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Audio-Podcast | Boris Pistorius ist schon viele Monate der beliebteste Politiker Deutschlands. Daran muss man sich erst gewöhnen in einem Land, das sich nach dem Zweiten Weltkrieg geschworen hatte: «Nie wieder Krieg.» Er will unter großem Beifall der Öffentlichkeit Deutschland wieder «kriegstüchtig» machen. Wenn ich ihn und seine Kollegen «Verteidigungsminister» auf der Bühne der Welt agieren sehe, denke ich immer an ein Schlüsselerlebnis, das ich Ende der Achtziger Jahre hatte, als ich kurz vor der Auflösung des Warschauer Paktes den damaligen bulgarischen Staatschef Todor Schiwkow in Sofia besuchte. Am Abend führte mich ein Germanistikprofessor durch die Stadt, und wir kamen an einem imponierenden Bau vorbei, auf dem oben in großen Buchstaben «Verteidigungsministerium» stand. Er fasste mich am Arm und sagte: «Hier beginnt die Lüge. Früher stand dort ‹Kriegsministerium›.» Von Oskar Lafontaine mit freundlicher Genehmigung der Weltwoche. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. | NachDenkSeiten - Die kritische Website | [] | [] | 13. Mai 2024 9:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?cat=107&paged=66 |
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Hinweise des Tages | Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert: Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin. | Jens Berger | Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)
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Deutschland hat einen der größten Niedriglohnsektoren in Europa
EU-Haushalt: Krisenprof ... | [] | [
"Hinweise des Tages"
] | 21. Juni 2013 9:09 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=17713&share=email |
Wahlanalyse für die SPD – viel zu kurz gesprungen, rausgeworfenes Geld | „Aus Fehlern lernen“ ist die am 11. Juni vom Generalsekretär der SPD veröffentlichte Wahlanalyse überschrieben. Bei einer ersten Durchsicht fand ich die Analyse so unzureichend, dass NachDenkSeiten-Leser damit am besten gar nicht belästigt werden sollten. Aber diese „Analyse“ wird offenbar ernstgenommen. In meiner Regionalzeitung zum Beispiel heißt es, „Fehler und Defizite werden konkret beschrieben“. Ja sogar die PL, die Parlamentarische Linke, befasst sich damit und hat zwei der fünf Autoren der Untersuchung für kommenden Donnerstag zu einem Gespräch eingeladen. Offenbar gibt es Menschen, die diese Analyse ernstnehmen. Deshalb hier eine Analyse der Wahlanalyse. Albrecht Müller.
Zunächst zu Ihrer Information die Links zu den entsprechenden Dokumenten: Eine Analyse der Bundestagswahl 2017 „Aus Fehlern lernen“ Dieses Dokument enthält eine Einleitung des SPD-Generalsekretärs Klingbeil. Dann wird auf das folgende PDF-Dokument verlinkt. Am Ende meiner Analyse gebe ich die Schlussfolgerung der Autoren der Wahlanalyse wieder. Diese befindet sich auf Seite 106 und 107 des Textes „Aus Fehlern lernen“. Die Autoren der Wahlanalyse sind Jana Faus, Horand Knaup, Michael Rüter, Yvonne Schroth und Frank Stauss. Was sie zu einer solchen Analyse „Aus Fehlern lernen“, was die SPD in der Tat dringend nötig hat, im besonderen befähigt, wird weder im Text noch in der Einleitung des Generalsekretärs der SPD, Klingbeil, und auch sonst nicht verlautbart und erkennbar. Die Autoren haben eine große Zahl von Personen interviewt. Die Äußerungen der interviewten Personen sind in die Analyse eingeflossen. Man muss den Eindruck gewinnen, dass es besser gewesen wäre, die Autoren der Analyse hätten selbst etwas mehr nachgedacht. Wer sich nämlich mit der Geschichte der SPD und der Bundesrepublik Deutschland seit 50 Jahren beschäftigt und den Niedergang von 42,7 % im Jahre 1969 – dem Jahr des ersten Kanzlerwechsels von Kiesinger (CDU) zu Willy Brandt (SPD) – , wer den Niedergang vom Spitzenergebnis mit 45,8 % im Jahr 1972 bis heute verfolgt, wer die in dieser Zeit getroffenen politischen Entscheidungen und Unterlassungen und die verschiedenen Wahlkämpfe beobachtet oder wenigstens nachträglich analysiert, der oder die wird auch ohne Interviews dritter Personen vieles zum Thema „Aus Fehlern lernen“ aufschreiben können. Jene zum Beispiel, die wegen der Beteiligung der Regierung Schröder am Kosovo-Krieg und anderen militärischen Aktionen aus der SPD ausgetreten sind, oder jene, die wegen der Agenda 2010 und der Teilprivatisierung der Altersvorsorge die SPD verlassen haben, könnten vermutlich sehr viel mehr zu einer Analyse des Niedergangs beitragen als die Interviewpartner der fünf Autoren der Studie. Das waren einige Ergebnisse des Nachdenkens über die Ursachen des Niedergangs der Sozialdemokratie und darüber, was man aus den letzten Bundestagswahlen hätte lernen können und für die kommenden Wahlen lernen könnte. | Albrecht Müller |
„Aus Fehlern lernen“ ist die am 11. Juni vom Generalsekretär der SPD veröffentlichte Wahlanalyse überschrieben. Bei einer ersten Durchsicht fand ich die Analyse so unzureichend, dass NachDenkSeiten-Leser damit am besten gar nicht belästigt werden sollten. Aber diese „Analyse“ wird offenbar ernstgenommen. In meiner Regionalzeitung zum Beispiel heißt es, „Fehler und Defizite werden konkret bes ... | [
"Agenda 2010",
"Altersarmut",
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"SPD",
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] | 26. Juni 2018 16:44 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=44640 |
Marcus Klöckner | Marcus Klöckner studierte Soziologie, Medienwissenschaften und Amerikanistik an der Philipps-Universität in Marburg. Schwerpunkte seiner Arbeit als Journalist und Autor sind Herrschafts- und Medienkritik. | [] | [] | 12. Juni 2025 13:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?gastautor=marcus-kloeckner |
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NachDenkSeiten – Die kritische Website - NachDenkSeiten – Die kritische Website | Die Berichterstattungen zu den Fällen Julian Assange einerseits und (aktuell) Alexej Nawalny andererseits sind weitere Beispiele für inakzeptable doppelte Standards vieler deutscher Medien. Ein Kommentar von Tobias Riegel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. | NachDenkSeiten - Die kritische Website | [] | [] | 13. April 2023 13:05 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=posturl&email=1&paged=304 |
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Ein interessantes Buch. Aber der Titel stimmt nicht | Die NachDenkSeiten haben am 2. September das neue Buch von Heiner Flassbeck vorgestellt. Mit großem Interesse habe ich begonnen, das Buch zu lesen. Und dann habe ich nach einem Teil der Volkswirtschaftslehre gesucht, der schon vor über 50 Jahren oft vergessen wurde. Die Wissenschaft von der Nationalökonomie besteht nicht nur aus der Makroökonomie, also der Betrachtung der Konjunktur, des Wachstums, der Arbeitslosigkeit und der Beschäftigung. Zur „Ökonomik“, wie Heiner Flassbeck sagt und schreibt, gehört auch die Theorie von der optimalen Allokation der Ressourcen – man könnte auch von der Theorie der Marktwirtschaft sprechen oder – bei Benutzung eines englischen Begriffs – von „Welfare Economics“. Albrecht Müller.
Für mich ist die Begegnung mit dem Buch von Heiner Flassbeck eine Art Deja-vu. Ich habe das gleiche Phänomen vor nunmehr genau 56 Jahren erlebt. Im Jahre 1968 war ich Assistent bei einem Professor der Nationalökonomie in München, bei Hans Möller. In seinen Seminaren wurden Referate zu Fragen der Makroökonomie gehalten; aber darüber hinaus untersuchten wir Studenten, Doktoranden und Assistenten, wo es Defizite bei der Allokation, also bei der Beanspruchung und Kombination der Ressourcen einer Volkswirtschaft gibt und wie diese bedingt sind und behoben werden könnten. Eine zentrale analytische Einsicht dieses Zweiges der Volkswirtschaftslehre ist, dass bei der Produktion von Gütern und Dienstleistungen sogenannte externe Effekte auftreten können, im gängigen Englisch ausgedrückt: external economies und external diseconomies. Ein geläufiges Beispiel dafür: Wer an der Ausfallstraße einer Stadt mit viel Verkehr lebt, hat unter dem Autoverkehr zu leiden. Bei der „Produktion von Fahrleistungen“ entstehen nicht nur die Kosten für den Halter des Pkw oder des Lkw und für den Treibstoff. Es entstehen auch Kosten bei Menschen, die mit der Produktion der Fahrleistungen nichts zu tun haben, aber an der befahrenen Straße wohnen und unter Lärm und Abgasen leiden. Das sind die external diseconomies des Autoverkehrs. Es gibt viele andere und auch viele andere relevante – um den Titel von Heiner Flassbeck aufzugreifen – externe Effekte in der sogenannten marktwirtschaftlich organisierten Produktion. Das haben die Studenten im Seminar von Hans Möller und seiner Assistenten gelernt. Mit diesem wissenschaftlichen Hintergrund kam ich 1968 als Ghostwriter ins Bundeswirtschaftsministerium in Bonn und traf dort auf lauter Ökonomen mit einem ähnlichen wissenschaftlichen Hintergrund wie dem von Heiner Flassbeck. Mein damaliger Chef, der Professor Dr. Karl Schiller, also Hochschullehrer, bevor er Bundeswirtschaftsminister geworden war, hatte eine Vorstellung von Ökonomik, die jener von Heiner Flassbeck glich. Das Gleiche galt für seine Mitarbeiter – für den Staatssekretär Schöllhorn zum Beispiel, den Grundsatzreferenten und späteren Staatssekretär Hans Tietmeyer, den Abteilungsleiter Schlecht, den Abteilungsleiter „Währung“ Wilhelm Hankel usw. Sie alle hätten vermutlich keinen Anstoß an dem Buchtitel von Heiner Flassbeck genommen. Der von mir angemahnte Teil der Wissenschaft von der Ökonomie ist keine neue Entdeckung. Schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts haben sich Ökonomen damit beschäftigt, konkret zum Beispiel der Italiener Vilfredo Pareto. Nach ihm ist auch ein Werkzeug dieser Debatte benannt: „Pareto-Optimum“. Zur Zeit meines Studiums dieses Teils der Ökonomie gab es zudem ein einschlägiges interessantes und wichtiges zweibändiges Werk eines britischen Ökonomen zum Thema: „Trade and Welfare“ von James E. Meade. Die uns während meines Studiums verordnete Lektüre dieses Werkes war hilfreich auch für die später anstehende politische Debatte und Entscheidungsfindung. So war die wirtschaftspolitische Diskussion im Wahljahr 1969 markant geprägt von einem Disput zwischen dem Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller und dem Bundesfinanzminister Franz Josef Strauß. Dabei ging es um die Korrektur des Kurses der im Vergleich zum Dollar unterbewerteten D-Mark. Die Entscheidung über Währungsrelationen lag damals noch in den Händen der Regierung, im konkreten Fall in den Händen des Bundeswirtschaftsministers, der 1969 auch für Währungsfragen zuständig war. Hätte dieser damals in traditionellen Denkweisen gedacht, dann hätte er sich über die hohen Zahlungsbilanzüberschüsse unseres Landes freuen dürfen, so wie das sein Kollege und Konkurrent Franz Josef Strauß tat. Aber wer gelernt hatte, welfareökonomisch und damit in realen Größen zu denken, musste zum Schluss kommen, dass bei einer unterbewerteten Währung im damaligen System Realeinkommen, also Wohlfahrt, nach draußen verschenkt wird. Deshalb lautete eine der zusammenfassenden Aussagen in der damaligen Auseinandersetzung zwischen Schiller (SPD) und Strauß (CSU): „Wir verschenken jeden 13. VW“. – Diese Aussage war gegen den Strich des herrschenden monetären Denkens formuliert. Aber die Mehrheit der Zeitgenossen und auch der Wählerinnen und Wähler hat das offenbar und überraschenderweise irgendwie verstanden. Jedenfalls war die Debatte um die Aufwertung der D-Mark einschließlich der erwähnten Botschaften eine von vielleicht vier maßgeblichen Stützen des 1969 stattgefundenen Kanzlerwechsels von Kiesinger (CDU) zu Willy Brandt (SPD). Die Erkenntnisse der WelfareEconomics fanden dann übrigens auch ihren Niederschlag in den Beratungen einer Steuerreformkommission unter dem Vorsitz von Erhard Eppler und einem entsprechenden Beschluss bei einem Steuerreformparteitag der SPD Ende 1971. Der Beschluss enthält unter Ziffer IX. das Kapitel „Besteuerung umweltfeindlicher Produkte“. Das sollte eine Steuer werden, die einen Ausgleich für die externen Effekte, die external diseconomies, einer Produktion oder einer Dienstleistung darstellen und selbstverständlich auch Einfluss auf die Produktionsrichtung nehmen sollte. Die Erkenntnisse zu den externen Effekten waren für einige politische Entscheidungen, für Gebote und Verbote in der Umweltpolitik wie auch für Abgaben und steuerliche Regelungen relevant. Der Straßenverkehr ist ja durch Mineralölsteuer und Kfz-Steuer belastet. Der Flugverkehr ist es nicht. Es ist höchste Zeit, dass dieser Sektor einschließlich des militärischen Bereichs für seine externen Effekte bezahlt und dass damit auch wenigstens ein Stückchen einer steuernden Belastung verordnet wird. (Übrigens: Als ich diesen Text am vergangenen Dienstag entwarf, übten über mir NATO-Kampfflugzeuge den Luftkampf – verbunden mit externen Effekten für mich und alle anderen Bürgerinnen und Bürger in meiner Region.) Die Debatte um die externen Effekte und die Folgen für die Wirtschafts- und Finanzpolitik liegt schon lange zurück. Ich bin trotzdem darauf zu sprechen gekommen, weil die Abwesenheit dieses Teils der Ökonomie zumindest den Titel eines grundlegenden und guten Buches zur Volkswirtschaftslehre prägen sollte. Der Westend Verlag und sein Autor Heiner Flassbeck täten gut daran, bei einer Neuauflage des Buches den Titel zu ändern und korrekt zu formulieren: „Grundlagen einer relevanten Makroökonomik“. Titelbild: Buchcover „Grundlagen einer relevanten Ökonomik“ – Westend | Albrecht Müller | Die NachDenkSeiten haben am 2. September das neue Buch von Heiner Flassbeck vorgestellt. Mit großem Interesse habe ich begonnen, das Buch zu lesen. Und dann habe ich nach einem Teil der Volkswirtschaftslehre gesucht, der schon vor über 50 Jahren oft vergessen wurde. Die Wissenschaft von der Nationalökonomie besteht nicht nur aus der Makroökonomie, also der Betrachtung der Konjunktur, des Wachs ... | [
"Flassbeck, Heiner",
"Schiller, Karl",
"Strauß, Franz Josef",
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"Denkfehler Wirtschaftsdebatte",
"Wirtschaftspolitik und Konjunktur"
] | 05. September 2024 13:58 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=120839 |
Hinweise des Tages II | Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert: Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin. | Redaktion | Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
Deutschland überfordert? Was kostet die Integration?
Wir sind das Volk! Wir sind das O ... | [] | [
"Hinweise des Tages"
] | 06. November 2015 15:48 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=28277 |
Wenn einer eine Reise tut … | Vier Wochen im beengten Wohnmobil können die Perspektiven und die Ansprüche verändern. Von einer Reise nach Kreta und den Erfahrungen, die er unterwegs mit Einheimischen und mit eigenen Landsleuten gemacht hat, berichtet in diesem Text Michael Fitz. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Urlaub hatte ich bitter nötig, nachdem in den vergangenen drei Jahren nicht an Sonne/Strand/Meer zu denken war. Aber das allein war es noch nie für mich und meine Frau. Dann lieber zu zweit im VW-Bus unter recht beengten Bedingungen und mit der Option, wenn es denn unbedingt notwendig ist, ein paar Tage ins Hotel oder die Pension zu gehen, unterwegs sein. Das ist mein (unser) Ding. Nach Kreta wollten wir, die Insel, die wir nun schon viele Jahre leidlich kennen, entdecken und dort haben wir tatsächlich über vier Wochen in unserem superkleinen Mobil gehaust. Wenn man so lebt und unterwegs ist, immer auf der Suche nach einem schönen, einsamen und wilden Platz zum Übernachten, verschieben sich die Perspektiven und damit auch die Ansprüche. Einen großen Bogen um Menschenaufläufe und Campingplätze und deren spezielle Romantik zu schlagen, macht einen wach und aufmerksam. Selbst der Schlaf in der Nacht ist etwas weniger tief, immer mit einem Ohr draußen an der Natur. Von der trennte uns nur das bisschen Dach-Zeltplane. Das ist nicht sehr viel und der Sturm zwingt einen dann schon auch mal nach unten ins EG, um sich dort weniger durchschaukeln zu lassen. Wir hatten wunderbare, inspirierende Begegnungen, wenige mit Landsleuten und viele mit Griechen und vor allem Kretern, die meist humorvoll und mit großer Freundlichkeit und erstaunlicher Offenheit vonstatten gingen. Schön, dass das möglich ist, auch wenn man des Griechischen nicht mächtig ist und hin und wieder Hände und Füße zu Hilfe nehmen muss, um das zu sagen, was man sagen möchte. Ja, wir haben viel gesehen. Abseits der touristischen Bettenburgen, im Bergland, das im Süden quasi direkt hinter dem Meeresufer beginnt, herrscht Armut, um nicht zu sagen Elend. Was hier scheinbar mit südländischer Leichtigkeit getragen wird, trifft uns, die (noch) satten Mitteleuropäer direkt im Bauch. Oft ist es etwas, das man nur fühlt und in manchen Gesichtern auch lesen kann. Hoffnungslosigkeit, keine Perspektive, aus dem, was ist, irgendwie herauszukommen oder gar etwas dagegen zu tun. Das äußert sich leider auch in den Bergen von Müll, der überall in der abgelegendsten Natur herumliegt. Bauschutt, Plastik, Altmetall scheint man hier grundsätzlich irgendwo vom Pickup zu werfen. Das ist wahrlich eine ökologische Katastrophe, eine Zeitbombe, die tickt. Weit weg in Athen setzt man, wie in allen Metropolen Europas, die Ellenbogen ein, um in die nächsthöhere gesellschaftliche Liga aufzusteigen. Um das zu bekommen, was man dafür zu brauchen scheint. Villen, Luxusautos und Boote. Es sind meist die Rücksichtslosen, die schnell reich werden, und nicht die Netten, Hilfsbereiten und Gastfreundlichen. In der häufig arbeitslosen Generation der 30- bis 40-Jährigen auf der Insel brodelt es. Die sind nicht gut zu sprechen auf die Schäubles, Draghis und Lagards dieser Welt. Verständlich, denn ihnen bleibt nicht viel, als einigen wenigen privilegierten Landsleuten und Fremden beim Luxusurlaub auf der Yacht und in der Villa mit Strandzugang zuzusehen. Da ist viel Wut. Schwarz Gewandete, Männer vor allem, die auf Alle und alles Fremde nicht so richtig gut zu sprechen sind. Aufpassen muss man. Was man sagt, wie man sich gibt, denn auch hier, wie überall in Europa, so scheint es, gibt es schlaue , meist auch machtgierige Exemplare unserer Spezies, die die berechtigte Wut der Menschen für ihre Zwecke und Ziele nutzen. Dieses Land, seine Schönheit, wäre ein großes Geschenk an Europa, aber Europa möchte es nicht wirklich annehmen, dieses Geschenk. Lediglich benutzen, um möglichst da, wo man nichts von der wirklichen Situation der Menschen sieht, seinen wohlverdienten Urlaub zu machen. Und so fallen sie dann auch ein, die Deutschen, auf dieser Insel, die inzwischen in der Beliebtheitsskala des deutschen Michl selbst „Malle“ den Rang abgelaufen hat. In Plätze, die noch vor Jahren nur den Einheimischen, den Griechen, beinah wie Reservate, vorbehalten waren, und bewegen sich dort, als ob ihnen das Land und der Strand nun gehört. Schnappen sich die besten Plätze, machen sich breit und wollen mit der griechischen Großfamilie, die nebenan ihre Zelte und ihren Grill aufbaut und ihren Urlaub heiter und lautstark feiert, nichts zu tun haben. Zu laut, zu fremd, zu anders? Vielleicht ist ihnen auch egal, wie es denen geht. Nach inzwischen vielen Jahren Wirtschaftskrise, die man allenthalben gut sehen kann, überall. Vielleicht haben sie auch mit ihren eigenen Sorgen in Sachen Zukunft daheim soviel zu tun, dass sie die nun rigoros ausblenden. Da, wo Menschen sind, egal ob nah oder weiter weg, spürt man sie. Spürt man die Angst vor dem, was möglicherweise kommt, davor, dass keiner weiß, wie es weiter geht. Vielleicht braucht es für manche die Rücksichtslosigkeit und die Ignoranz, um zumindest für den Urlaub den Rest der Welt zu vergessen. An manchen landschaftlich atemberaubenden, deshalb besonders „hippen“ und entsprechend überlaufenen Stränden spürt man kaum Interesse an der Landschaft, an der puren Schönheit rundherum. Junge Menschen aus allen europäischen Ländern starren auf ihre Handys, als wollten sie prüfen, ob das, was ihr Auge sieht, auch dem versprochenen Bild aus dem Internet entspricht und posieren für sich und den Rest der Welt auf Instagram. Schau, hier war ich… und sehe ich nicht gut aus? Was interessieren mich die Anderen, ich bin das Zentrum meiner Existenz und leiste mir das. Das muss die Welt sehen und „liken“, nicht wahr? Dabei ist die Natur rundherum wie eine Kathedrale und ich bin geneigt, vor lauter Ehrfurcht nur zu flüstern. Was bin ich da, angesichts dieser atemberaubenden Kulisse? Ein Nichts, das sich fasziniert umschaut, wahrnimmt und begreift. Aber da donnert schon wieder einer mit seinem PS-starken Motorboot ganz nah am Ufer entlang und holt sich die Aufmerksamkeit, die er braucht. Schau, was ich für ein tolles Spielzeug habe, die Natur spielt keine Rolle. Das ist die Welt, die wir uns gezimmert haben. Eine Mischung aus Rücksichtslosigkeit, Ignoranz, Egoismus und natürlich Sucht. Denn ohne ausreichend Vino, Raki oder Stärkerem kann der Tourist eben vieles nicht wirklich ausblenden, was ihm hier den Spiegel vorhält, und er hinterlässt gerne auch seine Spur aus Plastik und Papier, die Anderen tun es ja auch. Nach Kreta waren wir mit dem Auto drei Tage unterwegs und eine Nacht verbrachten wir auf der Fähre nach Heraklion. Zurück dann erst die Überfahrt in einer Nacht nach Piräus und drei Tage durch Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn, Österreich bis nach Hause. Eigentlich ist das ja alles EU-Europa, bis auf Mazedonien und Serbien. Sie wissen schon, dieses Europa, in dem es ein Schengen-Abkommen und harmonisierte Binnen-Zoll-Regeln gibt. Für EU-Bürger also doch eigentlich freie Fahrt, auch da, wo sie ein Nicht-EU-Land lediglich durchfahren. Herr Orban hat das noch nicht verinnerlicht. Er hat offenbar seine ganz eigenen Vorstellungen von diesem Europa. Klar, die Ungarn müssen sich als EU-Front-Staat mit all den Flüchtlingen, Vertriebenen und Glücksrittern auseinandersetzen, für die Europa nach wie vor und scheinbar immer mehr eine Verheißung ist und der Rest der Festung Europa überlässt ihnen das nur allzu gerne. Das kann einem schon bitter aufstoßen. So bitter, dass man sich hübsche Spielchen an seiner Grenze ausdenkt, die man ja schützen muss. In dem Fall, eine ganz eigene Auslegung von Zollvorschriften, die den Beamten vor Ort es erlauben, jedes, aber auch wirklich jedes Fahrzeug, das die Grenze passieren will, egal woher es denn kommt, auf Schnaps und Zigaretten zu kontrollieren. Das fühlt sich an wie an der deutsch-deutschen Grenze anno Dazumals und das dauert. In der Hochsaison, sagt uns der Albaner im Nachbarauto, manchmal über acht Stunden. Bei uns waren es fünf. Auch hier ist wieder der Deutsche unerbittlich, nimmt sich die Vorfahrt und erkämpft sich mit seinem PS-starken Boliden mit geschicktem und vor allem rücksichtslosem Rangieren die Pole-Position, die am Ende vielleicht zwei Wagenlängen ausmacht. Sei’s drum. Hier kann man mit allem rechnen. Albaner und Türken mit in der Mucki-Bude gestählten Muskeln und auf den ersten Blick grimmigen Gesichtern entpuppen sich als freundliche und ausgesprochen humorvolle Gesprächspartner, da mag der Schwede vor uns gar nicht erst aussteigen. Ein, vermutlich, Norweger in seinen Siebzigern irrt herum auf der Suche nach seinem Auto, in seinem Blick schiere Fassungslosigkeit. Viele kleine Kinder, die spüren die Spannung am meisten, müssen von ihren Müttern oder Vätern in der abgasgeschwängerten Luft herumgetragen werden, damit sie einschlafen können. Wie in einer dystopischen Phantasie piept dazu ständig der Röntgen-Scanner, der die Laderäume aller LKWs durchleuchtet. Die Atmosphäre ist so dicht, dass man das unheimliche Gefühl hat, sie könnte sich jederzeit entladen, denn die Zivilisation ist ja nur eine ganz dünne Decke. Aber nein, es gibt reichlich fremdländische Verpflegung, die gerne geteilt wird und wir helfen mit Wasser und Aspirin dem Nachbarn, einem in der Schweiz geborenen Mazedonier, den schon seit Stunden der Kopfschmerz plagt. Dann wieder Hupkonzert, das hört sich bei geschätzten 20.000 Fahrzeugen, deren Motoren übrigens mehrheitlich durchgehend laufen und die hinter uns und um uns herum begeistert und gerne rythmisch die Hupe betätigen, schon beeindruckend an. Man wartet und fügt sich ansonsten in sein Schicksal, während sich vor der Grenze locker 20 km Stau entwickelt. Die Zöllner, ganze sieben Leute, von denen vier arbeiten und drei herumstehen, haben mit diesem Ansturm ohnehin die ganze Nacht und vermutlich den folgenden Tag zu tun, weil sie ja jedes Auto akribisch überprüfen müssen. Türfüllungen werden mit Taschenlampen ausgeleuchtet, so als ginge es um das hier wahrscheinlich zeitgleich in LKWs tonnenweise geschmuggelte Heroin und Anderes, aber nein, es geht nur um die Flasche Schnaps und die Stange Zigaretten, die man den Verwandten in Deutschland mitbringen will. Der Deutschtürke aus Mainz, der, wenn er hier durch ist, noch 1.200 km fahren wird, bringt es auf den Punkt. Schikane! Ganz klar, Orban bestraft Europa dafür, dass ihn manche dort nicht mögen. Aber selbst die drei jungen ungarischen Soldaten mit Maschinenpistolen, die man uns, um das Rennen auf den besten Platz nicht ausufern zu lassen, vor die Nase stellt, wollen den wichtigen Serben, der mit seinem S-Klasse-Mercedes und seinen guten Connections zu den serbischen Grenzern mal eben die Abkürzung über die leere Gegenfahrbahn genommen hat und jetzt vor uns und allen Anderen, die da stehen, einscheren will, nicht durchlassen, sondern teilen ihm nach kurzer Diskussion höflich mit, dass er sich hinten, so wie wir auch, in die Reihe zu stellen hat. Es gibt also doch noch Gerechtigkeit auf dieser Welt. | Michael Fitz | Vier Wochen im beengten Wohnmobil können die Perspektiven und die Ansprüche verändern. Von einer Reise nach Kreta und den Erfahrungen, die er unterwegs mit Einheimischen und mit eigenen Landsleuten gemacht hat, berichtet in diesem Text Michael Fitz.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Urlaub hatte ich bitter nötig, nachdem in den vergangenen drei Jahren nicht an Sonn ... | [
"Armut",
"Umweltverschmutzung",
"Zollunion"
] | [
"Audio-Podcast",
"Europäische Union",
"Griechenland"
] | 02. Oktober 2022 13:30 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=88691 |
Mails und Einträge im Netz zur Lobhudelei auf Gauck | Der gestrige Beitrag hat ein großes Echo ausgelöst – in Mails an die Redaktion und im Netz. Weil im gestrigen Beitrag letztlich auch wenig zu der Präsidentschaft von Joachim Gauck enthalten war und die Leserinnen und Leser sehr viel mehr dazu beisteuern, geben wir eine Auswahl wieder. Albrecht Müller.
Hallo Herr Müller, ich habe gerade Ihren Artikel über Gauck gelesen, den ich schon erwartet hatte. Sie kritisieren diesen Mann und die Schönfärberei der Medien treffend. Hier noch ein älterer Artikel von Spiegel-online mit einigen Zitaten von Gauck, die alles sagen. Zum Beispiel dieses: “Und dass es wieder deutsche Gefallene gibt, ist für unsere glücksüchtige Gesellschaft schwer zu ertragen.” Link zum Artikel Mit besten Grüßen Udo B. Thomas Schmid Lobhudelei auf Gauck – auch von als aufgeklärt und links geltenden Personen, konkret vom Redakteur der „Blätter“ … ich beobachte dies auch seit einigen Monaten, daß A.v.Lucke sich auf Teufel komm raus in die Wahrnehmung und den Ritterschlag der “Großen” der veröffentlichten Meinung hineinschreiben/hineinreden möchte und sich dafür nicht zu schade ist, Bündnis- und Anschlußfähigkeit mit den konservativen Kräften der BRD herzustellen. (Ich finde, daß sich in einer Gegenüberstellung von A.v.Lucke und S. Wagenknecht z.B. sehr gut demonstrieren läßt, wie man als “zoon politikon” unter verschiedensten Umständen dennoch und jederzeit zu einer integeren politischen Haltung finden kann.) Da die Blätter-Redaktion wissen soll, daß diese Verschiebung nicht unbemerkt bleibt, habe ich ihr vor diesem Hintergrund gerade folgende E-Mail geschrieben: … tja, man wird sicherlich genau verfolgen müssen, wohin sich die “Blätter” innenpolitisch bewegen! Viele herzliche Grüße an die NachDenkSeiten-Redaktion Thomas Schmid Nürnberg Einige wenige von vielen Einträgen bei Facebook: La Citoyenne Bitte, den Hinweis auf “als aufgeklärt und links geltende Personen” nicht überlesen. Albrecht von Lucke glänzt mit zunehmender Häufigkeit als Verbreiter gängiger Erklärungen und Einschätzungen. Als langjährige Blätter-Abonnentin weiß ich nicht so recht, wurde er, wurde die von ihm mit verantwortete Zeitschrift vom Mainstream mitgerissen, oder hat er sich selbst in den Strudel gestürzt? Lars Kolbe jaja… die blätter. hab mir letztes jahr mal das probeabo gegeben. und dann war auch wieder schluss. durchaus interessante sachen drin, aber insgesamt doch ziemlich elitär und neolinks… Johannes Düben … gauck war ein meister der eingeschlafenen füße! … seine reden hatten die staubfrische von provinzgottesdiensten. er hat den neobiedermeier nicht erschreckt, er hat seine schreckliche nette bürgerrechtlergeschichte weitergestrickt. schlimmsten falles wäre er vor selbstrührung und eitelkeit hinweggerafft worden. … er ist keiner der 39 gerechten, aber einer von mio. selbstgerechten. fünf jahre peinlichkeit enden. gott sei ehrlich dank!!! Olivia P. Moore Dieser selbstverliebte Gockel, manche nennen ihn ja einfachshalber auch kurz “Gauck”, erinnert mich oft an diesen schmierigen Diederich Heßling, der in Heinrich Mann’s Roman als “kriechender Untertan und zynischer Tyrann zugleich” charakterisiert wird. Norbert Piechotta Gauck, der übleste aller Präsidenten bisher, noch unfähiger als Lübke, ließ sich die Reden von kriegstreiberischen Atlantik-Brücken-Journalisten schreiben – ein Präsident, der aus der Geschichte nichts gelernt hat. Möge er seine 200.000,-€ fürderhin verschwenden und im Orkus der Geschichte verschwinden. Simon Pietsch Worst of Gauck Sehr geehrte Damen und Herren, Herrn von Lucke muß doch die Schamesröte ins Gesicht schießen, wenn er auf der Internetseite des DLF seine eigene Aussage im Interview, zum Verzicht auf eine 2. Amtszeit des jetzigen BP, nachliest: “Gauck hat dem Amt wieder zu Reputation verholfen.“ Armer Herr von Lucke! Wie sind Millionen Deutsche und wie bin ich froh darüber, daß wir den Bellizisten und Freiheits-Junkie Gauck als BP bald wieder loshaben. Und die ganze Polit- und Medienschickeria inklusive Ihres Herrn von Lucke vergießt Krokodilstränen wegen des Aufhörens des jetzigen BP, was für ein verlogenes, opportunistisches Theater. Mit freundlichen Grüßen P. R. Lieber Herr Müller, Sie schreiben: “Die lange zähe Periode der Wulffschen Selbstdemontage ist vorbei” Dazu möchte ich anmerken, dass es nach meiner Wahrnehmung nicht nur Selbstdemontage war. Seine mediale Demontage war der Beginn meines Aufwachens, später kam noch der “Putinversteher” hinzu, der mir dann endgültig die Augen öffnete, bzw. die Wahrnehmung für die propagandistischen Machenschaften der Medien schärfte. Nach der Hetze auf Weselsky und die Griechen war mir endgültig klar, wie die arbeiten. Mit freundlichen Grüßen Bernhard M. | Albrecht Müller | Der gestrige Beitrag hat ein großes Echo ausgelöst – in Mails an die Redaktion und im Netz. Weil im gestrigen Beitrag letztlich auch wenig zu der Präsidentschaft von Joachim Gauck enthalten war und die Leserinnen und Leser sehr viel mehr dazu beisteuern, geben wir eine Auswahl wieder. Albrecht Müller.
Hallo Herr Müller,
ich habe gerade Ihren Artikel über Gauck gelesen, den ich schon er ... | [
"Blätter",
"Gauck, Joachim",
"von Lucke, Albrecht"
] | [
"Bundespräsident",
"Kampagnen/Tarnworte/Neusprech",
"Leserbriefe"
] | 08. Juni 2016 16:37 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=33723&share=email&nb=1 |
Regime Change | Am vergangenen Sonntag fanden in Serbien vorgezogene Parlaments- und Kommunalwahlen in verschiedenen Städten, darunter in der Hauptstadt Belgrad, statt. Bei den Parlamentswahlen hat die regierende Serbische Fortschrittspartei (SNS) von Staatspräsident Aleksandar Vucic ihre führende Position mit 46,7 Prozent der Stimmen (2022: 43 Prozent) weiter ausgebaut. Sie verfügt jetzt über eine absolute Mehrheit im Parlament. Ihre Gewinne gingen im wesentlichen auf Kosten der Sozialistischen Partei (SPS) von Außenminister Ivica Dacic, mit der sie seit 2012 ununterbrochen gemeinsam eine Koalitionsregierung gebildet hatte. Die Sozialisten erhielten nur noch 6,6 Prozent (2012: 11,44 Prozent). Von Bernd Duschner. | [] | [] | 24. Dezember 2023 14:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?tag=regime-change&paged=3 |
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NATO | Der russische Präsident Wladimir Putin hat in einer Rede vor der Leitung des russischen Außenministeriums ein neues Angebot für eine mögliche Friedenslösung im Ukrainekrieg unterbreitet. Dieser Vorstoß wird von vielen Journalisten und Politikern hierzulande entweder ignoriert oder mit teils absurden „Argumenten“ und mit einer unangemessenen Empörungshaltung zurückgewiesen. Gleichzeitig ging in der Schweiz eine „Friedenskonferenz“ über die Bühne, die wegen der Nichtteilnahme Russlands und Chinas als irrelevant bezeichnet werden muss. Weil Äußerungen von nichtwestlichen Politikern oft aus dem Zusammenhang gerissen werden, ist es lohnend, die Originalquellen zu lesen. Um sie zur Diskussion zu stellen, dokumentieren wir hier die ganze Rede Putins auf Deutsch, in einer Übersetzung von Thomas Röper. Von Redaktion. | [] | [] | 17. Juni 2024 13:30 | https://www.nachdenkseiten.de/?tag=nato&paged=14 |
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Eine ziemlich belanglose Debatte um Leistungsbilanzüberschüsse, Trump und die Deutschen mit ihren Exportweltmeister-Allüren | Zurzeit läuft eine heiße Debatte um die Bewertung der Vorstöße von Trump und der USA zu den Handelsbilanz-Ungleichgewichten. Daran haben sich u.a. das Ifo-Institut und das Kieler Institut, die Süddeutsche Zeitung und Werner Rügemer auf den NachDenkSeiten, Paul Steinhardt von Makroskop und heute Heiner Flassbeck beteiligt. Ich kann mit dieser Debatte nur begrenzt etwas anfangen. Vieles, was im Zusammenhang mit dem Welthandel wichtig wäre, kommt nicht zur Sprache. Das liegt unter anderem an einem alten Fehler vieler Ökonomen: Sie denken in sogenannten monetären Größen und bewerten Vorgänge diesem Denken entsprechend. Schon ihre Sprache – „Außenhandels-Überschüsse“ und „Außenhandelsdefizite“ impliziert eine sachlich nicht berechtigte Wertung. Mit diesem Phänomen will ich bei meiner kurzen Analyse der einschlägigen Debatte beginnen. Zuvor aber eine Anmerkung zu einer Bemerkung von Heiner Flassbeck über Werner Rügemers Beitrag auf den NachDenkSeiten. Albrecht Müller. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Das war ein Beitrag des Autors Werner Rügemer und nicht der NachDenkSeiten, wie Flassbeck meint. Zumindest die Haltung des Herausgebers der NDS zur Politik der Exportüberschüsse hat sich unter dem Eindruck der Veröffentlichungen von Ifo und auch von Werner Rügemer auf den NachDenkSeiten nicht verändert. Aber unser Medium, die NachDenkSeiten, dürfen doch mal eine andere Sicht der Dinge veröffentlichen, ohne dass damit gleich die Abkehr der NachDenkSeiten vom Pfad der Tugend festgestellt wird. Trotz berechtigter Kritik am Text von Werner Rügemer bleibt anzumerken, dass er auf einige Aspekte hinweist, die bei der Beurteilung des Gesamtkomplexes durchaus zu beachten wären. Der Beitrag von Rügemer mit der Grundthese, es gäbe kein Handelsdefizit der USA gegenüber der EU, wird von Flassbeck als ein Angriff auf die von ihm schon oft formulierte Kritik an Deutschlands Politik dauernder Exportüberschüsse gewertet. Diese Kritik und die damit zum Ausdruck kommende Sorge teile ich – übrigens schon seit über 20 Jahren und in meiner früheren Funktion als Redenschreiber des deutschen Bundeswirtschaftsministers Professor Dr. Karl Schiller auch schon im Jahre 1969, als der deutsche Bundeskanzler Kiesinger auf Drängen des Bundesfinanzministers Strauß eine solche Politik durchsetzen wollte und Schiller die Aufwertung der D-Mark betrieb – also das, was wir auf andere Weise heute von der deutschen Bundesregierung verlangen. Die nun seit längerem von Merkel, Scholz und Schäuble, und von Merkel und Steinbrück betriebene Außenhandelsüberschuss-Politik und der damit verbundene Export von Arbeitslosigkeit hat verheerende Folgen für Europa. Ich habe mich in den letzten Monaten in einigen Ländern Süd- und Südosteuropas umgesehen und umgehört. Die dort grassierende Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit führt vor allem bei jungen Leuten zugleich zu Aggression wie auch zu einer frühen Abrechnung mit und Abwendung von Politik und Demokratie. Unsere Bundeskanzlerin hat offensichtlich keine Ahnung davon, was sie mit ihrer Exportüberschuss-Politik anrichtet. Oder es interessiert sie nicht. Diese Einschätzung und diese Sorge teilt auch Heiner Flassbeck. Im Text von Werner Rügemer geht das unter. Wenn man es kritisch formulieren will: indem Werner Rügemer das „US-Handelsdefizit“ relativiert, ja sogar als Fake bezeichnet, rechtfertigt er implizit zugleich die deutsche Politik permanenter Exportüberschüsse. Das ist der Stein des Anstoßes. Zu Recht. Anders als die südeuropäischen und südosteuropäischen Partner können die USA um vieles gelassener auf den deutschen Wahn der Exportüberschüsse schauen. Das hat mit der eingangs erwähnten Betrachtung zu tun. Wenn die USA die Vorgänge nicht durch die Brille der monetären Betrachtung analysieren und bewerten und stattdessen fragen, was die andauernden Exportüberschüsse bei einer güterwirtschaftlichen Betrachtung für die USA bedeuten, dann fällt die Bewertung ganz anders aus. Um dies zu erläutern, begebe ich mich in die Rolle des US-amerikanischen Präsidenten. Wenn ich amerikanischer Präsident wäre, dann würde ich die Geschichte der Leistungsbilanzsituation der USA im Verhältnis zu China, zu Europa und speziell zu Deutschland meinen Wählerinnen und Wählern in den USA ganz anders erzählen. Etwa so: So viel zu des US-amerikanischen Präsidenten (fiktiver) welfareökonomischen, d. h. real ökonomischen Betrachtung des Geschehens. Zu einer der vom fiktiven Trump geäußerten Möglichkeiten zur Binnenmarktreaktion des Exportdefizitlandes findet sich eine zustimmende Einlassung im Text von Heiner Flassbeck, gefettet von mir: Ein anderer, von Heiner Flassbeck sehr affirmativ vorgetragener Gedanke wird aus meiner Sicht deutlich relativiert, wenn man in real terms zu denken gelernt hat. Ich zitiere, wieder gefettet von mir: Wer mehr Güter verkauft, als er selbst kauft, hat aus meiner Sicht volkswirtschaftlich betrachtet keinen Nettogewinn. Eine solche Volkswirtschaft lebt unter ihren Verhältnissen. Heiner Flassbeck hat in seiner Bemerkung die Frage nach der Verteilung des von ihm festgestellten Nettogewinns nicht gestellt, anders als der fiktive US-Präsident. Dieser sieht einen Vorteil auch für sein Land, weil in Deutschland die Entwicklung des Anteils der Lohnabhängigen um vieles geringer ausgefallen sein dürfte als der Anteil der Kapitaleigner. Andere wichtige Fragen im Zusammenhang mit dem Welthandel und der wirtschaftlichen internationalen Zusammenarbeit, die in der aktuellen Debatte nicht behandelt oder ausgesprochen ungenügend behandelt werden: Ohne Zweifel gäbe es noch sehr viel mehr Fragen, die im Zusammenhang mit Welthandel und Freihandel besprochen werden müssten. Die Debatte um Defizite und Überschüsse von Leistungsbilanzen ist nur ein Teil davon. | Albrecht Müller | Zurzeit läuft eine heiße Debatte um die Bewertung der Vorstöße von Trump und der USA zu den Handelsbilanz-Ungleichgewichten. Daran haben sich u.a. das Ifo-Institut und das Kieler Institut, die Süddeutsche Zeitung und Werner Rügemer auf den NachDenkSeiten, Paul Steinhardt von Makroskop und heute Heiner Flassbeck beteiligt. Ich kann mit dieser Debatte nur begrenzt etwas anfangen. Vieles, was im ... | [
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] | 19. Juni 2018 11:35 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=44511&share=email |
Deutschland ist Mittäter. Punkt. | Das Bundesverwaltungsgericht hat in der vergangenen Woche entschieden: Die Bundesregierung muss nichts gegen die Rolle Ramsteins im illegalen US-Drohnenkrieg unternehmen. Zugegeben, das hätte sie wahrscheinlich sowieso nicht getan. Doch das Gerichtsurteil beweist nur abermals, wie sehr der Drohnenkrieg westliche Rechtsstaatlichkeit abgebaut hat. Von Emran Feroz.
Faisal bin Ali Jaber ist ein Name, den man in Deutschland kennen sollte. Gemeinsam mit zwei weiteren Landsmännern hat der 62-jährige Jemenite 2015 die Bundesregierung verklagt. Der Grund: Sein Schwager und sein Neffe wurden im August 2012 durch einen US-Drohnenangriff getötet und im Nachhinein als „Terroristen“ abgestempelt. Schauplatz des Geschehens war das Dorf Khashamir im Osten Jemens, wo kurz nach der Hochzeitsfeier von bin Ali Jabers Sohn US-Drohnen mindestens fünf Raketen abfeuerten. Nachdem bin Ali Jaber und die anderen Dorfbewohner den Tatort erreichten, konnte nur noch eingesammelt werden, was von den Opfer übrig blieb. „Ich erwarte und erhoffe mir, dass die deutsche Bevölkerung mit uns fühlt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Deutschen die Rolle von Ramstein im US-Drohnenprogramm gutheißen. Ich appelliere an die Bundesregierung, dafür zu sorgen, dass Ramstein nicht für illegale Tötungen wie bei US-Drohnenprogrammen benutzt wird“, so bin Ali Jaber. Dass weite Teile der deutschen Bevölkerung mitfühlen würden, sofern sie über das Geschehen informiert wären, liegt im Bereich des Möglichen. Dass die politischen Eliten in Berlin sich ihrer Verantwortung – oder um es deutlicher zu sagen: ihrer Mittäterschaft – stellen, umso weniger. Nun erhielten sie hierfür auch noch Schützenhilfe von Seiten des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig, das die Klage der Jemeniten abwies und der Öffentlichkeit mehr oder weniger zu verstehen gab: Deutschland muss den USA in Sachen Drohnenkrieg nichts untersagen. Die Einhaltung des Völkerrechts ist uns schnuppe. Stattdessen demontieren wir weiterhin jene Rechtsstaatlichkeit, auf die wir angeblich so stolz sind. Und außerdem: Natürlich sind wir derart modern, humanistisch und fortgeschritten, dass wir gegen die Todesstrafe sind. Dies betrifft allerdings nicht den extralegalen, auf Verdacht beruhenden Drohnenmord, der sich regelmäßig in der jemenitischen Wüste, in den afghanischen Bergen und anderswo abspielt. Dabei hatte noch im vergangenen Jahr das Oberverwaltungsgericht in Münster zu Gunsten der Drohnenopfer entschieden. Damals hieß es, dass die Bundesregierung prüfen müsse, ob von Ramstein ausgehend das Völkerrecht verletzt werde. Außerdem habe Deutschland eine Schutzpflicht gegenüber jenen Menschen, die den Angriffen zum Opfer werden könnten. Der Bundesregierung gefiel das Urteil nicht. Sie legte Revision ein – und war nun damit erfolgreich. Dass alle bestehenden (und frei zugänglichen!) Fakten zur Rolle Ramsteins oder zum Drohnenkrieg im Allgemeinen diesmal von einer derart angesehenen und wichtigen Institution unter den Teppich gekehrt werden, ist tatsächlich ein Skandal, der seinesgleichen sucht – und dank Corona, Biden-Sieg und Co. dennoch unbeachtet bleiben wird. Umso wichtiger scheint es zu sein, einige Dinge in diesem Kontext zu wiederholen. Kurz gesagt: Ohne Deutschland wäre der Drohnenkrieg Washingtons nicht möglich. In einem klassischen Kriminalfall wäre der Sachverhalt deshalb eindeutig: Die USA sind Täter, Deutschland ist Mittäter. Die amerikanischen Tötungswaffen würden ohne deutsche Hilfe nicht funktionieren. Doch im bestehenden Kontext wird dieser Umstand nicht im Geringsten eingesehen. Die Bundesregierung wollte bereits während der Amtszeit Obamas nach dem Bekanntwerden der Fakten nicht auf Journalisten, Whistleblower, Juristen und andere Experten hören, sondern dem Wort Washingtons blind Vertrauen schenken. Warum? Zum Einen, weil es die Sache einfacher machte. Aus den Augen, aus dem Sinn – solange, bis sich niemand mehr darum kümmert. Zum Anderen spielt natürlich auch die Hierarchie eine Rolle. Der neokonservative US-Historiker Robert Kagan verglich die USA und Europa einst mit den römischen Gottheiten Mars und Venus, die für Krieg und Liebe standen. Letztere könne ohne Ersteren nicht überleben. Diese Hierarchie wurde nicht aufgelöst, sondern besteht weiterhin – und Deutschland ist ein wichtiger Teil davon. Dass hierfür Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit dran glauben müssen, ist weniger von Bedeutung. Die Büchse der Pandora wurde schon längst geöffnet. Titelbild: EWY Media/shutterstock.com | Emran Feroz | Das Bundesverwaltungsgericht hat in der vergangenen Woche entschieden: Die Bundesregierung muss nichts gegen die Rolle Ramsteins im illegalen US-Drohnenkrieg unternehmen. Zugegeben, das hätte sie wahrscheinlich sowieso nicht getan. Doch das Gerichtsurteil beweist nur abermals, wie sehr der Drohnenkrieg westliche Rechtsstaatlichkeit abgebaut hat. Von Emran Feroz.
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] | 04. Dezember 2020 12:18 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=67666 |
Jürgen Scherer | Jürgen Scherer, ehemaliger Lehrer für Deutsch, Geschichte und Politik. Mitglied der GEW und grundsätzlich friedens- und basisdemokratisch orientierter Mensch im Rahmen unserer Verfassung. | [] | [] | 09. Februar 2025 12:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?gastautor=juergen-scherer |
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Deutschlandfunk: Freude über Spatenstich für Munitionsfabrik und die Frage: Warum kriegen wir die Abschreckung nicht hin? | Unseren öffentlich-rechtlichen Rundfunk, konkret den Deutschlandfunk, zu hören, gerät zunehmend zu einer Herausforderung. Sofern man nicht selbst zu den Einpeitschern einer geradezu hysterischen Kriegstüchtigkeitslust gehört, fühlen sich die Auswahl, die Formulierungen und die Kommentierungen zahlreicher Nachrichten und redaktioneller Beiträge des DLF an, als sei der Ernstfall eingetreten. Tatsächlich ist offenbar ein Ernstfall eingetreten – und zwar der der Aufgabe eines ausgewogenen Rundfunks. Beim Deutschlandfunk Moderator zu sein bedeutet, so der Hörereindruck, dass Freude über alles, was wie Heimatfront klingt, zum Berufsbild gehören muss. Ein Zwischenruf von Frank Blenz. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Einpeitscher im Rundfunkhaus Wer beim Kriegsfitmachen nicht mitmacht, wer statt Jubel und Begeisterung differenziert, vielleicht das sogar kritisiert, der bekommt beim DLF sicher gerade keinen Job. Auf Wiedersehen Vielfalt und Ausgewogenheit. Die Folge ist, dass ausschließlich Akteure, die wie Einpeitscher klingen, zu hören sind und Texte, die dem Publikum wie selbstverständlich zugemutet werden, als gäbe es nur die eine Richtung – Aufrüstung in allen Bereichen unserer Gesellschaft. Wie jüngst beim DLF zum Thema Abschreckung. Den Machern sei gesagt, dass das Durchwinken all dieser Projekte nicht die breite Zustimmung der Bevölkerung findet. Anmaßend ist es, so zu tun, als verträte man die Menschen, die Zuhörer da draußen. Allein die Aussage „wir“, die Moderatoren gern in ihren Worten verwenden, ist eine Zumutung, finde ich. Vor allem dauerhaft, wirklich? Zahlreich sind die Nachrichten und Beiträge des DLF über Rüstung, Rüstungspolitik. Die Befürworter der Eskalationen kommen massiv zu Wort, keiner der Redakteure fällt ihnen ins Wort. Die Nachrichten zu Beginn der Woche klingen, als müsse sich Bürger Otto Normalverbraucher über das Engagement der Rüstungsindustrie und vor allem über das weitsichtige Handeln unseres Kanzlers freuen, der Nägel mit Köpfen macht. Eskalation statt Friedenspolitik, Dividende für die Waffenschmieden statt Abrüstung, und das auf lange Sicht, lautet der Plan: Die Meldung des DLF ist noch nicht zu Ende. Geradezu ausgewogen scheint der zweite Abschnitt der Nachricht zu sein, doch tönt anderes heraus: DLF schreibt also „wie es hieß“. Und sogar Landwirte waren vor Ort, „allerdings“ aus anderen Gründen als die Menschen, die, „wie es hieß“, usw. … Zwei Fragen stellen sich beim Betrachten dieses medialen Produkts: 1. Warum wird so eine Überschrift gewählt? 2. Warum steht nicht diese Überschrift über dem Beitrag? Gedanken zu den Überschriften Die erste Überschrift der Nachricht (!) Rüstungspolitik: Scholz: „Eine starke Verteidigung braucht eine solide industrielle Grundlage.“ belehrt und manipuliert. Ja wer sollte denn auch etwas gegen Verteidigung, womöglich sogar eine „starke“ einzuwenden haben, die, na klar, eine solide Versorgung mit Artilleriemunition, Sprengstoff und Komponenten für Raketenartillerie benötigt? Imposant ist auch die Menge, da kommt ganz schön was zusammen und in die Kasse von Rheinmetall: Die Kapazität soll bei rund 200.000 Granaten pro Jahr liegen. Dass diese „solide“ Grundlage vor allem bezahlt werden muss und die Rechnung den Bürgern des Landes Jahr für Jahr, also „dauerhaft“ gestellt wird, darüber wird beim DLF nicht gesprochen, und auch die Frage stellt sich nicht: Was könnte man alles statt 200.000 Einheiten Munition kaufen? Die zweite, aber nicht verwendete Überschrift „Rüstungspolitik: Hunderte Menschen demonstrieren gegen neues Werk von Rheinmetall – Protest gegen Kriegspolitik der Regierung“ würde auch einen anderen Nachrichtentext folgen lassen. Darin würde vielleicht auch stehen, was man statt Munition kaufen könnte. Wie wäre es mit Entspannung? Nicht auszudenken ist in der Denke der derzeitigen kriegstüchtigen DLF-Macher und Regierungsberichterstatter, wenn in den Kommentaren am Abend zum Beispiel diese Worte zu lesen, zu hören wären: Das hat Jens Berger in seinem Artikel „Wiedereinführung der Wehrpflicht? – wer die falschen Fragen stellt, kriegt auch nicht die richtigen Antworten“ geschrieben. Statt Entspannung Kriegsertüchtigung auf Dauer Nein, es ist nicht naiv, von unseren öffentlich-rechtlich beauftragten und uns Bürger vertretenden Rundfunkleuten zu fordern, dass sie nicht der Eskalation in Politik und Gesellschaft folgen. Es ist ernüchternd und empörend, dass sie es machen und dabei so tun, als verträten sie die Bürger. Allein die Überschriften verkaufen ein Bild der Gemeinsamkeit, des „Wir“. DLF verklickert dem Publikum Worte, die erschrecken: Europa müsse jetzt zusammenstehen (in einem Beitrag über Trump), die deutsche Rolle bei der nuklearen Abschreckung, Schutzversprechen der NATO gilt uneingeschränkt (Kanzler Scholz). Mehr davon? Man braucht nur mal diese Seite „herunterscrollen“: Auch die Sendung „Informationen am Abend“ vom 12. Februar 2024 ist kein Hörgenuss, und der Moderator schießt sogleich den Vogel ab: „Warum kriegen wir nicht die Abschreckung hin…?“ DLF-Moderator Jürgen Zurheide kommt mit einem Kollegen ins Gespräch, Thema ist der Besuch des polnischen Premiers Donald Tusk in Paris. Peter Sawitzki ist aus Warschau zugeschaltet, das Stichwort „Weimarer Dreieck“ mit Tusk, Macron, Scholz fällt und Zurheide sagt (ab Minute 2:42): Schließlich beendet der Moderator das Gespräch mit seinem Kollegen Sawitzki mit den Worten „…Und wir haben es gerade angesprochen, es braucht mehr Waffen respektive Munition…“, um auf den Beitrag (Bastian Brandau) „Scholz und die neue Munitionsfabrik“ (ab 4:27 Minute) überzuleiten. Umfangreich und ohne Widerspruch kommt Bundeskanzler Olaf Scholz zu Wort, der die Investition von 300 Millionen Euro durch Rheinmetall lobt und durchweg geradezu heroische Töne „an einem besonderen Tag“ anschlägt. Mehr noch, Rheinmetall setze Maßstäbe, heißt es im Beitrag. Beim Zuhören verschlägt es mir die Sprache über Zurheides Einsichten, Scholz’ Ansichten und, wie Autor Bastian Brandau in seinem Beitrag dem kriegerischen Narrativ brav folgt. Schwach gerät der kurze Schwenk zu den Demonstranten, die gegen die neue Fabrik protestieren. „Kriege beenden“, „Waffen töten“ haben Menschen auf Transparente geschrieben. Eine Gegenstimme (!) kommt zu Wort. „Unzählige Menschen sterben, und darüber wird nicht geredet, das muss beendet werden“, sagt Matthias Gerhardt vom Bündnis „Rheinmetall entwaffnen“. | Frank Blenz | Unseren öffentlich-rechtlichen Rundfunk, konkret den Deutschlandfunk, zu hören, gerät zunehmend zu einer Herausforderung. Sofern man nicht selbst zu den Einpeitschern einer geradezu hysterischen Kriegstüchtigkeitslust gehört, fühlen sich die Auswahl, die Formulierungen und die Kommentierungen zahlreicher Nachrichten und redaktioneller Beiträge des DLF an, als sei der Ernstfall eingetreten. Tat ... | [
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] | 13. Februar 2024 16:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=110992&share=email |
Für immer Baustelle. BER-Hauptstadtairport steht unter Strom und unter Wasser. | Nicht einmal drei Monate nach Eröffnung des Berliner Willy-Brandt-Flughafens macht der Betrieb die ersten Zicken: Beschäftigte an den Gepäckkontrollen bekommen reihenweise einen gewischt und schon mehrmals rückte deshalb der Krankenwagen an. Die Betreiber spielen die Vorgänge herunter und raten zum feuchten Feudeln. Dabei gibt es Hinweise, dass die Schäden schwerwiegend und großflächig sein könnten. Davon wollen die Verantwortlichen lieber nichts wissen. Von Ralf Wurzbacher.
Hochspannung herrschte am Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ seit dem ersten Spatenstich. Bei neun Jahren Bauverzug und sechs vermasselten Startversuchen standen Machern und Planern rund um die Uhr die Haare zu Berge. Nicht wenigen Verantwortlichen ging angesichts dieser ganz, ganz langen Leitung der Saft aus: darunter drei Flughafen- und fünf Technikchefs, dazu mit Klaus Wowereit und Matthias Platzeck (beide SPD) die politisch gewichtigsten „BER-Architekten“. Den Steuerzahler traf der Schlag während all der Zeit in unschöner Regelmäßigkeit. Was mit einem Kostenansatz von 1,12 Milliarden D-Mark losging, hat inzwischen die Sieben-Milliarden-Euro-Grenze durchbrochen. Und im Corona-Flugbetrieb auf Sparflamme wird die Rechnung jeden Tag teurer. Als wäre die Stimmung nicht schon geladen genug, jetzt auch noch das: Wie die Gewerkschaft ver.di am 11. Januar mitteilte, steht der BER sogar buchstäblich unter Strom. Wohl nicht gleich der ganze Komplex, aber doch relevante Stellen im Betriebsablauf, nämlich die Anlagen zur Gepäckkontrolle im Terminal 1. Wer dort als Beschäftigter der Sicherheitsfirma Securitas Pech hat, bekommt einen gewischt, zum Teil mit richtig Wumms und schmerzhaften Folgen. Pech hatten bisher schon Dutzende, mittlerweile soll die Zahl der dokumentierten Fälle bei über 80 liegen. Die Betroffenen klagten über starke Schmerzen, Taubheitsgefühle und Benommenheit, heißt es in der Bekanntmachung. Mehrfach seien Geschädigte per Rettungswagen in die umliegenden Krankenhäuser transportiert worden. Mitunter hätten ihnen Ärzte längere Arbeitsunfähigkeit attestiert. Leute haben Angst Nach Auskunft von Benjamin Roscher, Gewerkschaftssekretär beim ver.di-Landesverband Berlin-Brandenburg, gehören die Unfälle zur Tagesordnung. Allein am 6. Januar habe es elf Mitarbeiter an einem Tag getroffen. Am Donnerstag sagte er den NachDenkSeiten: „Die Leute haben Angst, zur Arbeit zu kommen.“ Inzwischen hätten sich auch schon mehrere Passagiere einen eingefangen, wobei er von einer „hohen Dunkelziffer“ ausgehe. Es werde von oben Druck auf die Beschäftigten ausgeübt, „nicht wegen jeder Kleinigkeit Meldung zu machen“. Dabei habe selbst der Arbeitgeber Securitas bestätigt, dass sich teilweise sehr starke elektrostatische Entladungen ereigneten. Für Roscher kann es deshalb nur eine Lösung geben: „Die Arbeit an den Apparaten muss unverzüglich und solange eingestellt werden, bis die technische Ursache gefunden und zweifelsfrei abgestellt ist.“ In der Chefetage der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) ist man nicht so auf Draht. Konfrontiert mit den Vorwürfen, ließ die Betreibergesellschaft gegenüber der Hauptstadtpresse durchblicken, dass derlei Vorkommnisse der für die fraglichen Geräte zuständigen Bundespolizei schon seit dem 12. Dezember bekannt seien. Diese hätte dann auch „unverzüglich“ eigenes und Fachpersonal des Herstellers sowie der FBB eingeschaltet, um die Röntgenapparate, die das Handgepäck durchleuchten, unter die Lupe zu nehmen. Indes habe die angefertigte Expertise ergeben, dass „alle Anlagen den gültigen Normen und anerkannten Regeln der Technik“ entsprechen würden. Heller Lichtbogen Immerhin will man die Wurzel des Übels erkannt haben, zum Beispiel das Tragen von Sachen „mit hohem Synthetikanteil“ oder von isolierenden Schuhen auf isoliertem Boden. Und für gute Ratschläge war sich die Bundespolizei auch nicht zu schade. Um elektrostatische Aufladungen zu verhindern, sollten die Bediensteten zu Schuhwerk mit Schutzwirkung oder Antistatik-Schlüsselanhängern greifen. „Auch ist gegebenenfalls eine Veränderung der Bekleidungsmaterialien des Bedienpersonals in Erwägung zu ziehen.“ Mögliche Gegenmaßnahmen könnten ferner der Einsatz ableitfähiger Böden und Bodenunterlagen sowie regelmäßiges „feuchtes Wischen“ sein. Geholfen hat das nur mit Abstrichen. Nach Roschers Angaben kommen schwerere Verletzungen mittlerweile zwar seltener vor. Dennoch wären weiterhin pro Tag „zwei bis drei neue Fälle“ zu verzeichnen. Passend dazu schilderte die „Berliner Woche“ die Leidensgeschichte einer Frau, die es trotz aller Vorkehrungen erwischt hat und noch eine Woche nach dem „Knall“ unter Muskelkater im Arm leide. Manche ihrer Kollegen hätten sogar Brandblasen davongetragen. Einer davon sprach gegenüber der Zeitung von einem „hellen Lichtbogen“, der bei dem Vorfall zwischen seiner Hand und dem Pult am Röntgengerät aufgeblitzt sei. Die Darstellung deckt sich nicht ganz mit dem, was eine Sprecherin der Berliner Direktion der Bundespolizei zum Besten gegeben hatte: Demnach führten die Stromstöße „in der Regel zu keinen Verletzungen, können jedoch Schreckreaktionen verursachen“. Großflächiges Problem? Alles also ganz harmlos? Daran darf man Zweifel haben. Sollte sich herausstellen, dass die Ursachen tiefer liegen, in der Bausubstanz, in der Verkabelung, der Erdung der Leitungen, dann hat die FBB ein Problem, dem man nicht mal eben mit dem Wischmop beikommt. Auch ver.di-Mann Roscher vermutet, die Zuständigen wollten „um jeden Preis verhindern, dass nach all den Pleiten und Pannen der Vergangenheit wieder ein neues Fass am BER aufgemacht werden muss“. Brisant erscheinen angesichts dessen die Äußerungen von Beschäftigten, dass das Phänomen auch an anderen Stellen, etwa an den Check-In-Schaltern und im Keller bei den Kofferröntgenstraßen, aufgetreten sein soll. Erinnert sei auch daran, dass auf der Zielgeraden der BER-Fertigung, in den Wochen und Monaten vor der Eröffnung, eine noch gewaltige Mängelliste in allerhöchster Eile abzuarbeiten war. Das Nachrichtenportal „Business Insider“ schrieb im Februar 2020 unter Berufung auf vertrauliche Bauprotokolle, dass damals insbesondere bei der Verkabelung noch vieles im Argen gelegen hatte – in der Größenordnung von 5.000 Defiziten. In der Folge muss auf der Dauerbaustelle ordentlich rangeklotzt worden sein, denn schon Mitte Oktober verkündete FBB-Geschäftsführer Engelbert Lütke Daldrup nach „erfolgreichem“ Testlauf mit knapp 10.000 Komparsen: „Wir können den BER am 31. Oktober guten Gewissens in Betrieb nehmen.“ Die Tore machten in der Tat auf, ob dies wirklich gänzlich bedenkenlos geschah, erscheint zweifelhaft und könnte schon die nahe Zukunft zeigen. Defekte Kabelage? Der Architekt und Flughafenplaner Dieter Faulenbach da Costa, einer der profiliertesten Kritiker des Projekts, rechnet jedenfalls mit noch allerhand Ungemach in nächster Zeit. Lütke Daldrup habe es verstanden, „konsequent alle planerischen und behördlichen Hindernisse aus dem Weg zu räumen“, befand er im Gespräch mit den NachDenkSeiten. „Die technischen und funktionalen Probleme hat er nicht beseitigt.“ Auch Faulenbach da Costa mutmaßt, dass etwas mit der „Kabelage“ nicht stimmt und zur Behebung einiger Aufwand betrieben werden müsste. Allerdings habe der FBB-Chef das „Glück des Tüchtigen“, in Pandemiezeiten könne er „jeden Fluggast per Handschlag begrüßen“ und den Betrieb für die Zeit möglicher Nachbesserungen in Terminal 5 oder Terminal 2 verlegen. Die Flughafengesellschaft will davon erst einmal nichts wissen. Vor einer Woche verlautete durch Sprecher Hannes Hönemann, dass sich weitere Vorfälle „durch die Einhaltung entsprechender Verfahren und Vorkehrungen bei Durchführung der Sicherheitskontrollen in Zukunft vermeiden lassen“. Kurzum: „Die Sicherheitskontrollen sind offen und sollen das auch bleiben.“ Ob diese Einschätzung angesichts der Wiederholungsfälle weiterhin Bestand hat, wollten die NachDenkSeiten am Donnerstag wissen. Von der FBB-Pressestelle gab es keine Antwort, nur den Hinweis, sich an die Bundespolizei zu wenden. Dort verwies man zurück zur FBB: Für betriebliche Entscheidungen wie die einer Schließung des Gefahrenbereichs sei der Betreiber zuständig. Dachschaden Nach Erkenntnissen von Roscher planten die Verantwortlichen eine eingehende Untersuchung durch den TÜV, was man wiederum bei der Bundespolizei nicht bestätigen wollte. Trotzdem ist sich der Gewerkschafter sicher, dass in der Angelegenheit „hinter den Kulissen richtig gewirbelt wird“. Wo Feuer unterm Dach ist, tut eine Abkühlung not. Selbst dafür ist am BER gesorgt. Am Mittwoch meldete das Boulevardblatt „B. Z.“, dass es in der Nacht zum Montag aus der Decke im Verbindungsgang zwischen Fluggastkontrolle und „Marktplatz“ tropfte.
Es war dies der zweite aktenkundige Dachschaden innerhalb von zweieinhalb Monaten, der erste passierte vier Tage nach der Eröffnung. Aber Vorsicht: Kommen Wasser und Strom zusammen, kracht’s. FBB-Sprecher Jan-Peter Haack zerstreute umgehend alle Sorgen: „Sämtliche Kabel sind entsprechend wasserdicht ummantelt.“ Darauf ist gewiss Verlass. Titelbild: christianthiel.net/shutterstock.com | Ralf Wurzbacher | Nicht einmal drei Monate nach Eröffnung des Berliner Willy-Brandt-Flughafens macht der Betrieb die ersten Zicken: Beschäftigte an den Gepäckkontrollen bekommen reihenweise einen gewischt und schon mehrmals rückte deshalb der Krankenwagen an. Die Betreiber spielen die Vorgänge herunter und raten zum feuchten Feudeln. Dabei gibt es Hinweise, dass die Schäden schwerwiegend und großflächig sein kö ... | [
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"Verkehrspolitik"
] | 22. Januar 2021 13:11 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=69074 |
Baerbock-Dämmerung | Die Zustimmungswerte für die Grünen und ihre Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock sind im freien Fall. Überraschend ist das nicht. Es überrascht vielmehr, dass die Grünen davon überrascht sind. Denn außerhalb der grünen Blase war wohl den meisten klar, dass Baerbock keine gute Kandidatin ist. Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Die tragikomische Nominierung Baerbocks ist typisch für eine Partei, die es nicht schafft, über die engen Grenzen ihrer Filterblase hinauszuschauen und auch die Interessen derer im Blick zu haben, die nicht ohnehin zur festen Wählerschaft gehören. So kann man keine Wahlen gewinnen. Ein Kommentar von Jens Berger. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Die Hamburger Volksschauspielerin Heidi Kabel hat einmal gesagt: „Die Emanzipation ist erst dann vollendet, wenn auch einmal eine total unfähige Frau in eine verantwortliche Position aufgerückt ist“. Kabel starb 2010 und konnte noch nicht ahnen, dass elf Jahre später die Emanzipation nach ihrer Definition tatsächlich vollendet sein würde. Bei den Grünen gibt es ein Statut, das besagt, dass, wenn es zwei Bewerber unterschiedlichen Geschlechts auf einen Posten gibt, die Frau das erste Zugriffsrecht haben muss. Nun muss man sicher kein Fan von Robert Habeck sein, um zumindest einzugestehen, dass er aus rein wahlkampfstrategischen Motiven zweifelsohne die bessere Wahl gewesen wäre. Die Grünen wollten aber unbedingt eine Frau als Spitzenkandidatin und die haben sie nun. Da ich weder Mitglied noch Sympathisant dieser Partei bin, steht es mir nicht zu, dies zu kritisieren. Andererseits steht es den Grünen aber auch nicht zu, zu kritisieren, dass ihre untalentierte Kandidatin außerhalb der eigenen Blase nicht ankommt. So steht die Nominierung Baerbocks für genau den Selbstbetrug, der die Grünen schon lange charakterisiert. Neben der FDP gibt es wohl keine andere Partei, die derart fokussiert die Interessen der eigenen Klientel vertritt – der Unterschied ist lediglich der, dass die FDP daraus keinen Hehl macht, während die Grünen sich, in Selbstgefälligkeit und Selbstgerechtigkeit badend, als Avantgarde für die gesamte Bevölkerung sehen; wobei jedoch Anspruch und Wirklichkeit weit auseinanderklaffen. Eine andere ehemals schlaue Frau, Jutta Ditfurth, sagte einst: „Alle Parteien machen ihren Wählern was vor, aber es gibt keine Partei, die eine so grandiose Differenz zwischen ihrem Image und ihrer Realität hat, wie die Grünen“. Dem ist nichts hinzuzufügen und so gesehen ist Annalena Baerbock sogar die ideale Kandidatin für diese Partei – selbstgerecht und mit einem ebenso überbordenden wie unbegründeten Selbstbewusstsein ausgestattet. Solche Menschen neigen dazu, zu scheitern. Nun wittern die Grünen eine Kampagne gegen ihre Kandidatin. Und dafür ist ausnahmsweise mal nicht Putin, sondern der politische Gegner samt dessem publizistischen Arm verantwortlich. Ach was? Dachten die Grünen etwa ernsthaft, man würde auf ihre offenbar einzige Wahlkampfstrategie „Wer Annalena kritisiert, ist ein alter weißer sexistischer Mann“ hereinfallen? So etwas mag ja in der grünen Filterblase auf Twitter funktionieren. Die reale Welt funktioniert jedoch ein wenig anders. Dennoch mutet die Form der Kritik natürlich seltsam an. Nach der Debatte um Baerbocks „aufgesexten“ Lebenslauf stürzen sich die Kritiker nun auf ihr grauenhaftes Buch und finden – oh Wunder – Passagen, die die Autorin offenbar eins zu eins aus anderen Quellen übernommen hat. Lesen Sie dazu auf den NachDenkSeiten die Rezension „Gewogen und für zu leicht befunden“. Das ist freilich wohlfeil. Wirklich überraschend wäre es vielmehr, wenn man in diesem Buch, das zu 80 Prozent aus Worthülsen und Textfragmenten aus Sonntagsreden besteht, keine solchen Doubletten finden würde. Ist nicht jeder inhaltsleere Satz schon mindestens einmal gesagt und geschrieben worden? Unverständlich ist vielmehr, warum Baerbock dieses unambitionierte und überflüssige Buch überhaupt geschrieben und dann auch noch pünktlich zum Wahlkampfauftakt veröffentlicht hat. Auf solche Ideen kann man nur kommen, wenn man geistig in einem Safe Place haust – einer Blase, die einen vor sämtlicher Kritik abschirmt; so wie ein untalentiertes Kind, dessen kakophonisches Flötenspiel von allen Erwachsenen aus falsch verstandener Rücksicht über den grünen Klee gelobt wird. Das kann man ja machen. Aber wenn die Eltern dieses unmusikalische Kind dann vor ein größeres Publikum schleifen, müssen sie auch damit rechnen, dass es Kritik geben könnte. Anders die Grünen. Deren Selbsttäuschung geht so weit, dass sie nicht einmal erkennen, dass ihre Kanzlerkandidatin nur aus reiner – politisch korrekter – Höflichkeit in der eigenen Blase nicht kritisiert wird. Wird man dann im Wahlkampf und später an den Urnen mit dieser Selbsttäuschung konfrontiert, ist dies natürlich eine harte Lektion. Dass die Grünen aus dieser Lektion lernen werden, ist jedoch eher unwahrscheinlich. Stattdessen sieht man sich lieber als Opfer sinisterer Kampagnen und bastelt Verschwörungstheorien. Denn was nicht sein darf, kann auch nicht sein. Auf die naheliegende Idee, dass man zwar politisch korrekt, aber strategisch dumm eine vollkommen ungeeignete Kandidatin nominiert hat, wird man sicher nicht kommen. Titelbild: photocosmos1/shutterstock.com | Jens Berger | Die Zustimmungswerte für die Grünen und ihre Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock sind im freien Fall. Überraschend ist das nicht. Es überrascht vielmehr, dass die Grünen davon überrascht sind. Denn außerhalb der grünen Blase war wohl den meisten klar, dass Baerbock keine gute Kandidatin ist. Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Die tragikomische Nominierung Baerbocks ist typ ... | [
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] | 07. Juli 2021 12:48 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=74060&share=email |
Wir sind Weltmeister im Maulheldentum | Nun hat die Fußball-WM in Katar endlich begonnen und wie erwartet politisieren die deutsche Medienlandschaft und allen voran die Öffentlich-Rechtlichen das Fußball-Turnier weit über die Grenze des Erträglichen. Die Botschaft ist klar: Wir sind die Guten! Und je düsterer wir die anderen – da Russland und China nicht dabei sind, müssen diesmal vor allem die Kataris dran glauben – darstellen, desto heller wirken wir. Der berüchtigte Wippschaukel-Effekt, den Albrecht Müller in seinem Buch „Glaube wenig. Hinterfrage alles. Denke selbst“ ausführlich behandelt hat. Die Heuchelei kennt dabei keine Grenzen und erst gestern zeigte das blamable Einknicken der europäischen Verbände in der „Binden-Affäre“, dass man den Europäern, sollte es sportlich nicht so laufen, zumindest den Weltmeistertitel in der Disziplin „Maulheldentum“ verleihen muss. Von Jens Berger. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Ging es bei früheren Fußballweltmeisterschaften in der Rahmenberichterstattung vor allem darum, wie 22 junge Männer das Runde am besten ins Eckige befördern sollten, muss das aktuelle Turnier als Projektionsfläche europäischer Befindlichkeiten herhalten. Anspruch und Wirklichkeit klaffen dabei derart grotesk auseinander, dass einem das Anschauen der aufgeregt-selbstgerechten Rahmenberichterstattung physische Schmerzen bereitet. Waren noch bei den letzten Turnieren mehr oder weniger sprachgewandte Fußballer beliebte Studiogäste, geben sich heute Vertreter von Menschrechts-NGO die Klinke in Hand. Nun weiß selbst der letzte Fußballfan, dass Katar Defizite bei der Gleichberechtigung und der Akzeptanz Homosexueller hat und die FIFA ein durch und durch korrupter Haufen ist. Ei der Daus! Das sind ja ganz neue Erkenntnisse! Warum stellt dann aber niemand die Frage, warum ARD und ZDF eben dieser korrupten und bösen FIFA stolze 214 Millionen Euro an Gebührengeldern überwiesen haben, um die WM übertragen zu dürfen? Maulhelden! Man spielt das Spiel nicht nur mit, sondern finanziert es sogar. Dass die Vergabe der WM an Katar sicher kein Ruhmesblatt für den internationalen Fußball war, steht dabei gar nicht zur Debatte. Wer diese Fehlentscheidung jedoch nun einzig und allein den Kataris und der FIFA in die Schuhe schieben will, ist ein Pharisäer. Man könnte sogar vermuten, dass das allgegenwärtige FIFA- und Katar-Bashing vor allem dem naheliegenden Motiv folgt, Europa und den europäischen Profifußball besser dastehen lassen zu wollen; der oben schon genannte Wippschaukeleffekt. Dabei sind DFB, UEFA, Champions League und die nationalen Profiligen doch keinen Deut demokratischer. Auch hier bestimmen dubiose Funktionäre und milliardenschwere Sponsoren, wo es lang geht. Der Fan ist Staffage. Er darf den Zirkus bezahlen, mehr auch nicht. Da soll noch einer mitkommen. Katar ist böse, weil auf den Baustellen Migranten aus asiatischen Ländern zu Hungerlöhnen schuften. Das ist zu kritisieren. Aber wo bleibt die Kritik daran, dass beispielsweise der deutsche Konzern Adidas seine Kleidung zu Hungerlöhnen in Kambodscha fertigen lässt? Adidas ist Ausrüster des DFB-Teams und offizieller Sponsor der UEFA sowie Hauptsponsor des DFB. Ist die Ausbeutung eines nepalesischen Bauarbeiters so viel schlimmer als die Ausbeutung einer kambodschanischen Näherin? Ach ja, in Katar sitzen ja auch nur reiche Männer in den VIP-Lounges, für die Fußball ein prestigeträchtiges Beiwerk ist. Sicher, aber ist das im deutschen und europäischen Fußball so anders? In vielen europäischen Stadien sind Champions-League-Karten nicht für unter 100 Euro zu bekommen und die vier- bis fünfstelligen Preise für die VIP-Lounges sind für „normale“ Fans ohnehin nicht bezahlbar. Ist der europäische Fußball in den oberen Rängen nicht auch nur Staffage für eine wohlhabende Schicht, der es mehr ums „Meet and Greet“ als um den Fußball geht? Dafür spielt es in Europa jedoch keine Rolle, welche sexuelle Orientierung die Fans haben; solange sie sich die Karten leisten können. Die Frage, wie Katar mit Schwulen umgeht, wurde von den deutschen Medien daher zur Gretchenfrage des Kommerzfußballs hochgejazzt. Selbstverständlich darf man die Homophobie im arabischen Kulturraum kritisieren. Das Ganze wird jedoch lächerlich, wenn es zur Farce wird. Es ist ja eigentlich kaum zu fassen, aber noch heute gibt es in der Bundesliga keinen einzigen Spieler, der sich offen zur seiner Homosexualität bekennt. Der Musiker Marcus Wiebusch hat die Gründe dafür in seinem Song „Der Tag wird kommen“ eindrücklich aufgezeichnet. Auch wenn dies keiner öffentlich wahrhaben will: Auch der deutsche Fußball hat ein strukturelles Homophobie-Problem. Doch das spielt ja alles keine Rolle, wenn man mit dem Finger auf Katar zeigen kann. Die ganze Debatte um die „Regenbogen-Binde“, mit der die europäischen Mannschaften ihre angebliche Solidarität mit der LGBTQ-Community präsentieren wollten, zeigt jedoch hervorragend, wie verlogen die gesamte Debatte ist. Ursprünglich wollte auch ausgerechnet der DFB ein Zeichen gegen die Diskriminierung von Schwulen setzen und in Katar die Kapitänsbinde der FIFA durch eine Regenbogen-Binde ersetzen. Gut gebrüllt, Löwe! Doch dann folgte bereits das erste Einknicken. Um größere Unstimmigkeiten mit der FIFA und dem Gastgeber zu vermeiden, ersetzte man die mehr oder weniger bekannte Regenbogenbinde durch eine selbst kreierte „One-Love-Binde“, mit der man sich gegen Homophobie, Antisemitismus, Rassismus und für Menschenrechte und Frauenrechte positionieren wollte. Der Vorteil: Da kein Mensch diese Binde kennt, hoffte man gleichzeitig, den europäischen Medien sowas wie Haltung vorzugaukeln, ohne auf der anderen Seite bei den Verbänden und Sponsoren anzuecken. Doch dieser Plan ging nicht auf und die FIFA kündigte an, diese textile politische Instrumentalisierung des Fußballs zu sanktionieren. Wäre der deutsche Kapitän Manuel Neuer mit der „One-Love-Binde“ aufgelaufen, hätte er beispielsweise damit rechnen müssen, eine Gelbe Karte zu bekommen. In schlimmsten Fall wären gar Punktabzug oder ein Ausschluss vom Turnier denkbar gewesen. Diese Entscheidung hätte eigentlich Jubelstürme bei den kickenden Aktivisten auslösen müssen. Gäbe es ein stärkeres Signal, als sich vor den Augen der Weltöffentlichkeit als Märtyrer für die gute Sache zu gerieren? Was wäre denn passiert, wenn die acht europäischen Teams, die angekündigt hatten, mit der „One-Love-Binde“ anzutreten, kollektiv von der FIFA vom Wettbewerb ausgeschlossen worden wären? Hätte man tatsächlich Haltung gezeigt, wäre die FIFA sicherlich eingeknickt. Und wenn nicht, hätte man ein Zeichen gesetzt, das stärker kaum sein kann. Doch bereits die kleinste Drohung der FIFA hat ausgereicht, um die „Haltung“ der Maulhelden zu ersticken. Dass die ganze Aktion nur ein PR-Manöver war und nichts mit echter Zivilcourage zu tun hatte, war natürlich bereits vorher klar. Aber dass die europäischen Verbände so wenig Rückgrat haben, überrascht dann doch. So geht die ganze „Binden-Affäre“ als peinliche Posse in die Fußballgeschichte ein. Aber zumindest ARD und ZDF haben jetzt wieder neuen Stoff, über den sie sich selbstgerecht echauffieren können. FIFA böse, Katar böse … wir sind aber die Guten! Egal ob wir Haltung, Rückgrat und bunte Binden haben oder nicht. Auf die Idee, aus Protest gegen die FIFA-Entscheidung das morgige Auftaktspiel der deutschen Mannschaft gegen Japan einfach nicht auszustrahlen, ist bei ARD und ZDF sicher noch niemand gekommen. Leserbriefe zu diesem Beitrag finden Sie hier. Titelbild: © DFB | Jens Berger | Nun hat die Fußball-WM in Katar endlich begonnen und wie erwartet politisieren die deutsche Medienlandschaft und allen voran die Öffentlich-Rechtlichen das Fußball-Turnier weit über die Grenze des Erträglichen. Die Botschaft ist klar: Wir sind die Guten! Und je düsterer wir die anderen – da Russland und China nicht dabei sind, müssen diesmal vor allem die Kataris dran glauben – darstellen, des ... | [
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] | 22. November 2022 11:30 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=90705 |
Hinweis: Der Anteil der Sozialbeiträge der Arbeitgeber an der Finanzierung des Sozialstaates ging von 39,1 auf 33,7% zurück | Quelle: Sozialpolitk Aktuell » | Wolfgang Lieb | Quelle: Sozialpolitk Aktuell » | [] | [
"Hinweise des Tages"
] | 04. Mai 2005 13:59 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=552&share=email |
Omikron ist die goldene Gelegenheit für einen Exit, doch in Deutschland will man das nicht verstehen | Omikron hat Europa erobert. Wie vorherzusehen war, explodierten die Inzidenzen in den meisten europäischen Ländern in den letzten Wochen. Doch das ist kein Grund zur Besorgnis, da die Daten auf breiter Basis nun klar belegen, dass die Krankheitsschwere durch die Mutation sehr deutlich zurückgegangen ist. Während Länder wie Dänemark „trotz“ einer Inzidenz von mehr als 3.000 ihre Maßnahmen herunterfahren und Omikron auch kommunikativ positiv als Chance begreifen, bereitet sich Deutschland auf eine Verschärfung der Maßnahmen vor und verkürzt mal eben ohne Debatte den Impfstatus. Das ist dramatisch, da Omikron der Politik eine goldene Gelegenheit bietet, aus der ganzen Sache ohne großen Gesichtsverlust wieder herauszukommen. Von Jens Berger Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Die Corona-Lage in Deutschland entspannt sich „trotz“ massiv steigender Inzidenzen von Tag zu Tag mehr. Lagen vor einem Monat noch 4.631 testpositive Patienten auf den Intensivstationen, sind es heute nur noch 2.712 – Tendenz stark fallend. Der Hospitalisierungsindex, der ja eigentlich die Inzidenz als Gradmesser für die Maßnahmen ablösen sollte, ist binnen eines Monats von 9,77 auf 3,14 gefallen und ist somit um mehr als zwei Drittel zurückgegangen. All diese erfreulichen Zahlen sind nicht trotz, sondern wegen der Omikron-Variante zu vermelden. Omikron bringt nämlich nicht nur deutlich mildere Krankheitsverläufe mit sich, sondern verdrängt die zuvor dominante Delta-Variante aktiv. Wer sich mit der infektiöseren Omikron-Variante infiziert, kann sich nicht parallel oder kurz danach mit Delta infizieren. Letzte Woche lag der Anteil von Omikron in Deutschland bei 73%, aktuell dürfte er bereits bei über 90% liegen. In Ländern wie Dänemark und Großbritannien, in denen Omikron etwas früher als in Deutschland seinen Siegeszug antrat, ist Delta fast gar nicht mehr vorhanden. Ein großer Vorteil der Omikron-Variante ist, dass sie nicht nur deutlich mildere Krankheitsverläufe hat, sondern auch, dass sie das Immunsystem gegen die anderen kursierenden Varianten des Sars-CoV-2-Virus trainiert. Für Geimpfte wirkt Omikron wie ein umfassender Booster, der deutlich effektiver als die Impfung wirkt und für Ungeimpfte wirkt Omikron wie eine bessere, aber auch deutlich riskantere, Impfung. Einzig für die ungeimpften Angehörigen der Hochrisikogruppen und schwer vorerkrankte Geimpfte stellt Omikron ein signifikantes Risiko für Leib und Leben dar – doch das gilt auch und im verstärkten Maße für die Delta-Variante. Interessanterweise sehen auch bekannte Virologen mittlerweile Omikron eher als Chance, denn als Bedrohung. Und die deutschen Experten sind nicht allein. Sogar Bill Gates, der zwar kein Experte ist, aber seit Beginn der Pandemie immer wieder gerne von den Alarmisten zitiert wurde, spricht heute davon, dass Omikron dazu führt, dass man Covid-19 epidemiologisch wie eine saisonale Grippe behandeln könne. Auch der Datenanalyst Tomas Pueyo, der mit seinem Konzept „The Hammer and the Dance“ die Corona-Strategie der meisten Länder mitprägte, hat sich nun wieder zu Wort gemeldet und die Regierungen sehr eindringlich aufgefordert, Omikron als Chance für einen Exit begreifen. Er sieht es mittlerweile als größtes Risiko an, dass die Regierungen dies nicht begreifen und an den alten Narrativen festhalten. Und der Pragmatismus der Dänen ist durch Zahlen klar zu begründen. Trotz Rekordinzidenzen hat die Zahl der Intensivpatienten kaum zugenommen und liegt in der Summe ohnehin meilenweit unter den deutschen Zahlen. Corona-Intensivpatienten pro eine Millionen Einwohner. Deutschland (rot) und Dänemark (grau).
Quelle: DR Von diesen Botschaften ist jedoch in der Bundespolitik nichts angekommen. Bundesgesundheitsminister Lauterbach setzt weiterhin auf Panikmache und stellt sogar in Aussicht, dass man die Maßnahmen noch einmal verschärfen müsse. Warum? Will man den Immunisierungstatus der Bevölkerung auf Teufel komm raus niedrig halten, um das Gebräu aus Maßnahmen und regelmäßigen Booster-Impfungen zu einem Dauerzustand werden zu lassen? Ein Blick zu unseren nördlichen Nachbarn zeigt einmal mehr, in welch absurder Parallelwelt sich die deutsche Coronapolitik abspielt. „Trotz“ einer Inzidenz von über 3.000 verkündete die dänische Regierung dort vor einer Woche weitreichende Lockerungen – Konzerte, Kinos, Theater, Kultur, Sport und Zoos können dort wieder zum Normalbetrieb übergehen, einzig und alleine Diskotheken und Clubs sind noch durch Maßnahmen beeinträchtigt. Doch hier sollen nächste Woche auch die Beschränkungen fallen. Dass bereits in wenigen Wochen auch die Maskenpflicht wieder abgeschafft wird, gilt politischen Beobachtern als sehr wahrscheinlich. Sind die dänischen Politiker klüger? Vielleicht hat Dänemark ja das Glück, keinen eigenen großen Impfstoffproduzenten zu haben und so freier von den Interessen der Lobby agieren zu können. Fest steht aber, dass die dänische Politik vor allem eins ist: Besser beraten. Wo wir unseren Lothar Wieler haben, hat Dänemark seine Tyra Krause. Krause leitet das dänische SSI, das staatliche Serum-Institut, und sieht Omikron ebenfalls als Chance. Man habe die Daten aus England, Kanada, Südafrika und Schottland analysiert und sei zu dem Schluss gekommen, dass die Gefahr für das Gesundheitssystem überschaubar und bereits ab Februar der Infektionsdruck zurückgehen werde. „Ich denke, Omikron wird sich weltweit verbreiten. Ich denke, dass wir alle eine gewisse Immunität erlangen, sowohl durch unsere Impfstoffe als auch durch eine zusätzliche Immunität, die wir durch die Infektion mit Omikron erhalten. Und deshalb sind wir auch stärker gegen neue Varianten, die auftauchen könnten, geschützt“, so Krause in einem Interview. Omikron sei der Weg, „der uns aus der Pandemie herausführt“, und man hoffe, dass Corona künftig „Grippeepidemien aus der Vergangenheit ähnelt“. Der Grippevergleich – in Deutschland ein Tabu. Doch auch die Berechnungen von Tomas Pueyo legen diesen Vergleich nahe. Pueyo beziffert die Virulenz von Omikron auf den doppelten Wert einer normalen saisonalen Grippe. Das ist nichts, was einem schlaflose Nächte und Ängste bereiten sollte. Auch andere Länder sind dabei, massiv verbal abzurüsten und in Omikron einen Ausweg aus der vertrackten Situation zu sehen. So spricht Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez mittlerweile von einer „Grippalisierung der Corona-Pandemie“ und kündigte jüngst einen Strategiewechsel an. US-Präsident Biden hat das Motto „Living with Corona“ ausgegeben, Boris Johnson will „die letzte Welle reiten” und auch in Ländern wie Norwegen ist man „trotz“ hoher Inzidenzen bereits damit beschäftigt, die Maßnahmen Stück für Stück auslaufen zu lassen. Deutschland sollte sich daran ein Beispiel nehmen. Mehr und mehr stellt sich nun die Frage, wohin die Politik eigentlich will. Will man wirklich den Ausnahmezustand zur Regel machen und sich in die Reihe der „failed Corona-States“ China, Australien und Neuseeland einreihen? Was will Karl Lauterbach? Was will Olaf Scholz? Außer Plattitüden und einem sinnfreien Bekenntnis zu einer bei Omikron vollkommen sinnlosen Impfpflicht ist vom neuen Kanzler nichts dazu zu hören. Führungsstärke sieht anders aus. Während Dänemark öffnet, verkürzt Deutschland vollkommen kontrafaktisch den Genesenenstatus. Und dies nicht etwa – wie man es erwarten sollte – in einer hitzigen Bundestagsdebatte, sondern durch die „Festlegung“ der Bundesbehörde RKI. Die Politik lässt sich von den vermeintlichen Experten am Nasenring durch die Manege führen. Durch die Verkürzung des Genesenenstatus werden Millionen immune Menschen plötzlich durch einen Federstrich mit Ungeimpften gleichgestellt und so Opfer der Maßnahmen und des Impfdrucks, obgleich eine Impfung für Genesene epidemiologisch und medizinisch gar keinen Sinn macht. Deutschland zeigt einmal mehr, dass seine Coronapolitik sich mittlerweile meilenweit von der angeblich ja so wichtigen „wissenschaftlichen Basis“ entfernt hat. Dabei ist Omikron die vielleicht letzte Chance für die Politik, ohne einen großen Gesichtsverlust aus der ganzen Sache herauszukommen. Die Omikron-Mutante ist geradezu eine Steilvorlage, um den Ausnahmezustand und die allgegenwärtige Massenpsychose zu beenden. Wenn sogar Deutschlands „Starvirologen“ eine Infektion einer Booster-Impfung vorziehen, kann man doch nicht allen Ernstes auf Teufel komm raus an einer Containment-Politik festhalten, die ohnehin zum Scheitern verurteilt ist. Macht es wie die Dänen! Schaut Euch die Zahlen an und agiert flexibel und smart. Verabschiedet Euch endlich von der dummen Idee einer Impfpflicht und begreift Omikron als Chance, eine breite, weitreichende Immunisierung der Bevölkerung zu erreichen. Denn dann – und nur dann – wird Covid-19 auch dauerhaft seinen Schrecken verlieren und wir als Gesellschaft können endlich wieder zur „alten Normalität“ zurückkehren. Das ist der vielleicht letzte konstruktive Vorschlag, diesen Wahnsinn zu beenden. Wenn die Politik dies nicht begreift, muss man ihr unterstellen, dass sie gar nicht zurück will. Vielleicht hat man die Pandemie ja auf ganz anderer Ebene als Chance gesehen? Ernsthafte Debatten über wichtige Themen finden nicht mehr statt und wer die Weisheit des politischen Konsenses kritisiert, wird als Querdenker verunglimpft. Wer gar auf die Straße geht und seinen Unmut kundtut, ist gar eine Gefährdung für die Gesellschaft. George Orwell hätte seine Freude an solchen Gedanken. Titelbild: Alexander Limbach/shutterstock.com | Jens Berger | Omikron hat Europa erobert. Wie vorherzusehen war, explodierten die Inzidenzen in den meisten europäischen Ländern in den letzten Wochen. Doch das ist kein Grund zur Besorgnis, da die Daten auf breiter Basis nun klar belegen, dass die Krankheitsschwere durch die Mutation sehr deutlich zurückgegangen ist. Während Länder wie Dänemark „trotz“ einer Inzidenz von mehr als 3.000 ihre Maßnahmen herun ... | [
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] | 18. Januar 2022 11:52 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=79889&share=email |
Albrecht Müller | Albrecht Müller (* 16. Mai 1938 in Heidelberg) ist ein deutscher Volkswirt, Publizist und ehemaliger Politiker (SPD). Müller war Planungschef im Bundeskanzleramt unter den Bundeskanzlern Willy Brandt und Helmut Schmidt. Weiter war er von 1987 bis 1994 für die SPD Mitglied des Deutschen Bundestages und ist seit 2003 als Autor und Mitherausgeber der NachDenkSeiten tätig. | [] | [] | 19. Juli 2017 11:37 | https://www.nachdenkseiten.de/?author=2&paged=254 |
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SPD-Führung ist eine einzige Lachnummer | Bundesweit war laut zu vernehmen, wie sich die SPD-Oberen eingedenk des angeblich cleveren Schachzugs, Herrn Gauck zum Bundespräsidentenkandidaten zu nominieren, auf die Schenkel schlugen. Sie haben übersehen, dass sie ideologisch, inhaltlich und strategisch den Kandidaten der Gegenseite als angeblich eigenen platziert haben. Gauck macht schon jetzt klar, dass er auch als Präsident politisch intervenieren wird und dass dies zulasten der politischen und inhaltlichen Optionen der Sozialdemokratie gehen wird. Siehe dazu das SpiegelOnline Interview im Anhang. Albrecht Müller
Auch dieses hier kurz beschriebene und analysierte Interview bei SpiegelOnline zeigt: Gauck als Kandidat von SPD und Grünen ist, wenn man die Inhalte der Parteien an ihrer ursprünglichen Programmatik messen wollte, eine einzige Fehlbesetzung. Dass sein Ansehen und seine Popularität dennoch wie eine Rakete aufgestiegen sind, belegt einmal mehr, wie wichtig und richtig unser Ansatz als Macher der NachDenkSeiten und Autoren der „Meinungsmache“ ist: Wer nicht untersucht, wie total in diesem Land Meinung gemacht werden kann und wird, der begreift viele politische Entscheidungen nicht.
SPD und Grüne haben diese Personalentscheidung getroffen, weil sie wussten, dass diese Entscheidung von den Hauptmedien bejubelt werden wird. Das war der einzige wirkliche Maßstab. Die politische Machtoption nicht. Deshalb muss man die SPD und eigentlich auch die Grünen als Lachnummer betrachten. | Albrecht Müller | Bundesweit war laut zu vernehmen, wie sich die SPD-Oberen eingedenk des angeblich cleveren Schachzugs, Herrn Gauck zum Bundespräsidentenkandidaten zu nominieren, auf die Schenkel schlugen. Sie haben übersehen, dass sie ideologisch, inhaltlich und strategisch den Kandidaten der Gegenseite als angeblich eigenen platziert haben. Gauck macht schon jetzt klar, dass er auch als Präsident politisch i ... | [
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"Strategien der Meinungsmache"
] | 15. Juni 2010 16:43 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=5902&share=email |
Strategien der Meinungsmache | Er sagt, was er denkt. Redet Tacheles und ist oft sogar wütend dabei. Interviewt Christdemokraten ebenso wie Linksradikale und gelegentlich sogar Spinner. Er kritisiert bedingungslos jede Kriegstreiberei, agitiert gegen Sozialabbau und die AfD – und wird dennoch von einigen als „Rechter“, „Neurechter“ oder „rechtsoffen“ diskreditiert. Er polarisiert. Doch wer ist dieser Ken Jebsen eigentlich? Was treibt ihn an? Welchem Weltbild entspringt sein Engagement? Und worum geht es im soeben erschienenen Buch „Der Fall Ken Jebsen“? Jens Wernicke hat nachgefragt. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. | NachDenkSeiten - Die kritische Website | [] | [] | 02. November 2016 9:14 | https://www.nachdenkseiten.de/?cat=11&paged=116 |
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Hinweis: Wirtschaftsfreundliche Politik ist arbeitnehmerfreundliche Politik, sagt Guido Westerwelle. Ein Personalchef schildert, wie es mit dieser Arbeitnehmerfreundlichkeit in der Wirklichkeit aussieht. | Quelle: Berliner Umschau | Wolfgang Lieb | Quelle: Berliner Umschau | [] | [
"Hinweise des Tages"
] | 26. Juli 2005 12:14 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=695&share=email&nb=1 |
Auszug aus: Albrecht Müller: “Machtwahn. Wie eine mittelmäßige Führungselite uns zugrunde richtet.” | Quelle: Dumm, arglos oder korrupt? [PDF – 668 KB] » | Albrecht Müller | Quelle: Dumm, arglos oder korrupt? [PDF - 668 KB] » | [
"Eliten",
"Machtwahn",
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] | [
"Aufbau Gegenöffentlichkeit",
"Veröffentlichungen der Herausgeber"
] | 09. März 2006 17:54 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=271&share=email&nb=1 |
Suchergebnisse Russland | Die gestrige Festnahme von Julian Assange teilte auch das Netz in zwei Teile. Während die Meldung in den sozialen Netzwerken und bei den alternativen Medien einschlug wie eine Bombe, zeigten sich die klassischen Medien – vor allem in Deutschland – vergleichsweise desinteressiert. Und wenn sie dann doch Stellung nahmen, kam dabei nichts Gutes heraus. Eine | [] | [] | 12. April 2019 10:06 | https://www.nachdenkseiten.de/?s=Russland&paged=402 |
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Geheimhaltung | Das EU-Parlament hat den inhaftierten russisch-ukrainischen Regisseur Oleh Senzow mit dem Sacharow-Preis ausgezeichnet. Medien und Politiker fordern in emotionalen Appellen seine „unmittelbare Freilassung“. Doch stützen die bekannten Fakten diese Forderung? Sind russische Gerichtsurteile grundsätzlich Ergebnisse von „Schauprozessen“? Und besteht der Sinn der Preisverleihung nicht vor allem in der Ablenkung von eigenen Defiziten? Von Tobias Riegel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. | [] | [] | 26. Oktober 2018 12:29 | https://www.nachdenkseiten.de/?tag=geheimhaltung&paged=5 |
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Grobes Foul! Die WM startet und die Gegner der Völkerverständigung laufen zur Hochform auf: Freut euch – trotzdem | Die Versuche, den verbindenden Charakter der Fußball-WM zu zerstören, erreichen dieser Tage neue Höhepunkte. Die WM ist eines der letzten internationalen medialen Lagerfeuer – aber weil es diesmal von Russland für die Welt entfacht wird, arbeiten viele Journalisten daran, es zu löschen und es mit ihrer einseitigen Moral aufzuladen. Um den Meinungsmachern und medialen Spielverderbern den Triumph der schlechten Laune nicht zu überlassen, und um das verständigende Potenzial der WM voll auszuschöpfen, sollten sich die Fußball-Begeisterten in den kommenden Wochen auch in medialer Gelassenheit üben. Von Tobias Riegel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Der WDR informiert pseudosatirisch über die russische Seele: „Wie ist das nun wirklich mit dem Wodka? (…) Und wie schmiere ich Polizisten richtig?“ Das Magazin „Focus“ bleibt seinem Blickwinkel beim Komplex Russland treu: „Schwulenhass sogar beim Bäcker“. Und das „heute journal“ (die NachDenkSeiten berichteten) verunglimpft den Willen der Deutschen nach Verständigung mit Russland als lästigen Psycho-Tick: „Trotzdem gibt es in Deutschland ungebrochen ein Gefühl der Verbundenheit mit Russland, das nicht restlos mit Logik zu erklären ist.“ Man könnte eine Liste mit ähnlichen Artikeln aus der jüngeren Vergangenheit seitenlang fortsetzen. Es besteht kein Zweifel: In den Wochen vor der Fußball-WM haben viele große deutsche Medien noch einmal alle Register gezogen, um anti-russische Ressentiments zu wecken und das pazifistische Potenzial der WM anzugreifen. Attackiert wird dabei nicht nur „Zar Putin“, sondern auch der Wodka saufende, Polizisten schmierende und Schwule hassende „russische Charakter“ – und der dumme Deutsche, der diese Abgründe einfach nicht sehen will. Angriffe auf die Völkerverständigung und folgenlose Selbstkritik Man wird die großen Medien einst zu Recht kritisieren für die dieser Tage erlebten medialen Angriffe gegen einen europäischen Partner und für das eifrige Untergraben der Chance der Verständigung, die diese Fußball-WM birgt. Mutmaßlich, im besten Fall, erwartet die Bürger nach dem Ereignis eine Welle „zerknirschter“ Artikel der Selbstkritik: „Sind wir zu weit gegangen?“ Man hat diese Form der folgenlosen Selbstbespiegelung bereits nach den Irak-Kriegen, nach der Demontage Christian Wulffs oder nach der Finanzkrise erlebt. Teils wird die Frage zudem indirekt mit „nein“ beantwortet. Hinterher, wenn es also zu spät ist, werden sich mutmaßlich einige Redakteure dennoch für die Instrumentalisierung des Sports gegen Russland rechtfertigen – und womöglich ab jetzt Sportberichte generell „politisch“ kontaminieren, um sagen zu können: „Seht her – wir gehen mit Katars Prinzen (WM 2022) und Donald Trump (WM 2026) genauso hart ins Gericht wie mit ‚Putins Russland‘.“ Weil Russland es entzündet: Das mediale Lagerfeuer soll gelöscht werden Dieses unerquickliche Szenario einer zunehmend moralisierenden Sportberichterstattung wirft ein Licht auf weitere mediale Ungleichbehandlungen: Was auch immer die USA für Schwerverbrechen zu verantworten hatten, über die auch durchaus berichtet wurde – jahrzehntelang schwang die sympathisierende und zweckoptimistische Losung von den „demokratischen Selbstheilungskräften“ mit, die die bedauerlichen „Fehler“ der grundsätzlich guten Friedensmacht USA wieder wettmachen würden. Seit der Wahl Donald Trumps ist diese Tendenz streckenweise ins andere Extrem umgeschlagen. Aber eine vergleichbar formulierte Hoffnung auf einen trotz gesellschaftlicher Defizite grundsätzlich wohlmeinenden russischen Charakter wurde immer verwehrt. Die Realität der trotz massiver anti-russischer Propaganda bestehenden deutsch-russischen Sehnsucht wird in vielen Medien entweder ignoriert, verleumdet oder als schräge Marotte psychologisiert – in jedem Fall wollen die meisten einflussreichen Redakteure den Bürgern den Willen aberziehen, auf Russland zuzugehen – nun, vor der WM, noch einmal verstärkt. Das ist eine grobe Überschätzung der eigenen gesellschaftlichen Rolle als angebliche Lehrer der Nation. Es zeigt zudem ein merkwürdiges Menschenbild, wenn der Wille nach Völkerverständigung aktiv lächerlich gemacht wird. Die WM ist eines der letzten internationalen medialen Lagerfeuer – aber weil es diesmal von Russland für die Welt entfacht wird, arbeiten viele Journalisten daran, es zu löschen und es mit ihrer einseitigen Moral aufzuladen. Die eigenen Kampagnen werden als fremde Naturschauspiele beschrieben Manchem Redakteur wird bewusst sein, dass die aktuelle Welle an russland-„kritischen“ Beiträgen eine mediale Schieflage im Vergleich zu allen bisherigen Weltmeisterschaften und deren moralisch nicht höher stehenden Gastgebern erzeugt. Weil sich viele Journalisten von ihrem Mittun an dieser politisch-moralischen Verzerrung distanzieren möchten, beobachten wir im Falle der WM das Phänomen, dass Medien die eigene Arbeit wie ein fremdes Naturschauspiel betrachten: „Selten wurde so intensiv und politisch über den WM-Gastgeber berichtet“, schallt es dann „überrascht“ aus jenen Kanälen, die besonders „intensiv und politisch“ berichten. Gefordert wird hier keine Kritiklosigkeit gegenüber Russland, es gibt zahlreiche Problemfelder in der russischen Politik, die in diesem Text keinen Platz finden. Sehr wohl gefordert wird hier aber ein Ende des Kampagnen-Journalismus und der Ungleichbehandlung gegenüber dem Land. Ebenso gibt es grundsätzlich kritikwürdige Elemente bei der Organisation jeder internationalen Sportveranstaltung. Da diese strukturellen Defizite aber alle Austragungsorte betreffen, ist es nicht redlich, sie als Argumente gegen ein einzelnes Land zu nutzen. Man kann die Beiträge, in denen Russland dieser Tage in ein mindestens schräges Licht gerückt wird, kaum zählen. Einige Beispiele unter vielen anderen finden Sie etwa hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier oder hier. Auffallend dabei ist, dass der Blickwinkel weg vom rein geopolitischen Charakter der Skripal- und Giftgas-Kampagnen geht, hin zu einer zusätzlichen Schwarzmalerei des russischen Alltags und der Diffamierung der „rohen“ russischen Seele, die starke Führer verlangt, Schwule gängelt und Hunde tötet. Ein durchgängiges Motiv ist auch die sauertöpfische Feststellung, bisher wolle sich „keine rechte Vorfreude auf die WM entwickeln“. Manchmal geht die Meinungsmache aber auch nach hinten los. Die Standards der Boykott-Forderer werden nicht zu halten sein Eines der seltenen Beispiele des Versuchs, sich dem medialen Zeitgeist der Vor-WM-Tage entgegenzustellen, bietet die „Zeit“, wenn sie etwa zum Aufruhr um das Erdogan-Foto zweier Spieler schreibt: Diese Zeilen verweisen auf das Grundproblem der WM-Boykott-Forderer: Sie führen aktuell am Beispiel Russlands Standards ein, die sie nicht werden halten können – es sei denn, sie wollen den Kontakt mit nahezu allen Ländern dieser Welt einstellen wegen Ansteckungsgefahr an „autoritären“ Zuständen. Dass die anti-russische Meinungsmache zudem nicht durch „Menschenrechte“ angetrieben wird, sondern vor allem durch wirtschafts- und energiepolitische Motive, ist offensichtlich. Freut Euch! Man möchte den Medienkonsumenten im Zusammenhang mit der WM trotz, oder gerade wegen des aktuell besonders hohen Grads der Heuchelei zurufen: „Empört euch – nicht!“. Es wird den Fußballfans in den nächsten Wochen wenig übrig bleiben, als in den Halbzeitpausen und während der Vorberichte auf Durchzug zu schalten, um sich den gemeinsamen Spaß mit Fans aus aller Herren Länder nicht von geopolitisch motivierten Propagandisten vermiesen zu lassen und von deren Räuberpistolen über Hooligans, Doping, Giftgas oder von den Toten auferstandene Journalisten. Um den medialen Spielverderbern und Meinungsmachern den Triumph der schlechten Laune nicht zu überlassen, und um das verständigende Potenzial der WM voll auszuschöpfen, könnten die Fußball-Begeisterten am besten die unvermeidlichen Reportagen der Udo Lielischkies, Golineh Atteis oder Sabine Adlers lässig an sich abtropfen lassen. Das muss nicht von Medienkritik oder beherzter Kommentierung bei den jeweiligen Medien abhalten. Aber man sollte sich von der Berichterstattung gerade jetzt nicht zu lähmender Wut provozieren lassen: Das riesige, aufregende, komplexe und widersprüchliche Russland hat die Welt zu Gast. Und jetzt freut euch! – trotz der traurigen Gewissheit, dass die DFB-Elf den Titel nicht wird verteidigen können. | Tobias Riegel | Die Versuche, den verbindenden Charakter der Fußball-WM zu zerstören, erreichen dieser Tage neue Höhepunkte. Die WM ist eines der letzten internationalen medialen Lagerfeuer - aber weil es diesmal von Russland für die Welt entfacht wird, arbeiten viele Journalisten daran, es zu löschen und es mit ihrer einseitigen Moral aufzuladen. Um den Meinungsmachern und medialen Spielverderbern den Trium ... | [
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Das Kritische Jahrbuch ist da! Und eine Information zum Ausdrucken. | Ab heute steht „Das Kritische Jahrbuch 2007 – Nachdenken über Deutschland“ von Wolfgang Lieb und Albrecht Müller zum Versand bereit. Die schon bestellten über 600 Exemplare werden ausgeliefert. Wenn Sie dieses Buch gelesen haben, dann sehen Sie das, was Sie täglich lesen und hören, mit anderen Augen. Und Sie verstehen vieles, was Ihnen heute oft unbegreiflich vorkommt. Sie werden skeptischer und kritischer denken. Sie werden freier denken. Lesen Sie mehr über das Buch, das Inhaltsverzeichnis, das Vorwort, wenn Sie auf der linken Spalte anklicken. Und: Vergessen Sie nicht das Kritische Jahrbuch rasch zu bestellen – elektronisch oder konventionell. So können Sie die NachDenkSeiten endlich auch einmal schwarz auf weiß nachlesen. Wir haben vor allem solche Texte und Themen ausgewählt, die auch heute und in den nächsten Jahren aktuell und brisant sein werden. Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre, jedenfalls Anstöße zum Nachdenken und zum Gespräch mit anderen. Wenn Ihnen das Buch und unser Projekt gefällt, dann sagen Sie es weiter. Zum Weitersagen bieten wir Ihnen eine kurze Beschreibung des Jahrbuchs an. Sie können diese Datei herunterladen [PDF – 88 KB] und ausdrucken und weitergeben. Sicher kennen Sie viele, die sich noch eigene Gedanken machen, oder einen Anstoß dafür brauchen. Helfen Sie mit beim weiteren Aufbau einer kritischen Gegenöffentlichkeit! Ihr Wolfgang Lieb
Ihr Albrecht Müller | Albrecht Müller | Ab heute steht „Das Kritische Jahrbuch 2007 – Nachdenken über Deutschland“ von Wolfgang Lieb und Albrecht Müller zum Versand bereit. Die schon bestellten über 600 Exemplare werden ausgeliefert.
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Der Sozialstaat als Fußabstreifer | Aggressive und abwertende Äußerungen über die Sozialstaatlichkeit häufen sich. Sie kommen vornehmlich von jenen, die sich wie die Professoren Sloterdiyk und Sinn zur Oberschicht beziehungsweise zu den Meinungsführern zählen. „Der Sozialstaat ist an allem schuld“ – das ist offensichtlich die Botschaft, die unten ankommen soll. Immer wieder wird versucht, dem Sozialstaat die hohe Arbeitslosigkeit und das „Entstehen der Unterschicht“ anzuhängen. Ein neuer Versuch erschien am 1. November in der „Welt“ (siehe Anlage 1). Albrecht Müller
Zunächst einige einschlägige Zitate aus diesem Artikel: „Die Menschen werden belohnt, wenn sie sich aus der Arbeitswelt ausgliedern“, heißt es im Vorspann. Es sei der Sozialstaat, der die Unterschicht überhaupt erst hervorgebracht habe, meint der Ifo Präsident Hans-Werner Sinn. Die Menschen müssen den Arbeitsmarkt verlassen, um in den Genuss sozialer Leistungen zukommen. Sie erhielten eine Prämie dafür, dass sie sich aus der Arbeitsgesellschaft ausgliedern, so Sinn. Und weiter: Vor allem für gering qualifizierte Arbeitslose und Arbeitslose mit Kindern sei der Anreiz, sich einen Job zu suchen, oft niedrig. –
Wir kennen diese Parolen. Sie werden durch Wiederholung nicht richtiger aber offensichtlich immer gängiger und bei den herrschenden Kreisen salonfähig. Hier werden jedoch die Zusammenhänge auf den Kopf gestellt. Es wird verdeckt, dass die Arbeitslosigkeit in Deutschland wie auch die niedrigen Löhne in weitem Maße die Folge einer sehr schlechten makroökonomischen Politik sind.
Professor Sinn ist an vorderer Front mitverantwortlich für die Missachtung konjunkturpolitischer, antizyklischer Maßnahmen. Seine Zunft zusammen mit einer politischen „Elite“, die sich der Angebotsökonomie verschrieben hat, hat seit fast 30 Jahren versäumt, den Arbeitsmarkt einigermaßen im Gleichgewicht zu halten. Sie haben die Binnennachfrage vernachlässigt, und so dazu beigetragen, dass das Angebot an Arbeitskräften ständig höher war als die Nachfrage nach solchen. Die Reallöhne und die Binnennachfrage stagnieren seit langem.
Das besondere Versagen der deutschen Wirtschaftspolitik wird heute gerade auch von der Konjunkturprognose der Europäischen Union bestätigt. Die EU warnt vor einer Job-Misere in Deutschland. Die Aussichten für die Konjunktur in Europa verbessere sich leicht, in Deutschland ohne Aussicht auf den Arbeitsmarkt. (Siehe Anlage 2). Und damit auch selbstverständlich ohne Aussicht auf bessere Löhne. Das makroökonomische Versagen ist das Schlüsselproblem.
Und makroökonomische Professionalität wäre der Schlüssel der Lösung unserer Probleme.
Wenn wirklich eine aktive Makro- und Beschäftigungspolitik betrieben würde, wenn unsere Ökonomie wieder „brummen“ würde, wenn die Arbeitnehmer wieder Chancen und Alternativen hätten, dann würde die Arbeitslosigkeit sinken und die Löhne würden steigen. Dann hätten auch die Menschen mit schlechter Ausbildung und geringer Qualifizierung eine Chance. Dann würde auch der manchmal kleine Abstand zwischen Löhnen und Sozialleistungen größer werden.
In der herrschenden Diskussion mit dem Versuch, dem Sozialstaat die Misere auf dem Arbeitsmarkt anzuhängen, kommt man immer auf die fatale Lösung, wegen der niedrigen Löhne müssten aufgrund des so genannten Abstandsgebots die Sozialleistungen gedrückt werden. Warum nicht umgekehrt? Im Koalitionsvertrag ist dazu leider wenig angedacht. Das makroökonomische Versagen hat Spätfolgen. Leider.
Angesichts der seit Jahrzehnten schlechten Lage und Chancenlosigkeit vieler Menschen zu formulieren, „die Menschen würden belohnt, wenn sie sich aus der Arbeitswelt ausgliedern“, ist pervers. Zumindest zu Beginn der langen Periode wirtschaftspolitischen Versagens, haben sich nur wenige Menschen selbst aus der Arbeitswelt ausgegliedert. Wer entlassen wird, wer keinen Job mehr findet, gliedert sich nicht selbst aus. Wenn heute die Zahl jener wächst, die resignieren, und wenn heute auch die Zahl jener wächst, die nach bequemeren Wegen suchen, als durch Arbeit ihr Leben zu finanzieren, dann hat das wesentlich mit der von den Verantwortlichen mit ihrem Versagen eingeleiteten Langzeitarbeitslosigkeit und den damit verbundenen menschlichen und seelischen Folgen und Opfern zu tun. Wer lange arbeitslos ist, wer nach Deutschland kommt und keine Chancen hat, einen einigermaßen vernünftigen Job zu finden, der findet sich mit der Zeit mit diesem Schicksal ab und verliert auch jegliche Kraft zur Initiative. Dies alles bedenken unsere Meinungsführer und politisch Verantwortlichen nicht. Da sie offensichtlich ein enges, nur ökonomisches Denkvermögen besitzen, haben sie keinen Blick für die seelischen Schäden der Arbeitslosigkeit und damit auch nicht für die Folgen ihrer wirtschaftspolitischen Untätigkeit. In Berlin wie in den meisten Universitäten unseres Landes haben wir es mit einem engen ökonomischen Denken zu tun. Nebenwirkungen, die Kolateralschäden des Versagens werden nicht gesehen, weil es von der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung nicht erfasst wird. Da ist es gut, dass es im Lande wenigstens noch ein paar Beobachter gibt, die differenzierter denken und auch handeln, um die schlimmsten Schäden zu mildern.
Von einem dieser Menschen erhielt ich in den letzten Tagen eine einschlägige Mail.
Der Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt Roth-Schwabach schreibt am 30. Oktober: Solche Einsichten in die Wirklichkeit vieler Menschen und Familien sind der führenden Wissenschaft, Publizistik und Politik offensichtlich völlig fremd. Wo bleibt eigentlich die Intervention unserer Staatsspitzen gegen den permanenten Verfassungsbruch, der in der Polemik gegen die Sozialstaatlichkeit enthalten ist.
Wir haben schon oft auf Art. 20 unseres Grundgesetzes hingewiesen. Dort ist die Sozialstaatlichkeit unseres Staates versprochen. Nimmt man dieses Versprechen ernst, dann kann man gar nicht anders, als zu schlussfolgern: Die seit einiger Zeit Mode gewordene Polemik gegen die Sozialstaatlichkeit ist das Werk von Verfassungsfeinden, von Sinn bis Sloterdiyk.
Warum sagte Bundespräsident nichts zu der Dauerpolemik gegen ein Grundgesetzversprechen. Sein Amtseid verpflichtet ihn eigentlich dazu.
Wir hingegen werden nicht aufhören, darauf hinzuweisen, dass unsere so genannten Eliten von solchen Verfassungsfeinden durchsetzt sind. Es wäre an der Zeit, dass mehr Menschen im Gespräch und in öffentlichen Debatten dieses artikulieren. Anlage 1:
Geld als falsches Signal
Sozialstaat fördert Entstehen der Unterschicht
Von Dorothea Siems 1. November 2009
Die gesellschaftlichen Fehlentwicklungen in Deutschland sind nicht zu übersehen. Es existiert eine wachsende und sich verfestigende Unterschicht, die es so vor 20 Jahren noch nicht gab. Die Hauptschuld daran trägt der deutsche Sozialstaat. Die Menschen werden belohnt, wenn sie sich aus der Arbeitswelt ausgliedern.
Quelle: WELT Online Anlage 2:
03. November 2009
Herbstprognose
EU warnt vor Job-Misere in Deutschland
Die Aussichten für die Konjunktur in Europa verbessern sich, doch am deutschen Jobmarkt kommt der Mini-Aufschwung nicht an. Die EU prophezeit der Bundesrepublik in ihrem Herbstgutachten einen massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit im kommenden Jahr.
Brüssel – Die EU warnt vor einem massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit in Deutschland. Obwohl sich die Wirtschaft erstaunlich schnell von der Krise erholt habe, stehe den Beschäftigten das Schlimmste noch bevor, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Konjunkturprognose. Die Kommission erwartet, dass die Arbeitslosenquote in Deutschland von derzeit 7,7 Prozent im kommenden Jahr auf 9,2 Prozent steigen wird.
Quelle: SPIEGEL Online | Albrecht Müller | Aggressive und abwertende Äußerungen über die Sozialstaatlichkeit häufen sich. Sie kommen vornehmlich von jenen, die sich wie die Professoren Sloterdiyk und Sinn zur Oberschicht beziehungsweise zu den Meinungsführern zählen. „Der Sozialstaat ist an allem schuld“ - das ist offensichtlich die Botschaft, die unten ankommen soll. Immer wieder wird versucht, dem Sozialstaat die hohe Arbeitslosigkei ... | [
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Kriegspropaganda auf einflussreichen Kanälen – NZZ und Frankfurter Allgemeine | Die Neue Zürcher Zeitung erscheint am 3. Februar mit einem Interview mit dem ehemaligen deutschen Außenminister und Grünen-Politiker Joschka Fischer. Siehe unten A. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung nutzt die gesamte Seite 1 der Ausgabe vom 4. Februar zum Trommeln für die Kriegstauglichkeit. Siehe unten B. In beiden Artikeln wird die Entstehungsgeschichte des Krieges in der Ukraine wie üblich in der westlichen Propaganda nicht beachtet. In beiden Artikeln werden Russland imperiale Absichten unterstellt. Albrecht Müller. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Interessant ist, wie Fischer den Konflikt personalisiert. Putin wird zum Ausbund des Bösen hochstilisiert. Fischer unterstellt als selbstverständlich, dass Russland imperiale Absichten habe. Die Neutralität der Schweiz müsse überdacht werden. Bemerkenswert sind auch Fischers Bemerkungen zur Rolle des Staates und zur Bedeutung des „Wachstums“. Das Interview ist insgesamt ein guter Beleg für die im NDS-Beitrag vom 1. Februar skizzierte Beobachtung, wie Parteien hierzulande nacheinander umgedreht worden sind: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit“. Und wer betreibt die Willensbildung der Parteien? Betr.: Gräser und das BSW. Hier wird durchgehend unterstellt und zugleich suggeriert und verbreitet, Russland plane einen Angriff auf den Westen. Und es wird zugleich die Botschaft vermittelt, dagegen müsse man sich mit Kriegstauglichkeit wehren. Die Alternative, einen Verständigungsversuch zu machen und Frieden zu schließen, wird nicht einmal bedacht. Das scheint konsequent. Der Bundeskanzler hat es ja gesagt: Wir leben in einer Zeitenwende. D. h. übersetzt: Wir müssen zum Krieg bereit sein. Die Rüstungswirtschaft hat offensichtlich auf voller Breite gesiegt. Sie bestimmt die öffentliche Debatte. Von Einfluss der Friedensbewegung keine Spur. Das ist der helle Wahnsinn und wichtige Meinungsmacher nehmen das hin und verbreitet es. Bitte dagegenhalten. Leserbriefe zu diesem Beitrag finden Sie hier. Titelbild: Davide Calabresi / shutterstock.com | Albrecht Müller | Die Neue Zürcher Zeitung erscheint am 3. Februar mit einem Interview mit dem ehemaligen deutschen Außenminister und Grünen-Politiker Joschka Fischer. Siehe unten A. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung nutzt die gesamte Seite 1 der Ausgabe vom 4. Februar zum Trommeln für die Kriegstauglichkeit. Siehe unten B. In beiden Artikeln wird die Entstehungsgeschichte des Krieges in der Ukraine wi ... | [
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Operation Regime Change 2.0 in Serbien | In Serbien hat es am Wochenende erneut Massenproteste gegen die Staatsführung gegeben. Die wird hierzulande kritisiert, weil sie den Wirtschaftskrieg gegen Russland nicht mitmacht und die Beziehungen zu China ausbaut. Die Demonstranten fordern den Rücktritt des Präsidenten Aleksandar Vucic, lehnen aber Neuwahlen, bei denen sie chancenlos wären, ab. Unterstützung haben die Regime-Change-Proteste nun vom Vorsitzenden der Partei DIE LINKE in Deutschland und anderen „progressiven Linken“ bekommen. Von Rüdiger Göbel Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Zehntausende Menschen haben am Samstag in Serbiens Hauptstadt Belgrad und drei weiteren Städten demonstriert: in Novi Sad im Norden, in Nis im Süden und in der einstigen Wirtschaftsmetropole Kragujevac im Zentrum. Industrie und Infrastruktur aller vier Städte, darunter Donaubrücken, waren Ziel von NATO-Bombardements im Jahr 1999. Die Zerstörungen wirken zum Teil bis heute fort. Man muss das an dieser Stelle erwähnen, denn Medienberichten zufolge richten sich die aktuellen Proteste gegen Gewalt in Serbien, vor allem aber gegen den im Westen viel kritisierten Präsident Aleksandar Vucic. Mittlerweile sieben Mal sind die Menschen zusammengekommen, nachdem bei zwei Amokläufen im Mai 18 Menschen getötet worden waren. Die Teilnehmer der Belgrader Kundgebung am Samstagabend versammelten sich vor der Skupstina, dem Parlament im Zentrum der serbischen Hauptstadt. In zwei getrennten Kolonnen marschierten sie zur Stadtautobahn, die stundenlang blockiert wurde. Im Unterschied zur Berliner Polizei im Fall der Klimaprotestierer ließen Serbiens Sicherheitsbehörden die Blockierer gewähren. Bilder und Stimmung in Belgrad erinnern an die Umsturzproteste im Jahr 2000, die auf die Absetzung des damaligen Präsidenten Slobodan Milosevic abzielten und damals maßgeblich von der vom US-Geheimdienst CIA finanzierten und trainierten NGO Otpor in Szene gesetzt worden waren. Man muss auch dies erwähnen, da unklar ist, wer die Organisatoren der laufenden Proteste zu einem Regime Change 2.0 in Belgrad sind. Wie dpa berichtet, fordern die Teilnehmer der Kundgebungen den Rücktritt des Staatschefs sowie der für den Sicherheitsapparat zuständigen Beamten. Vucic und den von ihm kontrollierten Boulevardmedien würfen sie vor, „ein Klima des Hasses und der Gewalt zu erzeugen“. Die Regierung gehe nicht entschieden genug gegen Gewalt vor, gegen den im Land verbreiteten privaten Waffenbesitz und gegen die organisierte Kriminalität, ergänzte tagesschau.de. Zu der Kundgebung hätten „linke und liberale Oppositionsparteien sowie Bürgerbewegungen aufgerufen“. Weiter heißt es im ARD-Nachrichtenportal: „Kritiker werfen Präsident Vucic einen autokratischen Politikstil und Günstlingswirtschaft vor. Vucic bestreitet die Vorwürfe und erklärte, oppositionelle Gruppen wollten ihn mit Gewalt stürzen oder sogar töten.“ Als Bezugspunkt der Proteste werden zwei schreckliche Massaker genannt: Anfang Mai hatte ein 13-Jähriger in einer Belgrader Schule neun Mitschüler und einen Wachmann erschossen. Tags darauf ermordete ein 21-Jähriger in einem Dorf bei Belgrad in einem Amoklauf acht Menschen. Beide Verbrechen hängen nicht unmittelbar zusammen, und es gibt auch keinerlei Verbindungen zur serbischen Regierung oder den Sicherheitskreisen. Die Vucic-Regierung rief nach den Blutbädern vielmehr zur anonymen und straffreien Abgabe illegaler Waffen auf. Die Frist ist bis zum 30. Juni verlängert worden. Bislang sind bereits Zehntausende Handfeuerwaffen und Sprengkörper zu den Behörden gebracht worden – die Resonanz ist mithin ungleich größer als entsprechende Demilitarisierungsappelle nach Amokläufen in den USA, bei denen im vergangenen Jahr 647 Menschen getötet worden waren. Im Jahr 2021 waren es 690 Tote und im Jahr 2020 610. Die Proteste unter dem Motto „Serbien gegen Gewalt“ werden in den deutschen Medien breit rezipiert, wie eine einfache Suche über google.news zeigt. Serbien gilt als „Problemfall“, mit Blick auf die Waffenlieferungen für den NATO-Stellvertreterkrieg in der Ukraine wie auch auf den selbstzerstörerischen Wirtschaftskrieg der EU gegen Russland – beides macht Belgrad nicht mit. Und während die Bundesregierung und die EU auf einen Rückbau der Wirtschaftsbeziehungen mit China abzielen, baut Serbien die Geschäfte aus. „Serbien ist zerrissen zwischen einer Zukunft in der EU und seiner Verbundenheit mit Russland. Jetzt baut auch noch China seinen Einfluss in Serbien massiv aus“, lautet die Klage im ZDF. (Serbien: Kohleausstieg versprechen, aber Kohletechnik kaufen – ZDFheute).. Und an anderer Stelle heißt es: „Die EU drängt auf ein klares Bekenntnis zu Europa, aber Russlands Einfluss in Serbien ist weiterhin groß, die Propaganda allgegenwärtig. Für die EU wird Serbien immer stärker zum Problemfall.“ Des „Problemfalls“ Serbien hat sich jetzt der Vorsitzende der Partei DIE LINKE, Martin Schirdewan, angenommen. Zusammen mit 14 weiteren „progressiven Linken”, darunter Yanis Varoufakis aus Griechenland und Walter Baier aus Österreich, stellt er sich hinter die Regime-Change-Forderungen. („We express our support for the protestors in Serbia” | Progressive International) Von Vucic angebotene vorgezogene Neuwahlen tun die unterzeichnenden „Europa-Abgeordneten, Parlamentarier und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens“ ab, wohl wissend, dass die prowestlichen Kleinstgruppen dabei keinerlei Chance hätten. Lieber wird also Serbiens Regierung in der üblichen westlichen Hass-Rede als „Regime“ bzw. „Vucic-Regime“ diffamiert – die Etikette bleibt ausschließlich nicht-westlichen Ländern vorbehalten. Und statt die NATO-Gewalt mit ihren Kriegsverbrechen zu benennen, die bis heute straffrei geblieben sind, beklagen Martin Schirdewan und Co. die „nationalistische und chauvinistische Rhetorik und revisionistische Erzählungen, die die Verantwortung Serbiens in den Jugoslawienkriegen leugnen oder herunterspielen“. Sie schreiben als „Freunde des serbischen Volkes, um unsere Unterstützung für die Demonstranten zum Ausdruck zu bringen, ihre Forderungen zu unterstützen“ – fraglich bleibt, ob die NATO-Apologeten am Ende so viele Freunde im serbischen Volk haben. Umfragen zeigen, dass China in Serbien fast so populär wie Russland oder sogar populärer ist. 80 Prozent der Serben sehen China positiv – die EU weniger als 50 Prozent, berichtet das ZDF. Deshalb soll Vucic weg. Mit freundlicher Hilfe von Martin Schirdewan and Friends soll das Land 24 Jahre nach dem völkerrechtswidrigen NATO-Krieg und 15 Jahre nach der illegalen Sezession des Kosovo mit einem neuerlichen Anlauf zum Regime Change auf harten Westkurs gebracht werden. Titelbild: BokiPop034/shutterstock.com | Rüdiger Göbel | In Serbien hat es am Wochenende erneut Massenproteste gegen die Staatsführung gegeben. Die wird hierzulande kritisiert, weil sie den Wirtschaftskrieg gegen Russland nicht mitmacht und die Beziehungen zu China ausbaut. Die Demonstranten fordern den Rücktritt des Präsidenten Aleksandar Vucic, lehnen aber Neuwahlen, bei denen sie chancenlos wären, ab. Unterstützung haben die Regime-Change-Protest ... | [
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] | 19. Juni 2023 9:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=99385&share=email&nb=1 |
Sind falsche Prognosen gut? | Am vergangenen Mittwoch haben die Nachdenkseiten, denen wir freundschaftlich verbunden sind, einen Kommentar von Wolfgang J. Koschnick „Nur falsche Prognosen sind gute Prognosen und das ist auch ganz gut so“ abgedruckt, der sich kritisch mit „den Ökonomen“ und insbesondere mit den Prognosen „der Ökonomen“ auseinandersetzt. Die Kritik gipfelt in der Forderung, überhaupt keine Prognosen mehr zu machen, weil es einfach objektiv unmöglich sei, die Zukunft eines komplexen Systems wie der Wirtschaft vorherzusehen. Ich will mich auf diese Frage konzentrieren, aber nicht im Detail auf den Artikel eingehen. Denn dort geht so vieles durcheinander, dass man viele Seiten bräuchte, um das wieder auf die Reihe zu bekommen. Aber es gibt eine weit verbreitete Auffassung, wonach die Volkswirte einfach unfähig sind, gute Prognosen zu erstellen, und das zeige doch, dass das ganze Fach nichts wert sei. Das ist eine Sichtweise, die angesichts des vielfältigen Versagens der Ökonomen verständlich, gleichwohl aber viel zu pauschal ist. Von Heiner Flassbeck. weiterlesen | Heiner Flassbeck | Am vergangenen Mittwoch haben die Nachdenkseiten, denen wir freundschaftlich verbunden sind, einen Kommentar von Wolfgang J. Koschnick „Nur falsche Prognosen sind gute Prognosen und das ist auch ganz gut so“ abgedruckt, der sich kritisch mit „den Ökonomen“ und insbesondere mit den Prognosen „der Ökonomen“ auseinandersetzt. Die Kritik gipfelt in der Forderung, überhaupt keine Prognosen mehr zu ... | [] | [
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] | 27. Mai 2014 11:28 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=21850&share=email&nb=1 |
Bundeswehrsoldaten in Afghanistan – 20 Jahre lang. Für die Katz. | Wir sind dorthin gezogen, weil die USA es 2001, unter dem Eindruck der eingestürzten Wolkenkratzer, so wollten. Wir ziehen weg, als die USA gehen. Wir haben den Einsatz beschönigt. Siehe die Propagandaparole, unsere Sicherheit würde am Hindukusch verteidigt – so Peter Struck (SPD). Und siehe den Hinweis darauf, dass wir den Frauen und Mädchen helfen, zum Beispiel in die Schule gehen zu können. Es gab viele Tote und Verletzte, unter den deutschen Soldaten 59 Tote und sehr viel mehr unter der Zivilbevölkerung. Der Einsatz hat mindestens 12 Milliarden Euro gekostet. Die Taliban breiten sich wieder aus. Was soll eigentlich der Erfolg dieser militärischen Aktion sein? Es passt ins Bild, dass die deutsche Verteidigungsministerin nicht zum Empfang der zurückkehrenden Soldaten erschienen ist und stattdessen in den USA weilt. Albrecht Müller.
Annegret Kramp-Karrenbauer will offenbar mit dem Scheitern der Afghanistan-Militärmission nicht in Verbindung gebracht werden. Das ist verständlich. Denn mit diesem Scheitern muss die Frage nach dem Sinn aller militärischen Auslandsmissionen auf den Tisch. Und genau das will die deutsche Militärministerin und die Bundesregierung insgesamt vermeiden. Noch einige ergänzende Informationen, darunter auch die Links auf die Tagesschau und das Heute Journal vom 30.6.2021 (ohne Bewertung): | Albrecht Müller | Wir sind dorthin gezogen, weil die USA es 2001, unter dem Eindruck der eingestürzten Wolkenkratzer, so wollten. Wir ziehen weg, als die USA gehen. Wir haben den Einsatz beschönigt. Siehe die Propagandaparole, unsere Sicherheit würde am Hindukusch verteidigt – so Peter Struck (SPD). Und siehe den Hinweis darauf, dass wir den Frauen und Mädchen helfen, zum Beispiel in die Schule gehen zu können. ... | [
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"zivile Opfer"
] | [
"Militäreinsätze/Kriege",
"Wertedebatte"
] | 01. Juli 2021 9:05 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=73859&share=email&nb=1 |
Videohinweise am Samstag | Hier finden Sie in der Regel am Mittwoch und am Samstag einen Überblick über interessante Videobeiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie anschauen wollen. Die Videohinweise sind auch auf unserer YouTube-Seite als spezielle Playlist verfügbar. Auch für die Rubrik „Musik trifft Politik“ gibt es eine eigene Playlist (CG: Christian Goldbrunner)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert: Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Beiträge einverstanden sind. Sie können uns bei der Zusammenstellung der Videohinweise unterstützen, indem Sie interessante Fundstücke an die Adresse [email protected] schicken. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin. | Redaktion | Hier finden Sie in der Regel am Mittwoch und am Samstag einen Überblick über interessante Videobeiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie anschauen wollen. Die Videohinweise sind auch auf unserer YouTube-Seite als spezielle Playlist verfügbar. Auch für die Rubrik „Musik trifft Politik“ ... | [] | [
"Videohinweise"
] | 26. Februar 2022 9:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=81261&share=email&nb=1 |
Die „Staatsparteien“ können sich alles leisten. Von Demokratie weit und breit nichts zu sehen. (AMs Wochenrückblick) | Die Bundeskanzlerin beherrscht mit ihrem Zögern die Rettungspläne in der Finanzkrise. Und doch wird das fortwährende Scheitern ihr kaum angelastet. Entwicklungsminister Niebel macht im BMZ massive parteipolitische Personalpolitik. Und nichts geschieht. Die Regierung lässt den Verfassungsschutz die politische Konkurrenz überwachen, klar erkennbar mit dem Ziel der Diskreditierung und Schwächung der Konkurrenz – ohne einen Sturm der Entrüstung und ohne Sanktion gegen dieses Staatsparteigehabe. Der Bundespräsident hat sich mit seiner Nähe zum großen Geld und seine Vertuschungsversuche um seine Glaubwürdigkeit als Präsident aller Deutschen gebracht. Er kann auch dies aussitzen. Albrecht Müller.
Wulff sitzt die Affaire aus
Gestern Abend konnte man bei Maybritt Illner (Mediathek hier) sehen, dass Wulff und seine Freunde gewillt sind, die Affaire auszusitzen. Wulffs Freunde, Niedersachsens Finanzminister Möllring und der Chef der Drogeriekette Rossmann durften unangefochten so tun, als sei alles harmlos und in Butter. Das Medium ZDF half beim Aussitzen. Möllring und Rossmann waren zentral, rechts und links von Frau Illner platziert, durften reden so lange, sie wollten. Wenn der als Kritiker eingeladene Journalist Lütgert anhub, dann wurde er in der Regel sofort von Möllring unterbrochen und die Kamera schwenkte zum Wulff-Verteidiger Möllring. Ganz ähnlich dann auch beim Gespräch Frau Illners mit dem zwischenzeitlich interviewten Stern-Journalisten Tillack. – Frau Illner intervenierte nicht zugunsten der Kritiker von Wulff. Und die Kamera-Regie bevorzugte Möllring und Rossmann.
Das mag ja von Illner und ihrer Redaktion nicht so geplant gewesen sein. Abgelaufen ist es so. Und die Auswahl des Publikums, das ja über Agenturen ausgewählt wird, lässt am Zufall zweifeln. Zu Niebel
Er baut im BMZ die Bastion der FDP aus. Kenner sagen, dies geschehe auch im Blick auf den nächsten Wahlkampf. Seine Personalpolitik belastet den Bundeshaushalt mit Millionen.
Dazu zitiere ich aus einem kursierenden Schreiben: Auch die parteipolitische Personalpolitik wird von ihm ausgesessen werden können. Zur Beobachtung der Linken incl. ihrer Abgeordneten durch den Verfassungsschutz Es hätte von Beginn der Bundesrepublik an gute Gründe gegeben, die Union und die FDP zu beobachten, weil sie reihenweise Nazis aufgenommen haben. Es hätte gute Gründe gegeben, gegen Politiker der Union wie Streibl und Strauss vorzugehen, weil sie Volksverhetzung betrieben haben. Nichts da. Aber Abgeordnete der Linken und Teile der Partei werden beobachtet, obwohl sie gewählt worden sind und keine verfassungsfeindliche Programmatik oder Aktion erkennbar ist. Die Beobachtung dient eindeutig der Diskreditierung, sonst nichts. Es ist der Versuch, die politische Konkurrenz zu schwächen. Deshalb auch der laue Protest der SPD, die von der Diskreditierung der Linkspartei zu profitieren hofft. Alle sind sie daran interessiert, nicht die Gefahr einer politischen Alternative zu Angela Merkel aufkommen zu lassen. Die SPD merkt das nur nicht, worauf wir hier aufmerksam machten. Interessant ist in diesem Kontext ein Kommentar von Jakob Augstein, auf den wir heute schon hingewiesen haben, allerdings ohne die fällige Anmerkung. Hier zunächst der Eintrag in den Hinweisen von heute: Und hier die Anmerkung: Augstein analysiert treffend, dass es bei der Beobachtung um den Schutze des herrschenden Systems und nicht um den Schutz der Versprechen des Grundgesetzes, um Demokratie und Sozialstaatlichkeit, geht. Aber dann leistet er mit dem folgenden Absatz genau den Dienst am herrschenden System, das er zu kritisieren gedenkt:
Er schreibt: Er schreibt nicht, wen er mit „durchgeknallten Fundis“ meint. Lafontaine? Wagenknecht? Die NRW-Linken? Wen denn bitte? Der letzte Satz ist (mit Ausnahme des Hinweises auf Gysi) reine Propaganda für den einen Flügel der Linken, ohne Beleg, nur nachgeplappert. Mit der Diskreditierung der angeblichen Fundis im Westen betreibt Augstein genau das Spiel des herrschenden Systems. Für mich ist dieser Artikel auch typisch für die Entwicklung des „Freitag“ unter der Regie von Augstein: Links blinken, aber ja nicht die Gefahr der echten politischen Alternative aufkommen lassen. Zum Staatsgehabe der Herrschenden gehört auch noch die Tötung Benno Ohnesorgs
Wenn das ein Mord war und wenn dieser von der Berliner Polizei vertuscht worden ist, dann zeigt das an einem schlimmen Fall, dass im etablierten Bereich unseres Landes alles möglich ist, Hauptsache es schadet den echten Freunden des Grundgesetzes.
Mit welchem Recht wird hierzulande noch die Verletzung der Menschenrechte in anderen Ländern kritisiert, wenn die Ermordung Benno Ohnesorgs und seine Verschleierung möglich waren. | Albrecht Müller | Die Bundeskanzlerin beherrscht mit ihrem Zögern die Rettungspläne in der Finanzkrise. Und doch wird das fortwährende Scheitern ihr kaum angelastet. Entwicklungsminister Niebel macht im BMZ massive parteipolitische Personalpolitik. Und nichts geschieht. Die Regierung lässt den Verfassungsschutz die politische Konkurrenz überwachen, klar erkennbar mit dem Ziel der Diskreditierung und Schwächung ... | [
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Reaktion auf US-Sanktionen: Venezuela schafft exklusive Wirtschaftszonen mit China | Die Regierung von Nicolás Maduro setzt auf Sonderwirtschaftszonen mit China, um steuerliche Anreize und interne Entwicklung zu kombinieren und sich so besser gegen die umfassenden US-Sanktionen und anhaltenden Regime-Change-Versuche zu wappnen. Von Nicolás Hernández Telesur.
Bei ihrem jüngsten Besuch in China hat die venezolanische Vizepräsidentin Delcy Rodríguez die Bedeutung von Sonderwirtschaftszonen (Zonas Económicas Especiales, ZEE) als strategische Achse zur Stärkung der bilateralen Zusammenarbeit hervorgehoben. Während ihres Rundgangs durch das Softwareunternehmen Kingdee in Shenzhen informierte sich Rodríguez über Spitzentechnologien in den Bereichen künstliche Intelligenz und Datenanalyse, die in mehr als 170 Ländern zur Optimierung von Produktionsprozessen eingesetzt werden. Dieser Besuch spiegelt den technologischen Schwerpunkt der Sonderwirtschaftszonen wider, die nicht nur Steuervorteile bieten, um Investitionen anzuziehen und Schlüsselsektoren wie künstliche Intelligenz und die digitale Industrie zu fördern, sondern sich auch zu Zentren für die souveräne Zusammenarbeit und den Austausch von Wissen und Technologien entwickeln sollen. Rodríguez zufolge bieten Unternehmen wie Kingdee Venezuela die Möglichkeit, die Automatisierung von Prozessen und die Ausbildung von digitalen Fachkräften voranzutreiben, sei es durch Schulungsprogramme, den Austausch von Erfahrungen oder die Entwicklung gemeinsamer Programme. Seit 2023 haben Venezuela und China Abkommen zur gemeinsamen Entwicklung von Sonderwirtschaftszonen zwischen Regionen wie Shenzhen-La Guaira, Shenzhen-Paraguaná, Shanghái-Carabobo und Shandong-Anzoátegui-Monagas getroffen. Ziel dieser Zonen ist nicht nur die technologische Innovation, sondern auch der Wissenstransfer und die Stärkung des venezolanischen produktiven Sektors. Rechtlicher Rahmen und Ziele der ZEE Das 2022 in Kraft getretene Organische Gesetz über die Sonderwirtschaftszonen Venezuelas legt die Grundlagen für die Regulierung ihrer Gründung, ihres Betriebs und ihrer Entwicklung fest. Im Gegensatz zu den früheren “Freihandelszonen” priorisieren die venezolanischen ZEE die wirtschaftliche Souveränität und die nationale Produktion, mit Schwerpunkt auf dem Primär- und Sekundärsektor. Dieses Regelwerk fördert produktive Vernetzungen, die Diversifizierung des Exports und die Substitution von Importen. Es bietet auch steuerliche Anreize und rechtliche Garantien, um nationale und internationale Investitionen unter strengen staatlichen Auflagen anzuziehen. Eines der Hauptmerkmale dieser Sonderwirtschaftszonen ist ihr territorialer Ansatz, der darauf abzielt, die lokale Entwicklung mit wirtschaftlichen Aktivitäten auf nationaler Ebene zu verknüpfen. Dazu gehört auch die Mobilisierung von Waren und Dienstleistungen in strategisch wichtigen Gebieten, um die Abhängigkeit von Importen zu verringern und die durch einseitige Zwangsmaßnahmen auferlegten Beschränkungen zu überwinden. Die Vergangenheit und die Zukunft der ZEE Solche Strategien wurden in China ab den 1980er-Jahren als Mechanismus zur Integration des planwirtschaftlichen Modells mit einer Öffnung für ausländische Investitionen und Handelsaktivitäten umgesetzt. Auf Initiative der Regierung Deng Xiaopings wurden sie zu strategischen Punkten, um die gemischte Wirtschaft zu entwickeln und die Rolle des Staates bei industriellen, technologischen und kommerziellen Projekten zu stärken. Durch Investitionsanreize und die Ausbildung hoch qualifizierter Arbeitskräfte konnte China sicherstellen, dass seine Staatsunternehmen als erste von diesen Enklaven profitierten und ein Modell entwickelten, das nicht nur ausländisches Kapital anzog, sondern auch die eigenen Produktionskapazitäten stärkte. Im Gegensatz zu früheren venezolanischen Erfahrungen zielt die Einführung des neuen ZEE-Systems in dem südamerikanischen Land darauf ab, die Abhängigkeit von ausländischen Wirtschaftssektoren zu überwinden und die interne Entwicklung durch Diversifizierung der Exporte und Verringerung der Importe zu fördern. Darüber hinaus ist es Venezuela und China mit ihren ZEE aber auch gelungen, den Grundstein für die Zusammenarbeit in strategischen Bereichen wie Infrastruktur, Technologie und Bildung zu legen. Das Unternehmen Kingdee hat beispielsweise Ausbildungsprogramme für Experten im Bereich der digitalen Innovation angeboten, was neue Möglichkeiten für venezolanische Fachkräfte eröffnet. Auch wenn die Bedingungen in China und Venezuela unterschiedlich sind, lassen sich aus den Erfahrungen des asiatischen Riesen wertvolle Lehren ziehen. Während es China gelungen ist, sein Modell in die globale Dynamik des Offshoring und Outsourcing der 1980er- und 1990er-Jahre zu integrieren, steht Venezuela heute vor der Herausforderung, sich an eine sich verändernde internationale Landschaft anzupassen, die von Wirtschaftsblockaden geprägt ist. Dieses Planungsschema wiederum entwickelt sich weiter. Anlässlich der Einrichtung von vier neuen Sonderwirtschaftszonen betonte Venezuelas Präsident Nicolás Maduro, er sei sich sicher, dass diese Art von Strategie „es uns ermöglichen wird, mit großer Zielstrebigkeit, mit großer Beharrlichkeit beim Aufbau eines neuen Wirtschaftsmodells voranzukommen”. Die venezolanische Strategie, die auch von regionalen Modellen wie der Sonderwirtschaftszone Mariel in Kuba beeinflusst wurde, ist auf die Schaffung eines eigenen Systems ausgerichtet, das steuerliche Anreize und interne Entwicklung kombiniert, um das Land wieder in den globalen Handel zu integrieren – jenseits des Erdöls. Übersetzung: Vilma Guzmán, Amerika21 Titelbild: Shutterstock / RUMANA FERDOUSI | amerika21 | Die Regierung von Nicolás Maduro setzt auf Sonderwirtschaftszonen mit China, um steuerliche Anreize und interne Entwicklung zu kombinieren und sich so besser gegen die umfassenden US-Sanktionen und anhaltenden Regime-Change-Versuche zu wappnen. Von Nicolás Hernández | [
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Geht es in der internationalen Politik nur um „die Interessen von Staaten“? | Vermutlich wird der frühere deutsche Politiker Egon Bahr und Zuarbeiter Willy Brandts bei der Umsetzung der Entspannungspolitik mit keiner Äußerung so oft zitiert wie mit dieser: „In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“ Jetzt berief sich auch Michael Lüders hier auf diese Bemerkung von Bahr. Das Video mit dem Titel „Wir sind die Guten! Über Macht und Moral am Beispiel der Grünen“ ist interessant, aber die Berufung auf Bahr ist typisch für fortschrittliche Menschen, die sich als realpolitisch orientiert geben wollen. Die von Bahr als Mitarbeiter von Brandt vertretene Verständigungspolitik ist das Musterbeispiel dafür, dass internationale Politik besonders erfolgreich ist, wenn man die eigenen Interessen hintanstellt. Albrecht Müller. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download „Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein“– dieser Kernsatz der Entspannungspolitik aus der Regierungserklärung des damaligen Bundeskanzlers vom 28. Oktober 1969 ist eben gerade nicht die Parole der nackten Interessenvertretung. Es ist ein Angebot an die Partner in der Welt, es ist ein Angebot an die Nachbarn und es ist ein Signal dafür, zum Zwecke guter Nachbarschaft auch Zugeständnisse zu machen und eigene Interessen zurückzustellen oder ganz zu streichen. Ganz konkret ging es damals zum Beispiel darum, die gute Nachbarschaft zu Polen und den Völkern in Osteuropa dadurch möglich zu machen, dass Deutschland die Oder-Neiße-Grenze anerkannte und damit auf einen Teil im Osten des früheren Deutschen Reiches verzichtete. Damals, 1972, ist zum Beispiel der Vorsitzende der Landsmannschaft Schlesien, Herbert Hupka, aus der SPD ausgetreten – wegen der neuen Ostpolitik und wegen des Verzichts auf Schlesien und damit wegen des Mangels, deutsche Interessen zu vertreten, so jedenfalls Hupka und viele mit ihm. Die zitierte Äußerung von Egon Bahr hinterlässt den Eindruck, als würde es in der internationalen Politik eigentlich nur eine Version des Umgangs unter den Völkern geben: die Vertretung von eigenen Interessen. In der Realität ist das nicht so und die deutsche Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg war auch nicht von dieser einen Sicht der internationalen Beziehungen geprägt. Auf zwei Versionen des Umgangs mit anderen Völkern soll hier hingewiesen werden: Beide Versionen kann man mit einem Plakat und einem Foto visuell darstellen. Hier die Illustration der Konfrontation in den fünfziger Jahren, damals die gängige Interessenvertretung: Und hier die Illustration der anderen Version des Umgangs miteinander, zugegeben einer extrem anderen: Nun kann man natürlich behaupten, dass auch mit dem Kniefall von Warschau deutsche Interessen vertreten worden sind. Letztlich ist das richtig. Aber so gemeint ist es nicht, wenn Michael Lüders auf die Äußerung von Egon Bahr hinweist. Egon Bahrs Äußerung mobilisiert einen ganz anderen Geist und auch andere Unterstützer, als es die Politik der Verständigung jemals vermocht hat. Aber die Politik der Verständigung ist aus meiner Sicht um vieles zielführender als die lautstarke, nackte Interessenvertretung. Weltweit keimte damals – übrigens nicht nur verbunden mit dem Namen des deutschen Bundeskanzlers, sondern zum Beispiel auch mit dem des schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme – die Hoffnung auf, die Völker der Welt könnten in einem anderen Geist als dem Geist der Interessenvertretung zusammenleben und sich ohne Konflikte bis hin zum Krieg verständigen. Wie sehr der von unserem Land und auch von Olof Palme ausgehende Geist und die Praxis der Politik die Atmosphäre prägten, erfuhr ich im Frühjahr 1970 bei einem Besuch von Tansania. Ich war zu Besuch bei einem Freund und seiner Familie, die in den Usambara-Bergen ein Entwicklungsprojekt zur besseren Ernährung betreuten. Der damalige Präsident des Landes, Julius Nyerere hatte über irgendwelche Kanäle erfahren, dass ein Mitarbeiter von Willy Brandt Tansania besuchte. Er lud daraufhin mich und meinen Freund zu einem Gespräch ein. Bei ihm war angekommen, dass in Europa und speziell in Westdeutschland ein anderer Geist des Umgangs der Völker untereinander eingezogen sei. Das Gespräch war ausgesprochen freundlich und interessant. Der Präsident von Tansania ließ eine große Sympathie für unser Land erkennen, nicht weil damals die deutschen Interessen vertreten wurden, sondern weil erkennbar wurde, dass die politische Führung in Deutschland auch die Interessen anderer Völker achten wollte und achtete. Nyerere hatte Sympathie für die erste Version des Umgangs miteinander, weil diese auch aus seiner Sicht Verständigung und Frieden möglich machte, und übrigens auch die Förderung und Entwicklung seines Landes und der anderen in der sogenannten Dritten Welt. Leserbriefe zu diesem Beitrag finden Sie hier. Titelbild: Markus Wissmann / Shutterstock | Albrecht Müller | Vermutlich wird der frühere deutsche Politiker Egon Bahr und Zuarbeiter Willy Brandts bei der Umsetzung der Entspannungspolitik mit keiner Äußerung so oft zitiert wie mit dieser: „In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“ Jetzt berief sich auch M ... | [
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] | 07. Oktober 2022 13:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=88940&share=email |
Nachkriegszeit | Prof. i.R. Dr. Wolfram Wette[*], Waldkirch, hatte am 7. Mai 2025 im Saal des Kulturzentrums Reutlingen einen auch für NachDenkSeiten-Leserinnen und -Leser interessanten Vortrag gehalten. Die Veranstaltung war von der Reutlinger Initiative für Frieden und Abrüstung (RIFA) und Kooperationspartnern getragen worden. Wir veröffentlichen den Text des Vortrags. Der Text enthält viele wichtigen Fakten und durchaus auch kritisch zu betrachtende Passagen. Das ist bei diesem Thema nicht auszuschließen. Albrecht Müller. | [] | [] | 26. Mai 2025 9:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?tag=nachkriegszeit |
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Videohinweise am Mittwoch (heute ausnahmsweise am Donnerstag) | Hier finden Sie in der Regel am Mittwoch und am Samstag einen Überblick über interessante Videobeiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie anschauen wollen. Die Videohinweise sind auch auf unserer YouTube-Seite als spezielle Playlist verfügbar. Auch für die Rubrik „Musik trifft Politik“ (erscheint an jedem Mittwoch) gibt es eine eigene Playlist. (CG/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert: Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Beiträge einverstanden sind. Sie können uns bei der Zusammenstellung der Videohinweise unterstützen, indem Sie interessante Fundstücke an die Adresse [email protected] schicken. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin. | Redaktion | Hier finden Sie in der Regel am Mittwoch und am Samstag einen Überblick über interessante Videobeiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie anschauen wollen. Die Videohinweise sind auch auf unserer YouTube-Seite als spezielle Playlist verfügbar. Auch für die Rubrik „Musik trifft Politik“ ... | [] | [
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] | 03. Januar 2019 10:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=48188&share=email&nb=1 |
BILD | … schockt uns BILD. Und „Deutschlands klügster Manager“ Hans-Olaf Henkel lässt darauf wieder einmal einen seiner üblichen Sprechreflexe ab: „Nur mit mutigen Reformen kann dieser (Teufelskreis) durchbrochen werden: Mehr Selbstverantwortung, weniger Vater Staat, und vor allem: Leistung muss sich wieder lohnen.“. Ein ganz alltägliches Beispiel für die in Deutschland üblich gewordene plumpe Demagogie mit Lügen und Legenden. | [] | [] | 17. August 2006 17:11 | https://www.nachdenkseiten.de/?tag=bild&paged=17 |
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Philipp von Becker | Philipp von Becker arbeitet als freier Autor, Publizist und Filmemacher. Veröffentlichungen u.a. bei Berliner Zeitung, Freitag, Telepolis. | [] | [] | 27. Februar 2024 15:40 | https://www.nachdenkseiten.de/?gastautor=philipp-von-becker |
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Der Sprecher der Deutschen Bank glaubt daran, mit der spekulativen Blase am Aktienmarkt seien Werte geschaffen worden | Der Prozess in Düsseldorf wegen der Zahlungen an den früheren Vorstandschef von Mannesmann Esser und andere Personen wird zu einem gesellschaftspolitischen Lehrstück. Da beklagt der Vorstandschef von Siemens “mit einiger Besorgnis” eine Entwicklung im deutschen Recht. Es könne nicht sein, dass Unternehmensentscheidungen immer dadurch beeinträchtigt würden, dass das Damoklesschwert des Untreue-Tatbestand darüber schwebe. Hier schwingt ein Hauch von Berlusconi mit.
Das gültige Recht müsste eigentlich für alle gelten, für den normalen Bürger und für Unternehmer und Manager. Es kann keine Sonderrechte für Manager geben. Wie sehr gerade dieser Personenkreis offenbar die Drohung des Strafrechtes, oder ziviler ausgedrückt, eine Wegweisung zur Rückkehr zur Vernunft braucht, zeigen die Äußerungen beim und im Umfeld des Düsseldorfer Prozesses: da beklagt der Chef der Deutschen Bank Ackermann, Deutschland sei das “einzige Land, in dem Menschen, die erfolgreich Werte geschaffen haben, vor Gericht stehen.” Ackermann weist darauf hin, der Börsenwert von Mannesmann sei bis zur Übernahme sprunghaft gesteigert worden, zuletzt auf mehr als 150 Milliarden Euro. Die Prämie für Esser (ca. 30 Millionen Euro), den damaligen Vorstandschef von Mannesmann, mache im Vergleich damit nur 0,01 Prozent aus. Wenn ich Aktionär der Deutschen Bank wäre, würde ich nach solchen Einlassungen mein Engagement überprüfen. Denn wenn der Vorstandschef des einflussreichsten Bankhauses in Deutschland glaubt, am Aktienmarkt, noch dazu auf einem hoch spekulativen Aktienmarkt wie 1999/2000, würden “Werte geschaffen”, dann hat er von volkswirtschaftlichen Zusammenhängen – und auch von betriebswirtschaftlichen – wenig Ahnung. Dass mit Kurssteigerungen in der Regel keine Werte geschaffen werden, müsste dem Chef eines Bankhauses eigentlich klar sein. Wenn es eines Prozesses bedarf, um diese Erkenntnis zu lehren, dann hat der Prozess schon deshalb seinen Sinn. Zur Problematik, ob bei Aktienkurssteigerungen Werte geschaffen werden, findet sich unter “Veröffentlichungen der Herausgeber” ein Beitrag vom Oktober 1999 mit dem Titel “Luftbuchungen”. | Albrecht Müller | Der Prozess in Düsseldorf wegen der Zahlungen an den früheren Vorstandschef von Mannesmann Esser und andere Personen wird zu einem gesellschaftspolitischen Lehrstück. Da beklagt der Vorstandschef von Siemens "mit einiger Besorgnis" eine Entwicklung im deutschen Recht. Es könne nicht sein, dass Unternehmensentscheidungen immer dadurch beeinträchtigt würden, dass das Damoklesschwert des Untreue- ... | [
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] | 23. Januar 2004 18:18 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=56 |
Jagd auf kranke Hartz-IV-Empfänger – die Kleinen hängt man … | Nach Schätzungen der OECD schädigen Steuerhinterzieher den deutschen Staat mit jährlich mehr als 100 Mrd. Euro. Durch die Aufdeckung der „Offshore Leaks“ ist das Thema wieder auf die Tagesordnung zurückgekehrt. Doch was machen die deutschen Behörden? Jagen sie Steuerhinterzieher und deren Helfershelfer bei der Deutschen Bank? Nein. Deutsche Behörden machen stattdessen Jagd auf kranke Hartz-IV-Empfänger. Wenn erwerbsfähige Erwerbslose sich krankmelden, droht ihnen künftig ein Termin beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Und wenn das subjektive Gesundheitsempfinden nicht mit den objektiven Kriterien des MDK übereinstimmt, müssen die Erwerbslosen mit einer Sanktion rechnen – was nichts anderes heißt, als dass der Staat ihnen zeitweise die vom Grundgesetz garantierte Menschenwürde entzieht und ihnen das Existenzminimum verweigert. Die Kleinen hängt man, die Großen dürfen ihre eigenen Gesetze schreiben. Von Jens Berger.
Um was geht es? Der angebliche „Geheimplan“ auf den sich die BILD-Zeitung in ihrer heutigen Ausgabe bezieht, ist nicht sonderlich geheim, sondern vielmehr eine Dienstanweisung der Bundesagentur für Arbeit, die auf den 20. März datiert und nicht nur „BILD vorliegt“, sondern im Internet für jedermann abrufbar [PDF – 84.7 KB] ist. Auch der gesetzliche Rahmen für diese Anweisung ist keinesfalls neu, sondern wurde am 21. Dezember 2008 – pünktlich vor Weihnachten – von der großen Koalition im „Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente“ verabschiedet. Neu ist jedoch, dass die Bundesagentur für Arbeit den Mitarbeitern ihrer Jobcenter einen detaillierten Leitfaden an die Hand gibt, um die rechtlichen Möglichkeiten voll auszuschöpfen. So stellt man sich bei der BILD offenbar kranke Erwerbslose vor: Die soziale Hängematte. Ein Wunder, dass der zuständige Bild-Redakteur kein Agenturbild mit Hängematte und Palmenhintergrund vor weißem Sand und blauen Meer herausgesucht hat.
Screenshot: bild.de Ist Krankheit sanktionierbar? Bei „begründetem“ Verdacht, dass ein ansonsten erwerbsfähiger Erwerbsloser trotz ärztlichen Attests doch nicht krank – also arbeitsunfähig – ist, können die Mitarbeiter in den Jobcentern nun den MDK einschalten und eine Prüfung veranlassen. Eine solche Begründung liegt laut Dienstanweisung beispielsweise dann vor, wenn der Erwerbslose das Pech hat und am Ende seines Urlaubs, am falschen Wochentag oder einfach nur „auffällig häufig“ krank wird. Eine Prüfung soll auch dann veranlasst werden, wenn der krankschreibende Arzt dem Jobcenter in welcher Art auch immer verdächtig erscheint. Der Willkür sind dabei Tür und Tor geöffnet. Der MDK ist eine Einrichtung der gesetzlichen Krankenkassen, der für so wichtige Dinge wie der Frage, ob man überhaupt als erwerbsfähig gilt oder ob man pflegebedürftig ist. Mit der Frage, ob ein Hartz-IV-Empfänger beim Arzt bei der Krankschreibung ein wenig gemogelt hat, hatte der MDK bis dato nichts zu tun. Es geht der Bundesagentur jedoch nicht nur ums „Blaumachen“, sondern auch um „Irrtümer“ bei der „Selbsteinschätzung“ ihrer Kunden. Sprich – das Jobcenter darf Erwerbslose auch dann sanktionieren, wenn sie „irrtümlich“ der Meinung waren, aufgrund einer Erkrankung arbeitsunfähig zu sein, dies jedoch vom MDK „objektiv“ anders gesehen wird. In der Dienstanweisung heißt es wörtlich: „Ein solcher Irrtum hindert den Eintritt einer Sanktion nicht“. Erwerbslose, die von psychischen und psychosomatischen Beschwerden gepeinigt werden, könnten dadurch eine böse Überraschung erleben und für ihre Erkrankung doppelt bestraft werden – unter anderem mit einer Sanktionierung, also einem zeitweisen Entzug des soziokulturellen Existenzminimums. Eine Prüfung durch den MDK kostet die Bundesagentur – und damit die Steuerzahler – bis zu 260 Euro, also drei Viertel des Hartz-IV-Regelsatzes. Ein wie auch immer geartetes Einsparpotential ist durch diese Maßnahmen somit nicht zu erwarten – im Gegenteil. Es geht vielmehr darum, den massiven Druck auf die Erwerbslosen abermals zu steigern: Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen. Und wer beispielsweise unter sporadischen Migräneanfällen leidet, sollte sich doch bitte zweimal überlegen, ob er sich beim Jobcenter krank meldet und damit vielleicht eine Sanktionierung riskiert. Wieder einmal zeigt sich, dass die Sanktionen nicht nur in Ausnahmefällen als letztes Mittel eingesetzt werden, sondern mittlerweile ein alltägliches Disziplinierungsinstrument zur Zwangsausübung sind. Die Politik ist stets ganz weit vorn, wenn es darum geht, Menschenrechtsverletzungen in Ländern, die nicht mit uns verbündet sind, zu beklagen. An die Menschenrechte der Erwerbslosen im eigenen Land denkt dabei niemand; erst recht dann nicht, wenn es sich um kranke Erwerbslose handelt. Halali! Die Hatz auf die Armen ist eröffnet Natürlich gibt es Erwerbslose, die lieber „blaumachen“ als einem Vermittlungsangebot der Arbeitsagentur folge leisten. Und dazu zählt nicht nur der ehemalige Ingenieur, der mit seinen 55 Jahren keine Lust hat, sich die Beine für sechs Euro pro Stunde als Wachmann in den Bauch zu stehen. Warum sollten Erwerbslose auch mustergültigere Bürger als der Rest der Gesellschaft sein. Und? Ist das wirklich so dramatisch? Was kommt als nächstes? Die elektronische Fußfessel für Erwerbslose? Schließlich steht ja auch der Vorwurf im Raum, dass nicht jeder Erwerbslose 24 Stunden am Tag vor seinem Telefon auf einen Vermittlungsvorschlag des Jobcenters wartet. Glauben unsere Politiker denn wirklich an den „anstrengungslosen Wohlstand“, die „spätrömische Dekadenz“, die „soziale Hängematte“, in der man es sich mit 382 Euro im Monat gemütlich machen kann? Oder hat der Niedriglohnsektor etwa auch schon einen „Fachkräftemangel“ vermeldet, weil Millionen Erwerbslose lieber „blaumachen“ als einen miserabel bezahlten Job anzunehmen? Dagegen gäbe es eine Medizin: Löhne rauf! Aber das wäre ja der Untergang des Abendlandes. Dann lassen wir lieber kranke Erwerbslose vom MDK jagen. Wer weiß? Vielleicht verbringt einer dieser erwerbslosen Faulenzer seine erwerbslose Zeit ja in Wirklichkeit nicht krank, sondern gesund auf der Couch? Als ob dieses Land keine anderen Probleme hätte. Würden die Behörden bei potentiellen Steuerhinterziehern nur ansatzweise so gnadenlos sein wie bei potentiellen Hartz-IV-Blaumachern, hätte der Staat zumindest mehr als genug Geld, um Erwerbslose sinnvoll zu fördern. Aber dann würde ja auch der Druck auf potentielle Niedriglöhner sinken und das darf im Niedriglohnparadies Deutschland natürlich nie geschehen. Eine kleine Notiz am Rande: Da der MDK eine Einrichtung der gesetzlichen Krankenkassen ist, gilt die Regelung der Bundesagentur für Arbeit nicht für privatversicherte Erwerbslose. Die dürfen – wenn Sie es denn wollen – auch künftig blau machen. Ob damit der Wettbewerb zwischen den Krankenkassensystemen angekurbelt werden soll? Man weiß so wenig … | Jens Berger | Nach Schätzungen der OECD schädigen Steuerhinterzieher den deutschen Staat mit jährlich mehr als 100 Mrd. Euro. Durch die Aufdeckung der „Offshore Leaks“ ist das Thema wieder auf die Tagesordnung zurückgekehrt. Doch was machen die deutschen Behörden? Jagen sie Steuerhinterzieher und deren Helfershelfer bei der Deutschen Bank? Nein. Deutsche Behörden machen stattdessen Jagd auf kranke Hartz-IV- ... | [
"Repressionen",
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"Bundesagentur für Arbeit",
"Hartz-Gesetze/Bürgergeld"
] | 08. April 2013 16:33 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=16795&share=email&nb=1 |
Verrohung | Der Angriff der Hamas auf die jungen Besucher eines Festivals und auf viele weitere Zivilisten in Israel ist eine verstörende Bluttat. Sie muss verurteilt werden, wie alle Angriffe auf Zivilisten: Die normalen Bürger sind nie legitimes Ziel für Rache oder um politische Zeichen zu setzen. Der Umgang mit der moralischen Empörung ist aber sehr selektiv. Ein Kommentar von Tobias Riegel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. | [] | [] | 12. Oktober 2023 10:32 | https://www.nachdenkseiten.de/?tag=verrohung&paged=2 |
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Hinweise des Tages (2) | (WL) Unter anderem zu folgenden Themen: Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.
Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin. | Wolfgang Lieb | (WL)
Unter anderem zu folgenden Themen:
"Sachsensumpf" - In den Dreck gezogen
Tarifverdienste wachsen in Frankreich seit fünf Jahren stärker als in Deutschland
CSU: Willkür statt Wirtschaftspolitik
Beteiligung gegen Investitionsmonopol
Kapital in Arbeiterhand: Mitbestimmung nicht um jeden Preis
Praxis und neue Entwicklungen bei 1-Euro-Jobs
Markus Sievers: Privatisiert und abgesch ... | [] | [
"Hinweise des Tages"
] | 26. Juni 2009 16:20 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=4022&share=email&nb=1 |
Modisch agitatorische Propagandaformel: Huntingtons Thesen halfen, ein neues Feindbild aufzubauen | … und die Reihen zu schließen. Einen Beitrag von Albrecht Müller für das IPG-Journal, Internationale Politik und Gesellschaft, zu den bekannten Thesen von Huntington finden Sie hier. Das IPG hatte einige Personen gebeten, zum Schwerpunkt des Monats „Samuel Huntington Revisited“ einen kurzen Beitrag zu schreiben. Der Anlass: Vor knapp zwanzig Jahren veröffentlichte Samuel Huntington seinen Foreign Affairs-Aufsatz zum „Clash of Civilisations“. Huntingtons These, nach Ende des Ost-West-Konflikts werde internationale Politik künftig von Gegensätzen zwischen Kultur- und Religionsräumen gekennzeichnet sein.
Bitte beachten: es war vorgegeben, sich als Autor sehr kurz zu halten. Über Huntingtons Thesen könnte man selbstverständlich um vieles mehr schreiben. | Albrecht Müller | ... und die Reihen zu schließen. Einen Beitrag von Albrecht Müller für das IPG-Journal, Internationale Politik und Gesellschaft, zu den bekannten Thesen von Huntington finden Sie hier. Das IPG hatte einige Personen gebeten, zum Schwerpunkt des Monats „Samuel Huntington Revisited“ einen kurzen Beitrag zu schreiben. Der Anlass: Vor knapp zwanzig Jahren veröffentlichte Samuel Huntington seinen Fo ... | [
"Müller, Albrecht"
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"Außen- und Sicherheitspolitik",
"Veröffentlichungen der Herausgeber"
] | 09. Februar 2015 15:52 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=24952 |
Das Monströse als Ernstfall der Humanität | Nach den neuen Pogromen in den sächsischen Gemeinden Clausnitz und Bautzen sagte der Ministerpräsident Stanislaw Tillich: „Das sind keine Menschen, die so etwas tun. Das sind Verbrecher.“ Ein Kommentar von Götz Eisenberg[*] Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Dieser Tillichsche Satz stellt einen Konsens in Frage, der sich in den späten 1960er Jahren ausgebildet hat und der seither grundlegend ist für den demokratischen Rechtsstaat. Dieser Grundsatz lautet: Was immer jemand getan haben mag – er oder sie ist und bleibt einer/eine von uns. Straftäter behalten ihre Menschenrechte und Würde auch dann, wenn sie selbst gegen Menschenrechte und Würde anderer grob verstoßen haben. Das Monströse gilt nicht länger als das aus der Gesellschaft Auszumerzende, sondern als der „Ernstfall der Humanität“ (Gerhard Rehn), an dem diese sich zu bewähren hat. Mit einem gewissen Erschrecken erkannte man im Straftäter einen Menschen: Seine Verbrechen und unsere Tugenden sind austauschbar. Er ist unsere Wahrheit, so wie wir die seine sind! Von Goethe stammt die Bemerkung: Oder anders formuliert: Die Grenze verläuft nicht zwischen den „guten“ und den „bösen“ Menschen, sondern mitten durch jeden von uns. Wir alle sind in verschiedenen Mischungs- und Verdünnungsverhältnissen „gut“ und „böse“ zugleich, und es hängt von den Umständen ab, welche Seite der Ambivalenz schließlich lebensbestimmend wird. Nur auf der Basis dieser Einsicht ist ein menschlicher Umgang mit Straftätern möglich ist. Was immer ein Straftäter getan haben mag, er ist und bleibt Meinesgleichen und Unsereiner – nicht mehr und nicht weniger als ein Mensch. Wer Straftäter vermonstert und außerhalb des Menschlichen positioniert, bereitet ihre Ausgrenzung vor und trägt den Keim zu eigenen Verbrechen schon in sich. „Wer mit dem Verbrechen kurzen Prozess machen will, macht bald gar keinen mehr“, schrieb Friedrich Hacker. Die jüngste Bemerkung von Stanislaw Tillich soll in ihrer Scheinradikalität darüber hinwegtäuschen, dass er selbst durch zahlreiche Aussagen zu Ausbreitung der Pogromstimmung gegen alles Fremde in Sachsen beigetragen hat. „Der Islam gehört nicht zu Sachsen“, ließ er sich Anfang 2015 vernehmen, als Pegida von Montag zu Montag stärker wurde. Wer solche Sätze in die Mikrophone von Fernsehanstalten spricht, darf sich nicht wundern, wenn im Schutz der Dunkelheit Flüchtlingsunterkünfte angezündet und Ausländer angegriffen werden. Es gilt immer noch, was Bodo Morshäuser Anfang der 1990er Jahre anlässlich der damaligen Pogrome geschrieben hat: | Götz Eisenberg | Nach den neuen Pogromen in den sächsischen Gemeinden Clausnitz und Bautzen sagte der Ministerpräsident Stanislaw Tillich: „Das sind keine Menschen, die so etwas tun. Das sind Verbrecher.“ Ein Kommentar von Götz Eisenberg[*]
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Dieser Tillichsche Satz stellt einen Konsens in Frage, der sich in den späten 1960er Jahren ausgebildet hat u ... | [
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] | 22. Februar 2016 11:54 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=31477&share=email |
Korrektur zu Meinhard Miegel: Er ist nicht „Ökonom“ | Wir haben in unserem vorausgegangenen Beitrag Meinhard Miegel als „Ökonom“ bezeichnet, das lag vielleicht daran, dass ihn die INSM gar als „Wirtschaftsweisen“ titulierte. Miegel ist laut seiner eigenen Vita aber Jurist, er ist auch nicht ordentlicher sondern außerplanmäßiger Professor, was man mit guten politischen Beziehungen leicht wird. Miegel war Mitarbeiter des ehemaligen CDU-Generalsekretäre Biedenkopf und hat mit diesem zusammen einen Verein gegründet, der sich „Institut für Wirtschaft und Gesellschaft“ nennt. Als dessen heutiger Leiter berät Miegel das von der Deutschen Bank getragene „Deutsche Institut für Altersvorsorge“ (DIA) und ist u.a. Mitglied des Konzernbeirates der AXA- Versicherungskonzerns. Miegel gehört zum Kern des Netzwerkes der CDU und ist Sprecher eines „BürgerKonvents“, einer bürgerlichen außerparlamentarischen Systemveränderungslobby, die ihr Geldgeber verschweigt, aber für Werbekampagnen Millionen von Euro ausgeben konnte. | Wolfgang Lieb | Wir haben in unserem vorausgegangenen Beitrag Meinhard Miegel als „Ökonom“ bezeichnet, das lag vielleicht daran, dass ihn die INSM gar als „Wirtschaftsweisen“ titulierte. Miegel ist laut seiner eigenen Vita aber Jurist, er ist auch nicht ordentlicher sondern außerplanmäßiger Professor, was man mit guten politischen Beziehungen leicht wird. Miegel war Mitarbeiter des ehemaligen CDU-Generalsekre ... | [
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] | 18. Juli 2006 10:03 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=1423&share=email&nb=1 |
Innere Sicherheit | Das politische Klima in Ecuador ist heiß wie die Sommersonne. Das Verbrechen wütet im ganzen Land. Kriminelle Banden löschen alles aus, was ihnen in die Quere kommt, und das Drogengeschäft ist ein ständig umkämpftes Feld, das eine endlose Spur von Opfern hinterlässt. Die Logik der Kontrolle und der interne Krieg, der tagtäglich um die Ausdehnung von Territorien geführt wird, sind in Ecuador zu einem ständigen Thema in den nationalen Nachrichten und zu einem der zentralen Themen des politischen Diskurses im Vorfeld der bevorstehenden Wahlen geworden. Von Rommel Aquieta Núñez. | NachDenkSeiten - Die kritische Website | [] | [] | 19. Oktober 2024 13:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?cat=60&paged=3 |
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Wider das Gewöhnen an weltweite Hochrüstung | Heute verkündet das schwedische Friedensinstitut SIPRI seine jährlichen Daten zur Entwicklung der weltweiten Rüstungsausgaben. Auf den ersten Blick keine großen Veränderungen: Die Rüstungsausgaben steigen 2016 im zweiten Jahr in Folge um dieses Mal 0,4% auf 1,686 Billionen US-Dollar. – Die 10 Länder mit den höchsten Rüstungsausgaben sind: 1. USA mit einer leichten Erhöhung gegenüber 2015. Diese geschah noch unter Obama und berücksichtigt nicht den wahnwitzigen Aufrüstungskurs des neuen US-Präsidenten Trump. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download 2. China, mit einer deutlichen Erhöhung, aber nur 1/3 der US-Ausgaben. 3. Russland, erneut mit einer leichten Erhöhung. Insgesamt sind die russischen Rüstungsausgaben weniger als 1/10 der US-Ausgaben. 4. Saudi-Arabien, mit einer ölpreisbedingten geringen Reduzierung. 5. Indien mit deutlichen Erhöhungen. 6. Frankreich und 7. Großbritannien – beide mit ähnlichen Ausgaben wie 2015. 8. Japan mit einer Ausweitung der Ausgaben ebenso wie 9. Deutschland und 10. Süd-Korea mit einer Steigerung der Rüstungsausgaben. (Exakte Zahlen und Daten bei SIPRI: www.sipri.org. Alle Konfliktregionen (Osteuropa/Russland, Naher Osten, Ostasien) weisen überdeutliche Erhöhungen aus. Auf den zweiten Blick: was für eine Ungeheuerlichkeit – jeden Tag gehen fast 1 Milliarde Menschen hungrig zu Bett. Die 2016 verabschiedeten Sustainable Development Goals (SDG), so großartig die Pläne der UN gegen Hunger, Armut, für gerechten Wasserzugang und Erziehung für alle sind, ohne Finanzierung ist alles fast nichts. Dasselbe gilt für den Green Climate Fund der UN zur Anpassung an die globalen Klimaveränderungen. Ab 2020 soll die internationale Gemeinschaft 200 Milliarden pro Jahr in diesen Topf einzahlen. Bis jetzt gibt es Zusagen von nur 37 Milliarden. Ohne Abrüstung ist die Lösung der globalen Probleme nicht möglich. Abrüstung schafft nicht nur das Klima der Kooperation, das unabdingbar ist für die Lösung der internationalen Herausforderungen. Es ist die materielle Untermauerung einer Entwicklung der Welt zu mehr Gerechtigkeit. Abrüstung für Entwicklung ist die! Herausforderung. Die Zeichen der politischen Elite der Welt stehen auf ungehemmter Aufrüstung – fast könnte man sagen – auf eine Aufrüstung ohne Kontrolle. 2016 war eher ein Jahr des Überganges. Die Regierungen der NATO-Länder in Europa wollen ihre Militärausgaben auf 2% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) erhöhen. Dies bedeutet: eine Ausweitung der Rüstungskosten von 200 auf ca. 300 Milliarden Dollar (alles ohne USA). Die Ankündigung der Bundesregierung, diese 2% in den nächsten Jahren zu erfüllen, beinhaltet die Erhöhung des Rüstungshaushaltes von 37 Milliarden auf ca. 62 bis 65 Milliarden Euro, undenkbar ohne weitere tiefe soziale Einschnitte. US-Präsident Trump kündigt eine Erhöhung des sogenannten US-Verteidigungshaushaltes um 54 Milliarden Dollar an, die Erhöhung liegt in der Größenordnung des gesamten Rüstungshaushalts von Russland. Ziel der massiven Aufrüstung der USA ist u.a. eine vollständige Neuausstattung der US-Streitkräfte mit neuen (unsichtbaren) Flugzeugen, wie z.B. den F 35, die Anschaffung von fast 200 neuen Schiffen für die Marine, die Verdoppelung der Munitionsvorräte sowie die Modernisierung aller Atomwaffen einschließlich der Trägersysteme. Zu dem Aufrüstungsprogramm gehören u.a. die Erneuerung und der Ausbau der USA-Militärstützpunkte, der Bau des neuen US-Militärkrankenhauses (Kostenfaktor 1 Milliarde US-Dollar, 18 Mio. davon trägt die Bundesregierung) in Ramstein und der Ausbau der Airbase Ramstein. Dafür sind 2018 allein 95 Millionen Dollar vorgesehen. Waffen, die entwickelt und produziert werden, werden auch eingesetzt. Kriege, Interventionen und Konflikte werden sich ausweiten. Reichen die 400.000 Toten in Syrien nicht aus, sind die täglichen Tausende von Toten und Verwundeten im Sudan als Anklage an das Gewissen und die Humanität nicht ausreichend? Sie klagen die Regierungen und die Profiteure dieses Rüstungswahnsinns an. Die Gewinne der zentralen Rüstungskonzerne sind 2016 um 10 bis 15% gestiegen. Leider fehlen diese Zahlen in der SIPRI-Übersicht. Wir brauchen mehr Wissenschaft und Forschung, die die Gewinner des Krieges analysieren, anklagen, und so mithelfen, weltweit über die Profiteure aufzuklären. Leider viel zu klein sind immer noch die Aktionen der Friedensbewegung. In 20 Ländern sind bei der Kampagne von IPB (International Peace Bureau) gegen die weltweiten Rüstungsausgaben einige Zehntausende Menschen bei mehr als 70 Aktionen auf die Straße gegangen. Viel zu wenig, um den Rüstungsprofiteuren und den Regierungen der Welt in die Arme zu fallen. Dies bleibt eine zentrale Herausforderung für die Friedensbewegungen. Weltweite Rüstungsausgaben und eine nachhaltige und gerechte Entwicklung sind weltweit nicht länger vereinbar. Wir stehen an einer Scheidegrenze! Reiner Braun ist Co-Präsident des 1891 gegründeten, 1910 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten, ältesten und größten internationalen Friedensnetzwerkes (IPB International Peace Bureau www.ipb.org) | Albrecht Müller | Heute verkündet das schwedische Friedensinstitut SIPRI seine jährlichen Daten zur Entwicklung der weltweiten Rüstungsausgaben. Auf den ersten Blick keine großen Veränderungen: Die Rüstungsausgaben steigen 2016 im zweiten Jahr in Folge um dieses Mal 0,4% auf 1,686 Billionen US-Dollar. - Die 10 Länder mit den höchsten Rüstungsausgaben sind: 1. USA mit einer leichten Erhöhung gegenüber 2015. Dies ... | [
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] | 24. April 2017 9:19 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=37983 |
Leserbriefe zu „Tabubrüche, Brandmauern und Wahlkampf“ | Jens Berger kommentiert hier die „an Hysterie grenzende Aufregung über `Tabubrüche` und `gefallene Brandmauern`“ anlässlich des im Deutschen Bundestag beschlossenen Entschließungsantrags der Union zur Asylpolitik. Zugestimmt haben auch Abgeordnete von FDP und AfD. Das und die Abstimmung zum eingebrachten „Zustrombegrenzungsgesetzes“ hätten keine rechtlichen Folgen, seien aber symbolisch sehr wohl von Interesse. Das Gerede von Brandmauern solle lieber sein gelassen werden. Wir danken für die zahlreichen und interessanten Zuschriften. Hier nun eine Auswahl der Leserbriefe. Christian Reimann hat sie für Sie zusammengestellt.
1. Leserbrief Endlich wächst zusammen, was zusammen gehört Die gespielte Empörung der Regierungskoalition ist eine Beleidigung für jeden mitdenkenden Bürger. Die politische Aufwertung der AFD wurde nicht nur von der CDU betrieben. Das haben andere von langer Hand verbockt: Die Olivgrünen und der Zeitenwendekanzler, der andere aufgrund von Koalitionserhalt machen lies oder bei der angekündigten Nordstreambeendigung nichts zu sagen wusste. Als wäre das nicht schlimm genug ließ man noch den Wirtschaftsminister mit katastrophalem Ergebnis in der Volkswirtschaft rumpfuschen – die AFD musste nur daneben sitzen und geduldig warten. Hinsichtlich ihrer neoliberalen Ausrichtung und unsozialen Politik passt die AFD schon wie ein siamesischer Zwilling zur CDU. Große Teile der CDU sind ebenso eurokritisch und „patriotisch“ (Stichwort Werteunion) wie die Damen und Herren der AFD. Das Ergebnis war schon lange absehbar: Endlich wächst zusammen, was zusammen gehört. Günter Krieg 2. Leserbrief lieber jens, danke für deine einordnung, der ich zustimme – die inhalte des antrags sind nicht zustimmungsfähig, egal wer sich dem antrag anschliesst. dankbar bin ich auch für den hinweis auf das scheitern des verstaubten gesetzentwurfs im september 2024 in den ausschüssen (hat da die fdp nicht noch dagegen gestimmt ?). andrerseits wundert mich die fehldiagnose des bsw, die sich mit der niederlage natürlich auch politisch selbst überrannt hat. was mich aber ärgerlich stimmt ist die untätigkeit von spd und grünen, mit einem alternativantrag ihre position zur migration sichtbar zu machen. da sitzen in den ministerien 1000 beamte auf ihren warmen stühlen und warten auf einen auftrag, mit dem sie die ursachen der migration erklären und gesetzgeberisch initiativ bekämpfen statt der migranten. merz fleddert im bundestag und scholz schwänzelt in regensburg statt den fehdehandschuh im bundestag beredt aufzunehmen. aber wahrscheinlich traut er sich wieder nicht und verschweigt sich, denn “remigration” führt bei ihm zum würgen, “im grossen stil abschieben” auf die titelseite des spiegel. wahrscheinlich erspart er sich die pein des auftritts, um seine vizekanzlerschaft unter einem kanzler merz nicht zu gefährden. zuzutrauen wäre es diesem schweigsamen kanzler, der die politische kompetenz der spd mit seiner “zeitenwende” gegen null befördert hat. sapere aude, albert klütsch 3. Leserbrief Lieber Herr Berger, NDS Redaktion und Leser, Tabubrüche und 180 Grad Kehrtwenden sind fast täglich zu beobachten in der Politik, wie es eben so passt und als nützlich eingeschätzt wird. Eine Brandmauer hat ganz faszinierende und besondere Eigenschaften. Was in der Innenpolitik eine Brandmauer ist, als Beispiel die Isolierung von extrem rechts, kennt man in der Aussenpolitik nicht. Meloni, Geert Wilders und viele andere kein Problem. Kehrtwendungen machen sich im Wortgebrauch bemerkbar: Syrien, Ahmed al-Sharaa im Rekordtempo von Terrorist zu Rebellenführer zu ex Rebellenführer zu respektiertem Staatsmann im Maßanzug, tiptop frisiert und Bart getrimmt. Wie Politik und Medien es immer wieder fertig bringen Worte zu erfinden um die wirkliche Bedeutung zu verhüllen, da staunt sogar der Fachmann. Zustrombegrenzungsgesetz das klingt nach einem Umweltschutzgesetz: Zustrom von Nebenflüssen begrenzen um Überschwemmung durch Flüsse zu verhindern bei extremem Regenfall. Eine schöne Wortschöpfung wäre es wenn es um die Begrenzung des Zustroms von Reichtum bei den Reichen gehen würde. Nein es geht um die Begrenzung von ankommenden Flüchtlingen. Das dieser Zustrom wohl etwas zu tun haben könnte mit Aussenpolitik, wo es ‘normal’ geworden ist dass jeder jeden bombardiert, nein der Gedanke kommt nicht. Ich vermute das Herr Merz, Mitglied einer christlichen Partei täglich dem Schöpfer dankt dass Gaza sich hinter einer undurchdringlichen Mauer befindet. Ob sich Herr Merz schon mal Gedanken gemacht was er mit Flüchtlingen aus Grönland machen will wenn die USA dort einmarschiert, nach einem Bombenhagel auf Inuit Dörfer? Wahlkampf, da steht ja nicht umsonst Kampf drin, das Wort Wahlkrieg bietet sich an, aber das geht echt nicht. Wahlwettbewerb wäre ideal. Mit freundlichem Gruß
Patrick Janssens 4. Leserbrief Sehr geehrter Herr Berger, wenn man die Reaktionen von SPD, GRÜNEN und LINKEN betrachtet, dann könnte man meinen, CDU/CSU und AfD (und FDP) hätten am 29. Januar 2025 im Bundestag die Errichtung der Höcke-Diktatur beschlossen, einschließlich der Errichtung von Konzentrationslagern. Das ist aber offensichtlich böser Nonsens. Tatsächlich zeugen die Reaktionen von SPD, GRÜNEN und LINKEN von einer Erkenntnis, nämlich der Erkenntnis, dass ihre schädliche, antidemokratische und ideologische Migrationspolitik nun sogar im Bundestag zu scheitern droht. Der Beschluss des “5-Punkte-Plans” der CDU/CSU ist offensichtlich jedenfalls teilweise europarechtswidrig. Das weiß Herr Merz natürlich. Aber gleichwohl hat die CDU/CSU eine wichtige politische Entscheidung für einen Richtungswechsel in der Migrationspolitik getroffen. Herr Merz wird daran nach der Bundestagswahl als Kanzler gemessen werden. Beste Grüße
Militzer 5. Leserbrief Moin, im Entschließungsantrag steht wörtlich über die AfD “Deshalb ist diese Partei kein Partner, sondern unser politischer Gegner.” Und solch einem Antrag stimmt die AfD zu? Eine Partei, die sich so verbiegt, ist nicht ernst zu nehmen. Und eine Partei – die CDU – die die Positionen der AfD durchsetzt, ist eben so wenig ernst zunehmen. Alles nur heiße Luft. Aber es gab schon immer Steigbügelhalter für die Faschisten. Und hinterher heißt es: Wir haben es nicht gewußt. MfG
Helmut Specht 6. Leserbrief Lieber Jens Berger! Die Union ist für mich nicht wirklich eine Partei – jedenfalls nicht in dem Sinne, was ich darunter verstehen würde. Es ist doch eher ein Gebilde einer Verwaltungseinheit, in der sich besonders angepasste und opportunistische Zeitgenossen zusammengefunden haben, um die seit Jahrzehnten – wenn nicht teils Jahrhunderten – existierenden gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Strukturen aufrecht zu erhalten. In diesem Sinne wirken diese Leute eben vor allem eindämmend und begrenzend. Sie werden niemals aus sich selbst heraus eine wirklich befreiende und damit menschlichere Entwicklung anstoßen. Bestenfalls können sie Entwicklungen stoppen, die, möglicherweise auch, in die falsche Richtung laufen. Ansonsten verwalten sie vor allem die bestehenden Verhältnisse. Die AfD möchte zurück in eine romantisierte Welt in der die Dinge noch einfach und klar waren. Vor allem bezieht sich das natürlich auf die Macht – und Besitzverhältnisse und diese orientieren sich einmal mehr an einer klar gefassten hierarchischen Ordnung in einem überschaubaren Sippendenken. Etwas überspitz formuliert ist es doch der Union relativ egal was sie verwaltet. Entscheidend ist am Ende, dass die eigenen Pfründe nicht abhanden kommen und man, vor Allem, nicht irgend einem Kontrollverlust anheim fällt. Herzliche Grüße!
Frank Kanera 7. Leserbrief Liebe NDS, Jens Berger, ich denke, das war ein “Merz-Test”, um nach der Wahl ggf. auch als Minderheitenregierung zu regieren und mit den Stimmen der AfD aus der Opposition das CDU-Programm durchzubringen. Die AfD kann nur regieren, wenn sie die absolute Mehrheit bei der Wahl erhält, was nicht eintreten wird. Da die Altparteien keine Koalition mit der AfD eingehen, ergeht der Auftrag zur Regierungsbildung unter den aktuellen Umfragezahlen an die CDU/CSU. Diese müsste dann voraussichtlich mit der SPD für Mehrheiten koalieren. Das wird aber nicht reichen. Wenn man die Grünen mit in eine Koalition nimmt, verliert Merz die Unterstützung in der Bevölkerung, denn es sind gerade die konservativen CDU-Wähler, die eine Regierung mit Beteiligung der Grünen grundsätzlich ablehnen. Merz könnte also am Ende mit einer Minderheitsregierung bei der Wahl enden. Dann kann er aber mit den Stimmen der AfD und ggf. des BSW in der Opposition regieren, da die für Merz wichtigsten Teile der Programme von CDU/CSU und AfD in weiten Bereichen deckungsgleich sind. Die AfD kann und wird massiven Druck ausüben, um einen politischen Wandel in wichtigen Bereichen erzwingen. Da die AfD eine Kriegstreiberei gegen Russland blockiert, kann sich Merz aus seinem “Ultimatum-Dilemma gegen Russland” zurückziehen – eine Win-Win-Situation. Was am Ende zählt: Was kommt für die Bevölkerung dabei heraus! Das Spektakel, das wir erleben zeigt, wie weit sich die “zu junge SPD” mit ihren “queer-gendernden Kollegen von den Grünen” von jeglichen Demokratieregeln verabschiedet haben. Die AfD ist eine vom Bundesverfassungsgericht zugelassene, wählbare und demokratisch gewählte Partei. Nach den Regeln unseres Parlaments muss über alles geredet und abgestimmt werden. Es zählen nur die Inhalte und die Mehrheiten dazu. Und zu denen gehören auch Mehrheiten durch Parteien der Opposition. Sonst wären Minderheiten-Regierungen nicht möglich! Im Gegenteil, das jetzt veranstaltete Spektakel um die Abstimmung ist rechtlich sogar illegal, weil es einen Aufruf darstellt, ein Abstimmverhalten ausschließlich nach Inhalten zu einer Abstimmung gegen eine demokratisch gewählte Partei zu machen. Das ist nicht Aufgabe der Parlamentsarbeit und auch nicht erlaubt, da es eine Diskriminierung eines Teils der Wählerschaft darstellt. Nur das Bundesverfassungsgericht kann einer Partei rechtlich die Zulassung zu Wahlen entziehen, was aber im Fall der AfD bedeuten würde, mehr als 30% der Bevölkerung und vor allem der absoluten Mehrheit in Ostdeutschland das Stimmrecht massiv einzuschränken. Das Gerede um Brandmauern und Tabubrüche ist also Bullshit. Ein “Tabu” gegen eine demokratisch zugelassene und gewählte Partei ist illegal und darf es erst recht nicht geben. Nur die Mehrheiten zu rationalen Inhalten stehen bei Abstimmungen zur Wahl – keine irrationalen Emotionen und auch kein “Parteiverbot durch die Hintertür” gegen das Bundesverfassungsgericht !! Grüße
von unserem Leser R.O. 8. Leserbrief Liebe Redaktion und Jens Berger! Vielen Dank für euren neuen Artikel ‘Tabubrüche, Brandmauern und Wahlkampf‘! Es tut immer wieder gut durch Lesen zu sehen, dass es noch Journalisten mit klarem Verstand gibt. Nur warum sind die ‘führenden’ Medien durch die Bank weg unfähig, aktuelle Ereignisse und Debatten so klar und objektiv darzustellen? Die Antwort ist ebenso einfach wie erschreckend: Medien leben von Krisen! Je schlechter die öffentliche Stimmung, umso besser geht es ihnen. So wie Ärzte, Rechtsanwälte und Rüstungskonzerne verdienen sie besser, wenn Leute krank, uneinig oder im Krieg sind. Dabei sind beide Seiten einfach zu verstehen: Die einen wollen die ‘Brandmauer gegen Rechts’, weil die AfD in der Migrationsdebatte auch Rassisten anzieht. Das beschwört für sie Erinnerungen an die dunkelste Zeit unserer Geschichte – der “Nie wieder”-Reflex löst aus! Die anderen wünschen sich vermutlich eine Brandmauer gegen so schreckliche Vorfälle wie in Solingen, Magdeburg, Aschaffenburg, etc etc. Beide Wünsche sind berechtigt, aber im Wahlk(r)ampf ist für ausgewogene Argumentation kein Platz, sie werden von Machtgier verdrängt, so läuft eben das Politikgeschäft. Wir sollten dem Geschrei gar nicht mehr zuhören, geschweige denn mitmachen, um unseren Rest von Vernunft zu behalten! Danke noch einmal für eure gute und ehrenvolle* Arbeit! (* In Anspielung an ‘ehrenamtlich’): Viele von euch schreiben pro bono, verdienen also weniger als ihre Leitmedien-Kollegen, können dafür aber mehr nachdenken und klarer urteilen, getreu ihrer Web-Domäne…! ;-) Grüße, A. Berger 9. Leserbrief Sehr geehrter Herr Berger, Für den anregenden Artikel bedanke ich mich und möchte ihn mit mehreren eigenen Blickwinkeln ergänzen. In zwei Artikel habe ich mich in den letzten Tagen selbst mit dem Anschlag von Aschaffenburg und dem Papier von Friedrich Merz sowie dem ganz drumherum beschäftigt (1, 2). Ihre Frage ist vollkommen berechtigt „Was soll also die ganze Aufregung?“ Ich denke, dass die These, es handelt sich insbesondere um Theater, mit dem die Wähler davon abgehalten werden sollen, sich im Zusammenhang mit der Wahl Gedanken über die wirklich relevanten Themen zu machen, eine Relevanz hat. Nach meinem Dafürhalten ist das Flüchtlingsthema für die deutsche Bevölkerung das drittwichtigste Thema: Das Wichtigste ist die Frage von Krieg und Frieden. Vielen Wählern ist zumindest irgendwie bekannt, dass Friedrich Merz, Robert Habeck und Christian Lindner den TAURUS an die Ukraine liefern wollen: Weniger bekannt ist dann schon die rote Linie, die Russland damit als für den Kriegseintritt Deutschlands damit überschritten sieht. Jeder weiß auch, dass CDU/CSU, die SPD, die Grünen und die FDP die Ukraine unterstützen wollen, bis der letzte Ukrainer gefallen ist – in der trügerischen Hoffnung, auf dem Weg dahin zu einer Situation zu kommen, die man als Sieg verkaufen und in der man den Russen was diktieren kann. Zu diese Parteien gesellt sich die AfD bei dem Bemühen hinzu, Donald Trump hinsichtlich des ausgegebene Ziel entgegenzukommen, 5% des BIP für die Aufrüstung auszugeben. Insofern ist die Moral dieser dem Wähler bekannten, aber ansonsten nicht übereifrig diskutierten Absichten: Die Bundestagswahl wird zu einer Volksabstimmung über Deutschlands Weg zum Krieg. Niemand wird sich – ganz im Gegensatz zur „Zeitenwende“ – herausreden können, er hätte nicht gewusst, was da auf ihn zukommt. Das zweitwichtigste Thema ist die Frage, was aus Deutschland angesichts von dauerhaft hohen Energiekosten, Inflation, Rezession, Abwanderung von Industrien, steigende Insolvenzen und absehbar steigenden Arbeitslosenzahlen wird: Wer hat ein Konzept, mit dem diese Problem übergreifend und nachhaltig gelöst werden kann?. Ich sehe das bei niemandem. Lasse Sie mich abschließend noch auf einen anderen Aspekt hinweisen, von dem ich, als ich ihn erstmals las, erst an einen Fake dachte. In ihren beiden Papieren bemüht sich die CDU/CSU- Fraktion ernsthaft, die Schuld für die Flüchtlingskrise Russland in die Schuhe zu schieben: Putin hätte den Bürgerkrieg in Syrien angefacht, würde Flüchtlinge über Weißrussland einschleusen und der russische Angriffskrieg täte sein Übriges. Zum ersten Punkt kann auf die CIA-Operation Timber Sycamore verwiesen werden, zum zweiten Punkt darauf dass von den 847.000 Asylanträgen zwischen 2022 und 2024 nur 22.021 durch die Route über Weißrussland herbeigeführt wurden: Also ca. 3%. Niemand käme auf den Gedanken, Politiker in Nordafrika oder Giorgia Meloni vorzuwerfen, dass Flüchtlinge über die Mittelmeerroute den Weg nach Deutschland finden. Den dritten Punkt vertiefend zu analysieren, erspare ich mir jetzt mal: Es würde zu ähnlichen Ergebnissen führen. Mit freundlichen Grüßen
Bernd Liske Anmerkung zur Korrespondenz mit den NachDenkSeiten Die NachDenkSeiten freuen sich über Ihre Zuschriften, am besten in einer angemessenen Länge und mit einem eindeutigen Betreff. Es gibt die folgenden E-Mail-Adressen: Weitere Details zu diesem Thema finden Sie in unserer „Gebrauchsanleitung“. | Redaktion | Jens Berger kommentiert hier die „an Hysterie grenzende Aufregung über `Tabubrüche` und `gefallene Brandmauern`“ anlässlich des im Deutschen Bundestag beschlossenen Entschließungsantrags der Union zur Asylpolitik. Zugestimmt haben auch Abgeordnete von FDP und AfD. Das und die Abstimmung zum eingebrachten „Zustrombegrenzungsgesetzes“ hätten keine rechtlichen Folgen, seien aber symbolisch sehr w ... | [] | [
"Leserbriefe"
] | 06. Februar 2025 16:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=128327&share=email&nb=1 |
Thomas Frickes Kolumne „Vom Scheitern der Alt-76er“ ist in vieler Hinsicht lehrreich. | „Nach gut 30 Jahren strammer Angebotslehre hat sich selbst der treue Sachverständigenrat von der alten Bekenntnisökonomie weitgehend verabschiedet. Spät und zögerlich, aber zeitgemäß. Und aus gutem Grund,“ schreibt Fricke.
Er beschreibt und belegt das lange Wirken der Angebotsökonomie seit Mitte der siebziger Jahre und nennt ihr Scheitern beim Namen. Mit Recht. Aber seinen Optimismus, der Sachverständigenrat und die ökonomische Zunft insgesamt verabschiede sich von ihren alten Bekenntnissen, kann ich leider nicht teilen. Auf allen Kanälen und in nahezu allen Blättern wird uns doch täglich eingetrichtert, wir hätten das bisschen Wirtschaftsbelebung den Reformen zu verdanken. Und wir müssten dringlich so weitermachen. Auch Wirtschaftswissenschaftler predigen das Gleiche: Hüther, Zimmermann und selbst ein Rüdiger Pohl, den ich aus den Siebzigern noch mit ganz anderen Tönen kenne, bäumen sich auf gegen das Eingeständnis des Scheiterns. Thomas Fricke möge sich das DeutschlandRadioInterview mit Pohl anhören, das im Anhang verlinkt wird. Albrecht Müller.
Nun aber zu den bemerkenswerten Aussagen von Fricke. Ich zitiere zunächst noch einen Absatz wörtlich: Und jetzt ein Resümee: Anhang: Interview mit Prof. Rüdiger Pohl, Wirtschaftswissenschaftler
DLF, 07.11.2007 23:22 (Wiederholung 08.11.2007 05:12, weil’s so schön war)
Quelle: DLF [Audio mp3] | Albrecht Müller | „Nach gut 30 Jahren strammer Angebotslehre hat sich selbst der treue Sachverständigenrat von der alten Bekenntnisökonomie weitgehend verabschiedet. Spät und zögerlich, aber zeitgemäß. Und aus gutem Grund,“ schreibt Fricke.
Er beschreibt und belegt das lange Wirken der Angebotsökonomie seit Mitte der siebziger Jahre und nennt ihr Scheitern beim Namen. Mit Recht. Aber seinen Optimismus, der Sac ... | [
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"Fricke, Thomas",
"FTD",
"Keynesianismus",
"Wirtschaftsweise",
"Zimmermann, Klaus"
] | [
"Neoliberalismus und Monetarismus",
"Wirtschaftspolitik und Konjunktur"
] | 12. November 2007 6:45 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=2758 |
Reformpolitik | Die Regierung in Griechenland muss weg. Diese zutiefst undemokratische Haltung verbreiten nicht nur Journalisten in ihren als Berichte verkleideten Hetz-Kommentaren, es ist auch das Ziel der Bundesregierung und der übrigen Gläubiger. Die weisen das zwar weit und zum Teil auch empört von sich, doch ist die Sachlage längst klar. Die Bundesregierung hat jeglichen Verhandlungen bis zum Sonntag eine Absage erteilt (Die Ruhe haben wir ja) und der Präsident des EU-Parlaments Martin Schulz (SPD) stellte heute im Morgenmagazin noch einmal klar: Von André Tautenhahn | [] | [] | 02. Juli 2015 17:25 | https://www.nachdenkseiten.de/?tag=reformpolitik&paged=12 |
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„Ich habe meine Seele verkauft“: Ein Protestsong erobert die Welt | Ein „umstrittener Protestsong spaltet die USA“, melden Medien. Für die einen ist das aktuelle Musik-Phänomen um den US-Countrysänger Oliver Anthony Teil eines rechten Kulturkampfes, für die anderen ist sein Lied der bewegende Ausdruck von Nöten des „kleinen Mannes“. Fest steht: Das Lied hat Seele und erreicht auf der Gefühlsebene zu Recht zahlreiche Menschen. Schaut man sich aber den Text genauer an, so stellt sich schon die Frage: Ist es überhaupt ein Protestsong? Von Tobias Riegel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Schon die erste Zeile geht direkt ins Herz: „I’ve been selling my Soul, working all Day“. Die Worte, die Stimme, das einfache Gitarrenspiel, der Bart, die Erscheinung, die ganze Haltung fügen sich zusammen: Dieser Hinterwäldler hat Soul! Um den bisher kaum bekannten US-Country-Sänger Oliver Anthony und seinen Song „The rich Men north of Richmond“ ist aktuell ein Phänomen zu beobachten. Denn das Lied, das kritisch auf das nördlich von Richmond gelegene Washington anspielt, steht plötzlich an der Spitze der US-Charts. Doch nicht nur in den USA berührt der Song offensichtlich zahlreiche Menschen – langsam, aber sicher entwickelt er sich zum Welthit: So führt das Lied die internationalen „Global Charts“ beim Streamingdienst Apple Music an, wie Medien berichten, und bei YouTube hat der nur mit Resonatorgitarre begleitete und teils leidenschaftlich herausgeschriene Folksong momentan (Stand: Mittwoch, 12 Uhr) 34 Millionen Klicks, Tendenz rapide steigend. Hier ist das Lied: „Umstrittener Protestsong spaltet die USA“ Aber der Erfolg von Anthony hat auch eine andere Seite. Um den Song ist in den USA eine große Debatte entstanden, auch dadurch, dass sich prominente Republikaner positiv dazu geäußert hatten. N-TV vermeldet: „Umstrittener Protestsong spaltet die USA“. Die Süddeutsche Zeitung kommt zu dem Schluss, der Erfolg basiere auch auf „Zuspruch von Ultrarechten“, und fährt fort: Und der ORF titelt bei dem Thema: „Umstrittener Song an Spitze der US-Charts“. In dem Artikel wird aber auch auf den zutreffenden Aspekt verwiesen, dass es weniger der konkrete Inhalt ist, der viele Menschen bei dem Song fasziniert, als eine Atmosphäre und eine Haltung: Auch die US-Ausgabe des Musikmagazins Rolling Stone fragt sich, warum das Lied so sehr von „rechten Influencern“ geschätzt werde und macht auf eine Textstelle aufmerksam, die tatsächlich fragwürdig ist. Anthony würde sich gegen hohe Steuern etc. wenden, so das Magazin, aber eben auch gegen „Sozialmissbrauch“, wenn er sich beschwert, dass die Wohlfahrt übergewichtigen Arbeitslosen die Süßigkeiten spendieren würde. Ich möchte hinzufügen, dass auch die Skandalisierung von hohen Steuern, die Anthony ebenfalls betreibt, oft keine soziale Stoßrichtung hat. An dem Song und der Debatte darum wird ein Dilemma der US-Politik deutlich: Einerseits ist die Kritik von republikanischer und „rechter“ Seite an Auswüchsen der Politik der US-Demokraten zum Teil richtig und begrüßenswert. Andererseits sind aber zahlreiche Ansätze von republikanischer Seite (etwa bei der Frage der Besteuerung und der Sozialhilfe) ebenfalls abzulehnen – und sie werden auch nicht dadurch gut, dass sie sich gegen die aktuelle Biden-Regierung richten. „Redneck oder Revolutionär“? Es ist also eine etwas verwirrende Mischung. Die Junge Welt schreibt zu Anthony einerseits: „In Knittershirt, mit rotem Bart und ohne Plattenvertrag steht er (…) mitten im Wald, ackert auf einer Resonatorgitarre und singt mit kratziger Inbrunst in der proletarischen Tradition eines Woody Guthrie oder Jim Croce.“ Andererseits wird auch die Zeitung nicht ganz schlau daraus: Ich denke, es geht beides: Auch wenn Anthony Merkmale eines „Redneck“, also eines konservativen Hinterwäldlers aufweist, so hat der Song trotzdem eine große Kraft, die jenseits des Textes durch eine Atmosphäre der „Echtheit“ mobilisierend und dadurch auch indirekt sozial wirken kann – auch wenn ich das nicht gleich als „revolutionär“ bezeichnen möchte. Andererseits kann man nicht wegwischen, wenn die Süddeutsche Zeitung schreibt, „der erfolgreiche Protestsong 2023 besingt also weiterhin nicht soziale Ungerechtigkeit“: Wiederum andererseits: Die berührende Wirkung des Songs auf sehr unterschiedliche Menschen zeigt etwa dieses Video: Und was Anthony etwa hier zu „Melting Pot“ und „Diversity“ sagt, klingt nicht gerade rechts: „Ich lebe in der neuen Welt – Mit einer alten Seele“ Der gesamte Text des Lieds findet sich hier, er lautet: Auf Deutsch (mit DeepL übersetzt): Titelbild: Screenshot – Radio WV / NachDenkSeiten | Tobias Riegel | Ein „umstrittener Protestsong spaltet die USA“, melden Medien. Für die einen ist das aktuelle Musik-Phänomen um den US-Countrysänger Oliver Anthony Teil eines rechten Kulturkampfes, für die anderen ist sein Lied der bewegende Ausdruck von Nöten des „kleinen Mannes“. Fest steht: Das Lied hat Seele und erreicht auf der Gefühlsebene zu Recht zahlreiche Menschen. Schaut man sich aber den Text gena ... | [
"Künstler",
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] | [
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] | 23. August 2023 12:44 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=102827&share=email |
„Einmischung der US-Botschaft in innere Angelegenheiten“ – Diplomatische Verstimmung um Privatstädte in Honduras | Mit einem Besuch ihres stellvertretenden Leiters Roy Perrin in der Privatstadt ZEDE Próspera hat die US-Botschaft in Honduras für diplomatische Verstimmungen gesorgt. Denn die US-Botschaft unterstützt – trotz eines offiziellen Verbots durch das honduranische Parlament – die Errichtung dieser Privatstädte, in denen klassische staatliche Gewalten auf private Verwaltungen übertragen werden sollen, inklusive der Rechtsprechung. Von Jutta Blume
Laut einem Tweet der Botschaft vom 29. September ging es bei dem Treffen mit den Betreibern von Próspera um “das Investitionsklima in Honduras, rechtliche Garantien, die es den Unternehmern ermöglichen, Arbeitsplätze zu schaffen und nachhaltige Entwicklung, die wirtschaftliche Chancen für alle Honduraner schafft.” Damit stützt die US-Botschaft die Position des Betreiberunternehmens Honduras Próspera, das behauptet, über Rechtsgarantien für den Sonderstatus als “Sonderzonen für Arbeit und Entwicklung” (ZEDE) für 50 Jahre zu verfügen, selbst wenn diese abgeschafft sind. Der honduranische Kongress hatte am 21. April 2022 einstimmig beschlossen, das ZEDE-Gesetz und damit verbundene Regularien aufzuheben, da es im Widerspruch zur honduranischen Verfassung stand. In den Sonderzonen waren große Teile der staatlichen Gewalten auf die von den jeweiligen Betreiberunternehmen eingesetzten Verwaltungen übergegangen, die Rechtsprechung sollte in privaten Schiedsgerichten erfolgen. Der Außenminister Honduras Enrique Reina erklärte: Die ZEDE waren ein politisches Projekt des Ex-Präsidenten Juan Orlando Hernández, der seit Ende April wegen mutmaßlichem Drogenhandel in großem Stil in den USA in Haft sitzt. Der US-Botschafterin Laura F. Dogu warf Reina „Einmischung in innere Angelegenheiten“ vor. Bereits in einem im Juli veröffentlichten Bericht zum Investitionsklima in Honduras hat das US-Außenministerium die Abschaffung der ZEDE kritisiert. Im Hinblick auf das bilaterale Investitionsabkommen zwischen den USA und Honduras und das Freihandelsabkommen CAFTA-DR (Tratado de Libre Comercio entre Estados Unidos, Centroamérica y República Dominicana) hätte sich die Regierung mit der Abschaffung der ZEDE “einer potenziell erheblichen Haftung ausgesetzt und Bedenken hinsichtlich des Engagements der Regierung für die Rechtsstaatlichkeit im Handel geschürt”. Die Anwälte von Honduras Próspera haben am 3. Juni in einem Brief an die Regierung die Aufnahme von Verhandlungen gefordert und sich dabei auf den Artikel 10.15 des Freihandelsabkommens CAFTA-DR berufen. Im Falle eines Disputs zwischen Investoren und Staaten sind demnach zunächst Gespräche und Verhandlungen vorgesehen. Wenn diese nicht zu einer Einigung führen, kann der Fall vor ein Schiedsgericht gebracht werden. Derweil sind auf dem Grundstück der ZEDE Próspera die Bauarbeiten zu Duna Residences, vier mehrstöckigen Komplexen mit Apartments und Büroräumen, in vollem Gang. Nach Aussage von ehrenamtlichen Gemeinderatsmitgliedern aus dem benachbarten Crawfish Rock begannen die Bauarbeiten erst nachdem der Kongress die Abschaffung der ZEDE beschlossen hatte. Laut dem Stadtplanungsamt von Roatán hat die ZEDE Roatán keinen Bauantrag gestellt und verfügt daher auch über keine Baugenehmigung. Dieser Artikel ist zuerst auf Amerika21 erschien. Titelbild: Screenshot dunaresidences | Jutta Blume | Mit einem Besuch ihres stellvertretenden Leiters Roy Perrin in der Privatstadt ZEDE Próspera hat die US-Botschaft in Honduras für diplomatische Verstimmungen gesorgt. Denn die US-Botschaft unterstützt - trotz eines offiziellen Verbots durch das honduranische Parlament - die Errichtung dieser Privatstädte, in denen klassische staatliche Gewalten auf private Verwaltungen übertragen werden sollen ... | [
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] | 09. Oktober 2022 14:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=88947&share=email |
Deutschland verlernt seine Kulturtechniken | Die musikalische Bildung der Kinder in Deutschland wird fatal vernachlässigt, wie eine neue Studie bestätigt. Das ist für die Gesellschaft selbstzerstörerisch. Und es ist ungerecht, denn es trifft einmal mehr Benachteiligte. Der abwertende staatliche Umgang mit dem Kulturgut Musik offenbart eine soziale Kurzsichtigkeit in Zeiten der Polarisierung. Und er stärkt die Gewissheit, dass sich nur Reiche einen armen Staat leisten können. Von Tobias Riegel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Deutsche Schulkinder werden nicht angemessen an wichtige Kulturtechniken herangeführt. Vermutlich, weil er (auf den ersten Blick) nicht einer wirtschaftsradikalen Logik von Verwertung und Nützlichkeit entspricht, wird der vor allem an Grundschulen essenzielle Musikunterricht zunehmend weggespart oder auf anderen Wegen beschädigt: Viele Schulkinder haben keine hinreichende Chance auf angemessene musikalische Bildung in der Grundschule, weil Musik zu selten unterrichtet wird, und wenn, dann zu oft von nicht dafür ausgebildeten Lehrkräften. Das ist gesellschaftlich selbstzerstörerisch und sozial kurzsichtig: Kulturtechniken können den Zusammenhalt in Zeiten der Polarisierung fördern, ihre positive Wirkung geht weit über technische Fertigkeiten an einem Instrument hinaus. „Musikalische Bildung an Grundschulen ist bald Vergangenheit“ Eine große Ignoranz gegenüber solchen Einsichten zeigt die erste bundesweite Auswertung von Daten zum Musikunterricht in Deutschland, wie der Deutsche Musikrat aktuell mitteilt. Der in den nächsten Jahren weiter zunehmende Musiklehrermangel erfordere dringend sofortige Gegenmaßnahmen. Um den in den Lehrplänen der Länder vorgegebenen (bereits bescheidenen) Umfang des Musikunterrichts „fachgerecht abzudecken“, würden rechnerisch jedoch 40.000 Musiklehrkräfte gebraucht, so der Musikrat. Darauf nicht zu reagieren, sei ungerecht: Der Musikrat spricht von einem Weckruf: Werde nicht gegengesteuert, „ist die musikalische Bildung an Grundschulen bald Vergangenheit“, warnte Generalsekretär Christian Höppner laut einer Mitteilung. Musikunterricht ist der neuen Studie zufolge einerseits zentral für die Persönlichkeitsbildung von Kindern – er findet aber andererseits in den ersten Schuljahren viel zu wenig statt, wie Medien aktuell berichten. Die am Mittwoch veröffentlichte Untersuchung hatten die Bertelsmann Stiftung, der Deutsche Musikrat und die Landesmusikräte-Konferenz beauftragt. Bertelsmann – dubioser Partner für eine Bildungs-Studie Zunächst eine Anmerkung zur Studie selber, die unter diesem Link zu finden ist: Mit der Bertelsmann Stiftung hat sich der Musikrat einen sehr fragwürdigen Partner gesucht, wenn es darum geht, durch Kürzungen und Fehlplanungen verursachte Missstände im Bildungswesen aufzudecken. Die NachDenkSeiten haben den destruktiven Charakter dieser mächtigen Stiftung etwa in diesem Artikel oder in diesem Artikel thematisiert. Vor diesem Hintergrund könnte die Motivation von Bertelsmann für die Erstellung der Studie dubios erscheinen, dadurch könnten auch die Ergebnisse eingefärbt sein – wenn, dann aber mutmaßlich in eine beschönigende Richtung. Doch die nun veröffentlichten Resultate der Studie sind trotzdem noch bedenklich genug: Demnach haben die Grundschüler in den ersten vier Schuljahren je nach Bundesland einen Anspruch von ein bis zwei Stunden Musik in der Woche. Das ist bereits wenig. Zusätzlich werde dieser Unterricht nur zu rund 43 Prozent von Musiklehrern erteilt – aber zu etwa 50 Prozent „fachfremd“, die übrigen Stunden fallen ganz aus. Es gebe größere regionale Unterschiede. Wie für alle Schulformen und fast alle Fächer bestehe auch bei Musikpädagogen ein Mangel. Der musisch-ästhetische Bereich wird „total vernachlässigt“ Bei Einstellungen seien die Schulen aber oft bemüht, zunächst die „Hauptfächer“ zu besetzen, sagte Maresi Lassek, Bundesvorsitzende des Grundschulverbands, gegenüber Medien. Die Bedeutung des Musikunterrichts werde unterschätzt, der musisch-ästhetische Bereich in der Grundschule „total vernachlässigt“. Christian Höppner, Generalsekretär des Deutschen Musikrates, sagt dazu in einer aktuellen Stellungnahme: In die Untersuchung waren Daten aus Länderministerien, Statistikämtern und Kultusministerkonferenz eingeflossen. Die Studie bezieht sich nur auf 14 Bundesländer – nicht auf Bayern und das Saarland, die dortigen Ansätze seien nicht vergleichbar, erläuterte die Vorsitzende der Landesmusikräte-Konferenz, Ulrike Liedtke. Mit der Studie habe man für das Grundschulfach Musik erstmals belastbare Zahlen zu Stundentafeln, erteiltem Unterricht und Lehrkräften. „Das Thema Musikunterricht in den Grundschulen braucht mehr Gewicht“, forderte auch Liedtke: Über Musik könne die Empathie- und Kommunikationsfähigkeit der Schüler gestärkt werden. Gemeinsames Musizieren unterstütze auch die Inklusion von Kindern mit Beeinträchtigungen und die Integration von Zugewanderten mit noch schwachen Sprachkompetenzen. Zwischen den Ländern schwanken laut „Tagesspiegel“ die Anteile des fachgerecht beziehungsweise fachfremd erteilten Unterrichts stark. Positiver Spitzenreiter sei Sachsen-Anhalt, wo 88,6 Prozent des in der Stundentafel vorgesehenen Unterrichts – in einem Korridor von vier bis acht Stunden – von ausgebildeten Musiklehrkräften erteilt würde. Schlusslicht sei Bremen, dort würden 72,5 Prozent der in der Stundentafel vorgesehenen acht Stunden fachfremd unterrichtet. „Die musikalische Bildung darf nicht zur Privatsache werden“ Die NachDenkSeiten haben das Thema Musikunterricht bereits in diesem Artikel aufgegriffen: Es sei einerseits Zeichen einer neoliberal dominierten Zeit, dass alles, was nicht direkt verwertbar ist, also auch die Begeisterung für das Musizieren, kurzsichtig vernachlässigt werde – nachdem es als „gestrig“ und „verstaubt“ diffamiert wurde. Andererseits zeige sich in diesem Verhalten auch eine selbstzerstörerische Ader des Neoliberalismus: Die langfristigen Folgen der Missachtung der Musik sind nicht nur eine kulturelle Ödnis, sondern auch ein Schaden an „liberalen“ Zielen – etwa in Situationen des Wettbewerbs. Aber vor allem: Musik sei (neben der Befriedigung durch eine technische Fertigkeit oder ein erfolgreiches Konzert) ein wichtiges Kommunikationsmittel für den Alltag: Das Erlernen eines Instruments, das Spielen in der Band oder im Orchester, das Singen im Chor – es schütze vor Vereinsamung und gebe ganz allgemein Sicherheit. Insofern sei das Musizieren Grundlage für zahlreiche klassische „Soft-Skills“, die im Google-Zeitalter angeblich hohe Wertschätzung erfahren, wovon in der Realität neben Sonntagsreden nichts zu spüren sei. Eher beweise der abwertende staatliche Umgang mit dem wichtigen Kulturgut Musik einmal mehr, dass sich nur Reiche einen armen Staat leisten können: Wer seinem Kind eine angemessene Begegnung mit der Welt der Musik ermöglichen möchte, sei auf eigene Initiativen und private Akteure angewiesen – und auf das nötige Geld, diese zu bezahlen. Das treibt auch Ortwin Nimczik um, Professor für Musikpädagogik und Präsident des Bundesverbands Musikunterricht: Christian Höppner vom Musikrat brachte bereits 2018 im „Deutschlandfunk“ das Missverhältnis zwischen den „Deutschland-geht’s-gut!“-Rufen der Politik und einer sabotierten Musik-Bildung auf den Punkt: Die NachDenkSeiten sind bei dem Thema unter anderem zu folgendem Schluss gekommen: Titelbild: antoniodiaz / Shutterstock | Tobias Riegel | Die musikalische Bildung der Kinder in Deutschland wird fatal vernachlässigt, wie eine neue Studie bestätigt. Das ist für die Gesellschaft selbstzerstörerisch. Und es ist ungerecht, denn es trifft einmal mehr Benachteiligte. Der abwertende staatliche Umgang mit dem Kulturgut Musik offenbart eine soziale Kurzsichtigkeit in Zeiten der Polarisierung. Und er stärkt die Gewissheit, dass sich nur Re ... | [
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] | 13. März 2020 12:30 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=59278 |
… und niemand regt sich auf | Das war der Refrain in der Sendung „Neues aus der Anstalt“ vom 25. Juni. Was Pelzig und Priol dort notierten und beklagten, begleitet uns schon seit einiger Zeit und wird immer mehr zum Markenzeichen einer sterbenden Demokratie. Wir werden überwacht, unsere so genannten Freunde spionieren uns aus, sie betreiben sogar Wirtschaftsspionage und unser Spitzenpersonal schwadroniert weiter von Freiheit und Sicherheit; wir sind mitten in einer neuen Weltwirtschaftskrise, das so genannte Sparen tötet, die Lage wird geschönt, die Opfer drangsaliert, in Bayern wird ein Mensch zu Unrecht jahrelang weggesperrt. Ein Skandal nach dem anderen. – Und dann zeigen Umfragen an, dass dies den Hauptverantwortlichen nicht schadet; Sanktionen bleiben aus, statt Empörung Zustimmung; das Ansehen der Mitverursacher des Unheils steigt sogar. Auch bei der kommenden Bundestagswahl werden wir vermutlich ohne wirkliche politische Alternative zu Frau Merkel und ihren politischen Freunden dastehen. – Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass sich niemand, jedenfalls nicht ausreichend viele aufregen. Was sind vermutlich die Gründe dieses Siechtums demokratischen Lebens? Albrecht Müller. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Diesen Einführungstext schrieb ich vor einigen Tagen. Inzwischen hat sich wenigstens einer richtig aufgeregt und auch den Nagel auf den Kopf getroffen: Jakob Augstein in seiner Kolumne bei Spiegel Online In Sachen NSA-Spionage lasse Merkel die Deutschen im Stich; sie habe ihren Amtseid gebrochen, mit dem sie geschworen hat, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Sie habe zunächst wochenlang zum größten Spionageskandal der Geschichte geschwiegen und dann auch nichts Kritisches zum Vorgehen der USA und ihrer Geheimdienste gesagt. Damit lasse Merkel zu, dass unsere Rechte massenhaft verletzt werden und uns geschadet wird. Wir werden sehen, ob dieser Aufschrei und die Kritik einiger anderer Kolleginnen und Kollegen in Publizistik und Politik das Ansehen von Bundeskanzlerin und Bundesregierung wenigstens ein bisschen beeinträchtigt. Ich fürchte, auch diese fundamentale Kritik wird verhallen. Deshalb der folgende Versuch zu erläutern, warum die Sanktionen gegen die vielen Skandale und das vielfältige Versagen ausbleiben. Zunächst noch ein paar Schlaglichter auf die Skandale und das Versagen: Die NachDenkSeiten berichten ständig über die Zumutungen, denen wir ausgesetzt sind. Sie brauchen eigentlich nur von Beitrag zu Beitrag und von Hinweis zu Hinweis zurück zu scrollen, um eine ziemlich umfassende Übersicht zu bekommen. Ich beschränke mich deshalb hier auf ein paar aktuelle Hinweise: Diese Liste könnte leider leicht um einiges verlängert werden. Warum bleiben die Sanktionen gegen die politisch Verantwortlichen von der Union aus? Es sind mehrere Gründe: Das waren einige Ursachen für das Ausbleiben von Sanktionen auf Skandale und Versagen. Vermutlich gibt es ein paar mehr. Was bleibt angesichts dessen zu tun – ist die berechtigte Anschlussfrage. | Albrecht Müller | Das war der Refrain in der Sendung „Neues aus der Anstalt“ vom 25. Juni. Was Pelzig und Priol dort notierten und beklagten, begleitet uns schon seit einiger Zeit und wird immer mehr zum Markenzeichen einer sterbenden Demokratie. Wir werden überwacht, unsere so genannten Freunde spionieren uns aus, sie betreiben sogar Wirtschaftsspionage und unser Spitzenpersonal schwadroniert weiter von Freihe ... | [
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] | 15. Juli 2013 17:36 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=17978 |
Die Anti-Maduro-Koalition des Kuba-Amerikaners Marco Rubio und der Countdown in Caracas | Sicherheitsberater John Bolton und der ehemalige Hollywood-Produzent und gegenwärtige Finanzminister Steven Mnuchin beschlagnahmen Vermögenswerte der in den USA tätigen Citgo-Tochtergesellschaft der staatlichen venezolanischen Ölgesellschaft PDVSA in Höhe von 7 Milliarden Dollar und kappen künftige PDVSA-Lieferungen an die USA, die dem venezolanischen Staat in den folgenden 12 Monaten einen zusätzlichen Schaden in Höhe von 11 Milliarden Dollar aufbürden. Das Zeitalter der britischen Seeräuberei „by appointment of Her Majesty, The Queen“ ausgenommen, darf der Anschlag als ein in der Weltgeschichte zuvor kaum registrierter Raubüberfall auf einen souveränen Staat bezeichnet werden. Von Frederico Füllgraf.
Parallel dazu wird in Washington der von Teilen der US-Medien als „Kriegsverbrecher” bezeichnete Sicherheitsexperte Elliot Abrams zum Venezuela-Sonderbeauftragten der Regierung Donald Trump ernannt. Auf einer Pressekonferenz hält Rechtsaußen John Bolton einen Notizblock mit dem orakelhaften Satz „5.000 US-Soldaten in Kolumbien“ auffällig vor Journalisten zur Schau. Die kolumbianische Regierung will davon angeblich keine Ahnung haben, hat jedoch Tage zuvor einen General des US-Southern-Command empfangen, der zur Überprüfung der „Grenzsicherung“ angereist ist. Mit Ausnahme Italiens setzten am 26. Januar die EU-Regierungen Nicolás Maduro ein 8-tägiges „Ultimatum” für seinen Rücktritt und die Ausrufung “freier Wahlen”, die der gewählte Präsident nicht zu Unrecht als „Frechheit“ zurückwies. In mit der Trump-Regierung eingeübtem Skript, wie der nachstehende Text nachweist, kündigt „Interimspräsident“ Juan Guaidó einen neuen Massenaufmarsch für den kommenden Samstag, den 2. Februar, „zur Feier des ausgelaufenen Ultimatums der EU” an, nominiert inzwischen ein Dutzend „Botschafter“ und erklärt, ein Militärschlag gegen die Regierung Maduro sei nicht ausgeschlossen. Der vom linken Umfeld des Chavismo – darunter vom Chávez-Intimus und Mitbegründer des Fernsehsenders TeleSur, Aram Aharonian – wegen Inkompetenz, Cliquenwirtschaft, mangelnder Transparenz und Selbstkritik scharf angegangene Präsident reagiert mit der Mobilmachung der Streitkräfte. Hat der Westen sein „südamerikanisches Libyen“ oder Syrien ausgemacht? Das Drehbuch ist ein innoviertes Remake notorischer Regime-Changes und hat einen in der politischen Weltszene kaum bekannten, aber danach dürstenden Autor: den Kuba-Amerikaner Marco Rubio. Das Trojanische Pferd Die Koalition lateinamerikanischer Regierungen, die sich zur überstürzten Anerkennung Juan Guaidós als „Interimspräsidenten“ Venezuelas den USA angeschlossen haben, wurde wochenlang mit Mitteln der Geheimdiplomatie geschmiedet. Die Hintergründe wurden Ende Januar von der US-amerikanischen Nachrichtenagentur Associated Press (AP) durch Gespräche mit anonymen, aber einschlägigen Quellen aus dem außenpolitischen und Sicherheitsbereich der Regierung Donald Trump aufgehellt. Dazu gehörten geheime Botschaften an Aktivisten der Opposition, die angeblich unter ständiger Überwachung stehen, sowie eine riskante Auslandsreise des seit Anfang Januar amtierenden Vorsitzenden der oppositionell beherrschten Nationalversammlung und selbsternannten „Interimspräsidenten“. Demnach überschritt Guaidó Mitte Dezember insgeheim die Grenze Venezuelas nach Kolumbien, jedoch zunächst in Richtung Washington. Von dort kehrte er nach Kolumbien zurück, von wo er anschließend zu einer Geheimvisite nach Brasilien aufbrach. Ziel seiner klandestinen Reiseaktivität war die Absprache der oppositionellen Strategie mit den Regierungen Donald Trumps, Iván Duques (Kolumbien) und Jair Bolsonaros (Brasilien), die mit einem Aufruf zu Massendemonstrationen gegen Nicolás Maduros zweiten Amtseid vom 10. Januar beginnen sollte, enthüllte der in Spanien exilierte, ehemalige Bürgermeister von Caracas, Antonio Ledezma. Einem weiteren anonym gebliebenen Oppositionsführer zufolge habe Guaidó Venezuela auf dem Landweg nach Kolumbien verlassen, um nicht die Aufmerksamkeit der Einwanderungspolizei auf sich zu ziehen. Die nicht nur in Fragen des Protagonismus und der Strategie gespaltene, sondern auch strengstens von der Regierung Nicolás Maduro überwachte und drangsalierte Opposition, deren einzelne Führer ins Exil flüchteten und seit 2017 keine Koordinierungstreffen zustande gebracht hatten, erhielt nun Aufwind mit „der Aushandlung eines Konsenses“, heißt es in dem Bericht. In langandauernden Sitzungen seien digitale Textübermittlungsdienste benutzt und die geheime Kommunikation in der Opposition aktiviert worden, erzählte ein Oppositionsführer. Ein US-Beamter erklärte, es seien auch Überbringer geheimer Botschaften an den unter Hausarrest stehenden Begründer von Guaidós Partei Voluntad Popular („Volkswille“), Leopoldo López, in Caracas eingesetzt worden. Wenige, als „gemäßigt“ geltende Fraktionen sollen es vorgezogen haben, bedachtsamer vorzugehen, weil sie befürchteten, resolute Aktionen wären erneut zum Scheitern verurteilt. Im Endeffekt sei dies das erste Mal seit mindestens fünf Jahren, dass das gesamte Spektrum der Opposition seine Fähigkeit zur Sammlungsbewegung unter Beweis gestellt habe, kommentierte ein hochrangiger kanadischer Beamter. Die Entscheidung der in der Lima-Gruppe konvergierenden, konservativen lateinamerikanischen Regierungen, Nicolás Maduro direkt zu konfrontieren und Juan Guaidó anzuerkennen, sei allerdings nur dank des starken Rückenwindes der Regierung Donald Trump möglich gewesen, dem sich mindestens zwei demokratische Senatoren, wie Bob Menéndez und Dick Durbin, anschlossen. „Keine leichte Aufgabe!“, heißt es aus den Reihen der Verschwörer, von denen die Mehrheit wegen der „Militäreinsätze“ – man lese: Förderung von Staatsstreichen und Militärdiktaturen während des Kalten Krieges – Misstrauen gegenüber den USA hegten. Der eigentliche Auftakt zum Sturz Maduros reiche jedoch zurück in den August 2017, als Trump auf seinem Golfplatz in New Jersey drohte, die „militärische Option” zur „Beilegung der venezolanischen Krise“ sei auf dem Tisch. Wie die NachDenkSeiten damals berichteten, musste sich US-Vizepräsident Mike Pence nach Trumps verbalem Muskelakt mit einer Eilvisite in vier lateinamerikanische Länder um eine Glättung der Wogen bemühen. In- und ausländische Beobachter warfen der US-Regierung vor, die wenige Tage zuvor, am 9. August, in Lima verabschiedete Erklärung von 17 lateinamerikanischen Regierungen – die der Regierung Nicolás Maduro den „Bruch der demokratischen Grundordnung” bescheinigten – zu gefährden und Maduro politisch in die Hände zu spielen. Jedoch bereits im September 2017 hielt Trump vor der UN-Generalversammlung eine scharfe Rede gegen Maduro und beratschlagte mit Vertretern lateinamerikanischer Regierungen die Option einer militärischen Invasion. Diese Regierungen hätten anschließend erkannt, dass „sie in den USA einen Präsidenten haben, der bereit ist, sich einer Krise zu stellen“, die vorangegangene Regierungen aufgrund ihres begrenzten Einflusses auf die nationale Sicherheit der USA heruntergespielt hatten. „In jedem Gespräch, das Trump mit lateinamerikanischen Regierungsvertretern geführt hat, erwähnte er Venezuela, was viel Umdenken in Bewegung gesetzt hat”, erklärte in einem offenen Gespräch mit AP, Fernando Cutz, ein eingebürgerter Brasilianer, CEO des Lobbyunternehmens Cohen Group, unter Trump weiter arbeitender, ehemaliger nationaler Sicherheitsberater der Regierung Barack Obama, und – so wie Abrams – Mitglied der Israel-Lobby in den USA. Auch Kanada habe eine führende Rolle gespielt, gab ein kanadischer Beamter zu, der wie seine ausländischen Kollegen ebenfalls um Diskretion bat. So habe die von ukrainischen Emigranten abstammende und in den 2014-er rechtsradikalen Aufstand in Kiew involvierte Außenministerin Chrystia Freeland in der Nacht vor dem Amtsantritt Maduros mit Guaidó gesprochen und ihm, zur offenen Herausforderung des Erstgenannten, die Unterstützung der kanadischen Regierung angeboten. Schließlich seien Kolumbien und Peru, insbesondere jedoch Brasilien eine Schlüsselrolle zugefallen und auf diese Weise kam es zum 4. Januar 2019. An diesem Tag, wenige Stunden bevor Juan Guaidó die Präsidentschaft der venezolanischen Nationalversammlung übertragen wurde, erklärten die 13 Außenminister der Lima-Gruppe, Maduros zweite Amtszeit werde von ihnen nicht anerkannt. Welcher „hochrangige US-Beamte“ jedoch Brasiliens neuen, rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro längst vor seiner Wahl in das Anti-Maduro-Bündnis zwängte, darüber schwieg sich Associated Press aus. Es war der Kuba-Amerikaner und republikanische Senator für den Bundesstaat Florida, Marco Rubio, von dem der mexikanische Journalist Luis Alberto Rodríguez mit Anspielung auf einschlägige Quellen und Beweise bereits im August 2018 behauptete, er habe Bolsonaros politischen Aufstieg von den USA aus gesteuert und finanziert. Marco Rubio: Skript-Autor und „Chief-Ouster“ der Trump-Regierung Marco Rubio fühlt sich seit mehreren Jahren unbestrittenermaßen zum Odysseus des Regime Change in Venezuela berufen. Und das wegen einer krankhaften Zwangsvorstellung: Als Sohn kubanischer Emigranten sieht Rubio sich selbst als fanatische Inkarnation des Anti-Castrismus. Wie jedoch die Washington Post vom 20. Oktober 2011 ermittelte, baute der 47-jährige Politiker seine Karriere auf einer Lebenslüge auf. Während seines Aufstiegs zur politischen Prominenz wiederholte Rubio häufig eine Version seiner Familiengeschichte, die in Südflorida besondere Resonanz fand. Er sei der „Sohn der Verbannten“, predigte er wiederholt seinem Publikum. Seine Eltern hätten ihre „geliebte Insel“ nach dem „Überfall“ Fidel Castros auf die Regierungsmacht in Kuba fluchtartig verlassen müssen. Eine Durchsicht der Einbürgerungspapiere und anderer amtlicher Unterlagen zeigte jedoch, dass das Narrativ des Florida-Republikaners die Fakten ausschmückte und frisierte. Aus den Dokumenten gehe vielmehr hervor, dass Rubios Eltern mehr als zweieinhalb Jahre vor dem Sturz der Batista-Diktatur durch Castros Truppen zum Neujahrstag 1959 in die USA einwanderten und zum ständigen Aufenthalt zugelassen wurden. Während der internen Wahlen der Republikaner trat Rubio 2016 als siegreicher Präsidentschaftskandidat in Minnesota, Puerto Rico und im Distrikt Columbia auf, wurde aber aussichtslos von Donald Trump geschlagen. Seine Wahl zum Senator sechs Jahre zuvor verdankte er seiner Rolle als Lieblingskandidat der Tea-Party-Bewegung und gilt – wie die New York Times vom 4. Oktober 2017 nachwies – als einer der Senatoren, der mit 3,3 Millionen US-Dollar Spenden das meiste Geld von der National Rifle Association (NRA) erhalten hat; im Übrigen und wohl kaum zufällig die gleiche NRA, deren assoziierte Waffenhersteller nach dem Amtseid des rechtsextremen Jair Bolsonaro Investitionen in Brasilien ankündigten. Auf den Punkt gebracht: „Es war Mr. Rubio, der Mr. Trump bereits in den frühen Tagen seiner Präsidentschaft die Verdorbenheit der Regierung Nicolás Maduro und die Notwendigkeit einer amerikanischen Initiative ins Ohr flüsterte“, … und es war Rubio mit Vizepräsident Mike Pence und anderen, die den Präsidenten dazu aufforderten, einen (venezolanischen) Oppositionsführer zu unterstützen, der versuche, señor Maduro abzusetzen“, wusste die New York Times zu berichten. Da der Sturz des „Castrismus” sich für die USA seit mehr als 60 Jahren als aussichtsloses Unterfangen herausstellte, der auch als Ausblick keine Zukunft hat, verschrieb sich Rubio offenbar dem „Sturz des Chavismus” in Venezuela als einer Art “Trieb-Ersatz”. So habe der Kuba-Amerikaner seit Donald Trumps Wahl hart und unerbittlich daran gearbeitet, das Vertrauen des Präsidenten in der Venezuela-Debatte zu gewinnen. Genauer: Mit abgestimmter Mühe habe er Trump zum Engagement „erzogen” und sich selbst als virtuellen Staatssekretär für Lateinamerika präsentiert. Er ließ kaum einen Monat nach Trumps Amtsantritt vergehen, um die Aufmerksamkeit des Präsidenten auf Venezuela zu lenken. Im Februar 2017 half Rubio zusammen mit Pence, den venezolanischen Fernsehstar und politische Aktivistin Lilian Tintori ins Oval Office zu Trump zu führen. Dort berichtete Tintori dem Präsidenten von ihrem Ehemann, dem unter Hausarrest stehenden Aktivisten Leopoldo López. Trump twitterte später ein Gruppenfoto von sich mit Frau Tintori, Rubio und Pence. In dem Tweet forderte er Venezuela auf, Leopoldo López sofort freizulassen. Apropos López: Was selbst gelittenen Beobachtern nicht in den Kopf will, ist das Rätsel, wieso die von dem rechtsradikalen Agitator – der 2014 zum gewaltsamen Sturz der Regierung aufrief und sich am Tod von mindestens vier Zivilisten schuldig machte – gegründete Partei „Volkswille“ überhaupt und immer noch Mitglied der Sozialistischen Internationale ist, wie der Webseite der Organisation zu entnehmen ist. Erklärt dieser absurde Umstand etwa Außenminister Heiko Maas‘ irregeleitete und überstürzte Amtshandlung, Nicolás Maduros sofortige Absetzung und Juan Guaidós „Präsidentschaft“ einzufordern? Doch zurück zum geistigen Vater des Umsturzplans. Nach Auskunft Rubios habe er mindestens einmal im Monat mit Trump über Venezuela gesprochen. Vizepräsident Pence habe das Thema seit langem ähnlich beurteilt und beide schmiedeten ein Bündnis mit Außenminister Mike Pompeo und dem nationalen Sicherheitsberater John R. Bolton. Auch will er die Ernennung „einer weiteren kubanisch-amerikanischen politischen Persönlichkeit aus Florida“, nämlich des ebenfalls rechtsradikalen Mauricio Claver-Carone, als leitenden Direktor für Angelegenheiten der westlichen Hemisphäre im Nationalen Sicherheitsrat vermittelt und damit den stählernen Kreis der Maduro-Feinde im Kabinett Donald Trump geschlossen haben, der Ende Januar mit der Ernennung Elliot Abrams zum Venezuela-Sonderbeauftragten ergänzt wurde. Auf Juan Guaidó angesprochen, gibt Rubio vage Antworten. Er könne sich nicht erinnern, wie oft er mit dem jungen Venezolaner gesprochen oder sich mit ihm getroffen habe. „Vor anderthalb Jahren wäre er kein Name gewesen, von dem Sie gehört hätten“, erklärt er die Wette auf den „Zufallsläufer“ auf dem geopolitischen Schachbrett der US-Regierung. Allerdings hier ein relevanter Hinweis auf eine bedrohliche, heimtückische Szenerie: Rubio hat auch die Regierung zum Plan der sogenannten „humanitären Hilfe“ gedrängt, die Außenminister Pompeo im Werte von lächerlichen 20 Millionen Dollar für Nahrungsmittel und medizinische Hilfe offiziell angekündigt hat. Sollte die Regierung Maduro die aus Kolumbien anrollende Hilfe nicht über die Grenze lassen wollen, könnte die Abweisung als Vorwand für einen bewaffneten US-Überfall auf Venezuela benutzt werden. Die „Mission” ist gleichwohl nicht frei von Eitelkeit. Rubio nutzt gern jede Fernsehkamera in Reichweite, um Nicolás Maduro herauszufordern und sich selbst in Szene zu setzen. So zuletzt in einem Interview vom 25. Januar geschehen, in dem er den gewählten venezolanischen Präsidenten mit Kriegsvokabular an die Wand stellte: In dem Interview umriss er vier mögliche Ausgangs-Szenarien für die von den USA provozierte Venezuela-Krise: Nicolás Maduro könnte sich an seine Macht klammern; er könnte zu einem Putsch gezwungen werden, würde dennoch von einem „zivilen Führer“ ersetzt werden; oder er könnte vom Militär entmachtet werden, das sich selbst zur neuen Regierung erklärt. Als vierte Alternative nannte Rubio den von ihm, ergo von Trump zur Wette erhobenen Ausgang: ein Volksaufstand unter Führung Juan Guaidós, der radikale Veränderungen erzwingt. „Das Interesse der USA spiegelt sich nur in einem dieser Ergebnisse wider”, erklärte der rechtsradikale Senator mit sibyllinischen Worten. Doch dann im Klartext, damit kein Zweifel am erwünschten Spiegelbild bestehe: Falls dem venezolanischen Interims-Präsidenten etwas zustoßen würde, werde das auch „signifikante Konsequenzen“ haben. Titelbild: Andrew Cline/shutterstock.com | Frederico Füllgraf | Sicherheitsberater John Bolton und der ehemalige Hollywood-Produzent und gegenwärtige Finanzminister Steven Mnuchin beschlagnahmen Vermögenswerte der in den USA tätigen Citgo-Tochtergesellschaft der staatlichen venezolanischen Ölgesellschaft PDVSA in Höhe von 7 Milliarden Dollar und kappen künftige PDVSA-Lieferungen an die USA, die dem venezolanischen Staat in den folgenden 12 Monaten einen zu ... | [
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] | 02. Februar 2019 11:45 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=48962&share=email&nb=1 |
Armut | Am vergangenen 1. April entließ der uruguayische Präsident, Tabaré Vázquez, Verteidigungsminister Jorge Menéndez, seinen Stellvertreter, den gerade neu ernannten Oberbefehlshaber der Armee, José González, sowie den Kommandanten des Verteidigungsstabes (ESMADE), Alfredo Erramún, und beantragte eine Verfügung des Senats zur sofortigen Zwangs-Pensionierung der Generäle Claudio Romano, Carlos Sequeira, Alejandro Salaberry und Gustavo Fajardo, die das Ehrengericht der uruguayischen Streitkräfte bilden. Ein Bericht von Frederico Füllgraf. | [] | [] | 05. April 2019 13:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?tag=armut&paged=12 |
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Todenhöfers Show – was soll‘s?: Mit seinen leidenschaftlichen Vorträgen gegen den Krieg spricht er ein junges Publikum an. Ein Bericht. | Der Hamburger Journalist Lothar W. Brenne-Wegener hat uns einen Bericht über einen Vortragsabend von Vater und Sohn Todenhöfer in Hamburg geschickt. Der Bericht ist spannend. In vielerlei Hinsicht. Deshalb machen wir ihn den NDS-Leserinnen und -Lesern zugänglich. Albrecht Müller. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Zur Einführung zitiere ich aus der Mail des Kollegen aus Hamburg an mich: In Ihrem Telefoninterview mit Jürgen Todenhöfer – “Ein Gespräch mit Jürgen Todenhöfer über die „Große Heuchelei“ des Westens” – lese ich auf den NachDenkSeiten: Mich erinnert dies an die Logik der Sprecher des US-Militärs während des Vietnamkriegs, wenn sie auf ihren Pressekonferenzen, den Five o’clock follies, auf der Dachterrasse des REX Hotels in Saigon verkündeten: Wir mußten das Dorf zerstören, um es zu retten! Ich habe am 2. Mai die Lesung von Jürgen Todenhöfer in Hamburg Wilhelmsburg besucht, weil ich neugierig war, wie diese ablaufen würde, wieviel Zuhörer er an dem Abend zusammenbringen würde und wie wohl die Athmosphäre sein würde. Ich habe meine Eindrücke in dem in der Anlage beigefügten Bericht zusammengefaßt, den ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. …
Mit den besten Grüßen, Lothar W. Brenne-Wegener“ Auftritt: Todenhöfer
Jürgen Todenhöfer liest in Hamburg aus seinem Buch „Die Große Heuchelei“
(2. Mai 2019) Wer am 2. Mai dieses Jahres Jürgen Todenhöfer in Hamburg erlebte, wurde von Anfang an Zeuge einer perfekt inszenierten Show. Was bereits mit der Ticketvergabe durch eine Konzertbüro Augsburg GmbH im Internet begann, fand seine Fortsetzung in einem spektakulären Auftritt des Referenten im Bürgerhaus im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg, der eher dem eines Popstars glich und fand schließlich seine Ergänzung darin, dass gegen Ende der Veranstaltung, als J.T. seine am Abend restlos ausverkauften Bücher signierte, eigens ein Mitarbeiter für die Anfertigung von Selfies abgestellt war. Hier waren – selbst für den letzten Besucher sichtbar – Medienprofis am Werk! Unterstützt während der gesamten Performance wurde Vater Todenhöfer von seinem Sohn Frederic. Wären beide tatsächlich Popstars, und – vor allen Dingen – wäre das Thema nicht so bitterernst, könnte man glatt urteilen: die perfekt inszenierte Show eines bestens eingespielten Teams. Aber der Reihe nach. Nach Erscheinen seines letzten Buches Die große Heuchelei – Wie Politik und Medien unsere Werte verraten – Ein Frontbericht aus den Krisengebieten der Welt befand sich Jürgen Todenhöfer (79), der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete und spätere Burda-Medienmanager, der heute als Publizist unterwegs ist, auf Lesereise in Hamburg. Warum ausgerechnet in Wilhelmsburg, dem weniger wohlhabenden Stadtteil im Süden der Hansestadt, der mit einem Ausländeranteil von 32,5 Prozent (zum Vergleich: 16,7% im Hamburger Durchschnitt) als Problemviertel der Stadt gilt?[1] Warum dieser Hinweis? Nun, weil sich mir bereits vor Beginn der Veranstaltung die Frage aufdrängte, warum geht ein Mann wie Todenhöfer mit seiner Veranstaltung in Hamburg, das ohnehin von allen Bundesländern den höchsten Ausländeranteil hat, ausgerechnet nach Wilhelmsburg? Warum nicht in irgendeines der zahlreichen Hotels in der Innenstadt, die über eine genügende Anzahl unterschiedlich großer Säle verfügen? Die Antwort bekam ich am Abend des Ereignisses, als ich mir selbst ein Bild über die Zusammensetzung des Auditoriums und den Empfang, den man Todenhöfer dort bereitete, machen konnte. Meine Einstellung zu seinem Buch habe ich dem Autor in einer Mail am 20. März 2019 mitgeteilt. Ich erspare mir an dieser Stelle deshalb, auf dessen Inhalt einzugehen, da sich die Lesung weitestgehend damit deckte. Wer es gelesen hat, weiß, dass Todenhöfer zusammen mit seinem Sohn Frederic darin die zentrale Lüge der westlichen Außenpolitik thematisiert, dass nämlich die oft terroristischen Militärinterventionen des sogenannten Wertewestens nie der Freiheit und Demokratie dienen, sondern immer nur den ökonomischen und geostrategischen Interessen, ein Befund, wie wir ihn in dieser Deutlichkeit bisher nirgendwo sonst gelesen haben. In meiner weiteren Darstellung beschränke mich also auf die Darstellung des Ablaufs des Abends, der zu einem ähnlich spektakulären Erlebnis wurde, wie es zuvor bereits die Lektüre des Buches selbst gewesen war. Der Beginn der Veranstaltung, zu der zu guter Letzt mehr als 600 Zuhörer erschienen waren, war für 20:00 Uhr vorgesehen. Unter den Teilnehmern des Abends dürfte der erkennbare Anteil von Ausländern bei zwei Dritteln, wenn nicht gar drei Vierteln gelegen haben. Die Alterszusammensetzung dürfte ähnliche Werte zugunsten der jungen Generation erreicht haben. Ich selbst saß in einem Pulk junger Frauen, die vor Beginn der Veranstaltung in ihrer Konversation untereinander in geradezu atemberaubender Perfektion mal von der türkischen in die deutsche Sprache wechselten und vice versa. Das ab 19.00 Uhr auf die überdimensionale Leinwand projizierte Standbild der kriegszerstörten Stadt Mossul wurde ab 19.30 Uhr durch einen Film gleichen Inhalts ersetzt und verkürzte so die Wartezeit. Gegen 20.00 Uhr verkündete schließlich eine unsichtbare Stimme, dass es gleich losginge und Jürgen Todenhöfer nach der Lesung zur Signierung von Büchern und selbstverständlich auch für Selfies zur Verfügung stünde. Um 20:10 Uhr wurde das Licht in dem Mehrzwecksaal bis zu vollständiger Dunkelheit gedimmt und auf der Leinwand erschienen, untermalt durch eine ebenso ohrenbetäubende wie dramatische Musik, in schneller Abfolge verstörende und düstere schwarz/ weiß Szenen von Leid und Zerstörung, dazwischen immer wieder ein schnellen Schrittes durch die zerstörten Straßen eilender oder sich mit den Menschen vor Ort unterhaltender Jürgen Todenhöfer. Schließlich wurde ein Licht am Saaleingang aufgezogen und über Lautsprecher hieß es „… begrüßen Sie ganz herzlich Jürgen Todenhöfer!“ Der Referent betrat den Saal. Applaus brandete auf. Frauen begannen zu kreischen. Zwischen den Zuschauern hindurch schritt Jürgen Todenhöfer den Gang entlang Richtung Bühne. Ganz großes Kino! Und wie er schließlich so dastand auf der Bühne in Jeans und dunkler Lederjacke und sich immer wieder verbeugend für den Begrüßungsapplaus bedankte, sah man dem beinahe 80-Jährigen sein Alter weiß Gott nicht an. Circa 45 Minuten trug er aus seinem Buch vor, zuweilen unterbrochen vom Beifall seiner Zuhörer. Danach übergab er an seinen Sohn Frederic, der nun seinerseits ein kurzes Kapitel aus dem gemeinsamen Buch vorlas. Selbst die Übergabe erfolgte nicht ohne eine gewisse Dramatik, die offenbar einem zuvor abgesprochenen Drehbuch folgte. Für die Zuhörer und Zuschauer gut sichtbar umarmten sich Vater und Sohn, bevor der eine abtrat und ihm der andere ans Mikrofon folgte. Gegen Ende übernahm erneut der Vater, der noch einmal gegen die Medien austeilte. Mit kriegsverherrlichenden Zitaten der drei Edelfedern Berthold Kohler (FAZ), Stefan Kornelius (SÜDDEUTSCHE) und Josef Joffe (DIE ZEIT) beendete er unter tosendem Applaus, wiederum kreischenden Frauenstimmen und mit Standing Ovations seine Lesung und stellte sich – allerdings nur für einen kurzen Augenblick – den Fragen der Zuhörer. Inzwischen war es beinahe 22.30 Uhr geworden. Die Schlange derer, die dennoch geduldig zur Signierung des gerade erworbenen Buches und für ein Selfie anstanden, schien beinahe endlos. Und nicht, dass Todenhöfer diesen Programmpunkt etwa im Schnellverfahren abgehakt hätte! Er nahm sich für jeden, der zu ihm die Bühne hinaufstieg, Zeit, legte ihm für das Selfie die Hand auf die Schulter oder wechselte mit ihr ein paar freundliche Worte. Das kam an, wirkte überzeugend und gab den Besuchern das Gefühl „…das ist einer von uns/ oder für uns.“ In seinem sehenswerten Kurz-Video Feindbild Islam – 10 Thesen gegen den Hass, in welchem er nach eigenem Bekunden die gezielten Unwahrheiten über den Islam zerlegt, lautet die erste These „Der Westen war und ist viel gewalttätiger als die muslimische Welt“.[2] Damit spricht er selbstverständlich den vielen in unserem Lande lebenden Türken aus der Seele, auch denen in Wilhelmsburg. Aber wo waren an diesem Abend die – nennen wir sie einmal – „Biodeutschen“, die Todenhöfers zentrales Anliegen, dass nämlich die westliche Politik permanent die westlichen Werte verrät, keinen Deut weniger angingen? War ich der einzige Zuhörer aus den Elbvororten, der sich über den Verlust der Glaubwürdigkeit, die doppelten Standards, Lügen und Fake News in Politik und Medien aufregte? In der Diskussion hatte Todenhöfer zuvor noch einmal klargestellt: Neben dem Schweizer Daniele Ganser ist er augenblicklich einer der wenigen Protagonisten, die mit Ihren leidenschaftlichen Vorträgen oder Lesungen gegen den Krieg Säle füllen und dabei vor allem auch ein junges Publikum ansprechen. Das macht Hoffnung! Lothar W. Brenne-Wegener | Redaktion | Der Hamburger Journalist Lothar W. Brenne-Wegener hat uns einen Bericht über einen Vortragsabend von Vater und Sohn Todenhöfer in Hamburg geschickt. Der Bericht ist spannend. In vielerlei Hinsicht. Deshalb machen wir ihn den NDS-Leserinnen und -Lesern zugänglich. Albrecht Müller.
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Zur Einführung zitiere ich aus der Mail des Kollegen ... | [
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„Deutschland müsste in der jetzigen Krise die Konjunkturlokomotive spielen.“ | Ver.di-Ökonom Dierk Hirschel über die Wirtschaftsaussichten für das nächste Jahr, die Situation in den Betrieben in Zeiten der Eurokrise und die Voraussetzungen für höhere Löhne. Die Fragen stellte Thorsten Hild.
Thorsten Hild: Herr Hirschel, was beschäftigt ver.di zurzeit mehr, die Lohnentwicklung oder die Eurokrise? Dierk Hirschel: Aktuell ist die Eurokrise noch sehr weit weg von den Beschäftigten. Das hängt damit zusammen, dass die Krise in vielen Verwaltungen und Betrieben noch nicht angekommen ist. Deutschland ist in den vergangenen zwei Jahren wirtschaftlich sehr gut gefahren. Wir hatten zwei Jahre mit historisch hohen Wachstumsraten, mehr Beschäftigung und erstmals seit langem Zuwächse bei den Reallöhnen. Insofern haben viele Beschäftigte von der Krise noch nichts gespürt. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch viele bei ver.di organisierte Beschäftigte, die im Niedriglohnsektor arbeiten oder prekär beschäftigt sind. Diese Kolleginnen und Kollegen kennen seit langem nichts anderes als Krise. Die Krise ist Dauerzustand ihrer Erwerbstätigkeit. Wie erklären Sie den Beschäftigten die Eurokrise? Wir diskutieren zunächst einmal in den Betrieben die Frage, ob unsere südeuropäischen Kolleginnen und Kollegen über ihre Verhältnisse gelebt und somit die Krise ihrer Heimatländer selbst verursacht haben. Das ist ja das, was tagtäglich von Bild und anderen Medien erzählt wird. Da gibt es also Vorbehalte. Genau. Und mit denen müssen wir uns auseinandersetzen. Wir klären daher über die Lebens- und Arbeitsbedingungen in Südeuropa auf. So sind die Lohnquoten von Athen bis Madrid nicht gestiegen. Daran lässt sich sehr gut festmachen, dass weder die Italiener, noch die Spanier, noch die Griechen in den letzten Jahren über ihre Verhältnisse gelebt haben. Wir diskutieren ferner das Vorurteil, dass die südeuropäischen Finanzminister das Geld zum Fenster heraus geschmissen hätten. Anhand der Entwicklung der Staatsquote, dem Anteil der Staatsausgaben am Sozialprodukt, lässt sich aufzeigen, dass es in keinster Weise gerechtfertigt ist, zu behaupten, dass die heutigen Krisenstaaten ein gigantisches Ausgabenproblem gehabt hätten. Die südeuropäischen Staatsquoten sind vor der großen Finanzmarktkrise 2007, bis auf ganz wenige Ausnahmen, nicht gestiegen. Die Politik diskutiert die Eurokrise hauptsächlich als Staatsschuldenkrise. Wie nehmen die Gewerkschaften Einfluss, auch von der analytischen Seite her? Sie haben 2007/2008 selbst sehr viel zur Finanzkrise in Zeitungen publiziert. Wir werden zurzeit von den bürgerlichen Medien deutlich weniger nachgefragt. In der Finanzkrise 2007 waren wir Akteur. Wir wurden für ein erfolgreiches Krisenmanagement gebraucht. Wir haben die Kurzarbeit verhandelt. Wir haben maßgeblich Einfluss genommen auf die Ausgestaltung der Konjunkturprogramme.
Gegenwärtig aber stehen wir am Rand. Unsere Kolleginnen und Kollegen werden zwar von der Krise unmittelbar betroffen sein, aber wir sind aktuell nicht am Krisenmanagement beteiligt. Die Kanzlerin spricht zwar mit den Gewerkschaften. Aber die Gewerkschaften haben keinen direkten Einfluss auf die Regierungspolitik. Ich vermute, dass ist auch einer der Gründe dafür, warum die Gewerkschaften zurzeit in den Medien nicht so präsent sind, wie sie es eigentlich sein sollte. Diese Woche veröffentlichte das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) eine neue Konjunkturprognose. Das Institut hatte erst im Oktober seine Prognose aus dem Sommer deutlich nach unten revidiert und hat diese jetzt noch einmal abgeschwächt. Alle Zeichen deuten darauf hin, dass im nächsten Jahr die Konjunktur erneut in den Keller geht. Wie ist Ihre Einschätzung? Was wird auf die Beschäftigten zukommen? Wie stellt sich ver.di darauf ein? Aller Voraussicht nach wird sich die Krise im Laufe des nächsten Jahres verschärfen. Wir werden erleben, dass sich der Abschwung Südeuropas auf andere Länder, auch auf Deutschland, überträgt. Da die deutsche Exportindustrie zurzeit noch hinreichend Aufträge abarbeiten kann, erfolgt dies etwas zeitversetzt. Wir können mit etwa einem halben Jahr Verzögerung rechnen. Dann aber wird die Krise auch die deutsche Exportindustrie erreichen. Man kann schon jetzt an den rückläufigen Auftragseingängen ablesen, dass sich die Krise langsam in die deutsche Exportwirtschaft hineinfrisst. Dann droht ganz Europa eine langfristige Stagnation. Und die ist politisch gemacht. Der kommende Abschwung ist ein Merkel-Abschwung. Die deutsche Kanzlerin hat Athen, Madrid und Lissabon zu Tode gespart. Das hätte nicht sein müssen. Das ist das Ergebnis einer ökonomisch und sozial schädlichen Wirtschaftspolitik. Die Wahrscheinlichkeit ist daher sehr hoch, dass im nächsten Jahr in der Stahlindustrie, im Maschinenbau und der Automobilindustrie erneut Kurzarbeit verhandelt werden muss. Die Arbeitslosigkeit wird voraussichtlich steigen. Dann werden wir als Krisenmanager wieder gefragt sein. Wir müssen dann versuchen, die Kolleginnen und Kollegen über Arbeitszeitverkürzung – z.B. durch Kurzarbeit – im Job zu halten. Das sind schwierige Zeiten für Gewerkschaften, weil ein wirtschaftlicher Abschwung immer auch gewerkschaftliche Defensive bedeutet, das heißt es geht um Abwehrkämpfe. Ein konkreter Unterschied zu 2007/2008 ist ja der, dass die Betriebe damals über Jahre hohe Arbeitszeitkonten aufgebaut hatten. Diese Polster sind jetzt ja in jenem Umfang nicht mehr da, oder? Kurzarbeit heißt ja außerdem immer, Gehaltseinbußen hinnehmen zu müssen. Kann das Krisenmanagement also überhaupt noch einmal so funktionieren wie 2007/2008? Die Arbeitszeitpuffer sind deutlich geringer als damals. Wir haben zudem das Problem, dass wir diesmal nicht mit einer rot-schwarzen Regierung verhandeln, sondern mit einer schwarz-gelben Regierung. Es wird schwieriger werden, die Notwendigkeit von Konjunkturprogrammen plausibel zu machen und diese durchzusetzen. In konservativ-liberalen Kreisen überwiegt die Auffassung, dass die letzten Konjunkturprogramme nutzlos waren. Das hat zwar nichts mit der Realität zu tun, aber diese Sichtweise ist prägend für die aktuelle Finanzpolitik. Wenn aber ein Land finanzpolitischen Handlungsspielraum in der Eurozone hat, dann ist es Deutschland. Deutschland müsste in der jetzigen Krise die Konjunkturlokomotive für Europa spielen. Die Staatsverschuldung ist dafür kein Hindernis. Jahrelang hat die gesamtwirtschaftliche Lohnentwicklung in Deutschland nicht mit der Produktivitäts- und Preisentwicklung Schritt gehalten. Zum einen hat sich Deutschland darüber Wettbewerbsvorteile verschafft, die vor allem die Handelspartner in der Eurozone unter Druck setzen. Zum anderen haben die Beschäftigten nicht genügend Geld in den Taschen. Politik, Gewerkschaften und Arbeitgeber berufen sich, wenn es um die Lohnentwicklung geht, gern auf die Tarifautonomie. Wird dabei nicht übersehen, dass die Tarifpolitik vor allem durch die Gesetzgebung der Agenda 2010 politisch so massiv beeinträchtigt wurde, dass sie gar nicht mehr „autonom“ agieren kann? Die so genannten Arbeitsmarkt- und Sozialreformen der Schröder-Regierung und die massive Tarifflucht der Arbeitgeber haben dazu geführt, dass die Gewerkschaften die gesamtwirtschaftliche Lohnentwicklung nicht mehr steuern können. Lediglich in den Exportindustrien, in der Metall- und Elektroindustrie sowie in der Chemie- und Pharmaindustrie ist die Welt noch in Ordnung. Dort gelingt es noch, eine verteilungsneutrale Lohnentwicklung zu organisieren. Die gesamtwirtschaftliche Lohnentwicklung leidet dann aber unter dem Niedriglohnsektor und dem Wachstum prekärer Beschäftigung. Diese Entwicklung war politisch so gewollt. Das Ergebnis sind die auch im internationalen Vergleich einmaligen Reallohnverluste der vergangenen zehn Jahre. Das wird sich nicht ändern, solange die Politik die Schieflage auf dem Arbeitsmarkt nicht beseitigt. Weil politisches Handeln dazu geführt hat, dass die Gewerkschaften in Deutschland systematisch geschwächt wurden, kann auch nur politisches Handeln die Gewerkschaften wieder stärken. Die Gewerkschaften versuchen natürlich auch aus eigener Kraft wieder durchsetzungsfähiger zu werden – beispielsweise über bedingungsgebundene Tarifpolitik oder Organizing. Aber aufgrund der massiven Verschiebung der Kräfteverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt wird das nicht ohne politische Schützenhilfe funktionieren. Die Gewerkschaften sind in vielen Branchen nicht mehr in der Lage, auf Augenhöhe mit den Arbeitgebern zu verhandeln. Werden entsprechende Forderungen nach Gesetzesänderungen von ver.di an die Parteien im Deutschen Bundestag herangetragen? Ja. Unsere Forderungen gehen ja weit über einen gesetzlichen Mindestlohn hinaus. Der gesetzliche Mindestlohn ist ein zentraler Eckpfeiler. Es geht uns aber auch um gleiche Bezahlung in der Leiharbeit und um die Abschaffung der Mini- und Midi-Jobs. Und wir wollen, dass die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifabschlüssen erleichtert wird. Uns geht es aber auch um die Revision von Hartz IV. Hartz IV übt zweifellos einen großen Druck auf die Beschäftigten aus. Weil die Gefahr droht, nach einem Jahr Arbeitslosigkeit im Armutskeller zu landen, können die Beschäftigten leichter erpresst werden. Es ist daher dringend notwendig, die Zumutbarkeitsregelungen – jeden Job annehmen zu müssen – abzuschwächen. Dr. Dierk Hirschel ist Leiter der Abteilung Wirtschaftspolitik beim ver.di-Bundesvorstand. Thorsten Hild arbeitet als Journalist in Berlin. Er hat in verschiedenen Medien publiziert – der Freitag, Sächsische Zeitung, taz, Deutschlandradio Kultur – und unterhält eine eigene Internetseite: www.wirtschaftundgesellschaft.de. Anmerkung WL: Hirschel spricht von „historisch hohen Wachstumsraten“. Man schaue sich dazu nur einmal den „historischen Verlauf [xls – 266 KB]“ an. Selbst der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung spricht in seinem Jahresgutachten 2010/2011 von einem „im Vergleich zu anderen EU-Staaten seit dem letzten Jahrzehnt sehr niedrige(n) Wachstum“ (S. 5) [PDF – 3.9 MB]. Zudem wäre zu berücksichtigen, dass trotz der Steigerung im Jahre 2010 das Bruttoinlandsprodukt gerade den Wert von 2008 wieder erreicht hat. Nach meiner Meinung reicht es auch nicht aus, nur die Zumutbarkeitsregelungen bei Hartz abzuschaffen. Es ist doch gerade die Angst, in Hartz IV abzustürzen, die die Bereitschaft schlecht oder sehr schlecht bezahlte Jobs anzunehmen dramatisch erhöht hat und zur Akzeptanz geringer Nominallohnerhöhungen geführt und damit die gewerkschaftliche Verhandlungsmacht gelähmt hat. Es hilft nicht viel über Niedriglöhne zu klagen, wenn das Gesetzeswerk, das zu einer massiven Ausweitung des Niedriglohnsektors geführt hat, nicht wieder beseitigt wird. | Thorsten Hild | Ver.di-Ökonom Dierk Hirschel über die Wirtschaftsaussichten für das nächste Jahr, die Situation in den Betrieben in Zeiten der Eurokrise und die Voraussetzungen für höhere Löhne. Die Fragen stellte Thorsten Hild.
Thorsten Hild: Herr Hirschel, was beschäftigt ver.di zurzeit mehr, die Lohnentwicklung oder die Eurokrise?
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Hegemonie | Der Kinofilm „Die drei Tage des Condor“ gehört zu meinen liebsten US-amerikanischen Werken. Regisseur und Schauspieler Sydney Pollack schuf den schockierenden Streifen in den Jahren 1974/ 75 und klagte darin überaus kunstvoll den unersättlichen, ungebremsten, schamlosen und straffreien Machtmissbrauch der Geheimdienste im Dienst der Regierung an. Immer mal wieder wird dieser beeindruckende, nachdenklich stimmende Film auch bei uns im „Öffentlich-Rechtlichen“ gezeigt. Mir wirkt die aktuelle Platzierung bei 3sat vor dem Hintergrund des regen Treibens der USA hier, in Europa und weltweit wie ein Seitenhieb seitens womöglich kritischer Programmmacher, die statt Rambo I, II oder III mit dem regierungskritischen Agentenfilm beim kritischen Publikum punkten. Ein Zwischenruf von Frank Blenz. | [] | [] | 27. Juli 2023 15:30 | https://www.nachdenkseiten.de/?tag=hegemonie&paged=7 |
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Colonia Dignidad: Die Sekte, das Skandal-Urteil und Deutschlands Mitschuld | Verweigerte Ermittlungen, nicht gehörte Zeugen, verschleppte Entschädigung: Der deutsche Umgang mit dem belasteten Erbe der deutsch-chilenischen Sekten- und Folter-Kolonie macht fassungslos – ebenso wie kürzlich ergangene Entscheide der Justiz. Die Geschichte der deutschen Verstrickung mit dem Pinochet-Regime erscheint zudem durch Deutschlands aktuelle Politik zu Venezuela von Relevanz. Von Tobias Riegel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Die Unabhängigkeit der Justiz ist ein hohes Gut. Darum sollten Entscheide von Gerichten oder auch Staatsanwaltschaften nicht darum diffamiert werden, weil sie einem nicht ins politische Konzept passen. Aber es gibt auch Entscheide, deren Vorgeschichte ist so unseriös und sie werden dem Bedürfnis nach Aufarbeitung so offensichtlich nicht gerecht, dass sie einer Überprüfung bedürfen. Die vor einigen Tagen eingestellten Ermittlungen gegen Hartmut Hopp sind ein solcher Vorgang – ebenso die Entscheidung, chilenische Gerichtsurteile zu seiner Person nicht umsetzen zu wollen. Hopp war Arzt und Führungsmitglied der 1956 von Paul Schäfer in Chile gegründeten „Colonia Dignidad“. In einem Prozess in Chile war Hopp bereits wegen Beihilfe zu sexuellem Kindesmissbrauch zu einer Haftstrafe verurteilt worden, wie Medien berichten. Die Strafe darf jedoch in Deutschland nicht vollstreckt werden, wie das Oberlandesgericht Düsseldorf vergangenes Jahr entschied: Dass Hopp Teil der Sektenleitung war und an der Gründung eines Internats mitwirkte, reiche nach deutschem Recht nicht für eine Verurteilung in dem Fall aus: Hopp bleibt also ein freier Mann. Sekten-Lager des Schreckens – mit deutschem Wissen Die „Kolonie der Würde“ war ein Sekten-Lager des Schreckens. Zahlreiche Familien und ihre Kinder wurden ihrer Freiheit beraubt, sexuell und materiell ausgebeutet, körperlich malträtiert und (mutmaßlich/angeblich durch den Lager-Arzt Hopp) mit Medikamenten ruhig gestellt. Zudem gab es eine enge Zusammenarbeit zwischen der Kolonie und dem Regime unter Augusto Pinochet nach dessen Putsch von 1973: So wurden auf dem Gelände der Kolonie Oppositionelle gefoltert. All das war dem deutschen Geheimdienst BND seit spätestens 1966 bekannt – die schrecklichen Zustände wurden von deutscher Seite ignoriert. Die aktuellen Entwicklungen zur Kolonie, das Verhalten zu Hartmut Hopp und das unwürdige Tauziehen um Entschädigungen werfen ein Licht auf die verdrängte Geschichte der Kolonie und auf ihre Unterstützung von deutscher Seite – und auf die fragwürdige aktuelle Lateinamerika-Politik Deutschlands, die sich erneut einem Putschisten andient. Die NachDenkSeiten haben sich in zahlreichen Artikeln mit der Geschichte der Kolonie, ihren Verstrickungen mit dem Pinochet-Regime und mit der inakzeptablen Verweigerung von Aufarbeitung und Entschädigung durch deutsche Behörden beschäftigt. Am Ende des Artikels finden Sie dazu weiterführende Links. Verweigerte Ermittlungen, nicht gehörte Zeugen Wie gesagt: Es ist nicht unproblematisch, die Justiz aus politischen Gründen anzugreifen. Im Fall Hopp fußen die Justiz-Entscheidungen aber auf einer skandalösen Vorgeschichte und auf einer mutmaßlichen Arbeitsverweigerung der Ermittler im Vorfeld des Verfahrens. Auf den Fakt, dass zahlreiche aussagewillige Zeugen nicht vernommen wurden, weist etwa die Initiative European Center for Constitutional and Human Rights hin: Die Autoren fahren fort: Der aktuelle Fall des Lager-Arztes ist nicht der einzige Der Fall Hartmut Hopp ist nicht der einzige Vorgang zur Kolonie, der von mutmaßlichem Justiz-Versagen begleitet wird. So wurde Anfang des Jahres das Ermittlungsverfahren wegen Mordes gegen den ehemaligen Kolonie-Bewohner Reinhard Döring eingestellt. Das allein ist kein Skandal – bedenklich ist aber, dass im Fall Döring wie im Fall Hopp selbstverständliche Prinzipien der Ermittlungsarbeit verletzt wurden, wie etwa das „Neue Deutschland“ feststellt. Die Zeitung nennt das Ende der Ermittlungen skandalös – aber nicht, weil das Medium anlasslos eine nicht bewiesene Schuld unterstellt, sondern weil keine Anstrengungen unternommen wurden, diese eventuelle Schuld festzustellen. Dass es in der »Kolonie der Würde« schwere Verbrechen von Kindesmissbrauch bis hin zu Folter und Mord von Gegnern der Pinochet-Diktatur gegeben hat, sei unumstritten. Die Zeitung fährt fort: Verpasste Chance der Versöhnung – Wissen die Angeklagten zu viel? Beide Fälle – Döring und Hopp – hätten der deutschen Seite das Potenzial geboten, zumindest symbolisch an zwei wichtigen Personalien den Willen zur Aufarbeitung zu demonstrieren. Mit dieser Aussage soll keine bewiesene Schuld unterstellt werden und sollen keine bestimmten Urteile gefordert werden – wohl aber hätte der sichtbare Wille zu ernsthaften Ermittlungen viel zur Versöhnung beitragen können. Diese Möglichkeit der Versöhnung wurde durch die mangelhafte Ermittlungsarbeit in beiden Fällen ausgeschlagen. Dadurch wurde zum einen die Chance auf symbolische Versöhnung vertan – zum anderen wurde das Risiko eingegangen, dass die Empörung über die Justiz-Entscheide erneute Aufmerksamkeit auf die Kolonie-Geschichte und den deutschen Anteil lenken. Warum wurden diese Chancen nicht genutzt, wurde dieses Risiko eingegangen? Diese Frage stellt auch die „Süddeutsche Zeitung“: Die Opfer der Kolonie mussten dieser Tage nicht nur die „Entlastung“ ihres mutmaßlichen Peinigers Hopp ertragen. Dazu kommt das aktuelle und unwürdige Gezerre um die Entschädigung der Opfer durch Deutschland, das dadurch einen Teil seiner Schuld symbolisch ausgleichen möchte. „Symbolisch“ ist in diesem Zusammenhang das richtige Wort, denn selbst die „Tagesschau“ fragt angesichts der bisher bekannten Pläne ungläubig: „5000 Euro für Jahrzehnte Zwangsarbeit?“ Den öffentlich-rechtlichen Medien kann man im Zusammenhang mit den neueren Entwicklungen zur „Colonia Dignidad“ im übrigen nicht viel vorwerfen: Sie haben ordentlich berichtet, etwa aktuell am Montag der „Deutschlandfunk“ und in den vergangenen Tagen auch etwa die „Tagesschau“ über die Entscheidungen zu Hopp oder über die Farce der Entschädigungen. Und wieder steht Deutschland an der Seite von Putschisten Die Vorgänge zur Colonia Dignidad erhalten nicht nur durch die kürzlichen Justiz-Entscheide Relevanz. Sie werfen auch ein Licht auf die Zusammenarbeit deutscher Dienste mit verbrecherischen Putsch-Regimen wie jenem unter Pinochet in Chile: Aktuell dient sich Deutschland mit der Unterstützung für Juan Guaidó erneut einem lateinamerikanischen Putschisten an. Titelbild: idiz / Shutterstock Mehr zum Thema | Tobias Riegel | Verweigerte Ermittlungen, nicht gehörte Zeugen, verschleppte Entschädigung: Der deutsche Umgang mit dem belasteten Erbe der deutsch-chilenischen Sekten- und Folter-Kolonie macht fassungslos - ebenso wie kürzlich ergangene Entscheide der Justiz. Die Geschichte der deutschen Verstrickung mit dem Pinochet-Regime erscheint zudem durch Deutschlands aktuelle Politik zu Venezuela von Relevanz. Von To ... | [
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Russland | Am 19. April haben die USA ihr Veto gegen eine UN-Vollmitgliedschaft Palästinas eingelegt und gleichzeitig noch einmal mit Nachdruck eine Zwei-Staaten Lösung gefordert. Wer soll diese Nahost-Politik der USA noch verstehen? Von Jürgen Hübschen. | [] | [] | 22. April 2024 11:50 | https://www.nachdenkseiten.de/?tag=russland&paged=33 |
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Medien und Medienanalyse | Eines muss man der Redaktion von Spiegel online zugestehen: Sie hören manchmal das Gras wachsen. Also haben sie sensibel wahrgenommen, dass im Rest der kritischen Öffentlichkeit immer mehr erkannt wird, wie unaufklärerisch und voll gepumpt mit Vor- und Fehlurteilen Spiegel und Spiegel online die Finanzkrise begleiten. Also hat sich die Redaktion an das Prinzip „Haltet den Dieb erinnert“ und anderen, Politikern und Schauspielern Halbwissen vorgeworfen und deren angebliches Halbwissen analysiert. Wir haben diese Texte von Spiegel online kommentiert. Albrecht Müller. | NachDenkSeiten - Die kritische Website | [] | [] | 21. Juli 2011 19:12 | https://www.nachdenkseiten.de/?cat=41&paged=142 |
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Tödlicher Wandel durch neue Konfrontation (Fortsetzung) | Das EU-Parlament hat am vergangenen Donnerstag wegen der angeblichen Vergiftung von Nawalny einen Beschluss zugunsten von Sanktionen gegen Russland gefasst. (Siehe unter anderem hier.) „Die Resolution wurde mit den Stimmen von 532 Abgeordneten angenommen. 84 stimmten dagegen und 72 enthielten sich“, heißt es dort. Damit wirkt auch das Europäische Parlament daran mit, die Aggression gegen Russland auszubauen, und auch daran, Russland aus Europa „auszuschließen“. Das ist – was Krieg und Frieden betrifft – ein gravierender Vorgang. Deshalb komme ich auf das Thema zurück und füge einige einschlägige Informationen hinzu. Albrecht Müller
1. Ein Interview zum Thema Albrecht Müller zum Fall Nawalny: EU-Sanktionen gegen Russland wären “nicht verantwortlich“ Der Ex-Berater von Willy Brandt und Herausgeber der NachDenkSeiten zeigt sich besorgt über mögliche Sanktionen der EU gegen Russland wegen der mutmaßlichen Vergiftung Alexei Nawalnys. Statt auf Kooperation setzten die westlichen Mächte auf Konfrontation.
Quelle: RT Deutsch, 18.09.2020. Hier das Audio: Podcast: Play in new window | Download 2. Zu den strategischen Überlegungen des Westens, vor allem von bestimmenden Kräften in den USA Ein Video mit George Friedman von STRATFOR mit der Hauptbotschaft: „US-Hauptziel war es immer, Bündnis Deutschland + Russland zu verhindern” Als ich das erste Mal im März 2015 auf dieses Video hingewiesen habe, hat der damalige Mitherausgeber der NachDenkSeiten Dr. Lieb dagegen protestiert mit dem Argument, Friedman sei nicht besonders relevant für die US-amerikanische Politik. Das Gegenteil ist jetzt belegt. Das NachDenkSeiten-Stück von damals war überschrieben mit: „Der Tod kommt aus Amerika“ und die Bestätigung durch den Chef von STRATFOR. Siehe hier. Was jetzt passiert und immer weiter betrieben wird, ist auch ein Beleg dafür, was Willy Wimmer nach einer Konferenz einflussreicher Einrichtungen der USA in Bratislava in einem Schreiben an den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (dokumentiert in den NachDenkSeiten hier) berichtet hatte. Bitte informieren Sie im Umfeld über diese Vorgänge. Es ist lebenswichtig, über diese gravierenden Vorgänge zu berichten und möglichst viele Menschen nicht nur zu informieren, sondern aufzurütteln. Fragen Sie Ihre Europa-Abgeordneten, wie sie sich bei dieser Resolution gegen den Frieden in Europa verhalten haben und warum sie das getan haben. | Albrecht Müller | Das EU-Parlament hat am vergangenen Donnerstag wegen der angeblichen Vergiftung von Nawalny einen Beschluss zugunsten von Sanktionen gegen Russland gefasst. (Siehe unter anderem hier.) „Die Resolution wurde mit den Stimmen von 532 Abgeordneten angenommen. 84 stimmten dagegen und 72 enthielten sich“, heißt es dort. Damit wirkt auch das Europäische Parlament daran mit, die Aggression gegen Russl ... | [
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"Russland",
"STRATFOR",
"Wirtschaftssanktionen"
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] | 21. September 2020 17:09 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=65018&share=email |
Alberto Fernández oder Argentiniens „Wiederaufstieg“ als Phoenix aus der Asche | Ende 2019 wurde Alberto Fernández mit mehr als 48 Prozent der Wählerstimmen an der Spitze einer gesamt-peronistischen Koalition und mit Cristina Fernández de Kirchner als Vizepräsidentin bereits in der ersten Wahlrunde zum neuen Präsidenten Argentiniens gewählt. Die Rückkehr der Peronisten an die Regierungsmacht war eine Symptomdeutung. Die Mehrheit der Argentinier forderte ein Ende für das von seinem Vorgänger Mauricio Macri hinterlassene vierjährige Desaster mit rabiaten neoliberalen Einschnitten. Von Frederico Füllgraf. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Spirale der Hindernisse Überwältigt von der von Macri ererbten Ruinenlandschaft – die Demontage und Privatisierung des Sozialstaats, 4,5 Millionen neue verarmte Bürger, mehr als 20.000 zerstörte kleine bis mittlere Industriebetriebe, eine Auslandsverschuldung von über 200 Milliarden US-Dollar und eine über 50-prozentige Inflationsrate – hatte die neue Regierung sich von Anbeginn auf eine Haushaltsführung eingestellt, die sich auf sogenannte „reparative“ Gesten beschränken müsste, statt die Sozialstaat-Agenda der Wahlkampagne durchzusetzen. Dies vor allem wegen des zwischen Macri und der damaligen Chef-Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, wenige Monate vor der Wahl im September 2019 unterzeichneten IWF-Standby-Kredits in Höhe von 55 Milliarden US-Dollar. Wovon 44 Milliarden in ungewöhnlichem Handumdrehen ausgezahlt wurden und den berechtigten Verdacht aufkommen ließen, Lagarde wolle mit Unterstützung einer medialen Propaganda-Maschine Macri zur Wiederwahl verhelfen. Dass diese Vermutung kein Verschwörungsgarn der Peronisten bedeutete, sondern umgekehrt einem Druck der Macri-freundlichen Administration Donald Trump auf den IWF zu verdanken war, bestätigte ein Jahr später ein Mitarbeiter des ehemaligen US-Präsidenten. Doch die Hindernis-Spirale im ersten Regierungsjahr des Duos Fernández & Fernández de Kirchner war zudem von anderen Gegenspielern angetrieben. Zum einen sah sie sich dem Dauerbeschuss eines „Kriegsfront-Journalismus“ ausgesetzt, der die Wahlniederlage Macris nicht hinnehmen wollte und die Unregierbarkeit durch die Peronisten zum kurzfristigen Ziel gesetzt hatte. Es war die Fortsetzung der unter Macri begonnenen konzertierten Aktion von Medien und Justiz. Letztere war in Landesgerichten und im Obersten Gerichtshof mit regierungstreuen Richtern besetzt worden. Wie im Fall Dilma Rousseffs und Luis Inácio Lula da Silvas in Brasilien versuchten zwischen 2015 und 2019 auch argentinische Richter und Staatsanwälte mit politisch motivierten, endlosen und medial ausgeschlachteten “Lawfare“-Verfahren, die peronistische Führung, insbesondere Cristina Fernández de Kirchner, zu kriminalisieren. Die Empörung darüber ergriff schließlich Teile der Öffentlichkeit und gipfelte in Aufmärschen vor dem Obersten Gerichtshof mit der Forderung nach Neubesetzung des Hohen Gerichts und einer Justizreform. Macris „Gestapo“ und Spionage-Skandale Erste Einlenkungszeichen signalisierte der Justizapparat im Juli 2021, als ein Gericht Macri beschuldigte, 2019 heimlich Waffen nach Bolivien zur Stärkung des Putschregimes von Jeanine Añez und Unterdrückung sozialer Protest-Kundgebungen geschickt zu haben. Eine zweite Anklage, vom Dezember 2021, wirft dem ehemaligen Präsidenten vor, die Angehörigen der (toten) Besatzungsmitglieder des 2017 gesunkenen U-Bootes ARA San Juan ausspioniert zu haben. Bundesrichter Martín Bava verhängte daher ein Embargo in Höhe von 1 Million US-Dollar und belegte Macri mit Ausreiseverbot. Aus welchem Anlass aber sollten die Angehörigen der 44 Todesopfer ausspioniert werden? Richter Bava unterstellt, damit wollte Macri Rechtsmittel der Angehörigen gegen seine untätige Regierung verhindern. Macri befürchtete ihren politischen Einfluss, insbesondere ihre Argumente, die die Regierung für den Untergang schuldig machten. Ein weiterer Spionageskandal der Amtszeit Macris sorgte für Schlagzeilen unter dem Kennwort „Die gewerkschaftliche Gestapo“. Anonyme Informanten verbreiteten 2021 Videoaufnahmen geheimer Sitzungen der mit Macri verbündeten Landesregierung María Eugenia Vidals. In diesen Treffen mit der Geheimpolizei, die zwischen Dezember 2015 und Dezember 2019 stattfanden, wurden illegale Vorbereitungen von Strafverfahren gegen Gewerkschaftsführer getroffen. Die hanebüchene Operation drang 2021 ans Licht, als der unter neuer Leitung stehende Nachrichtendienst (AFI) Strafanzeige gegen die Beteiligten erstattete, von denen die Hauptangeklagten flüchtig sind. Der konservative, politisch-sanitäre Boykott Das schrittweise Einlenken der Justiz gegen die Verbrechen der Macri-Administration leuchtete Angriffe eines von ultraliberalen Think Tanks angetriebenen und zunehmend rechtsradikal agierenden konservativen Blocks aus. Doch kaum war die Regierung Anfang 2020 im Amt, brach die Covid-19-Pandemie über Argentinien herein. Wie kaum einer seiner Kollegen weltweit reagierte der Präsident ab März 2020 zunächst mit einem monatelangen harten Lockdown und der Zahlung von Pandemie-Sozialboni für die arbeits- und lohnabhängigen Bevölkerungsteile. Die Maßnahmen retteten tausende von Menschenleben und wurden von der Weltgesundheits-Organisation (WHO) gelobt. Obwohl anfänglich dabei, rief der Bürgermeister von Buenos Aires – Horacio Rodríguez Larreta von der konservativen Macri-Partei PRO – plötzlich zum Boykott der Covid-Schutzmaßnahmen auf. Nach ersten Anzeichen eines schwachen Rückgangs der Masseninfektion forderte Larreta zum Beispiel die Rückkehr zum Anwesenheits-Unterricht in den Schulen, erntete jedoch einen umfassenden Streik der nationalen Lehrergewerkschaft (UTE), die vorläufig auf Unterricht über virtuelle Plattformen bestand. Im Klartext: Die bundesweit verbindlichen Schutzmaßnahmen wurden in der Hauptstadt, mit rund einem Viertel der gesamten Bevölkerung, sabotiert. Damit trug Larreta dazu bei, den Großraum Buenos Aires mit seinen 11 Millionen Einwohnern zwischen Mitte 2020 und Mitte 2021 in einen der akutesten Covid-19-Infektionsherde Lateinamerikas zu verwandeln; mit 55.848 (43,6 Prozent) der bis Februar 2022 landesweit in Argentinien verzeichneten 128.000 Covid-Toten. Die Covid-19-Impfung startete in der Tat vergleichbar spät in Argentinien, zum Teil aufgrund mangelnder Vorverhandlungen der Regierung, vor allem jedoch wegen zugesagten und nicht eingehaltenen Lieferungen der Hersteller, weswegen einzelne Länder wie Spanien und Kanada mit der Spende von 6,2 Millionen Impfdosen einsprangen. Doch mit rund 88 Millionen Impfdosen für die Erst- und Zweitimpfung der 45 Millionen Bürger erzielte die Regierung zwischen Ende 2020 und Ende 2021 eine der erfolgreichsten Impfkampagnen Südamerikas. Die Zusammensetzung der Impfstoffe erwies sich als bunter Cocktail verschiedener Hersteller. Den Hauptanteil daran hatte jedoch die russische Handelsmarke Sputnik V, wovon 4,9 Millionen Dosen in Argentinien hergestellt wurden und den russischen Hersteller zu medialen „Stolz“-Erklärungen veranlassten. Dennoch erfuhr die Regierung neue Sabotage-Handlungen der Macri-Opposition gegen die Massenimpfung bei gleichzeitiger Einhaltung differenzierter Schutzmaßnahmen. Der ehemalige Präsident ließ sich demonstrativ in Miami als VIP impfen und überfiel die Regierung Fernández mit demagogischer Kritik; eine Attitüde, die ihm von der Los Angeles Times den Vorwurf der Politisierung der Pandemie eintrug. Das „Covid-Wunder“: Fernández‘ boomender Wirtschaftserfolg Sodann sorgte die Regierung Alberto Fernández um die Jahreswende 2021/2022 für eine weltweite, nahezu bombastisch wirkende Nachricht: Trotz des Covid-Dramas habe Argentinien im Haushaltsjahr 2020/2021 einen 10-prozentigen Zuwachs des BIP erzielt. Was Anfang Januar des neuen Jahres den ehemaligen Chef-Ökonomen der Weltbank und Wirtschafts-Nobelpreisträger (2001) Joseph E. Stiglitz zu einer Art „Gratulations-Schreiben“ auf der VIP-Plattform Project Syndicate veranlasste. Welche Errungenschaften rühmte Stiglitz? „Angesichts des Desasters, das die Regierung des argentinischen Präsidenten Alberto Fernández Ende 2019 erbte, scheint ihr ein Wirtschaftswunder gelungen zu sein“, kommentierte der erfreute, sozialstaatlich orientierte US-Ökonom und fasste zusammen. Doch die Initiativen und erzielten Ergebnisse der Regierung Fernández blieben darauf nicht beschränkt, wie Stiglitz erkennt: Es ist allerdings kaum anzunehmen, dass Stiglitz, als er seinen Text schrieb, die Dutzenden von Fernández und seinem Wirtschaftsminister Martín Guzmán an mehreren Fronten zugleich ergriffenen Einzelmaßnahmen bekannt waren, die die Regierung in dem 47-seitigen Bericht „Produktive Entwicklung im postpandemischen Argentinien“ beschrieb. Er illustriert, wie die entschlossenen Covid-Schutzmaßnahmen darauf abzielten, prioritär die Gesundheit des Gesundheitspersonals, der Senioren, ArbeiterInnen und Beschäftigten im informellen Sektor zu schützen. Der wirtschaftlich-soziale Erfolg erklärte sich allerdings durch die strategische Abstimmung des Gesundheitsschutzes mit dem Verbot der Kündigung und Entlassung der ArbeiterInnen, sowie der Dienstleistungs-Kündigung von Strom-, Wasser- und Raten-Schuldnern. Ferner griff die Regierung mit periodischen Gehaltserhöhungen und einem finanziellen Rettungspaket für Klein- und mittelgroße Betriebe (Akronym: Pymes) ein, das wiederum die Steuereinnahmen der einzelnen Landesprovinzen erhöhte. Insgesamt sicherten die Regierungsmaßnahmen das Überleben von 338.000 Einzelbetrieben (60 Prozent der Gesamtzahl) und hielten die Arbeitslosenzahl weit unter der brasilianischen (11 Prozent) und der chilenischen Quote (15 Prozent). Argentinien erkämpft Neuorientierung des IWF Bis Ende Februar soll das Umschuldungsabkommen zwischen der Regierung Alberto Fernández und dem IWF unterzeichnungsreif sein. Dafür büßte der moderate „Albertismo“ die Unterstützung des um seine Vizepräsidentin Cristina Fernández gruppierten „Kirchnerismo“, insbesondere seiner sich linker definierenden Untergruppe „La Cámpora“, ein. Ihr Sprecher und Sohn der Vizepräsidentin, Máximo Kirchner, trat aus Protest gegen eine Übereinkunft mit dem IWF von seinem Amt als Vorsitzender der Abgeordnetenkammer zurück. Die Links-Peronisten forderten, die IWF-Schulden sollten gefälligst geprellt werden. Womit Argentinien in die Falle eines selbstmörderischen Staatsbankrotts treten würde. Schulden müssen ohne Wenn und Aber gezahlt werden, doch unter anderen Bedingungen, kontert die Regierung. Joseph E. Stiglitz hat mit einem weiteren Artikel, erschienen in Foreign Policy, recht behalten: Es ist wohl das erste Mal in der Geschichte des IWF – vor allem seit seiner neoliberalen Orientierung – dass der Fonds vom Aufzwingen drakonischer „Sparmaßnahmen“ und rabiatem Abbau des Sozialstaates eines Kreditempfängerlandes absehen will. Mehr noch: Der Fonds sieht selbstkritisch ein, dass der Kreditvertrag Lagardes mit Macri vor Fehlern strotzt und von Macri niemals eingehalten wurde. Im Gegenteil: Der Löwenanteil von 44 Milliarden US-Dollar wurde an Spekulanten verteilt und eine ebenso hohe Kapitalflucht war die Folge. Eine Einsicht, die auf Seiten der Regierung Fernández mit einer Gerichtsklage des nationalen Schatzamtes gegen Macri und Einzelne seiner Funktionäre verschärft wird. Ihnen werden die rücksichtslose Dekapitalisierung und die Verarmung des Landes vorgeworfen. Vorläufiger Epilog. Während eines Staatsbesuchs Alberto Fernández‘ von Anfang vergangenen Februars in Russland und in China gratulierten deren Präsidenten Wladimir Putin und Xi Jinping dem argentinischen Kollegen für Haltung und Übereinkunft mit dem IWF. Das Moskauer Treffen nutzte Fernández, um die Beitrittsabsicht Argentiniens zur BRICS-Gruppe (Brasilien, China, Russland, Indien, Südafrika) anzumelden; ein Antrag, den Putin begrüßte und sich für die Unterstützung vom noch amtierenden brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro stark zu machen versprach. Mit subtiler Anspielung auf den politischen Druck der USA dankte der Jurist Fernández mit einer seiner Maximen: „Heutzutage souverän aufzutreten, bedeutet nicht, für die Durchführung eines Regierungsprogramms um Erlaubnis bitten zu müssen.“ Die Warnung tönte wie eine Antwort auf den neuen US-Botschafter in Buenos Aires, Marc Stanley. Der hatte kürzlich in den USA gespottet, „Argentinien ist ein schöner Touristenbus ohne Räder… dessen Regierung keinerlei Makroplan besitzt“. Wofür er von der Tageszeitung Pagina12 als „arroganter Provokateur, verächtlich und kaum bemüht, seine Absichten zu verschleiern, sich in innere Angelegenheiten einzumischen“ abserviert wurde. Der Demokrat und Israel-Lobbyist Stanley tritt auf wie ein Trump-Funktionär. Er verlangt von Argentinien gehorsame Unterordnung unter die unveränderte US-Außenpolitik, insbesondere für Lateinamerika. Im Klartext: brachiale Verurteilung Kubas, Venezuelas und Nicaraguas und ein Schwur auf Distanz zu China. Doch genau die kann sich die Regierung Fernández nicht leisten. Die argentinische Liquidität ist alles andere als beruhigend: Die Bruttoreserven der Zentralbank belaufen sich auf vergleichsweise äußerst niedrige 37,56 Milliarden US-Dollar. Und damit kommt der „asiatische Riese“ ins Spiel, dem Argentinien ohnehin einen Swap in Höhe von 20 Milliarden US-Dollar schuldet. Während seines dreitägigen Besuchs in China erzielte Fernández einen erstaunlichen Vertrag: chinesische Investitionen und Schuldenfinanzierung in Höhe von ca. 27 Milliarden US-Dollar und Argentiniens Beitritt zum Neuen Seidenstraßen-Projekt. „Wenn Du Argentinier wärst, wärst Du ein Peronist“, erklärte der humorvolle Alberto Fernández dem staunenden Kollegen Xi Jinping. Irgendjemand schrieb einmal mit wohltemperiertem Vergleich, würde man Europäern mit einem unwahrscheinlichen „Handbuch“ den Peronismus als jene von Juan Domingo Perón in den 1940er Jahren geschaffene Bewegung zu erklären versuchen, müsste man sie als eine ideologische Strömung zusammenfassen, die die Fähigkeit besitzt, sich den „Zwängen oder dem Trend der Zeit“ anzupassen. Nach scharfen Worten an die Adresse des Weißen Hauses in Washington fand Fernández dennoch ein Lob für Präsident Joe Biden, der mit moralischer Unterstützung den Verhandlungen mit dem IWF „geholfen“ habe. Doch mit dem Eintritt in die BRICS und dem Kurs auf Chinas Seidenstraße geht Argentinien auf Distanz zu den USA. Titelbild: Ramon Moser/shutterstock.com | Frederico Füllgraf | Ende 2019 wurde Alberto Fernández mit mehr als 48 Prozent der Wählerstimmen an der Spitze einer gesamt-peronistischen Koalition und mit Cristina Fernández de Kirchner als Vizepräsidentin bereits in der ersten Wahlrunde zum neuen Präsidenten Argentiniens gewählt. Die Rückkehr der Peronisten an die Regierungsmacht war eine Symptomdeutung. Die Mehrheit der Argentinier forderte ein Ende für das vo ... | [
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] | 23. Februar 2022 12:51 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=81139&share=email |
Leserbriefe zu „Covid-19-Impfstoffentwicklung – eine Debatte ist dringend nötig, findet aber nicht statt“ | Jens Berger hat in diesem Beitrag eine Debatte in Massenmedien und Politik über die Covid-19-Impfstoffentwicklung gefordert. Er bemängelt, dass die hiesige Bevölkerung nicht über die Impfstoffentwicklung aufgeklärt wird. Zum Beispiel ist kaum etwas über die Anzahl der derzeit in der Entwicklung stehenden und teilweise bereits am Menschen getesteten Impfstoffkandidaten zu erfahren. Zahlreiche Leserinnen und Leser der NachDenkSeiten machen sich ebenfalls Gedanken zum komplexen Themenfeld und haben uns eine Email geschickt. Wir bedanken uns sehr für die eingereichten Antworten. Es folgt nun eine Auswahl der Leserbriefe. Zusammengestellt von Christian Reimann.
1. Leserbrief Lieber Herr Berger, vielen Dank für Ihren Beitrag zur Covid-19-Impfstoffentwicklung, der war dringend notwendig. Jeder, der auch nur die leisesten Bedenken äußert, bekommt sofort einen Alu-Hut aufgesetzt. Man kann durchaus mit Impfstoffen einen Antikörperspiegel erzeugen, der höher und dauerhafter ist als der, der durch natürliche Infektion entsteht. Das ist jedenfalls so bei inaktivierten Impfstoffen, die i. d. R. ein Adjuvans, also einen Wirkverstärker enthalten. Adjuvantien bewirken eine lokale Entzündungsreaktion, auf die das Immunsystem vielfältig reagiert, wodurch es dann auch zur Bildung von Antikörpern gegen das eigentliche Impfantigen (= inaktivierter Erreger oder Erregerbestandteile) kommt, und idealerweise auch zur Bildung von langlebigen B-Zellen (B-Gedächtniszellen), die bei Kontakt mit dem Erreger neue Antikörper bilden.
Soweit ich es überblicke, ist noch nicht klar, welcher Teil des adaptiven Immunsystems überhaupt entscheidend ist für die Abwehr von Sars-CoV-2: Antikörper-Immunität oder zellvermittelte Immunität (T-Zellen, die das Virus, bzw. die davon befallenen Zellen direkt bekämpfen). Einen guten und durchaus kritischen Überblick über die Probleme der Covid-19-Impfstoffentwicklung hat der “Guardian” im Mai veröffentlicht: theguardian.com/world/2020/may/22/why-we-might-not-get-a-coronavirus-vaccine Mit Dank und besten Grüßen 2. Leserbrief Ein mRNA-Impfstoff soll die Zellen nicht dazu bringen, Antikörper zu produzieren, sondern AntiGENE – gegen die wiederum das Immunsystem Antikörper bildet. Das ist eine kleine, doch wichtige Korrektur! Schreit das nicht nach einer Autoimmunreaktion, wenn die Zelle AntiGENE produziert?? Lass es nur bei 1% der Geimpften dazu kommen …..
P.S.: Hier sehe ich eine neue Manipulationsmethode – ich nenne sie “Lösungsverengung”
Das Grundprinzip als Beispiel:
Eine Familie (der Mann ist Modelleisenbahner und die Frau Schuhliebhaberin) gerät in Geldnot. Da sagt der Mann: “Frau, du willst doch nicht, dass unser Kind hungert – also kauf weniger Schuhe!”
Sein Trick ist: Er nimmt die gute, liebe Motivation (unser Kind soll nicht hungern!) – verengt aber dann die Lösung auf die Schuhe. Dass er auch bei der Modellbahn sparen könnte, verschweigt er.
In der Coronazeit ist die gute liebe Motivation: Oma und Opa schützen!
Und Lösungen gäbe es viele – die beste: unser Gesundheits- und Pflegewesen wiederherstellen, so dass es genau diese Risikogruppen besser schützen kann! (dann bräuchten wir nur noch weiche, schwedische Lockdowns).
Und am Anfang war das ja in der Diskussion, die Krankenschwestern wurden beklatscht … Aber wo ist das hin? Jetzt heißt die Lösung nur noch Impfstoff, Tracking-App und Maskentragen als “neue Normalität” …
Zufall?
Ich sehe darin eine gefährliche Manipulationsmethode:
Du kannst die gute linke Seite der Gesellschaft nicht nur schwächen – du kannst sie dir sogar dienstbar machen! Dazu musst du es nur clever hinkriegen, dass nur Lösungsmöglichkeiten in der Diskussion bleiben, die in deine Herrschaftspläne passen. Dann ergießt sich all die gute, linke Energie in die Richtung, die du vorgezeichnet hast … Perfekt.
2015 könnte man auch als Beispiel nennen:
Die Menschenliebe fragte: “Wie schaffen wir es, dass kein Flüchtling ertrinkt und alle heil am anderen Ufer aus dem Schiff aussteigen?”
Warum fragte die Menschenliebe nicht: ““Wie schaffen wir es, dass weniger überhaupt in ein Schiff einsteigen und flüchten müssen?”
Doch wieder dieser Trick: nimm die gute liebe Energie – und lenke sie auf eine verengte Lösungsmöglichkeit! Laß die Leute einzig an Frage 1 denken!!! Wenn du das clever schaffst, dann hast du sogar linke gute Menschen als Triebkraft für deine Herrschaftspläne (Kapitalisten wollen viele billige Zuwanderer; Geostrategen wollen Syrien, wenn sie’s schon nicht erobern können, ausbluten).
M.B. 3. Leserbrief In dieser Gesellschaft soll nicht mehr debattiert werden. Das hat Merkel abgeschafft, völlig alternativlos. Viele Leute wollen und können es auch gar nicht mehr. Es mit diesen Leuten zu versuchen, hat keinen Sinn. Sie vernichten jede Debatte, sie können einfach nichts anderes mehr. Also aufgeben? Nein, diese Leute können ruhig versumpfen. Sie können DNA-Reaktor für die Pharma-Industrie spielen, angstvoll ihr Immunsystem schwächen, u.ä. Sie dürfen nur die anderen nicht zwingen genau so zu sein. Das wäre Gewalt. Debatten müssen wieder stattfinden, aber unter den übrigen. Wir hatten mal eine außerparlamentarische Opposition, weil die parlamentarische nichts taugte. Wir müssen parallel zu diesem Gesellschafts- und Regierungssumpf etwas neues aufbauen. In diesem Sumpf vergeuden wir unsere Kraft. Vielleicht wirkt es ja dann verlockend, mal wieder selbst zu denken. Bleiben sie gesund, auch im Kopf.
Andreas Hellmann 4. Leserbrief Lieber Herr Berger, danke für die Anregung zur fälligen Debatte. Ich fürchte allerdings nach wie vor, Sie hinken den Geschehnissen hinterher. Wir wurden und werden ja buchstäblich überrannt. Zunächst: Es macht doch gar keinen Sinn mehr, darauf hinzuweisen, dass man kein blinder RT-Deutsch-Follower ist oder dass in den (a)sozialen Medien bisweilen Blödsinn verzapft wird? Warum so vorsichtig? Clemens Arvay ist ein sehr vernünftiger Fachmann, der unbedingt gehört werden muss. Jasmin Kosubek ist eine respektable Jounalistin, was ich über die gut geschmierten Transatlantiker Klaus Kleber oder Ingo Zaperoni keinesfalls behaupten würde. Sowohl bei RT als auch beim ÖRR gibt es neben Sinnvollem auch handfeste Propaganda. Die Grenzen der Seriosität verschwimmen überall. Mein Vorschlag: zitieren Sie doch, ordnen Sie ein, und unterlassen Sie abschwächende Pauschalurteile und Distanzierung, wo Sie doch eigentlich auf Gutes gestoßen sind? Man bemerkt Ihre durchaus anerkennenswerte Mühe, einen Weg aus dem unseligen Schubladendenken zu finden, in das man uns vorsätzlich gedrängelt hat, um Deutungshoheit vor Qualität festzulegen. Mit den fraglichen RNA-Impfstoffen kennt sich in erster Näherung überhaupt niemand aus, insbesondere nicht Biologen oder Mediziner, die wir beide nicht sind. Ich sehe da als Chemiker mit zugegebenermaßen nicht mehr ganz taufrischen Kenntnissen in Biochemie auch nicht ganz klar durch, glaube aber auch, dass die genannten Fakultäten nicht die erste Adresse sind. Sogar das Lehrfach ist also zweifelsfalls neu. Auch von mir ein Disclaimer. Ich bin, genau wie Sie, als Kind der 70er/80er Jahre durchgeimpft, und das ohne Schaden. Meine Kinder sind es auch, mit dem Nötigsten. Nein, kein Impfgegner, Impfpflicht-Gegner schon eher, aber auch kein Fanatiker. Wir können reden. Meine Haltung zu Ihrem Thema: Ein RNA-Impfstoff, der erstmals den Körper von Millionen oder gar Milliarden Menschen dazu überlisten soll, Fremdprotein herzustellen, ist versuchter Massenmord, und wer sich freiwillig als Testperson für derlei Unfug hergibt ist entweder dumm oder braucht dringend Kohle, ein Leben zu finanzieren, an dem er nicht sonderlich hängt. Gehen Sie mal eine Liste von Proteinen und Peptiden durch. Bienengift gehört dazu, Botulinumtoxin (BTX / Botox), eines der stärksten Gifte überhaupt ebenso. Unter der Substanzklasse finden Sie alle Enzyme, vergleichsweise harmloses Gluten, übelste Allergene und Krebs Erzeugendes. Allen ist gemein, dass sie von Zellen lebender Organismen aufgrund von Bauplänen produziert werden, die nach Jahrmillionen der Evolution aus irgendwelchen schwer ersichtlichen Gründen im Erbgut verschlüsselt sind. Dass Big Pharma mit einer riesigen Angstkampagne vor einer vergleichsweise harmlosen Krankheit im Schnellstverfahren ein derartiges Novum einführen will, ist ein Horrortrip, der mich nicht sonderlich ruhig schlafen lässt. Mit einem aus dem Boden gestampften, allerersten RNA-Impfstoff die Menschheit vor einem üblen viralen Husten retten? Im Ernst? Ich persönlich werde mich weigern und empfehle das auch meinen Mitmenschen. Die Politmarionetten Söder, Merkel, Spahn, die den Wahnsinn voll unterstützen, können das mangels jeglicher Fachkenntnis noch viel weniger als ich beurteilen, und dem widersprüchlichen Prof. Drosten traue ich auch nicht mehr über den Weg, seitdem mir klar ist, dass er vielleicht von Coronaviren etwas, aber z.B. überhaupt nichts von der statistischen Bewertung seiner PCR-Tests versteht. Wenn man etwas nicht beurteilen kann, hilft ein “ich will das nicht jetzt, und nicht in Eile entscheiden.” Meines Erachtens hilft Abwarten. Covid-19 wird auch wieder verschwinden, und schon jetzt ist klar, dass die Menschheit keineswegs von diesem seltsamen Phänomen dezimiert wird, sondern auch 2021 wieder in unverminderter und wie erwartet gewachsener Zahl für Kampagnen aller Art zur Verfügung steht. Freundliche Grüße
Andreas Schell 5. Leserbrief Sehr geehrter Herr Berger, Ihr Artikel spricht mir aus der Seele. Ich bin auch “durchgeimpft” und glaube, dass mir das nicht geschadet hat. Aber die Verweigerung eines Dialoges in den etablierten Medien über die von Ihnen angerissen Fragen ist schändlich. Fragen wie: Da bin ich sehr gespannt, was uns noch da noch alles erwartet. A propos, in Ihrem Artikel erfuhr ich zum ersten Mal, dass chinesische Firmen noch auf traditionelle Impfmethoden mit deaktivieren Covid19 Viran setzen. Danke dafür. Liebe Grüße
Alexander Henseler 6. Leserbrief Liebes Leserbrief-Team und lieber Herr Berger,
wie es aussieht, sind die Regierungen aller Länder angesteckt von diesem wunderbaren Virus, namens Corona, taugt es doch hervorragend für alle willkürlichen Maßnahmen demokratische Verhältnisse ohne große Diskussionen auszuhebeln.
Länder, die jetzt schon diese Impfstoffe bestellt haben und sich finanziell auch beteiligten, sind sicher daran interessiert, dass das Impfen der Massen reibungslos verläuft. Diskussionen über Nebenwirkungen und Folgeschäden auch langzeitmäßig gesehen, werden ausgeblendet und damit indirekt verboten.
Außerdem übernehmen alle Pharmafirmen nicht die Kosten für evtl. Nebenwirkungen. Da sitzen dann die Geimpften selber drauf und können jammern und fluchen – aber keiner wird ihnen helfen können, wenn sie wegen Impfschäden krank und arbeitslos werden und – was noch ätzender ist – müssen diese Schäden ja auch nachgewiesen werden. Also Papierkram und Ärzte-Gutachten etc.
Es sieht nicht gut aus in diesem unseren Land und den Ländern drum herum. Jetzt zeigt sich, wie die sehr erkämpfte Demokratie über den Umweg Corona-Pandemie langsam aber sicher gewürgt und abgeschafft wird. Nicht einmal unsere Körper dürfen uns gehören, wenn es die Pharmawirtschaft will.
Wir sitzen in der Falle!
Merkels Charakterstärke ist stur wie ein Panzer sein und ihr Hobby ist Nudging. Alle demokratischen Wege wie Diskussionen, Debatten, Für und Wider sind anstrengend, kosten Nerven und Geld und werden gesperrt und dann bleibt nur noch der eine: Sich impfen lassen! Da brauchen sich nur alle EU-Länder zusammentun und sagen: Menschen, die nicht gegen Corona geimpft sind, kommen nicht in unser Land. So erzwingt man, was man demokratisch nie hin bekommen hätte: Freiwilligkeit! Mein Körper gehört mir! Von wegen dann noch frei reisen und leben können!
Statt diesen ganzen Impf-Wahn in die Tonne zu treten und mit dem vielen Geld natürlich zu immunisieren über gute Ernährung, gute Wohn-und Arbeitsverhältnisse, gute Umwelt, gutes gesellschaftliches Klima , Geld ist ja genug da, werden wir zu Kaninchen und Mäusen gemacht!
Beste Grüße
Karola Schramm 7. Leserbrief Lieber Jens Berger, ja, eine Debatte ist nötig, findet auch statt. Sie verweisen auf ein Video von Clemens Arvay. Interessantes Video sicherlich, aber …. Ein angewandter Planzenwissenschaftler und Landschaftsökologe sollte vielleicht auch bei seinen Leisten bleiben. Ich bin mir nicht mal sicher, ob man ihn als Biologen bezeichnen soll. Seine Argumente sind nicht sehr originell, altbekannt und es folgt in einer gewissen Form immer dem gleichen Schema. Bekannte Fakten relativieren und in einen seltsamen Kontext stellen. So z.B. verweist er auf den weltbekannten – und in seiner Sprache “renommierten” – Epidemologen John Ioannidies. In der Tat war dieser Herr in den USA wichtig für die Lockerung und Aufhebung der Sars-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmen. Allerdings hat er mit einer methodisch äußert fragwürdigen Studie dazu beigetragen. Welche Folgen dies hatte kann man sehr gut an den Zahlen zum Virus, an den Toten in den USA ablesen. Egal, die Debatte ist notwendig und findet statt, aber es wäre in dieser Debatte auch gut, wenn die alte Weisheit von Wittgenstein “Worüber man nicht sprechen kann, darüber soll man schweigen” stärker berücksichtigt werden würde. Vielleicht sollten bessere Kronzeugen für das Thema Impfstoffe oder impfen her, als Landschäftsökologen oder Pflanzenwissenschaftlern. Vielleicht sind hier Experten gefragt. Natürlich soll darüber kritisch diskutiert werden, wenn aber immer wieder Halbwissen von Laien als Beweis herangezogen wird, gerne eben auch von RT, dann besteht die Gefahr der Desinformation. Der Virologe Christian Drosten hat mit seinem Podcast bewiesen, dass es durchaus möglich ist kritisch und auch selbstkritisch zu informieren. Leider gibt es so etwas von einem Epidemologen oder einem Impfstoffforscher nicht. Aber es ist nicht schwierig sich an seriösen Forschern, Experten oder Organisationen (z.B. das RKI) zu orientieren. Insoweit findet eben doch eine Debatte statt, wenn auch in vielen Teilen – so auch bei dem Interview von Aray – in seltsamer Form. Beste Grüße
Manfred G.Lieb 8. Leserbrief Laut Kretschmann soll dieser Impfstoff bereits im Herbst dieses Jahres zur Verfügung stehen. Dass ein Impfstoff, der in einem derart kurzen Zeitraum entwickelt wird, gar nicht sorgfältig getestet werden kann und eine Impfung mit diesem Impfstoff ein großangelegter Feldversuch mit unbekannten Risiken und Nebenwirkungen sein muss, versteht sich von selbst. Keine Aufregung, Herr Berger! Sie und ich sind keine Spezialisten, wohl aber der Herr Kretschmann. Von unserem Leser T.B. 9. Leserbrief Sehr geehrter Herr Berger, danke für den aufklärenden Artikel und den Anstoß zur dringend notwendigen Debatte über das Thema. Zwei Bemerkungen zum Interview mit Clemens Arvay. Das ist wirklich saubere Wissenschaft und Aufklärung! Jetzt weiß ich auch wie Covid-19 Virus aussieht. Da ich selbst einmal als Physiker an Phospholipiddoppelschichten (die Hülle des Virus und Träger aktiver Komponenten) geforscht habe, kann ich auch beurteilen wie zutreffend und sauber die Darstellung von Herrn Arvay ist. Nun habe ich seine Internetseite verlinkt. Und da ist, für mich sehr erstaunlich und “witzig”, nicht mehr von einem Biologen und Öko-Immunologen die Rede, sondern von einem “eco-philosopher”. Was Herr Arvay im Interview in Sachen Prävention, Immunologie und Unterstützung des Immunsystems durch Waldspaziergänge gesagt hat, ist alles richtig, wissenschaftlich und praktiziere ich auch selbst. Aber wenn er mir als erstes als “eco-philosopher” vorgestellt worden wäre, hätte ich genervt abgewinkt. Mag ja sein, dass an seiner Arbeit auch ein bisschen Philosophie dran ist, aber der Hauptpunkt sind Naturwissenschaft und Medizin. Reine Philosophen, besonders wenn sie sich mit dem Laben “eco” schmücken, haben sich, aus meiner Sicht, zu oft als faktenfreie Laberärsche (pardon) und Esoteriker herausgestellt. Und das ist Clemens Arvay eben nicht! Noch mal Danke für den fundierten Aufruf zum kritisch vernünftigen Umgang mit dem uns allen drohenden Impftotalitarismus der Pharmaindustrie. Packen wir’s an! Mit freundlichen Grüßen,
Rolf Henze Anmerkung Jens Berger: Sehr geehrter Herr Henze, Sie werden vielleicht lachen – mir erging es ganz genau so. Ich hatte vor Wochen schon mal ein Video mit Herrn Arvay gesehen, auf dem er sich mit offenem Haar im Wald filmen ließ und – wir sind ja unter uns – eher „esoterisch” rüberkam. Daher packte ich ihn schon in meine gedankliche Schublade mit den Leuten, die sicher nett sind, aber nicht unbedingt stringent wissenschaftlich argumentieren. Dann wies mich ein Freund auf das RT-Deutsch-Interview hin und ich schaute es mir sehr vorbehaltsbeladen an, blieb aber dran und war dann um so erstaunter. Daher habe ich im Artikel ja auch den Passus untergebracht, dass die Leser sich ruhig mal einen Ruck geben sollten und sich das Video vorbehaltsfrei anschauen sollen. Wie gesagt – ich wäre da selbst fast Opfer meiner Vorurteile geworden. Beste Grüße
Jens Berger 10. Leserbrief Sehr geehrter Herr Berger, sehr geehrte Damen und Herren, ergänzend zu diesem Thema ist mir folgende Quelle begegnet: childrenshealthdefense.org/news/gates-and-fauci-back-down-on-vaccine-promises/?utm_source=salsa&eType=EmailBlastContent&eId=57edf436-27b8-40cf-8939-b4bdc31a3df7 Ich kann nicht beurteilen, ob es sich dabei um eine seriöse Quelle handelt, aber ich finde die Hinweise, falls zutreffend, wichtig und überprüfenswert, dass es anscheinend bei den Impfstoffprojekten von Moderna und Oxford erhebliche Rückschläge gegeben haben soll. Mit freundlichen Grüßen
Th. Hemmes 11. Leserbrief Lieber Herr Berger, herzlichen Dank für diesen Artikel. Ich sehe es ebenfalls als sehr wichtig an, dass über die neuen Impfstoffentwicklungen, ihre Funktionsweise, Risiken, Vor- und Nachteile, informiert und diskutiert wird. Da die meisten Medien dieser Aufgabe überhaupt (noch) nicht nachkommen, habe ich auf der letzten Veranstaltung der Bewegung Leipzig am 25.07.2020 auf dem Leipziger Marktplatz eine Rede gehalten (“Wie funktioniert eigentlich die mRNA-Impfung”). Den Text schicke ich Ihnen im Anhang zu Ihrer freien Verfügung. Auch ich bin kein Experte auf diesem Gebiet, aber als Wissenschaftlerin fühle ich mich durchaus in der Lage, mich in einem verwandten Gebiet in ein Thema einzuarbeiten und Zusammenhänge allgemein verständlich darzustellen. Das habe ich zunächst für die mRNA-Impfung mit dem vorliegenden Text versucht, um die Menschen auf der Straße zu erreichen, und auch eine positive Rückmeldung von einem anwesenden Mediziner dafür bekommen. Viele Grüße,
Beate Strehlitz Wie funktioniert eigentlich die mRNA-Impfung? [PDF] 12. Leserbrief Hallo Herr Berger, Sie schreiben: Herr Dietrich Kraus, der denkende Kopf hinter den “Anstalt” findet aber, dass Menschen, die diese Fragen stellen, weil sie hier ein Problem sehen, ahnen, befürchten, also dass solche Menschen Esoteriker seien und daher gleichzeitig auch noch VTler, rechts offen etc. sind.
kontextwochenzeitung.de/debatte/484/wir-koennen-alles-ausser-impfen-6853.html Ich will damit sagen, Sie leben gefährlich, Herr Berger. Ich wünsche Ihnen Glück! Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Meyer 13. Leserbrief Sehr geehrtes Team der Nachdenkseiten, im Zusammenhang zu Covid-19-Maßnahmen fordern Sie zurecht nach einer Debatte. Dagegen finde ich in Ihren Beiträgen, Kommentaren und Hinweisen in letzter Zeit statt einer Debatte, also einem Pro und Contra, vor allem dogmatische Verkürzungen gegen die Maßnahmen. Schade! Nicht zuletzt sowohl in den Videohinweisen vom 29.07 (allein der Titel des ersten Interviews ist hoffnungslos ideologisch und emotional: “Das Gehorsamkeits-Experiment”!) als auch in den Hinweisen des Tages vom 30.07.2020 wird zum Beispiel wiederholt auf die “Unwahrscheinlichkeit” hingewiesen, sich zu infizieren – getreu dem Motto: “Wer immer wieder dasselbe sagt, hat recht!” Kommt nach all den Wiederholungen dieser Meinung keiner auf den Zweifel, dass Wahrscheinlichkeitsrechnung als Instrument zur Einschätzung dieser Krise vollkommen ungeeignet ist? Wie war das mit Ischgl? Korrekt, für den durchschnittlichen Urlauber war es damals sehr unwahrscheinlich, sich dort anzustecken. Es lässt sich anhand der Daten allerdings sehr gut nachvollziehen, wie schnell sich ein paar “unwahrscheinliche” Fälle exponentiell vervielfältigen konnten. In den U.S.A. gab es am 05.03.2020 nur 174 Fälle. Da war es sehr unwahrscheinlich, sich zu infizieren. Am 29.07. lag die Summe der Fälle bei 4,4 Mio, während allein in der letzten Woche 456.000 neue bestätigte Fälle hinzugekommen sind. Im Vergleich sind in den letzten 7 Tagen in Deutschland nicht 174, sondern 3.773 neue Fälle hinzugekommen Begrüßenswert fände ich es, wenn die Debatte reflektiert und halbwegs sachlich verlaufen würde, statt oft nur an der Oberfläche wohlfeiler Argumente zu verweilen. “Maskentragen ein Eingriff in die Grundrechte!” Bitte was? Was kommt als nächstes, “Hosentragen ein Eingriff in die Grundrechte!”? Neben solchen Nebelkerzen, gibt es da nicht viele andere Problemfelder, in denen tatsächlich massiv in die Grundrechte eingegriffen wird? Eine Ausnahme sind hier erfreulicherweise die Beiträge von Jens Berger. Gerade im Hinblick auf die doch etwas komplexere Sachlage, in der eben noch nicht mit vollkommener Sicherheit gesagt werden kann, welche Covid-19-Maßnahmen welches Gewicht haben, wäre es m.E. zudem sehr begrüßenswert, die Diskussion nicht noch zusätzlich durch all die Sophistereien zu verkomplizieren, die ins Feld geführt werden, um selbst noch den kleinsten persönlichen Missfallen an einer Maßnahme in ein wissenschaftliches Gewand zu kleiden und ihn auf verfassungsrechtliche Ebene zu hieven. Mit freundlichen Grüßen
Patrick Graw 14. Leserbrief Sehr geehrter Herr Berger,
danke für diesen ausgezeichneten Artikel. Er ist sehr gut gemacht, gut recherchiert und zeigt das Problem exakt auf.
Sie haben auch das Problem der “Nichtvorhandenen” Antikörper gut gesehen, d.h. wenn unser Körper mit den Viren schnell und recht problemlos fertig wird, bilden wir eben keine oder nur wenige und nicht lange anhaltende Antikörper. Werden wir irgendwann erneut krank, geht das ganze wieder so ab (Erkältung eben). Werden wir dagegen heftiger krank, agiert unser Immunsystem anders und wir legen Erinnerungskarten an, die wir später wieder hervorziehen, falls eine erneute Ansteckung passiert. Dann jedoch kennt der Körper das schon und voila: wir gehören auf einmal zu der Gruppe Menschen, die Covid-19 problemlos wegstecken.
Im übrigen geht es mir wie Ihnen: ich bin absolut kein Impfgegner, aber so einfach diese neuen Impfstoffe über mich ergehen zu lassen, da lehne ich ab. Diese Art Impfstoff ist viel zu neu, da weiss man gar nicht, was das bewirkt – von den übersprungenen Sicherheitsmassnahmen bei der Entwicklung will ich mal lieber gar nicht reden.
Und die Hysterie wird angeheizt, die Panik muss am Leben bleiben.
Ich frage mich warum? Was ist das Ziel des Ganzen?
Danke für Ihren Beitrag und ich füge dem Ganzen noch einen Auszug aus den SRF Nachrichten vom 29.7.2020 hinzu:
Schweizer Risikoland-Rückkehrer müssen trotz negativem Test in Quarantäne
Auch mit einem negativen Testergebnis könne eine Infektion nicht ausgeschlossen werden: Das Virus benötige mindestens fünf Tage, bis es sich im Körper so verbreitet habe, dass es per Halsabstrich nachgewiesen werden könne, sagte das BAG am Mittwoch der Nachrichtenagentur SDA.
Ebenso könne die zehntägige Quarantänepflicht nicht durch einen negativen Test verkürzt werden. Die zehntägige Quarantänepflicht gilt seit dem 6. Juli für Personen, die aus einem der 42 Länder mit erhöhtem Infektionsrisiko in die Schweiz einreisen.
Wie bitte? Positive Tests müssen also nachgetestet werden, eben weil zu viele false positives dabei sind und negative Tests sagen auch nichts genaues aus?
Da könnten wir uns eine Menge Geld sparen und statt dessen einen Wahrsager mit Kristallkugel den Job machen lassen.
Ja was jetzt? MAN ÜBERLEGE BITTE GENAU WAS DAS JETZT BEDEUTET IN SACHEN TESTS!
Liebe Grüsse
E. Richter 15. Leserbrief Hallo Herr Berger,
besten Dank für den Artikel, den ich der Impfung betreffend zu 100% teile und auch ich und meine Frau werden diese Impfung ablehnen. Grundsätzlich sollte aber auch erwähnt werden, dass Impfungen in erster Linie ein riesiges Geschäft sind, ein Geschäft mit der Angst und da ist ganz gleich welche. Eine Frage, die im Mainstream aber auch in der Gesellschaft ein Nogo ist, ist die Frage nach dem Sinn bzw. dem Nutzen einer Impfung. Diese Diskussion will man sofort im Keim ersticken u. Menschen, die das hinterfragen werden als Impfgegner oder mit dem Trendsetter Verschwörungstheoretiker beschimpft. Es sollte also grundsätzlich die Frage offen diskutiert werden wie der Nutzen einer Impfung im Verhältnis zu evtl. Nebenwirkungen steht und hier hauptsächlich das Hinterfragen der eingesetzten Impfverstärker (Adjuvantien). Gerade bei der Schweinegrippeimpfung mit dem Impfstoff Pandemrix gibt es Menschen, die dadurch erhebliche Nebenwirkungen erfahren haben (Narkolepsie) und heute noch auf Schmerzensgeld klagen wie u.a. aktuelle Berichte aus Schweden zeigen. Warum wurden z.B. damals zwei verschiedene Impfstoffe (einmal mit Verstärker für Bevölkerung und einmal ohne für die Politiker) wie in dem Film Profiteure der Angst zu sehen ist vorbereitet? Eine offene Diskussion wäre wichtig für die Fragen der Notwendigkeit überhaupt und ob es nicht eher Notwendig ist das Immunsystem so zu stärken, dass eine Impfung evtl. überflüssig ist bzw. hat die Natur überhaupt für uns Menschen eine Impfung vorgesehen? Hier hat sich ein Paradigma eingestellt, dass eine Impfung immer positiv dargestellt wird. Es gibt dazu auch Daten und Fakten von Wissenschaftlern und Ärzten, dass Impfungen angeblich keinen Einfluss auf die Gesundheit der Menschen haben und hatten, sondern die Entwicklung bzw. Verbesserung der Hygiene und Ernährung. Allerdings werden diese Erkenntnisse nicht offen diskutiert. Auch die Frage der Häufigkeit der Impfungen sollte offen diskutiert werden, da es z.B. Studien gibt, die Aussagen, dass eine Grundimmunisierung (z.B. FSME) reicht. Also Fragen über Fragen, die es gilt offen Diskutiert zu werden. Da ist die RNA Impfung nur ein Teil davon.
Viele Grüße
Christian Sauer Anmerkung zur Korrespondenz mit den NachDenkSeiten Die NachDenkSeiten freuen sich über Ihre Zuschriften, am besten in einer angemessenen Länge und mit einem eindeutigen Betreff. Es gibt die folgenden Emailadressen: Weitere Details zu diesem Thema finden Sie in unserer „Gebrauchsanleitung“. | Redaktion | Jens Berger hat in diesem Beitrag eine Debatte in Massenmedien und Politik über die Covid-19-Impfstoffentwicklung gefordert. Er bemängelt, dass die hiesige Bevölkerung nicht über die Impfstoffentwicklung aufgeklärt wird. Zum Beispiel ist kaum etwas über die Anzahl der derzeit in der Entwicklung stehenden und teilweise bereits am Menschen getesteten Impfstoffkandidaten zu erfahren. Zahlreiche L ... | [] | [
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] | 02. August 2020 13:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=63500&share=email&nb=1 |
Stresstest der Banken durch die Bankenaufseher der EU | In der Finanzbranche werden Banken und Versicherungen Stresstests unterzogen. Banken werden überprüft, ob diese bei künftigen Krisen ausreichend mit Eigenkapital ausgestattet sind. Im Zentrum stehen die Auswirkungen einer dramatischen Verschlechterung der Konjunktur sowie hohe Kursverluste der Wertpapiere. Die strategische Messgröße für die Belastbarkeitstests ist die Eigenkapitalquote, also das Eigenkapital einer Bank im Verhältnis zur Bilanzsumme. Von Rudolf Hickel
1. Worum geht es? Dazu ein Beispiel: Eine Bank erwirtschaftet auf der Basis eines soliden Geschäftsmodells Gewinne und schüttet Dividenden aus. Ihre Eigenkapitalquote mit 10% reicht aus, um die üblichen Schwankungen bei den Wertpapierkursen sowie Verluste durch geplatzte Kredite verarbeiten zu können. Was aber passiert, wenn sich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung sowie die Markteinflüsse dramatisch verschlechtern? Hier setzt der Stresstest ein. Dieser zeigt für unterschiedliche Annahmen über die Intensität von Belastungen der Bankbilanz ob das Eigenkapital unter eine Mindestmarke sinkt. Wird beim Stresstest die durch die EU-Bankenaufseher unterstellte Mindestquote des Kernkapitals um 6% unterschritten, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Die Bank besorgt sich frisches Kapital. Wenn sie dazu nicht in der Lage ist, stellt sich die Frage, ob staatliche Eigenkapitalzuschüsse gewährt werden oder die Bank teil- oder voll verstaatlicht bzw. im schlimmsten Fall nicht gerettet wird. Stresstests dienen als Frühwarnsystem. Es handelt sich jedoch nicht um Prognosen zur ökonomischen Entwicklung etwa der Deutschen Bank oder Commerzbank. Vielmehr geht es um Wenn-Dann-Szenarien. Wenn beispielsweise Staatsanleihen aus Krisenstaaten der EU, über die die Bank verfügt, um 10%, 20%, ja 50% an Wert verlieren, dann stellt sich die Frage, in welchem Ausmaß wegen notwendiger Wertberichtigungen bzw. Abschreibungen das Eigenkapital der Bank schmilzt. 2. Erfahrungen mit Belastbarkeitstests in den USA und der deutschen Versicherungswirtschaft Mit solchen Stresstests liegen umfangreiche Erfahrungen vor. In der deutschen Versicherungswirtschaft ist das Instrument 2004 zur Bewertung der Widerstandsfähigkeit der Unternehmen dieser Branche eingeführt werden. Zuständig ist die „Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)“. In komplizierten Risikomodellen werden unterschiedlich hohe Kursverluste bei Aktien und bei Anleihen (zwischen 45% und 10%) durchgespielt. Fällt bei dramatischen Kursverlusten der Risikopuffer Eigenkapital unter ein Mindestmaß und fehlt es an ausreichenden Eigenmitteln (Solvabilität), dann muss das Unternehmen mit einem Sanierungsplan aktiv werden. Bekannt geworden sind die Stresstests von 19 großen Banken in den USA im Frühjahr 2009. Dabei wird einer Bank, die im schlimmsten Fall (Worst- Case-Szenario) so viel an Eigenkapital verliert, dass gegenüber der Bilanzsumme die Mindesteigenkapitalquote unterschritten wird, der erforderliche Kapitalzuschuss durch die Aufsichtsbehörde mitgeteilt. Bei der Bank of America waren es 33,9 Mrd. $, und bei der Citygroup 5,5 Mrd. $. Die Kritik an diesen Stresstests verweist darauf, dass auch unter dem Einfluss der Bankenlobby mit viel zu laschen Kriterien die Ergebnisse geschönt worden seien. 3. Die Stresstests von 91 Banken in der EU im Überblick Erstmals ist in diesem Umfang ein Stresstest bei 91 systemrelevanten Banken durchgeführt worden. Zuständig für die Durchführung sowie die Empfehlungen von Maßnahmen im Falle der unzureichenden Eigenkapitalausstattung sind die Bankenaufseher der EU in London („Committee of European Banking Supervisors (CEBS)“. In Deutschland wurden insgesamt 14 Banken auf ihre Stressfähigkeit untersucht: Deutsche Bank, Commerzbank, Hypo Real Estate Holding, Landesbank Baden-Württemberg, Bayerische Landesbank, DZ Bank AG, Dt. Zentral-Genossenschaftsbank, Norddeutsche Landesbank, Deutsche Postbank, WestLB, HSH Nordbank, Landesbank Hessen-Thüringen, Landesbank Berlin, Dekabank Deutsche Girozentrale, WGZ Bank.
Die Faktoren, die zur Ermittlung unterschiedlicher Krisenverläufe von den Banken abgefragt wurden, sind nur grob bekannt. Erfragt wurden zum einen die Auswirkungen unterschiedlicher Intensitäten eines Konjunktureinbruchs auf das Eigenkapital der einzelnen Bank. Zum anderen sind massive Kursverluste am Markt für europäische Staatsanleihen durchgespielt worden. Die von Marktbeobachtern erwartete Berücksichtigung der Auswirkungen einer Staatspleite innerhalb der EU auf die Bankbilanz ist nicht untersucht worden. Die Rechtfertigung aus der Politik, es gäbe einen Rettungsschirm, ist nicht akzeptabel. Schließlich wäre es wichtig zu wissen, welche Bank nach einem negativen Ergebnis der Stresstests öffentliche Finanzmittel aus dem Fonds beanspruchen wird. Darüber hinaus müssten beim Stresstest auch die Wertpapiere, die auf der Basis von Verbriefungen von Krediten zusammengepackt worden sind, einbezogen werden. Das Komitee der Bankenaufseher in der EU hat die Kernkapitalquote, die auch im „Worst – Cafe-Szenario“ nicht unterschritten werden darf, mit 6% festgelegt worden. Wird diese unterschritten, werden die betroffenen Finanzinstitute aufgefordert, Maßnahmen zur Erhöhung des Eigenkapitals zu ergreifen. Umstritten ist die Frage, was passiert, wenn die Bank dazu nicht in der Lage ist. Mit einem allgemeinen EU-Hilfsprogramm ist nicht zu rechnen. Vielmehr wird von nationalen Lösungen allerdings unter Berücksichtigung des EU-Beihilferechts ausgegangen. In Deutschland ist dafür die „Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) mit ihrem Sonderfonds (SoFFin) zuständig. 4. Belastbarkeitstests der EU im Einzelnen 4.1. Die drei Szenarien Basisszenario Beim Basisszenario steht die in der Euro-Zone prognostizierte Rate des wirtschaftlichen Wachstums durch die EU-Kommission für dieses und das kommende Jahr im Mittelpunkt. Es wird geprüft, welche Folgen diese Entwicklung für das Eigenkapital der untersuchten Banken sowie auf andere Kennziffern hat. Im Mai dieses Jahres ist für 2010 in den 27 EU-Mitgliedsländern 1,0 Prozent und für das kommende Jahr ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent prognostiziert worden. Für die 16 Länder der Euro-Zone erwartet die Behörde in diesem Jahr ein Plus von 1,0 Prozent und 2011 von 1,7 Prozent. Krisenszenario Beim Krisenszenario erfolgt gegenüber dem Basisszenario ein Test mit der Annahme, dass sich die Konjunktur in der EU im laufenden und kommenden Jahr wesentlich schwächer entwickeln wird. Es werden die Folgen einer Abweichung von drei Prozent gegenüber der EU-Prognose auf das Eigenkapital der Banken simuliert. Nach bekannt gewordenen Insiderinformationen ist die Belastung der deutschen Banken im Fall des Krisenszenarios günstig. Wegen der im Durchschnitt höheren Zuwachsraten des Bruttoinlandsprodukts wird im Krisenszenario ein hauchdünner Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,2 Prozent und für das kommende Jahr ein Minus von 0,6 Prozent simuliert. Ein Absturz um 5 Prozent, wie er sich 2009 ereignete, wird nicht simuliert. Auch die Zinsentwicklung wird beim Krisenszenario berücksichtigt. Angenommen wird eine Abflachung der Zinsstrukturkurve. Das heißt, dass die Folgen stärkerer Verwerfungen auf den Rentenmärkten auf die Bankbilanzen getestet werden. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass Banken wegen ihrer hohen Bestände an Anleihen betroffen sind. Crashszenario Ausgehend vom Krisenszenario wird ein Crash am europäischen Staatsanleihenmarkt zusätzlich berücksichtigt. Simuliert wird die Situation, die dem Höhepunkt der Schuldenkrise im Euroland entspricht. Es sei daran erinnert, dass auf dem Höhepunkt der Schuldenkrise die Risikoaufschläge für Staatsanleihen etwa in Griechenland extrem angestiegen sind. Ausgenommen die mit hoher Bonität ausgezeichneten deutschen Bundesanleihen ist der Handel nahezu zusammengebrochen. Bei dieser Simulation der Belastbarkeit der Banken soll die Konstellation erfasst worden sein: Steigende Risikoaufschläge (Spreads) sowie Kursverluste im Ausmaß steigender Renditen am Markt für Staatsanleihen um durchschnittlich 30 Basispunkte. Die Folge sind entsprechende Kursverluste dieser Staatsanleihen. Die Rede ist von Kursabschlägen bis ca. 20% bei Staatsanleihen aus den Schuldenländern – etwa Griechenland, Portugal und Spanien. Durch die Kursverluste steigen die Eigenkapitalanforderungen. Wegen ihrer hohen Bonität führt der Besitz von deutschen Bundesanleihen nicht zu Belastungen in den Bankbilanzen. 4.2. Die Kritik 5. Sind Stresstests sinnvoll Die Stresstests sind unter folgenden Bedingungen sinnvoll: Alle systemischen Risiken, die zum Verlust an Eigenkapital einer Bank im Krisenfall führen, werden berücksichtigt. Auch extreme Belastungen – etwa durch eine Staatspleite innerhalb der EU – werden durchgerechnet. Als vertrauensbildende Maßnahme werden die Ergebnisse zu den einzelnen Banken detailliert publiziert. | Rudolf Hickel | In der Finanzbranche werden Banken und Versicherungen Stresstests unterzogen. Banken werden überprüft, ob diese bei künftigen Krisen ausreichend mit Eigenkapital ausgestattet sind. Im Zentrum stehen die Auswirkungen einer dramatischen Verschlechterung der Konjunktur sowie hohe Kursverluste der Wertpapiere. Die strategische Messgröße für die Belastbarkeitstests ist die Eigenkapitalquote, also ... | [
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] | 23. Juli 2010 12:25 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=6269 |
Die völkerrechtswidrige US-Blockade gegen Kuba und die widersprüchliche Haltung der Bundesregierung | Seit 1992 verurteilt die UN-Vollversammlung jährlich das völkerrechtswidrige US-Embargo gegen Kuba – bisher ohne Konsequenzen. Auch dieses Jahr stimmten 187 Länder, darunter Deutschland, gegen die US-Blockade und forderten deren sofortige und bedingungslose Aufhebung. Lediglich die USA und Israel stimmten gegen diese Resolution. Vor diesem Hintergrund fragten die NachDenkSeiten, was die Bundesregierung konkret tut, um ihrem Votum Nachdruck zu verleihen und die seit Jahrzehnten anhaltende Verletzung des Völkerrechts durch den Wertepartner in Washington zu stoppen. Zudem wollten die NDS wissen, welche Maßnahmen die Bundesregierung ergreift, um den von illegalen US-Zwangsmaßnahmen im Zuge des Embargos betroffenen deutschen Unternehmen, Banken und Vereinen in Deutschland, auch eingedenk des geleisteten Amtseids, zu helfen. Von Florian Warweg. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Die Resolutionen gegen die US-Blockade, die die UN-Generalversammlung regelmäßig verabschiedet, sind im juristischen Sinne nicht bindend, besitzen aber einen hohen symbolischen Wert und erzeugen politisch-diplomatischen Druck. Sie zeigen auf, dass sich Washington zumindest in dieser Angelegenheit komplett isoliert hat. Der Umgang mit der Resolution beweist aber auch, dass sich die USA bisher ohne jede weitere Konsequenz über dieses eindeutige Votum der Weltgemeinschaft hinwegsetzen konnten. Im Falle der seit 62 Jahren anhaltenden völkerrechtswidrigen US-Blockade zeigt sich zudem eine rational kaum erklärbare und geradezu infantile Unerbittlichkeit und Obsession gegenüber der sozialistischen Karibikinsel. Verwiesen sei hierzu exemplarisch auf ein Zitat des einstigen US-Staatssekretärs für Auswärtige Angelegenheiten, Lester Malory, der sich bereits 1960 für die Verhängung einer Blockade gegen Kuba aussprach und dies wie folgt begründete: Doch die Komplettblockade schädigt nicht nur massiv die kubanische Bevölkerung in allen Lebensbereichen, sondern hat auch ganz konkrete Auswirkungen auf deutsche und europäische Unternehmen, Banken, Vereine und Privatpersonen. Jede Transaktion, jeder Handel mit Kuba kann von Washington, genauer gesagt vom US-Finanzministerium und dem ihm unterstellten OFAC, dem US-Amt zur Kontrolle von Auslandsvermögen, mit der Verhängung von horrenden Strafsummen geahndet werden. Diese sind zwar vollkommen illegal, aber vor die Entscheidung gestellt, diese zu zahlen oder den Zugang zum US-Markt zu verlieren, entscheiden sich natürlich fast alle Unternehmen und Banken zu entsprechenden „Strafzahlungen“. Daneben haben diese Strafzahlungen vor allem eine präventiv-abschreckende Wirkung auf Drittstatten. Potenzielle und interessierte Investoren, Wirtschaftspartner, Banken, Versicherungen und Unternehmen sehen angesichts der drohenden US-Zwangsmaßnahmen davon ab, sich überhaupt in Kuba wirtschaftlich zu engagieren. Befragt, was die Bundesregierung tut, um deutsche Unternehmen und Banken vor diesen skizzierten US-Willkürmaßnahmen zu schützen, gab sich das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) ahnungslos, man wisse angeblich nichts von solchen Fällen: Wir helfen dem Sprecher des BMWK natürlich gerne und dokumentieren anbei eine kleine Auswahl der erfolgten Strafzahlungen, Kontosperrungen oder anderer Zwangsmaßnahmen gegen deutsche und europäische Unternehmen, Banken, Vereine, aber auch Einzelpersonen aus den letzten zehn Jahren: 2013: 2014: 2015: 2017: 2018: 2019: 2022: Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Die USA bestimmen de facto darüber, ob deutsche und EU-Unternehmen und Banken Geschäfte mit einem Drittstaat wie Kuba machen dürfen. Bei Nichtachtung werden wie dargelegt teilweise horrende Strafzahlungen in Milliardenhöhe erzwungen. Ebenso erdreisten sich die USA, Transaktionen innerhalb der EU zu verhindern, nur weil im Überweisungsbetreff „Kuba“ steht. Eigentlich wäre es Aufgabe der EU-Mitgliedsstaaten, ihre Bürger und Unternehmen vor solchen unilateralen und willkürlichen Vorgaben und damit einhergehenden Verletzungen von EU-Recht zu schützen. Dafür gibt es sogar eine sogenannte „Council Regulation“ der EU-Kommission (Nummer 2271/96) unter dem Titel „Schutz vor den Auswirkungen der extraterritorialen Anwendung der von einem Drittland erlassenen Rechtsvorschriften und der darauf beruhenden oder sich daraus ergebenden Maßnahmen“. Das heißt, zumindest auf EU-Ebene liegen durchaus Instrumente gegen diese US-Willkürmaßnahmen vor. Nur ist die EU-Kommission, insbesondere unter der aktuellen Chefin Ursula von der Leyen, nicht gewillt, diese einzusetzen. Auch in Deutschland gäbe es durchaus Möglichkeiten, die USA mit ihren illegalen exterritorialen Maßnahmen in die Schranken zu weisen. Dass die USA das Handeln von EU-Bürgern und Wirtschaftsunternehmen maßgeblich fremdbestimmen können und damit massiv EU- und Völkerrecht ohne jede Konsequenz brechen, ist schlicht und ergreifend skandalös. Es stellt sowohl Deutschland als auch der EU als Ganzes ein Armutszeugnis aus und führt die proklamierte politische und wirtschaftliche Eigenständigkeit als angebliche internationale „Führungsmacht“ komplett ad absurdum. Eine selbstbewusste und ihrem Amtseid verpflichtete Bundesregierung müsste hier eigentlich aktiv werden, die Verstöße systematisch sammeln, vor ein Schiedsgericht bringen und die Betroffenen der illegalen US-Maßnahmen entsprechend unterstützen. Eigentlich … Protokollauszug von der Bundespressekonferenz am 8. November 2023: Frage Warweg
Seit 31 Jahren verurteilt die UN-Vollversammlung regelmäßig das völkerrechtswidrige US-Embargo gegen Kuba. Auch vergangene Woche stimmten 187 Staaten, darunter auch Deutschland, gegen die US-Blockade und forderten deren sofortige Aufhebung. Lediglich die USA und Israel stimmten dagegen. Vor diesem Hintergrund meine Frage: Was tut die Bundesregierung ganz konkret, um diesem Votum vom 3. November Nachhall zu verschaffen? Gibt es konkrete Maßnahmen, um den regelmäßigen Bruch des Völkerrechts durch den Wertepartner in Washington zu stoppen? Stellvertretende Regierungssprecherin Hoffmann
Die Bundesregierung hat sich in der Abstimmung so verhalten, wie sie sich verhalten hat. Das ist die Ansicht der Bundesregierung. Mehr ist dazu im Moment nicht zu sagen. Zusatzfrage Warweg
Deutsche Unternehmen, Banken, Vereine, NGO und Privatpersonen sind regelmäßig Opfer von US-Stellen, die sie zur Zahlung wirklich horrender Strafsummen auffordern, weil sie angeblich dem völkerrechtswidrigen US-Embargo widersprochen bzw. es übergangen hätten. Meine Frage geht insbesondere an das BMWK. Welche Hilfsmaßnahmen der deutschen Bundesregierung gibt es, um insbesondere den betroffenen Banken und Unternehmen zu helfen, auch eingedenk des Amtseids? Dr. Säverin (BMWK)
Ich muss ehrlich sagen, dass ich die Fälle nicht kenne, von denen sie sprechen. Von den, wie Sie sagen, horrenden Strafsummen ist mir nichts bekannt, sodass es mir schwerfällt, jetzt etwas dazu zu sagen. Vielleicht können Sie, wenn das geht, die Quelle offenlegen, in der diese Information enthalten ist. Dann können wir uns darum bemühen, etwas nachzureichen. Zusatz Warweg
Das ist eigentlich Allgemeingut. Ich glaube, fast jedes deutsche Wirtschaftsunternehmen, das einmal Kontakt mit Kuba hatte, könnte Ihnen Fälle nennen, ebenso Vereine, NGO und Privatpersonen. Schon ein kleiner Ein-Mann-Rumvertrieb hat ein Problem, wenn die US-Finanzbehörde auf ihn aufmerksam wird. In dem Sinne fände ich es gut, wenn Sie mir dazu etwas nachliefern könnten. Dr. Säverin (BMWK)
Voraussetzung wäre, dass Sie mir vielleicht ein paar konkrete Fälle nennen. Dann will ich dem gern nachgehen. Zusatz Warweg
Dann liefere ich die konkreten Fälle gern nach. Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 08. November 2023 | Florian Warweg | Seit 1992 verurteilt die UN-Vollversammlung jährlich das völkerrechtswidrige US-Embargo gegen Kuba – bisher ohne Konsequenzen. Auch dieses Jahr stimmten 187 Länder, darunter Deutschland, gegen die US-Blockade und forderten deren sofortige und bedingungslose Aufhebung. Lediglich die USA und Israel stimmten gegen diese Resolution. Vor diesem Hintergrund fragten die NachDenkSeiten, was die Bundes ... | [
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] | 14. November 2023 11:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=106682&share=email&nb=1 |
Suchergebnisse Rente | „Nie wieder Krieg – Wie sähe eine vernünftige Strategie im Umgang mit Russland aus?“ Das war das Thema der 26. Pleisweiler Gespräche am 2. Oktober 2016. Das Gespräch fand ein überwältigendes Echo. Fast 300 Menschen aus ganz Deutschland kamen in das kleine Dorf in der Südpfalz – nach Pleisweiler-Oberhofen. Albrecht Müller | [] | [] | 06. Oktober 2016 10:03 | https://www.nachdenkseiten.de/?s=Rente&Submit_x=0&Submit_y=0&paged=248 |
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Auch Joschka Fischer sagt die üblichen Denkfehler zur Begründung der Reformen nach. | Heute erschien ein Interview mit Joschka Fischer in der Frankfurter Rundschau. Auch bei ihm immer und immer wieder die gleichen Behauptungen, die auch durch Wiederholung nicht wahrer werden: Globalisierung und demographischer Wandel verändern angeblich die Rahmenbedingungen grundlegend, Deshalb müssten wir den Sozialstaat erneuern, und so auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit wiedergewinnen. Nichts daran stimmt: wir sind enorm wettbewerbsfähig, die Globalisierung ist überhaupt keine neue Herausforderung und der demographische Wandel lässt sich ohne Strukturreformen bewältigen. Zum Thema Globalisierung füge ich den einschlägigen Text aus Albrecht Müller, “Die Reformlüge” an. Siehe auch Eintrag vom 26.8.2004 | Albrecht Müller | Heute erschien ein Interview mit Joschka Fischer in der Frankfurter Rundschau. Auch bei ihm immer und immer wieder die gleichen Behauptungen, die auch durch Wiederholung nicht wahrer werden: Globalisierung und demographischer Wandel verändern angeblich die Rahmenbedingungen grundlegend, Deshalb müssten wir den Sozialstaat erneuern, und so auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit wiedergewi ... | [
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"Demografische Entwicklung",
"Globalisierung",
"Wettbewerbsfähigkeit"
] | 03. September 2004 12:06 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=356 |
Videohinweise am Mittwoch | Hier finden Sie in der Regel am Mittwoch und am Samstag einen Überblick über interessante Videobeiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie anschauen wollen. Die Videohinweise sind auch auf unserer YouTube-Seite als spezielle Playlist verfügbar. Auch für die Rubrik „Musik trifft Politik“ gibt es eine eigene Playlist (CG: Christian Goldbrunner)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert: Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Beiträge einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Aussagen sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Sie können uns bei der Zusammenstellung der Videohinweise unterstützen, indem Sie interessante Fundstücke an die Adresse [email protected] schicken. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin. | Redaktion | Hier finden Sie in der Regel am Mittwoch und am Samstag einen Überblick über interessante Videobeiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie anschauen wollen. Die Videohinweise sind auch auf unserer YouTube-Seite als spezielle Playlist verfügbar. Auch für die Rubrik „Musik trifft Politik“ ... | [] | [
"Videohinweise"
] | 31. Mai 2023 16:46 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=98632 |
Menschenrechte | Stellen Sie sich doch bitte einmal vor, wie groß hierzulande die Aufregung wäre, wenn in Russland ein Regierungskritiker – in der hiesigen Sprachregelung „Regimekritiker“ – zum Tode verurteilt worden wäre. Andere Länder, andere Maßstäbe – in Ägypten wurden zum Wochenbeginn ganze 683 Regierungskritiker – in der hiesigen Sprachregelung „Terroristen“ – zum Tode verurteilt. Von Aufregung ist hierzulande jedoch nichts zu spüren. In den Medien wird dieser brutale Akt von Staatsterrorismus allenfalls beiläufig vermeldet und die Politik verfällt einmal mehr, wenn es um Ägypten geht in ein bleiernes Schweigen. Stattdessen drischt man lieber mit gesammelter Kraft auf Altkanzler Schröder ein, der die Unverfrorenheit besitzt, mit dem russischen Präsidenten zu sprechen. Von Jens Berger. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. | [] | [] | 30. April 2014 9:18 | https://www.nachdenkseiten.de/?tag=menschenrechte&paged=21 |
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INSM: Nach der Rente nun auch die kapitalgedeckte Pflegeversicherung | Nachdem nun bei der Rente der Durchbruch in die private Vorsorge geschafft ist, kommt nun für die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ die Privatisierung der Pflegeversicherung an die Reihe. Raffelshüschen spielt mal wieder das wissenschaftliche Mietmaul. Wolfgang Lieb.
Die Quintessenz der INSM lautet erwartungsgemäß: Die umlagefinanzierte PV funktioniert nicht mehr; wir brauchen Kapitaldeckung. Denn jeder Tag Aufschub bei der Reform kostet den Bürger 29 Millionen Euro.
Daneben gibt es einen Link zum Forschungszentrum Generationenverträge. Na klar: Professor Raffelhüschens Geldbeschaffungseinrichtung an der Freiburger Universität. Und das Forschungszentrum hat einen Förderverein. Und der Vorstand des Fördervereins wird vertreten von:
Günther Knorz und Professor Bernd Raffelhüschen. Man kennt sich und man hilft sich. Günther Knorz war Vorstandsmitglied bei der ERGO-Versicherungsgruppe, befindet sich jetzt in Altersteilzeit. Professor Raffelhüschen sitzt im Gegenzug im Aufsichtsrat der ERGO-Versicherungsgruppe. Wie heißt es doch auf der Website des Forschungszentrums Generationenverträge so passend: In Köln nennt man so etwas „Klüngel“: Man kennt sich und man hilft sich zum gegenseitigen Vorteil und zu Lasten Dritter. | Wolfgang Lieb | Nachdem nun bei der Rente der Durchbruch in die private Vorsorge geschafft ist, kommt nun für die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ die Privatisierung der Pflegeversicherung an die Reihe. Raffelshüschen spielt mal wieder das wissenschaftliche Mietmaul. Wolfgang Lieb.
Die Quintessenz der INSM lautet erwartungsgemäß: Die umlagefinanzierte PV funktioniert nicht mehr; wir brauchen Kapit ... | [
"Privatvorsorge",
"Raffelhüschen, Bernd"
] | [
"INSM",
"Kampagnen/Tarnworte/Neusprech",
"Pflegeversicherung"
] | 18. April 2007 8:10 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=2266&share=email&nb=1 |
Kipping, Katja | Zum Abschied in ein – politisch betrachtet – übles Wochenende geben wir Ihnen die Links zu den beiden Interviews zur Kenntnis. Katja Kipping und Bernd Riexinger setzen ihre öffentliche Diffamierungskampagne gegen Sahra Wagenknecht fort. Heute sind gleich zwei Interviews erschienen, in denen sie sich an ihr abarbeiten. Kipping im Tagesspiegel und Riexinger in der Taz. Albrecht Müller. | [] | [] | 02. Februar 2018 17:03 | https://www.nachdenkseiten.de/?tag=kipping-katja&paged=3 |
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Die Handschrift des neuen Chefredakteurs der FR | Vermutlich zusammen mit vielen Nutzern der NachDenkSeiten war ich gespannt, wie sich der neue Chefredakteur Uwe Vorkötter in der Frankfurter Rundschau einführen wird. Am 27.6. erschien ein erster Kommentar zum Schwerpunkt Gesundheitsreform mit dem Titel „Die halbe Reform“.
Wenn dieser Kommentar des neuen Chefredakteurs die künftige Linie sein soll, auf die er die Redaktion bringen möchte, dann muss man sich Sorgen um den „linksliberalen Kurs“ der FR machen.
Ich zitiere dazu zunächst einen Absatz: Schon daran und am Titel „Die halbe Reform“ kann man viel erkennen: Wie anders liest sich da ein Kommentar des Chefredakteurs des Berliner Tagesspiegel vom 1.7.. Auch dazu ein paar Hinweise. „Der Rumpelpräsident
Zwei Jahre ist Bundespräsident Köhler im Amt. Eine Rückblick und ein Ausblick von Stephan-Andreas Casdorff“ Ich zitiere auch daraus eine Passage: Beim Tagesspiegel ist immerhin schon angekommen, dass die Angebotsökonomie und die darauf gründende Reformpolitik nicht sehr erfolgreich waren sind.
Auch wenn ich den Vergleich zweier Kommentare nicht überbewerten will: Wenn sich die Frankfurter Rundschau von einem im Kern eher konservativen Blatt bei der kritischen Begleitung des Geschehens in Deutschland abhängen lässt, dann ist das nicht gut für sie. Für die demokratische Meinungsbildung in Deutschland sowieso nicht. | Albrecht Müller | Vermutlich zusammen mit vielen Nutzern der NachDenkSeiten war ich gespannt, wie sich der neue Chefredakteur Uwe Vorkötter in der Frankfurter Rundschau einführen wird. Am 27.6. erschien ein erster Kommentar zum Schwerpunkt Gesundheitsreform mit dem Titel „Die halbe Reform“.
Wenn dieser Kommentar des neuen Chefredakteurs die künftige Linie sein soll, auf die er die Redaktion bringen möchte, dan ... | [
"Frankfurter Rundschau",
"Reformpolitik",
"Vierte Gewalt",
"Vorkötter, Uwe"
] | [
"„Lohnnebenkosten“",
"Gesundheitspolitik",
"Medien und Medienanalyse"
] | 03. Juli 2006 17:09 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=1383&share=email |
Unser Weg in die digitale Diktatur (1/2) | In der Überzeugung, dass sich die qualitative und quantitative Beschaffenheit der sich abzeichnenden zukünftigen Entwicklungen besonders gut durch Vergleiche mit früheren Gegebenheiten beurteilen lässt, soll zunächst – beginnend mit den „fetten Jahren“ der Nachkriegszeit – ein Blick auf die einstmals üblichen Lebensbedingungen geworfen werden. Zwar sind die eigenen diesbezüglichen Erfahrungen weitgehend auf die damalige BRD beschränkt, dürften aber dennoch ausreichen, um das Ausmaß der strukturellen Veränderungen einschließlich der daraus resultierenden Umgestaltungen des alltäglichen Lebens zu veranschaulichen. Dabei versteht es sich von selbst, dass die hier aus Gründen der Übersichtlichkeit getrennt voneinander dargestellten Epochen in Wirklichkeit fließend ineinander übergegangen sind und dementsprechend nicht mit einer klaren zeitlichen Zuordnung versehen werden können. Dem als Zeitzeugenbericht angelegten ersten Teil dieses Artikels (Retrospektive) folgt ein zweiter Teil (Machtkampf), in dem es um den Versuch einer Ausleuchtung der im Hintergrund wirkenden Kräfte und deren zukünftige Absichten geht. Für beide Teile gilt, dass schon allein aus Platzgründen nicht auf alle der hierfür in Frage kommenden Einzelthemen eingegangen werden kann. Von Magda von Garrel.
Teil 1: Retrospektive Zeit des Aufbruchs Um mit einem im wahrsten Sinne des Wortes alltäglichen Beispiel zu beginnen: In den ersten Jahrzehnten nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Post zweimal am Tag zugestellt, sodass nicht allzu lange auf einen Brief gewartet werden musste. In dringenden Fällen konnten zudem Telegramme verschickt werden, während private Telefonanschlüsse noch sehr selten waren. Immerhin nahm die Zahl der öffentlichen Telefonhäuschen allmählich zu, und man konnte auch in den zumeist nahe gelegenen Postfilialen telefonieren. Wenn es nur eine Kabine gab, musste man schon auf etwas längere Wartezeiten gefasst sein, aber die Standardleistungen wurden zumeist sehr schnell erbracht, da die Postfilialen personell sehr gut ausgestattet waren. Sehr kundenfreundlich ging es auch bei den Banken zu. Nach Einrichtung eines (damals noch nicht überall erforderlichen) Kontos gehörte die Aushändigung oder Zusendung der monatlichen Kontoauszüge zu den selbstverständlichen Serviceleistungen der Banken, für die genauso wenig eine Extragebühr erhoben wurde wie für die Kontoführung. Geldanlagen wie Sparbücher oder Lebensversicherungen wurden mit hohen (Garantie-)Zinsen belohnt, und auch der Abschluss von Bausparverträgen kam für immer mehr Menschen wegen der zu erwartenden Zuschüsse aus den staatlichen Bauförderprogrammen in Frage. Überhaupt wurde in jener Zeit viel und schnell gebaut. Die „Neue Heimat“ stampfte in Rekordzeit ganze Wohnquartiere aus dem Boden, was nicht zuletzt den zwangsweise einquartierten (und zumeist ungeliebten) Flüchtlingen aus den ehemaligen Ostgebieten zugutekam. Auf diese Weise sorgten die (nach heutigen Standards extrem schlecht isolierten) Wohnungen für eine weitgehende Befriedung der Gesellschaft. Neben den im Keller untergebrachten großen Waschküchen gehörten zu den neu gebauten Wohnungen oft auch noch Gartenbeete, auf denen alles angebaut werden durfte, was den Mietern im Sinne einer (zumindest partiellen) Selbstversorgung erstrebenswert erschien. Für den Gesundheitssektor galt, dass die Ärzte damals noch viel Zeit für ihre Patienten hatten und auch auf dem Lande gut erreichbar waren, da sie dort entweder eine Landarztpraxis unterhielten oder in nicht allzu weit entfernten Kliniken arbeiteten. Aber auch ganz allgemein war es um die ländliche Infrastruktur (einschließlich der Bahn- und Busverbindungen) recht gut bestellt, da es zumindest in den größeren Dörfern Schulen, Kindergärten, Läden, Arztpraxen, Gastwirtschaften, Frisöre, Bäcker, Schlachter und oft auch noch weitere kleine Handwerksbetriebe (zum Beispiel Tischler-, Elektro- oder Reparaturwerkstätten) gab. Selbst bei den Behörden ging es relativ angenehm zu, da damals nicht in Effizienzkriterien gedacht wurde und es auch noch keine Konzentration auf eng umgrenzte Leistungsbereiche gab. Wegen der behördeninternen Vernetzungsbereitschaft war es vielfach noch möglich, die anstehenden Angelegenheiten schnell und formlos „auf dem kleinen Dienstweg“ erledigen zu können. Die Kinder jener Zeit waren recht unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzt. Einerseits genossen sie sehr viel mehr Freiheiten als die heute lebenden Kinder, da sie in ihrer überwiegend draußen verbrachten Freizeit von ihren Eltern nicht überwacht und (nach ein- oder zweimaliger Führung) auch nicht zur Schule begleitet wurden. Andererseits galt die Prügelstrafe als normales „Erziehungsmittel“, wobei insbesondere die in Heimen lebenden Kinder – wie erst in letzter Zeit in vollem Ausmaß bekannt geworden ist – sogar noch schlimmeren Formen der schwarzen Pädagogik (nicht selten in Verbindung mit sexuellem Missbrauch) ausgesetzt waren. Die Ausstattung der Schulen ließ insbesondere auf dem Land lange Zeit zu wünschen übrig. Hier gab es noch etliche sogenannte Zwergschulen, die aus zwei Räumen für jeweils vier Klassenstufen bestanden (Klassen 1 bis 4 und Klassen 5 bis 8). Schriftliche Aufgaben wurden in der Schuleingangsphase auf Schiefertafeln erledigt, bevor Hefte, Federkiele und Tintenfässer zum Einsatz kamen. Dafür gab es keinen Mangel bei der gesundheitlichen Betreuung der Schüler, die in regelmäßigen Abständen von Schulärzten untersucht wurden. Ungeachtet aller nationalen und internationalen Krisen (Korea-Krieg, Kuba-Krise, Ermordung Kennedys, Bau der Berliner Mauer, Vietnamkrieg) erfreuten sich die in der BRD lebenden Deutschen am nach und nach größer werdenden Wohlstand der „Wirtschaftswunderjahre“. Der Verkauf von Musiktruhen und Fernsehern (mit nur einem Programm und klar definiertem Sendeschluss) nahm kontinuierlich zu, obwohl Schuldenmachen zu jener Zeit noch verpönt war. Man sparte halt so lange, bis man das Geld für den Erwerb des ersehnten Gegenstandes beisammen hatte. Erste Auslandsreisen (vorzugsweise nach Italien) folgten, wobei man angesichts einer inzwischen fast erreichten Vollbeschäftigungsrate mehrheitlich von lang andauernden gesicherten Lebensverhältnissen ausging. Tatsächlich kam es damals noch ziemlich häufig vor, dass Arbeitnehmer bis zum Erreichen des Rentenalters immer im selben Betrieb beschäftigt waren und den eigenen Arbeitsplatz gar nicht so selten auch noch ihren Kindern „vererben“ konnten. Auf der anderen Seite nahm mit dem wachsendem Wohlstand auch die Ungleichheit der Vermögensverhältnisse zu. Ein relativ großer Teil der Bevölkerung musste sich weiterhin ziemlich stark einschränken. Von diesem Umstand profitierten die ersten Aldi-Filialen mit ihrem vergleichsweise günstigen Warenangebot. Die hinter den Preisvorteilen stehenden Personaleinsparungen blieben natürlich nicht unbemerkt, da sich die Kunden nun plötzlich selbst die Waren zusammensuchen mussten, aber ein Bewusstsein für die längerfristigen Folgen der damit in Gang gesetzten Entwicklung war dennoch kaum vorhanden. Zeit der Rebellion Die eben geschilderte Zeit des Aufbruchs war aber auch eine Zeit der Verdrängung, und zwar nicht nur im Hinblick auf die vorangegangene Nazizeit. Es gab vieles, was man nicht sehen oder wahrhaben wollte, wie die oft mit Leid verbundene wirtschaftliche Abhängigkeit der meisten Frauen oder die eigene sexuelle Verklemmtheit. Entsprechend geschockt reagierte ein Großteil der erwachsenen Bevölkerung auf die bei vielen Jugendlichen plötzlich erwachte Bereitschaft, anders leben und tradierte Strukturen infrage stellen zu wollen. Die ersten hierzulande registrierten Wellen gingen von London („swinging London“), San Francisco und Paris aus. Dabei stand London vor allem für neue Musik (Beatles, Rolling Stones) und Mode (Miniröcke, Plateauschuhe), während San Francisco zu einem Synonym für „flower power“ (Hippies) wurde. Die politische Revolte fand zunächst in Paris statt, wo sich ein Bündnis aus Studenten, Intellektuellen und Arbeitern lautstark für eine Beendigung des brutal geführten Vietnamkriegs (Stichwort: Napalm) einsetzte. Diesem Ziel fühlten sich auch die zahlreichen Protestsänger und -sängerinnen verpflichtet, die im Rahmen des im August 1969 veranstalteten, legendären Woodstock-Festivals auftraten. Allerdings war das Festival auch geprägt von exzessivem Drogenkonsum und freier Liebe, wobei das Ausleben der sexuellen Freizügigkeit nicht zuletzt wegen der zwischenzeitlich auf den Markt gekommenen Antibabypille möglich war, mit der sich die Frauen selbst vor unerwünschten Schwangerschaften schützen konnten. Im Vergleich zu Woodstock ging es in der BRD sehr viel „gesitteter“ zu, obwohl es auch hier zur Gründung spezieller Wohngemeinschaften (Kommunen) kam, die sich auch öffentlich zur freien Liebe bekannten. Andere junge Menschen zogen die Suche nach persönlicher Erleuchtung vor, was einen regelrechten Treck nach Indien auslöste. Zum politisch motivierten Teil der damaligen Jugend gehörten nicht zuletzt die Lehrlinge, die (wie die Studenten) deutlich mehr Mitbestimmungsrechte forderten. Die Lehrlingsbewegung wurde medial aber nicht so stark wahrgenommen wie die Studentenbewegung mit ihren riesigen Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg, die Springerpresse und den Besuch des Schahs in Berlin. Für den Studenten Benno Ohnesorg endete die Demo gegen den Schah-Besuch tödlich, obwohl er sich eigentlich gar nicht so richtig daran beteiligt hatte. Das später auf Rudi Dutschke verübte Attentat ging zwar glimpflicher aus, war aber eine direkte Folge der von den Medien losgetretenen Hetzkampagne. Damit hatten sich die Medien zum Sprachrohr vor allem des älteren Teils der Bevölkerung gemacht, in deren Augen die aufbegehrenden Jugendlichen nichts weiter als „Ratten“ (Originalton F. J. Strauß) waren. Mit anderen Worten erlebte Nachkriegsdeutschland erstmalig eine tiefe gesellschaftliche Spaltung, aber noch handelte es sich „nur“ um einen Generationenkonflikt. Die von den Jugendlichen empfundenen Zwänge rührten auch daher, dass man damals erst mit 21 Jahren volljährig war. Umso verbissener wurde unter dem Schlagwort „Freizeit ohne Kontrollen“ um die Errichtung von Jugendzentren gekämpft. Am bekanntesten waren die (auch musikalisch unterstützten) Auseinandersetzungen um das Georg-Rauch-Haus in Berlin-Kreuzberg. Währenddessen wurden in den Unis etliche Seminare und Vorlesungen nach den inhaltlichen Vorstellungen der Studenten zu Diskussionsveranstaltungen „umfunktioniert“ und neue (Selbst-)Verwaltungsorgane eingeführt. Aber auch außerhalb der Unis formierten sich zahlreiche politische Gruppierungen wie die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ), und in beinahe allen Teilen der Republik kam es zur Bildung sogenannter K-Gruppen. In dieser Zeit wurde nicht nur viel diskutiert, sondern auch viel gelesen, was eine Flut an neuen verlegerischen Produkten (Zeitungen wie taz, Zeitschriften wie konkret oder Buchreihen wie Werkkreis Literatur der Arbeitswelt) mit sich brachte. Sehr beliebt waren allerdings auch Raubdrucke, die angesichts der damaligen antikapitalistischen Grundstimmung mehr oder weniger als legitim angesehen wurden. Zu den Neugründungen, die sich als dauerhaft erwiesen haben, gehörte die speziell für weibliche Leserinnen konzipierte Zeitschrift Emma, mit der die wieder erwachte Frauenbewegung, die sich bezeichnenderweise nicht aus, sondern in Konfrontation zur männlich dominierten Studentenbewegung entwickelt hatte, begleitet wurde. Da sich aber auch andere Männer (oft in Übereinstimmung mit ihren Frauen oder Freundinnen) überhaupt nicht mit dem Hauptanliegen der Zeitschrift (weibliche Emanzipation) identifizieren konnten, wurde die Bezeichnung „Emanzen“ schnell zu einem Schimpfwort. Kontroversen anderer Art entzündeten sich im Hinblick auf die auch im pädagogischen Bereich neu ausprobierten Wege. Kinderläden, in denen Erziehungsstile wie Laisser-faire oder antiautoritäre Erziehung praktiziert wurden, waren (und sind) den Konservativen ein Dorn im Auge, wobei bis heute die genannten Erziehungsstile ständig miteinander verwechselt beziehungsweise gleichgesetzt werden. Zeit der Widersprüche Aber auch ganz allgemein herrschte in weiten Teilen der Bevölkerung viel Unverständnis vor. Schließlich hatte man es (einschließlich vieler Arbeiter) inzwischen zu einigem Wohlstand gebracht, der von den „68ern“ mit Schlagworten wie „Konsumterror“ plötzlich infrage gestellt wurde. Materieller Besitz und gutes Essen (Stichwort: „Fresswelle“) wurden als ausreichende Grundlagen für ein gutes Leben betrachtet, weshalb alle darüber hinausgehenden „intellektuellen“ Erwartungen von vornherein als suspekt galten. Eine Steigerung dieser Abwehrhaltung erfolgte immer dann, wenn eine Befragung zur eigenen Rolle in der Nazizeit stattfand. Dennoch gelang es 1969 dem Sozialdemokraten Willy Brandt, dessen (auch internationales) Ansehen schon während seiner Zeit als Regierender Bürgermeister von Berlin gefestigt worden war, die Wahlen zu gewinnen und damit die jahrzehntelange Vorherrschaft der auf „Keine Experimente!“ abonnierten CDU zu brechen. Ungeachtet seiner Beliebtheit begann mit Willy Brandt eine Zeit der äußerst widersprüchlichen politischen Signale. Einerseits stand Brandt für „Mehr Demokratie wagen!“, für eine neue Ostpolitik („Wandel durch Annäherung“) und – was ganz besonders hervorzuheben ist – für die Eröffnung neuer Bildungschancen für die bislang bildungsbenachteiligten Kinder (Stichwort: zweiter Bildungsweg). Andererseits kam es in seiner Ära zur Einführung der Berufsverbote, das heißt zur Verabschiedung des Radikalenerlasses, der vermeintliche Verfassungsfeinde vom öffentlichen Dienst fernhalten sollte. Die danach einsetzende Gesinnungsschnüffelei beruhte auf Daten, die von dem als Verfassungsschutz bezeichneten und von ehemaligen Faschisten aufgebauten Inlandsgeheimdienst gesammelt worden waren. Schon damals gerieten sehr viele Menschen ins Visier der „Verfassungsschützer“: Studenten, angehende Lehrer, Post- und Bankangestellte, Gewerkschafter, Angehörige der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes sowie Menschen, die sich in der Friedensbewegung engagiert hatten. Für die Betroffenen bedeutete die Verhängung des Berufsverbotes, dass ihnen für lange Zeit der gesellschaftliche und finanzielle Boden unter den Füßen weggezogen worden war. Selbst die bildungspolitischen Errungenschaften jener Zeit waren von Restriktionen begleitet. So mussten seit Beginn der 1970er-Jahre die Unterrichtsinhalte im Sinne „operationalisierter Lernziele“ aufbereitet werden. Damit lief der Unterricht auf das Erreichen eines mess- und abfragbaren Wissens hinaus und unterschied sich somit sehr von den erst wenige Jahre zuvor erdachten und erprobten kindzentrierten Ansätzen. Die radikale Hinwendung zu einem auf Messbarkeit beruhenden Leistungsverständnis blieb in der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, da es für die meisten Eltern noch immer nicht üblich war, sich in schulische Belange einzumischen, und es außerdem bald ganz andere (vor allem mit der Neueinführung des Sexualkundeunterrichts zusammenhängende) Aufreger gab. Selbst die seinerzeit erstmalig ausgestrahlte „Sendung mit der Maus“ wurde wegen der darin versuchten Förderung der kindlichen Neugier vielfach ebenso argwöhnisch wie die „Sesamstraße“ beäugt. Schließlich herrschte (nicht nur in den männlichen) Köpfen noch immer die Vorstellung vor, dass ein Kind in erster Linie zu gehorchen hat. Ähnlich antiquiert war die Ansicht, dass das Arbeitsfeld verheirateter Frauen in der Führung des Haushalts bestand. Erst 1977 war es auch in der BRD so weit, dass Ehefrauen ohne Erlaubnis ihrer Männer einen Beruf ergreifen und eigenverantwortlich auch größere Anschaffungen (Beispiel: Kühlschrank) tätigen konnten. Fast genauso lange hat es mit der Liberalisierung (nicht Abschaffung!) des §218 gedauert, und dann mussten noch einmal ungefähr 20 Jahre vergehen, bevor es in den 1990er-Jahren zur (strafbewehrten) Gleichstellung ehelicher mit außerehelicher Vergewaltigung kam. Im Vergleich dazu waren den in der DDR lebenden Frauen viele Rechte weitaus früher zugestanden worden. Sogar der im Grundgesetz stehende Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ geht in Wirklichkeit auf eine Formulierung im Entwurf für die DDR-Verfassung zurück. [1] 1974 begann die Ära Schmidt, in der – aus Sicht der Bevölkerung – so nach und nach ganz andere Probleme in den Vordergrund rückten. Im kollektiven Gedächtnis geblieben ist der sogenannte „heiße Herbst“ des Jahres 1977, in dem die inzwischen zweite Generation der Rote Armee Fraktion (RAF) mit ihren zur Gefangenenbefreiung unternommenen Entführungs- und Erpressungsversuchen endgültig scheiterte und es stattdessen zum gefeierten Einsatz der Eingreiftruppe GSG9 kam (Stichwort: Mogadischu), die als Reaktion auf das an israelischen Sportlern verübte Massaker während der Olympischen Spiele 1972 in München gegründet worden war. Aber auch von der APO (Außerparlamentarische Opposition), die den von Rudi Dutschke empfohlenen Weg gehen und einen „Marsch durch die Institutionen“ antreten wollte, war schon relativ bald nicht mehr viel zu hören, da sich die meisten „Marschierer“ schnell angepasst hatten. Entweder erlagen sie den Verlockungen des Geldes oder unterwarfen sich den in den Ämtern vorherrschenden Zwängen. Im alltäglichen Leben standen die Zeichen zunächst weiter auf Wachstum. Der Autoverkehr hatte rasant zugenommen, und immer mehr Menschen besaßen jetzt (Farb-)Fernseher und eigene Telefone. „Auf der grünen Wiese“ entstanden große Einkaufszentren, wobei die Kehrseite dieser Entwicklung (Verödung der Innenstädte und Zerstörung dörflicher Strukturen) eher hin- als wahrgenommen wurde. Ein Teil der Bevölkerung begann allerdings zu erkennen, dass wir (nicht zuletzt auf Kosten der Umwelt) über unsere Verhältnisse lebten, wozu ganz wesentlich der erste große Bericht des „Club of Rome“ beigetragen hatte. Das begünstigte den kontinuierlichen Aufstieg der Grünen, die zudem eng mit der Anti-Atomkraft- und Friedensbewegung verbunden waren. Die erste Regierungsbeteiligung der Grünen erfolgte 1983 in Hessen, obwohl der damalige sozialdemokratische Landesregierungschef Börner zunächst nicht viel mit den „Alternativen“ anfangen konnte (Stichwort: Dachlatten). Im selben Jahr beschloss der Deutsche Bundestag die Aufstellung von Mittelstreckenraketen, nachdem Schmidt bereits 1979 (ungeachtet einer riesigen Gegendemonstration) den sogenannten NATO-Doppelbeschluss durchgesetzt hatte. Dieser beinhaltete die Stationierung nuklearer Mittelstreckenraketen in Europa in Verbindung mit Abrüstungsverhandlungen zwischen den Supermächten. Ebenfalls 1983 wurde im Bundesgesetzblatt ein neues „Volkszählungsgesetz“ veröffentlicht. Dieses Vorhaben stieß in der Bevölkerung auf so heftigen Widerstand, dass die vierte bundesdeutsche Volkszählung erst 1987 (in überarbeiteter Form) durchgeführt werden konnte. Auch wenn für die Befragung selbst nach wie vor Papierbögen vorgesehen waren, sollte die Auswertung bereits mit elektronischer Datenverarbeitung (EDV) erfolgen, wobei die damalige EDV noch auf einem Lochkartensystem beruhte. Unter Hinweis auf frühere Datenskandale, in die das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz verwickelt waren, prangerten die Kritiker vor allem die Möglichkeiten der Entanonymisierung an, wobei insbesondere eine Verbindung mit Spezialauswertungen (zum Beispiel im Hinblick auf Wohnungsgrößen und Monatsmieten) befürchtet wurde. Ungefähr zeitgleich fand der erste Großversuch mit Scanner-Kassen im Massa-Markt 3 in Rüsselsheim statt. Trotz der von Belegschaft und Betriebsrat vorgebrachten Einwände sowie anderslautender Zusicherungen wurden nicht nur einige, sondern alle Kassen dieses Marktes schnell durch Computermodelle ersetzt. Weil die Computerkassen nicht nur jede kleinste Abwesenheit einer Kassiererin festhielten, sondern auch registrierten, wie viele Kunden zu welcher Tageszeit in den Markt kamen, verschlechterten sich die Arbeitsbedingungen des Personals ebenfalls sehr schnell. Wegen der maschinell festgestellten morgendlichen „Flaute“ wurde der Beginn der fünfstündigen Schicht kurzerhand auf 10 Uhr verlegt, was sehr zu Lasten der Mütter mit kleinen und schulpflichtigen Kindern ging. Außerdem wurden vermehrt Niedriglohnkräfte eingestellt, deren Löhne unter der Grenze für Sozialabgaben und Rentenversicherung lagen. [2] Zeit der Innovationen Das soeben skizzierte Supermarktbeispiel fiel in eine Zeit großer technischer Umwälzungen, die sich mit zunehmender Intensität auch auf den Privatbereich auswirkten. Der heutigen Computertechnologie ging eine lange Entwicklung voraus, die bereits in den 1950er- und 1960er-Jahren begann und vermutlich durch die technische Überlegenheit der damaligen UdSSR, die 1957 den weltweit ersten Satelliten erfolgreich ins All befördert hatte (Stichwort: „Sputnik-Schock“) angefeuert worden ist. Einige weitere Stationen: 1960 kam es zum erstmaligen Einsatz von Industrierobotern („Unimate“), 1970 wurde das Internet erfunden, 1972 landeten US-Astronauten auf dem Mond, 1973 stellten japanische Wissenschaftler ihren hör-, seh-, tast-, lauf- und kommunikationsfähigen Roboter „Wabot 1“ vor, 1976 folgte die Gründung der Firma Microsoft und 1981 präsentierte IBM seinen mit dem von Microsoft entwickelten Betriebssystem MS-DOS laufenden Personal Computer (PC). Bis zur ersten Verfügbarkeit des Internets in Deutschland dauerte es allerdings noch bis 1984, aber danach kam die PC-Welle auch hierzulande ins Rollen. Erste auf dem PC erstellte Seminar-, Diplom- und Doktorarbeiten wurden abgegeben, wobei zuvor die für das damalige Druckerpapier typischen seitlich gelochten Randstreifen entfernt werden mussten. Aus diesen Anfängen entwickelten sich schnell andere Anwendungsideen (wie die Verwendung vorgefertigter Satzbausteine für behördliche Antwortschreiben). Die anfängliche Euphorie wurde beflügelt von der weit verbreiteten Ansicht, dass ein frei zugängliches Internet einen gewaltigen Demokratisierungsschub mit sich bringen würde. Ausgerechnet der zu den „Vätern“ der Computertechnologie gehörende Joseph Weizenbaum erhob demgegenüber schon früh seine warnende Stimme, indem er auf die durch militärische Nutzung wachsenden Kriegsgefahren hinwies und feststellte: „In dem Augenblick, wo Computer mit anderen Computern verbunden werden, wo sie sich in fremde Systeme einschalten, ‘beherrscht’ man sie nicht mehr.“ [3] Die erhoffte Förderung des demokratischen Gedankens blieb aber auch deshalb aus, weil schon 1991 die National Science Foundation (NSF) das NSF-net privatisierte, was den Investoren Milliardengewinne bescherte. Dessen ungeachtet entwickelte sich die Computertechnologie immer weiter, wovon die Gen- und Biotechniken in ganz besonderem Maße profitierten. Sozusagen Schlag auf Schlag konnten diese Wissenschaften Ergebnisse vorweisen, die es in der gesamten Menschheitsgeschichte noch nie gegeben hatte: Genmanipulation von Pflanzen (zwecks Ertragssteigerung oder Herbizid-Resistenz), Klonen auch größerer Säugetiere (Schaf „Dolly“), Kinderwunscherfüllung durch künstliche Befruchtung außerhalb des Mutterleibs (In-vitro-Fertilisation), Leihmutterschaft und schließlich sogar die komplette Entschlüsselung des menschlichen Genoms. Über diese für die meisten Menschen bislang völlig unvorstellbaren Entwicklungen wurde seinerzeit ausgiebig diskutiert, aber gleichzeitig erfolgte eine Überschwemmung der Konsumenten mit Videokameras, neuen Empfangsmöglichkeiten für Fernsehgeräte (Kabelanschlüsse) sowie den handlich und erschwinglich gewordenen PCs, deren Faszination vermutlich auch von den neuartigen virtuellen Spielmöglichkeiten ausging. Speziell für die Kinder wurde ein „schlüsselbundgeeigneter“ Mini-Computer mit Namen Tamagotchi entwickelt, bei dem es darum ging, ein aus einem Ei geschlüpftes virtuelles Haustier durch Bedienung der entsprechenden Tasten zu „pflegen“. Bei fortgesetzter Nichtbeachtung der akustischen Erinnerungen an die zu leistenden Dienste starb das virtuelle Haustier schon vor der ihm zugemessenen Zeit an „Vernachlässigung“. Von hier aus war es nicht mehr weit bis zum „internetfähigen Spielzeug“, das den Kindern in Form von Puppen oder Plüschtieren angeboten wurde. Mit diesen Spielwaren konnten die Kinder sprechen oder sogar Kontakt zu entfernt lebenden Verwandten aufnehmen. Dabei war den Kindern sehr wahrscheinlich nicht bewusst, dass die Eltern die oft heimlich geführten Gespräche mithören konnten. Aber auch den Erwachsenen mangelte es an einem Bewusstsein dafür, dass es bei allen internettauglichen Geräten immer um das Sammeln und Speichern von Daten geht (einschließlich der sprachlichen Kommunikation). Ähnlich unbekümmert erfolgte der Austausch bildlicher Informationen, der nach dem massenhaften Aufkommen der Digitalkameras rasant zunahm. Mit Abstand am begehrtesten waren die Handys, die – mit Ausnahme der berühmt-berüchtigten „Funklöcher“ – eine ständige Kommunikation auch außerhalb der eigenen vier Wände ermöglichten. Den Handys folgten die Smartphones, die wie die Laptops und Tablets von Anfang an vollwertige Computer waren. Die parallel dazu wie Pilze aus dem Boden schießenden Apps und Plattformen führten zu einer enormen Steigerung des Missbrauchspotenzials. In den sogenannten sozialen Medien kam es schnell zu Phänomenen wie „hate speech“ oder – gesteuert durch eine darauf angelegte algorithmische Auswahl – zur Bildung diskussionsverhindernder „Filterblasen“. Als besonders grausam erwies sich das schulische „cyber mobbing“, das auf heimlich aufgenommenen und blitzschnell im Netz verbreiteten Fotos von Mitschülern oder Lehrern beruhte. Selbst die im Privatbereich (zum Beispiel anlässlich einer Geburtstagsfeier) aufgezeichneten Bild- und Tonaufnahmen waren fortan nicht länger vor fremden Zugriffen geschützt. Am härtesten traf (und trifft) es diejenigen (Kleinst-)Kinder, die vor laufender Kamera sexuell missbraucht wurden (und werden). Zeit des Zerbröselns Die Zeit der beschleunigten Zerbröselung von Infrastrukturen und öffentlichen Dienstleistungen begann zunächst sehr hoffnungsfroh. Gegen Ende der 1980er-Jahre fiel dem 1982 per Misstrauensvotum an die Macht gekommenen Kanzler Kohl die Wiedervereinigung sozusagen in den Schoß. Anfänglich sah es ganz danach aus, als ob die von ihm versprochenen „blühenden Landschaften“ Realität werden könnten. Tatsächlich kam es zu aufwändigen Renovierungen zahlreicher ostdeutscher Innenstädte, was aber die inzwischen eingetretene Schäbigkeit vieler westdeutscher Städte (vor allem im Ruhrgebiet) nur umso deutlicher hervortreten ließ. Aber auch im Osten hielt die Freude nicht allzu lange an, da schnell klar wurde, dass die Treuhand (insbesondere nach der Ermordung Rohwedders) in den allermeisten Fällen nicht an einer Erhaltung der ostdeutschen Industriebetriebe und landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften interessiert war. Stattdessen wurden nun auch im Osten Deutschlands privaten Investoren und/oder früheren Eigentümern Tür und Tor geöffnet. Die immer größer werdende Finanznot der Länder und Kommunen hatte zur Folge, dass private Investoren in zunehmendem Maße auch in Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge (und zwar sowohl im Osten als auch im Westen) einsteigen konnten (Post, Bahn, Gesundheit, Wohnen, Wasser, Straßen, Brücken, ÖPNV und später auch Schulen). Damit die dadurch aus der Hand gegebene Gestaltungsmacht nicht so stark auffiel, wurde die Gründung öffentlich-privater Partnerschaften zum bevorzugten Übereignungsmodell. Darüber hinaus drückte Kohl die Etablierung privater Fernsehsender durch, was sowohl unbegrenzte Konsummöglichkeiten als auch den gewünschten Ablenkungseffekt mit sich brachte. Diese Strategie war so erfolgreich, dass die noch gar nicht so lange zurückliegende Zeit großer gesellschaftlicher Debatten (zur Atomenergie, zum Datenschutz oder zu den Gen-, Bio- und Reproduktionstechniken) erst einmal vorbei war. Auch die Printmedien gerieten zunehmend unter Druck, weil immer mehr Menschen damit anfingen, sich über das Internet zu informieren, wodurch es für die Zeitungen und Zeitschriften zu einem kontinuierlichen Einbruch der Werbeeinnahmen kam. Um diesen Verlust zu kompensieren, wurde die Zahl der fest angestellten Journalisten drastisch reduziert, während sich gleichzeitig die Bereitschaft zur Annahme von Spenden erhöhte. Eine vergleichbare Entwicklung vollzog sich auch im Wissenschaftsbetrieb, sodass schon damals die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre ernsthaft bedroht war, was sich auch an der zunehmenden Jagd nach Drittmitteln ablesen ließ. Vor diesem Hintergrund war (und ist) man gut beraten, die Interessen der jeweiligen Auftraggeber bei der Beurteilung von Studienergebnissen zu berücksichtigen. Bestechlichkeit und Korruption auch auf politischer Ebene gab es sicherlich nicht erst seit der Kohl-Ära, sie traten in dieser Zeit aber erstmalig besonders krass in Erscheinung (Stichworte: Bimbes- und Ehrenwortkanzler). Auf der anderen Seite wurden der Bevölkerung immer mehr Einschränkungen im Sinne eines Sozialabbaus in den Bereichen Sozialhilfe, Arbeitslosen-, Renten- und Krankenversicherung zugemutet. [4] Die nachfolgende rot-grüne Regierung (Schröder und Fischer) setzte diese Kahlschlagpolitik nicht nur fort, sondern erhöhte auch noch den Druck durch Einführung von Hartz IV und der damit einhergehenden Ausweitung des Niedriglohnsektors. Außerdem wurde in dieser Zeit das staatliche Rentensystem weiter geschwächt, indem zum Ausgleich des inzwischen stark gesunkenen Rentenniveaus die überwiegend selbst zu finanzierenden Riester- und Rürup-Renten eingeführt wurden. Darüber hinaus erfolgten in dieser Zeit die Beteiligung am völkerrechtswidrigen Jugoslawienkrieg sowie die Ermöglichung weiterer Auslandseinsätze der Bundeswehr. Von den arbeitslos gewordenen Menschen wurde nicht zuletzt eine Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme in weit entfernt liegenden Orten erwartet, was das Pendleraufkommen in die Höhe schnellen ließ und deshalb häufig eine Zerstörung des früher üblichen Familienlebens nach sich zog. Orientierungslosigkeit machte sich aber auch in vielen anderen Bereichen breit, sodass das Bedürfnis nach gedruckten oder virtuellen Ratgebern schon damals stark zunahm. Angeheizt von der Computerindustrie, die in dieser Zeit erstmalig tragbare Fitnessarmbänder auf den Markt gebracht hatte, wurde plötzlich auch die eigene Gesundheit zu einem Riesenthema. In Verbindung mit leicht verständlichen Zielvorgaben ermöglichten die Armbänder eine beständige Messung diverser Körperfunktionen, wodurch sich die Vorstellung, ungeachtet der individuellen Lebensbedingungen vor allem selbst für die eigene Gesundheit verantwortlich zu sein, in den Köpfen vieler Menschen festsetzte. Auf diese Weise erhöhte sich auch die Akzeptanz für die schon früher von den Krankenkassen entwickelten Modelle (Beitragsstaffelung auf der Grundlage von Risikoprofilen). Zum Leidwesen vieler älterer Mitbürger ging es so nach und nach auch bei großen Unternehmen und Behörden immer „effizienter“ zu. Einhergehend mit dem allmählichen Abbau der öffentlichen Münz- und Kartentelefone reduzierten sich die telefonischen Kontaktmöglichkeiten vielfach auf eine zentrale Nummer, die das Gespräch mit einem echten Menschen erst nach einer einzutippenden Vorauswahl und/oder einer langen Wartezeit freigaben. Früher selbstverständliche Dienstleistungen (zum Beispiel Beratung in den Finanzämtern) wurden als nicht mehr zugehörige Aufgaben deklariert, und es begann eine Zeit, in der Papierausdrucke von Formularen nur noch auf ausdrückliche Nachfrage herausgegeben wurden. Zeit der Angst Die Zeit der großen Ängste setzte zu Beginn des neuen Jahrhunderts/Jahrtausends gleich mit einem Doppelschlag ein: Zerstörung des World Trade Centers in New York City und Durchführung des ersten PISA-Tests. Auf die Anschläge des 11. September 2001 reagierten die westlichen Länder mit einer ungeheuren Aufstockung militärischer Anschaffungen und technischer Sicherheitsmaßnahmen. Wie die späteren Anschläge (zum Beispiel in Paris oder Berlin) gezeigt haben, erwiesen sich die innenpolitisch ergriffenen Maßnahmen als weitgehend untauglich, was aber nicht zu deren Rücknahme führte. Stattdessen wurden immer mehr Überwachungskameras installiert und erste groß angelegte Tests zur Optimierung der Gesichtserkennungssoftware durchgeführt. Darüber hinaus scheute man sich nicht vor einer Legalisierung der zuvor unerlaubten Eingriffe in die Privatsphäre. Zu den in den USA eingeführten geheimdienstlichen Sonderrechten einige Zitate aus einem 2013 mit Thomas Drake geführten Interview, in dem es um die (vor seiner Zeit als Whistleblower) beim US-Geheimdienst NSA gesammelten Erfahrungen geht: „Die Überwachung begann mit Telefondaten, dann E-Mails, dann das Internet, dann Kreditkarteninformationen. … Die NSA war besessen davon, alles wissen zu wollen. … Microsoft wirbt damit, dass das Privatleben seiner Kunden Priorität hat. Und dann hilft Microsoft der Regierung, die Privatsphäre der Kunden zu entschlüsseln.“ [5] Mit anderen Worten hatte Microsoft keine Probleme damit, zur umfänglichen (also über das Konsumverhalten hinausgehenden) Ausspähung der eigenen (US-amerikanischen) Bevölkerung durch Weitergabe der dem Konzern im Vertrauen übermittelten Daten beizutragen. Da diese spezielle Zugriffsmöglichkeit hierzulande nicht gegeben war, hat sich Deutschland dafür entschieden, die eigene Bevölkerung mit Hilfe unbemerkt einzuschleusender Staatstrojaner auszuspionieren, was immerhin auch den grenzüberschreitenden geheimdienstlichen Austausch privater Daten erleichterte. Auf den ersten Blick deutlich harmloser wirkte sich in Deutschland der sogenannte „PISA-Schock“ aus. Nach Durchführung eines von der OECD (also von einer Wirtschaftsorganisation!) entwickelten Tests stellte sich heraus, dass die deutschen Schüler im Vergleich zu anderen Ländern nur mit mittelmäßigen Leistungen aufwarten konnten. Dieses Ergebnis versetzte Eltern und Bildungspolitiker gleichermaßen derart in Panik, dass Fragen nach der Qualität der Testkonstruktion, dem dahinter stehenden Bildungsziel oder den Besonderheiten des deutschen Schulsystems gar nicht erst aufkamen. Stattdessen verengte sich die Diskussion schnell auf die Begriffe „Effizienz“ und „Digitalisierung“. Ab sofort hatten Schulen „outputorientiert“ zu sein, was einer starren Fixierung auf die Erfordernisse des späteren (digital gedachten) Arbeitsmarktes gleichkam und ein stärkeres Eingehen auf individuelle Interessen und Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen nur noch sehr begrenzt zuließ. Dass diese Fixierung einem neoliberalen Bildungsverständnis entsprach, spielte für viele Eltern kaum eine Rolle, da für sie die Sicherung der beruflichen Chancen ihres Nachwuchses im Vordergrund stand. Die nächste große Schockwelle stellte sich 2008 als Folge des von den USA (Stichwort: Lehman Brothers) ausgehenden Zusammenbruchs der Finanzmärkte ein. Viele kleinere Anleger mussten erstmals erkennen, dass sie in gutem Glauben „faule“ Aktienpakete erworben hatten und dass es sich bei den mit Bankmitarbeitern geführten Beratungsgesprächen immer um Verkaufsgespräche gehandelt hatte. Die damalige Bundeskanzlerin Merkel („großkoalitionäre“ Nachfolgerin von Schröder) sah ihre Hauptaufgabe in der Beruhigung der Bevölkerung, indem sie (sachlich unrichtig) beteuerte, dass die Spareinlagen nicht gefährdet seien und in naher Zukunft eine sehr viel strengere Regulierung der Finanzwirtschaft erfolgen werde. Diese (später nur sehr minimal eingehaltene) Zusage erzielte die gewünschte Wirkung, weshalb die von der damals gegründeten Occupy-Bewegung ausgehenden Proteste relativ schnell an Bedeutung verloren. Ähnlich erging es der Anti-TTIP-Bewegung (TTIP: Transatlantic Trade and Investment Partnership), obwohl es ihr (nach Jahren anderweitigen Widerstands gegen dieses Freihandelsabkommen mit den USA) 2015 noch gelungen war, in Berlin eine wahrhaft riesige Demonstration gegen dieses Vorhaben zu organisieren. In diesem Fall gaben zwei Gründe den Ausschlag für das Erlahmen der Bewegung: einerseits eine der Bedeutung des Ereignisses völlig unangemessene Kurzberichterstattung im Fernsehen und andererseits die bald darauf einsetzende „Flüchtlingskrise“, die – nach einer schnell verebbten Phase des Wohlwollens – in vielen europäischen Ländern massive und sehr inhumane Abschottungsmaßnahmen auslöste. Die nächste ganz große Verunsicherung setzte mit der Anfang 2020 von der WHO ausgerufenen Corona-Pandemie ein. Als Folge sehr einseitiger Berichterstattung wurde die Bevölkerung dermaßen in Angst und Schrecken versetzt, dass mehrheitlich auch die härtesten Maßnahmen (wie Lockdowns, Quarantäne oder Hybrid-Unterricht) widerspruchslos befolgt und viele Fragen (wie die nach den Risiken unerprobter mRNA-Injektionen) gar nicht erst gestellt wurden. Sogar die aus der permanenten Verunglimpfung der Maßnahmenkritiker resultierende Entzweiung von Freunden und Familien wurde in Kauf genommen, woraus sich eine (wegen der bislang fehlenden Aufarbeitung auch noch nicht überwundene) ganz neuartige, nunmehr durch alle Altersstufen vertikal verlaufende Spaltung der Gesellschaft ergab. Parallel dazu existierte die seit Jahrzehnten beständig größer gewordene Kluft zwischen Arm und Reich nicht nur weiter, sondern vertiefte sich auch noch, weil die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen insbesondere denen zugutekamen, die gar nicht so extrem bedürftig waren (Beispiel: Lufthansa) – ganz zu schweigen von den ohnehin superreichen „Corona-Gewinnlern“, die nie zur Mitfinanzierung der Ausgleichszahlungen herangezogen wurden. Während zwischen den bislang geschilderten Angst- und Schockzuständen immer ein paar „Erholungsjahre“ lagen, fiel der Anfang 2022 begonnene Ukraine-Krieg in eine noch längst nicht abgeschlossene „Corona-Zeit“. Unter Missachtung der von vielen Menschen empfundenen Angst vor einer Ausweitung dieses Krieges zu einem (vielleicht sogar atomar geführten) Dritten Weltkrieg fand auch in diesem Fall sofort eine mediale Gleichschaltung statt, nach der nicht Verhandlungsbemühungen, sondern Sanktionen und Waffenlieferungen als wichtigster und moralisch gebotener Akt der Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung zu gelten hatten. Im Schatten und/oder als Folge der immer permanenter und tiefgreifender werdenden Angst wurden (in Form diverser Infektionsschutzgesetze) Grundrechte eingeschränkt, was noch schneller in Vergessenheit geriet als die kriminellen Machenschaften, in die auch Politiker verwickelt waren (Stichworte: Wirecard, Cum-Ex oder Maskendeals). Zeit der Daten-Allmacht Mit der „digitalen Hinterlassenschaft“ der coronageprägten Jahre (Stichwort: „Digitalisierungsschub“) sind wir in der Jetztzeit angekommen, in der – um mit dem Bildungsbereich zu beginnen – Unterrichtsinhalte immer häufiger digital vermittelt werden. Vor allem dann, wenn jedem Schüler ein eigenes Endgerät zur Verfügung steht, können die Lehrer von dieser Entwicklung noch profitieren (stillere Klassen, mehr Zeit für einzelne Schüler und abnehmender Korrekturbedarf), aber eine anwachsende Zunahme der Unterrichtsversorgung durch Avatare bedeutet eben auch, dass die Anwesenheit echter Menschen immer seltener erforderlich sein wird. Wirklich neu ist dieser Trend allerdings nicht. So berichtete die Berliner Morgenpost bereits im Juli 1996: „Der erste virtuelle, interaktive ‘Lehrer’ – genannt Hermann – würde, so schwärmen seine Schöpfer von der North Carolina University in Raleigh, den Schulunterricht revolutionieren. Jedes einzelne Kind der örtlichen Schule erhält seit etwa einem halben Jahr probeweise einen persönlichen ‘Pädagogen’ und mit ihm eine individuelle Ausbildung, abgestimmt auf die eigenen Stärken und Schwächen. Eine vollkommen neuartige Software, die sich der sogenannten Künstlichen Intelligenz (KI) bedient, bildet Hermanns ‘Gehirn’. Das Programm lernt aus den Antworten der Kinder und verfeinert sich ständig.“ [6] Die Möglichkeit des Eingehens auf individuelle Lernniveaus bedeutet aber noch keinen Verzicht auf fremdbestimmte Lernstoffe. Im Unterschied hierzu geht das „Deeper Learning“ genannte Konzept projektorientiert vor, sodass sich die Schüler zumindest an der Ausgestaltung eines inhaltlich vorgegebenen Rahmens eigenverantwortlich beteiligen können. Zum festen Bestandteil dieses Ansatzes gehört die Vorstellung einer digitalisierten Schule, in der die Wissensvermittlung nicht mehr über Schulbücher oder Lehrer, sondern über den Zugriff auf das globale Internet mit allen zur Verfügung stehenden Wissensressourcen stattfinden soll. Auch in Deutschland gibt es bereits zwei Netzwerke zum „Deeper Learning“, die (Stand September 2022) insgesamt 26 Schulen umfassen und sowohl von der Robert Bosch Stiftung (Schulen in Baden-Württemberg) als auch von der Telekom Stiftung (Schulen bundesweit) unterstützt werden. [7] Tatsächlich gehört zu den unbestreitbaren Vorteilen des Internets die Möglichkeit, sich schnell und in einem bislang unbekannten Ausmaß über alle nur denkbaren Sachverhalte informieren zu können. Die sich daraus ergebende Arbeitserleichterung haben sich sowohl Schüler als auch Studenten früh zunutze gemacht, indem sie bei der Erledigung ihrer schriftlichen Aufgaben immer häufiger auf (nicht in jedem Fall auch verstandene) Textpassagen aus dem Internet zurückgriffen. Inzwischen haben wir es allerdings mit einem noch viel bedenklicheren Phänomen zu tun: Mit Chat GPT steht seit Kurzem ein KI-basiertes Werkzeug zur Verfügung, das mit großer Wahrscheinlichkeit die Welt des Lehrens und Lernens auf den Kopf stellen wird. Hierbei handelt es sich um ein Texterstellungsprogramm, das völlig selbstständig ganz unterschiedliche (bis zur Lyrik reichende) Texte in der jeweils gewünschten Thematik und Länge produzieren kann. Mit anderen Worten werden wir es vermutlich bald massenhaft mit Texten zu tun haben, deren Urheberschaft überhaupt nicht mehr eindeutig geklärt werden kann, was auch für schriftstellerisch tätige Menschen zu einem (nicht zuletzt finanziellen) großen Problem werden dürfte. Im Bildungsbereich läuft diese Entwicklung paradoxerweise darauf hinaus, dass die inzwischen extrem hoch gehaltene Leistungsmessung über weite Strecken ausgehebelt wird und wir uns zukünftig bei keinem Text mehr sicher sein können, ob dieser von einem Menschen oder einer Maschine stammt. Sehr viel älter ist die grundsätzliche Diskussion über den Einsatz von Computern im Unterricht. In einem (damals noch langen!) Spiegel-Artikel aus dem Jahr 1984 wurden Vor- und Nachteile einer Ausstattung der Schulen mit Computern ausführlich dargestellt. Dabei ging es beispielsweise um die Frage, ob im Zuge dieser Entwicklung Informatik als Unterrichtsfach auf die Oberstufe der Gymnasien beschränkt bleiben sollte. [8] Demgegenüber wurde der altersmäßig sehr frühe Kontakt mit Computern nicht so sehr als Problem gesehen, was bis heute der Überzeugung vieler Eltern so sehr entspricht, dass sie sich deshalb kaum fragen, welche Folgen es für Kinder haben kann, wenn man sie während der Zeit ihrer Gehirnreifung mehr digitalen als analogen Reizen aussetzt. Dabei haben viele der im Silicon Valley arbeitenden Eltern diese Frage schon längst für sich beantwortet, indem sie ihre Kinder ganz bewusst auf eine Waldorfschule schicken und Dinge wie Tablets oder Smartphones unter Verschluss halten. [9] Da sich ein früh „falsch verschaltetes“ Gehirn auf das ganze spätere Leben negativ auswirken kann, sollen hier auch noch einige neurologische Aspekte erwähnt werden. Dazu zwei Zitate, die aus einem mit der Neurobiologin und Hirnforscherin Gertraud Teuchert-Noodt geführten Interview stammen: „Das Smartphone in der Hand der Mutter nimmt das Kind unaufhaltsam mit in die digitale Abhängigkeit. Kleinkinder lernen durch Nachahmung. Natürlich wollen die kleinen Händchen auch surfen. Und weil das so einfach ist, unterstützen das die entzückten Eltern. Sie merken nicht, dass die Farben und Formen wie ein D-Zug durch das Köpfchen rasen und sie ihr Kind auf das Gleis der Lernbehinderung und Suchtentstehung stellen.“ Das zweite Zitat bezieht sich auf die Grundbedürfnisse eines Kindes: „Das Tablet im Kinderzimmer versetzt das Kind in eine digitale Zwangsjacke. Elementare Bedürfnisse wie krabbeln, laufen, klettern werden unterdrückt. Diese Bedürfnisse dienen dazu, die Sinne zu schärfen, die Muskeln zu stärken, den Geist und die Freude an körperlicher Bewegung zu wecken. Nur wenn die Nervenzellen der einzelnen Hirnfelder sehr viele Kontakte mit sehr vielen anderen Zellen ausbilden, kann ein intelligentes Kind heranreifen.“ [10] Hinzu kommt, dass die heutigen Kinder und Jugendlichen ohnehin schon vollkommen mit digitalen Angeboten übersättigt sind, die ihnen aber auch aus anderen Gründen oft zu schaffen machen. Wer sich immer wieder bei Facebook, Instagram, YouTube, TikTok oder WhatsApp aufhält, erhält schnell den (zumeist fälschlichen) Eindruck, dass andere viel attraktiver sind (Stichwort: „body shaming“) und ein weitaus interessanteres Leben führen. Der unter diesen Umständen eigentlich gebotene Rückzug aus diesen Foren kommt aber trotzdem kaum in Frage, weil dann auch noch der virtuelle Kontakt zu den Gleichaltrigen verloren ginge. Das ist der Teufelskreis, in dem sich viele Kinder und Jugendliche heutzutage befinden: Um nicht völlig zu vereinsamen, sind sie auf ständige virtuelle Feedbacks angewiesen, die aber kaum noch Zeit für echte Kontakte im realen Leben lassen. Auch diese Entwicklung ist durch die „Corona-Zeit“ mit ihrem Mantra von der Kontaktvermeidung als Ausdruck eines verantwortungsvollen Sozialverhaltens sehr verstärkt worden. Ein anderes großes Problem ist bereits 2008 von der Computerzeitschrift c’t am Beispiel des SchülerVZ (VZ für Verzeichnis) genannten Portals angesprochen worden: „Dass das Schüler-Netzwerk alles andere als ein sicherer Hort für Privates ist, auf den nur Schüler zugreifen, mussten Anfang Januar auch die Hinterbliebenen einer bei einem Skiunfall verunglückten Schülerin erfahren. Einen Artikel über den Unfall illustrierte die Bild-Zeitung mit einem Foto aus dem SchülerVZ.“ [11] Missbrauch kann aber auch mit denjenigen Daten getrieben werden, die bei der unterrichtlichen Nutzung digitaler Geräte anfallen, indem beispielsweise die gespeicherten Lernverlaufsprotokolle noch Jahre später den Ausgang eines Bewerbungsgesprächs beeinflussen können. Damit sind wir in der digitalisierten Arbeitswelt angekommen, in der wir mancherorts schon froh sein können, wenn es echte Bewerbungsgespräche überhaupt noch gibt. Von Amazon ist bekannt, dass es dort schon seit Jahren üblich ist, alle Bewerbungs- und Entlassungsentscheidungen von Algorithmen treffen zu lassen. Das heißt, dass persönliche Faktoren (wie zum Beispiel plötzlich eingetretene Notlagen) überhaupt keine Rolle mehr spielen. Diese Art der Entscheidungsfindung muss inzwischen ein solches Ausmaß erreicht haben, dass sich manche Unternehmen veranlasst sehen, das Gegenteil zu beteuern. [12] Die zum Corona-Maßnahmenkatalog gehörende Zunahme an sogenannten Homeoffice-Arbeitsplätzen ist teilweise sehr begrüßt worden: Reduzierung des Pendlerverkehrs in Verbindung mit plötzlich ganztägiger häuslicher Anwesenheit. Es hat sich aber bald gezeigt, dass diese Art der Familienzusammenführung nur dann einigermaßen gut funktioniert, wenn die Wohnung für eine klare Abgrenzung des Arbeitsbereiches groß genug ist. Außerdem bedeutet ein Arbeiten von zu Hause aus nicht automatisch, mehr Zeit für die Familie zu haben. Ganz im Gegenteil hat die „Homeoffice-Welle“ eine weitere Entgrenzung der Arbeitszeit mit sich gebracht. Noch fragwürdiger sind die schon vor 20 Jahren in den Betrieben eingesetzten Programme, mit denen das Tun und Lassen der Mitarbeiter heimlich und ohne Hinterlassung von Spuren überprüft werden kann. Das nachfolgende Zitat soll die Dimension dieser Art von Überwachung verdeutlichen: „Programme mit unzweideutigen Namen wie „Spector“, „Spy“ oder „Boss Everywhere“ zeichnen sämtliche Details von Computerarbeit auf: Programmstarts, Tastatureingaben, E-Mails oder auch die Reiseroute über Datenautobahnen in aller Welt. … Besonders dreiste Varianten knipsen mit Webcams Fotos vom Mitarbeiter am Rechner und verschicken diese per E-Mail. So kann sich der Chef in aller Ruhe ein Bild davon machen, wer wann was an seinem Arbeitsplatz getrieben hat.“ [13] Zusammen mit der Gesundheitswelle hat sich das Überwachungsspektrum noch einmal deutlich ausgeweitet. Mit dem Versprechen, das Wohlergehen von Mitarbeitern verbessern zu können, ist eine Smartphone-Software auf den Markt gekommen, die Telefonate mit privaten Handys (also auch außerhalb der Betriebe) auswertet. Dabei wird die Stimmenfrequenz auf mitschwingende Emotionen analysiert, um die Gemütslage der Mitarbeiter erfassen zu können. Die App wertet aber auch den Umgang mit dem eigenen Handy aus: Wer sich oft und schnell hintereinander neue Nachrichten anschaut, gibt (im Gegensatz zu einem in der Stimme mitschwingenden Lächeln) ein Stresssymptom zu erkennen. Die Überwachung erstreckt sich sogar auf den Schlaf: Ein Herumwälzen im Bett wird vom Bewegungssensor des Smartphones registriert und fließt ebenfalls in die Auswertung ein. Nach Auskunft des Start-ups, das diese App entwickelt hat (Soma Analytics), erfolgt die Nutzung der privaten Smartphones zur permanenten Eigenüberwachung auf freiwilliger Basis, aber von Konsequenzen im Falle einer Ablehnung ist nicht die Rede. [14] Der nächste digital durchdrungene Alltagsbereich umfasst viele Aspekte unseres Konsumverhaltens. Coronabedingt hat sich nicht nur die Zahl der Geschäfte mit einem Online-Warenangebot, sondern auch die Zahl der Lieferdienste stark vermehrt. Dieser auch „Plattformökonomie“ genannte Wirtschaftszweig zeichnet sich vor allem durch extrem schlechte Arbeitsbedingungen für die dort tätigen Mitarbeiter aus. Die in aller Regel nicht angestellten, sondern (schein-)selbstständig beschäftigten Arbeitskräfte werden schlecht entlohnt, sind nicht sozialversichert, bekommen weder Urlaubs- noch Krankheitsgeld und dürfen höchstens ausnahmsweise einen Betriebsrat wählen. Hinzu kommt eine ständige Überwachung per App, deren Ergebnis ein rascher Auftragsschwund sein kann, der ihnen aber nie erläutert wird. Im Gegensatz zu den privaten Taxidiensten (Beispiel Uber) kommt bei den Fahrradkurieren auch noch ein stark erhöhtes Unfallrisiko hinzu. Angesichts zaghafter Regulierungsversuche auf EU-Ebene sind viele Plattformen dazu übergegangen, Subunternehmen einzuschalten, um sich der eigenen Verantwortung zu entziehen. Dabei wird in der Plattformökonomie nicht nur viel Geld durch die massive Ausbeutung der Mitarbeiter verdient, sondern auch durch den Verkauf der bei jeder Lieferung anfallenden Kundendaten. Kaum besser sieht es in der realen Einkaufswelt aus. Seit Errichtung der ersten Aldi-Filialen geht es bei den Selbstbedienungsläden immer um die Frage, wie und wo Personal eingespart werden kann. Während der erste Schritt auf diesem Weg noch „analoger“ Natur war (Wechsel von losen zu verpackten Lebensmitteln), setzten nach der bereits erwähnten Einführung der Scanner-Kassen weitere Versuche ein, den Bedarf an menschlicher Arbeitskraft durch Einsatz „intelligenter“ Technik zu reduzieren. Dabei fällt auf, dass jeder neue diesbezügliche Schritt als kundenfreundliche Verbesserung angepriesen wird. Das gilt für die (schon älteren) Selbstbedienungskassen ebenso wie für die „Easy Shopper“, bei denen es sich um Einkaufswagen handelt, die mit Display und Scanner zur automatischen (Preis-)Erfassung der vom Kunden hineingelegten Waren ausgestattet sind. In Berlin ist Rewe gerade dabei, in einer Art Probelauf dem Beispiel von Amazon (Supermärkte ganz ohne Personal) zu folgen. Kunden, die sich am Eingang mit einer zuvor heruntergeladenen App registrieren, können die aus dem Regal herausgenommenen Waren direkt in die eigene Tasche stecken und an den Kassen vorbei nach draußen gehen, wo sie die Rechnung auf ihr Handy bekommen. Dieses Vorgehen ist möglich, weil in der zu diesem Zweck umgerüsteten Filiale 4000 Kameras installiert und die Regale und Auslagen mit mehr als 1000 Gewichtssensoren bestückt sind. Zur technischen Ausrüstung gehört außerdem eine etwa zwei Kubikmeter große Servereinheit zur Verarbeitung der Daten. [15] Was in derartigen Läden sonst noch so alles möglich ist, zeigt ein in den USA bekannt gewordenes Beispiel, das vom Onlineportal Planet Wissen veröffentlicht worden ist: „Das Besondere an Big Data ist, dass nicht nur die Gegenwart erfasst wird. Es lassen sich auch Voraussagen über die Zukunft treffen. … Eine US-amerikanische Handelskette ermittelte zum Beispiel, welche Kundinnen wahrscheinlich schwanger sind, und bewarb diese gezielt. Wer will aber schon durch einen Supermarkt von seiner Schwangerschaft erfahren?“ [16] In weitaus größerem Stil wird Big Data von Geheimdiensten, militärischen Abteilungen und polizeilichen Ermittlungsstellen (auch in Deutschland) genutzt. Hierbei geht es immer darum, Massendaten so zu analysieren, dass bestimmte Muster schnell erkannt werden können. Zu den neueren Anbietern in diesem Bereich gehört die (auch von Peter Thiel finanzierte) US-Firma Palantor mit ihrer Fahndungssoftware „Gotham“. Das darüber hinaus (zur „Verbrechensprophylaxe“) verfolgte Vorhersageziel beruht auf dem Versuch, „deviantes Verhalten“ zu erkennen, das beispielsweise bei einem „auffälligen Betreten“ eines Parkhauses registriert wird. Doch zurück zu den alltäglichen Anwendungsbereichen, zu denen nicht zuletzt das Gesundheitswesen gehört, das inzwischen derart viele digitale Produkte und Vorgehensweisen umfasst, dass hier nur auf die etwas neueren Entwicklungen eingegangen werden soll. So sind etliche Ärzte dazu übergegangen, ihre Befundberichte als Mail-Anhang zu verschicken oder zwecks Terminvereinbarung nur noch online (über doctolib.de) kontaktiert werden zu wollen. Ungeachtet des damit verbundenen Risikos eines Fremdzugriffs verfolgen alle großen Tech-Konzerne (Amazon, Apple, Facebook, Google, Microsoft) das Ziel, die Digitalisierung der Medizin voranzutreiben. Zu diesem Zweck beteiligen sie sich beispielsweise an pharmazeutischen Firmen oder universitären Studien. Auch komplette Firmenaufkäufe sind nicht selten, wobei es immer um die Entwicklung neuartiger Produkte geht, die zur (permanenten) Überwachung zahlreicher Körperfunktionen oder zur rein KI-basierten Befundermittlung eingesetzt werden. Aber selbst schon länger bekannte Produkte wie das digitale Sprachverarbeitungsgerät Alexa lassen sich im angestrebten medizinischen Sinne nutzbar machen: „Bemerkenswert ist in diesem Kontext, dass Amazon ein Patent für Alexa hält, das aus der Stimmanalyse seiner Spracheingabe auf den Gesundheitszustand des Nutzers schließen kann. Dies eröffnet en passant neue Umsatzpotenziale für den Konzern, der künftig maßgeschneidert Angebote für nicht verschreibungspflichtige Medikamente platzieren könnte.“ [17] Mittlerweile können sogar Toiletten („smarte Toiletten“) als Datenquellen erschlossen werden, wenn man sie mit Bewegungssensoren, Teststreifen, Uroflometern, Analscannern, Drucksensoren, Stuhlkameras und Fingerabdruck-Scans bestückt. Auf diese Weise ist es möglich, die an eine Cloud weitergeleiteten und gespeicherten Daten dem jeweiligen Nutzer zuzuordnen. [18] Zum Sammeln und Auswerten von (Patienten-)Daten ist auch die digitale Patientenakte gedacht, die aber trotz millionenschwerer staatlicher Förderung bislang noch nicht so richtig vom Fleck gekommen ist. Die in diesem Zusammenhang versprochene zukünftige Vermeidung von Doppeluntersuchungen setzt voraus, dass jeder Arztbesuch, jede Diagnose und jede Verordnung elektronisch erfasst und gespeichert wird. Das dürfte insbesondere diejenigen Rentner verdrießen, die gerne verschiedene Ärzte aufsuchen, um ein Stück weit ihrer Einsamkeit zu entkommen. Um das ebenfalls auf den Weg gebrachte elektronische Rezept (E-Rezept) digital empfangen zu können, wird die App „E-Rezept“ benötigt. Während der digitale Empfang eines E-Rezepts im Rahmen einer Videosprechstunde (Stichwort: „Telemedizin“) noch nachvollziehbar ist, gilt das nicht für echte Arztbesuche. „Daten-Junkies“ werden das allerdings anders sehen und auf eine lückenlose Ausstattung mit Smartphones und/oder anderen digital nutzbaren Geräten hoffen. Zur telemedizinischen Ausstattung gehören auch mobile (Selbst-)Messgeräte, deren Ergebnisse eine wichtige Beratungsgrundlage für die per Video zugeschalteten Ärzte darstellen. Dem Vernehmen nach sollen sogar schon Köfferchen mit darin enthaltenen Stethoskopen in Vorbereitung sein. Wie auch immer: Coronabedingt haben Selbstkontrollen und -untersuchungen enorm zugenommen, wodurch es zu einem früher undenkbaren „outsourcing“ ärztlicher Leistungen gekommen ist. Und noch etwas hat sich geändert: Seit Ende 2020 können Ärzte auch medizinische Apps (Aufzeichnung von Blutwerten, Hilfe bei Tinnitus oder Austausch von Vitaldaten mit medizinischem Fachpersonal) verschreiben. Diese können ergänzt werden durch die von manchen Krankenkassen angebotenen Bonus-Apps, die aber nur nach einer Verknüpfung mit der auf dem Smartphone vorinstallierten Health App funktionieren. Dabei ist die letztgenannte App die eigentliche Datensammlerin, sodass die Bonus-App lediglich eine Kopie der ganz anderweitig gesammelten Daten erhält. Unabhängig von den Anwendungsbeispielen kann festgestellt werden, dass sich insbesondere der Gesundheitssektor durch eine symbiotische und zugleich gewinnträchtige Verbindung von Digitalisierung und Privatisierung auszeichnet. Als Folge dieser von der Regierung unterstützten Entwicklung müssen immer mehr öffentlich betriebene Krankenhäuser schließen, die dann durch (zumeist ausgerechnet innerstädtisch angesiedelte und den Abbau nur unzureichend ausgleichende) Medizinische Versorgungszentren (MVZ) ersetzt werden. Ohne Wissen der Patienten betreiben Investoren aber auch den Ankauf der von niedergelassenen Ärzten betriebenen Praxen oder die Gründung von Gemeinschaftspraxen, die auf ein Spezialgebiet (Beispiel Augenheilkunde) fokussiert sind und den Patienten bevorzugt teure (Sonder-)Behandlungen anbieten. Zu den noch gar nicht erwähnten Projekten gehören Vorhaben wie Einführung einer elektronischen Identität (Stichwort: ID2020), Schaffung eines digitalen Zwillings oder Genommedizin. Auch wenn die genannten Vorhaben derzeit noch nicht „spruchreif“ sind, lässt sich schon jetzt erahnen, wohin die Reise gehen könnte. Spätestens dann, wenn es gelingt, alle über uns gesammelten Daten auf kleinstem Raum miteinander zu verknüpfen, ist eine Art „Superpass“ denkbar, der Angaben enthält wie Gesundheitsdaten, geschlechtliche Identität, Schufa-Auskünfte, politische und sexuelle Präferenzen, Konsumverhalten, Lern- und Studiengänge, Abschlussnoten, Reiseziele, eventuelle Vorstrafen, berufliche Tätigkeiten, behördliche Dokumente und vielleicht auch noch Angaben zu unseren engsten Freunden und bevorzugten Freizeitaktivitäten. Ein solcher (eines Tages vielleicht sogar weltweit auslesbarer) Pass könnte (vergleichbar mit den bisherigen Schufa-Dateien) per Scoring-Verfahren (Punktesystem) dazu genutzt werden, die (dann nicht länger nur finanzielle) „Seriosität“ des jeweiligen Inhabers zu beurteilen. Sollte es so weit kommen, wäre dieser Ausweis lediglich umfangreicher als die in Bologna bereits geplante „Smart Citizen Wallet“. Vergleichbare Vorhaben sind mittlerweile auch schon in Rom, Wien und Bayern angekündigt worden. Angepriesen werden solche Projekte als Träger großer sozialer und ökologischer Verbesserungen, wodurch der darin enthaltene manipulative Charakter (Erziehung zum „tugendhaften“ Bürger) vollkommen verschleiert wird. Obwohl in Europa zunächst nur „Belohnungspunkte“ vergeben werden sollen, erinnern derartige Vorstöße doch sehr an das in China schon vor Jahren eingeführte Sozialkreditsystem. Danach wird belohnt, wer sich im Sinne der „von oben“ gesetzten Ziele verhält, während diejenigen, die ein „unerwünschtes Verhalten“ an den Tag legen, mit Punkteabzügen und den daraus folgenden großen Nachteilen für ihr tägliches Leben bestraft werden. Zusammen gedacht mit der ebenfalls geplanten Abschaffung des Bargeldes beziehungsweise der Einführung diverser digitaler Zentralbankgelder wird die von solchen Systemen ausgehende Gefahr noch deutlicher: Bestrafung unerwünschten Verhaltens nicht nur durch Punkteabzug, sondern auch durch Kontosperrungen, die dann nicht länger anderweitig überbrückt werden können. Im Gegensatz zu den noch hypothetischen Gefahren sind wir bereits jetzt mit einer Entwicklung konfrontiert, bei der es darum geht, noch mehr Arbeitskräfte durch den Einsatz von Robotern einzusparen oder Personal erst gar nicht einstellen zu müssen. Ganz anders als die schon vor Jahrzehnten eingeführten Industrieroboter sind nunmehr viele „niedliche“ (mit Kulleraugen bestückte) und bedarfsgerecht programmierte Dienstleistungsroboter im Einsatz. In Alten- und Pflegeheimen treten sie als sprechende Animateure auf, die Witze oder Geschichten erzählen können, zur Teilnahme an Spielen oder gymnastischen Übungen ermuntern und in der Lage sind, eine Reihe von Fragen (zum Beispiel nach dem Wetter) zu beantworten. Das Empathie hervorrufende Kindchenschema wird unterstützt durch eine bewusst klein gehaltene Gestalt, weshalb sogar Restaurantbesucher (beim Anblick eines Servierroboters) versucht sind, dessen „Köpfchen“ zu streicheln. Dabei wird völlig ausgeblendet, dass auch die so menschlich wirkenden Dienstleistungsroboter mit Mikrofonen und Kameras ausgestattet sind, von denen wir nicht wissen, was sie aufnehmen und speichern. In diesem Zusammenhang kann gar nicht eindringlich genug betont werden, dass es die „Künstliche Intelligenz“ in der heutigen Form gar nicht gäbe, wenn wir nicht immer wieder (aus Bequemlichkeit, Unwissenheit oder Alternativlosigkeit) bereit gewesen wären, den Computern Massen an persönlichen Daten anzuvertrauen, die – in Verbindung mit den von den Überwachungssystemen gesammelten Daten – allesamt von diversen Interessenten abgeschöpft und verwertet werden. Die dabei verfolgten Ziele sind, soweit darüber überhaupt gesprochen wird, teilweise so bizarr, dass sie kaum glaubhaft erscheinen. Als Beispiel sei die Metavers genannte Welt genannt, in der wir uns nach den Vorstellungen von Zuckerberg zukünftig ganz überwiegend aufhalten werden. Das heißt konkret: Sobald wir nach dem morgendlichen Aufstehen unser Headset aufgesetzt haben, soll sich praktisch unser gesamtes alltägliches Leben (Arbeiten, Einkaufen oder Schulbesuch der Kinder) in dieser künstlichen Welt abspielen. Eine andere Zielrichtung ist unter dem Begriff „Transhumanismus“ bekannt geworden, worunter – grob gesagt – eine „Verschmelzung“ von Mensch und Maschine verstanden wird. In diesem Bereich gibt es durchaus unterschiedliche Ansätze, aber allen Befürwortern gemeinsam ist die Vorstellung, dass es zwischen Mensch und (KI-gestützter) Technik keinen fundamentalen Unterschied mehr gibt. Wer so denkt, leugnet die dem Menschen eigene Emotionalität (Liebe, Sehnsucht, Trauer, Freude, Verzweiflung, Mitgefühl, Begeisterung, Hass), Kreativität, Spontaneität, Spiritualität, Verletzlichkeit und auch Irrationalität vollkommen und kann (wie Eagleman) von einer Überwindung des Todes durch Herunterladen unserer zuvor kopierten Gehirne auf einen Computer und damit von einem ewigen Leben in Silizium träumen. Aber selbst dann, wenn von diesen Horrorprojekten Abstand genommen werden sollte, bleiben wir in jedem Fall die Ausgebeuteten: Ausschließlich wir sind die Urheber unserer mehr oder weniger freiwillig gelieferten Daten, aber von den riesigen Gewinnen, die entweder durch den Direktverkauf unserer Daten oder durch den Verkauf der auf unseren Daten basierenden Produkte erzielt werden, bekommen wir nichts ab. Aus diesem Umstand zieht Werner Meixner folgenden Schluss: „Wenn allgemein bewusst wird, dass jegliche privaten Daten wertvoller Rohstoff sind, dann wird sich der Wille zum Eigentum mächtig zeigen. Spätestens dann werden die Leute einsehen, dass es auch nicht um die Frage geht, ob man etwas zu verbergen hat, sondern um die Frage, ob man bestohlen werden will.“ [19] Zwischenbilanz Der zeitgeschichtliche Rückblick auf die Entwicklung der BRD verdeutlicht, dass die von Lebensfreude und Zuversicht geprägten Jahre schon weit zurückliegen und sich nie wiederholt haben. Das euphorische Lebensgefühl ist (von Ausnahmen abgesehen) der heutigen Jugend nie vergönnt gewesen, und das, was davon vielleicht doch noch vorhanden war, ist in den „Corona-Jahren“ gründlich zerfetzt worden. Aber auch insgesamt haben sich die Lebensbedingungen kontinuierlich verschlechtert: Zerbröselung der Infrastruktur, Deregulierung und Prekarisierung des Arbeitsmarktes, Zunahme der Armut, privatisierungsbedingte Schwächung der öffentlichen Daseinsvorsorge und Sozialversicherungssysteme, familienunfreundliche Entgrenzung der Arbeitszeiten, Verlust an Glaubwürdigkeit (Politik, Presse und Wissenschaft), neoliberale Umstrukturierung des Bildungswesens, Krisenbewältigungspolitik auf Kosten der Armen, Zementierung der Vermögensungleichheit, Abbau demokratischer Grundrechte und Forcierung der Digitalisierung im überwiegenden Interesse der Kapitalanleger. Zu den wenigen Lichtblicken der vergangenen Jahrzehnte gehören die stückweise Umsetzung der grundgesetzlich verankerten Gleichberechtigung (mit einem allerdings bis heute bestehenden „gender gap“ bei der Entlohnung) oder die Abschaffung der Prügelstrafe. Jenseits der inzwischen vielfältig eingetretenen missbräuchlichen Nutzung kann auch die Digitalisierung als Fortschritt gelten. So hat – auf der Grundlage eines schnellen Informationsaustausches – das Internet ganz neuartige Möglichkeiten eröffnet: Zugriff auf viele bislang verschlossen gebliebene Wissensbereiche, Schaffung neuer Kreativitätsfelder oder Bildung von Netzwerken mit Menschen, die man auf anderen Wegen kaum kennengelernt hätte. Ebenso wenig sollen die zahlreichen Anwendungen und Arbeitserleichterungen geleugnet werden, die sich (einschließlich etlicher medizinischer Sparten) in vielen Berufsfeldern bewährt haben. Angesichts der nutzbringenden (und somit erhaltenswerten) Vorteile des Internets ist es nicht verwunderlich, dass viele Menschen die dunkle Seite der Digitalisierung nicht mit ihrem Alltagsleben in Verbindung bringen. So wird immer wieder übersehen, dass die angestrebte „Voll-Digitalisierung“ der Gesellschaft auf eine Exklusion derjenigen Menschen hinausläuft, die diesen Weg nicht mitgehen können oder wollen. Hinzu kommt ein inzwischen recht sorglos gewordener Umgang mit den eigenen Daten, der es den (Groß-)Konzernen sehr leicht macht, uns diese zu entwenden. Das sah in den 1980er-Jahren, als es um die Durchführung der vierten Volkszählung ging, noch völlig anders aus. Mit anderen Worten dürfte in den dazwischen liegenden Jahren eine gewaltige Abstumpfung und/oder Resignation (als Folge des oft verwehrten Zugangs bei „Datenverweigerung“) eingetreten sein. Eine in dieser Hinsicht große Rolle spielt auch die geschickte Marketingstrategie, nach der es niemals um Gewinnschöpfung und -maximierung, sondern immer nur um das Wohl des Volkes (Stichwort: Sicherheit) oder um das Wohl des Einzelnen (Stichwort: Gesundheit) geht. Unter dem Strich bleibt festzuhalten: Wir haben uns einlullen lassen und sind nun mehrheitlich von der Unausweichlichkeit und/oder Nützlichkeit der Digitalisierung aller Lebensbereiche überzeugt. Obwohl die Angst vor einer Abhängigkeit von Energieressourcen inzwischen sehr groß geworden ist, schrecken wir nicht davor zurück, uns durch das fortschreitende Verstopfen aller analogen (Notfall-)Alternativen in eine noch viel größere Abhängigkeit zu begeben. Aber nicht nur vor diesem Hintergrund, sondern auch im Hinblick auf das zukünftige Schicksal der (Enkel-)Kinder und der gesamten Menschheit sollten wir uns wieder häufiger die Frage stellen: Ist ein komplett digitalisiertes Leben überhaupt wünschenswert? Lesen Sie auch den zweiten Teil. Leserbriefe zu diesem Beitrag finden Sie hier. Titelbild: Daniel Krason/shutterstock.com | Magda von Garrel | In der Überzeugung, dass sich die qualitative und quantitative Beschaffenheit der sich abzeichnenden zukünftigen Entwicklungen besonders gut durch Vergleiche mit früheren Gegebenheiten beurteilen lässt, soll zunächst – beginnend mit den „fetten Jahren“ der Nachkriegszeit – ein Blick auf die einstmals üblichen Lebensbedingungen geworfen werden. Zwar sind die eigenen diesbezüglichen Erfahrungen ... | [
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] | 25. Februar 2023 15:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=94286 |
Bürgerkrieg oder Krieg gegen die Bürger? | „Steine, Rauchbomben und Randale bei Hamburger Demo!“ titelte BILD den Bericht über Demonstration anlässlich des Treffens europäischer und asiatischer Außenminister im Hamburger Rathaus. Die Bilder mit Rauchbomben, vermummten Steinewerfern, ein Polizisten, der „in höchster Bedrängnis“ seine Pistole zieht, vermitteln den Eindruck von Chaos und Bürgerkrieg. Blickt man in die Presseschauen und auf die spektakulär gewählten Fernsehbilder, so bekommt man aus der Ferne den Eindruck, als hätte es in Hamburg vor allem gewalttätige Krawalle gegeben. Aus der Sicht von Demonstranten und zivilen Demonstrationsbeobachtern, die im „Wanderkessel“ eingekesselt waren, ergibt sich ein anderes Bild von Gewaltausübung. Damit Sie das martialische Bild über diese Demonstration auch vom Blickwinkel aus dem Inneren des „Kessels“ beurteilen können, wollen wir Ihnen die Demonstrationsbeobachtung des Komitees für Grundrechte und Demokratie nicht vorenthalten. Wolfgang Lieb.
Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V. Bericht über die Demonstrationsbeobachtung am 28. Mai 2007 in Hamburg anlässlich der Proteste gegen den ASEM-Gipfel Das Komitee für Grundrechte und Demokratie hat die Demonstration aus Anlass des Protestes gegen den ASEM-Gipfel am 28. Mai 2007 in Hamburg mit 11 neutralen BeobachterInnen begleitet. Der folgende Kurzbericht bezieht sich ausschließlich auf die Ereignisse während der Demonstration bis zu deren Auflösung am Rödingsmarkt. Er sollte ursprünglich auf der gestrigen Pressekonferenz vorgestellt werden. Dies scheiterte jedoch an einem Polizeibeamten, der die VertreterInnen des Komitees daran hinderte, zur Pressekonferenz zu gelangen. Ergebnisse der Demonstrationsbeobachtung Zusammengefasst wird deutlich, dass die Einschränkung des Demonstrationsrechtes, die wir insbesondere in dem Verbot der beantragten Route, der massiven Polizeipräsenz und den restriktiven Auflagen sehen, offenkundig politischem Kalkül entspringt. Dass dieses Kalkül nicht gefruchtet hat – als Beleg dafür sehen wir die hohe Teilnehmerzahl und den entschlossenen und disziplinierten Ablauf der Demonstration -, ist ein schöner Erfolg im Kampf zur Verteidigung des Demonstrationsrechts, gerade auch im Hinblick auf die anstehenden Proteste gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm. Der Verlauf der Demonstration straft das politische und polizeiliche Vorgehen im Vorfeld Lügen. Das macht auch im Nachhinein deutlich, dass beispielsweise das Verbot der beantragten Route sowie die teilweise sehr restriktiven Demonstrationsauflagen das Demonstrations-recht ungerechtfertigt eingeschränkt haben. Für das Komitee für Grundrechte und Demokratie: Theo Christiansen / 29. Mai 2008 Anmerkung: Mehrere uns vertraute und glaubwürdige Beobachter/innen bestätigen uns, dass dieser Bericht zutrifft. | Wolfgang Lieb | „Steine, Rauchbomben und Randale bei Hamburger Demo!“ titelte BILD den Bericht über Demonstration anlässlich des Treffens europäischer und asiatischer Außenminister im Hamburger Rathaus. Die Bilder mit Rauchbomben, vermummten Steinewerfern, ein Polizisten, der „in höchster Bedrängnis“ seine Pistole zieht, vermitteln den Eindruck von Chaos und Bürgerkrieg. Blickt man in die Presseschauen und au ... | [
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] | 30. Mai 2007 11:41 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=2374&share=email&nb=1 |
Nachtrag zum Thema Lehrerpreis der Versicherungswirtschaft | Das „Informationszentrum der deutschen Versicherer ZUKUNFT klipp + klar“ hat mir freundlicherweise die Namen der Preisträger und ihre Arbeiten, die Preisträger-Konzepte, zur Verfügung gestellt. Damit kann ich meinen Beitrag von heute früh um diese Informationen ergänzen. Die Preise von 10.000 € für den ersten Preis, 8.000 € für den zweiten und 5.000 € für den dritten Preis gingen an die unten genannten Personen. Ich habe mir die Preisträger-Konzepte angeschaut. Der erste Eindruck ist wie erwartet: Lobbyarbeit. Albrecht Müller.
Hier zunächst die Preisträger und ihre Konzepte:
1. Platz – Claudia Polzin [PDF – 452 KB]
2. Platz – Thomas Kipper [PDF – 1,4 MB]
3. Platz – Evi und Werner Ulsamer [PDF – 1,9 MB] Fünf bemerkenswerte Charakteristika machen sichtbar, dass in diesen Preisträger-Konzepten wichtige Regeln von und für Schulen verletzt sind. Der Unterricht ist, wenn er nach diesen Konzepten abläuft, nicht objektiv und nicht umfassend. Und er ist parteilich im Sinne der Interessen der Versicherungswirtschaft: Damit werden nicht einmal minimale Anforderungen an eine objektive Information der Schülerinnen und Schüler gewahrt. | Albrecht Müller | Das „Informationszentrum der deutschen Versicherer ZUKUNFT klipp + klar“ hat mir freundlicherweise die Namen der Preisträger und ihre Arbeiten, die Preisträger-Konzepte, zur Verfügung gestellt. Damit kann ich meinen Beitrag von heute früh um diese Informationen ergänzen. Die Preise von 10.000 € für den ersten Preis, 8.000 € für den zweiten und 5.000 € für den dritten Preis gingen an die unten ... | [
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"Bildung",
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] | 22. Februar 2008 14:11 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=3005&share=email&nb=1 |
Leserbriefe zu „Noch ein Jubiläum: Was erinnert zum Tag der Deutschen Einheit an die DDR?“ | In diesem Beitrag thematisiert Felix Ducek den Tag der Deutschen Einheit. Besonders hervorgehoben wird die Einweihung des Berliner Fernsehturms am 3. Oktober 1969. Anders als manche Bürger aus den „alten Bundesländern” meinen, seien viele endgültige Details der Konstruktion und der Gestalt des Fernsehturms am Alex durch Kollektive und Kombinate der DDR entstanden. Wir haben hierzu interessante E-Mails bekommen und bedanken uns dafür. Hier folgt nun eine Auswahl der Leserbriefe. Für Sie zusammengestellt von Christian Reimann.
1. Leserbrief Hallo, vielen Dank für diesen interessanten Artikel. Wer die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland (DDR / BRD) verstehen will, dem empfehle ich die Bücher von Peter Edel. Vor allem auch die DEFA Verfilmung seines Romans von 1972: >>Die Bilder des Zeugen Schattmann<<. Herzliche Grüße
Jens Gläßer 2. Leserbrief Sehr geehrter Herr Ducek, vielen Dank für Ihren Artikel, der den Menschen dienen sollte Ihr Denken mit dem eigenen zu vereinen, um auf sehr gutes Denken zu kommen. Zwar habe ich in Beziehung auf die gesellschaftliche Politik doch andere Ergebnisse beim Denken, die aber nicht ausschlaggebend sind für meine hier dargebrachte Meinung. Mir ist besonders daran gelegen, dass Ihr Wissen über die bautechnischen Besonderheiten unbedingt zu erhalten ist. Insbesondere ist die Sanierung von Asbestbeton im Westberlin zumindest für mich neu und interessant, eine Sanierungsart, die aber im Osten nicht angewandt wurde. Der Palast der Republik, gerne als Erichs Lampenladen bezeichnet, hatte im Inneren einen multifunktionalen Veranstaltungsraum, der seines Gleichen suchte und heute schwer finden würde. Ein unwiederbringlicher Verlust für das Volk solch ein Bauwerk. Wenn man z. B. auf die sog. Elbphilharmonie in Hamburg schaut, dann wird die Traurigkeit mit diesem Vergleich sehr tief. Vielen Dank also für Ihr Wissen, was Sie der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Ich habe es gespeichert und in der entsprechenden Mappe abgelegt. Mit wirklich freundlichen Grüßen
Olaf Thomas Opelt 3. Leserbrief Vielen Dank für diesen Artikel, der an viele Dinge erinnerte, an die (sich) heute niemand mehr erinnern möchte. In Dresden gab es diese “Bilderstürmerei” nach der “Wiedervereinigung” auch. Besonders brutal am Postplatz, wo man eine Großgaststätte aus den 60er Jahren, einen viereckigen Flachbau, der im Volksmund “Freßwürfel” genannt wurde, abriß, angeblich um der früher an diesem Ort stehenden Sophienkirche ein Denkmal zu errichten, das an ihren Abriß “durch die Kommunisten” erinnern sollte. Das Denkmal, in Form einer aus Stahlbeton und ein paar Reststeinen stilisierten Kapelle und mehreren an Strebepfeiler erinnernden Betonstelen gibt es heute zwar, aber es steht in einer engen, zugigen Gasse zwischen einem seelenlosen Büroriegel und dem “Wilsdruffer Kubus”, den man anstelle des “Freßwürfels” errichtete. Ein – na klar – Bürogebäude, das viereckig und doppelt so hoch ist, wie einst die von den nachwendischen Siegerarchitekten verteufelte Gaststätte und mit seiner Wuchtigkeit den unweit davon stehenden Glockenspielpavillon des Dresdner Zwingers förmlich erschlägt. Soviel zum Thema “rücksichtslose kommunistische Architektur”! Übrigens, kleiner Fun Fact zum Palast der Republik: Die nötige Asbestsanierung, deren angeblich zu hohe Kosten als Grund für den Abriß herhalten mußten, wurde dennoch durchgeführt. Als Vorbereitung des Abrisses, da man ein Gebäude mit Spritzasbest nun mal nicht einfach so zusammenschieben kann. ;-) Gruß, Ole. 4. Leserbrief Guten Tag NDS Was viele ehemaligen DDR Bürger auch nach 34 Jahren Deutsche Wiedervereinigung nicht war haben wollen. Die DDR war eine Diktatur, ein totalitärer Staat. Viele ehemalige DDR Bürger haben eine kognitive Wahrnehmungsstörung. Die Elite der DDR hat Westprodukte konsumiert. Die Architektur in der DDR war grausam Plattenbauten sind ein Beispiel dafür Historische Gebäude wurden abgerissen oder dem Verfall überlassen. Ruinen schaffen ohne Waffen!!! Und für die Fortbildung Herrn Ducek Die DDR war das erste Land der Welt das bereits 1973 Spritzasbest verboten hat Trotzdem wurde im Palast der Republik ( gebaut von 1976-1979 ) Spritzasbest verbaut Illegal nach DDR Recht Aber das hat eine Diktatur nicht interessiert. Und was konnte der DDR Bürger dagegen tun? Nichts !!! MFG Dieter Klaucke 5. Leserbrief Liebe Redaktion, ich habe mich all die Jahre gefragt, was der Kohlregierung den Mut und die Dreistigkeit gab, den Tag der Einheit völlig willkürlich auf den 3. Oktober zu legen, ohne uns gefragt zu haben (einen Volksentscheid gab es nicht einmal beim Grundgesetz, das hier Verfassung genannt wird). Nach der Lektüre des gleichnamigen Buches von Viktoria Luise, der Tochter des letzten Kaisers, fand ich die Erklärung auf S. 183, wo am Abend des 3. Oktober 1918 vom Reichskanzler Max von Baden das Waffenstillstandsersuchen des Deutschen Reiches an Wilson unterschrieben wurde. Waffenstillstand? Wilson machte daraus eine Totalkapitulation, aber das ist ein anderes Thema und gehört in die Märchenerzählung der deutschen Kriegsschuld, damit jemand den europäischen “Siegern” ihre Schulden an die USA bezahlt. Als Flüchtling über Ungarn am 14. 10. 1989 in Hamburg angekommen, verfolgte ich die Ereignisse damals 1990 recht ungenau, weil wir mit unserer schnellen Eingliederung in die bRD beschäftigt waren (mein Mann arbeitete bereits am 24.11.89 und ich am 1.1.90). Später stellte sich für mich heraus, daß die Teilvereinigung tatsächlich eine Art Kapitulation vor den Globalisten war. Birgit Breuel verscherbelte nicht nur das gesamte Volkseigentum der DDR, sondern Kohl zog mit den Privatisierungen der Bahn, Post und den Krankenhäusern nach. Familienunternehmen gingen an die Börse und wurden für die Belegschaft anonym und ausbeuterisch. Detlev Rohwedders Vorstellungen konnten durch dessen Anschlagsmord nicht einmal diskutiert werden, ebenso wurden die vernünftigen Vorschläge von Oscar Lafontaine beiseite geschoben. Und so haben wir heute eine BRD, die keiner so wollte, mit einer zum Himmel schreienden Amoral durch Porno, Privatfernsehen und Umzüge Nackter, einer niedergehenden Industrie, einem Gesundheitswesen und einer Nahrungsmittelindustrie, die den Namen nicht verdienen und einem Bildungssystem, das im Keller angelangt ist. Das Schlimmste aber waren die durch die Deindustrialisierung hervorgerufenen Umsiedlungen der arbeitenden Menschen in der DDR und der damit für alle einhergehenden prekären Arbeitsverhältnisse im Westen. Dafür erfüllt dieses Land die feuchten Träume der Volksvermischung eines Soros und Co. In jeder Großstadt fühlt man sich als Deutscher nicht mehr zu Hause und in Sicherheit. Dieser Tage erschien ein offener Brief eines Vaters , dem im letzten Jahr die 17 jährige Tochter durch Messermord in einer Regionalbahn in Schleswig Holstein zu Tode kam, gemeinsam mit ihrem Freund. All das gehört zum Alltag und ist kein Einzelfall, wie so was in diesem verlogenen System seit vielen Jahren verbrämt wird. Dem Vater haben übrigens über 300 Eltern geschrieben, die durch die Zuwanderung Krimineller und Mörder gleichfalls ihre Kinder verloren haben. Nein, der 3. Oktober ist wahrlich kein Grund zum Feiern. Es ist für mich eine Kapitulation vor dem anonymen Großkapital mit einhergehenden spleenigen Ideen mit Regenbogenfahne und Frauenquoten. 1990 hatten wir die Chance, über unser Schicksal zu entscheiden, wenn man uns Zeit und einen Diskurs gegeben hätte. Sehr traurige Grüße
Kersti Wolnow 6. Leserbrief Danke Felix Ducek für diesen grossartigen und fundierten Artikel! Dass die Wiedervereinigung mit all den Verletzungen genau so ablaufen mußte, könnte man vielleicht mit dem von Jacques Ellul beschriebenen Zwang zum Rechthaben erklären, das repräsentativen Demokratien inne wohnt (siehe https://www.nachdenkseiten.de/?p=84280). Ihr Beitrag belegt wunderbar die Willkür dieses Rechthabens und ich finde es extrem wichtig das herauszuarbeiten. Gleichzeitig erinnere ich mich, dass die Wahrnehmung für die Errungenschaften der Menschen in der DDR nicht vollkommen unter gegangen ist. In meiner Familie gab es da z.B. eine positive Sicht. Das rührte wesentlich daher, dass meine Grossmutter als Rentnerin regelmäßig ihre „kleine” Schwester in Güstrow besuchen konnte. Diese war praktizierende Ärztin und so war es in unserer Familie lange vor ’89 kein Geheimnis, dass die DDR über das intelligentere Gesundheitssystem verfügte, indem dort Vorbeugen einen glaubwürdigen Stellenwert hatte. Es wurde auch gesehen und durchweg positiv bewertet, dass diese Leistungen trotz erheblich schwierigeren Rahmenbedingungen erbracht wurden. Und es gab ja noch eine ganze Reihe weiterer Bereiche, wo die DDR die Nase vorne hatte bzw. Nennenswertes hervorgebracht hat. Spontan fällt mir da ohne Anspruch auf Vollständigkeit ein: Und wenn man Susan Neimann folgt, war auch die Entnazifizierung im Osten tiefergreifender als im Westen. Wie passt so was ins allgemeine Narrativ? Viele Argumente von Neimann waren mir Wessi neu. (Ihr diesbezügliches Buch hat den in rot-grünen Kreisen kaum zitierfähigen Titel „Von den Deutschen lernen“; allerdings dürfte sie als jüdische Amerikanerin trotzdem noch ganz woke da stehen :-) ). Um vorschneller Kritik vorzugreifen: Es geht niemandem darum, die DDR wiederauferstehen zu lassen. Genauso wie es nicht darum gehen kann blind das zu erfüllen, was Eliten unter Wahrung ihrer eigenen Interessen bereits vorgedacht haben. Es geht darum, aus einer nüchternen und fairen Betrachtung der Vergangenheit heraus, für die Zukunft tragfähige Visionen entstehen zu lassen. Das gelingt, in dem Masse wie man den Blick auf die Vision erhebt, statt sich in einer Parteilichkeit innerhalb der Niederungen zu verlieren, die es zu überwinden gilt. Das ist ohne Frage ein anspruchsvoller dialektischer „Bauchaufschwung“. Demokratisch ist er, wenn er vom Volk vollzogen wird. Freundlicher Gruss,
Michael Zwoelfer Anmerkung zur Korrespondenz mit den NachDenkSeiten Die NachDenkSeiten freuen sich über Ihre Zuschriften, am besten in einer angemessenen Länge und mit einem eindeutigen Betreff. Es gibt die folgenden E-Mail-Adressen: Weitere Details zu diesem Thema finden Sie in unserer „Gebrauchsanleitung“. | Redaktion | In diesem Beitrag thematisiert Felix Ducek den Tag der Deutschen Einheit. Besonders hervorgehoben wird die Einweihung des Berliner Fernsehturms am 3. Oktober 1969. Anders als manche Bürger aus den „alten Bundesländern” meinen, seien viele endgültige Details der Konstruktion und der Gestalt des Fernsehturms am Alex durch Kollektive und Kombinate der DDR entstanden. Wir haben hierzu interessante ... | [] | [
"Leserbriefe"
] | 09. Oktober 2024 10:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=122725&share=email |
Länderberichte | Die Wirtschaftspolitik Großbritanniens wird häufig als Vorbild für Deutschland vorgehalten. Liberale Kommentatoren loben die flexibleren Arbeitsmärkte, die aktivierende Arbeitsmarktpolitik, die Politik der Deregulierung und Liberalisierung. Kaum bekannt ist, dass in GB makroökonomisch expansive Initiativen unternommen wurden und dass seit 2001 eine expansive öffentliche Investitionspolitik aktiv zur Krisenüberwindung eingesetzt wurde. Die WSI Mitteilungen haben uns dankenswerter Weise gestattet diesen Aufsatz in die NachDenkSeiten einzustellen. | NachDenkSeiten - Die kritische Website | [] | [] | 26. Mai 2006 15:38 | https://www.nachdenkseiten.de/?cat=20&paged=108 |
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Corona und gekaufte Wissenschaft – Wie falsche Wissenschaft die Welt in einen Abgrund stürzt | Als im Frühjahr in Europa Lockdowns verhängt wurden, galten dramatische Berechnungen des Londoner Imperial College als Begründung. Heute ist klar, dass die Rechenmodelle falsch und die Prognosen maßlos übertrieben waren. Der Ökonom und Autor der Bücher „Gekaufte Forschung“ und „Gekaufte Wissenschaft“, Christian Kreiß, hat sich für die NachDenkSeiten die Hintergründe dieses Wissenschaftsskandals und die Verbindungen der Studienautoren zur Wirtschaft näher angeschaut und auch einen Blick auf die Prognosen des deutschen Wissenschaftsstars Christian Drosten geworfen. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Der „report 9“ des Imperial College London vom 16.3.2020 Am 16. März 2020 veröffentlichte der britische Epidemiologe und Professor für mathematische Biologie, Neil Ferguson vom angesehenen Imperial College London, zusammen mit 30 anderen Forschern einen wissenschaftlichen Bericht, der dramatische Auswirkungen auf die angelsächsische Welt und kurz darauf auf fast die ganze übrige Welt hatte. Der „report 9“ vom Imperial College COVID-19 Response Team, wie das wissenschaftliche Paper offiziell genannt wurde [1], baute auf einem mathematischen epidemiologischen Modell auf. Es sprach von der größten Gesundheitsbedrohung durch ein Atemwegsvirus seit der Grippewelle von 1918. Falls keine politischen Gegenmaßnahmen ergriffen würden, sagte der Report 550.000 Tote für Großbritannien und 2,2 Millionen Tote für die USA voraus sowie eine 30-fache Überlastung der Krankenhausbetten. [2] Der Bericht empfahl daher einen harten Lockdown aus einer Kombination von Fallisolierung, Social Distancing für die gesamte Bevölkerung und entweder eine generelle Haushaltsquarantäne oder Schul- und Universitätsschließungen. Nur dadurch könne eine Überlastung des Gesundheitssystems und ein Mangel an Krankenhausbetten vermieden werden, solange kein Impfstoff zur Verfügung stände. Der harte Lockdown müsse, auch wenn zwischenzeitliche Lockerungen möglich wären, „möglicherweise 18 Monate oder mehr“ [3], bis ein Impfstoff zur Verfügung stände, aufrechterhalten werden. Für das Paper wurde ein harter Lockdown von zunächst fünf Monaten modelliert. [4] Der report 9 diskutierte auch eine mildere Strategie der Eindämmung statt eines harten Lockdowns, bei der nur Fallisolierungen, Quarantäne und Social Distancing für die hauptsächlich gefährdete Zielgruppe der über 70-Jährigen eingeführt würde. Die Anwendung dieser milderen, zielgruppenspezifischen Strategie würde aber lediglich zu einer Halbierung der Anzahl an Toten, also 275.000 Toten in Großbritannien und 1,1 Millionen in den USA sowie zu einer 8-fachen Überbelegung der Krankenhausbetten führen. [5] Das Paper rät daher explizit davon ab. [6] Der report 9 hatte sensationelle Auswirkungen. Kurze Zeit darauf verhängten zahllose Staaten auf der ganzen Erde einen harten Lockdown mit genau den Maßnahmen, die Ferguson und seine Mitstreiter vorgeschlagen hatten. Beispielsweise wurden in 150 Ländern Schulschließungen durchgeführt, die allein bis Ende Mai 1,2 Milliarden Schulkinder (etwa 70 Prozent aller Schulkinder weltweit) betrafen. [7] Es dürfte das folgenreichste wissenschaftliche Paper aller Zeiten gewesen sein. Neil Ferguson wurde in der britischen Presse daraufhin als „Professor Lockdown“ betitelt. Noch heute basieren fast alle Lockdown-Maßnahmen weltweit sowie die Begründungen dafür im Kern auf der Argumentation dieses Papers. Kritik und Rechtfertigung Zunächst gab es unter anderem Kritik an dem mathematischen Modell, das dem report 9 zugrunde liegt. Die Daily Mail titelte am 17. Mai 2020: „Der Computercode für das Modell von Prof. Lockdown (Neil Ferguson), der den Tod von 500.000 Menschen [allein in Großbritannien] durch Covid-19 vorhersagte und Großbritanniens Stay-Home-Plan inspirierte, ist ein Durcheinander, für das man in der Privatindustrie laut Datenexperten gefeuert würde“. [8] Das Modell sei unzuverlässig, Wissenschaftler der Universität Edinburgh kämen bei Verwendung desselben Modells zu ganz anderen Ergebnissen und das Modell sei bereits frühzeitig von Gesundheitsexperten der Universität Oxford kritisiert worden. Am 6. Juni 2020 erschien von Peter St. Onge, dem Chefökonomen des Montreal Economic Institute, unter Mitarbeit von Gaël Campa eine Studie mit dem Titel: „Das fehlerhafte COVID-19-Modell, das zum Lockdown von Kanada führte“. [9] Onge wies auf massive wissenschaftliche Fehler der Ferguson-Studie hin. Sie sei nicht peer-reviewed gewesen, viele Tausend Zeilen des Modells seien nach Aussage von Ferguson selbst „undokumentiert“ und damit nicht verifizierbar. Ein leitender Software-Entwickler von Google hat sich den Code angeschaut und in dem Modell „amateurhafte Fehler“ gefunden. Daraufhin sprang niemand geringerer als das Naturwissenschaftsmagazin „nature“ Ferguson zu Hilfe. Unter dem Titel „Critiqued coronavirus simulation gets thumbs up from code-checking efforts – Influential model judged reproducible — although software engineers called its code ‘horrible’ and ‘a buggy mess’, hieß es dort am 8. Juni 2020, dass das Modell von vielen unabhängigen Experten für in Ordnung befunden worden sei. [10] Freispruch und Adelung durch „nature“, einer der zwei angesehensten naturwissenschaftlichen Zeitschriften der Welt [11], für Ferguson. Prognosen und Wirklichkeit „report 9“ vom Imperial College London prognostizierte für die USA 2,2 Millionen Corona-Tote und für Großbritannien 550.000. Gemäß Peter St. Onge lauteten die Vorhersagen für Kanada auf 326.000 und für Schweden auf 85.000 Covid-19-Tote. [12] Dies waren die Prognosen für den Fall, dass keine epidemieeinschränkenden Maßnahmen getroffen würden. Für den Fall der „Eindämmungs-Strategie“ sollten, wie erwähnt, die Todeszahlen nur die Hälfte betragen und die Fallzahlen in den Krankenhäusern achtmal so hoch sein wie die Behandlungskapazitäten. Die Ist-Zahlen der Corona-Toten per 26.10.2020 lauten bei „Worldometer“ [13]: USA 231.000, Großbritannien 45.000, Kanada 10.000, Schweden 6.000. Es soll hier nicht auf die Diskussion eingegangen werden, dass der Großteil dieser armen verstorbenen alten Menschen, 94 Prozent in den USA, nicht ausschließlich an, sondern mit Covid gestorben ist, bzw. dass in 94 Prozent der Fälle Komorbidität bzw. gravierende Vorerkrankungen vorlagen. [14] Kurz: Selbst diese offiziell ausgewiesenen Todeszahlen sind möglicherweise deutlich überhöht bzw. der Einfluss der Corona-Viren als eigentliche Todesursache wird dadurch möglicherweise deutlich überschätzt. Ich denke, diese Zahlen per 27.10.2020 zeigen, wie grundlegend falsch die Horror-Prognosen von Neil Ferguson waren. Insbesondere an Schweden kann man das sehr gut sehen, denn dort wurden und werden – explizit entgegen den Empfehlungen von Ferguson – lediglich sehr milde epidemieeinschränkende Maßnahmen ergriffen und trotzdem sind die Todeszahlen meilenweit unter seinen Prognosen. [15] Sie liegen in den letzten Monaten ständig nahe null und steigen auch in jüngster Zeit, im Gegensatz zu sehr vielen anderen Ländern, nicht an. [16] Auch die Krankenhäuser Schwedens waren, entgegen den Prognosen von Professor Lockdown, nie auch nur ansatzweise flächendeckend überlastet, geschweige denn um einen Faktor acht. Meiner Meinung nach betrieb Herr Ferguson reine, wissenschaftlich substanzlose, Panikmache. Die ganze Absurdität und Weltferne der Ferguson-Prognosen zeigt sich gut an folgender Aussage in dem Paper: „Eine Minimalpolitik effektiver Unterdrückung ist bevölkerungsweites Social Distancing, kombiniert mit der Isolierung Betroffener sowie Schul- und Universitätsschließungen.“ Diese Mindest-Maßnahmen müssten 18 Monate oder länger aufrechterhalten werden, bis ein Impfstoff zur Verfügung stünde. [17] Schon ein Blick auf Deutschland zeigt, wie grotesk falsch diese „Minimalforderung“ von Ferguson ist, um eine Überlastung der Krankenhäuser zu verhindern. In Deutschland waren die Krankenhäuser nie auch nur ansatzweise überlastet, im Gegenteil, sie standen 2020 über weite Strecken so leer wie noch nie in der Nachkriegszeit, obwohl die Lockdown-Maßnahmen in Deutschland milder waren als von dem britischen pharmafreundlichen Epidemiologen empfohlen. Werfen wir nun einen kurzen Blick auf frühere Prognosen von Neil Ferguson. 2002 sagte er bis zu 150.000 Tote durch BSE (Rinderwahn) voraus (nicht bei Kühen, sondern bei Menschen). Tatsächlich gab es damals etwa 2.700 Tote. Das entspricht einer 55-fachen Überschätzung. Bei der Schweinegrippe 2009 prognostizierte er 65.000 Tote für Großbritannien, tatsächlich kam es zu 457. Das entspricht einer Fehlschätzung um den Faktor 142. Und bei der Vogelgrippe sagte er 2005 200 Millionen Tote weltweit voraus – es kam aber nur zu 455 [18] – eine Fehlschätzung um den Faktor 439.000. Der Mann scheint keine glückliche Hand bei Vorhersagen zu haben. Im Übrigen gibt es Hinweise darauf, dass Ferguson selbst seine Aussagen nicht allzu ernstgenommen haben könnte. Denn er traf sich Anfang Mai mit seiner verheirateten Geliebten, als er die Öffentlichkeit über die Notwendigkeit strenger sozialer Distanzierung belehrte. Die britische Boulevardzeitung „The Sun“ titelte daher am 5. Mai 2020 auf der Frontpage süffisant: „Prof Lockdown broke lockdown to get his trousers down“. Einen Tag später lautete die Überschrift in der Sun: Locked Out – Prof Neil Ferguson resigns as government coronavirus scientist after ‘breaking lockdown rules to meet his married lover’. [19] Ferguson musste wegen dieses Skandals also seinen Posten als Corona-Wissenschaftler für die britische Regierung verlassen. Warum wird ein solch zertifizierter Fehlprognostiker zur wissenschaftlichen Schlüsselfigur bei der Corona-Bekämpfung ernannt? Wer genau hat diesen Mann in diese führende Rolle gebracht? Wer hat entschieden, dass genau er die größtmögliche mediale Aufmerksamkeit, den maximalen medialen Impact erfährt, während andere renommierte Wissenschaftler mit weit weniger abstrusen Aussagen kein Gehör in der Öffentlichkeit fanden, sondern sogar diffamiert wurden? Warum oder besser: Wozu? Und besonders: Wie kommt die extrem renommierte Zeitschrift „nature“ dazu, im Juni 2020, als sich bereits abzeichnete, dass Ferguson, wie in der Vergangenheit, katastrophale Fehlprognosen ablieferte, den Mann zu loben und geradezu zu adeln? Jemand mit gesundem Menschenverstand würde einem solchen ausgewiesenen Fehlprognostiker mit einem derartigen track-record von systematischen Fehlaussagen niemals mehr trauen. Warum lobt ihn aber „nature“? Was steckt dahinter? Eine interessante Konstante, die sich durch das gesamte Ferguson-Paper zieht, ist der mantraartig wiederholte Hinweis auf die Notwendigkeit einer Impfung. Ohne Impfung keine Chance auf Normalität. Wie kommt das? Im Jahr 2020 erhielt das Imperial College London über 79 Millionen Dollar von der impffreudigen Bill and Melinda Gates-Foundation [20], seit 2010 insgesamt knapp 190 Millionen Dollar. Auch die Arbeit von Ferguson ist offenbar direkt von der Gates-Foundation mitfinanziert. [21] Das Imperial College arbeitet eng mit der Pharmaindustrie zusammen. Ein paar wenige Beispiele: 2015 wurde ein gemeinsames Labor mit GlaxoSmithKline (GSK) gegründet, am Imperial College werden regelmäßig Reden von hochkarätigen Pharmavertretern gehalten, so 2019 von Sheuli Porkess, Deputy Chief Scientific Officer des Verbandes der britischen Pharmaindustrie, oder von Mark Toms, dem Chief Scientific Officer von Novartis Pharmaceuticals UK; 2018 von Toni Wood, Senior Vice President von GSK: er hielt den Eröffnungsvortrag der jährlichen Konferenz des hauseigenen Institute for Molecular Science and Engineering (IMSE) usw. Kurz: Es bestehen offenbar langjährige, enge, freundschaftliche Bande mit der Pharmaindustrie und der Gates-Stiftung, die beide größtes Interesse daran haben, Massenimpfungen durchzuführen. Wie ausgewogen ist die wissenschaftliche Forschung von Menschen oder Instituten, die so stark mit der gewinnmaximierenden Industrie zusammenarbeiten und hohe Geldzahlungen von Impfpropagandisten erhalten? In meinen beiden Büchern zu gekaufter Wissenschaft habe ich gezeigt, dass diese Art von Wissenschaft sehr problematisch ist und im Normalfall das Gemeinwohl bzw. die Gesellschaft schädigt. Und genau das tat Neil Ferguson in ungeheurem Ausmaß. In meinen Augen handelt es sich hier um interessengeleitete Forschung im Dienste der Industriegewinne und zu Lasten der Wohlfahrt der Menschheit. Der gesundheitliche, ökonomische, soziale und menschliche Schaden, der durch die harten Lockdowns weltweit angerichtet wurde, ist in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte einzigartig und übertrifft bei Weitem deren Nutzen. [22] Zuletzt ein kurzer Blick nach Deutschland. Auch bei uns wurde ein Wissenschaftler in den Medien hochgespielt und zum Hauptregierungsberater ernannt, der einen äußerst schlechten track-record im Prognostizieren von Virenverläufen hat: Christian Drosten. Drosten sagte im Mai 2010 zur Schweinegrippe, „es gebe eine drastische Zunahme der Erkrankungen in Süddeutschland. Er gehe davon aus, dass die Welle von Süden aus in einem Zeitraum von fünf bis sechs Wochen über Deutschland hinwegziehen werde. […] Drosten rief dringend dazu auf, sich gegen die Schweinegrippe impfen zu lassen. “Bei der Erkrankung handelt es sich um eine schwerwiegende allgemeine Virusinfektion, die erheblich stärkere Nebenwirkungen zeitigt als sich irgendjemand vom schlimmsten Impfstoff vorstellen kann.”“ [23] Das waren alles komplette Fehleinschätzungen. Und ein solcher Virus-Fehlprognostiker durfte 2020 in Deutschland maßgeblich Medien und Politikmaßnahmen beeinflussen, während seriöse Wissenschaftler mit sehr viel realistischeren Einschätzungen verunglimpft wurden und werden.
Titelbild: Motortion Films/shutterstock.com Zum Autor: Prof. Dr. Christian Kreiß, Jahrgang 1962: Studium und Promotion in Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsgeschichte an der LMU München. Neun Jahre Berufstätigkeit als Bankier, davon sieben Jahre als Investment Banker. Seit 2002 Professor an der Hochschule Aalen für Finanzierung und Volkswirtschaftslehre. Autor von sieben Büchern: Gekaufte Wissenschaft (2020); Das Mephisto-Prinzip in unserer Wirtschaft (2019); BWL Blenden Wuchern Lamentieren (2019, zusammen mit Heinz Siebenbrock); Werbung nein danke (2016); Gekaufte Forschung (2015); Geplanter Verschleiß (2014); Profitwahn (2013). Drei Einladungen in den Deutschen Bundestag als unabhängiger Experte (Grüne, Linke, SPD), Gewerkschaftsmitglied bei ver.di. Zahlreiche Fernseh-, Rundfunk- und Zeitschriften-Interviews, öffentliche Vorträge und Veröffentlichungen. Homepage www.menschengerechtewirtschaft.de | Christian Kreiß | Als im Frühjahr in Europa Lockdowns verhängt wurden, galten dramatische Berechnungen des Londoner Imperial College als Begründung. Heute ist klar, dass die Rechenmodelle falsch und die Prognosen maßlos übertrieben waren. Der Ökonom und Autor der Bücher „Gekaufte Forschung“ und „Gekaufte Wissenschaft“, Christian Kreiß, hat sich für die NachDenkSeiten die Hintergründe dieses Wissenschaftsskandal ... | [
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] | 28. Oktober 2020 9:45 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=66244 |
„Meine Schwester wurde auf einen Wehrmacht-Lkw geworfen … | … und dann vermutlich im KZ Ravensbrück vernichtet.“ – Vor kurzem habe ich den Berichterstatter dieses Vorgangs und Autor des Romans Geboren in der Hölle getroffen: Bojan Peroci, so der Name des Autors, hat ein spannendes und zugleich nachdenkliches Buch geschrieben. Die NachDenkSeiten stellen dieses Buch vor, obwohl es zu zwei Dritteln ein Roman und kein Sachbuch ist. Aber viele NachDenkSeiten-Leserinnen und -Leser werden mit der Geschichte wahrscheinlich einiges anzufangen wissen. In Bojan Perocis Text werden zwei zeitlich weit auseinanderliegende Vorgänge aufgegriffen: der Balkankrieg und der damit verbundene Partisanenkrieg zum einen und die spätere Gepflogenheit, dass die Nachkommen der von Deutschlands Kriegen betroffenen Völker im Südosten und Osten Europas bei uns die Täter und ihre Nachkommen pflegen. Albrecht Müller.
Das erste Viertel ist ein Bericht, jedenfalls weitgehend: Die damals 22-jährige Slowenin Bina ist zusammen mit ihrem 4-jährigen Bruder auf dem Weg nach Hause. In unmittelbarer Nähe eines Flusses und eines Schlosses im Umfeld von Novo mesto taucht ein Lkw der deutschen Wehrmacht und ein Wehrmachtoffizier im Beiwagen eines Motorrades auf. Die junge Frau wird auf Befehl des Offiziers von deutschen Soldaten auf den Lkw verfrachtet. Dort sind schon eine Reihe anderer Gefangener und wohl auch Kollaborateure. Bina wird, offenbar verraten von Mitbewohnern ihres Dorfes, verdächtigt, zu Partisanen Kontakt zu haben. Das trifft offensichtlich zu. Binas Mann ist in den Partisanenuntergrund verschwunden. Die junge slowenische Frau wird mit dem Lkw in die nächste berüchtigte Polizeistation gebracht und dort verhört. Im Laufe dieser Verhöre wird ein falscher katholischer Priester eingesetzt. In der Beichte bekennt Bina ihre Verbindungen zu den Partisanen. Sie wird in das KZ Ravensbrück verbracht und später dann vermutlich dort umgebracht. In Ravensbrück gebar Bina ein kleines Mädchen, Maria. Diese entkommt der Hölle mit Hilfe einer deutschen Kfz-Wärterin und einer polnischen KZ-Insassen. Sie schmuggeln das Baby aus dem KZ. Die Polin nimmt es mit nach Polen. Maria geht dort zur Schule und macht Abitur, sie will studieren, ist dann aber gezwungen, ihren Pflegeeltern zu helfen. Sie muss Geld verdienen und geht deshalb als Pflegekraft nach Deutschland. Sie landet in einer „besseren“ Familie, in einem eher bildungsbürgerlichen Haushalt, mit einer gegen Ausländer aggressiven Frau und einem eher ausgeglichenen Herrn des Hauses. Die Frau stirbt. Zwischen dem zu pflegenden Hausherrn Max und Maria entwickelt sich ein rundum schönes, nicht erotisches Verhältnis. Anderen polnischen Pflegekräften begegnet Maria in der Regel bei Heimreisen nach Polen im Bus. Diesen Pflege-Kolleginnen und -Kollegen geht es lange nicht so gut wie Maria, oft sehr schlecht. Sie werden ausgebeutet und drangsaliert. Auf den Busfahrten zurück in die polnische Heimat und wieder zurück nach Deutschland lernt Maria so auch diese andere Welt des Umgangs der gepflegten Deutschen mit ihren pflegenden Gästen kennen. Von ihrer Mutter Bina ist ihr nur ein einziges Blatt Papier geblieben. Sie weiß, dass Slowenien die Heimat ihrer Mutter und ihrer Familie ist. Aber diese Heimat kennt sie bisher nicht. Auch Polen und auch Deutschland ist keine neue Heimat geworden. Max, der gepflegte Herr im Haus, trifft sich gelegentlich mit alten Freunden aus gemeinsamer Soldatenzeit. Wenn sie sich im Haus von Max Müller treffen, bekommt Maria mit, wie sehr diese Herren von alten Zeiten schwärmen, offensichtlich gemeinsamen Zeiten bei der deutschen Wehrmacht. Max holt dann gelegentlich Fotos aus einer Kommode. Maria entdeckt in der Fotosammlung ihres Arbeitgebers und Freundes Max ein Foto mit dem Fluss und dem Schloss, fotografiert von der Stelle, an der Marias Mutter aufgegriffen und letztlich ins KZ verschickt worden war. Maria war einige Zeit vorher zusammen mit einer Gruppe in die Heimat ihrer Familie, nach Slowenien, gereist. Sie unternimmt dort eine Tour in ihre engere Heimat und entdeckt das Schloss und den Fluss. Nach dem Tod von Max entschließt sie sich, dorthin zu ziehen. Wer die Geschichte Deutschlands und des Balkan ein bisschen kennt, wird bei der Lektüre dieses Buches oft und anschaulich dorthin versetzt. Mich hat es schon deshalb sehr berührt. Ohne Penetranz vermittelt der Autor ein paar politische Einblicke. Zum Beispiel in die verbliebene Hypothek des Umgangs mit Partisanen und umgekehrt. Wer die Rolle der deutschen Wehrmacht nicht zu verschweigen gewillt ist, wird bestärkt werden. Das Buch vermittelt die Einsicht in die seltsame Konstellation, dass die Nachkommen der Opfer unserer Kriege heute die Täter und ihre Nachkommen pflegen – weil das wirtschaftliche Gefälle und ihre wirtschaftliche Lage sie dazu zwingen. Der Autor Bojan Peroci, geboren 1940, hat in Slowenien als junger Mann Forstwirtschaft gelernt, er hat 1961 Slowenien verlassen und ist bei Siemens als Techniker gelandet – bis zur Rente. Er hat auf seinem Weg nach Mitteleuropa vor über 50 Jahren hier in Pleisweiler seine Frau gefunden. Diese Nähe veranlasste ihn, mich auf sein Buch aufmerksam zu machen. Das ist gut so. Die Lektüre seines Buches kann ich Menschen, die sich für das Zusammenleben der Völker interessieren und dabei auch Stücke schwieriger deutscher und europäischer Geschichte berühren wollen, sehr empfehlen. „Geboren in der Hölle“ von Bojan Peroci ist 2014 auf Slowenisch und 2016 auf Deutsch erschienen, verlegt vom Hermagoras Verlag/Mohorjeva zalozba, Klagenfurt/Celovec – Ljubljana – Wien. 270 Seiten – 12 € ISBN 978-3-7086-0885-3 P. S.: Fragen Sie bei Ihrem Buchhandel. Wenn Sie es dort nicht finden, dann können Sie das Buch auch direkt hier bei Buchkomplizen bestellen. 12 € + versandkostenfrei. Titelbild: Billion Photos / Shutterstock | Redaktion | … und dann vermutlich im KZ Ravensbrück vernichtet.“ - Vor kurzem habe ich den Berichterstatter dieses Vorgangs und Autor des Romans Geboren in der Hölle getroffen: Bojan Peroci, so der Name des Autors, hat ein spannendes und zugleich nachdenkliches Buch geschrieben. Die NachDenkSeiten stellen dieses Buch vor, obwohl es zu zwei Dritteln ein Roman und kein Sachbuch ist. Aber viele NachDenkSeite ... | [
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] | 04. Dezember 2020 14:35 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=67685 |
J’accuse – Ihr seid mitschuldig! | Zwei Tage lang hat die israelische Armee das Flüchtlingslager Jenin und angrenzende Teile der Stadt Jenin regelrecht in Schutt und Asche gelegt. Zwölf junge Palästinenser wurden getötet, vier davon noch keine 18: Teenager, halbe Kinder. Verletzte gab es über 140, darunter wohl mindestens 20 Schwerverletzte in kritischem Zustand. Was genau ist passiert: In den frühen Morgenstunden begann der Angriff der israelischen Armee gegen das Flüchtlingslager Jenin. Zwei Tage lang war dort die Hölle los für die knapp 20.000 Menschen, die dort hausen müssen, nachdem Israel sie 1948 aus ihrer Heimat im heutigen Staat Israel vertrieben hat. Die Armee griff mit bewaffneten Drohnen (Killerdrohnen, falls dieser Begriff auf Deutsch gebräuchlich ist) aus der Luft an und rückte mit über 150 gepanzerten Armeefahrzeugen ins Lager ein. Von Helga Baumgarten.
Sachkundige (wie Anshel Pfeffer von der Zeitung Haaretz) nennen die „Operation Haus und Garten“ – so der zynische Name für diesen Angriff – eine „Textbuch-Demonstration“ für „urban warfare“ oder Stadtkrieg. Israel übt also, wie immer wieder in Gaza, an den Menschen in Palästina, um die Überlegenheit seiner Waffen und seiner Militärstrategie und -taktik vor der Welt zu demonstrieren. Die Armee, so ihre Darstellung des Angriffs auf Jenin, habe 300 Kämpfer in einem dichtbesiedelten Flüchtlingslager konfrontieren müssen. Um das in solchen Situationen unvermeidliche Blutbad zu verhindern, habe sie zuerst die „Kommando-Zentren“ der Bewaffneten gezielt mit Drohnen bombardiert. Danach sei die Armee von vier Seiten gleichzeitig ins Lager eingedrungen: insgesamt mehr als 1000 Soldaten (inzwischen berichtet die israelische Presse sogar von 2000 Soldaten über zwei Tage) aller Spezialeinheiten, die Israels Armee zur Verfügung stehen, von der Infanterie mit den gefürchteten Golani-Einheiten über Ingenieure, Geheimdienstleute bis hin zu AI-Spezialisten. Amira Hass (ebenfalls Haaretz) spricht von einem regelrechten Science-Fiction-Angriff. Das HQ, das die Armee ganz in der Nähe von Jenin errichtet hatte, war in direkter und ununterbrochener Verbindung mit allen am Angriff beteiligten Gruppen und konnte in Echtzeit verfolgen, was vor Ort passierte. Ihr Ziel präsentiert die Armee in Israel selbst und für die internationale Gemeinschaft fast unschuldig: Es gehe nur darum, Terroristen zu verhaften oder, falls unvermeidbar, zu töten, Waffenlager zu finden und auszunehmen, Labore zur Herstellung von Sprengkörpern oder Waffen zu zerstören. Zivilisten würden geschützt (mit der Einschränkung: so weit wie möglich – „Kollateralschaden“ sei unvermeidlich), und man wolle schlicht den Staat Israel und seine Bewohner verteidigen und allen Schaden von ihnen abwenden. Die internationale Gemeinschaft – allen voran die USA, sekundiert von Europa mit Deutschland an der Spitze – unterstützt dieses „Recht auf Selbstverteidigung“ ohne jeden Vorbehalt. Sie vergisst dabei geflissentlich, dass Jenin in seit 1967 von Israel besetztem Gebiet liegt, dass Israel dort in Verletzung internationalen Rechtes in kolonialistischer Manier Siedlungen für seine Staatsbürger gebaut hat und von der Armee schützen lässt und, nicht zuletzt, dass Israel jede Friedenslösung mit den Palästinensern bis heute systematisch verweigert hat. Wie werden Angriffe wie dieser Letzte auf Jenin von der palästinensischen Gesellschaft wahrgenommen? Ihre Erfahrungen mit der israelischen Besatzung, vor allem in den vergangenen 30 Jahren, sind bestimmt von Landraub in immer neuen Formen, von Siedlungsexpansion, Neubau von Siedlungen, Angriffen gegen die Menschen, wo immer sie sind, durch die Armee und durch extremistische Siedler, und immer wieder viel zu viele Tote und Verletzte. Vor allem aber gibt es keine politischen Perspektiven mehr. Dagegen hat die derzeitige Regierung Netanyahu mit den Ministern Itamar Ben Gvir und Bezalel Smotrich und Siedlerführern wie Yossi Dagan sehr klare Perspektiven. Ihr Ziel ist es, Siedlungen zu expandieren und das dadurch kontrollierte Land zu annektieren. Die Siedler, „die Herren des Landes“, als die sie sich auch gebärden, betrachten das Westjordanland, das sie Judäa und Samaria nennen, als ihnen von Gott gegebenes Land. Palästinensische Ortschaften dort, wie z.B. Huwara südlich von Nablus, müssen, so Smotrich (selbst Siedler), ausradiert werden – nicht von einzelnen Siedlern, sondern von staatlicher Seite. Itamar Ben Gvir, ebenfalls ein Siedler sowie ein Anhänger des offen rassistischen Meir Kahane (Ben Gvir wurde in Israel als Mitglied in einer terroristischen Organisation, Kahanes Kach, verurteilt und deshalb z.B. nicht in die Armee aufgenommen. Inzwischen ist er zum Minister für nationale Sicherheit aufgestiegen!), hat klare Forderungen: „Wir müssen das Land Israel besiedeln und parallel einen großangelegten militärischen Angriff starten, Häuser sprengen, Terroristen ermorden, nicht einen oder zwei, sondern Dutzende, Hunderte und falls nötig Tausende.“ Zwischen 2017 und 2021, also noch unter der vorhergehenden Regierung Bennett/Lapid bzw. früheren Regierungen unter Netanyahu, wurden 50 neue sogenannte Siedlungs-„Outposts“ errichtet, zwar ohne offizielle staatliche Genehmigung, aber unter ständigem Schutz der Armee und der Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur durch den Staat. Sie waren in der Lage, mehr als 10.000 Hektar palästinensischen Landes unter ihre Kontrolle zu bringen, vor allem mit ihren großen Herden von Schafen und Kühen, die viel Land brauchen, durch die Besetzung von Wasserquellen und immer wieder durch direkte Gewalt gegen palästinensische Bewohner, Bauern und Hirten, deren Schafe entweder gestohlen oder oft auch getötet werden. Alle Siedlungen, nicht nur die 50 neuen „Outposts“, alle etwa 300 Siedlungen in der Westbank verstoßen gegen internationales Recht, und ihr Bau konstituiert ein Kriegsverbrechen, das vom Internationalen Strafgerichtshof verfolgt werden müsste. Internationale Reaktion auf Jenin Aber die internationale Reaktion auf Jenin klammert jeden nur entfernten Hinweis auf die Besatzung und auf ihre Kriegsverbrechen, ihren täglich demonstrierten Rassismus, ihre ununterbrochene Gewalt gegen die Gesellschaft unter ihrer Herrschaft systematisch aus. Sie übt lediglich verhaltene verbale Kritik. Sie fordert – nach Möglichkeit – die Versorgung von Verletzten und den freien Zugang von Krankenwagen, um Verletzte ins Krankenhaus zu bringen. Das ist alles. Nur die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ ist eine Ausnahme. Ihre Vertreterin im besetzten Palästina war fast direkt nach Beginn des israelischen Angriffs vor Ort und redete Tacheles in den arabischen Satellitensendern, allen voran al-Jazeera.
Durch Berichte in der israelischen Presse wissen wir, dass sowohl die USA als auch Europa und Deutschland vom bevorstehenden Angriff auf Jenin informiert wurden. Sie gaben, so ist zu lesen, ihre stillschweigende Zustimmung. Ganz anders ist die internationale Reaktion auf den Anschlag eines jungen Palästinensers aus dem Süden der Westbank. In der israelischen Metropole Tel Aviv fuhr er in einem Auto mit Hochgeschwindigkeit auf eine Bushaltestelle. Er verletzte mehrere Menschen, griff noch einige weitere mit dem Messer an, ehe er von einem bewaffneten israelischen Zivilisten erschossen wurde. Insgesamt gab es acht Verletzte. Alle westlichen Staaten bekunden ihr Entsetzen. „Den heutigen Terroranschlag in Tel Aviv verurteilen wir auf das Schärfste. Israel hat wie jeder Staat das Recht, sich gegen Terror zu verteidigen“, so das Auswärtige Amt (AA) aus Berlin. Wenn es um Jenin geht, klingt es völlig anders: Das lässt nur einen Schluss zu: Palästinenser in Jenin, die Männer, Frauen und Kinder dort sind es offensichtlich nicht wert, dass man sich wirklich um sie sorgt. Zwar spricht das AA von Zivilistinnen und Zivilisten, aber dass die israelische Armee ebendiese Menschen systematisch und rücksichtslos angreift, dass diese „Militäroperation“ offensichtlich ein Kriegsverbrechen konstituiert, wie UN-Menschenrechtsvertreter anklagen, das sieht das von Frau Baerbock geleitete Ministerium nicht. Sie sieht auch nicht, dass Israels Angriff „eine kollektive Bestrafung der palästinensischen Bevölkerung“ ist. Ihre Sorge um die Frauen in Jenin ist also eher gering, falls sie sich überhaupt um sie sorgt. Der Westen, Deutschland, Europa und die USA, folgen kritiklos dem israelischen Narrativ, nach dem Palästinenser, eigentlich alle Palästinenser – inklusive der palästinensischen Frauen und Kinder – , Terroristen sind und waren (und wohl auch bleiben!) oder, wie präzise von israelischer Seite formuliert wird, dass sie „eine kollektive Sicherheitsbedrohung“ („collective security threat“) darstellen. Im September 1993 begrüßten Palästinenser unter der Besatzung, die PLO (ihre politische Vertretung – damals noch unter der Führung von Yasir Arafat), ja die gesamte internationale Gemeinschaft den Osloer Prozess mit vielen positiven Erwartungen. Alle hofften auf ein Ende der Besatzung, die Errichtung eines palästinensischen Staates und auf dieser Basis einer Zweistaatenlösung endlich Frieden. Der Osloer Prozess implizierte den Stopp sowie den sukzessiven Abbau des illegalen israelischen Siedlungsbaus in den besetzten palästinensischen Gebieten. Genau das Gegenteil trat ein. Israel expandierte seine Siedlungen konstant, und in den fünf Jahren Übergangszeit bis zur abschließenden Umsetzung der Zweistaatenlösung verdoppelte sich die Zahl der Siedler. Israelische Kriegsverbrechen – denn Siedlungsbau in besetztem Gebiet konstituiert ein Kriegsverbrechen – wurden also kontinuierlich weitergeführt. Aber die internationale Gemeinschaft, angeführt von den USA unter Joe Biden, setzt ihr verlogenes Festhalten an der Zweistaatenlösung weiter fort – eine Lösung, an die keiner glaubt, am wenigsten die USA und der gesamte Westen. In der Zwischenzeit werden die Palästinenser mit eher geringen Summen unterstützt, besser regelrecht bestochen, um stillzuhalten, den israelischen Siedlerkolonialismus schlicht und vor allem ohne jeglichen Widerstand zu ertragen, vielleicht hier und da verbale Kritik zu üben. Aber die Gewalt geht weiter, die Besatzungsgewalt mit Siedlerkolonialismus und dem ständig weiteren Ausbau eines Apartheidstaates, mit immer neuen Kriegsverbrechen. Wer kann so leben? Mit aller Verzweiflung bäumen sich die Palästinenser auf gegen diese Gewalt, gegen die immer neuen Angriffe von Siedlern und Armee. Sie demonstrieren und sie üben hier und da bewaffneten Widerstand, gegen die Armee und die kolonialistischen Siedler. In einzelnen Fällen greifen sie auch israelische Zivilisten und Bewaffnete an in Israel in den Grenzen von 1967 – also vor dem Junikrieg, der das israelische Besatzungsregime über Ost-Jerusalem, die Westbank und den Gazastreifen errichtete. Alle aber sind sich darüber einig: Sie bleiben vor Ort, sie bewegen sich nicht weg, sie sind nicht bereit aufzugeben: bis Israel erkennt und einsieht, dass es der palästinensischen Gesellschaft eine politische Lösung anbieten muss, damit die israelische Gesellschaft – genau wie die palästinensische – in Frieden leben kann. Das aber heißt, dass statt des real existierenden Apartheidstaates ein Staat mit gleichen Rechten für alle Menschen zwischen Mittelmeer und Jordantal aufzubauen ist, in welcher Konstruktion auch immer… Die Möglichkeiten liegen auf der Hand. Die Bereitschaft seitens Israels und bis dato auch der Mehrzahl der israelischen Bevölkerung fehlt jedoch. Nur hier und da werden die Dinge ohne Wenn und Aber beim Namen genannt, wie z.B. in der Zeitung Haaretz, wo Caroline Landsmann am 7. Juli schreibt, dass alle Demonstrationen in Israel gegen den Coup gegen das Rechtssystem des Landes, den die Regierung Netanyahu derzeit durchführt, das Entscheidende ausklammern, genau wie die Regierung Netanyahu: „Was will Israel mit den Millionen von Palästinensern tun, die seit 56 Jahren unter unsere Militärherrschaft leben und die nicht verschwinden werden?” Die Forderung der UN und der Menschenrechtsbeauftragten der UN ist deutlich:
„Um die erbarmungslose und unerbittliche Gewalt zu beenden, muss Israel seine illegale Besatzung beenden. Sie kann nicht hier und da korrigiert oder verbessert werden, weil sie in ihrem Kern falsch ist.“ Windelweich dagegen wieder die Position des AA aus Berlin: „Alle, die in dieser Situation Verantwortung tragen, sollten jetzt größtmögliche Anstrengungen unternehmen, die angespannte Sicherheitslage zu beruhigen und weitere Gewalt zu verhindern. Ohne eine politische Lösung für den Konflikt wird es nicht gelingen, den Ursachen der Gewalt zu begegnen.“ Das AA ist noch nicht einmal in der Lage, die Besatzung als solche zu benennen und die Verantwortung Israels herauszustellen. Für die Menschen im besetzten Palästina ist es ein Hohn, wenn Berlin die Verbrechen der Armee gegen das gebeutelte Flüchtlingslager in Jenin als „angespannte Sicherheitslage“ bezeichnet. Deren Reaktion kann nur eine sein: J’accuse… wir klagen Euch an. Durch Eure kritiklose Unterstützung der israelischen Besatzung, des israelischen Siedlerkolonialismus, des Apartheidstaates zwischen Mittelmeer und Jordantal tragt Ihr bei zu unserer Unterdrückung und zur Verhinderung, dass wir endlich als freie Menschen leben können. Ihr seid mitschuldig!
Titelbild: dominika zara/shutterstock.com | Helga Baumgarten | Zwei Tage lang hat die israelische Armee das Flüchtlingslager Jenin und angrenzende Teile der Stadt Jenin regelrecht in Schutt und Asche gelegt. Zwölf junge Palästinenser wurden getötet, vier davon noch keine 18: Teenager, halbe Kinder. Verletzte gab es über 140, darunter wohl mindestens 20 Schwerverletzte in kritischem Zustand. Was genau ist passiert: In den frühen Morgenstunden begann der An ... | [
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OXI, Storz und die böse Querfront, Teil 1: unlautere Absichten | Es gibt einen neuen, vermeintlich links-alternativen Wirtschaftsblog namens OXI Blog und eine zugehörige Monatszeitung namens OXI. Der Name „Nein“ soll Programm sein. Er leitet sich von der Nein-Kampagne zur griechischen Volksabstimmung gegen das Sparprogramm der Gläubiger vor einem Jahr ab. Doch wo links und kritisch draufsteht, ist manchmal etwas ganz anderes drin. Von Norbert Häring[*].
Zum Thema „Querfront“ und der damit verbundenen „Studie“ der Otto Brenner Stiftung finden Sie auf den NachDenkSeiten zahlreiche Artikel. So z.B.: Zwei Mal habe ich mich in den letzten Wochen sehr über Texte vermeintlich linker Autoren geärgert und dies auch kundgetan. Einmal diffamierte mich ein Autor wegen meines Buches über „Die Abschaffung des Bargelds“ als Antisemiten, indem er gleichlautende Vorwürfe aus der antideutschen Postille Jungle World abschrieb (meine Replik). Antideutsche sind eine nach fragwürdigem eigenen Selbstverständnis linke Gruppierung, die darauf spezialisiert ist, linke Kritik an der Finanzbranche, an den USA oder an Israel, oder konkrete Kritik an Auswüchsen des Kapitalismus als antisemitisch und antiamerikanisch zu brandmarken. Daneben üben sie abstrakte Kritik am Kapitalismus und werfen mit Torten. Kurz darauf verteidigte ein IG-Metaller in einem Zweiteiler vehement die Krisenpolitik der Europäischen Zentralbank (meine Kritik). Beide Beiträge erschienen auf OXI Blog, worauf ich zunächst nicht achtete, obwohl mir die böse Ironie hätte auffallen müssen, dass ausgerechnet auf einem Blog, der den griechischen Protest im Namen hat, den die EZB mit rabiatesten Mitteln gebrochen hat, eine derartige geschichtsklitternde Verteidigung der EZB-Krisenpolitik erscheint. Immerhin hat die EZB die griechische Regierung durch eine rechtlich äußerst fragwürdige Geldrationierung unter Druck gesetzt und nach dem Nein der Griechen zum Sparprogramm sogar die griechischen Banken geschlossen, bis Regierungschef Tsipras schließlich das Gegenteil von dem tat, was das Volk wollte und was er diesem versprochen hatte. Erst als ich in der Zeitschrift Journalist unter dem Titel „Gegen den Mainstream“ einen Beitrag darüber las, wie der frühere Chefredakteur der Frankfurter Rundschau Wolfgang Storz mit OXI eine Wirtschaftszeitung und einen Blog gestartet hat, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. OXI ist eine Kooperation von Storz mit Neues Deutschland. Dessen Chefredakteur Thomas Strohschneider ist mit Storz in der Chefredaktion des Papier-OXI. Den Abonnenten des Neuen Deutschland lag die erste gedruckte OXI-Ausgabe bei.
Ich hatte indirekt schon mit Storz zu tun. Im November kündigte ich mit einem offenen Brief mein Abo der Frankfurter Rundschau, weil diese zum wiederholten Maße böswillig diffamierende Artikel über die NachDenkSeiten und deren Herausgeber Albrecht Müller gebracht hatte. Grundlage war jeweils eine nicht minder diffamierende pseudo-wissenschaftliche „Querfront-Studie “, die Ex-FR-Mann Storz für die Otto Brenner Stiftung der IG Metall verfasst hatte. Meinungsvielfalt zerstört die Demokratie Den Geist, in dem dieses alternierend Kurzstudie, Recherche-Studie und Arbeitspapier genannte Pamphlet verfasst wurde, macht Jupp Legrand, Geschäftsführer der Otto Brenner Stiftung im Vorwort deutlich: Auch Storz selber macht den staatstragenden Geist seiner Arbeit deutlich, wenn er über die Netzpublizisten schreibt, die er untersucht hat: Das bleibt nur ganz knapp unterhalb einer Aufforderung an den Verfassungsschutz, tätig zu werden. Wer also die Vorherrschaft der Wirtschaft über Politik und Gesellschaft nicht akzeptiert und sich mit öffentlich vorgetragenen Argumenten vor großem Publikum dafür engagiert, wahrgenommene Missstände in der Gesellschaft abzustellen, der steht in Gegnerschaft zur repräsentativ-demokratischen Gesellschaftsordnung und bildet allein schon dadurch mit unappetitlichen rechten Gesellen eine Querfront. Storz macht nun selber mit Wenn man das von Storz gelesen hat, kann man es schon ungewöhnlich finden, dass ausgerechnet dieser Storz nun in demokratiezerstörerischer Weise „ohne Filter und Vermittlung durch Dritte sein Publikum direkt im Netz sucht“, indem er eine Monatszeitung und einen Blog aufmacht, der laut Journalist „gegen den Mainstream“ steht, sich „dem Weltbild des Marktradikalismus“ entgegenstellt und sich absetzen will von den Wirtschaftsmedien und laut der linken Kontext-Wochenzeitung Nein sagt zum gängigen deutschen Wirtschaftsjournalismus, die herrschenden Erzählungen infrage stellt und über Alternativen informieren will. Wenn man sich allerdings das erklärte Erkenntnisinteresse und die Machart des Querfront-Pamphlets von Storz anschaut, lösen sich die kognitiven Dissonanzen auf und alles wirkt wieder folgerichtig.
Es ging der Otto Brenner Stiftung und Storz, der früher selbst für die IG Metall arbeitete, darum festzustellen, auf welche Weise es (lästige) kritische Geister schaffen, an den sie ausgrenzenden Mainstream-Medien vorbei ein stabiles und zum Teil sehr großes Publikum zu gewinnen und damit die Deutungshoheit der etablierten Medien zu beschädigen, die „für eine funktionierende Demokratie so dringend benötigt wird“. Was Storz dabei herausgefunden hat, wendet er jetzt im linken Milieu an. Zu den Erfolgsrezepten gehört unter anderem, sich aktiv vom Mainstream abzugrenzen und ein Programm mit verschiedenen Kanälen anzubieten. Ein Milieu hintergeht er dadurch. Entweder das der Otto Brenner Stiftung, wenn er tatsächlich „gegen den Mainstream“ wirken und die herrschenden Erzählungen in Frage stellen möchte. Will er das nicht und arbeitet weiter im staatstragenden Geiste seiner obigen Zitate, betrügt er die Leser, die mit dem Namen OXI und der erklärten Programmatik genau das nicht verbinden. Für mich ist die Antwort klar, nachdem ich die Querfront-„Studie“ nochmals genau gelesen habe, und nachdem ich gesehen habe, was für Beiträge Storz unter die – durchaus vorhandenen – genuin linken Aufsätze auf OXI Blog mischt. Es geht ihm wohl darum, im linken und halblinken Publikum für Verwirrung und unter den linken Publizisten für Meinungsverschiedenheiten zu sorgen, indem er mit linkem Duktus staatstragende Sichtweisen unters kritische Volk bringt. Daneben geht es ihm anscheinend auch darum, das Werk fortzusetzen, das er mit seinem Querfront-Pamphlet begonnen hat. Storz betätigt sich als eine Art moderater, bürgerlicher Arm der Antideutschen, indem er diejenigen linken Publizisten mit Querfront-, Antisemitismus- und Antiamerikanismus-Geraune überzieht, die mit ihren kritischen Positionen ein größeres Publikum finden und dadurch lästig werden. Nach dem altbewährten Motto: Semper heret aliquid. Wenn man jemand mit Dreck bewirft, bleibt immer etwas hängen. (Wenn die Beworfenen allerdings den Dreck zurückwerfen, stinkt derjenige, der sich auf dieses Metier verlegt, irgendwann am ärgsten.) Storz nimmt Stellung Storz selbst erklärt den scheinbaren Widerspruch zwischen der in seiner Querfront-Studie geäußerten scharfen Kritik an Medienangeboten von interessierten Gruppen und Personen im Internet und der Tatsache, dass er selbst nun so ein Angebot auflegt, auf Anfrage so: Querfront ist, was jemand so nennt Der Titel des im August 2015 vorgelegten Werkes von Storz lautet „Querfront“ – Karriere eines politisch-publizistischen Netzwerks. Behauptet wird also schon im Titel eine „Querfront“ aus linksaußen und rechtsaußen, und ein Netzwerk der Akteure und Institutionen. Die Querfront wird jedoch nur im Passiv, oder in indirekter Rede insinuiert, ohne Ross und Reiter zu nennen: Storz liefert die Definition seines Erkenntnisgegenstands mit einem Klammereinschub und einem Nebensatz, in einem Absatz in dem er ansonsten nur scheinbar unbeteiligt Geraune in den Medien oder der Politik oder wo auch immer referiert. Schon punktuelle Kooperation nennt er so nebenher eine Querfront-STRATEGIE. Dabei schreibt er weiter hinten in seinen Schlussfolgerungen ausdrücklich, dass die von ihm ins Visier genommenen Personen gar keine gemeinsame Strategie und keine gemeinsamen Ziele haben. Am Beispiel der noch nicht ganz so mit Bedeutung aufgeladenen Proteste gegen die Zurückdrängung der Bargeldnutzung lässt sich zeigen, dass diese Verunglimpfung breiten Protests als unappetitliche Querfront eine perfide, demokratiefeindliche Strategie ist. Die große Mehrheit der Bevölkerung hängt am Bargeld und ist gegen gesetzliche Einschränkungen der Nutzung. Trotzdem wird das von der großen Koalition vorangetrieben und von einer loyalen Opposition toleriert. Wenn dann Menschen und Politiker von rechts und von links Kritik üben, dann ist das kein Zeichen dafür, dass sich eine problematische Querfront bildet, sondern ein Zeichen dafür, wie ungeniert sich die tonangebenden Politiker über die Wünsche breiter Schichten der Bevölkerung hinwegsetzen. Auch Kriegseinsätze der Bundeswehr in allen Teilen der Welt haben die große Mehrheit der Bevölkerung gegen sich. Trotzdem werden sie regelmäßig beschlossen und diejenigen, die dagegen protestieren, werden verunglimpft. Über letzteres wundert man sich schon nicht mehr. Aber anscheinend sind auch Proteste gegen die schleichende Bargeldabschaffung eine solche Bedrohung, dass sie schon als antisemitisch und rechtsradikal verunglimpft werden müssen.
Das was dann im Netz an Verunglimpfung herumgeistert, kann von Leuten wie Storz aufgesogen und in wissenschaftlich-seriös klingende, aber nicht minder diffamierende Sätze gepackt werden, wie sie schon im dritten Absatz seiner Querfront Studie stehen: Wenn man als Quellen “interessierte Politik“ und Wissenschaftler mit “interessierten Medien” in einen Topf wirft, ohne näher zu konkretisieren oder Namen zu nennen, kann man alles über fast jeden behaupten. Das ist ein Offenbarungseid für einen Wissenschaftler und lässt sich nur mit Verunglimpfungsabsicht erklären. Aber weil er sich ja auf irgendwelche Dritte beruft, kann er sich bei Verleumdungsklagen wegducken, mit dem Argument, er habe ja nur referiert. Fortsetzung folgt: In Teil 2 wird es darum gehen, mit welchen perfiden Methoden Storz seine Zielpersonen zu einem Netzwerk zusammenfügt, welchem unappetitlichen Milieu seine Querfront-Erkenntnisse entspringen, und wie OXI in dieser Richtung Kontinuität zu wahren scheint. | Norbert Häring | Es gibt einen neuen, vermeintlich links-alternativen Wirtschaftsblog namens OXI Blog und eine zugehörige Monatszeitung namens OXI. Der Name „Nein“ soll Programm sein. Er leitet sich von der Nein-Kampagne zur griechischen Volksabstimmung gegen das Sparprogramm der Gläubiger vor einem Jahr ab. Doch wo links und kritisch draufsteht, ist manchmal etwas ganz anderes drin. Von Norbert Häring[*].
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"Medien und Medienanalyse",
"Strategien der Meinungsmache"
] | 08. Juni 2016 9:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=33709&share=email&nb=1 |
Videohinweise | Hier finden Sie alle zwei Wochen einen Überblick über interessante Videobeiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert: Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Sie können uns bei der Zusammenstellung der Videohinweise unterstützten, indem Sie interessante Fundstücke an die Adresse [email protected] schicken. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin. | Jens Berger | Hier finden Sie alle zwei Wochen einen Überblick über interessante Videobeiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/JB)
Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:
Oskar Lafontaine über den Vorwurf "Putin-Versteher"
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] | 14. Juli 2014 14:48 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=22364&share=email&nb=1 |
Israel und Palästina: Gedanken zum Terror gegen Zivilisten | Der Angriff der Hamas auf die jungen Besucher eines Festivals und auf viele weitere Zivilisten in Israel ist eine verstörende Bluttat. Sie muss verurteilt werden, wie alle Angriffe auf Zivilisten: Die normalen Bürger sind nie legitimes Ziel für Rache oder um politische Zeichen zu setzen. Der Umgang mit der moralischen Empörung ist aber sehr selektiv. Ein Kommentar von Tobias Riegel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Ich kann das Massaker der Hamas an den jungen Menschen bei einem Festival in Israel mit über 200 Opfern am Samstag nur als schockierend empfinden und möchte es scharf verurteilen. Diese Attacken waren Teil des Angriffs der Hamas vom Wochenende, den das ZDF etwa hier zusammenfasst – in diesem Text soll vor allem auf die Vorfälle bei dem Festival Bezug genommen werden. Die jetzt in deutschen Medien verfassten Verurteilungen des Hamas-Angriffs auch auf Zivilisten mögen formelhaft sein und sich anscheinend in die bekannte Verteidigung der Politik Israels einreihen – heuchlerisch finde ich sie aber in diesem speziellen Fall (noch) nicht: Die jetzigen Verdammungen des Terrors gegen willkürliche zivile Opfer sind meiner Meinung nach angemessen – die Heuchelei entsteht dann, wenn der Tod palästinensischer Zivilisten durch Terror des israelischen Militärs nicht in ähnlicher Weise betrauert und verurteilt wird und wurde. Doppelte Standards waren unter vielen anderen Fällen auch beim von westlichen Medien verniedlichten Terror der „pro-westlichen“ Al-Quaida-Gruppen gegen syrische Zivilisten zu verzeichnen. Aber die widersprüchlichen Sichtweisen deutscher Medien gegenüber terrorisierten Zivilisten je nach Urheber und politischer Präferenz müssen einen selber nicht irritieren: Terror gegen Zivilisten ist immer zu verurteilen, auch wenn er mit hehren Motiven begründet wird. Auch dann, wenn er inakzeptable Reaktionen auf der Gegenseite auslöst. Auch dann, wenn die Täter aus einer unterlegenen, ja ausweglosen Situation heraus handeln. Und auch dann, wenn dem Terror eine lange Vorgeschichte der Ungerechtigkeit vorangegangen ist: Normale Bürger sind kein legitimes Ziel für Rache oder um politische Zeichen zu setzen. So einfach ist das. Blutrausch und Verrohung Die Form der Attacken auf die jungen Menschen in Israel empfinde ich als Blutrausch. Die mediale Verbreitung (auch vonseiten der Hamas) und die stolze Zurschaustellung einer Menschenjagd zeugt zusätzlich von einer starken Verrohung. Diese Verrohung hat Gründe, ja. Aber das hilft den unschuldigen Opfern eines so hemmungslosen Ausbruchs nicht. Der Ausruf von Gequälten: „Jetzt fühlen sie endlich auch unseren Schmerz…“, auch er kann Terror gegen normale Bürger nicht rechtfertigen. Zum einen trifft Terror gegen Zivilisten die Falschen, da die willkürlich gewählten Opfer für die Politik ihres Landes oft nichts können oder sich vielleicht sogar dagegen eingesetzt haben. Zum anderen ist ein solcher Terror immer eine Steilvorlage für schreckliche Vergeltung. Solche Taten werden von skrupellosen Strategen erdacht, aber sie kommen auch skrupellosen Strategen der Gegenseite entgegen. Auch wer für die palästinensische Sache eingenommen ist, muss die Angriffe der Hamas auf die jungen Besucher eines Festivals und auf viele andere israelische Zivilisten scharf verurteilen. Nur dann bewahrt man sich eine moralische Glaubwürdigkeit für künftige Urteile. Die Verurteilung der jüngsten Hamas-Angriffe erfolgt auch unabhängig von der möglicherweise überharten israelischen Reaktion, die wahrscheinlich zahlreiche Zivilisten in Palästina töten wird: Diese Reaktionen müssen dann für sich beurteilt und möglicherweise geächtet werden. Da sich Terror gegen Zivilisten (wie in diesem Text beschrieben) nicht mit vorangegangenem Unrecht begründen lässt, ist die israelische Armee nun nicht berechtigt, die Zivilisten in Gaza für die Hamas-Angriffe büßen zu lassen. Empathie mit den zivilen Opfern wäscht nicht die Regierung weiß Ich lehne die Besatzungs- und Blockadepolitik der israelischen Regierungen und die mit ihr verbundene Gewalt, Schikane und Armut ab. Aber: Die Attacken vom Wochenende, die sich auch gegen Zivilisten richteten, können meiner Meinung nach nicht mit der Vorgeschichte gerechtfertigt werden – man kann dort aber eine Wurzel des Ausbruchs finden. Darum muss man immer (auch jetzt) die jahrzehntelange Entwicklung des Konflikts beachten, wenn man die Spirale der Gewalt analysieren und irgendwann beenden möchte. Empathie mit den zivilen israelischen Opfern bedeutet keineswegs, dass die militaristische Politik der diversen israelischen Regierungen der Vergangenheit weißgewaschen wird: Israels Armee hat in den letzten Jahrzehnten mit Abstand mehr Gewalt gegen Zivilisten ausgeübt als die andere Seite. Auch neben den Militärfeldzügen wurde den Bewohnern in Gaza ein inakzeptabler und demütigender Alltag aufgezwungen. Hier liegt meiner Meinung nach eine Ursache des Gewaltausbruchs auch gegen Zivilisten. Und so ist das Festival in der Nähe des Gazastreifens auch Symbol einer krassen Ungleichheit, wenn aus Perspektive der wie in einem großen Gefängnis eingepferchten Bewohner von Gaza tausende Jugendliche in Hörweite hedonistische Feste der Freiheit zelebrieren. Vor allem wegen des schlimmen Massakers bei dem Festival und an anderen Zivilisten in Israel haben die Hamas-Aktionen der letzten Tage für mich nicht den Charakter einer militärischen Reaktion auf Angriffe der israelischen Armee. Und wenn man das Bild eines Gefängnisausbruchs bemühen möchte: Lynchmorde an gewalttätigen Wärtern können, wenn sie auch zu verurteilen sind, so doch unter bestimmten Umständen gerade noch moralisch nachvollzogen werden. Aber ein mörderischer Einfall in die umliegenden Dörfer ist eindeutig zu ächten. Wobei die „Insassen“ von Gaza keine verurteilten Straftäter sind, sondern nur das Pech haben, die falsche Nationalität zu besitzen, und dafür in empörender Weise sehr hart bestraft werden. Steilvorlage für härteste Gegengewalt Der Ablauf der Attacken und der rätselhafte Ausfall des israelischen Sicherheitskonzepts stimmen skeptisch, hier müsste noch Aufklärung erfolgen, wie das möglich war. Dass die letzten Tage eine Steilvorlage für härteste Gegengewalt bieten, ist jetzt sehr beunruhigend. Im Moment ist eine Anteilnahme mit den zivilen Opfern und ihren Angehörigen – auf beiden Seiten – das Gebot. Da wir nicht wissen können, was für Kettenreaktionen nun ausgelöst werden und welche Charaktere künftig das Handeln vor allem des israelischen Militärs bestimmen werden, sollte man mit der Floskel „bedingungslose“ Solidarität – im Sinne militärischer Unterstützung oder ähnlichem – sehr vorsichtig sein. Titelbild: hapelinium / Shutterstock | Tobias Riegel | Der Angriff der Hamas auf die jungen Besucher eines Festivals und auf viele weitere Zivilisten in Israel ist eine verstörende Bluttat. Sie muss verurteilt werden, wie alle Angriffe auf Zivilisten: Die normalen Bürger sind nie legitimes Ziel für Rache oder um politische Zeichen zu setzen. Der Umgang mit der moralischen Empörung ist aber sehr selektiv. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
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] | 12. Oktober 2023 10:32 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=105101&share=email |
Ein Vabanquespiel mit Höchsteinsatz – oder: Stell dir vor, der Krieg kommt näher, und keinen juckt’s! | In den letzten Monaten wurden im Westen einige grundlegende Entscheidungen getroffen, die – einzeln und erst recht in ihrer Gesamtheit – dazu geeignet sind, den Krieg in der Ukraine dramatisch zu eskalieren. Sowohl europäische NATO-Staaten wie Deutschland und Frankreich, aber auch die USA selbst könnten bald in Sekundenschnelle direkte Kriegsparteien werden. Der fällige Aufschrei in den betroffenen Ländern? Fehlanzeige! Von Leo Ensel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Nachrichten der vergangenen Wochen: Der Krieg kommt näher – oder: Die unterschiedlichen Eskalationsstrategien Jede dieser Maßnahmen wäre geeignet, den Krieg dramatisch zu eskalieren. Was sie in ihrer Gesamtheit anrichten könnten, das mag man sich nicht ausmalen. Und dabei ist die Bedeutung des Zufalls, der ja beim Ausbruch des I. Weltkrieges eine verhängnisvolle Rolle spielte, noch gar nicht miteinkalkuliert. Man sollte sich jedenfalls nicht in falscher Sicherheit wiegen: Dass Moskau nach den kriminellen ukrainischen Attacken auf das russische Raketenabwehrsystem geradezu gespenstisch zurückhaltend reagierte – aus dem Kreml gab es überhaupt keine Stellungnahme, lediglich ein zweitrangiger Politiker protestierte lauthals –, dass es auch seiner Ankündigung, der ukrainische Angriff auf Sewastopol werde „nicht ungestraft bleiben“, bislang keine Taten folgen ließ, ist keineswegs vermeintlicher Schwäche geschuldet. Laut General a. D. Harald Kujat, der die aktuelle Situation für gefährlicher als die Kubakrise einschätzt, verfolgen die USA und Russland unterschiedliche Eskalationsstrategien, was in einer zugespitzten Situation fatale Folgen haben könnte: „Während die USA in kleinen kontrollierten Schritten versuchen, das Risiko des Gegners zu vergrößern und das eigene Risiko zu minimieren, ist Russlands Toleranzschwelle hoch. Aber es ist nicht klar, wann eine Eskalation diese überschreitet. Dann erfolgt jedoch eine schnelle und sehr harte Gegenreaktion.“ Es liegt also durchaus im Bereich des Möglichen, dass Russland in nicht allzu ferner Zukunft, scheinbar unprovoziert und aus heiterem Himmel, mit einem Eskalationsschlag auf erheblich höherem Niveau reagieren könnte. By the way: Und der unabhängige Beobachter, will sagen: das prospektive Opfer dieser Salto-mortale-Strategien, fragt sich fassungslos, ob es nicht längst allerhöchste Eisenbahn ist, dass beide Seiten endlich einmal Deeskalationskonzepte entwickeln und umsetzen … Der Kulminationspunkt – dies zu erkennen, muss man kein Militärfachmann sein – wird dann erreicht sein, wenn eine der kriegführenden Seiten sich definitiv in die Ecke gedrängt fühlen und ohne Gesichtsverlust keinen Ausweg mehr sehen sollte. Spätestens dann könnte die Situation wirklich außer Kontrolle geraten. Sollte die von allen Akteuren gegenwärtig verfolgte Eskalationsstrategie sich bruchlos fortsetzen und im letzten Moment nicht doch noch die Diplomatie die Oberhand gewinnen, dann ist die Gefahr, dass der Krieg zumindest auf andere europäische Staaten übergreifen oder gar zu einer direkten Konfrontation zwischen beiden atomaren Supermächten führen wird, extrem groß. Und ob Deutschland dann als Kriegspartei angesehen und entsprechend behandelt wird, das entscheidet, wenn es Spitz auf Knauf steht, keine völkerrechtliche Rabulistik bei Maischberger, Lanz, Miosga oder in der Bundespressekonferenz, sondern – ob es uns passt oder nicht – einzig und allein Moskau, das sich seiner Interpretation gemäß verhalten wird! In Russland gibt es längst Stimmen namhafter Politikberater, die sogenannte „präventive nukleare Vergeltungsschläge“ fordern und dafür plädieren, „die Angst zurückzubringen“. Unser Land wird sich dann in einer dramatischen Lage befinden, denn zahlreiche militärpolitische Maßnahmen der letzten Jahrzehnte haben uns längst zur Zielscheibe im Krisen-, gar Kriegsfall gemacht. Bevorzugte Ziele russischer Attacken in Deutschland – ob nuklear oder ‚konventionell‘ – wären unter anderem: Wiesbaden (künftiges NATO-Hauptquartier für den Ukraineeinsatz), Stuttgart (Sitz des Europäischen Kommandos der Vereinigten Staaten), Bremerhaven (Drehscheibe für US-Truppentransporte Richtung NATO-Ostgrenze), Grafenwöhr (Truppenübungsplatz für die Ausbildung ukrainischer Streitkräfte), Büchel (Atomwaffenlager für die ‚nukleare Teilhabe‘) und natürlich das pfälzische Ramstein (Zentralmodul der globalen US-Kampfdrohneneinsätze). Und selbstverständlich würde dies – „Rampen für Raketen sind Untergangsmagneten!“ – erst recht für die Orte der ab 2026 wieder in Deutschland stationierten amerikanischen Cruise Missiles und Hyperschallraketen gelten. Kurz: Was im Moment von den Hauptverantwortlichen zu beiden Seiten der Front, also in Washington und Moskau sowie mit Abstrichen in Kiew, Brüssel, Paris, London und Berlin inszeniert wird, ist nichts weniger als ein Vabanquespiel mit Höchsteinsatz, für das wir alle, falls es schiefgehen sollte, mit unserem Leben bezahlen werden. Aber warum nimmt die Bevölkerung all das immer noch in scheinbarer Gelassenheit hin? „Boiling frog“ – oder: Die schleichende Gewöhnung … Stellen wir uns für einen Moment vor, am 27. Februar 2022 hätte Bundeskanzler Scholz in seiner „Zeitenwende-Rede“ nicht nur die Bereitstellung von 100 Milliarden Sonderschulden für die Aufrüstung der Bundeswehr angekündigt, sondern zudem der Ukraine für die folgenden 30 Monate Hilfen im Gesamtwert von rund 34 Milliarden Euro versprochen, darunter die Lieferung von u.a. 340.000 Schuss Munition 40mm, 2.425 Sturmgewehren, 13.000 Panzerabwehrhandwaffen, 262 Aufklärungsdrohnen, 155.000 Schuss Flakpanzermunition, fünf Mars-Mehrfachraketenwerfern, 36 Rad-Haubitzen RCH 155, 14 Panzerhaubitzen 2000, 120 Marder-Schützenpanzern, 50 Leopard-Kampfpanzern, drei HIMARS-Raketenwerfern und drei Patriot-Luftverteidigungssystemen sowie die Ausbildung von über 10.000 ukrainischen Soldaten an diversen Waffensystemen. Er hätte Präsident Selenskyj erlaubt, mit deutschen Waffen russisches Territorium zu attackieren, und schließlich gefordert, Deutschland müsse nun kriegstüchtig werden, er rechne mit einem Krieg mit Russland „in fünf bis acht Jahren“. Als Erstes würden bald wieder amerikanische Tomahawk-Marschflugkörper mit einer Reichweite von über 2.000 Kilometern sowie ultramoderne Hyperschallraketen in Deutschland stationiert. Der Aufschrei, der anschließend durch das Land gebraust wäre, hätte den Kanzler vermutlich hinweggefegt. Heute ist all das, was noch vor zweieinhalb Jahren im Bereich des Undenkbaren war, längst krude Realität, die, wenn überhaupt, nur noch mit fatalistischem Achselzucken zur Kenntnis genommen wird. Wie ist das möglich? Die Antwort liefert uns das sogenannte „Boiling-Frog-Syndrom“: Setzt man einen lebendigen Frosch in kochendes Wasser, spürt er die drohende Gefahr und springt sofort weg. Setzt man ihn aber in einen Topf mit kaltem Wasser und erhitzt diesen ganz langsam, verhält er sich ganz anders. Da Frösche Kaltblüter sind und ihre Körpertemperatur der Umgebung anpassen, spürt er die Gefahr nicht und bleibt sitzen – so lange, bis es für einen Absprung zu spät ist. Wir sollten daher, nicht zuletzt angesichts unserer kaltblütigen Journalisten und Politiker, eines nicht vergessen: Der Frosch, der, ohne es zu merken, langsam aber sicher lebendigen Leibes verkocht wird, sind – wir! Mit freundlicher Genehmigung von Globalbridge. Titelbild: Creativa Images/shutterstock.com | Leo Ensel | In den letzten Monaten wurden im Westen einige grundlegende Entscheidungen getroffen, die – einzeln und erst recht in ihrer Gesamtheit – dazu geeignet sind, den Krieg in der Ukraine dramatisch zu eskalieren. Sowohl europäische NATO-Staaten wie Deutschland und Frankreich, aber auch die USA selbst könnten bald in Sekundenschnelle direkte Kriegsparteien werden. Der fällige Aufschrei in den betrof ... | [
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] | 13. Juli 2024 12:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=117948&share=email |
Dr. Gniffke will Intendant des SWR werden. Vielleicht freut das die Nutzer der Tagesschau. Uns im Südwesten nicht! Höchste Zeit, dagegen anzugehen. | Die Nachricht kam vor einigen Tagen: Hier in der Süddeutschen Zeitung unter der Überschrift „Zweikampf um SWR-Intendanz“ und hier „Beim SWR hat der Wahlkampf begonnen“ in der Stuttgarter Zeitung. Ich persönlich halte auch auf der Basis eigener Erfahrung mit Dr. Kai Gniffke diesen für einen Fanatiker und deshalb für eine Fehlbesetzung sowohl in Hamburg bei ARD aktuell wie auch beim SWR als Intendant. Seine Bilanz als Verantwortlicher für Tagesschau und Tagesthemen ist ausgesprochen schlecht. Das habe ich hier am 20. Februar 2019 “Wer den Zustand der ARD beschönigt, wird ihre Glaubwürdigkeit noch weiter beschädigen” im Detail und sachlich belegt. Albrecht Müller. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Die NachDenkSeiten haben schon oft über die Leistungen und Fehlleistungen von Tagesschau und Tagesthemen berichtet. Wir haben Gespräche mit Kennern der Szene wie hier am 3. Januar 2019 mit Volker Bräutigam geführt: 03. Januar 2019 „Nachrichteninstitute wie die ‚Tagesschau‘ sind ein Herrschaftsinstrument“ . Die Publikumskonferenz berichtet unentwegt über die Bilanz des Herrn Gniffke. Über eine typische Fehlleistung konnten sie dort am 24. Februar 2019 lesen. Es wird eine Besonderheit des Herrn Gniffke beschrieben. Er vermittelt den Eindruck, immer recht zu haben. Wenn das der Chef der Tagesschau und Tagesthemen tut, dann ist das angesichts der manipulativen Gewalt dieser beiden Sendeformate sehr bedrückend: Dass Dr. Gniffke in den Mehrheitsmedien-Kreisen immer noch einen recht guten Ruf genießt, folgt wohl daraus, dass er auch bei als fortschrittlich geltenden Kreisen und Personen Unterstützung findet. Das wurde sichtbar, als der Vorwurf der Manipulation, die viele unserer Medien und eben auch Tagesschau und Tagesthemen betreiben, als unstatthaft gebrandmarkt wurde. Der Vorwurf der Manipulation lautete in Volkesstimme „Lügenpresse“. Dieser Vorwurf ist grob, er differenziert nicht zwischen jenen, die Gutes schreiben und senden einerseits, und jenen, die manipulieren und auch lügen, andererseits. Der Vorwurf „Lügenpresse“ wurde dann von zwei Personen, die man dem fortschrittlichen Lager zurechnen kann, entwertet: Stephan Hebel verkündete voller Stolz, daran mitgewirkt zu haben, dass Lügenpresse 2015 zum Unwort des Jahres erklärt wurde. Und Ulrich Teusch schrieb ein Buch mit dem Titel „Lückenpresse“. Damit wurde die Manipulationen und Kampagnen, die Medien wie die Tagesschau, die Tagesthemen und die Bild-Zeitung an vorderer Front betreiben, auf den abgeschwächten Vorwurf, „lückenhaft“ zu berichten, reduziert. Beide, Hebel und Teusch haben den Gniffkes einen guten Dienst erwiesen. Um Herrn Dr. Gniffke kein Unrecht zu tun, habe ich mir einen Vortrag von ihm angesehen, bei dem es um die zuvor skizzierten Fragen ging. Dr. Gniffke sprach im Rahmen der „Ringvorlesung über Lügenpresse. Medienkritik als politischer Breitensport“ an der Hamburger Universität. Hier ist die Einführung von Volker Lilienthal und der Vortrag von Dr. Kai Gniffke zum Thema „Medienkritik als Hassrede – aus der Sicht eines Betroffenen“. Auch hier wieder typisch, dass der vortragende Kai Gniffke von einem in der früheren medienpolitischen Diskussion als vergleichsweise fortschrittlich bewährten Zeitgenossen eingeführt wird: Volker Lilienthal. Das ist ein wirkliches Phänomen: die berechtigte Kritik an Medien und vor allem auch an den von Kai Gniffke prallt schon an solchen Schutzschildern ab. Der Vortrag selbst ist bemerkenswert: von ein paar Formalien abgesehen kein bisschen selbstkritisch. Die Welt von ARD aktuell ist aus seiner Sicht nahezu vollständig in Ordnung. Vergleichen Sie das bitte mal mit den vielen und ins einzelne gehenden Belegen in meinem oben verlinkten Beitrag vom 20. Februar 2019. Der vortragende ARD-Aktuell-Chef sagt zwar, „wir finden es gut“, dass Menschen mit Medien kritisch umgehen . Man wolle ihnen nicht vorschreiben, was sie denken sollen. Das klingt gut. Aber der Bewerber um das Amt des Intendanten des SWR hat zugleich so alles drauf, was man an Schmähvokabular für die Gegenseite braucht: Verschwörungstheoretiker, Populisten, Rechtspopulisten. Letzteres will er allerdings offensichtlich nicht mehr so oft sagen. Insgesamt fehlt, was unbedingt nötig wäre, wenn es endlich zu einem vernünftigen und produktiven Dialog zwischen kritischen Menschen und kritischen Medien im Internet und den etablierten Mehrheitsmedien kommen sollte. Tagesschau und Tagesthemen könnten zum Beispiel von den NachDenkSeiten viel lernen. Aber sie wollen wahrscheinlich nicht. Es würde nämlich verlangen, erstens auf Kampagnenjournalismus zu verzichten, zweitens zu erkennen, dass man diesen betreibt, dass man also bestimmte von Interessen geprägte Meinungen durchzudrücken versucht und es würde drittens von diesen Medien verlangen, beim Sachverstand aufzurüsten. Tagesschau und Tagesthemen fehlt es nämlich neben allem andern an Durchblick und Sachverstand. Dr. Kai Gniffke ist leider ein Vertreter jener in den herrschenden Medien, die diese Zugeständnisse verweigern wollen. Möglicherweise, weil sie gar nicht anders können. Angesichts dieser Konstellation kann man nur hoffen, dass die Bewerbung um die Intendantenstelle in Stuttgart nicht erfolgreich ist. Soweit Sie Kontakte zu Rundfunkräten und zu gesellschaftlichen Gruppen und Parteien haben, die Einfluss auf die Entscheidung haben, nutzen Sie diese bitte. | Albrecht Müller | Die Nachricht kam vor einigen Tagen: Hier in der Süddeutschen Zeitung unter der Überschrift „Zweikampf um SWR-Intendanz“ und hier „Beim SWR hat der Wahlkampf begonnen“ in der Stuttgarter Zeitung. Ich persönlich halte auch auf der Basis eigener Erfahrung mit Dr. Kai Gniffke diesen für einen Fanatiker und deshalb für eine Fehlbesetzung sowohl in Hamburg bei ARD aktuell wie auch beim SWR als Inte ... | [
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] | 15. März 2019 15:07 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=50184&share=email |
Macron und sein Problem mit den „gelben Westen“ – Frankreich am Scheideweg | Während Emmanuel Macron von der vereinten deutschen Presse immer noch auf fast schon skurrile Art und Weise verehrt wird, ist sein Stern im eigenen Lande schon längst untergegangen. Die Zustimmung seiner Landsleute ist vom bisherigen Negativrekord von 29% im September noch einmal um drei Prozentpunkte gesunken. Macron polarisiert nicht, er ist verhasst. Der morgige Samstag könnte der Beginn einer neuen landesweiten Protestwelle gegen ihn und das Pariser Establishment werden. An fast 1.000 Orten wollen aufgebrachte Bürger den Fernverkehr im Lande lahmlegen. Vordergründig geht es bei den Protesten der „gelben Westen“ um die von Macron mehrfach erhöhte Mineralölsteuer. Eigentlich geht es aber um einen Riss, der das Land durchzieht und den ein Präsident Macron sicherlich nicht wird kitten können. Von Jens Berger. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Nicht nur Deutschland hat sein „Diesel-Problem“. Emmanuel Macron hat sich ausgerechnet den Kraftstoff, der 60% aller französischen PKW antreibt, als Kern seiner „Umweltpolitik“ herausgepickt. Diesel macht Kinder krank, so seine verkürzte Begründung. Und daher hat Macron sich zum Ziel gesetzt, den alten Steuervorteil für Dieselkraftstoff schrittweise aufzuheben und die Steuersätze für Diesel und Benzin anzugleichen – freilich nicht ohne den Steuersatz für Benzin gleichzeitig auch zu erhöhen. Kostete ein Liter Diesel vor einem Jahr noch 1,24 Euro, ist der Preis aktuell auf 1,50 Euro gestiegen und wird durch die nächste Steuerrunde auf 1,57 Euro steigen. Benzin wird dann mit 1,63 Euro ebenfalls deutlich teurer als vor einem Jahr (1,36 Euro) sein. Diese Preise können viele ärmere Franzosen nicht mehr bezahlen und was diese Steuerrallye mit der Umweltpolitik zu tun haben soll, weiß wohl auch nur Macron. Der Verdacht, dass der Präsident die Steuererleichterungen für die Wohlhabenden auch über höhere Mineralölsteuern refinanzieren will, liegt auf der Hand. Frankreich ist heterogener, als es die oft flache Berichterstattung unserer Medien erahnen lässt. Der große Riss verläuft dabei nicht nur zwischen „oben“ und „unten“, sondern auch zwischen „Paris“ und „dem Land“. Macron steht dabei wie kein Präsident vor ihm für all das, was im ländlichen Frankreich oft verhasst ist – das Pariser Establishment, die Eliteuniversitäten und die abgehobene Schicht aus Anwälten, Bankern und hohen Regierungsbeamten, die das Land von der Hauptstadt aus regiert, ohne seine ländliche Seele zu verstehen. Vor Jahren waren es die Bauern, die regelmäßig ihre Gülle vor dem Élysée-Palast abließen, um gegen eine Politik der städtischen Eliten zu protestieren, die sich gegen die Interessen der Landbevölkerung richtet. 2013 gab es dann die „roten Kappen“, die durch ihre Proteste eine neue „Ökosteuer“, die vergleichbar mit der deutschen LKW-Maut sein sollte, zum vorzeitigen Ende brachten. Heute sind es die immer wieder erhöhten Mineralölsteuern, die eine ländliche Graswurzelbewegung hervorbrachten, die sich nach den gelben Schutzwesten („gilet jaune“) benannt hat und deren Aktivisten sich dadurch zu erkennen geben, dass sie eben jene Westen auf ihr Armaturenbrett oder ihre Heckablage legen. Was vor einem Monat als spontane Idee zweier LKW-Fahrer in den Sozialen Netzwerken begann, hat heute das Zeug, eine Massenbewegung zu werden, die Macron noch einige Kopfschmerzen bereiten wird. Für den morgigen Samstag haben die „gelben Westen“ eine landesweite Blockade des Straßenfernverkehrs angekündigt und dies soll nur der Beginn weiterer Protestaktionen sein. Für Frankreich ist dies ein „innerer Kulturschock“, waren bis dato doch stets entweder die Bauernverbände oder aber die Gewerkschaften an derartigen Protesten beteiligt. Die „gelben Westen“ sind jedoch nicht gewerkschaftlich gebunden. Dadurch fallen auch die üblichen Verhandlungswege aus, die früher meist zu Kompromisslösungen geführt haben. Mit wem soll Macron auch verhandeln? Um so hilfloser wirkt der junge Präsident in seinem Versuch, die „gelben Westen“ zu besänftigen. In Vorfeld wollte er die Blockaden noch durch ein „Zugeständnis“ verhindern – er kündigte eine 20-Euro-Steuergutschrift für Berufspendler an, die mehr als 30 Kilometer vom Arbeitsplatz entfernt leben, nicht mehr als den doppelten Mindestlohn verdienen und deren Arbeitsweg nicht durch den öffentlichen Nahverkehr abgedeckt ist. Ein solcher „Vorschlag“ wäre zwar womöglich von den Gewerkschaften als Gesprächsangebot interpretiert worden – die „gelben Westen“ sahen dies indes als Verhöhnung und nutzten den „Vorschlag“, um noch mehr Sympathisanten zu sammeln.
Hier finden die Blockaden statt Um was geht es? Die Proteste der „gelben Westen“ sind Sozialproteste. Sie sind aber auch Anti-Establishment-Proteste mit einer klaren kulturellen Note. Es ist aber nicht so einfach, die Proteste der „gelben Westen“ in eine Schublade zu stecken. Zwar geht es vordergründig um Mineralölsteuern und die als „Umweltpolitik“ verkaufte Senkung der Höchstgeschwindigkeit auf zweispurigen Landstraßen auf 80 km/h, die abseits von Paris als sinnfreie „Kopfgeburt der Städter“ gesehen wird. Eigentlich geht es aber um eine Gesellschaft, die sich immer stärker auseinanderentwickelt. Hier die einfachen Menschen auf dem Lande, die das Auto zum Broterwerb brauchen und sozioökonomisch durch steigende Lebenshaltungskosten und stagnierende Löhne ohnehin bereits mit dem Rücken an der Wand stehen. Und dort die begüterten städtischen Eliten, die immer reicher werden, viel von Umweltschutz reden, die Rechnung dafür aber den einfachen Leuten auf dem Land präsentieren. Diese Spaltung der Gesellschaft ist freilich kein französisches Alleinstellungsmerkmal, sondern ohne weiteres auf Großbritannien, die USA und auch Deutschland übertragbar. In Northumberland, Montana und Brandenburg dürfte sich die Begeisterung, die Umwelt durch höhere Mineralölsteuern zu „retten“, auch in überschaubaren Grenzen halten. Ein Riss verläuft durch Frankreich. Dieser Riss ist nicht erst durch Macron entstanden, wird durch ihn, der oft wie das personifizierte Abziehbild eines reichen, privilegierten Sprosses des verhassten elitären Pariser Establishments wirkt, aber sichtbar. Wie zu erwarten, versucht sich nun die Opposition zu Macron an die „gelben Westen“ anzuhängen. Namhafte Politiker der konservativen Republikaner und der rechten Nationalen Sammlungsbewegung haben schon ihre Teilnahme angesagt. Die „gelben Westen“ verwehren sich jedoch gegen jegliche Instrumentalisierung von rechts. Und was macht die Linke? Jean-Luc Mélenchons Unbeugsames Frankreich steht bei den Protesten vor einem ähnlichen Problem wie die deutsche Linkspartei. Große Teile der Basis unterstützen die „gelben Westen“ und zahlreiche Spitzenpolitiker der Linken haben ihre Beteiligung an den Blockaden bereits angekündigt – der urban geprägte „ökosozialistische“ Flügel der Partei findet die Erhöhung der Mineralölsteuern jedoch prima und lehnt die Proteste ab. Grundheraus abgelehnt werden die „gelben Westen“ auch vom Gewerkschaftsbund CGT – angeblich, weil die Demonstranten durch Rechtsextreme für deren Zwecke manipuliert werden. Der Verdacht, dass der CGT die Aktionen eigentlich aber deshalb ablehnt, weil er selbst nicht mit im Boot ist und bei den ersten Großprotesten seit Jahren nur eine Zuschauerrolle einnimmt, liegt jedoch ebenfalls auf der Hand. Daran ist Macron übrigens nicht ganz unschuldig, hat er den CGT doch in der Vergangenheit nonchalant ignoriert. Doch dies kommt nun in Form der „gelben Westen“ zurück. Erstaunlich ist, dass dieses Thema in den deutschen Medien fast überhaupt nicht stattfindet. Lediglich die Saarbrücker Zeitung hat sich bislang überhaupt berufen gefühlt, über die „gelben Westen“ zu schreiben. Im Rest des Blätterwalds wird das Thema schlicht ignoriert. Das ist alleine schon deshalb unverständlich, da durch die Straßenblockaden auch zahlreiche deutsche Pendler und Touristen ernste Probleme bekommen könnten. Generell wird die landesweite Kritik an Macron in den deutschen Medien ja gerne totgeschwiegen. Es ist dem Leser wohl nur schwer zu vermitteln, dass der „Retter Europas“, der von der schreibenden Zunft so vergöttert wird, im eigenen Land derart unbeliebt ist. | Jens Berger |
Während Emmanuel Macron von der vereinten deutschen Presse immer noch auf fast schon skurrile Art und Weise verehrt wird, ist sein Stern im eigenen Lande schon längst untergegangen. Die Zustimmung seiner Landsleute ist vom bisherigen Negativrekord von 29% im September noch einmal um drei Prozentpunkte gesunken. Macron polarisiert nicht, er ist verhasst. Der morgige Samstag könnte der Beginn ... | [
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] | 16. November 2018 11:26 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=47247&share=email |
Sinkende Inflation, sinkende Preise? | Das Statistische Bundesamt konnte Anfang der Woche eine positive Nachricht vermelden. Mit voraussichtlich lediglich 2,2 Prozent war die Inflationsrate für den März so niedrig wie seit langem nicht mehr. In den Medien wurde diese Meldung erstaunlich interpretiert – so war die Rede von „sinkenden Preisen“, einem „Ende des Teuer-Schocks“ oder gar dem „Ende der Inflation“. Das ist teils verwirrend, teils schlichtweg falsch. Um die Zusammenhänge zu verstehen, ist vielleicht ein kleiner Einblick in die Grundlagen hilfreich. Sollten Sie über ausreichende ökonomische Kenntnisse verfügen, können Sie diesen Artikel getrost ignorieren. Aber vielleicht findet der eine oder andere Leser eine Einführung in dieses sehr komplexe Thema ja hilfreich. Von Jens Berger. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Was heißt es eigentlich, wenn die Statistiker melden, dass die Preise um 2,2 Prozent gestiegen sind? Dazu muss man erst einmal schauen, was im Vergleich wozu teurer geworden ist. Basis für die sogenannte Inflationsrate ist ein statistischer Warenkorb. Enthalten sind darin rund 600 verschiedene Güter und Dienstleistungen, deren Anteil so gewichtet ist, dass es den durchschnittlichen Haushaltsausgaben entspricht. Ihre individuellen Ausgaben werden selbstverständlich anders sein. So machen z.B. alkoholische Getränke und Tabakwaren 3,76 Prozent des Warenkorbs aus. Wenn Sie weder trinken noch rauchen, spielen die Preise für Schnaps und Zigaretten für Sie jedoch keine Rolle. Wenn Sie trinken und rauchen, ist es hingegen sehr wahrscheinlich, dass sie mehr als vier Prozent ihrer monatlichen Ausgaben für diese Produkte ausgeben. Von einer Preiserhöhung, z.B. einer Erhöhung der Tabaksteuer, sind Raucher natürlich überproportional betroffen, während dies auf Nichtraucher gar keinen Einfluss hat. Ähnlich verhält es sich mit Ausgabenkategorien, die einen großen Teil des Warenkorbs ausmachen. Nur Mieter zahlen Miete. Nur Autofahrer kaufen Autos und tanken. Nur Haushalte mit einer Gasheizung bezahlen Gas – und so weiter, und so fort. So kommt es, dass der statistische Warenkorb eigentlich für keinen Haushalt wirklich 100 Prozent repräsentativ ist, aber dennoch für den Durchschnitt schon eine recht brauchbare Größe darstellt. Ein weiterer Fallstrick fürs Verständnis ist der zeitliche Bezug. Die prozentualen Angaben beziehen sich immer – sofern es nicht ausdrücklich anders benannt ist – auf den Vorjahresmonat. Sie geben also stets nur die Preisänderung zu diesem Stichtag an. Das kann zu Fehlinterpretationen führen. So sind beispielsweise aktuell in der Tat die Haushaltspreise für Erdgas im Vergleich zum Vorjahresmonat um 2,5 Prozentpunkte gesunken. Der Vorjahresmonat gehörte jedoch beim Erdgas lt. Statistischem Bundesamt zu den historisch teuersten Monaten. Nimmt man nicht den Februar[*] 2023, sondern den Januar 2020 als Basis, so ist das Erdgas nicht um 2,5 Prozent billiger, sondern um 91,5 Prozent teurer geworden – der Preis hat sich also in etwas mehr als vier Jahren fast verdoppelt. So entsteht die paradoxe Situation, dass sowohl die Aussage „Gas wird billiger“ als auch „Gas ist fast doppelt so teuer“ vollkommen korrekt sind. Es kommt halt immer auf den Bezug an. Wer die aktuellen Daten einordnen will, sollte seinen Blick daher nicht nur auf die Entwicklung in Bezug auf den Vorjahresmonat, sondern auf die längerfristige Entwicklung werfen. Das Jahr 2020 bietet sich hier an, da das Statistische Bundesamt dieses Jahr als Basis in seinen Tabellen selbst verwendet. Man könnte aber auch jeden anderen Bezugszeitraum nehmen. Während der Preis des statistischen Warenkorbs – also die offizielle Inflationsrate – sich im Vergleich zum Vorjahresmonat um 2,2 Prozent verteuert hat, beträgt die Teuerung im Vergleich zum Januar 2020 stolze 18,1 Prozent. Einzelne Positionen weisen sogar noch deutlich höhere Werte auf. So sind die Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke sogar um 32 Prozent im Vergleich zum Januar 2020 gestiegen, während sie im Vergleich zum Vorjahresmonat sogar um 0,7 Prozent gesunken sind. Aufgrund dieser Zahl meldete die Wirtschaftswoche erfreut, das „Nahrungsmittel erstmals billiger“ wurden und die „Teuerung auf dem Rückzug“ sei. Die Aussage ist verwirrend, da der Bezugsmonat März 2023 (+31,5 Prozent gegenüber Januar 2020) der – Zufall oder nicht – teuerste Monat des Jahres 2023 war. Gegenüber März 2023 sind die Nahrungsmittelpreise in der Tat um 0,7 Prozent gesunken, gegenüber August 2023 sind sie jedoch beispielsweise um 0,9 Prozent gestiegen. Die Aussage, „Nahrungsmittel erstmals billiger“, ist also streng genommen falsch. Korrekt wäre die Aussage: „Nahrungsmittel erstmals seit längerer Zeit etwas billiger als im Vorjahresmonat“. Doch wer würde so eine Überschrift lesen wollen? Und vor allem: Wo wäre bei dieser Überschrift die positive Nachricht? Wenn man den Preisentwicklungen etwas Positives abgewinnen will, dann ist dies der Umstand, dass der große Preisschock in der Tat überwunden ist. Das heißt aber nicht, dass die Teuerung damit auch überwunden ist. Nicht die Preise, sondern die Teuerung geht zurück. Das ist verwirrend? Das mag daran liegen, dass die vielzitierte „Inflation“ oft falsch dargestellt wird. Lesen Sie dazu den Hintergrundartikel: „Leitzinserhöhung zur Inflationsbekämpfung? Was für eine Schnapsidee“ Die NachDenkSeiten hatten in den letzten Jahren stets darauf hingewiesen, dass wir derzeit keine klassische Inflation, sondern vielmehr einen Preisschock beobachten. Dies kann man recht gut beim Erdgas beobachten. Mit der politisch gewollten Umstellung von russischem Röhrengas auf meist amerikanisches LNG hat sich der Endkundenpreis (s.o.) seit Beginn der Sanktionen gegen Russland nahezu verdoppelt. Es gibt aber keinen Grund anzunehmen, dass sich der Preis in den nächsten zwei Jahren noch einmal verdoppelt. Wir haben keine dynamische Entwicklung, wie es bei einer „Inflation“ ja die Regel ist, sondern einen einmaligen Preisschock. Und wenn man immer nur die Preisveränderung gegenüber dem Vorjahresmonat betrachtet, ist dieser Preisschock natürlich irgendwann überwunden. So betrug die Preissteigerung für Energie bei den Erzeugerpreisen im August 2022 im Vergleich zum Vorjahresmonat schwindelerregende 139 Prozent. Wenn die Energiekosten nun von August 2022 auf August 2023 auf diesem extrem hohen Niveau geblieben wären, hätten Statistiker, Politik und Medien ein Stagnieren der Preise und ein „Ende der Preissteigerungen“ feiern können – und dies, obgleich die Energiekosten im Vergleich zum Vorvorjahresmonat ja immer noch schwindelerregende 139 Prozent höher sind. In der Tat sind die Preise seit dem Peak im August 2022 sogar wieder etwas gefallen, was dann mit einem „Rückgang der Erzeugerpreise“ als Beleg für die Richtigkeit der Sanktionspolitik gefeiert wurde. Das ist natürlich absurd, waren die Preise zu diesem Zeitpunkt doch doppelt so hoch wie vor den Sanktionen. Inflation oder Preisschock – was heißt das für Sie? Wenn Sie selbst Ihr Einkommen in den letzten vier Jahren jährlich um zwei Prozent netto steigern konnten, dann ist Ihr Einkommen insgesamt gegenüber dem Jahr 2020 um 6,12 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum sind die Verbraucherpreise (also der gesamte Warenkorb) jedoch um 18,1 Prozent gestiegen. Lebensmittel sind um 32 Prozent, Erdgas um 91,5 Prozent, Strom um 28,6 Prozent, Benzin und Diesel um 44 Prozent, Restaurantbesuche um 26,4 Prozent und sogar die Bestattungsdienstleistungen sind um 17 Prozent im Preis gestiegen. Mit einer Einkommenssteigerung von zwei Prozent pro Jahr – also 6,12 Prozent für den gesamten Vergleichszeitraum – ist für Sie also durch den Preisschock nahezu alles deutlich teurer geworden. Es gibt nur sehr wenige Güter und Dienstleistungen, die in diesem Zeitraum faktisch billiger geworden sind. Dazu zählen beispielsweise Fernsehgeräte, die in der Tat heute 13 Prozent günstiger als im Jahr 2020 sind. Wenn Sie also den Großteil Ihres Einkommens für Fernsehgeräte ausgeben, können Sie in der Tat behaupten, dass die Preise nicht etwa gestiegen, sondern gesunken sind und es keine Inflation mehr gibt. Sie Glücklicher. Für alle anderen hat der Preisschock zu einem sehr deutlichen Rückgang der Kaufkraft geführt. Wir sind also ärmer geworden und das kann auch jede noch so selektive Interpretation der Verbraucherpreisstatistik nicht kaschieren. Es mag durchaus zutreffend sein, dass der Preisschock nun überwunden ist und wir wieder „normale“ Zeiten bekommen, in denen die Preissteigerung ungefähr den Einkommenssteigerungen entspricht. Der Preisschock der letzten Jahre ist damit jedoch nicht ausgeglichen. Die Preise sind ja weiterhin hoch. Um den Preisschock wirklich auszugleichen, müsste die Inflation nicht sinken, sondern es müsste über Jahre hinweg eine hohe Deflation kommen. Das wird nicht passieren. Wir befinden uns nun nach dem Preisschock vor allem bei den Energiekosten in einer Hochpreisära. Dumm nur, dass unsere Einkommen nicht im gleichen Maße gestiegen sind. Das sind die Kosten, die wir für die Sanktionen bezahlen; das ist jedoch nur den Wenigsten so bewusst. Titelbild: Maxx-Studio/shutterstock.com | Jens Berger | Das Statistische Bundesamt konnte Anfang der Woche eine positive Nachricht vermelden. Mit voraussichtlich lediglich 2,2 Prozent war die Inflationsrate für den März so niedrig wie seit langem nicht mehr. In den Medien wurde diese Meldung erstaunlich interpretiert – so war die Rede von „sinkenden Preisen“, einem „Ende des Teuer-Schocks“ oder gar dem „Ende der Inflation“. Das ist teils verwirrend ... | [
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Armut in Deutschland: Die aktuelle Aufrüstungspolitik ist asozial | Im März hat der Bundestag für eine Billion Neuverschuldung gestimmt – für Aufrüstung und Infrastruktur. Von außen betrachtet, ließe sich der Gedanke fassen: In einem Land, das so viel Geld in sein Militär steckt, gibt es bestimmt keine Armut. Weit gefehlt. Die Tafeln kommen bisweilen kaum mit der Versorgung hinterher. Hilfesuchende werden sogar abgewiesen. Geld für Panzer, aber kein Geld für Brot? Dieser Schuss geht nach hinten los. Ein Kommentar von Marcus Klöckner. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Was ist wichtiger? Eine Politik, die dafür sorgt, dass Geld zuerst bei den Bedürftigen im Land ankommt, oder eine Politik, die gigantische Summen in die Hand nimmt, um gegen einen herbeifantasiertes Feindbild aufzurüsten? Welche Prioritäten haben verantwortungsbewusste Politiker zu setzen? Der Armut im Land den Kampf anzusagen? Oder mit Geld, das sie nicht haben, gegen ein Land hochzurüsten, das Deutschland überhaupt nicht bedroht? „Jährlich werden im Land bis zu 200.000 Menschen von 8000 mehrheitlich ehrenamtlichen Hilfsteams in rund 250 Ausgabestellen der Tafeln mit Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs versorgt“, heißt es in einem aktuellen Artikel der Hannoverschen Allgemeinen. Der Beitrag handelt von den Tafeln in Niedersachsen und in Bremen – und er lässt erahnen, dass Armut ein bundesweites Problem ist. In Niedersachsen und Bremen können laut dem Vorsitzenden des Landesverbandes der Tafeln, Uwe Lampe, bisweilen gar nicht alle Neukunden aufgenommen werden. In anderen Bundesländern dürfte die Situation ähnlich sein. Überhaupt: Dass in einem angeblich so reichen Land wie Deutschland Bürger so wenig finanzielle Mittel zur Verfügung haben, dass sie auf Essen von Tafeln angewiesen sind, verweist auf eine schwere Schieflage im sozialstaatlichen Gefüge. Deutschland hat ein Armutsproblem – seit langem. Was Armut für ein Land bedeutet, mag vielleicht nicht jedem klar sein, aber es liegt auf der Hand: Armut heute bedingt Armut morgen. Kinder, die in Armut aufwachsen, können sich häufig von den Fesseln der Armut nicht befreien. Aus Armut entstehen regelrechte Armutskreisläufe – über Generationen hinweg. Ausbrüche aus dem Kreislauf der Armut sind möglich, aber sie sind eher die Ausnahme denn die Regel. Armut schadet aber letztlich nicht nur den direkt Betroffenen. Armut schadet auch direkt oder indirekt dem gesamten Land und der Gesellschaft. Armut bedingt oft auch Kriminalität. Kriminalität bedingt hohe Ausgaben für die Sicherheitsbehörden. Kriminalität kann sich negativ auf das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger auswirken. Ein grundsätzliches negatives „Hintergrundrauschen“ entsteht, das keiner Gesellschaft gut tut. Armut kann zur Abhängigkeit von Alkohol, Drogen und zu Selbstmord führen – auch daraus entstehen weitreichende Folgen für die Familienmitglieder als auch die Gesellschaft. Zudem können Arme kaum etwas zum Konsum und damit auch zu einem gesunden Wirtschaftskreislauf beitragen. Es kann und müsste oberste Priorität in der Politik sein, an die Ursachen der Armut ranzugehen – auf eine sozialpolitisch kluge Weise. Hierzu wird Geld und Verstand gebraucht. Doch das Geld soll in den Rachen der Rüstungsindustrie gepumpt werden und der Verstand ist offensichtlich deaktiviert. Die politische Klasse versucht dem Armutsproblem im Hartz-IV-Geiste „beizukommen“, indem sie ihrer Politik das Leitbild vom faulen Arbeitslosen voranstellt. Das geht erstens an der Realität vorbei und zeugt zweitens von einer Politik, die wie auch schon in Sachen Russland über ein wirklichkeitsentrücktes Feindbild stolpert. Eine kluge Armutspolitik würde das Armutsproblem ohne billige Stimmungsmache und Schüren von Vorurteilen als gesamtgesellschaftliches Problem kommunizieren. Mit kreativen Lösungen, wie etwa einem Geldkonto für Kinder, auf das ab einem bestimmten Lebensjahr zugegriffen und über bestimmte Beträge verfügt werden kann, ließe sich etwas bewegen. Damit hätten die jungen Erwachsenen die Möglichkeit, im Sinne der Armutsbekämpfung in ihr Leben zu investieren. Nicht Armut über Generationen verwalten, sondern den Kreislauf der Armut an den richtigen Stellen aufbrechen. Darum sollte es der Politik gehen. Doch was macht der Bundestag? Geld für Panzer bereitstellen, das besser für Brot eingesetzt werden sollte. Dieser politische Schuss geht – wieder einmal – nach hinten los. Für die aktuelle Aufrüstungspolitik gibt es einen treffenden Begriff: Asozial! Titelbild: addkm / Shutterstock | Marcus Klöckner | Im März hat der Bundestag für eine Billion Neuverschuldung gestimmt – für Aufrüstung und Infrastruktur. Von außen betrachtet, ließe sich der Gedanke fassen: In einem Land, das so viel Geld in sein Militär steckt, gibt es bestimmt keine Armut. Weit gefehlt. Die Tafeln kommen bisweilen kaum mit der Versorgung hinterher. Hilfesuchende werden sogar abgewiesen. Geld für Panzer, aber kein Geld für B ... | [
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Nord-Stream: Die Terroristen haben (vorerst) gewonnen – Und niemanden kümmert’s | Das Kanzleramt soll aktuell im Zusammenhang mit dem Nord-Stream-Anschlag interne Ermittlung wegen Geheimnisverrats beim BND veranlasst haben. Diese Meldung ruft die fortgesetzte Untätigkeit von Medien und Politik beim bislang gravierendsten Terroranschlag gegen Infrastruktur in diesem Jahrhundert in Erinnerung. Wirft man einen Blick zurück zu den hysterischen Reaktionen auf andere Terroranschläge, erscheint das momentane Schweigen noch bizarrer. Ein Kommentar von Tobias Riegel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Das Medium Business Insider (BI) hat kürzlich getitelt: „Anschlag auf Nord-Stream-Pipelines: Kanzleramt soll interne Ermittlung wegen Geheimnisverrats beim BND veranlasst haben“. Ein Mitarbeiter des BND soll demnach Informationen über die Ermittlungen an die Presse weitergegeben haben. Das österreichische Medium Exxpress schreibt zu dem BI-Bericht: „Grund für die hohe Nervosität sind Berichte darüber, dass die Spuren zu den mutmaßlichen Tätern bei Nord Stream in die Ukraine führen. Dem Medium sollen Unterlagen vorliegen, die auf eine Tatbeteiligung von ukrainischen Staatsbürgern hindeuten.“ Es gibt zu diesen mutmaßlichen internen Ermittlungen beim BND noch zu wenige Hintergründe, um den Schritt abschließend zu beurteilen. Aber der Vorgang gibt Anlass, nochmals auf das inakzeptable politisch-mediale Verhalten rund um den Anschlag auf die Pipelines einzugehen. Ein monumentales Bild Das Attentat gegen die deutsche Energieversorgung fand schließlich bereits in der Nacht zum 26. September 2022 statt. Es ist also fast ein Jahr verstrichen. Mit jedem Tag der politischen und journalistischen Untätigkeit drängen sich Fragen stärker auf: Wann machen sich Journalisten und Politiker durch Untätigkeit zum Komplizen? Wann ist von einer unterlassenen Hilfeleistung gegenüber den Bürgern zu sprechen? Der Anschlag hat keine (bekannten) direkten Todesopfer gefordert. Trotzdem ist er das bislang gravierendste Attentat gegen Infrastruktur in diesem Jahrhundert: Die Dreistigkeit der Tat selbst, die wirtschaftlichen Konsequenzen für EU-Länder, das mit dem Anschlag einhergehende Umweltverbrechen, die geopolitische Demütigung – all das fügt sich zu einem geradezu monumentalen Bild. Wo bleibt die Terror-Hysterie? Auch der Umgang mit Sprache und Symbolik wird im Zusammenhang mit dem Terrorakt gegen Nord-Stream einmal mehr verändert. „Normalerweise“ würde unter großem Tamtam umgehend die Reparatur der zerstörten Pipeline in Angriff genommen oder zumindest in emotionalem Tonfall angekündigt. Diese (zumindest angekündigte) Instandsetzung würde zum großen symbolischen Akt der Gegenwehr überhöht: Schließlich hätten ja die Terroristen „bereits gewonnen“, wenn man sich ihren Worten oder Taten füge (oder eigentlich schon, wenn man ihnen verhandele) – wie uns in anderen Terrorzusammenhängen intensiv eingeimpft wurde: Man dürfe sich diesen Menschen keinesfalls „beugen“. Heute dagegen wird es einfach so hingenommen, dass im Fall Nord-Stream Terroristen bislang einen großen und inakzeptablen Sieg davontragen. Sie klingen noch nach, die martialischen oder kitschigen Phrasen, die den Bürgern beim islamistischen Terror nach dem 11. September 2001 in den USA oder nach den Anschlägen auf das französische Satireblatt Charlie Hebdo 2015 präsentiert wurden: „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns“, „Je suis Charlie“ und so weiter. Im Vergleich mit diesem intensiven medial-politischen Dauerfeuer erscheint das aktuelle Schweigen noch bizarrer. Und wo bleiben die gestellten Fotos, auf denen sich EU-Politiker zur Solidarität gegen einen Terrorakt versammeln, bei dem man nicht ausschließen kann, dass er gar von US-amerikanischer Seite initiiert wurde? Dieser Vergleich sagt selbstverständlich nicht aus, dass die damaligen politisch-medialen Reaktionen auf Terroranschläge angemessen gewesen wären! Jeder Vorgang muss zudem einzeln betrachtet werden. Der Vergleich hilft aber, die große Heuchelei zu illustrieren – damals und heute. Wen belasten die Indizien? Zur Frage einer mutmaßlichen(!) US-Täterschaft und zur alternativen „Ukraine-Version“: Viele starke Indizien sprechen für staatliche Akteure (bei beiden Varianten). Zwar sprechen viele Indizien zusätzlich für eine US-amerikanische Urheberschaft des Verbrechens (siehe hier oder hier oder hier) – das ist aber selbstverständlich noch kein belastbarer Beweis. Es wäre aber doch Anlass genug, endlich ernsthaft in diese Richtung zu ermitteln. Hintergründe dazu, wie etwa die USA und ihr LNG-Markt indirekt von erliegenden russischen Gaslieferungen profitieren könnten, werden etwa hier oder hier oder hier beschrieben. Mit welch manipulativen Methoden manche Medien die USA im Falle der Nord-Stream-Anschläge in Schutz nehmen, wird hier beschrieben. Meiner Meinung nach ist es angesichts der Abhängigkeit der ukrainischen Regierung von den USA auch nicht entscheidend, ob die konkreten ausführenden Agenten aus den USA oder der Ukraine stammen – wenn man eine Verantwortung auf staatlicher Ebene voraussetzt. Kürzlich wurde dazu irgendwo dieses Bild beschrieben: „Nicht ich habe mein Gegenüber zusammengeschlagen – es waren doch nur meine Hände.“ Seymour Hersh ist auf die Ukraine-Theorie hier eingegangen. Regierung steht vor dramatischen Fragen Aus Sicht der Bundesregierung wäre die aktuell „beste“ Variante die, dass die Pipelines von Ukrainern (ohne staatliche Verbindungen und auch ohne „Auftrag“ aus den USA) gesprengt wurden. Da aber bei gegenwärtigem Kenntnisstand dringend von Akteuren mit staatlicher Unterstützung auszugehen ist, müsste eine potenzielle Konsequenz aus der Ukraine-Variante die Ächtung der ukrainischen Regierung als Terroristen und in der Folge das Ende der Unterstützung für diese Gruppe sein (ihre Verwicklung vorausgesetzt). Noch problematischer könnte es sich allerdings für die Bundesregierung entwickeln, wenn der Version, die von einer mutmaßlichen US-Urheberschaft des Terrors ausgeht, endlich ernsthafte Nachforschungen folgen würden. Denn die Fragen, die sich bei einer Konkretisierung von Vorwürfen gegen offizielle Stellen in den USA stellen würden, wären noch erheblich zahlreicher und die sich aufdrängenden geopolitischen Konsequenzen noch dramatischer. Viele Medien schweigen Da belässt man es doch lieber beim Schweigen: Bei Google-News findet sich unter dem Suchbegriff „Nord Stream interne Ermittlung wegen Geheimnisverrats beim BND“ kein einziges großes deutsches Medium, das die vom Business Insider vermeldete Nachricht aufgreift (Stand 11.8., 8 Uhr). In der zweiten Reihe hat die Volksstimme darüber berichtet. Viele Journalisten möchten ganz offensichtlich Erinnerungen an den Anschlag vermeiden: Jede Erinnerung würde den dringenden Handlungsbedarf in der Sache unterstreichen. Zusätzlich würde sie ein Licht auf das mediale Verhalten der letzten Monate werfen. Titelbild: Illustration der Explosion der Nord-Stream-Pipelines – shutterstock / apprenticebk | Tobias Riegel | Das Kanzleramt soll aktuell im Zusammenhang mit dem Nord-Stream-Anschlag interne Ermittlung wegen Geheimnisverrats beim BND veranlasst haben. Diese Meldung ruft die fortgesetzte Untätigkeit von Medien und Politik beim bislang gravierendsten Terroranschlag gegen Infrastruktur in diesem Jahrhundert in Erinnerung. Wirft man einen Blick zurück zu den hysterischen Reaktionen auf andere Terroranschl ... | [
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] | 11. August 2023 11:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=102299&share=email |
Hinweis: „Die christlich-soziale Bewegung ist heimatlos geworden.“ | Meint Norbert Blüm. Und weiter: „Von der SPD fühlt sie sich nicht angezogen, von der CDU im Stich gelassen. Denn: Kopfpauschale und Einheitssteuer stehen im Widerspruch zu allen Vorstellungen über Gerechtigkeit.“ Quelle: SZ | Albrecht Müller | Meint Norbert Blüm. Und weiter: „Von der SPD fühlt sie sich nicht angezogen, von der CDU im Stich gelassen. Denn: Kopfpauschale und Einheitssteuer stehen im Widerspruch zu allen Vorstellungen über Gerechtigkeit.“
Quelle: SZ | [] | [
"Hinweise des Tages"
] | 29. September 2005 14:27 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=808&share=email |
Frank Blenz | Frank Blenz arbeitet als freier Autor, Journalist und Fotograf. Er schreibt für Lokalzeitungen und Wochenblätter und ist Texter, Musiker und Veranstalter. | [] | [] | 12. Juni 2021 11:45 | https://www.nachdenkseiten.de/?gastautor=frank-blenz&paged=23 |
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Antikommunismus | Pedro Castillo Terrones, der linke Grundschullehrer und Präsidentschaftskandidat der Wahlliste Peru Libre („Freies Peru“), könnte zum nächsten Präsidenten von Peru geweiht werden und seine rechtsextreme Herausforderin Keiko Fujimori von der Wahlliste Fuerza Popular zum dritten Mal eine Präsidentschaftswahl verlieren. Von unserem Südamerika-Korrespondenten Frederico Füllgraf. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. | [] | [] | 17. Juni 2021 10:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?tag=antikommunismus&paged=4 |
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Einen drohenden (Atom-)Krieg in Europa verhindern! | „Gemeinsame Sicherheit“ als Strategie für eine Deeskalation des Konflikts mit Russland: Diplomatie als Grundlage der Konfliktlösung. Es besteht die akute Gefahr eines konventionellen Krieges zwischen Russland und der Ukraine. Es ist von einem längeren Kriegsszenario auszugehen, das tausende Menschenleben vor allem unter der Zivilbevölkerung kosten würde und unvorstellbares menschliches Leid zur Folge hätte. Es ist nicht auszuschließen, dass der konventionelle Krieg einen Flächenbrand auslösen könnte: Hochgerüstete Atomwaffenstaaten wären in den Konflikt eingebunden – mit dem unkalkulierbaren Risiko eines Atomkrieges! Von Rolf Bader. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
Podcast: Play in new window | Download Die bedrohliche Konfrontation und unmittelbare Gefahr eines Krieges in Europa können nur über eine Diplomatie, die auf Empathie setzt, entschärft werden. Wir sehen auch die NATO und die USA in der Verantwortung, ihre teils kompromisslose Position gegenüber Russland grundlegend zu überdenken und auf eine Diplomatie der „Gemeinsamen Sicherheit“ zu setzen. Diese besteht aus vier elementaren Bausteinen: Wenn man die vier Bausteine auf die aktuelle konfrontative Situation zwischen Westeuropa und den USA auf der einen und Russland auf der anderen Seite projiziert, so ist Folgendes zu konstatieren: Weder ist seitens des Westens eine klar definierte Verhandlungsposition mit Zielperspektiven erkennbar, geschweige denn eine diplomatische Empathie oder Bereitschaft, eine Win-Win-Situation anzustreben, auszumachen. Hier sind fundamentale Defizite zu konstatieren, die ein für beide Seiten tragfähiges Verhandlungsergebnis so gut wie ausschließen. Deshalb gilt es, folgende Schritte der Deeskalation zu berücksichtigen: Eine neue Friedensordnung für Europa Auf dem Sondergipfel der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit (KSZE) wurde am 21. November 1990 die Charta von Paris verabschiedet und unterzeichnet. Das Ziel des Dokuments war und ist die Schaffung einer neuen Friedensordnung in Europa nach dem Ende des Kalten Krieges und der Teilung Europas. Diese Charta gilt es, wiederzubeleben und mit diplomatischem Geschick zu unterfüttern. Das Fundament und das Dach der neuen Friedensordnung für Europa bildet die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die aus der ehemaligen KSZE hervorging. Sie ist leider seit 1995 wegen der Dominanz der NATO als ein im „Dämmerschlaf“ befindliches Gebilde weitgehend unwirksam geworden. Mit einer Wiederbelebung der OSZE ließe sich eine dauerhafte Friedensordnung für Europa einrichten. Das Fundament bildet das Konzept der „Gemeinsamen Sicherheit der Palme-Kommission von 1982, das der Ausgangspunkt für die erfolgreiche Entspannungspolitik von Willy Brandt und Egon Bahr war. OSZE anstelle der NATO Ein souveränes Europa unter enger partnerschaftlicher Einbindung Russlands ließe sich nur mit einer schrittweisen Auflösung der NATO realisieren. Die Beziehung zu den USA bliebe zwar ein stabiler Faktor, würde aber vor allem in seiner militärstrategischen Dominanz wesentlich zurückgefahren. Die NATO aufzulösen, mag utopisch anmuten. In Anlehnung an das Ende des Warschauer Paktes erscheint ein solcher Schritt längst überfällig und friedenspolitisch geboten. Dieser Prozess kann nur gelingen, wenn die Dominanz und Vormachtstellung der NATO kontinuierlich zurückgefahren wird. Das Ziel muss sein, unter Einbindung Russlands innerhalb der OSZE (oder einer zukünftigen, der OSZE vergleichbaren Organisation) eine Sicherheitspartnerschaft aufzubauen, aus der eine neue Friedensordnung in und für Europa – entsprechend der Charta von Paris – entstehen kann. Diese Vision ist aus der Überzeugung herausgewachsen, dass ein Krieg die Lebensgrundlagen in Europa zerstört und ein Atomkrieg alles Leben auf der Erde auslöschen wird.
Titelbild: Razvan Ionut Dragomirescu/shutterstock.com Rolf Bader ist ehem. Geschäftsführer der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW) | Rolf Bader | „Gemeinsame Sicherheit“ als Strategie für eine Deeskalation des Konflikts mit Russland: Diplomatie als Grundlage der Konfliktlösung. Es besteht die akute Gefahr eines konventionellen Krieges zwischen Russland und der Ukraine. Es ist von einem längeren Kriegsszenario auszugehen, das tausende Menschenleben vor allem unter der Zivilbevölkerung kosten würde und unvorstellbares menschliches Leid zu ... | [
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] | 01. Februar 2022 12:13 | https://www.nachdenkseiten.de/?p=80328&share=email |
Anti-Islamismus | Die Veranstaltung mit Michael Lüders am 25. Oktober 2024 im Bürgerzentrum Neue Vahr war mit Spannung erwartet worden. Eingeladen hatten die Palästinensische Gemeinde Bremen und Umgebung und die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft. Es war zu erwarten, dass es Versuche – wie schon so häufig – von Seiten der unbedingten Israelfreunde geben würde, die Veranstaltung zu verhindern. Tatsächlich war kurzfristig von der Leitung des BZ Neue Vahr die ursprünglich gegebene Zusage zuerst zurückgezogen, dann aber nach einigen Telefonaten im Hintergrund und dem nachdrücklichen Hinweis auf geschlossene Verträge doch wieder bestätigt worden. Die Veranstaltung konnte also stattfinden. Über 500 Teilnehmer fanden im großen Saal des Bürgerzentrums Platz, wenn auch teilweise stehend. Von Sönke Hundt. | NachDenkSeiten - Die kritische Website | [] | [] | 29. Oktober 2024 13:00 | https://www.nachdenkseiten.de/?cat=207 |
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