-07-06T10:19:33+02:00
2016-07-06T12:41:27+02:00
https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2016/geltungssuechtig/
Integrationsministerin für islamische Militärseelsorger
BERLIN. Der Ruf nach islamischen Militärseelsorgern in der Bundeswehr ist bei Integrationsministerin Aydan Özoguz (SPD) auf Unterstützung gestoßen. Sie schloß sich damit einer  Forderung des Zentralrates der Muslime in Deutschland an. „Ich befürworte ausdrücklich die Forderung, in der Bundeswehr auch seelsorgerische Angebote speziell für Soldatinnen und Soldaten muslimischen Glaubens anzubieten“, sagte sie laut Bild. Der Zentralrat setzt sich bereits seit Jahren für islamische Militärseelsorger ein und forderte diese erneut vor zwei Wochen im Vorfeld der Islamkonferenz. „Wir brauchen muslimische Seelsorger in der Bundeswehr“, sagte damals Zentralratsvorsitzender Aiman Mazyek der Süddeutschen Zeitung. Die Bundeswehr lehnt die Pläne bisher ab, da nur sehr wenige Soldaten in den Streitkräften Moslems seien. Nach Angaben des Zentralrates dienen 1.600 Soldaten islamischen Glaubens in der Bundeswehr. Bisher übernehmen evangelische und katholische Militärgeistliche die seelsorgerische Betreuung von Nichtchristen. Die Handreichung „Gemeinsam vor Gott: Gebete aus Judentum, Christentum und Islam“ enthält dabei auch zentrale moslemische Gebete. (FA)
JF-Online
Der Ruf nach islamischen Militärseelsorgern in der Bundeswehr ist bei Integrationsministerin Aydan Özoguz (SPD) auf Unterstützung gestoßen. Sie schloß sich damit einer Forderung des Zentralrates der Muslime in Deutschland an.
Deutschland
2014-02-03T14:11:57+01:00
2014-02-03T16:49:51+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2014/integrationsministerin-fuer-islamische-militaerseelsorger/
Rainer Wendt: Anschläge auf Bahnanlagen sind Terrorismus
Linksextremisten haben sich am Montag zu mehreren Anschlägen auf Bahnanlagen in verschiedenen Bundesländern bekannt. Laut dem Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, deute derzeit vieles darauf hin, daß die Anschläge im Zusammenhang mit dem G-20-Gipfel stünden. „Das ist Terrorismus. Die Taten waren gut organisiert und koordiniert. Hier wird versucht, mit Gewalt die politische Stimmung zu beeinflussen“, sagte Wendt der Wochenzeitung Junge Freiheit. Leider sei es zu erwarten, daß es zu weiteren Attacken dieser oder andere Art komme. „Die Linksextremisten befinden sich derzeit in einem Aufmerksamkeitswettlauf mit Islamisten. Von solchen Anschlägen auf neuralgische Verkehrspunkte, bei denen man Tausende Unbeteiligte in Geiselhaft nimmt, erhofft sich die Szene größere Aufmerksamkeit“, erläuterte Wendt. Zu verhindern seien solche Taten kaum. Sowohl die Bahn als auch die Polizei leisteten hier schon ihr Möglichstes. Unions-Innenexperte Mayer fordert konsequente Ahndung Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer (CSU), verurteilte die Anschläge. „Solche sinnlosen Taten sind ein gemeingefährlicher Angriff auf uns alle“, sagte Mayer der JF. Sie müßten daher konsequent verfolgt und geahndet werden. Den ganzen Artikel lesen Sie hier: https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2017/brandanschlaege-sorgen-fuer-verkehrschaos/
Linksextremisten haben sich am Montag zu mehreren Anschlägen auf Bahnanlagen in verschiedenen Bundesländern bekannt. Laut dem Vorsitzenden der Deutschen
Presse
2017-06-19T15:54:00+02:00
2017-06-19T15:54:00+02:00
https://jungefreiheit.de/pressemitteilung/2017/rainer-wendt-anschlaege-auf-bahnanlagen-sind-terrorismus/
Minderjährige Flüchtlinge: 40 Prozent lügen bei Altersangaben
MÜNSTER. Laut einer Studie des Instituts für Rechtsmedizin in Münster hat ein großer Teil der minderjährigen Einwanderer bei den Altersangaben gelogen. Die Rechtsmediziner der Universitätsklink begutachteten im Auftrag von Gerichten etwa 600 sogenannte unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, deren Alter angezweifelt wurde. Dabei kam heraus, daß rund 40 Prozent von ihnen nachweislich 18 Jahre oder älter waren, ergab die Untersuchungen, die Focus Onlinevorliegt. Für die Studie waren demnach alle Altersgutachten des Instituts zwischen 2007 und 2018 ausgewertet worden. Die Mediziner handelten dabei im Auftrag von Gerichten und Jugendämtern, die die Altersangaben der Betroffenen angezweifelt hatten. Mit Hilfe der forensischen Altersdiagnostik sollte dann geklärt werden, ob die Einwanderer tatsächlich minderjährig sind oder nicht. In 92 Prozent der Fälle handelte es sich um junge Männer aus Afghanistan, Guinea, Algerien und Eritrea. „In Zweifelsfällen wird er als minderjährig eingestuft“ Allerdings könnte die Zahl von 40 Prozent auch noch höher sein. „Da wir das Geburtsdatum nicht auf den Tag genau bestimmen können, gibt es einen Graubereich. Diese Schwankungsbreite legen wir stets zugunsten des Betroffenen aus, in Zweifelsfällen wird er also als minderjährig eingestuft“, sagte der stellvertretende Institutsdirektor Andreas Schmeling dem Nachrichtenportal. Die Altersbestimmung sei aus einer Kombination mehrerer Methoden erfolgt. Neben allgemeinen körperlichen Untersuchungen seien die Gebisse und die Handgelenksknochen geröntgt worden. Überdies seien die Schlüsselbeine radiologisch begutachtet worden. Minderjährige Asylbewerber genießen in Deutschland einen besonderen Schutzstatus, erhalten mehr Unterstützung und kommen nicht in Sammelunterkünfte. Laut dem Deutschen Städte- und Gemeindebund liegen die Kosten für einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge bei rund 5.000 Euro im Monat. In den vergangenen Jahren hatte es immer wieder Streit um verpflichtende Altersuntersuchungen für solche Personen gegeben. Bereits vor zwei Jahren war bekannt geworden, daß fast jeder zweite unbegleitete minderjährige Flüchtling älter als 18 Jahre ist. (ls)
JF-Online
Laut einer Studie des Instituts für Rechtsmedizin in Münster hat ein großer Teil der minderjährigen Einwanderer bei den Altersangaben gelogen. Die Rechtsmediziner der Universitätsklink begutachteten im Auftrag von Gerichten etwa 600 sogenannte unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. 40 Prozent von ihnen waren nachweislich 18 Jahre oder älter.
Deutschland
2019-09-16T15:34:18+02:00
2019-09-16T15:34:18+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2019/minderjaehrige-fluechtlinge-40-prozent-luegen-bei-altersangaben/
Kreator: Geschmacklosigkeit über alles
Um Punkt zehn Uhr gedachte Deutschland der beiden ermordeten Polizisten, die während ihres Dienstes am Montag erschossen worden waren. Getötet im Einsatz von zwei mutmaßlichen Wilddieben. Ihre Kollegen in ganz Deutschland und Bürger verharrten in einem Moment der Stille zu ihrem Gedächtnis. Mit Stille hat es die Musikrichtung des Metal traditionell nicht so sehr. Doch auch der deutschen Thrash Metal Band Kreator und ihrem Plattenlabel Nuclear Blast hätte der Gedanke kommen können, daß die Veröffentlichung eines neuen Musikvideos mit Anti-Polizei-Krawallen an so einem Tag mehr als unpassend ist. Stilles Gedenken In einer #Schweigeminute gedenken wir unserer Kollegin und unseres Kollegen, die bei einem Einsatz in #Kusel ermordet wurden. Die Nachricht und die Umstände ihres Todes schmerzen immer noch sehr und machen uns alle schwer betroffen.#ZweiVonUns pic.twitter.com/b4VgkMVceb — Polizei Frankfurt (@Polizei_Ffm) February 4, 2022 Am Freitag vormittag erschien der Clip zu „hate über alles“ auf YouTube. Neben den üblichen Bildern von ihre Instrumente bearbeitenden Musikern zeigt es auch einen Mob, der sich auf eine Polizeikette stürzt. Ein Einsatzwagen wird mit Graffitis beschmiert und demoliert. Die Band, die sonst politisch korrekt „gegen Rechts“ Haltung zeigt und gegen Homophobie singt, inszeniert sich im Video als Outlaws. Sie rocken weiter, auch wenn Polizisten sie ins Visier nehmen. Die Polizei als Feindbild der unangepaßten Subkultur, ein Klischee, das bestenfalls Gähnen auslöst; oder im aktuellen Fall angesichts der Ereignisse einfach nur geschmacklos ist. Aber über Geschmack läßt sich bekanntlich streiten. Anders als über Stil. Den hat man – oder eben auch nicht. Für Kreator und Nuclear Blast gilt Letzteres. Anderenfalls hätten sie und mit der Veröffentlichung zumindest bis Montag gewartet.
Alexander Graf
Während das Land um zwei erschossene Polizisten trauert, bedient die deutsche Thrash Metal-Band Kreator lieber die Krawall-Ästhetik gegen die Sicherheitskräfte. Ausgerechnet am Gedenktag erscheint das neue Musikvideo, das mit Anti-Polizei-Szenen aufwartet. Ein Kommentar.
Kreator
Kommentar
2022-02-04T14:14:59+01:00
2022-02-04T14:14:59+01:00
https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2022/kreator-geschmacklosigkeit-ueber-alles/
Plante Anschläge und Mord an Islamkritiker: IS-Anhänger in Deutschland angeklagt
KARLSRUHE. Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen einen mutmaßlicher Anhänger des Islamischen Staates (IS) erhoben, der zusammen mit anderen Männern Anschläge in Deutschland geplant haben soll. Ravsan B. wird unter anderem vorgeworfen, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben, teilte die Generalbundesanwaltschaft am Dienstag mit. Zudem klagte die Behörde den tadschikischen Staatsbürger wegen Terrorismusfinanzierung, wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz und das Außenwirtschaftsgesetz an. Ravsan B. war bereits Mitte März von einem Spezialeinsatzkommando in Nordrhein-Westfalen festgenommen worden und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Laut den Ermittlern standen er und die übrigen Männer in Verbindung mit zwei ranghohen IS-Angehörigen in Syrien und Afghanistan. Das IS-Führungsmitglied in Syrien soll ihn angewiesen haben, in Deutschland den bewaffneten Kampf gegen „Ungläubige“ aufzunehmen und Anschläge zu verüben. Der Mann in Afghanistan habe die Gruppierung im radikalen Islam unterrichtet und konkrete Vorgaben gemacht, wie ein Anschlag in Deutschland aussehen könnte. Auftragsmord und Tötung von Islamkritiker Um ihre Pläne zu finanzieren, sollten die Tadschiken zusammen mit zwei Tschetschenen einen Geschäftsmann in Albanien töten. Der mit 40.000 Dollar dotierte Auftragsmord scheiterte jedoch. Dennoch hielten die Verdächtigen laut Bundesanwaltschaft an ihren Plänen fest. Ravsan B. soll sich bereits „Anleitungen für die Herstellung verschiedener Sprengstoffe und Zündmechanismen“ verschafft haben. Zudem planten die radikalen Moslems, einen Islamkritiker in Deutschland zu töten. „Durch die Tat sollte ein Exempel statuiert und der Anschlag – auf Anweisung des IS-Repräsentanten aus Afghanistan – zu Propagandazwecken der Vereinigung verwendet werden“, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Hierfür sollten die fünf mutmaßlichen IS-Anhänger den Leichnam des Opfers fotografieren und die Bildern anschließend zusammen mit einem Aufruf zum Kampf gegen „Ungläubige“ auf dem Videoportal YouTube veröffentlichen. Das ins Auge gefaßte Mordopfer soll am 14. März durch einen der Beschuldigten ausgespäht worden sein. Am selben Abend schlug das Spezialeinsatzkommando zu. (ls)
JF-Online
Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen einen mutmaßlichen Anhänger des Islamischen Staates (IS) erhoben, der zusammen mit anderen Männern Anschläge in Deutschland geplant haben soll. Die Gruppierung sollte demnach auch einen Islamkritiker in Deutschland töten und Bilder davon zu Propagandazwecken bei YouTube veröffentlichen.
Deutschland
2020-07-22T10:14:29+02:00
2020-07-22T11:15:13+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2020/plante-anschlaege-und-mord-an-islamkritiker-is-anhaenger-in-deutschland-angeklagt/
Zu viel von Liebe und zu wenig von Zement
Die Beschäftigung mit der russischen Literatur des 19. Jahrhunderts, vornehmlich mit den Romanen Leo Tolstojs und Fjodor Dostojewskis, setzte bei Anna Seghers schon zu der Zeit ein, als sie noch Schülerin in Mainz war und Netty Reiling hieß. Genauer datieren läßt sich der Beginn ihrer Auseinandersetzung mit sowjetrussischer Literatur: Sie hatte 1927, als sie bereits als Schriftstellerin in Berlin lebte, aber noch nicht der Kommunistischen Partei angehörte, die deutsche Übersetzung von Fjodor Gladkows (1883-1958) Industrieroman „Zement“ (1925) gelesen und darüber eine Rezension geschrieben, die unter dem Titel „Revolutionärer Alltag“ am 22. Mai 1927 in der Frankfurter Zeitung erschien und mit dem merkwürdigen Satz endete: „Es ist noch zu viel von Liebe und zu wenig von Zement die Rede.“ Fast vier Jahrzehnte später, im Juni 1965, wurde Anna Seghers, damals schon 13 Jahre Präsidentin des DDR-Schriftstellerverbands, von der jüngeren Kollegin Christa Wolf nach ihrer frühen Prägung durch russische Literatur befragt, worauf sie zur Antwort gab: „Eine Wirklichkeit ist uns aus den Büchern gekommen, die wir im Leben noch nicht gekannt haben.“ Beide Zitate sind kennzeichnend für die Art der Aneignung von russischer Literatur und sowjetrussischer Wirklichkeit durch Anna Seghers. Sie ist fünfmal als Touristin und Kongreßbesucherin in der Sowjetunion gewesen, zuerst 1930 zur Konferenz proletarischer und revolutionärer Schriftsteller in Charkow und zuletzt 1967 beim „Allunionskongreß der sowjetischen Schriftsteller“ in Moskau, wo sie die Rede „Das Licht des Oktober“ hielt. Sie hat das Land immer nur als Touristin bereist, als sympathisierende Beobachterin aus dem nichtkommunistischen Ausland, die nie im Lande selbst gelebt und ihre Erfahrungen mit dem Sowjetalltag gesammelt hat wie beispielsweise die Gruppe deutscher Kommunisten im Moskauer Exil, die vor Hitler geflohen waren und von Stalin verfolgt und ermordet wurden. Das zu wissen ist unabdingbar, wenn man, wie die Anna-Seghers-Gesellschaft am 14./15. November in Berlin, eine Tagung veranstaltet, bei der es um das Verhältnis der Schriftstellerin zur Sowjetunion und zur russisch-sowjetischen Literatur geht. In Monika Melcherts einleitenden Worten wurde zwar davon gesprochen, daß der Autorin „Verhältnis zum Stalinismus nicht ausgeklammert“ werden sollte, doch in den Diskussionsbeiträgen nach den drei Referaten wurde das Thema umgangen oder vermieden oder aber, was vielleicht noch schlimmer ist, aus Unkenntnis verschwiegen. Möglicherweise waren bei vielen, vor allem jüngeren Tagungsteilnehmern die Geschichtskenntnisse über die blutigen Jahrzehnte Stalinscher Vernichtungspolitik einfach nicht vorhanden, obwohl es heute ganze Bibliotheken von Aufklärungsliteratur über „Das Jahrhundert der Wölfe“ (Nadeshda Mandelstam) gibt, nicht zuletzt die Erinnerungen deutscher und russischer Kommunisten, sowie außerdem das 1981 erschienene wissenschaftliche Werk des amerikanischen Germanisten David Pike „Deutsche Schriftsteller im sowjetischen Exil 1933-1945“ mit dem Kapitel „Stalins Säuberungen unter den deutschen Kommunisten“. Bei der Berliner Tagung hatte man freilich mitunter den Eindruck, als würde im geschichtslosen Raum argumentiert, als dürfte das Anna-Seghers-Bild auch heute noch nicht beschädigt werden, als sei das zeitgebundene Denken und Handeln der Autorin unangreifbar. Heute wird Anna Seghers in Rußland kaum noch gelesen Daß russische Referenten eingeladen werden mußten, war bei dem gestellten Thema unabweisbar. Leider war der Erkenntniswert beider Referate über der Autorin „lebenslanges Verhältnis zur Sowjetunion und zur russisch-sowjetischen Literatur“ und „zur russischen Rezeption von Anna Seghers Werk vor und nach 1989“ gering. Daß ihre Werke, so Wladimir Sedelnik (Moskau), in der Sowjetunion eine breite Leserschaft hatten, daß sie mit Konstantin Fedin (1892-1977), Konstantin Simonow (1915-1979) und besonders mit Ilja Ehrenburg (1891-1967) befreundet war, wußte man. Befreundet war sie aber auch mit ihrem Übersetzer, dem russisch-jüdischen Schriftsteller Lew Kopelew (1912-1997), der 1981 ausgebürgert wurde und im Kölner Exil starb. Der Bericht über seine neun Jahre Lagerhaft 1945/54 erschien 1976, sieben Jahre vor ihrem Tod. Hat sie das Buch gelesen, oder hat sie ihren Freund zumindest nach seinen Lagererlebnissen befragt? Daß die Romane der im Juni 1983 verstorbenen Schriftstellerin, so Alexander Belobratow (St. Petersburg), im heutigen Rußland kaum noch gelesen werden, war zu erwarten gewesen, zu nachhaltig war ihr Werk fünf Jahrzehnte lang in den Kontext sozialistischer Kulturpolitik eingebunden gewesen. Es gebe, so der Referent, eine Fülle wissenschaftlicher Arbeiten über Anna Seghers zwischen 1950 und 1985, nicht zuletzt das Buch von Tamara Motylowa „Anna Seghers. Kritischbiographische Skizze“ (1953), aber daß der Vorabdruck ihres Exilromans „Das siebte Kreuz“ (1942) in der Moskauer Zeitschrift Internationale Literatur jäh abgebrochen wurde, als der Hitler-Stalin-Pakt am 23. August 1939 abgeschlossen war, fand keine Erwähnung. Von ganz anderer Qualität dagegen war das Referat des Berliner Germanisten Frank Wagner über das sieben Jahre nach dem Tod der Autorin erschienene Prosafragment „Der gerechte Richter“ (1990). Hier nämlich wurde versucht, was im Untertitel „Gewissensfragen im Sozialismus“ anklang, die Reaktion der Schriftstellerin, nicht der Politikerin Anna Seghers auf das DDR-Krisenjahr 1956 zu analysieren, in das sich erste Gedanken zu dieser nicht vollendeten Novelle datieren lassen. Es war das Jahr der Geheimrede Nikita Chruschtschows über Stalins Verbrechen, das Jahr des Ungarnaufstands, auf den Anna Seghers mit der Erzählung „Brot und Salz“ (1958) reagierte, und der Verhaftung des oppositionellen Marxisten Wolfgang Harich am 26. November in Berlin. Mit ihrem Text versuchte Anna Seghers, die Erfahrungen des Stalinismus zu verarbeiten und die sozialistischen Ideale von einst dagegenzustellen, wobei sie freilich die Handlung im Niemandsland ansiedelte und ihr damit den Realitätsbezug nahm. Bedenkenswert war die vom Referenten aufgezeigte Querverbindung zum Gleichnis vom Großinquisitor aus Fjodor Dostojewskis Roman „Die Brüder Karamasow“ (1880). Anna Seghers hat sich darüber ausgiebig in einem 35seitigen Brief geäußert, den sie 1963 „auf dem Schiff zwischen Brasilien und Europa“ an den Schriftstellerfreund Jorge Amado schrieb. Die abschließende Podiumsdiskussion „Anna Seghers und die Sowjetunion: Erfahrungen und Widersprüche“ stand unter der Leitung Margrid Birckens (Potsdam) und wurde von vier Germanistinnen bestritten. So sprach Erika Haas (Tübingen) von der euphorischen Bewunderung und emotionalen Bindung der Autorin an die Sowjetunion, wie sie auch noch 1967 in der Moskauer Rede „Das Licht des Oktober“ aufscheine. Schreiben „im Licht des Oktober“ sei ihr zentrales Programm gewesen, das „Kritik an Gewachsenem“ ausgeschlossen hätte. Um die „große Sache des Sozialismus“ zu retten, habe sie „Fehler, Irrtümer und Schwächen“ verschwiegen. Sigrid Bock (Berlin) interpretierte die Lebenswendung der jungen Netty Reiling um 1925, die unter dem starken Einfluß der sowjetrussischen Schriftstellerin Alexandra Kollontai (1872-1952) und ihrer Erzählungen „Wege der Liebe“ (1923), die auch in der Familie der Mutter gelesen worden seien, gestanden habe. Von der Sowjetunion habe sich Anna Seghers die Entstehung eines neuen Menschen erhofft. Die Berliner Literaturprofessorin Eva Kaufmann interpretierte die Korrespondenzen von Anna Seghers mit sowjetrussischen Freunden, die sie mehrmals, wenn auch in verschlüsselter Form, auf bedrohliche Situationen in der DDR-Kulturpolitik aufmerksam machte. Auch sie sprach, bezogen auf ihren letzten Roman „Das Vertauen“ (1968), vom „Zwiespalt, der Anna Seghers zunehmend prägte“, während Antonia Opitz (Ungarn) von der Georg-Lukacs-Gesellschaft ausführlich auf den Briefwechsel 1938/39 zwischen Anna Seghers und Georg Lukacs einging. Vieles auf dieser Tagung wurde nicht ausgesprochen, entweder aus Unkenntnis oder aus falscher Rücksichtnahme oder weil der interpretatorische Ansatz nicht stimmte. Das Thema „Anna Seghers und die Sowjetunion“ ist noch lange nicht ausgeschöpft.
JF-Online
Die Beschäftigung mit der russischen Literatur des 19. Jahrhunderts, vornehmlich mit den Romanen Leo Tolstojs und Fjodor Dostojewskis, setzte bei Anna Seghers
Kultur
2003-11-28T00:00:00+01:00
2003-11-28T00:00:00+01:00
https://jungefreiheit.de/kultur/2003/zu-viel-von-liebe-und-zu-wenig-von-zement/
Für Bush nur eine Fünf
In Detroit herrscht Grabesstimmung. Nach einem Rekordverlust (37 Milliarden Dollar) im vergangenen Geschäftsjahr entläßt der US-Autobauer General Motors 74.000 Mitarbeiter. Diese Meldung aus dem Februar ist repräsentativ für den Niedergang der amerikanischen Industrie im allgemeinen und der Automobilhersteller im besonderen. In diesem Jahr werden Ford, Chrysler und GM wohl zusammen unter die magische Fünfzig-Prozent-Marke des US-Marktanteils fallen. Das sei symptomatisch für die US-Wirtschaft, beklagt Patrick Buchanan. In seinem neuesten Buch „Day of Reckoning“ (Tag der Abrechnung) beleuchtet der konservative Kolumnist nun die jüngste Entwicklung, und das heißt vor allem: die Verfehlungen der US-Regierung: „Jeder sechste Industriearbeitsplatz ging unter Bush verloren.“ Schuld daran sei die Ideologie des Freihandels. Buchanans Generalabrechnung mit Bush junior geht aber weit über diese ökonomischen Aspekte hinaus. Er geißelt die amerikanische Außenpolitik seit Woodrow Wilson, die auf die Errichtung eines Imperiums ausgerichtet ist. Großmachtstreben und Freihandelsideologie gehen für Buchanan Hand in Hand. Was zur Zeit des Kalten Krieges an politischem und militärischem Engagement richtig war, ist für Buchanan heute obsolet geworden. Doch der Machtzuwachs nach dem Zusammenbruch der Sowjet­union hat Washington arrogant werden lassen. Wenn Buchanan sagt, „das amerikanische Jahrhundert ist vorbei“, dann warnt er die letzte verbliebene Großmacht vor allzu großer Hybris, vor einer imperialen Überdehnung. Zusätzlich bemüht der frühere Präsidentschaftskandidat immer wieder die Geschichte und nimmt zum wiederholten Male eine prodeutsche Position ein, wenn es um das 20. Jahrhundert geht. Der Versailler Vertrag war großes Unrecht, sagt er und begründet sogar die Richtigkeit des Münchener Abkommens von 1938, das den Sudetendeutschen endlich das versprochene Selbstbestimmungsrecht eingeräumt hat, von dem „Wilson stets gepredigt hat“. Buchanan widerlegt das vorherrschende, neokonservative Weltbild, das Demokratie zum Allheilmittel hochstilisiert und vor den Ergebnissen demokratischer Entscheidungsprozesse wie in Gaza oder im Iran die Augen verschließt. Fast schon hört der Leser hier Peter Scholl-Latour sprechen, der in diesem Zusammenhang gerne das Wort vom „Stimmzettelfetischismus“ im Munde führt. Patrick Buchanan: Day of Reckoning. How Hubris, Ideology, and Greed are Tearing America Apart. B&T, St. Martin’s Press, New York 2008, gebunden, 294 Seiten, 19,30 Euro
JF-Online
In Detroit herrscht Grabesstimmung. Nach einem Rekordverlust (37 Milliarden Dollar) im vergangenen Geschäftsjahr entläßt der US-Autobauer General Motors
Kultur
2008-03-14T00:00:00+01:00
2008-03-14T00:00:00+01:00
https://jungefreiheit.de/kultur/2008/fuer-bush-nur-eine-fuenf/
Aktivismus im Namen der Tradition
Wer in diesem Sommer auf der Nationalstraße 24 entlangfuhr, der wichtigsten Verbindung zwischen Rennes und dem bretonischen Westen, konnte an den zahlreichen Brückenpfeilern immer dieselben Plakate sehen. Angebracht hatte sie die Gruppe Adsav, ein bretonisches Wort, das soviel wie „Wiederauferstehung“ bedeutet, für die Frankophonen bezeichnet als Parti Breton („Bretonische Partei“). Adsav hat mit dieser Propagandakampagne erneut auf sich aufmerksam gemacht und einen Aktivismus gezeigt, der auch sonst die Arbeit der erst vor fünf Jahren gegründeten Organisation kennzeichnet. Vergleichbar ist sie in dieser Hinsicht nur mit einer anderen Formation der bretonischen Bewegung, Emgann („Kampf“), die seit dem Frühjahr vor allem für die Freilassung der „politischen Gefangenen“ eintritt, die 2000 im Zusammenhang mit dem Sprengstoffanschlag auf eine McDo-nald’s-Filiale in Quévert verhaftet wurden und nun vor Gericht stehen. Die Militanz ist allerdings die einzige Gemeinsamkeit zwischen Adsav und Emgann, die an den entgegengesetzten Flügeln des bretonischen Autonomismus stehen. Sie teilen zwar die separatistische Zielsetzung, aber die innere Ordnung einer unabhängigen Bretagne sähe jeweils ganz verschieden aus. Denn Emgann gehört in die Tradition jenes linken Regionalismus, der seit den siebziger Jahren das Bild der Gesamtbewegung bestimmt hat. Dessen politische Ausrichtung entsprach in vielem der der französischen Sozialisten oder Kommunisten. Das gilt auch und gerade für die größte seiner Organisationen, die Union pour la Démocratie bretonne (UDB). Mit der Sprache verlischt die kulturelle Autonomie Die UDB entstand aus der Studenten- und der Umweltbewegung, die sich in Reaktion auf die großen Tankerhavarien vor der Küste gebildet hatte. Sie hat bis heute einen erheblichen Einfluß auf die bretonische Kulturszene, und deren Aushängeschild, der Sänger Alan Sti-vell, gehört zu ihren wichtigsten Parteigängern. Allerdings ist es der UDB in der Vergangenheit nicht gelungen, zu einer stärkeren politischen Kraft zu werden. Wer sich unter den Abgeordneten der Regionalvertretungen als prononciert bretonisch betrachtet, gehört der UDB an, aber diese verfügt nicht einmal über zehn Prozent der Sitze. Die parlamentarische Schwäche der bretonischen Autonomiebewegung hat immer wieder den Anstoß zur Bildung außerparlamentarischer Gruppen gegeben. Deren Radikalität ist aber vor allem eine rhetorische. Darüber kann auch die Solidarisierung von Emgann mit IRA oder ETA nicht hinwegtäuschen. Die gelegentlich von sich reden machende Armée Révolutionnaire Bretonne (ARB), der auch das oben erwähnte Attentat zur Last gelegt wird, hat bisher auf Gewalt gegen Personen verzichtet und spielt bestenfalls eine marginale Rolle. Insofern ist auch Emgann nur als Kleinformation anzusehen, die in erster Linie durch ihre Propaganda existiert. Dazu hilft, daß die Mehrzahl der autonomistischen Gruppen den Anliegen von Emgann mit einem gewissen Wohlwollen gegenübersteht. Aber das kann auch nicht über den Einflußverlust des linken Autonomismus in den letzten zehn Jahren hinwegtäuschen. Der geht vor allem auf die zunehmende Folklorisierung und Kommerzialisierung alles Bretonischen zurück, die man dem Aufschwung des Tourismus verdankt, hängt aber auch mit mangelnder ideologischer Konsistenz zusammen. Ein Teil der Anziehungskraft des Autonomismus lag in der Möglichkeit, eine „identitäre“ Position beziehen zu können, ohne damit in den Ruch des Rechtsradikalismus zu geraten. Zu den irritierenden Momenten der bretonischen Bewegung gehörte ja gerade, daß sich deren äußerste Linke ausdrücklich als „nationalistisch“ bezeichnete. Aber im Grunde versuchten diese linken Nationalisten nur, den Republikanismus des größeren Frankreich auf die bretonischen Verhältnisse zu übertragen, und mieden bei allem Rekurs auf das keltische Erbe doch peinlich den Eindruck, irgendeiner Art von rassischer oder völkischer Ideologie anzuhängen. In dem Maß, in dem die Bretagne mit ihrem wachsenden Wohlstand zum Anziehungspunkt von Einwanderern aus dem Maghreb und Schwarzafrika wurde, verlor die Unentschiedenheit in der Frage, was denn das Eigene ausmache, an Harmlosigkeit. Hinzu kommt, daß auch die übrigen objektiven Faktoren, die die Sonderstellung der Bretagne bisher begründeten, in dramatischem Tempo verfallen. Dazu gehört vor allem die bretonische Sprache. Nach einem Gottesdienst zum Abschluß der Festival Interceltique im August sprach der Bischof von Vannes, Monsignore François-Mathurin Gourvès, davon, daß jedes Jahr hundert Menschen sterben, die das Bretonische beherrschten, aber nur einer geboren werde, der es lerne. Damit drohe das Bretonische als lebendige Sprache zu verlöschen, warnt Gourvès: „Es kann keine bretonische Kultur geben ohne die Sprache, die sie trägt …“. Männer wie Gourvès sehen sehr genau, daß sich parallel zum Tod des Bretonischen der Niedergang des eher kulturell und weniger politisch ausgerichteten Autonomismus vollzieht, der sich seit dem 19. Jahrhundert auf die katholische Frömmigkeit und das bäuerliche Erbe stützte. Alle Versuche in der jüngeren Vergangenheit, der konservativen Bretagne eine neue selbständige Vertretung zu schaffen, sind gescheitert. In gewisser Weise ist die Entstehung einer Bewegung wie Adsav als Reaktion auf diese Veränderungsprozesse zu betrachten. Sie bezieht nicht nur vehement Stellung gegen alle Versuche der linken Autonomisten, das Bretonische auf eine Konstruktion zu gründen, sie hat sich auch von der attentistischen Linie der Konservativen abgewandt. Programmatisch tritt man für die Loslösung von Frankreich und die Schaffung eines eigenen Staates ein, der die Einwanderung scharf begrenzen soll (im Grunde gilt Frankreich schon als verloren und die Bretagne als eine Art mögliches „Homeland“ für die weiße Bevölkerung keltischer Herkunft). Die politischen Sympathien liegen bezeichnenderweise bei Formationen wie dem Vlaams Belang. Schon damit isoliert sich Adsav im Rahmen der Gesamtbewegung, noch entscheidender dürfte aber die nostalgische Verklärung des Nationalismus der Zwischenkriegs- und Kriegszeit sein. Diese Traditionslinie gilt in der Bretagne gemeinhin als kontaminiert wegen der Rolle, die Nationalisten in der Zeit der deutschen Besetzung spielten. Bretagne als „Homeland“ für Weiße keltischer Herkunft Der ausdrückliche Bezug auf Männer wie Frans Debauvais oder Olier Mordrel, die damals für eine enge – auch ideologische – Kollaboration eintraten, um einen bretonischen Staat in Hitlers „Neuen Europa“ zu ermöglichen, trug jedenfalls dazu bei, daß Ad-sav von Anfang an unter Faschismusverdacht stand – ein Problem, das sich kaum überwinden lassen dürfte. Zwar gibt es in den Reihen von Adsav auch Dissidenten des Front National, aber die bretonischen Wähler, die sich für die Rechte entscheiden wollen, werden im Zweifel eher für die gesamtfranzösische als für die bretonische stimmen. Wahrscheinlich müßte man aber auch unter günstigeren Umständen mit der Aussichtslosigkeit einer konsequenten bretonischen Position rechnen. Anders als in Spanien, wo die großen Regionen mit Nachdruck ihre Anerkennung als „Nationen“ verlangen, wird man in Frankreich einen sukzessiven Rückgang dieser Tendenzen feststellen müssen. Mit Ausnahme Korsikas, das als Sonderfall gelten kann, ist es Paris gerade mit der Politik einer moderaten Regionalisierung seit den achtziger Jahren gelungen, jene zentrifugalen Tendenzen zu bändigen, die das von seinen „natürlichen Grenzen“ umschlossene Hexagon hätten in Frage stellen können. Adsav-Plakat: Politische Sympathien etwa für den Vlaams Belang
JF-Online
Wer in diesem Sommer auf der Nationalstraße 24 entlangfuhr, der wichtigsten Verbindung zwischen Rennes und dem bretonischen Westen, konnte an den zahlreichen
Kultur
2005-11-25T00:00:00+01:00
2005-11-25T00:00:00+01:00
https://jungefreiheit.de/kultur/2005/aktivismus-im-namen-der-tradition/
Wie rechts ist die Jugend, Herr Binkert?
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Lorenz Bien
Diese Umfrage sorgt seit Wochen für Schnappatmung bei den Grünen: Junge Deutsche sollen überdurchschnittlich oft AfD wählen. Doch wie glaubwürdig sind die Zahlen und welches Potential hat die Partei bei Jungwählern wirklich? Insa-Chef Hermann Binkert gibt Antworten.
rechts,AfD
Gesellschaft
2024-05-16T10:52:43+02:00
2024-05-18T13:18:53+02:00
https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2024/wie-rechts-ist-die-jugend-herr-binkert/
Grüne lehnen Diskussion über Rückkehr von Syrern strikt ab
BERLIN. Außenministerin Annalena Baerbock hat vor einem innenpolitischen Mißbrauch des Sturzes von Syriens Diktator Baschar al-Assad gewarnt. Auch der Vorsitzende des EU-Ausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (beide Grüne), hatte eine Debatte über die Rückkehr syrischer Flüchtlinge in ihrer Heimat als „völlig fehl am Platz“ bezeichnet. Baerbock sagte: „Niemand kann an diesem Tag vorhersehen und auch in den nächsten Tagen nicht vorhersehen, wie das in Syrien weitergeht, was es sicherheitspolitisch bedeutet.“ Die Außenministerin zieht sogar eine weitere Fluchtbewegung aus Syrien in Erwägung. Zuletzt hatten Politiker von Union und AfD eine Diskussion über eine mögliche Rückkehr der insgesamt eine Million Syrer in Deutschland begonnen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat vorerst alle Entscheidungen über Asylanträge aus dem arabischen Land gestoppt. Das entspricht nicht Baerbocks Linie. Sie betonte, es sei nicht sicher, „ob weitere Menschen aus der Region fliehen, weil andere Extremisten jetzt ihr Unwesen treiben oder ob Menschen nach Syrien wieder zurückkehren können“. Während syrische Flüchtlinge massenhaft aus der Türkei in ihr Heimatland zurückkehren, warnte die Grünen-Politikerin davor, darüber in Deutschland zu spekulieren: „Jeder, der jetzt versucht, diese Situation in Syrien, dessen Zukunft vollkommen unklar ist, für parteipolitische Zwecke zu mißbrauchen, der hat den absoluten Bezug zur Realität im Nahen Osten verloren.“ Auch Hofreiter lehnt eine solche Debatte kategorisch ab. „Es ist vollkommen unklar, wie es jetzt in Syrien weitergeht“, sagte er den Funke-Zeitungen. Und weiter: „Überlegungen, nach dem Sturz von Assad unsere Migrationspolitik zu verändern und härter gegen syrische Geflüchtete vorzugehen, sind völlig fehl am Platz.“ (fh)
JF-Online
Während das Bamf alle Asylanträge von Syrern stoppt, kritisieren die Grünen die Rückkehr-Debatte. Außenministerin Baerbock und Hofreiter wollen die Migranten in Deutschland halten.
Grüne
Deutschland
2024-12-10T10:00:16+01:00
2024-12-10T10:00:16+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2024/gruene-lehnen-diskussion-ueber-rueckkehr-von-syrern-strikt-ab/
Baerbock lehnt Genehmigung für Nord Stream 2 ab
BERLIN. Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 kann nach Ansicht von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) unter den derzeitigen politischen Bedingungen nicht in Betrieb genommen werden. Die Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP hätten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, daß für Energieprojekte europäisches Energierecht gelte, sagte Baerbock im ZDF-„heute journal“ am Sonntag abend. „Und das bedeutet, daß nach jetzigem Stand diese Pipeline so nicht genehmigt werden kann, weil sie eben die Vorgaben des europäischen Energierechts nicht erfüllt und die Sicherheitsfragen ohnehin noch im Raum stehen.“ Zudem habe die Vorgängerregierung unter der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Vereinigten Staaten von Amerika vereinbart, „daß bei weiteren Eskalationen diese Pipeline so nicht weiter ans Netz gehen könnte“, ergänzte Baerbock. Bereits im Oktober hatte sich die Grünen-Chefin gegen die Inbetriebnahme der neuen Ostsee-Pipeline ausgesprochen. „Ich will, daß das europäische Energierecht eingehalten wird. Konkret bedeutet das: Der Betreiber von Nord Stream 2 muß ein anderer sein als derjenige, der das Gas durchleitet. Solange das ein und derselbe Konzern ist, darf die Betriebserlaubnis nicht erteilt werden“, sagte sie damals den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Gleichzeitig warf sie Rußland vor, für die gestiegenen Gaspreise in Deutschland mitverantwortlich zu sein. „Die aktuell hohen Gaspreise wiederum sind zunächst einmal die Folge von hoher Nachfrage und geringem Angebot. Dabei läßt sich auch ein Pokerspiel Rußlands beobachten: Die Gaslieferungen wurden gehörig nach unten gefahren.“ Der Bau und die Verlegung von Nord Stream 2 ist seit September abgeschlossen. Die Bundesnetzagentur hat das Genehmigungsverfahren für die Teile der Gaspipeline auf deutschem Gebiet aber Mitte November ausgesetzt. Sie will bis Anfang kommenden Jahres darüber entscheiden, ob sie eine entsprechende Genehmigung erteilt. Voraussetzung dafür sei, daß der Betreiber „in einer Rechtsform nach deutschem Recht organisiert ist“. Durch Nord Stream 2 sollen jährlich bis zu 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Rußland nach Deutschland geliefert werden. Während die Grünen das Projekt ablehnen, unterstützen führende SPD-Politiker die Pipeline und fordern eine baldige Inbetriebnahme. (krk)
JF-Online
Eigentlich ist die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 seit Wochen fertiggestellt. Doch noch immer fließt kein Gas durch sie nach Deutschland. Das könnte laut Außenministerin Annalena Baerbock auch noch einige Zeit so bleiben.
Nord Stream 2
Deutschland
2021-12-13T12:01:37+01:00
2021-12-13T12:01:37+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2021/baerbock-lehnt-genehmigung-fuer-nord-stream-2-ab/
Habeck sieht Deutschland in „dienender Führungsrolle“
WASHINGTON. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hat sich für mehr Verantwortung Deutschlands innerhalb der Nato ausgesprochen. Er sehe die Bundesrepublik künftig „in einer dienenden Führungsrolle“, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag bei einem Besuch in den USA. „Je stärker Deutschland dient, umso größer ist seine Rolle.“ Von den USA habe er Rückendeckung für diese Vision. Der Grundstein für eine „dienende Führungsrolle“ könnten die Bereitschaft zu höheren Militäraushaben sowie die Waffenlieferungen in die Ukraine legen. Das Hilfspaket für die Bundeswehr über 100 Milliarden Euro, das Scholz am Sonntag angekündigt hatte, sei richtig. Es müßten aber auch ausreichend Mittel für die Energiewende bereitgestellt werden. „Aus meiner Sicht sind die Investitionen in die militärischen Kapazitäten und die Investitionen in Energieunabhängigkeit von Rußland zwei Seiten derselben Medaille“, führte der Wirtschaftsminister aus. Wenn erneuerbare Energien jetzt „Freiheitsenergien“ seien, müsse diese Freiheit auch finanziert werden, sagte er mit Blick auf den Appell von FDP-Chef Christian Lindner zum Ausbau von Windkraft und Co. (zit)
JF-Online
Nach der Einschätzung von Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sollte Deutschland eine „dienende Rolle“ innerhalb der Nato einnehmen. Trotz allen notwendigen Investitionen in militärische Kapazitäten, dürfe aber auch die Energiewende nicht außer Acht gelassen werden.
Habeck
Deutschland
2022-03-02T14:37:35+01:00
2022-03-02T14:41:26+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2022/habeck-dienende-rolle/
Nun doch: Klimablockade erschwerte Rettung der Radfahrerin
BERLIN. Könnte die Radfahrerin noch leben, wenn die „Letzte Generation“ die Rettung nicht durch eine Straßenblockade erschwert hätte? Eine Kehrtwende der Feuerwehr legt diese Vermutung nahe: Die Blockade der „Letzten Genration“ hatte doch erheblichen Einfluß auf die mißglückte Rettung der Frau. Zunächst hatte es geheißen, das im Stau durch die Straßenblockade der „Letzten Generation“ aufgehaltene Fahrzeug hätte ohnehin nicht helfen können. Diesen Bericht des „Ärztlichen Leiters“ hat die Berliner Feuerwehr nun kassiert. Jetzt sagt die Behörde laut BZ, eine „patientenschonendere“ Rettung wäre möglich gewesen. Laut des Abschlußberichtes habe die Blockade doch erheblichen Einfluß auf den Rettungseinsatz gehabt. Ein Betonmischer hatte am vorvergangenen Montag eine 44jährige Radlerin überrollt und schwer verletzt. Ein Spezialfahrzeug der Feuerwehr, das den Lkw anheben sollte, stand wegen der Blockade der „Klima-Kleber“ auf der Stadtautobahn im Stau. Vor Ort entschied sich die Notärztin, nicht auf das Rüstfahrzeug zu warten. Sie ließ den Betonmischer „von der Patientin herunterfahren“, heißt es nun im Abschlußbericht. Nun steht auch fest: Der Spezialwagen der Feuerwehr hätte ohne die Blockade der „Letzten Generation“ nur eine Minute später als das Noteinsatzfahrzeug den Unfallort erreicht. Hätte der Rüstwagen nicht im Stau gestanden, wäre eine „patientenschonendere“ Rettung möglich gewesen. Den Betonmischer vom Unfallopfer herunterzufahren, sei „grundsätzlich keine empfohlene Rettungstaktik“. Diese sei lediglich „als Methode nach Abstimmung im Team, unter Zugrundelegung der taktischen und medizinischen Gesichtspunkte und mangels vorhandener Alternativen zum Zeitpunkt der Entscheidung gewählt“ worden. Eine von der Süddeutschen Zeitung veröffentlichte Stellungnahme des ärztlichen Leiters hatte den Eindruck erweckt, auch bei rechtzeitigem Eintreffen des Rüstfahrzeugs hätte keine größere Überlebenschance für die Radfahrerin bestanden. Diese Darstellung hat die Feuerwehr in ihrem Abschlußbericht nun korrigiert. Ungeachtet des Todesfalls will die „Letzte Generation“ an ihren Straßenblockaden festhalten.
JF-Online
Könnte die Berliner Radfahrerin noch leben, wenn die „Letzte Genration“ die Rettung nicht durch eine Straßenblockade erschwert hätte? Eine Kehrtwende der Feuerwehr legt diese Vermutung nahe.
Radfahrerin
Deutschland
2022-11-10T07:10:03+01:00
2022-11-10T07:10:03+01:00
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Linksextremisten drohen Hamburg mit Gewalt
HAMBURG. Nach den verstärkten Kontrollen von Lampedusa-Flüchtlingen in Hamburg haben Linksextremisten der Hansestadt mit Gewalt gedroht. Sollte die Polizei nicht damit aufhören, die Identität der Afrikaner zu überprüfen, werde die Stadt und der Senat keinen ruhigen Tag mehr erleben, kündigten die Linksextremisten auf einer Internetseite des Szenetreffs „Rote Flora“ an. Die Polizei nimmt die Drohungen ernst. Die Ausländerbehörde hatte die Überprüfung der Lampedusa-Flüchtlinge angeordnet, weil diese sich höchstwahrscheinlich illegal in Hamburg aufhalten. Die linke Szene verbreitet seitdem die Nachricht, der Senat habe den Flüchtlingen ein Ultimatum gestellt, was der Innensenator Michael Neumann (SPD) dementiert hat. „Nicht mehr auf legale Protestformen“ beschränken Die Polizei hat jedoch begonnen, einige der Afrikaner zu kontrollieren und erkennungsdienstlich zu behandeln. Sie wurden photographiert, mußten ihre Fingerabdrücke abgeben, und ihre persönlichen Daten wurden registriert. Als Antwort auf die Maßnahmen stellten nun die Linksextremisten der Stadt Hamburg ein Ultimatum. Sollten die Kontrollen nicht bis Dienstagabend eingestellt werden, werde man sich „nicht mehr auf legale Protestformen“ beschränken, kündigten sie im Internet an. „Wir sind wütend und entschlossen, und werden dies auch auf der Straße mit allen Mitteln ausdrücken. Jeder Protest ist richtig und sinnvoll, um die in ein Ultimatum gegossene Machtpolitik des Senates zu verhindern“, heißt es in dem Schreiben. Die Polizei solle in den nächsten Wochen keine Kapazitäten für Kontrollen und Fahndungsmaßnahmen haben. Ein Polizeisprecher sagte zur JF, es sei zu befürchten, daß es in der kommenden Nacht nicht friedlich bleibe. (krk)
JF-Online
Nach den verstärkten Kontrollen von Lampedusa-Flüchtlingen in Hamburg haben Linksextremisten der Hansestadt mit Gewalt gedroht. Sollte die Polizei nicht damit aufhören, die Identität der Afrikaner zu überprüfen, werde die Stadt und der Senat keinen ruhigen Tag mehr erleben.
Deutschland
2013-10-15T12:45:00+02:00
2013-12-03T18:45:53+01:00
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Deutscher Jugendlicher bei Schlägerei mit Ausländern schwer verletzt
PLAUEN. Bei einer Schlägerei zwischen Deutschen und Ausländern im sächsischen Plauen ist ein 13 Jahre alter Deutscher schwer verletzt worden. Der Jugendliche wurde ins Krankenhaus eingeliefert, nachdem er von einem Stein am Kopf getroffen wurde, sagte ein Sprecher der Zwickauer Polizei am Montag auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT. Vier weitere Jugendliche im Alter zwischen 16 und 17 Jahren wurden leicht verletzt. Zunächst war es am frühen Samstag abend zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen einer Gruppe Deutschen und Ausländern an einer Straßenbahnhaltestelle gekommen. Ausländische Jugendliche gehen mit Messern auf Deutsche los „Nachdem die deutschen Jugendlichen mit der nachfolgenden Straßenbahn zum Postplatz fuhren, kam es dort zu einem Gerangel mit weiteren ausländischen Jugendlichen“, teilte die Polizei am Sonntag mit. Dabei sei das T-Shirt eines Deutschen zerrissen worden, woraufhin die rund 15 deutschen und 25 ausländischen Jugendlichen aufeinander losgingen. Letztere hatten der Polizei zufolge auch Messer dabei. Der Grund für die Auseinandersetzung sei derzeit noch völlig unklar, erläuterte der Sprecher. „Wir hoffen in den kommenden Tagen Erkenntnisse darüber zu erhalten.“ Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen übernommen. (ls)
JF-Online
Bei einer Schlägerei zwischen Deutschen und Ausländern im sächsischen Plauen ist ein 13 Jahre alter Deutscher schwer verletzt worden. Der Jugendliche wurde ins Krankenhaus eingeliefert, nachdem er von einem Stein am Kopf getroffen wurde. Die rund 25 ausländischen Jugendlichen gingen der Polizei zufolge auch mit Messern auf die 15 deutschen Heranwachsenden los.
Gesellschaft
2018-06-04T12:28:46+02:00
2018-06-04T13:17:47+02:00
https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2018/deutscher-jugendlicher-bei-schlaegerei-mit-auslaendern-schwer-verletzt/
AfD und Union trennt nur noch ein einziger Prozentpunkt
BERLIN. 38 Tage nach der Bundestagswahl 2025 hat die AfD einen neuen Umfrage-Rekord erreicht. Laut einer aktuellen Forsa-Befragung liegt die Partei nur noch einen Prozentpunkt von der Union (CDU/CSU) entfernt. Rechnet man CDU und CSU getrennt, wäre die AfD bereits die stärkste Partei im Land. Bei der Wahl im Februar erhielt die Union noch 28,5 Prozent der Stimmen. Doch der Abwärtstrend ist nicht zu übersehen: Binnen weniger Wochen verlor die Union 3,5 Prozentpunkte und liegt nun bei 25 Prozent. Die AfD hingegen setzt ihren Aufwärtstrend unbeirrt fort. Die Partei um Alice Weidel und Tino Chrupalla konnte um 3,2 Prozentpunkte zulegen und erreicht nun 24 Prozent. Brisant ist die Betrachtung von CDU und CSU als getrennte Parteien. Während die CSU in Bayern rund fünf bis sechs Prozentpunkte der bundesweiten Gesamtzahl stellt, verbleibt für die CDU nur ein Anteil von 19 Prozent – hinter der AfD, die bundesweit gleichmäßig stark abschneidet. Damit wäre die AfD die stärkste Kraft in Deutschland. Der Aufstieg der AfD spiegelt die wachsende Unzufriedenheit vieler Bürger wider. Die ökonomische Lage (49 Prozent) bleibt das drängendste Thema für die Deutschen, gefolgt vom Krieg in der Ukraine (46 Prozent) sowie Nato/USA und der europäischen Verteidigung (40 Prozent). Erst mit großem Abstand folgt das Thema Zuwanderung (zehn Prozent), das noch 2023 weitaus stärker im Fokus stand. Den übrigen Parteien wird kaum noch zugetraut, die Herausforderungen zu meistern. Satte 43 Prozent der Befragten gaben an, daß sie keiner Partei zutrauen, mit den Problemen im Land fertigzuwerden. Ein fatales Signal – insbesondere für den designierten Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), dessen Union schon vor der Regierungsbildung massiv an Rückhalt verliert. Während die AfD in der Umfrage fast an der Union vorbeizieht, bleibt die SPD mit 15 Prozent weiter im freien Fall. Die Grünen stabilisieren sich indes bei zwölf Prozent, die FDP kratzt mit vier Prozent an der parlamentarischen Existenz, während die Linke auf zehn Prozent zulegen kann. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) verharrt bei vier Prozent. (rr)
JF-Online
Die Unzufriedenheit der Wähler wächst – und die AfD profitiert davon: Nur noch ein Prozentpunkt trennt die Partei in einer aktuellen Umfrage von der Union. Wie die AfD bereits jetzt die stärkste Kraft Deutschlands ist.
AfD
Deutschland
2025-04-01T13:47:09+02:00
2025-04-01T13:47:09+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2025/afd-und-union-trennt-nur-noch-ein-einziger-prozentpunkt/
Gericht rehabilitiert Opfer der „Bodenreform“
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am Donnerstag ein Opfer der sogenannten „demokratischen Bodenreform“ in Mitteldeutschland postum rehabilitiert. Der 1959 verstorbene Vater einer Klägerin bewirtschaftete große Rittergüter im Kreis Bautzen. Er wurde 1945 im Zuge der landwirtschaftlichen „Bodenreform“ enteignet und sollte mit seiner Familie nach Rügen abtransportiert werden. Durch Flucht in den Westen konnte er sich dieser Maßnahme entziehen. Bereits in der Vorinstanz war das Land Sachsen verpflichtet worden, den Landwirt wegen dessen Ausweisung aus seinem heimatlichen Landkreis moralisch zu rehabilitieren. Herabwürdigung des Enteigneten Das Bundesverwaltungsgericht hat dieses Urteil nun bestätigt und die Revision des beklagten Bundeslandes zurückgewiesen. Zur Begründung führten die Richter aus, daß „in einer auf Deportation gerichteten Kreisverweisung eine schwere Herabwürdigung des enteigneten Grundbesitzers im persönlichen Lebensbereich liegt“. Das gelte auch dann, wenn sich der Betroffene der Deportation durch Flucht habe entziehen können. Bereits die Anordnung einer solchen Maßnahme stelle ein schweres Verfolgungsunrecht dar, weil der Betroffene aus der örtlichen Gemeinschaft ausgegrenzt worden sei und seiner Heimat habe beraubt werden sollen. 7.160 Betriebe betroffen Diese Wirkungen sind nach Auffassung des Gerichts eingetreten. Daß wegen der Flucht des Betroffenen die noch einschneidenderen Folgen einer Deportation ausgeblieben seien, ändere daran nichts. Unter dem Motto „Junkerland in Bauernhand“ waren bis zum September 1945 in den Ländern der damaligen Sowjetischen Besatzungszone Verordnungen erlassen worden, wonach unter anderem landwirtschaftliche Betriebe ab einer Größe von hundert Hektar zu enteignen sind. Insgesamt waren 7.160 Betriebe davon betroffen. Deren Enteignung war das Zwischenstadium für die von den Kommunisten betriebene Zwangskollektivierung der Landwirtschaft. (vo) > Fiskus muß „Bodenreformland“ an Erben herausrücken
JF-Online
Das Bundesverwaltungsgericht hat ein Opfer der „demokratischen Bodenreform“ in der DDR postum rehabilitiert. Der Landwirt war 1945 enteignet und seiner Heimat verwiesen worden.
Deutschland
2009-12-11T10:37:00+01:00
2009-12-11T10:37:00+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2009/gericht-rehabilitiert-opfer-der-bodenreform/
Wollen wir das wirklich?
Berlin, Dezember 2006, die CDU stellt mit Wolfgang Schäuble den Bundesinnenminister. In einer Rede auf einem Integrationskongreß betont Schäuble: „Wir waren nie ein Einwanderungsland und wir sind es bis heute nicht.“ Berlin, April 2015, die CDU stellt immer noch den Bundesinnenminister. Er heißt jetzt Thomas de Maizière und findet: „Deutschland ist heute ein Einwanderungsland. Das ‘ob’ ist längst entschieden. Viel interessanter sind jedoch die Fragen nach dem ‘wie?’ und danach ‘wollen wir das?’ und ‘wie gehen wir damit um?’“ Was hat also dazu geführt, daß Deutschland in den vergangenen neun Jahren zu einem Einwanderungsland wurde? Oder war es das bereits 2006, und Schäuble sagte damals nicht die Wahrheit, so wie er als Finanzminister log, die Euro-Rettungshilfen für Griechenland seien eine einmalige Ausnahme? Aslyzahlen expoldieren, Abschiebezahlen sinken Warum steht die Bundesrepublik nach Aussage de Maizières nun auf einer Stufe mit Einwanderungsnationen wie Kanada oder den Vereinigten Staaten? Weil die Asylzahlen seit dem explodiert sind? Weil die Abschiebezahlen in den vergangenen Jahren gegen Null gingen? Weil die unisono als Bereicherung verklärten Einwanderer immer deutlicher Präsenz zeigen und auf ihre kulturellen Eigenarten drängen? Weil sie mittlerweile über Lobbyvereine verfügen, die fast täglich irgendwelche Forderungen erheben oder sich über Lappalien empören? Weil der Islam mittlerweile angeblich zu Deutschland gehört? Weil wir aus vorauseilender Rücksicht auf Befindlichkeiten von Anders- und Nichtgläubigen Kruzifixe aus Klassenzimmern entfernen, aber Kopftücher an Schulen zulassen? Antworten bleibt de Maizière schuldig Auf all diese Fragen hat de Maizière keine Antwort. Statt dessen fragt er „Wie gehen wir damit um?“ Wohl wissend, daß der gewöhnliche Bürger im Umgang mit der ihm von der Politik bescherten „Bereicherung“ und „Vielfalt“ kaum eine Wahl hat. Äußert er seinen Unmut darüber, beispielsweise auf einer Demonstration von Pegida in Dresden, darf er sich dafür von de Maizières Kabinettskollegen Heiko Maas als „Schande für Deutschland“ beschimpfen lassen. Deswegen ist auch die Frage „Wollen wir das?“, die der Innenminister am Dienstag in Berlin stellte, bestenfalls rhetorischer Natur. Denn was wäre, wenn die Antwort „Nein“ lautete? Würde De Maizière sich danach richten? Wohl kaum. Er würde in einer seiner nächsten Reden möglicherweise sagen, Deutschland sei kein Einwanderungsland. An der Realität und den Zuständen in Deutschland würde sich dadurch aber nichts ändern. Und damit dies so bleibt, werden die Deutschen bei der Einwanderungspolitik auch nicht gefragt.
Felix Krautkrämer
Ist Deutschland ein Einwanderungsland? Laut Bundesinnenminister Thomas de Maizière: ja. Die Frage sei längst entschieden, meint der CDU-Politiker. Interessanter sei, ob „wir“ das wollten? Das stimmt, nur leider werden die Deutschen bei der Einwanderungspolitik nicht gefragt. Ein Kommentar von Felix Krautkrämer.
Kommentar
2015-04-14T14:40:47+02:00
2015-04-14T17:59:22+02:00
https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2015/wollen-wir-das-wirklich/
Seehofer bemängelt deutsche Integrationsbemühungen
BERLIN. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat sich nach der Messerattacke von Würzburg, bei der ein somalischer Asylbewerber drei Frauen getötet hatte, für verstärkte Integrationsmaßnahmen ausgesprochen. Ihn beschäftige an dem Fall „am meisten die Frage, wie es sein kann, daß ein 24-jähriger Mann, der zwar kein Asyl bekommen hat, aber subsidiären Schutz als Flüchtling genießt und sich rechtskonform in Deutschland aufhält, nach sechs Jahren in unserem Land in einer Obdachlosenunterkunft lebt“, sagte der CSU-Politiker der Augsburger Allgemeinen. „Da müssen wir, Bund und Länder, gemeinsam überlegen, ob unsere Integrationsbemühungen verstärkt werden müssen.“ Wenn über eine so lange Zeit sich niemand um den Mann gekümmert habe, fehle es am nötigen Bewußtsein, beklagte Seehofer weiter. Ähnliche Vorwürfe hatte am Dienstag ein Journalist des ORF in Wien angesichts von zwei unter Mordverdacht stehenden Afghanen geäußert. Während einer Pressekonferenz fragte er Österreichs Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), ob die österreichische Gesellschaft sich nicht genug um die vielleicht traumatisierten Flüchtlinge gekümmert habe. Die beiden Flüchtlinge sollen eine 13jährige unter Drogen gesetzt, mißbraucht und getötet haben. Vor dem Hintergrund des Messerangriffs in Würzburg, der wahrscheinlich islamistisch motiviert war, betonte Seehofer: „Wir leben in einer Alarmsituation, unsere Sicherheit und unsere Demokratie werden von mehreren Seiten bedroht.“ Als Gefahren nannte er den Islamismus, sowie Rechts- und Linksextremismus. Durch die Corona-Pandemie habe sich auch die Gefahr durch sogenannte Reichsbürger verstärkt. Im Streit der EU mit Ungarn wegen dessen Gesetzes zum Schutz von Kindern vor Pädophilie und zur Unterbindung von Werbung für Homo- und Transsexualität brachte Seehofer unterdessen finanzielle Sanktionen ins Spiel. Er halte die Kürzung von EU-Fördergeldern für das osteuropäische Land für möglich. Der Innenminister warf dem ungarischen Regierungschef Viktor Orbán vor, „zentrale Werte der Europäischen Union“ verletzt zu haben. „Das dürfen und werden wir nicht hinnehmen. Wir müssen die europäischen Werte verteidigen.“ (ag)
JF-Online
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) spricht sich nach der Messerattacke von Würzburg, bei der ein somalischer Asylbewerber drei Frauen getötet hatte, für verstärkte Integrationsmaßnahmen aus. Bei den Behörden fehle es bisweilen am nötigen Bewußtsein dafür.
Seehofer
Deutschland
2021-06-30T11:21:55+02:00
2021-06-30T11:25:10+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2021/seehofer-bemaengelt-deutsche-integrationsbemuehungen/
AfD-Veranstaltung: Linkspartei bedrängt Gastwirt
IDAR-OBERSTEIN. Die rheinland-pfälzische AfD hat der Linkspartei vorgeworfen, Geschäftsleute einzuschüchtern, damit diese keine Räume an die Partei vermieten. Nun zeige sich, „wieviel SED noch in ihr steckt“, sagte der AfD-Direktkandidat im Kreis Birkenfeld, Mario Kuhn. Solche Methoden hätten in der Politik nichts zu suchen, betonte Kuhn. Hintergrund ist eine geplante Veranstaltung der Partei in einem Hotel in Idar-Oberstein mit dem Thema „Wege aus der Asylkrise“. Als Redner wurde der Bremer Bürgerschaftsabgeordnete Alexander Tassis angekündigt. Der Sprecher des Ortsverband der Linkspartei schickte dem Hotel, in dem Tassis sprechen sollte, daraufhin ein Schreiben, in dem es heißt: „Wir hoffen, daß Sie diese Veranstaltung absagen, da wir ansonsten öffentlich zum Protest aufrufen müssen.“ Linkspartei beklagt Drohungen Gerade zur jetzigen Zeit, „in der der braune Mob durch die Straßen marschiert und es tagtäglich zu Gewalt gegen Flüchtlinge, Humanisten, Linke und Menschen anderer Nationen kommt, darf man rechten Parteien wie der AfD keine Plattform geben“, drohte Ortsverbandschef Jens Schneider. ‘ Die Linksjugend zeigte sich nun empört darüber, daß das Schreiben publik wurde. Dies sei nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen, kritisierte der Jugendverband Solid. Zudem würde der Ortsvorsitzende nun bedroht. „Wir solidarisieren uns ausdrücklich mit dem Linksjugend-Aktivisten aus Idar-Oberstein und verurteilen das Vorgehen der AfD als auch das des Hotels. Mittlerweile hat sich der Aktivist zurückgezogen, weil er selbst um sein Leben fürchtet.“ Zugleich rief der Nachwuchsverband zu einer Demonstration vor dem Tagungsort auf. „Gerade in einer Zeit, wo immer mehr Flüchtlingsheime brennen, fast 300 Nazis untergetaucht sind und antisemitische und antimuslimische Sprüche zunehmen, müssen demokratische Organisationen zusammenstehen.“ Rassismus sei keine Meinung, „sondern ein Verbrechen“. Auch FDP, Grüne und SPD riefen zum Gegenprotest auf. (ho)
JF-Online
Die AfD hat der Linkspartei vorgeworfen, Geschäftsleute einzuschüchtern, damit diese keine Räume an die Partei vermieten. Ein Linken-Politiker hatte zuvor wegen einer geplanten AfD-Veranstaltung an einen Gastwirt geschrieben: „Wir hoffen, daß Sie diese Veranstaltung absagen, da wir ansonsten öffentlich zum Protest aufrufen müssen.“
Deutschland
2016-01-27T16:13:05+01:00
2016-01-27T16:53:51+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2016/afd-veranstaltung-linkspartei-bedraengt-gastwirt/
Migranten-Journalisten werfen Talksendungen Panikmache vor
BERLIN. Die „Neuen Deutschen Medienmacher“ haben mehrere Talksendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für den Negativpreis „Goldene Kartoffel“ nominiert. Damit zeichnet die Vereinigung Journalisten und Medien aus, denen sie vorwirft, ein verzerrtes Bild der multikulturellen Einwanderungsgesellschaft zu malen und damit verbundene Probleme und Konflikte zu übertreiben. In diesem Jahr wollen die „Neuen Deutschen Medienmacher“ den Preis an Frank Plasberg („Hart aber Fair“, ARD), Sandra Maischberger („Maischberger“, ARD), Anne Will („Anne Will“, ARD) und Maybrit Illner („Maybrit Illner“, ZDF) vergeben. Als Begründung führt die Vereinigung an, die Talkrunden des öffentlich-rechtlichen Rundfunks würden immer wieder Rechtsradikale und Rassisten zu Wort kommen lassen. Rassismus werde als ganz gewöhnlicher Standpunkt behandelt. Vertreter ethnischer und religiöser Minderheiten würden hingegen kaum eingeladen. So falle die Gästeauswahl häufig durch „Diverstitätsmangel“ auf. Vorurteile und Panikmache Zudem förderten die Talk-Shows Klischees, anstatt diese abzubauen. „Die Sendungen zu den Themen rund um Migration, Geflüchtete und Islam zeichnen sich durch Vorurteile und Panikmache aus. Fast immer geht es um Extremismus, Kriminalität und andere Bedrohungen durch Migrant*innen und ihre Nachkommen“, heißt es in einer Mitteilung der „Neuen Deutschen Medienmacher“ zur geplanten Preisverleihung. Im vergangen Jahr hatte die Organisation Bild-Chefredakteur Julian Reichelt mit der „Goldenen Kartoffel“ ausgezeichnet. Das Blatt stehe „für Unsachlichkeit, Vorurteile und Panikmache, wenn es um die Themen Integration, Migration und Asyl geht, für doppelte Standards in der Berichterstattung über Menschen mit und ohne Migrationshintergrund und für einen stark ethnozentrischen Blick auf unsere Einwanderungsgesellschaft und deren Herausforderungen“, beklagten die Medienmacher damals. Die „Neuen deutschen Medienmacher“ sind ein Verein, der sich als „Interessenvertretung für Medienschaffende mit Migrationsgeschichte“ versteht und für eine „ausgewogene Berichterstattung“ eintritt, „die das Einwanderungsland Deutschland adäquat wiedergibt“. Finanziert durch staatliche Fördergelder Dem Vorstand des Vereins gehört unter anderem die türkischstämmige Journalistin Ferda Ataman an, ebenso wie die frühere Sprecherin von Alt-Bundespräsident Joachim Gauck, Ferdos Forudastan. Allerdings sind nicht alle Journalisten mit Migrationshintergrund in der Vereinigung erwünscht. In der Vergangenheit machten die „Neuen Deutschen Medienmacher“ unter anderem als Sprachwärter auf sich aufmerksam, die Journalisten vorscheiben wollten, wie diese über die Asylkrise zu berichten hätten. Statt „Flüchtlingswelle“ solle man „Zuzug“ schreiben, statt „Asylant“ lieber „Schutzsuchender“. Und für Menschen aus Einwandererfamilien empfehle sich der Begriff „Diverskulturelle“. Finanziert wird der Verein auch durch staatliche Gelder. So erhielt er beispielsweise in den vergangenen Jahren von der Bundesregierung mehr als zwei Millionen Euro. „Hart aber fair“ nimmt Preis an, „Maischberger“ lehnt ab „Hart aber fair“ teilte auf Nachfrage der JUNGEN FREIHEIT mit: „Die Redaktion von ‘Hart aber fair’ hat sich entschieden, den Preis anzunehmen, wird zu der Verleihung aber nicht kommen können.“ Die Redaktion werde sich wie bei jeder Kritik auch hiermit „intensiv auseinandersetzen“. Da die Vorwürfe aber „insgesamt sehr pauschal formuliert und in einigen Punkten nicht nachvollziehbar sind, hat die Redaktion die Preis-Jury des Vereins zu einem offenen und konstruktiven Austausch nach Köln eingeladen“. Die Redaktion von „Maischberger“ habe sich dagegen entschieden, den Preis nicht anzunehmen. Auch sie lud die Jury auf ein Gespräch ein. „Maybrit Illner“ weist Vorwürfe zurück „Maybrit Illner“ und ihr Team haben die Vorwürfe der Migranten-Vereinigung in einer Stellungnahme zurückgewiesen. „In unserer Sendung sind Rassismus und Antisemitismus nie behandelt worden ‘wie jeder andere Standpunkt auch’.“ Es sei für die Redaktion „eine Selbstverständlichkeit, Menschen mit internationaler Geschichte bzw. Migrationshintergrund zu aktuellen Themen einzuladen“. Die Moderatorin Maybritt Illner könne nicht zur Preisverleihung, sie lud die „Medienmacher“ aber zu einem Gespräch in die Redaktion ein. „Und ganz grundsätzlich nehmen wir nur Preise an, die wir verdient haben.“ Auch „Anne Will“ lehnt den Preis ab. (krk/ls)
JF-Online
Die „Neuen Deutschen Medienmacher“ haben mehrere Talksendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für den Negativpreis „Goldene Kartoffel“ nominiert. Moderatoren wie Frank Plasberg und Sandra Maischberger ließen Rechtsradikale zu Wort kommen und zeichneten ein verzerrtes Bild der multikulturellen Einwanderungsgesellschaft.
Medien
2019-10-29T15:26:40+01:00
2019-10-30T10:51:27+01:00
https://jungefreiheit.de/kultur/medien/2019/migranten-journalisten-werfen-talksendungen-panikmache-vor/
„Ich habe keine Lust auf Frankfurter Zustände“
BERLIN. Der Schriftsteller Uwe Tellkamp hat eine Veränderung der demographischen Entwicklung in Deutschland aufgrund von Migration moniert. Wenn es sich bei der Bundesrepublik um die Deutsche Bahn handeln würde, sei „Personalwechsel“ das treffende Wort dafür, was hierzulande geschehe, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Da er aus Dresden komme, werde ihm immer vorgeworfen, er könne über zu dem Thema gar kein Urteil fällen, da es dort keine „Fremden“ gebe. Er reise aber viel herum und kenne die Zustände in anderen Städten. „Ich will nicht wie Frankfurt werden, ich habe keine Lust auf Frankfurter Zustände“, betonte er. Er sei kein Ausländerhasser oder Fremdenfeind, aber zu dieser Auffassung stehe er in „in aller Härte“. „Ich hätte gerne unter Beachtung und Achtung anderer Kulturen meine erhalten.“ Er müsse sich aber dafür rechtfertigen, Deutscher zu sein. Er beobachte zudem, wie die Grünen vermeintlich versuchten, der Gesellschaft ihre Weltsicht aufzuzwingen. „Und das können sie, weil viele Medien mit ihnen gemeinsames Spiel machen“, kritisierte Tellkamp. Oftmals heiße es von Parteien mit Blick auf die AfD „Wir Demokraten koalieren nicht mit Antidemokraten.“ Er frage sich, wer festlege, wer dazu zähle und wer nicht. Das „Eindreschen“ auf die AfD löse bei ihm den Reflex aus, die Partei in Schutz zu nehmen, auch wenn er viele ihrer Ansichten nicht teile. In Wahrheit denke die FDP genauso über Identitätspolitik wie die AfD, sie fürchte sie sich aber vor dem, was ihr blühe, wenn sie dazu stehe. „Die FDP hat so getan, als gäbe es mit ihr eine Grundsatzopposition gegen die Merkel-Welt, und das sei sie selbst, und die AfD sei was ganz Extremes, ganz anderes. Das stimmt so nicht“, bemängelte er. Auch Pegida-Anhänger würden immer wieder verunglimpft. Er beobachte bei Demonstrationen „die gesellschaftliche Mitte“ und keine Idioten. „Aber die Darstellung dieser Leute als extremer Rand, als Nazis oder sonst was, das ist das, was die Leute aufbringt“, gab Tellkamp zu Bedenken. (zit)
JF-Online
Der Schriftsteller Uwe Tellkamp holt zum Rundumschlag gegen die politische Korrektheit aus. In einem Interview knöpft er sich die Grünen vor und erklärt, warum er keine Lust mehr hat, sich dafür zu rechtfertigen, Deutscher zu sein.
Zustände,Tellkamp
Gesellschaft
2022-05-15T17:47:37+02:00
2022-05-16T13:20:19+02:00
https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2022/frankfurter-zustaende-tellkamp/
Nordrhein-Westfalen gönnt sich weitere Aussteigerprogramme
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Peter Hemmelrath
Angesichts unterschiedlicher Arten des Extremismus gibt es in Nordrhein-Westfalen verschiedene Aussteigerprogramme. Da lohnt ein Blick, was diese den Staat kosten – und natürlich, wie erfolgreich sie eigentlich sind. Doch das könnte für die Verantwortlichen wenig schmeichelhaft sein.
Aussteigerprogramm
Deutschland
2023-08-01T15:38:43+02:00
2023-08-01T15:38:43+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/nrw-aussteigerprogramm/
IWF empfiehlt Deutschland Steuererhöhungen
WASHINGTON. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hält die Steuern in Deutschland für zu niedrig. „In vielen entwickelten Nationen scheint es Spielräume zu geben, mehr Einnahmen an der Spitze der Einkommensverteilung zu erzielen, falls dies erwünscht ist“, heißt es in einer IWF-Studie. Konkret sei unter anderem eine Erhöhung der Mehrwertsteuer und Einkommensteuer möglich. Betreibe die Bundesrepublik eine ähnliche Politik, wie etwa Frankreich und andere vergleichbare Staaten, würde die Steuerlast für die Bürger um 3,1 Prozent der Wirtschaftsleistung – etwa 80 Milliarden Euro – steigen. Den idealen Spitzensteuersatz sieht der Währungsfonds bei 55 bis 70 Prozent. Derzeit liegt er in Deutschland bei etwa 45 Prozent. Die Frage nach höheren Steuern ist auch einer der Streitpunkte in den Sondierungsgesprächen von Union und SPD über eine neue Regierung. Während CDU und CSU diese strikt ablehnen, sprachen sich die Sozialdemokraten während des Wahlkampfes für einen höheren Spitzensteuersatz aus. Zuletzt hatten einige SPD-Politiker jedoch gesagt, Steuererhöhungen seien keine Bedingung für eine gemeinsame Koalition. (ho)
JF-Online
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hält die Steuern in Deutschland für zu niedrig. „In vielen entwickelten Nationen scheint es Spielräume zu geben, mehr Einnahmen an der Spitze der Einkommensverteilung zu erzielen, falls dies erwünscht ist.“ Dabei geht es auch um die Mehrwertsteuer.
Wirtschaft
2013-10-16T16:46:00+02:00
2013-12-03T18:45:52+01:00
https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2013/iwf-empfiehlt-deutschland-steuererhoehungen/
Bei den Ostdeutschen beißen Tugendwächter auf Granit
Kein Witz, aber am Tag der Deutschen Einheit 2017 wird über eine neue Spaltung des seit 1990 vereinigten Landes diskutiert. Ernsthaft. Anlaß ist das im positiven Sinne nachhaltige Wahlergebnis vom 24. September. Genauer gesagt geht es um den Wahlerfolg der AfD. Nach der Deutschen Partei Ende der fünfziger Jahre ist erstmals einer Partei rechts von der Union der Einzug in den Bundestag gelungen. Noch immer sind viele Politiker und Journalisten fassungslos, betreiben Ursachenforschung. Wie so oft, wenn nach ihrem Verständnis politisch etwas schiefläuft, sind die bösen Ossis schuld. Insbesondere der ostdeutsche Mann ist in den Fokus geraten, der nach Angaben der Meinungsforscher besonders häufig sein Kreuzchen bei der AfD gemacht hat. Aus Protest, Unzufriedenheit, Frust? Tugendwächter haben in Ostdeutschland keine Chance Bereits vor einem Jahr war während der heftigen Demonstrationen auf der zentralen Einheitsfeier in Dresden deutlich geworden, daß nicht alle Menschen dem späteren CDU-Wahlslogan folgend „gut und gerne in Deutschland leben“. Mögliche Ursachen sind häufig benannt worden: Fehlende Renteneinheit, westdeutsche Arroganz, Abwertung ostdeutscher Biographien. Und seit Herbst 2015 die Flüchtlingskrise. Die Einwanderung von über einer Million Menschen aus fremden Kulturkreisen besorgt die Menschen zwischen Kap Arkona und dem Erzgebirge. Zu Recht. Die revolutionserfahrenen Ostdeutschen haben offenbar einen schärferen Blick als die Westdeutschen dafür, wie sich das Land seitdem verändert hat. Zum Nachteil. Nicht nur in Berlin-Neukölln oder Duisburg-Marxloh, wo kriminelle Clans den Alltag prägen und die Polizei auf dem Rückzug ist. Anders als viele Westdeutsche lassen sich die Ostdeutschen nicht einreden, Scharia-Richter und Parallelgesellschaften seien in Folge einer globalisierten Welt hinzunehmen. Es muß möglich sein, die massiven Probleme muslimischer Einwanderer deutlich anzusprechen. Die Fesseln der Politischen Korrektheit mögen in Frankfurt am Main wirken, in Frankfurt an der Oder ist es um die Deutungshoheit der Tugendwächter schlecht bestellt. Dort wird Klartext geredet und dementsprechend abgestimmt. In Westdeutschland dagegen scheinen viele Menschen entwöhnt, der veröffentlichten, meist moralisch aufgeladenen Meinung zu widersprechen. Die „Flüchtlingskanzlerin“ Angela Merkel hat Deutschland und Europa gespalten Das ist sicher ein Unterschied, der am Wahltag sichtbar geworden ist. Das ist aber keine Spaltung zwischen Ost und West, denn die AfD hat auch im Westen gut abgeschnitten, ist ein gesamtdeutsches Phänomen. Das gesamte Land und Europa gespalten hat vielmehr die „Flüchtlingskanzlerin“ Angela Merkel. Ihr skandalöses Eingeständnis, es „liege nicht in unserer Macht, wie viele nach Deutschland kommen“, hat ihr Totalversagen offenbart. Ein in Ost und West unterschiedliches Wahlergebnis taugt also nicht, um am Nationalfeiertag eine Spaltung herbeizureden. 28 Jahre hat der Todesstreifen die Deutschen getrennt, vor 28 Jahren ist die Mauer gefallen. Dieses historische Ereignis war, ist und bleibt ein Grund zur Freude, ungeachtet tagespolitischer Aufgeregtheiten und Empörungen.
Jörg Kürschner
Die Ostdeutschen haben einen schärferen Blick dafür, wie sich das Land unter Angela Merkel zum Negativen verändert hat. Im Osten wird noch Klartext geredet, Politische Korrektheit hat hier keine Chance. Mit einer Spaltung des Landes hat das aber nichts zu tun. Ein Kommentar von Jörg Kürschner.
Kommentar
2017-10-03T08:29:35+02:00
2017-10-04T10:27:07+02:00
https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2017/bei-den-ostdeutschen-beissen-tugendwaechter-auf-granit/
Nahles: „Die Hälfte der Welt gehört Frauen – und damit auch die Sitze“
BERLIN. SPD- und Fraktionschefin Andrea Nahles hat eine überparteiliche Initiative zur Änderung des Wahlrechts zu Gunsten von Frauen angekündigt. 1919 habe die erste Frau in der Weimarer Nationalversammlung eine Rede gehalten, 100 Jahre später liege der Frauenanteil im Parlament bei knapp 31 Prozent – „das ist ein Unding“, sagte Nahles der Rheinischen Post. Deshalb werde nun über „überparteiliche gesetzliche Maßnahmen“ diskutiert, mit denen die Teilhabe von Frauen in den Parlamenten erhöht werden könnten. „Unser Ziel ist die Parität. Denn die Hälfte der Welt gehört den Frauen – und damit auch die Hälfte der Parlamentssitze.“ Unionsfraktion offen für Frauenquote Am Donnerstag waren erstmals Vertreter aller Fraktionen außer der AfD zusammengekommen, um über ein gemeinsames Paritätsgesetz zu diskutieren. Weitere Termine seien vereinbart worden. Brandenburg hatte Ende Januar als erstes Bundesland beschlossen, daß Parteien künftig gleich viele Frauen und Männer als Kandidaten aufstellen müssen. Der Landtag billigte dies mit den Stimmen der Koalition aus SPD, Linkspartei und Grünen. CDU und AfD stimmten dagegen. Im Bundestag steht die Union einer Frauenquote offen gegenüber. Es stimme sie traurig, „daß der Frauenanteil im Deutschen Bundestag aktuell nur bei 30 Prozent liegt“, sagte die Vorsitzende der Gruppe der Frauen der Unionsfraktion im Bundestag, Yvonne Magwas, Mitte Januar. Es sei „klug und zukunftsorientiert“, wenn mehr Frauen in den Parlamenten mitarbeiteten. „Das muß präsentes Dauerthema sein.“ (ls)
JF-Online
SPD- und Fraktionschefin Andrea Nahles hat eine überparteiliche Initiative zur Änderung des Wahlrechts zu Gunsten von Frauen angekündigt. 1919 habe die erste Frau in der Weimarer Nationalversammlung eine Rede gehalten, 100 Jahre später liege der Frauenanteil im Parlament bei knapp 31 Prozent – „das ist ein Unding“.
Deutschland
2019-02-18T10:49:20+01:00
2019-02-18T11:49:13+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2019/nahles-die-haelfte-der-welt-gehoert-frauen-und-damit-auch-die-sitze/
Im Käfig
Für mich war der 8. Mai 1945 einer unter vielen Tagen im Massenlager Rheinberg. Was das bedeutet? Jedenfalls nicht „Befreiung“, auch nicht bloß „Niederlage“. Man haust als 18-jähriger, eben noch idealistischer Offiziersanwärter, für unabsehbare Zeit in einer Erdlochkolonie. Das Loch ist mittels Konservendose in ein kahles Feld gegraben, oben körperbreit, unten körperlang. Uniform und Brotbeutel vorhanden, keine Kappe, keine Decke, kein Mantel. Regnerisches, sehr kühles Wetter, etwas Sonne. Manchmal steigst du raus, siehst weithin halbwegs deckende Löcher, ansonsten offene Gruben, darüber ein Gewimmel stehender, sitzender, schlendernder Schicksalsgefährten. Kein Bekannter. Keiner ist auch nur registriert. Du schlenderst hindurch, zu den Wasserhähnen am Hochbehälter, zu der wabbelnden Scheißgrube am hohen Stacheldraht. Nebenan ein weiterer Drahtzaun, eine weitere Kolonie. Alles von schußbereiten, bestens genährten Amis bewacht. Wie du mitkriegst, lebst du in einem Haufen von 10.000 Leuten, der von 9 weiteren gleichbestückten Lagern umgeben ist. Jede der 10 Kolonien heißt im US-Jargon „cage“ (Käfig). Noch lebst du irgendwie. Aber du kriegst mit, daß da mal wieder auf Kameraden die Erde draufgefallen ist, die einfach so umgefallen oder in der Scheißgrube verreckt sind. Einmal siehst du morgens sogar selbst noch den durchschnittenen Stacheldraht, hörst vom tödlich mißglückten Ausbruchsversuch. Vielleicht auch selbst es wagen? Doch wie lebst du länger? Also ergibt es sich, daß du am nächsten Morgen wieder mit antrittst zum Essenempfang. Hunderterblocks, je Block eine Tagesration zum Verteilen, sehr wenig und roh, vier starre Maccaroni pro Nase, 1 Keks. Dann wieder ins Loch, namenlos, ratlos, aussichtslos. An zu Hause denken, immer wieder ein Stück vom verwahrten Rosenkranz beten. So war jener 8. Mai 1945, den ich erlebte. Verelendung, Nivellierung, Zusammenbruch der Person, bei mir statt Verzweiflung noch Jenseitshalt. Hermann Biermann, Bielefeld
JF-Online
Für mich war der 8. Mai 1945 einer unter vielen Tagen im Massenlager Rheinberg. Was das bedeutet? Jedenfalls nicht "Befreiung", auch nicht bloß "Niederlage".
Geschichte
2005-05-06T00:00:00+02:00
2005-05-06T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/wissen/geschichte/2005/im-kaefig/
Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger in den Zivildienst?
Da die Bundesregierung den Wehrdienst aufgrund des begrenzten Einzugs von Wehrpflichtigen auf kaltem Wege abschafft, ist auch der Zivildienst, der als Ersatz der Wehrpflicht gilt, gefährdet. Deshalb wird bei der personellen Besetzung der Zivildienststellen ein erheblicher Engpaß in den verschiedenen Bereichen eintreten. Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger, welche Leistungen der Allgemeinheit erhalten, haben die Pflicht, dafür auch eine Leistung zu erbringen. Dazu eignen sich Zivildienststellen. Um die Aufgaben in diesen Einrichtungen zu erfüllen, stelle ich die Forderung auf, daß Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger verstärkt auch in solche Stellen vermittelt werden. Dies ist diesem Personenkreis zumutbar, und auch Anbieter von Zivildienststellen haben die Pflicht, eine entsprechende Einarbeitung zu gewähren. Die Kritik von Sozialverbänden an diesem Vorschlag ist für mich nicht nachvollziehbar. Die Motivation von Zivildienstleistenden ist für mich nicht unbedingt höher anzusiedeln als die Langzeitarbeitsloser. Manch mangelnde Qualifikation muß den Zivis und auch den Langzeitarbeitslosen und Sozialhilfeempfängern vermittelt werden. Auf freiwilliger Basis wären die Zivildienststellen mit Sicherheit nicht einmal zu fünf Prozent besetzt. Im Natur- und Umweltschutzbereich, bei Verbänden und kirchlichen Einrichtungen werden oft Stellen angeboten, die handwerkliches Können erfordern wie zum Beispiel die Pflege von Biotopen. Diese Einsätze sollen Langzeitarbeitslose auch als Chance der Wiedereingliederung in ein reguläres Berufsleben verstehen und begreifen. Deshalb ist es sinnvoll, Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger in Zivildienststellen zu vermitteln. Max Straubinger ist CSU-Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Arbeit. Wir haben 1,5 Millionen Langzeitarbeitslose in Deutschland, überwiegend sind diese über 50 oder sogar über 55 Jahre alt. Die sollen nun plötzlich Putzarbeiten verrichten, die sonst Aushilfskräfte oder 400-Euro-Kräfte ausführen? Man müßte dann ja wiederum diese Menschen entlassen. Zusätzlich bleibt die Frage, ob Leute – obwohl sie nicht mehr in den Betrieben arbeiten dürfen – so flexibel und in der Lage sind, um Arbeiten zu verrichten, die Zivildienstleistende machen: Essen auszufahren, Kranke zu transportieren oder hilfsbedürftige Rentner in Altersheimen zu betreuen. Es ist keine Lösung, die Langzeitarbeitslosen jetzt in Zivildienststellen einzusetzen. Langfristig muß das Ziel doch sein, den Dauerzustand der Langzeitarbeitslosigkeit zu beenden. Ich hoffe, daß die Wirtschaft und die Arbeitgeberverbände endlich dazu kommen, wieder mehr Menschen über 50 und 55 zu beschäftigen. Wir haben doch momentan den Zustand, daß Betriebe keine Mitarbeiter über 50 mehr einstellen – dort muß der Hebel angesetzt werden! Die Zivildienstleistenden verrichten eine Arbeit und lernen dabei auch für ihr Leben. Sie lernen beispielsweise soziale Kompetenz, wie ich aus vielen Gesprächen und Diskussionen erfahren habe. Viele von ihnen sagen mir, daß sie zu Beginn oft wenig begeistert über die Tätigkeiten gewesen seien, aber im Rückblick für das Leben sehr viel gelernt hätten, so daß sie diese Zeit nicht missen möchten. Ein großer Teil dieser jungen Menschen wäre ansonsten nie mit soviel sozialen Lebenswirklichkeiten konfrontiert worden. Setzt man nun hochqualifizierte ältere Arbeitslose für diese Dienstleistungen ein, ist noch ein weiterer Effekt von großem Nachteil: Fachkräfte, die Hilfsarbeiten verrichten, fehlen dem Markt ersatzlos! Walter Hirrlinger ist Präsident des Sozialverbandes VdK Deutschland e. V. und war von 1968 bis 1974 Arbeits- und Sozialminister der SPD in Baden-Württemberg.
JF-Online
Da die Bundesregierung den Wehrdienst aufgrund des begrenzten Einzugs von Wehrpflichtigen auf kaltem Wege abschafft, ist auch der Zivildienst, der als Ersatz
Debatte
2004-02-20T00:00:00+01:00
2004-02-20T00:00:00+01:00
https://jungefreiheit.de/debatte/2004/arbeitslose-und-sozialhilfeempfaenger-in-den-zivildienst/
CDU wird stärkste Partei, Linkspartei vor SPD
MAGDEBURG. Die CDU ist bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt stärkste Partei geworden. Sie kam mit ihrem Spitzenkandidaten Rainer Haseloff nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis auf 32,5 Prozent der Stimmen, mußte aber Verluste hinnehmen (minus 3,7 Prozent). Zweitstärkste Kraft wurde die Linkspartei mit 23,7 Prozent (minus 0,4 Prozent). Die SPD gewann leicht (plus 0,1 Prozent) und kam auf 21,5 Prozent der Stimmen. Die Grünen konnten Gewinne verzeichnen (plus 3,5) und schafften mit 7,1 Prozent den Sprung ins Parlament. NPD und FDP scheitern an Fünf-Prozent-Hürde Die FDP wird mit 3,8 Prozent (minus 2,9) nicht mehr im Landtag von Magdeburg vertreten sein. Auch die NPD scheiterte mit 4,6 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde. Die übrigen Parteien kamen auf 6,7 Prozent. Davon konnten die Freien Wähler 2,8, die Tierschutzpartei 1,6 und die Piratenpartei 1,4 Prozent für sich verbuchen. Die Wahlbeteiligung lag bei 51,2 Prozent und war damit höher als 2006 (44,4 Prozent). Nach dem derzeitigen Ergebnis könnten CDU und SPD die bisherige Große Koalition fortsetzen. Rechnerisch wäre zwar auch eine Regierung aus Linkspartei und SPD möglich, erste Äußerungen von Vertretern von CDU und SPD deuten jedoch darauf hin, daß die beiden Parteien auch in der neuen Legislaturperiode miteinander koalieren. (krk)
JF-Online
Die CDU ist bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt nach ersten Hochrechnungen stärkste Partei geworden. Zweitstärkste Kraft wurde die Linkspartei, gefolgt von der SPD. Die Grünen konnten Gewinne verzeichnen und schafften den Sprung in den Landtag. FDP und NPD scheiterten dagegen an der Fünf-Prozent-Hürde.
Deutschland
2011-03-20T18:00:00+01:00
2013-12-03T19:26:45+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2011/cdu-wird-staerkste-partei-linkspartei-vor-spd/
237 Gründe
Glauben Sie als Mann auch, daß Ihre Frau aus Liebe und Spaß mit ihnen Sex hat? Tja, da scheinen wir Männer schief gewickelt zu sein. Die wahren Gründe liegen wesentlich tiefer. Zumindest behaupten dies Cindy Meston und David Buss von der University of Texas in Austin. Ausgangslage ihrer Untersuchung ist die Frage, warum Frauen Sex haben. Zwar gibt es eine Vielzahl von Studien zu dem Thema, doch bleibt die Frage nach dem Motiv meist unbeantwortet. Die Gründe, warum Frauen Sex anbieten, sind sehr vielfältig. Frauen haben Sex, um ihren Mann zu belohnen, weil er den Müll heruntergetragen hat, oder sie sich zeigen sich auf diese Weise für teure Geschenke erkenntlich. Frauen haben Sex mit den Freunden des eigenen Mannes, um ihn zu bestrafen, aus Mitleid oder weil ihnen langweilig ist. Andere Gründe sind: um Kalorien zu verbrennen, eine Gehaltserhöhung zu bewirken, aus Langeweile, weil sie Drogen genommen haben und um besser einzuschlafen. Ein bequemes Leben und Sicherheit in der Partnerschaft In ihrer groß angelegten Studie identifizierten die Wissenschaftler 237 verschiedene Gründe. Vor allem Männer hängen immer noch dem romantischen Klischee an, Frauen hätten Sex aus Lust und Liebe. Die Kernthese der Untersuchung: Sex ist ein Kapital, das Frauen gezielt einsetzen. Frauen nutzen Sex, um ein bequemes Leben und Sicherheit in der Partnerschaft zu haben, stellen die Psychologieprofessoren fest. Zwar wären Gründe wie Liebe und Zuneigung durchaus relevant, meist aber nur in den ersten Monaten der Beziehung. Im Laufe der Zeit verändere sich die Motivation mehr zur Optimierung des eigenen Nutzens. Trotzdem müssen wir Männer den Kopf nicht hängen lassen. Ein Drittel der Frauen hat immerhin Spaß dabei, und einige Frauen geben an, sie hätten Sex, um Gott ein Stück näher zu sein. Die ganze Studie kann man in folgendem Buch nachlesen:Cindy M. Meston und David M. Buss: Why Women Have Sex. Understanding Sexual Motivations From Adventure To Revenge, Euro 12.95
Frank Liebermann
Glauben Sie als Mann auch, daß Ihre Frau aus Liebe und Spaß mit ihnen Sex hat? Tja, da scheinen wir Männer schief gewickelt zu sein. Die wahren Gründe liegen
Kolumne
2010-02-19T12:02:00+01:00
2010-02-19T12:02:00+01:00
https://jungefreiheit.de/kolumne/2010/237-gruende/
RAF-Gemütlichkeit in Kreuzberg
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Christian Engelmann
Wenn man dreißig Jahre lang nach einer linksradikalen Terroristin fahndet und nicht daran denkt, in Kreuzberg zu suchen, entzaubert das viele der Mythen, die die Bundesrepublik, der Medienapparat und die autonome Szene über sich selbst gesponnen haben.
RAF
Deutschland
2024-02-29T15:43:04+01:00
2024-02-29T16:57:18+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2024/raf-gemuetlichkeit/
Minderheitenschutz kein Thema für EU
Die Zentralisierungswut Brüssels ist nicht unbegrenzt: Während sich die EU in immer mehr Lebensbereiche der Bürger einmischt, fühlt sie sich für elementare Minderheitenrechte nicht zuständig und versteckt sich hinter dem Subsidiaritätsprinzip. Das geht jedenfalls aus der Beantwortung einer schriftlichen Anfrage des Verfassers dieser Zeilen hervor, der wissen wollte, was die EU-Kommission zur Beendigung der offenkundigen Diskriminierung der deutschen Minderheit in Slowenien zu tun gedenkt. Daß Slowenien selbst die Aufstellung privater Tafeln in deutscher Sprache untersagt, ist offenbar mit den „europäischen Werten“ vereinbar. Der beschämend geringe Stellenwert der Minderheitenrechte in der „Wertegemeinschaft“ EU ist ein weiteres Zeugnis dafür, daß die in der EU-Grundrechtscharta festgeschriebene Achtung der Vielfalt der Kulturen und Sprachen nicht mehr als eine Beruhigungspille für all jene ist, die sich für die Erhaltung der autochthonen Volksgruppen einsetzen. Wenn Brüssel seine Politik der Umwandlung der historisch gewachsenen ethischen Vielfalt zu einer amorphen Masse fortsetzt, dann könnte der slowakische EU-Kommissar Ján Fígel, der auch für „Multilingualismus“ (Vielsprachigkeit) zuständig ist, schon bald einen Teil seines Geschäftsbereiches verlieren. Vertreter der slowenischen Minderheit in Kärnten wollen indessen, weil ihnen die großzügig eingeräumten Rechte noch nicht genug sind, nun den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und andere europäische Institutionen anrufen. Dabei wäre eigentlich Slowenien ein Fall für die Straßburger Menschenrechtshüter. Nicht nur, daß Slowenien im letzten Jahr ein Gesetz erlassen hat, das den strikten Gebrauch der slowenischen Sprache in allen Geschäftsbereichen vorsieht. Der Fall der Eröffnung des Kulturhauses der deutschen Altösterreicher in der einstigen Sprachinsel Gottschee (Kocevje) zeigt, daß die Verwendung des Deutschen zur Diffamierung als „staatsfeindlich“ durch die slowenische Öffentlichkeit führen kann. Der menschenverachtende Geist des Tito-Kommunismus ist also auch im EU-Mitgliedsland Slowenien immer noch quicklebendig. Eine besonders skandalöse Verletzung von Menschen- und Minderheitenrechten legt die Türkei an den Tag. Die dort lebende, etwa 100.000 Mitglieder umfassende christliche Gemeinde wird laut einer Aussage des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. als Bürger zweiter Klasse behandelt und ist der Willkür der türkischen Behörden schutzlos ausgeliefert. Für besondere Empörung sorgte die Entscheidung einer türkischen Behörde, eine zum Christentum konvertierte iranische Familie trotz offenkundiger Verfolgung abzuschieben. Diese beiden Beispiele zeigen nicht nur, welchen geringen Stellenwert die Achtung der Menschenrechte in Ankara hat. Sie zeigen vor allem ein weiteres Mal, daß in der Türkei das Christentum eine unerwünschte Religion ist. Die Reaktion der Brüsseler Nomenklatura auf diesen Skandal – nämlich Schweigen – ist nicht verwunderlich. Damit will die EU offenbar Ankara beweisen, daß sie kein christlicher Klub ist. Um das Ziel eines möglichst schnellen Türkei-Beitritts ja nicht zu gefährden, nimmt Brüssel in Kauf, daß die „europäischen Werte“ von einem Beitrittswerber mit Füßen getreten werden. Andreas Mölzer ist Chefredakteur der Wiener Wochenzeitung „Zur Zeit“ und seit 2004 FPÖ-Europaabgeordneter.
JF-Online
Die Zentralisierungswut Brüssels ist nicht unbegrenzt: Während sich die EU in immer mehr Lebensbereiche der Bürger einmischt, fühlt sie sich für elementare
Politik
2005-10-28T00:00:00+02:00
2005-10-28T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/2005/minderheitenschutz-kein-thema-fuer-eu/
Liebe Politiker, haltet doch einfach eine Armlänge Abstand
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Frank Hauke
Gibt es Innenministerkonferenzen, wenn Attentäter in Zügen um sich stechen, wenn Migranten massenhaft Frauen vergewaltigen? Nach Angriffen auf Wahlkämpfer soll es nun aber gar ein Zweiklassen-Strafrecht geben. Dabei könnten Politiker jetzt ihre Ratschläge ans Volk beherzigen.
Armlänge,politische Gewalt
Kommentar
2024-05-10T09:49:53+02:00
2024-05-10T10:03:34+02:00
https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2024/liebe-politiker-haltet-doch-einfach-eine-armlaenge-abstand/
Vertrauen verspielt
Gut lassen sich die Grenzen der DDR auf wahlgeographischen Karten erkennen – früher an den Stimmenanteilen der PDS, jetzt der AfD. Das hat nicht nur äußerlich miteinander zu tun. Den Verständnisschlüssel bietet die Beobachtung, daß die AfD dort besonders stark ist, wo früher die CDU dominierte. Sie war jene „das westdeutsche System aufzwingende“ Partei, gegen die einst die PDS ostdeutschem Protest seine Stimme verschaffte. Jetzt spielt die AfD diese Rolle, weil sich zwar die Umstände geändert haben, doch wiederum die CDU als jene Partei gilt, die Ostdeutschland unwillkommene Zustände beschert hat. Jahrelang gab es freilich wenig zu protestieren, weil Ostdeutschlands Landschaften eben doch zu blühen begannen, wenngleich mit etlichem Unkraut durchsetzt. Im Zug solcher Veralltäglichung des 1989/90 Ersehnten verlor die CDU an Anziehungskraft – zunächst im Norden der ehemaligen DDR, allmählich auch im Süden. An ihrer Statt rückte die PDS beziehungsweise die Linkspartei in so manche Landesregierung ein. Somit fehlte es jahrelang nicht nur an aktuellen Ursachen für Systemprotest, sondern auch an einer sprungbereiten Protestpartei. Das änderte sich, als die in Sachsen und Thüringen weiterhin starke CDU sich im Zug ihres Generationenwechsels zu einer selbstgefälligen Funktionärspartei wandelte. Zugleich führte die große Popularität der langjährigen CDU-Vorsitzenden und Kanzlerin vielfach zur Arroganz ihrer Paladine. Jedenfalls schien vielen CDU-Landespolitikern ihr Ansehen am Berliner Hof wertvoller als die Verwurzelung ihrer Partei im vorpolitischen Raum ihrer Länder oder als das Mitfühlen mit der Stimmungslage in den gerade nicht tonangebenden, doch am Wahltag mitbestimmenden Reihen der Gesellschaft. Doch Angela Merkel gründete ihre Popularität auf Demoskopie und auf spitzenjournalistisches Wohlwollen. Dadurch koppelte sie die von ihr geprägte CDU-Politik an mehrheitlich westdeutsche sowie an großstädtische Befindlichkeiten. Ostdeutschland hat aber ein anderes geschichtlich-kulturelles Profil als die westdeutschen Länder, und andere Großstädte grün-linker Prägung als Berlin oder Leipzig gibt es im Osten kaum. Also ging das Abheben der CDU vom Lebensgefühl der dort in überwiegend ländlichen Gebieten lebenden Bevölkerung nur so lange gut, wie Merkels Politik nicht in einen klaren Widerspruch zu den ostdeutschen Befindlichkeiten geriet. Das begann unscheinbar, als Angela Merkel 2013 beim Jubel über einen Wahlsieg ihrem Generalsekretär ein Deutschland-Fähnchen wegnahm und es beiseite legte wie einen ungehörigen Gegenstand. Doch in Ostdeutschland wollte man ja nicht deshalb los von Moskau, um dann die eigene Nationalität in der EU loszuwerden. Diesbezügliche Uneinsichtigkeit nicht nur der CDU-Führung wuchs sich aus zu einer die Partei nach unten ziehenden Vertrauenskrise, als Merkels Migrationspolitik von vielen (Ost-)Deutschen als grobe Verletzung ihrer Interessen wahrgenommen wurde, sie aber zu hören bekamen: Die Flüchtlinge sind nun einmal da, weitere werden kommen, und wer das kritisiert, erweist sich als Rassist oder Nazi. Diese Position machte sich – gemeinsam mit SPD und Grünen – aber die ganze offizielle CDU zu eigen. Das erlaubte es der AfD, sich als einziger Gegenpol zur CDU aufzubauen. Bald lagerte sie um das Migrationsthema alles nur Erdenkliche an Systemprotest. Das gelang, weil der sozialdemokratisierende und vergrünende Kurs der Merkel-CDU gar nicht wenige nicht-linke und nicht-mittige Leute politisch heimatlos machte, also rechts von der CDU eine Repräsentationslücke aufreißen ließ. Wie groß diese war, zeigten im Frühjahr 2016 die spektakulären Wahlerfolge der AfD bei ostdeutschen Landtagswahlen. Sie zogen auch im Westen die AfD merklich nach oben. Gemäß den Wählerwanderungsanalysen kamen jene AfD-Stimmen in sehr großem Umfang aus den Reihen früherer CDU-Wähler und Nichtwähler. In dieser Lage hätte die CDU überlegen können, warum sie – im Osten heftig, im Westen immerhin fühlbar – an die AfD verlor. Doch aus drei Gründen vermied die CDU solches Nachdenken. Erstens glaubte man: Wenn der politische Kurs der Kanzlerin mit Stimmenverlusten einherging, dann lag das daran, daß politisch zurückgebliebene Ostdeutsche dessen Weisheit einfach nicht verstanden. Also war nicht der Kurs zu ändern, sondern die Kritik abzuweisen. Zweitens machte man sich das bequeme Deutungsschema zu eigen, daß der große Zuspruch für die AfD in den neuen Bundesländern nicht auf diskutable Einwände gegen Merkels Politik zurückgehe, sondern auf weitverbreiteten Rassismus und Faschismus. Den „bediene“ die AfD, weshalb man ihr am besten mit einem entschlossenen „Kampf gegen rechts“ entgegentrete. Also setzten sich ostdeutsche CDU-Politiker nicht nur scharf ab von der AfD als Partei, sondern auch von ihren Wählern. Drittens glaubten CDU-Landespolitiker fest, sie könnten durch „stabiles Regieren“ – notfalls eben mit Sozialdemokraten oder Grünen – die Wählerschaft davon überzeugen, die CDU wäre eigentlich der politische Stabilitätsanker „in der Mitte“. Man wollte einfach nicht glauben, daß die CDU von großen Teilen ihrer abwandernden ostdeutschen Wählerschaft inzwischen als Partei der linken Mitte wahrgenommen wird. Den Aufstieg der AfD erkannten sie deshalb nicht als Warnsignal an die eigene Adresse. Für solche Uneinsichtigkeit wurden sie nun bestraft. Gegen die CDU gerichteter Protest fand so in Ostdeutschland seine neue, wohl dauerhafte Partei – gerade dort, wo man der CDU früher geradezu kindlich vertraut hatte. Und nachdem die CDU so unbedarft einen Großteil ihrer Stammkundschaft verprellt hatte, wurde sie nun auch noch von jener Laufkundschaft verlassen, die Angela Merkel aus den Reihen sozialdemokratisch und grün Gesinnter angezogen hatte. Man wählte nämlich lieber das Original als die CDU-Kopie. Tatsächlich ist dieses für die Union üble Ende einer grandiosen politikstrategischen Fehlleistung längst vorhergesagt worden. Doch wer nicht hören will, muß eben fühlen. ———— Werner J. Patzelt ist emeritierter Lehrstuhlinhaber für Politikwissenschaft an der TU Dresden. JF 40/21
Werner J. Patzelt
Gut lassen sich die Grenzen der DDR auf wahlgeographischen Karten erkennen – früher an den Stimmenanteilen der PDS, jetzt der AfD. Das hat nicht nur äußerlich miteinander zu tun. So wurde die CDU für ihre Uneinsichtigkeit bei der aktuellen Bundestagswahl abgestraft. Ein Kommentar.
Bundestagswahl
Kommentar
2021-10-03T07:54:09+02:00
2021-10-03T07:57:09+02:00
https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2021/ostdeutschland-bundestagswahl/
Die Folgen der Pariser Terrornacht
Am 13. November 2015 verübten Selbstmordattentäter im Auftrag der Terrorgruppe Islamischer Staat Anschläge in Paris. Sie stürmten ins Bataclan-Theater, in Cafés, Restaurants, Bistros nahe des Stade de France und ermordeten 130 Menschen. Wahllos töteten sie ihre Opfer. Der Angriff hätte jeden treffen können. Dies alles geschah kein Jahr nach dem Angriff auf die Redaktion des Satiremagazins „Charlie Hebdo“, bei dem Islamisten Rache für die Mohammed-Karikaturen üben wollten. Paris, die Stadt der Liebe, verwandelte sich in einen Schauplatz des Schreckens. Avshalom (Eli Ben David), der Hauptprotagonist der Serie „The Attaché“, hätte sich keinen schlechteren Tag für seine Ankunft in Paris aussuchen können. Dorthin war er seiner Frau Annabelle gefolgt, gespielt von der französischen Schauspielerin Héloïse Godet. Diese hat eine Anstellung als Kultur Attaché in der israelischen Botschaft in Paris angenommen. In Israel verdiente Avshalom seinen Lebensunterhalt für sich, seine Frau und den gemeinsamen Sohn Uri (Ilay Lax) als Musiker einer bekannten Band. Er unterstützt die Pläne seiner Frau. Trotzdem fremdelt er mit seiner neuen Umgebung und fühlt sich sichtlich fehl am Platze, als nach seiner Ankunft die Botschaft in Paris einen Empfangsparty zu seinen Ehren schmeißt. Kurz darauf wird ihm jedoch nonchalant per Telefon von seinen Musikerkollegen mitgeteilt, daß er zur Fertigstellung des neuen Albums nicht gebraucht werde. Damit hat er nicht nur seine komplette Musikausrüstung vergebens mitgebracht, er ist auch plötzlich arbeitslos. Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden. Mehr Informationen Als ob das noch nicht genug wäre, entflammt ein Streit zwischen Annabelle und ihm, die ihm Undankbarkeit vorwirft. Wie ein geprügelter Hund streift er allein durch die Straßen von Paris und gerät unvermittelt in die ausbrechende Panik der Anschlagsnacht. Die Folgen dieser Terrorattacke bleiben nicht folgenlos für das Familienleben. Avshalom leidet zunehmend unter Verfolgungswahn und ist unsicher, ob man den Sohn mit dem Großvater unbesorgt ins Kino lassen kann. Der eben noch freundliche Araber, in dessen Café er verkehrt, ist plötzlich verdächtig. Dass der Antisemitismus Einzug in das jüdische Leben Frankreichs gehalten hat, wird in der Serie subtil aufgezeigt. Die Botschaft und die Synagoge stehen unter permanenten Polizeischutz. Selbst Annabelle hat stets einen eigenen Personenschützer an ihrer Seite. Wer nach action-lastigen Produktionen aus Israel wie „Fauda“ und „Teheran“ jetzt aber erwartet, dass Avshalom selbst Jagd auf die Terroristen macht, wird enttäuscht werden. Die anfängliche Bedrohungslage nimmt ab und die Handlung entwickelt sich mehr zu einer Liebesgeschichte. Es geht um die Herausforderungen einer neuen Umgebung für eine Beziehung, und wie die Partner mit diesen umgehen. Die zehnteilige Serie wurde von Eli Ben-David geschrieben, der auch Regie führte und die Hauptrolle übernahm. Sie basiert lose auf seinen Erlebnissen. Angesprochen auf das Erfolgsrezept israelischer Serien, die seit Jahren internationale Erfolge feiern, sagt Ben-David der JUNGEN FREIHEIT: „Israelis sind gute Geschichtenerzähler. Wir haben kein großes Budget für große Produktionen. Darum fokussieren wir uns auf die Handlung, die Handlung und nochmals die Handlung. Natürlich auch auf die Entwicklung der Charaktere und deren Beziehung untereinander. Für diese Herangehensweise benötigt man nicht viel Geld.“ Hilfe beim Drehbuch und der Figurenentwicklung bekam er von Ori Elon. Dieser war für den Netflix Serienhit „Shtisel“ verantwortlich. Aufgrund des Erfolgs von „The Attaché“ in Israel werden Gespräche über eine mögliche israelisch-französische Co-Produktion einer zweiten Staffel geführt. Die zehn Episoden der ersten Staffel sind bei Starzplay/Amazon zu sehen.
Filip Gaspar
Der verheerenden Anschlag der Terrorgruppe Islamischer Staat im November 2015 traf Paris ins Mark. Diese Ereignisse und die Folgen für Juden in Frankreich schildert die Serie „The Attaché“, die auf den Erlebnissen des Drehbuchautors beruht.
Medien
2021-04-07T10:03:33+02:00
2021-04-07T14:01:00+02:00
https://jungefreiheit.de/kultur/medien/2021/the-attache-serie/
Im Interesse der USA
Heute werden oft die Unterdrückungsmechanismen bereits vergangener und untergegangener Herrschaftssysteme bloßgelegt, weit seltener solche, die unsere Gegenwart bestimmen und noch weit in die Zukunft hineinreichen werden. John Perkins‘ Buch „Bekenntnisse eines Economic Hit Man“ gehört zu den Ausnahmen. Die „Economic Hit Men“ (EHN) sind hochbezahlte Experten, die Länder auf der ganzen Welt um Milliarden Dollar betrügen. Sie schleusen Geld von der Weltbank, der US Agency for International Development (USAID) und anderen ausländischen „Hilfsorganisationen“ auf die Konten großer Konzerne und in die Taschen weniger reicher Familien, die die natürlichen Rohstoffe unseres Planeten kontrollieren, um durch diese Abhängigkeit deren Loyalität zu sichern. Die im wirtschaftlichen Interessen der USA durchgeführte Tätigkeit der EHN bedient sich auch schmutziger Methoden wie betrügerischen Finanzanalysen, Wahlmanipulationen, Bestechung, Erpressung bis hin zu Mord. Umgekehrt sichern die lokalen Politiker ihre Positionen ab, indem sie Fabriken, Kraftwerke und Flughäfen bauen lassen. Fügen sich Politiker nicht dem System, dann treten die „Schakale“ der Geheimdienste in Funktion, die „innere Unruhen“ und „Massenproteste“ organisieren und selbst vor Morden nicht zurückschrecken. Und wenn auch das nicht zum Erfolg führt, wird auf militärische Mittel zurückgegriffen, werden „humanitäre“ Kriege geführt und ganze Länder einfach besetzt. Perkins schildert nur Vorgänge, in die er persönlich involviert war, so aus Ekuador, Chile, Kolumbien, Venezuela, Guatemala, Panama, Indonesien, Saudiarabien, Afghanistan, Irak, Iran, und das ohne die großen Zusammenhänge aus den Augen zu verlieren. Perkins‘ Buch ist spannend zu lesen, der informativer Wert wird allerdings ab und an durch penetrante Gewissensreflexionen und naive Gutmenschenattitüden beeinträchtigt. Als Illustration für die auf hohem Niveau geleistete Kritik des Nobelpreisträgers Joseph Stiglitz an den Schattenseiten der Globalisierung und der Politik der internationalen Finanzinstitutionen ist es aber allemal von Wert. John Perkins: Bekenntnisse eines Economic Hit Man. Unterwegs im Dienste der Wirtschaftsmafia. Riemann Verlag, München 2004, 383 Seiten, brosch., 19 Euro
JF-Online
Heute werden oft die Unterdrückungsmechanismen bereits vergangener und untergegangener Herrschaftssysteme bloßgelegt, weit seltener solche, die unsere
Kultur
2005-04-29T00:00:00+02:00
2005-04-29T00:00:00+02:00
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Nahtod: Das Mitgefühl nimmt zu
Bereits 2012 hatte ich mich mit dem Phänomen des Nahtods beschäftigt. Ich schrieb eine Rezension zu Pim van Lommels Buch „Endloses Bewußtsein“. Unsere Kenntnisse der Nahtoderlebnisse basieren auf Schilderungen von Menschen, die einige Zeit bewußtlos waren, dann aber noch rechtzeitig reanimiert werden konnten. Diese Phänomene häufen sich, seitdem die Medizin über verbesserte Möglichkeiten der Reanimation verfügt. Es liegt allerdings nahe, daß viele überlieferte bildlich-religiöse Vorstellungen früherer Jahrhunderte auf Berichten einstiger ins irdische Leben zurückgekehrter Menschen basieren. Manche der immer wiederkehrenden Phänomene sind auch vielen heutigen Bürgern schon einmal zu Ohren gekommen: die Überwindung von Raumgrenzen, der Lichttunnel, die Begleitung durch engelsähnliche Wesen, die Begegnung mit toten Bekannten, das Gefühl, in der eigenen Heimat angekommen zu sein, einer Welt uneingeschränkten Annahme und Liebe. Meist werden diese Phänomene von Kritikern mit allerlei Reflexen oder scheinbar wissenschaftlichen „Erklärungen“ abgetan. Eine beliebte Erklärung ist die Ausschüttung von Streßhormonen im Todeskampf, welche halluzinogene Phänomene hervorrufen würden. Pim van Lommel, dessen Buch ich immer noch uneingeschränkt empfehlen kann, widerlegt unter anderem diese These, da zum einen diese „Halluzinationen“ stets sehr ähnlich sind, und zwar unabhängig vom kulturellen Kontext, in dem der betroffene Mensch aufgewachsen ist. Der New Yorker und der Eskimo berichten also recht ähnlich von der Zeit ihres Nahtods. Zum anderen ist der ins Leben Zurückgeholte schlagartig wieder „wach“. Die Phänomene verschwinden umgehend, was aber bei sich stets nur langsam abbauenden Hormonen gar nicht der Fall sein könnte. Auch sind die Unterschiede zu Träumen evident, in denen wir unter anderem unsere sehr individuellen Alltagserfahrungen verarbeiten. Nun las ich ein weiteres aktuelles Buch, daß sich mit Nahtod beschäftigt, und das derzeit als ein Bestseller gehandelt wird. Eben Alexanders „Blick in die Ewigkeit“ ist ein anrührend geschriebener Erfahrungsbericht eines amerikanischen Neurochirurgen, der 2008 für etwa eine Woche ins Koma fiel, fast gestorben wäre und über ein sehr buntes Nahtoderlebnis zu berichten weiß. Da es sich um einen Erfahrungsbericht, aber keine wissenschaftliche Untersuchung handelt, bewerte ich das Buch vom Standpunkt der Erkenntnis als weit schwächer als Lommels Werk. Es kann von Kritikern als „pure Phantasie“ abgetan werden, zudem decken sich manche Schilderungen Alexanders nicht eindeutig mit den gängigen Nahtod-Berichten. Gleichwohl ist das Buch zur Einstimmung sicherlich nicht falsch. Und es versucht auch einige Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem Phänomen ergeben, zu beantworten. Pim van Lommel hingegen wertete vom außen stehenden Standort die gesammelten Berichte anderer Patienten aus, was den beschriebenen Quellen ein größeres Maß an Objektivität verleiht beziehungsweise eine wissenschaftliche Prüfung beinhaltet. Wissenschaft und Spiritualität können sich ergänzen Die Beschäftigung mit der jenseitigen Sphäre wirkt heutzutage gelegentlich abwegig, weil wir, zumindest in Deutschland bzw. unter den heutigen Deutschen, in einem weitgehend atheistischen, materialistischen Umfeld leben. Erst letzte Weihnachten war ich in eine Diskussion verwickelt, in der ich den einsamen Part desjenigen übernehmen mußte, der sich für Spiritualität, Transzendenz und Religion aussprach. Gerade ich, der in Jugendjahren bereits aus der Kirche ausgetreten war (wenngleich vor allem aus Gründen der Politisierung des Glaubens durch diese Institution) und das bislang nie wirklich bereute. Und soeben trat ein Kumpan an mich heran, eine Initiative für einen atheistischen Feiertag mit zu unterstützen. Dies sei eine Reaktion auf das Ansinnen der Muslime nach einem eigenen Feiertag. Ich wand mich etwas, denn schließlich sei ich ja kein Atheist. Ich bot aber den Kompromiß an, gegen einen Feiertag des Verstandes, des freien Geistes und der Wissenschaft nichts einzuwenden zu haben. Denn Wissenschaft und Spiritualität müssen sich keinesfalls ausschließen. Sie können sich hervorragend ergänzen, wie Pim van Lommel mit seiner Arbeit zum Nahtod dargelegt hat. Lommel ist Kardiologe und hat die Nahtod-Schilderungen zahlreicher Patienten gesammelt und wissenschaftlich aufbereitet. Dabei kam er zu der These, daß die beschriebenen Phänomene recht eindeutig darauf hinweisen, daß es eine Existenz nach dem Tod gibt und eine Welt jenseits unserer irdischen, die nur beschränkte Wahrnehmungsebenen zuläßt. Es ist hier nicht der Platz, diese Thesen eingehend vorzustellen, somit sei es bei diesen Hinweisen belassen. Lommel liefert in seiner Untersuchung allerdings nichts weniger als eine Art von Gottesbeweis, wenn auch nicht im Sinne einer religiösen Dogmatik. Dazu bedarf es indes bei den Betroffenen offenbar gar keines Buches mehr. Es scheint, daß das Erlebnis des Nahtods die Menschen verändert. Es macht sie aufmerksamer, liebevoller, spiritueller. Alexander Eben gründete die Einrichtung „Eternea“, die sich der Wohlfahrt und Verbreitung der Liebe verschrieben hat. Lommel berichtet von der Zunahme mitmenschlicher Empathie bei ehemaligen Nahtod-Patienten. Gott scheint demnach also existent, wenn auch oft verborgen hinter dem Elend und den Konflikten unserer diesseitigen Welt. Sicherlich hilft uns das „Wiederfinden“, wenn wir Religion nicht mehr nur als „Opium des Volkes“ oder Ursache ihres Mißbrauchs betrachten, sondern als Voraussetzung tieferer Erkenntnis. Forschung, Verstand und Spiritualität könnten hierzu eine neue, fruchtbare Verbindung eingehen.
Claus Wolfschlag
Bereits 2012 hatte ich mich mit dem Phänomen des Nahtods beschäftigt. Ich schrieb eine Rezension zu Pim van Lommels Buch „Endloses Bewußtsein“. Unsere
Kolumne
2014-02-03T10:57:17+01:00
2014-02-03T10:57:56+01:00
https://jungefreiheit.de/kolumne/2014/das-mitgefuehl-nimmt-zu/
Im Mund des Zombies
Was immer sich Ernst Jünger unters Mikroskop legte, er suchte nach dessen Rauschpotential: im Krieg, in der Politik, in den Drogen, in mystischen Spekulationen. Stets ging es ums Ganze, in lebenslanger Suche nach Elementarem, Dämonischem, Transzendenz und Ekstase. Seit den 1920er Jahren experimentierte Jünger mit Drogen, drei Jahrzehnte später unternahm er mit Albert Hofmann höchstpersönlich LSD-Trips. Natürlich fanden diese Rauscherfahrungen literarischen Niederschlag: in „Das abenteuerliche Herz“ (1929/38) beispielsweise, einer Sammlung kurzer Capriccios, voll von surrealen Visionen, Träumen und düsteren Ahnungen, in der Erzählung „Besuch auf Godenholm“ (1952) sowie in „Annäherungen. Drogen und Rausch“ (1970), das über toxische, religiöse, musikalische und literarische Rauscherzeugung reflektiert. Wenn man einen Theaterabend über Ernst Jüngers Drogenprosa inszenieren will, was liegt dann näher, als diese beiden Bücher zu plündern? Das dachte sich der Schauspieler/Regisseur Martin Wuttke und montierte daraus ein 75minütiges Drama, das ausgewählte Texte auf elf Schauspieler verteilt. Liest man vor Beginn der Vorstellung im Programmheft, springen einem zahlreiche Fotos von Anita Berber entgegen. In der Tat, Jünger und Berber sind ein perfektes Paar. Die skan­dalträchtige Nackttänzerin der Weimarer Republik mit ihren rauschhaft-morbiden Tänzen über Krieg, Verwesung und Massengräber war eine wirkliche Schwester im Geiste. Ihre Nahrung bestand vorwiegend aus Kokain, Heroin und Alkohol, der Erfahrungshunger schien unersättlich – bis sie schließlich als 29jährige starb. Man durfte also auf den Theaterabend mehr als gespannt sein. Aber kaum betrat man das Foyer des Berliner Ensembles, stieg eine fiese Ahnung auf: Umrandet von Zuschauersitzen thronte in der Mitte ein glaskastenartiger Bungalow, eingerichtet mit Tischen und Stühlen im Stil der 1920er Jahre und angereichert durch Kissenberge. Eine naturalistische Drogenhöhle jener Zeit und vor allem: als Bungalow verdächtig an das Bühnenbild einer Castorf-Inszenierung erinnernd – an „Die Dämonen“, bei der Martin Wuttke nämlich zum Ensemble gehörte. Es war nicht das einzige Plagiat des Abends; Castorfs Regiestil wurde gleich mit übernommen: Volksbühne für Arme. Eine Gruppe männlicher wie weiblicher Dandys, mit anspielungsreichen Namen wie Gretha (Jünger) und Albert (Hofmann) versehen, spulen Jüngers hochemotionalen Texte undurchdrungen runter. Heißt das: Dekonstruktion „abgehobener“ Schriften durch realistische Kulisse und belanglosen Vortrag? Oder soll sich deren Pathos in solchem Kontext als hohler Kitsch entlarven (eine Schauspielerin bezeichnete sie als „Strohfeuer“)? So würde Castorf rangehen. Das wäre die typische Ausdrucksform einer Gesellschaft, die sich elementare Emotionen wie Rausch, große Liebe, Tragik nicht mehr leisten will und ihre Trivialität mit Ironie verteidigt. Ist deren Furor hoch genug, kann das Resultat scharf und fetzig werden. Nicht bei Wuttke: Er und das Ensemble finden überhaupt keinen Bezug zu ihrer Textmasse, stehen ihr weder als bejahende Interpreten noch als Zerfetzer gegenüber. Es ist sogar zu befürchten, daß sie den Großteil davon nicht verstanden haben. Jünger in den Mündern von Zombies, da ist keine Sekunde echt. Lediglich triviale Bildassoziationen kommen auf: Bei einem Satz wie „Jeder Genuß lebt durch den Geist“ wird eine Schampusflasche geöffnet (stimmt, Jünger war ja Champagnertrinker). Oder, Gipfel der Originalität: Eine Darstellerin flirtet, während sie Jüngers methodische Distanziertheit erläutert … (Die Namen der Schauspieler seien hier verschwiegen, weil sie wahrscheinlich weder für die Hirnfürze der Regie noch für ihr grottenschlechtes Spiel Verantwortung tragen.) Als Videoprojektion laufen zahlreiche Ausschnitte aus F. W. Murnaus „Faust“-Verfilmung (1925). Da stürmen die vier apokalyptischen Reiter herbei, gibt es rauschhafte Flüge durch die Luft. So wie Faust hat Jünger einen Pakt mit Mephisto geschlossen, um sich ekstatischen Erfahrungen hinzugeben. Aber als der Teufel zuletzt leibhaftig im Bungalow erscheint, nimmt ihn keiner ernst. Bereits vor elf Jahren, in seiner legendären „Sportstück“-Inszenierung, hatte Einar Schleef ein Bild aus dem „Abenteuerlichen Herzen“ auf die Bühne gebracht. Mehrere nackte Männer waren in einer Reihe aufgehängt, mit dem Kopf nach unten. Schleef bekannte in einem Interview den Bezug dieser Szene zum Jünger-Buch. Im Abschnitt „Violette Endivien“ betritt der Ich-Erzähler ein Delikatessengeschäft, in dem Menschenkadaver an der Wand hängen. Der Besucher sagt dazu nur: „Ich wußte nicht, daß die Zivilisation in dieser Stadt schon so weit fortgeschritten ist.“ Diese eine Bildadaption durch Schleef hatte mehr Wucht als der gesamte Abend seines ehemaligen Darstellers Wuttke. Wenn Ernst Jünger und Anita Berber ihn gesehen hätten, wahrscheinlich wären sie türknallend geflüchtet – in die nächste Bar, um das Gesehene mit einer kräftigen Ladung Champagner und anderen Rauschmitteln runterzuspülen. Die nächsten Vorstellungen von „Das abenteuerliche Herz: Droge und Rausch“ im Foyer des Berliner Ensembles, Bertolt-Brecht-Platz 1, finden statt am 21. Juni, 4., 5. und 11. Juli. Kartentelefon: 030 / 2 84 08-155. Foto: Martin Wuttke: Eine Gesellschaft, die sich Rausch, Liebe, Tragik nicht mehr leisten will
JF-Online
Was immer sich Ernst Jünger unters Mikroskop legte, er suchte nach dessen Rauschpotential: im Krieg, in der Politik, in den Drogen, in mystischen
Kultur
2009-06-19T00:00:00+02:00
2009-06-19T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/kultur/2009/im-mund-des-zombies/
Im Einklang mit dem Weltgesetz
Wer glaubt, Konservatismus sei eine geistige Haltung, die sich erst im Reflex auf die Ideen der Französischen Revolution herausgebildet hat, ist in einem Eurozentrismus befangen, der immer wieder zu fatalen außenpolitischen Fehleinschätzungen führt. Ohne Übertreibung läßt sich nämlich feststellen, daß die Chinesen – mithin ein Fünftel der Menschheit – nicht nur das älteste, sondern wohl auch das konservativste Kulturvolk der Welt sind. Rund 2.100 Jahre, vom zweiten vorchristlichen Jahrhundert bis 1900, hat der Konfuzianismus Denken und Leben der Menschen im „Reich der Mitte“ bestimmt, und es ist unverkennbar, daß sich jene Weltanschauung heute mehr und mehr anschickt, das geistige Vakuum zu füllen, das der längst gescheiterte Marxismus hinterlassen hat – ja, die Herrschenden in Peking selbst stützen sich wieder auf die Überlieferung des ehrwürdigen „Meisters Kung“, um den Zusammenhalt der Gesellschaft zu sichern. Doch nicht nur in der Volksrepublik China, überall in Ostasien erlebt der Konfuzianismus – vielfältig modernisiert – schon seit Jahrzehnten eine erstaunliche Renaissance. Wie alles wahrhaft konservative Denken speist sich diese uralte Moral- und Staatslehre aus einem realistischen, weil skeptischen Menschenbild und beruht auf einer Weltsicht, die zum Maßstab allen Handelns das macht, was ewig ist und ewig gilt – zumindest in der Theorie. K’ung-fu-tze („Meister Kung“, latinisiert: Konfuzius) wurde 551 v. Chr. in Qufu in der heutigen Provinz Schandong geboren. Er wuchs in einer Zeit des politischen und geistigen Umbruchs auf: Das chinesische Feudalreich zerfiel und damit auch das religiöse und moralische Wertesystem. Um die Ordnung wiederherzustellen, bedurfte es Konfuzius zufolge zunächst der „Richtigstellung“ der verworrenen Begriffe und der Rückbesinnung auf die klassischen Tugenden. Da es ihm trotz aller Gelehrtheit nicht gelang, eine einflußreiche Position zu erringen, sammelte Meister Kung einen Kreis Getreuer um sich, begab sich für den Rest seines Lebens auf die Wanderschaft und unterrichtete rund 3.000 Schüler, bis er 479 v. Chr. in seinem Geburtsort Qufu starb. Die Lehren, die er hinterließ, wurden von seinen Schülern später schriftlich niedergelegt, von der Han-Dynastie zur Staatsdoktrin erklärt und bildeten bis ins 20. Jahrhundert hinein für Volk und Herrscher eine Art moralisches Gesetzbuch. Ausgangspunkt ist die seit Jahrhunderten überlieferte Himmelsreligion: Der Himmel ist für Konfuzius kein willkürlich waltender göttlicher Tyrann, sondern die Verkörperung einer Gesetzmäßigkeit; der Himmel handelt nicht eigenmächtig, sondern nach dem ewigen Weltgesetz, dem tao. Genauso, wie am Himmel Sonne, Mond und Sterne gesetzmäßig laufen, muß sich auf der Erde auch der Mensch im Rahmen des Weltgesetzes bewegen und darf nicht gegen das tao verstoßen. Der Herrscher, so fordert Konfuzius, soll nicht aktiv in die Tagespolitik eingreifen, sondern im Idealfall wie der Himmel allein durch sein Vorbild wirken. Das gewöhnliche Volk aber muß laut Konfuzius dazu erzogen werden, zwischenmenschliche Konflikte zu vermeiden, um die Weltharmonie nicht zu verletzen. Zusammen mit der Oberschicht der Beamtengelehrten hat der Herrscher daher die Pflicht, diese Erziehung vorzunehmen. Der Glaube an die Erziehbarkeit des Menschen zählt somit zu den wichtigsten Wertvorstellungen des Konfuzianismus. Wie alles wahrhaft konservative Denken speist sich die Moral- und Staatslehre des Konfuzius aus einem realistischen, weil skeptischen Menschenbild und beruht auf einer Weltsicht, die zum Maßstab allen Handelns das macht, was ewig ist und ewig gilt. Ebenso grundlegend ist das Prinzip der Ungleichheit der Menschen hinsichtlich ihrer sozialen Stellung. Aus dieser Erkenntnis leiten die Konfuzianer drei Pflichten ab: die Loyalität, die Verehrung der Eltern und Ahnen sowie die Wahrung von Anstand und Sitte. Die Pflichten sind in den hierarchischen „fünf Beziehungen“ zu erfüllen. So muß der Sohn dem Vater gehorchen, die Frau dem Mann, der jüngere Bruder dem älteren und der Freund dem Freund. Das letzte Glied in dieser Kette sozialer Bindungen ist das Verhältnis von Herrscher zu Untertan, das der Beziehung zwischen Vater und Sohn entspricht. Der Herrscher seinerseits steht zum Himmel im Sohnverhältnis. Religion, Familiensystem und Staat verschmelzen im Konfuzianismus somit zu einer Einheit, die indes nur dann gewährleistet ist, wenn sich jeder an seine Pflichten hält. Eine derart herbeigeführte Ordnung bedeutet für den einzelnen vor allem Sicherheit. Daß diese soziale Sicherheit wichtiger ist als individuelle Freiheit, ist das dritte Grundprinzip des Konfuzianismus, das im Menschenrechtsdialog mit dem Westen immer wieder zu Reibereien führt. Konfuzius zufolge garantieren die Kardinaltugenden „Gehorsam“ und „Menschlichkeit“ das Gedeihen der sozialen Beziehungen. „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu“ – diese Goldene Regel, die im Westen seit dem 18. Jahrhundert als das Grundgesetz aufgeklärter Moral gilt, geht auf Meister Kung zurück, dessen Lehre auch einen revolutionären Aspekt beinhaltet: Herrschaft legitimiere sich nicht durch Abstammung, sondern durch die Befolgung moralischer Gebote. Werde gegen jene Grundregeln verstoßen und gerate dadurch nicht nur der politische Kosmos, sondern auch die Natur in Unordnung – dann, so Konfuzius, könne der „Himmel“ dem Herrscher sein Mandat entziehen. Die letzten Kaiser der mandschurischen Ching-Dynastie hatten jenes Mandat Mitte des 19. Jahrhunderts ganz offensichtlich verloren: Politische Mißwirtschaft und Volksaufstände kennzeichneten den Niedergang des Reiches. Europäische Kolonialmächte drangen in das seit Jahrhunderten abgeschottete Land ein, das nun erstmals zur Kenntnis nehmen mußte, daß es den Anschluß an die Moderne längst verpaßt hatte. Obwohl die Chinesen einst Schießpulver und Kompaß, Porzellan, Papier und den Druck mit beweglichen Lettern erfunden hatten, war das Reich der Mitte geistig erstarrt und den „Barbaren“ aus Übersee in allen Belangen hoffnungslos unterlegen. Der Schock saß so tief, daß es mehr als hundert Jahre gedauert hat, bis der Minderwertigkeitskomplex einem neuen Nationalstolz gewichen ist, der 2008 in der Ausrichtung der Olympischen Spiele in Peking einen vorläufigen Höhepunkt fand. Damals jedoch, 1898, hatte Kaiser Kuang-hsü gehofft, das Blatt noch einmal wenden zu können. Durch die „Reform der 100 Tage“ sollte China nach dem Vorbild Japans auf allen Gebieten modernisiert werden. Doch reaktionäre Kreise, allen voran die Kaiserin-Witwe Ci-xi, unterdrückten die Bewegung und entmachteten den Herrscher. Unterdessen wuchs im Land die fremdenfeindliche Stimmung, denn mittlerweile hatten Rußland, Japan, die USA und die europäischen Mächte China unter sich aufgeteilt und ihm einen halbkolonialen Status aufgezwungen. Zu jener Zeit gründete in Tokio der Arzt Sun Yat-sen den Chinesischen Revolutionsbund. Diese Organisation war der Vorläufer der Nationalen Volkspartei (Kuomintang) und aus dem Zusammenschluß mehrerer Geheimgesellschaften hervorgegangen, die unter den damals in großer Zahl zum Studium moderner Wissenschaft und Technik nach Japan und Europa gehenden jungen Chinesen viele Anhänger fanden. Ziel war es, das monarchische Herrschaftssystem durch ein demokratisch-republikanisches zu ersetzen und umfassende Sozial- und Wirtschaftsreformen einzuleiten. Nach mehreren gescheiterten Putschversuchen war die Revolution 1912 erfolgreich: Die Mandschus dankten ab, Sun Yat-sen proklamierte die Republik China – der auf eine mehr als zweitausendjährige Geschichte zurückblickende konfuzianische Staat war zusammengebrochen. Zwei Fragen waren es, die das Land fortan bewegten: Welche Ursachen hatte der Kollaps? Wie kann China die Katastrophe überwinden? Die meisten Intellektuellen gaben dem Konfuzianismus die Schuld; er sei reaktionär, habe das geistige Leben in Dogmen und Riten erstickt und müsse daher völlig ausgeschaltet werden. Fast alle sahen die Rettung in einer Verwestlichung, wobei die USA als großes Vorbild galten. Nur ein kleiner Kreis, zu dem auch Mao Zedong gehörte, setzte auf den Marxismus, der zu jener Zeit in China noch weitgehend unbekannt war. 1921 gehörte Mao zu den zwölf Gründungsmitgliedern der KP. Die Republik stand damals auf äußerst schwachen Füßen: In nahezu pausenlosen Bürgerkriegen verwüsteten Militärgouverneure („warlords“) die Provinzen; die von der Kuomintang geführte Regierung war durch den Kampf gegen die imperialistischen Mächte zu geschwächt, um das Land zu einen. Anfangs hatten Nationalisten und Kommunisten zusammengearbeitet, doch 1927 kam es zum Bruch: Generalissimus Tschiang Kai-schek unterdrückte die Arbeiterbewegung und ließ Jagd auf ihre Funktionäre machen. Die unter der Kontrolle Moskaus stehende KP-Führung, gebunden an das Dogma vom Primat der Arbeiterklasse bei der Revolution, verlor zusehends an Einfluß. Mao hingegen war zu der Überzeugung gelangt, die Revolution könne nur Erfolg haben, wenn sie sich auf die von Warlords, Beamten und Großgrundbesitzern unterdrückten und ausgebeuteten Bauern stützte, die fast 90 Prozent der Bevölkerung ausmachten. In der südlichen Provinz Kiangsi gründete er gegen den Willen Stalins und der Komintern einen kleinen Sowjetstaat und baute eine Bauernarmee auf, die mehreren „Ausrottungs- und Vernichtungsfeldzügen“ der Kuomintang standhielt. Schließlich jedoch mußte sie nach Nordchina fliehen. Von dort setzte sie als „Volksbefreiungsarmee“ den Kampf fort, bis es ihr nach mehr als einem Jahrzehnt gelang, ganz China zu erobern. Das Grab Meister Kungs wurde aufwendig restauriert, längst blüht auch überall in China wieder der Ahnenkult. Bildungsbeflissenheit, Leistungsethos, Disziplin, Fleiß und kindlicher Gehorsam gelten erneut als selbstverständliche Tugenden. Von 1949 bis zu seinem Tod im Jahr 1976 prägte vornehmlich Mao Zedong die Entwicklung der von ihm proklamierten Volksrepublik. Sein Vorbild war Chin Shi Huang-di, der „Gelbe Kaiser“, der um 220 v. Chr. das Reich geeint und mit dem Bau der Großen Mauer begonnen hatte. Noch bedeutsamer für Mao war, daß jener Herrscher die Schriften des Konfuzius hatte verbrennen und konfuzianische Gelehrte lebendig hatte begraben lassen. Schließlich sahen auch Mao und seine Genossen im Konfuzianismus das grundlegende Übel. Eine ihrer ersten Maßnahmen war daher neben der Bodenreform die Verabschiedung eines neuen Ehegesetzes, das die Frauen aus der Vormundschaft der Männer befreite und ihnen die Gleichberechtigung sicherte. Doch Maos Politik war zu sprunghaft, zu brutal und zu rigoros – sie führte zu Mißernten und Hungerkatastrophen, die Millionen von Opfern forderten. Um seine innerparteilichen Gegner auszuschalten, entfesselte er 1966 die Kulturrevolution. Da sich auch nach dem Umsturz der Gesellschaft immer wieder neue Eliten und Hierarchien bilden, glaubte Mao, mit einer „permanenten Revolution in Etappen“ dieses Gesetz der Natur außer Kraft setzen zu können. Er rief die Roten Garden zum Kampf gegen „die vier Alten“ auf: gegen die alten Ideen, die alte Kultur, die alten Sitten und Gebräuche. Diesem monströsen Wüten fielen Zehntausende Menschen zum Opfer, geistig und materiell wurde das Land um Jahrzehnte zurückgeworfen. Erst unter Deng Xiaoping, zwei Jahre nach Maos Tod und dem Sturz der ultralinken „Viererbande“ um dessen Witwe, kam China wieder zur Ruhe. Deng leitete 1978 die Öffnungspolitik ein und legte den Grundstein für den „Sozialismus chinesischer Prägung“, der im Grunde ein autoritärer, aber überaus erfolgreicher Staatskapitalismus ist. Da der Marxismus jegliche Glaubwürdigkeit verloren hat, rehabilitierten Dengs Nachfolger den Konfuzianismus. Schon bald nach der Kulturrevolution wurde in Qufu das Grab des Meisters Kung aufwendig restauriert. Es ist heute ein beliebter Pilgerort. Längst blüht auch überall im Land wieder der Ahnenkult. Bildungsbeflissenheit, Leistungsethos, Disziplin, Fleiß und kindlicher Gehorsam gelten erneut als selbstverständliche Tugenden. Und die Regierenden werden nicht müde, angesichts des grassierenden Materialismus, der wachsenden sozialen Ungleichheit und der ökologischen Schäden das Volk im Geist des Konfuzius aufzurufen, nach „Harmonie“ sowohl in der Gesellschaft als auch zwischen Mensch und Natur zu streben. Peter Kuntze war von 1968 bis 1997 Redakteur der „Süddeutschen Zeitung“. Auf dem Forum schrieb er zuletzt über „Soziale Gerechtigkeit“: „Unterwegs nach Utopia“ (JF 44/08) Foto:  Chinesen beim morgendlichen Tai Chi, Schanghai: Angesichts des grassierenden Materialismus, der sozialen Ungleichheit und der ökologischen Schäden rufen die Regierenden das Volk im Geist des Konfuzius auf, nach Harmonie sowohl in der Gesellschaft als auch zwischen Mensch und Natur zu streben
JF-Online
Wer glaubt, Konservatismus sei eine geistige Haltung, die sich erst im Reflex auf die Ideen der Französischen Revolution herausgebildet hat, ist in einem
Sonderthema
2009-04-17T00:00:00+02:00
2009-04-17T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/sonderthema/2009/im-einklang-mit-dem-weltgesetz/
Deutschwerdung leicht gemacht
Das deutsche Volk soll sich nach dem Willen der Regierung wie der Union und der Hälfte der Linken nicht mehr durch natürliche Fortpflanzung regenerieren, sondern vor allem durch Einwanderung. Daher leben schon jetzt fast zwölf Millionen Menschen ohne deutschen Paß in Deutschland.  Aber das ist natürlich kein „Bevölkerungsaustausch“ – denn schließlich kommen qua Einbürgerung ja einfach „neue Deutsche“ zu den alten hinzu, da wird also nichts ausgetauscht. Außerdem soll die angeblich dringend benötigte Einwanderung nach Deutschland noch attraktiver werden – wem wir mangels irgendeiner Qualifikation schon keinen gutbezahlten Job in Aussicht stellen können, dem müssen wir wenigstens unsere Staatsbürgerschaft anbieten. Erste Voraussetzung für die allgemeine Deutschwerdung der Nunhaltdaseienden ist der Verzicht auf die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit. Denn entweder die Neubürger kommen aus Ländern, deren Staatsangehörigkeit nicht aufgegeben werden kann (wie Afghanistan oder Syrien), oder sie sind viel zu stolz auf ihre Nationalität, als daß der deutsche Paß für sie jemals mehr sein könnte als praktische Zusatzberechtigung. Weitere Voraussetzung ist die starke Absenkung der Anforderungen an das Sprachverständnis; schließlich bemühen wir uns um die Einbürgerung funktioneller Analphabeten. China und Japan haben bekanntlich noch größere demographische Defizite als wir; auf solche Ideen kommt dort trotzdem niemand.
Ulrich Vosgerau
Fast zwölf Millionen Ausländer genießen bereits Bratwurst und Bier. Doch warum aufhören? Neue Pläne, Deutschland für Einbürgerungen attraktiver zu gestalten, lassen sogar funktionelle Analphabeten aufhorchen. Ein Kommentar.
einbürgerung
Kommentar
2023-08-31T11:38:49+02:00
2023-08-31T11:38:49+02:00
https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2023/einbuergerung-leicht/
Der unanständige Vergleich
Stärker als jede andere historische Disziplin hat es die Zeitgeschichte nicht allein mit Fachleuten, sondern mit Quacksalbern zu tun.“ Mit dieser provokanten Erkenntnis schildert der Leiter des Münchener Institutes für Zeitgeschichte, Horst Möller, die gegenwärtige Schwierigkeit der Diktatur- und Demokratieforschung im 20. Jahrhundert, gegenüber gesellschaftlichen Ansprüchen oder Vorurteilen ihre Autonomie zu bewahren. Genau diese „Quacksalber“ sind es nämlich, die mit ihrer moralisierenden, aller wissenschaftlichen Nüchternheit beraubten Darstellung ihres historischen Weltbildes allein durch die permanente Öffentlichkeitswirksamkeit „bedauerlicherweise auch die Fachwissenschaft nicht unbeeindruckt“ ihre Bahn ziehen läßt (Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte , Heft 1/03). Ohne Beispiele zu nennen, gesteht diese Analyse Möllers eine Beherrschung des historischen Diskurses von „Fernsehprofessoren“ vom Schlage eines Guido Knopp ein, die insbesondere für die Kontinuität einer Verweigerung „der komparatistischen Interpretation der nationalsozialistischen Diktatur und ihrer Massenverbrechen“ stehen. Mit deren seit Jahrzehnten unverändertem Grundmuster der Belehrung, „vergleichen heiße gleichsetzen, gleichsetzen heiße relativieren, relativieren heiße entschuldigen“, werde vielen Wissenschaftlern ein „schlichtes Denkmodell“ aufoktroyiert, was diese in Sorge um ihre Reputation adaptierten. Dabei hält Möller den Vergleich für ein originäres Wesensmerkmal der Geschichtsforschung. „Schon die Verwendung von Begriffen impliziert den Vergleich.“ Dies gelte insbesondere bei den Begriffen Diktatur und Demokratie, die bekanntlich in zeitlicher wie auch nationaler Ebene unterschiedliche Deutungsmuster hervorrufen. Daher gehe gerade bei diesen Termini der Vergleich davon aus, daß die Phänomene nicht identisch seien – die Beschreibung der Ähnlichkeiten sei ebenso wesentlich wie die Analyse der Unterschiede. Die Scheu vor dem Vergleich habe in der Regel politische Gründe, die durch die „Werteskala der 1968er in Wissenschaft und öffentlicher Meinung“ vorgegeben seien. Besonders ausgeprägt sei diese Abneigung, wenn es um die Thematisierung der epochenspezifischen Bezüglichkeit der totalitären Ideologien von Bolschewismus, Faschismus und Nationalsozialismus gehe. Möller fordert, daß auch in Deutschland eine stärkere europäische Betrachtung der „Zwischenkriegszeit“ vonnöten sei, wie sie von Historikern anderer Länder seit 1945 ganz selbstverständlich angestellt werde. Diese Geschichtssschreibung schließe Nationalgeschichte nicht aus, fordere aber eine stärkere Einbettung in den europäischen Kontext. So könne die besondere Situation der Weimarer Republik nicht allein als deutsches Phänomen unter Einfluß des verlorenen Weltkrieges definiert werden, da es auch in Frankreich eine „Krise der Klassischen Moderne“ gegeben habe, von Italien, Spanien oder gar der Sowjetunion zu schweigen. Im Kontext dieser gesamteuropäischen Perspektive sei eine komparatistische Historiographie hilfreich, so wie sie in der Politikwissenschaft „in der Addition phänomenologisch deduzierter Kriterien“ bereits vorgenommen werde. In dieser Disziplin würden folgende Kriterien in einer totalitären Diktatur als Wesensmerkmale ihrer Herrschaftsstruktur angenommen: Die totale Erfassung und Gleichschaltung der Bevölkerung durch eine Partei und ihre Massenorganisationen, Nachrichtenmonopol, Einparteienstaat mit Entscheidungsmonopol, Geheimpolizei mit Einsatz terroristischer Machttechniken, einer allgemeingültigen Ideologie und oftmals einem Personenkult. Auch ein ausgeprägtes Freund-Feind-Denken, egal ob in bezug auf „Klasse“ oder „Rasse“ könne man in allen totalitären Systemen beobachten. Alle diese „vergleichenden“ Kriterien ließen die Inhalte offen, die widerum in den Einzelfällen, also nationalstaatlich, unterschiedlich sein könnten. Gleiche Defizite, wie in der Diktaturenforschung sieht Möller in ähnlicher Form auch in den Untersuchungen der Demokratie. Aufgrund eines Bewertungsmaßstabes heutiger Historiker, in welchem die „euro-atlantische Prägung des rechtstaatlich-demokratischen Verfassungstaates“ als Norm und Ziel zugleich gelte, verböte sich eine Demokratieforschung, die durch Vergleiche mit anderen politischen Formen Funktionsweisen und Gefährdungspotentiale untersucht. Diese Art der Auseinandersetzung sei laut Möller zwar politisch legitim, vielleicht sogar notwendig – der Wissenschaftlichkeit entspräche dieses Prinzip jedoch nicht.
JF-Online
Stärker als jede andere historische Disziplin hat es die Zeitgeschichte nicht allein mit Fachleuten, sondern mit Quacksalbern zu tun." Mit dieser provokanten
Geschichte
2003-02-14T00:00:00+01:00
2003-02-14T00:00:00+01:00
https://jungefreiheit.de/wissen/geschichte/2003/der-unanstaendige-vergleich/
Blackrocks Rückzug von „nachhaltigen Anlagen“: Nur eine Modewelle?
Die „nachhaltigen Anlagen“ waren in den USA nur eine Modewelle. Der mit etwa zehn Billionen Dollar an Kundengeldern weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock will es künftig seinen Kunden überlassen, ob deren Geld nach ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) oder traditionell angelegt wird. Ausschlaggebend für die Kehrtwende von Larry Fink war vermutlich, daß sich nicht alle Großkunden dessen Arroganz gefallen ließen. Mehrere republikanische US-Bundesstaaten zogen Pensionsfonds für Beamte von der New Yorker Investmentgesellschaft ab – ein zweistelliger Milliardenbetrag ging der so verloren. Blackrock hatte trotzdem noch Nettozuflüsse, so dominant ist der Konzern inzwischen im Fondsgeschäft. Dennoch sitzt Blackrock nun zwischen den Stühlen: Die einen kritisieren, daß nicht genug gegen Klimawandel getan werde. Die anderen fordern, die Rentenersparnisse nicht mit riskanten Projekten zu verspielen. Diese mißliche Lage ist selbstverschuldet: Zu sehr hat sich der 71jährige US-Demokraten-Förderer für ESG aus dem Fenster gelehnt. Seit Januar 2020 waren Finks Manager angehalten, ESG-Kriterien bei Anlageentscheidungen zu berücksichtigen. Es war zwar kein Zwang, und bewährte Anlagestrategien lassen sich nicht von einem Tag auf den anderen ändern. Finks ESG-Rhetorik dürfte wohl vor allem eine PR-Maßnahme gewesen sein. Die Ironie dabei: Mit Prinzipien guter Unternehmensführung nahm es Blackrock selbst nicht so genau. Fink ist zugleich Vorstands- und Aufsichtsratschef (CEO und Chairman). Diese Rollen sollten eigentlich getrennt sein. Entsprechende Aktionärsanträge unterstützt Blackrock häufig – aber nur bei anderen Unternehmen. Die aktivistische britische Investmentfirma Bluebell Capital von Giuseppe Bivona und Marco Taricco stellte einen entsprechenden Antrag auf Blackrocks Hauptversammlung im Mai, für den nur etwa zehn Prozent der Aktionäre stimmten – weil Fink und das Blackrock-Management seine Ablehnung empfahlen. Schon länger ist klar, daß die respektablen Renditen der ESG-Anlagen nichts mit Nachhaltigkeit zu tun hatten, sondern auf dem schwachen Ölpreis zwischen 2015 und 2020 beruhten. Rohöl fiel in dem Zeitraum von 100 auf 20 Dollar pro Barrel und hatte in der Corona-Zeit kurz sogar einen negativen Preis. Grund war der Angebotsschub durch das Fracking in den USA. Sprich: Durch Fracking wurden ESG-Anlagen überhaupt erst attraktiv. Entsprechend schlecht liefen traditionelle Ölaktien: Exxon verlor in diesem Zeitraum einschließlich Dividenden 52 Prozent, während der S&P-500-Aktienindex um 47 Prozent zulegte, obwohl darin Exxon enthalten war. Wer zu der Zeit einen S&P-Index ohne Ölaktien hielt, schnitt deutlich besser als der normale S&P Index. Viele Anleger ließen sich davon überzeugen und wollten nun „nachhaltig“ investierten: Gutes tun und Überrenditen erwirtschaften – es war zu schön, um wahr zu sein. Doch schon Ende 2020 stieg der Ölpreis wieder, und es war vorbei mit den Traumrenditen. Öl stieg auf zuletzt über 80 Dollar pro Barrel, und Ölaktien halten mit. Exxon stieg mit Dividenden um 275 Prozent und damit deutlich stärker als der S&P-Index mit nur 125 – und das schließt Exxon ein. Wer einen ESG-Fonds ohne Exxon besitzt, hat deutlich schlechter abgeschnitten. Die aktuelle Skepsis gegenüber ESG-Anlagen wird medial als politische Kampagne ultrarechter Politiker dargestellt. Das stimmt nur zu einem kleinen Teil. Die republikanisch regierten US-Bundesstaaten, die ihre Pensionsfonds aus ESG-Anlagen abzogen, taten dies mit viel Trara. Letztlich waren aber die schlechten Renditen entscheidend. Schon 2023 hatten sich mehrere US-Banken aus der Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ), die bei der UN-Klimakonferenz 2021 in Glasgow (COP26) gegründet wurde, zurückgezogen. Bank-Juristen befürchteten, Absprachen, bestimmten Kunden höhere Zinsen abzuverlangen, könnten ein Verstoß gegen das Kartellrecht sein. Kartellrechtlich argumentiert auch ein Bericht des US-Kongresses, der die Allianz „Climate Action 100+“ von Vermögensverwaltern unter die Lupe nimmt. Nach Beginn der Untersuchung des Ausschusses schieden fünf große US-Firmen daraus aus. Der Bericht hat einen klaren politischen Unterton mit Kritik an linksradikalen Organisationen, die wie ein Kartell die Vermögensverwalter unter Druck setzten. Doch gerade dieser Versuch der Nötigung ist die Schwäche der Klimaallianz, die sie juristisch angreifbar macht. Doch trotz aller politischen Kritik sind es die Zahlen, die zeigen, daß sich ESG eben nicht immer rechnet. Dazu kommt noch die zunehmende Einsicht, daß es grundlegende Probleme mit dem Begriff „Nachhaltigkeit“ gibt. Es geht schon mit der Definition los, was genau „grün“ ist. Apple etwa gilt manchen als „grün“, weil die Umweltschäden bei den Zulieferern anfallen, nicht dem Konzern selbst. Der Ölmulti Exxon konnte als „grün“ durchgehen, weil er viel in Solartechnik investiert. Andere verteufeln Exxon als Dinosaurier der CO₂-Ära, der in kein ESG-Portfolio gehört. Die Konsequenzen einer ESG-Einstufung können kontraproduktiv sein: Wer schon sauber produziert, wird mit günstigem Kapital überschüttet. Wer eigentlich investieren müßte, um umweltschonender zu werden, bekommt aber kein Kapital, weil nur der Ist-Zustand zählt. ESG-Anlagen werden mit dem Herzen gemacht, nicht dem Kopf. Langfristig wird sich die Einsicht durchsetzen, daß geringere CO₂-Emissionen eine Konsequenz von Effizienzsteigerungen sind, kein Selbstzweck. JF 28/24
Thomas Kirchner
Könnte „Woke Capitalism“ bald sein grünes Antlitz verlieren? Überraschend verwirft der Vermögensverwalter Blackrock die Idee grüner Anlagen. Eine Ressource entscheidet darüber. Von Thomas Kirchner.
Anlagen,Blackrock
Wirtschaft
2024-07-07T18:44:23+02:00
2024-07-07T20:06:30+02:00
https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2024/blackrocks-ruckzug-von-nachhaltigen-anlagen-nur-eine-modewelle/
Dieser Ex-Außenminister will Kanada in die EU holen
BREMEN. Ex-Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat sich angesichts der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump für eine Aufnahme Kanadas in die EU ausgesprochen. „Ich würde den Ka­nadiern anbieten, Mitglied der Eu­ropäischen Union zu werden. Das wäre wahrscheinlich das Sinnvollste. Vielleicht nicht voll integriert wie alle ­anderen, aber vielleicht teilweise“, sagte der SPD-Politiker dem Weser-Kurier. Ohnehin sei „Kanada europäischer als manches Mitglied der Europäischen Union“. Laut den Richtlinien der EU können nur „europäische Staaten“ einen Aufnahmeantrag stellen. Was allerdings ein „europäischer Staat“ ist, kann die EU-Kommission selbst definieren. Daß Kanada etwa einer sein könnte, schloß die FDP-EU-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann aus. „Ein vollständiger EU-Beitritt Kanadas klingt schön, ist aber weder realistisch noch vertraglich machbar“, sagte sie der Funke-Mediengruppe. Mit Blick auf Trumps Außenpolitik sprach Gabriel sich für Verhandlungen mit den USA aus. „Was sollen wir sonst tun? Die Amerikaner zu unserem Feind erklären?“ Denn selbst mit Trump an der Spitze stünden die USA uns „noch deutlich näher als Russland oder China“. Gerade in manchen osteuropäischen Staaten sei das Vertrauen, daß Deutschland oder Frankreich eigene Soldaten opfern würden, um sich gegen Aggressionen zu wehren, kaum ausgeprägt. Besorgt zeigte sich Gabriel, daß es „zu einer Weiterverbreitung von Nuklearwaffen“ kommen könnte, wenn die USA den nuklearen Schutzschild für die europäischen Nato-Länder aufheben würden. Er nannte konkret Länder „wie Polen, aber auch die Türkei“, die dann Atomwaffen in ihren Ländern stationieren könnten. Wenig Verständnis bringt Gabriel auch für die Zollpolitik Trumps auf. Dieser hatte in dieser Woche angekündigt, zahlreiche Länder mit hohen Zöllen zu belegen. Unter anderem auch die EU mit 20 Prozent für Exporte in die USA. „Ich glaube, daß das alles den Welthandel nur ins Chaos stürzt und am Ende auch den USA nicht hilft“, sagte der Politiker, der von 2013 bis 2017 auch Wirtschaftsminister unter Angela Merkel (CDU) war. Er plädierte deswegen für Verhandlungen. (ho)
JF-Online
Die Spannungen zwischen den USA unter Donald Trump und Kanada nehmen immer weiter zu. Ein erster deutscher Spitzenpolitiker fordert nun die Aufnahme des Landes in die EU – und äußert eine Befürchtung mit Blick auf US-Atomwaffen.
KAnada
Ausland
2025-04-05T13:32:34+02:00
2025-04-05T13:33:29+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2025/dieser-ex-aussenminister-will-kanada-in-die-eu-holen/
Von der Leyen will Kasernen umbenennen
BERLIN. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat angekündigt, Kasernen mit Namen von Wehrmachtssoldaten umbenennen zu lassen. „Wenn wir in den kommenden Monaten den 35 Jahre alten Traditionserlaß modernisieren, müssen wir auch an das Thema Kasernennamen ran“, sagte von der Leyen der Bild am Sonntag. „Ich finde, die Bundeswehr muß nach innen und außen klar signalisieren, daß sie nicht in der Tradition der Wehrmacht steht.“ Gleichzeitig riet sie der Bundeswehr, sich stärker auf ihre eigene 60jährige Geschichte zu konzentrieren. „Warum nicht auch in Kasernennamen? Die Debatte wird jetzt im Lichte der aktuellen Ereignisse neu geführt werden.“ Rommel, Marseille, Lent Betroffen von der Umbenennungsaktion könnten unter anderem die Marseille-Kaserne im schleswig-holsteinischen Appen-Uetersen (benannt nach dem Jagdflieger Hans-Joachim Marseille, abgestürzt 1942), die Lent-Kaserne in Rotenburg (benannt nach dem Nachtjäger Helmut Lent, abgestürzt 1944), zwei Generalfeldmarschall-Rommel-Kasernen in Dornstadt (Baden-Württemberg) und Augustdorf (Nordrhein-Westfalen), die General-Thomsen-Kaserne Stadum (Schleswig-Hostein) (benannt nach dem General Hermann von der Lieth-Thomsen, gestorben 1942, der zu den Mitbegründern der deutschen Luftwaffe zählt) und die General-Steinhoff-Kaserne (benannt nach Johannes Steinhoff, Oberst der Wehrmacht und später Generalleutnant und Inspekteur der Luftwaffe der Bundeswehr) in Berlin sein. Ausnahmen dürfte es jedoch für Kasernen und Einrichtungen geben, die nach Mitgliedern des Widerstands gegen Hitler um Claus Schenk Graf von Stauffenberg benannt sind. Fraglich ist, wie von der Leyen mit einem der Gründungsväter der Bundeswehr, Adolf Heusinger, umgeht. In Hammelburg ist eine Kaserne nach dem General benannt, der am 20. Juli 1944 am Kartentisch neben Hitler stand, als dort die Bombe Stauffenbergs explodierte. Heusinger, der 1957 der erste Generalinspekteur der Bundeswehr wurde, gehörte nicht dem militärischen Widerstand gegen Hitler an. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Volker Wieker, hatte am 5. Mai angeordnet, alle Liegenschaften der Bundeswehr mit Blick auf das Traditionsverständnis zur Wehrmacht zu untersuchen. Hintergrund ist der Fall der Fürstenberg-Kaserne in Donaueschingen. Hier waren bei einer Inspizierung mehrere Wehrmachtsdevotionalien aufgefallen. Mittlerweile hat von der Leyen angekündigt, den Traditionserlaß von 1982 überarbeiten zu lassen. Der Erlaß regelt unter anderem, wie die Bundeswehr mit ihrem militärischen Erbe umgeht. Das Dritte Reich und der Nationalsozialismus werden dabei explizit als Traditionsstifter ausgeschlossen, nicht aber einzelne Soldaten der Wehrmacht. (krk)
JF-Online
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat angekündigt, Kasernen mit Namen von Wehrmachtssoldaten umbenennen zu lassen. Die Bundeswehr müsse nach innen und außen klar signalisieren, daß sie nicht in der Tradition der Wehrmacht stehe.
Deutschland
2017-05-15T11:11:03+02:00
2017-05-15T12:43:18+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2017/von-der-leyen-will-kasernen-umbenennen/
ich-tus-nicht.de
Ich tu’s nicht“ — mit dieser Aussage wenden sich mehr als 60 junge Leute auf der gleichnamigen Internetseite www.ich-tus-nicht.de gegen eine Abtreibung. Ins Leben gerufen hat das neue Angebot, das seit Ende August abrufbar ist, der 22jährige Student Nathanael Liminski aus Sankt Augustin bei Bonn. Aufhänger für die Aktion des katholischen Christen ist eine Kampagne des Stern aus dem Jahr 1971. Damals hatten in dem Magazin 374 Frauen behauptet, abgetrieben zu haben. Für die jungen Männer und Frauen, die nun 37 Jahre später an die Öffentlichkeit gehen, kommt eine Abtreibung nicht in Frage. In ihren Stellungnahmen geben sie ihr unbedingtes Bekenntnis zum Leben ab. „Es sind junge Frauen, die ihre natürliche Begabung zur Mutterschaft nicht abstreifen wollen. Es sind junge Männer, die um ihre Verantwortung für die Schwangerschaft wissen und ihre Rolle in der Partnerschaft wahrnehmen wollen“, heißt es auf der Internetseite. „Es sind junge Menschen, die um den Wert von Kindern wissen und für ihren unbedingten Schutz in jeder Lebensphase eintreten wollen.“ Neben den persönlichen Stellungnahmen enthält die Seite auch Hintergrundberichte von Frauen, die unter besonders schwierigen Umständen schwanger geworden sind. Ferner finden sich Zahlen und Informationen zur Entwicklung der Abtreibungsstatistik in Deutschland. Nathanael Liminski, der in Bonn Jura, Politik- und Geschichtswissenschaften studiert, ist zugleich Initiator des Jugend-Netzwerks „Generation Benedikt“. Mehr dazu ebenfalls im Internet unter www.generation-benedikt.de (idea)
JF-Online
Ich tu’s nicht“ — mit dieser Aussage wenden sich mehr als 60 junge Leute auf der gleichnamigen Internetseite www.ich-tus-nicht.de gegen eine
Kultur
2008-09-05T00:00:00+02:00
2008-09-05T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/kultur/2008/ich-tus-nichtde/
„Die Deutschen sterben doch sowieso aus“
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Ulrich Clauß
Bei „hart aber fair“ wird ein Innenminister von Bedenkenträgern umzingelt, die ihm erklären, was in der Flüchtlingsfrage alles nicht geht. Und ein Karate-Afghane freut sich über die Flut der vielen „Fachkräfte“.
Deutschen,migration,klamroth
Medien
2024-03-12T15:15:55+01:00
2024-03-13T09:02:33+01:00
https://jungefreiheit.de/kultur/medien/2024/die-deutschen-sterben-doch-sowieso-aus/
Hans-Olaf Henkel wehrt sich erfolgreich gegen DGB-Schmähung
BERLIN. Der frühere Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Hans-Olaf Henkel (AfD), hat einen juristischen Sieg gegen den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) errungen. Der Sekretär des DGB-Südhessen, Horst Raupp, darf nicht weiter behaupten, Henkel habe dazu aufgerufen, Tarifverträge und das Betriebsverfassungsgesetz zu verbrennen. Eine entsprechende Unterlassungserklärung hat Raupp nach Angaben des Handelsblattes bereits unterschrieben. Der DGB-Sekretär hatte dem AfD-Kandidaten für die Europawahl am Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus im Januar zudem vorgeworfen, „sozialpolitisch schon immer ein Rechtsradikaler“ gewesen zu sein. Nicht der erste Streit zwischen AfD und Gewerkschaftsbund Der AfD hielt er vor, mit „Horrorszenarien“ Stimmung gegen Einwanderer zu machen. „Für braune Volksverhetzer mit ihren dumpfen, reaktionären, rassistischen und antisemitischen Parolen  ist kein Platz – weder an der Bergstraße noch anderswo.“ Henkel hatte daraufhin einen Anwalt eingeschaltet. Es ist nicht der erste Streit zwischen AfD und dem Gewerkschaftsbund. Im Januar sorgte ein Plakat am Nürnberger Gewerkschaftshaus für Aufregung, in der neben dem Slogan „Keine Nazis in den Nürnberger Stadtrat“ ein durchgestrichenes AfD-Logo abgebildet war. Die Partei stellte daraufhin Strafanzeige wegen übler Nachrede und dem unerlaubten Verwenden des Parteilogos. (ho)
JF-Online
Der frühere Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Hans-Olaf Henkel (AfD), hat einen juristischen Sieg gegen den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) errungen. Der Sekretär des DGB-Südhessen, Horst Raupp, hatte Henkel unter anderem rechtsradikale Positionen vorgeworfen.
Deutschland
2014-02-18T15:35:25+01:00
2014-02-18T17:31:31+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2014/hans-olaf-henkel-wehrt-sich-erfolgreich-gegen-dgb-schmaehung/
Söder gibt AfD Schuld am Erstarken des Antisemitismus
BERLIN. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat die AfD für einen Anstieg des Antisemitismus verantwortlich gemacht. Die Partei spiele hierbei eine „zentrale Rolle“, sagte der CSU-Chef am Sonntag in der ARD. Wenn AfD-Abgeordnete auf Nachfrage nicht wüßten, ob es sich bei bestimmten Aussagen um Äußerungen Adolf Hitlers handle, oder um Schriften von Thüringens AfD-Chef Björn Höcke, dann liege dies möglicherweise daran, „daß es da keinen großen Unterschied gibt“, erläuterte Söder. „Die Art und Weise, wie insbesondere ‘Der Flügel’ Stück für Stück versucht, etwas hoffähig zu machen, das ist eindeutig eine Vorstufe des Antisemitismus.“ Hier brauche es eine klare Abgrenzung. „Nur, wenn wir alle als Demokraten uns gegen so etwas wehren, dann bleibt unsere Demokratie stark. Aufstehen gegen „das darf man doch noch mal sagen“-Mentalität Er rufe deshalb dazu auf, „Vorläufer des Antisemitismus im politischen Raum“ klarer zu stellen. Es müsse klar sein, daß ein Angriff auf jüdisches Leben immer auch „ein Angriff auf uns alle“ sei. Söder plädierte dafür, die bayerische Regelgung, nach der antisemitisch motivierte Straftaten nicht wegen Geringfügigkeit eingestellt werden können, auf ganz Deutschland auszuweiten. Außerdem brauchten die Staatsanwaltschaften Antisemitismusbeauftragte. Der Ministerpräsident mahnte, stärker gegen eine sogenannte rechte „das darf man doch noch mal sagen“-Mentalität aufzustehen. Hier sei die ganze Zivilgesellschaft gefragt. Bereits im vergangenen Sommer hatte Söder die AfD beschuldigt, „auf dem Weg zu einer neuen NPD“ zu sein. CSU-Mitglieder dürften mit Vertretern der Partei nicht einmal einen „Kaffeeplausch“ halten. Im Landtagswahlkampf 2018 hatte die CSU die AfD in einem Strategiepapier als „braunen Schmutz“ bezeichnet, der in Bayern nichts verloren habe. (krk)
JF-Online
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat die AfD für einen Anstieg des Antisemitismus verantwortlich gemacht. Die Zivilgesellschaft müsse daher gegen eine sogenannte rechte „das darf man doch noch mal sagen“-Mentalität aufstehen.
Deutschland
2020-01-27T10:57:02+01:00
2020-01-27T10:57:02+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2020/soeder-gibt-afd-schuld-am-erstarken-des-antisemitismus/
Päpstliche Ostdiplomatie Carl Gustaf Ströhm
Während die katholische Kirche auch nach Ende der „großen Feindseligkeiten“ im Irak sehr besorgt über das künftige Schicksal der dort lebenden Christen ist, wendet Papst Johannes Paul II. seinen Blick bereits weiter nach Osten. Seit Beginn seines Pontifikates will er Moskau besuchen und die Aussöhnung mit der russischen Orthodoxie vollziehen. Michael Gorbatschow, damals noch Partei- und Staatschef der Sowjetunion, hat den polnischen Papst (auch die Nationalität ist für die russische Orthodoxie nicht ohne negative Bedeutung) bereits 1989 nach Moskau eingeladen. Aber während der reiselustige Papst fast überall hinkam, blieb ihm Rußland verschlossen – Patriarch Alexius II. legte sich quer. Nun meint Johannes Paul II. einen Weg gefunden zu haben, doch noch russischen Boden zu betreten. Im August hat der Papst eine Reise in die Mongolei im Programm. Aus diesem Anlaß müsse die päpstliche Sondermaschine einen „technischen Zwischenhalt“ in Kasan an der Wolga, der Hauptstadt von Tatarstan, einlegen. Bei dieser Gelegenheit wolle der Papst eine der bedeutendsten Ikonen dem Moskauer Patriarchen zurückgeben: die Ikone der Heiligen Mutter Gottes von Kasan. Sie hat für die russische Orthodoxie eine fast mythische Bedeutung. Zu ihr beteten die Russen in Augenblicken höchster Not – wenn Tataren, Polen, Schweden und Franzosen „Mütterchen Rußland“ bedrohten. Nun befindet sich die wundertätige Ikone in der Obhut des Vatikans und der Papst hat dem Bürgermeister von Kasan, Kamil Isajew, sowie dem Präsidenten der zur Russischen Föderation gehörenden Autonomen Republik Tatarstan, Mintimer Schajmijew, zugesagt, die Ikone bei nächste Gelegenheit restituieren zu wollen. Es ist eine Ironie der Geschichte, daß zwei muslimische Tataren, deren damals kriegerische Vorfahren Rußland unter das „tatarische Joch“ zwangen, nun die Fürsprecher der Rückgabe eines christlichen Heiligenbildes sind. Dahinter wird die Problematik der ethnisch-nationalen Beziehungen zwischen muslimischen Tataren und orthodoxen Russen sichtbar, die beide das Territorium der erdölreichen Republik an der Wolga bewohnen. Als Erster berichtete der polnische Radiosender RMF-FM von den Plänen des Papstes. In Kasan, 800 Kilometer östlich von Moskau, werde er bei einem Zwischenhalt die Ikone der orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats übergeben. Dies sollte als Geste der Versöhnung zwischen West- und Ostkirche verstanden werden. Der Sprecher des Vatikans, Joaquín Navarro-Valls, hat die polnische Radiomeldung inzwischen bestätigt. Vom entscheidenden Adressaten der vatikanischen Bemühungen kamen unfreundliche Reaktionen. Alexius II. ließ erklären, auch 15 Jahre nach der durch Gorbatschow ausgesprochenen Einladung sei die Zeit für eine Begegnung mit dem Papst nicht reif. Ein Sprecher des Moskauer Patriarchen sagte inzwischen, eine Begegnung zwischen Alexius und Johannes Paul II. sei nur möglich, wenn vorher die „Demütigung“ der Orthodoxie durch den Katholizismus „auf dem Territorium der Ukraine“ beendet werde – sprich: die Unterstützung der ukrainischen Unierten, die Moskau als Abtrünnige betrachten. Man verstehe im Patriarchat auch nicht, warum die „Rückgabe eines von vielen heiligen Gegenständen, die ‚illegal‘ aus Moskau entwendet wurden“, plötzlich in den Mittelpunkt rücken solle. Die Konfrontation reicht viel tiefer. Moskau sieht sich eben noch immer als das „Dritte Rom“.
JF-Online
Während die katholische Kirche auch nach Ende der "großen Feindseligkeiten" im Irak sehr besorgt über das künftige Schicksal der dort lebenden Christen ist,
Politik
2003-04-25T00:00:00+02:00
2003-04-25T00:00:00+02:00
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Ins Schwarze getroffen
Er ist immer noch da. Hitler. Ein Untoter. Dabei sollte man ihn endlich mal ruhen lassen, denn zur Hitler-Langeweile kommt die Hitler-Lähmung hinzu: Eine Formulierung nationaler Interessen, die Zurückweisung maßloser Forderungen von Migrantenverbänden oder der Verzicht auf weitere Euro-Rettungs-Höllenritte fallen „wegen Hitler“ unter ein grundsätzliches „Autobahn“-Verdikt. Neben dem Monsterhitler gibt es den Kasperhitler, von dem die Kabarettisten zehren. Wohlig lehnt man sich zurück und freut sich seiner moralischen Erhabenheit, oder man lacht schenkelklopfend über die Dummheit der Nazi-Spießer-Opas. Gut, daß wir nicht mehr so sind wie die damals! Plötzlich ist er jedoch ganz anders „wieder da“; wir sitzen als Leser in seinem Kopf und ertappen uns dabei, wie wir beifällig nicken, wenn ein irritierend vernünftiger Adolf seine Gedanken zum heutigen Deutschland ausbreitet. Sehr einleuchtend, was er über verantwortungslose Parteipolitiker, den Kanzlerinnenwahlverein CDU, die FDP-Jünglinge, eine SPD, die es nicht mehr zu verbieten lohne, oder die Grünen, deren Ideologie ihm am ehesten zusage, mitzuteilen hat, nachdem er mitten in Berlin aus einer Art Winterschlaf erwacht ist und wieder „von vorne anfängt“. Auch die NPD kommt schlecht weg; der Erfinder dieses gar nicht so satirischen Hitler will ja nicht falsch verstanden werden. Peinliches Porträt unserer Mediendemokratie Insgesamt wird unsere Mediendemokratie peinlich zutreffend porträtiert: Die Bild-Zeitung ereifert sich zunächst über den geschmacklosen Komiker, arrangiert sich jedoch bald ganz gut mit ihm; einige Politiker und der Zentralrat der Juden protestieren etwas, aber seine scheinbaren Sketche werden von einer findigen Produktionsfirma hervorragend vermarktet; der Führer avanciert zum Medienstar, findet Anhänger, weil er den Nationalsozialismus offenbar so hintersinnig karikiert, und seine heutigen Fans, sympathische moderne Menschen, merken nicht, wie schnell sie ihm verfallen. Timur Vermes, ein 1967 geborener Journalist und Ghostwriter, hat ein außerordentliches Buch vorgelegt, das auf den ersten Blick klar und einfach erscheint und doch in keine Schublade paßt. „Der Roman“ steht in dezenter roter Schrift auf dem minimalistischen Schwarzweiß-Cover mit stilisiertem Führerscheitel und dem bekannten Bärtchen, der von den vier Worten des Titels „Er ist wieder da“ gebildet wird. Nur diese Markenzeichen treten aus dem Nichts eines weißen Hintergrundes hervor, so unvermittelt, wie Hitler in ölverschmutzter Uniform wieder auftaucht. Konfrontation mit einem ganz er selbst gebliebenen Hitler Wie und warum letzteres geschieht, wird offengelassen; es geht nicht um eine romanhafte Narration, gar um eine Science-fiction-Geschichte von Hitlers Überleben (das man sonst in Südamerika oder der Antarktis imaginiert), sondern um die Konfrontation eines ganz er selbst gebliebenen, aber sich überraschend gut zurechtfindenden Hitler mit unserer Gegenwart. Der übliche Zeigefinger-Moralismus des „noch fruchtbaren Schoßes“ ist Vermes fremd: Hitler und die Nazis sind gerade nicht die anderen, von denen sich jeder so unendlich weit entfernt glaubt – aber der Schauder, der einen erfassen müßte, wenn man Hitlers Erkundungen zu weiten Teilen zustimmt, stellt sich doch nicht wirklich ein. Der Autor begründet diese Verführung in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung mit dem „schleichenden Übergang von Vernunft zu Irrsinn“, der Hitler so gefährlich mache. So recht mag man Vermes den Aufklärer 2.0, der sich von den leeren Ritualen staatlicher „Erinnerungskultur“ absetzt, aber nicht glauben, weshalb Götz Kubitschek das eigentlich Satirische nicht in der Behandlung Hitlers sieht, sondern in den „hintergründigen wie messerscharfen Bloßstellungen des lebenden politischen und medialen Personals unserer Republik“ (Sezession 52/2013). Man könnte das Buch folglich als Satire der Political Correctness lesen, wenn nur eins nicht wäre: eben die Tatsache, daß alle treffenden Bonmots, die nicht nur rechten Lesern ein zustimmendes Murmeln abnötigen, ausgerechnet von Hitler stammen. Wenig humorvoller Ruf nach Gedankenüberwachung So betrachtet, kann man den Roman auch umgekehrt interpretieren: als clevere Apologie der Alternativlosigkeit im Sinne der Herrschaftsphrase, „wer nicht für uns – die politische Klasse – ist, der ist kein Demokrat und letztlich irgendwie für Hitler“. Dazu paßt Vermes’ wenig humorvoller Ruf nach mehr Überwachung sogar unserer privaten Gedanken: Die Bewertung von Hitlers Denken „bleibt dem Leser überlassen, aber wer das für harmlos hält, den beobachtet hoffentlich schon der Verfassungsschutz“. Dies könnte eine kalkulierte Verbeugung sein, aber es steht zu befürchten, daß sie ernst gemeint ist. Ungeachtet der sich wohl erst durch weitere Publikationen klärenden Intentionen des Autors macht dieses Changieren den Reiz des wunderlichen Buches aus. Man möchte es als schwarz oder weiß, politisch korrekt oder inkorrekt, Ulk oder Warnung, Hitler-Persiflage oder Kritik des heutigen Politbetriebs einsortieren, aber es entzieht sich jeder vorschnellen Zuschreibung. „Warum ist dieses Buch immer noch auf der Eins?“ Wahrscheinlich tat sich deshalb das etablierte Feuilleton so schwer mit ihm und nicht allein wegen der verdrucksten Ängstlichkeit der Rezensenten, bloß nicht den richtigen Ton zu verfehlen, da es ja um Hitler geht und jeder Fehltritt den Job und das schmale Zeilenhonorar kosten kann. Über 400.000 Exemplare haben sich dennoch seit Herbst verkauft, bislang in 27 Sprachen wurde das Buch übersetzt, auch das Hörbuch, gelesen von Christoph Maria Herbst, ist ein Bestseller – und das alles ohne aufwendige Pressekampagne und begleitet von dem Unwillen des Feuilletons. Der Spiegel kommentierte Vermes’ Spitzenplatz auch auf der Hörbuch-Bestsellerliste verärgert: „Hitlers Stimme, Deutschlands Geheimnis: Warum ist dieses Buch immer noch auf der Eins?“ Nun, offenbar traf dieses Roman-debüt ins Schwarze, indem es uns für sinnige 19,33 Euro einen freundlich-überzeugenden Hitler vorführt und mit unserer verschämten Dreiviertelzustimmung um so ratloser zurückläßt. ——————————— JF-Buchtipp: Timur Vermes: Er ist wieder da. Der Roman. Eichborn Verlag, Köln 2012, gebunden, 396 Seiten, 19,33 Euro JF 15/13
JF-Online
Er ist immer noch da. Hitler. Ein Untoter. Wir sitzen als Leser in seinem Kopf und ertappen uns dabei, wie wir beifällig nicken, wenn ein irritierend vernünftiger Adolf seine Gedanken zum heutigen Deutschland ausbreitet. Timur Vermes' Hitler-Persiflage entzieht sich jeder vorschnellen Zuschreibung.
Kultur
2013-04-06T15:02:00+02:00
2013-12-03T19:24:13+01:00
https://jungefreiheit.de/kultur/2013/ins-schwarze-getroffen/
Brandenburg finanziert Demonstrationen gegen Rechts
POTSDAM. Die AfD im Brandenburger Landtag hat die finanzielle Unterstützung linker Demonstrationen durch die rot-rote Landesregierung scharf kritisiert. „Das erinnert mich sehr stark an die Jubel-Feiern der SED. Nur bezahlt hier der Staat Demonstranten, um einseitig gegen vom Bürger gewählte Parteien mobil zu machen. So etwas ist ein eklatanter Verstoß gegen die Neutralitätspflicht“, sagte der innenpolitische Sprecher Thomas Jung der JUNGEN FREIHEIT. Er forderte: „Das muß sofort aufhören.“ Die Brandenburger Landesregierung hatte im vergangenen Jahr mehrere Demonstrationen gegen Rechts finanziell gefördert. Insgesamt wurden fünf Kundgebungen von der rot-roten Landesregierung unterstützt, darunter auch ein „interkulturelles Picknick“. Dies geht aus einer Antwort der Regierung auf eine Anfrage der AfD-Abgeordneten Thomas Jung und Andreas Galau hervor. Demomaterial finanziert Die Koalition verteidigte die Förderung: „Protestaktionen gegen rechtsextreme Demonstrationen sind eine sehr wichtige zivilgesellschaftliche Maßnahme, um ein Zeichen gegen Rassismus, Extremismus und Fremdenfeindlichkeit zu setzen. Deshalb unterstützt die Koordinierungsstelle ‘Tolerantes Brandenburg’ der Landesregierung solche Demonstrationen auf verschiedene Art und Weise“, heißt es in der Antwort. Es seien unter anderem Infozettel sowie „Demomaterial“ zur Verfügung gestellt worden. Nicht ausschließen konnte die Potsdamer Regierung, daß Demonstranten auch Fahrtkostenzuschüsse erhielten. Dies liege in der Hand der Trägervereine, die unterstützt wurden. Nach Angaben der Bild-Zeitung sollen pro Demonstration bis zu 11.000 Euro an Steuergeldern zur Verfügung gestellt worden sein. Zudem habe ein „Demokratie-Mobil“ 16 linke Demonstrationen unterstützt. (ho)
JF-Online
Die Brandenburger Landesregierung hat im vergangenen Jahr mehrere Demonstrationen gegen Rechts mit bis zu 11.000 Euro gefördert. Die AfD im Landtag zeigte sich empört: „Das erinnert mich sehr stark an die Jubel-Feiern der SED“, sagte der innenpolitische Sprecher Thomas Jung der JUNGEN FREIHEIT.
Deutschland
2016-01-21T09:24:17+01:00
2016-01-21T10:13:53+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2016/brandenburg-finanziert-demonstrationen-gegen-rechts/
Kabeldiebe räumen Asylbewerberheim aus
DUISBURG. Kabeldiebe haben die komplette Stromverkabelung eines Gebäudes in Beeck entwendet. Das Haus wird derzeit für Asylbewerber hergerichtet. Der Schaden an der gerade erst sanierten Elektroanlage wird auf 20.000 Euro geschätzt. Auch verzögert sich die Fertigstellung des Asylbewerberheims um mindestens drei Wochen. In den Gebäudekomplex sollen rund neunzig Asylbewerber aus Syrien und Tschetschenien einziehen. „Wir haben derzeit auf vielen unserer Baustellen Probleme mit Metalldieben“, berichtete der Chef des Immobilienmanagements Duisburg, Uwe Rohde, gegenüber dem Nachrichtenportal Der Westen. Dennoch sei ein Metalldiebstahl dieser Größenordnung ungewöhnlich. „Es ist verrückt!“ Sicherungsmaßnahmen mit Bewegungsmeldern und Überwachungskameras hätten nicht geholfen. Nun werden die Baustellen durch eine Sicherheitsfirma überwacht. „Aber das kostet natürlich eine Menge extra.“ Auch mit Brandstiftung haben die Immobilienverwalter zu kämpfen. Vergangenes Wochenende funktionierte eine Warnsirene nicht, da die Leitungen gestohlen wurden. Durch den jüngsten Vorfall wird sich der Erstbezug des Asylbewerberheims bis Ostern 2014 hinziehen. Ursprünglich sollten die Bauarbeiten noch dieses Jahr abgeschlossen werden. (FA)
JF-Online
Metalldiebe haben die komplette, gerade erst sanierte Stromverkabelung eines Gebäudes in Beeck entwendet. Das Haus wird derzeit für Asylbewerber hergerichtet. Der Schaden wird auf 20.000 Euro geschätzt.
Deutschland
2013-11-28T11:17:00+01:00
2013-12-03T13:40:44+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2013/kabeldiebe-raeumen-asylbewerberheim-aus/
Bundestagsabgeordnete dürfen sich über mehr Geld freuen
BERLIN. Für die 736 deutschen Bundestagsabgeordneten hat sich eine erneute Erhöhung ihrer Diäten angekündigt. Sie können sich auf ein monatliches Gehaltsplus von 351 Euro einstellen, wie aus Berechnungen des Statistischen Bundesamts zur Entwicklung des Nominallohns im vergangenen Jahr hervorgeht. Demnach ist dieser im Vergleich zum Vorjahr um 3,4 Prozent gestiegen. Die Lohnentwicklung gibt die Diäten der Parlamentarier vor. Sie werden zur Jahresmitte automatisch angepaßt. Ab Juli erhalten die Volksvertreter somit 10.674,28 Euro brutto. Aktuell sind es 10.323,29 Euro. So stark stiegen die Diäten zuletzt 2015. Politiker, die ein Amt innehaben, können sich auf ein noch höheres Plus einstellen. So bekommt Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) als Amtszulage eine zusätzliche Diät, wie die Bild-Zeitung vorrechnete. Insgesamt verdient sie ab dem Sommer dann 21.349 Euro brutto pro Monat. Die fünf Bundestagsvizepräsidenten erhalten eine halbe Diät als Zulage. Sie erwarten ab Juli Bezüge in Höhe von 16.011 Euro – 525 Euro mehr als aktuell. Die Vorsitzenden der Bundestagsausschüsse, Enquetekommissionen und des Parlamentarischen Kontrollgremiums winken zusätzlich 15 Prozent einer Diät. In der Summe sind das 404 Euro mehr und dann insgesamt 12.275 Euro brutto pro Monat. Auch die Pensionen der 736 Parlamentarier werden sich ab Juli erhöhen. Für jedes Jahr, das sie im Bundestag sitzen, erhalten sie 267 Euro Pension. Ein Durchschnittsverdiener müßte dafür 7,4 Jahre arbeiten. Nach einer gesamten Legislaturperiode stehen ihnen bereits 1.068 Euro Pension zu. Um auf diese Summe zu kommen, müßte der Durchschnittsverdiener rund 30 Jahre lang arbeiten. Zusätzlich zu den sogenannten Abgeordnetenentschädigungen erhalten die deutschen Parlamentarier eine steuerfreie Kostenpauschale von aktuell 4.583,39 Euro, mit der sie beispielsweise ein Wahlkreisbüro richtigen können. Zudem dürfe sie kostenlos Bahn fahren und erhalten bis zu 12.000 Euro im Jahr für Bürobedarf. (zit)
JF-Online
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags dürfen sich ab Juli auf ein dickes Gehaltsplus freuen. So stark wie im kommenden Sommer wurden die Diäten der Politiker zuletzt 2015 erhöht.
Bundestagsabgeordnete,Diäten
Deutschland
2023-02-09T11:14:59+01:00
2023-02-09T11:14:59+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/plus-fuer-politiker/
Weiterer Habeck-Staatssekretär im Zwielicht
BERLIN. Nachdem er Patrick Graichen in den einstweiligen Ruhestand versetzt hat, muß Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Fragen zu einem anderen seiner Staatssekretäre aufklären. Wie der Buisness Insider (BI) berichtet, der mit seinen Recherchen bereits RBB-Intendantin Patricia Schlesinger zu Fall brachte, ist Staatssekretär Udo Philipp privat in diverse Startup-Unternehmen investiert. Und im Wirtschaftsministerium ist er für die Förderung genau dieser Branche zuständig. Philipp arbeitete zuvor als Deutschland-Chef von EQT, einem der größten Private Equity Fonds in Europa. Nun entwickelt er namens der Bundesregierung die Förderstrategie für die junge deutsche Gründer-Szene. Bis 2030 will die Bundesregierung zehn Milliarden Euro für die Unternehmen bereitstellen. Durch seine privaten Investments könnte er zu „einem Profiteur der Politik des Ministeriums“ werden, schreibt BI. Zwischenzeitlich räumte Philipp gegenüber dem Medium ein, daß sein privates Geld in stillen Einlagen, Krediten und offenen Beteiligungen diverser Startups steckt. Er weigerte sich jedoch, die Namen der Unternehmen zu nennen. Am Himmelfahrtstag wurde der Druck so groß, daß das Wirtschaftsministerium die genauen Beteiligungen transparent machte. Philipp hat demnach Anteile an vier Startups: 4,1 Prozent an der Africa GreenTec in Hainburg, 13,6 Prozent an LMP in Frankreich, 5,1 Prozent an der CSP in Großköllnbach sowie 8,3 Prozent an der MST Group in München. Das Unternehmen Africa GreenTec, an dem Philipp, beteiligt ist, habe zwei Förderungen vom Bundeswirtschaftsministerium erhalten. Der Staatssekretär sei an der Entscheidung angeblich aber nicht beteiligt gewesen. Über die mögliche Interessenskonflikte des Habeck-Staatssekretärs sollen die Abgeordneten am Mittwoch in einer gemeinsamen Sitzung des Wirtschaftsausschusses mit dem für Klimaschutz und Energie öffentlich beraten. Das hat die CDU/CSU-Fraktion beantragt. Dabei soll es auch um die weitere Aufklärung der Vetternwirtschaft von Ex-Staatssekretär Graichen gehen. (fh)
JF-Online
Habeck-Sumpf und kein Ende: Auch bei einem anderen Staatssekretär gibt es Interessenskonflikte. Er ist verantwortlich für die Förderung von Startups und hat sein privates Geld in Startups investiert. Eines dieser Unternehmen erhält Gelder vom Wirtschaftsministerium.
habeck
Deutschland
2023-05-19T06:31:30+02:00
2023-05-19T06:58:33+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/habeck-neuer-skandal/
Das Ende eines Sonderweges
In meiner Kindheit machten wir Anfang der siebziger Jahre Urlaub in der Lüneburger Heide. Wir spazierten zu einer gesprengten Elbbrücke. Unser Vater wies nach Osten und meinte: „Dort drüben geht Deutschland weiter.“ Ich bin mit dem Bewußtsein großgeworden, daß die Teilung ein anormaler, gewaltsamer Zustand war. Ab 1983 besuchte ich jedes Jahr unsere kirchliche Partnergemeinde in der DDR und besah die Mauer in Berlin von östlicher Seite. Sollte hier unsere Geschichte enden? Für die deutsche Einheit zu kämpfen hätte das wichtigste politische Ziel sein müssen – dachte ich. Doch begegneten uns Lehrer, Pfarrer, Journalisten, Professoren, die in scheinbar großer Mehrheit verkündeten: Das Zeitalter der Nationalstaaten sei vorbei, es sei ein Segen, daß Deutschland nicht mehr einen gefährlichen großen Block in der Mitte Europas bilde und den Frieden in Europa nicht mehr bedrohen könne. Unbändige Freude brach sich Bahn Beim Wehrdienst erklärte mir mein Kompaniechef im Spätsommer 1989, als wir über die Meldungen von Demonstrationen und Massenflucht aus der DDR sprachen, die Mauer stehe noch in den nächsten 50 Jahren. Viele hatten es sich in Westdeutschland behaglich im Schatten der Mauer eingerichtet, auf deren östlicher Seite 17 Millionen Deutsche im Spiel des Lebens einfach die Niete gezogen hatten. Mit dieser politischen Windstille war es am 9. November 1989 vorbei. Die Straßen waren schwarz vor Menschen, als ich mit Freunden am 10. November in Berlin eintraf. Unbändige Freude brach sich Bahn. Mit der furchtbaren Mauer fiel eine tonnenschwere Last von uns ab. Der „Rückruf in die Geschichte“ (Karlheinz Weißmann) war da. Für die erdrückende Mehrheit der Deutschen auf beiden Seiten der Mauer stellte sich nie die Frage der Einheit – sie hatten niemals aufgehört, sich selbstverständlich als eine Nation zu verstehen. Das war für Teile der Politischen Klasse, vor allem der Linken, empörend. Gerade das hatte man geglaubt, doch überwunden zu haben. Die Wut bei westdeutschen Linksintellektuellen darüber, daß die Deutschen in der DDR vor 30 Jahren das von Gorbatschow angestoßene Tauwetter nutzten und die Mauer überrannten, dauert teilweise bis heute an: Ein Echo davon vernehmen wir, wenn aktuell die Rede ist von vermeintlicher „Rückständigkeit“ der Ostdeutschen, die die Frechheit besitzen, anders zu wählen als ihre aufgeklärten, kosmopolitischen Landsleute in Westdeutschland. Wir feiern eigentlich einen doppelten Mauerfall: einerseits den Einsturz der mörderischen Grenze, mit der die kommunistische DDR ihre Bürger einsperrte, andererseits den Zusammenbruch der postnationalen, ahistorischen Illusion eines westeuropäischen Sonderweges. Das Wunderbare ist doch: Seit dem 9. November 1989 ist die Geschichte wieder offen. JF 46/19
Dieter Stein
Mit der furchtbaren Mauer fiel am 9. November 1989 eine tonnenschwere Last von uns ab. Mit der politischen Windstille war es endlich vorbei. Unbändige Freude brach sich Bahn. Der Rückruf in die Geschichte war da. Ein Kommentar von JF-Chefredakteur Dieter Stein.
Streiflicht
2019-11-09T08:14:58+01:00
2019-11-09T08:14:58+01:00
https://jungefreiheit.de/debatte/streiflicht/2019/das-ende-eines-sonderweges/
Abwicklung der Bundesbank
Die den Deutschen aufgezwungene Einführung des Euros war durch das insbesondere von Frankreich verfolgte Ziel motiviert, die starke D-Mark abzuschaffen. Dahinter aber steckte nicht nur der Wunsch nach Beseitigung einer Währung, die unerwünschte nachbarliche Stärke demonstrierte. Den – auch von deutschen Politikern – gehaßten Machtfaktor im Hintergrund galt es zu eliminieren, die Deutsche Bundesbank. Die Gegner der D-Mark haben es geschafft. Mit dem Euro verlor die Bundesbank ihre Existenzberechtigung als Währungshüter. Nun nimmt die aktuelle Diskussion über die möglichen Nachfolgeaufgaben der Bundesbank den Rest an Ansehen, den sie einstmals genossen hat. Stück für Stück wird ihr die Aussicht auf neue Betätigungsfelder entzogen. Momentan ist es das Schuldenmanagement des Bundes, das der Bundesbank nur teilweise übertragen ist. Andere Teile liegen in der Kompetenz des Bundesfinanzministers. Eichel aber will diese Bereiche seines Ministeriums in eine private GmbH umwandeln, statt sie der Bundesbank zu übertragen. Auf der anderen Seite gerät die Bundesbank in das Kreuzfeuer der Banken. Ursache ist der Wunsch der Bundesbank, künftig die Aufgaben der Kreditaufsicht zu übernehmen. Der Bundesverband der deutschen Banken aber möchte die Bankenaufsicht weiterhin beim Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen beheimatet sehen. Mehr noch möchten die Banken eine Zusammenfassung der Banken-, Wertpapier- und Versicherungsaufsichtsämter – außerhalb der Bundesbank. Dann blieben der ehemals stolzen Deutschen Bundesbank gerade noch statistische Aufgaben und die Nachlaßverwaltung. Der Untergang war absehbar, seit die Bundesbank die D-Mark preisgeben mußte.
JF-Online
Die den Deutschen aufgezwungene Einführung des Euros war durch das insbesondere von Frankreich verfolgte Ziel motiviert, die starke D-Mark abzuschaffen.
Wirtschaft
2000-06-30T00:00:00+02:00
2000-06-30T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2000/abwicklung-der-bundesbank/
Für japanische Heiterkeit sind die Kassen zu knapp
In Berlin hat der Abriß der sogenannten ZumthorTürme begonnen, die den Blickfang des NS-Dokumentationszentrums „Topographie des Terrors“ bilden sollten. Unter ästhetischen Gesichtspunkten darf man das sogar bedauern. Nur wenige der neuen Bauten in Berlin können sich an Originalität mit dem preisgekrönten Projekt des Schweizer Architekten Peter Zumthor messen. Die „Topographie“ liegt auf dem Gelände des einstigen Prinz-Albrecht-Palais, wo sich bis 1945 der Reichssicherheitshauptamt befand. Zumthor, der für seine eskapistischen Projekte bekannt war, plante hier einen „unglaublich schönen“ Bau, ein „Spiel aus Licht und Schatten“ und eine „japanische strukturelle Heiterkeit“. Das Gebäude sollte für sich selber sprechen, Museumsdidaktik schien ihm überflüssig. „Nur der reine, sozusagen architekturphänomenologisch herauspräparierte Ort wird zu sehen sein.“ Die Temperatur im Innern hätte maximal 14 Grad betragen, was dem Besucher „das Gefühl des Draußenseins“ vermitteln sollte. Soviel Bodenlosigkeit hätte die Organisatoren von Anfang an abschrecken müssen, doch längst war die Vergangenheitsbewältigung zum Selbstläufer geworden. Knapp 15 Millionen Euro sind in den Sand gesetzt worden. Für die Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar standen nicht einmal fünf Millionen Euro zur Verfügung, um rechtzeitig einen modernen Brandschutz zu installieren. Nun endlich, in Zeiten knapper Kassen, hält man es in Berlin nicht mehr für vermittelbar, insgesamt 40 Millionen für ein weitgehend unpraktikables Gebäude auszugeben. Vor allem aber ist Zumthor am Holocaust-Denkmal gescheitert. Gleich zwei Großprojekte nur ein paar hundert Meter voneinander entfernt sind selbst den härtesten Wut-und-Trauer-Spezialisten zuviel. Die Riesenschlange der Vergangenheitsbewältigung ist in ihr kannibalistisches Stadium eingetreten, sie beißt sich in den eigenen Schwanz. Auch das ist eine Lösung.
JF-Online
In Berlin hat der Abriß der sogenannten ZumthorTürme begonnen, die den Blickfang des NS-Dokumentationszentrums "Topographie des Terrors" bilden sollten. Unter
Kultur
2004-12-10T00:00:00+01:00
2004-12-10T00:00:00+01:00
https://jungefreiheit.de/kultur/2004/fuer-japanische-heiterkeit-sind-die-kassen-zu-knapp/
Präzedenzfall
Vor wenigen Wochen zeigte sich die Öffentlichkeit überrascht, daß der Aufsichtsrat der Siemens AG den Top-Managern des Konzerns eine Gehaltserhöhung von 30 Prozent gewährt hat. Als befremdlich wurde dabei nicht empfunden, daß die Bezüge der Führungskräfte sich auch in diesem Unternehmen anders entwickeln als jene seiner Durchschnittsbeschäftigten. Über eine derartige Gestaltungsfreiheit muß eben verfügen, wer wirkliche Eliten motivieren und an sich binden will. Gerätselt wurde nur, welcher Geschäftserfolg durch die exorbitante Gehaltssteigerung honoriert worden sein mochte. Die Entwicklung der Siemens-Aktie und damit etwa eine außergewöhnliche Wertsteigerung für die Anteilseigner konnte jedenfalls nicht als Rechtfertigung herangezogen werden. Das Rätsel scheint nun gelüftet. Vor einem Jahr verschenkte Siemens seine defizitäre Mobilfunksparte an das taiwanesische Unternehmen BenQ und versüßte dem Neueigentümer die Transaktion durch weitere 350 Millionen Euro sozusagen als Risikoprämie obendrauf. BenQ hat nun nach einer Schonfrist jenen längst überfälligen Schritt gewagt, vor dem der Vorbesitzer aus gutem Grund zurückschrecken mußte. Von der in verschiedene Tochtergesellschaften aufgespaltenen einstigen Siemens-Sparte meldete soeben jene Insolvenz an, in der nicht die Vermögenswerte, sondern die Arbeitnehmer geführt werden. Ihnen droht jetzt der sang- und klanglose Übergang in die Erwerbslosigkeit, während sie unter dem Dach von Siemens immerhin eine in Einzelfällen sicher nicht unerhebliche Abfindung erwartet hätte. Sollte sich dieses Vorgehen als juristisch unbedenklich erweisen und Siemens dem politischen Druck, doch gefälligst Verantwortung zu übernehmen, standhalten, wäre damit ein Präzedenzfall geschaffen, wie Unternehmen im großen Stil mehr Flexibilität in Personalentscheidungen gewinnen, ohne das verkrustete Arbeits- und Sozialrecht gleich ganz außer Kraft setzen lassen zu müssen. Die Rolle des Partners ist dabei nicht notwendigerweise ausländischen Unternehmen vorbehalten, auch wenn es natürlich seinen Reiz hat, den Unmut der Öffentlichkeit auf landfremde „Heuschrecken“ zu lenken. Auch für so manche deutsche Firma, die zum Beispiel auf dem Gebiet der Arbeitsvermittlung gescheitert ist, könnte sich hier ein neues, lukratives Geschäftsfeld eröffnen. Der Gesetzgeber sollte ebenfalls seine Lehre aus diesem Fall ziehen: Wenn der rechtliche Schutz der Arbeitnehmer sowieso umgangen werden kann, braucht man ihn auch nicht zu verteidigen.
JF-Online
Vor wenigen Wochen zeigte sich die Öffentlichkeit überrascht, daß der Aufsichtsrat der Siemens AG den Top-Managern des Konzerns eine Gehaltserhöhung von 30
Kultur
2006-10-06T00:00:00+02:00
2006-10-06T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/kultur/2006/praezedenzfall/
Hamburg: Männerquote sorgt für Empörung bei Frauenbeauftragten
HAMBURG. Ein Gesetzentwurf des Hamburger Senats, nachdem Männer bei der Berufung zu Professuren künftig ebenfalls von Gleichstellungsquoten profitieren können, sorgt für Aufregung. Dies sei ein „fatales politisches Signal, welches eine besorgniserregende Unkenntnis der Realitäten an deutschen Hochschulen zeigt“, empörte sich die Gleichstellungsbeauftragte der Universität Hamburg, Britta Ramminger, nach Angaben der taz. Unterstützung bekam sie dabei von der Gleichstellungsbeauftragten der Hafencity Universität (HCU), Isabell Collien: „Wir fordern, es bei der Frauenförderung zu belassen.“ Es werde so getan, als ob es keine „strukturelle Benachteiligung“ von Frauen mehr gäbe. Den Männern warf sie vor, starke Netzwerke zu unterhalten, die Frauen benachteiligten. Der Gesetzentwurf sieht vor, den Begriff „Frauenförderung“ bei Neueinstellungen durch „Gleichstellung“ zu ersetzen. Dadurch könnten künftig auch Männer von der Quotenregelung profitieren. Den höchsten Frauenanteil unter den Professoren gibt es in der Hansestadt derzeit an der Hochschule für bildende Künste (30,6 Prozent). Die wenigsten Professorinnen hat die Technische Universität (7,2 Prozent). (ho)
JF-Online
Ein Gesetzentwurf des Hamburger Senats, nachdem Männer bei der Berufung zu Professuren künftig ebenfalls von Gleichstellungsquoten profitieren können, sorgt für Aufregung. Frauenbeauftragte zeigten sich empört und plädierten für die alleinige Förderung von Frauen.
Deutschland
2013-11-12T16:29:00+01:00
2013-11-12T16:29:00+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2013/hamburg-maennerquote-sorgt-fuer-empoerung-bei-frauenbeauftragten/
Mehr als eine Million Asylsuchende erwartet / Verwaltung vor dem Kollaps
BERLIN. Die Schätzung der Bundesregierung, wonach in diesem Jahr 800.000 Asylsuchende in Deutschland ankommen, ist offenbar nicht mehr zu halten. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) rechnet nun mit mindestens einer Million Antragsstellern. „Vieles deutet daraufhin, daß wir in diesem Jahr nicht 800.000 Flüchtende aufnehmen, wie es das Bundesinnenministerium prognostiziert hat, sondern eine Million“, schrieb der SPD-Chef nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa in einem Brief an die SPD-Mitglieder. Zwar sei Deutschland stark und könne „vieles leisten“, dennoch „haben wir in den letzten Tagen erleben müssen, daß auch beim besten Willen unsere Aufnahmefähigkeiten an ihre Grenzen geraten – vor allem, was die Geschwindigkeit des Zustroms an Flüchtlingen betrifft“. Bayern rechnet mit bis zu 1,3 Millionen Asylsuchenden Noch weiter ging der bayerische Integrationsbeauftragte Martin Neumeyer (CSU). „Ich rechne damit, daß die Zahl der Neuankömmlinge dieses Jahr bei 1,2 bis 1,3 Millionen liegen wird”, sagte er der Augsburger Allgemeinen. Allein in Serbien seien derzeit 500.000 Asylsuchende auf dem Weg in die EU. Die Bundesregierung hält jedoch an ihrer Prognose von 800.000 Personen fest. „Es gibt keinen Anlaß, die Prognose zu verändern“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Hinzu kommt, daß Personen, die erfolgreich einen Asylantrag in Deutschland gestellt haben, ihre Familien nachholen können. Experten rechnen dabei mit zusätzlich bis zu einer Million Menschen, die in den kommenden Jahren neben den Asylbewerbern nach Deutschland einwandern werden. Beamtenbund warnt vor Kollaps Unterdessen warnte der Deutsche Beamtenbund vor einem Zusammenbruch der Verwaltungsbehörden. „In manchen Kommunen, wo die Behörden unmittelbar den Zustrom bewältigen müssen, steht das System vor dem Kollaps“, sagte der Vorsitzende Klaus Dauderstädt. Gerade an Schulen wachse die „Gefahr kollabierender Verhältnisse“. Zudem seien die Gesundheitsbehörden mit der medizinischen Betreuung der Asylsuchenden „völlig überfordert, weil in diesem Bereich schon vor der Zunahme der Flüchtlingszahlen viel Personal fehlte“. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán kündigte unterdessen eine weitere Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen an der Grenze zu Serbien an. „Wir wollen nicht, daß eine Völkerbewegung von weltweitem Ausmaß Ungarn verändert.“ Die Polizei forderte er auf, die ungarischen Gesetze kompromißloser durchzusetzen. Ein „Chaos“ müsse um jeden Preis verhindert werden, unterstrich der Regierungschef. Bereits am Sonntag hatte er Deutschlands Ankündigung, wieder Grenzkontrollen durchzuführen, gelobt. „Wir haben großes Verständnis für Deutschlands Entscheidung und erklären unsere volle Solidarität“, sagte Orbán. (ho)
JF-Online
Die Schätzung der Bundesregierung, wonach in diesem Jahr 800.000 Asylsuchende in Deutschland ankommen, ist offenbar nicht mehr zu halten. SPD-Chef Sigmar Gabriel rechnet mit mindestens einer Million Antragsstellern, Bayern sogar mit bis zu 1,3 Millionen. Der Beamtenbund warnte nun vor dem Zusammenbruch der Verwaltung.
Deutschland
2015-09-14T14:46:58+02:00
2015-09-14T16:21:25+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2015/mehr-als-eine-million-asylsuchende-erwartet-verwaltung-vor-dem-kollaps/
UN-Migrationspakt: CDU-Abgeordnete fordert Bundestagsabstimmung
BERLIN. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel hat eine Abstimmung im Parlament über den UN-Migrationspakt gefordert. Das Abkommen beinhalte politische Zusagen. „Deshalb muß zuallererst eine Debatte und eine Abstimmung im Bundestag stattfinden“, schrieb Pantel in einem Gastbeitrag für die JUNGE FREIHEIT Zudem kritisierte die CDU-Politikerin, der Pakt idealisiere Migration als „Quelle des Wohlstands, der Innovation und der nachhaltigen Entwicklung“ und behaupte, sie mache „alle unsere Länder zu Herkunfts-, Transit- und Zielländern“. Die Wahrheit sei aber, daß manche Staaten reine Herkunftsländer seien, Deutschland aber Zielland. „Das Problem sind die politischen Zusagen. Zwar ist der Pakt rechtlich nicht verbindlich. Doch beginnt jede der 23 Zielbeschreibungen mit ‘Wir verpflichten uns’. Zum Zweck heißt es: ‘… verpflichten wir uns, eine sichere, geordnete und reguläre Migration zum Wohle aller zu erleichtern und zu gewährleisten’. Das ist eine politische Selbstbindung, sie in verbindliches Recht umzusetzen, ohne daß sich unsere Politik mit diesem Thema befaßt hat“, warnte Patel. Daher müsse sich der Bundestag mit dem Abkommen befassen. Streit um Petitionen gegen Migrationspakt Unterdessen hat der Vorsitzende des Petitionsausschusses des Bundestags, Marian Wendt (CDU), Vorwürfen widersprochen, der Ausschuß versuche, Petitionen gegen den Migrationspakt zu blockieren. Das Gremium werde in der übernächsten Woche entscheiden, ob eine der bereits mehr als 20 Petitionen auf der Internetseite veröffentlich wird, wie dies sonst bei angenommenen Petitionen auch der Fall ist. Er selbst befürworte dies, sagte Wendt am Freitag. „Es geht hier nicht darum, öffentliche Debatten abzuwürgen.“ Wie berichtet hatte die Bundestagsverwaltung dem Ausschuß empfohlen, die Petition eines Mitarbeiters des AfD-Abgeordneten Martin Hebner nicht zu veröffentlichen. Begründet wurde dies mit den Richtlinien für öffentliche Petitionen. Dort heißt es unter Punkt 4c: „Von einer Veröffentlichung kann abgesehen werden, insbesondere wenn sie geeignet erscheint, den sozialen Frieden, die internationalen Beziehungen oder den interkulturellen Dialog zu belasten.“ Genau das wird den Petitionen vorgeworfen. Betroffen davon ist auch eine Petition der früheren DDR-Bürgerrechtlerin und Publizistin Vera Lengsfeld. (krk)
JF-Online
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel hat eine Abstimmung im Parlament über den UN-Migrationspakt gefordert. Das Abkommen beinhalte eine politische Selbstbindung, die Ziele des Pakts in verbindliches Recht umzusetzen, warnte Pantel. Unterdessen wies der Petitionsausschuß des Bundestags Vorwürfe zurück, Petitionen gegen den Pakt zu blockieren.
Deutschland
2018-11-09T11:14:40+01:00
2018-11-09T12:16:50+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/un-migrationspakt-cdu-abgeordnete-fordert-bundestagsabstimmung/
Aus Angst: Ein Drittel der Deutschen verschweigt seine Meinung
ERFURT. Jeder dritte Deutsche hat die Erfahrung gemacht, seine politische Meinung aus Angst vor Konsequenzen nicht zu äußern. Bei Menschen unter 50 Jahren ist es fast jeder zweite, wie eine aktuelle Insa-Umfrage ergab. Zudem sind mehr als drei Viertel der Befragten (76 Prozent) überzeugt, daß andere Personen, ihre politische Meinung nicht offen sagen. Lediglich zehn Prozent denken dies nicht. „Über alle Altersgruppen, Geschlechter, Regionen hinweg ist die Einstellung da: Die Menschen haben Angst, ihre Meinung zu sagen“, betonte Insa-Chef Hermann Binkert. Mit 46 Prozent ist der Anteil der AfD-Wähler besonders hoch, die aus Angst ihre politische Meinung zurückhielten. Nur 47 Prozent von ihnen äußerten sich nach eigenen Angaben frei. Bei der FDP waren es 38 Prozent der Anhänger, die aus Angst ihre Meinung nicht sagten. Am freiesten äußerten sich Wähler der Grünen (68 Prozent), der SPD (67 Prozent) und der CDU (60 Prozent). Hingegen sagten nur 25 Prozent der SPD- und Grünen-Wähler ihre Meinung nicht, weil sie Angst vor Konsequenzen hatten. Vor allem junge Menschen machten häufiger die Erfahrung, ihre Meinung nicht offen sagen zu können. Je älter die Menschen waren, desto weniger wurde sich aus Furcht vor negativen Konsequenzen zurückgehalten. Bei den 18- bis 29jährigen haben mit 40 Prozent beinahe die Hälfte der Befragten die Erfahrung gemacht, ihre politische Meinung schon einmal aus Angst unterdrückt zu haben. Nur 41 Prozent in der Alterskohorte hatten keine Sorgen vor negativen Konsequenzen ihrer Meinungsäußerung. Ähnlich verhielt es sich bei den 30 bis 39 Jahre alten Personen. Bei ihnen unterdrückten sogar 45 Prozent ihre freie Rede, weil sie negative Folgen befürchteten. Erst ab der Alterskohorte der 50- bis 59jährigen sinken die Sorgen deutlich, negative Konsequenzen zu erwarten. Bei ihnen hielten aber immer noch 30 Prozent ihre Meinung zurück, 59 Prozent nicht. Bei Älteren insgesamt „überwiegt eindeutig die Anzahl derer, die diese Erfahrung noch nicht gemacht haben“, folgerte Binkert. Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden. Mehr Informationen Bei den über 70jährigen schrumpfte der Anteil derjenigen, die ihre Meinung nicht sagten, auf 18 Prozent, während sich 75 Prozent der Altersgruppe bislang nicht um negative Folgen sorgten. Insgesamt wurden beim Insa-Meinungstrend vom 28. April 2.006 Personen befragt. Die angegebene Fehlertoleranz wurde mit plus/minus 2,5 Prozentpunkten angegeben. (rsz)
JF-Online
Um die Meinungsfreiheit in Deutschland ist es schlecht bestellt. Viele fürchten negative Folgen, wenn sie sich offen politisch positionieren. Besonders die Wähler einer Partei haben laut einer Befragung Angst vor Konsequenzen.
Angst,Meinungsfreiheit
Deutschland
2025-04-30T15:15:58+02:00
2025-04-30T15:15:58+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2025/aus-angst-ein-drittel-der-deutschen-verschweigt-seine-meinung/
Pankraz, der Alpenjäger und die Zwischenräume
Ein recht anregender, wenn auch vor lauter hochgelehrtem Jargon fast unlesbarer Essay von Iris Därmann findet sich in der letzten Ausgabe der Allgemeinen Zeitschrift für Philosophie (Stuttgart 3/2008). Sein Thema: „Die politische Bedeutung von Zwischenräumen“. Das ist zweifellos originell. Bisher sprach man immer nur von „politischen Räumen“, am liebsten von „Großräumen“. Zwischenräume kamen nicht vor, als sei die Politik ein seit Urzeiten erstarrtes, mausetotes Granitgebirge, in dem sich ein Atom fugenlos ans andere reiht. Die Wirklichkeit sieht bekanntlich anders aus. Es geht in der Politik höchst lebendig zu, sie ist ein integraler Teil des menschlichen Lebens, und zu diesem Leben gehören die Zwischenräume wie die Luft zum Atmen. Leben ist aufgespalten in unzählige Einzelkörper, die miteinander kommunizieren, indem sie sich fressen, lieben oder anbellen usw. Jeder Körper behauptet einen Raum für sich, doch zwischen den Körpern ist keineswegs nichts, sondern ebenfalls Raum, eben Zwischenraum. Dessen besondere Bedingungen zu erforschen, ist aller Ehren wert. Kommunikation besteht ja nicht nur aus Raumüberwindung, sondern fast nicht minder aus Raumerschaffung. Nähe und Distanz halten sich die heikle Waage. Faktisch alle Tiere (und auch viele Pflanzen) schaffen um sich herum einen Distanzraum, den andere Lebewesen und auch Artgenossen unbedingt respektieren müssen, wenn es nicht zu schlimmsten, tödlichen Aggressionen kommen soll. Und beim Menschen ist das im Grunde nicht anders. Jeder von uns hält sich den anderen ganz spontan mehr oder weniger vom Leibe, und dort, wo es zu freiwilliger Raumeliminierung kommt, in der körperlichen Liebe zum Beispiel, bedarf es des größten seelischen Aufwands, der ausführlichsten Präliminarien, um schließlich zum Ziel zu gelangen. Aber auch die innigsten Liebespartner pflegen noch gewisse Distanzen zueinander, die der jeweils andere sorgfältig beachtet und bedachtsam in sein eigenes Verhalten einbaut. Tut er das nicht mehr, ist die Katastrophe da und der Scheidungsanwalt bekommt Arbeit. Natürlich spielen die Zwischenräume auch in der Politik, speziell in der Außenpolitik, eine eminente Rolle, da hat Frau Därmann vollkommen recht. Gerade für das Zeitalter der „Globalisierung“ trifft das zu. Je näher sich die Völker kommen, je intensiver sie miteinander kommunizieren und je stärker sie voneinander abhängig werden, um so mehr wächst das „Pathos der Distanz“ (Nietzsche). Das heißt, man achtet eifrig wie nie auf die natürlichen Zwischenräume, und wo es keine natürlichen mehr gibt, werden künstliche hergestellt – weil sich nur so diplomatisch, nämlich höflich und gewaltfrei, miteinander umgehen läßt, Als höflichstes, diplomatischstes Volk auf Erden galten lange die Chinesen. Pointe der altchinesischen Höflichkeit war es, sich selbst im gesellschaftlichen und politischen Verkehr ganz klein und schmutzig darzustellen, als üble Laus geradezu, die es nicht verdiene, dem Gesprächspartner überhaupt über den Weg zu laufen. Eine solche Form der Höflichkeit mußte selbstverständlich irgendwann in purer Lüge und hohler Konvention erstarren, aber sie macht immerhin deutlich, worum es auch heute noch geht. Der wahre Diplomat nimmt sein Eigenes – gerade wenn es um die energische Wahrung von Interessen geht – an allen Fronten bewußt zurück, überläßt dem anderen scheinbar voll das Terrain. Ist dieser ebenfalls höflich, also diplomatisch auf dem qui vive, ergibt sich der für die Kommunikation notwendige Zwischenraum: ein leeres, von allen persönlichen Antrieben formal freigemachtes Glacis, auf dem sich objektiv und optimal, wenn auch umständlich, miteinander umgehen läßt. Politische Zwischenräume, ob von Natur gegeben oder künstlich geschaffen, sind kalte Zonen, in denen sich Hitzköpfe abkühlen können. Leider wollen sich Hitzköpfe in der Regel gar nicht abkühlen, besonders wenn sie mächtig sind, in Großräumen denken und kleinere Mächte und Machtzentren lediglich als Störfaktoren empfinden. Die wahren Störfaktoren sind aber sie selbst. Sie enthöflichen die Diplomatie in horrender Weise, pflegen grobe Sprache, üben nur noch Druck aus, bauen dauernd bloß Drohkulissen auf, ebnen letztlich den Unterschied zwischen Krieg und Frieden mehr und mehr ein. So kommt es, daß die realen Zwischenräume, in denen man kaltblütig und sachlich operieren könnte, allem herrschenden Pathos der Distanz zum Trotz immer enger werden. Man erkennt das daran, daß die Rolle der kleineren Staaten, die früher gern als Pufferzonen, neutrale Treffpunkte oder gutwillige Vermittlungsinstanzen in Anspruch genommen wurden, zunehmend verfällt. Man agiert neuerdings lieber „unmitttelbar“ von Großraum zu Großraum, ignoriert voll die Zwischenräume, überrollt sie blindlings in jeder nur denkbaren Richtung – und setzt sich damit selbst unter Dauerstreß. Es ist so, als wenn im Familienleben Tag für Tag nur noch Zimmerschlacht und Scheidungskrieg herrschten. Über die Folgen einer solchen Lage sollte man sich keinen Illusionen hingeben. Dauerstreß, gar verstärkt durch Dauerpräsenz der Medien, macht hysterisch, und Hysterie verkürzt das Leben. Die Gewaltbereitschaft wächst allenthalben, nach innen wie nach außen. Der ignorierte Raum rächt sich gewissermaßen an den Ignoranten, indem er ihnen, zum Großraum geworden, seine unheimliche Kehrseite zeigt: die greulichste Langeweile und die totale Konfrontation, wo man sich buchstäblich „nicht mehr riechen kann“, sich nur noch vernichten will. Wie heißt es so vollmundig wie vieldeutig bei Friedrich Schiller in dem Gedicht „Der Alpenjäger“? „Raum für alle hat die Erde!“ Es ist aber der Geist der Berge, der das spricht, und er ruft es voll Zorn dem Alpenjäger entgegen, der gerade eine Gemse zu Tode hetzen will und dabei neutrales Gelände, eben das Reich des Berggeists, verletzt. Besser kann man es nicht sagen. Auch Großraumjäger haben gefälligst Zwischenräume zu respektieren.
JF-Online
Ein recht anregender, wenn auch vor lauter hochgelehrtem Jargon fast unlesbarer Essay von Iris Därmann findet sich in der letzten Ausgabe der Allgemeinen
Kultur
2009-01-09T00:00:00+01:00
2009-01-09T00:00:00+01:00
https://jungefreiheit.de/kultur/2009/pankraz-der-alpenjaeger-und-die-zwischenraeume/
"Wir sind wieder da!"
Leinefelde ist ein beschauliches kleines Städtchen im Nordosten Thüringens, dem Eichsfeld. Aus dieser Gegend kommt nicht nur der derzeitige Ministerpräsident, sondern auch eine famose Wurstspezialität, „Stracke“ genannt. Außerdem sind die Bewohner so katholisch, daß man zu DDR-Zeiten spottete, hier würde nicht die SED die Kirche dulden, sondern umgekehrt. Die Mehrheit der Leinefelder kümmerte weder die NPD noch ihre Gegner. In bürgerlicher Gelassenheit übten sie Zivilcourage ganz anderer Art, verweigerten die Gefolgschaft „gegen Rechts“ und gingen ihren üblichen Tätigkeiten unverdrossen nach. Den angereisten Reportern fiel solch ungewöhnliches Verhalten sogleich auf. Trillerpfeifen und Sprechchöre blieben nur gerade gut 100 Protestierern vorbehalten, die zum Teil extra anreisen mußten. Im Zeichen der jüngsten Wahlerfolge rief der Parteitag nicht nur das besondere Interesse der Medien hervor, die eine so bisher bei vergleichbaren Veranstaltungen der NPD noch nicht gesehene Zahl von Berichterstattern nach Leinefelde entsandt hatten. Neben den rund 160 Delegierten kam auch eine ähnlich große Anzahl von Gästen in die größte Veranstaltungshalle Thüringens. Mitglieder der Nationaldemokraten und ihnen Nahestehende waren denn auch von der allgemein positiven Stimmung so beeindruckt, daß die im Vergleich mit anderen Parteien ungewöhnlich straffe Regie des Treffens mit ihrem Heer von uniformierten Ordnern eigentlich gar nicht nötig zu sein schien. Der NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt konnte in gelöster Stimmung auf dem Podium Platz nehmen, da weder der von ihm zu verantwortende Kurs der Partei noch seine Wiederwahl ernsthaft in Frage gestellt wurden. „Wir sind wieder da!“ verkündete Voigt unter dem Jubel seiner Anhänger und stellte die Stimmengewinne bei der Europawahl und der Landtagswahl im Saarland sowie den Einzug in den sächsischen Landtag als sichtbare Zeichen des Erfolgskurses der NPD heraus. In seiner Rede hielt er Rückschau und gab immer wieder einen der euphorischen Grundstimmung angepaßten Ausblick. Er befaßte sich eingehend mit dem abgewandten Verbotsverfahren, das er als Versuch der etablierten Parteien wertete, die „einzig wirkliche Oppositionspartei“ kaltzustellen, um „mit der geplanten Ausbeutung des deutschen Volkes“ ungehindert fortfahren zu können. Voigt hob rückblickend die „großen Köpfe“ der NPD in ihrer Gründerzeit – vom Historiker Ernst Anrich über den Raketenforscher Hermann Oberth bis zum früheren Parteichef Adolf von Thadden – hervor, um zwischen den Zeilen zuzugeben, daß vergleichbare Größen heute in den eigenen Reihen nicht zu finden sind: Der „Kampf um die Köpfe“ sei ungleich schwerer als der um „die Straße“ und der um „die Parlamente“. Im Falle der beiden letztgenannten Zielvorgaben der Partei plädierte Voigt für eine Konzentration der Mittel. Künftig sollte es weniger Demonstrationen geben, dafür aber mit einer größeren Anzahl von Teilnehmern und besser organisiert. Bei Wahlen sollen die Kräfte in den Kommunen gebündelt und Absprachen mit möglichen Bündnispartnern getroffen werden, um eine unerwünschte Konkurrenz im „nationalen Lager“ zu vermeiden. Im „Kampf um die Köpfe“ erachtet es der Politologe Voigt für notwendig, die Kampagnenfähigkeit der Partei sowie interne Bildungsmaßnahmen für Führungskräfte und Mitglieder auszubauen und die Integration von Neuzugängen zu verbessern. Außerdem plädierte er dafür, auch Äußerungen von solchen politischen Gegnern aufzugreifen, die sich mit Verstößen gegen die political correctness hervorgetan hätten; Voigt nannte als Beispiele einer solchen „Wortergreifungsstrategie“ die Fälle „Möllemann“ und „Hohmann“, aber auch den Schriftsteller Günter Grass. Programmatisch betonte Parteichef Voigt den Zusammenhang von nationalen und sozialen Themen, die für ihn „untrennbar miteinander verbunden“ sind. Wie schon in den Wahlkämpfen der jüngeren Vergangenheit pendelt die NPD dabei hin und her zwischen ganz links und ganz rechts: Da wird die Forderung nach einer eigenständigen deutschen Identität sowie die Ablehnung multikultureller Zustände betont; und auf der anderen Seite sowohl der amerikanische Imperialismus als auch die „liberalkapitalistische“ Globalisierung der Wirtschaft und der Freihandel abgelehnt. Die Partei ist gegen die EU-Osterweiterung, gegen den Beitritt der Türkei und gegen den Mißbrauch des Asylrechts, und sie verwirft vehement die Praxis, deutsche Soldaten in Kriege im Ausland zu entsenden. Es soll ein Recht auf Arbeit geben, allerdings nur für Deutsche. Ein sogenanntes „Arbeitsplatzsicherungsgesetz“ soll garantieren, daß so lange keine Ausländer beschäftigt werden dürfen, wie gleichqualifizierte Deutsche noch arbeitslos sind. Auch DVU-Chef Frey war Gast des Parteitags Die Integration hier lebender Ausländer lehnte Voigt in seiner Rede ab, da sie nicht „zwangsgermanisiert“ werden, sondern ihre eigene Identität bewahren sollen. Ginge es nach dem Willen der Nationaldemokraten, sollte in Deutschland lebenden Ausländern die Rückkehr in ihr Heimatland mit dort auszuzahlenden Beiträgen aus dem deutschen Sozialversicherungssystem schmackhaft gemacht werden. Dem in der Presse immer wieder auftauchenden Vorwurf, die NPD sei ausländerfeindlich, entgegnet Voigt, seine Partei sei „inländerfreundlich“. Er verwahrte sich ebenso vehement gegen den Versuch, die Partei als „neonazistisch“ zu verdammen, und betonte den Unterschied zwischen Nationalsozialismus (der „politisch tot“ sei) und „nationalem Sozialismus“, der in der NPD seinen Platz habe. Auch sei die NPD mitnichten staatsfeindlich, sondern stehe „auf dem Boden des Grundgesetzes“; hier würdige man jedoch den im Artikel 146 festgeschriebenen „Vorläufigkeitscharakter“. Auf der am Ende des Parteitages abgehaltenen Pressekonferenz betonte Voigt den Willen der NPD, über eine neue Verfassung das deutsche Volk abstimmen zu lassen: „Dabei kann dann im Ergebnis auch das jetzige Grundgesetz beschlossen werden.“ Zustimmung erhielt der Parteivorsitzende auch für seinen Kurs in Richtung einer „rechten Volksfront“. Sowohl das Wahlbündnis mit der Deutschen Volksunion (DVU) als auch die Öffnung zu ehemaligen „Freien Nationalisten“ goutierten die Delegierten. Diese Ausrichtung der Partei – von bürgerlich national-konservativ bis zu offen nationalsozialistisch – spiegelte sich auch in der Bandbreite des neuen Bundesvorstands wider. Neben den zahlreichen Wiedergewählten, wie an der Spitze Voigt selbst (mit 86 Prozent) und sein Stellvertreter Holger Apfel (78 Prozent), zogen als Beisitzer auch zwei Neumitglieder ein, die das erweiterte Spektrum darstellen: der bisherige „Freie Nationalist“ Thorsten Heise und der ehemalige stellvertretende Bundesvorsitzende der Republikaner, Frank Rohleder. Anstoß an der Integration von Heise oder dem Hamburger „Kameradschaftsführer“ Thomas Wulff nahm von seiten prominenter NPD-Mitglieder nur der ehemalige Bundesvorsitzende Günther Deckert. Der sei jedoch, versicherte die Parteispitze, „intern isoliert“. Deckert zog dementsprechend auch seine Kandidatur für das Amt eines Ehrenvorsitzenden zurück und verließ den Parteitag noch vor dem Ende. Angesprochen auf die von vielen Medienvertretern besonders zur Kenntnis genommene Anwesenheit zahlreicher junger Skinheads, spielte Voigt auf der Pressekonferenz das Phänomen herunter. Schon in seiner Rede hatte er seine These von der Resozialisierung durch die Partei verteidigt: es handele sich hier um eine äußerlich zur Schau getragene Protesthaltung, die sich in die „Bereitschaft zu sinnvollem politischen Einsatz“ umwandeln ließe. Damit stelle er jedoch keinen „Freibrief für unverbesserliche Uniformfetischisten aus, die Vergangenes restaurieren“ wollten. Als Gast begrüßte Voigt am Sonntag den DVU-Vorsitzenden Gerhard Frey, der im Anschluß an seinen Auftritt auch an der Pressekonferenz teilnahm. Dort betonten beide Vorsitzenden die Einigkeit ihrer Parteien bei den wesentlichen Zielen und ein Ende des früheren Gegeneinanders. Während Voigt auf kritische Fragen bezüglich widersprüchlicher Inhalte in den Programmen von NPD und DVU betont locker entgegnete, diese seien nicht wesentlich, reagierte sein neuer Partner Frey eher barsch: Man solle sich keine Hoffnungen machen, mit solchen Hinweisen das geschmiedete Bündnis entzweien zu können. Daß in der Vergangenheit ähnlich Absprachen von kurzer Dauer gewesen seien, habe an der verdeckten Operation der früheren Vorstände und unterschwelligen Verdächtigungen an den Parteibasen gelegen. „Jetzt haben wir in unseren Parteien das gemeinsame Vorgehen offengelegt und eine völlige Gleichberechtigung verabredet“, so Voigt. Mit der kriminellen Vergangenheit des NPD-Vorstandsmitglieds Heise, der wegen Körperverletzung und Volksverhetzung vorbestraft ist, hat Frey keine Probleme: „Ich kenne diesen Herrn Heise nicht. Man kann auch nicht von einem Mitglied auf die ganze Partei schließen“, betonte er mit Hinweisen auf straffällig gewordene Mitglieder in Union und FDP. Vorrangig sei das gemeinsame Interesse, in den nächsten Bundestag einzuziehen, die EU-Mitgliedschaft der Türkei zu verhindern und für die Einführung plebiszitärer Elemente in die Verfassung zu kämpfen. Obwohl seitens der NPD-Delegierten eine Kritik am Bündnis mit der DVU nicht vernehmbar war, meldeten sich einige Stimmen, die gerade im Anschluß an Freys Gastreferat grundsätzliche inhaltliche Unterschiede zwischen beiden Parteien ausmachten, welche einer weitergehenden Gemeinschaft mit der DVU entgegenstünden. Unterdessen nimmt die NPD, die nach der Wahl in Sachsen nach 36 Jahren erstmals wieder in ein Landesparlament eingezogen ist, ihre parlamentarische Arbeit auf. Auch im sächsischen Landtag will man dabei offensichtlich einen zwischen links und rechts changierenden Kurs fahren. So habe man etwa gemeinsam mit der PDS gegen die von CDU und SPD betriebene Wahl eines dritten stellvertretenden Landtagspräsidenten gestimmt, mit der CDU jedoch gegen den von der PDS eingebrachten Antrag auf Änderung der Eidformel für die Abgeordneten votiert, erläuterte am Rande des Parteitags Jürgen Gansel, sächsischer Abgeordneter und Beisitzer im Bundesvorstand der NPD, im Gespräch mit der JUNGEN FREIHEIT. Beim Vorhaben, die Diäten in Sachsen zu senken, sehe man die Möglichkeit, einem Vorschlag der FDP zu folgen, wenn der eigene NPD-Antrag erwartungsgemäß keine Mehrheit finde. Auch will die Fraktion mit Uwe Leichsenring einen eigenen Kandidaten zur Wahl des Ministerpräsidenten vorschlagen, wenn auch nur als symbolischen Akt. Vergangenheitsorientierter Materialhandel Auch nüchtern betrachtet haftete dem Parteitag ein bisweilen befremdliches Äußeres an: vom Kleidungsstil und Körperschmuck einiger jüngerer Besucher über einen regen, stark „vergangenheitsorientierten“ Materialhandel im Foyer, die seltsame Mischung von Schwarzrotgold und Schwarzweißrot bis zu den omnipräsenten Ordnern. Sogar auf der Pressekonferenz rahmten zwei uniform mit schwarzer Hose und weißem Hemd gekleidete junge Männer den Tisch des Vorstands ein. So sehr die Mehrzahl der Delegierten und Parteifunktionäre auch betont bürgerlich auftrat, sind es solche Äußerlichkeiten, die das Erscheinungsbild der NPD immer wieder bestimmen. Dessenungeachtet konnte sich Voigt am Sonntagnachmittag seines Erfolges freuen. Für ihn war alles glänzend gelaufen, der Parteitag kündete von einer guten Stimmung in der Partei, die sich geschlossen hinter ihren Vorsitzenden und seine neue Bündnispolitik scharte; und dies hatte er auch der nicht gerade freundlich gesonnenen Reporterschar verkaufen können. Die Gegendemonstranten, grün wie rot, kirchlich wie autonom, hatten „Gesicht gezeigt“ und die symbolischen Besen „gegen den braunen Dreck“ geschwungen. Die Polizei hatte die Kontrahenten erfolgreich auf Distanz gehalten, und die meisten Eichsfelder hatten sich um all das nicht geschert. An einer Hauswand lehnte ein Pappschild, darauf gemalt ein Hakenkreuz, das in einen stilisierten Papierkorb fällt: „Eichsfeld gegen Rechts!“ Gegenüber ein Kruzifix, milde dreinblickend.
JF-Online
Leinefelde ist ein beschauliches kleines Städtchen im Nordosten Thüringens, dem Eichsfeld. Aus dieser Gegend kommt nicht nur der derzeitige Ministerpräsident,
Politik
2004-11-05T00:00:00+01:00
2004-11-05T00:00:00+01:00
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Schwimmbadbesuch mit schmerzhaften Folgen
Bedächtig schüttelt Oliver Kloth den Kopf. Noch immer kann der 40jährige Jurist kaum fassen, was ihm am 22. Juni vorigen Jahres widerfahren ist. Seine Nase ist heute ein wenig schief: eine Folge jener Schläge, die ihm der Kosovo-Albaner Kastriot M. (35) zugefügt hatte. Dabei sollte der 22. Juni eigentlich ein schöner Tag für Oliver Kloth werden. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Simone Wörner (32) und seinen sieben und fünf Jahre alten Töchtern hatte er an diesem Sonntag das örtliche Schwimmbad aufgesucht. Doch der Sprung ins kühle Naß sollte schwere Folgen für ihn haben. „Du hast mich naßgespritzt“, hatte sich Kastriot M. über Kloth beschwert. „Damit müssen Sie rechnen, wenn Sie da am Beckenrand sitzen“, entgegnete der Gescholtene und schwamm seine Bahnen. Als er später wieder aus dem Wasser stieg und auf die Liegewiese zu seinen zwei Kindern und seiner Lebensgefährtin zurückkehren wollte, wurde er von dem Kosovo-Albaner attackiert. „Der Angriff erfolgte so unvermittelt, daß dem Opfer keine Möglichkeit blieb, auszuweichen oder sich zu verteidigen“, erinnert sich ein Zeuge, der den Vorfall aus unmittelbarer Nähe beobachtet hatte. „Ich sah, wie ein großer muskulöser Mann ohne jeglichen erkennbaren Grund und aus meiner Sicht ohne jegliche Vorwarnung einen Mann überfiel.“ Der Täter habe mit beiden Fäusten und mit voller Wucht in das Gesicht des Attackierten geschlagen, bis dieser blutend zu Boden ging. Die Wucht und die Brutalität der Tat habe ihn und alle Umstehenden zutiefst schockiert, so der Zeuge weiter, der das Geschehen von einer Sitzbank vor dem Schwimmbad aus gemeinsam mit seiner Frau genau verfolgen konnte. Der Täter soll mit dem Angriff geprahlt haben Auch als Kloth bereits am Boden lag, soll Kastriot M. nicht von ihm abgelassen und auf den Körper des Opfers „mit voller Wucht“ eingetreten haben. Erst als sich andere Badegäste einmischten und ihn zur Rede stellten, habe M. von Kloth abgelassen. Zudem soll der Angreifer in Begleitung eines Türken gewesen sein, der von sich aus nichts unternommen habe, um Kastriot M. zu stoppen. Im Gegenteil: Das Opfer sei selbst schuld, weil es M. naßgespritzt habe, soll er gesagt haben. Auch M. schien den Beobachtungen des Zeugen zufolge seine Tat für in Ordnung zu halten. Das habe die umstehenden Badegäste mindestens genauso schockiert wie die Tat selbst. Er selbst habe noch nie so unmittelbar mitbekommen, wie in aller Öffentlichkeit eine Person so rücksichtslos zusammengeschlagen und zusammengetreten wurde. Eine weitere Zeugin will zudem gesehen haben, wie M. später mit seiner Tat sogar geprahlt habe. Oliver Kloth selbst beschreibt den Kosovo-Albaner und den Türken als kräftig gebaut, „Bodybuilder-Typen“. Noch heute hat er Angst-Attacken, Schlafstörungen mit Alpträumen, Konzentrationsstörungen sowie Kopf- und Rückenschmerzen, sagt er. Er spricht von einer anonymen SMS, die ihm zugesandt wurde und in der ihm damit gedroht wurde, ihm das Augenlicht auszulöschen. Zudem sei er gewarnt worden, den Fall weiterzuverfolgen, da M. über gute Kontakte zur Polizei verfüge. „Früher dachte ich immer, so etwas passiert ab und zu mal. Aber daß es mich selbst treffen würde hätte ich nicht für möglich gehalten“, erzählt Kloh, der in Teningen eine Anwaltskanzlei betreibt – vor allem nicht hier, in einer südbadischen 11.000 Seelen-Gemeinde am Rande des Schwarzwalds. Das Opfer fühlt sich an die U-Bahn-Schläger von München erinnert, als der Rentner Bruno N. am 20. Dezember 2007 von einem Griechen und einem Türken brutal zusammengetreten worden war. Die Videokamera der U-Bahn-Station Arabellapark hatte die Tat damals aufgezeichnet. Der 76jährige benannte sie während des im Sommer vorigen Jahres vor dem Landgericht München stattfindenden Prozesses als seinen besten Zeugen. Das Video gelangte in die Medien, Millionen Menschen konnten die schreckliche Tat sehen. Die Empörung war groß, das Landgericht verurteilte die Täter zu zwölf und achteinhalb Jahren Haft. Von der Attacke gegen Oliver Kloth gibt es keine Video-Aufzeichnung. Die wäre eigentlich auch gar nicht notwendig gewesen. Zahlreiche Badegäste hatten den Vorfall mitverfolgt. „Aber die meisten sind von der Polizei gar nicht vernommen worden“, beklagt sich Kloth. Der Emmendinger Polizeipressesprecher Rocco Braccio bestätigt das gegenüber der JF. „Es war Wochenende, da ist das Personal knapp“, erklärt er. Zeugen wollen zudem gehört haben, wie sich der Albaner mit den Polizisten vertraulich unterhalten und sie sogar geduzt hätten. Braccio: „Es ist durchaus möglich, daß der Mann persönliche Kontakte zu Kollegen pflegt.“ Allerdings habe dies keinen Einfluß auf die Ermittlungen gehabt. Das sei überprüft worden, betont der Beamte. Als Kloth zwei Tage später die Lokalausgabe der Badischen Zeitung aufschlägt, kann er kaum glauben, was er dort liest. „Am Sonntag kam es gegen 12.45 Uhr zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen zwei Badegästen“, hieß es dort. Die Meldung war von der Polizeipressestelle an die Zeitung geschickt worden, hatte Kloth auf Nachfrage erfahren. Die Staatsanwaltschaft hatte zwischenzeitlich auch gegen ihn ermittelt. Das Verfahren wurde jedoch ebenso eingestellt wie das gegen M.s türkischen Bekannten. Gegen den Albaner wird demnächst wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Emmendingen verhandelt. Ein Termin steht derzeit noch nicht fest.
JF-Online
Bedächtig schüttelt Oliver Kloth den Kopf. Noch immer kann der 40jährige Jurist kaum fassen, was ihm am 22. Juni vorigen Jahres widerfahren ist. Seine Nase
Politik
2009-02-20T00:00:00+01:00
2009-02-20T00:00:00+01:00
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Linksextreme feiern Farbanschlag auf Steinbachs Wohnhaus
FRANKFURT. Linksextremisten haben sich zu dem Farbanschlag auf das Haus der ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Erika Steinbach bekannt. Die Täter begründeten den Angriff auf dem linken Szene-Portal Indymedia mit Steinbachs Unterstützung für die AfD und dem erwarteten Erfolg der Partei bei der hessischen Landtagswahl. Sie werde sich von der Attacke auf ihr Haus nicht einschüchtern lassen, schrieb Steinbach auf Twitter. ‼️Hallo extremistische Gewalttäter, glauben Sie nur nicht, dass Sie mich mit diesem Farbanschlag von heute Abend auf mein Haus einschüchtern können‼️ pic.twitter.com/cZnntSXKvK — Erika Steinbach (@SteinbachErika) 24. Oktober 2018 Ihr kriegt mich nicht klein? Weder mit 13 Farbbeuteln auf Haus und Auto noch mit diffamierenden Flugblättern. Nur wer sonst nichts im Kopf hat, greift zu Gewalt! pic.twitter.com/ZCnopnEBeF — Erika Steinbach (@SteinbachErika) 24. Oktober 2018 Steinbach wirft Grünen und SPD Kooperation mit Linksextremen vor Den Grünen und der SPD warf sie vor, bei Demonstrationen mit linksextremen Gruppen, die hinter dem Farbanschlag steckten, gemeinsame Sache zu machen. Zudem gingen die Gewalttäter gegen Kritiker von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor. Das sind diejenigen, mit denen GRÜNE und SPD gemeinsame Sache nicht nur bei Demonstrationen machen. Das sind diejenigen, die mit Gewalt gegen Anti-Merkel Demonstranten vorgehen – sich zur Schutztruppe von Merkel machen und sie läßt es widerspruchslos zu! pic.twitter.com/UQdNggrKee — Erika Steinbach (@SteinbachErika) 25. Oktober 2018 Steinbach, die 2017 nach 43 Jahren Mitgliedschaft aus der CDU austrat, ist Vorsitzende der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung. (ag)
JF-Online
Linksextremisten haben sich zu dem Farbanschlag auf das Haus der ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Erika Steinbach bekannt. Grund sei deren Unterstützung für die AfD. Steinbach betonte, sie werde sich von diesen Angriffen nicht einschüchtern lassen.
Deutschland
2018-10-26T11:50:33+02:00
2018-10-26T12:32:12+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/linksextreme-feiern-farbanschlag-auf-steinbachs-wohnhaus/
Grüner will AfD-Anträge in Ausschüssen „verschimmeln lassen“
BERLIN. Der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck hat sich dafür ausgesprochen, die AfD im neuen Bundestag weiter an den Rand zu drängen. „Die neue Koalition muß sich gegenüber der AfD auf ihre GO-Mehrheit besinnen: Man muß sich von ihr bei Abstimmungen nicht vorführen lassen“, schrieb er am Montagmorgen bei X . „Ab mit Anträgen in die Ausschüsse und dort verschimmeln lassen!“ Die neue Koalition muss sich gegenüber der AfD auf ihre GO-Mehrheit besinnen: man muss sich von ihr bei Abstimmungen nicht vorführen lassen. Ab mit Anträgen in die Ausschüsse & dort verschimmeln lassen! Das ist vernünftig & verfassungsrechtlich zulässig. https://t.co/d6lr5satz3 — Volker Beck 🐋 🇺🇦🇮🇱🎗️ (@Volker_Beck) February 24, 2025 Mit GO meinte Beck, der seit 2017 nicht mehr im Bundestag sitzt, die Geschäftsordnung. Damit plädierte er dafür, etwa Gesetzesinitiativen der AfD nicht zur Schlußabstimmung ins Plenum zu verweisen, sondern auf unbestimmte Zeit in den Ausschüssen versacken zu lassen. Dies könnte etwa relevant werden, wenn die AfD migrationspolitische Forderungen erhebt, die sich inzwischen auch die Union zu eigen gemacht hat. Durch Becks Methode könnte verhindert werden, daß die Union wegen der Brandmauer oder wegen einer künftigen Koalitionsräson gegen Vorschläge stimmen müßte, die sie eigentlich befürwortet. Der Grüne behauptete, dies sei vernünftig und verfassungsrechtlich zulässig. Dabei verwies er auf einen Beschluß des Bundesverfassungsgerichts von 2017. Dieses hatte damals mehrere Anträge der Grünen-Bundestagsfraktion zurückgewiesen. Sie beschwerte sich seinerzeit darüber, daß der Justizausschuß des Bundestages die Behandlung mehrerer Vorlagen zur „Ehe für alle“ immer wieder vertragt hatte. Die Grünen wollten, daß das Gericht den Ausschuß dazu zwingt, eine Abstimmung im Plenum zu ermöglichen. Die Karlsruher Richter lehnten dies ab. Begründung: Allenfalls in Ausnahmefällen käme eine Verletzung des Anspruchs auf Beratung und Beschlußfassung in Betracht. Nach der Wahl am Sonntag stellt die AfD im neuen Bundestag erstmals die zweitgrößte Fraktion. Es ist dennoch davon auszugehen, daß ihr wie auch in der Vergangenheit zentrale Rechte vorenthalten bleiben. So hat sich eine Mehrheit des Bundestages bislang geweigert, einen Vizepräsidenten von der AfD zu wählen. Zudem durfte die AfD keine Ausschußvorsitzenden stellen. Das Bundesverfassungsgericht lehnte es jeweils ab, deswegen zu intervenieren. (ser)
JF-Online
Geht es nach dem früheren Grünen-Abgeordneten Volker Beck, soll die AfD im neuen Bundestag weiter isoliert werden. Dafür schlägt er eine bestimmte Methode vor, unter der die Grünen selbst bereits gelitten haben.
Grüne
Deutschland
2025-02-24T12:37:20+01:00
2025-02-24T12:37:20+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2025/gruener-will-afd-antraege-in-ausschuessen-verschimmeln-lassen/
Chronik eines Rufmordes
Jagdflieger Werner MöldersJagdgeschwader 74 „Mölders“ An diesem Donnerstag, dem 22. November, jährt sich der Todestag von Werner Mölders – einem besonders fähigen und erfolgreichen Jagdflieger der Wehrmacht. Er wurde von der NS-Propaganda konsequent zum „Fliegerhelden“ aufgebaut, mit 28 Jahren früh zum Oberst befördert und starb 1941 wenige Monate nach der Ernennung zum Inspekteur der Jagdflieger bei einem Unfall. Sein schon zu Lebzeiten legendärer Ruf gründete nicht nur auf den Erfolgen im Luftkampf, sondern auch auf einer hervorragenden Führungsleistung als Vorgesetzter in der Truppe, verbunden mit unermüdlicher Fürsorge für die Untergebenen –  für sie war er „Papa Mölders“. Er forderte von ihnen vollen Einsatz, aber kein Draufgängertum: Im Kampf zeichnete er sich durch ständige Risikoabschätzung und -begrenzung aus. Das ist heute noch beispielgebend für die Bundeswehr. Überdies praktizierte Mölders seinen tief gründenden katholischen Glauben bis zum Schluß in aller Offenheit, ob es den Nationalsozialisten paßte oder nicht. Nach ausführlicher Prüfung und Beurteilung seiner Persönlichkeit wurde Mölders Teil der Bundeswehr-Tradition, als Namensgeber für einen Zerstörer der Marine, die Luftwaffenkaserne in Visselhövede und das Jagdgeschwader 74 in Neuburg/Donau. Über drei Jahrzehnte trugen der Zerstörer wie auch das Geschwader seinen Namen in weite Teile der Welt, unangefochten und im Bewußtsein, daß Mölders auch bei ehemaligen Kriegsgegnern hohes Ansehen genoß. Weniger als dreißig Abgeordnete Obwohl Mölders vor uns liegt „wie ein offenes Buch“ – so ein ehemals leitender Historiker aus dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt (MGFA) der Bundeswehr –, wurde er zum politischen Streitfall, ausgelöst durch den sechzigsten Jahrestag der Tragödie von Guernica im Jahr 1937. Der Bundestag wollte aus diesem Anlaß sein Bedauern über den Einsatz der deutschen Legion Condor im Spanischen Bürgerkrieg ausdrücken. Die Initiative ging zusammen mit anderen Abgeordneten vom späteren Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) aus. Nach ausführlicher Debatte kam 1998 ein Beschlußantrag zustande, dem auch die damaligen Regierungsfraktionen zustimmen konnten. Der Antrag wurde an einem Freitagnachmittag auf die Tagesordnung gesetzt, als PDS, Grüne und SPD bei weniger als dreißig anwesenden Abgeordneten eine zufällige Mehrheit hatten. Der Antragstextext wurde von der PDS scharf kritisiert und durch eine radikale Version ersetzt: Sie verurteilte erstmals in der Geschichte des Bundestages pauschal eine große Gruppe von Wehrmachtsoldaten – die Angehörigen der Legion Condor – und verlangte, ihnen jegliches ehrendes Gedenken zu versagen. Mölders war davon betroffen, sein Name sollte nun aus der Bundeswehrtradition getilgt werden. Es war der einzige Beschluß, den die PDS bis heute durchsetzen konnte. Dabei folgte sie der sozialistischen Antifa-Politik aus sowjetischer und DDR-Zeit. Konspiration und Verwirrung Mölders hatte tatsächlich einige Monate als Staffelkapitän in der Legion Condor gedient, allerdings geraume Zeit nach Guernica. Aber auch Persönlichkeiten wie der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr Heinz Trettner und der am Aufbau der Nachkriegsluftwaffe beteiligte Generalleutnant Hannes Trautloft waren im Spanischen Bürgerkrieg eingesetzt. Schon an ihrem Beispiel zeigt sich, daß die nach dem Prinzip der „Kollektivschuld“ vom Bundestag vorgenommene Ehrabschneidung nicht zu rechtfertigen war. Der damalige Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) ignorierte das Ansinnen des Bundestages; sein Nachfolger Rudolf Scharping (SPD) erklärte öffentlich, daß es in der Sache keinen Handlungsbedarf gebe. Das war korrekt, da dieser Bundestagsbeschluß rechtlich nicht bindet. Aber eine vom ARD-Magazin „Kontraste“ maßgeblich beeinflußte Hetze gegen die Bundeswehr und ihre Tradition veranlaßte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD), Verteidigungsminister Struck zum Handeln aufzufordern. Struck bekräftigte seine Haltung Nach Beratungen mit den zuständigen militärischen Vorgesetzten und anderen Betroffenen entschied  der Minister im Jahr 2005, deren mehrheitlichen Rat zu verwerfen und der Kaserne in Visselhövede sowie dem Jagdgeschwader 74 den Namen „Mölders“ zu entziehen. Allerdings versicherte er der Witwe, Luise Petzolt-Mölders, daß es keine in der Person ihres Mannes liegenden Gründe dafür gebe und er allein den Bundestagsbeschluß ausführe. Außerdem ließ er Raum zur Fortführung der bewährten Zusammenarbeit zwischen dem Jagdgeschwader 74 und der in Neuburg/Donau geschätzten zivil-militärischen „Mölders-Vereinigung e.V.“, deren  Satzung Geist und Buchstaben der Inneren Führung der Bundeswehr entspricht. Struck bekräftigte noch vor kurzem seine Haltung. Demgegenüber hatten seine vier Staatssekretäre behauptet, Mölders sei wegen Nähe zum Nationalsozialismus und zweifelhaftem Verhalten im Einsatz nicht mehr traditionswürdig – so auch die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Walter Kolbow (SPD) auf eine Kleine Anfrage der FDP im Bundestag. Sie beriefen sich auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse in einem Sondergutachten des MGFA. Gutachten ohne neue Fakten Dieses Gutachten enthält keine neuen Fakten, sondern bewertet Bekanntes zum Nachteil Mölders. Es vernachlässigt dabei die verfügbaren Quellen und kommt nicht zu einem abschließenden Urteil. Mölders werden beispielsweise keine Kriegsverbrechen zur Last gelegt, er wird aber ohne jeglichen Beweis einer angeblich besonders rücksichtslosen, auch gegen die Zivilbevölkerung gerichteten Operationsführung der Legion Condor zugerechnet. Und da sein offen praktizierter christlicher Glaube nicht geleugnet werden kann, verleumdet der Verfasser, Luftwaffen-Oberstleutnant Wolfgang Schmidt, pauschal alle Katholiken im Dritten Reich. Wörtlich: „Damit (gemeint ist Mölders Haltung) kam der Dreiklang von Gehorsam, Pflichtbewußtheit und Opferwilligkeit zum Ausdruck, den die deutschen Katholiken trotz der kirchenfeindlichen Haltung des Regimes zum Grundsatz erhoben hatten, für Adolf Hitler zu den Waffen zu greifen. Die Bischöfe unterstützten sie bei diesem Tun, wenn auch nicht mit flammenden Appellen, so doch mit eindringlichen Mahnungen, die an der Legitimität des Krieges keinen Zweifel aufkommen ließen.“ Bischöfe scheuen die Diskussion Der Verfasser hat später in öffentlicher Diskussion wiederholt, dies sei seine wissenschaftliche Bewertung des Katholizismus im Dritten Reich. Solches in einem amtlichen Dokument zu finden und von politisch Verantwortlichen übernommen zu sehen, ist atemberaubend. Nicht allerdings für die heutigen katholischen Bischöfe, unter ihnen Militärbischof Walter Mixa, die keine Korrektur der Entscheidung verlangen um das Andenken eines ihrer treuesten Gläubigen zu schützen! Anscheinend scheuen sie jede Diskussion über die Rolle der katholischen Kirche in der damaligen Epoche. Das MGFA hat wissenschaftlich viel geleistet, aber manche Arbeit verlor an Wert, wo ideologische Sichtweisen durchschlugen – ein Mißbrauch der eigenen Dienststellung zur politischen Einflußnahme. Es verwundert nicht, daß es, wie Kolbow einräumte, zu Kontakten zwischen dem MGFA und der Redaktion von „Kontraste“ kam. Demokratische Praxis und Verantwortung im Amt Was hier geschildert wird, ist eine in der Realität weit verästelte Gemengelage.  Auch ist  die  Geschichte hier nicht zu Ende, wie zahlreiche Proteste, Petitionen, öffentliche Diskussionen und Publikationen nach der Minister-Entscheidung belegen. Aber wesentliche Fragen liegen schon an dieser Stelle auf der Hand: Entspricht es modernem Demokratieverständnis, daß der Bundestag mit weniger als fünf Prozent seiner Mitglieder Beschlüsse faßt? Muß für Angelegenheiten der Bundeswehr, einer in die demokratische Gesellschaft integrierten „Parlamentsarmee“, nicht ein breiterer Konsens gesucht werden? Ist es vertretbar, daß der Bundestag das Ansehen Verstorbener pauschal beschädigt, ohne Rücksicht auf lebende Angehörige und Nachfahren? Ist Doppelzüngigkeit eines Bundesministeriums – der Minister einerseits, seine Staatssekretäre andererseits – hinnehmbar? Will das Verteidigungsministerium ideologisch angelegte Publikationen des MGFA dulden; fühlt sich ein Staatssekretär oder der Generalinspekteur für den wissenschaftlichen Standard und die Wahrhaftigkeit der Arbeit im eigenen Amtsbereich zuständig? Bleibt es bei der offensichtlichen Diffamierung Mölders oder kommt es zu einer neuen, neutralen Begutachtung? Soll die amtliche Verleumdung der Katholiken im Dritten Reich so stehen bleiben und ist das ihrer Kirche recht? Wir haben es mit einem Lehrbeispiel für demokratische Praxis und Amtsverantwortung zu tun. Die Antworten sollten nicht schwer fallen, stehen aber noch aus. Historischer Nachtrag Der Ausgangspunkt für die Diffamierung Mölders war die Tragödie von Guernica. Daran war die deutsche Luftwaffe beteiligt, aber die Umstände des Angriffs einschließlich der Opferzahlen sind bis heute nicht geklärt. Einerseits gab es dort militärische Ziele, die völkerrechtskonform angegriffen werden durften, andererseits ist der Ort und die darin lebende Zivilbevölkerung ohne militärischen Zweck bombardiert worden. Unvermögen und Irrtum, wofür es Indizien gibt, oder Kriegsverbrechen, wie behauptet wurde – es ist zu hoffen, daß sich dies noch aufklären läßt. Viele Akten zur Legion Condor sind durch Kriegseinwirkung verloren gegangen, aber das Vorhandene ergibt immerhin ein allgemeines Bild: Franco führte einen Aufstand nationaler Kräfte gegen die durch Wahlen ins Amt gekommene spanische Volksfrontregierung, die sich auf ausländische Hilfe – freiwillige Kämpfer und Militärhilfe anderer Staaten – stützen konnte. Franco bat Italien und  Deutschland um militärisches Eingreifen, dem Mussolini und – zunächst zögerlich – Hitler entsprachen. Die deutschen Kräfte waren in den ersten Kriegsphasen unzureichend, beispielsweise wurden JU 52-Transporter als Behelfsbomber eingesetzt. Im Laufe der Kampfhandlungen kamen dann modernere Waffensysteme, zum Beispiel Sturzkampfbomber, nach Spanien. Keine Kriegsverbrechen nachgewiesen Die Legion Condor war eine Interventionstruppe. Es handelte sich aber um reguläre Streitkräfte in einer geschätzten Größenordnung von 20.000 Soldaten – die Ablösungen eingerechnet. Das Archiv des Auswärtigen Amtes belegt eine ausdrückliche Weisung des Befehlshabers, das Völkerrecht zu beachten. Der Truppe wurden keine Kriegsverbrechen nachgewiesen, sie ist auch nicht – wie behauptet – besonders rücksichtslos vorgegangen. Von der Volksfrontregierung beantragte Untersuchungen durch eine Kommission des Völkerbundes haben keine Verfehlungen festgestellt. Insoweit fehlt dem Bundestagsbeschluß die historische und moralische Grundlage. Einer einseitigen Geschichtsüberlieferung wollte kürzlich wohl auch der Papst Benedikt XVI. entgegenwirken, als er zeitgleich mit der innerspanischen Debatte über die Ehrung von Opfern des Bürgerkriegs eine große Zahl von Priestern, die im Namen der Volksfrontregierung ermordet wurden, selig gesprochen hat. Generalmajor a.D. Michael Vollstedt war Kommandeur der 2. Luftwaffendivision, zu der seinerzeit auch das damalige Jagdgeschwader „Mölders“ gehörte, und Referats- beziehungsweise Abteilungsleiter im Bundesministerium der Verteidigung und im Nato-Hauptquartier in Brüssel. Zuletzt befehligte er das Nato-Combined Air Operation Center 4 in Meßstetten. Er ist Mitglied der Mölders-Vereinigung. Weitere Informationen zu Werner Mölders
Michael Vollstedt
An diesem Donnerstag, dem 22. November, jährt sich der Todestag von Werner Mölders – einem besonders fähigen und erfolgreichen Jagdflieger der Wehrmacht. Er
Deutschland
2007-11-22T14:19:00+01:00
2007-11-22T14:19:00+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2007/chronik-eines-rufmordes/
"Jenseits jeder Frischluft"
Herr Henscheid, haben Sie eigentlich wenigstens ein ordentlich schlechtes Gewissen? Henscheid : Ein ordentlich und sogar unordentlich schlechtes habe ich! Weil, wer heute in der JUNGE FREIHEIT veröffentlicht oder dem Blatt auch nur ein Interview gibt, seiner – in meinem Fall aber kleinen – Familie schadet, sie im Prinzip verhungern läßt! Gut, daß ich ein bißchen gespart habe. Sie tun es schon wieder! Henscheid : Nicht zu vergessen, unlängst habe ich zudem Ihren „Apell für die Pressefreiheit“ unterschrieben. Warum nur, warum? Henscheid : Das frage ich mich auch … Dabei waren Sie doch mal ein „vernünftiger Linker“, wie neulich die linke Wochenzeitung „Jungle World“ ob Ihrer Unterschrift nachtrauernd festgestellt hat. Henscheid : Die Süddeutsche Zeitung habe ich damit offenbar auch verwirrt. Immerhin billigt sie mir aber trotz meiner Unterschrift – wenn auch kopfschüttelnd – noch das Prädikat „eher links“ zu. Daß sich Arnulf Baring, Joachim Fest, Helmut Markwort oder Wolf Jobst Siedler für die Pressefreiheit der JUNGE FREIHEIT eingesetzt haben, hat nicht für halb soviel Kopfschütteln gesorgt wie Ihre Unterschrift. Henscheid : Ich habe feststellen müssen, daß selbst gute Freunde in der Regel keine Ahnung haben, worüber sie eigentlich den Kopf schütteln. Das war schon 2002 anläßlich der Walser-Reich-Ranicki-Bubis-Möllemann-Sache und meines JF-Interviews eben dazu zu studieren (JF 24/02). Es gab Folgen, zum Teil nicht unbedenkliche. Nämlich? Henscheid : 2003 etwa sollte ich als Referent von einer Adorno-Gedenkjahrveranstaltung wieder ausgeladen werden, von einer Hannoveraner Kleingruppe wildgewordener Aufpasser und Puritätsvertreter. Eigentlich typologisch Denunzianten. Das erinnert manchmal an Stil und Mentalität römisch-katholischer Inquisitions- und Indexkongregationen und deren Informanten … Moment! Nichts gegen die Kirche an dieser Stelle! Henscheid : Wie ihre Schwarzkittel-Betbrüder haben sie alles, nur keine Ahnung. Dafür ausreichend bösen Willen zur Verurteilung. Nun bin ich mit der JUNGE FREIHEIT ja noch nicht ganz verheiratet, aber seit drei Jahren immerhin Ihr Freiabonnent – im Unterschied zu den allermeisten Meinungshabern und Mitquatschern weiß ich also ungefähr, wovon ich rede. Also? Henscheid : Rechtskonservativ, aber nimmermehr rechtsradikal würde ich Ihr Blatt taxieren. Aber darum ging es ja bei der Leipzig-Unterschrift gar nicht. Sondern um gleiches Recht und vor allem: um Pressefreiheit. Womit wir beim Thema wären. Ist doch alles ganz einfach: 1854 ging’s bei uns mit der ersten Fixierung der Pressefreiheit in einem Bundesgesetz los und seitdem langsam, aber stetig aufwärts – abgesehen von brauner und roter Diktatur. Und dank „Spiegel-Affäre“ ist heute die „Krone der Schöpfung“ erreicht. Was haben Sie da zu meckern? Henscheid : Die – eigentlich – „Strauß-Affäre“ 1962 sah zu Recht alle Linken und viele Konservative geschlossen vor oder hinter – wie Sie wollen – dem Hamburger Magazin. Auch wenn Augstein, Ahlers und Konsorten alles andere als Heroen oder gar Linke waren. Inzwischen sind die tempora dauernd mutantur – und vor allem die politischen Linien und Kreuzungen. Damals ging es um die angeblich junge Demokratie – jetzt um eine stark angegammelte und recht krause. Immerhin: Selbstverständlich hätte ich im Fall Leipziger Buchmesse auch geschlossenen Auges für Konkret unterzeichnet … Wir auch. Henscheid : … obwohl auch das nicht gerade mein Hausblatt ist. Früher wars einfach, als es noch die königlich-preußische Zensur und die schöne Einrichtung des Sitzredakteurs gab. Da war klar, wo geschnippelt und gesessen wird, da herrscht Zensur. Heute aber funktioniert’s – zum Glück oder Unglück – feiner, über die Political Correctness. Henscheid : Das Thema PC ist mir persönlich ein bißchen langweilig geworden – „Zensur“ für heutige Verhältnisse zu groß. Ich vermute, das kleinere, vielleicht auch schon größere Thema rund um das Wesen oder Unwesen JUNGE FREIHEIT ist die moderne Verwirrung, Desinformiertheit – das, wo-rüber eine Woche vor Hitlers Machtergreifung Tucholsky klagte: dies „Nebeneinanderdenken Aneinandervorbeireden“ – zum teil aus Absicht, aus Profession. Weil gescheitere Themen respektive Feinde kaum mehr zu erspähen sind. Dennoch, was hat es eigentlich mit der „Political Correctness“ auf sich? Der Verfassungsschutz etwa, der offenbar keine Feuilletons liest, tut ja bevorzugt so, als sei sie eine reine Erfindung von finsteren Verschwörern, um die freiheitlich verfaßte Gesellschaft und ihre demokratische Wehrhaftigkeit zu unterminieren. Henscheid : Wenn ich mir da die Galionsfiguren anschaue und anhöre, dann handelt es sich um die altbewährten Gutmenschen, mehr noch aber um Opportunisten, Karrieristen. Ich sag nochmal den Namen Thierse und seinen im Verein mit Schröder seit Jahr und Tag todesmutig geführten „Kampf gegen Rechts“: ein Reklame- und Gratis-Selbstläufer mit dem halbgeplanten Ziel der Totaldesinformation und Verblödung. Jüngst stand in der „Zeit“ was Drolliges: Da wurde der Tatbestand der Political Correctness einfach mit dem Ausdruck „Politische Redlichkeit“ sozusagen „übersetzt“. Henscheid : „Redlichkeit“ ist auch sehr gut. Mir gefällt aber der „politische Anstand“ der Luise Rinser beziehungsweise der altbewährte „Aufstand der Anständigen“ (schon wieder Thierse) doch noch besser. Fraglos anders als die von Lafontaine bemäkelten Helmut Schmidtschen „Sekundärtugenden“ ist der von Himmler einst eingeforderte „Anstand“ eine überaus „primäre“. „Nützlicher Idiot des deutschen Tabubruchs“ Jetzt sagen Sie uns aber doch mal, warum so viele „Linke“ – von denen man als Konservativer denkt: aber bei der Selbstkritik und den universalen Grundsätzen, da sind sie uns tatsächlich überlegen – warum die nicht kapieren, daß Grundrechte wie die Pressefreiheit unteilbar sind? Henscheid : Zuweilen galt ich (obwohl ich ja eigentlich von Haus auf Verfasser biederer Romane bin) in den letzten 35 Jahren als ein „Wortführer der Linken“, womit ich zweifellos überfordert war; zuletzt, wie gesagt, als „eher links oder linksliberal“; aber auch damals schon ein paarmal als „Stalinist“ mit andererseits „Nazimethoden“ im „Stürmerstil“, dann etwa, wenn ich ein paar Aufklärer des linken Milieus als Witzfiguren vorführte. Also eine recht schillernde Gestalt. Henscheid : Nachdem ich aber neuerdings von der Berliner Zeitung, die es ganz genau weiß, dem Fach „Rechte und ganz Rechte“ zu geordnet werde, übersteigt Ihre Frage meine Kräfte. Zumal es die als liberal geführte Zürcher Wochenzeitung es noch genauer weiß und mich wegen meiner JF-Hilfe nämlich durchschaut hat als einen „nützlichen Idioten des deutschen Tabubruchs“. Und das gefällt Ihnen jetzt? Henscheid : Ich weiß nicht, denn mir ist nicht ganz klar, was das nun wieder Glorioses sein mag? Von wegen Meinungsfreiheit: Der Journalist und Schriftsteller Michael Klonovsky meint, Bezugsrahmen unseres öffentlichen Diskurses sei nicht die Freiheit, sondern „die tägliche schwarze Messe“ um den „toten Mann aus Braunau“. Na, das hieße ja, „damals“ war die Meinung nicht frei wegen Hitler, heute ist die Meinung nicht frei – wieder wegen Hitler. Henscheid : Da will ich dem Kameraden Klonovsky kaum widersprechen. Wie, das war jetzt alles? Henscheid : Das war jetzt alles. Gut, dann definieren Sie das mal: „Pressefreiheit“! Henscheid : Bei Paul Sethe war das vor vierzig Jahren noch klar: die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten. Ich kann da bescheidener nur für mich sprechen: meine Meinung da drucken zu lassen, wo unsere demokratischen PC-Aufpasser wieder bestimmt was dagegen haben. Für den Hausgebrauch in Ordnung, „ganz global gesehen“ aber ein bißchen dünn. Henscheid : Gut, ich definiere ex negativo und für den konkreten Fall in Leipzig: Heute findet bei uns das Thema Pressefreiheit nicht mehr abstrakt als Pro und Contra statt – sondern mehr im Verborgenen, fast Verhuschten. Und durchaus Unfeierlichen, manchmal Widerwärtigen. Das Thema, das Doppelthema JUNGE FREIHEIT ist einerseits ein schreckliches Belaurer- und Denunziantenwesen nun wirklich fast „im Gestapostil“, als Freiheitskontrolle genuiner Dossieranleger, oft übrigens im Zusammenhang mit dem Internet und seinen Parallelwelten, sogenannten Chatrooms und Geschwätzstammtischen – meist jenseits jeder Frischluft und Realität. Zweitens aber und damit untrennbar: im Zuge fortschreitender Desinformiertheit bei dauernder Vermehrung der Informationsquellen. Was wollen Sie – im Zusammenhang der akuten Leipzig-JF-Sache – machen gegen eine Süddeutsche-Interviewerin, die ausgerechnet den Kern der Sache noch nicht spitzgekriegt hat? Daß nämlich das Blatt mit einem gewissen Recht feiern will, weil es nämlich seit 2005 laut Bundesverfassungsgericht nicht mehr rechtsradikal ist – die Dame wähnte genau das Gegenteil. Oder was gegen einen der üblichen Kommentatorenwurstl der taz, der dem „Drecksblatt“ (gemeint war die JF) ungescheut eine „Relativierung des Holocausts“ vorwirft, obwohl offenbar auch hier das Gegenteil wahr ist: der JF-Hochhuth-Interviewer vom Februar 2005 hakte geradezu pflichteifrig nach, daß David Irvings Holocaustleugnung eben kein Kinkerlitzchen sei. Semper aliquid haeret – irgendwas bleibt immer hängen -, aber garantiert immer das Falsche! Mir ist das bei meinen Böll-Gerichtsstreitigkeiten 1991 zum erstenmal begegnet und seither bestens bekannt: Keiner hatte forensisch und vorforensisch irgendeine Ahnung von Böll und seinen Quatschromanen – außer mir; konsequenterweise wurde ich genau dafür bestraft. Übrigens gefällt mir auch nicht, wie Joachim Fest seine Pro-JF-Unterschrift im nachhinein kommentiert hat: So gut wie nichts sage ihm an dem Blatt zu – er lese es aber auch nicht. Ja, was denn nun? Ich weiß es immerhin ein bißchen besser. Gibt’s Ihrerseits auch Kritik an der JF? Henscheid : Mir mißfällt am Blatt manches an personeller Struktur, kurz: an alten Kameraden und ewiggestrigen Seilschaften. Sehr gefallen mir dagegen viele Analysen grünökologischer Gaunerfiguren, die fast allesamt in FAZ, Frankfurter Rundschau und sogar Konkret stehen könnten. Ist ja auch kein Wunder. Nicht wenige Mitarbeiter des Blatts sind wohl so was wie linke Renegaten, ehemalige Bloch-, Marcuse- und Adorno-Schüler. Tragisch, aber wahr: da passe ich ja dann wirklich nicht so schlecht dazu. Der Sozialphilosoph Günter Rohrmoser sagt, totale Pressefreiheit gibt’s nicht, kann’s nicht geben und soll es auch gar nicht geben. Gesellschaft braucht auch Tabu. Henscheid : Da will ich auch Rohrmoser kaum widersprechen. Auch da nicht, wo er im Interview mit Ihnen vor zunehmendem Lagerdenken nach wiederum der Marschroute Political Correctness warnt; vor einer „Gesinnungsfront der Journalisten“, die auch ich unfroh wahrnehme. Obwohl ich da als freier Schriftsteller natürlich fein raus bin – weitgehend. Wie kriegen wir also das Dilemma „Pressefreiheit contra Verantwortung“ in den Griff? Henscheid : Die Jahrhundert-Probleme kann ich Ihnen auch nicht lösen. Ich kann nur anmerken, daß das Wissen, die Genauigkeit der Information in den Köpfen offenbar kurz- und langfristig nicht vermehrbar ist. Darüber klagen im Mozartjahr die Mozartforscher und bejammern die immer gleichen und idiotischen Falschklischees – darüber wunderten sich 2005 im Einsteinjahr die Einsteinverständiger. Daß im Einsteinjahr über die ikonographisch spektakulär herausgestreckte Zunge hinaus das Wissen um die Relativitätstheorie auch nicht um ein Prozent zunahm – da ist wohl genetisch und zerebral beim Menschengeschlecht nichts drin. Daß die Linke, das früher sogenannte und ja nur noch sehr dosiert spürbare linksliberale Milieu, denen beiden ich ja wohl doch immer noch angehöre, nicht zu den präzisesten Denkstationen der Nation gehören, leuchtet trotz Hegel, Marx und Adorno leicht ein. Es ist viel Rumor in den Köpfen, lehrte Hegel – heute vor allem: viel Wischiwaschi und Larifari. Das ist bedrückend. Alles ist in der spätpermissiven Gesellschaft irgendwie erlaubt und durchgängig, nur eins nicht, nicht einmal für die nützlichen Tabubruchs-Idioten: ein kleines rechtes, nationalkonservatives, eben nicht rechtsradikales Blatt. Irgendwie hat es die gesamten Funktionen des schwarzen Schafs, des Sündenbocks, der negativen Integrationsfigur übernommen, die scheint’s jede Humanität wohl alle drei irgendwo nötig hat. Nicht der Papst, nicht seine vergammelte Kirche, nicht der tägliche Bild-Zeitungs-Dreck, nicht mal Rest-NPD und Republikaner. Sondern halt: die JUNGE FREIHEIT. Als kleinster gemeinsamer Nenner aller Abscheuwilligen. Sei’s drum. Heroisch ist’s nicht gerade, zu ihr zu halten. Aber offenbar, wenn man selber dem linken Milieu angehört, etwas beschwerlich. Von einem von beiden muß ich mich wohl oder übel verabschieden. Eckhard Henscheid der Schriftsteller, Essayist und Satiriker unterschrieb zusammen mit zahlreichen weiteren Prominenten den „Appell für die Pressefreiheit“ vom 8. Februar in der FAZ gegen den politisch motivierten Ausschluß der JUNGE FREIHEIT von der Teilnahme an der Leipziger Buchmesse 2006, der ein bundesweites Medienecho hervorrief. Henscheid gilt neben Robert Gernhardt und F.K. Waechter als Mitbegründer der „Neuen Frankfurter Schule“. Er verfaßte zahlreiche Romane, Gedichte und Polemiken und schrieb in allen großen deutschen Blättern von der FAZ bis zur Zeit und auch in Konkret oder dem Satiremagazin Titanic, das er 1979 als Nachfolger der Zeitschrift Pardon mitgegründet hat. Außerdem machte er sich als Literatur-, Kunst- und Musikkritiker einen Namen. Derzeit arbeitet er an seiner Werkausgabe, von der bislang sieben Bände erschienen sind (Zweitausendeins). Geboren wurde er 1941 in Amberg in der Oberpfalz. Foto: Eckhard Henscheid: „Alles ist in der spätpermissiven Gesellschaft irgendwie erlaubt, nur eins nicht, die JUNGE FREIHEIT“ weitere Interview-Partner der JF
JF-Online
Herr Henscheid, haben Sie eigentlich wenigstens ein ordentlich schlechtes Gewissen? Henscheid : Ein ordentlich und sogar unordentlich schlechtes habe ich!
Interview
2006-03-17T00:00:00+01:00
2006-03-17T00:00:00+01:00
https://jungefreiheit.de/debatte/interview/2006/jenseits-jeder-frischluft/
Tusk fragt nach „besonderem Platz in der Hölle“ für Brexit-Befürworter
BRÜSSEL. EU-Ratspräsident Donald Tusk hat mit einem Tweet gegen Brexit-Befürworter für Empörung gesorgt. „Ich frage mich, wie wohl der besondere Platz in der Hölle für diejenigen aussieht, die für den Brexit geworben haben, ohne auch nur den Entwurf eines Plans zu haben, wie man ihn sicher durchführt“, schrieb Tusk auf Twitter. Scharfe Kritik kam vom früheren UKIP-Vorsitzenden Nigel Farage. „Nach dem Brexit werden wir frei sein von solch nichtgewählten, arroganten Tyrannen wie Ihnen und werden unser Land wieder selbst führen.“ Farage ergänzte lakonisch: „Klingt für mich mehr nach Himmel.“ After Brexit we will be free of unelected, arrogant bullies like you and run our own country. Sounds more like heaven to me. https://t.co/pTOEmKWJpn — Nigel Farage (@Nigel_Farage) February 6, 2019 DUP nennt Tusk „Euro-Wahnsinnigen“ Die britische Ministerin Andrea Leadsom forderte in der BBC eine Entschuldigung. Tusks Worte seien „schändlich“ und „boshaft“ gewesen, sagte sie. „Ich bin mir sicher, daß er sich wünscht, er hätte es nicht getan, wenn er darüber nachdenkt.“ Härtere Worte fand der Sprecher von Premierministerin Theresa Mays Koalitionspartner DUP, Sammy Wilson. „Dieser teuflische Euro-Wahnsinnige tut sein bestes, das Vereinigte Königreich in den Ketten der EU-Bürokratie und deren Kontrolle zu halten.“ Es seien gerade „Tusk und seine arroganten EU-Verhandler, die die Flammen der Furcht entfacht“ hätten in ihrem Versuch, das Resultat des Austrittsreferendum umzustürzen. Seine Parteivorsitzende Arlene Foster nannte Tusks Worte eine „bewußte Provokation“. Innenminister Sajid Javid sprach von einer „Entgleisung“. Out of order https://t.co/ljFLuactH5 — Sajid Javid (@sajidjavid) February 6, 2019 (tb)
JF-Online
EU-Ratspräsident Donald Tusk hat mit einem Tweet gegen Brexit-Befürworter für Empörung gesorgt. „Ich frage mich, wie wohl der besondere Platz in der Hölle für diejenigen aussieht, die für den Brexit geworben haben, ohne auch nur den Entwurf eines Plans zu haben, wie man ihn sicher durchführt“, schrieb Tusk auf Twitter.
Ausland
2019-02-06T17:10:13+01:00
2019-02-06T17:48:53+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2019/tusk-fragt-nach-besonderem-platz-in-der-hoelle-fuer-brexit-befuerworter/
Rückgratlos in Kiel
Der Spruch, die Steigerung von Feind sei Erzfeind und Parteifreund, gilt ganz besonders für CDU-Mitglieder. Während auf der linken Seite immer Solidarität selbst mit mißratenen oder gescheiterten Genossen geübt wird – für sie findet sich immer noch ein einträglicher Posten -, fällt die CDU selbst bewährten Parteifreunden häufig sofort in den Rücken, wenn die Gefahr besteht, daß die Partei in den Geruch der politischen Unkorrektheit gerät. So geschah es dem Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) an der Universität Kiel. Er hatte im vergangenen Jahr den politisch unverdächtigen emeritierten Germanisten der Universität Kiel, Hans-Günter Schmitz, eingeladen, über „Die Amerikanisierung der deutschen Sprache und Kultur“ zu sprechen. Das paßte den linken Studentengruppen nicht. Sie verteilten ein Flugblatt, in dem sie dem Redner vorwarfen, er habe „offen rechte Ansichten“ verbreitet und Ausdrücke benutzt, die typisch rechts seien (JF 30/07). Das Pikante: Dieses linke Flugblatt hatte auch die Junge Union unterschrieben. Der RCDS wollte es sich nicht bieten lassen, in die rechte Ecke gestellt zu werden. Daher verklagte er die linken Kommilitonen. Man traf sich schließlich vor dem Kieler Amtsgericht. Dort hatte man mit einer Richterin zu tun, die nach der Lektüre des Schmitzschen Manuskript zu dem Schluß kam, man könne daraus durchaus „eine Gesinnungsnähe zu rechten Auffassungen erkennen“. Schmitz hatte, wie sie meinte, „Schlüsselwörter der Rechten“ verwandt wie „Selbstbestimmung“ und „Fremdbestimmung“. Auch der Ausdruck „Überfremdung der Deutschen“ war ihr suspekt. Besonders stieß ihr auf, daß der Germanist die amerikanischen Einflüsse auf die deutsche Kultur auch auf die totale Kriegsniederlage zurückführte. Sie wies zum Gaudium der linken Studenten die Klage des RCDS ab. Dessen Anwalt, Trutz Graf Kerssenbrock, war der Meinung, es handele sich um eine „unglaubliche Diffamierung des RCDS“, und sah große Chancen für die Berufung. Die Studenten allerdings waren sich unsicher: Wie sollten sie die Kosten aufbringen, wenn sie wieder verlieren? Zaghaft unterließen sie den Gang in die nächste Instanz. Und dann bekamen sie die Rechnung der gegnerischen Anwälte: über 900 Euro. Doch die Kassen des RCDS waren leer. Kniefällig baten sie ihre linken Kontrahenten, ihnen die Möglichkeit einzuräumen, die Schulden in kleinen Raten abzustottern. Großmütig wurde ihnen diese Bitte gewährt. Weil sie nun überhaupt kein Geld mehr hatten, mußte der RCDS sein Geschäftszimmer im Gebäude des Landesverbandes der CDU aufgeben. Im Schußfeld der Medien Wer den Schaden hat, braucht für den Spott bekanntlich nicht zu sorgen. Der kam vom Landesgeschäftsführer des Landesverbandes der CDU, Daniel Günther, der sich bei den Linken anbiederte, indem er der linken taz gegenüber höhnische Bemerkungen über die angehenden christlich-demokratischen Akademiker vom Stapel ließ. Daniel Günther zur taz: „Wenn man so verantwortungslos mit Geld umgeht, dann einen solchen aufwendigen Prozeß führt, ohne daß man mit den notwendigen Mitteln ausgestattet ist, dann kommt man in eine solche Situation.“ Auch als ein CDU-Ratsherr der Landeshauptstadt Kiel ins Schußfeld der taz geriet, schoß ihm der CDU-Geschäftsführer Günther in den Rücken. Der für die Aufspürung von allen vermeintlich „rechtsextremistischen“ Tendenzen in Norddeutschland zuständige Mitarbeiter von taz und Jungle World, Andreas Speit, hatte den Ratsherrn, der der Regionalgruppe der konservativen Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft (SWG) vorsteht, angeprangert, weil er Wjatscheslaw Daschitschew zu einem Vortrag eingeladen hatte. Der aber sei einer der führenden Rechtsradikalen Europas, weil er auch schon vor der NPD und der DVU gesprochen habe. Nicht erwähnt wurde in der Denunziation, daß Daschitschew Berater mehrerer russischer Regierungen war und sich frühzeitig für die Wiedervereinigung Deutschlands eingesetzt hatte. Der CDU-Ratsherr geriet sofort nicht nur unter Druck der örtlichen Zeitung, der Kieler Nachrichten, und des NDR, sondern auch seiner Landespartei. Landesgeschäftsführer Daniel Günther sagte im Fernsehen, daß ein CDU-Politiker in einem Verein, der einen Rechtsradikalen einlädt, nichts zu suchen habe, denn nach seiner Meinung gebe es zwischen der CDU und der konservativen SWG keine gemeinsamen Ziele. Der Vortrag wurde abgesagt. Der taz-Journalist kommentierte triumphierend, zu dem „Umdenken dürfte politischer Druck geführt haben“. CDU-Geschäftsführer Günther hatte kumpelhaft dem taz-Journalisten offenbart, er empfehle dem RCDS, gar nicht erst in den Verdacht zu geraten, „daß man sich mit nationalsozialistischem Gedankengut auch nur in die Nähe begibt“. Wenn zum „NS-Gedankengut“ schon die kritische Auseinandersetzung mit der Amerikanisierung der Kultur gehört, dann dürfen sich CDU-Mitglieder nur noch mit Themen beschäftigen, die nicht das Mißfallen der Linken erregen. Auf diesem Wege dürfte sich die CDU selbst überflüssig machen.
JF-Online
Der Spruch, die Steigerung von Feind sei Erzfeind und Parteifreund, gilt ganz besonders für CDU-Mitglieder. Während auf der linken Seite immer Solidarität
Politik
2008-06-13T00:00:00+02:00
2008-06-13T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/2008/rueckgratlos-in-kiel/
Learn German!
Liebe Briten! Wir wissen ja, daß Ihr Fremdsprachen im allgemeinen – und im besonderen der deutschen Sprache – immer geringere Bedeutung beimeßt. Eines der jüngsten Beispiele habt Ihr auf der Pressekonferenz bei Borussia Dortmund am 15. April gegeben, auf der Jürgen Klopp seinen Rücktritt als Übungsleiter (für Euch: „Trainer“) erklärte. Eure Zeitung Telegraph (für uns: „Fernschreiber“) hatte für einen Echtzeit-Bericht (für Euch: „Live-Ticker“) einen Journalisten abgestellt. Das kam für uns nicht überraschend, denn auch hierzulande munkeln Kenner (für Euch: „Insider“), daß Klopps berufliche Zukunft auf Eurer Insel liegt. Das Erschütternde für uns war jedoch, daß der Telegraph mit Ben Bloom in aller Selbstverständlichkeit einen Berichterstatter nach Dortmund (für Euch: „Theremouth“) entsandte, der weder Deutsch spricht noch es versteht. Da haben wir Euch offenbar in der Vergangenheit zu sehr verwöhnt, denn wir hatten Euch auf Dortmunder Pressekonferenzen vor internationalen Spielen immer einen Simultan-Dolmetscher zur Verfügung gestellt. Mit seinen verzweifelten Einträgen (für Euch: „Postings“) sorgte Bloom allenthalben für Furore und Erheiterung: „I’d love to tell you what Klopp is saying. He is saying a lot. But I can understand precisely none of it.“ Irgendwann brach es dann aus ihm heraus: „WHY DON’T WE HAVE A UNIVERSAL LANGUAGE ACROSS THE GLOBE???“ Es tut uns leid (für Euch: „sorry“), aber den Turmbau zu Babel sollten wir unseres Erachtens keinesfalls wiederholen, auch wenn viele die Einheitssprache predigen, gerade auch Deutsche (und die meinen damit nicht unsere, sondern Eure Sprache). Und, Hand aufs Herz: Wärt Ihr wirklich dazu bereit, eine andere Universalsprache als Englisch zu akzeptieren? Einheitssprache? Nein danke! Offenbar nehmt Ihr an, daß man in einem Land, das es nicht mehr für nötig hält, Wörter wie „Champions League“ (für Euch: „Meisterliga“) in die Landessprache zu übersetzen, auch sonst ausschließlich mit Englisch zurechtkommt. Das ist ein Trugschluß, liebe Briten! Viele Deutsche streuen nicht deswegen Anglizismen und Denglisch ein, weil sie so gut Englisch können, sondern weil sie nur so tun oder weil sie sich damit irgendwie erwachsener vorkommen oder weil sie es nicht besser können. Zwar möchte der deutsche Vizepräsident des Europaparlaments, Alexander Graf Lambsdorff, in Deutschland Englisch als Amtssprache einführen, aber hört mal: Das ist der Angehörige einer Splitterpartei! Wahrscheinlich könnt Ihr diesen Brief ohnehin nicht lesen, denn den Fremdsprachenunterricht in Eurem Land habt Ihr ja seit Jahren erfolgreich zurückgedrängt. Klopp scheint es hingegen begriffen zu haben, denn er sagte neulich: „Vielleicht sollte ich erst mal die Sprache lernen, bevor ich über einen Wechsel nachdenke.“ Deswegen fasse ich die Botschaft (für Euch: „Message“) mit dem Satz zusammen, mit dem Euer Korrespondent Ben Bloom seine Berichterstattung vorläufig abschloß: „Hi kids, you know when your teacher tells you to learn German. Well, do it.“ Richtig, lernt Deutsch! Dann werdet Ihr auch Klopp besser verstehen, wenn er tatsächlich zu Euch auf die Insel kommen sollte.
Thomas Paulwitz
Liebe Briten! Wir wissen ja, daß Ihr Fremdsprachen im allgemeinen – und im besonderen der deutschen Sprache – immer geringere Bedeutung beimeßt. Eines der
Kolumne
2015-04-18T08:57:39+02:00
2015-04-20T09:00:10+02:00
https://jungefreiheit.de/kolumne/2015/learn-german/
Berlins neue Außenpolitik – Kommt Merz, kommt Rat?
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Christian Vollradt
Schon länger gibt Deutschlands Außenpolitik kein einheitliches Bild ab, weil es zu viele Behörden mit sich überschneidenden Befugnissen gibt. Ein Nationaler Sicherheitsrat soll Abhilfe schaffen. Doch es gibt auch Kritik.
Außenpolitik
Deutschland
2025-05-03T15:56:13+02:00
2025-05-04T15:39:46+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2025/berlins-neue-aussenpolitik-kommt-merz-kommt-rat/
Adler und Henne, Bär und Schlange
Nicht nur die großen Veranstaltungen und Prominentenempfänge in München, Düsseldorf, Berlin, Leipzig oder Frankfurt prägen das Gesicht der Veranstaltungsreihe „Deutsch-russische Kulturbegegnungen 2003/2004“, die im Februar durch die Präsidenten beider Länder feierlich eröffnet wurde. Einen überaus interessanten Bestandteil bildet eine Ausstellung unter dem Titel „Die Zarin und der Teufel“, die noch bis zum 18. Mai in den Franckeschen Stiftungen zu Halle/Saale besichtigt werden kann. Anhand zahlreicher Blätter zur Politik-, Militär-, Kultur- und Religionsgeschichte Rußlands aus der Zeit vom 16. bis zum 19. Jahrhundert erhält der Besucher einen Einblick in das Wechselspiel verbindender und trennender Elemente zwischen russischer und (west-) europäischer Tradition. Die Zusammenstellung von Stücken sowohl russischer als auch französischer und britischer Herkunft ermöglicht es, einen interessanten Vergleich zwischen der Eigen- und Fremdwahrnehmung des russischen Staates und seiner führenden Vertreter zu ziehen. Erstmals zusammengetragen wurden die derzeit präsentierten Objekte von Dmitrij Alexandrowitsch Rovinskij (1824-1895), der sie seit Anfang der achtziger Jahre in Form von Faksimiles einem kleinen Interessentenkreis zugänglich machte. Er war einer derjenigen Juristen und Reformer, die großen Anteil an der Verkündigung des Manifestes vom 5. März 1861 von Zar Alexander II. zur Abschaffung der Leibeigenschaft hatten. 1868 wurde er Präsident des Moskauer Kammergerichtes und 1870 Senator des Kassationsdepartements für Strafsachen; einen Posten, den er bis kurz vor seinem Tod bekleidete. Besondere Verdienste erwarb sich Rovinskij auch auf dem Gebiet der Kunst. Auf zahlreichen Reisen trug er Stücke mit besonderem Bezug zur russischen Kunst- und Nationalgeschichte zusammen. 1872 erschien sein „Lexikon der russischen Porträtstiche“, das 1886 nach der Erweiterung 10.000 Blätter und 2000 Personen dokumentierte und beschrieb. Seit Beginn der 1880er Jahre begann er die Herausgabe der „Materialien für eine russische Ikonographie“, die am Ende insgesamt zwölf Mappen mit 480 Blättern umfaßte. Heute sind von diesen „Materialien“ nur noch zwei komplette Exemplare bekannt. Eines befindet sich in St. Petersburg und das zweite in Halle. Erst vor wenigen Jahren konnte mit finanzieller Unterstützung der dortigen Stiftung der Stadt- und Saalkreissparkasse der Ankauf der Rovinskij-Sammlung ermöglicht werden. Etwa ein Viertel aller Objekte aus den „Materialien“ sind jetzt im Rahmen der Ausstellung zu besichtigen. In ihnen manifestiert sich besonders deutlich das besondere Spannungsverhältnis, welches die russische Geschichte seit jeher geprägt hat: die Funktion als östlichster Vorposten gegenüber dem Orient und zugleich die Rolle als europäische Großmacht, die aktiv die Geschicke des Kontinents mitbestimmen und -gestalten will. Es ist daher kaum verwunderlich, daß auch das (west-)europäische Rußlandbild bis heute von dieser Spannung zwischen Bewunderung und Abstand geprägt ist. Im ersten Teil der Ausstellung mit dem Titel „Adler“ kann sich der Betrachter einen Überblick über berühmte Persönlichkeiten der russischen Geschichte vom 16. bis 19. Jahrhunderts verschaffen. Interessante Darstellungen von Herrscherpersönlichkeiten wie Zar Feodor, dem letzten russischen Herrscher aus dem Geschlecht der Rurikiden, über Peter den Großen und Katharina II. bis zum Nationaldichter Puschkin unterstreichen die erhebliche Bandbreite der Ausstellungsobjekte. Gestalten wie der Bauernrebell Stepan Rasin, zunächst Führer der Donkosaken gegen Krimtataren und Türken, oder Fürst Peter Ivanovic Potemkin, der die Gewährung besonderer Ehrfurchtsbezeugungen westeuropäischer Herrscher vor den Vertretern des russischen Zaren durchsetzte, zeigen sowohl die große Bedeutung machtvoller Persönlichkeiten in der russischen Geschichte, aber auch die durch sie eng gesteckten Grenzen, was interessante Parallelen bis in die heutige Zeit offenbart. Der Wille, mit dem Fortschritt in Europa Schritt zu halten, wird in der Ausstellung unter anderem durch Andrej Denisovic Winius, einen gebürtigen Holländer, der mit Hilfe der russischen Regierung die erste Eisengießerei Rußlands in der Nähe von Tula errichtete und damit das Land vom Import schwedischen Stahls unabhängig machte, ebenso symbolisiert, wie durch Baron Aleksandr Sergeevic Stroganow, einem deutschen Reichsgraf, seit 1798 Präsident der St. Petersburger Akademie der Künste, oder den Berliner Kupferstecher Georg Friedrich Schmidt, von 1757 bis 1762 Professor für Porträtkupfer an der St. Petersburger Akademie der Wissenschaften. Der zweite Teil der Ausstellung, „Seraph“, enthält Darstellungen geistlicher Führer, der Patriarchen und ihrer Konflikte um die Verwaltung des oströmischen Erbes. Der dritte Abschnitt „Schlange“ widmet sich dem Themenkreis Bildung und Aufklärung. In den Bemühungen um eine breitere Kenntnis von Lese- und Schreibfertigkeiten oder dem Kampf gegen verbreitete Krankheiten wie Pocken zeigt sich das Wechselspiel zwischen Autorität und Selbstverantwortung, einem ständigen inneren Konfliktfeld. Die zwei weiteren Teile „Hahn und Henne“ sowie „Bär und Boney“ setzen sich vorzugsweise aus englischen und französischen Karikaturen des frühen 19. Jahrhunderts zusammen, die einen Eindruck von der äußeren Wahrnehmung Rußlands und seiner Herrscher vermitteln. Gerade vor dem Hintergrund militärischer Konfliktsituationen ist das stete Schwanken zwischen Bewunderung und Abscheu, das sich in den Blättern offenbart, bezeichnend für ein Land, dem heute oft vergleichbare Gefühle entgegengebracht werden. So können die Symbole eines Staates, der – wie es bereits der Titel zum Ausdruck bringt – einerseits Kontakt mit dem Teufel pflegt, doch es sich andererseits erlauben kann, „Boney“, die aus England stammende Witzfigur von Napoleon, als Ball beim Fußballspiel zu benutzen, praktisch auch nur Adler und Bär sein. Kraft und Macht, Brutalität und Unbeholfenheit sind die Synonyme, die sich mit dem europäischen Rußlandbild bis heute verbinden. Nicht zuletzt bietet die Ausstellung damit auch einen Anlaß, über die Berechtigung solcher Stereotype nachzudenken. Gelungen ist die Verbindung von historischem Wissen mit der Lust an der Betrachtung von seltenen Stichen und Karikaturen. Eine sehr gute Ergänzung bildet der reich ausgestattete Katalog, der auch jedem, der die Ausstellung nicht besuchen kann, zu empfehlen ist. Fotos: Peter der Große (1716): Vater des Vaterlandes, Katharina II. (1762): Kaiserin von Rußland, „Königin Katharinas Traum“: Englisches Satireblatt, London bei William Holland, 4. November 1791 Die Ausstellung „Die Zarin und der Teufel. Europäische Rußlandbilder aus vier Jahrhunderten“ ist noch bis zum 18. Mai täglich von 10 bis 17 Uhr im Haupthaus der Franckeschen Stiftungen, Franckeplatz 1, Halle an der Saale, zu sehen. Info: 03 45 / 2 12 74 05
JF-Online
Nicht nur die großen Veranstaltungen und Prominentenempfänge in München, Düsseldorf, Berlin, Leipzig oder Frankfurt prägen das Gesicht der Veranstaltungsreihe
Kultur
2003-05-09T00:00:00+02:00
2003-05-09T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/kultur/2003/adler-und-henne-baer-und-schlange/
Gauweiler weist Gaucks Forderung zurück
BERLIN. Der stellevertretende CSU-Vorsitzende Peter Gauweiler hat die Forderung von Bundespräsident Joachim Gauck scharf kritisierte, wonach sich Deutschland militärisch stärker engagieren solle. „Bei allem Respekt: Auch der Bundespräsident hat das Recht, seine Meinung frei zu äußern, aber er bestimmt nicht die Richtlinien der Politik“, sagte Gauweiler der Bild-Zeitung. Hätten der chinesische, russische oder amerikanische Präsident angekündigt, sich militärisch stärker einmischen zu wollen, weil sie sich moralisch dazu verpflichtet fühlten, hätte dies die Welt aufs Neue destabilisiert, warnte Gauweiler. Deutschland leiste bereits seinen Beitrag zur internationalen Sicherheit. So sei die Bundeswehr mit Soldaten in Afrika, auf dem Balkan und seit zwölf Jahren in Afghanistan vor Ort. „Die Propaganda für ein ‘Ende der Zurückhaltung’ ist auch inhaltliche nicht richtig“, ergänzte der CSU-Vize. Gauck: Deutschland darf sich nicht hinter seiner historischen Schuld verstecken Gauck hatte sich auf der Münchner Sicherheitskonferenz für ein stärkeres deutsches Engagement in der Außen- und Sicherheitspolitik ausgesprochen und einen entsprechenden Mentalitätswechsel gefordert. Deutschland dürfe sich nicht aus Bequemlichkeit hinter seiner historischen Schuld verstecken. Die Bundesrepublik solle sich als guter Partner früher, entschiedener und substantieller einbringen und mehr für jene Sicherheit tun, die ihr über Jahrzehnte von anderen gewährt worden sei, mahnte Gauck. Sicher werde Deutschland nie rein militärische Lösungen unterstützen, aber wenn es schließlich im äußersten Fall um den Einsatz der Bundeswehr gehe, dürfe die Bundesrepublik nicht reflexhaft „ja“ oder „nein“ sagen. Dem hielt Gauweiler entgegen, es gebe viele Wege, Einfluß zu nehmen und Not zu bekämpfen. „Die militärischen Operationen der letzten Jahre waren aber eher zum Nachteil des Westens und haben unsere moralischen und wirtschaftlichen Werte geschwächt und unserer Interessen geschadet.“ (krk)
JF-Online
Bundespräsident Joachim Gauck hat Deutschland aufgefordert, international mehr Verantwortung zu übernehmen – auch militärisch. CSU-Vitze Peter Gauweiler hält das für gefährlich. Die Propaganda für ein „Ende der Zurückhaltung“ sei falsch.
Deutschland
2014-02-03T11:27:45+01:00
2014-02-04T12:46:31+01:00
https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2014/gauweiler-weist-gaucks-forderung-zurueck/
Britischer Geheimdienst soll Internet massiv manipuliert haben
LONDON. Der britische Geheimdienst GCHQ verfügt nach Angaben des Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald über die Fähigkeiten, das Internet massiv manipulieren zu können. Dies geht laut Greenwald aus Unterlagen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden hervor. Konkret geht es dabei um Programme, die in der Lage sind, Online-Abstimmungen zu manipulieren, Internetseiten lahmzulegen sowie soziale Netzwerke und Online-Auktionshäuser zu überwachen. Für Greenwald sind dies „einige der erstaunlichsten Methoden von Propaganda und Täuschung im Internet“. Aus den NSA-Dokumenten von Juli 2012 geht zudem hervor, daß die Programme „voll funktionsfähig, getestet und zuverlässig“ seien. Die Enthüllungen kommen für die konservativ-liberale britische Regierung zur Unzeit. Am Dienstag debattiert das Unterhaus einen Gesetzentwurf, der eine weitere Ausweitung der Geheimdienstbefugnisse vorsieht. Begründet wird dies von der konservativ-liberalen Koalition mit der anhaltend hohen Terrorgefahr. (ho)
JF-Online
Der britische Geheimdienst GCHQ verfügt nach Angaben des Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald über die Fähigkeiten, das Internet massiv manipulieren zu können. Demnach handele es sich um „einige der erstaunlichsten Methoden von Propaganda und Täuschung im Internet“.
Ausland
2014-07-15T09:54:26+02:00
2014-07-15T11:43:28+02:00
https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2014/britischer-geheimdienst-soll-internet-massiv-manipuliert-haben/
Der wirre Pastor von der EKD
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Laila Mirzo
Über mangelnde Aufmerksamkeit dürfte der diesjährige Evangelische Kirchentag nicht klagen können. Das liegt dann vor allem an Pastor Quinton Ceasar. Der predigte sensationelle Details aus dem göttlichen Privatleben und räumte mit alten Glaubensvorstellungen auf; meint er jedenfalls. Ein Kommentar von Laila Mirzo.
Pastor,EKD
Kommentar
2023-06-14T17:15:42+02:00
2023-06-14T18:01:12+02:00
https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2023/der-wirre-pastor-von-der-ekd/
Klimawandel droht auch in Österreich
In Österreich erhöhte sich im 20. Jahrhundert die Jahresdurchschnittstemperatur um 1,8 Grad – das war fast dreimal intensiver als auf der gesamten nördlichen Welthalbkugel. Drei der vier extremsten Sommer der letzten 200 Jahre gab es innerhalb der vergangenen 15 Jahre. Was dieser Trend für die Natur in der Alpenrepublik bedeutet, untersuchte die Universität für Bodenkultur Wien. Die Summe der Niederschläge werde mit dem Klimawandel zwar gleich bleiben, aber es werde zu trockeneren Sommern und zu deutlich nasseren Wintern kommen. Durch zunehmenden Trockenstreß und vermehrte Insektenschäden werden manche Baumarten wie Buchen, Eichen, Kiefern in höheren Lagen keine ausreichenden Lebensräume finden. Die Schutzfunktion der Bergwälder gegen Naturgefahren werde abnehmen. Eine Anpassung der Baumbestände in ihrer Artauswahl könnte dem teilweise begegnen. Die Erwärmung der Gewässer schade einigen Arten wie der Bachforelle. Anderen Wassertieren werde dies aber auch nützen, nicht jedoch die Trockenheit in den Sommermonaten. 223 Pflanzen- und 668 Tierarten der Flußlebensräume stehen in Österreich heute schon auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Die Klima­erwärmung, aber auch der steigende Bedarf an klimafreundlichem Strom aus Wasserkraft könnten den Druck auf die Artenvielfalt weiter verstärken. Österreich wird sich auf den Klimawandel einstellen müssen, weil sie ihn auch im Verein mit der EU nicht verhindern kann. Denn die Weltwirtschaft soll nach Einschätzung der Internationalen Energieagentur (IAE) zwischen 2007 und 2012 um jährlich fast fünf Prozent wachsen – und damit auch der Verbrauch fossiler Energieträger in dieser Größenordnung.
JF-Online
In Österreich erhöhte sich im 20. Jahrhundert die Jahresdurchschnittstemperatur um 1,8 Grad - das war fast dreimal intensiver als auf der gesamten nördlichen
Wirtschaft
2007-07-27T00:00:00+02:00
2007-07-27T00:00:00+02:00
https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2007/klimawandel-droht-auch-in-oesterreich/