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1919-05-21 23:00:00
2025-06-11 04:18:42
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2011-10-09 08:48:22
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„Wer wird Millionär?“: Jauch machte bei Null-Euro-Kandidatin alles richtig
Jolly Roger ...? A: ist Lucky Lukes Pferd B: tanzte mit Fred Astaire C: spielt man mit 48 Karten D: heißt die Piratenflagge. Ich schaue auf den Bildschirm vor mir und versuche, so zu tun, als wüsste ich die Antwort diesmal ganz sicher. Doch leider bin ich mir nur sicher, dass B falsch ist, weil die wunderbare Ginger Rogers mit Fred Astaire tanzte. Und so kann ich leider nicht mit tougher Stimme eine Antwort geben, nein, wieder muss ich mit Günther Jauch reden und hoffen, dass er mir vielleicht irgendwie hilft. Ich war im Jahr 2010 Kandidatin bei „Wer wird Millionär?“ (verlinkt auf /themen/wer-wird-millionaer/) . Der Moment, in dem ich meinen Namen grün aufleuchten sah, weil ich es auf den Stuhl geschafft hatte, war ziemlich cool. Ich war mir sicher, ich hätte nun das Schlimmste geschafft – ich hatte ziemlichen Respekt vor der Auswahlrunde gehabt, in der man mit zitternden Händen auf Zeit die richtigen Antworten tippen muss. Er gibt mir keinen einzigen Tipp Doch dann sitze ich einem Günther Jauch (verlinkt auf /themen/guenther-jauch/) gegenüber, der mir vermittelt: Ich habe keine Lust, dir irgendwie bei diesem Spiel zu helfen. Mit verschränkten Armen schaut mich ausdruckslos an, lässt sich auf kein Gespräch rund um Frage und Antworten ein. Und er gibt mir auch in unteren Spielregionen keinen einzigen Tipp, aus Unsicherheit verschwende ich Joker, wo ich es eigentlich besser gewusst hätte. Günther Jauch hat auch der 50-Euro-Kandidatin, von der in diesen Tagen gefühlt jeder spricht, nicht geholfen. Der Zeitschrift „Closer“ sagte sie nun: „Bessere Publicity, als dass eine blonde Mode-Studentin an der ersten Frage scheitert, gibt es ja wohl nicht.“ Jauch selbst, der selten Statements gibt, lässt sich in „Bild (verlinkt auf http://www.bild.de/unterhaltung/tv/wer-wird-millionaer/guenther-jauch-ueber-seine-gescheiterte-kandidatin-wenn-ich-jedem-helfe-ist-der-reiz-weg-41385516.bild.html) “ sogar zu einer Erklärung hinreißen, warum er nicht geholfen habe: „'Wer wird Millionär?' ist ja von Haus aus keine Wohltätigkeitssendung, in der es eine Garantie auf leistungslose Gewinne gibt. Wenn ich jedem automatisch bei jeder Antwort über die Hürde helfe, ist der Reiz der Sendung dahin. Die Kandidatin hatte ja mehr als eine Möglichkeit, sich zu korrigieren.“ Es ist sogar seine Pflicht, unberechenbar zu sein Natürlich!, möchte man da beiden zurufen. Wozu die Aufregung? Es ist Günther Jauchs gutes Recht, Kandidaten nicht zu helfen. Es ist sein gutes Recht, nicht immer fair zu sein, nicht immer alle gleich zu behandeln, unvorhersehbar, manchmal gemein und manchmal beinahe gutmütig zu sein. Und das ist nicht nur sein Recht, es ist seine Pflicht als Moderator und Entertainer, der dafür bezahlt wird, den Zuschauern gute Unterhaltung zu liefern. Unterhaltung ohne Emotionen funktioniert nicht. Und eine Sendung wie „Wer wird Millionär?“, die vom Konzept her so nüchtern angelegt ist, braucht sie umso mehr: Unberechenbare Momente, die aufregen, die mitreißen, die wütend machen – auch mal auf den Moderator. Egal. Mitleid, Wut, Schadenfreude Denn der ist hier doch nichts anderes als eine Figur, an der der Zuschauer sich reibt oder mit der der Zuschauer sich verbündet. Und das am besten in unvorhersehbarem Wechsel, muss ja alles spannend bleiben. So darf der Rezipient an Jauchs Seite junge Kandidatinnen, die er nervig findet, in den Keller rasseln lassen und sich darüber freuen. Sich darüber aufregen, wenn der Moderator der Trulla schon wieder die Antwort so gut wie in den Mund legt, also wirklich, das muss doch nicht sein! Mitleid haben mit dem, dem Jauch eben nicht eine vieldeutige „Sind Sie sicher?“-Frage stellt, wenn der Kandidat falsch liegt. Und die aufgeregten Reaktionen auf das 50-Euro-Fragen-Drama um die Modestudentin (verlinkt auf /vermischtes/article142563840/Tanja-Fuss-erlebt-ihren-Waldi-Moment-bei-Jauch.html) geben TV-Profi Günther Jauch und seiner Taktik recht. Sowohl denen, die Mitleid haben, als auch den fiesen Schadenfreudigen hat der Moderator ein wohliges Emotionshoch verschafft. Übrigens wäre meine richtige Antwort D gewesen, Jolly Roger nennt man die Piratenflagge. Daher war dann bei 32.000 Euro Schluss. Unsere besten Geschichten posten wir bei Facebook. Folgen Sie ICON doch auch dort! (verlinkt auf https://www.facebook.com/pages/ICON-Der-Lifestyle-der-Welt/296958754574?fref=ts)
Nicola Erdmann
Die Aufregung um die Null-Euro-Kandidatin ist groß. Dabei hat Günther Jauch richtig im Sinne des Fernsehens gehandelt – sagt unsere Autorin, die Jauchs Taktik als Kandidatin der Show selbst erlebte.
Iconist
2015-06-24T08:35:24Z
2015-07-25T10:34:44Z
Jauch machte bei Null-Euro-Kandidatin alles richtig
https://www.welt.de//iconist/article142983315/Jauch-machte-bei-Null-Euro-Kandidatin-alles-richtig.html
Bin Ladens Terrorspur in Paris
Die französische Justiz hat jetzt Gewissheit darüber, dass das Terroristennetzwerk von Osama Bin Laden auch in Frankreich aktiv war und Terroranschläge gegen die amerikanische Botschaft und das amerikanische Kulturzentrum in Paris geplant hatte. Die Attentate sollten "im Januar und Februar 2002" verübt werden, gestand der am 28. Juli im Emirat Dubai festgenommene und Anfang dieser Woche nach Frankreich ausgelieferte Franko-Algerier Djamel Beghal in einem elfstündigen Verhör den Ermittlungsrichtern Jean-Louis Bruguière und Jean-François Ricard in Paris. Der 35-Jährige enthüllte darüber hinaus, dass er den Auftrag im Hauptquartier Bin Ladens in Kandahar (Afghanistan) von dessen Stellvertreter Abu Subaidah erhalten habe. "Wir waren im Haus Bin Ladens. Und er sagte mir, dass die Stunde zum Handeln gekommen ist. Ich sollte die amerikanische Botschaft in Frankreich in die Luft sprengen." Dann habe ihm Abu Subaidah drei Geschenke von Bin Laden überreicht, den er jedoch persönlich nicht getroffen habe. Abu Subaidah hatte zuvor mehrere Jahre das "Maison des Algériens" im pakistanischen Peshawar geleitet, das als Anlaufstätte für die Islamisten diente, bevor sie in die Ausbildungscamps nach Afghanistan geschickt wurden. Auch wenn der Anwalt Beghals dessen Geständnis inzwischen widerrufen hat, sind die Richter dennoch vom Wahrheitsgehalt der Aussage überzeugt. Schließlich hatte Beghal schon in Dubai mehrere Namen genannt, die dem von ihm geleiteten Terroristennetz in Europa angehören. Darunter befindet sich auch der Tunesier Nizar Trabelsi, ehemaliger Vertragsfußballspieler bei Fortuna Düsseldorf, der am 13. September in Brüssel festgenommen wurde und mit dem Beghal Ende der neunziger Jahre in dem Pariser Vorort Corbeil-Essonnes zusammengewohnt hat. Trabelski hatte den Auftrag, sich mit einem am Körper befestigten Sprengstoffgürtel Eintritt in die in der Nähe des Elysée-Palastes gelegene US-Botschaft zu verschaffen und sich selbst in die Luft zu sprengen. Der zweite Anschlag sollte mit Hilfe eines mit Sprengstoff präparierten Lastwagens auf das American Center an der Place de la Madeleine verübt werden. Bei den Hausdurchsuchungen fand die belgische Polizei eine Anleitung zur Herstellung von Sprengladungen sowie Materialien, die ausgereicht hätten, um Gebäude in die Luft jagen zu können. Die Hinweise Beghals brachten die Ermittlungsrichter auch auf die Spur von sieben mutmaßlichen islamistischen Terroristen, die in den letzten beiden Wochen im Großraum von Paris festgenommen wurden. Gegen sie ist inzwischen ein formelles Ermittlungsverfahren wegen Planung terroristischer Aktionen eingeleitet worden. Ein achter Verdächtiger, Kamal Daoudi, konnte am 21. September nach Großbritannien entkommen, wo er jedoch vier Tage später in Leicester von der britischen Polizei verhaftet und nach Paris ausgeliefert wurde. Daoudi war Beghals Spezialist für die Kommunikation. Via Internet stellte er die Kontakte zwischen dem europäischen Terroristennetz und Bin Ladens Terrororganisation Al Qaida her. Djamel Beghal war gerade aus Afghanistan gekommen und auf dem Weg nach Spanien und Marokko, als er Ende Juli wegen seines abgelaufenen Reisepasses in Dubai verhaftet wurde. Von Marokko aus sollte er "grünes Licht" für die Anschläge geben. Sein Geständnis begründete er gegenüber den Ermittlungsrichtern damit, dass er sich von Osama Bin Laden losgesagt habe. Mit diesem wolle er nun nichts mehr zu tun haben. Seit seiner Verhaftung habe er viel Zeit zum Nachdenken gehabt und viel im Koran gelesen.
Jochen Hehn
Verdächtiger sagt aus, er sollte US-Botschaft und Kulturzentrum sprengen
Print-welt
2001-10-03T22:00:00Z
2011-11-16T20:25:35Z
Bin Ladens Terrorspur in Paris
https://www.welt.de//print-welt/article479384/Bin-Ladens-Terrorspur-in-Paris.html
Tyrannei der Mehrheit
Nach den heutigen Wahlen und der Annahme einer neuen Verfassung im Irak werden Washington und Bagdad versucht sein, einen Sieg zu erklären. Einerseits haben sie damit auch recht. Was sich da entwickelt, ist ein radikaler Bruch nicht nur mit der Vergangenheit, sondern auch mit dem gesamten arabischen System, das die Briten und die Franzosen nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reichs aufgebaut hatten. Aber in einem übergeordneten Sinn ist dieser Optimismus nicht angemessen, denn keins der Probleme bei der Neuordnung des Irak ist gelöst. Schlimmer noch. Tiefe Spannungen und Widersprüche sind in der Verfassung festgeschrieben worden. Sie gefährden die Existenz des Staates. Wie ist es dazu gekommen? Es ist viel von den amerikanischen Fehlern im Irak die Rede gewesen, und zwar zu Recht. Aber als Teilnehmer an den politischen Diskussionen sowohl vor als auch nach dem Krieg kann ich nur sagen: Wir Iraker haben es selbst nicht geschafft, die Basis für eine neue Ordnung zu legen. Die neue politische Elite, die von den Wahlen im Januar 2005 an die Macht gespült wurde, war nicht einmal in der Lage, mit dem Aufbau eines stabilen und starken Staates auch nur zu beginnen. Die täglich steigenden Zahlen von verletzten Irakern, von 26 im Frühjahr 2004 auf 64 in diesem Herbst sind nur das offensichtlichste Beispiel, daß da irgend etwas furchtbar schiefgegangen ist, und das liegt nicht an fehlenden amerikanischen Anstrengungen. Leider können wir von den Wahlen heute nicht erwarten, daß sie die Situation wesentlich verbessern. Es gibt kaum Aussichten, daß der Gewinner die Autorität haben wird, den Verfall aufzuhalten, aus einem schlichten Grund: der Verfassung. Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß diese Verfassung, wenn sie nicht radikal verändert wird, den ohnehin labilen irakischen Zentralstaat weiter schwächen wird. Trotz der Bekundungen darin über die "Einheit der Heimstatt von Aposteln und Propheten" und den "Werten und Idealen der himmlischen Botschaft und Erkenntnissen der Wissenschaft" sind es Uneinigkeit, schwindende Souveränität und Streit, die den Irak erwarten, wenn die Verfassung nicht überarbeitet wird. Drei Dinge werden jede Regierung, die heute gewählt wird, unterminieren: Erstens etabliert die Verfassung ein geradezu übermächtiges Parlament, das mit der Exekutive machen kann, was es will. Obwohl das Parlament wie eine demokratische Institution aussieht, ist es in Wahrheit einfach eine Versammlung ethnischer und sektiererischer Stimmblöcke. Wenn die Erfahrungen der Interimsregierung irgendeinen Anhaltspunkt geben, dann sind die Führer dieser Blocks die eigentlichen Machthaber im Irak, und sie werden ihre Macht hauptsächlich durch Seilschaften und Hinterzimmerdiplomatie ausüben. Weil diese Machtformation auch den Präsidenten und den Premierminister wählt und sie auch mit einfacher Mehrheit wieder absetzen kann, gibt es keine Kontrolle über die Tyrannei der Mehrheit. Zweitens: Die ausführende Gewalt teilen sich Präsident und Ministerrat - eine Garantie dafür, daß alle wichtigen Entscheidungen auch künftig auf dieselben Spannungen und Lähmungen stoßen, denen sich schon die gegenwärtige Regierung gegenübersah. Sowohl der Präsident als auch der Premierminister - man nimmt an, daß die beiden Posten einem Kurden und einem schiitischen Araber zufallen werden - können unabhängig voneinander dem Parlament Gesetzentwürfe vorlegen. Die Konflikte sind auch hier programmiert. Und beide können nach einem Mißtrauensvotum entlassen werden. In einer Zeit des Bürgerkriegs und der Gewaltverbrechen ist also niemand fest verantwortlich für den exekutiven Arm der Regierung. Drittens erleichtert die Verfassung die Transformation lokaler Verwaltungen und Regierungen zu fast unabhängigen Regionen. Von Kurdistan einmal abgesehen, hat aber keine von ihnen eine Basis für eine Einheit. Garantiert werden immer mehr irakische Provinzen den Regionalstatus erwerben wollen. Je mehr das tun, desto schwächer wird die Zentralgewalt. Mit Ausnahme der Leute, die in den Provinzen ohne Öl leben - oder in Bagdad, das sich keiner Region anschließen kann -, liegt es im Interesse lokaler Demagogen, auf Regionalstatus zu drängen, weil auf dieser Ebene jene Gesetzgebung stattfindet, die wirklich Auswirkungen auf das Alltagsleben hat. Die Macht dieser neuen Regionen wird enorm sein. Nicht einmal die irakische Armee kann sie betreten ohne Einwilligung der Regionalparlamente. Gegen starke Regionen in einem föderativen System ist nichts einzuwenden. Leider gelingt es der neuen irakischen Verfassung nicht, den Kitt bereitzustellen, der eine solche Konstruktion zusammenhalten könnte: eine Bundesregierung. Statt dessen etabliert es ein regionales System mit kurzfristigen Gewinnern: den Schiiten und den Kurden. Die großen, kurzfristigen Verlierer sind die sunnitischen Araber. Die Verfassung schanzt den Regionen sogar extra Öl- und Gaseinnahmen aus ihrer Produktion zu, mit der impliziten Annahme, daß der Staat - wegen der politischen Ungerechtigkeiten der Vergangenheit - den Sunniten in den rohstoffarmen Regionen der Westprovinzen weniger schuldet als den Schiiten und den Kurden. Aber diese Provinzen sind nicht sehr viel besser dran als andere Teile des Irak. Die Sunniten haben sich eindeutig gegen die Verfassung entschieden, nicht weil sie Saddam-Hussein-Loyalisten sind oder weil sie die Kurden und Schiiten hassen, wie es manche von den Aufständischen tun. Sie haben dagegen gestimmt, weil durch die Abschaffung des Zentralstaats, den sie 80 Jahre lang unterstützt haben, und - indem sie dafür bestraft werden, daß sie in rohstoffärmeren Regionen leben - die Verfassung den Charakter einer Verurteilung bekommen hat. Es wirkt, als sollten sie für die Sünden der Baath-Partei bestraft werden. Was spricht eigentlich dagegen, der Verfassung an ihr logisches Ende zu folgen: der Teilung des Irak? Nichts, wenn diese Teilung im Einvernehmen erfolgt und nicht mit einer Eskalation der Gewalt einhergeht. Aber das ist eben nicht der Fall. Die Verfassungsdebatte im Parlament war extrem polarisiert und wurde von der Mehrheit einfach abgeschnitten. Und wenn auch nur 80 000 Leute aus Nineveh mit Nein gestimmt hätten, wäre sie abgelehnt worden. Der Widerstand der Sunniten wird anhalten. Sie mit Gewalt niederzukämpfen, wie das manche schiitischen Hitzköpfe im Parlament fordern, wird eine sehr blutige Angelegenheit werden. Selbst wenn der Ausgang eines solchen Kampfes klar ist: Ein allumfassender Bürgerkrieg im Irak wird den Bürgerkrieg im Libanon wie ein Picknick aussehen lassen. Kein moralisch zurechnungsfähiger Mensch kann das wollen. Wenn wir wollen, daß aus dem gegenwärtigen Chaos im Irak eine Demokratie wird, dann müssen wir den Staat vor der Verantwortungslosigkeit der irakischen Parteien und der Stimmblöcke retten, die ihm derzeit den Garaus machen. Der irakische Schriftsteller und Architekt Kanan Makiya (55), derzeit Brandeis University, ist der Autor von "Republik der Angst". Übersetzung: Mariam Lau
Kanan Makiya
Die Wahlen im Irak werden das Chaos nicht beseitigen. Schuld daran sind nicht die Amerikaner, sondern die Iraker selbst Von Kanan Makiya - Essay
Print-welt
2005-12-14T23:00:00Z
2011-11-15T22:16:26Z
Tyrannei der Mehrheit
https://www.welt.de//print-welt/article184398/Tyrannei-der-Mehrheit.html
Zum 30. Geburtstag: „Zurück in die Zukunft“-Szene mit Lego nachgespielt
Zum 30. Geburtstag des Films „Zurück in die Zukunft“, wurde eine der berühmtesten Szenen mit bunten Spielzeugsteinen umgesetzt. Fast so spannend, wie das Original.
WELT
Zum 30. Geburtstag des Films „Zurück in die Zukunft“, wurde eine der berühmtesten Szenen mit bunten Spielzeugsteinen umgesetzt. Fast so spannend, wie das Original.
2015-03-06T23:01:00Z
2016-12-17T13:16:38Z
„Zurück in die Zukunft“-Szene mit Lego nachgespielt
https://www.welt.de//videos/video138116083/Zurueck-in-die-Zukunft-Szene-mit-Lego-nachgespielt.html
Irans Atomprogramm: US-israelische Termin-Diplomatie und rote Linien
Washington und Tel Aviv bemühen sich, Verstimmungen zwischen beiden Regierungen herunter zu spielen. US-Präsident Barack Obama und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hätten in einem Telefonat ihre „Einheit“ im Umgang mit dem iranischen Atomprogramm bekräftigt, teilte das Weiße Haus in Washington mit. In dem einstündigen Gespräch hätten beide Politiker die Gefahren durch das Atomprogramm diskutiert und sich der gegenseitigen engen Zusammenarbeit versichert. Beide hätten bekräftigt, darin „einig“ zu sein, den Iran davon abzuhalten, in den Besitz einer Atombombe zu kommen. Gleichzeitig wird die Rhetorik aus Israel gegen den Iran schärfer. „Beziehungen auf dem Tiefpunkt“ Der Einigkeitsbekundung war ein diplomatisches Verwirrspiel um ein geplantes Treffen des israelischen Regierungschefs mit dem US-Präsidenten bei einem New-York-Besuch Ende des Monats vorausgegangen. Nach Berichten israelischer Medien hatte Benjamin Netanjahu um ein Gespräch mit Barack Obama gebeten, aber eine Absage bekommen. Die Zeitung „ Haaretz (verlinkt auf http://www.haaretz.com/) “ hatte bereits von einem neuen Tiefpunkt in den Beziehungen zwischen beiden Politikern gesprochen. Es wäre das erste Mal in seiner Amtszeit, dass Netanjahu in die USA fliegt, ohne Obama zu sehen. Das Weiße Haus hat nun dementiert, dass Obama ein Treffen mit Netanjahu am Rande der UN-Generalversammlung abgelehnt habe. Eine Begegnung sei schlicht nicht möglich, weil sich beide nicht zur selben Zeit in New York aufhielten, stellte Sprecher Tommy Vietor klar. Nach Angaben eines ranghohen israelischen Regierungsbeamten, der anonym bleiben wollte, wurden Terminschwierigkeiten wegen des Wahlkampfes als Grund für die Absage genannt. Obama schickt Hillary Clinton Vietor sagte nun dazu, dass Obama am 24. September, einem Montag, in New York eintreffe und am Dienstag wieder abreisen werde. Netanjahu treffe aber erst später in New York ein. „Sie sind schlicht nicht zur selben Zeit in der Stadt“, sagte der Sprecher. Aber beide Politiker hätten häufig Kontakt miteinander, und Netanjahu werde sich während seines Besuches mit anderen hohen Regierungsbeamten treffen, darunter Außenministerin Hillary Clinton. Beide Länder liefern sich seit Tagen einen Schlagabtausch über rote Linien im Atomkonflikt mit dem Iran. US-Außenministerin Hillary Clinton hatte „Verhandlungen als den weitaus besten Ansatz“ bezeichnet, den Iran von der Entwicklung von Atomwaffen abzuhalten. Darauf reagierte Netanjahu mit Empörung. „Jene in der internationalen Gemeinschaft, die sich weigern, dem Iran rote Linien zu ziehen, haben kein moralisches Recht, Israel rotes Licht (für einen Angriff auf den Iran) zu zeigen“, sagte er. Die Regierung in Washington habe sich geweigert, im Atomstreit eine härtere Haltung gegenüber der Islamischen Republik einzunehmen, begründete Netanjahu in Jerusalem die ungewohnt deutlichen Worte. Die schärfere Rhetorik nährt Spekulationen, Israel könnte den Iran vor der US-Präsidentenwahl im November angreifen – in der Hoffnung, dass Obama aus Rücksicht auf die israelische Lobby in den USA kein Veto einlegt. Drohungen in Richtung Teheran Der israelische Ministerpräsident richtete deutliche Drohungen in Richtung Teheran. Sollten die Weltmächte dem Iran keine klaren Grenzen setzen, werde sich sein Land nicht mehr zurückhalten. „Die Welt sagt Israel: ‚Wartet, es ist noch Zeit‘. Und ich sage: ‚Warten worauf, warten wie lange?‘“ Wenn dem Iran keine klare Grenze, keine Fristen gesetzt würden, dann arbeite dieser ungehindert weiter daran, die Atomwaffenfähigkeit zu erlangen und dann die Atombombe. Das Verhältnis zwischen Netanjahu und Obama gilt seit langem als gespannt. Netanjahu befürchtet einen zweiten Holocaust, sollte der Iran, der Israel mit Vernichtung droht, Atomwaffen erlangen. Nur wenn sich Israel sicher sein könne, dass Amerika den Iran auch später noch militärisch stoppen werde, könne es von einem baldigen Angriff absehen, spekulierten israelische Medien. Der Iran bestreitet trotz deutlicherer Berichte der Internationalen Atomenergiebehörde ( IAEA (verlinkt auf http://www.iaea.org/) ) , Atomwaffen zu entwickeln.
WELT
Israelische Medien berichten von einem neuen Tiefpunkt im Verhältnis Tel Aviv–Washington: Obama werde den israelischen Premier bei dessen USA-Besuch nicht treffen. Das Weiße Haus wiegelt ab.
Politik
Ausland
2012-09-12T10:11:55Z
2015-10-05T11:36:39Z
US-israelische Termin-Diplomatie und rote Linien
https://www.welt.de//politik/ausland/article109167811/US-israelische-Termin-Diplomatie-und-rote-Linien.html
Langfristprognose: Wissenschaftler prophezeien extremen Regen und Flut
Der fortschreitende Klimawandel könnte ab 2040 nach Berechnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zu deutlich mehr extremen Regenfällen und Überschwemmungen in Deutschland führen. "Insbesondere in küstennahen Gebieten könnte sich deren Anzahl, verglichen mit dem Zeitraum 1960 bis 2000, sogar verdoppeln“, sagte DWD-Vizepräsident Paul Becker. Als extreme Niederschläge gelten Regenmengen von je nach Region 10 bis 100 Litern pro Quadratmeter in 24 Stunden. Die Sommer könnten zwar niederschlagsärmer, die Regenfälle aber auch hier umso heftiger werden. Bis Ende des Jahrhunderts könnten Durchschnittstemperaturen wie in Venedig auftreten, sagte Becker. Der bisherige Regen-Tagesrekord wurde am 12. August 2002 mit 312 Litern pro Quadratmeter in Zinnwald-Georgenfeld (Sachsen) gemessen. Bisher fallen in Deutschland laut Wetterdienst pro Jahr im Schnitt 789 Liter pro Quadratmeter. Daran werde sich in der Summe bis zum Jahr 2100 nicht viel ändern, sagte Becker. "Allerdings werden die Sommer trockener und die Winter nasser.“ Der Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Christoph Unger, betonte, dass durch den demografischen Wandel immer weniger ehrenamtliche Helfer zur Bewältigung von Naturkatastrophen zur Verfügung stünden. Hinzu kämen die Folgen der Bundeswehrreform. Wo es früher 50 Panzerbataillone gegeben habe, seien es künftig nur noch 3. Bei Wetterkatastrophen sei es daher künftig nicht mehr so leicht, rasch Bergepanzer zu bekommen. Auch die Zahl freiwilliger Feuerwehrleute könne dramatisch schrumpfen. Derzeit werde geprüft, das Warnsystem für den Zivilschutz zu einem modernen Informations- und Warnsystem auch für regionale Unwetterlagen zu erweitern, sagte Unger. Auch das Technische Hilfswerk (THW) wies auf das Personalproblem hin. 2010 seien durch „Wetterereignisse“ mit 845 781 Einsatzstunden doppelt so viele angefallen wie noch 2009, sagte der Leiter der Abteilung Einsatz im THW, Volker Strotmann. Von Dezember bis Januar habe sich das THW durchgehend in wetterbedingten Einsätzen befunden - erst wegen des Schneefalls, dann wegen der Schneeschmelze. Insgesamt wurden vom THW in diesem Zeitraum 155.000 Arbeitsstunden geleistet. Nach Angaben des Umweltbundesamtes müssten die Kommunen angesichts der vermehrten Wetterkapriolen dafür sorgen, dass möglichst viel Regen versickern kann, damit Flüsse nicht so anschwellen. Zudem müsse die Deichsicherheit erhöht werden, sagte Präsident Jochen Flasbarth. "Klimaschutz ist die Vorsorgemaßnahme Nummer 1“, betonte Flasbarth. Jetzt getroffene Maßnahmen seien deutlich günstiger. Die nun bekannt gewordenen Prognosen erhöhten den Handlungsdruck.
WELT
Sintflutartiger Regen und Überschwemmungen werden den Deutschen ab 2040 das Leben schwer machen. Umso schlimmer, dass es dann wohl weniger Feuerwehrleute gibt.
Wissenschaft
2011-02-15T14:33:19Z
2015-10-03T14:20:58Z
Wissenschaftler prophezeien extremen Regen und Flut
https://www.welt.de//wissenschaft/article12551899/Wissenschaftler-prophezeien-extremen-Regen-und-Flut.html
Öffentliches Training der Nationalmannschaft beginnt mit Verspätung
Die jungen Fans mussten sich in viel Geduld üben. Die Nationalmannschaft hat in Berlin zum öffentlichen Training geladen, und 5000 Anhänger folgten dem Ruf. Sie wollten dem Team von Joachim Löw (verlinkt auf /themen/joachim-loew/) bei einer Übungseinheit zuschauen und machten sich auf den Weg zum Stadion der Amateure von Hertha BSC (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/hertha-bsc/) . Dumm nur, wenn lediglich ein Eingang geöffnet ist. Am Einlass bildete sich eine lange Schlange, das eigentlich für 17.30 Uhr angesetzte Training begann mit einer Viertelstunde Verspätung. Als endlich alle Fans, die meisten von ihnen Kinder, auf ihren Plätzen waren, begann Löw das Training mit einem lockeren Aufwärmprogramm. Wie die gesamte Einheit, die 75 Minuten dauerte, unter dem Jubel der Kinder. „Wir wollten kein Showtraining machen, sondern den Fans zeigen, wie ein richtiges Training bei uns abläuft. Es ist wichtig, die Tore zu öffnen“, sagte Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff. Die Hälfte der Karten ging in der vergangenen Woche über den Berliner Fußball-Verband (BFV) an Berliner Vereine, insbesondere an Kinder- und Jugendmannschaften – die andere Hälfte wurde am vergangenen Donnerstag über eine Ticket-Hotline verteilt. Binnen weniger Minuten waren alle Freikarten vergriffen. Mit dem öffentlichen Training, das für knapp eine Stunde angesetzt war, wollte sich die deutsche Mannschaft wieder einen Schritt auf die Fans zubewegen. Nach dem WM-Debakel in Russland mit dem historischen Vorrunden-Aus war unter anderem kritisiert worden, dass sich die DFB-Auswahl immer weiter von den Fans entfernt habe. Von abgehobenen, sich abschottenden Elitekickern war da die Rede. Von einer Eliteauswahl, die in einer Blase agieren würde und den Bezug zur Realität verloren hätte. „Das Ziel ist klar: Nähe aufbauen“, hatte Bierhoff als Konsequenz seiner WM-Analyse erklärt. Man wolle wieder „häufiger Türen und Tore aufmachen, um die Fans an einigen Dingen teilhaben zu lassen“, so der 50-Jährige. Nationalspieler nehmen sich mehr Zeit für die Fans In München, wo sich die DFB-Auswahl Anfang September vor den Spielen gegen Frankreich (0:0) und Peru (2:1) getroffen hatte, bekam man einen ersten Eindruck, wie ernst sie es beim DFB damit meinen. Die Spieler nahmen sich viel Zeit für Autogramme und Selfies, wenn sie das Teamhotel verließen oder betraten. Am Rande der beiden Partien waren ebenfalls Spieler zu beobachten, wie sie vereinzelte Autogrammwünsche erfüllten. Die neue Charme-Offensive kam gut an. Auch am Dienstagmittag bei der Ankunft der Spieler und Betreuer in Berlin wurden Autogramm- und Selfie-Wünsche erfüllt, wie auch am Abend dann am Rande des Trainings, bei dem es übrigens kein Showprogramm gab. Der DFB verzichtete bewusst auf Musik und eine Moderation. Der Fußball sollte im Vordergrund stehen. Löw vertraut den Spielern des kriselnden FC Bayern Wie im öffentlichen Training, bei dem natürlich auch die Nationalspieler des FC Bayern München (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/fc-bayern-muenchen/) teilnahmen. Manuel Neuer (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/manuel-neuer/) , Joshua Kimmich, Niklas Süle, Jérôme Boateng, Mats Hummels (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/mats-hummels/) und Thomas Müller (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/thomas-mueller/) mussten sich in Berlin nicht mit der Krise ihres Klubs beschäftigen (verlinkt auf /sport/fussball/article181804618/Nationalmannschaft-Die-FC-Bayern-Krise-ist-eine-Gefahr-fuer-Joachim-Loew.html) . Leon Goretzka (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/leon-goretzka/) ist zunächst in München geblieben und hat wie Kevin Trapp und Jonas Hector heute nicht mittrainiert. Bei den Bayern steht Trainer Niko Kovac nach vier sieglosen Spielen schon nach dem siebten Spieltag in der Kritik. Löw vertraut den Bayern-Stars trotz der Krise zu 100 Prozent und setzt in der Nationalmannschaft auf den Bayern-Block. „Ich weiß schon, welche Qualitäten diese Spieler auch haben. Es war in der Vergangenheit immer wieder mal so, dass Spieler im Verein nicht in der Topverfassung waren, bei der Nationalmannschaft dann trotzdem eine tolle Leistung gezeigt haben. Die Spieler sind auch erfahren genug, mit solchen Situationen umzugehen“, sagte Löw. Das öffentliche Training war für einige Neuland. Das letzte groß angelegte öffentliche Training gab es 2014. In Düsseldorf kamen am 1. September knapp 45.000 Zuschauer, um das Team von Joachim Löw (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/joachim-loew/) 50 Tage nach dem WM-Sieg von Brasilien trainieren zu sehen. Noch in diesem Jahr wird es eine weitere öffentliche Trainingseinheit geben. Sie ist rund um das Länderspiel gegen Russland in Leipzig im November geplant.
WELT
Der DFB scheint aus den Fehlern der desaströsen WM gelernt zu haben. Beim öffentlichen Training in Berlin demonstriert die Nationalmannschaft Fannähe. Joachim Löw muss bei einigen Stars Aufbauarbeit leisten.
Sport
Fußball
2018-10-09T17:38:15Z
2018-10-10T05:40:14Z
DFB-Auswahl demonstriert Fannähe - mit Verspätung
https://www.welt.de//sport/fussball/article181819744/Oeffentliches-Training-der-Nationalmannschaft-beginnt-mit-Verspaetung.html
Promi-Golf: Golfbälle kaufen und der rosa Schleife helfen
Vielleicht haben Sie ihn beim Suchen auch schon zufällig gefunden, wenn Ihr Abschlag zufällig im Rough gelandet ist: einen Golfball mit rosa Schleife. Wenn nicht, wird er Ihnen bald unterkommen - Bälle und Accessoires der Marke "Pink Ribbon" werden immer beliebter, unterstützt man mit dem Kauf doch einen guten Zweck: Zehn Prozent des Verkaufspreises aller Produkte werden für den Kampf gegen den Brustkrebs gespendet. Der in Österreich lebende Däne David Drachmann-Sunne hatte die Idee, mit 45 Jahren suchte der ehemalige Manager nach einer neuen Aufgabe. Und er entwickelte ein Geschäftsmodell, das nicht nur ihm, sondern auch anderen Menschen etwas bringt. Ein Bekannter von ihm vetrieb bereits Golf-Accessoires und verwendete bei dem Design einer Pitchgabel ein Emblem, welches der rosa Schleife ähnlich war. Drachmann-Sunne erfuhr, dass dieses Symbol in Dänemark bereits auf vielen Wohltätigkeitsturnieren verwendet wurde und beschloss, seine eigenen Produkte ebenfalls mit dem "Pink Ribbon" zu versehen. Durch seine vorherige Tätigkeit als Manager hatte es ihn nach Österreich verschlagen und hier bekam er von der österreichischen Krebshilfe die Erlaubnis, die rosa Schleife - weltweites Symbol im Kampf gegen den Brustkrebs - zu verwenden. Drachmann-Sunne startete die Fabrikation. Noch im gleichen Jahr kamen die ersten Bälle, Pitchgabeln und Textilien auf den Markt. Alle Kleidungsstücke werden ausschließlich für Frauen hergestellt. 400.000 Euro gespendet Mittlerweile ist "Pink Ribbon Golf (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/golf/) " in 16 europäischen Ländern erhältlich, in Deutschland ist die rosa Schleife 2007 angekommen. Insgesamt sind europaweit 400.000 Euro durch "Pink Ribbon" in diesem Jahr gespendet worden. Die Spenden fließen jeweils an die Krebshilfe des Landes, in dem die Produkte gekauft werden. Der Unternehmer legt Wert darauf, dass seriöse Organisationen die Gelder verwalten. "Ich fange nicht in einem Land an zu verkaufen, bevor ich nicht eine Vereinbarung mit der nationalen Krebshilfe oder einer anderen anerkannten Organisation habe", sagt Drachmann-Sunne, der zugibt, dass der Spagat zwischen Geschäft und Wohltätigkeit anfangs eine schwierige Gratwanderung gewesen sei. Brustkrebs ist bei Frauen der westlichen Welt eine der häufigsten Todesursachen. Nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts erkranken in Deutschland jährlich mehr als 55.000 Frauen daran. "Davon können 80 bis 85 Prozent überleben, wenn es rechtzeitig erkannt wird", sagt Drachmann-Sunne, der auch betont: "Es gibt irrsinnigen Aufklärungsbedarf." Viele Frauen seien über Möglichkeiten der Früherkennung nicht ausreichend informiert, weshalb die Krankheit bei vielen zu spät diagnostiziert wird. Mittlerweile expandiert das Projekt immer weiter und sein Betreiber findet in seiner Arbeit ständig eine positive Bestätigung: "Wenn man mit krebskranken Menschen zu tun hat, betrachtet man das Leben als irrsinnig wichtig und nicht mehr als Selbstverständlichkeit."
Marius Koch
Bälle und Accessoires der Marke "Pink Ribbon" werden immer beliebter. Ihre Erlöse helfen beim Kampf gegen den Brustkrebs.
Sport
Golf
2009-06-03T10:28:18Z
2011-11-20T01:21:35Z
Golfbälle kaufen und der rosa Schleife helfen
https://www.welt.de//sport/golf/lifestyle/article3760387/Golfbaelle-kaufen-und-der-rosa-Schleife-helfen.html
Budapest: Ungarisches Parlament entmachtet höchstes Gericht
Mit den Stimmen der konservativen Regierungsmehrheit hat das ungarische Parlament am Montag umstrittene Verfassungsänderungen beschlossen. Die Novelle sieht unter anderen eine starke Einschränkung der Befugnisse des Verfassungsgerichts vor. Das Vorhaben hatte schon im Vorfeld wegen seiner möglicherweise demokratieschädigenden Stoßrichtung Proteste in Ungarn ausgelöst und Besorgnis im Ausland hervorgerufen. Die Anti-Terror-Einheit TEK nahm Montagmittag etwa 20 Mittelschüler fest, die mit einer Sitzblockade einen Zugang zum Budapester Parlament blockiert hatten. Bundesaußenminister Guido Westerwelle forderte die Einhaltung europäischer Grundwerte. „Wir sind in Europa eine Wertegemeinschaft. Und das muss sich auch nach innen in der Verfasstheit der Länder zeigen“, sagte er am Montag vor einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. Ergänzung für neues Grundgesetz Die 4. Verfassungsnovelle ergänzt das erst seit Anfang 2012 geltende neue Grundgesetz. Unter anderen sieht sie vor, dass sich das Verfassungsgericht künftig nicht mehr auf seine Spruchpraxis aus der Zeit vor Inkrafttreten der neuen Verfassung stützen darf. Kritiker befürchten eine Marginalisierung des obersten Gerichts, das sich zuletzt häufig auf seine frühere Grundrechte-Interpretation berufen hatte, wenn es demokratiepolitisch bedenkliche Gesetze außer Kraft setzte. Darüber hinaus darf das Verfassungsgericht künftig vom Parlament beschlossene Änderungen der Verfassung nur noch in verfahrensrechtlicher Hinsicht, nicht aber inhaltlich prüfen. Eine weitere Bestimmung sieht vor, dass die Präsidentin des Nationalen Justizamtes – eine von Präsident Viktor Orban eingesetzte, loyale Funktionärin – bestimmte Fälle bestimmten Gerichten zuweisen kann. Diese Regelung war auch von der EU-Kommission ausdrücklich kritisiert worden. Willkürliche Zuteilung des Kirchenstatus Andere Bestimmungen erheben Gesetze in den Verfassungsrang, die zuvor vom Verfassungsgericht gekippt wurden. Darunter fallen die willkürliche Zuteilung des Kirchenstatus durch die Regierungsmehrheit im Parlament, das Verbot von Wahlwerbung im privaten Fernsehen und die Kriminalisierung von Obdachlosen, die auf der Straße leben. Tausende Menschen hatten am Samstag im Zentrum von Budapest unter dem Motto „Die Verfassung ist kein Spielzeug“ gegen die Novelle demonstriert. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte am Freitag in einem Telefonat mit Orban seine Sorge bezüglich der Wahrung rechtsstaatlicher Prinzipien geäußert. „Wir müssen schauen, ob unsere Sorgen berücksichtigt wurden“, sagte eine Sprecherin der Kommission am Montag in Brüssel. „Wenn das nicht der Fall ist, steht uns eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung. Und wir werden nötigenfalls alle Instrumente nutzen.“ Ader in Berlin Ungarns Staatspräsident Janos Ader wurde am Montag in Berlin von Bundespräsident Joachim Gauck empfangen. Ader kann die vom Parlament beschlossene Novelle theoretisch zur Prüfung an das Verfassungsgericht verweisen. Der ungarische Präsident traf Gauck zum Auftakt eines zweitägigen Deutschland-Besuchs.
WELT
Sorge um die Demokratie in Ungarn: Das Parlament hat umstrittene Verfassungsänderungen beschlossen. Die Novelle sieht eine Einschränkung der Befugnisse des Verfassungsgerichts vor.
Politik
Ausland
2013-03-11T16:25:32Z
2017-08-23T19:26:28Z
Ungarisches Parlament entmachtet höchstes Gericht
https://www.welt.de//politik/ausland/article114341791/Ungarisches-Parlament-entmachtet-hoechstes-Gericht.html
Charme-Offensive: Der "choosy" Twitter-Start von Professor Monti
„Wow, 100.007 Follower“, entfuhr es dem sonst so nüchternen Mario Monti, als seine Twitter-Session vorbei war. Pünktlich um 11 Uhr hatte Monti am Samstag mit einem „Da bin ich“ bei MontiLive die Diskussion eröffnet. Dann ging es zwei Stunden lang um die wichtigsten Themen im italienischen Wahlkampf: Krise, Wirtschaft, Staatshaushalt. „Lieber Senator Monti“, fragte @tigella , „haben Sie die Verschwendung wirklich bekämpft?“ Und Monti twitterte (verlinkt auf https://twitter.com/SenatoreMonti/status/283701541616095232) : „In 13 Monaten haben wir gezeigt, was man alles in den nächsten fünf Jahren tun könnte.“ Mit „Arbeitsplätzen und Kampf gegen Kriminalität “ antwortete Monti auf die Frage, wie er dem Süden Italiens helfen will, und wer seine fünf Prioritäten für Italien kennenlernen wollte, erfuhr: „Die Rolle der Frau aufwerten, sonst kann Italien nicht wachsen.“ Für die Gemeinschaft des Kurznachrichtendienstes Twitter kamen die Antworten des „Professore“ allerdings etwas zu langsam: in zwei Stunden nur 16 Tweets auf Hunderte Fragen. „So wenige Antworten, das ist reichlich choosy“, frotzelte einer in Anspielung auf Montis Ministerin Elsa Fornero, die arbeitslose Jugendliche „choosy“, wählerisch, geschimpft hatte. Twitter als Marketingkampagne Der Twitter-Auftritt Montis gehört zur Marketingkampagne, mit der der Regierungschef in der vergangenen Woche in den Wahlkampf durchgestartet ist. Am 24. und 25. Februar wird in Italien gewählt. Alles soll helfen, aus dem Technokraten Monti möglichst schnell einen sympathischen Politiker zu machen. Denn Montis Ziel, so sagte er der Talkmasterin Lilli Gruber, sei es, Italien noch einmal zu regieren, und fügte hinzu: „Mir ist klar, dass die Natur meiner Person nun mutiert.“ Das hatte er bereits am Vortag bewiesen: In einer Radiosendung hatte Monti kräftig gegen seine politischen Gegner, Silvio Berlusconi und Pier Luigi Bersani, Spitzenkandidat der Demokratischen Partei, ausgeteilt. Bei den Wählern kommt das nicht an. Montis Chancen liegen laut jüngsten Umfragen bei nicht mehr als 16 Prozent. Eine Umfrage des Instituts Demopolis ergab außerdem, dass fast 60 Prozent gegen Monti als Wahlkämpfer sind und ihn lieber als Präsidenten sähen. Viele Bürger vertrauen ihm Trotzdem sei in dem neuen politischen Panorama viel Bewegung, sagt Demopolis-Chef Pietro Vento: „Noch ist es zu komplex, zu analysieren, welchen Konsens die eigentlich schwache Koalition um Mario Monti haben wird. Es kann durchaus sein, dass Montis persönliches Engagement diesen Konsens erweitern kann.“ Dafür spricht dessen persönliche Beliebtheit als Regierungschef: Noch sprechen ihm 45 Prozent der Bürger ihr Vertrauen aus – trotz rigoroser Sparpolitik. Die „Agenda Monti“ bleibt wegweisend auch für seine persönliche Wahlliste „Bürgerwahl mit Monti für Italien“. Er hatte sie am Freitag in Rom präsentiert und betont: „Die Liste ist nicht meine persönliche Partei, sondern der Versuch, die Bürger wieder der Politik anzunähern und die Politik bürgernäher zu machen. Eine bürgerliche Volksbewegung für politische Verantwortung.“ Aber es sind die kleinen Zentrumsparteien, die mit Monti antreten, die bei den Wählern keinen Zuspruch finden. Da ist die Union der Christdemokraten (UDC), Überbleibsel der früheren Christdemokraten, deren Sekretär Pier Ferdinando Casini seit Jahren versucht, das Zünglein an der Waage der beiden großen politischen Lager zu sein. Vatikan gibt Monti seinen Segen Dazu kommt die Partei Zukunft und Freiheit (FLI), die Parlamentspräsident Gianfranco Fini gründete, als er aus Berlusconis Volk der Freiheit (PDL) ausscherte, sowie die Stiftung Italia Futura von Ferrari-Chef Luca Cordero di Montezemolo. Auch vom Vatikan hat der Kandidat Monti bereits den Segen erhalten. Kardinal Angelo Bagnasco, Präsident der italienischen Bischofkonferenz, erklärte: „Über die Aufrichtigkeit und Fähigkeit von Mario Monti besteht eine breite Übereinstimmung. Man kann in der Politik verschiedene Meinungen haben, aber in diesem Fall hat es in Italien und auch im Ausland Anerkennung gegeben.“ Als dann durchsickerte, dass auch die Wahlliste der neuen Monti-Partei von di Montezemolo und der katholischen Organisation Sant’Egidio bezahlt worden sein soll, kam harsche Kritik. Der Herausgeber der Zeitung „La Repubblica“, Eugenio Scalfari, bisher auf Montis Linie, schrieb sich seine Enttäuschung von der Seele: „Lieber Monti, Sie haben sich sehr verändert. Bisher habe ich Sie immer für das sehr geschätzt, was Sie geleistet haben, aber in Ihrer jetzigen Rolle machen Sie mir Sorgen, und ich habe Angst davor, was Sie in Zukunft tun könnten, falls Sie den Pokal nicht gewinnen, ihn aber trotzdem für sich haben wollen.“
Constanze Reuscher
Mit einer Twitter-Diskussion hat Italiens Premier Monti Kontakt zum Wahlvolk aufgenommen. Die Online-Offensive ist dringend notwendig: In Umfragen liegt der Technokrat nur bei 16 Prozent.
Politik
Ausland
2013-01-06T16:40:56Z
2015-10-05T17:04:00Z
Der "choosy" Twitter-Start von Professor Monti
https://www.welt.de//politik/ausland/article112432420/Der-choosy-Twitter-Start-von-Professor-Monti.html
Grüne Woche: Landwirtschaftsminister Schmidt wirbt für Tierwohllabel
Die Grüne Woche in Berlin hat begonnen. Rund 1600 Aussteller aus 66 Ländern stellen auf der Messe ihre Produkte vor. Landwirtschaftsminister Christian Schmidt nutzte die Eröffnung, um für sein Tierwohllabel zu werben
WELT
Die Grüne Woche in Berlin hat begonnen. Rund 1600 Aussteller aus 66 Ländern stellen auf der Messe ihre Produkte vor. Landwirtschaftsminister Christian Schmidt nutzte die Eröffnung, um für sein Tierwohllabel zu werben
2017-01-20T10:45:21Z
2022-05-11T23:44:47Z
Landwirtschaftsminister Schmidt wirbt für Tierwohllabel
https://www.welt.de//wirtschaft/video161351272/Landwirtschaftsminister-Schmidt-wirbt-fuer-Tierwohllabel.html
Warum man Menschen öfter sagen sollte, was man an ihnen mag
Im Rheinland spricht man das „ch“ oft wie ein „sch“ aus. Das ergibt den sympathischen Dialekt (verlinkt auf /themen/dialekte/) , den manche vielleicht von der Kunstfigur „Der Dennis (verlinkt auf https://der-dennis.com/) “ kennen. Böse Zungen behaupten, dass dieser Dialekt Angehörigen niedriger Bildungsschichten vorbehalten ist. Für mich ist diese Eigenart untrennbar mit meiner Freundin Linda verbunden. Linda hat beinahe schon alle Kontinente bereist, beherrscht das Einmaleins der Fotografie und erfüllt sonst alle Kriterien einer aparten Kosmopolitin. Wäre da nicht der Singsang in ihrer Stimme, der immer verrät, dass sie ein Kind des Rheinlandes ist. Ich mag Lindas herben Zungenschlag, weil er die schnörkellose Schönheit ihrer Seele unterstreicht. So wie sie spricht, ist Linda auch: nahbar, offen, direkt. Oft kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen, wenn Linda redet. Wenn sie das bemerkt, versucht sie „richtig“ zu sprechen (verlinkt auf /themen/redefreiheit/) . Ich sage ihr dann, dass sie das nicht braucht, weil ich mag, wie sie spricht. Linda erstaunt das, weil ihr das vor mir noch nie jemand gesagt hat. Alle Menschen um mich herum besitzen mindestens eine Eigenschaft, die ich schön finde. Und fast alle Menschen um mich herum wissen, was ich an ihnen schön finde. Schönheit ist komplex In den meisten Fällen besteht zwischen dem Schönen und dem Mögen eine Wechselbeziehung. Anscheinend mögen wir Dinge, die wir schön finden, und Dinge, die wir mögen, finden wir schön (verlinkt auf https://www.zeit.de/2017/21/psychologie-immanuel-kant-schoenheit-reflexhttps:/www.instagram.com/rodrigoalvesuk/?hl=de) . Ein Teil der Dinge, die wir schön finden, ist laut der Wissenschaft schon von Anfang an festgelegt: symmetrische Gesichtszüge, ein Lächeln oder Vogelgezwitscher. Allerdings können diese Dinge in anderen Situationen ziemlich unschön werden: Vogelgezwitscher am Morgen nach einer durchzechten Nacht, das Lächeln des Bösewichts im Film oder die symmetrischen Gesichtszüge des Real-Life-Kens (verlinkt auf https://www.instagram.com/rodrigoalvesuk/?hl=de) , der unzählige Schönheitsoperationen (verlinkt auf /icon/article131293691/Erbarmungsloser-Schoenheitswahn-in-Suedkorea.html) hinter sich hat. Außerdem mögen viele Menschen, was andere hässlich finden. Es muss also so was wie ein persönliches Schönheitsempfinden geben. Am-Max-Planck-Institut in Frankfurt (verlinkt auf https://www.aesthetics.mpg.de/) beschäftigt die Komplexität der Schönheit eine ganze Riege von Forschern. Auf nicht-wissenschaftlichem Terrain erscheint uns die Antwort auf die Frage, was schön ist und was nicht, ziemlich einfach. Schließlich treibt seit Jahrhunderten die Binsenweisheit „Schönheit liegt im Auge des Betrachters“ in sämtlichen Poesiebüchern ihr Unwesen. Im Alltag sind wir außerdem oft mit Situationen konfrontiert, die unser labiles Schönheitsempfinden nur allzu deutlich zur Schau stellen. Jeder kennt die frisch verliebte Freundin oder den frisch verliebten Freund, die bestimmte Dinge am neuen Partner (verlinkt auf /themen/partnerschaft/) , die in einem Paralleluniversum unbedeutend wären, schön finden: „Sie sagt immer ‚In der Früh‘! Ist das nicht super süß!?“ Ja, wirklich super süß. Natürlich finden wir auch alles schön, was genügend gehypt und von der Mehrheitsbevölkerung als schön befunden wurde. Nur allzu nachvollziehbar erscheint der Schockmoment, als Rihanna kürzlich dünne Augenbrauen wieder en vouge machen wollte (verlinkt auf /icon/beauty/article181225914/2000er-Trend-Hilfe-kommen-jetzt-die-Skinny-Brows-zurueck.html) . Viele Menschen wissen nicht, was liebenswert an ihnen ist Wenn Schönheit (verlinkt auf /themen/schoenheitswettbewerbe/) im Auge des Betrachters liegt, ist der logische Schluss, dass viele Menschen gar nicht wissen, was alles schön an ihnen ist. Deswegen fühlen sich viele Menschen von „ungewöhnlichen“ und spontanen Komplimenten erst einmal überrumpelt. Das liegt auch daran, dass spontane Liebeserklärungen – egal in welchem Verhältnis man zueinander steht – einen schlechten Ruf haben. Netten Worten lastet immer der Ruf an, Mittel zum Zweck zu sein. Im Deutschen gibt es dafür das tolle Verb „einschleimen“. Viele Menschen begegnen unverblümter Lobhudelei deshalb skeptisch. Anerkennende Worte gegenüber unseren Mitmenschen sind im Alltag folglich rar gesät. Natürlich ist nicht abzustreiten, dass die deutsche Mentalität zusätzlich eine gewisse Zurückhaltung im Umgang mit Mitmenschen diktiert. Wir ziehen Liebeserklärungen à la Sportfreunde Stiller (verlinkt auf /themen/sportfreunde-stiller/) einem Enrique Iglesias vor. Das ist eine Eigenschaft, die im Kontrast zum beispielsweise im arabischen Raum inflationär gebrauchten Wort für Schatz, „Habibi“, erfrischend ehrlich daherkommt. Denn im Arabischen kann jeder ein Schatz sein, der Kioskmann, die Oma oder das Haustier. Manchmal braucht es erst eine bestimmte Situation, damit sich herauskristallisiert, was Menschen überhaupt liebenswert (verlinkt auf /themen/liebe/) macht. Ich habe einen Freund, der auf allen möglichen Dingen – bevorzugt auf Glas – trommeln muss, um Geräusche zu machen. Als ich einmal sehr gestresst war und ihm mein Leid klagte, klopfte er während des ganzen Gesprächs auf das vor ihm stehende Glas. Andere wären ihm an die Gurgel gesprungen, mich beruhigte es. Ich verknüpfe das Trommeln meines Freundes unterbewusst immer mit seinem gelassenem Wesen. So wie ich den rheinischen Dialekt meiner Freundin mit ihrer direkten und offenen Art verknüpfe. Es gibt viele solcher zunächst unscheinbaren Eigenschaften an meinen Mitmenschen, die ich zu schätzen gelernt habe: die Eigenart einer Freundin, mit ihren Haaren zu spielen, wenn sie spricht, das schiefe Lächeln eines Freundes, wenn er einen gemeinen Witz gemacht hat, und mein Vater, der auf einfache Fragen Referate hält, die jeden Philosophie-Dozenten alt aussehen lassen. Um all diese liebenswerten Eigenschaften als solche anzuerkennen, muss man achtsam sein. Wir sind meistens achtsam (verlinkt auf /themen/achtsamkeit/) bei Menschen, die wir mögen. Wenn wir jemandem sagen, dass wir etwas Bestimmtes an ihm schön finden, ist es zugleich ein Zugeständnis an seine Wichtigkeit in unserem Leben, denn wieso sollten uns sonst Kleinigkeiten so im Kopf hängen bleiben? Es müssen nicht immer Kleinigkeiten sein. Die Eigenschaften werden nicht weniger liebenswert, wenn sie nicht so unscheinbar sind oder der wissenschaftlichen Auffassung von Schönheit entsprechen. Wichtig ist, klarzustellen, was diese Eigenschaft in unserer individuellen Lebensrealität so wertvoll und unentbehrlich macht. Dafür müssen wir in uns hineinhorchen und uns fragen, wieso wir einen bestimmten Menschen mögen. Meistens ist die Antwort zu trivial, zu schnörkellos, um sie anderen mitzuteilen. Unvergessen bleibt die Notiz eines Schulkindes für seine Mutter, auf der er schreibt: „Ich liebe dich, weil du mir Essen machst und ich nicht sterben muss.“ (verlinkt auf https://www.mirror.co.uk/news/weird-news/12-hilarious-letters-from-children-5102656) Zwischen den Zeilen lesen wir, dass er seine Mutter liebt, weil sie ihm Geborgenheit schenkt. Wenn man den Worten treu bleibt, die einem durch den Kopf gehen, wenn man an einen Menschen denkt, ist jemandem sagen, was man an ihm mag, kein Einschleimen, sondern eine Würdigung seiner Person. Der Schriftsteller Ernest Hemingway (verlinkt auf /themen/ernest-hemingway/) sagte einst, dass nur ein wahrer Satz ein richtiger ist. Und was könnte wahrer sein als etwas, das von Herzen kommt? Folgen Sie uns unter dem Namen ICONISTbyicon auch bei Facebook (verlinkt auf https://www.facebook.com/ICONISTbyicon/?fref=ts) , Instagram (verlinkt auf https://www.instagram.com/iconistbyicon/) und Twitter (verlinkt auf https://twitter.com/ICONISTbyicon) .
Nada Assaad
Unsere Haustiere loben wir in den höchsten Tönen. Bei Menschen sind wir mit netten Worten sparsamer. Deshalb sagt unsere Autorin Familie und Freunden genau, was sie an ihnen mag. Ein Plädoyer für mehr Komplimente.
Iconist
Partnerschaft
2018-10-16T05:10:58Z
2018-10-17T10:00:04Z
„Ich liebe dich, weil du mir Essen machst“
https://www.welt.de//iconist/partnerschaft/article182096908/Warum-man-Menschen-oefter-sagen-sollte-was-man-an-ihnen-mag.html
Lkw lenkt selbst: Daimler macht den Brummifahrer überflüssig
Die A 14 bei Magdeburg ist an diesem Donnerstagvormittag wie leergefegt – bis auf den schweren Lastwagen, der gemächlich die Fernstraße entlangrollt. Am Steuer sitzt Hans, und der Ausdruck passt perfekt. Denn mehr als dort zu sitzen, tut der erfahrene Fernfahrer nicht. Hans schaut aus dem Fenster, legt die Hände entspannt in den Nacken, tippt auf seinem Tablet herum. Und das, während der 40-Tonner über die Straße donnert. Das Fahrzeug denkt und lenkt selbst und macht Hans zu einem Geisterfahrer, der allenfalls noch kontrolliert. Möglich ist das, weil Hans im weltweit ersten Lkw unterwegs ist, der keine Fahrer mehr braucht, der völlig autonom fahren kann. Daimler (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/daimler/) hat den Super-Lastwagen entwickelt, und Truckchef Wolfgang Bernhard ist sicher: „Dieser Lkw wird den Güterverkehr revolutionieren.“ Das klingt nach Pathos. Doch Lastwagen, die bereits heute auf Autobahnen von intelligenten Assistenzsystemen wie dem neuartigen „Highway Pilot“ gesteuert werden, sorgen für geringeren Kraftstoffverbrauch und damit für weniger Schadstoffausstoß. Sie helfen, die Zahl der Unfälle zu reduzieren und schützen so Menschenleben. Intelligente Assistenten verhindern Staus Sie sorgen dafür – in Mengen eingesetzt – dass der Verkehr besser fließen kann. Das hat weniger Staus zu Folge, außerdem werden Verkehrsflächen besser genutzt. Für Stadtplaner würden sich dadurch ganz neue Möglichkeiten ergeben. Zuletzt sinken durch die Selbstfahrer die Kosten der Spediteure. Im allerbesten Fall könnte das bedeuten, dass die Preise für die Endverbraucher langsamer steigen. Und der Job des Fernfahrers, längst nicht gerade besonders beliebt, könnte attraktiver werden. Das würde den Nachwuchsmangel in der Truckerzunft mildern, der den Spediteuren ziemlich zusetzt. Doch dieses Bündel von Effekten ist noch Zukunftsmusik. Zunächst gibt es einen Lkw, der auf Autobahnen bis maximal 80 Stundenkilometer durch Assistenzsysteme so hochgerüstet ist, dass der Fahrer nicht mehr eingreifen muss. Fernfahrer Hans muss das vor den Tribünen an dem gesperrten Autobahnstummel, auf dem das Publikum dieser Weltpremiere sitzt, in verschiedenen Situationen beweisen. Ein defektes Auto, das die Fahrbahn versperrt, wird herbeigeschafft und das Lkw-Display meldet „Liegenbleiber voraus, Fahrzeug wird umfahren“. Was dann auch passiert. Hans döst derweil. Beim Überholen muss der Fahrer selbst Hand anlegen Dann sichten die Kameras und Sensoren, mit denen sein Truck gespickt ist, einen Schwertransporter auf der Strecke vor ihm. „Langsames Fahrzeug voraus, 60 km/h“, blinkt es auf der Anzeige. Der Truck bremst ab, Hans surft derweil im Internet. Er könnte jetzt auch überholen, dafür muss der Fahrer selbst Hand anlegen, so will es das Gesetz. Als ein Polizeiwagen mit Blaulicht angerast kommt, macht der Laster brav mit beim Bilden einer Gasse, und zuletzt sucht das System schon mal einen Parkplatz für die Nacht und reserviert den Rastplatz. „Am Anfang war das unheimlich, aber man gewöhnt sich schnell dran und fasst Vertrauen“, sagt Trucker Hans. Möglich ist all das, weil der Lkw mit einem Paket von Assistenten ausgestattet ist, die ihn lenken und leiten. Für Pkw gibt es das bereits, die neue S-Klasse verfügt über mehr als 20 dieser Assistenten. Und die Prototypen von Google (verlinkt auf /wirtschaft/webwelt/article128489403/Google-baut-Auto-ohne-Lenkrad-und-Gaspedal.html) oder Nissan können längst ohne Eingreifen des Menschen lange Distanzen zurücklegen. Dass nun aber auch Lastwagen wie ferngesteuert fahren können, ist neu. Hoher Anspruch an Fahrbahnmarkierungen Als Daimler-Chef Zetsche die neue, intelligente S-Klasse vorstellte, hatte er verkündet: „Am Anfang stand die Idee der Kutsche ohne Pferde, und nun haben wir die erste Kutsche ohne Kutscher.“ Um in diesem Bild zu bleiben: Jetzt gibt es das erste Fuhrwerk ohne Kutscher. Spurhalte-, Brems-, Abstand- oder Parkassistenten steuern bei der Lkw-Weltpremiere den Actros, einen der schwersten Lkw, den der weltweit größte Lastwagenbauer Daimler im Angebot hat. Die Systeme sind mit 3-D-Karten bestückt, sie können so das Gelände hinter Kurven, Hügeln und Hindernissen sehen und daher die Verkehrssituation erfassen und Gefahren erkennen, lange bevor der Mensch dazu in der Lage wäre (verlinkt auf /motor/article127809051/Kuenstliche-Augen-machen-das-Autofahren-sicherer.html) . Natürlich muss die Infrastruktur dafür stimmen. Der Pilot orientiert sich an den aufgemalten Fahrstreifen, fehlen die, ist das System blind. Markierungen in orange bei Baustellen zum Beispiel sind eine echte Herausforderung für das System. Und unleserliche Verkehrszeichen, sei es durch Schnee oder Schäden, können es völlig ausbremsen. Die Sensoren und Kameras erlauben dem „Highway Pilot“ praktisch einen Rundumblick, das Blickfeld ist 20 Prozent größer als das eines menschlichen Fahrers. Und die Systeme reagieren bei nötigen Manövern blitzschnell – anders als oft genug der Mensch. „Wir wissen, dass 30 Prozent der Autounfälle deshalb passieren, weil der Fahrer abgelenkt ist“, sagt Bernhard. In Zukunft dürfen sich die Fahrer ablenken lassen – und sind dennoch sicher unterwegs. Serienreife wird erst in einigen Jahren erreicht Was Daimler da präsentiert hat, ist zwar noch lange nicht serienreif. „Der ,Highway Pilot’ ist eine seriennahe Studie, keine Spielerei. Aber es wird keine Studie bleiben“, kündigte Bernhard an. 2025 könnten die ersten in Serie damit ausgestatteten Lkw von Daimler vom Band rollen, kündigt der Truckchef an. Wenn die Voraussetzungen dafür stimmen, und das ist derzeit nicht der Fall. Noch dürfen zumindest in Europa Fahrzeuge nicht ausschließlich autonom unterwegs und überwiegend von Systemen gesteuert sein. Noch muss der Fahrer ständig präsent bleiben und die Kontrolle über das Fahrzeug behalten – Assistent hin oder her. Und das völlig fahrerlose Fahrzeug ist zumindest auf Langstrecken und bei höheren Geschwindigkeiten auf lange Sicht Utopie. Schon aus versicherungsrechtlichen Gründen muss noch lang ein Mensch als „letzte Instanz“ an Bord sein. Doch jetzt geht es in einem ersten Schritt darum, die Fernfahrer deutlich zu entlasten. Der soll seinen Truck nicht länger monoton über die Straßen lenken, sondern Zeit für andere Dinge gewinnen. Indem er den Stuhl wie von Fahrer Hans demonstriert zur Seite neigt und Abrechnungen macht, während der Pilot lenkt. Oder mit der Familie telefoniert oder die Planung für die nächsten Einsätze macht. Der Trucker-Job wird sich ändern „Für Fernfahrer sind so Aufstiegsmöglichkeiten von der reinen Fahrtätigkeit zum Transportmanager denkbar“, so Bernhard. Der Daimler-Vorstand sorgt sich um die Trucker-Branche, weil die Spediteure, seine Kunden, es tun. Es fehlt an Fahrern, in den kommenden zehn Jahren sind schon aufgrund steigender Gütermengen bis zu 200.000 zusätzliche Fernfahrer nötig, doch dem Fuhrgewerbe mangelt es schon jetzt überall an fahrendem Personal. Einer vom Technikzulieferer ZF Friedrichshafen und der Zeitschrift „Fernfahrer“ in Auftrag gegebenen Untersuchung zufolge starten jährlich 15.000 neue Lkw-Fahrer in den Job. Benötigt würde die doppelte Zahl, um Renteneintritt, Fluktuation und wachsende Transportmengen auszugleichen. Doch Daimler verspricht sich von fahrerlosen Lastwagen – wie auch bei den Pkw – einen deutlich sinkenden Spritverbrauch. Assistenzsysteme beschleunigen und bremsen vorausschauender als Menschen. „Das bedeutet, dass ein Laster, der mit dem ,Highway Pilot’ unterwegs ist, fünf Prozent weniger Treibstoff braucht als ein herkömmlicher“, sagt Bernhard. Und wenn vorausschauender gefahren wird, die Systeme außerdem erhöhtes Verkehrsaufkommen früh erkennen – durch Meldungen von anderen Fahrzeugen, die in Zukunft ja alle vernetzt sein sollen – sinkt die Zahl der Staus. Und damit erneut der Spritverbrauch. „2012 hatten wir in Deutschland Staus in einer Länge von 600.000 Kilometern. Das bedeutete zwölf Milliarden Liter Treibstoff zusätzlich und 30 Millionen Tonnen CO 2 , die in die Luft geblasen wurden“, so Bernhard. Vom nervtötenden Zeitverlust erst gar nicht zu reden. Autopiloten nutzen Platz auf den Straßen besser Fahrerlose Lastwagen könnten auch ein Segen für die ohnehin kaum mehr bezahlbare Verkehrsinfrastruktur in Deutschland sein. Weil autonome Autos selbstständig den Abstand nach vorn und zur Seite halten, finden auf demselben Raum mehr Fahrspuren Platz. Das heißt, man müsste die Straßen nicht weiter im bisherigen Tempo ausbauen, was angesichts der erwarteten stark steigenden Zahlen von Autos und Güterverkehr unausweichlich ist. Allein für Deutschland prognostiziert das Verkehrsministerium eine Steigerung des Güterverkehrs von heute 3,7 Milliarden auf fast 5,5 Milliarden Tonnen im Jahr 2050. Und legt man den Fokus nicht auf den Straßenerhalt und -ausbau, ergäben sich durch eine bessere Ausnutzung der Verkehrswege in den Städten ganz neue Möglichkeiten der Planer. Man könnte am Ende bisherige Verkehrsflächen punktuell zurückbauen und für ein lebenswerteres Umfeld nutzen. Technisch gesehen ist der flächendeckende Einsatz von Autos, die Fahrer nicht mehr als ständige Lenker brauchen, keine Utopie. Während Daimler an den Lastwagen tüftelt, arbeitet BMW (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bmw/) an ähnlichen Assistenten bei Pkw. VW (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/vw/) und Audi (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/audi/) zeigen auf Messen autonome Prototypen. Alleine Googles Roboterfahrzeuge haben bereits rund eine Million unfallfreie Kilometer auf dem Zähler. Sind autonome Autos unter sich, läuft alles überraschend glatt. Wer aber haftet, wenn es zum Unfall kommt? Die Hürde für die Autos der Zukunft ist immer weniger die Technik, sondern zunehmend der Mensch. Oder eher: seine Gesetze. Bislang durfte man Assistenten nur dann im Auto einsetzen, wenn der Menschen stets die volle Kontrolle behielt – und zum Beispiel die Hände am Steuer. Jüngst hat immerhin ein Expertenausschuss der Vereinten Nationen (UNO) die Wiener Konvention für den Straßenverkehr ergänzt. (verlinkt auf /wirtschaft/article128095552/UN-revolutionieren-Strassenverkehrsregeln-von-1968.html) Bisher stand Artikel 8 der Konvention von 1968, mit der Straßenverkehrsregeln weltweit vereinheitlicht werden, der neuen Technik entgegen. „Jeder Führer muss dauernd sein Fahrzeug beherrschen oder seine Tiere führen können“, lautet die Vorgabe, die für Autos genauso wie für Pferdegespanne oder Ochsenkarren gilt. Nun wurde festgelegt, dass Systeme zum automatisierten Fahren zulässig sind, wenn sie jederzeit vom Fahrer gestoppt werden können. Doch es ist zum Beispiel weiter unklar, wer bei einem Unfall mit einem autonom fahrenden Auto haftet. (verlinkt auf /regionales/hamburg/article127097621/Wenn-Autos-selbststaendig-durch-die-Strassen-kurven.html) Der Hersteller des Autos, des Systems oder doch der Fahrer? Niemand hat darauf bislang eine Antwort. Und auch, was die neuen Assistenzsysteme bei den Lkw von Daimler kosten, steht noch lange nicht fest. „Das sehen wir, wenn die Modelle vor der Markteinführung stehen, wir haben also noch viel Zeit“, sagt Bernhard. Hoffentlich können sich die Spediteure die hochgerüsteten Hightech-Trucks dann auch leisten.
Nikolaus Doll, Magdeburg
Die Schwaben haben den ersten Lkw gebaut, der ohne Fahrer funktioniert. Das bedeutet weniger Unfälle, weniger Spritverbrauch und geringere Kosten für Spediteure – wenn eine große Hürde genommen wird.
Wirtschaft
2014-07-03T18:14:51Z
2015-09-21T14:23:53Z
Daimler macht den Brummifahrer überflüssig
https://www.welt.de//wirtschaft/article129762159/Daimler-macht-den-Brummifahrer-ueberfluessig.html
Gaudi in Braunlage: Rekord beim Nacktrodeln – 17.000 Besucher an Piste
Helm, Stiefel, Handschuhe und ein knapper Slip - mehr durften die Teilnehmer des Nacktrodel-Wettbewerbs in Braunlage nicht am Körper tragen. Trotz minus fünf Grad war den 13 Frauen und den 13 Männern, die auf Schlitten in unterschiedlichsten Techniken die 90 Meter lange Piste hinunter rasten, aber offensichtlich nicht kalt – ihnen wurde eingeheizt von Zuschauermassen, von denen „echte“ Rennrodler nur träumen können. Etwa 17.000 Besucher drängten sich an der Piste auf der Braunlager Rathauswiese. „Rekord“, jubelte André Gierke vom Sender „89.0 RTL“, der die freizügige Wintersport-Veranstaltung im Oberharz zum dritten Mal ausrichtete. „Das Nacktrodeln hat sich zu einem absoluten Zuschauer-Magneten entwickelt“, freute sich auch Braunlages Tourismus-Chef Christian Klamt. Vor allem junge Menschen aus ganz Nord- und Mitteldeutschland, aber auch Gäste aus Österreich, den Niederlanden und sogar aus den USA zog es in den sonst eher für sein älteres Publikum bekannten Ferienort unterhalb des Wurmberges. Sie standen dicht gedrängt an der aus Kunstschnee in Handarbeit hergerichteten Strecke und bejubelten lautstark die Akteure. Als Sieger des Nacktrodelns konnte sich am Abend der 24-jährige Gunnar („der aufgeschlossene Kfz-Techniker“) Kaufhold aus dem nordthüringischen Keffershausen und als Zweiter der Vorjahressieger Christian Schmidt (27) aus Blankenburg feiern lassen. Als Dritte war die 19-jährige Jaqueline Fischer aus Weimar („die musikalische Sozialassistentin“) die beste Frau im zeigefreudigen Starterfeld. Nach der Siegerehrung feierten die Gäste weiter. „Friedlich und laut“, befand Bürgermeister Grote. „Es gab zwar Radau, aber keine Randale“. Das vierte Nacktrodeln, so verkündete der Veranstalter, ist für 2012 schon fest eingeplant.
WELT
Der Nacktrodel-Wettbewerb feierte 2011 einen Besucherrekord: 17.000 Leute sahen zu, als fast unbekleidete Frauen und Männer die Piste herunterflitzten.
Vermischtes
2011-02-19T20:12:03Z
2015-10-03T14:26:52Z
Rekord beim Nacktrodeln – 17.000 Besucher an Piste
https://www.welt.de//vermischtes/article12594801/Rekord-beim-Nacktrodeln-17-000-Besucher-an-Piste.html
Quiz-Show: Pocher stichelt, Jauch rätselt, die Rocker kassieren
Die eine große Frage im deutschen TV-Geschäft, an der anscheinend niemand vorbeikommt – sie darf auch in der neuen, mittlerweile siebten Folge von „5 gegen Jauch“ nicht fehlen: Ob er denn nun „Wetten, dass..?“ moderieren werde, fragt Comedian Oliver Pocher Jauch gleich zu Beginn der Sendung. Der weicht der Frage, die so ernst wohl ohnehin nicht gemeint war, aus – wie auch den Sticheleien, die Pocher gegen Jauchs Sonntagabend-Talk bei der ARD folgen lässt. Diese ersten Minuten mit einem pöbelnden Pocher und einem wortkargen Jauch sind symptomatisch für eine Show, die nach einem Relaunch mit veränderten Regeln im Februar diesen Jahres noch ein wenig nach Konzept und Zielgruppe zu suchen scheint – den Seitenhieb auf „Wetten, dass…?“ hatte Pocher übrigens schon damals angebracht. Ob RTL die Aufregung vermitteln will, die das in Knallrot gehaltene Studio mit seinen zackigen Formen signalisiert oder ob Jauchs seriöses Image die Zuschauer locken soll, bleibt offen. Und Oliver Pocher – im Grunde allzu offensichtlich als Gegenpart zu Jauch gesetzt, wie einst auch zu Harald Schmidt (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/harald-schmidt/) – scheint sich nicht entscheiden zu können, ob er sich einfach nur locker geben oder richtig klamaukig sein soll. Die Produzenten indes haben sich scheinbar bislang noch nicht ganz entschieden, ob man eine geradlinige Quizshow machen will oder einen an „Schlag den Raab“ angelehnten Event mit intellektuellem Anstrich. Zumindest wird es nicht wirklich deutlich. Ein wenig von alledem, so wirkt es. Und nichts so richtig. Die netten Rocker von nebenan Die Auswahl der Kandidaten, die im Team jeweils dieselben Fragen beantworten müssen wie Günther Jauch (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/guenther-jauch/) , ist von Anfang an vielversprechend: Ein Rocker-Trupp kündigt sich an, im Einspielfilm mit gestreckten Fäusten, Sonnenbrillen und den obligatorischen Kutten vorgestellt. Nur, dass diese Rocker von dem Club „Die Kobras“ vom Niederrhein kommen. Einem Mofa-Club. „25 km/h Freiheit“ steht auf ihren Jeans-Westen, der Präsident ist ein schmal gebauter junger Mann mit Brille. Alles an diesen Jungs sagt: Keine Angst, die wollen nur spielen. Am ehesten dem Rocker-Klischee entspricht rein äußerlich noch August Seif, ein bulliger Typ mit Glatze und Backenpart. „Den hab ich mir extra für heute wachsen lassen“, sagt er grinsend. Seif ist studierter Sozialpädagoge. Die erste Frage nach etwas, das tatsächlich in manchen Gesichtern zu beobachten sei (die sogenannten „Marionettenfalten“) beantworten sowohl Jauch als auch „Die Kobras“ falsch. Die anfänglichen der insgesamt 12 Runden sind vor allem bei den Rockern vom Niederrhein von Nervosität gekennzeichnet. Trotzdem können „Die Kobras“ sich schnell einen kleinen Vorsprung erspielen. Der Gewinn pro Frage steigt kontinuierlich an, der Schwierigkeitsgrad seltsamerweise kaum. Oft, wenn es etwa um ein Element der Aufnahmeprüfung an der Sporthochschule Köln geht (Klimmzüge) oder um eine astronomische Besonderheit des Monats Februar (in dem unter bestimmten Umständen kein Vollmond vorkommt), liegen Jauch und seine Gegenkandidaten alle richtig. Bei der Auflösung der jeweils richtigen Antworten setzt RTL allzu oft auf kleine Albernheiten, die lang genug sind, um zu irritieren, aber zu kurz, um das überlange Format wirklich aufzulockern. Oliver Pocher streift sich zur Beantwortung der Sporthochschul-Frage ein Stirnband und ein schulterfreies, pinkes Top über, versucht sich an Klimmzügen und legt seine schrille Montur bis zur folgenden Werbepause nicht mehr ab. Den Tiefpunkt bildet ein grotesker Auftritt von Kobra Ben Perdighe, der in seiner Freizeit gerne schmalziges deutsches Liedgut parodiert. Das Publikum rettet den Abend Doch je weiter das Spiel fortschreitet, desto stärker ähnelt es „Wer wird Millionär?“ Joker werden ausgespielt, und die Interaktion mit dem Publikum sorgt für die lustigsten Momente des Abends: Ein Telefonjoker, der hier nicht von den Kandidaten, sondern von einer Person aus dem Saalpublikum bestimmt wird, legt ganze drei Mal auf, weil er sich auf den Arm genommen glaubt – egal, ob Oliver Pocher oder Günther Jauch am anderen Ende der Leitung ist. Bei der letzten Frage darf der Einsatz selbst bestimmt werden, nur der Gewinner erhält am Ende das erspielte Geld. „Die Kobras“ liegen mit 114.000 Euro weit vor Jauch, doch gerade das macht sie unsicher. Man einigt sich auf einen Einsatz von 4000 Euro und geht mit 118.000 nach Hause, weil Perdighe, von Beruf Gärtner, den fraglichen Begriff „Bhut Jolokia“ richtig als Chili identifiziert. Jubel, Glitter, und kurz vor Ende der Sendung noch einmal neue Kandidaten. Wohl als Kontrapunkt zum Testosteron-Überschuss der ersten Spielrunde sitzen Jauch nun fünf Kolleginnen aus der Kosmetikabteilung eines Freiburger Kaufhauses in strengem Schwarz gegenüber. Nur zwei Fragen werden gespielt, bis Pocher die Zuschauer auf den 23. Dezember vertröstet. Doch sie genügen, um zu zeigen, wie das Konzept aufgehen könnte: Während „Die Kobras“ trotz wiederholter Versuche des Moderators, einen Dialog anzustiften, meist kumpelhaft vor sich hingrummelten, bevor sie ihre Antwort abgaben, entspinnt sich bei den „Duftdüsen“ eine Diskussion, alle stehen umeinander, der Entscheidungsprozess wird nachvollziehbar. Mehr Mut zum Quiz würde „5 gegen Jauch“ guttun. Und mehr Mut zur Kürze.
Tim Slagman
Fünf Rocker vom Mofa-Club "Kobras" lassen Günther Jauch alt aussehen und gewinnen 118.000 Euro. Der eigentliche Verlierer ist aber die Show selbst.
Fernsehen
2011-11-26T10:08:34Z
2015-09-01T11:39:35Z
Pocher stichelt, Jauch rätselt, die Rocker kassieren
https://www.welt.de//fernsehen/article13736616/Pocher-stichelt-Jauch-raetselt-die-Rocker-kassieren.html
Online-Partnersuche: Wie Männer bei der digitalen Balz betrügen
Deutschlands Talkmaster reißen sich um sie: In Kürze wird Judith Alwin sowohl bei „Johannes B. Kerner“ (ZDF) als auch bei „Tietjen und Dibaba“ (NDR) auftreten. Das Interesse an der Hamburgerin kommt nicht von ungefähr. Alwin gilt als Liebe-per-Mausklick-Expertin und hat eine Menge über Online-Partnersuche zu erzählen. Und dieses Thema interessiert die Deutschen: Laut einer Emnid-Studie belegt das Internet heute schon den dritten Rang der erfolgreichsten Kennenlern-Plätze – gleich hinter Arbeitsplatz und Freundeskreis. Die 47-Jährige ist durch Selbstversuch zur Fachfrau geworden. Drei Jahre lang suchte sie im virtuellen Raum nach der realen Liebe. Die vielen lustigen Dinge, die sie am Computer erlebte, hat Judith Alwin aufgeschrieben. Daraus ist das Buch „Ins Netz gegangen“ (Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, 12,90 Euro) entstanden. Neben schrägen Anekdoten gibt die Autorin Tipps und verrät die Tricks und Maschen der Männer im Internet. Über die Tricks der Frauen erfährt man leider nichts. „Die Hauptarbeit bei der Suche nach dem richtigen Mann bestand für mich erst einmal darin, die unseriösen Leute, die nur Spaß haben wollten, auszusortieren“, sagt die in Dinslaken (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/dinslaken/) geborene Rheinländerin, die seit acht Jahren im Hamburger Stadtteil Winterhude lebt. Viele Männer würden schwindeln: „Zum Beispiel machen sie sich jünger und schlanker, als sie sind, oder stellen ein zehn Jahre altes Foto ins Internet.“ Dann würden sie darauf hoffen, „dass sich die Frau beim realen Treffen in ihren tollen Charakter verlieben und über die äußerlichen Fehler hinwegsehen“. Aber das funktio-niere nicht. „Das ist eine Todsünde“, sagt Alwin. Wer eine Partnerin im Netz gewinnen will, sollte vor allem ehrlich sein. Judith Alwin ist eine attraktive Erscheinung, von der man nicht unbedingt erwarten würde, dass sie sich in der Anonymität diverser Internet-Plattformen verstecken muss. Die studierte Wirtschaftsinformatikerin arbeitete als Model für namhafte Modefirmen, bevor sie mit eigenen Reportagen über Schönheitsthemen als Journalistin tätig wurde. Warum also suchte die Schöne einen Mann im Netz? „Mich spricht keiner an, wenn ich unterwegs bin“, klagt Judith Alwin. „Im Internet sind die Männer offensichtlich sehr viel mutiger. Und wenn ich jemanden auf freier Wildbahn anspreche, fällt der fast hintenüber. Das habe ich auch schon probiert, dann wirke ich wohl zu forsch.“ Das Ex-Model lacht und streicht sich eine Strähne aus der Stirn. Na ja, glauben wir es ihr mal… Wer von der Lektüre tiefer gehende Einsichten erwartet als die bekannte Tatsache, dass eine große Diskrepanz zwischen Sein und Schein im Internet herrscht, der braucht die 350 eng bedruckten Seiten nicht zu lesen. Spaß allerdings macht das Studium der original wiedergegebenen Fragen und Antworten ihrer virtuellen Flirts. Da mag mancher Internet-Don-Juan froh sein, wenn er sich nicht selbst im Buch wiederfindet. Aber keine Angst: Die Namen der Flirtpartner wurden geändert. Im Netz ist Schein wichtiger als Sein Übrigens hat sich die Suche für Judith Alwin (verlinkt auf http://www.judith-alwin.de) doch noch gelohnt. Gerade rechtzeitig vor der Veröffentlichung ihres Buches, in dem Hunderte von virtuellen Kontakten und etwa 50 Dates im realen Leben beschrieben werden, ging ihr vor drei Monaten ein Mann aus dem Netz ins Netz. Andreas, ein 45-jähriger Unternehmensberater aus Hamburg (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/hamburg-staedtereise/) , ist jetzt ihr Mr Right. „Es war eine lange, aber lehrreiche und auch schöne Zeit im Internet. Ich habe dabei eine Menge über mich selbst gelernt“, sagt sie. Na, bitte, immerhin. Ob nun geschickte Vermarktung, Therapie oder reine Nabelschau: Judith Alwin liefert den Beweis, dass man trotz der Gefahren, die im virtuellen Dschungel lauern, auf der Suche nach dem Traumpartner im World Wide Web nicht ohne Hoffnung bleiben muss.
Günter Fink
Das starke Geschlecht täuscht und lügt, dass sich die Tastaturen biegen. Diese Erfahrung hat zumindest das Model Judith Alwin gemacht. Drei Jahre lang suchte die Frau im Netz nach einem Traumprinzen. Dabei herausgekommen ist ein amüsanter Bericht über digitales Balzverhalten – und die große Liebe.
Regionales
Hamburg
2008-11-08T11:53:30Z
2012-05-02T15:14:11Z
Wie Männer bei der digitalen Balz betrügen
https://www.welt.de//regionales/hamburg/article2692680/Wie-Maenner-bei-der-digitalen-Balz-betruegen.html
Corona-Lockdown: NRW schickt Schüler ab Montag in den Distanzunterricht
Für die meisten der 2,5 Millionen Schüler in Nordrhein-Westfalen findet nach den Osterferien kein Unterricht mehr in den Klassenräumen statt. Ab Montag werde es wieder Distanzunterricht geben, sagte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Donnerstag. Für Abschlussklassen wird es Ausnahmen geben. Mediziner hätten im Rahmen der Kultusministerkonferenz (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/deutschland/article229937101/Unterricht-trotz-Corona-Einheitliche-Regeln-an-Schulen-gefordert.html) bestätigt, dass das Infektionsgeschehen bei Kinder und Jugendlichen zunehme. Gebauer betonte aber: „Die Schulen sind keine Treiber der Pandemie.“ Die Vorgabe gilt zunächst bis zum 16. April. Die Abiturprüfungen sollen planmäßig am 23. April mit dem Fach Englisch starten. Am Mittwoch hatte Ministerpräsident Armin Laschet bei einem Auftritt an einem Impfzentrum noch davon gesprochen, dass die Schulen am Montag mit Wechselunterricht wieder eröffnen. Laschet verwies auf die Pflicht zu zwei Corona-Schnelltests pro Woche. „Die Schulen werden nur öffnen, wenn überall das Testen funktioniert“, sagte der Ministerpräsident. Am Mittwochnachmittag stellte sich dann heraus, dass sich die Auslieferung der Schnelltests an die Schulen (verlinkt auf https://www.welt.de/regionales/nrw/article229958733/Corona-Tests-an-Schulen-Lieferungen-in-NRW-verzoegern-sich.html) von Donnerstag auf Freitag verzögert. In einem Erlass der Ministerien für Schule und Kommunales an die Schulleitungen heißt es, Grund für die Verschiebung der Anlieferungen sei ein erhöhter Zeitbedarf bei der Zusammenstellung der Sendungsinhalte. Der Wechselunterricht war in den beiden Wochen vor den Osterferien als Schritt hin zu mehr Präsenzunterricht angeordnet worden. Allerdings hatten mehrere Kreise auf einen Aufschub wegen steigender Infektionen gedrungen. Die Landesregierung gab dem in Einzelfällen statt.
WELT
Nordrhein-Westfalen verschärft die Corona-Beschränkungen wieder: Ab Montag sollen Millionen Schüler erneut zu Hause lernen. Ausnahmen gibt es nur für Abschlussklassen. Noch am Mittwoch hatte Ministerpräsident Laschet eine Öffnung mit Schnelltests in Aussicht gestellt.
Politik
Deutschland
2021-04-08T15:42:00Z
2021-04-08T15:25:11Z
NRW schickt Schüler ab Montag in den Distanzunterricht
https://www.welt.de//politik/deutschland/article229998061/Corona-Lockdown-NRW-schickt-Schueler-ab-Montag-in-den-Distanzunterricht.html
Kriminalität: Milliardengeschäft Medikamenten-Schmuggel
Thorsten Schreiner (Name geändert) fischt ein Päckchen aus dem Postsack. Offenbar handelt es sich um eine Büchersendung. Doch der Zollbeamte ist misstrauisch geworden, weil die Röntgenaufnahme auf dem Monitor vor ihm eine „irgendwie auffällige Struktur“ zeigt. Schreiner nimmt das unauffällige Päckchen genauer in Augenschein. Der Absender stammt aus Indien. Für den Zöllner ist das ein weiteres Indiz, dass es sich um Medikamentenschmuggel handeln könnte. Mit einem Teppichmesser schlitzt er die Sendung auf und zieht ein in Folie eingeschweißtes Buch heraus. Als er das Zellophan entfernt und das Büchlein aufklappt, bestätigt sich sein Verdacht: Im ausgehöhlten Innenraum des Buches entdeckt Schreiner insgesamt 120 Pillen, die laut Aufdruck den Wirkstoff Finasterid enthalten. Der wird gegen Haarausfall und die Vergrößerung der Prostata eingesetzt, erschwert zugleich aber den Nachweis von Anabolika – und ist deshalb von der Welt-Antidopingagentur verboten. Die kuriosesten Verstecke Weder ein Einzelfall noch ein Zufallsfund. Schreiner und seine 65 Kollegen des Zolls im Internationalen Postzentrum am Frankfurter Flughafen haben ein Gespür für verbotene Sendungen. „90 Prozent der gefälschten Medikamente stammen momentan aus Indien“, erläutert Zollhauptsekretär Marcus Redanz, zuständiger Sachbearbeiter für den Bereich „Verbote und Beschränkungen“, der außer Arzneimittel auch Waffen, Sprengstoffe, pornografisches Material sowie rechtsradikale Propaganda umfasst. Dabei tüfteln die Schmuggler die kuriosesten Verstecke aus. „Einmal hatten wir eine Mini-Stereo-Anlage, die war innen komplett hohl und mit 500 Anabolika-Ampullen bestückt. Raffiniert waren auch die Wasserflaschen, die zwei Innenwände aufwiesen, genau in Höhe der Etikettränder. Im Hohlraum hinter dem Etikett war Rauschgift verborgen. Medikamente und Betäubungsmittel finden Sie auch in Bonbons, Schuhen, Seife, im Shampoo, eingenäht in Textilien und sogar in Laufrädern für Kinder“, berichtet Schreiner. Waren im Wert von 425 Mio Euro Doch so listig die Medikamentenschmuggler auch sind – immer wieder kommen ihnen die Zöllner vom Frankfurter Flughafen auf die Spur. „Sehen Sie selbst“, erklärt Zollhauptsekretär Schreiner und deutet auf den Monitor. „Das hier ist eine Ladung Zahnpasta aus Lagos.“ Auf dem Monitor ist das Röntgenbild einer umfangreichen Warensendung zu sehen. „Organische Stoffe sind orange, Metalle blau. Aber hier ist nur der obere Bereich der Tuben orange, darunter versteckt sich höchstwahrscheinlich Marihuana.“ Zum Beweis schraubt er den Deckel einer Zahnpastatube ab und schlitzt die Tube der Länge nach auf: Während unter dem Verschluss tatsächlich Zahnpasta klebt, ist der Rest des Behältnisses prall gefüllt – wie vorhergesagt mit Marihuana. Insgesamt hat der deutsche Zoll im vergangenen Jahr gefälschte Waren im Wert von 425 Millionen Euro beschlagnahmt. Lag der Wert der gefälschten Medikamente 2005 noch bei 2,5 Millionen Euro, so hat er sich im Vergleich dazu im vergangenen Jahr mehr als verdreifacht. Auch europaweit nimmt die Zahl der gefälschten Medikamente drastisch zu. 2006 stellten die europäischen Zollbehörden etwa 2,7 Millionen gefälschte Arzneiprodukte sicher. Laut EU-Statistik waren das vier Mal so viele Fälschungen wie ein Jahr zuvor. Betroffen sind vor allem Potenzmittel, Schlankmacher und Anabolika, zunehmend aber auch Psychopharmaka und Medikamente gegen Krebs oder Herzerkrankungen. Konflikt innerhalb der EU In weiteren Päckchen und Briefen finden die Zöllner an diesem Tag blaue und braune Pillen, Glaspfeifen, Anabolika, Vitaminkapseln und Haschisch („Hauspost aus Holland“). Die Schmuggelware wird sofort an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Was nicht zweifelsfrei identifiziert werden kann, schicken die Beamten zur Laboranalyse an ihre Kollegen von der „Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt“ in der Frankfurter Innenstadt. Allerdings können die Zollbeamten nicht alle Medikamente, die auf dem Postweg versandt werden, aus dem Verkehr ziehen. „Bei Transitsendungen sind uns die Hände gebunden“, erläutert Hauptkommissar Redanz. Eine ganze Kiste mit „Ayurveda Medicine“ etwa, deren Absender aus Indien stammt und deren Adressat eine Firma in den USA ist, darf den Zoll unbeanstandet passieren: das deutsche Arzneimittelgesetz AMG greift nicht in den Transitverkehr ein. Schlankheitspillen und Potenzpräparate Dafür verbietet es „die Einfuhr von Medikamenten aus Nicht-EU-Ländern grundsätzlich“, erläutert Andreas Urbaniak, Pressesprecher des Hauptzollamts in Frankfurt am Main-Flughafen, wo insgesamt 900 Zöllner arbeiten. Weitere rechtliche Handhabe liefern den Zöllnern natürlich das Betäubungsmittelgesetz sowie die Produktpiraterieverordnung. In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres deckte der Zoll allein am Frankfurter Flughafen 2000 Fälle von illegalen Medikamenteneinfuhren auf – 2006 waren es noch ganze 654 Delikte. Beschlagnahmt wurden Arzneimittel dubioser Herkunft ebenso wie Schlankheitspillen, die wegen ihres hohen Gehalts an dem Wirkstoffs Sibutramin Nebenwirkungen wie Bluthochdruck und teilweise lebensgefährliche Herz-Kreislauf-Störungen hervorrufen können. Am häufigsten aber ziehen die Zöllner gefälschte Potenzmittel aus dem Verkehr. Aber auch andere Lifestyle-Präparate, Psychopharmaka und Anabolika werden in großen Mengen nach Deutschland geschmuggelt. Dabei gibt es von Jahr zu Jahr durchaus Entwicklungen und Veränderungen: „Geschmuggelt werden jene Medikamente, mit denen man gerade am meisten Geld verdienen kann“, sagt Pressesprecher Urbaniak. Auch für Schmuggelware gibt es eine wechselnde Konjunktur.
Pete Smith
Schlankheitspillen, Psychopharmaka und auch Potenzpräparate – Medikamentenschmuggler schleppen alle möglichen Arzneien nach Deutschland. Haupteinfallstor: die Flughäfen und ihre Postzentren. WELT ONLINE berichtet von der Arbeit der Zöllner auf der Jagd nach den illegalen Boten in einem Milliarden-Geschäft.
Politik
2008-06-17T06:59:26Z
2015-09-01T10:16:12Z
Milliardengeschäft Medikamenten-Schmuggel
https://www.welt.de//politik/article2111603/Milliardengeschaeft-Medikamenten-Schmuggel.html
Geheimnisverrat: Ägyptisches Gericht verurteilt Journalisten zum Tode
Wegen Verrats von Staatsgeheimnissen hat ein Gericht in Kairo (verlinkt auf /politik/ausland/article151319651/Nach-der-Revolution-ist-vor-der-Revolution.html) sechs Personen, darunter drei Journalisten, zum Tode verurteilt. Ihnen war vorgeworfen worden, heikle Informationen an das Emirat Katar (verlinkt auf /themen/al-dschasira/) weitergegeben zu haben, wie die Nachrichtenseite „al-Ahram“ meldete. Die beiden Al-Dschasira-Mitarbeiter und eine weitere angeklagte Journalistin wurden am Samstag in Abwesenheit verurteilt, da sie sich außerhalb des Landes aufhalten. Das Urteil gegen den ebenfalls angeklagten ägyptischen Ex-Präsidenten Mohammed Mursi wurde hingegen auf den 18. Juni verschoben, wie der Richter erklärte. Bei den Todesstrafen handelt es sich um vorläufige Urteile. Der Richter überwies die Fälle an Ägyptens (verlinkt auf /politik/ausland/article152303566/Wo-Christen-Muslimen-die-Daemonen-austreiben.html) Großmufti Schauki Allam, der als höchste religiöse Instanz des Landes zu dem Richterspruch eine Stellungnahme abgeben muss, die jedoch nicht bindend ist. Scharfe Kritik an Urteil Diese Vorgehensweise des Gerichts bedeute wahrscheinlich, dass Mursi keine Todesstrafe bekommen werde, schrieb „al-Ahram“. Der 64-Jährige hatte bereits vor einem Jahr wegen Verschwörung zu einem Gefängnisausbruch während der arabischen Aufstände die Todesstrafe erhalten. Das Urteil löste international scharfe Kritik aus. Der Nachrichtenkanal a l-Dschasira (verlinkt auf /politik/ausland/article150984775.ece) wird von Katar finanziert. Die Regierung in Kairo wirft dem Sender vor, die in Ägypten verbotenen islamistischen Muslimbrüder zu unterstützen. Im vergangenen Jahr waren drei Reporter des Senders zu drei Jahren Haft verurteilt worden, weil sie die Organisation unterstützt haben sollen. Zwei von ihnen wurden von Präsident Abdel Fattah al-Sisi begnadigt. Der dritte, der Australier Peter Greste, hatte vor dem Urteil das Land verlassen. Der zum Tode verurteilte Al-Dschasira-Journalist Ibrahim Hilal sagte dem Sender, das Urteil komme nur wenige Tage nach einem „der größten Verstöße gegen die Pressefreiheit in Ägypten“. Sicherheitskräfte hatte am Sonntag bei einer Razzia in der Kairoer Zentrale des Journalistenverbandes zwei Reporter festgenommen. Mursi war nach dem Sturz des Langzeitherrschers Husni Mubarak als erster frei gewählter Präsident des Landes an die Macht gekommen. Nach Massenprotesten gegen ihn wurde er im Sommer 2013 von der Armee gestürzt. Seitdem geht Ägypten massiv gegen die Muslimbrüder vor, aus deren Reihen Mursi stammt.
WELT
Ein Gericht in Ägypten will die Todesstrafe für sechs Menschen wegen der Weitergabe von Staatsgeheimnissen. Die Angeklagten sollen vertrauliche Papiere nach Katar gebracht haben.
Politik
Ausland
2016-05-07T14:13:51Z
2016-05-07T15:32:07Z
Ägyptisches Gericht verurteilt Journalisten zum Tode
https://www.welt.de//politik/ausland/article155133105/Aegyptisches-Gericht-verurteilt-Journalisten-zum-Tode.html
Plan B: Lafontaine und Varoufakis wollen EU zerschlagen
Sie hatten so große Hoffnungen, und dann wurden sie so bitter enttäuscht. Es geschah in diesem Sommer in Athen; an der Wiege der Demokratie wurde die europäische Linke vernichtend von Gläubigern der Griechen geschlagen. Nun wollen einige ihrer führenden Köpfe dieses Europa nicht mehr. Sie denken fieberhaft darüber nach, wie sie der Europäischen Union ein Ende bereiten können. „Wir sind entschlossen, mit diesem Europa zu brechen“, schreibt der frühere Bundesfinanzminister und Linke-Vorsitzende Oskar Lafontaine gemeinsam mit dem früheren griechischen Finanzminister Janis Varoufakis, dem Präsidentschaftskandidaten der französischen Linksfront und Ex-Minister Jean-Luc Mélenchon, dem ehemaligen stellvertretenden italienischen Finanzminister Stefano Fassina und der griechischen Parlamentspräsidentin Zoe Konstantopoulou. Ihrer Ansicht nach sind EU und Euro das Projekt herrschender neoliberaler Interessen zum Schaden der Bürger. „Wir müssen dem Irrsinn und der Unmenschlichkeit der aktuellen europäischen Verträge entkommen und sie von Grund auf erneuern, um die Zwangsjacke des Neoliberalismus abzustreifen, den Fiskalpakt aufzuheben und TTIP zu verhindern“, schreiben Lafontaine und seine Mitstreiter in ihrem Aufruf mit der Überschrift „Ein Plan B für Europa“. Trauma der machtlosen europäischen Linken Was die fünf da formuliert haben, ist jedoch nicht nur ein Frontalangriff auf die EU, sondern auch ein radikaler Bruch mit dem linken Weltbild, deren integraler Bestandteil bis heute die institutionelle und zentral gesteuerte EU ebenso ist wie der Euro als monetäres Mittel einer vertiefenden Integration und damit letztlich als Garant für ein soziales, gerechtes und demokratisches Europa. Doch nun kommen die fünf daher und rufen die Revolution nicht allein gegen die EU, sondern auch gegen das bisherige Selbstverständnis der europäischen Linken aus! Wer die tiefere Motivation der Autoren ergründen will, muss das Trauma erkennen, unter dem die gesamte europäische Linke leidet, seit sie mit ansehen musste, wie ihr Hoffnungsträger Alexis Tsipras im Sommer Verträge unterschrieb, die künftige griechische Regierungen zu einer Politik verpflichten, die Tsipras selbst jahrelang als „verbrecherisch und barbarisch“ bezeichnet hatte. Wie gern hätte die Linke Syriza als „Beenderin der Austeritätspolitik“ gefeiert, stattdessen verbog ihr Vorsitzender sie „zum ausführenden Organ der Diktatur der Troika“, resümieren die stellvertretende Linke-Vorsitzende Janine Wissler und die Abgeordnete Nicole Gohlke. Mit anderen Worten, sie fühlen sich von ihm verraten und verkauft, denn er führte die europäische Linke in ein Dilemma: Sie musste feststellen, dass sie nicht den geringsten Einfluss auf die Politik in Europa nehmen kann, ganz egal, ob sie an der Regierung ist oder nicht. Oder um es mit Kurt Tucholsky zu sagen: „Sie dachten, sie hätten die Macht. Dabei waren sie bloß in der Regierung.“ Nun bläst die prominente europäische Linken-Vorhut zur Attacke und singt das Hohelied nationalstaatlicher Souveränität: „Die Demokratien der Mitgliedsstaaten brauchen Luft zum Atmen und den politischen Raum, der ihnen die Möglichkeit gibt, sinnvolle Politik auf einzelstaatlicher Ebene voranzubringen.“ Mit ihrem Vorstoß treiben sie einen Keil in das linke Lager und bauen eine Front zu Gregor Gysi, der Links-Ökologin Katja Kipping und anderen Kräften auf, die auch weiterhin fest zur EU und zu Tsipras stehen. Gysi reiste sogar nach Athen, um Wahlkampf für die Reste der Syriza-Partei zu machen, die zerbrach, als sie im Parlament gegen die eigene Überzeugung und Programmatik stimmen musste. Hätte Tsipras erfolgreich gegen Sparauflagen klagen können? Seither fragen sich viele Linke: War das wirklich nötig? Hatte Tsipras wirklich keine andere Wahl? Zweifel scheinen zumindest angebracht. Zwar wird sein Handeln offiziell auch von den neuen Euro-Gegnern wie Sahra Wagenknecht gerechtfertigt. „Die EZB hat ihn erpresst, weil sie damit drohte, die griechischen Banken pleitegehen zu lassen“, nimmt sie den Syriza-Vorsitzenden in Schutz. Aber dass Tsipras bewusst den Varoufakis-Vorschlag einer Parallelwährung in den Wind schlug und die Forderung der Geldgeber akzeptierte, den Finanzminister von internationalen Konferenzen auszuschließen, stößt bei den Euro- und EU-Kritikern in den Reihen der Linken auf Unverständnis. Hinzu kommt, dass Tsipras wohl auch Vorschläge für eine juristische Abwehr der von den Gläubigern geforderten Sparauflagen ignoriert haben könnte. Während des Referendums über die Sparauflagen der Gläubiger veröffentlichten die UN eine Stellungnahme der Menschenrechtsexpertin Victoria Danda und der Experte für demokratische und gleichheitsgerechte Ordnung, Alfred de Zayas, dass völkerrechtliche Verträge und Kreditvereinbarungen, „die zur Verletzung universeller Menschenrechte zwingen“, nach Artikel 53 der Wiener Vertragsrechtskonvention nichtig seien. Bereits ein Jahr zuvor hatte die deutsche Menschenrechtsaktivistin Sarah Luzia Hassel-Reusing dem Syriza-Führer (verlinkt auf /wirtschaft/article146530455/Alexis-Tsipras-vom-Angstgegner-zum-Hoffnungstraeger.html) darauf hingeweisen, dass die Kreditverträge nicht mit den UN-Menschenrechten vereinbar seien. „Darauf hätte sich Tsipras berufen und mit Hilfe der UN vor den Internationalen Gerichtshof ziehen können“, sagt Hassel-Reusing und stellt fest: „Jedenfalls sind die von ihm unterschriebenen Memoranden höchstwahrscheinlich nichtig.“ Vor wenigen Tagen verabschiedete die UN-Generalversammlung ganz in diesem Sinne mit der überwältigenden Mehrheit von 136 zu sechs Stimmen „Neun Prinzipien für einen fairen Umgang mit überschuldeten Staaten“. Sie lauten: Souveränität, guter Glaube, Transparenz, Unparteilichkeit, Gleichbehandlung, Staatenimmunität, Rechtmäßigkeit, Nachhaltigkeit und Mehrheitsentscheidungen. Grundbedürfnisse vor Gläubigerinteresse Gegen diesen Beschluss votierten Deutschland, Großbritannien, Israel, Japan, Kanada und die USA. Kaum war das Votum bekannt geworden, lancierte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ein dreiseitiges „internes Papier für eine europäische Insolvenzordnung“ an die Öffentlichkeit, bei der der Internationale Währungsfonds eine entscheidende Rolle einnimmt. Der UN-Beschluss war das Ergebnis einer vor einem Jahr eingeleiteten und auch von der Linken unterstützten Debatte. Dazu hatte die Fraktion zu Beginn des Jahres vergeblich einen Antrag in den Bundestag eingebracht, in dem sie dazu aufrief, den Arbeitsprozess der Vereinten Nationen mitzugestalten. Sie forderte, „den Grundbedürfnissen der Bevölkerungen in den Schuldnerstaaten den Vorrang vor Ansprüchen der Gläubiger zu geben“. Umso mehr fragen sich Linke heute, warum Tsipras diese Karte nicht gegen die EU zog. Während er zu alldem schweigt, schreiben unter anderen Varoufakis und linke Ökonomen wie Heiner Flassbeck, Thomas Piketty und James Galbraith in einem offenen Brief zu den neun Prinzipien: „Auf der Grundlage solcher Prinzipien hätten die Fallstricke der griechischen Krise verhindert werden können, in der Politiker den Forderungen der Gläubiger nachgaben, obwohl diese ökonomisch keinen Sinn ergeben und sozial verheerende Auswirkungen hatten.“ So klafft das linke Lager immer deutlicher auseinander. Auf der einen Seite wirbt die Gysi- und Kipping-Fraktion für die Fortsetzung der Tsipras-Regierung und dessen Unterstützung durch die europäische Sozialdemokratie, auf der anderen Seite drängen Lafontaine und Varoufakis zu einem klaren Schnitt, der keinerlei Zugeständnisse mehr toleriert. Wer wie Frankreichs Präsident und Sozialisten-Chef François Hollande oder Italiens sozialdemokratischer Regierungschef Matteo Renzi an der EU-Politik festhält, wird von ihnen als kapitulierender „Mustergefangener“ verhöhnt. Linke Parteien entdecken wieder den Sozialismus Offenbar kommt diese Tonlage an, denn die Zahl ihrer Unterstützer wächst. In Spanien ist es das Linksbündnis Podemos, in Großbritannien hat Labour mit der Wahl von Jeremy Corbyn radikal mit der Ära Tony Blair gebrochen. In Griechenland hat die im August gegründete Volksunion (Laiki Enotita) des früheren Energieministers Panagiotis Lafazanis inzwischen die Rolle von Syriza als linke Kraft übernommen – Syriza selbst steht im Ruf, eine neue Pasok zu werden, also eine eher sozialdemokratische Partei. Sogar in den USA erlebt linke Politik mit dem Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders eine Renaissance, der sich selbst als demokratischer Sozialist bezeichnet und der derzeit riesige Hallen füllt. Doch von Macht und Einfluss ist die radikale Linke heute weiter entfernt als noch vor einem Jahr, wo sie mit Syriza nach den Sternen greifen wollte. Heute schreiben Lafontaine und Varoufakis und die anderen „Plan B“-Autoren, die Verhandlungspartner hätten dem Linksbündnis nie eine Chance geben wollen. Ähnlich hatte sich Varoufakis bereits in mehreren Interviews geäußert. Nun begründen sie diese Einschätzung mit dem Hinweis auf EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der gesagt haben soll, es könne „keine demokratische Wahl gegen die europäischen Verträge geben“. Lafontaine, Varoufakis und die anderen setzten diese Aussage in einen historischen Vergleich, der es in sich hat: „Das ist die neoliberale Adaption der Doktrin ,der beschränkten Souveränität’, erfunden von Breschnew 1968. Damals haben die Sowjets den Prager Frühling mit ihren Panzern niedergeschlagen. Diesen Sommer hat die EU den Athener Frühling mit ihren Banken (verlinkt auf /wirtschaft/article146543940/Kommt-bald-der-naechste-Bankrun-in-Griechenland.html) zerschlagen.“ Und nun? Wie soll es weitergehen? Ihr Ziel ist eine „Kampagne des europäischen zivilen Ungehorsams gegenüber willkürlichen, europäischen Praktiken und irrationalen ,Regeln’“, an die Tsipras sich noch gehalten hat. Sie wollen eine neue Bewegung gegen dieses Europa formen und hoffen dabei auf das, „was in Spanien, Irland – möglicherweise wieder in Griechenland, abhängig von der Entwicklung der dortigen politischen Situation – und in Frankreich 2017 passieren könnte“. Kurz, sie hoffen auf eine Radikalisierung (verlinkt auf /politik/deutschland/article146067881/In-diesem-Punkt-sind-Gauland-und-Lafontaine-sich-einig.html) der politischen Debatte und folglich auch der europäischen Gesellschaften zugunsten der marxistischen Linken. Über erstarkende Bewegungen in den Mitgliedsstaaten wollen sie ein neues Europa schaffen. „Nationalstaat keine Option für Linke“ Gysi, der im Oktober sein Amt des Fraktionschefs abgibt, betrachtet all dies mit großer Sorge. Er sah sich sogar zu einer schriftlichen Stellungnahme veranlasst. Unter der Überschrift „Auftreten statt Austreten“ schreibt er: „Der Fall Griechenlands wird von einigen in Partei und Fraktion genutzt, um die bisherige Politik bzw. gültige Position von Partei und Fraktion gegenüber der Währungsunion und Europäischen Union in Richtung einer Austrittsposition zu ändern.“ Davor könne er nur warnen. Er erinnert an den „Gründungszweck“ der EU, nämlich die Schaffung einer Friedensordnung, der sich schließlich „für die Mitgliedsstaaten der EU bis heute erfüllt“ habe. Ein Austritt aus der EU und der Währungsunion wäre keinesfalls sozialer oder demokratischer, schreibt Gysi und sieht im „Rückfall in die europäische Nationalstaatlichkeit des 19. und frühen 20. Jahrhunderts keine Option für Linke“. Unterstützt wird er von Katja Kipping (verlinkt auf /politik/deutschland/article146407867/Kipping-legt-sich-mit-Lafontaine-und-Wagenknecht-an.html) . „Wir wollen nicht zurück in die nationale Wagenburg“, sagt sie, fordert aber zugleich einen „europäischen Neustart“. Nur wie soll der aussehen? Die Gruppe um Lafontaine denkt bereits über vieles nach: „die Einführung eines parallelen Zahlungssystems, Parallelwährungen, digitalisierte Euro-Transaktionen, einen Austritt aus der Euro-Zone sowie die Umwandlung des Euro in eine (demokratische) Gemeinschaftswährung“. Sie schlagen einen internationalen Gipfel für alle „interessierten Bürgerinnen und Bürger, Organisationen und Intellektuellen“ vor. Im November soll’s losgehen.
Günther Lachmann
Europas Linke hatte alle Hoffnungen in Tsipras gesetzt und erkannte am Ende ihre Machtlosigkeit. Daraus ziehen Oskar Lafontaine und Janis Varoufakis radikale Schlüsse: Die EU geht nur ganz anders.
Politik
Deutschland
2015-09-19T10:02:25Z
2015-09-21T15:32:19Z
Lafontaine und Varoufakis wollen die EU zerschlagen
https://www.welt.de//politik/deutschland/article146589813/Lafontaine-und-Varoufakis-wollen-die-EU-zerschlagen.html
Abzocke: Das sind die fiesesten Abo-Fallen im Internet
Im Internet tummeln sich immer mehr Angebote, mit denen schnell und einfach die persönliche Lebenserwartung ermittelt, Kurzmitteilungen verschickt oder aber die eine oder andere Lösung für die Hausaufgaben heruntergeladen werden können. Doch die auf den ersten Blick vermeintlich hilfreichen Internetseiten haben eines gemeinsam: Sie verschleiern mehr oder weniger geschickt, dass der Kunde mit einigen Mausklicks ein Abo abschließt – Mindestlaufzeit in der Regel 24 Monate, Zahlung im Voraus. "Die Angaben zu den Kosten und zu den Mindestvertragslaufzeiten befinden sich häufig lediglich klein in den allgemeinen Geschäftsbedingungen", weiß Thomas Hagen von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. So ist beispielsweise auf der Internetseite www.123simsen.com (verlinkt auf http://www.123simsen.com) lediglich in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vermerkt, dass der Verbraucher mit dem Ausfüllen der Eingabemaske ein zweijähriges Abo abschließt. Kosten: 144 Euro. Besonders perfide: "Die Internetseiten, die vermeintlich kostenlosen SMS-Versand oder Hilfe bei den Hausaufgaben anbieten, richten sich überwiegend an Jugendliche", weiß Hagen. Die Abzocke im Netz zieht immer weitere Kreise. "Das gleicht inzwischen modernen Straßenräubern und Wegelagerei", kommentieren die Verbraucherschützer die wachsende Flut an verunsicherten Verbrauchern, die im Internet leichtfertig ihre Adresse angegeben haben und nun zahlen sollen. 750.000 Deutsche hat es schon erwischt Die Verbraucherzentralen schätzen die Zahl der Bundesbürger, die in den vergangenen drei Jahren in eine der zahlreichen Abo-Fallen im Internet getappt sind, auf rund 750.000 – Tendenz steigend. "Durch eine beachtliche Drohkulisse mit Briefen von Inkasso-Unternehmen und Anwälten versuchen die Anbieter dann an das Geld zu kommen", sagt Hagen. Doch Verbraucher sollten den geforderten Betrag nicht einfach überweisen. "Wer nachweisen kann, dass der Hinweis auf den Abschluss eines Abos nicht klar ersichtlich war, sollte vorsorglich den Widerruf und die Anfechtung wegen Irrtums erklären", sagt Hagen. Entsprechende Musterbriefe können Betroffene unter www.vzbv.de (verlinkt auf http://www.vzbv.de) herunterladen. Bei vielen unseriösen Angeboten kommt ohnehin kein gültiger Vertrag zustande. Das gilt insbesondere dann, wenn versehentlich ein Kind ein entsprechendes Abo abgeschlossen hat. Auch sollten sich Verbraucher nicht durch Inkassoschreiben unter Druck setzen lassen. "Handlungsbedarf besteht erst, wenn ein gerichtlicher Mahnbescheid eingeht", erläutern die Experten der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen. Doch auf einen Rechtsstreit sollten sich nur diejenigen einlassen, die über eine Rechtschutzversicherung verfügen. Die Verbraucherzentralen führen inzwischen zahlreiche Klagen gegen die Betreiber entsprechender Internetseiten – in vielen Fällen zumindest in der ersten Instanz mit Erfolg. Doch wer sich möglichen Ärger von vornherein ersparen möchte, sollte mit persönlichen Daten im Internet äußerst sparsam umgehen und zudem die AGB nach Angaben zu möglichen Kosten durchforsten. Weitere Infos gibt es hier (verlinkt auf http://www.vz-nrw.de) , hier (verlinkt auf http://www.klicksafe.de) und hier (verlinkt auf http://www.checked4you.de) .
Barbara Brandstetter
Die Angebote sind verlockend: Webseiten versprechen kostenlosen SMS-Versand, Hausaufgabenhilfe oder Bilder leichtbekleideter Frauen. Dahinter verbergen sich teure Abo-Fallen: Ein falscher Klick kostet Ahnungslose bis zu 500 Euro. Jetzt gibt es eine Liste mit den fiesesten Anbietern.
Wirtschaft
Webwelt & Technik
2008-02-07T11:09:53Z
2015-10-03T08:47:41Z
Das sind die fiesesten Abo-Fallen im Internet
https://www.welt.de//wirtschaft/webwelt/article1642149/Das-sind-die-fiesesten-Abo-Fallen-im-Internet.html
Griechenland: Versorgung in Touristengebieten immer schwieriger
Die Versorgung der Touristengebiete in Griechenland wird immer schwieriger: Trotz einer Notverordnung der Regierung für ein Ende des Streiks haben die Last- und Tankwagenfahrer am Freitag beschlossen, ihren Ausstand unbefristet fortzusetzen. Vor allem auf den griechischen Inseln werden nach Angaben des griechischen Tourismusverbandes dadurch Sprit und Lebensmittel knapp, weshalb die Regierung in Athen eine Krisensitzung abhielt. Das Militär soll jetzt die Versorgung von Krankenhäusern, staatlichen Behörden, Elektrizitätswerken und anderen für die Wirtschaft wichtigen Bereichen übernehmen. Die Marine soll abgelegene Inseln versorgen. Dies beschlossen die zuständigen Minister. In Athen hatten etwa 15 Prozent der Tankstellen Treibstoff. Auf den Touristeninseln Rhodos (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/rhodos-urlaub/) , Paros, Naxos und Chios hatte sich die Situation erheblich verbessert, berichtete der staatliche Rundfunk. Dagegen gab es noch erhebliche Probleme in Nordgriechenland und vor allem auf der touristischen Halbinsel Chalkidiki sowie in einigen Regionen der Insel Kreta (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/kreta-urlaub/) . Die Gewerkschaften der Lkw-Fahrer hatten am Freitag mehrere Stunden über ihr weiteres Vorgehen beraten. Sie beschlossen letztendlich, den Streik „in einer dynamischen Art und Weise“ fortzusetzen, wie Gewerkschaftschef Giorgos Tzortzatos nach dem Treffen sagte. Darum wird gestreikt Hintergrund des Streiks der Tank- und Lastwagenunternehmen ist ein Gesetzentwurf zur Liberalisierung des Berufszweigs. Geplant ist, die Lizenzgebühren drastisch zu senken. Dagegen laufen die Lizenzinhaber Sturm, die seinerzeit hohe Gebühren in Kauf nehmen mussten. Das geplante Gesetz ist Teil der Abmachung zwischen Griechenland (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/griechenland-reisen/) und der Europäischen Union sowie dem Internationalen Währungsfonds (IWF). IWF und EU hatten die Pleite des Landes mit einem milliardenschweren Rettungspaket abgewendet. Die griechische Regierung teilte am Freitag nach einer Krisensitzung mit, die Armee werde mit ihren Transportern zur Versorgung von wichtigen Einrichtungen wie Flughäfen, Elektrizitätswerken und Krankenhäusern beitragen. Die Regierung hob erneut hervor, dass streikende Lastwagenfahrer juristisch verfolgt würden und ihre Zulassungen verlieren könnten. „Der Staat ist nicht ungeschützt und die Gesellschaft ist nicht wehrlos“, sagte Verkehrsminister Dimitris Reppas nach der Kabinettssitzung in Athen. Zur Arbeit verpflichtet Nachdem sich eine Versorgungskrise abzeichnete, hatte Regierungschef Giorgos Papandreou schon am Mittwochabend eine Notverordnung erlassen, in der die Fahrer zur Arbeit verpflichtet wurden. Diese zeigte bislang allerdings keine Wirkung. Die Lastwagenfahrer vertrauten auf die Langsamkeit der Bürokratie, wenn der Staat gegen sie vorgehe, sagte der Sprecher des griechischen Tourismusverbandes HATTA, Giorgos Telonis. Zu spüren bekommen den Streik nach eigenen Angaben auch die griechischen Mietwagenanbieter. „Hunderte Touristen haben ihre Mietwagenbuchung abgesagt, da sie nicht mehr tanken können“, erklärte der Branchenverband. Die Lage in dem Urlaubsland hat sich in den letzten Tagen enorm zugespitzt. In den Supermärkten waren die Obst- und Gemüseregale weitgehend leergekauft. Hunderte Urlauber ließen nach Medienberichten ihre Mietautos stehen, weil ihnen der Treibstoff ausging. Zehntausende mussten nach Angaben von Tourismusverbänden in Hotels und auf Campingplätzen ausharren, weil die Tankstellen keinen Sprit mehr hatten. Die Tankwagenbesitzer blockierten mit ihren Wagen die Einfahrt zu einer Erdölraffinerie, um die Benzinlieferungen zu verhindern. Allein etwa 100.000 serbische Urlauber sollen nach Presseberichten im Norden des Mittelmeerlandes gestrandet sein. „Viele Leute, vor allem die mit einem Wohnmobil unterwegs sind, können nicht zurückfahren. Sie müssen dann ihren Urlaub zwangsweise verlängern“, sagte der Österreicher Eckehard Richter. Der Tourist hat sein Wohnmobil auf einem Campingplatz südlich der Hafenstadt Volos abgestellt und muss dort seinen Urlaub verbringen. „Ich kann noch ein wenig rumfahren, weil andere mir Diesel gegeben haben“, fügte er hinzu. Mehr sei aber nicht möglich.
WELT
Noch immer sitzen zahlreiche Touristen in Griechenland fest. Die Versorgungslage verschlechtert sich zunehmend. Jetzt muss das Militär helfen.
Reise
2010-07-31T06:01:38Z
2015-09-01T09:48:38Z
Versorgung in Touristengebieten immer schwieriger
https://www.welt.de//reise/article8741788/Versorgung-in-Touristengebieten-immer-schwieriger.html
Der KZ-Wachmann will während des Kriegs nur Bäume gepflanzt haben
Die Erwartungen an diesem Verhandlungstag waren groß – und so fanden sich am Donnerstag deutlich mehr Zuschauer und Journalisten als bislang im NS-Prozess in Brandenburg (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/deutschland/article234997610/NS-Prozess-Immer-wieder-stoert-der-Ex-KZ-Mann-den-Prozess-mit-Zwischenrufen.html) an der Havel ein. Der Verteidiger des angeklagten früheren KZ-Wachmanns aus Sachsenhausen hatte im Vorfeld eine Erklärung zur Tätigkeit seines Mandanten in der Zeit des Zweiten Weltkriegs angekündigt. Zuvor hatte der Angeklagte Josef Sch. mehrfach bestritten, jemals im Konzentrationslager Sachsenhausen gewesen zu sein. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, dort wissentlich und willentlich Hilfe zur grausamen und heimtückischen Ermordung von 3518 Lagerinsassen geleistet haben. In zahlreichen Personaldokumenten der SS aus dem Lager, die heute unter anderem in der dortigen Gedenkstätte, der Stasi-Unterlagenbehörde und dem Bundesarchiv lagern, wird ein Wachmann mit dem Namen, Geburtsdatum und Geburtsort des Angeklagten genannt. Sch. war demnach dort von Ende 1942 bis Anfang 1945 im SS-Totenkopfsturmbann eingesetzt. Während dieser Dienstzeit kamen fast 50.000 Menschen ums Leben – an den Folgen von Hunger und Zwangsarbeit sowie durch systematische Vernichtungsaktionen. Sch. gehört zur Minderheit der Litauendeutschen, galt in den rassistischen Kategorien des Nationalsozialismus als „Volksdeutscher“ und wurde 1941 aus Litauen nach Deutschland umgesiedelt. Laut Anklage (verlinkt auf https://www.welt.de/vermischtes/article234381050/Sachsenhausen-Prozess-Haben-Sie-eine-Seele-fragt-der-Widerstandskaempfer-den-100-jaehrigen-KZ-Wachmann.html) entschloss er sich freiwillig für den Dienst in der Waffen-SS. In einem historischen Dokument aus Sachsenhausen heißt es über Sch.: „Führung: gut“ sowie „Strafen: keine“. Im Brandenburger Prozess lieferte der Historiker Stefan Hördler zahlreiche Belege zur Tätigkeit von Sch. in mehreren SS-Wachkompanien. Am Donnerstag sagte Hördler, dass davon ausgegangen werden könne, dass Sch. im späteren Verlauf sogar eine „Ausbilderfunktion“ einnahm. Der 101-Jährige blieb trotz der eindeutigen Beweise bei seiner Darstellung, nicht als Wachmann tätig gewesen zu sein – und machte erstmals genauere Angaben, was er aus dieser Zeit erinnere. Nach der Umsiedlung habe er zunächst für ungefähr ein Jahr in einer kleinen Firma Metall-Ersatzteile für die Wehrmacht hergestellt. Anschließend habe er auf einem Gut im Zuckerrübenanbau und für weitere landwirtschaftliche Betriebe gearbeitet. Während Sch. laut den historischen Dokumenten im KZ-Wachdienst tätig war, der sich laut Anklage „nahtlos in das Räderwerk des Vernichtungsgeschehens“ einfügte, will er zeitgleich über 120 Kilometer entfernt lediglich für das „Pflanzen von Bäumen“ verantwortlich gewesen sein. „Nee, alles zivil!“ In der Endphase des Krieges sei er dann an die Front in Kolberg im heutigen Polen abkommandiert worden, um dort Schützengräben zu schaufeln und Unterkünfte zu bauen. Auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Udo Lechtermann, ob er dort Waffen oder eine Uniform besessen habe, sagte Sch.: „Nee, alles zivil!“. In seinem ostpreußisch gefärbten Deutsch ergänzte er: „Dann sind die Russen (verlinkt auf https://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article235129324/Fackelmaenner-Befehl-Stalins-Strategie-der-verbrannten-Erde.html) gekommen, haben uns überfallen – ‚Hände hoch!‘ – und haben alle in Gefangenschaft genommen.“ Bis Juni 1946 sei er dann in russischer Kriegsgefangenschaft gewesen. „Die Russen haben alle in Lager gebracht.“ Der Richter hielt ihm daraufhin ein Dokument der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg vor. In dem handschriftlich ausgefüllten Rentenantrag aus dem Jahr 1985 wurde angegeben, dass der Angeklagte nach seiner Tätigkeit im elterlichen Betrieb in seinem Geburtsort im litauischen Mariampol und seiner Lehre als Schlosser für die Zeit von September 1940 bis Mai 1945 im „Wehr- und Kriegsdienst“ tätig war. Unterschrieben ist das Dokument von Sch. Er erklärte jedoch, dass der Antrag damals bei einer Rentenberatung und nicht von ihm persönlich ausgefüllt worden sei. „War fertig ausgefüllt und hingeschoben.“ Unterschrieben wurde das Dokument allerdings am 19. August 1985, die Vorsprache bei der Rentenberatung fand am darauffolgenden Tag statt. Richter Lechtermann fragte ihn daraufhin: „Wollen Sie das wirklich so stehen lassen? Wirklich?“ Aufgrund der ähnlichen Buchstaben in der Unterschrift habe er „den starken Verdacht“, dass der Angeklagte das selbst ausgefüllt habe. „Ich habe erhebliche Schwierigkeiten, Ihnen zu glauben.“ Nebenkläger-Anwalt Thomas Walther regte am Donnerstag an, das Gericht solle einen Gerontopsychiater, eine Psychologin sowie einen SED-Forscher als weitere Sachverständige hören. Damit solle bewiesen werden, dass sich der Angeklagte „eine Scheinwelt über eine Verdrängung geschaffen und nicht eine psychogene Amnesie erlitten“ habe. Weitere Gutachten seien auch nötig zum Beweis der Tatsache, dass „die Lücke eines vollständig verlorenen zeitlichen Erinnerungsabschnitts von drei Jahren nicht nahtlos durch Ersatzabschnitte ausgefüllt“ werden könne. Der Angeklagte habe sich nach seiner langen Beteiligung an der Vernichtung von Menschenleben im SS-System Sachsenhausen (verlinkt auf https://www.welt.de/geschichte/gallery125933739/Der-alltaegliche-Schrecken-von-Sachsenhausen.html) „eine Legende für ein Leben ohne Schuld“ schaffen wollen, um für die Zeit der sowjetischen Besatzung und nachfolgend in der DDR-Gesellschaft „als wertvolles Mitglied im antifaschistischen Kampf gelten zu können“. Das Gericht entschied zunächst nicht darüber. Walther sagte WELT: „Das schwarze Loch in seiner Erinnerung an seine Tätigkeit in Sachsenhausen füllt der Angeklagte mit einer Fantasiegeschichte aus, die als Flucht vor der Realität gesehen werden muss. Obwohl er sich seine Lügen als Realität wünschen würde, ist es sehr unwahrscheinlich, dass irgendetwas von seiner Geschichte die Urteilsfindung beeinflussen kann.“
Frederik Schindler
Der in Brandenburg angeklagte frühere Wachmann des Konzentrationslagers Sachsenhausen bestreitet vor Gericht seine Tätigkeit – und behauptet, nur ein einfacher Landarbeiter gewesen zu sein. Für den Nebenkläger-Anwalt ist das eine „Flucht vor der Realität“.
Politik
Deutschland
2021-12-02T17:09:53Z
2021-12-02T17:09:53Z
Der KZ-Wachmann will während des Kriegs nur Bäume gepflanzt haben
https://www.welt.de/politik/deutschland/article235426178/Der-KZ-Wachmann-will-waehrend-des-Kriegs-nur-Baeume-gepflanzt-haben.html
Flüchtlingsdrama: Italienische Behörden rechnen mit Dutzenden Toten
Auf Sizilien werden rund 200 Überlebende an Land gebracht, nachdem ein Boot kenterte. Wie viele Menschen noch vermisst werden, ist offen. Mindestens 17 Leichen wurden bereits geborgen.
WELT
Auf Sizilien werden rund 200 Überlebende an Land gebracht, nachdem ein Boot kenterte. Wie viele Menschen noch vermisst werden, ist offen. Mindestens 17 Leichen wurden bereits geborgen.
Weltgeschehen
2014-05-14T08:49:27Z
2016-12-16T11:42:21Z
Italienische Behörden rechnen mit Dutzenden Toten
https://www.welt.de//vermischtes/weltgeschehen/video127985617/Italienische-Behoerden-rechnen-mit-Dutzenden-Toten.html
Lieferdienst: Sabine Christiansen fährt für Hermes Pakete aus
Den besten Eindruck verschafft man sich immer noch selbst. „Ich bin einen Tag lang in Berlin in einem Hermes-Paketwagen mitgefahren“, sagt Sabine Christiansen. Die frühere ARD-Moderatorin und jetzige TV-Unternehmerin wird in den neu gegründeten Aufsichtsrat des Paketdienstes Hermes einziehen. Und auf die Frage, ob sie sich denn im Logistikgeschäft auskenne, kam die Paket-Tour durch die Hauptstadt als Antwort. Christiansen sagt, sie wolle sich bei Hermes um soziale Standards und um die Umwelt kümmern. Die Otto-Tochter Hermes lässt es sich einiges kosten, um das Image des schlecht zahlenden Arbeitgebers loszuwerden. Die Firma war in Medienberichten wegen Stundenlöhnen von weniger als fünf Euro und harter Arbeitsbedingungen kritisiert worden. Hermes will mindestens 7,50 Euro zahlen Hermes selbst beschäftigt weltweit rund 10.000 Mitarbeiter, hinzu kommen in Deutschland an die 15.000 selbstständige Paketfahrer. Eben diese Generalunternehmer werden nun geprüft und vom TÜV Saarland zertifiziert, um Missstände abzustellen. „Kein Fahrer bekommt weniger als 7,50 Euro in der Stunde“, sagt Hermes-Chef Hanjo Schneider. Hermes wird seine Boten auch gut behandeln müssen: Es gibt schlichtweg kaum mehr genug Fahrer am Arbeitsmarkt. Gleichzeitig sind die Wachstumsraten der Paketzusteller immens: Hermes hat 2012 in Europa 452 Millionen Sendungen zugestellt, das sind 7,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. In Deutschland war der Zuwachs ähnlich groß. Treiber ist der Onlinehandel (verlinkt auf /finanzen/verbraucher/article111899845/Online-Handel-bringt-die-Paketdienste-an-ihr-Limit.html) , Hermes arbeitet für sieben der zehn größten Versandhändler Deutschlands.
Birger Nicolai
Ex-ARD-Moderatorin Christiansen macht jetzt in Logistik: Die TV-Unternehmerin sitzt neu im Aufsichtsrat des Paketdienstes Hermes. Um den Konzern kennenzulernen, ging sie sogar selbst mit auf Tour.
Wirtschaft
2013-04-23T14:55:57Z
2015-09-07T10:34:33Z
Sabine Christiansen fährt für Hermes Pakete aus
https://www.welt.de//wirtschaft/article115542867/Sabine-Christiansen-faehrt-fuer-Hermes-Pakete-aus.html
Ruhrgebiet: Mein lieber Scholli, is dat schön hier!
Über fünf Millionen Menschen leben im Ruhrgebiet. Damit ist der Pott der größte Ballungsraum Deutschlands. Einst durch die Kohleförderung geprägt, feilt das Ruhrgebiet inzwischen an seinem Image. Es will weg vom Kohlenstaub, aus Industrie wird Industriekultur und aus Ruhrpott wird die Metropole Ruhr. Diese lädt ein, die Besonderheiten der Region und seine Menschen neu zu entdecken. Für jeden sein Plätzchen Grüne Ruhrwiesen und rostige Industriedenkmäler, Bergmannshäuser und gläserne Konzernzentralen, früher Hunderttausende Gastarbeiter und heute rund 150.000 Studenten, Samstag ins Stadion und Sonntag ins Folkwang-Museum, Currywurst und Sterneküche, Taubenrennen und Wasserskifahren, Bergmannschöre und Philharmonie: Das Ruhrgebiet ist eine riesige gemischte Tüte. Im Revier hat jeder sein Plätzchen – ob am offenen Fenster mit auf dem Kissen abgelegten Armen oder mit Jute-Beutel auf einem Event in einer stylischen Industriehalle. Und Ruhris sind Grenzgänger: Wohnen in Dortmund (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/dortmund/) , Arbeiten in Essen (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/essen-stadt/) , fürs Theater von Bottrop (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bottrop/) nach Bochum (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bochum/) , zum Tanzen aus Mülheim (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/muelheim/) nach Duisburg (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/duisburg/) . Die Metropole Ruhr existiert tatsächlich, und sie ist in Bewegung. Zeit für ein Schwätzken Es kann ganz schnell gehen: Man steht mit einem Bier am Tresen, beim Bäcker in der Schlange oder trifft den neuen Nachbarn im Flur. Nach einem ein-, vielleicht zweistündigen Gespräch weiß man, wie es um die Ehe bestellt ist, warum der Sohn aus der Schule nur Fünfen nach Hause bringt und dass das Geld am Monatsende immer knapp ist. Mit den Menschen des Ruhrgebiets kommt man nicht nur schnell ins Gespräch, sie überzeugen auch mit ihrer Offenheit. Der Prahlhans ist nicht gerne gesehen, den Pelz, sagt ein schönes Sprichwort, trägt man hier nach innen. Bildung made im Ruhrgebiet Erst 1964 eröffnete die erste Uni des Reviers ihren Lehrbetrieb – in Bochum. Heute gibt es an Rhein und Ruhr Europas dichteste Hochschul- und Forschungslandschaft. Hier blühen die Ideen für den nächsten Aufschwung. Die Ruhr-Universität hat politisches Spitzenpersonal wie Bundestagspräsident Norbert Lammert, Schulministerin Sylvia Löhrmann, Wissenschaftsministerin Svenja Schulze ebenso hervorgebracht wie Wirtschaftsführer vom Kaliber des Evonik-Chefs Klaus Engel – und natürlich auch Spitzenforscher. Heimlicher Star ist zurzeit der Biopsychologe Prof. Dr. Onur Güntürkün, 55, einst Bochumer Absolvent, nun Bochumer Grundlagenforscher und Träger des Leibniz-Preises, mit 2,5 Millionen Euro dotiert. Bütterken Wenn Hannelore Kraft ihr Zuhause verlässt, dann nicht ohne Bütterken – geschmiert von Ehemann Udo in der heimischen Küche. Dieser Einblick in das Privatleben der NRW-Ministerpräsidentin zeigt, wie sehr das Ruhrgebiet die kulturelle Lebenswirklichkeit der Krafts aus Mülheim an der Ruhr geprägt hat. Denn das Bütterken ist weit mehr als eine Zwischenmahlzeit. Gefühlsmäßig betrachtet – und was wäre das Revier ohne Gefühle – steht das Bütterken für Heimat, für Fürsorge. Mit jedem Biss spürt man: Hier kümmert sich jemand. Und dieses Sich-umeinander-sorgen, das seine Wurzeln im harten Überlebenskampf der Bergarbeiter hat, prägt nach wie vor das Miteinander der Menschen in dieser Region. Dafür muss man nicht erst Ministerpräsidentin werden. Dem Pott sein Humor Jede Region hat ihren ganz eigenen Humor, speziell in Nordrhein-Westfalen. Während der Rheinländer zu jovialer Heiterkeit neigt und der Westfale eher dem gepflegten Sarkasmus anhängt, mag es der Ruhrpottler eher kerlig-kumpelig. Die Menschen hier tragen das Herz auf der Zunge, es wird Klartext geredet, frank und frei heraus. Manchmal wirkt das machohaft, gar prollig, und eins ist klar: Allzu zart besaitet darf man hier nicht sein. Mimosen stehen im Pott nicht hoch im Kurs. Humor kommt aus dem Herzen, und das trägt der Ruhri – dieser etwas ungehobelte Underdog – auf jeden Fall am rechten Fleck. Die schönsten Redewendungen Was verdanken wir dem Revier nicht alles an herrlichen Formulierungen. Hier sind nur ein paar: Mein lieber Mann, Fräulein; mein lieber Scholli; mein lieber Kokoschinski. Da sieht et aus wie bei Hempels unterm Sofa. Da bisse echt vonne Socken. Komm ausse Pötte! Ich glaub', mich holnse ab. Kerl inne Kiste. Alt und grau darfse werden, aber nich frech für deine Mutter. Bah, wat schön! Überhaupt: Das mit den Ruhrsprüchen, dat kannze halten wie Pfarrer Assmann (also wie du willst). Es grünt so grün Ein Klischee verschmutzt das Ruhrgebiet seit Jahrzehnten besonders stark: Es entstammt alten Erinnerungen an einen dauerlärmenden, schadstoffspeienden Industriemoloch. Freilich wird dabei unterschlagen, dass der grüne Strukturwandel auch im Ballungsraum längst voranschreitet. Wer die A 40 und 42 entlangfährt, sieht noch Überreste und Mahnmale der Schwerindustrie. Der Industriemoloch ist demontiert, aber sein Schatten verblasst langsam. Längst aber ist das Revier grün geworden. Der Himmel ist blau, die Flüsse sauberer. Die verbliebene Industrie produziert umweltfreundlicher. Wer an die Peripherie des Reviers reist, findet rasch Erholungsoasen, Wälder und Felder. Der Bevölkerungsschwund eröffnet immerhin Chancen für ökologische Verbesserungen: Zurückgebaute Stadtviertel und Brachflächen böten neuen Raum fürs Grün. Mutmacher Die Zahl der Firmengründungen (2012: 23.960) an der Ruhr hat zugenommen. Das hat mit der wachsenden Ausstrahlung der Hochschulen zu tun, oft aber auch mit der Kraft des Beispiels. Zahlreiche Mittelständler haben sich zu Marktführern entwickelt. Ehrgeizig ist die Strategie „Zukunft Ruhr 2030“ des Initiativkreises Ruhr. Dadurch soll das Revier in wichtigen Wirtschaftsbereichen zu einer „Metropolregion“ weiterentwickelt werden, mit den Leitthemen Energie, Werkstoffe und Logistik.
WELT
Es sind vergangene Zeiten, die das Bild vom Ruhrgebiet prägen. Längst vorbei ist die Zeit der rauchenden Schlote. Genau deshalb sind viele Ruhrgebietler es leid, dass an ihrer Heimat herumgemäkelt wird.
Regionales
Düsseldorf
2013-09-08T06:54:32Z
2017-08-29T23:43:15Z
Mein lieber Scholli, is dat schön hier!
https://www.welt.de//regionales/duesseldorf/article119785013/Mein-lieber-Scholli-is-dat-schoen-hier.html
Rekord-Versteigerung: So sieht der größte blaue Diamant der Welt aus
Dieser Diamant, mit dem Namen "The Blue" - der Blaue, ist der größte lupenreine blaue Diamant der Welt. Versteigert wird er beim Auktionshaus „Christie‘s“ - und soll eine schwindelerregende Summe einbringen.
WELT
Dieser Diamant, mit dem Namen "The Blue" - der Blaue, ist der größte lupenreine blaue Diamant der Welt. Versteigert wird er beim Auktionshaus „Christie‘s“ - und soll eine schwindelerregende Summe einbringen.
Weltgeschehen
2014-05-09T18:43:42Z
2016-12-16T11:41:44Z
So sieht der größte blaue Diamant der Welt aus
https://www.welt.de//vermischtes/weltgeschehen/video127838162/So-sieht-der-groesste-blaue-Diamant-der-Welt-aus.html
Nach Faustschlag zum Idiotentest: Recht: MPU für Fußgänger
Auch Fußgänger können zu einer Medizinisch-Psychologischen-Untersuchung (MPU) aufgefordert werden. Das hat nun das Verwaltungsgericht München in einem Urteil bekräftigt. Die Aufforderung zur MPU erging im verhandelten Fall an einen Fußgänger, der einen Autofahrer geschlagen hatte. Zuvor war er von dem Wagen des Mannes seiner Meinung nach geschnitten worden. Als der Fahrer ausstieg, schlug ihm der Fußgänger ohne Vorwarnung zweimal mit der Faust ins Gesicht. Das zuständige Amtsgericht verurteilte den Schläger daraufhin zu einer Geldstrafe wegen Körperverletzung. Gleichzeitig forderte die Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage eines MPU-Gutachtens zur Fahreignung. Der Fußgänger kam der Aufforderung nicht nach, woraufhin sein Führerschein einkassiert wurde. Dagegen klagte er vor dem Verwaltungsgericht mit dem Hinweis, er sei zu Fuß und nicht mit dem Auto unterwegs gewesen. Allerdings blieb die Klage erfolglos. Der Bezug einer Straftat zur Kraftfahreignung setzt dem Gericht zufolge nicht voraus, dass ein Pkw als Mittel zur Straftat genutzt wurde. Schon durch das Verhalten als Fußgänger und die handgreifliche Kritik am Fahrstil eines anderen Autofahrers gebe es einen ausreichenden Zusammenhang. Die vorsätzlich begangene Körperverletzung zeuge zudem von einem hohen Aggressionspotential, so dass begründete Zweifel daran bestünden, ob der Betroffene im motorisierten Straßenverkehr die Rechte anderer Verkehrsteilnehmer achten würde. (Az.: M 6b S 14.3454)
WELT
Nicht nur bei Trunkenheit am Steuer oder fortgesetzter Raserei kann eine MPU drohen. Selbst wer zu Fuß unterwegs ist, kann zum Test aufgefordert werden. Zumindest bei Gewalttätigkeiten gegen Autofahrer.
Motor
Auto-News
2015-01-14T15:38:03Z
2015-01-14T15:38:03Z
Recht: MPU für Fußgänger
https://www.welt.de//motor/news/article136375353/Recht-MPU-fuer-Fussgaenger.html
Pakistan: Mehr als 120 Tote bei Tanklastwagen-Tragödie
Auf einer Schnellstraße bei Bahawalpur stürzt ein mit Öl beladener Lastwagen um. Dutzende Dorfbewohner rennen mit Benzinkanistern zur Unfallstelle, um auslaufenden Brennstoff aufzusammeln. Dann bricht ein Feuer aus.
WELT
Auf einer Schnellstraße bei Bahawalpur stürzt ein mit Öl beladener Lastwagen um. Dutzende Dorfbewohner rennen mit Benzinkanistern zur Unfallstelle, um auslaufenden Brennstoff aufzusammeln. Dann bricht ein Feuer aus.
2017-06-25T07:14:38Z
2022-05-12T09:10:35Z
Mehr als 120 Tote bei Tanklastwagen-Tragödie
https://www.welt.de//vermischtes/video165907397/Mehr-als-120-Tote-bei-Tanklastwagen-Tragoedie.html
Lebensversicherung: Die großen Versicherer jammern zu Unrecht
Trotz ständigen Gejammers wegen angeblich zu strenger Regeln und Dauertiefzinsen streichen die zwölf größten deutschen Lebensversicherer hohe Margen ein. Im vergangenen Jahr erreichten drei Anbieter sogar einen Anteil von mindestens 20 Prozent ihres Rohüberschusses. Zu dieser Gruppe zählen Marktführer Allianz, die Axa und die Debeka. Das zeigt eine Untersuchung des Ludwigshafener Betriebswirtschaftsprofessors Hermann Weinmann (verlinkt auf http://www.hs-lu.de/fachbereiche/fachbereich-dienstleistungen-und-consulting/team/professoren-lehrkraefte/prof-dr-hermann-weinmann.html) . Das Ergebnis unterstreicht, dass es den deutschen Lebensversicherern deutlich besser geht als sie vorgeben. Aufgrund der strengen Regeln und niedrigen Zinsen hatte die Branche im Frühjahr dieses Jahres die Politik um Hilfe angefleht. Im Eilverfahren wurde ein Hilfspaket (verlinkt auf /finanzen/altersvorsorge/article128617426/Lebensversicherer-verschmaehen-Rettungspaket.html) verabschiedet, doch damit waren die Anbieter noch immer nicht glücklich. Gegen stark schrumpfende Margen kämpft tatsächlich die Generali. Sie erreichte nur 6,6 Prozent und war damit der einzige Lebensversicherer der zwölf größten deutschen Anbieter, der unter zehn Prozent fiel. 2012 hatten auch noch die Ergo und Zurich so schwach abgeschnitten. 2013 kamen diese dann auf 13,1 und 15,5 Prozent. Weinmann führt die gestiegenen Margen vor allem auf höhere Nettoverzinsungen zurück. Hohe Bewertungsreserven Die Allianz Leben und die Axa erzielten mit 5,5 Prozent die höchste Nettoverzinsung. Die meisten der zwölf größten deutschen Lebensversicherer hatten hochverzinsliche Papiere verkauft und konnten dadurch hohe Gewinne einstreichen. Dennoch haben die meisten noch nicht alles Tafelsilber losgeschlagen und einen großen Puffer an Bewertungsreserven: Bei der Allianz sind es immerhin noch 22 Milliarden Euro, die R+V kommt auf knapp fünf Milliarden, bei der Bayern-Versicherung sind es mehr als zwei Milliarden Euro. Etwas dünner wird die Luft dagegen bei der HDI mit 1,3 Milliarden Euro, die Generali hat nur noch 1,7 Milliarden und bei der Cosmos sind es 400 Millionen Euro – das sind nur 3,8 Prozent des Buchwerts der Kapitalanlagen. Zum Vergleich: Bei der Allianz sind es fast 14 Prozent. Cosmos kann dagegen mit niedrigen Kosten punkten: Die Abschlussaufwendungen der Generali-Tochter liegen nur bei 1,8 Prozent der Beitragssumme. Dem Direktversicherer kommt zugute, dass er auf ein teures Vertriebsnetz verzichtet. Die Debeka erreicht eine Quote von 3,6 Prozent. Sie profitiert davon, mit angestellten Außendienstmitarbeitern zusammenarbeiten, die wenig Provision erhalten. Bei den übrigen Versicherern stiegen dagegen die Kosten für den Abschluss im Vergleich zum Vorjahr leicht, ein besonderes dramatische Entwicklung zeigt sich bei der HDI. Die Abschlusskostenquote der Talanx-Tochter stieg von 6,9 auf 7,9 Prozent. Grund dafür war vor allem das rückläufige Neugeschäft (verlinkt auf /finanzen/article129634863/Der-langsame-Tod-der-deutschen-Lebensversicherung.html) . „Die internen Abschlusskosten konnten wohl nicht entsprechend schnell angepasst werden, sodass höhere Abschlusskostenquoten die Folge sind“, schreibt Weinmann. Frust für Aktionäre So verzeichnete die HDI 23,1 Prozent weniger Geschäft mit laufenden Neubeiträgen, bei der Zurich waren es 21,8 und bei der Ergo sogar 25,5 Prozent. Auch Branchenprimus Allianz, Debeka, Generali, AachenMünchner und R+V litten unter zweistelligen Rückgängen. Dafür profitierten sie vom anziehenden Geschäft mit Einmalbeiträgen: Bei der Allianz lag der Zuwachs bei 30,5 Prozent. In diesem Jahr erwies sich die Stuttgarter Lebensversicherungstochter auch wieder etwas großzügiger gegenüber ihren Versicherten: Mit 16,5 Prozent ihres Rohüberschusses überwies sie einen niedrigeren Anteil ihres Gewinns an die Muttergesellschaft in München. HDI Leben und die Generali Leben tragen mit 2,5 und 1,3 Prozent schon seit Längerem wenig zum Ergebnis ihrer börsennotierten Mütter bei. „Nimmt man die Sicht der Verbraucher ein, sind solche Werte fantastisch“, schreibt Studienautor Weinmann. Für die Aktionäre ist dies dagegen unerfreulich.
Anne Kunz
Den deutschen Lebensversicherern geht es besser als sie vorgeben. Trotz eines katastrophal niedrigen Zinsniveaus und strenger Regeln zur Ausschüttung verfügen sie noch immer über hohe Reserven.
Finanzen
2014-09-16T05:40:52Z
2015-10-02T07:24:24Z
Die großen Versicherer jammern zu Unrecht
https://www.welt.de//finanzen/article132286587/Die-grossen-Versicherer-jammern-zu-Unrecht.html
Ausstellung: Minarett als Rakete – Kunst aus Istanbul
Laut. Unglaublich laut. Nervenzerhämmernd, ohrenzerfetzend laut. Die zehnte Istanbul Biennale ist ein Mahlstrom aus Musik. "Smoke on the Water" brät aus den Boxen, trifft unterwegs auf das Gelärme einer chinesischen Punkband, und von anderswo drängt sich der Krach eines manischen Schlagzeugers dazwischen. Die Segnungen der Videokunst. Musik kann Folter sein. "Optimismus im Zeitalter des globalen Krieges" lautet das Motto der diesjährigen Biennale, und: Ja, das mit dem Krieg kann man durchaus nachvollziehen. Und: Nein, der Optimismus ist nicht leicht zu entdecken. Wie auch, bei der Themenwahl? Unweit des Punkband-Videos stößt man auf eine Fototapete der russischen Künstlergruppe AES+F. Jugendliche, die Samuraischwerter in der Hand halten und sich mit erschütterndem Ennui gegenseitig entleiben. Eiskalt. Der Kulturminister reagierte nicht negativ Am Ende des durchwachsenen Mega-Kunstsommers 2007 präsentiert sich die Istanbul Biennale als echte Ausstellungsperle. In den alten Lagerhallen des Antrepo Nr. 3, am Ufer des Bosporus gelegen, zeigt der chinesische Kurator Hou Hanru dem Hauptteil der über 100 vertretenen Künstler. Mehr als ein Viertel der Biennaleteilnehmer stammt diesmal aus dem mittleren und fernen Osten, ein gutes Dutzend aus der Türkei. Die Künstler sind jung, politisch und provozieren. Hamra Abbas, zum Beispiel: Die Kuwaiterin bildet erotische Szenen aus der indischen Miniaturenmalerei als lebensgroße Puppen-Skulpturen ab. Schweigen herrscht über das Minarett, das Huang Yong Ping umgelegt hat. Im schiefen Winkel ragt der Turm in die Luft, gehalten von ein paar Eisenstangen. Assistent Orhun, der über die Biennale führt, murmelt etwas von "Baustelle" und von "Mobilität der Religionen". Trotzdem sieht die Konstruktion aus wie ein Raketenwerfer. "Sagen Sie das nicht", beschwört Orhun. Nach den jüngsten Wahlsiegen der islamisch-konservativen AKP ist man auch im Elfenbeinturm des Kunstbetriebs etwas nervös. Zwar hat Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan keinen Besuch angekündigt, doch der türkische Kulturminister war schon bei der Eröffnung da. "Die Reaktionen waren positiv", sagt Biennale-Sprecher Üstüngel Inanç. Was so viel heißt wie: Sie waren nicht negativ. Dass sich die Politik stärker für die Kunst engagieren wird, glaubt nämlich niemand. Nur fünf Prozent steuert der Staat zum Biennale-Budget bei. Kunstförderung ist in der Türkei Privatsache. Die konservativen Anatolier sind in der Mehrheit So wie im neuen Museum "Istanbul Modern". Die Familie Eczacibaþi, Besitzer eines Pharmakonzerns, zeigt gerade eine Überblicksausstellung über die vergangenen Istanbul-Biennalen. Man ahnt, wie wichtig die Biennale für die innertürkische Diskursproduktion sein kann. Die Bilderfeindlichkeit fanatischer Muslime reibt sich per se an einer Kunstausstellung, zudem beschäftigt sich die Großschau mit den Spannungen in der islamischen Gesellschaft: Schon 1995 waren in Istanbul Selbstporträts der noch recht unbekannten Shirin Neshat zu sehen. Auf den Bildern trägt die Künstlerin Tschador und Gewehr und hat ihre Hände mit Versen verziert, die die weibliche Sexualität thematisieren. Ein Tabubruch, weil sie die Rolle der Frau im Islam kritisch hinterfragt. Zehn Jahre später feierte der Videokünstler Phil Collins dann den Freiheitsgedanken des Pop, indem er junge Istanbuler zur Karaoke vor der Kamera einlud. Auf der stockenden Fahrt zur historischen Halbinsel ändert sich das Bild: Gläubige hasten zum Freitagsgebet in die Neue Moschee. 14 Millionen Menschen drängen sich mittlerweile im Großraum Istanbul. Die Metropole ist immer noch Sehnsuchtsort aller laizistischen Türken ist, die hier ihren europäischen Lebensstil pflegen. Und doch stammen mittlerweile über zwei Drittel der Zuwanderer aus Anatolien. Es sind konservative, gläubige Landbewohner. In Atatürks Kulturzentrum scheitern die Utopien Am Atatürk Boulevard liegt das IMC, eine Basaranlage aus verwittertem Beton, die in den Sechzigern für Textilhändler errichtet wurde. Einige Geschäfte stehen leer, hier zeigt Biennale-Kurator Hanru globalisierungskritische Kunst. Zwischen Läden, die Kopftücher und bodenlange Jeansmäntel verkaufen, können Muslimas nun auf eine Modekollektion stoßen, die von brasilianischen Prostituierten entworfen wurde. Als durchaus gelungenes Beispiel der türkischen Moderne ist das IMC ebenso vom Abriss bedroht wie das Atatürk Kültür Merkezi (AKM). Am zentralen Taksim-Platz gelegen dient das Kulturzentrum von 1978 als Veranstaltungsort für Opern- und Theateraufführungen. Der Monolith der kemalistischen Moderne ist islamfundamentalistischen Hardlinern ein Dorn im Auge. Verschiedene Ersatzbauten waren in Gespräch. Erst sollte eine Moschee entstehen, dann ein Einkaufszentrum. Am Ende wird vielleicht eine Moschee mit Einkaufszentrum den Taksim-Platz beherrschen. Und so beschleicht einen im Inneren des AKM schon ein wehmütiges Gefühl, wenn das Nachmittagslicht durch die hohen Fenster fällt. Hou Hanru zeigt im AKM Kunst, die sich mit dem Scheitern von Utopien auseinandersetzt: Markus Krottendorfers Fotozyklus über das verschwundene Hotel Rossija in Moskau etwa. Oder Vahram Aghasyans Bilder einer Hochhaussiedlung in Armenien, deren Aufbau nie vollendet wurde. Wilde Arbeiten von Tracey Emin und Gilbert & George Sehr trist wirkt das alles. Als ob eine Epoche den Bach hinunter geht. Und doch gibt es Istanbuler, die sich gegen den Abriss des AKM wehren. So wie der Architekt Cengiz Bektas: "Die nachfolgenden Generationen brauchen Räume für Musik und Kunst", erklärt Bektas. In diesem Punkt stimmt er mit seinem Kollegen Can Elgiz überein, obwohl die beiden sonst nicht viel verbindet: Bektas lebt in einem engen Nachbarschaftsgefüge, Elgiz hinter hohen Mauern in einer Villa mit Bosporusblick. Leise Salsa-Rhythmen plätschern durch die Nacht. Can Elgiz und Gattin Sevda haben zur Pool-Party geladen, feiern mit Gästen wie dem Künstler Nedko Solakov oder dem Berliner Galeristen Matthias Arndt. Das türkische Sammlerpaar hat 2001 das erste Museum für zeitgenössische Kunst in Istanbul gebaut. Eine paar schöne wilde Arbeiten von Tracey Emin, Jan Fabre oder Gilbert & George gibt es dort zu sehen. Salsa und der Ruf des Muezzin "Kunst ist unser Way of Life geworden", sagt Sevda Elgiz. Und den will sie auch ihren Landleuten nahe bringen. Etwa mit Hilfe von Jonathan Meese, der in der Türkei noch sein volles Schockpotential entfalten kann. Ob Meeses "Diktaktur der Kunst" vom durchschnittlichen Anatolier wahrgenommen wird, bleibt offen. Wie viele progressive Türken ist auch Sevda Elgiz frustriert über die Entwicklungen im Land. "Jahrzehnte haben wir nach Westen geblickt. Jetzt wollen sie, dass wir uns umdrehen", sagt sie. Aus der Ferne mischt sich der Ruf des Muezzins in die Salsa-Musik. 10. Istanbul Biennale: Bis 4. November, Katalog 35 YTL
Tim Ackermann
Zwischen Moderne und Traditionalismus: Die türkische Hauptstadt ist ein Gewirr widerstreitender Stimmen. Die aktuelle Istanbuler Kunst-Biennale macht da keine Ausnahme. Gezeigt werden überraschend provozierende Arbeiten, die Kamsutra mit Knarren mischen.
Kultur
2007-09-26T22:00:00Z
2015-10-04T04:59:34Z
Minarett als Rakete – Kunst aus Istanbul
https://www.welt.de//kultur/article1216028/Minarett-als-Rakete-Kunst-aus-Istanbul.html
Ex-bin-Laden-Leibwächter: Dass Deutschland Sami A. zurückholen muss, ist absurd
Der Rechtsstaat macht nicht immer Freude – etwa wenn ein Gericht entscheidet, dass ein Muslim aus dem Umfeld eines islamistischen Top-Terroristen (verlinkt auf /politik/deutschland/article179314400/Ex-Leibwaechter-von-Bin-Laden-Sami-A-muss-nach-Deutschland-zurueckgeholt-werden.html) zurück nach Deutschland geholt werden muss. Zwar lässt sich einwenden, es sei nicht die Aufgabe des Rechtsstaats, Freude zu verbreiten. Aber zumindest muss der Rechtsstaat entschlossen handeln und verhindern, dass man ihm auf der Nase herumtanzt. Wie es zum Beispiel Sami A. gelingt, dem Ex-Leibwächter von Al-Qaida-Chef Osama Bin Laden (verlinkt auf /politik/deutschland/plus172620518/Al-Qaida-Terrorist-Christian-Ganczarski-Osama-Bin-Ladens-vergessener-General.html) , der am Freitagmorgen aus Deutschland nach Tunesien abgeschoben wurde und jetzt auf richterlichen Beschluss zurückgeholt werden muss. Es wurden „grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien“ verletzt, urteilte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen am Nachmittag. Denn es sei nicht auszuschließen, dass der Tunesier in seiner Heimat gefoltert werde. Der Fall geizt nicht mit Absurditäten: Erstens hatte eine andere Kammer des Gelsenkirchener Gerichts am Mittwoch die Abschiebeanordnung für rechtmäßig erklärt – hier fielen sich also Richter gegenseitig in die Arme. Mit ihrer widersprüchlichen Auslegung der Fakten vergrößern sie nicht eben das Vertrauen in die Rechtsprechung. Zweite Absurdität: Jene Kammer, laut der die „grob rechtswidrige“ Abschiebung korrigiert werden muss, hat sich offenkundig zu viel Zeit gelassen mit seinem Abschiebeverbot. Das entsprechende Fax (ja! Fax! die älteren Leser erinnern sich!) ging beim zuständigen BAMF morgens um 8.27 Uhr ein, als Sami A. bereits im Flugzeug nach Tunis saß. Er selbst hatte zuvor einen Eilantrag gestellt, um seine Abschiebung doch noch zu verhindern. Dritte Absurdität: Zuvor hatte das BA (verlinkt auf /politik/deutschland/article179260478/Seehofers-Masterplan-Abzuschiebende-sollen-ins-Gefaengnis.html) MF dem Verwaltungsgericht nicht die erforderliche Stellungnahme geschickt, obwohl die Behörde die Verhaftung und Abschiebung angeordnet hatte, berichtet „Bild“. Gerade das BAMF sollte im Moment aber professionell arbeiten. Fast wäre die Maßnahme schon dadurch geplatzt, auch ohne die widerstreitenden Richtermeinungen. Vierte Absurdität: Es ist ungeheuerlich, dass Sami A., der 1997 zum Studium nach Deutschland kam, nach seiner militärischen Ausbildung im Jahr 2000 in einem Al-Qaida-Lager in Afghanistan (verlinkt auf /politik/ausland/plus178529170/Hamid-Karsai-Mit-den-Taliban-reden-Warum-nicht.html) und seiner in dieser Zeit ausgeübten Leibwächtertätigkeit für den Terrorchef Osama Bin Laden überhaupt nach Deutschland zurückkehren konnte. Die Bundesanwaltschaft ermittelte gegen ihn, weil er als salafistischer Prediger ein Gefährder sein soll. Ergebnislos. Seit 2014 bemühten sich Behörden um seine Abschiebung. Vergeblich. Fünfte Absurdität: Der tunesische Minister für Menschenrechte, Mehdi Ben Gharbia, hatte „Bild“ zum Fall Sami A. erklärt: „Ich kann Ihnen versichern und ich kann garantieren: Bei uns gibt es keine Folter!“ Das sahen die Gelsenkirchener Richter nicht als ausreichend an. Was erwarten sie? Einen Staatsvertrag über das Schicksal des 42-Jährigen, der auf Kosten des Steuerzahlers lebt und zwischendurch für einen Sicherheitsdienst gearbeitet haben soll? Nein, der Rechtsstaat ist nicht dazu da, uns Freude zu bereiten. Aber er muss sich koordinieren, muss sich konzentrieren. Hätten sich Justiz, Ermittlungsbehörden und BAMF unmittelbar nach Sami A.s Rückkehr aus Afghanistan um seine Abschiebung gekümmert und darüber mit den tunesischen Behörden verhandelt, hätte man nicht nur in diesem Fall viel Steuergeld sparen können. Sondern auch ein Zeichen dafür gesetzt, dass sich Deutschland nicht auf der Nase herumtanzen lässt. Innenminister Horst Seehofer hat sich über die Bemühungen zur Abschiebung dieses Islamisten immer wieder informieren lassen und auf eine Beschleunigung gedrängt. Seehofer sollte trotz des Rückschlags weitermachen. Deutschland will Sami A. nicht haben. Raus mit ihm! Aber beim nächsten Mal bitte in rechtsstaatlich einwandfreier Weise.
Ansgar Graw
Erst abgeschoben, jetzt soll er zurückgeholt werden: Auf richterlichen Beschluss muss Deutschland einen Islamisten aus dem engsten Kreis des Al-Qaida-Chefs einfliegen. Der Fall geizt nicht mit Absurditäten.
Debatte
Kommentare
2018-07-13T19:44:26Z
2018-07-13T20:05:55Z
Dass Deutschland Sami A. zurückholen muss, ist absurd
https://www.welt.de//debatte/kommentare/article179324160/Ex-bin-Laden-Leibwaechter-Dass-Deutschland-Sami-A-zurueckholen-muss-ist-absurd.html
Konjunktur: US-Notenbank bereitet Strategiewechsel vor
Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) warnt immer lauter vor den wirtschaftlichen Folgen des hohen Preisdrucks in den Vereinigten Staaten. Wie die Fed in ihrem Bericht zur Lage der Konjunktur mitteilte, leiden die US-Verbraucher inzwischen stark unter den Kostenanstiegen bei Energie und Lebensmitteln. Der private Verbrauch, eigentlich die Stütze der US-Wirtschaft, habe deutlich nachgelassen, was sich an schwachen Einzelhandelsumsätzen ablesen lasse. Der inneramerikanische Tourismus scheine darüber hinaus unter den hohen Spritkosten (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/benzinpreise/) zu leiden. Die meisten US-Bürger verreisen innerhalb ihres Landes mit dem Auto und müssen dafür immer tiefer in die Tasche greifen. In ihrem sogenannten „Beige Book“ zeichnet die Fed weiter ein recht düsteres Bild der US-Konjunktur. Zuletzt sei die Wirtschaftsaktivität niedrig geblieben beziehungsweise in einigen Landesteilen sogar noch schwächer geworden. Insbesondere der Immobilienmarkt (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/immobilienmarkt/) stehe weiter unter erheblichem Druck. Neben den Verbrauchern sei auch die Industrie von den starken Preiserhöhungen bei Energie und Rohstoffen wie Metallen und chemischen Vorprodukten betroffen. Es sei ihr aber zum Teil gelungen, die höheren Kosten auf die Kunden abzuwälzen. Analysten erklärten, die Notenbank habe ihre Warnung vor der hohen Inflation in dem Bericht weiter verschärft. „Das Beige Book klingt noch ein bisschen mehr besorgt über die Inflation“, sagte Scott Brown, Chefvolkswirt bei Raymond James & Associates. Ob die aktuelle Bestandsaufnahme jedoch ausreichen werde, die Fed Ende des Monats zu einer Zinserhöhung zu bewegen, sei nicht sicher, meinte Robert Brusca von Fact & Opinion Economics in New York. Die Federal Reserve entscheidet am 25. Juni das nächste Mal über die Leitzinsen (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/leitzins/) in den USA. Die meisten Analysten rechnen damit, dass die Notenbanker ihre Serie von Zinssenkungen, die sie zur Stützung der Konjunktur auf dem Höhepunkt der Finanzkrise begonnen hatten, nicht fortsetzt. Notenbank-Chef Ben Bernanke hatte zuletzt wiederholt und eindringlich vor den Gefahren der steigenden Inflation gewarnt und zudem erklärt, er fühle sich mit dem erreichten Zinsniveau bislang recht wohl. Die Fed hatte den Leitzins (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/leitzins/) binnen weniger Monate von 5,25 Prozent auf nunmehr zwei Prozent gekappt. Unterstützung bekam Bernanke von weiteren Top-Notenbankern. Der Chef der Fed von St. Louis, James Bullard, sagte, die Zentralbank müsse in der zweiten Jahreshälfte den Kampf gegen die Inflation aufnehmen. „Nach einer zehn Monate andauernden Phase, in der die dominierende Sorge dem Zustand der Finanzmärkte galt, kann die Geldpolitik damit beginnen, sich mit der Inflation zu beschäftigen.“ Bernankes Vize Donald Kohn sagte auf einer Konferenz in Boston, der enorm starke Teuerungsdruck habe bereits dazu geführt, dass die privaten Haushalte mit weiteren Preisschüben rechneten. Die Fed müsse dafür sorgen, dass die Inflationserwartungen nicht noch weiter zunähmen. An den Finanzmärkten wird damit gerechnet, dass die Notenbanker den Leitzins im September erhöhen könnten. Bullard erklärte, er sei für eine klare Festlegung der Fed auf ein Inflationsziel. „Ich wäre ein Verfechter einer solchen Präzisierung. Nimm eine Zahl und steh dazu.“ Im Gegensatz etwa zur Europäischen Zentralbank (EZB) hat die Federal Reserve keine konkrete Marke für die Inflationsrate, unterhalb derer sie noch von Preisstabilität spricht. Die EZB sieht bei einer Inflation knapp unter zwei Prozent Preisstabilität gegeben.
WELT
Die Federal Reserve warnt laut und eindringlich vor der hohen Inflation in den USA. Mit gutem Grund: Die US-Verbraucher üben sich wegen der kräftig steigenden Preise für Energie und Lebensmittel bereits in Zurückhaltung. Das setzt die Notenbank unter Druck – es deutet sich ein Ende der Zinssenkungspolitik an.
Finanzen
2008-06-12T04:48:02Z
2013-03-04T11:44:02Z
US-Notenbank bereitet Strategiewechsel vor
https://www.welt.de//finanzen/article2093981/US-Notenbank-bereitet-Strategiewechsel-vor.html
G8-Gegner: Hamburger Schulsenator warnt vor Reformbaustelle
Die Drähte in Teilen der Elternschaft glühen heiß. Rund 1600 Hamburger haben bis zum Dienstag bereits die Petition unterzeichnet, mit der die Elterninitiative „G9 jetzt!“ für die Einführung einer Wahlfreiheit zwischen acht- und neunjähriger Schulzeit an Gymnasien streitet. „Es gibt einen wunderbaren Schwung“, sagt die Initiatorin, Mareile Kirsch. „Wir bekommen im Moment viele begeisterte Mails von Schülern, Eltern, Großeltern, Lehrern und Unterstützern und Befürwortern des G9“. Die Elterngruppe setzt zunächst auf die Überzeugungskraft ihrer Petition. „Sollte das aber noch nicht reichen, haben wir als Elternintiative ,G8-Jetzt-HH´ auch einen zweiten Schritt, nämlich eine Volksinitiative, geplant“, kündigte Mareile Kirsch gegenüber der Welt an. Man wolle aber besonnen, ohne Aktionismus, vorgehen. Um die erste Stufe der Volksgesetzgebung zu nehmen, müsste die Gruppe innerhalb von sechs Monaten 10.000 Unterschriften sammeln – vorher allerdings eine Initiative gründen, Vertrauenspersonen benennen und offiziell ihre Absicht beim Senat anzeigen. Klare Absage vom Schulsenator Schulsenator Ties Rabe hat dem Anliegen der Eltern schon mal eine klare Absage erteilt – allerdings nicht, weil der SPD-Politiker ein glühender G8-Verfechter wäre, sondern weil die Rückkehr zu G9 die Gymnasien nach seiner Überzeugung zu einer mehrjährigen Reformbaustelle machen würde. „Es gibt in der Tat gute Gründe für und gegen eine verlängerte Schulzeit“, sagte Rabe. Deshalb würden in Hamburg (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/hamburg-staedtereise/) an Gymnasien und Stadtteilschulen beide Wege angeboten. „Wer das jetzt wieder ändern will, zettelt ohne Not einen großen Schulstreit an, der Politik, Verbände, Öffentlichkeit, Lehrer, Eltern und Schüler jahrelang in Atem halten wird“, argumentierte Rabe. Gleichzeitig würden Hamburgs Gymnasien in eine länger dauernde Reformbaustelle gestürzt. „Stundentafeln, Stundenpläne, Bildungspläne, Ausbildungs- und Prüfungsordnungen, Stellenpläne, Raumpläne, Baupläne und vieles mehr – praktisch die gesamte Mechanik der Gymnasien müsste in einem langwierigen Verfahren mit unübersehbaren Folgewirkungen geändert werden“, warnte Rabe. An die Schulstruktur will er nicht herangehen, womöglich aber an die Umsetzung an den Schulen. „Die Hamburger Bildungspläne wurden bereits angepasst“, sagte Rabe. Es gehe aber weiterhin darum, Unterricht, Klassenarbeiten und Hausaufgaben auf G8 einzustellen. Dennoch sei der Unterschied zu G9 geringer, als viele dächten. „Ein Hamburger G8-Gymnasiast hat täglich 20 Minuten mehr Schule ein G9-Stadtteilschüler.“ Man müsse sich gut überlegen, ob es lohne, deswegen sämtliche Gymnasien in eine Reformbaustelle zu verwandeln.“
WELT
1.600 Hamburger haben bis zum Dienstag die Petition der Initiative „G9 jetzt!“ unterzeichnet. Senator Rabe (SPD) erteilt der Rückkehr zu G9 jedoch eine Absage. Er will die G8-Strukturen verbessern.
Regionales
Hamburg
2013-01-16T13:36:01Z
2013-01-17T11:42:55Z
Hamburger Schulsenator warnt vor Reformbaustelle
https://www.welt.de//regionales/hamburg/article112807438/Hamburger-Schulsenator-warnt-vor-Reformbaustelle.html
Offensive in Syrien: Für die Türkei wäre der Verlust Idlibs ein Tiefschlag
Dichte, graue Rauchschwaden steigen in den Himmel (verlinkt auf /politik/ausland/article181466542/Syrien-Aktivisten-melden-schwere-Luftangriffe-auf-Idlib.html) , und riesige Feuerbälle explodieren zwischen den Häusern. Es sind russische Kampfflugzeuge, die seit Samstag ihre Luftschläge auf die letzte Bastion der Rebellen in Idlib intensivieren. Hubschrauber der syrischen Armee werfen ihre gefürchteten Fassbomben ab - mit Nägel, Benzin und Sprengstoff gefüllte Tonnen. Gleichzeitig feuern Regimetruppen schwere Artillerie ab. Hauptziel der Angriffe ist der Süden des Rebellengebiets. Für eine Bodenoffensive gibt es noch keine Anzeichen. Aber sie könnte in den nächsten Tagen auf mehreren Achsen erfolgen, wie regimenahe Medien schreiben. Für sie hat die „riesige Offensive auf Idlib“ (verlinkt auf /debatte/kommentare/article181467940/Syrien-Ohnmaechtig-schaut-der-Westen-auf-die-Schlacht-um-Idlib.html) bereits begonnen, über die seit Wochen spekuliert wird. Denn die immensen Luftangriffe und Granatenbeschüsse könnten nur einen Sinn haben, nämlich „die Stellungen der Aufständischen für die Sturmtruppen der syrischen Armee aufzuweichen“. Für die Türkei ist es ein empfindlicher außenpolitischer Tiefschlag, sollte die Offensive auf Idlib tatsächlich im Rollen sein. Ankara ist die Schutzmacht der Rebellen, die sie seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs 2011 finanziert und bewaffnet. Ob radikale oder moderate Islamisten – Unterschiede wurden da kaum gemacht. Ankara hat seine Rebellen wie Söldner für zwei ihrer Invasionen in Nordsyrien gegen die verhassten Kurden eingesetzt. Bis heute fungieren die syrischen Rebellen dort als türkische Ordnungsmacht. 2017 machte Ankara aus ihnen dann die „Syrische Nationale Armee“. In Idlib droht nun dieser türkischen Hilfsarmee nicht nur eine Niederlage, sondern ihre Vernichtung. Denn Russland und das syrische Regime sind bekannt dafür, mit allen kurzen Prozess zu machen, die sie für „Terroristen“ halten. Und in Idlib lassen beide nicht den geringsten Zweifel daran. Wie der russische Außenminister Sergej Lawrow formulierte, „muss dort ein „Eitergeschwür liquidiert werden“. Die neue Entwicklung in Idlib ist keine Überraschung. Ein Foto vom Gipfeltreffen zwischen Russland, dem Iran und der Türkei vom Wochenende in Teheran spricht Bände. Auf dem Bild ist ein ratloser Recep Tayyip Erdogan zu sehen, der geistesabwesend in den Nüssen auf dem Teller vor ihm stochert. Für den türkischen Präsidenten lief es bei den Gesprächen mit seinen russischen und iranischen Amtskollegen, Wladimir Putin und Hassan Ruhani, nicht sehr gut. Gemeinsam sollte über das Schicksal Idlibs entschieden werden, das von rund 300.000 Regimesoldaten umzingelt ist. Aber von „gemeinsam“ war am Ende keine Rede. Die Türkei blieb mit ihren Wünschen außen vor. Erdogan hatte in Teheran einen Waffenstillstand in Idlib gefordert. „Ein Angriff auf Idlib mündet in ein Desaster, in ein Massaker und eine menschliche Tragödie“, rechtfertigte Erdogan sein Anliegen. Aber in Wirklichkeit brauchte er nur Zeit, um mit den Rebellen zu verhandeln. Sie sollten ausnahmslos in die von Ankara gegründete „Nationale Armee“ integriert werden. Danach hätten sie aus Idlib in das von der Türkei besetzte Nordsyrien abziehen dürfen. Erdogan scheint Konfrontation aus dem Weg zu gehen Aber Russland lehnte den vorgeschlagenen Waffenstillstand kategorisch ab. „Für uns ist das inakzeptabel, wenn man Terroristen abziehen lässt“, sagte Kremlchef Putin, „um sie vor Angriffen zu bewahren, und das auch noch unter dem Vorwand, die Zivilbevölkerung zu schützen.“ Mit „Terroristen“ meint Putin in erster Linie die al-Qaida nahestehenden Gruppen in Idlib, von denen es gleich mehrere gibt. Die größte davon ist Hayat Tahrir al-Sham (HTS), die etwa 60 Prozent der Provinz kontrolliert. Besser bekannt ist sie unter ihrem ehemaligen Namen „Nusra-Front“. In dieser Dschihadistenmiliz kämpfen auch einige Tausend Europäer. „Wir werden das syrische Volk bis zum Märtyrertod verteidigen“, sagten einige holländische Mitglieder maskiert in Internetvideos. Von der türkischen Armee in Idlib kam bisher noch keine Reaktion. Sie hat insgesamt zwölf Beobachtungsposten auf Rebellengebiet entlang der Frontlinie zur syrischen Armee. Diese Posten wurden im Laufe dieses Jahres in regelrechte Basen ausgebaut und verfügen sogar über moderne Luftabwehrsysteme. Erdogan scheint jedoch einer Konfrontation mit der syrischen Armee und besonders Russlands aus dem Weg zu gehen. „Wir werden weder von außen nur zusehen noch uns an diesem Spiel beteiligen“, schrieb der türkische Präsident auf Twitter, wenige Stunden, nachdem seine Waffenstillstandsforderung von Putin abgelehnt worden war. Weder zusehen noch beteiligen? Im Grunde genommen heißt das nicht anderes als still halten. Letztendlich bleibt Erdogan auch kaum Handlungsspielraum, und schon gar kein militärischer, um die Offensive aufzuhalten – es sei denn, auf Kosten einer Eskalation –, und das mit unkalkulierbaren Folgen. Ankara kann nur versuchen, auf die Rebellengruppen in Idlib Einfluss zu nehmen. Viele sind ja von der Türkei abhängig, beziehen seit Jahren ihre Gehälter und Waffen. Ankara müsste sie möglichst schnell zur Aufgabe überreden, bevor die Offensive auf vollen Touren läuft. Aufgabe ist nichts Neues. In Damaskus und zuletzt in Daraa, im Süden Syriens, gaben die Rebellen ihre schweren Waffen ab, und im Austausch bekamen sie freies Geleit. Dass dieses Modell allerdings in Idlib erneut funktioniert, ist zu bezweifeln. Denn Putin hat in Teheran deutlich gesagt, dass er die Rebellen aus Idlib nicht einfach so ziehen lassen will. Die Türkei könnte höchstens einen Teilabzug erreichen. Für die Bewohner Idlibs sind die Verhandlungen zwischen Russland, der Türkei und dem Iran bisher nur eine einzige Enttäuschung. Am Wochenende waren Tausende von ihnen auf die Straße gegangen, um für ein Eingreifen der Türkei zu demonstrieren. „Sie muss uns vor der Offensive beschützen“, sagte ein junger Mann, der aus Daraa geflüchtet war, einem arabischen Fernsehsender. „Wir werden nicht aufgeben und ganz bestimmt nicht in das Territorium von Präsident Assad fliehen.“ Die Menschen haben Angst, dass sie als Oppositionelle in einem Gefängnis des Regimes verschwinden. „Die Schlacht um Idlib wird für Russland die Hölle“ Deshalb forderte Staffan de Mistura, der UN-Spezialgesandte für Syrien, nicht nur eine ausreichende Anzahl von Fluchtkorridoren für die Bewohner Idlibs. Sie müssten eine „sichere Route und ihr Ziel frei wählen können“, sagte de Mistura vor dem UN-Sicherheitsrat. Gleichzeitig plädierte der Spezialgesandte für eine „deadline“ für alle Kämpfer, insbesondere für die radikalen Islamisten. Sie müssten innerhalb einer Frist aus allen Wohngegenden abziehen und würden währenddessen nicht angegriffen. „Das gelte besonders für die „Nusra-Front“, so de Mistura, „mit der die Türkei als Bürge in Kontakt stehen soll.“ Realistisch klingt das nicht. Denn die ehemalige Nusra-Front wird kaum ihre Verteidigungsstellungen aufgeben, an denen sie jahrelang im Geheimen gearbeitet hat. Es wäre ein militärischer Glücksfall, wenn es in Wohngebieten keine Kämpfer mehr gäbe, welche sich dann irgendwo anders, völlig isoliert, vernichten ließen. Sehr beliebt sind die radikalen Islamisten in Idlib nicht. „Wir haben sie lange bekämpft“, sagte Ahmed, ein Aktivist aus Idlib, über WhatsApp. „Aber jetzt brauchen wir sie, und niemand will die militärische Einheit zerstören.“ Denn sonst werde das Regime in Idlib viel schneller einmarschieren, als allen lieb ist. Angesichts der Offensive kooperieren alle Rebellengruppen, egal, wie verfeindet sie vorher gewesen sein mögen. Sie haben einen gemeinsamen „operation room“, also eine militärische Einsatzzentrale, eingerichtet. „Die Schlacht um Idlib wird für Russland die Hölle“, sagte Ali Basha, der Kommandeur von Ahrar al-Sham, einer islamistischen Miliz, die Ankara seit Langem unterstützt. Nach Aufgabe klingt „Hölle“ nicht. Für die Türkei dürfte es schwierig werden, die Rebellen vom kampflosen Abzug aus Idlib zu überzeugen. Zumal selbst diejenigen, die auf der Lohnliste stehen, bis zum Ende kämpfen wollen. Wie schon zuvor in Aleppo, al-Ghuta und Daraa scheint es niemanden zu geben, der Russland und das Regime stoppt. US-Präsident Donald Trump hat zwar versichert, er werde genau hinsehen, was in Idlib geschieht. Aber amerikanische Gegenschläge muss Trump – via Pentagon – zuerst mit Russland absprechen.
Alfred Hackensberger
Die Verhandlungen zwischen Russland, dem Iran und der Türkei sind gescheitert. Die russische Luftwaffe bombardiert Idlib. Syrische Medien melden den Beginn der Offensive auf die letzte Bastion der Rebellen.
Politik
Ausland
2018-09-08T18:44:39Z
2018-09-10T12:03:31Z
Für die Türkei wäre der Verlust Idlibs ein Tiefschlag
https://www.welt.de//181469544
Ausstellung: Villa Stuck zeigt haarige Fotografien von Koelbl
Was taugt besser zur Selbstinszenierung als Haare? Womit lässt sich die Persönlichkeit überzeugender unterstreichen als mit einer Frisur? Haare sind Symbol für die individuelle Identität, sie repräsentieren die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, dienen aber gleichzeitig auch der bewussten Abgrenzung. All den kulturgeschichtlichen Facetten des Themas Haare widmet sich die bekannte Fotografin Herlinde Koelbl in ihrem neuesten Zyklus von 120 Werken, von dem das Museum Villa Stuck 70 Schwarz-Weiß- und Farbaufnahmen in einer Ausstellung zeigt. Seit sich die 1939 in Lindau geborene, zunächst als Modedesignerin ausgebildete Herlinde Koelbl ab Mitte der 70er-Jahre der Fotografie zuwandte, arbeitet sie konsequent in Serien, die stets auch als Bildbände realisiert wurden. Die Milieustudien „Das deutsche Wohnzimmer“ oder „Feine Leute“ sind heute längst Klassiker. Zu Koelbls herausragenden Arbeiten gehören jedoch auch die „Jüdischen Porträts“ sowie „Starke Frauen“ und „Männer“. Berühmt machte sie die fotografische Langzeitstudie „Spuren der Macht“, in der sie die Veränderungen bekannter Politiker wie Angela Merkel oder Gerhard Schröder während deren politischer Tätigkeit dokumentierte. Auf Spurensuche Das Thema Haare allerdings beschäftigte Koelbl schon ihr Leben lang. „Als Kind, mit rötlichem Haar und Sommersprossen, bin ich nicht wie die anderen gewesen, die blond waren oder dunkel“, sagt sie. So ging sie auf Spurensuche: zurück zur Bibel, in der die Sünderin Maria Magdalena Jesus mit ihrem Haar die Füße trocknet. Ins Märchen, in dem Rapunzel ihr Haar herablässt. Zum Volkslied der Loreley. „Was mich interessiert ist: Warum wird das Haar als Mythos so besungen“, fragt Herlinde Koelbl. An die sechs Jahre war sie auf vier Kontinenten unterwegs und sprach Leute mit auffallender Haartracht an, die sie ins Fotoatelier lud. Dort wurden sie, perfekt ausgeleuchtet vor neutralem Hintergrund, in Nahsicht aufgenommen. Name, Datum, Ort – nichts von der realen Situation wurde festgehalten, sodass man in der Stuck-Villa nur anonyme Gegenüber hat. Männer mit Glatze Doch die sind aussagekräftig genug, denn die Fotografin interessiert sich nicht nur für die Ästhetik, sondern auch für Tabus. So sieht man neben lockigem Blondhaar, üppigen Mähnen, den Körper umhüllendem Langhaar auch Haarverlust: eine Frau nach der Chemotherapie, mal haarlos, mal mit Perücke, oder Männer mit Glatze. Selbst intime Bilder wirken durch Koelbls Augen gesehen weder peinlich noch provokant: Blicke auf wegrasierte Schamhaare, die einer Tätowierung weichen mussten, das martialische Genitalpiercing, ein animalisch behaarter Männerrücken, wild behaarte Achselhöhlen, altersgraue Haare, ja sogar ein Schrumpfkopf, bei dem nur ein paar schüttere Strähnen an eine einst vielleicht üppige Haarpracht erinnern. Selbst die Reste schockieren Koelbl nicht, wenn sie etwa Haare im Abfluss zeigt. Zur Vielfalt des Fotospektrums gehören jedoch vor allem Haare, die auf unterschiedliche Kulturkreise und Religionszugehörigkeiten schließen lassen. Da zeigt sich ein jüdischer Junge mit den traditionellen Schläfenlocken, sind die Haare eines muslimischen Mädchens unter dem Kopftuch verborgen, hängt ein zotteliger Yogi-Bart halb über die Brust. Rasta-Look für eine coole Lebenseinstellung Kunstvoll sind afrikanisch inspirierte Flechtfrisuren arrangiert, elegant wirkt der aufwendig inszenierte Kopfputz japanischer Geishas, demonstrativ steht die Glatze harter Szenetypen für ihre politische Orientierung oder der Rasta-Look für eine vermeintlich coole Lebenseinstellung. Dass bei Frauen Haare Signalwirkung besitzen, dass sie der direkteste Ausdruck für Schönheit sind, dass sie den geheimen Codes der Mode unterworfen sind, demonstrieren die zahlreichen Frauenporträts, die von wilden Struwwelpeter-Mähnen bis zum sauberen Seitenscheitel reichen „Ich möchte, dass das Haar fühlbar wird“, sagt Herlinde Koelbl. Das gelingt ihr mit der Serie „Haare“ perfekt. „Haare“, Museum Villa Stuck, Fotografien von Herlinde Koelbl (6..März bis 15.Juni)
Barbara Reitter-Welter
Haare beschäftigten die bekannte Fotografin Herlinde Koelbl schon ihr Leben lang. Den kulturgeschichtlichen Facetten des Themas widmet sie sich in ihrem neuesten Zyklus von 120 Werken, von dem das Museum Villa Stuck 70 Schwarz-Weiß- und Farbaufnahmen in einer Ausstellung zeigt.
Regionales
München
2008-03-03T09:02:04Z
2017-08-15T12:11:25Z
Villa Stuck zeigt haarige Fotografien von Koelbl
https://www.welt.de//regionales/muenchen/article1750441/Villa-Stuck-zeigt-haarige-Fotografien-von-Koelbl.html
Stichwort: Das VW-Gesetz
Nicht jeder Konzern kann sich auf ein eigenes Gesetz verlassen. Volkswagen macht dabei eine umstrittene Ausnahme. Das VW-Gesetz trat am 21. Juli 1960 in Kraft, als die Volkswagenwerk GmbH privatisiert und in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. 60 Prozent des Gesellschaftskapitals wurden veräußert, 40 Prozent verblieben zunächst bei Bund und Land. Der öffentlichen Hand sollten dennoch Mitspracherechte gesichert werden. Dafür räumt das Gesetz dem Land Niedersachsen als größtem Einzelaktionär überproportionalen Einfluß ein. Kein anderer Aktionär kann zudem mehr als 20 Prozent der Stimmrechte ausüben, unabhängig davon, wie viele Anteile er am Unternehmen hält. Das Land ist heute mit 13,7 Prozent an VW (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/vw/) beteiligt und hält 18,2 Prozent der stimmberechtigten Stammaktien. Die EU-Kommission sieht in dem VW-Gesetz einen Verstoß gegen das Recht auf freien Kapitalverkehr und leitete daher ein Verfahren gegen Deutschland ein. Wegen der Sonderregelung könnten ausländische Großinvestoren abgeschreckt werden, lautet die Befürchtung.
WELT.de/dpa
Stichwort: Das VW-Gesetz
Wirtschaft
2005-09-24T22:00:00Z
2011-11-15T21:10:39Z
Stichwort: Das VW-Gesetz
https://www.welt.de//wirtschaft/article167001/Stichwort-Das-VW-Gesetz.html
Bethlehem erstarrt in Angst
Die Krippenstraße ist ausgestorben. Am ersten verregneten Morgen dieses Herbstes kommt einem knapp vier Kilometer vom Stoßverkehr Jerusalems entfernt auf der nördlichen Hauptgeschäftsstraße Bethlehems nur noch das Gespenst des Krieges entgegen. Keine Katze wagt sich ins Freie, kein Mensch zu sehen. Durchsiebte Autos parken quer am Bordstein, überfahrene Mülltonnen versperren den Weg, Panzerketten haben das Pflaster aufgerissen, viele Wagen demoliert und ein Auto wie mit einer Schrottpresse platt gewalzt. Alle Türen sind mit Stahltüren verriegelt. Ein Laternenpfahl ist umgeknickt. Rußgeschwärzte Fassaden, durchschossene Fenster und Splitter überall, und leere Patronenhülsen. Plötzlich zerreißt ein Feuerstoß aus dem Paradies-Hotel die Totenstille, vielleicht 50 Meter hinter uns. Vor uns antwortet Kalaschnikoff-Geknatter dem Feuer hinter unserem Rücken, dann knallt und kracht es von allen Seiten, wie mitten in einem Feuerwerk. Die Krippenstraße Bethlehems ist zur Combat-Zone geworden. Ein Steinwurf vor dem verrammelten Restaurant, wo wir letzte Woche noch Lamm gegessen haben, ruft uns ein altes Ehepaar unter den Kugelhagel hindurch in einen Hauseingang, der Mann gelb im Gesicht und nass vor Schweiß, mit einem Plastiksack in der Hand. Können wir ihn mitnehmen? Bethlehem erstarrt in Angst. Eine Straßenecke weiter kauert eine Gruppe schwarzgekleideter Milizen auf einer Treppe, die automatischen Waffen im Anschlag. Ein Wunder, dass es bei dem Trommelfeuer der letzten Tage nur so wenige Tote gab. Am Mittwoch wurde Ahmed Abayat auf dem Nachhauseweg von Siedlern erstochen, am Donnerstag kamen drei Brüder der Abayat-Familie in einer Bombenfalle ums Leben, am Freitag starb der junge George Abu Eid und Abu Srour in verirrten Kugeln und Maryam Subai, eine Mutter von sechs Kindern. Am gleichen Tag kam die schwangere Rihab Nofal mit ihrem Kind in einem Krankenwagen um, mit dem sie nicht durch die Kontrolle durchgelassen wurde, und Aischa Odeh, einer Mutter von acht, und am Sonntag der taubstumme Mohammed Suleiman Baraka: 16 Tote insgesamt seit letztem Dienstag. Jetzt versammeln sich in der Hirtenstraße die Angehörigen eines 17-jährigen Ministranten, den am Sonntagmorgen ein Hochgeschwindigkeitsgeschoss auf dem Krippenplatz in die Schläfe traf, als er mit seinen Neffen spielte. Der Wind weht ein Flugblatt mit der Erklärung des Papstes vom Sonntag aus Rom über den belebten Platz: "Im Namen Gottes sage ich noch einmal: Gewalt ist für alle nur ein Weg des Todes und der Zerstörung; sie entehrt die Heiligkeit Gottes und die Würde des Menschen." Die Regierungen in aller Welt müssten von Israel verlangen, die "dramatische Gewaltanwendung" in den Palästinensergebieten zu stoppen, die nun bis in den "Geburtsort unseres Erlösers" vorgedrungen sei, wo alle Bewohner das "Geschenk" hätten, in dem Land zu leben, das Juden, Christen und Muslimen heilig sei. Hier müssten Palästinenser und Israelis endlich zu der "Würde zurückfinden, die Gott ihnen gegeben hat". Der Checkpoint aus der Stadt heraus ist undurchlässig von einer Festung aus fünf schweren Panzern und Bulldozern mit lässig freundlichen Soldaten der Armee versperrt, an denen vorbei eine Familie mit einem Kleinwagen aus Bethlehem zu fliehen versucht. Blaulicht erhellt die Straßen Jerusalems. Am Zionsplatz demonstrieren über 80.000 Menschen mit Plakaten, auf denen sie Osama Bin Laden neben Arafat als "Twins" vorstellen. Am Stadtrand bei Gilo liegen die Lichter von Beit Dschallah funkelnd wie Damaskus auf dem anderen Seite des Tals. Geschützfeuer flackert fahl in den Straßen auf, Rauch steigt in die Höhe. Eine schwere schwarze Wolke senkt sich aus dem Nachthimmel auf Bethlehem herab. War das alles nur ein Traum? Am nächsten Morgen strahlt die Sonne in aller Pracht über den judäischen Hügeln. Am Checkpoint ist kein einziger Panzer mehr zu sehen. Nach einem Aufruf der Patriarchen haben sich hunderte von Christen aller Denominationen vor der Stadt versammelt, um die Blockade in einem "Pilgerzug der Solidarität" und einem langen Autokonvoi zu durchbrechen - mit vielleicht noch einmal so vielen Medienvertretern aus aller Welt. Die Soldaten winken sie durch. Jubel empfängt die Fahnen und Kutten der Pilger auf dem Krippenplatz. Vielen der geröteten Gesichter der palästinensischen Sprecher sieht man das Blut der Kreuzfahrer noch deutlich an, die vor 800 Jahren neben einer Vielzahl von Bauten auch einen enormen Gen-Pool im heiligen Land hinterlassen haben. Jetzt ist es, als klänge in ihren Gebeten und Gesängen ein letztes Echo auch jene Freude nach, die sie im Jahr 1099 wohl bei der Sprengung der Belagerung Antiochiens empfunden haben müssen. Kein Abzug Jerusalem - Ungeachtet aller internationalen Kritik will Israel seine Truppen in den sechs Palästinenserstädten stationiert lassen. Besonders die USA hatten in ungewohnt heftiger Form den sofortigen Abzug gefordert. Israels Ministerpräsident Ariel Scharon rechtfertigte den Einsatz am Montagabend als Selbstverteidigung nach der Ermordung des Tourismus-Ministers Rechawam Seewi durch palästinensische Attentäter. "Israel, wie jedes demokratische Land, nimmt sein Recht auf Selbstverteidigung wahr", so Scharon. Er bekräftigte zudem seine Forderung an Palästinenser-Präsident Jassir Arafat, "die Mörder Seewis und deren Hintermänner auszuliefern, terroristische Organisationen zu bekämpfen und aufzulösen". Die Arbeitspartei des israelischen Außenministers Schimon Peres erwog den Auszug aus der Koalition. Die USA kritisierten in bisher schärfster Form die größte israelische Militäraktion in den Autonomiegebieten seit mehreren Jahren. US-Außenamtssprecher Philip Reeker forderte den sofortigen israelischen Rückzug aus den palästinensischen Gebieten.
DW
Die Krippenstraße ist zur Kampfzone geworden - 16 Tote seit Dienstag
Print-welt
2001-10-23T22:00:00Z
2011-11-16T20:37:29Z
Bethlehem erstarrt in Angst
https://www.welt.de//print-welt/article483119/Bethlehem-erstarrt-in-Angst.html
Polnisch-Sowjetischer Krieg: Ein Wunder ließ Polen über die Rote Armee triumphieren
Ironie zu erkennen ist bekanntlich eine Eigenschaft, die nicht jedem gegeben ist. Daher brandete Beifall auf, als der Abgeordnete Stanislaw Stronski im polnischen Parlament, dem Sejm, die erfolgreiche polnische Offensive im August 1920 gegen die Rote Armee als „Wunder an der Weichsel“ bezeichnete. Das sollte einen bissigen Unterton zu dem „ukrainischen Abenteuer“ liefern, in das der Staatschef und Generalissimus Józef Pilsudski (verlinkt auf /geschichte/article150231209/Kriegsheld-Diktator-und-Vorbild-fuer-Kaczynski.html) mit seinem Vormarsch nach Osten seit April Polen geführt hatte und das Stronski nun geißelte. Aber Pilsudskis Anhänger im Sejm verstanden keine Ironie. Und so wurde das „Wunder an der Weichsel“ zum Ruhmeskapitel in der Wiederauferstehungsgeschichte Polens im 20. Jahrhundert. Am 11. November 1918, an dem Tag, an dem das Deutsche Reich in Compiègne den Waffenstillstand mit der Entente unterzeichnete, hatte Pilsudski als „vorläufiges Staatsoberhaupt“ die Macht in Polen übernommen. Ein Monat zuvor hatte der Regentschaftsrat in Warschau einen unabhängigen Staat proklamiert und damit die 123 Jahre währende Zeit der Unterdrückung beendet, in der Polen unter Russland, Österreich und Preußen beziehungsweise Deutschland aufgeteilt gewesen war. Doch was war Polen, wo lagen seine Grenzen? Den einen schwebte eine Renaissance des alten Reichs der Piasten vor, zu dem Schlesien und andere Teile des Deutschen Reiches gehört hatten. Andere träumten von der Wiedererstehung des Imperiums der Jagiellonen und der Union mit Litauen (verlinkt auf /geschichte/article113591091/Alte-Grossmacht-zwischen-Deutschland-und-Russland.html) , das sich weit ins Baltikum, nach Weißrussland und in die Ukraine bis zum Schwarzen Meer erstreckt hatte. Entsprechend breit gespannt waren die Forderungen, mit denen Polen auf der Friedenskonferenz von Versailles auftrat. Ein Vorrücken der Grenze nach Westen, das auch dem französischen Konzept eines breiten „Cordon Sanitaire“ zwischen Deutschland und Sowjetrussland entsprochen hätte, scheiterte am Einspruch Englands. In London wollte man Deutschland als mögliches Bollwerk gegen die Bolschewiki erhalten. Das war durchaus im Sinn Pilsudskis und seiner Anhänger. Sie träumten von einer Wiederherstellung Polens in den Grenzen des 17. Jahrhunderts. Der Bürgerkrieg, der Russland erschütterte (verlinkt auf /kultur/literarischewelt/article135924973/Als-die-Bolschewisten-wueteten-wie-heute-der-IS.html) , bot die Chance dazu. Seit 1918 kämpfte Lenins Regime gegen die Armeen der Weißen und Expeditionskorps verschiedener Großmächte um seine Existenz. Pilsudski nutzte das Machtvakuum, das der Rückzug der deutschen und österreichischen Truppen (verlinkt auf /geschichte/article174133033/Erster-Weltkrieg-Wie-Deutschland-Russland-den-Frieden-diktierte.html) aus dem Osten hinterlassen hatte, und begann, die Grenze schrittweise nach Osten vorzuschieben, wobei es wiederholt zu Kämpfen mit sowjetischen Truppen kam. Als klar wurde, dass die Rote Armee im Bürgerkrieg siegen würde, schlug er zu. Am 25. April 1920 eröffneten polnische Armeen eine Großoffensive, wobei die Warnungen des Obersten Rats der Entente (England, Frankreich, Italien, Belgien, Japan) geflissentlich übersehen wurden. Bereits am 7. Mai war mit Kiew die Metropole der Ukraine in polnischer Hand. Doch den Polen sollte es kaum besser ergehen als den Griechen, die zur gleichen Zeit mit wohlwollender Duldung durch die Siegermächte ihren Anteil am Osmanischen Reich zu gewinnen suchten. Die Logistik in den straßenlosen, zudem vom Krieg verwüsteten Weiten des Ostens brach zusammen. Zwar waren die polnischen Truppen hoch motiviert, und viele Soldaten hatten im Ersten Weltkrieg auf verschiedenen Seiten Kampferfahrung sammeln können. Aber sie mussten mit einem Sammelsurium an Waffen kämpfen und hatten oft nicht einmal Schuhe an den Füßen. Auf der anderen Seite hatte die von Leo Trotzki organisierte Rote Armee (verlinkt auf /kultur/article9094887/Ein-Eispickel-gegen-den-Kopf-der-Weltrevolution.html) unter großen Opfern den Bürgerkrieg bestanden und war zu einem hochgerüsteten Kampfinstrument geworden, das auch von einer ideologischen Sendung angetrieben wurde. „Im Westen entscheidet sich das Schicksal der Weltrevolution; über den Leichnam Polens führt der Weg zum allgemeinen Weltbrand“, hatte der ehemalige zarische Oberleutnant und nun Oberbefehlshaber Michail Tuchatschewski der Westfront als Tagesbefehl am 2. Juli ausgegeben. Damit begann die sowjetische Gegenoffensive. Die polnische Front brach zusammen. In ihrer Not bat die polnische Regierung den Ententerat um Hilfe. Der verwies auf die Demarkationslinie am Bug, die der damalige britische Außenminister George Curzon im Dezember 1919 als Ostgrenze Polens vorgeschlagen hatte, weil bis dort Polnisch die Mehrheitssprache war. Doch die Bolschewiki hatten andere Pläne. Für sie war Polen ein letztes Bollwerk, das niedergewalzt werden musste, um die Weltrevolution endlich nach Westen zu exportieren. Ein „Polnisches Revolutionäres Komitee“ unter der Führung des Tscheka-Gründers Felix Dserschinski (verlinkt auf /geschichte/article171750779/Geheimdienste-Die-Tscheka-erhob-den-Terror-zur-Staatsdoktrin.html) , der verarmtem polnisch-litauischem Adel entstammte, stand in Bialystok bereit, um die Macht in Polen zu übernehmen. Und mehrere sowjetische Armeen schickten sich an, über die Weichsel zu setzen und die Hauptstadt Warschau in die Zange zu nehmen. Da entwickelte Pilsudski einen tollkühnen Plan. Die zum Teil noch desorganisierten polnischen Divisionen sollten sich an und hinter der Weichsel eingraben oder sich so weit zurückziehen, dass ihre Gegner in leere Räume vordringen würden. Auf jeden Fall sollten sie sie ablenken und binden, damit eine „Reservearmee“ in die Lücke stoßen konnte, die zwischen der sowjetischen West- und Südwest-Front klaffte. Diese Truppe bestand aus 20.000 erfahrenen und hoch motivierten Kämpfern, denen sich weitere Divisionen anschließen sollten. Die französische Militärmission, die inzwischen die polnische Führung beriet, hielt den Plan für Wahnsinn, nicht zuletzt weil Pilsudski zuvor eher als Revolutionär und Politiker denn als Militärführer Erfahrung gesammelt hatte. Auch zahlreiche Kommandeure Pilsudskis äußerten Zweifel, wurden aber von dem Argument überzeugt, dass nur dieses riskante Flankenmanöver den Zusammenbruch der Front verhindern würde. Und einer unterstützte mit seinen Intrigen unwissentlich die polnischen Pläne: Josef Stalin. Als Politischer Kommissar der Südwestfront wollte er sich gegenüber Lenin profilieren. Auch hasste er die ehemaligen zarischen Offiziere (verlinkt auf /kultur/history/article108896097/Warum-Stalin-beschloss-um-Stalingrad-zu-kaempfen.html) wie Tuchatschewski, die sich der Revolution zur Verfügung gestellt hatten. Daher verzögerte er den Vormarsch der gefürchteten Reiterarmee seines Genossen Semjon Budjonny, eines zarischen Unteroffiziers, der im Bürgerkrieg Karriere gemacht und später zu einem der mächtigsten Paladine Stalins aufsteigen sollte. Pilsudskis Plan ging auf. Seine Funkaufklärung hatte den sowjetischen Code geknackt. Auch gelang es, Tuchatschewskis Funkverkehr zu stören, sodass die roten Divisionen keine Befehle erhielten, in der polnischen Abwehr verbluteten oder sich fluchtartig zurückzogen. Lenin erkannte, dass ein polnischer Triumph für die Weltrevolution gefährlicher als ein siegreicher Durchbruch ihr förderlich werden würde und schloss in Riga Frieden mit Polen. Polens Grenze wurde 200 bis 300 Kilometer über die Curzon-Linie hinaus nach Osten geschoben. Der Triumph verlieh Pilsudski einen Nimbus, der ihn bis zu seinem Tod 1935 zum starken Mann Polens machte. Stalin vergaß den Streit mit Tuchatschewski nicht und machte ihm 1937 einen Schauprozess (verlinkt auf /geschichte/article156103827/Stalins-Saeuberungswelle-in-der-Roten-Armee-beginnt.html) , den der nicht überlebte. Nach dem Pakt, den der rote Diktator im August 1939 mit Hitler geschlossen hatte, ließ er im September 1939 die Rote Armee in Polen einmarschieren. Die Grenze zwischen beiden Diktatoren wurde in etwa die Curzon-Linie. Sie ist bis heute die Ostgrenze Polens. Sie finden „Weltgeschichte“ auch auf Facebook. Wir freuen uns über ein Like. (verlinkt auf https://www.facebook.com/weltgeschichte/)
Berthold Seewald
Der Versuch der neu gegründeten Republik Polen, weite Teile Russlands zu vereinnahmen, drohte im August 1920 in einer Katastrophe zu enden. Doch an der Weichsel gelang eine überraschende Wende.
Geschichte
2018-08-25T06:34:16Z
2018-08-25T06:34:16Z
Ein Wunder ließ Polen über die Rote Armee triumphieren
https://www.welt.de//geschichte/article181294676/Polnisch-Sowjetischer-Krieg-Ein-Wunder-liess-Polen-ueber-die-Rote-Armee-triumphieren.html
Beinamputierter Star: „Sturzbetrunkener“ Pistorius geht auf Klubgast los
Paralympics-Star Oscar Pistorius (verlinkt auf /themen/oscar-pistorius/) hat laut Medienberichten (verlinkt auf http://www.iol.co.za/news/crime-courts/drunk-oscar-insulted-my-friends-and-zuma-1.1719802) am Wochenende in einem Nachtklub für Ärger gesorgt. Der des Mordes an seiner Lebensgefährtin Reeva Steenkamp angeklagte 27-Jährige wurde demzufolge nach einer Auseinandersetzung mit einem Gast sogar an die Luft gesetzt. Pistorius soll im VIP-Bereich eines luxuriösen Johannesburger Nachtklubs mit dem Geschäftsmann Jared Mortimer gestritten haben. Der „Blade Runner“ sei „sturzbetrunken“ gewesen, berichtet ein anderer VIP-Gast. Der Sportler habe den Mann, dessen Freunde und Südafrikas Präsident beleidigt. Da er nicht aufhörte, weiter Ärger zu machen, mussten die Türsteher aktiv werden. Die Sprecherin von Pistorius sagte der Zeitung „The Star“ (verlinkt auf http://www.iol.co.za/the-star) , Mortimer habe Pistorius in aggressiver Art und Weise auf den laufenden Mord-Prozess angesprochen. Daraus sei eine Diskussion entstanden, in deren Verlauf Pistorius gebeten habe, in Ruhe gelassen zu werden. Kurz darauf habe er den Nachtklub verlassen. „Oscar Pistorius hat die Entscheidung bereut, sich in die Öffentlichkeit zu begeben und dadurch unwillkommene Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen“, wird seine Sprecherin zitiert. Tweet sorgt für Diskussionen Es ist das zweite Mal innerhalb kürzester Zeit, dass der Paralympics-Star von sich reden lässt. Am Samstag hatte sich Pistorius nach langer Zeit wieder via Twitter (verlinkt auf https://twitter.com/search?q=Pistorius&src=typd) zu Wort gemeldet und den Bibelpsalm „Nahe ist der Herr den zerbrochenen Herzen“ gepostet. Wenig später lud er eine Fotocollage hoch. Auf den Bildern ist Pistorius mit mehreren beinamputierten Kindern zu sehen. Anschließend stellte er einen Auszug aus dem Buch „Der Mensch auf der Suche nach Sinn“ des österreichischen Neurologen und Psychiaters Viktor Frankl online. Am Montagmorgen schließlich verbreitete der aus einer religiösen Familie stammende Pistorius auf seinem Twitter-Profil ein Kurzgebet: „Gott, heute bitte ich dich darum, diejenigen, die in Schmerzen leben, im Fluss deiner Heilung zu baden. Amen“. Die Botschaften des Südafrikaners sorgten für gemischte Reaktionen. Einige Nutzer ermunterten den 27-Jährigen, andere warfen ihm vor, er wolle seine Tat vergessen machen. 25 Jahre Haft drohen ihm Pistorius, der sich wegen der Tötung seiner Freundin Reeva Steenkamp (verlinkt auf /vermischtes/article126926234/Wie-Oscar-Pistorius-Reeva-Steenkamp-kontrollierte.html) in der Nacht zum Valentinstag 2013 vor Gericht verantworten muss, war zuletzt am Jahrestag der Tat bei Twitter aktiv gewesen. Damals sprach er der Familie von Steenkamp sein Bedauern aus. Pistorius gibt zu, Steenkamp durch die geschlossene Toilettentür seines Hauses erschossen zu haben. Allerdings will er sie für einen Einbrecher gehalten und in Panik geschossen haben. Die Anklage ist dagegen überzeugt, dass Pistorius seine Freundin nach einem Streit erschoss. Sollte er schuldig gesprochen werden, drohen ihm bis zu 25 Jahre Haft. Die Abschlussplädoyers in dem Prozess sollen am 7. und 8. August gehalten werden.
WELT
Erst bei Twitter einen Psalm gepostet, dann in der Bar ausgerastet: Oscar Pistorius gerät wieder in die Schlagzeilen. Nach Streit mit einem Gast muss der Ex-Leichtathletik-Star den Klub verlassen.
Vermischtes
2014-07-15T10:52:15Z
2017-08-22T14:59:27Z
„Sturzbetrunkener“ Pistorius geht auf Klubgast los
https://www.welt.de//vermischtes/article130171689/Sturzbetrunkener-Pistorius-geht-auf-Klubgast-los.html
Ex-Wirtschaftsweiser Rürup: "Helmut Kohl hatte recht. Der Euro ist ein Erfolg"
Der Ökonom und ehemalige Wirtschaftsweise Bert Rürup plädiert für einen Teilbankrott des hochverschuldeten Griechenlands (verlinkt auf /wirtschaft/article13485219/Europa-fuerchtet-sich-vor-dem-griechischen-Virus.html) und die Einführung gemeinsamer Euro-Anleihen, sogenannter Eurobonds (verlinkt auf /wirtschaft/article12464684/Bert-Ruerup-haelt-Euro-Bonds-fuer-diskussionswuerdig.html) . „Es geht nicht mehr nur um die Stabilisierung Griechenlands, sondern um eine dauerhafte Stabilisierung der Euro-Zone als Ganzes. Dazu wird man um Eurobonds nicht herumkommen“, sagte Rürup dem "Tagesspiegel". „Eurobonds bedeutet, dass nicht mehr ein einzelnes Land an den Kapitalmarkt geht, sondern die Gemeinschaft der Euro-Länder vertreten durch eine gemeinsame Institution", erklärte Rürup. Dies würde den verschuldeten Staaten ermöglichen, sich günstiger Kredite (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/kredit/) und Anleihen (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/anleihen/) zu besorgen, "weil das Ausfallrisiko dieser Eurobonds kaum höher als das französischer oder deutscher Anleihen wäre". Gemeinsame Euro-Anleihen seien aber kein Ersatz für eine Teilentschuldung Griechenlands. Ein Schuldenschnitt sei dort nicht mehr zu vermeiden (verlinkt auf /finanzen/article13485572/Fitch-stuft-Griechenland-auf-CCC-herab.html) , sagte Rürup: „Das ist leider offensichtlich“. Die Krisenpolitik der Euro-Staaten in den vergangenen Monaten habe der Europäischen Einigung geschadet. „Die Politik hat durch ihr Zaudern den Geist dieser Ideen geschwächt hat und einen Teilbankrott Griechenlands in Kauf genommen", kritisierte der Ökonom. Eine klare Ansage der Euro-Staaten, auf jeden Fall zu Griechenland zu stehen, hätte dies unter Umständen verhindern können. Der ehemalige Vorsitzende des Sachverständigenrats ging vor allem mit der deutschen Regierung (verlinkt auf /wirtschaft/article13485916/Roesler-appelliert-an-Deutsche-die-Ruhe-zu-bewahren.html) hart ins Gericht: „Deutschland war ja der Geburtshelfer des Euros und der Motor der europäischen Integration. Diesen Elan kann ich in den letzten Jahren nicht mehr erkennen.“ Insgesamt gebe es zu wenig Leidenschaft für Europa, urteilte Rürup. Der Ökonom brachte zwei "ökonomische Geburtsfehler" der Währungsunion auf den Tisch, "nämlich der Glaube, dass ein Stabilitätspakt ein Ersatz für eine koordinierte Wirtschafts- und Finanzpolitik sei und dass es in einer EU, die immer eine Transferunion war, eine EWU (verlinkt auf /wirtschaft/article13477223/Europas-Problem-mit-Griechenland-ist-50-Jahre-alt.html) geben könne, die keinerlei Transferelemente haben dürfe". Keine Rettungsaktion werde nachhaltigen Erfolg haben, die nicht mit einem Schub bei der Europäischen Integration verbunden sei, prophezeite Rürup. Rürup gehörte 1992 zu den mehr als 60 Ökonomen, die einen Aufruf gegen den Euro unterzeichnet hatten. Kanzler Helmut Kohl hatte die Gemeinschaftswährung dennoch durchgesetzt. "Heute bekenne ich: Helmut Kohl hatte recht", sagte Rürup dem "Tagesspiegel". Alles in allem sei „der Euro ein ökonomischer Erfolg, und Deutschland ist einer der großen Profiteure der Gemeinschaftswährung“, sagte er.
WELT
Bert Rürup war einst ein großer Kritiker des Euro. Ausgerechnet in der Krise lobt er jetzt die Gemeinschaftswährung und einen ihrer Väter.
Wirtschaft
2011-07-14T09:03:27Z
2017-08-24T11:32:26Z
"Helmut Kohl hatte recht. Der Euro ist ein Erfolg"
https://www.welt.de//wirtschaft/article13486314/Helmut-Kohl-hatte-recht-Der-Euro-ist-ein-Erfolg.html
Afghanistan: Veteranenvertreter warnt vor Radikalisierung altgedienter Soldaten
Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Einsatzveteranen, Bernhard Drescher, hat angesichts der Entwicklungen in Afghanistan nach dem Abzug der Bundeswehr vor einer Radikalisierung altgedienter Soldaten gewarnt. „Die Stimmung unter den Veteranen ist grottenschlecht“, sagte er dem „ Redaktionsnetzwerk Deutschland (verlinkt auf https://www.rnd.de/politik/afghanistan-ortskraefte-umgang-kann-zur-radikalisierung-von-bundeswehr-veteranen-fuehren-A5NMWZM4BBGU7IXOETO55NDS3Y.html) “ (RND, Mittwoch). Sie hätten das Gefühl, dass ihre Belange „noch nie interessiert“ hätten. Angesichts der Bilder aus Kabul entstehe nun der Eindruck, dass ihre Arbeit zunichtegemacht werde. Schließlich ziehe man Schutzkräfte nicht ab, bevor nicht alles Schützenswerte in Sicherheit gebracht worden sei, so Drescher. Und die Helfer der Bundeswehr, also die afghanischen Ortskräfte, würden offenbar nicht für schützenswert gehalten. Die Vorgänge würden „hochemotional aufgenommen“. Drescher warnte: „Man verliert emotional eine Gruppe von Menschen, die für den Staat wichtig ist.“ In der Folge entstünden neuerdings rechtsorientierte Gruppen wie „Veteranen 5 n 12“ oder der „Veteranen Pool“. „Ich mache mir Sorgen, wie sich das weiterentwickelt.“
WELT
Der Bund Deutscher Veteranenvertreter bezeichnet die Stimmung unter den Veteranen als „grottenschlecht“ und warnt vor einer Radikalisierung. Der Truppenabzug und die chaotische Evakuierung der Ortskräfte aus Afghanistan werde hochemotional aufgenommen.
Politik
2021-08-25T10:40:12Z
2021-08-25T11:28:22Z
Veteranenvertreter warnt vor Radikalisierung altgedienter Soldaten
https://www.welt.de//politik/article233354793/Afghanistan-Veteranenvertreter-warnt-vor-Radikalisierung-altgedienter-Soldaten.html
Türkei im Umbruch: „Mama, ist mein Vater ein Terrorist?“
Die deutschtürkische Anwältin und Menschenrechtlerin Seyran Ates trifft den türkischen Enthüllungsjournalisten und Kolumnisten Nedim Sener in Istanbul. Das „Welt“-Gespräch mit den beiden wird in der Lounge eines Hotels geführt, von der man den Taksim-Platz und den Gezi-Park im Blick hat. Nach der heftigen Protestwelle in der Türkei, die mit dem Kampf um den Erhalt des Parks begann, schwebt hier der „Gezi ruhu“, der Gezi-Geist. Er verkörpert das alltägliche Ringen um Freiheit und zivilgesellschaftliche Rechte. In ihm engagiert sind sowohl Sener als auch Ates. Allerdings sind ihre Voraussetzungen höchst unterschiedlich: Ates engagiert sich für die Liberalisierung des Islam und Frauenrechte islamischer Frauen in Deutschland, überlebte 1984 schwer verletzt einen Anschlag, bei dem eine Klientin starb, und wird wegen anhaltender Drohungen vom deutschen Staat beschützt. Sener hingegen hat in einem Buch die Verwicklung staatlicher Stellen in die Ermordung des armenischen Schriftstellers Hrant Dink im Jahr 2007 beschrieben – und wird deshalb nun von der türkischen Justiz angeklagt. Die Welt : Herr Sener, Sie haben letztes Jahr ein Buch über das, was Ihnen widerfahren ist, geschrieben – mit dem Titel: „Papa, wieso haben Sie dich eingeschlossen?“. Sie haben eine zehnjährige Tochter. Nedim Sener : Ich habe bereits damit gerechnet, dass ich für meine Enthüllungen umgebracht werden würde. In der Türkei herrscht so eine Tradition. Man hätte einen Lkw auf mich drauffahren lassen, und es hätte wie ein Verkehrsunfall ausgesehen. Niemand hätte das als politisch motivierten Mord ermittelt. Es wäre mir aber niemals eingefallen, dass die türkische Justiz sich gegen mich verschwören würde. Meine Tochter las mit ihrer Mutter zusammen die Anklageschrift und sah dabei das Wort „Terrorist“. Sie fragte „Mama, ist mein Vater ein Terrorist?“ Sie hat schon mit sieben Jahren begriffen, dass Terroristen Flugzeuge entführen, Bomben legen und dabei unschuldige Menschen umbringen. Der türkische Staat erzählt meiner Tochter: „Dein Vater ist eigentlich kein Journalist, sondern ein Terrorist.“ Kann es etwas Hässlicheres geben? Die Welt: Frau Ates, Sie haben Ihre türkische Staatsbürgerschaft abgegeben. Mit welchen Gefahren wären Sie konfrontiert, wenn Sie in der Türkei leben würden? Seyran Ates : Mit einer doppelten Staatsbürgerschaft ist es für den deutschen Staat nicht möglich, meinen Schutz in der Türkei zu gewährleisten, weil der türkische Staat hier für mich zuständig ist. Dieser sieht aber sicher keinen Grund, mir Polizeischutz zu gewähren. Ich habe mich bei der Abgabe meiner Staatsbürgerschaft nicht gegen die türkische Kultur oder gegen den Islam entschieden. Ich habe mich für ein politisches System entschieden, das dazu bereit ist, mich zu schützen. Die Welt : Herr Sener, hatten Sie die Möglichkeit, in Deutschland Asyl zu beantragen? Sener : Ich bin in Deutschland geboren, meine Geschwister und einige Verwandte leben dort. Wenn ich gewollt hätte, wäre ich vor Jahren nach Deutschland ausgewandert. Nachdem ich aus dem Gefängnis entlassen wurde, habe ich das Schengen-Visum erhalten, aber ich habe bis heute nie daran gedacht, in ein anderes Land auszuwandern. Ates : In Deutschland sind Sie ein Held. Sener : Und in der Türkei bin ich ein Terrorist. Ates : Nein, Sie sind ein Held. Sener : Ich glaube an die Gerechtigkeit. Ich denke nicht daran zu fliehen. Die Welt : Herr Sener, wie lange haben Sie in Deutschland gelebt? Sener : Ich war ein typisches „Kofferkind“. Die ersten funktionierenden Verkehrsampeln habe ich in Deutschland gesehen. Die Ampeln symbolisierten für mich Regeln und Gesetze. Mein Glaube an die Justiz hat seinen Ursprung in Deutschland. Die Verkehrsampeln sorgen dafür, dass niemand verletzt wird, solange sich jeder an die Regeln hält. Meine journalistische Arbeit möchte ich innerhalb der Gesetze auf eine transparente Art machen. Bei Grün fährt man, bei Rot bleibt man stehen. Ich bin bei Rot stehen geblieben, aber der türkische Staat hat mich von hinten überfahren, denn er hält sich nicht an die Regeln, die es selbst erlässt. Die Welt : Ihre Freiheit wird bedroht, und Sie beide müssen um Ihr Leben fürchten. Wer ist auf Ihrer Seite? Von wem werden Sie angefeindet? Sener : Seit ich aus dem Gefängnis entlassen wurde, erhielt ich Unterstützung vom türkischen Volk – und das von Menschen mit unterschiedlichen politischen Ideologien. Ich habe bisher von der türkischen Bevölkerung keine Anfeindungen erhalten, aber der türkische Staat erklärte mich zum Staatsfeind. Mit meinen Enthüllungen über die Hintergründe des Mordfalls Dink wurde ich zu seiner Zielscheibe. Die türkische Polizei, Gerichte und Staatsanwälte haben sich auf mich gestürzt. Ates : Bei mir sieht es etwas anders aus. Ich werde weder vom Staat verfolgt, noch verhindert dieser meine Arbeit. Der deutsche Staat hat die Haltung, dass er seine Bürger im Rahmen der Meinungsfreiheit schützen muss. Hier zeigt sich der wahre Einsatz für Freiheit, weil nämlich Freiheit immer auch der Einsatz für die Freiheit des Andersdenkenden ist. Diejenigen, die mir ernsthaft drohen, sind radikal-islamische rechte Türken. Auch werde ich als Rassistin bezeichnet, und mir wird vorgeworfen, ich würde Türken beleidigen. Das sind vorwiegend deutsche Linke, die in der Vergangenheit versucht haben, meinem Ruf zu schaden, um mein Engagement zu behindern. Die Welt : Aber Ihre Kritik richtet sich nicht gegen den deutschen Staat, anders als bei Nedim Sener. Ates : Selbstverständlich kritisiere ich auch den deutschen Staat. Ich sage öffentlich, dass die staatliche Integrationspolitik nicht gut läuft, dass der deutsche Staat seine Augen vor Zwangsheirat und Ehrenmorden verschließt. Ich fordere seit vielen Jahren ein Einwanderungsministerium. Als ich bei unserem ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff eingeladen war, habe ich heftig mit ihm diskutiert und ihm offen gesagt: „Beim Thema Kopftuch denken Sie falsch.“ Er hat mir respektvoll zugehört. Niemand hat mich für meine Kritik festgenommen, obwohl ich ihm mehrmals ins Wort gefallen bin. Die Welt : Der deutsche Verfassungsschutz hat Fehler bei der Beobachtung des rechtsextremen NSU begangen, auf dessen Konto eine Mordserie geht. Inwiefern konnten Sie das in Deutschland offen kritisieren? Ates : Ich kann sehr bequem öffentlich sagen, dass der Verfassungsschutz da ernsthafte Fehler begangen hat. Niemand schließt mich in Deutschland dafür ins Gefängnis ein. Man sollte den deutschen Staat aber nicht allzu sehr loben, insbesondere im Hinblick auf die NSU-Affäre. Obwohl wir den Staat in Deutschland öffentlich kritisieren dürfen, mussten wir mit ansehen, wie wichtige Beweise vernichtet wurden. Sie verwechselten links mit rechts. Sener : Was meinen Sie damit, rechts und links verwechselt? Ates : Beim Schreddern der Akten haben sie angeblich den falschen Stapel erwischt, und damit wurden die wichtigsten Dokumente vernichtet. Das war ein sehr beschämendes Ereignis für Deutschland. Trotzdem sickerte es durch, und die deutsche Öffentlichkeit hat Wind davon bekommen. Die Medien fragten sich, ob der Staat das deutsche Volk eigentlich für dumm verkaufen wollte. Sener : Auch hier sind Akten verschwunden. Aber nicht nur, dass die Mitarbeiter des türkischen Geheimdienstes Dokumente vernichtet haben, sie versuchten auch, mit falschen Informationen der türkischen Öffentlichkeit auf einen Mörder zu deuten. Mit meinem Buch habe ich die fehlenden Dokumente ans Licht gebracht, die nicht mehr versteckt oder vernichtet werden konnten. Für die Verantwortlichen gab es keine Konsequenzen, alle Fakten finden sich im Buch. Weil ich das geschrieben habe, wurde ich beschuldigt, ein Terrorist zu sein. Ich saß 13 Monate im Gefängnis. Ates : Ich führe ein luxuriöses Leben in Deutschland als Menschenrechtlerin. Sener : Sie haben wenigstens das Glück, dass Sie nicht als Terroristin beschuldigt werden, wenn Sie über gesellschaftliche Missstände schreiben oder Skandale veröffentlichen Ates : Man darf aber kein rosarotes Bild von Deutschland zeichnen. Das, was Sie heute in der Türkei erleben, musste in Deutschland in den 50er-Jahren unter anderem der „Spiegel“ erleben. Damals konnte und wurde die Meinungs- und Pressefreiheit unter dem Gesetz des Landesverrats eingeschränkt. Der deutsche Staat konnte bequem Berufsverbote über Journalisten verhängen. Die inzwischen an die Demokratie gewöhnte und von ihr überzeugte Bevölkerung setzte sich aber für die Meinungsfreiheit ein, indem sie protestierte. Sener : Als ich und der Journalist Ahmet Sik verhaftet wurden, haben uns viele Journalisten unterstützt. Unsere Kollegen haben nicht nur am Taksim-Platz, sondern überall in der Türkei gegen unsere Verhaftung demonstriert. Natürlich hat das seine Wirkung gezeigt. Gleichzeitig wurde ich von Menschenrechtlern aus Europa, den USA, Nordamerika und Lateinamerika unterstützt. Sogar aus arabischen Ländern und dem Fernen Osten habe ich Unterstützung erhalten. Die Welt : Was hat das für Gefühle in Ihnen ausgelöst, als internationale Organisation und ausländische Staaten Sie unterstützten? Sener : Meine größte Angst im Gefängnis war, dass die Menschen dem türkischen Staat Glauben schenken und annehmen werden, dass ich diese Straftaten begangen habe. Über mich wurden ständig falsche Dinge behauptet, und ich konnte mich im Gefängnis nicht dagegen wehren. Die Verantwortlichen im Mordfall wollten mich nicht nur im Gefängnis sehen, sondern meinen Ruf schädigen, damit sich der Wahrheitsgehalt der Fakten schwächt, die ich enthüllte. Als mich meine ausländischen Besucher sprachen, war ich beruhigt, denn sie glaubten weiterhin an meine Unschuld. Da wurde mir klar, dass ich diesen Kampf gewonnen habe. Ich habe aber erst dann endgültig mein Ziel erreicht, wenn sich die Verantwortlichen für ihre Taten schämen. Die Welt : Auch bei Ihnen wurde oftmals versucht, Ihren Ruf zu schädigen. Was ist Ihre größte Angst, Frau Ates? Ates : Auch meine größte Angst ist, dass die Menschen an meiner Absicht zweifeln. Denn mein Anliegen ist es, mich für Freiheiten und Menschenrechte einzusetzen. Ich kämpfe weder gegen die Türkei, noch gegen die türkische Kultur, auch nicht gegen den Islam. Mein einziger Kampf gilt dem Patriarchat. Und ich stehe gegen alle Gesetze und Handlungen, die die Menschenrechte verletzen. Ich bin Anwältin geworden, um mich für die Rechte der Minderheit starkzumachen. Die Welt : Sie waren aber gezwungen, eine Zeit lang ihre Tätigkeit als Anwältin aufzugeben. Seit Sie Drohungen erhalten, leben Sie zusammen mit Ihrer Tochter unter Polizeischutz. Ates : Ja, der Grund dafür war, dass das Leben meiner Tochter in Gefahr sein könnte. Das war eine sehr schmerzliche Periode in meinem Leben. Ich habe aufgehört zu schreiben. Ich war der Auffassung, dass ich nicht mehr meine Meinung öffentlich sagen darf, um meine Tochter schützen zu können. Die Welt : Herr Sener, am 12. Dezember ist Ihre nächste Verhandlung, bei der Ihnen eine Haftstrafe von mindestens sieben Jahren droht. Frau Ates, Sie haben wieder Ihre Tätigkeit als Anwältin begonnen und leben weiter mit der Angst um Ihr Leben. Sener : Seyran hat Glück, denn der Staat ist auf ihrer Seite und die Polizei beschützt sie. Bei mir ist es die Polizei, die sich gegen mich verschworen hat. Und die Justiz ist nur ein Theater, das mich bestrafen möchte. Ates : Man könnte mich jederzeit in einer Ecke umbringen, das weiß ich. Sener : Aber wenn in Deutschland böse Menschen Sie umbringen wollen, gibt es Menschen, die sie schützen. Aber hier werden wir vom Staat angefeindet. Wer schützt uns hier vor dem Staat? Ates : Ich weiß nicht, was ich Nedim raten könnte. Was die Lebensgefahr anbelangt, bin ich selbst ratlos. Sener : Wünsche mir viel Glück. Wünsche mir einfach nur Glück. (lacht)
Cigdem Toprak, Istanbul
Der Journalist Nedim Sener und die Anwältin Seyran Ates werden beide bedroht. Ein Gespräch über Bedrohung, den Kampf um Bürgerrechte und den Staat als Helfer oder Bedrohung.
Politik
Ausland
2013-11-07T18:09:27Z
2015-12-16T16:04:55Z
„Mama, ist mein Vater ein Terrorist?“
https://www.welt.de//politik/ausland/article121659362/Mama-ist-mein-Vater-ein-Terrorist.html
Weihnachtszeit: Drei Tannen für das Kanzleramt
Die drei Weihnachtsbäume für das Berliner Kanzleramt kommen in diesem Jahr aus Nordrhein-Westfalen, dem Saarland und Schleswig-Holstein. In Dresden eröffnete derweil der traditionelle Striezelmarkt.
WELT
Die drei Weihnachtsbäume für das Berliner Kanzleramt kommen in diesem Jahr aus Nordrhein-Westfalen, dem Saarland und Schleswig-Holstein. In Dresden eröffnete derweil der traditionelle Striezelmarkt.
2015-11-26T21:10:05Z
2016-12-17T12:43:03Z
Drei Weihnachtsbäume für das Kanzleramt
https://www.welt.de//politik/video149325301/Drei-Weihnachtsbaeume-fuer-das-Kanzleramt.html
Minister-Rücktritts-Serie: Ist Premier Gordon Brown nun bald allein zuhaus?
Mit einer eilig vorgezogenen Kabinettsumbildung versuchte Großbritanniens Regierungschef Gordon Brown, die sich ausbreitenden Resignation unter etlichen seiner Minister einzudämmen und seiner Regierung neuen Halt zu verleihen. Ob ihm das mit diesem Revirement gelungen ist, muss nach Meinung der meisten Kommentatoren bezweifelt werden. Denn noch am späten Donnerstagabend, kaum hatten die Wahllokale zu den Kommunal- und Europawahlen geschlossen, war Arbeitsminister James Purnell mit einer Rücktrittserklärung an die Öffentlichkeit getreten, welche die Bedenken gegenüber Browns fortgesetzter Führung unmissverständlich auf den Tisch legte. In Purnells Schreiben an den Regierungschef hieß es unter anderem: "Mit Dir als Anführer würde ein Sieg der Konservativen eher mehr als weniger wahrscheinlich werden. Das wäre ein Desaster. Ich fordere Dich daher auf, beiseite zu treten und der Partei eine neue Chance zu geben, zu gewinnen. Ich strebe nicht die Parteispitze an, noch handele ich im Namen anderer. Wenn sich ein Konsens bildet, dass Du weiter im Amt bleiben solltest, werde ich die Regierung loyal von den Hinterbänken aus unterstützen. Ich bin aber der Meinung, dass die Frage Deiner Führung jetzt aufgeworfen werden muss." Ummittelbar nach diesem wie eine Eruption empfundenen Schritt des Labour-Aufsteigers, der mit seinen 39 Jahren eine Zukunftshoffnung der Partei darstellt, scharten sich eilfertig verschiedene Kabinettskollegen um den Regierungschef und bekundeten ihre fortgesetzte Loyalität. Purnell irre in seinem Urteil, ließ sich Außenminister David Milliband, pars pro toto, vernehmen. Brown sei der beste Mann für diese schwierigen Zeiten. Es gebe zu ihm keine Alternative. In der Tat scheint der Plan etlicher Labour-Rebellen, gegen Brown eine Unterschriftenaktion zu seiner Beseitigung aus dem Amt anzuzetteln, erst einmal auf Eis gelegt. Wobei niemand bei den sich seit Wochen überstürzenden Ereignissen in Westminster vorhersehen kann, was sich in den nächsten 48 Stunden abspielen mag in dieser tief gespaltenen Partei. Überraschungen sind an der Tagesordnung. So gab, noch ehe die Kabinettsumbildung beendet war, Verteidigungsminister Hutton bekannt, er wolle sich ganz aus der Politik zurückziehen, nicht nur von seinem Ministeramt, sondern auch von seinem Unterhaussitz. Nach Informationen der BBC von Freitagnachmittag warf auch Verkehrsminister Geoff Hoon das Handtuch, der in den Abrechnungsskandal verwickelt ist. Vier Minister in einer Woche kapitulieren Es war der vierte Rücktritt eines Kabinettsmitgliedes während der letzten beiden Tage, nach Innenministerin Jacqui Smith, der Ministerin für Gemeinden und Kommunalverwaltung Hazel Blears sowie Arbeitsminister Purnell. Es fällt schwer, diese Absetzbewegung unter hochrangigen Regierungsmitgliedern mit deren fortgesetzten Loyalitätsbekundungen gegenüber Brown – wenn auch nicht bei Purnell – in Einklang zu bringen. Jedenfalls hatte der Premierminister plötzlich genügend Vakanzen, um eine grundlegende Rochade unter seinen Spitzenkräften in Gang zu bringen. Die fand dann freilich nicht statt – es war mehr ein Stühlerücken als eine durchgreifende Personalerneuerung. Unerwarteterweise behielt dabei der vielfach als abgehalftert geltende Finanzminister Alistair Darling sein Ressort, ebenso wie Jack Straw das Justiz-, David Milliband das Außen- und Lord Mandelson das Wirtschaftsministerium. Für Hazel Blears rückte John Denham nach (bisher Bildungsminister), auf Jacqui Smith als Leiterin des Innenressorts Alan Johnson (bisher Gesundheitsminister), während Staatsministerin Yvette Cooper den Posten von James Purnell erbte. Neuer Verteidigungsminister wurde der bisherige Staatsminister für die Streitkräfte John Ainsworth. Aus der Geschäftswelt holte sich Brown Sir Alan Sugar, einen auch wegen seiner Fernsehshow bekannten Unternehmer, als Konjunkturberater an die Seite und beförderte ihn dafür ins Oberhaus. Ob dieser alles andere als dramatische Figurenaustausch Browns Fortüne wenden wird, bleibt abzuwarten. Denn gleichzeitig mit diesen die Regierungsbildung betreffenden Fragen wurden gestern die ersten Ergebnisse aus den weit verstreuten Kommunen bekannt, wo das Wahlergebnis für Labour so erschütternd ausfiel wie vorhergesagt. Die Partei verlor fast ihre letzten kommunalen Bastionen, wobei die Konservativen und die Liberaldemokraten die Beute fast ganz unter sich allein ausmachen konnten – ein Zweikampf, der wegweisend werden könnte für die nächste Unterhauswahl. Am Sonntagabend wird mit dem Ergebnis der Europawahl eine weitere Hiobsbotschaft an der Schwelle der Downing Street abgeliefert werden, was die Partei fast schon mit Achselzucken abgehakt zu haben scheint. Danach folgt eine Woche Labour-interner Beratungen – mit ungewissem Ausgang.
Thomas Kielinger
Der britische Premier Gordon Brown hat innerhalb der letzten Tage vier Minister verloren. Sie sind allesamt zurückgetreten und machen eine hektische Kabinettsumbildung notwendig. Einer der Minister fordert Brown sogar zum Rücktritt auf. Brown schaltet auf stur und versucht, sein politisches Erbe zu retten.
Politik
2009-06-05T15:48:32Z
2015-09-01T11:17:00Z
Ist Premier Gordon Brown nun bald allein zuhaus?
https://www.welt.de//politik/article3869578/Ist-Premier-Gordon-Brown-nun-bald-allein-zuhaus.html
Arbeitsagentur: Wo Hartz-IV-Empfänger am meisten bekommen
Nach den neuesten Daten der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit liegen die Zahlungen an Hartz-IV-Empfänger in Deutschland (verlinkt auf /wirtschaft/article115546305/Deutsche-Arbeitslose-sind-die-aermsten-in-Europa.html) weit auseinander. Tendenz: Der Unterschied zwischen Großstädten und dünn besiedelten Landkreisen wird immer größer. Während in München, Köln, Düsseldorf, Essen, Frankfurt am Main oder Wiesbaden im vergangenen Jahr mehr als 900 Euro an die so genannten Bedarfsgemeinschaften ausgezahlt wurden, lag das Hartz-IV-Geld in Chemnitz, Dresden, Erfurt, Halle an der Saale, Leipzig, Magdeburg, Potsdam und Rostock deutlich unter 800 Euro. Allerdings gibt es nur für das Wohnen mehr oder weniger Geld, der Regelsatz ist dagegen überall in Deutschland gleich hoch. Die durchschnittliche Auszahlung sah im vergangenen Jahr so aus: 342,04 Euro Arbeitslosengeld II, 356,38 Euro für Miete und Heizung, 15,03 Euro Sozialgeld und 4,62 Euro sonstige Leistungen. Außerdem wurden 2012 im Durchschnitt 126,20 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen überwiesen. Alles zusammen ergibt das 844,27 Euro je Haushalt, der im vergangenen Jahr Hartz-IV berechtigt war. Unterschiede durch Wohnen und Heizen Am meisten bekamen diese Bedarfsgemeinschaften in München (951 Euro), Bonn (948) und Mönchengladbach (926). Am wenigsten wurde im Landkreis Rhön-Grabfeld/Bayern (651 Euro) und in Sonneberg/Thüringen (658 Euro) gezahlt. „Der Anspruch an die Leistungen ist in Deutschland überall gleich hoch. Der Unterschied kommt lediglich durch das Wohnen und Heizen zustande“, sagte eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit der „Welt“. Der einzelne Leistungsempfänger habe keine unterschiedliche Auszahlung zur eigenen Verfügung, da die Miete und Heizkosten direkt mit dem Vermieter abgerechnet würden, betonte sie. In der Statistik kann es dennoch je Haushalt unter den Hartz-IV-Empfängern Abeichungen geben: Je nachdem, ob es sich um einen Singlehaushalt oder um eine Familie handelt, kann das Geld sehr wohl variieren.
Birger Nicolai
Auch wenn der Hartz-IV-Regelsatz deutschlandweit gleich ist, variieren die Zahlungen an die Bedarfsgemeinschaften erheblich. In München gibt es rund 900 Euro, in Magdeburg 100 Euro weniger.
Wirtschaft
2013-04-26T04:27:43Z
2015-10-06T05:49:14Z
Wo Hartz-IV-Empfänger am meisten bekommen
https://www.welt.de//wirtschaft/article115628108/Wo-Hartz-IV-Empfaenger-am-meisten-bekommen.html
Katholischer Bischof für mehr Toleranz bei Sexualmoral
Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode gehört zu den profiliertesten Vertretern des katholischen Reformerlagers. Der Mann, der Internetbotschaften mit „Bibo“ unterzeichnet, war bei seiner Amtseinführung 1995 der jüngste Diözesanbischof Deutschlands. Heute leitet er die wichtige Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz. Der 63-jährige Bode empfängt im schlichten schwarzen Jackett über schwarzem Pulli und weißem Kragen zum Gespräch im Erdgeschoss seines Bischofshauses. Er schenkt Kaffee ein. An der Wand hängt ein Ölbild mit einer Darstellung der Tempelreinigung. Bodes Arbeitszimmer befindet sich ein Stock höher. Wenn er dort an seinem Schreibtisch sitzt und aus dem Fenster sieht, fällt sein Blick direkt auf den mächtigen Sandsteindom. Die Welt: Herr Bischof, Sie haben in Ihrer Karriere schon mehrfach Positionen vertreten, die im Vatikan nicht gern gesehen wurden. Sind Sie schon mal zum Rapport nach Rom einbestellt worden? Bischof Franz-Josef Bode: Nein. Ich bemühe mich ja stets, meine Ansichten in einer guten und fairen Weise ins Gespräch zu bringen. Und ich kann auch nicht erkennen, wo ich schon einmal den Boden der Lehre der Kirche verlassen hätte. Es kommt schon vor, dass jemand nach Rom schreibt und mich sozusagen denunziert, weil er irgendwas hier bei uns nicht richtig fand. Zumeist sind das liturgische Dinge, etwa ob eine Gemeindereferentin hätte predigen dürfen. Dann bekomme ich einen Brief mit der Bitte um Stellungnahme. Das ließ sich bisher immer leicht klären. Die Welt: Sie gelten als liberaler Bischof. Gefällt Ihnen die Beschreibung? Bischof Bode: Ehrlich gesagt, überhaupt nicht. Das Wort hat immer den Beigeschmack, als würde man leicht und locker mit allem umgehen. Das trifft auf meinen Dienst nicht zu. Ich möchte mich auf die Belange der Menschen einlassen, möchte Gott und den Menschen nahe sein. Mit der Frage, ob man nun konservativ oder liberal ist, hat das nichts zu tun. Die Welt: Welches Adjektiv würden Sie wählen? Bischof Bode: Offen. Ich bin offen und den Menschen im Heute zugewandt. Ich möchte einfach ein guter Zeitgenosse sein. Die Welt: Derzeit gibt es in der Kirche (verlinkt auf /themen/katholische-kirche/) eine heftige Auseinandersetzung über die Familien- und Sexualethik. Viele deutsche Bischöfe wollen die Lehre reformieren, die römische Glaubenskongregation will das verhindern. Beobachter sprechen schon von einem Theologenkrieg. Sie haben im Juli eine Delegation deutscher Bischöfe geleitet, die Reformvorschläge in Rom vorgestellt hat. Wie war die Stimmung? Bischof Bode: Wir saßen in sachlicher und freundlicher Atmosphäre zusammen in einem Konferenzraum der Glaubenskongregation. Wir kennen uns ja auch alle seit vielen Jahren, sind größtenteils per Du und können brüderlich miteinander umgehen. Zusammen mit vier Amtsbrüdern habe ich einen Text vorgelegt, der sich ausschließlich mit der Frage befasst, wie die Kirche ihren Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen ändern könnte. Ob es innerhalb des theologischen Rahmens unter bestimmten Umständen möglich ist, dass Wiederverheiratete die Sakramente empfangen. Es war wirklich ein gutes Gespräch, anderthalb Stunden. Weder am Anfang noch am Ende gab es vom Präfekten der Kongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, ein Statement, das uns in irgendeiner Weise eingeschränkt hätte, unsere Argumente auch in die nun anstehenden Bischofssynode einzubringen. Die Welt: Nach bisheriger Lehre dürfen wiederverheiratete Geschiedene nicht an den kirchlichen Sakramenten wie der Eucharistie teilnehmen. Sie sind Eucharistie-Experte, haben über das Thema promoviert. Welchen Umgang mit den Wiederverheirateten empfehlen Sie? Bischof Bode: Papst Franziskus (verlinkt auf /themen/papst-franziskus/) hat eine wichtige Frage aufgeworfen: Ist die Eucharistie nur eine Belohnung für Vollkommene oder ist sie auch ein Heilmittel für schwierige Situationen? Ich persönlich bin der Meinung, dass man Betroffenen nach einer Zeit der persönlichen Auseinandersetzung und der Buße auch wieder die Nähe Christi in Gestalt der Sakramente schenken sollte. Es wird ja viel darüber diskutiert, ob in unserer dynamischen Welt überhaupt noch lebenslang gültige Entscheidungen möglich sind. Für uns im Glauben sind sie möglich, weil wir davon überzeugt sind, dass Gott sie mitträgt. Aber ich bin überzeugt: Dieser Gott ist zugleich den Menschen so sehr zugewandt, dass er auch in noch größerer Barmherzigkeit mit den Brüchen, mit dem Scheitern, mit dem Nichtgelingen umgeht. „Wenn das Herz uns auch verurteilt – Gott ist größer als unser Herz.“ Das ist mein Bischofswahlspruch (verlinkt auf http://www.bistum-osnabrueck.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/priesterdiakone_vortrag_2011.pdf) . Die Welt: Was sagen Sie Priestern Ihres Bistums, in deren Gemeinden Wiederverheiratete zur Kommunion gehen wollen und die bei Ihnen anfragen, wie sie sich verhalten sollen? Bischof Bode: Es gibt da keine einheitliche Dienstanweisung. Ich gehe davon aus, dass die Priester die Situation vor Ort am besten kennen. Deshalb traue ich ihnen zu, die jeweils richtige Entscheidung zu treffen. Ich habe jedenfalls bisher keinen gemaßregelt, der in dieser Frage die kirchliche Lehre vielleicht einmal im Sinne einer guten Pastoral weit ausgelegt hat. Die Welt: Kardinal Müller hat in den letzten Wochen mehrfach deutlich gemacht, dass eine Änderung im Umgang mit den Wiederverheirateten für ihn nicht infrage kommt. Ihre Romreise hat den Streit nicht beilegen können. Bischof Bode: Ich bin nicht hingefahren, um seine Einstellung zu ändern. Dass der Kardinal Ja oder Nein sagt, war gar nicht angedacht. Wir wollten einfach unsere Sicht der Dinge begründen. Wie es jetzt weitergeht, ist Sache der Synode und des Papstes. Und Franziskus geht meiner Wahrnehmung nach sehr offen an diese Fragen heran. Die Welt: Die außerordentliche Generalversammlung der Bischofssynode beginnt am Sonntag in Rom. Rund 190 Würdenträger beraten über die Familien- und Sexualmoral der Kirche. Was erwarten Sie? Bischof Bode: Ich hoffe zunächst, dass die Synode bei allen strittigen Punkten positiv zeigt, wie eigentlich unser Verständnis von Ehe und Familie ist, warum wir Ehe als Sakrament ansehen und was dieses Sakrament zum Gelingen einer Familie beiträgt. Aber ich erwarte auch, dass wir hinterher nicht einfach genau dasselbe sagen wie vorher. Der Papst selbst hat hohe Erwartungen geweckt (verlinkt auf /politik/deutschland/article129508222/Rom-gibt-Vermittlungsprobleme-bei-Sexualmoral-zu.htm) , weil er die große Umfrage zu Ehe und Familie auch an die Laien geschickt hat. Dabei kam ungeschminkt heraus: Die Werte von Partnerschaft und Familie werden allgemein gesucht, aber die Vorstellungen davon, wie diese Werte erreicht und geschützt werden können, sind sehr unterschiedlich. Es gibt da eine große Kluft zwischen der Lehre der Kirche und der Lebenswirklichkeit der Gläubigen. Darauf müssen wir reagieren. Die Welt: Haben die Umfrageergebnisse Sie überrascht? Bischof Bode: Eigentlich nicht. Das Gute ist, dass wir die Probleme jetzt deutlicher ansprechen können. Wir haben davor doch manchmal auch darum herum geredet. Jetzt ist klar, dass es Handlungsbedarf gibt. Die Welt: Was muss sich ändern? Bischof Bode: Wir sollten einen positiven Blick darauf werfen, welche Werte auch in solchen Lebenssituationen und Familienformen stecken können, die wir als Kirche vielleicht nicht sofort unterschreiben. Die Umfrage zeigt doch: Es gibt eine tiefe Sehnsucht nach verlässlichen Beziehungen und gelingendem Familienleben, auch in alternativen Modellen. Das sollten wir stärker anerkennen und nach entsprechenden gemeinsamen Wegen suchen, statt nur zu sagen: Entweder so oder gar nicht, weiß oder schwarz. Die Welt: Was bedeutet das? Dass die Kirche Homosexualität akzeptieren sollte oder Partnerschaften ohne Trauschein? Bischof Bode: Die Kirche steckt in einem Dilemma. Auf der einen Seite steht zurecht die Unauflöslichkeit der Ehe. Das ist die klare Lehre Jesu, das ist nicht verhandelbar. Auf der anderen Seite gelingt aber nun mal vieles im Leben der Menschen nicht so, wie es das Ideal vorgibt. In diesem Dilemma müssen wir versuchen, Brücken zu bauen, indem wir in den verschiedenen Lebenssituationen das Positive und Verantwortliche wahrnehmen. Die Welt: Wege suchen, Brücken bauen. Wenn es um Streitpunkte der Kirche geht, wird viel in Metaphern gesprochen. Warum fällt es gerade reformorientierten Bischöfen so schwer, klar zu benennen, was sie wollen? Bischof Bode: Wir haben immer auch die Sorge, dass Reformwünsche missverstanden werden im Sinne von: Die Kirche sagt jetzt endlich das, was weite Teile der Gesellschaft auch schon sagen. Dieser Eindruck darf nicht entstehen. Er wäre auch falsch. Hinzu kommt, dass unsere Lehre eine sehr lange Tradition hat. Mit ihr muss man sich behutsam auseinandersetzen. Ich persönlich habe auch ein Problem damit, Argumente sofort öffentlich auszutauschen. In der Öffentlichkeit wird schnell polarisiert. Wenn der eine etwas sagt, wird ein anderer dagegen ausgespielt. So wird die Auseinandersetzung wichtiger als der Inhalt. Untereinander fällt es uns Bischöfen nicht schwer, die Dinge beim Namen zu nennen. Die Welt: Sie waren selbst vor zwei Jahren auf einer Bischofssynode in Rom. Damals ging es um die Frage, wie man den christlichen Glauben wieder besser vermitteln kann. Mehr als 200 Bischöfe aus aller Welt gaben Fünf-Minuten-Statements ab und verabschiedeten am Ende sehr lange, sehr allgemeine Texte. Wie effizient sind solche Konferenzen? Bischof Bode: Die neue Synode muss sicherlich einen mehr dialogischen Stil haben, wenn sie mit dem vorliegenden Arbeitspapier umgehen und etwas erreichen will. Es wird auch nicht ohne kleinere Gesprächsgruppen gehen, in denen Einzelfragen behandelt werden. Sonst sehe ich in der Tat die Gefahr, zu sehr im Allgemeinen zu bleiben. Die Welt: Wie muss man sich Willensbildung unter Bischöfen vorstellen? Bischof Bode: Ganz viel geschieht in Einzelgesprächen. Der Vorteil häufiger wiederkehrender Bischofssynoden ist, dass sich die Teilnehmer schon besser kennen. Auf diesen Netzwerkgedanken wird auch bei der Ausbildung der Bischöfe mehr Wert gelegt als früher. Die neu geweihten Bischöfe aus aller Welt nehmen zu Beginn ihres Dienstes an Treffen in Rom teil. Das Internet macht es leicht, den Kontakt zu halten. Der internationale Episkopat ist in den letzten Jahren zusammengerückt. Die Welt: Der emeritierte deutsche Kurienkardinal Walter Kasper hat in einer berühmt gewordenen Rede vor den Kardinälen im Februar in Rom gesagt, er hoffe auf eine einmütige Antwort der Synodalteilnehmer auf die anstehenden Fragen. Wie realistisch ist das, nach den Differenzen im Vorfeld? Bischof Bode: Ich halte es für möglich. Wenn erst einmal erkannt wird, dass man die Ehe schützen und sich zugleich den unterschiedlichen Lebenssituationen heutiger Menschen stärker zuwenden kann, können die Synodenväter eine gemeinsame Richtung finden. Davon gehe ich immer noch aus, weil wir dem Heiligen Geist trauen können.
Lucas Wiegelmann
Am Sonntag beginnt in Rom die Synode zur katholischen Sexualmoral. Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode über Konflikte mit dem Vatikan und mehr Verständnis für alternative Familienmodelle.
Politik
Deutschland
2014-10-04T03:07:50Z
2015-09-22T09:28:48Z
„Wir sollten aufhören zu sagen: so oder gar nicht“
https://www.welt.de//politik/deutschland/article132901209/Wir-sollten-aufhoeren-zu-sagen-so-oder-gar-nicht.html
Karneval im Liveticker: Unwetter - Abends erwischte es Düsseldorf doch noch
"APP-USER: BITTE HIER ANTIPPEN, UM ZUM TICKER ZU GELANGEN" (verlinkt auf http://www.coveritlive.com/mobile.php/option=com_mobile/task=viewaltcast/altcast_code=9394ae2d32) Blauer Himmel, leichtes Lüftchen: Nach der Absage des Rosenmontagszugs in Düsseldorf konnte der eine oder andere Narr am Montagnachmittag die Prognosen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) bezweifeln. Die Meteorologen blieben aber bei ihrer Vorhersage und kündigten ein massives Sturmtief für den Nachmittag an – fast zeitgleich zum eigentlich geplanten Zug in Düsseldorf. „Das kommt sicher, derzeit liegt das Tief über Frankreich“, sagte ein Meteorologe am Mittag. Und tatsächlich: Am Nachmittag verdunkelte sich der Himmel, starke Winde zogen auf und Sturzregen prasselte auf die wenigen verbliebenen Düsseldorfer Narren nieder. Diese nahmen fluchtartig Reißaus, wie Bilder zeigen, die die Nachrichtenagentur dpa am frühen Abend veröffentlichte. In Köln blieb es dagegen trocken, und nur einmal kurz kam stärkerer Wind auf. Köln sei anders als Düsseldorf durch die Eifel geschützt, erklärte der Wetterdienst. Deshalb könne das Wetter dort trotz der geografischen Nähe durchaus anders sein als in Düsseldorf. Ob nass oder trocken - inzwischen dürften sich die Narren in beiden Städten in die hiesigen Kneipen zurückgezogen haben, um dort weiter zu feiern. Zweifel an der Entscheidung zur Absage hatten die Veranstalter bis zuletzt nicht. „Wir fragen uns zwar jetzt, wo der Sturm bleibt“, sagte der Pressesprecher vom Comitee Düsseldorfer Carneval, Hans-Peter Suchand. „Aber wir sind überzeugt, dass die Entscheidung zum Zeitpunkt heute früh richtig gewesen ist.“ Verständnis hatte der DWD für das Festhalten der Kölner an ihrem Rosenmontagsumzug geäußert. „Köln ist durch die Eifel geschützt“, sagte DWD-Meteorologe Lars Kirchhübel am Montag in Offenbach zu den Auswirkungen des von Westen kommenden Orkantiefs „Ruzica“. Außerdem seien wohl die Regularien für den Umzug in Düsseldorf andere als in Köln. „Es ist immer ein bisschen Ermessensspielraum“, sagte Kirchhübel.
WELT
Während beim Rosenmontagsumzug in Köln die Sonne schien, blieb der Deutsche Wetterdienst bei der Schlecht-Wetter-Vorhersage für Düsseldorf. Und er behielt Recht. Mehr im Ticker.
Vermischtes
2016-02-08T12:26:00Z
2016-02-08T18:04:27Z
Unwetter - Abends erwischte es Düsseldorf doch noch
https://www.welt.de//vermischtes/article151958005/Duesseldorf-Absage-fuer-ARD-Meteorologen-ein-Raetsel.html
Vorratsspeicherung: Bundesregierung will Milliarden Daten sammeln
Wer hat wie lange mit wem telefoniert? Welchen Weg hat eine E-Mail auf ihrem Weg durchs Internet genommen? Die sogenannten Verbindungsdaten verraten genau solche Geheimnisse. Sie bilden quasi ein Archiv des elektronischen Kommunikationsverhaltens. Und genau diese Informationen könnten nun bald schon genutzt werden, um im digitalen Zeitalter gestärkt auf Verbrecherjagd gehen zu können. An diesem Dienstag verkündet der Europäische Gerichtshof (verlinkt auf /themen/europaeischer-gerichtshof/) (EuGH) sein Urteil zur Vorratsdatenspeicherung (verlinkt auf /themen/vorratsdatenspeicherung/) . Anschließend könnte es sehr schnell gehen, bis auch in Deutschland die Ermittler auf dieses Handwerkszeug zurückgreifen können. Innenexperten von Union und SPD drücken jedenfalls aufs Tempo. Die Eckpunkte für ein Gesetz wurden in den vergangenen Wochen bereits ausgearbeitet. Vertreter der Opposition warnen hingegen. Seit Jahren tobt hierzulande ein heftiger Streit über das Speichern dieser Daten. Nach Klagen von liberalen Politikern und Tausenden Bürgern hatte das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2010 die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig erklärt (verlinkt auf /politik/article6618646/Vorratsdatenspeicherung-ist-verfassungswidrig.html) . In der schwarz-gelben Regierungskoalition weigerte sich die FDP anschließend, die Karlsruher Vorgaben in einem neuen Speichergesetz umzusetzen. Die Bundesrepublik ist somit heute das einzige EU-Mitglied, das die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung nicht umgesetzt hat. Ausgang bleibt bis zur Verkündung offen Die große Koalition aus Union und SPD hingegen will bald ein neues Gesetz vorlegen. Beide Seiten haben jedoch beschlossen, zunächst auf das Urteil des EuGH über die bestehende Richtlinie zu warten. Der Ausgang bleibt zwar bis zur Verkündung offen – allerdings lieferte im Dezember ein Rechtsgutachten des Generalanwalts Hinweise darauf, wie das Verfahren ausgehen könnte. Und in vielen Fällen folgen die Richter diesen Einschätzungen. Generalanwalt Pedro Cruz Villalón befand, dass die Richtlinie „in vollem Umfang unvereinbar“ mit EU-Grundrechten ist. Er bezog sich etwa auf Artikel 7, wonach jede Person das „Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihrer Kommunikation“ habe. Zudem sei die in der Richtlinie vorgesehene Speicherfrist von bis zu zwei Jahren unverhältnismäßig lang – sie solle weniger als ein Jahr betragen. Obwohl bei der Vorratsdatenspeicherung keine Inhalte von Gesprächen oder E-Mails gespeichert werden, mahnte der Jurist Grundsätzliches an: Bereits mit Verbindungsdaten könne ein komplettes Abbild der privaten Identität von Menschen erstellt und die Datensammlungen könnten womöglich zu „heimtückischen Zwecken“ verwendet werden. „Ein vollkommen legitimes Ziel“ Trotz dieser deutlichen Kritik an der Richtlinie hält der Generalanwalt die Vorratsdatenspeicherung unter strengen Voraussetzungen allerdings für möglich. Villalón erklärte: Die Richtlinie verfolge „ein vollkommen legitimes Ziel, das darin besteht, die Verfügbarkeit der erhobenen und auf Vorrat gespeicherten Daten zum Zweck der Ermittlung, Feststellung und Verfolgung schwerer Straftaten sicherzustellen“. In der neuen Bundesregierung haben sich nun Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) darauf verständigt, die Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung dem Urteil des EuGH folgend in die Wege zu leiten. Ob dessen Vorgaben allerdings präzise genug dafür sind oder die Koalitionäre doch die für kommendes Jahr erwartete Reform der EU-Richtlinie abwarten wollen, könnte sich zu einer neuen strittigen Frage entwickeln. Wolfgang Bosbach, Vorsitzender des Innenausschusses im Bundestag, fordert die Einführung des Instruments: „Die Vorratsdatenspeicherung ist und bleibt notwendig, weil es für die Abwehr und Aufklärung vieler Straftaten oft nur elektronische Spuren und keine anderen Beweismittel gibt“, sagte der CDU-Politiker. „Wenn diese Daten jedoch nach kurzer Zeit gelöscht werden, greifen die Ermittlungsbehörden ins Leere.“ Täter würden straflos davonkommen und die Opfer auf ihrem Schaden sitzen bleiben. Keine Notwendigkeit, lange zu warten Der CDU-Innenexperte hofft auf eine schnelle Umsetzung der Pläne der Koalition: „Sollte der Europäische Gerichtshof zwar die aktuelle Richtlinie in Teilen beanstanden, die Vorratsdatenspeicherung an sich jedoch für europarechtskonform erklären, dann gibt es keine Notwendigkeit, mit einer innerstaatlichen Regelung so lange zu warten, bis eines Tages eine novellierte Richtlinie vorliegt“, sagte Bosbach. Union und SPD hätten sich bereits auf eine Mindestspeicherfrist von nur drei Monaten geeinigt, und wenn man sich hierzulande bei einer Neuregelung streng an den Vorgaben aus Karlsruhe orientiere, „könnte dieses deutsche Gesetz sogar Vorbild für eine neue europäische Richtlinie sein“, sagte Bosbach. Michael Hartmann, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, erklärte: „Das Urteil wird Klarheit schaffen und muss in Deutschland eine schnelle gesetzgeberische Reaktion auslösen.“ Die Bundesrepublik könnte in die Lage versetzt werden, mit „einem eigenen Gesetz einen guten Vorschlag für eine verbesserte neue Richtlinie zu liefern“, erklärte Hartmann. „Für mich ist die Einführung einer Vorratsdatenspeicherung erforderlich, die nur bei schweren und schwersten Straftaten in die Persönlichkeitsrechte der Bürger eindringt.“ Der Schutz der Bürgerrechte dürfe jedoch nicht zum Schutzmantel für Verbrecher werden, sagte Hartmann. Der Streit bei dem Thema habe mittlerweile die Form eines Glaubenskriegs angenommen. „Das müssen wir überwinden“, findet Hartmann. „Man sollte nicht den Untergang des Abendlandes befürchten, wenn wir dieses Instrument mit der vom Verfassungsgericht vorgegebenen größten Vorsicht einführen.“ Der Koalitionsvertrag von Union und SPD sieht vor, dass der Zugriff auf die Daten „nur bei schweren Straftaten und nach Genehmigung durch einen Richter sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben“ erfolgen darf. Aufgrund dieser Hürden weisen Union und SPD zum Beispiel den Vergleich zu den nahezu willkürlich agierenden und unkontrollierten Datenkraken der amerikanischen NSA (verlinkt auf /themen/nsa/) oder des britischen GCHQ weit von sich. Gegen das höchste Gebot verstoßen Die Opposition hält allerdings dagegen: „Die Vorratsdatenspeicherung ist ein Instrument anlassloser Massenüberwachung“, sagt Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz. „Der Staat verpflichtet Unternehmen damit gesetzlich, gegen das höchste Gebot des Datenschutzes – die Datensparsamkeit – zu verstoßen. Das war falsch, ist falsch und bleibt falsch.“ Gerade nach den Enthüllungen durch Edward Snowden müsse man eine „Ideologie extensiver anlassloser Datenhortung“ hinter sich lassen. Die Sicherheitsbehörden brauchten eine „gute technische wie personelle Ausstattung und effektive Mittel zur konkreten Strafverfolgung, nicht anlasslose Daten- und Bewegungserfassung aller Bürgerinnen und Bürger“, erklärte von Notz. „Die Bundesregierung muss sich – unabhängig vom Urteil des EuGH – auch in Brüssel dafür starkmachen, dass die Vorratsdatenspeicherung dahin kommt, wohin sie gehört, in die Schublade der Geschichte, als untaugliches und unverhältnismäßiges Instrument, das Diktatoren und autoritären Regimen gefallen mag, das aber in Rechtsstaaten nichts zu suchen hat.“
Manuel Bewarder
Union und SPD wollen mit Vorratsdatenspeicherung Verbrechen aufklären. Doch Kritiker befürchten heimtückischen Missbrauch. Nun wird der EuGH über die Legalität entscheiden. Dann kann es schnell gehen.
Politik
Deutschland
2014-04-07T07:07:44Z
2015-09-21T12:56:41Z
Bundesregierung will Milliarden Daten sammeln
https://www.welt.de//politik/deutschland/article126633974/Bundesregierung-will-Milliarden-Daten-sammeln.html
Grüne Ausstellungsfläche: Wohnzimmer sind out, die Kunst erobert den Garten
Nein, der rote Sportwagen ist kein Überbleibsel eines Verkehrsunfalls. Er ist auch kein Zeichen dafür, dass seine Besitzerin schlecht einparken kann. Der rote Flitzer, der im Schatten eines Baumes steht und allmählich unter einer wuchernden Rosenhecke verschwindet, ist Kunst. Genauer gesagt: ein Kunstwerk von Sylvie Fleury. 1996 lud die Kunstmäzenin Ursula Blickle die Schweizer Künstlerin zu einer Ausstellung mit dem Titel "Exotik – Erotik" ein. Und was könnte wohl erotischer sein als ein rassiger Zwölfzylinder? Fleury, die sich privat gern in den Porsche setzt, stöberte einen schrottreifen Oldtimer auf dem Hof eines Altwagenhändlers auf und karrte ihn ins badisch-beschauliche Kraichtal. Vorher wurde die Karre noch nagellackrot lackiert. Fleury bepflanzte das Auto mit Rosen und ließ es nach Ausstellungsende einfach stehen. Im Garten der Ursula-Blickle-Stiftung, der schon als kleines Anwesen durchgeht, schlummert der Sportwagen jetzt im Dornröschenschlaf, während der Farbton langsam Richtung Rost kippt und die Ranken die Karosserie umschlingen. "Ich mag dieses Ephemere", sagt Blickle, "wenn man nicht weiß, ob eine Skulptur wirklich eine Skulptur ist." Der rote Sportwagen ist ein prägnantes Zeichen, dass die zeitgenössische Kunst mit unverminderter Wucht ins Grüne drängt. Kunstliebhaber präsentieren ihre Sammlung nicht nur auf den eigenen vier Wänden, sondern entdecken auch immer wieder den Garten als alternative Ausstellungsfläche. So zeigt etwa die Sammlerfamilie Grässlin in St. Georgen Werke von Meuser und Christopher Wool vor einem Vorhang aus Schwarzwälder Nadelholzgewächsen. Der griechische Sammler Dakis Joannou beschaut gern seinen "Balloon Dog" von Jeff Koons, der im geschätzten Gegenwert mehrerer bescheidener Luxusvillen auf seiner Athener Terrasse steht. Und das Galeristenpaar Nicole Hackert und Bruno Brunnet hat hinter seiner Berliner Villa Jonathan Meeses Bronzeskulptur "Dr. Pounddaddy" aufgebaut. Familienintern auch "Der Wolf" genannt. Die Kinder nutzen den Werwolf Meeses, der Erinnerungen an Romulus und Remus und HR Gigers Aliens weckt, gern als Klettergerüst. Barocke Gartenkunst des Hochadels Kunst im Garten – das ist nicht gerade ein ganz neues Phänomen. In der Blütezeit des Barock gab der europäische Hochadel zahlreiche Statuen in Auftrag, um auch die Außenanlagen seiner opulenten Residenzen zu schmücken. Üblicherweise ordneten sich diese Skulpturen einem künstlerischen Gesamtkonzept unter. Im Garten von Versailles dienten zum Beispiel viele Statuen der Verherrlichung der Regentschaft von Sonnenkönig Ludwig XIV. Die Marmorfiguren fügten sich dabei parterre in ein strenges geometrisches Raster von Blumenbeeten und zurechtgestutzten Bäumen ein. Die Kultur regierte über die Natur. Die Feier des absolutistischen Gestaltungsbewusstseins konnte nicht ohne Folgen und Gegenbewegung bleiben. Der englische Landschaftsgarten des 18. Jahrhunderts ist ein Zeichen ökonomischer Prosperität des Landes – eines wirtschaftlichen Aufschwungs, der vor allem durch das heimische Großbürgertum getragen wird. Obwohl ebenfalls geplant und gestaltet, folgt der Garten einem gänzlich neuen Ideal: "Ich schaue lieber auf einen Baum in seiner Üppigkeit, dessen Äste und Zweige sich gegenseitig durchdringen, als auf einen, der zu einer mathematischen Figur zurechtgetrimmt wurde", schrieb der Aufklärer Joseph Addison 1712 im "Spectator". Die hier propagierten Werte sind die Natürlichkeit, das Naturgesetz, aber auch die als "natürlich" empfundene Wirtschaftsordnung – der Freihandel. Der Auftraggeber von Stourhead, einem der schönsten Landschaftsgärten der Epoche, war ein Bankier: Henry Hoare. Die Kunst, die auf die ästhetischen Ideal der Antike und der italienischen Renaissance zurückgreift, ordnet sich auch hier dem ästhetischen Gesamteindruck unter – dem Bild eines wie zufällig gewachsenen Arkadien. Individualität zwischen den Büschen Mit fortschreitender Demokratisierung der Gesellschaft in der Moderne wird jedoch auch das Kunstwerk im Garten freier. Es muss sich nicht mehr zwingend schlüssig in die Umgebung einfügen. Zwar gibt es weiterhin Künstler, die Gärten als Ausdruck eines übergeordneten Weltbildes anlegen – der Garten des Surrealisten Salvador Dalí im spanischen Portlligat ist ein Beispiel oder der "Tarot Garten" der im Alter ins Esoterische abgeglittenen Niki de Saint Phalle. Die meisten Sammler kombinieren heute jedoch in ihren Gärten durchaus disparate und autonome Werke, die zusammen dann einem Zweck dienen: den individuellen Geschmack ihrer Besitzer auszustellen. "Kunst sollte den eigenen Stil erkennen lassen", sagt auch die Galeristin Nicole Hackert. Skulpturen im Garten seien eine Fortführung der eigenen Haltung, nach der Kunst und Leben zusammengehören. Zwischen einem blühenden Magnolienbaum, Tulpen und Osterglocken mischen sich deshalb zwei blaue Meerjungfrauen von Chris Ofili und eine riesige, weiß lackierte, irgendwie amorph wirkende Bronzeplastik von Tal R. Der Künstler hatte dafür extra seinen Ateliermüll abgegossen. Um das Grün, das die Werke umgibt, kümmert sich Hackerts Mann. "Der Garten ist mein Hobby", sagt Bruno Brunnet. "Das ist ein Ort, wo ich auch mal gestalterisch tätig sein kann. Muss wohl damit zu tun haben, dass ich so viel mit Künstlern zu tun habe." Einen Vorteil hat die Gartenarbeit gegenüber der Künstlerbetreuung auf jeden Fall: "Endlich muss ich mal mit niemandem Rücksprache halten und kann alles allein entscheiden."
Tim Ackermann
Immer mehr Sammler präsentieren ihre Schätze im Grünen. Deren Motto lautet: Nie wieder Wohnzimmerkunst. Als alternativer Ausstellungsort hat der Garten zwar eine lange Geschichte, doch wie machen sich wohl ein Pudel von Jeff Koons auf der Terrasse, ein Oldtimer in den Büschen oder Meerjungfrauen in den Rabatten?
Lifestyle
2009-04-28T14:17:57Z
2012-05-02T15:08:37Z
Wohnzimmer sind out, die Kunst erobert den Garten
https://www.welt.de//lifestyle/article3589855/Wohnzimmer-sind-out-die-Kunst-erobert-den-Garten.html
Auf Kooperationskurs: Die Ersten in der CDU flirten schon mit der AfD
Erfolge in der Politik lassen sich an Wahlergebnissen messen, aber auch daran, auf welcher Ebene sich der politische Gegner mit einem beschäftigt. Aus letzterer Perspektive betrachtet, hat es die Alternative für Deutschland ( AfD (verlinkt auf /themen/alternative-fuer-deutschland/) ) weit gebracht. Immerhin ist sie in den Gedankenspielen von Kanzlerin Angela Merkel (verlinkt auf /themen/angela-merkel/) angekommen. Und zwar als Problem. Sogar als ein so gewichtiges, dass die Bundeskanzlerin sich nach der Europawahl bemüßigt fühlte, im Bundesvorstand der CDU (verlinkt auf /themen/cdu/) selbst ein paar Worte zur AfD zu verlieren. Immerhin stehen in diesem Sommer einige wichtige Landtagswahlen ausgerechnet in jenen Ländern an, in denen die AfD stark ist. Sachsen, Thüringen und Brandenburg wählen neue Landtage. Und angesichts der Erosion der FDP (verlinkt auf /themen/fdp/) , die als möglicher Koalitionspartner ausfallen dürfte, gibt es erste Stimmen in der Union, die eine Kooperation mit der Alternative für Deutschland nicht mehr ausschließen wollen. Doch genau davon will Merkel nichts wissen. „Wir ziehen eine Zusammenarbeit nicht in Betracht“, stellte sie im Vorstand unmissverständlich fest, worauf Vorstandsmitglied Jens Spahn, der Ambitionen hat, im Herbst in das CDU-Präsidium einzuziehen, ihr eifrig zustimmte. Christdemokraten werben für konstruktiven Umgang Außerhalb der Parteiführung jedoch wagen es einige, zu widersprechen. Zu ihnen zählt der frühere hessische Fraktionsvorsitzende Christean Wagner. Er ist Mitbegründer des Berliner Kreises, der sich um das konservative Profil der Union sorgt. „Die AfD ist mir als politischer Konkurrent nicht willkommen, aber ich halte es für politisch töricht zu sagen, mit denen werden wir nie zusammengehen“, sagte er dem „Spiegel (verlinkt auf http://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-erfolg-bei-europawahl-cdu-streitet-wegen-afd-a-971848.html) “. Wagner verwies auf den desolaten Zustand der FDP. „Ich bevorzuge eindeutig die FDP, aber halte es für einen taktischen Fehler, jetzt schon eine Zusammenarbeit mit der AfD für unmöglich zu erklären“, sagte er. Immerhin habe ein nicht geringer Teil der AfD-Wähler zuvor Union oder FDP gewählt. „Darauf müssen wir Antworten finden“, sagte der Hesse. Vor ihm hatte bereits Klaus-Peter Willsch für einen konstruktiven Umgang mit der AfD geworben. „Wir müssen für künftige Koalitionen nüchtern darauf blicken, mit wem wir die größten Schnittmengen haben: mit der SPD, mit den Grünen oder mit der AfD. Ich sehe die größten Schnittmengen mit der AfD“, sagte Willsch, der von der Unionsfraktion wegen seiner Kritik an der Euro-Rettungspolitik aus dem Haushaltsausschuss abgezogen worden war. Zu dem guten AfD-Europawahlergebnis von sieben Prozent hatten die ostdeutschen Landesverbände erheblich beigetragen. In Sachsen kam sie auf 10,1 Prozent, in Thüringen auf 7,4 und in Brandenburg auf 8,5 Prozent. In Dresden, Chemnitz und Leipzig sitzt die AfD nun in Fraktionsstärke in den Stadtparlamenten. „Viele sind froh, nicht NPD wählen zu müssen“ Überraschen kann diese Entwicklung freilich nicht. Schließlich hatte die AfD viel Geld in den Wahlkampf gesteckt, und ihre Wahlkämpfer waren auf allen zentralen Plätzen der großen ostdeutschen Städte präsent. Riesige blaue Luftballons kündigten die Auftritte von AfD-Chef Bernd Lucke an. Zusätzliches Aufsehen löste die Antifa mit Trillerpfeifen und Rangeleien mit dem Ordnungspersonal und Wahlhelfern aus. Vor den kleinen Bühnen, auf denen Lucke spröde über Währungssysteme und Europa-Bürokratie dozierte, versammelten sich auch tagsüber an Werktagen gut 150 bis 200 Interessierte aller Altersklassen und Gesellschaftsschichten. Sie applaudierten vor allem an den Stellen, an denen Lucke über Rumänen und Bulgaren sprach, die nur wegen des Kindergeldes nach Deutschland kämen. Nach seiner Rede stellten sie dann Fragen wie diese: „Wie wollen Sie uns vor den global operierenden Banken schützen?“ Oder: „Warum ist Putin immer der Sündenbock?“ Auf Veranstaltungen der Linken wird ganz ähnlich diskutiert. „Die Leute haben das Gefühl, dass die verkrustete Struktur der Altparteien keine Demokratie mehr zulässt“, beschreibt Thomas Hartung die Motivation der Bürger. Hartung ist stellvertretender Vorsitzender in Sachsen. Bei der AfD hätten die Leute wieder das Gefühl, gehört zu werden. Seit Langem schon wachse die Unzufriedenheit in der Bevölkerung. 25 Jahre nach dem Fall der Mauer spüre er eine zunehmende Enttäuschung über den Zustand der Demokratie. „Drei Parteien machen die Politik unter sich aus. Darum sagen viele hier: Hätten wir das gewusst, wären wir für die Einheit nicht auf die Straße gegangen“, sagt Hartung. All diesen Enttäuschten biete die AfD eine politische Heimat. Vor allem im Erzgebirge seien „viele Leute froh, jetzt nicht mehr NPD wählen zu müssen“. Die Alternative ignorieren geht kaum mehr Wenn Lucke die kleinen Bühnen betrat, stand Uwe Wurlitzer immer links unten davor und behielt die Situation im Auge. Wurlitzer ist Generalsekretär der Sachsen-AfD und hat den gesamten Wahlkampf gemanagt. Seine kräftige Gestalt vor der Bühne wirkt Respekt einflößend – nicht nur auf mögliche Störer, sondern auch auf die zum Teil kahlrasierten Ordner in Pluderhosen. Seine Erinnerungen an den Wahlkampf sind nicht nur gut. „In Leipzig wurden die Wirte der Lokale, in denen wir Versammlungen abhalten wollten, von der Antifa bedroht“, sagt er. „Fünf Gastwirte haben uns daraufhin abgesagt, weil sie Angst um ihr Geschäft hatten.“ Innerhalb von 48 Stunden seien in der Stadt acht Großplakate zerstört worden. Daran sei wohl nicht nur die Antifa beteiligt gewesen. „Die etablierten Parteien bedienen sich ihrer Jugendorganisationen und deren verbrecherischer Methoden.“ Vor der Europawahl hatte er den Bekanntheitsgrad der AfD im Osten erforschen lassen. Das Ergebnis war ernüchternd. Demnach kannte die Hälfte der Ostdeutschen die AfD nicht. „Die Medien hier in Sachsen blenden uns aus“, sagt Wurlitzer. „Und wenn sie berichten, dann nur, um uns in die rechte Ecke zu stellen.“ Nach der Europawahl dürfte der Bekanntheitsgrad der AfD sprunghaft angestiegen sein. „Ist die AfD jetzt eine ganz normale Partei?“, fragte die „Bild“-Zeitung. „Albtraum und Partner für die Union“, titelte die linke Zeitung „Neues Deutschland“. Und in den Gremien der CDU dringt die Einsicht durch, die neue Partei nicht länger ignorieren zu können. Thüringen ist das AfD-Sorgenkind Denn wenn im August und September die Landtage in Sachsen, Thüringen und Brandenburg gewählt werden, ist Schwarz-Grün kaum eine Option. Dafür sind die Grünen im Osten einfach zu schwach. Mit einer AfD, die acht Prozent mit einbringt, wären Koalitionen jedenfalls rein rechnerisch vorstellbar. „Koalitionsfragen sind aber mehr als nur ein Zahlenspiel. Da müssen Personen und Inhalte harmonieren. Und ich nehme die AfD in Thüringen nur als zerstrittenen Haufen wahr“, sagt der thüringische CDU-Fraktionsvorsitzende Mike Mohring der „Welt“. Außerdem dämpft er die Hoffnungen der AfD auf die anstehenden Landtagswahlen: „Es wäre falsch, vom AfD-Ergebnis der Europawahl auf das Ergebnis der Landtagswahl schließen zu wollen. Da gibt es keinen Automatismus.“ Tatsächlich ist der thüringische AfD-Landesverband das Sorgenkind der Parteispitze. Landessprecher Matthias Wohlfarth, der laut „Thüringer Allgemeine“ nahe der Leuchtenburg bei Kahla eine Art Missionsheim namens „Bethlehem“ betreibt, soll auf seiner Internetseite geschrieben haben: „Unser Land wartet auf eine christliche Aufklärung. ... Wollen wir wirklich, dass unsere Kirchen zu Garagen, Schwimmhallen oder Moscheen werden?“ In einem Interview mit dem Deutschlandradio Kultur sagte er, dass rechtsextremistische Gewalt gegen Ausländer „möglicherweise durch eine lasche Handhabung mit kriminell agierenden Einwanderern“ entstehe. Sowieso sei eine ausländerskeptische Haltung „biologisch normal“. Zu derlei Aussaagen kommen offenbar auch interne Streitigkeiten. Im erweiterten Landesvorstand seien Intrigen und Verleumdungen an der Tagesordnung, heißt es. So wundert es kaum, dass Mohring zu dieser AfD eine kritische Distanz hält, zumal er im Europawahlkampf feststellte, dass „die Reduktion der Schlagworte auf ihren Wahlplakaten eine Nähe zum rechten Rand vermuten“ lasse. Aber das müsse die AfD mit sich selbst klären. „Wir müssen uns mit den Themen der AfD auseinandersetzen. Das heißt, wir müssen sie als Konkurrenten ernst nehmen und ihren populistischen Parolen seriöse Antworten entgegensetzen. Dann bleibt die AfD eine Randnotiz in der Parteiengeschichte“, sagt Mohring. Sachsen-CDU sieht hohen Druck auf AfD In Sachsen beurteilt CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer die Lage der AfD ganz ähnlich. „Die AfD ist ein Truppe, die enorm unter Druck und Spannung steht“, sagt er der „Welt“. Ihre Anhängerschaft reiche vom reichen Rechtsanwalt bis hin zu Ökoaktivisten. Sie alle hätten unterschiedliche Interessen und Vorstellungen. „Da wird es irgendwann zum großen Knall kommen“, sagt Kretschmer. Auch er kritisiert die Tonalität der AfD-Rhetorik. Die AfD spreche eine verletzende Sprache und sei in ihren Argumenten populistisch. „Diese Truppe will spalten. Wir werden uns mit den Argumenten auseinandersetzen und unsere eigenen Antworten geben“, sagt der CDU-Politiker. Vor allem die Ukraine-Krise habe die Geisteshaltung der AfD offenbart. Da sei die Partei „kalt erwischt“ worden. „Die Aussagen der Parteispitze zur Russlandpolitik haben vielen Wählern die Augen geöffnet“, sagt Kretschmer. „Man mag sich gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn diese Leute jetzt regierten.“ Daher ist für ihn völlig klar: „Koalitionsfragen stellen sich nicht. Diese Partei gehört in kein Parlament.“ Politiker von SPD und Linken scheinen der CDU diese klare Distanzierung nicht abzunehmen. In Sachsen fordert SPD-Landeschef Martin Dulig Ministerpräsident Stanislaw Tillich zu einer persönlichen Erklärung darüber auf, wie er es nach der Landtagswahl mit der AfD halten werde. Auch Sachsens Linke-Chef Rico Gebhardt fürchtet, am Ende könne die AfD doch zum Zünglein an der Waage werden, „eine Art Lebensversicherung der CDU“. Von der FDP redet jedenfalls niemand mehr.
Günther Lachmann
Nach der Europawahl wird über Koalitionen zwischen AfD und CDU auf Landesebene spekuliert. Angela Merkel will davon zwar nichts wissen. Aber beileibe nicht alle Christdemokraten teilen ihre Meinung.
Politik
Deutschland
2014-05-29T02:54:09Z
2021-04-30T15:23:50Z
Die Ersten in der CDU flirten schon mit der AfD
https://www.welt.de//politik/deutschland/article128510657/Die-Ersten-in-der-CDU-flirten-schon-mit-der-AfD.html
British Fashion Awards: So hässlich kann Krisenmode aussehen
Eigentlich sollte es ein glanzvoller Abend werden – wie jedes Jahr, wenn Ende November die "British Fashion Awards" verliehen werden. Bei der glamourösen Gala, einem der Höhepunkte des britischen Society-Kalenders, werden die Besten ihrer Zunft ausgezeichnet. Als Motto des Abends gilt deshalb auch bei den Gästen: "Best of Fashion" – die Gäste zeigen hier üblicherweise nur die Sahnestücke ihrer begehbaren Kleiderschränke. In diesem Jahr schien ein Großteil der Gäste das Motto allerdings falsch verstanden zu haben: Was da in Londons altehrwürdiger Lawrence Hall zumeist in Schwarz gewandet über den (sic!) schwarzen Teppich lief, sah wie ein Spiegelbild der Krise aus. Und das ist noch milde ausgedrückt: Denn obwohl die Gästeliste mit Topmodels wie Claudia Schiffer und Erin O'Connor über Rolling-Stones-Nachwuchs Jade Jagger, Sängerin Sophie Ellis-Bextor und Burberry-Designer Christopher Bailey gewohnt illuster besetzt war, erschien der Großteil der Geladenen als modischer Super-GAU. Schmuckdesignerin Jade Jagger, Mick Jaggers Tochter aus erster Ehe, trug löchrige Netzstrumpfhosen zum billig wirkenden Mini-Fähnchen aus schwarzem Satin, verziert mit einem Wust aus Kunstperlen und ebenso wirrem Haar. Schlimmer kam es aber bei Topmodel Erin O'Connor und Sängerin Sophie Ellis-Bextor: Während das 30-jährige Model ihr bodenlanges Rüschenkleid von Designerin Vivienne Westwood und einen Hut von Stephen Jones mit einer kurzen Glitzerjacke der britischen Modekette Topshop kombinierte, hatte Sophie Ellis-Bextor gleich ihr ganzes Outfit in dem Billigladen erstanden. "Ich hasse es, dieses schreckliche Wort 'Finanzkrise' aussprechen zu müssen, aber man kann ihr einfach nicht entkommen", sagte Erin O'Connor. "Alle halten jetzt Ausschau nach günstigen Alternativen zu teuren Designerklamotten." Ellis-Bextor kommentierte ihr seltsames Outfit mit den Worten: "Ich denke nie wahnsinnig lange darüber nach, was ich anziehen soll. Ich werfe mir einfach irgendetwas über." Und: "Nicht jeder kann sich Designerklamotten leisten." So ähnlich hätte das vermutlich auch bei "It-Girl" Pixie Geldof geklungen, hätte man sie um einen Kommentar zu ihrem Gala-Outfit gebeten. Hatte man aber nicht. Und so posierte die Tochter von Musiklegende Bob Geldof neben "It-Girl"-Kollegin und Model Alice Dellal (in Netzstrümpfen und nietenbesetzter Biker-Jeansweste) in Leggings, bauchfreiem Kettenhemdchen und durchsichtigen Plastik-Plateauschuhen und fror in der kühlen Londoner Abendluft. Die einzigen, die ihren Reichtum trotz Krise recht unverhohlen zur Schau stellten – und damit dem Abend zumindest ein wenig Glanz verliehen – waren Claudia Schiffer und ihre Model-Kollegin Yasmin LeBon in eleganten Roben. Aber auch hier ließ sich eine gewisse Bescheidenheit entdecken, wenn auch im Detail: Beide Roben bedeckten züchtig die Knie ihrer Trägerinnen.
WELT
Die Gala ist dem Besten der britischen Modeszene gewidmet – ein Großteil der prominenten Gäste bei den "British Fashion Awards" schien das Motto der Veranstaltung allerdings falsch verstanden zu haben: Die meisten erschienen als modischer Totalschaden. Einmal mehr soll die Finanzkrise schuld sein.
Lifestyle
2008-11-26T16:20:30Z
2015-10-03T14:40:26Z
So hässlich kann Krisenmode aussehen
https://www.welt.de//lifestyle/article2786327/So-haesslich-kann-Krisenmode-aussehen.html
Vereinten Nationen: Weltbevölkerung erreicht Acht-Milliarden Menschen
Die Weltbevölkerung hat nach Berechnungen der Vereinten Nationen die Acht-Milliarden-Marke geknackt. „2080 soll das Maximum erreicht werden bei über 10-Milliarden Menschen“, sagt WELT-Reporterin Alina Quast.
WELT
Die Weltbevölkerung hat nach Berechnungen der Vereinten Nationen die Acht-Milliarden-Marke geknackt. „2080 soll das Maximum erreicht werden bei über 10-Milliarden Menschen“, sagt WELT-Reporterin Alina Quast.
Weltgeschehen
2022-11-15T14:02:23Z
2022-11-15T14:02:23Z
„Der Mensch ist eine Belastung für die Erde“
https://www.welt.de//vermischtes/weltgeschehen/video242144425/Vereinten-Nationen-Weltbevoelkerung-erreicht-Acht-Milliarden-Menschen.html
Attacke mit Statue: Berlusconi-Angreifer frei gesprochen
Ein psychisch kranker Mann, der Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi bei einem Angriff im Gesicht verletzt hatte, ist von einem Mailänder Gericht freigesprochen worden. Damit folgten die Richter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, wie aus Justizkreisen verlautete. Experten hatten in dem Prozess gegen den Angeklagten ausgesagt, dieser sei „unfähig“ gewesen, seine Tat „zu verstehen und zu wollen". Der Mann bleibt aber ein Jahr unter Aufsicht und muss weiter in der Gemeinschaft wohnen, in der er seit der Attacke im Dezember untergebracht wurde. Zudem darf er ein Jahr lang nicht an einer öffentlichen Kundgebung teilnehmen. Der Angeklagte hatte Berlusconi Mitte Dezember in Mailand mit einer Miniatur-Statue des Mailänder Doms geschlagen und im Gesicht getroffen. Dabei beschädigte er zwei Zähne und brach dem 73-jährigen Regierungschef das Nasenbein. Berlusconi wurde zwar bereits nach wenigen Tagen aus dem Krankenhaus entlassen, musste sich aber einen Monat lang schonen.
WELT
Der psychisch kranke Mann hatte Berlusconi mit einer Miniatur-Statue das Nasenbein gebrochen. Jetzt darf er nicht mehr an Demos teilnehmen.
Politik
Ausland
2010-06-29T13:55:22Z
2015-09-01T09:45:16Z
Berlusconi-Angreifer frei gesprochen
https://www.welt.de//politik/ausland/article8224633/Berlusconi-Angreifer-frei-gesprochen.html
Flüchtlingskrise: Deutschland zwischen Gewalt und Hilfsbereitschaft
Die Gewaltattacken gegen Asylbewerber häufen sich. Die Politik will härter gegen rechte Angriffe durchgreifen. Viele Deutsche begegnen den Flüchtlingen aber auch voller Hilfsbereitschaft.
WELT
Die Gewaltattacken gegen Asylbewerber häufen sich. Die Politik will härter gegen rechte Angriffe durchgreifen. Viele Deutsche begegnen den Flüchtlingen aber auch voller Hilfsbereitschaft.
2015-09-02T14:36:46Z
2016-12-17T10:20:48Z
Deutschland zwischen Gewalt und Hilfsbereitschaft
https://www.welt.de//videos/video145969748/Deutschland-zwischen-Gewalt-und-Hilfsbereitschaft.html
Die Nissen-Hütte hat 60 Jahre überlebt
Für heutige Generationen ist die Situation unvorstellbar: Zum Ende des Zweiten Weltkriegs hatte sich die Bevölkerungszahl Schleswig-Holsteins von 1,5 Millionen (Mai 1939) bis 1946 auf 2,6 Millionen erhöht. Auf vier Einheimische kamen damals drei Flüchtlinge. Kein anderes Land in den westlichen Zonen hatte einen so starken Zustrom von Menschen zu bewältigen - die Folge waren Wohnraummangel, Hunger, Arbeitslosigkeit und Spannungen zwischen den Einheimischen und den Zugezogenen, berichtet die Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte. Bereits 1943 waren rund 200 000 Menschen aus zerbombten Großstädten wie Hamburg in das relativ sichere Schleswig-Holstein gebracht worden. Bis im Frühjahr 1945, als das NS-Reich zusammenbrach, kamen weitere 700 000 Vertriebene und Flüchtlinge und suchten Sicherheit in den Städten und Dörfern. Die britischen Besatzungstruppen internierten in Eiderstedt, Dithmarschen und Ostholstein bis April 1946 über eine Million Wehrmachtsoldaten, heißt es im Historischen Atlas Schleswig-Holstein. Die Unterbringung der Menschenmassen stellte alle vor gewaltige Probleme. Familien teilten sich Wohnungen und Häuser mit Fremden, Küchen und Toiletten wurden gemeinsam genutzt; der Platz reichte dennoch nicht. Lebensmittel wurden rationiert und nur über Lebensmittelmarken verteilt. Der Schwarzhandel blühte, der gute Kontakt zu einem Bauern konnte überlebenswichtig sein. Wer keinen Privat-Platz fand kam ins Sammellager. Diese Provisorien "hielten" zum Teil bis 1950. Dann kam der Wohnungsbau in der jungen Bundesrepublik wieder in Gange, die Lage entspannte sich. Berühmt wurden in dieser Zeit die Nissen-Hütten. Diese Baracken, sie ähnelten überdimensionalen Wellblechrohrstücken, die an den Enden mit Wänden verschlossen waren, wurden für viele Menschen zur ersten festen Wohnung nach Flucht und Vertreibung. In Schleswig-Holstein haben nur noch im Birkenweg in Husum (Kreis Nordfriesland) einige Nissen-Hütten überlebt - sie werden noch heute bewohnt. Die ersten Nachkriegsjahre waren hart für neue und alteingesessene Schleswig-Holsteiner. Viele hatten Angst, die Vertriebenen aus Ostpreußen und Pommern könnten die gewachsenen Strukturen verändern. Die Situation entspannte sich, weil bis 1960 rund 400 000 Flüchtlinge und Vertriebene in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg eine neue Heimat fanden.
Rüdiger Ewald
In Husum werden die Behelfsunterkünfte der Nachkriegszeit noch bewohnt
Print-welt
2005-04-22T22:00:00Z
2011-11-16T13:02:57Z
Die Nissen-Hütte hat 60 Jahre überlebt
https://www.welt.de//print-welt/article666921/Die-Nissen-Huette-hat-60-Jahre-ueberlebt.html
Neues aus Hollywood: Oho, George Clooney steckt in der Krise
George Clooney (verlinkt auf /vermischtes/article1934439/GEORGE_CLOONEY.html) („Ocean’s Eleven“, „Ocean’s Twelve“) will hinter den Kulissen der bolivianischen Präsidenten-Wahl mitmischen. Seine Produktionsfirma Smoke House hat sich die Rechte an der Polit-Dokumentation „Our Brand Is Crisis“ von Rachel Boynton gesichert, berichtet das Filmfachblatt „Variety“. Der Film soll als schwarze Komödie über die Gefahren des „Exports“ von amerikanischer Demokratie neu gedreht werden. Der bolivianische Präsidentschaftskandidaten Gonzalo Sanchez de Lozada (alias „Goni“) hatte 2002 die amerikanische Consulting-Firma „Greenberg Quinlan Rosner“ aus Washington damit beauftragt, ihm beim Wahlkampf zu helfen, nachdem seine Umfragewerte im Keller waren. Mit Slogans, der Konzentration auf Focus-Gruppen und Schmutzkampagnen der Consulting- Firma gewann „Goni“ die Wahl – allerdings nur knapp. Nachdem Bolivien in eine Krise geriet, musste er zurücktreten. Clooney will in „Crisis“ eventuell eine Rolle übernehmen und auch die Regie führen. * Brad Pitt verbrennt sich für die Coen-Brüdern seine Finger: Der Schauspieler („Babel“) übernimmt eine Rolle in der schwarzen Komödie „Burn After Reading“, berichtet „Hollywood-Reporter“. Die legendären Filmemacher-Brüder Joel und Ethan Coen („Fargo“) haben sich die Story über einen CIA-Agenten ausgedacht, der die CD des Buchs verliert, an dem er gerade schreibt. Über weitere Details hüllen sie sich jedoch noch in Schweigen. Deshalb ist auch noch nicht klar, welche Rolle Pitt übernehmen wird. Fest steht allerdings, dass auch George Clooney mit spielt. Wie fast immer in Filmen der Coen-Brüder übernimmt auch die wunderbare Frances McDormand („Almost Famous“) eine Rolle; sie ist seit 1984 mit Joel Coen verheiratet. * Meryl Streep und Philip Seymour Hoffman werden katholisch: Meryl Streep („Der Teufel trägt Prada“) und Philip Seymour Hoffman (Capote“) verzweifeln in „Doubt“ beide an der Wahrheit. Die Verfilmung des erfolgreichen Broadway-Stücks von John Patrick Shanley spielt in einer katholischen Schule in der Bronx im Jahre 1964. Die Direktorin (Streep), eine Nonne mit strengen Prinzipien, verdächtigt den populären Schul-Priester (Hoffman), eine seiner Schülerinnen sexuell zu missbrauchen. Am Ende eskaliert die Auseinandersetzung um Schuld und Unschuld. Die Rolle der jungen Schwester James, die zwischen die Fronten gerät, ist noch nicht besetzt. * Eric Bana und Rachel McAdams haben ein Zeit-Problem: Eric Bana („München“) und Rachel McAdams („Die Familie Stone – verloben verboten“) können sich in der Love-Story „Die Frau des Zeitreisenden“ einander einfach nicht näher kommen. In der Verfilmung des Bestseller-Romans von Audrey Niffenegger leben sie ständig in verschiedenen Zeiten. Ein gut aussehender Bibliothekar Henry in Chicago (Bana) leidet an einer genetischen Anomalie, mit dem er ständig in eine andere Zeit verschwindet und dann wieder zurückkehrt. Auf einer dieser Reisen verliebt er sich in Clare (McAdams). Das Problem ist nur, dass sich sein Alter ständig verändert, je nachdem wo er gerade in der Zeit landet, während sie einfach linear immer älter wird. Also passen ihre Lebensalter nur selten zusammen. Die Dreharbeiten sollen im September beginnen. * Ashley Judd setzt sich für Immigranten ein Ashley Judd („Die göttlichen Geheimnisse der Ya-Ya-Schwestern“) setzt sich in dem Einwandererdrama „Crossing Over“ als Anwältin für die Adoption eines kleinen nigerianischen Mädchens ein. Judd ist damit bereits in bester Gesellschaft. Auch Harrison Ford, Sean Penn und Ray Liotta sind bei dem Projekt dabei. Penn hat eine kleine Nebenrolle als Grenzpolizist, während Liotta einen Bürokraten mimt. „Crossing Over“ erzählt die Geschichten von Immigranten aus verschiedenen Ländern, die alle verzweifelt versuchen in Los Angeles einen legalen Aufenthalt zu bekommen. Regisseur Wayne Kramer („The Cooler – Alles auf Liebe“) will die Dreharbeiten noch in diesem Monat beginnen.
WELT
Aus den Ankündigungen von heute werden die Kinofilme von morgen. Brad Pitt spielt für die Coen-Brüder einen CIA-Agenten, der sein geheimes Manuskript verliert. Und Meryl Streep darf wieder einmal ganz, ganz streng sein. Sie wird zur Nonne.
Kultur
2007-04-25T07:19:15Z
2015-09-01T11:16:33Z
Oho, George Clooney steckt in der Krise
https://www.welt.de//kultur/article832873/Oho-George-Clooney-steckt-in-der-Krise.html
Mann will Anti-Corona-Gerät erfinden – dann stecken 4 Magnete in seiner Nase
Daniel Reardon ist Astrophysiker. Er forscht an der Swinburne University im australischen Melbourne, sein Fachgebiet sind Neutronensterne und Gravitationswellen. Zurzeit ist der 27-Jährige wegen der Coronavirus-Epidemie viel zu Hause – und langweilt sich offenbar. Wie der „Guardian“ (verlinkt auf https://www.theguardian.com/australia-news/2020/mar/30/astrophysicist-gets-magnets-stuck-up-nose-while-inventing-coronavirus-device) berichtet, kam Reardon vergangenen Donnerstag ins Krankenhaus, weil vier Magneten in seiner Nase stecken geblieben waren. Das Missgeschick passierte ihm gewissermaßen im Dienste der Wissenschaft: Reardon hatte nämlich versucht, ein Gerät zu erfinden, das Menschen davon abhält, sich ins Gesicht zu fassen – um die Übertragung des Virus einzudämmen. Reardon erzählte dem „Guardian“ ganz offen, dass ihm, nun ja, langweilig war. Ein Gefühl, das wahrscheinlich viele Menschen nachvollziehen können, die sich zurzeit in ihrer Wohnung isolieren. „Ich habe ein bisschen elektronisches Equipment, aber wirklich keine Erfahrung mit dem Bauen von Stromkreisen oder so“, sagte er. „Ich dachte, wenn ich einen Stromkreis bauen könnte, der Magnetfelder erkennt, und wenn wir Magneten an einem Armband tragen würden, dann könnte es einen Alarm geben, wenn wir mit der Hand zu nah ans Gesicht kommen“, so Reardon. Als er sich an die Arbeit machte, stellte er fest, dass sein Equipment genau das Gegenteil bewirkte: Der Stromkreis wurde nur geschlossen, wenn kein Magnetfeld in der Nähe war. „Ich habe aus Versehen eine Halskette erfunden, die permanent summt, außer dann, wenn man die Hand nah ans Gesicht hält“, sagte Reardon. „Nachdem ich die Idee verworfen hatte, war mir noch immer ein bisschen langweilig.“ Die vermeintliche Lösung: noch mehr Magneten Also spielte er mit den Magneten – ungefähr so, sagte er, wie man aus Langeweile mit Wäscheklammern spielt: Er klemmte sich die Magneten erst an die Ohrläppchen und dann an die Nase. Danach sei es „ziemlich schnell den Bach runtergegangen“. Er habe schließlich zwei Magneten in seinen Nasenlöchern und zwei außen an der Nase gehabt. Als er die Magneten von der Außenseite nahm, klemmten die beiden im Inneren plötzlich zusammen. „Meine Freundin, die in einem Krankenhaus arbeitet, lachte mich aus.“ Er habe versucht, die Magneten herausziehen. Vergeblich. „Nachdem ich 20 Minuten gekämpft hatte, entschied ich, das Problem zu googeln. Ich fand einen Artikel über einen elfjährigen Jungen, der das gleiche Problem hatte.“ Die vermeintliche Lösung: noch mehr Magneten. Die müsse man sich auf die Nase setzen, um damit die Magneten im Inneren zu bewegen. „Als ich versuchte, das alles nach unten zu ziehen, klemmten die Magneten aneinander, und ich verlor die Kontrolle“, sagte Reardon. „Und die zwei Magneten endeten in meinem linken Nasenloch, während der andere in meinem rechten war. An diesem Punkt hatte ich keine Magneten mehr.“ Bevor er aufgab, habe er es mit einer Zange versucht. Auch das sei gescheitert – weil die Zange sich magnetisch aufgeladen habe. „Jedes Mal, wenn ich die Zange in die Nähe meiner Nase brachte, wurde meine Nase zur Zange gezogen, und alles klemmte zusammen. An diesem Punkt wurde es ein bisschen schmerzhaft.“ Seine Freundin habe ihn in das Krankenhaus gebracht, in dem sie arbeitet – „weil sie wollte, dass alle ihre Kollegen mich auslachen“. Die Ärzte hätten die Magneten schließlich aus seiner Nase befreit. Aber nicht, ohne ein paar Kommentare zu machen. Das sei, sagte einer, „eine Verletzung aufgrund von Selbstisolation und Langeweile“.
WELT
Ein australischer Astrophysiker wollte ein Gerät erfinden, das Menschen davon abhält, sich während der Coronavirus-Epidemie ins Gesicht zu fassen. Am Ende steckten vier Magneten in seiner Nase – und der Mann kam ins Krankenhaus.
Vermischtes
2020-03-30T15:32:00Z
2020-03-30T14:24:02Z
Mann will Anti-Corona-Gerät erfinden – dann stecken vier Magneten in seiner Nase
https://www.welt.de//vermischtes/article206900383/Mann-will-Anti-Corona-Geraet-erfinden-dann-stecken-4-Magnete-in-seiner-Nase.html
DIHK-Umfrage: Deutsche Firmen drängen ins Ausland wie nie zuvor
Nahezu jedes zweite deutsche Industrieunternehmen will in diesem Jahr im Ausland investieren – so viel wie noch nie. Nach einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) unter 2500 Unternehmen planen 46 Prozent der Firmen im Verarbeitenden Gewerbe den Schritt ins Ausland. Gegenüber dem Vorjahr ist dies noch einmal ein Anstieg um zwei Prozentpunkte. Jedes dritte Unternehmen plant den Aufbau von Produktionskapazitäten, knapp jedes zweite will in Vertrieb und Kundendienst investieren. „Alles in allem kommen in diesem Jahr zu den über sechs Millionen Menschen, die bereits heute bei deutschen Firmen im Ausland arbeiten, weitere 300.000 hinzu“, sagte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Volker Treier der „Welt“. Allerdings fallen die geplanten Investitionssummen geringer aus als in den Vorjahren. „Die Verunsicherungen in Bezug auf die Schuldenkrise und deren Folgen für die Wirtschaft wirken weiter nach“, erklärte Treier die Zurückhaltung der Unternehmen. Hauptziel der Investoren ist auch in diesem Jahr wieder China (verlinkt auf /wirtschaft/article114688669/Chinas-Wirtschaft-waechst-und-waechst.html) (43 Prozent) – vor allem für die deutschen Fahrzeugbauer, die Hochtechnologie und den Maschinenbau. China wolle weg vom Billigstandort hin zu einer höherwertigen Produktion, erklärt der DIHK. Mit dem steigenden Lebensstandard sei das Land zudem zu einem äußerst attraktiven Absatzmarkt geworden. Auf Platz zwei folgen die Staaten der Europäischen Union (40 Prozent) – trotz der Euro-Krise (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/euro-krise/) , die das Wachstum in vielen Mitgliedsländern belastet. Südamerika, Osteuropa und Asien (ohne China) verlieren dagegen leicht an Bedeutung. Nordamerika erstmals wieder auf Platz drei Deutlich mehr deutsche Investoren zieht in diesem Jahr Nordamerika an, allen voran die USA (verlinkt auf /wirtschaft/article13928187/Deutsche-Konzerne-zieht-es-wieder-in-die-USA.html) (30 Prozent). Treier erklärt dies mit der guten konjunkturellen Entwicklung in den USA mit sinkenden Arbeitslosenzahlen und steigenden Unternehmensgewinnen. Für energieintensive Unternehmen gewinne Nordamerika zudem durch seine geringeren Energiekosten an Gewicht. Nordamerika liegt damit erstmals seit zehn Jahren wieder auf Platz drei. Insgesamt hat aber das Kostenmotiv für den Schritt ins Ausland an Bedeutung verloren. Nur noch jedes fünfte Unternehmen plant Produktionsverlagerungen aus Kostengründen. Das ist der niedrigste Wert seit 1999. 2003 gaben noch 42 Prozent der Unternehmen die Kostenersparnis als Motiv für eine Auslandsinvestition an. Deutschland profitiere derzeit weiter von den in den letzten Jahren verbesserten Standortbedingungen, schreiben dazu die DIHK-Volkswirte. Vor allem am Arbeitsmarkt seien die Kostennachteile geringer geworden – einmal unmittelbar bei den Arbeitskosten, aber auch mittelbar durch eine größere Flexibilisierung. Allerdings ergebe sich der sinkende Anteil des Kostenmotivs mittlerweile nur noch daraus, dass 2013 insgesamt mehr Industriebetriebe im Ausland investieren wollten, während die Zahl der Unternehmen, die aus Kostengründen ins Ausland gingen, stabil bleibe. Zudem werde die Schere zwischen ausländischen und inländischen Investitionsplänen 2013 wieder größer. Dies weise auf größere Wachstumschancen jenseits der Grenzen hin. „Ein Warnsignal für den Standort Deutschland“, meint DIHK-Vize Treier. Hauptmotiv ist die Markterschließung „Die Verbesserung der Standortfaktoren in puncto Arbeitskosten, Steuern und Energiekosten kommt hierzulande nicht mehr voran.“ Das große Reformtempo um Deutschland herum sollte Ansporn sein, meint Treier. Reformen und sinkende Kosten vor Ort machten viele Standorte in Europa allmählich wieder attraktiver. Nicht zuletzt könnte aber auch die Energiewende, die von der Wirtschaft skeptisch gesehen wird, und steigende Energiekosten vor allem energieintensive Unternehmen ins Ausland treiben. Hauptmotiv für das Auslandsengagement ist jedoch nach wie vor die Markterschließung über Service- und Produktionsstätten. Dabei folgt der Produktionsaufbau klassischerweise häufig, nachdem Unternehmen Länder mit Vertrieb und Kundendienst erschlossen haben. Mit lokaler Produktion im Ausland können sie gezielt auf die Kundenwünsche vor Ort eingehen, zugleich werden Transportkosten gespart. Führend sind dabei Großunternehmen, vor allem aus der Automobil- und Chemiebranche. Fahrzeugbauer besonders auslandsaffin Zudem werden viele Unternehmen auch durch „Local-Content“-Vorschriften zur Produktion vor Ort gezwungen – wie zum Beispiel in den wichtigen Märkten Russland, Brasilien und China. Aber auch der Wechselkurs spielt eine maßgebliche Rolle als Anstoß für die Produktion im Ausland. Durch die Produktion direkt beim Abnehmer können Unternehmen ein währungsbedingtes Auseinanderklaffen von Einnahmen und Ausgaben vermeiden, erklären die DIHK-Experten. Der DIHK hat auch untersucht, welche Branchen besonders stark im Ausland aktiv sind. An der Spitze stehen dabei die Fahrzeugbauer. Spürbar erhöhen wollen die Unternehmen der Medizintechnik ihr Auslandsengagement. Der Maschinenbau streicht dagegen seine Investitionsplanung für das Ausland weiter zusammen. Die traditionell nicht ganz so auslandsaffine Konsumgüterbranche erschließt dafür zunehmend neue Märkte mit Investitionen. Das betrifft Textilproduzenten, aber auch die Hersteller von Schmuck, Musikinstrumenten, Sportgeräten und Spielwaren. Je größer das Unternehmen, desto größer auch die Bereitschaft, im Ausland zu investieren: Von den Großunternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten planen dies 76 Prozent, bei den mittelgroßen Unternehmen mit 200 bis 1000 Beschäftigten sind es 58 Prozent und bei kleineren Betrieben mit weniger als 200 Beschäftigten nur noch 33 Prozent.
Stefan von Borstel
Deutschlands Unternehmen wollen in diesem Jahr 300.000 neue Jobs in anderen Ländern schaffen. Die meisten Investoren zieht es nach China. Kostenersparnisse sind dabei aber nicht mehr das Hauptmotiv.
Wirtschaft
2013-03-29T16:56:43Z
2015-09-07T10:21:55Z
Deutsche Firmen drängen ins Ausland wie nie zuvor
https://www.welt.de//wirtschaft/article114879286/Deutsche-Firmen-draengen-ins-Ausland-wie-nie-zuvor.html
Alte Mission, neue Strategie
Wer dem Manager des EHC Eisbären Berlin begegnet und sich auf ein kleines Gespräch mit ihm freut, der wird derzeit oft enttäuscht. Peter John Lee wirkt meist abwesend, ist zappelig und kurz angebunden. Nervös zu sein ist nicht seine Art, aber das Play-off in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) hat ihn verändert. Mit Pierre Page, dem Trainer der Berliner, wurde der Zustand der inneren Unruhe schon eher verbunden. Er galt als noch hibbeliger als jetzt Lee. Aber diese Serie hat alles ins Gegenteil verkehrt: Nun läuft der 56jährige Page vor jeder Runde durch den Saal, schüttelt Hände und wünscht allseits "gutes Play-off". Selbst vor dem so wichtigen dritten Halbfinalspiel heute daheim gegen den ERC Ingolstadt (19.30 Uhr, Premiere) - in der Best-of-five-Serie steht es 1:1 - scheint die Anspannung wie verflogen. Oder zumindest läßt er sie sich kaum anmerken. Denn es muß in ihm rumoren. Page jagt noch immer seinem großen Traum hinterher. Trotz einer großen Trainerkarriere mit vielen Stationen in der nordamerikanischen Profiliga NHL fehlt dem Kanadier ein Meistertitel. Sollte nach zwei vergeblichen Anläufen mit den Berlinern wieder nichts daraus werden, wird ihm wieder vorgehalten, daß er einen Verein zwar in die Spitze führen kann, er aber nicht der richtige Mann ist, um eine Titelmission zu vollenden. Page wehrt sich gegen dieses Image. "Deswegen bin ich doch kein schlechter Trainer." Aber das bis dato Unvollendete hat ihn dazu veranlaßt, in dieser Saison einiges anders zu machen, als er es sonst immer getan hat. Nach der Finalniederlage im Vorjahr gegen die Frankfurt Lions hatte Page noch angekündigt, seine Gangart in der neuen Saison zu verschärfen. Verzweifelt im Mißerfolg holte er zum Rundumschlag aus. Jeder Spieler bekam seinen Zorn zu spüren. Seine fast schon philosophischen Weisheiten, die er in seinen ruhigen Momenten von sich gibt, waren da schnell vergessen. Nun versucht der Kanadier, sich öfter daran zu erinnern. "Wer gewinnen will, muß sich zuerst gut fühlen", sagt er, "denn Gewinnen ist kein Prozeß, sondern nur das Resultat." Damit dieses Resultat stimmt, hat er sich durchgerungen, nicht mehr allein auf seine Autorität zu pochen. Page geht mehr auf die Spieler ein. Wie beim jetzt verletzten Kelly Fairchild, den er zeitweise gegen seinen Willen als Verteidiger einsetzen wollte. Der Trainer gab nach, Fairchild dankte es mit Toren. Auch in der Torhüterfrage lenkte Page vor dem Play-off ein. Er hätte eine ständige Rotation bevorzugt, aber "die Mannschaft wollte eine frühzeitige Entscheidung", sagt er. Die ist zwar nun hinfällig, weil Oliver Jonas Olaf Kölzig wegen dessen Knieverletzung ersetzt. Aber es war ein Zeichen des Trainers, daß er sich erst für Kölzig entschied. In der Vergangenheit übte er oft Einzelkritik, wenn es in die entscheidende Phase ging. Nun hat er erkannt, daß "es keinen Sinn macht, etwas Negatives zu verbreiten". Bei der 3:5-Niederlage im ersten Heimspiel gegen Ingolstadt stellte er niemanden ob seiner Fehler bloß. Den lieben Onkel gibt Page deshalb noch lange nicht. Wenn er es für nötig hält, zieht er seine Linie durch. Auch wenn selbst ein Kölzig beim Training lautstark sein Mißfallen bekundet. Wie in der Vorwoche, als er nach Meinung der Spieler zu hartes Konditionstraining ansetzte. Am Sonntag aber, beim 3:2-Erfolg in Ingolstadt, zahlte sich die Fitneß der Berliner aus. Sie war schon in der ganzen Saison nur auf das Play-off ausgelegt. Der Trainingsaufbau wurde so gestaltet, daß die Topform nach und nach erreicht wird. Nicht ab dem ersten Spiel wie in den beiden Jahren zuvor. Bis jetzt hat Pierre Page mit seinen Modifikationen alles richtig gemacht. Die Mannschaft wirkt gefestigter denn je, sie konnte den Rückstand in der Halbfinalserie gegen Ingolstadt aufholen. Dergleichen ist den Berlinern noch nie gelungen. Das bestärkt Page in der Hoffnung, daß seine Mission diesmal nicht unerfüllt bleibt.
Marcel Stein
Trainer Pierre Page von den Eisbären Berlin ist im Play-off der Eishockey-Liga zu Kompromissen bereit
Print-welt
2005-04-06T22:00:00Z
2011-11-16T11:36:46Z
Alte Mission, neue Strategie
https://www.welt.de//print-welt/article584816/Alte-Mission-neue-Strategie.html
Gegen Dortmund: Mönchengladbach kann es auch ohne Star Reus
Nach dem Spiel herrschte eine seltsame Herzlichkeit auf dem Feld. Die Trainer Lucien Favre und Jürgen Klopp (verlinkt auf /sport/fussball/bundesliga/borussia-dortmund/article13745603/Borussia-Dortmund-poliert-seinen-Kader-auf.html) lachten gemeinsam auf dem Feld des Borussia-Parks, Mönchengladbachs Torhüter Marc-André ter Stegen (verlinkt auf /sport/fussball/bundesliga/borussia-moenchengladbach/article13724306/Ter-Stegen-ist-in-Gladbach-wunschlos-gluecklich.html) umarmte Dortmunds Nationalspieler Mats Hummels (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/mats-hummels/) und die übrigen Profis beider Borussen-Teams ließen sich von ihrem Anhang feiern. So sieht es aus, wenn ein Spitzenspiel ohne Sieger endet (verlinkt auf /sport/fussball/bundesliga/borussia-moenchengladbach/article13748991/Gladbach-holt-Dortmund-vom-Platz-an-der-Sonne.html) . Im Duell zwischen dem Tabellenzweiten Borussia Mönchengladbach (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/borussia-moenchengladbach/) und dem Ersten Borussia Dortmund (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/borussia-dortmund/) gab es beim 1:1 (0:1) zwar keinen Sieger, aber letztlich doch etliche zufriedene Protagonisten – auch wenn Bayern München (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/fc-bayern-muenchen/) nun an den beiden Kontrahenten vorbeizog und wieder die Führung in der Bundesliga übernahm. „Das war ein gutes Spiel. Dortmund war in der ersten Halbzeit einen Tick besser, wir haben gelitten. Aber mit einem 0:1 zur Halbzeit war es für uns noch möglich, wieder zurückzukommen“, sagte Gladbachs Coach Favre und stellte zufrieden fest: „Das haben die Spieler sehr gut gemacht, das 1:1 ist am Ende nicht unverdient, und wir haben jetzt 30 Punkte.“ Ohne Reus Als mittleres Wunder (verlinkt auf /sport/fussball/bundesliga/borussia-moenchengladbach/article13745363/Dante-nennt-Gladbachs-Hoehenflug-ein-kleines-Wunder.html) hatte es Favre noch vor dem Spiel bezeichnet, dass sein Team am 15. Spieltag ein Spitzenspiel der Bundesliga würde bestreiten dürfen. Der Wandel vom Fast-Absteiger der Vorsaison zu einer der besten Kräfte in dieser Spielzeit kommt selbst dem Schweizer bisweilen noch spanisch vor. Seit Samstag darf er sich aber noch mehr bestätigt fühlen, dass der Höhenflug seiner Mannschaft (verlinkt auf /sport/fussball/bundesliga/borussia-moenchengladbach/article13738181/Das-Wunder-der-Wiedergeburt-in-Moenchengladbach.html) keinesfalls nur eine kurzzeitige Episode darstellen wird. Zu gefestigt agieren die Borussen vom Niederrhein inzwischen, als dass Favre und Co. ein Abrutschen befürchten müssten. Dabei hatte die Vorbreitung auf das Spiel für die Mönchengladbacher mit einer schlechten Nachricht begonnen. Nationalspieler Marco Reus (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/marco-reus/) musste für das Spitzenspiel wegen eines Zehenbruchs passen, am Freitag hatte er ursprünglich am Mannschaftstraining teilnehmen wollen, war dann aber von den Medizinern zurückgepfiffen worden. Ob der 22-Jährige in diesem Jahr noch einmal zum Einsatz kommen kann, ist unklar. Anstelle von Reus, der schon zehn Saisontore erzielt hat, stürmte Raul Bobadilla, Mike Hanke agierte in der Rolle als hängende Spitze. Gladbach beginnt mutig Das Fehlen ihres Besten war den Hausherren zunächst aber nicht anzumerken. Mit dem Selbstbewusstsein von fünf Heimsiegen und zwei Unentschieden in acht Spielen ging die Mannschaft von Favre auch das Duell mit dem Meister forsch an. Bereits nach fünf Minuten hätte Bobadilla die Führung erzielen müssen, als er von Juan Arango traumhaft freigespielt wurde, dann aber fahrlässig mit einem Lupfer scheiterte. Auf der anderen Seite besaß Robert Lewandowski (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/robert-lewandowski/) die beste Chance für die Dortmunder, wurde aber im letzten Moment von Juniorennationalspieler Tony Jantschke am Einschuss gehindert (16.). Rund 20 Minuten später allerdings sollte der Pole in Diensten der Gäste mehr Glück haben. Nach einer Ecke von Mario Götze (verlinkt auf /sport/article13733121/Arsenals-Trainer-Wenger-bestaetigt-Interesse-an-Goetze.html) traf er per Kopf zum 1:0 (40.). Mönchengladbachs Torhüter Marc-André ter Stegen, bislang eine verlässliche Größe in dieser Spielzeit, sah in dieser Szene schlecht aus, weil er zunächst die Torlinie verließ, dann aber zurückeilte und den Kopfball schließlich passieren lassen musste. „Aus solchen Situationen müssen wir lernen“, sagte ter Stegen hinterher – und dürfte damit vor allem sich selbst gemeint haben. Verdiente Führung Die Führung war durchaus verdient, Dortmund hatte bis dato gefälliger agiert. Und das, obwohl der Klub in Neven Subotic (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/neven-subotic/) (Mittelgesichtsbruch), Sven Bender (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/sven-bender/) (Kieferfraktur) und Moritz Leitner (Probleme im Brustwirbelbereich), gleich auf drei wichtige Spieler hatte verzichten müssen. Doch längst schon bietet der Kader der Borussen genügend Alternativen. Und zur neuen Saison erhalten die Dortmunder weiter Verstärkung: Der 17-jährige Leonardo Bittencourt wechselt im Sommer von Energie Cottbus zum Meister, er unterschrieb unter der Woche einen Vertrag bis 2016. „Ich freue mich, dass uns der Transfer gelungen ist. Er ist ein toller Fußballer und passt gut zu uns“, sagte BVB-Trainer Klopp. „Wir sind durchaus stolz, dass er sich für uns entschieden hat.“ Hanke gleicht aus Stolz wird Klopp auch zunehmend auf die Seinen sein. Das Remis bedeutete das neunte Ligaspiel in Folge ohne Niederlage – dabei war durchaus noch mehr drin gewesen für die Gäste. Aber ihrer optischen Überlegenheit in Halbzeit zwei ließen sie zahlenmäßig nichts folgen – und mussten noch den Ausgleich hinnehmen. Auf Pass von Bobadilla traf Hanke mit einem harten, aber keinesfalls platzierten Flachschuss aus 20 Metern (71.). Die BVB-Defensive inklusive Keeper Roman Weidenfeller wirkte in dieser Situation unglücklich. Während sich die heimischen Fans unter den rund 54.000 Zuschauern im Borussia-Park nun diebisch über den sich abzeichnenden Coup freuten, fragten sich die Anhänger der Dortmunder, warum ihre Mannschaft plötzlich einen schon sicher geglaubten Sieg noch aus den Händen zu geben drohte. Die Antwort lautete: Diesmal agierte der Meister eben nicht effektiv genug. BVB vergibt Siegchance Denn auch nach dem 1:1 besaßen die Dortmunder noch gute Gelegenheiten zur abermaligen Führung, ließen diese jedoch in einer Mischung aus Naivität und Fahrlässigkeit aus. Mit der besten Chance scheiterte Nationalspieler Götze völlig frei vor ter Stegen, als er den Ball mit der Seite einschieben wollte, aber zu lasch abschloss (76.). Zwei Minuten später lag der Ball zwar im Tor von ter Stegen, aber der vermeintliche zweite Treffer von Lewandowski zählte wegen einer angeblichen Abseitsstellung von Flankengeber Kevin Großkreutz nicht. Eine mehr als knappe Entscheidung von Schiedsrichter Felix Zwayer (Berlin)– aber am Ende ärgerten sich nicht einmal die Gäste darüber. „Das war ein gutes Auswärtsspiel von uns gegen einen Gegner, der seinen Stiefel konsequent durchzieht“, sagte BVB-Trainer Klopp hinterher. „Wir wären zwar kein unverdienter Sieger gewesen, aber das Unentschieden geht auch in Ordnung.“
Roland Leroi
Borussia Dortmund ist nicht mehr Tabellenführer. Bei Verfolger Mönchengladbach kam der Deutsche Meister nicht über ein Unentschieden hinaus.
Sport
Fußball
2011-12-04T08:31:05Z
2011-12-05T15:13:50Z
Mönchengladbach kann es auch ohne Star Reus
https://www.welt.de//sport/fussball/bundesliga/borussia-moenchengladbach/article13749439/Moenchengladbach-kann-es-auch-ohne-Star-Reus.html
Sportwagen: Der neue Leit-Golf mit seinen 270 PS
Der inflationäre Gebrauch von Begriffen wie Kult oder Mythos ist zu einer allgemeinen Unsitte geworden. Auf ein bestimmtes Auto treffen die Bezeichnungen jedoch zu: den VW Golf GTI. Als der kleine Renner 1976 auf den Markt kam, hatten endlich auch jüngere und nicht so betuchte Fahrer ein bezahlbares Sportgerät, um die bestehende Hackordnung auf der linken Spur von Autobahnen durcheinanderzuwirbeln. Binnen kürzester Zeit war der GTI ein sehr gefragtes Auto, stand für – ein Wort, das damals noch gar nicht gebräuchlich war – Lifestyle und gilt bis heute für viele als sportlichstes Modell von Volkswagen. Dabei gebührt dem GTI diese Ehre schon seit 20 Jahren nicht mehr. Denn bereits 1989 brachte VW, weitgehend unbeachtet, den sogenannten Rallye Golf G60 mit 160 PS auf den Markt, der serienmäßig mit Allradantrieb und ausgestellten Kotflügeln ausgestattet war. Der Rallye Golf verkaufte sich zusammen mit seinem sogar 210 PS starken Pendant G60 Limited aber nur in überschaubaren Zahlen. VW ließ die Produktion bald einstellen. Doch jetzt bringt Volkswagen ein Auto an den Verkaufsstart, dessen typische Eigenschaften zweifelsfrei auf den Rallye Golf G60 zurückzuführen sind: den Golf R. Denn wie schon sein Urahn tritt auch der Neue mit Allradantrieb und einem aufgeladenen Motor an. Kamen die beiden Vorgänger, die zusammen 45.000-mal verkauft wurden, noch mit großvolumigen 3,2-Liter-Sechszylinder-Saugmotoren daher, begnügt sich der aktuelle Golf R mit einem kleinen Zweiliter-Vierzylinder mit Direkteinspritzung und Turbolader. Das sieht auf den ersten Blick nach Verzicht aus, aber durch den Turbolader bringt es der Vierzylinder auf satte 270 PS. Er übertrifft damit die großen Sechszylinder-Antriebe der Vorgänger sogar um 20 Pferdestärken und ist damit ein gelungenes Beispiel für den im Fachjargon Downsizing (Verkleinern) genannten Trend in der Motorentechnik. Denn die Entwickler haben herausgefunden, dass sich mit kleineren Turbomotoren nicht nur ähnliche Leistungen wie bisher nur mit hubraumstarken Triebwerken erzielen lassen, sondern dass damit einhergehend auch der Verbrauch verringert werden kann. Weniger Treibstoff zu verbrauchen stand ganz oben auf der Forderungsliste für den neuen Golf, wie Guido Sever, Entwicklungschef der R-Modelle – es gibt entsprechende Versionen auch vom Scirocco, Passat und Touareg – sagt. Denn angesichts der Selbstverpflichtung der Autoindustrie zur Senkung der CO2-Emissionen stellt sich die Frage, ob ein 270 PS starker Golf zeitgemäß ist. Andreas Petri, Vertriebs- und Marketingchef der VW Individual GmbH, beantwortet die Frage mit dem Hinweis auf die Verbesserungen: „Der Verbrauch des Golf R wurde bei deutlich gesteigerten Leistungsdaten im Vergleich zum Vorgänger um bis zu 21 Prozent gesenkt und der CO2-Ausstoß liegt unter 200 g/km, was für ein Fahrzeug dieser Leistungsklasse ein sehr guter Wert ist.“ Hatte der Vorgänger R32 noch einen Normverbrauch von 10,7 Litern, so lautet der Wert für den R 8,5 Liter, in Kombination mit dem DSG-Automatikgetriebe (Aufpreis 1875 Euro) sogar nur 8,4 Liter. Zugleich sind dadurch die CO2-Emissionen von 255 g/km auf 199 g/km (mit DSG 194 g/km) gesunken. Dennoch muss sich der typische Käufer – männlich, über 30 Jahre, höheres Bildungsniveau und Haushaltseinkommen sowie nicht nur mit dem Auto gerne sportlich unterwegs – nicht mit einem leistungsgeschwächten Golf R abfinden. Den Spurt auf Tempo 100 schafft der Wagen in 5,5 Sekunden und mit DSG-Automatik gar in 5,4 Sekunden. Damit ist er eine Sekunde schneller als der Vorgänger. Die Höchstgeschwindigkeit ist elektronisch auf Tempo 250 begrenzt. Doch bei allen sportlichen Talenten ist dieser Über-Golf keineswegs ein knüppelharter Renner, sondern vielmehr ein souveräner Reisewagen. Insbesondere wenn er die elektronische Fahrwerksregelung DCC (Aufpreis 945 Euro) an Bord hat. Hier kann der Fahrer auf Knopfdruck in drei Stufen (Normal, Sport oder Komfort) zwischen unterschiedlicher Fahrwerkshärte und Lenkcharakteristik wählen. Während sich bei ersten Testfahrten auf der Autobahn „Komfort“ als ideal herausstellte, ist auf kurvigen Landstraßen „Sport“ als erste Wahl zu empfehlen. Dann zirkelt der Golf R dank seines Allradantriebes wie ein Go-Kart ums Eck. Besonders beeindruckend ist aber, was der R auf Schnee und Eis kann. Beim Test in den österreichischen Alpen, mit den dort erlaubten Spike-Reifen, kennt der Allradler mit seiner individuellen elektronischen Kraftverteilung auf die Räder weder Durchdrehen noch Rutschen und folgt präzise den Lenkbefehlen des Fahrers. Angesichts dieser überzeugenden Vorstellung ist der Golf R, der durch die großen Lufteinlässe im vorderen Stoßfänger und dem Doppelrohr-Auspuff hinten auffällt, mit einem Grundpreis von 36.400 Euro noch nicht einmal überteuert. Denn man bekommt eine fast komplette Ausstattung mit Klimaautomatik, Alurädern, Bi-Xenon-Scheinwerfern, LED-Tagfahrlicht, Sportsitzen und CD-Radiosystem. Zu einem Kultauto wird er dadurch aber noch nicht. Wohl aber zu einem Konkurrenten des GTI.
Gebhard Cramm
Sportliche Versionen des beliebtesten Autos der Deutschen haben eine lange Tradition. Jetzt hat Volkswagen eine neue Generation des Golf R auf die Piste gebracht.. Erstmals tritt der GTI-Konkurrent nur mit Vierzylindermotor und zwei Liter Hubraum an. Und er ist noch nicht einmal teuer.
Motor
2010-01-29T10:35:32Z
2015-10-03T04:48:09Z
Der neue Leit-Golf mit seinen 270 PS
https://www.welt.de//motor/article6018577/Der-neue-Leit-Golf-mit-seinen-270-PS.html
Gesundheitspolitik: Die SPD lässt kein gutes Haar an Röslers Reform
Kurz vor Verabschiedung der Gesundheitsreform im Bundestag hat SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier (SPD) Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) scharf angegriffen. Rösler lege „die Axt an eines der besten Gesundheitssysteme der Welt“, sagte Steinmeier WELT ONLINE. Der Minister plane den „Umsturz durch die Hintertür“: Er beende die solidarische Finanzierung der Krankenversicherung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer, führe die Kopfpauschale ein und bitte die Versicherten künftig zur Vorkasse beim Arzt. „Damit zerstört Herr Rösler die Vertrauensgrundlage, auf der unser erfolgreicher Sozialstaat seit vielen Jahrzehnten beruht“, kritisierte der SPD-Fraktionschef. Am Freitag will der Bundestag die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung neu regeln. Verbunden ist damit die Anhebung der Beiträge von 14,9 auf 15,5 Prozent im kommenden Jahr. Die Erhöhung bringt dem Gesundheitsfonds rund sechs Milliarden Euro mehr Einnahmen. Die Krankenkassen können darüber hinaus noch einkommensunabhängige Zusatzbeiträge erheben, die allein von den Kassenmitgliedern zu zahlen sind. Der Arbeitgeberbeitrag soll bei 7,3 Prozent eingefroren werden. Rösler verteidigte die geplante Gesundheitsreform erneut. „Es gilt, das Neun-Milliarden-Euro-Defizit, was zu erwarten wäre, wenn wir nichts täten, auszugleichen“, sagte Rösler im ARD-„Morgenmagazin“. Arbeitgeber, Arbeitnehmer und auch die Leistungserbringer in den Heilberufen müssten ihren Sparbeitrag leisten. „Die Maßnahmen sind nicht angenehm“, räumte Rösler ein. Mit den strukturellen Veränderungen werde jedoch für eine stabile Finanzierung auch über 2011 hinaus gesorgt. Rösler sagte weiter, es werde 2011 „keinen durchschnittlichen Zusatzbeitrag geben“. Danach müssten aber alle künftigen Kostensteigerungen und Defizite in Form von Zusatzbeiträgen aufgefangen werden. Angesichts der demografischen Entwicklung und des technischen Fortschritts wäre es „unseriös“ zu behaupten, Gesundheit könne künftig billiger werden. Am Donnerstag verabschiedete der Bundestag bereits das Arzneimittel-Sparpaket des Ministers. In namentlicher Abstimmung votierten 314 Abgeordnete für das Gesetzespaket, 269 lehnten es ab. Das von Schwarz-Gelb verabschiedete Gesetz verpflichtet die Pharmahersteller, bei neuen Medikamenten einen Zusatznutzen nachzuweisen. Über den Preis müssen sie dann mit den Kassen verhandeln. Kommt in den Verhandlungen keine Einigung zustande, wird der Preis von einer Schiedsstelle festgelegt. Um kurzfristig Geld zu sparen, gilt bis Ende 2013 ein von sechs auf 16 Prozent erhöhter Zwangsrabatt für Medikamente mit neuen Wirkstoffen. Im vergangenen Jahr hatte sich der Ausgabenanstieg für Medikamente bei den gesetzlichen Kassen auf mehr als 32 Milliarden Euro ungebremst fortgesetzt. Rösler verteidigte das Gesetz im Bundestag. Die bisherige Preisfestsetzung durch die Pharmaindustrie werde beendet und damit das Preismonopol gebrochen, sagte er in der Schlussdebatte. Zugleich werde der Zugang der Menschen zu den bestmöglichen Medikamenten bei einer besseren Preiskontrolle sichergestellt. Auch werde die Pharmaindustrie damit zur Konsolidierung der gesetzlichen Krankenversicherung herangezogen. Die Pharmaindustrie müsse auf Dauer jährlich rund zwei Milliarden Euro Sparbeitrag erbringen. Das zeige, „wie entschlossen die Koalition hier ist“, sagte der Minister. Ähnliches sei früheren Regierungen nicht gelungen. Die rot-grüne Koalition etwa habe der Pharmaindustrie nur eine Einmalzahlung von 400 Millionen Euro abverlangt. Steinmeier warf Rösler dagegen vor, ihm fehle der Mut, gegen die „Selbstbedienungsmentalität in der Pharmabranche“ vorzugehen. „Dieses Rückgrat hatte Ulla Schmidt, und wie wichtig das ist, zeigt sich heute bei einem Gesundheitsminister, der nicht nur nichts tut, sondern dieses Selbstbedienungsmentalität sogar aktiv befördert“, sagte Steinmeier WELT ONLINE. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte im Bundestag: „Das Gesetz ist nichts anderes als eine Mogelpackung.“ Lauterbach prognostizierte, die Einsparziele würden nicht erreicht. Die Arzneimittel-Hersteller stiegen mit überhöhten Preisen in die Verhandlungen ein. Zudem gebe es Schlupflöcher bei der Nutzenbewertung. Die Grünen-Gesundheitsexpertin Birgitt Bender warf dem Gesundheitsministerium vor, im Gesetzgebungsverfahren immer wieder Änderungen vorgelegt zu haben. „Das ist keine Neuordnung auf dem Arzneimittelmarkt, das ist Unordnung“, sagte die Politikerin. Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU) warf der Opposition Untätigkeit vor. Keine der vorherigen Regierungen habe einen vergleichbaren Eingriff in den Pharma-Markt gewagt, und auch jetzt sei der Opposition nichts eingefallen. Spahn verteidigte die freie Preisgestaltung für neue Medikamente im ersten Jahr der Markteinführung. Es gehe darum, den Spagat zu bewältigen zwischen guter Versorgung und einem Eindämmen der Kosten.
P. Neumann, S. von Borstel
Der Minister befördere die "Selbstbedienungsmentalität in der Pharmabranche", schimpft Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier.
Politik
Deutschland
2010-11-11T16:53:34Z
2015-09-01T10:14:24Z
Die SPD lässt kein gutes Haar an Röslers Reform
https://www.welt.de//politik/deutschland/article10875784/Die-SPD-laesst-kein-gutes-Haar-an-Roeslers-Reform.html
Rohstoffe: Warum der Ölpreis bald über 100 Dollar steigt
Für US-Leichtöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) wurden zum ersten Mal in der Geschichte mehr als 90 Dollar je Barrel gezahlt. Marktbeobachter schließen nicht aus, dass spekulative Investoren den Preis Richtung 100-Dollar-Marke treiben könnten. "Kurzfristig dürfte sich der Preisauftrieb fortsetzen. Gut möglich, dass große Spieler die Dreistelligkeit sehen wollen", sagt Frank Schallenberger, Rohstoffanalyst bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Aktuell kommt einiges zusammen, was die Ölnotierungen nach oben schießen lässt. Zuvörderst steht der Dollar-Kollaps. Da der Energieträger auf dem Weltmarkt in der US-Devise abgerechnet wird, müssen die Produzenten einen höheren Preis verlangen, um in heimischer Währung ihre Ausgaben decken zu können. So kostet das Fass in Euro gerechnet derzeit gerade einmal 2,7 Prozent mehr als Mitte vergangenen Jahres, auf Dollar-Basis sind es 19 Prozent mehr. "Das derzeitige Hochschnellen des Ölpreises ist zum Gutteil eine Reaktion auf die Schwäche des Greenback", sagt Doug Leggate von der Citigroup (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/citigroup/) . Auch die geopolitischen Risiken begünstigen den Preisauftrieb. Putins Säbelrasseln, Bushs Warnungen vor einem dritten Weltkrieg und der mögliche Einmarsch türkischer Truppen in den ölreichen Nordirak geben Anlass zur Beunruhigung. "Das alles schürt die Angst vor Versorgungsengpässen", sagt Schallenberger, der jedoch betont, dass er die Besorgnis für übertrieben hält. "Fundamental sind eher Preise von 75 bis 80 Dollar gerechtfertigt." Selbst für den Fall, dass die Notierungen nach der aktuellen Rallye wieder etwas zurückkommen, scheint klar: Öl wird langfristig teuer bleiben. Die Terminkontrakte sprechen eine deutliche Sprache: Den weit in die Zukunft reichenden Lieferverpflichtungen (Futures) zufolge gibt es bis 2015 keine Chance, dass der Durchschnittspreis unter 70 Dollar fällt. Auch Analysten heben ihre Prognosen an - wenngleich zögerlich. Jüngst hat der einflussreiche Citigroup-Stratege Leggate den langfristigen Durchschnittspreis auf 60 Dollar hochgesetzt. Die Analysten der britischen Barclays (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/barclays/) halten neuerdings sogar 70 Dollar für möglich. Das ist bemerkenswert, neigen die Profis doch seit Jahren dazu, den Ölpreis zu unterschätzen. Viele lokalisierten den Durchschnittspreis vor Kurzem noch bei 45 Dollar - also etwa auf der Hälfte des jetzigen Standes. Sollten die Experten die künftigen Notierungen tatsächlich derart gravierend unterschätzt haben, wären vor allem die Energiekonzerne die Profiteure. Sie könnten für das von ihnen gepumpte Öl auf Jahre mehr einnehmen als derzeit in den Aktienkursen eskomptiert. Entsprechend hoch wäre das Potenzial dieser Titel. Interessanterweise sind die Titel des Sektors in den vergangenen Monaten nicht sonderlich gut gelaufen. Manche Experten erwarten eine Aufholrallye. So raten die Analysten von Lehman Brothers zum Übergewichten des Sektors. Doch nicht nur große Ölmultis wie BP (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bp/) oder Royal Dutch finden den Gefallen der Branchenprofis. Als mindestens ebenso attraktiv gelten, gemessen an den Kaufempfehlungen, Ausrüster wie Baker Hughes (WKN: 872933), Saipem (869060), Schlumberger (853390) oder Trican Well Service (812693). Dahinter steht die Erkenntnis, dass die verbliebenen Lagerstätten immer schwieriger zu erschließen sind und immer ausgetüftelteres Gerät erforderlich machen. Das kostet die Energiegiganten Geld, freut aber die Hersteller der Spezialausrüstung. Bei den Fördergesellschaften sehen Analysten bei der französischen Total (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/total/) (850727), der italienischen Eni (897791) und der russischen Lukoil (902427) das beste Chance/Risiko-Verhältnis. Für spekulative Investoren mag auch ein Blick auf die kanadische Husky Energy (552934) lohnen, die auf riesigen Ölsand-Lagerstätten sitzt, deren Abbau bei hohem Energiepreis profitabel wird.
Daniel Eckert Und Holger Zschäpitz
Da waren's nur noch zehn. Zum Wochenausklang fehlten dem Ölpreis nur noch zehn Dollar bis zur 100-Dollar-Marke. So teuer war der fossile Brennstoff noch niemals zuvor - und es wird wohl weiter nach oben gehen.
Finanzen
2007-10-20T02:00:00Z
2017-07-19T09:12:05Z
Warum der Ölpreis bald über 100 Dollar steigt
https://www.welt.de//finanzen/article1281813/Warum-der-Oelpreis-bald-ueber-100-Dollar-steigt.html
Bildbearbeitung: Photoshop Elements 11 lohnt sich für Hobbyfotografen
Profis, die ihre Fotos nach allen Regeln der Kunst am Computer bearbeiten wollen, kommen an Photoshop nicht vorbei – und zahlen für die aktuelle Version CS6 (verlinkt auf /wirtschaft/webwelt/article106604936/Photoshop-CS6-macht-es-Anfaengern-jetzt-einfacher.html) stramme 900 Euro. Nicht mal 80 Euro kostet dagegen Photoshop Elements 11. Ist das Top-Programm von Adobe also mehr als zehnmal besser? Oder reicht Elements 11 für ambitionierte Amateure? Doppelt und dreifach Wer Photoshop Elements 11 installiert, bekommt gleich zwei Programme – und kann nach einem Doppelklick aufs Elements-Symbol zwischen Organizer und dem Fotoeditor wählen. Wem das zu umständlich ist, der kann beide Programme auch direkt starten, etwa über eine Verknüpfung zur Programmdatei PhotoshopElementsEditor.exe. Der Fotoeditor bietet gleich drei Bearbeitungsmodi: - Im Schnell-Modus gibt’s nur sechs Funktionen zur Bildverbesserung, per Automatik-Funktion oder mit wenigen Mausklicks führt er sehr schnell zum Ziel. Praktisch: Photoshop Elements zeigt für jede Verbesserungsfunktion neun Miniaturbilder an. Fährt der Anwender mit der Maus über eine Miniatur, zeigt das Programm sofort an, wie das Bild nach dem Klick auf die Funktion aussehen würde. - Der Assistenten-Modus bietet mehr Möglichkeiten, etwa zum Begradigen schiefer Fotos oder zum Optimieren von Porträts. Auch hier führen ein paar Klicks zu ansprechenden Ergebnissen. Dazu gibt"s eine kleine Auswahl von Spezialeffekten, beispielsweise um Fotocollagen im Pop-Art-Stil anzufertigen. - Der Experten-Modus funktioniert klassisch mit Menüs und Auswahllisten. Auch hier hilft Elements dem Fotografen, etwa indem es etwa Optionen fürs gerade verwendete Werkzeug einblendet. Mehr Dynamik Eine der wenigen größeren Neuerungen von Photoshop Elements 11 versteckt sich im Menü "Überarbeiten" unter "Photomerge-Belichtung": Hier gibt"s die HDR-Funktion (High Dynamic Range), die ein Bild mit besonders hohem Kontrastumfang aus einer Serie unterschiedlich belichteter Fotos erzeugt. Im besten Fall erscheinen Motive dann so kontrastreich, wie sie das menschliche Auge wahrnimmt. Die Funktion eignet sich aber auch zur gezielten Verfremdung von Farben im Bild. Profi-Funktionen fehlen Qualitätsfanatiker werden mit Photoshop Elements allerdings nicht glücklich werden. Denn viele Bildeffekte funktionieren nur mit einer Farbtiefe von 8 Bit pro Grundfarbe – wie bei Bildern im gängigen JPEG-Format üblich. Bilder mit 16 Bit Farbtiefe, zum Beispiel RAW-Dateien, wandelt Photoshop Elements in 8 Bit Farbtiefe um, bevor es den Bildeffekt anwendet. Das geht immer etwas auf Kosten der Bildqualität. Profi-Programme können das besser: Sie verarbeiten Bilddateien mit 16 Bit ohne vorherige Umwandlung. Der eingebaute Umwandler für RAW-Dateien ähnelt zwar dem von Photoshop CS6, viele Spezialfunktionen sind aber abgeschaltet. So fehlt die Möglichkeit, Bildfehler des Objektivs über ein Korrekturprofil auszubessern – das geht nur mit CS6. Besser als der Vorgänger? In der Testnote schneidet Photoshop Elements 11 ein Quäntchen besser ab als die 10er-Version – nicht wirklich ein Grund zu wechseln. Viele Funktionen sind aber in Details verbessert. So liefert beispielsweise die Autokorrektur noch bessere Ergebnisse bei Bildern mit flauen Farben. Die auffälligste Änderung ist aber die neu gestaltete Bedienoberfläche. Elements 11 wirkt aufgeräumter, die Werkzeugsymbole heben sich stärker vom jetzt hellgrauen Hintergrund ab. Insgesamt lässt sich das Programm einfacher und flotter bedienen als der Vorgänger – so brauchten die Tester nur noch 45 statt 70 Sekunden für eine Fotomontage und kamen mit 30 statt 39 Mausklicks aus. Der Preis dafür: Wer von einer Vorgängerversion zu Elements 11 wechselt (Update: 65 Euro), muss sich wieder neu in die Bedienung einarbeiten. Fazit: Photoshop Elements bleibt eine gute Wahl für den Hobbyfotografen – je nach Lust und Laune kann er entweder alles selbst bearbeiten oder sich von Assistenten an die Hand nehmen lassen. Nutzer älterer Versionen werden sich umgewöhnen müssen – die 11er-Version sieht deutlich anders aus. Testergebnis: gut (1,84) Quelle: Computer Bild. Mehr zum Thema finden Sie in der Computer Bild, Ausgabe 26/2012.
Sven Schulz
Foto-Profis kommen an Photoshop nicht vorbei. Doch die Software hat ihren Preis. Das günstigere Photoshop Elements 11 bearbeitet ebenfalls Bilder und verwaltet das Archiv – wie gut, sagt der Test.
Wirtschaft
Webwelt & Technik
2012-12-12T06:57:56Z
2015-10-05T16:10:07Z
Photoshop Elements 11 lohnt sich für Hobbyfotografen
https://www.welt.de//wirtschaft/webwelt/article111960609/Photoshop-Elements-11-lohnt-sich-fuer-Hobbyfotografen.html
Olympische Winterspiele 2018: Koreas Eishockeyteam für Friedensnobelpreis vorgeschlagen
Ein letztes Mal flogen Kuscheltiere auf das Eis. Noch einmal lief „Hand in Hand“ aus den Lautsprechern, die inoffizielle Hymne dieser „Friedensspiele“, als die Gastgeber Südkorea das Wintersportfest im eigenen Land getauft hatte. Dann schickte Sarah Murray ihre 35 Spielerinnen auf das Eis, alle, und während diese sich vom Publikum verabschiedeten, da kamen der Trainerin die Tränen. Murray hatte all die Olympiatage fast ein bisschen traurig gewirkt, mit ihrem strengen Pferdeschwanz und dem schwarzen Sakko über dem türkisfarbenen Businesshemd, der Uniform des Eishockeytrainers, wie sie das von ihrem Vater kennt, einem ehemaligen NHL-Coach. Gerade mal 29 ist sie, den Trainerjob hat sie quasi im Blut. Aber diese letzten Wochen, das war natürlich mehr als ein Trainerjob. Vier Jahre hatte sie ein koreanisches Frauen-Eishockeyteam auf Olympia (verlinkt auf /sport/olympia/article173760418/Olympische-Winterspiele-2018-Biathlon-ist-zum-aufgeblaehten-Zirkus-verkommen.html) vorbereitet. Dann verkündete Nordkoreas Diktator Kim Jong-un, seine Spielerinnen für eine gemeinsame Mannschaft zuzulassen. Zehn Tage vor Olympia bekam Murray also zwölf neue Spielerinnen, die sie nicht kannte. „Die Politiker haben eine Entscheidung getroffen“, sagt sie: „Wir waren diejenigen, die sie funktionieren ließen.“ „Nun weiß ich – der Sport reißt Barrieren ein“ Ihre Tränen nach diesem 1:6 gegen Schweden, der fünften Niederlage im fünften Spiel – sie hatten nichts mit Trauer zu tun, sondern mit Rührung und Stolz. Natürlich hätten ihre Spielerinnen „den Druck von Medien und Regierungen“ gespürt, erklärte die Trainerin. Und es sei „tough“ gewesen, sich in so kurzer Zeit aufeinander einzustellen. Murray gibt zu, dass sie sich das alles so nicht hätte vorstellen können. Jetzt sagt sie: „Nun weiß ich – der Sport reißt Barrieren ein.“ Nach dem Training zuletzt, da habe sie beobachtet, wie acht Spielerinnen aus dem Norden und fünf aus dem Süden zusammen dablieben, sich umarmten, Fotos machten. IOC-Mitglied Angela Ruggiero, selbst frühere Eishockeyspielerin, hat das Team für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Aber ob dessen Botschaft verfängt, das werden andere entscheiden, da liegt der Puck jetzt wieder bei der Politik. Das Kwandong Hockey Center in Gangneung wurde ein letztes Mal zur Bühne koreanischer Einheitsdemonstrationen. Zwar hatten sich die nordkoreanischen Propaganda-Cheerleader nicht blicken lassen, sehr zur Freude von Griffin, die ihnen noch einen bissigen Kommentar hinterherrief: „Großartig, dass die Fans heute wirklich für uns gebrüllt haben, dass sie an uns und an Eishockey interessiert waren.“ Aber auch Teile des südkoreanischen Anhangs waren orchestriert. „Ich weiß, dass sie kein Facebook haben“ Vor dem Stadion verteilte die Organisation „15. Juni“ wie schon bei vergangenen Partien koreanische Einheitsfahnen. Drinnen sorgten Einpeitscher der Gruppe dafür, dass sie auch entsprechend gewedelt wurden. Zur Wahrheit (verlinkt auf /sport/olympia/article173756822/Olympische-Winterspiele-2018-Sandra-Kiriasis-bietet-Jamaika-Bob-Kompromiss-an.html) gehört aber auch, dass sich allenfalls die Hälfte der Zuschauer eine Flagge in die Hand drücken lassen wollte. Und vor allem, dass noch lange nicht von einem neuen 15. Juni 2000 gesprochen werden kann. Damals verkündeten die Staatschefs beider Koreas eine historische Erklärung über Zusammenarbeit und Dialog, die Südkoreas Staatschef Kim Dae-jung den Friedensnobelpreis einbrachte. Doch alle damals erreichten Fortschritte haben sich in den letzten Jahren erledigt, die Grenze durch das Land ist zementierter denn je – und Südkoreas Präsident Moon ließ dieser Tage am Rande der Spiele durchblicken, dass noch einiges passieren müsse, bevor er die von Kim Jong-uns Schwester zu Anfang der Spiele überbrachte Einladung nach Pjöngjang annehmen könne. Wenn die Nordkoreanerinnen in ein paar Tagen zurückkehren, dann werden sie ihre für das Turnier erhaltenen Schläger vorher zurückgeben müssen – wegen der Sanktionen. Und wenn sich die neuen Freundinnen gegenseitig etwas erzählen wollen, dann wird das nicht möglich sein. „Ich weiß, dass sie kein Facebook haben, von daher wird es schwer, in Kontakt zu bleiben“, sagte Griffin. Telefon oder E-Mail haben sie auch nicht. „Wir haben sie wirklich lieb gewonnen“ Eishockey-Weltverbandspräsident Rene Fasel spekulierte zwar über eine erneute Teamvereinigung 2022 in Peking, doch sportlich dürften sich die Koreanerinnen kaum für die Spiele qualifizieren. Murray wiederum „ist sich nicht sicher“, was die Zukunft bringt, hofft aber, dass „wir in Verbindung bleiben und uns für Testspiele begegnen. Wir haben sie wirklich lieb gewonnen. Es wird ein schwerer Abschied für alle“, sagt die Amerikanerin, die ihren Spielerinnen vor dem letzten Match gesagt hatte, dass „sie enorm stolz auf sich sein können“. Und dass sie jetzt rausgehen sollten und genießen, denn: „Womöglich werdet ihr nie wieder miteinander spielen.“ Auch andere Stimmen aus dem Team legen nahe, dass es tatsächlich immer besser gelaufen ist. Sogar mit den englischen Fachbegriffen, die den Nordkoreanerinnen, hermetisch abgeriegelt von der übrigen Welt, anfangs noch so viele Probleme machten. „Ich hörte sie erstmals Dinge sagen wie ‚Lineshift‘ (Wechsel) oder ‚Faceoff‘ (Bully),“, hatte die US- Koreanerin Randi Heeso Griffin schon nach dem dritten Spiel gegen Japan berichtet. Ansonsten rede man halt so über alles, Jungs zum Beispiel.
Florian Haupt
Fünf Spiele und fünf Niederlagen - das ist das Ergebnis des gemeinsamen Damen-Eishocketeams von Nord- und Südkorea. Tränen gab es, aber vor Rührung und Stolz. Denn diese Mannschaft formierte sich unter besonderen Umständen.
Sport
2018-02-20T18:11:15Z
2018-02-20T18:11:15Z
„Womöglich werdet ihr nie wieder miteinander spielen“
https://www.welt.de//sport/article173780905/Olympische-Winterspiele-2018-Koreas-Eishockeyteam-fuer-Friedensnobelpreis-vorgeschlagen.html
Nach rechtsextremen Vorfällen in Brandenburger Schule – Bund schaltet sich ein
Nach Bekanntwerden rechtsextremer Vorfälle an einer Schule in Burg im Spreewald will der Bund Gespräche über Präventions- und Demokratie-Projekte in Südbrandenburg aufnehmen. Das Bundesfamilienministerium teilte mit, es wolle sich in Kürze mit den Partnerschaften für Demokratie in Südbrandenburg treffen, um darüber zu beraten, wie weitere Handlungsstrategien in den Bereichen der Demokratieförderung und im Kampf gegen Rechtsextremismus in der Region aussehen könnten.  Aus Mitteln des Bundesprogramms „Demokratie leben“ fließen 2023 nach Angaben des Familienministeriums rund sechs Millionen Euro nach Brandenburg. Hierbei geht es aber nicht nur um Projekte gegen Rechtsextremismus, sondern auch übergreifender um Konzepte zur Förderung von Demokratie und Vielfalt. Das Bundesfamilienministerium stehe in regelmäßigem Kontakt mit dem Landes-Demokratiezentrum Brandenburg und thematisiere dabei auch das Thema Rechtsextremismus an Schulen, hieß es. Zwei Lehrkräfte hatten im April in einem Brandbrief öffentlich gemacht, dass sie an ihrer Schule in Burg im Spreewald täglich mit Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie konfrontiert (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/deutschland/article246446408/Brandenburger-Burg-Nach-Weggang-zweier-Lehrer-Kollegium-tief-gespalten.html) seien. Die beiden Lehrkräfte haben inzwischen die Schule verlassen und das auch mit Anfeindungen aus der rechten Szene begründet. In dem Ort waren etwa Aufkleber zu sehen, auf denen ein Foto von ihnen zu sehen war, darunter stand: „#‘pisst Euch nach Berl*in“. Beide wurden zudem in einem sozialen Netzwerk bedroht. Die Staatsanwaltschaft Cottbus ermittelt im Zusammenhang mit der Schule in Burg in acht Verfahren vor allem wegen des Verwendens von Kennzeichnen verfassungswidriger Organisationen. Es geht um mehr als 20 Beschuldigte, zwei sind jedoch strafunmündig. Als Hauptverfahren gilt laut Staatsanwaltschaft die Ermittlung gegen einen Schüler, der im Sportunterricht den Hitlergruß gezeigt haben soll.
WELT
Hitlergruß im Sportunterricht, Drohungen gegen Lehrer: Die Vorfälle an einer Schule im südbrandenburgischen Burg waren wochenlang in den Schlagzeilen. Jetzt plant die Bundesregierung, selber Gespräche über Präventionsmöglichkeiten in der Region aufzunehmen.
Politik
Deutschland
2023-08-23T06:51:58Z
2023-08-23T06:51:58Z
Nach rechtsextremen Vorfällen in Brandenburger Schule – Bund schaltet sich ein
https://www.welt.de//politik/deutschland/article247048312/Nach-rechtsextremen-Vorfaellen-in-Brandenburger-Schule-Bund-schaltet-sich-ein.html
Schweinefleisch: Corona-Ausbruch treibt die Preise
Kotelett, Würstchen oder Hack vom Schwein stehen bei vielen Deutschen nach wie vor ganz oben auf der Einkaufsliste. Von den rund 60 Kilo Fleisch, die jeder Bundesbürger rechnerisch pro Jahr verzehrt, entfallen allein gut 38 Kilo auf Schweinefleisch. Doch dafür werden die Konsumenten voraussichtlich bald wohl wesentlich tiefer in die Tasche greifen müssen. Grund ist die aktuelle Seuchenlage in China. Sie trifft den Markt gleich doppelt. Ohnehin hatte die für Menschen ungefährliche Afrikanische Schweinepest seit Monaten einen preistreibenden Einbruch der Produktion bewirkt. Nun zwingen Chinas Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Epidemie (verlinkt auf https://www.welt.de/vermischtes/live205334991/Coronavirus-Erster-Fall-auf-Teneriffa-Hotel-unter-Quarantaene.html) , teils verbunden mit der Abriegelung ganzer Städte, die Produktionsziffern in einem zweiten Schlag weiter nach unten. Die ohnehin knappen Fleischvorräte im Land sinken. Die Folgen für den Weltmarkt sind bis nach Deutschland zu spüren – vorerst in Erzeugerpreisen, die durch die Decke gehen. Derzeit erhalten die Bauern für ein Kilo Schweinefleisch gemessen am Schlachtgewicht im Durchschnitt gut 1,90 Euro von den Verarbeitern. Das sind gut 35 Prozent mehr als vor einem Jahr. Ein so hohes Preisniveau ist sonst allenfalls gelegentlich im Sommer zu beobachten, wenn flächendeckend die Grills angeworfen werden. Im Februar aber habe er einen derartigen Preisboom noch nie erlebt, sagt Tim Koch, Marktexperte des Bonner Agrarinformationsdienstes AMI. Dabei werde es auch bleiben: „Im Moment deutet wenig auf eine Entspannung hin“, so Koch, „denn die Nachfrage aus China bleibt hoch, während das Angebot in Deutschland eher rückläufig ist.“ Damit wächst die Wahrscheinlichkeit, dass an den deutschen Fleischtheken bald höhere Preise aufgerufen werden als beispielsweise die 6,97 Euro, die nach dem Fleischpreis-Index des Dienstleisters Caterwings im Schnitt für ein Kilo Hack fällig sind. Zwar halten sich Händler und Fleischer derzeit noch weitgehend mit Preiserhöhungen zurück, denn sie wissen, dass viele Konsumenten die Fleischpreise als einen der wichtigsten Maßstäbe für die generelle Preiswürdigkeit eines Händlers sehen. In China haben die Verbraucherpreise für Schweinefleisch längst angezogen Doch in der Fleisch verarbeitenden Industrie wächst der Druck, die steigenden Kosten an die Abnehmer weiterzureichen. Sonst könne die Situation für manche Betriebe existenzgefährdend werden, warnte kürzlich Sarah Dhem, die Präsidentin des Bundesverbands der Fleischwarenindustrie. Schon im vergangenen Jahr waren die Fleischpreise mit einem Plus von 3,07 Prozent deutlich stärker gestiegen als die allgemeine Inflationsrate. In China haben die Verbraucherpreise für Schweinefleisch längst angezogen. Anfang vergangener Woche lagen sie nach Daten der chinesischen Agrarberatungsfirma Cofeed bei umgerechnet 6,77 Euro pro Kilo. Mit einer Steigerung um 6,5 Prozent in wenig mehr als drei Wochen nähern sie sich rasch dem erst im Oktober erreichten historischen Rekordstand von 7,14 Euro. Dabei hatte das Niveau schon im Januar mehr als doppelt so hoch gelegen wie ein Jahr zuvor. Die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Menschen im chinesischen Kernland ist nach Angaben der Behörden auf knapp 77.000 gestiegen. Mehr als 2400 Menschen seien gestorben. Die eingeschränkte Beweglichkeit im Lande lässt eine reibungslose Fleischerzeugung nicht mehr zu. „Wegen der Restriktionen beim Transport ist der Erwerb von Schweinen schwierig geworden“, sagte der Analyst Zhao Yuelei der Nachrichtenagentur Reuters. Straßenblockaden und Abriegelung ganzer Städte erschwerten nicht nur Viehtransporte zu den Schlachthäusern, es fehle vielerorts auch an Personal für die Lastwagenfahrten und die Durchführung der Schlachtungen. Viele Schlachtbetriebe fahren die Produktion nach Beobachtung von Marktkennern deshalb nach dem Ende der Feiern zum chinesischen Neujahr erst mit Verspätung hoch. Nach einer vorübergehenden Entspannung durch die Freigabe von staatlichen Fleischreserven zum Neujahrsfest ziehen die Preise nun angesichts der Knappheit wieder deutlicher an.   Auch die deutschen Exporte seien von den eingeschränkten logistischen Möglichkeiten in China betroffen, sagte AMI-Experte Koch. Die Ausfuhren an Schweinefleisch seien wegen begrenzter Entladekapazitäten in den Häfen und Schwierigkeiten beim Weitertransport nicht so hoch, wie sie bei reibungslosen Abläufen sein könnten. Trotzdem läuft das Geschäft offenbar. Allein im Dezember wurde nach letzten verfügbaren Zahlen des Statistischen Bundesamts Schweinefleisch für 148 Millionen Euro aus Deutschland nach China gebracht. Im November hatten die Ausfuhren einen historischen Höchststand von gut 161 Millionen Euro erreicht. Zum Vergleich: Im November 2019 lag diese Ziffer bei ganzen 28 Millionen Euro. Gleichzeitig verdoppelten sich die Preise pro Tonne auch im Export nahezu. China kauft derzeit jedes Kilo Schweinefleisch auf, das der Weltmarkt hergibt. Schon vor den Schwierigkeiten im Zuge der Coronavirus-Bekämpfung war der Markt schwer angeschlagen. Die Afrikanische Schweinepest hatte beim weltweit größten Erzeuger und Verbraucher von Schweinefleisch 40 bis 50 Prozent des Tierbestands dahingerafft. Das entspricht bis zu einem Viertel des weltweiten Bestands. Die Jahresproduktion sank nach Angaben des Nationalen Statistikbüros 2019 um 21 Prozent auf den niedrigsten Stand seit 16 Jahren. Eine schnelle Erholung ist schon wegen der notwendigen Zeiten der Nachzucht nicht zu erwarten. Auch im laufenden Jahr dürfte die Produktion deshalb nochmals um bis zu 15 Prozent geringer ausfallen, schätzt die niederländische Rabobank. Wie lange die deutschen Schweinezüchter von den boomenden Ausfuhren nach China profitieren, ist allerdings fraglich. Denn der Schweinepest-Erreger (verlinkt auf https://www.welt.de/wissenschaft/article205661659/Afrikanische-Schweinepest-Erst-der-Zaun-dann-die-Impfung.html) nähert sich auch Deutschland scheinbar unaufhaltsam. Infizierte Tiere sind in Polen nur wenige Kilometer entfernt von der deutschen Grenze gefunden worden. Sollte die Tierkrankheit auch hier auftreten, ist unverzüglich mit Ausfuhreinschränkungen zu rechnen.
Michael Gassmann
Das Coronavirus bremst die Schweinefleischproduktion in China aus. Deutsche Verbraucher könnten den Engpass an der Ladentheke zu spüren bekommen. Das liegt auch daran, dass sich der Markt kaum vom vorigen Tiefschlag erholt hat.
Wirtschaft
2020-02-26T04:33:17Z
2020-02-26T04:33:17Z
China geht das Fleisch aus – und Deutschland spürt die Folgen
https://www.welt.de/wirtschaft/article206116443/Schweinefleisch-Corona-Ausbruch-treibt-die-Preise.html
Haushaltsstreit: Warum Trump plötzlich auf seine Partei hört
Entschieden, wild entschlossen wirkte Donald Trump. Er polterte und er drohte. „Wenn wir nicht bekommen, was wir wollen auf die eine oder andere Weise, werde ich die Regierung stilllegen“, sagte der amerikanische Präsident in der vorigen Woche während eines Treffens mit den Anführern der Demokraten in Repräsentantenhaus und Senat, Nancy Pelosi und Chuck Schumer: „Ich bin stolz darauf, die Regierung für Grenzsicherung zu schließen.“ Öffentlich, live und vor laufenden Kameras kündigte Trump einen „Shutdown“ an, einen Stillstand, eine Schließung der Regierung. Er verlangte vom Kongress fünf Milliarden Dollar für den Bau einer Mauer an der südlichen Grenze zu Mexiko. Die Demokraten bewilligten nur 1,3 Milliarden Dollar, ausdrücklich nicht für eine Mauer, sondern zur Grenzsicherung. Sie blieben stur. Nun scheint Donald Trump umzuschwenken. Die denkwürdige Szene mit den Demokraten vor dem Kamin im Oval Office lag gerade einmal eine Woche lang zurück, als Trumps Sprecherin Sarah Sanders am Dienstag ein Einlenken signalisierte. Plötzlich klang Trumps Haltung ganz anders als zuvor. Einen Willen zum Kompromiss über die Grenzsicherung ließ Sanders erkennen. „Der Präsident hat alle Behörden gebeten zu schauen, ob sie für diesen Zweck Geld haben“, sagte Sanders im Weißen Haus. Bereits zuvor, Dienstagfrüh im Sender „Fox News“, deutete Sanders das Interesse des Präsidenten an einer Konsens-Lösung an. Um eine bevorstehende Schließung von Regierungsbehörden zu verhindern, sei das Weiße Haus bereit, mit dem Kongress zusammenzuarbeiten, sagte sie. Es gäbe andere Möglichkeiten, um an die fünf Milliarden Dollar zu kommen. „Wir wollen die Regierung nicht schließen. Wir wollen die Grenze gegen illegale Einwanderung schließen“, sagte Sanders. Plötzlich favorisiert Trump also eine Verständigung mit den Demokraten, nachdem er noch eben eine Konfrontationskurs betrieb. Wie kommt es zu diesem Sinneswandel? Dem Präsidenten dürfte es mit seinem Kurswechsel schließlich kaum darum gehen, um jeden Preis einen Zwangsurlaub von Regierungs-Angestellten ab Freitag, 24 Uhr, zu vermeiden. So stark unter Druck wie lange nicht mehr Nein, Trump versucht offenbar, entgegen seiner Attitüde, einen weiteren Konfliktherd zu vermeiden. Der Präsident steht in der Woche vor Weihnachten so stark unter Druck wie lange nicht mehr. Die eineinhalb Jahre dauernden Ermittlungen über eine mögliche Konspiration des Trump-Teams mit Russland gehen in ihre Endphase, durchaus dramatisch. Am Dienstag wurde die Verkündung des Strafmaßes für Michael Flynn, einst Trumps Sicherheitsberater (verlinkt auf /politik/ausland/plus185633170/Flynn-Cohen-Papadopoulos-Trumps-gefaehrliche-Ex-Vertraute.html) , verschoben. Flynn wird nun wohl weiter mit dem Team des – von Trump verhassten – Sonderermittlers Robert Mueller Rede und Antwort stehen. Bislang hat er das schon 19 Mal getan, insgesamt über 60 Stunden lang. Zudem wurde am Dienstag bekannt, dass Trump in die Auflösung seiner privaten Familienstiftung einwilligt. Diese war von den Strafverfolgern des Bundesstaats New York verklagt worden, weil sie dazu missbraucht worden sein soll, Rechtsstreitigkeiten per Geldzahlungen beizulegen. Trumps Einlenken in Sachen Shutdown dürfte aber vor allem auf einem Druck aus den eigenen Reihen beruhen. In den vergangenen Tagen hatten führende Republikaner ihr Missbehagen über einen möglichen Regierungsstillstand dargelegt. „Kein Republikaner im Senat will einen Shutdown sehen“, wurde der republikanische Senator John Thun in der „Washington Post“ zitiert. Man müsse wissen, wie man aus der Sache herauskomme, sagte Senator John Cornyn, im Januar werde das kaum einfacher sein. Trump werde die fünf Milliarden Dollar für die Mauer nicht bekommen, sagte ein Präsidenten-Berater anonym der „Post“. Die Stimmung bei den Republikanern ist seit den Zwischenwahlen vom November mies, während die Demokraten ihren Machtzuwachs genießen, ihn schon jetzt ausspielen, indem sie Trumps Vorschlag zur alternativen Finanzierung der Mauer ablehnen. Sie könnten „das Angebot einer Milliarden-Dollar-Schmiergeldkasse für die Umsetzung der sehr falschen Einwanderungspolitik des Präsidenten nicht akzeptieren“, sagte Pelosi. Ökonomen hatte zuletzt vor einem Shutdown, einem damit drohenden Verlust an Verbraucher- und Investorenvertrauen gewarnt. Da die Börsen in den letzten Wochen eingebrochen snd, fühlt sich der einstige Geschäftsmann Trump auch aus dieser Richtung unter Druck. Vielleicht ist der Widerstand bei Republikanern und Wirtschaft der Grund, dass der Präsident Ratschläge aus deren Reihen nun ernst nimmt, in Sachen Shutdown offenbar einlenkt. Seiner eigentlichen Attitüde entspricht diese Haltung mitnichten, ist Trump doch dafür bekannt, in solchen Situationen noch stärker, lauter und rücksichtsloser nach vorne zu preschen. Vernichtende Bilanz des Shutdowns 2013 Oder hat die mögliche Wende in Sachen Shutdown mit dem neuen, amtierenden Stabschef des Präsidenten zu tun? Mick Mulvaney ist, anders als sein Vorgänger John F. Kelly, Ökonom, kommt aus der Wirtschaft. Bereits seit Trumps Amtsbeginn leitet er die Verwaltungs- und Haushaltsbehörde im Weißen Haus. Mit den Auswirkungen eines Shutdowns sollte er sich also bestens auskennen. Vielleicht hat Mulvaney Trump von einem Vermerk berichtet, welchen seine Behörde im Jahre 2013, damals unter dem Präsidenten Barack Obama, angefertigt hat. Eine vernichtende Bilanz des Shutdowns 2013 zieht jenes Papier. Von einem „völlig unnötigen Schaden“ zu Lasten von Familien und Unternehmen im ganzen Land ist die Rede. Wirtschaftliche wie haushälterische Kosten habe der Shutdown verursacht. Angestellte des Bundes seien kumuliert an insgesamt 6,6 Millionen Arbeitstagen beurlaubt worden, auf dem Höhepunkt befanden sich 850.000 Mitarbeiter pro Tag im Zwangsurlaub. Fazit: Ein Produktivitätsverlust von zwei Milliarden Dollar, entgangene Gebühren, fällige Strafzinsen, ein gesunkenes Vertrauen von Konsumenten und Unternehmen, weniger neue Jobs. All das ist so ziemlich das Letzte, was Donald Trump derzeit gebrauchen kann.
Daniel Friedrich Sturm
Der US-Präsident rudert im Haushaltsstreit zurück, will einen „Shutdown“ vermeiden. Die Milliarden für die Grenzmauer sollen aus vorhandenen Mitteln kommen. Trump beugt sich damit Kritik aus seiner Partei. Die Demokraten kann er damit nicht überzeugen.
Politik
Ausland
2018-12-18T21:47:11Z
2018-12-19T03:59:34Z
Warum Trump plötzlich auf seine Partei hört
https://www.welt.de//politik/ausland/article185755762/Haushaltsstreit-Warum-Trump-ploetzlich-auf-seine-Partei-hoert.html
Organspendeskandal: Klinik soll Alkoholikern Leber verpflanzt haben
Ärzte erheben nach Berichten über Unregelmäßigkeiten bei Lebertransplantationen (verlinkt auf /regionales/muenchen/article109594660/Muenchner-soll-Organspende-Daten-gefaelscht-haben.html) am Münchner Klinikum rechts der Isar neue Vorwürfe. An dem Klinikum werde zu lax mit der Aufnahme von Patienten auf die Warteliste umgegangen, sagten mehrere Transplantationsexperten der "Süddeutschen Zeitung". So seien dort auch Alkoholkranke, die nicht vollständig trocken waren, mit Organen versorgt worden. Nach den Richtlinien der Bundesärztekammer (verlinkt auf http://baek.de/downloads/RiliOrgaLeber20120312.pdf) müssen Alkoholiker aber für mindestens sechs Monate völlige Abstinenz eingehalten haben, bevor sie Anrecht auf eine Spenderleber haben. Das Blatt schrieb, einzelne Patienten, denen das Klinikum Spenderorgane eingepflanzt habe, seien zuvor vom Universitätsklinikum Großhadern für eine Listung abgelehnt worden. "Es gab ganz offensichtliche Differenzen bei der Bewertung solcher Patienten", sagte ein Chirurg dem Blatt. Kritik am Transplantationsprogramm Der Zeitung zufolge soll eine Patientin, die als hochgradig alkoholabhängig beschrieben wurde, im Jahr 2011 eine Leber erhalten haben. Sie starb wenige Tage nach der Transplantation. Das Klinikum gab demnach an, für diese Patientin habe ein psychosomatisches Gutachten vorgelegen, das ihr vor der Aufnahme auf die Warteliste eine mehr als sechsmonatige Abstinenz bescheinigt habe. Auch habe sie alle Untersuchungstermine wahrgenommen. Das Blatt schrieb, das Lebertransplantationsprogramm am Klinikum Rechts der Isar habe unter Druck gestanden, seit im Jahr 2006 der Wissenschaftsrat die geringe Zahl der dort verpflanzten Lebern moniert hatte. Er habe empfohlen, Lebern in München (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/muenchen/) künftig nur noch in Großhadern zu transplantieren. Das bayerische Wissenschaftsministerium habe mitgeteilt, vor einer endgültigen Entscheidung sei eine Übergangszeit vereinbart worden, während der "die für die weitere Zulassung als Transplantationszentrum erforderliche Qualität der Transplantationen, zu der auch die Einhaltung von Mindestmengen gehört, sicherzustellen" sei. Dem Blatt zufolge stieg die Zahl der verpflanzten Lebern im Klinikum von 14 im Jahr 2007 auf 37 im Jahr 2011.
WELT
Neue Vorwürfe nach Unregelmäßigkeiten bei Lebertransplantationen in München: Ärzte berichten, dass noch nicht vollständig trockene Alkoholkranke eine Spenderleber erhalten hätten – und starben.
Regionales
München
2012-10-05T08:16:41Z
2015-10-05T12:50:35Z
Klinik soll Alkoholikern Leber verpflanzt haben
https://www.welt.de//regionales/muenchen/article109642559/Klinik-soll-Alkoholikern-Leber-verpflanzt-haben.html
Theresa May: Nein zu Brexit-Plänen wäre "katastrophal"
Die britische Premierministerin Theresa May warnt kurz vor der entscheidenden Abstimmung über ihren EU-Austrittsplan vor den Folgen im Falle einer Ablehnung im Parlament. „Dies wäre ein katastrophaler und unverzeihlicher Vertrauensbruch für unsere Demokratie“, schrieb May im „Sunday Express“ (verlinkt auf https://www.express.co.uk/news/politics/1071241/Theresa-May-latest-Brexit-news-EU-meaningful-vote-express) . „Meine Botschaft an das Parlament an diesem Wochenende ist also einfach: Es ist Zeit, die Spielchen zu vergessen und zu tun, was für unser Land richtig ist.“ Die Abgeordneten im britischen Unterhaus sollen am Dienstag über den Vertrag abstimmen. Damit stehe “die größte und wichtigste Entscheidung“ an, die jemals von den britischen Abgeordneten habe getroffen werden müssen, schrieb May weiter. Der Ausgang ist ungewiss. Knackpunkt ist vor allem die Frage, wie sich nach dem Brexit (verlinkt auf /themen/brexit/) Kontrollen zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland umgehen lassen – auch um ein Wiederaufflammen des Nordirland-Konflikts zu verhindern. Bei einem Aus im Unterhaus droht ein ungeordneter Brexit mit Einbrüchen für die Wirtschaft. Am Samstag hatten, nach dem Vorbild der französischen Gelbwesten-Bewegung (verlinkt auf /politik/ausland/article186947330/Gelbwesten-Proteste-fordern-erstes-Todesopfer-in-Belgien.html) , Tausende Demonstranten in London gegen die britische Regierung demonstriert. Sie forderten angesichts des Brexit ein Ende der Sparpolitik und eine Neuwahl. Dem Aufruf der Kampagne „The People‘s Assembly Against Austerity“ folgten auch Politiker und Gewerkschafter aus weiten Teilen des Landes. Etwa 5000 bis 10.000 Demonstranten hätten teilgenommen, sagte eine Sprecherin der Veranstalter in einer ersten Schätzung. Großbritannien will am 29. März aus der EU austreten.
WELT
Mit der Abstimmung über den EU-Austrittsplan steht laut Theresa May „die wichtigste Entscheidung“ an, die britische Abgeordnete je treffen mussten. Ein Nein wäre „katastrophal“, schrieb die Premierministerin in einem Zeitungsbeitrag.
Politik
Ausland
2019-01-13T01:46:09Z
2019-01-13T08:22:56Z
„Es ist Zeit, die Spielchen zu vergessen und zu tun, was richtig ist“
https://www.welt.de//politik/ausland/article186971854/Theresa-May-Nein-zu-Brexit-Plaenen-waere-katastrophal.html
Ökostrom-Förderung: Alles wäre besser als die aktuelle Gesetzeslage
Der Widerstand der Subventionsempfänger gegen ein neues Fördergesetz für Ökostrom ist groß. Kein Wunder: Bequemer als mit den garantierten Einspeisetarifen lässt es sich nicht leben. Doch die Argumente gegen ein alternatives „Quotenmodell“ halten einer Überprüfung kaum Stand. Zu den wichtigsten Kritikpunkten, die gegen ein neues, marktwirtschaftliche Quotenmodell vorgebracht werden, gehört, dass es große Versorger bevorzuge und kleine Ökostrom-Produzenten benachteilige. Benachteiligung kleiner Produzenten ist eine Behauptung Ein Argument, das auf der fragwürdigen Ansicht basiert, die Ökostrom-Förderung solle auch industrie- und wettbewerbspolitischen Zwecken dienen. Geht es denn nicht darum, soviel Ökostrom so günstig wie möglich zu produzieren? Zudem ist die angebliche Benachteiligung kleiner Produzenten nur eine schlecht belegte Behauptung. Stadtwerke, die ihre Ökostrom-Quote erfüllen müssen, dürften schon zwecks Kundenbindung den Strom der Solardachbesitzer vor Ort kaufen. Verbraucher haben Anspruch auf Wettbewerb Auch wird durch das Quotenmodell kein privater Anleger daran gehindert, sich am Bau von Bürgerwind- oder Solarparks zu beteiligen. Unverständlich auch der Vorwurf, in einem Quotensystem gebe es weniger „Investitionssicherheit“. Darum geht es doch gerade: Wettbewerb und Marktwirtschaft sollen zurück und das kaum noch steuerbare, planwirtschaftliche Monster EEG ersetzen, das zu Über-Renditen für die falschen Technologien führt, Innovationen verhindert und aus Unternehmern unflexible, bequeme Subventionsempfänger macht. Unternehmertum, daran muss man die Branche der Ökostromer leider erinnern, bedeutet nun mal Risiko. Dieses Risiko erhöht den Druck, Kosten zu senken. Die deutschen Verbraucher, die gerade wieder eine drastische Strompreissteigerung verkraften müssen, haben darauf einen Anspruch.
Daniel Wetzel
Energieproduzenten haben es zu bequem – für ihren Ökostrom erhalten sie garantiert Subventionen. Gesetze, die für mehr Wettbewerb sorgen, sind dringend nötig – im Sinne der Verbraucher.
Wirtschaft
2013-01-06T16:46:54Z
2013-01-08T11:28:31Z
Alles wäre besser als die aktuelle Gesetzeslage
https://www.welt.de//wirtschaft/article112432820/Alles-waere-besser-als-die-aktuelle-Gesetzeslage.html
Serienmörder: „Schlächter“ Haarmann wird verhaftet
Der Serienmörder Friedrich „Fritz“ Haarmann wird am 23. Juni 1924 in Hannover verhaftet. Im Polizeiverhör gesteht er, in den vergangenen Jahren sieben junge Männer, meist in seiner verwahrlosten Dachgeschosswohnung, umgebracht zu haben. Damit gilt der „Vampir“, „Schlächter“ oder „Werwolf“ von Hannover als gefasst, der seit Monaten die Stadt verunsichert. Immer wieder waren in den vergangenen Monaten Leichenteile gefunden. Auch in der Wohnung entdeckt die Polizei Blutspuren. Nachbarn berichten von Säge- und Schneidegeräuschen und dass Haarmann oft mit einem Eimer die Toilette aufgesucht hätte. Im Prozess werden Haarmann 27 Morde von jungen Männern zwischen zehn und 22 Jahren vorgeworfen, wegen 24 Taten wird er schließlich verurteilt. Die Opfer hat der homosexuelle Haarmann im Rotlichtmilieu am Bahnhof angesprochen und in seine Wohnung gelockt. Dort soll er ihnen beim Geschlechtsakt in Ekstase in den Kehlkopf gebissen und sie anschließend getötet haben. Anschließend zerstückelte er seine Opfer und entsorgte sie an verschiedenen Orten. Allein in der Leine werden 300 menschliche Skelettteile gefunden, die mindestens 22 Männern zugeordnet werden können. Im Dezember 1924 wird Haarmann zum Tode verurteilt und am 15. April 1925 hingerichtet.
WELT
Serienmörder Haarmann wird verhaftet
Geschichte
Kalenderblatt
2017-06-22T15:28:34Z
2022-06-18T07:54:50Z
Serienmörder Haarmann wird verhaftet
https://www.welt.de//geschichte/kalenderblatt/article165840097/Serienmoerder-Haarmann-wird-verhaftet.html
Deutsches Trio : Mesut Özil verspricht den Arsenal-Fans Titel
Mesut Özil hat den Anhängern des FC Arsenal baldige Triumphe in Aussicht gestellt. Auf die Frage, ob schon in dieser Saison ein Pokalgewinn möglich sei, antwortete Özil am Donnerstag in einem Interview auf der Homepage des Vereins (verlinkt auf http://www.arsenal.com/home) aus der Premier League: "Definitiv." In den vergangenen Jahren sei Arsenal nicht so erfolgreich gewesen, meinte Özil. "Das wollen wir ändern. Wir wollen Trophäen gewinnen. Ich denke, auch die Fans können es kaum erwarten. Wir werden Trophäen gewinnen, denn wir haben das Potenzial dazu." Zuletzt hatten die Nord-Londoner 2005 den FA-Cup gewonnen und 2004 die Meisterschaft gefeiert. Die "Gunners" hatten Özil am Montag für 50 Millionen Euro von Real Madrid (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/real-madrid/) auf die Insel gelotst. Arsenal sei bekannt für ein technisch hochwertiges Spiel und die Leidenschaft für Angriffsfußball. "Ich werde da perfekt hineinpassen", sagte der 24 Jahre alte Mittelfeldspieler. "Der Wechsel ist ein Geschenk" Die beiden deutschen Nationalmannschaftskollegen Lukas Podolski (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/lukas-podolski/) und Per Mertesacker (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/per-mertesacker/) freuen sich auf das Zusammenspiel mit Özil bei Arsenal. "Wir verstehen uns nicht nur auf dem Platz gut, sondern auch außerhalb davon. Er ist ein guter Freund und ein genialer Fußballer. Er wird Spaß und Freude haben bei uns. Das passt absolut", sagte der derzeit verletzte Podolski in der "Bild" über seinen künftigen Teamkollegen, der am Montag für die Ablösesumme von rund 50 Millionen Euro von Real Madrid (verlinkt auf /sport/fussball/internationale-ligen/article119725066/Oezil-Transfer-fuehrt-zum-Aufstand-bei-Real-Madrid.html) nach London gewechselt war. "Ich finde, dass Arsenal London stolz darauf sein kann, dass ein Spieler wie Mesut sich für diesen Verein entschieden hat", meinte Mertesacker in einem Interview mit dfb.de (verlinkt auf http://www.dfb.de/news/de/d-nationalmannschaft/video-oezil-im-exklusivinterview/46353.html) . Arsenal-Trainer Arséne Wenger habe kurz mit ihm über Özil gesprochen, meinte Mertesacker. "Aber eigentlich brauchte er meine Meinung gar nicht. Er hat Mesuts Karriere schon lange verfolgt und war schon immer ein Bewunderer von ihm. Für uns ist der Wechsel ein Geschenk." Meisterschaft ist das Ziel Das deutsche Trio strebt mit dem Londoner Klub den Gewinn des Premier-League-Titel an. "Auf jeden Fall rocken Mesut und ich Arsenal. Es ist unser großes Ziel, gemeinsam Erfolg in London zu haben", betonte der Ex-Kölner Podolski, der derzeit von einem Muskelbündelriss im Oberschenkel außer Gefecht gesetzt wird. Bis zum ersten gemeinsamen Auftritt mit Özil im Arsenal-Trikot wird es daher noch etwas dauern. "Ich hätte gerne sofort mit Mesut zusammengespielt und ihm nicht von der Tribüne aus zugeschaut. Aber ich kann es nicht ändern. Ich kann den Muskel nicht zusammennähen", sagte Podolski.
WELT
Seit acht Jahren hat der FC Arsenal keinen Titel mehr gewonnen. Mit Mesut Özil hoffen die Londoner auf Besserung. Und der verspricht: "Wir werden Trophäen gewinnen, denn wir haben das Potenzial dazu."
Sport
Fußball
2013-09-05T12:58:57Z
2015-10-15T12:54:24Z
Mesut Özil verspricht den Arsenal-Fans Titel
https://www.welt.de//sport/fussball/internationale-ligen/article119737326/Mesut-Oezil-verspricht-den-Arsenal-Fans-Titel.html
Eingeschlichen: Komiker macht sich über Winehouse-Beerdigung lustig
Ja, es gab ergreifende Momente, als die Sängerin Amy Winehouse (verlinkt auf /vermischtes/prominente/article13513548/Amy-Winehouse-haette-noch-ein-Album-machen-koennen.html) am Dienstag auf dem Jüdischen Friedhof Edgwarebury im Norden von London beigesetzt wurde. Um Privatsphäre hatte die Familie für die Beisetzung gebeten. Verständlich. Aber so richtig privat war es dann offenbar doch nicht, und so richtig ergreifend für mindestens zwei der Gäste auch nicht. Denn dieses Bild der zwei jungen Männer, die sich auf der Beerdigung in den Armen liegen, zeigt weder „zwei Freunde von Amy“, wie es die „Süddeutsche“ schrieb, noch handelt es sich um zwei ihrer Assistenten, die CNN erkannt haben wollte. Die Herren mit Kippa sind Daniel Zukerman, ein brasilianischer Komiker aus der Sendung „Pânico na TV“ (Panik im Fernsehen), und sein Produzent André Machado. Für die Rubrik „O Impostor“ (Der Schwindler) haben die zwei schon oft versucht, sich in geschlossene Großveranstaltungen zu schleichen wie etwa die Oscar-Verleihung. Mit mehr oder weniger großem Erfolg. Erstmals ist ihnen das jetzt bei einer Beerdigung gelungen. Ob Reuters oder „Daily Mail“ – die Bilder der vermeintlich Trauernden gingen um die Welt. Die beiden brachten es sogar bis zu einem RTL-Interview (verlinkt auf http://www.youtube.com/embed/YxnWKCVvu9c) , in dem Komiker Zukerman mit bierernster Miene den Erschütterten spielte, während Machado angesichts dessen, was er da von seinem Kollegen zu hören bekam, sichtlich mit seinen Gefühlen kämpfte – um nicht lauthals loszulachen. Ob das taktlos ist, darüber streiten gerade die Brasilianer. Bei einer Online-Umfrage der „Folha de São Paulo“ gaben 79 Prozent das Urteil „geschmacklos“ ab. Amy Winehouse hätte es wahrscheinlich gefallen.
Joana Casimiro
Was suchen Komiker auf der Beerdigung von Amy Winehouse? Schwarzen Humor – so wie der brasilianische Comedian Daniel Zukerman und sein Produzent.
Vermischtes
Leute
2011-07-28T18:04:34Z
2015-10-03T18:55:25Z
Komiker macht sich über Winehouse-Beerdigung lustig
https://www.welt.de//vermischtes/prominente/article13513794/Komiker-macht-sich-ueber-Winehouse-Beerdigung-lustig.html
375 bis 650 n. Chr.: Das dunkle Zeitalter der Merowinger
Aus keiner Phase der vergangenen zweieinhalbtausend Jahre europäischer Geschichte ist weniger erhalten als aus den „dunklen Jahrhunderten“ der Völkerwanderung. Archäologen umschreiben diese Tatsache mit der dezenten Feststellung, die Zeit zwischen 375 und 650 nach Christus seien „fundarm“. Wenn Menschen fluchtartig ihre Heimat verlassen müssen, geht als erstes die Lebenskultur unter – und wenn die nachdrängenden Horden vor allem auf Plünderung und Zerstörung aus sind, ist die Aussicht gering, Überreste zu finden. All das trifft auch auf die Zeit des fränkischen Herrschergeschlechts der Merowinger zu. Gut zwei Jahrhunderte lang beherrschten Könige mit klingenden Namen wie Chlodwig, Dagobert oder Childerich das westliche Mitteleuropa. Sie gaben dem von der Höhe der römischen Zivilisation gestürzten Leben wieder etwas Stabilität und Glanz, konnten aber ihre Visionen eines neuen Reichs nur teilweise umsetzen. Warum ist die Epoche schlecht dokumentiert? Doch dass gerade die Merowinger-Epoche archäologisch heute schlecht dokumentiert ist, hat noch einen weiteren, zeithistorischen Grund: Rund 700 der wichtigsten Fundstücke aus dieser Zeit gehören zum „kriegsbedingt verlagerten Kulturgut“. So lautet die geschraubte offizielle Beschreibung der schlichten Tatsache, dass diese Bestände aus dem Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte 1945/46 nach Moskau abtransportiert wurden. 50 Jahre lang bestritten die Verantwortlichen, dass sich diese Stücke in ihren Geheimdepots befand – bis 1996, als endlich die Wahrheit offenbart wurde. Seither dauert das kulturdiplomatische Gerangel, ohne dass nennenswerte Fortschritte erkennbar wären. Die jetzt in Moskau eröffnete Ausstellung mit rund 1300 Exponaten besteht zu mehr als der Hälfte aus Beutekunst; ein weiteres Fünftel sind Leihgaben aus Berlin. Angesichts der politischen Verwicklungen wird diese Schau nie in Deutschland zu sehen sein – dabei wirft sie ein ausgesprochen spannendes Licht auf die der Wahrnehmung bislang weitgehend entzogenen „dunklen Jahrhunderte“ der europäischen Kultur. Auf den ersten Blick fällt auf, dass kein anderer Typ von Fundstück in den Moskauer Vitrinen häufiger vertreten ist als Fibeln, also die antike Form von Broschen oder Kleidernadeln. In einer erzwungenermaßen äußerst mobilen Zeit lag es nahe, als kunstvoll gearbeitete Statussymbole solche Objekte zu bevorzugen, die man problemlos am Körper tragen konnte. Ohrringe, Hals- und Armreifen Sonstiger Schmuck ist ein weiterer Schwerpunkt der Ausstellung. Es gibt zahlreiche Ohrringe und Hals- oder Armreifen, außerdem Ketten und einige Waffenreste. Kaum dagegen sind Großfunde zu sehen, die bei Ausstellungen über die vorangehende und die nachfolgende Epoche so wichtig sind: weder Keramikgefäße noch Architekturreste. Ob und wenn ja wann die Berliner Schätze einmal wiedervereinigt werde könnten, ist völlig offen. Im gewichtigen dreisprachigen Katalog immerhin sind sie bereits wieder in ihrem kulturellen Zusammenhang zu sehen. Das „dunkle Zeitalter“ wird etwas heller.
Sven-Felix Kellerhoff
Die große Zeit der Merowinger waren die Jahrhunderte der Völkerwanderung. In Moskau werden jetzt die Fundstücke der Epoche präsentiert. Schmuck und Gold, das bis 1945 in deutschem Besitz war und seitdem in russischen Geheimdepots lagert.
Kultur
2007-03-13T15:29:32Z
2015-10-03T04:23:57Z
Das dunkle Zeitalter der Merowinger
https://www.welt.de//kultur/article759715/Das-dunkle-Zeitalter-der-Merowinger.html
Nizza: Burkini-Patrouille am Strand – Frau entkleidet sich
Fotos einer Polizeikontrolle am Strand von Nizza haben die Debatte um Burkini-Verbote in Frankreich angeheizt. In den sozialen Netzwerken sorgten zunächst in britischen Medien veröffentlichte Fotos der Polizeikontrolle am Mittwoch für einen Sturm der Entrüstung. Zu sehen ist auf den Bildern, wie vier Angehörige der städtischen Polizei eine Frau umringen, die mit Leggings, einem langen türkisfarbenen Oberteil und mit einem um den Kopf gewickelten Tuch am Strand der südfranzösischen Stadt liegt. Dann zieht die Frau vor den Polizisten das türkisfarbene Oberteil aus, unter dem sie noch ein ärmelfreies Oberteil trägt. Unklar ist, ob die Polizisten die Frau zuvor aufgefordert hatten, das lange Oberteil auszuziehen, wie britische Medien es darstellen. Auf Twitter gab es empörte Reaktionen: „Sie wollen ihr ihre Kleidung wegnehmen“, schrieb der Vorsitzende des Kollektivs gegen Islamfeindlichkeit in Frankreich, Marwan Muhammad (verlinkt auf https://twitter.com/Marwan_FX) . Der Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Kenneth Roth, sprach von einem „Gipfel der Absurdität“. Burkini-Verbote in Cannes und Nizza Nach den islamistischen Anschlägen (verlinkt auf /politik/ausland/article157062975/Nur-wenige-haben-den-Lkw-ueberhaupt-mitbekommen.html) in diesem Sommer haben zahlreiche französische Urlaubsorte, darunter Cannes und Nizza, das Tragen des umstrittenen Ganzkörperbadeanzugs (verlinkt auf /politik/ausland/article157782097/Kommentatoren-geisseln-Logikfehler-hinter-Burkini-Verbot.html) an ihren Stränden verboten. Der Burkini – eine Wortschöpfung aus Burka (verlinkt auf /themen/kopftuch-und-burka/) und Bikini – bedeckt den ganzen Körper und wird von muslimischen Frauen getragen, die beim Baden einer strengen Auslegung des Islam entsprechen wollen. Der Burkini wird in den Dekreten der Bürgermeister nicht namentlich genannt. Vielmehr wird Frauen der Zugang zum Strand untersagt, die „keine korrekte Kleidung tragen, die die guten Sitten und die Laizität respektiert sowie die Hygiene- und Sicherheitsregeln beim Baden achtet“. Kritiker verurteilen Verbot als islamfeindlich Als Begründung für die Verbote führen die Bürgermeister an, wegen der nach den islamistischen Anschlägen angespannten Stimmung in Frankreich könne der Burkini (verlinkt auf /politik/deutschland/article157214425/Burkini-ist-ein-ambivalent-positives-Kleidungsstueck.html) zu Störungen der öffentlichen Ordnung führen. Kritiker verurteilen die Maßnahme als überzogen und islamfeindlich. Seit Verhängung der Burkini-Verbote sind bereits gegen mehrere Frauen Bußgelder verhängt worden. Das Rathaus von Nizza konnte zunächst nicht sagen, ob die Frau, deren Polizeikontrolle am Mittwoch für Aufregung sorgte, wegen ihrer Kleidung einen Bußgeldbescheid erhielt, wie es die Fotos nahelegen.
WELT
An vielen Stränden in Frankreich sind Burkinis verboten. Eine Frau in Nizza geriet ins Visier der Polizei. Fotos zeigen, wie sie von vier Beamten umringt wird – und dann ihr langes Oberteil auszieht.
Politik
Ausland
2016-08-24T11:26:28Z
2016-08-25T08:27:10Z
Burkini-Patrouille am Strand – Frau entkleidet sich
https://www.welt.de//politik/ausland/article157843023/Burkini-Patrouille-am-Strand-Frau-entkleidet-sich.html
Gesetzesentwurf: Italienischen Frauen könnte bald Menstruations-Urlaub zustehen
Im italienischen Parlament wird ein neuer Gesetzentwurf für Sonderurlaub diskutiert. Frauen, die unter Menstruationsbeschwerden leiden, stünde dann drei freie Extratage pro Monat zu.
WELT
Im italienischen Parlament wird ein neuer Gesetzentwurf für Sonderurlaub diskutiert. Frauen, die unter Menstruationsbeschwerden leiden, stünde dann drei freie Extratage pro Monat zu.
2017-03-30T14:09:54Z
2022-05-12T04:06:44Z
Italienischen Frauen könnte bald Menstruations-Urlaub zustehen
https://www.welt.de//vermischtes/video163285931/Italienischen-Frauen-koennte-bald-Menstruations-Urlaub-zustehen.html
„Maybrit Illner“: „Sie schaffen es wirklich, dass man sich Horst Seehofer zurückwünscht“
Es hätte ja eigentlich alles so schön sein können: Die CSU hätte sich hervorragend in die Koalitionsverhandlungen eingebracht, Zugeständnisse gemacht, aber auch die Grünen hätten einen Schritt auf die Bayern und die CDU zugemacht. Man merkt Markus Söder am Donnerstagabend noch immer an, dass er das Scheitern der Jamaika-Verhandlungen bedauert. „Das war eine spannende politische Schatztruhe“, sinniert er. Auch Stephan Detjen, Chefkorrespondent des Deutschlandfunks, ist der Meinung, dass die Parteien eine große Chance verpasst hätten: „Jamaika war ein Angebot für eine moderne heterogene Gesellschaft, mit neuen Verhandlungsmöglichkeiten und Projekten. Das wird eine große Koalition nie bieten können.“ Äußerungen wie diese vernimmt man am Donnerstagabend bei Maybrit Illner immer wieder. Eine Art Trauergesang auf Jamaika mit anschließenden Trost spendenden Floskeln: Man müsse nach vorne schauen, ans Gemeinwohl denken, man begrüße die Gesprächsbereitschaft der SPD, es wäre wichtig zu gucken, was so möglich sei. Klar war aber gleich zu Beginn der Sendung: So richtig Lust hat hier niemand auf die GroKo. Die GroKo-Gegnerin antwortet ausweichend Rote Linien, schwarze Blöcke – geht die SPD in die große Koalition?“ war das Thema des Talks. Neben Detjen und Söder saßen Manuela Schwesig (SPD), der Wirtschaftsweise Lars Feld und die bayerische Unternehmerin Sina Trinkwalder (verlinkt auf /regionales/bayern/article156321525/Wir-duerfen-nicht-mehr-nach-dem-Billigsten-jagen.html) in der Runde. Schwesig, die eine der Ersten aus der SPD-Spitze gewesen war, die sich gegen eine große Koalition aussprach, bekam gleich zu Beginn die Frage gestellt, ob sie mit dem Votum des Parteitags zufrieden sei. Für sie spiegele es zumindest die kontroverse Situation, in der sich ihre Partei befindet, wider, antwortet sie ausweichend. Vor allem kann sie aber den Ärger der Jugendorganisation der SPD verstehen. Die Jusos hatten sich vehement gegen eine große Koalition ausgesprochen – Gespräche ja, Koalition um keinen Preis, hieß es dort. „Ein Weiter-so kann es eben nicht geben“, meint Schwesig. „Das hat mit der heutigen SPD nichts mehr zu tun“ Der gleichen Meinung ist auch Sina Trinkwalder. Die Unternehmerin wirtschaftet nach sozialen und ethischen Standards, für ihre Arbeit wurde sie 2015 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. „Ich bin Sozialdemokratin aus ganzem Herzen, aber das hat mit der heutigen SPD nichts mehr zu tun“, findet sie. Die Partei ziehe sich aus der Verantwortung zurück und bremse politische Prozesse aus. Ginge es nach ihr, müsste die Partei selbstbewusster auftreten und sich auf ihre Wurzeln besinnen. Dass das Selbstwertgefühl der Genossen beschädigt ist, sieht auch Stephan Detjen: „Die SPD ist nie für ihre Projekte honoriert worden – allerdings belohnt sie sich auch selbst nicht.“ Der CSU-Politiker Söder meint auch zu wissen warum: „Die SPD diskutiert nach solchen Wahlergebnissen einfach immer die falschen Themen.“ Eine Bürgerversicherung interessiere beispielsweise nicht im gleichen Maße wie die andauernde Zuwanderung. Hier müsse sich die Partei gerade nach der Bundestagswahl stärker hinterfragen. Hier hakt Schwesig ein und erinnert daran, dass auch das Ergebnis der Unionsparteien nicht schillernd gewesen sei. „Ein bisschen mehr Demut vor dem Wahlergebnis, auch von Unionsseite, wäre schön“, sagt sie lächelnd. Dem Ökonomen fehlen die Visionen Nachdem Schwesig und Söder ein wenig Revier markiert hatten, ging es zurück zur Ausgangsfrage: Wird es eine große Koalition geben? Und wenn ja, was kann sie den Bürgern bieten und was nicht? Eigentlich sind alle Gäste eher pessimistisch gestimmt: Trinkwalder glaubt, dass eine große Koalition die Politikverdrossenheit im Land noch befeuern könnte. Söder sieht mit der SPD zu wenig Verhandlungsspielraum, was Grenzsicherheit und Migration angeht. Schwesig ist der Politikstil von Angela Merkel zu lahm und das Alterssicherungsprojekt Bürgerversicherung zu wichtig. Für den Ökonomen Feld steht fest, dass eine große Koalition langfristig der deutschen Wirtschaft schaden könnte. Eine Migrationswelle lasse sich zwar stemmen, aber dauerhafte Kosten in Milliardenhöhe für ein neues Rentensystem eben nicht. Stephan Detjen kann der Konstellation aus SPD und Union nichts abgewinnen, da ihr die Visionen für Deutschland fehlen würden. Irgendwann platzt es aus der SPD-Politikerin heraus „Es geht nicht darum, Merkel und der CDU das Leben schwer zu machen“, fasst Manuela Schwesig ihren Standpunkt zusammen, „aber wir müssen gemeinsam große Projekte anpacken, und da habe ich große Zweifel, dass wir das schaffen.“ Sozialpolitische Projekte seien in der letzten Legislatur vor allem wegen der CSU nicht möglich gewesen. Damit liegt sie nicht ganz falsch: Selbst während des Talks dreht sich der Großteil von Söders Äußerungen um die Flüchtlingspolitik. Zumindest bis es der SPD-Politikerin irgendwann reicht: „Herr Söder, Sie schaffen es wirklich, dass man sich Horst Seehofer zurückwünscht“, platzt Schwesig heraus. Um sich nicht weiter über Inhalte, Befindlichkeiten oder gar die „innere Psyche der SPD“, wie sie Söder nennt, zu streiten, macht man sich also gegenseitig Mut. Ja, das Projekt Jamaika war zu schön, um wahr zu sein, und es sei nun mal gescheitert. Es sei gut, dass es nun Gespräche geben werde. „Eine Minderheitsregierung wäre billiger“ „So schlecht war die große Koalition nun auch nicht“, befindet Söder. Schwesig setzt darauf, die Möglichkeiten einer großen Koalition in den ersten Gesprächen auszuloten. Der CSU-Politiker findet auch, man solle jetzt einfach mal miteinander reden, ohne direkt wieder ein Scheitern zu implizieren. Die Nichtpolitiker am Tisch scheinen aber selbst eine Minderheitsregierung attraktiver zu finden, als Schwarz und Rot wieder als Gespann zu sehen. Trinkwalder findet diese Option schlichtweg „super“, und der Journalist Detjen sieht gerade Angela Merkel als ideale Führungskraft für eine solche Regierung. Für Lars Feld ist das Ganze eine einfache Rechnung: „Eine Minderheitsregierung wäre auf jeden Fall billiger als die GroKo“, sagt er. Ob sie damit aber gleich die am besten geeignete Regierungsoption ist, bleibt offen.
Britt-Marie Lakämper
Die SPD-Delegierten stimmen für Gespräche mit der Union. Bei Maybrit Illner wurde deshalb über die ungeliebte große Koalition diskutiert. Eigentlich sind alle Gäste eher pessimistisch gestimmt – und einige trauern Jamaika hinterher.
Vermischtes
2017-12-08T02:19:03Z
2017-12-08T07:34:55Z
„Sie schaffen es wirklich, dass man sich Horst Seehofer zurückwünscht“
https://www.welt.de//vermischtes/article171383419/Sie-schaffen-es-wirklich-dass-man-sich-Horst-Seehofer-zurueckwuenscht.html
Donald Trumps Chefstratege: Bundesregierung von Bannons Denkonstruktion nicht übermäßig überrascht
US-Präsident Donald Trumps Chefstratege Stephen Bannon sieht im radikalen Rückbau des Staates eines der obersten Ziele der US-Regierung. Wichtig seien daneben die Themen Einwanderung, nationale Sicherheit und Handel. Das Wichtigste sei aber ein Zurückschneiden des Staates. Bannon sagte dies am Donnerstag bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem Stabschef des Weißen Hauses, Reince Priebus, auf der CPAC-Konferenz in Washington, einem Treffen konservativer Aktivisten. Rund 10.000 Menschen kommen zu der Veranstaltung. Am Freitag wird Trump auf dem Treffen sprechen. Bannon, der als Architekt der trumpschen Politik gilt, meint mit dem Begriff „administrativer Staat“ ein verschränktes System aus Steuern, Regulierungen und internationalen Abkommen (verlinkt auf /politik/ausland/article162344610/Trump-will-den-Handel-mit-der-EU-grundlegend-veraendern.html) . Seiner Ansicht nach hindert dies das Wachstum und verletzt die persönliche Souveränität. Kabinett soll „Dekonstruktion“ ermöglichen Es ist nicht klar, ob Bannon mit dem von ihm gewählten Begriff der „Dekonstruktion“ letztlich die Zerstörung meint. Bannon sagte, die Kabinettsmitglieder seien alle aus einem bestimmten Grund ausgewählt worden: „Und das ist Dekonstruktion.“ Bannon beschreibt sich selbst als radikalen Denker mit einer nationalistischen Agenda. Die EU soll für Bannon ein Beispiel für zu viel Staat sein. Er bezeichnete sie laut CNN (verlinkt auf http://edition.cnn.com/2017/02/22/politics/steve-bannon-meeting-german-ambassador-eu/index.html) in einem Gespräch mit dem deutschen US-Botschafter Peter Witting als „fehlerhafte Institution“. Beweis für ihre „Fehler“ sei die Welle des Anti-EU-Populismus in Europa. Die Bundesregierung findet die Äußerungen des Chefstrategen „nicht übermäßig überraschend“. In der Vergangenheit seien schon mehrere US-Regierung mit dem politischen Ziel „weniger Staat, weniger Zentralstaat“ angetreten, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, am Freitag. „Wir schauen uns jetzt einmal an, wie das weitergeht“, fügte er hinzu. Man sollte Bannons Worte „nicht auf die Goldwaage legen“. Auf der Konferenz bezeichnete Bannon den Rückzug der USA aus dem transpazifischen Handelsabkommen TPP als „einen der entscheidendsten Momente in der modernen US-Geschichte“. Er forderte die Konferenzteilnehmer zur Unterstützung auf. „Jeder Tag wird ein Kampf sein", sagte Bannon. „Wir wollen, dass ihr hinter uns steht." Es war der erste öffentliche Auftritt Bannons nach Trumps Amtsantritt. Ihm und Priebus werden Machtkämpfe (verlinkt auf /politik/ausland/article162255406/Was-hat-Bannon-dem-deutschen-Botschafter-erzaehlt.html) im Weißen Haus nachgesagt. Beide bemühten sich vielleicht auch deshalb so sehr um ein Bild der Geschlossenheit und der Harmonie. Trump werde alle seine Versprechen umsetzen Bannon wiederholte seine fundamentale Kritik an den Medien. Er nannte sie erneut „die Oppositionspartei“. Er glaube nicht, dass sich die Arbeit der Medien verbessern werde. Sie werde sogar schlechter werden, sagte er, hätten die Medien doch als globalisierte Konzerne keinerlei Übereinstimmung mit der national ausgerichteten Wirtschaftspolitik Trumps, sondern stünden dieser unerbittlich entgegen. Gefragt, was seiner Ansicht nach in der täglichen Berichterstattung über das Weiße Haus die größten Fehler seien, sagte Priebus: „Alles, was Sie lesen.“ Nachdem die Medien Trump erst im Wahlkampf attackiert hätten, würden sie nun „lächerliche“ Geschichten liefern, dabei setze das Weiße Haus nur Trumps Agenda um. Obwohl Trump auf der letztjährigen CPAC-Konferenz von rivalisierenden Präsidentschaftskandidaten noch lächerlich gemacht wurde und einen Auftritt absagte, dominieren in diesem Jahr prominente Mitglieder seines Teams das Programm. So durfte Trumps Beraterin Kellyanne Conway dem Präsidenten für seine Rede den Teppich ausrollen. Niemand arbeite härter als er. „Macht, Geld, Prestige? Das hatte er doch alles schon“, sagt sie, das sei sehr befreiend. Trump wird nach Bannons und Priebus’ Überzeugung sämtliche im Wahlkampf gemachten Versprechen umsetzen. „Es war alles in seinen Reden, das müssen alle irgendwann mal klarkriegen“, sagte Bannon. Er sei stolz, dass Trump die versprochenen Pläne auch nicht abgemildert habe. Priebus erwähnte auch die Nominierung von Neil Gorsuch für den Obersten Gerichtshof. Diese Entscheidung (verlinkt auf /politik/ausland/article161930725/Kandidat-fuer-Oberstes-Gericht-wird-fuer-Trump-zum-Bumerang.html) , sagte er, könnte den Kurs der Rechtsprechung für die nächsten 40 Jahre beeinflussen.
WELT
Chefstratege Bannon gibt bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seit dem Machtwechsel „Dekonstruktion“ als oberstes Ziel der Trump-Regierung an. Das Auswärtige Amt will „Bannons Worte nicht auf die Goldwaage legen“.
Politik
Ausland
2017-02-24T08:41:29Z
2017-02-24T13:56:23Z
Bundesregierung hält Bannons Worte für „nicht übermäßig überraschend“
https://www.welt.de//politik/ausland/article162346413/Bundesregierung-haelt-Bannons-Worte-fuer-nicht-uebermaessig-ueberraschend.html
Bühne: Der Rätselkünstler – Klaus Michael Grüber tot
Eine nächtliche Szene auf dem sowjetischen Soldatenfriedhof in Weimar: In der Ferne heulen Hunde, ein Pfau schnarrt herüber vom Schloss Belvedere; Goethe schreitet zwischen den Gräbern, begrüßt murmelnd Gestalten aus der deutschen Geschichte, ein paar dunkle Figuren bestatten im Hintergrund Tote des Zweiten Weltkriegs. Diese gebrochene Idylle aus dem Stück „Bleiche Mutter, zarte Schwester“ des Spaniers Jorge Semprún war 1995 so recht nach dem Herzen des Theaterregisseurs Klaus Michael Grüber: Ein ungewöhnlicher Spielort, divergierende Bilder, viel Finsternis und ein metaphysischer Schauer. „Mein Traum von Theater ist die Ergriffenheit“ Grüber, der am Sonntag im Alter von 67 Jahren nach langer schwerer Krankheit gestorben ist, sagte einmal in einem seiner seltenen Selbstbekenntnisse: „Mein Traum von Theater ist die Ergriffenheit.“ Und: „Der Regisseur ist ein Mensch, der von der Schönheit erzählt.“ Man mochte an manchen seiner Inszenierungen noch so vieles kritisieren, unvergleichlich war an diesen Künstler: Er hatte das Rätsel zur Quintessenz seines Schaffens erhoben. Grüber, der 1941 in Neckarelz geboren wurde und in Stuttgart die Schauspielschule besucht hatte, galt als der große Außenseiter des deutschen Gegenwartstheaters. Man nannte ihn, nicht zu Unrecht, den „Metaphysiker der Bühne“. Als er 1982 zu Goethes 150. Todestag an der Freien Volksbühne Berlin den ersten Teil „Faust“ inszenierte, bekam der Zuschauer fast gar nichts zu sehen. Der Text war auf drei Personen zusammengestrichen. Bernhard Minetti in der Titelrolle grummelte vor sich hin, als käme es schon nicht mehr darauf an, die Bekenntnisse von Faustens Verzweiflung noch einmal zu wiederholen. Düster und karg bis zur Askese verweigerte sich die Inszenierung dem Auge und wehte die Trauer um die menschliche Begrenztheit in Nebelschwaden über die triste Szenerie. Grübers Neigung zu Trauer Klaus Michael Grüber, der in Mailand Assistent von Giorgio Strehler war, den er zeitlebens verehrte und an dessen Bühne er auch seine erste eigene Regiearbeit (Brechts „Prozess der Jeanne d’Arc“, 1967) gewagt hatte, Grüber inszenierte fast immer eine derart vergrübelte und verzweifelte Trauer, die sogar ausbalancierte klassische Texte in tiefe Abgründe stürzte. So Shakespeares „Sturm“ 1969 in Bremen, wohin ihn Kurt Hübner geholt hatte. Grüber spielte den Prospero, aber mit einer solchen Fixierung auf das Scheitern, dass die Ausweglosigkeit von Anfang an ohne Alternative war. Seit Anfang der 1970er Jahre arbeitete Grüber hauptsächlich in Berlin; vor allem an der Schaubühne, der er sich bis zum Ende der Ära Peter Stein verpflichtet fühlte. „Wenn er mein Freund gewesen wäre, dann wäre ich sehr froh; aber ich weiß es nicht“, bekannte Stein gelegentlich. Groß und unvergessen von den Berliner Arbeiten bleibt vor allem seine „Winterreise“ nach Hölderlins Briefroman „Hyperion“, die er 1977 sensationell im Berliner Olympiastadion monumental in Szene setzte: Eine wundersame Elegie über die Größe der Liebe und die Unentrinnbarkeit des Unglücks. Selbst da, wo er im Grunde künstlerisch scheiterte, wie in seiner Version von Goethes „Iphigenie“ an der Schaubühne, blieb er sich treu: Er quälte sich und die Zuschauer konsequent durch das Jammertal des Humanen. Grüber hielt die Zeit an, ließ seine Protagonisten im Zeitlupentempo über die Bühne wandeln. Unterm Sternenhimmel jammerte seine Priesterin in monotonen Klagelauten vom göttlichen wie irdischen Missgeschick. Nein, an die Möglichkeiten von Licht und Erlösung mochte der evangelische Pfarrerssohn aus Baden-Württemberg nicht glauben. Seine Rolle in „Die Liebenden vom Pont Neuf“ Es kommt nicht von ungefähr, dass Grüber, der auch zahlreiche Opern von Verdis „Traviata“ bis Schönbergs „Erwartung“ inszenierte, vor allem in Frankreich, wo die Disziplin der Form sowie (ritualisierte) Sprachkunst alles sind, außerordentlich erfolgreich war. Als erster Deutscher hat er an der von ihm heiß geliebten Comédie Francaise in Paris inszeniert: 1984, Racines „Berénice“. Sein dunkler Hang zur Metaphysik wurde hier aufgefangen von der Formenstrenge und wohl kalkulierten Klarheit französischen Esprits, womit er sozusagen einen späten Gegenentwurf schuf zu Lessings Abneigung gegen die Klassiker unseres westlichen Nachbarn. Er habe erkannt, so Grüber, dass man „auch in Alexandrinern weinen“ könne. Und das nahm den Tränen denn doch einiges von ihrer dunklen Qual. In Frankreich liebte man ihn so sehr, dass Léos Carax Grüber 1991 in seinem legendären Film „Die Liebenden vom Pont Neuf“ für die Rolle eines Clochards besetzte. Der Umgang mit dem französischen Theater wirkte sich auch in einigen deutschsprachigen Inszenierungen aus. In Berlin gelang ihm 1988 mit der Inszenierung des Einakters „Die Affäre Rue de Lorcine“ ein Triumph, über den die Kritik schrieb, der Hohepriester eines energisch tragischen Theaters habe eine neue Leichtigkeit gefunden. Es lässt sich nicht leugnen, dass Grübers sicher tief empfundenes Zweifeln an der Möglichkeit der Erlösung zuweilen zur formalistischen Attitüde geriet. Aber es lässt sich ebenso wenig leugnen, dass er gerade das oft oberflächlich plakative, in Effekte verliebte deutsche Gegenwartstheater um wesentliche Perspektiven bereicherte. Verzweiflung gehört ins menschliche Spektrum. Gerade eine solche Ausweglosigkeit imaginiert Bernard-Marie Koltès’ letztes Stück „Roberto Zucco“, Grübers Wiener Festwochen-Inszenierung im Akademietheater anno 2001. Für diese stille, poetische Arbeit (mit jenem grellen Stück) mag besonders gelten, was in der Laudatio zum Kortner-Preis, den Grüber 1995 erhielt, gesagt wurde: Er erfinde mit den Schauspielern „einen Traum des Theaters und ein Stück Leben, sehr leise oft und mit großer Inständigkeit, mitten im Lärm der Gegenwart“.
Reinhard Wengierek
Er gehörte zu den bedeutendsten Theater- und Opernregisseuren an europäischen Bühnen. Besonders seine Inszenierungen an der Berliner Schaubühne sind legendär. Klaus Michael Grüber liebte Rätsel und manchmal quälte er die Zuschauer. Jetzt ist der Regisseur im Alter von 67 Jahren gestorben.
Kultur
2008-06-23T13:57:37Z
2017-07-19T04:02:07Z
Der Rätselkünstler – Klaus Michael Grüber tot
https://www.welt.de//kultur/article2137175/Der-Raetselkuenstler-Klaus-Michael-Grueber-tot.html
Jobverweigerer: Nur 16.000 Bürgergeldempfänger wurde 2023 der Regelsatz gekürzt
Wegen Ablehnung von Arbeitsangeboten oder der Nicht-Fortführung einer Arbeit haben die Jobcenter im Jahr 2023 einem Bericht zufolge knapp 16.000 Bürgergeldempfängern den Regelsatz gekürzt. Das berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) unter Berufung auf eine Auswertung der Bundesagentur für Arbeit (BA). Bei den 15.777 Fällen seien auch Menschen dabei, die eine Ausbildung oder Maßnahme etwa zur Weiterbildung nicht annehmen oder weiterführen wollten. Rund 5,5 Millionen Menschen in Deutschland erhalten Bürgergeld, davon gelten 3,9 Millionen als erwerbsfähig. Demnach wurde der Regelsatz also bei rund 0,4 Prozent der erwerbsfähigen Bürgergeldbezieher (verlinkt auf /politik/deutschland/plus249832776/Buergergeld-Diese-Familie-lebt-von-Buergergeld-und-spart-jeden-Monat-1000-Euro.html) gekürzt. Das Bundeskabinett hatte im Januar grünes Licht für Verschärfungen beim Bürgergeld gegeben. So sollen Jobcenter Arbeitslosen das Bürgergeld für maximal zwei Monate komplett streichen können, wenn die Betroffenen eine Arbeitsaufnahme nachhaltig verweigern. Da die BA-Daten aus dem Dezember stammen, basieren die Leistungsminderungen auf der alten Gesetzeslage. Wahrscheinlich wird auf Basis der neuen Gesetzeslage aber bei weniger Menschen der Regelsatz komplett gekürzt. „Die Grenzen sind wesentlich enger“, sagte ein BA-Sprecher dem RND über die Anwendung der Sanktionsverschärfung. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, kritisierte die „Showpolitik“ der Ampel. Sie wolle Arbeiter gegen Arbeitende ausspielen, sagte der Sozialverbandschef dem RND. „Die Zahlen zeigen: Es gibt so gut wie gar keine Totalverweigerer (verlinkt auf /politik/deutschland/plus250585150/Pflegefachfrau-junge-Mutter-Ich-ueberlege-meine-Ausbildung-abzubrechen-und-wieder-Buergergeld-zu-beziehen.html) .“
WELT
Im vergangenen Jahr haben die Jobcenter knapp 16.000 Bürgergeldempfängern die Bezüge gekürzt. Das entspricht weniger als einem Prozent der mehr als 5,5 Millionen Bezieher. Eine Gesetzesänderung könnte die Komplett-Kürzung weiter erschweren.
Politik
Deutschland
2024-04-20T03:12:45Z
2024-04-20T06:02:30Z
Nur 16.000 Bürgergeldempfänger wurde der Regelsatz gekürzt
https://www.welt.de//politik/deutschland/article251123906/Jobverweigerer-Nur-16-000-Buergergeldempfaenger-wurde-2023-der-Regelsatz-gekuerzt.html
kino.to: Razzia bei wichtigstem deutschen Filmpiraten-Portal
Internet-Surfer, die die Website "kino.to" anklicken, erhalten neuerdings eine Mitteilung der Kriminalpolizei. "Die Domain (...) wurde wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung zur gewerbsmäßigen Begehung von Urheberrechtsverletzungen geschlossen." Im Rahmen einer europaweiten Razzia gegen illegale Raubkopierer haben die Ermittler das Streamingportal gekappt. Bei Filmfans steht "kino.to" hoch im Kurs. Mehr als 10.000 Kinostreifen und 25.000 TV-Serien hat der Shootingstar unter den Filmportalen in seinem Repertoire. Bis zu vier Millionen Klicks erreicht die Seite pro Monat. Der Haken an der Sache: Eine Vielzahl der Werke ist offenbar verbotenerweise ausgestrahlt worden. (verlinkt auf /wirtschaft/webwelt/article10597452/Filmbranche-hilflos-gegen-Piratenseiten-wie-Kino-to.html) Die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) wirft den Machern von "kino.to" "systematische Verletzungen von Leistungsschutzrechten" vor. Auf ihre Anzeige hin hat die Generalstaatsanwaltschaft Dresden Ermittlungen aufgenommen und jetzt zum Schlag gegen die vermeintlichen Filmpiraten ausgeholt. Unter Leitung der Intergrierten Ermittlungseinheit Sachsen (INES) haben Polizei, Steuerfahnder und Datenspezialisten Wohn- und Geschäftsräume in Deutschland, Spanien, Frankreich und den Niederlanden durchsucht. 13 Personen wurden verhaftet. Nach einer weiteren wird gefahndet. Neben der Haupt-Website wurden auch mehrere sogenannte Streamhoster, auf denen die auf den Portalen verlinkten Filmkopien abgelegt sind, vom Netz genommen. Die enge Verflechtung der Plattformen bezeichnet die GVU als "parasitäres Geschäftsmodell". Der Profit der Filmeanbieter soll im siebenstelligen Bereich gelegen haben. Pikant: Die Hauptniederlassung von "kino.to" liegt auf der Südseeinsel Tonga. Daher stammt auch das Länderkürzel "to". Die Zwergenrepublik gilt als Paradies für Raubkopierer: Die persönliche Daten der Domain-Inhaber werden von der ansässigen Zulassungsstelle für Web-Adressen gehütet wie ein Staatsgeheimnis. Der "Focus" (verlinkt auf http://www.focus.de/digital/internet/tid-13838/raubkopierer-kino-to-statt-kino_aid_380416.html) verlieh der Behörde einst die passende Bezeichnung "virtueller Freibeuterhafen". Ob auch Nutzer, die sich illegale Filme auf "kino.to" angesehen haben, strafrechtliche Konsequenzen zu befürchten haben, ist umstritten. Der Berliner IT-Rechtler Bassem Al Abed erläuterte auf Anfrage von "Welt Online": "Der einfache Download von Raubkopien wäre strafbar. Beim Streaming wie bei kino.to erfolgt die Betrachtung des Films jedoch über ein Browserfenster, das sich schließen lässt, ohne dass die Datei auf der Festplatte abgelegt wird." Die Frage sei daher, ob Nutzer hierfür belangt werden könnten, obwohl sie keinen Zugriff auf rechtswidrige Dateien haben. Voraussetzung für eine strafrechtliche Verfolgung ist zudem, dass die IP-Adressen der Nutzer vom Server-Anbieter gespeichert worden sind, und zwar länger als die gesetzlich vorgeschriebenen sieben Tage. Denn sonst würden nur die Personen erfasst, die in jüngster Vergangenheit auf das Angebot von "kino.to" zugegriffen haben. Gegen sie könnten Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden. Der Schaden durch Raubkopien pro Jahr wird weltweit auf 18 Milliarden Dollar geschätzt. In Deutschland beklagt die Filmindustrie jährlich Verluste in Höhe von 300 Millionen Euro. (verlinkt auf /wirtschaft/webwelt/article12788382/Download-Piraten-entern-nun-die-Buchverlage.html)
Marcel Bohnensteffen
Mit Durchsuchungen in Deutschland, Spanien und Frankreich sind Ermittler gegen das größte deutschsprachige Internet-Portal für Film-Raubkopien vorgegangen.
Wirtschaft
2011-06-08T16:38:15Z
2015-10-03T17:51:01Z
Razzia bei wichtigstem deutschen Filmpiraten-Portal
https://www.welt.de//wirtschaft/article13419900/Razzia-bei-wichtigstem-deutschen-Filmpiraten-Portal.html
Zoll: Handel mit gefälschten Medikamenten boomt
Kistenweise gefälschte Potenzmittel, Antibiotika, Schmerzmittel und Schlaftabletten: Es war ein ganz großer Schlag, der dem Zollfahndungsamt Essen vor einigen Monaten gelang. Den Ermittlern ging eine Bande ins Netz, die einen schwunghaften Internethandel mit illegalen Arzneimitteln betrieb und damit einen Millionenumsatz machte. Es ist bei Weitem nicht der einzige Fall dieser Art: Das kriminelle Geschäft mit der Gesundheit boomt. „Dahinter stecken zunehmend international organisierte Gruppen – mit allem, was dazugehört: Zwischenhändler, Geldwäscher, Bargeldkuriere, bis hin zu bewaffneten Tätern“, sagt Wolfgang Schmitz, Sprecher der Generalzolldirektion in Köln (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/koeln/) . Die Drahtzieher sitzen in der Regel im Ausland und vertreiben die Medikamente (verlinkt auf /themen/medikamente/) über nicht zugelassene Internetapotheken an Großabnehmer oder Privatkunden. Für die Täter ist es ein lukratives Geschäft, die Gewinnspannen sind teils höher als beim Drogenhandel. Die Medikamente kommen meist aus Asien, aber auch aus Osteuropa. In den Fälscherwerkstätten würden sie oft mit Betonmischern aus irgendwelchen Substanzen zusammengerührt, die gerade verfügbar seien. „Noch vor einigen Jahren ging es fast ausschließlich um Viagra (verlinkt auf /wirtschaft/article154239763/Die-schwierige-Jagd-nach-dem-gefaelschten-Viagra.html) oder Lifestyle-Produkte für Haarwuchs oder zum Abnehmen“, sagt Schmitz. Inzwischen würden jedoch Medikamente jeder Art gefälscht – von Allergietabletten über Herzmittel bis hin zu Impfstoffen. Mithilfe von 3-D-Druckern könnten die Täter die Verpackungen nahezu perfekt nachmachen, sodass für Laien kein Unterschied zum Original erkennbar sei. Um Fälschungen identifizieren zu können, arbeite der Zoll eng mit der Pharma-Industrie zusammen. Fast vier Millionen gefälschte Tabletten Bei Kontrollen an Flughäfen, Seehäfen und Frachtzentren versuchen die Fahnder (verlinkt auf /themen/zoll/) , verdächtige Pakete aufzuspüren. Die illegalen Mittel seien häufig falsch deklariert, etwa als Vitaminpräparate, erklärt Schmitz. Manchmal handele es sich um Zufallsfunde, manchmal gebe es aber auch Hinweise durch ein bereits laufendes Verfahren. 2015 stellte der deutsche Zoll nach eigenen Angaben rund 3,9 Millionen gefälschte Tabletten sicher – fast viermal so viele wie im Vorjahr. Die Zahl der Ermittlungsverfahren stieg im selben Zeitraum von 3100 auf 4100. Für Kunden sei das Bestellen illegaler Arzneien wie ein Roulettespiel – mit mitunter schlimmen Folgen, warnen Experten: Manchmal enthielten die Mittel gar keinen und manchmal die mehrfache Dosis eines Wirkstoffs. Ganz abgesehen davon, dass ihnen oft Dreck und alle möglichen Ersatzstoffe beigemischt seien. „Ich kann jedem nur empfehlen, Medikamente online nur aus seriösen Quellen zu beziehen und genau auf die Anbieter zu achten“, mahnt Uwe Schröder, Präsident der Generalzolldirektion. Wer per Mausklick Medikamente bei dubiosen Anbietern bestellt, will wahrscheinlich meistens Kosten sparen oder „Peinlichkeitskäufe“ in der Apotheke vermeiden. Es komme auch häufig vor, dass sich Patienten im Internet auf eigene Faust Mittel kauften, die ihnen ihr Arzt aus gesundheitlichen Gründen nicht verschreiben wolle, sagt Professor Harald Schweim, der frühere Leiter der Fachgruppe Pharmazie an der Universität Bonn (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bonn/) . Tödliche Gefahr gefälschter Medikamente In Großbritannien sind nach seinen Angaben sechs Fälle dokumentiert, bei denen die Einnahme gefälschter Medikamente tödlich endete. Ob auch in Deutschland schon Menschen zu Schaden gekommen sind, sei unbekannt. „Der Nachweis ist sehr schwierig“, sagt Schweim. Denn wenn ein Käufer Nebenwirkungen verspürt, melde er sich eher nicht und gehe wohl einfach davon aus, dass er das Präparat nicht verträgt, meint Schmitz. Außerdem verstießen Kunden, die illegale Medikamente kaufen, selbst gegen das Arzneimittelgesetz und machten sich strafbar.
Petra Albers
Medikamente online bestellen ist für viele bequem und teils günstiger. Doch der Zoll warnt: Das Geschäft mit gefälschten Arzneien boomt und kann für Kunden zum gefährlichen Roulette-Spiel werden.
Regionales
Nordrhein-Westfalen
2016-04-25T15:37:18Z
2016-04-25T20:44:03Z
Zoll warnt vor gefälschten Medikamenten
https://www.welt.de//regionales/nrw/article154735267/Zoll-warnt-vor-gefaelschten-Medikamenten.html
Türkei-Streit: Deutsche Wirtschaft fürchtet den Erdogan-Abschwung
Siemens feiert dieses Jahr Jubiläum. Seit 160 Jahren ist der Technologiekonzern in der Türkei tätig. Die Geschäfte reichen bis ins Osmanische Reich zurück, in der Türkei gilt Siemens deshalb als „türkisches Unternehmen mit deutschen Wurzeln“. Wie kaum ein anderes Unternehmen stehen die Münchener für die engen deutsch-türkischen Wirtschaftsbeziehungen. Doch nun wird die Partnerschaft auf eine harte Probe gestellt. Die Böhmermann-Affäre (verlinkt auf /themen/jan-boehmermann/) , die Kurden-Politik von Präsident Recep Tayyip Erdogan sowie der Streit über die Armenien-Resolution (verlinkt auf /politik/ausland/article156076208/Tuerkei-bereitet-Aktionsplan-gegen-Deutschland-vor.html) des Bundestags haben nicht nur politische Folgen, sondern auch wirtschaftliche. Die Geschäftsaussichten deutscher Unternehmen in der Türkei für 2017 seien „nur noch gedämpft positiv“, sagt Volker Treier, Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), der „Welt am Sonntag“. „Die Sicherheitslage erschwert die Reisetätigkeit von Wirtschaftsvertretern und verzögert somit die Durchführung von Projekten.“ Deutschland wichtigster Handelspartner Ähnlich ist die Stimmungslage beim Bundesverband der Deutschen Industrie: „Wir betrachten die aktuellen Entwicklungen in der Türkei mit Sorge“, sagt Präsident Ulrich Grillo. „Für die Wirtschaft sind verlässliche Rahmenbedingungen zentral, von ihnen hängen Investitionsentscheidungen ab.“ Seit vielen Jahren ist die Türkei für Deutsche ein Investoren-Liebling. Gab es Mitte der 1990er-Jahre nur 500 Firmen mit deutscher Beteiligung in der Türkei, sind es heute weit über 5000. Mehr als neun Milliarden Euro investierten deutsche Anleger allein im Jahr 2014, damit war die Bundesrepublik zweitgrößter Investor. Wichtigster Handelspartner ist Deutschland für die Türkei sowieso: Das Handelsvolumen erreichte 2015 einen Rekord von 36,8 Milliarden Euro. Dass dieser Wert in diesem Jahr übertroffen wird, ist aber fraglich. Geschäftsreisende meiden Istanbul Deutsche Konzerne mit Sitz in der Türkei spüren zwar noch keine negativen Folgen der belasteten Beziehungen. „Unsere Geschäftsaktivitäten in der Türkei laufen wie gewohnt“, sagt etwa ein Sprecher der Metro Group. „Wir spüren keine Auswirkungen auf unser Geschäft in der Türkei“, heißt es auch bei Bosch. „Immerhin halten die großen Unternehmen an ihren Investitionsplänen fest“, sagt DIHK-Experte Treier. Anders sieht es aber bei Firmen aus, die auf dem Sprung in die Türkei sind. Auf sie haben die negativen Berichte durchaus eine Wirkung. Vor allem die Terroranschläge in Istanbul (verlinkt auf /themen/terroranschlaege-in-istanbul/) haben viele Geschäftsreisende von einem Türkei-Besuch abgehalten. Zudem haben die Äußerungen Erdogans zuletzt zu Wechselkursschwankungen und damit zu höheren Absicherungskosten für deutsche Firmen geführt. „Gerade die mittelständischen Betriebe sind deshalb bei ihrem Türkeigeschäft aktuell zurückhaltend“, sagt Treier. 2015 investierten deutsche Firmen noch 364 Millionen Euro in der Türkei. In den Jahren davor waren es zwischen 500 und 600 Millionen Euro. Türkei auf deutsches Know-how angewiesen „Es gibt Fälle, in denen Investitionsentscheidungen vertagt wurden, da Unsicherheit besteht, wie sich die politischen Rahmenbedingungen weiter entwickeln“, sagt Anton Börner, Präsident des Außenhandelsverbandes BGA. Zudem seien zuletzt „verschiedene Handelshemmnisse“ aufgetreten: „Angefangen von bestimmten Schutzzöllen im Textilbereich bis hin zu nichttarifären Handelshemmnissen in anderen Bereichen“. Börner ist dennoch optimistisch: Die tiefen Wirtschaftsbeziehungen könnten „nicht so leicht Schaden nehmen“. Auch, weil die Türkei deutsche Firmen braucht. „Ohne Partner wird die weitere wirtschaftliche Modernisierung des Landes nicht gelingen“, sagt Grillo. Experten warnen vor dramatischem Vertrauensverlust Dass die Türkei sich wirtschaftlich modernisiert, wird von Experten aber zunehmend in Frage gestellt. Der Umbau zu einem Präsidialsystem könnte „zur Vernachlässigung wichtiger Wirtschaftsreformen führen“, warnt die Ratingagentur Standard & Poor's. Bereits nach dem Rücktritt von Ministerpräsident (verlinkt auf /politik/ausland/article156076208/Tuerkei-bereitet-Aktionsplan-gegen-Deutschland-vor.html) Ahmet Davutoglu, der als Wirtschaftsreformer galt, verkauften Anleger massenweise türkische Staatsanleihen. Laut dem Kreditversicherer Credimundi könnte die Türkei unter Anlegern einen großen Vertrauensverlust erleiden. Dadurch würde die türkische Währung weiter an Wert verlieren, Banken und Unternehmen dürften in Schwierigkeiten geraten, Schulden zu bedienen. Der Kreditversicherer Euler Hermes Turkey rechnet in diesem Jahr mit 14.800 Firmenpleiten, acht Prozent mehr als 2015. Insolvenzen drohen auch durch den Einbruch des Tourismus. Laut Ökonomen könnte der Umsatz im Fremdenverkehr dieses Jahr um ein Viertel zurückgehen, dem Land würden Einnahmen in Höhe von rund sieben Milliarden Euro entgehen. Immerhin: Ein Euro-Sorgenkind profitiert davon. Weil Touristen die Türkei wegen der Terroranschläge meiden (verlinkt auf /wirtschaft/article155821408/Wie-der-Erdogan-Faktor-die-Deutschen-vertreibt.html) , machen sie stattdessen lieber Urlaub in Griechenland.
Martin Greive
Die Türkei gilt als Liebling Deutscher Investoren. Doch die Spannungen zwischen Berlin und Ankara belasten auch die wirtschaftlichen Beziehungen. Erste Firmen legen Projekte in der Türkei auf Eis.
Politik
Deutschland
2016-06-12T02:01:42Z
2016-06-13T08:50:15Z
Deutsche Wirtschaft fürchtet den Erdogan-Abschwung
https://www.welt.de//politik/deutschland/article156149744/Deutsche-Wirtschaft-fuerchtet-den-Erdogan-Abschwung.html
Rücktritt nach VW-Affäre
In der Affäre um Gehaltsbezüge von VW hat erstmals ein Politiker sein Bundestagsmandat niedergelegt. Der 59 Jahre alte SPD-Abgeordnete Jann-Peter Janssen aus der niedersächsischen Stadt Norden zog damit die Konsequenzen aus den unterschiedlichen Angaben, die er und der VW-Konzern gemacht hatten. Volkswagen hatte erklärt, Janssen habe nach seiner Wahl in den Bundestag seit 1994 noch Gehalt von VW bezogen. Erst seit dem 1. Januar 2005 sei das Arbeitsverhältnis auf seinen Wunsch ruhend gestellt worden. Der Abgeordnete, der Betriebsrat bei Volkswagen im Werk Emden war, hatte dies dagegen ausdrücklich bestritten. SPD-Partei- und Fraktionschef Franz Müntefering wollte Janssens Rückzug zunächst nicht bewerten. Er habe von dessen Schritt auf dem Weg zu den Grünen nach Wörlitz erfahren und noch nicht selbst mit Janssen gesprochen, sagte Müntefering am Freitag nach seiner Ankunft in der Stadt in Sachsen-Anhalt. Für Janssen rückt der 26-jährige Lars Klingbeil aus Soltau in den Bundestag nach. Niedersachsens SPD-Chef Wolfgang Jüttner sagte, die Partei habe Respekt davor, dass Janssen die Konsequenzen aus den unterschiedlichen Angaben über die Gehaltsbezüge gezogen habe. „Einer kann nur Recht haben. Der SPD hilft, wenn wir nicht in komplizierten Schlagzeilen sind.“
Welt.de
Jann-Peter Janssen (SPD) zieht die Konsequenzen aus den unterschiedlichen Angaben, die er und der Konzern gemacht hatten
Politik
2005-01-13T23:00:00Z
2011-11-16T09:28:17Z
Rücktritt nach VW-Affäre
https://www.welt.de//politik/article364372/Ruecktritt-nach-VW-Affaere.html
"Playboy"-Gründer: Hefner verrät, wie er seine Hasen auseinanderhält
WELT ONLINE: Herr Hefner, worüber wollen wir sprechen – über Geld oder Liebe? Hugh Hefner: Die Liebe. Sie ist das Einzige auf der Welt, das von echtem Wert ist. WELT ONLINE: Liebend gern. Sie sind der Hausherr der sagenumwogenden „Playboy Mansion“, dem Epizentrum erotischer Männer-Phantasien. Sie sind täglich von Hunderten Playboy-Häschen umgeben, die sofort in ihr Bett hoppeln würden. Sex ist also kein Problem. Aber wann waren Sie das letzte Mal so verliebt, dass Sie an nichts anderes denken konnten als an dieses eine Mädchen? Hefner: Die letzte Frau, die ich mehr geliebt habe als alles andere, war Holly. Ich würde sogar sagen, dass sie die Eine, meine ganz große Liebe war. Leider hat sie mich voriges Jahr verlassen. WELT ONLINE: Wieso hat sich Holly von Ihnen getrennt? Hefner: Ich könnte mir jetzt irgendeine Ausrede einfallen lassen. Erzählen, das wir uns ‚auseinander gelebt' haben, was immer das auch genau heißen mag. Aber das wäre plump gelogen. Die Wahrheit ist, dass Holly heiraten und Kinder kriegen wollte. Eine weitere Hochzeit kam für mich aber nicht in Frage. Ich habe es zweimal probiert. Nicht einmal hat es geklappt. Ehe und Liebe haben meiner Meinung nach rein gar nichts miteinander zu tun. Um sie glücklich zu machen und nicht zu verlieren, wollte ich ihren größten Wunsch erfüllen: ein Baby. Zu meiner und ihrer Enttäuschung hat das leider nicht funktioniert – aus medizinischen Gründen. Kein Wunder, ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste. Deshalb ist sie gegangen. WELT ONLINE: Sie wollten mit 82 Jahren noch einmal Vater werden? Hefner: Nur für sie. Nicht für mich. WELT ONLINE: Vermissen Sie Holly? Hefner: Natürlich. Das was ich an Holly am meisten geliebt habe war, dass sie mich so sehr geliebt hat. Darum ist es für mich immer noch verwirrend, dass diese Liebe nicht mehr da ist. Es niemanden mehr gibt, der mich so liebt, wie sie es getan hat. WELT ONLINE: Sie war zwischenzeitlich mit dem schwer tätowierten Las-Vegas-Magier und Britney Spears Ex-Liebhaber Chris Angel liiert. Kennen Sie das Gefühl Eifersucht? Oder war es Ihnen egal, wenn Sie Paparazzifotos sahen, auf denen dieser unangenehme Typ Ihrer großen Liebe die Zunge in den Mund rammte? Hefner: Ich bin ein eifersüchtiger Mensch. Ob man es glaubt oder nicht. Was die Sache mit Chris Angel angeht...Ich liebe und vermisse die Holly, die es einmal gab. Nicht die Person, die aus ihr geworden ist. WELT ONLINE: Sie sollen schon neue Freundinnen haben, ein 19-jähriges, blondes, großbusiges Zwillingspärchen... Hefner: Das ist richtig. Karissa und Kristina sind großartig. Vielleicht mache ich sie zu meinen Dauerfreundinnen. Mal sehen. Nach dem Ende meiner ersten Ehe war ich übrigens schon einmal mit Zwillingen zusammen. Die hießen Sandy und Mandy Bentley. Ich habe also schon Erfahrungen damit... WELT ONLINE: ...auch wie man Zwillinge auseinander halten kann? Hefner: Das versuche ich gar nicht erst. Die einzige Möglichkeit die Beiden optisch zu unterscheiden, ist ein Muttermal an einer sehr intimen Körperstelle. Aber ich sehe sie auch nicht als zwei Individuen, sondern als Einheit – die doppelt Spaß macht! WELT ONLINE: Normale Menschen gehen in Clubs oder Bars. Verzweifelte suchen Online nach der großen Liebe. Wie lernt Hugh Hefner Frauen kennen? Hefner: Das ist unterschiedlich. Manche Mädchen schreiben mir – übrigens besonders viele aus Deutschland. Andere lerne ich auf meinen Partys kennen. Die Zwillinge hat mir aber Holly vorgestellt. WELT ONLINE: Wie bitte? Ihre Ex hat Sie mit Ihren neuen Freundinnen verkuppelt? Hefner: Wenn Sie so wollen: Ja. Holly wollte mich wohl nicht alleine und einsam zurücklassen. Darum ließ sie die Zwillinge einfliegen und organisierte ein Dinner-Date mit mir. Am Ende des Abends meinte Holly: "Hugh, ich glaube die beiden mögen dich und wollen deine festen Freundinnen werden." In diesem Moment wusste ich, dass Holly mich verlassen wird. WELT ONLINE: Sie haben Pamela Anderson zu einer amerikanischen Pin-up-Ikone gemacht. Niemand war öfter auf dem Playboy-Cover als sie. In Interviews schwärmt sie von Ihnen wie ein verknallter Backfisch. Sie ist blond und gut gebaut – also genau Ihr Typ. Warum machen Sie Frau Anderson nicht zu Ihrer Freundin, wären sie nicht das perfekte Paar? Hefner: Darüber haben Pam und ich schon oft gesprochen. Aber in der Liebe geht es nicht nur um charakterliche Kompatibilität und Gefühl, sondern auch um das richtige Timing. Und das war uns – leider– nie vergönnt: Immer wenn ich in einer festen Bindung war, hatte sie niemanden. Und wenn ich auf der Suche war, steckte sie im Rock'n'Roll fest (Hefner meint damit Andersons Ex-Mann, den Musiker Tommy Lee, .d. Red.) oder besser gesagt: Der Rock'n'Roll steckte in ihr... Heute sind wir die besten Freunde. Auf meiner letzten Geburtstagsparty hat sie mich mit einem privaten Striptease überrascht. WELT ONLINE: War das ein besseres Präsent als das Viagra-Rezept, dass Ihnen ein Freund zu Ihrem 72. Geburtstag überreicht hat? Hefner: Auch ein sensationelles Geschenk, für das ich noch heute, besonders nach Sonnenuntergang, überaus dankbar bin – aber mit einer splitterfasernackten Pamela Anderson ist es nicht zu vergleichen. WELT ONLINE: Liebe und Betrug sind nur durch eine dünne Demarkationslinie getrennt. Können Sie – dem die schönsten Evas der Welt jeden Tag Äpfel der Sünde anbieten – einer Frau ewig treu sein? Hefner: Absolut. Bei der richtigen Frau kann jeder Mann treu sein. WELT ONLINE: Sind Sie schon einmal betrogen worden? Hefner: Ja. Von meiner Jugendliebe. Ich war zu der Zeit auf dem College. Wir hatten gerade angefangen, miteinander zu schlafen. Für mich war es das erste Mal. Wir wollten in einer paar Monaten heiraten. Dann hat sie aber eine Aushilfsstelle als Lehrerin an einer Schule angenommen – und mit einem Kollegen eine Affäre gehabt. Danach lag auf unserer Beziehung so etwas wie ein Fluch. Nichts war mehr wie vorher. Ich habe sie unfassbar geliebt. Diesen Schmerz, als ich davon erfahren habe, werde ich nie vergessen können. WELT ONLINE: Hat diese Erfahrung Ihr Verhältnis zu Frauen geprägt? Hefner: Ich glaube schon. Manchmal denke ich, dass ich nicht nur so viele Freundinnen gleichzeitig habe, weil es Spaß macht, sondern auch, weil es mich vor grausamen Schmerzen beschützt. WELT ONLINE: Der heimlich am U-Bahn Kiosk gekaufte "Playboy" – angeblich für den älteren Bruder – war in der Vergangenheit für viele Jungs die erste und einzige Möglichkeit, eine nackte Frau zu sehen. Heute schauen sich bereits Zwölfjährige im Internet Pornos an, auf denen Frauen von Hengsten bestiegen werden. Erschreckt Sie diese Entwicklung? Hefner: Sehr. Das Internet mit seinem frei zugänglichen Überangebot an Hardcore-Pornografie beraubt diese Kinder der Möglichkeit, sinnliche erste Erfahrungen zu machen und eine positive sexuelle Fantasie zu entwickeln. Ich finde das schrecklich. Mir tut die Jugend von heute unendlich leid. WELT ONLINE: Liege ich mit der Vermutung richtig, dass Ihnen in Interviews die Frage: „Wie würde sich die prominente Frau XY auf dem ,Playboy'-Cover machen?“ am häufigsten gestellt wird? Hefner: Treffer. WELT ONLINE: Darf ich Sie trotzdem fragen? Hefner: Nur zu. WELT ONLINE: Wie würde sich ein Cover mit der Deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel verkaufen? Hefner: Angela Merkel!? Das ist mal was Neues. Sonst fragen die Journalisten immer nach Angelina Jolie, Heidi Klum oder Scarlett Johansson. Frau Merkel würde in Deutschland ganz sicher alle Verkaufsrekorde brechen – und im Rest der Welt wie Blei in den Regalen liegen. WELT ONLINE: Eine Frage, die ich immer stelle: Sind Sie in Ihren Träumen Hugh Hefner, der berühmte Playboy, oder ein ganz normaler Kerl? Hefner: Wenn ich träume, bin ich ein ganz normaler Junge. Ich hätte aber nichts dagegen, auch dort berühmt zu sein. WELT ONLINE: Stimmt es, dass Sie das Grab neben Marilyn Monroe gekauft haben? Hefner: Ich habe durch Zufall davon erfahren, dass der Platz neben ihr frei geworden ist und natürlich sofort zugeschlagen. Wer will nicht bis in alle Ewigkeit neben Marilyn liegen? WELT ONLINE: Wenn es dann so weit ist: Werden Sie die Monroe im Himmel um ein Date bitten, ganz groß ausführen und dann verführen? Hefner: Darauf können Sie wetten!
Philip Jessen
"Playboy"-Gründer Hugh Hefner wurde vergangenes Jahr von seiner großen Liebe verlassen. Jetzt hat er neue Freundinnen – Zwillinge, die kaum zu unterscheiden sind. Mit WELT ONLINE spricht er über Pamela Anderson, Angela Merkel und erklärt, warum er sich ein Grab neben Marilyn Monroe gekauft hat.
Vermischtes
2009-03-06T08:14:54Z
2012-05-02T15:16:08Z
Hefner verrät, wie er seine Hasen auseinanderhält
https://www.welt.de//vermischtes/article3286740/Hefner-verraet-wie-er-seine-Hasen-auseinanderhaelt.html
Kunstaktion: Beuys-Witwe entsetzt über Fettecken-Schnaps
Die Verarbeitung einer der berühmten Fettecken von Joseph Beuys zu hochprozentigem Alkohol (verlinkt auf /regionales/duesseldorf/article130467977/Aus-einer-Beuys-Fettecke-wird-Schnaps.html) hat zu einem Streit mit der Witwe des Künstlers geführt. Eva Beuys verurteilte die Aktion dreier Künstler in Düsseldorf (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/duesseldorf/) als „unglaubliche Unverschämtheit“. „Das Urheberpersönlichkeitsrecht meines Mannes wurde in gemeiner Weise verletzt“, sagte Beuys der „Bild“ (verlinkt auf http://www.bild.de/regional/duesseldorf/joseph-beuys/beruehmte-fettecke-destilliert-36938056.bild.html) . Vor Gericht ziehen wolle sie aber nicht. „Das sind dumme, unfein empfindende Menschen.“ Die Künstler Markus Löffler, Andree Korpys und Dieter Schmal hatten im Museum Kunstpalast aus den über 30 Jahre alten Fettresten erst 80-prozentigen Alkohol gebrannt und diesen dann zu 50-prozentigem Schnaps verdünnt. Besucher der Aktion durften den Schnaps probieren. Im Geiste des Ausnahmekünstlers? „Das ist nicht irgendein Blödsinn, den wir uns ausgedacht haben“, sagte Korpys am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. „Das ist auch kein Spaß gegenüber Joseph Beuys.“ Vielmehr ordne sich die Aktion in das Werk der Künstler ein, die schon aus einer Schokoladenbüste von Dieter Roth und aus blauen Farbpigmenten von Yves Klein Schnaps hergestellt haben. Außerdem sei Beuys ein „Verfechter der Freiheit der Kunst“ gewesen. „Von daher müsste sie [Eva Beuys, Anm. d. Red.] es locker nehmen.“ Die drei Künstler finden, dass sie im Geiste des 1986 gestorbenen Ausnahmekünstlers Beuys gehandelt haben. Die Reste der Fettecke hat Beuys-Schüler Johannes Stüttgen zur Verfügung gestellt, auf dessen Wunsch Beuys 1982 die Fettecke in seinem Professorenatelier in der Düsseldorfer Kunstakademie angebracht hatte. 1986 nach Beuys’ Tod hatte ein Hausmeister die Fettecke entfernt. Das Künstlertrio hat lange mit Stüttgen über die geplante Aktion gesprochen und erklärt, dass sie Kunst „nicht einfach zerstören, sondern rekreieren“. Über Stüttgen äußerte sich Eva Beuys besonders erbost: „Er wollte diese Fettecke unbedingt haben, hat sich von mir in einem Schriftstück bestätigen lassen, dass es ein Original und ein Kunstwerk ist. Stüttgen habe aus dem Werk „eine Farce gemacht, gegen die mein Mann sich nicht mehr wehren kann“. Auch Beuys’ Tochter Jessica äußerte sich gegenüber „Bild“ verstimmt: „Gerade dieses Kunstwerk war für meinen Vater in Form und Farbe ein Sinnbild der Reinheit.“ „Ich lasse mich nicht diffamieren“ Stüttgen warf Eva Beuys „Überheblichkeit“ vor. „Ich lasse mich nicht persönlich diffamieren“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Eine „Farce“ sei vielmehr die Zerstörung der Fettecke 1986 gewesen. Joseph Beuys hätte der Schnaps-Aktion nach Ansicht Stüttgens sicherlich zugestimmt, denn so sei aus „etwas Physischem eine Idee geworden“. Und er habe zur Entstehung dieser „geistigen Substanz“ beigetragen, sagte Stüttgen. Inzwischen ist auch klar, was für ein Fett Beuys bei der Herstellung der Fettecke verwendet hatte: Es war laut einem damaligen Gutachten des Restaurierungszentrums der NRW-Landeshauptstadt Winterbutter, die wohl wegen ihrer etwas festeren Konsistenz besser zur Verarbeitung geeignet war als Sommerbutter. Die Fläschchen mit dem „Kunstgeist“ der drei Künstler werden noch bis 10. August in der Ausstellung „Kunst und Alchemie“ im Kunstpalast gezeigt.
WELT
Ob Joseph Beuys darüber gelacht hätte, kann man nur spekulieren. Seine Witwe Eva ist jedenfalls entsetzt, dass Künstler aus einer seiner berühmten Fettecken Schnaps gebrannt haben.
Regionales
Düsseldorf
2014-07-23T13:24:10Z
2017-08-27T20:20:40Z
Beuys-Witwe entsetzt über Fettecken-Schnaps
https://www.welt.de//regionales/duesseldorf/article130485893/Beuys-Witwe-entsetzt-ueber-Fettecken-Schnaps.html
Unternehmen aus Witten produziert Betten zum Gesundwerden
Wer in Saudi-Arabien ins Krankenhaus muß, könnte künftig in einem westfälischen Bett liegen. Das Königreich tauscht in den kommenden drei Jahren 28 000 Klinikbetten aus und hat einen ersten Großauftrag nach Witten vergeben. Die Völker AG, europaweit einer der größten Hersteller von Pflegebetten, ist damit auf dem besten Weg, auch auf dem Weltmarkt die Hauptrolle zu spielen. "Der größte Auftrag in unserer Geschichte", sagt Vorstand Wilhelm Könning. Das bedeutet: vier Wochen Vollauslastung für die Produktionsstätte in Witten und Einnahmen von rund 3,5 Millionen Euro. Der Umsatz steigt dadurch in diesem Jahr um acht bis zehn Prozent. Das führt den Wachstumskurs fort, den Völker 1992 eingeschlagen hat: von damals vier Millionen Euro Umsatz und 30 Beschäftigten bis ins Jahr 2004 mit 210 Beschäftigten und einem Umsatz von 56 Millionen Euro pro Jahr. Den Grundstein legte der Vorstandsvorsitzende Heinrich Völker, der das Unternehmen seit den 60er Jahren in der dritten Generation führt. Der gelernte Holzbetriebstechniker spezialisierte den 1912 gegründeten Handwerkbetriebs auf die Fertigung von technischen Pflegemöbeln. Das Wittener Unternehmen baute 1997 eine zweite Produktionsanlage im sächsischen Hainichen auf und entwickelte sich bis heute zum Marktführer in Deutschland. Über 50 Prozent der elektrischen Betten, die in deutschen Pflegeheimen stehen, wurden bei Völker produziert. Im Krankenhausbereich liegt der Marktanteil bei 30 Prozent. Doch gerade dieser Markt ist in den vergangenen Jahren eingebrochen. "2002 wurden noch 22 000 Klinikplätze ersetzt", sagt Wilhelm Könning. 2004 waren es nur noch 11 000 und in diesem Jahr droht ein weiterer Rückgang um 30 Prozent. Die Krankenkassen sparen, die Krankenhäuser müssen mitziehen. Auch wenn Investitionen hierzulande dringend nötig wären: 80 Prozent der deutschen Krankenbetten sind älter als 20 Jahre. Da die Gesellschaft älter wird, wächst dafür der Markt für Pflegebetten. Trotzdem setzt die Völker AG auf Export. Schon jetzt gehen 45 Prozent ihrer Betten ins Ausland. Produziert wird dagegen ausschließlich in Deutschland. Und noch mehr: Sämtliche Zulieferer stammen aus der Bundesrepublik, 80 bis 90 Prozent sogar aus Nordrhein-Westfalen. Nur so ist Produktion auf Abfrage möglich und das Unternehmen benötigt keine großen Lagerflächen. "Wir sind mit unseren Zulieferern sehr gut verzahnt. Das macht diesen Standort so wertvoll für uns."
Michael Schlösser
Heimliche Weltmeister aus NRW
Print-wams
2005-10-01T22:00:00Z
2011-11-15T18:59:04Z
Unternehmen aus Witten produziert Betten zum Gesundwerden
https://www.welt.de//print-wams/article132781/Unternehmen-aus-Witten-produziert-Betten-zum-Gesundwerden.html
Butscha: Selenskyj spricht von „Völkermord“ im Ukraine-Krieg
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist in die zerstörte Stadt Butscha gereist und hat seinen Vorwurf, Russland verübe einen Genozid an den Ukrainern bekräftigt. „Das sind Kriegsverbrechen und sie werden von der Welt als Völkermord anerkannt werden“, sagte Selenskyj am Montag vor Journalisten in der kleinen Stadt rund 25 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kiew. Selenskyj trat in dunkelgrünem Pullover und einer Militärweste in Tarnmuster auf und machte sich in Begleitung von bewaffneten Sicherheitskräften ein Bild von den Zerstörungen. Die Frage eines Reporters, ob es nun immer noch möglich sei, mit Russland über Frieden zu verhandeln, bejahte der ukrainische Staatschef: „Die Ukraine muss Frieden bekommen“, sagte er. Zugleich betonte er, ein baldiger Verhandlungserfolg sei in Russlands Interesse: „Je länger die Russische Föderation den Gesprächsprozess verzögert, desto schlimmer wird es für sie.“ Bilder von Einwohnern, deren Leichen nach dem Abzug russischer Truppen auf den Straßen lagen, lösen seit dem Wochenende weltweit Entsetzen aus. Die ukrainische Seite macht russische Soldaten für die Verbrechen verantwortlich. Moskau hingegen streitet die Schuld für den Tod der Zivilisten vehement ab. Selenskyj hatte bereits am Sonntag von „Völkermord“ gesprochen. In einer Videobotschaft (verlinkt auf https://www.facebook.com/zelenskiy.official/posts/3045969748986714) erklärte er, dass sich in Teilen des Landes, die noch unter russischer Kontrolle stehen, noch „schrecklichere Dinge auftun könnten“ als das, was bisher über die Verbrechen in der Stadt Butscha bekannt geworden ist. Er wolle, dass jede Mutter eines russischen Soldaten die Leichen der getöteten Menschen in Butscha und anderen Städten sehe, sagte der Regierungschef. „Was haben sie getan? Warum wurden sie getötet? Was hat ein Mann getan, der mit dem Fahrrad die Straße entlang fuhr?“, fragte Selenskyj. „Warum wurden gewöhnliche Zivilisten in einer gewöhnlichen friedlichen Stadt zu Tode gefoltert? Warum wurden Frauen erdrosselt, nachdem sie ihnen die Ohrringe aus den Ohren gerissen hatten? Wie konnten sie Frauen vergewaltigen und sie vor den Augen der Kinder töten? Ihre Körper auch nach ihrem Tod verspotten? Warum haben sie die Körper von Menschen mit Panzern überfahren? Was hat die ukrainische Stadt Butscha Ihrem Russland getan?“ Selenskyj hatte auch Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem Besuch in Butscha aufgefordert. Merkel hatte daraufhin über eine Sprecherin ausrichten lassen (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/deutschland/article237969959/Merkel-Altkanzlerin-verteidigt-Entscheidung-gegen-Nato-Aufnahme-der-Ukraine.html) , dass sie zu ihrer Entscheidung, der Ukraine den Nato-Beitritt 2008 zu verwehren, stehe. „Ich denke, sie hat mein Signal sehr gut verstanden“, sagte Selenskyj nun. „Das ist eine Hölle, die dokumentiert werden muss“ Das in den USA ansässige Unternehmen Maxar Technologies veröffentlichte in der Nacht zum Montag neue Satellitenbilder aus der Stadt. Sie zeigen auf dem Gelände einer Kirche einen 14 Meter langen Graben. Die Bilder wurden am 31. März aufgenommen, dem Tag, als sich die russischen Invasoren aus der Stadt zurückzogen. Nach ukrainischen Angaben wurden in dem Graben von den russischen Truppen die Leichen Hunderter getöteter Zivilisten begraben. Insgesamt wurden bislang die Leichen von 410 Bewohnern geborgen. Mehr als 50 Mitarbeiter von Staatsanwaltschaft und der Nationalen Polizei nahmen demnach erste Ermittlungen zu den Verbrechen im Gebiet Butscha auf, die nach dem Abzug russischer Truppen bekannt wurden. Auch in anderen Orten um Kiew und Tschernihiw soll es Untersuchungen geben. In einem Keller in Butscha wurden nach Angaben der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft die Leichen von fünf gefolterten Männern entdeckt. Es handele sich um „unbewaffnete Zivilisten“, die von russischen Soldaten getötet worden seien, teilte die Behörde am Montagabend mit. Sie seien mit gefesselten Händen im Keller eines Kindersanatoriums in dem Kiewer Vorort gefunden worden. „Das ist eine Hölle, die dokumentiert werden muss, damit die Unmenschen, die sie geschaffen haben, bestraft werden“, schrieb die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa am Sonntagabend auf Facebook. Seit Freitag seien bereits 140 der Leichen untersucht worden. Gerichtsmediziner und andere Spezialisten seien dafür im Einsatz. „Die Generalstaatsanwaltschaft wird die Zahl der Ermittlungsbeamten weiter erhöhen, um eine möglichst schnelle und effiziente Sammlung von Beweisen für Kriegsverbrechen sicherzustellen“, schrieb Wenediktowa. Besonderes Augenmerk liege dabei außerdem auf den Gebieten um Mariupol, Charkiw, Sumy, Luhansk und Donezk. Wenediktowa betonte, dass an den Tatorten nur Profis arbeiten sollten und wies freiwillige Helfer an, die Arbeit nicht zu stören. Die stellvertretende Verteidigungsministerin der Ukraine, Hanna Maljar, hatte zuvor mitgeteilt, dass die Armee mehr als fünf Wochen nach dem russischen Einmarsch wieder die volle militärische Kontrolle über die Region um Kiew erlangt habe. Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow drohte mit Vergeltung: „So etwas Böses darf nicht ungestraft bleiben“, sagte er am Montag in Kiew. „Unsere Aufklärung identifiziert systematisch alle Eindringlinge und Mörder. Alle! Jeder wird zu seiner Zeit bekommen, was er ‚verdient‘ hat“, hieß es in der auf Facebook veröffentlichten Mitteilung. Die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Nicola Beer (FDP), fordert daher ein „Sonderkriegsverbrecher-Tribunal ähnlich wie bei den Jugoslawien-Kriegen“ gegen die Verantwortlichen. „Für uns alle ist die Monstrosität dieser Taten unbegreiflich“, sagte Beer am Sonntagabend bei Bild-TV. „Das sind schwerste Verbrechen gegen die Menschlichkeit, das sind Kriegsverbrechen.“ Ukraine erobert weitere Gebiete zurück Etwa zwei Drittel der in der Umgebung der ukrainischen Hauptstadt Kiew eingesetzten russischen Truppen zogen nach US-Geheimdienstinformationen aus dem Gebiet ab. Sie seien entweder im Nachbarland Belarus oder auf dem Weg dorthin, sagte ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums, der anonym bleiben wollte der Nachrichtenagentur AP. Weiter sagte er, die Truppen erhielten wahrscheinlich weitere Vorräte und würden verstärkt. Es habe zudem den Anschein, dass russische Streikräfte Artillerie und Soldaten neu positionierten, um die Stadt Isjum einzunehmen, die auf einer Schlüsselroute in den Donbass liege, sagte er. Russische Truppen sollen auch begonnen haben, sich aus der ostukrainischen Region Sumy zurückzuziehen. Es sei aber noch zu früh, um von einer Befreiung der Region zu sprechen, sagte der Chef der Gebietsverwaltung von Sumy, Dmytro Schywyzkyj, der Agentur Unian zufolge in der Nacht zu Montag in einer Videobotschaft. Das ukrainische Militär eroberte nach eigenen Angaben zudem einige Orte in der Region Tschernihiw von russischen Truppen zurück. Humanitäre Hilfe sei nun in diese Gegenden unterwegs, teilten die ukrainischen Streitkräfte mit. Die Stadt Tschernihiw ist nach Angaben des dortigen Bürgermeisters inzwischen zu 70 Prozent zerstört. Russische Angriffe auf ukrainische Städte gehen unvermindert weiter Auch die Angriffe Russlands auf andere Städte in der Ukraine gehen weiter. Nach Angaben der Regionalverwaltung ist die südukrainische Hafenstadt Odessa in der Nacht zum Montag erneut mit Raketen angegriffen worden. In der Hafenstadt Mykolajiw am Schwarzen Meer kam mindestens ein Mensch ums Leben und 14 weitere wurden verletzt, als russische Granaten einschlugen. Bei einem Angriff auf ein Wohngebiet in Charkiw im Nordosten der Ukraine wurden nach ukrainischen Angaben sieben Menschen getötet und 34 weitere verletzt. Unter den Verletzten seien auch drei Kinder, teilte die örtliche Staatsanwaltschaft am Sonntag auf Telegram mit. Die russischen Truppen hätten am Sonntagabend ein Wohnviertel beschossen und dabei zehn Häuser und ein Bus-Depot beschädigt. In der östlichen Region Donezk wurden bei russischen Angriffen sechs Menschen getötet und ein weiterer verletzt, wie der Leiter der regionalen Militärverwaltung Pawel Kirilenko auf Telegramm mitteilte. Nach dem Rückzug aus der Region um die Hauptstadt Kiew konzentrieren sich die russischen Truppen nach Angaben Kiews auf den Süden und Osten der Ukraine. Mariupol bleibt weiterhin umkämpft In dem von russischen Truppen belagerten Mariupol wiederum halten die schweren Kämpfe an. Das britische Verteidigungsministerium teilte mit, die Stadt werde weiterhin intensiv und wahllos angegriffen, doch die ukrainischen Streitkräfte leisteten hartnäckigen Widerstand und behielten die Kontrolle über die zentralen Bereiche. Die ukrainische Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer ist nach Ansicht der britischen Militäraufklärung „höchstwahrscheinlich“ ein Schlüsselziel der russischen Invasion in die Ukraine. Mit der Einnahme der weiterhin schwer umkämpften Stadt könnte eine direkte Landverbindung zwischen Russland und der besetzten Halbinsel Krim hergestellt werden, verlautete in der Nacht zum Montag aus einem Update des britischen Verteidigungsministeriums unter Berufung auf Geheimdienstinformationen. Russlands bisher einzige Verbindung vom Festland zur Halbinsel ist eine Brücke über die Meerenge von Kertsch. UN zählt mehr als 1400 Tote Die UN dokumentierten seit dem Einmarsch russischer Truppen den Tod von 1417 Zivilisten in der Ukraine. Unter ihnen waren 121 Kinder und Jugendliche, wie das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte in Genf mitteilte. Demnach gab es außerdem verifizierte Informationen über 2038 Verletzte, darunter 171 Kinder und Jugendliche. In die Zahlen gingen alle bis einschließlich Samstag dokumentierten Fälle ein. Russland hatte am 24. Februar seinen Angriff auf die Ukraine begonnen. 1504 der Opfer stammten den Angaben aus den Regionen Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine. Das Büro geht allerdings davon au, dass die tatsächlichen Zahlen erheblich höher sind: In einigen Orten, die schwer umkämpft sind, konnten demnach viele Berichte über zivile Opfer noch nicht bestätigt werden, darunter Mariupol und Irpin. „Die meisten Opfer unter der Zivilbevölkerung wurden durch den Einsatz von Explosivwaffen mit großer Reichweite verursacht, darunter durch den Beschuss mit schwerer Artillerie und mit Raketenwerfern sowie durch Raketen- und Luftangriffe“, hieß es in der Mitteilung vom Sonntag. Im Podcast „Kick-off Politik“ (verlinkt auf https://preview.up.welt.de/podcasts/kick-off/) geben wir Ihnen von Montag bis Freitag im Gespräch mit WELT-Experten die wichtigsten Hintergrundinformationen zu einem politischen Top-Thema des Tages. Ab 6 Uhr morgens, in nur 10 Minuten.
WELT
Sichtlich ergriffen hat Wolodymyr Selenskyj Butscha besucht. Angesichts der Funde von hunderten von Leichen in der Stadt sprach Selenskyj erneut von einem „Völkermord“. In anderen Teilen der Ukraine wird weiter gekämpft. Ein Überblick.
Politik
Ausland
2022-04-04T17:15:00Z
2022-04-04T01:35:42Z
Selenskyj besucht Butscha und spricht von „Völkermord“
https://www.welt.de//politik/ausland/article237964863/Butscha-Selenskyj-spricht-von-Voelkermord-im-Ukraine-Krieg.html
Asyldebatte: Boris Palmer beklagt Realitätsverweigerung
76 Tübinger Hausbesitzer hatten dieser Tage ein Schreiben ihres Oberbürgermeisters im Briefkasten. Eindringlich, aber höflich appelliert Boris Palmer (verlinkt auf http://www.tuebingen.de/Dateien/536_anlage_brief_vermieter.pdf) (Grüne) darin an die Eigentümer leer stehender Wohnungen, ihrem Herz einen Ruck zu geben und die dringend benötigten Häuser zu vermieten. Die Stadt sei auch bereit, zu kaufen oder selbst als Mieter aufzutreten, falls jemand den Aufwand scheue oder schlechte Erfahrungen gemacht habe. Seine schon im August geäußerte Drohung, Gebäude notfalls zu beschlagnahmen, hat der kämpferische OB also nicht wahr gemacht, zumindest noch nicht. Wenn es auf freiwilliger Basis nicht klappe, könnte eine Beschlagnahme noch kommen, sagte Palmer der „Welt“. Tübingen gehöre nun mal zu den teuersten Städten in ganz Deutschland. „Bei uns war der Wohnungsmarkt schon vor der Ankunft der Flüchtlinge absolut dicht.“ Doch im Augenblick sei solch eine Zwangsmaßnahme nicht absehbar. Kommunalpolitiker wie Palmer müssen derzeit schwierige Entscheidungen treffen. Welche Instrumente sollen sie nutzen, um an Wohnungen für Flüchtlinge zu kommen? Anreize wie im Saarland, wo Vermieter zehnjährige Mietverträge von der Kommune und eine weit über dem Marktschnitt liegende Miete bekommen, wenn sie Flüchtlinge aufnehmen? Mehr Druck auf die Bevölkerung wie in Hamburg oder Bremen? Einfach ganze Neubaugebiete in Beschlag nehmen und bebauen, auch wenn die dort bereits ansässigen über die Wertminderung ihrer Immobilien entsetzt sind? Großstädte bereiten sich auf Zwangsbelegungen vor In den Stadtstaaten mit chronischem Platz- und Gebäudemangel wurden bereits gesetzliche Regelungen erlassen, um Zwangsbelegungen zu erleichtern. Damit haben die Hansestädte all jenen, die leer stehenden Wohnraum nicht herausrücken, die Pistole auf die Brust gesetzt. In Berlin stimmte die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg einem Antrag der Grünen zu, in dem es heißt: „Wohnungen, die bekanntermaßen und in größerer Anzahl aus Spekulationsgründen leer stehen“, sollten vom Bezirksamt zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden, „um die Gefahr und das Vorhandensein massenhafter Obdachlosigkeit in der Stadt zu lindern“. Selbst in für Neubürger attraktiven Städten wie Tübingen ist die Lage längst noch nicht so prekär. Knapp 1000 Flüchtlinge leben derzeit in der Stadt, die meisten in der vorläufigen Unterbringung des Landkreises. Zwei Drittel der Unterbringung seien bisher Notunterkünfte in Hallen, so Palmer. Das werde sich in den nächsten zwei Jahren ändern. Auf die Gemeinden komme jetzt erst die Aufgabe zu, Wohnraum zu schaffen. Containerwohnungen an 30 Standorten Die Universitätsstadt könne in zwei Jahren 3000 Flüchtlinge, deren Asylverfahren abgeschlossen ist, auch ohne Zwang unterbringen, so Palmer. An 30 Standorten soll durch jeweils maßgeschneiderte Lösungen Wohnraum entstehen, der später auch noch für Studenten, Geringverdiener, Klinikpersonal oder als Sozialwohnung nutzbar ist. Im Februar wird der Gemeinderat wohl einen Grundsatzbeschluss über die ausgewählten Standorte fassen. Schon im März könnten dann die Aufstellungsbeschlüsse für die notwendigen Bebauungspläne folgen. Damit sich die neuen Bewohner besser integrieren können, will Tübingen vor allem in Neubaugebieten bauen, zumindest aber in Mischgebieten oder am Rand von existierenden Quartieren. Um Zeit zu sparen, geht es erst einmal mit Modulbauweise los. Mittel- bis langfristig will die historische Studentenstadt am Neckar aber massiv bauen. „Wir wollen keine Container auf der grünen Wiese“, sagt Palmer. Aber bei 3000 Personen liege dann auch endgültig die Obergrenze, die die Stadt gerade noch schaffen könne. „Für noch mehr hätte ich keine Lösungen. Es sei denn, wir akzeptieren Werkshallen auch als Bleibe über viele Jahre“, warnt der OB. Manche Grüne wollen Palmer aus der Partei herauswerfen Boris Palmer war bundesweit der erste Kommunalpolitiker, der zumindest rhetorisch Zwangsmaßnahmen wie Beschlagnahmungen ins Spiel gebracht hat. Nicht zuletzt wollte er damit eine Debatte über Belastungsgrenzen anstoßen, und darüber, welche Probleme erst noch auf die Kommunen zukommen, wenn die Leute aus den Erstaufnahmen weiterverwiesen werden. Vor allem aus der eigenen Klientel war der Realo-Grüne dafür enorm kritisiert worden. Doch der 43-Jährige gibt keine Ruhe. Während er und sein Team im Rathaus unermüdlich nach einvernehmlichen Lösungen suchen, führt Palmer seine kämpferische Diskussion fort, auf Veranstaltungen, in Interviews und bei Facebook. Dort kann Palmer mittlerweile keinen Pieps mehr tun, ohne dass ihm vorgehalten wird, der Pieps habe einen rechten Tonfall gehabt. Selbst ein Parteiausschluss (verlinkt auf /politik/deutschland/article148281073/Gruene-fordern-Parteiausschluss-von-Palmer.html) wurde von der Grünen Jugend gefordert, weil Palmer angeblich den Kronzeugen für Pegida und Co. mache. Beispiel Schwäbisch Gmünd, rund 85 Kilometer weiter östlich. Dort gab es an Weihnachten einen Brandanschlag (verlinkt auf /politik/deutschland/article150319932/Fluechtlingsunterkunft-an-Heiligabend-in-Flammen.html) auf eine Flüchtlingsunterkunft. Der CDU-Oberbürgermeister Richard Arnold hatte zuvor mehrfach bundesweit Aufmerksamkeit erregt, als er von anderen Stadtoberhäuptern mehr Engagement für Flüchtlinge gefordert hatte. Arnold hatte sich indirekt auch gegen Palmer gewandt, als er im Deutschlandfunk sagte: „Von Zwangsmaßnahmen halte ich nichts.“ Die Oberbürgermeister sollten sich an die Spitze der Willkommenskulturbewegung stellen. „Es ist nicht immer eine Frage des Geldes, sondern der Herangehensweise.“ Nun stand also in seiner Stadt in der Nacht nach Heiligabend der Rohbau einer Asylunterkunft in Flammen, und Palmer sprach sein Mitgefühl aus (verlinkt auf https://www.facebook.com/photo.php?fbid=1082633301776201&set=a.305185579520981.72193.100000886242540&type=3&theater) : „Ausgerechnet. Mein Freund Richard Arnold, Kollege in Schwäbisch Gmünd, hat in ganz Deutschland mit guter Politik für Flüchtlinge ein Vorbild gezeigt. Schon vor Jahren ließ er Flüchtlinge arbeiten, am Bahnhof, auf der Gartenschau. Weil das Integration schafft, wenn man schafft. Sein Projekt, Flüchtlinge in WGs unterzubringen ist fantastisch erfolgreich. Jetzt wird ausgerechnet in Gmünd ausgerechnet an Weihnachten eine Unterkunft angezündet. Einfach nur dumm und widerwärtig.“ Prompt bekam Palmer Reaktionen um die Ohren geschlagen wie: „Tja. Deinen Anteil daran erkennst du hoffentlich.“ Oder: „Erst zündeln und jetzt beklagen?“ Der OB hielt zwar umgehend dagegen: „Wer so einen Unsinn schreibt, verschafft Rechtsextremisten Deckung.“ Und: „Wie immer. Kein Argument. Nur Blindheit.“ Doch seine Kritiker ätzten weiter: „Ist das jetzt eine erste Selbsterkenntnis?“ Doch Palmer will sich nicht mundtot machen lassen. Ihm persönlich machten die persönlichen Anwürfe nichts aus: „Ich bin einiges gewohnt.“ Er sei allerdings „sehr besorgt“, weil er auf beiden Seiten der Debatte in den Wortmeldungen Realitätsverweigerung beobachte. „Die einen wollen die Flüchtlinge loswerden, die anderen tun so, als seien wir zu grenzenloser Hilfe verpflichtet.“ Hier, so die Überzeugung von Palmer, lauert die eigentliche Gefahr für die Gesellschaft: „Beide Seiten hören den anderen überhaupt nicht mehr zu und verurteilen sich gegenseitig. Beides macht pragmatische Lösungen unmöglich. Und nur mit Pragmatismus ist es überhaupt noch zu schaffen.“
Hannelore Crolly
Tübingens Grüner OB Boris Palmer wird angefeindet, weil er hartnäckig vor der Belastungsgrenze bei Flüchtlingen warnt. Er kritisiert Realitätsverweigerer, die dem nötigen Pragmatismus im Wege stehen.
Politik
Deutschland
2015-12-31T00:57:23Z
2015-12-31T09:10:04Z
Grüne Warnung vor Realitätsverlust in der Asylkrise
https://www.welt.de//politik/deutschland/article150473879/Gruene-Warnung-vor-Realitaetsverlust-in-der-Asylkrise.html
Im Jahr 2014: Das sind die drei teuersten Blockbuster-Filme
Die Filmindustrie hat auch im Jahr 2014 gigantische Produktionen hervorgebracht, die kostspieligste mit 250 Millionen Dollar. Das Video zeigt die Top 3 der teuersten Blockbuster-Filme des Jahres 2014.
WELT
Die Filmindustrie hat auch im Jahr 2014 gigantische Produktionen hervorgebracht, die kostspieligste mit 250 Millionen Dollar. Das Video zeigt die Top 3 der teuersten Blockbuster-Filme des Jahres 2014.
2014-12-18T11:45:00Z
2016-12-16T14:17:35Z
Das sind die drei teuersten Blockbuster-Filme
https://www.welt.de//videos/video135512266/Das-sind-die-drei-teuersten-Blockbuster-Filme.html
Kommunalwahlen in NRW: Grüne vor Eroberung von zwei Oberbürgermeisterämtern
Der SPD-Oberbürgermeister Thomas Geisel in Düsseldorf hat seine Niederlage bei der Stichwahl eingestanden. Geisel beglückwünschte seinen Herausforderer Stephan Keller am Sonntag zu dessen Sieg. Keller lag nach Auszählung von rund 420 der 454 Stimmbezirke am Sonntag bei 54,89 Prozent. SPD-Amtsinhaber Geisel kam auf 45,1 Prozent. Die Stadt Dortmund bleibt SPD-Hochburg: Bei der Stichwahl zum Oberbürgermeister hat SPD-Kandidat Thomas Westphal mit 52,0 Prozent gewonnen. CDU-Herausforderer Andreas Hollstein kam auf 48,0 Prozent. Die parteilose Politikerin Henriette Reker bleibt Oberbürgermeisterin von Köln. Nach Auszählung fast aller Stimmbezirke lag sie mit rund 60 Prozent der Stimmen uneinholbar vor ihrem SPD-Herausforderer Andreas Kossiski. Reker war im Wahlkampf von CDU und Grünen unterstützt worden. Die 63-Jährige steht seit 2015 an der Spitze der einzigen nordrhein-westfälischen Millionenstadt. Damals war sie gleich im ersten Wahlgang gewählt worden – kurz nachdem ein rechtsextremistischer Attentäter sie lebensgefährlich verletzt hatte. Die Grünen eroberten in zwei Metropolen die Chefsessel der Rathäuser: In Aachen ließ die Grünen-Kandidatin Sibylle Keupen mit knapp 70 Prozent ihren CDU-Konkurrenten Harald Baal deutlich hinter sich. In Bonn hatte die Grünen-Kandidatin Katja Dörner mit knapp 57 Prozent einen Vorsprung vor Amtsinhaber Ashok-Alexander Sridharan (CDU). Die Studentenstadt Münster wird weiterhin von einem CDU-Politiker regiert: Markus Lewe (CDU) ist in der Stichwahl auf 52,6 Prozent der Stimmen gekommen und bleibt Oberbürgermeister. Der Grünen-Kandidaten Peter Todeskino kam auf 47,4 Prozent. Der seit 2009 regierende Amtsinhaber hatte im ersten Durchgang der Kommunalwahl die 50-Prozent-Marke verpasst und war auf 44,5 Prozent gekommen. Todeskino hatte 28,4 Prozent der Stimmen erreicht. Ohne Chance auf die Stichwahl war vor zwei Wochen der SPD-Kandidat Michael Jung geblieben – die SPD hatte sich daraufhin für Todeskino und einen Wechsel im OB-Amt ausgesprochen. Machtwechsel in Corona-Hotspot Hamm Der SPD-Politiker Marc Herter löst in Hamm den langjährigen CDU-Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann (CDU) ab. In der aktuell besonders vom Coronavirus betroffenen Stadt verlor der Amtsinhaber (67) seinen Posten in der Stichwahl und kam nur auf rund 36,4 Prozent der Stimmen. Der SPD-Herausforderer erhielt knapp 63,6 Prozent, nachdem er schon vor zwei Wochen mit 40,7 vorne gelegen hatte. Herter (46) ist seit 2010 Landtagsabgeordneter in Düsseldorf. Zur Wahl gingen fast 49 Prozent der Wahlberechtigten in Hamm. Hunsteger-Petermann verlor das Rennen, obwohl er sich in den vergangenen Tagen als Krisenmanager im Kampf gegen die Pandemie einen Namen gemacht hatte. In der 182 000-Einwohner-Stadt war es zum bundesweit höchsten Corona-Neuinfektionswert binnen sieben Tagen gekommen. Der OB, der das Amt gut 21 Jahre innehatte, verhängte mehrere Maßnahmen, wollte den Bürgern aber nach eigenen Worten einen „Lockdown“ ersparen. Machtwechsel auch in der Ruhrgebietsstadt Mülheim , Enttäuschung für die frühere niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn: Marc Buchholz (CDU) ist mit 56,9 Prozent der Stimmen zum neuen Oberbürgermeister gewählt worden. In der Stichwahl setzte er sich gegen SPD-Politikerin Griefahn durch. Die 65-Jährige erreichte 43,1 Prozent. Der bisherige OB, Ulrich Scholten (SPD), war nicht wieder angetreten. Die CDU hatte zuletzt vor 18 Jahren den Rathauschef gestellt. Buchholz (52) ist in Mülheim Dezernent im Bereich Bildung, Gesundheit, Kultur. 31-Jähriger erobert Rathaus in Mönchengladbach Bei der Stichwahl in Gelsenkirchen wurde Stadtdirektorin Karin Welge (57) von der SPD zur neuen Oberbürgermeisterin gewählt. Sie erhielt 59,4 Prozent der Stimmen. Der CDU-Kandidat, Rechtsanwalt Malte Stuckmann (42), kam auf 40,6 Prozent. Der bisherige Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD, 58) hatte das Amt seit 2004 inne. Er war nicht wieder angetreten. In der einstigen CDU-Hochburg Mönchengladbach hat ein 31-jähriger SPD-Kandidat den Chefsessel im Rathaus erobert. Bei der Stichwahl zum Oberbürgermeister siegte Felix Heinrichs am Sonntag mit rund 74 Prozent gegen seinen CDU-Konkurrenten, den Landtagsabgeordneten Frank Boss. Dieser erlangte nur rund 26 Prozent. Der bisherige Amtsinhaber Hans Wilhelm Reiners (CDU) war bei der Kommunalwahl nicht mehr angetreten. Heinrichs ist der jüngste OB in Nordrhein-Westfalen. Grünen-Politiker Uwe Schneidewind wurde zum neuen Oberbürgermeister von Wuppertal gewählt. Der 54-jährige gemeinsame Kandidat von Grünen und CDU setzte sich gegen Amtsinhaber Andreas Mucke (SPD) in der Stichwahl mit 53,5 Prozent der Stimmen durch. Im bevölkerungsreichsten Bundesland hatte die CDU den ersten Wahlgang am 13. September (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/deutschland/article215671114/Nordrhein-Westfalen-CDU-gewinnt-die-Kommunalwahlen-viele-Stichwahlen-in-den-Staedten.html) klar gewonnen. Die Christdemokraten erreichten bei den Wahlen zu Stadträten, Gemeindevertretern und Kreistagen 34,3 Prozent der Stimmen. Die SPD blieb trotz hoher Verluste mit 24,3 Prozent zweitstärkste Kraft. Die Grünen dagegen konnten sich um 8,3 Punkte auf 20 Prozent steigern und erreichten ihr bestes Ergebnis bei einer NRW-Kommunalwahl (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/deutschland/article216109246/Umfrage-Gruene-legen-nach-NRW-Kommunalwahl-auch-bundesweit-zu-SPD-verliert.html) . Die FDP kam auf 5,6 Prozent, die Linke auf 3,8 Prozent, die AfD auf fünf Prozent.
WELT
In Nordrhein-Westfalen haben die Bürger in Stichwahlen in fast 130 Kommunen über Bürgermeister und Landräte abgestimmt. In Düsseldorf löst der CDU-Kandidat den SPD-Oberbürgermeister ab. Dortmund bleibt SPD-Bastion. Mönchengladbach hat jetzt einen 31-Jährigen als OB.
Politik
Deutschland
2020-09-27T17:00:00Z
2020-09-27T13:41:27Z
CDU erobert Düsseldorfer Rathaus, Dortmund bleibt in SPD-Hand
https://www.welt.de/politik/deutschland/article216688464/Kommunalwahlen-in-NRW-Gruene-vor-Eroberung-von-zwei-Oberbuergermeisteraemtern.html
Oculus Quest im Test: Das kann die VR-Brille von Facebook
Wer einmal eine VR-Brille auf der Nase hatte, der weiß, dass diese Technologie die Computerspielebranche revolutionieren könnte. Doch obwohl sich bereits mehrere Hersteller mächtig ins Zeug gelegt haben, blieb der große Erfolg bislang aus. Die Gründe liegen auf der Hand: Die meisten verfügbaren Cyberbrillen sind entweder teuer, technisch unausgereift, oder es fehlt die passende Spieleauswahl. All das will Facebook mit seinem neuesten Streich ändern: Oculus Quest (verlinkt auf https://www.computerbild.de/artikel/cb-Tests-Handy-Oculus-Go-19157295.html) lautet das Zauberwort. Die kommt wie die Oculus Go (verlinkt auf /wirtschaft/article175981082/Virtuelle-Realitaet-Die-VR-Brille-Oculus-Go-zeigt-im-Test-viele-Staerken.html) nicht nur ohne Kabel, sondern auch ohne PC, Konsole und Smartphone (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/smartphone/) aus. Anders als der gute Vorgänger – siehe Test hier (verlinkt auf https://www.computerbild.de/artikel/cb-Tests-Handy-Oculus-Go-19157295.html) – ermöglicht die Quest eine vollkommen freie Bewegung. „ Computer Bild (verlinkt auf https://www.computerbild.de) “ hat die Cyberbrille ausprobiert. Oculus Quest basiert auf Smartphone Gleich vorweg: Echte PC-Spiele von den High-End-Brillen Oculus Rift (verlinkt auf https://www.computerbild.de/artikel/cbs-Aktuell-Hardware-Oculus-Rift-8667077.html) und HTC Vive (verlinkt auf https://www.computerbild.de/artikel/cb-Tests-PC-Hardware-HTC-Vive-Review-Test-Steam-Valve-11469625.html) laufen mit der Quest nicht. Sie basiert wie die Oculus Go auf einem Smartphone, braucht anders als Samsungs Gear VR allerdings kein Handy mehr. Die Quest nutzt einen Snapdragon 835 als Prozessor, Qualcomms Top-CPU aus dem Jahr 2017. Somit bietet die integrierte Technik genug Power, um 3-D-Spiele ohne Ruckler oder Verzögerungen darzustellen. Das eingebaute OLED-Display bietet eine Auflösung von 1600x1440 Pixeln pro Auge, was für den normalen Zocker vollkommen ausreicht. Wer jedoch ganz genau hinsieht, kann ein feines Pixelraster und einzelne Bildpunkte erkennen. Das tut dem Spielspaß durch die neu gewonnene Bewegungsfreiheit aber keinen Abbruch. Vier Kameras erfassen Spielerposition Die neue VR-Brille nutzt die eigens entwickelte Tracking-Technik „Oculus Insight“. Damit kann der Nutzer sich tatsächlich vollständig in der virtuellen Realität bewegen und seine Position beliebig verändern. Und das komplett kabellos – bislang war die Immersion erheblich gestört und das Mittendrin-Gefühl konnte sich nicht vollends entfalten. Anders als bei der Rift müssen Sie dafür keine externen Sensoren aufstellen, das Wohnzimmer fällt nicht dem Spiele-Feng-Shui zum Opfer. Wie kann das sein? Nun, in den vier Ecken der Brillenvorderseite ist je eine Weitwinkelkamera eingelassen, die den Raum misst und gleichzeitig die Position des Spielers einschätzt. Das funktionierte bereits beim ausprobierten Prototyp erstaunlich präzise und ohne jegliche Verzögerung in Echtzeit. Einziges Manko in der Theorie: Da die Kamerasensoren nur auf der Front der Brille angeordnet sind, können sie nicht erfassen, was hinter dem Spieler passiert und es entsprechend nicht im Spiel abbilden. Der Algorithmus der Quest arbeitet aber so gut, dass dieses physikalische „Problem“ beim Spielen nicht auffällt. Beeindruckendes Spielerlebnis Die beiden Oculus-Touch-Controller für die linke und rechte Hand komplettieren das Set. Sie sind quasi baugleich mit den Eingabegeräten der Rift und mit diversen Sensoren ausgestattet, die das Stück Plastik in eine virtuelle Hand mit präziser Greiffunktion verwandeln. Wer dann die Brille das erste Mal aufsetzt, den digitalen Schläger in die Hand nimmt und im Wohnzimmer Tennis spielt, erkennt den technischen Fortschritt, den Oculus Quest bringt. Ob legendärer Becker-Hechtsprung, Sprint ans virtuelle Netz oder die geschickte Vorhand für den perfekten Return – die Bewegungsfreiheit in Kombination mit den nicht mehr vorhandenen Kabeln schafft ein völlig neues Spielerlebnis. Sorgen um die Lieblingsvase müssen Sie sich trotzdem nicht machen: Die Spielfläche wird vorher festgelegt, die Begrenzung mit einem Gitternetz angezeigt. Wer soll die Oculus Quest kaufen? Die Frage ist, ob der Mix aus ausgeklügelter High-End-Hardware, gepaart mit Spielen auf Smartphone-Niveau, aufgeht. Fest steht: Spiele soll es haufenweise geben. Zum Start der Oculus Quest sollen über 50 Titel zur Verfügung stehen. VR-Fans dürfen sich auf das besagte Tennisspiel und bereits bekannte Titel wie „ The Climb (verlinkt auf http://www.theclimbgame.com) “ freuen. Auch neue Produktionen wie „ Star Wars – Vader Immortal (verlinkt auf https://www.youtube.com/watch?v=3gqbubA6oqY) “ kommen – eine interaktive VR-Serie rund um Darth Vader, die im Episodenformat erscheint. Die große Frage ist jedoch: Welcher Zocker soll das Gerät kaufen? Hardcore-PC-Zockern dürfte das neue Modell trotz allem zu schwach auf der Brust sein – VR-Highlights wie „Doom VR“ lassen sich hiermit nicht spielen. Konsolen- und Gelegenheitsspieler wiederum wären die perfekte Kundschaft, die dürfte jedoch der hohe Preis abschrecken. Immerhin ist die Oculus Quest teurer als aktuelle Daddelkisten wie PS4 und Xbox One – und auch kostspieliger als die Oculus Rift (ohne PC versteht sich). Es bleibt spannend. Fazit: Mit Oculus Quest geht die Facebook-Tochter einen großen Schritt weiter. Obwohl Bildqualität und Hardware – der Prozessor ist etwas frischer – nahezu identisch mit der Oculus Go sind, ermöglicht die freie Bewegung im Raum nun ein echtes Mittendrin-Gefühl. Hocke, Hechtsprung, Faustschlag – alles geht wie bei dem großen Bruder Oculus Rift ohne zusätzlich in der Wohnung aufgestellte Sensoren. Das ermöglichen die vier Kameras auf der Vorderseite. Klasse: Die zwei mitgelieferten Touch-Controller übertragen die Handbewegungen ohne Verzögerungen ins Spiel. Nur der Preis ist etwas zu hoch. Stärken: angenehmer Tragekomfort durch Haltebänder, Gewicht auch für längere Spielesitzungen okay, hochwertige Verarbeitung, gute Erfassung der Position und der Bewegungen des Spielers, Controller ermöglichen präzises Spielen Schwächen: hoher Preis, keine High-End-Spiele wie auf dem PC Einschätzung: gut Die Oculus Quest erscheint im Frühjahr 2019 zum Preis von 399 Dollar (circa 340 Euro). Genauere Angaben gibt es derzeit noch nicht.
Robert Berg, Manuel Bauer
Bildqualität und Hardware der Oculus Quest sind nahezu identisch mit der Oculus Go. Trotzdem geht der Hersteller Facebook einen großen Schritt weiter. Die VR-Brille macht Nutzer nun wirklich mobil.
Wirtschaft
Webwelt & Technik
2019-01-30T07:28:35Z
2019-01-30T07:28:35Z
Die Oculus Quest ermöglicht ein echtes Mittendrin-Gefühl
https://www.welt.de//wirtschaft/webwelt/article187933114/Oculus-Quest-im-Test-Das-kann-die-VR-Brille-von-Facebook.html
Ukraine News: Klitschko: „Der sechste Tag in der Hölle“
Als Strafmaßnahme gegen den russischen Einmarsch in der Ukraine haben sich die EU-Mitgliedstaaten auf den Ausschluss „einiger russischer Banken“ aus dem internationalen Zahlungssystem Swift geeinigt. Das teilte die französische EU-Ratspräsidentschaft am Dienstagabend mit. Zugleich gaben die 27 Mitgliedstaaten grünes Licht für ein Verbot der russischen Staatsmedien RT und Sputnik in der Europäischen Union. Die Maßnahmen sollen am Mittwoch mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft treten. Die EU hatte in der vergangenen Woche ein erstes Sanktionspaket als Reaktion auf die Anerkennung der pro-russischen Separatistengebiete in der Ostukraine durch Präsident Wladimir Putin verhängt. Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine am Donnerstag kamen weitere Sanktionen hinzu, die sich auch gegen Putin und seinen Außenminister Sergej Lawrow richteten. Zudem einigten sich die Staats- und Regierungschefs der EU darauf, Russlands Zugang zu den Finanzmärkten und zu wichtigen Technologien zu beschränken. Nach langem Zögern insbesondere Deutschlands einigten sich die Verbündeten der Ukraine am Samstag darauf, eine Reihe russischer Banken aus dem Swift-System auszuschließen. Betroffen sind unter anderem die beiden größten russischen Banken Sberbank und VTB. Alle Entwicklungen im Liveticker: >>> Der Liveticker hier ist beendet. Den Liveticker für den 03. März finden Sie hier. <<< (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/ausland/article237268327/Ukraine-News-im-Liveticker-Ukrainer-koennen-Fluchtziel-in-der-EU-frei-aussuchen.html) 22:17 Uhr – Apple verkauft nicht mehr in Russland Der US-Technologie-Riese Apple stoppt wegen des Ukraine-Kriegs bis auf Weiteres den Verkauf seiner Produkte in Russland. Das gab der iPhone-Hersteller in einer von US-Medien verbreiteten Mitteilung bekannt. Westliche Staaten haben wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine massive Sanktionen gegen Russland verhängt. 21:48 Uhr – EU beschließt Ausschluss „einiger russischer Banken“ aus Swift Als Strafmaßnahme gegen den russischen Einmarsch in der Ukraine haben sich die EU-Mitgliedstaaten auf den Ausschluss „einiger russischer Banken“ aus dem internationalen Zahlungssystem Swift geeinigt. Das teilte die französische EU-Ratspräsidentschaft mit. Zugleich gaben die 27 Mitgliedstaaten grünes Licht für ein Verbot der russischen Staatsmedien RT und Sputnik in der Europäischen Union. 20:56 Uhr – IGH tagt zu „Verdacht des Völkermords“ in der Ukraine Der Internationale Gerichtshof (IGH) kommt Anfang nächster Woche in Den Haag zu Anhörungen über mögliche russische Menschenrechtsverbrechen in der Ukraine zusammen. Bei den öffentlichen Sitzungen am Montag und Dienstag gehe es um den „Verdacht des Völkermords“, erklärte das oberste Rechtsorgan der Vereinten Nationen. Die ukrainische Regierung hatte den IGH zuvor angerufen und Russland die Planung eines Völkermords in der Ukraine vorgeworfen. Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), Karim Khan, hatte am Montag bereits angekündigt, nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs „so schnell wie möglich“ eine Untersuchung zur Lage in der Ukraine einzuleiten. Es gebe „ausreichende Hinweise auf mutmaßliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ in der Ukraine seit der Annektion der Krim-Halbinsel durch Russland 2014. Russland zog sich allerdings vom IStGH zurück. Der Strafgerichtshof hätte also nur Zugriff auf Russen, wenn sie in Ländern festgenommen werden, die die Rechtssprechung des IStGH anerkennen. 20:35 Uhr – Bund kauft für 1,5 Milliarden Euro Gas Der Bund hat als Reaktion auf Gasprobleme im Winter und den russischen Angriff auf die Ukraine für 1,5 Milliarden Euro Gas als Reserve für die nächste Zeit gekauft. Regierungskreise bestätigten einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenportals „The Pioneer“. Das Portal berief sich auf ein Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesfinanzministerium, Florian Toncar (FDP). Das Finanzministerium habe grünes Licht für einen entsprechenden Antrag des Wirtschaftsministeriums gegeben. Der Haushaltsausschuss des Bundestages sei nicht wie in vergleichbaren Fällen üblich konsultiert worden. Die erste Lieferung sollte demnach bereits am heutigen Dienstag erfolgen, so die Begründung des Finanzministeriums. Die Zahlungen für das Gas müssten „sehr zeitnah“ geleistet werden. 20:19 Uhr – Großbritannien verhängt Sanktionen gegen Belarus Wegen der Rolle von Belarus im Ukraine-Krieg hat Großbritannien Sanktionen gegen mehrere Personen und Organisationen des Landes verhängt. Der Chef des belarussischen Generalstabs sowie drei weitere hochrangige Vertreter der Militärführung und zwei militärische Unternehmen seien mit Sanktionen belegt worden, wie das britische Außenministerium mitteilte. „Das Lukaschenko-Regime unterstützt und fördert Russlands illegale Invasion aktiv und wird die wirtschaftlichen Folgen seiner Unterstützung für Putin zu spüren bekommen“, sagte die britische Außenministerin Liz Truss einer Mitteilung zufolge. Die Betroffenen können ab sofort nicht mehr nach Großbritannien reisen und mögliches Vermögen im Land wird eingefroren. Zudem hat Großbritannien der Ukraine weitere finanzielle Hilfe in Höhe von 80 Millionen Pfund versprochen. Das Geld sei zur Bewältigung der humanitären Krise gedacht, teilt die Regierung in London mit. Damit hat Großbritannien die Ukraine bislang insgesamt mit 220 Millionen Pfund unterstützt. 20:10 Uhr – Umfrage: Deutsche Rüstungskonzerne wollen Produktion hochfahren Die führenden deutschen Rüstungskonzerne sind angesichts der von der Bundesregierung geplanten zusätzlichen Milliardenausgaben einem Medienbericht zufolge für die Bundeswehr bereit, ihre Produktion kurzfristig zu erhöhen und auch auf Dauer zu erweitern. Dazu soll die Umstellung auf Mehrschichtbetrieb ebenso wie neue Kooperationen mit externen Partnern beitragen, wie aus einer aktuellen Umfrage der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ unter den großen deutschen Herstellern Airbus, Rheinmetall, KMW, Thyssen-Krupp Marine Systems, Hensoldt sowie Heckler & Koch hervorgeht. 19:55 Uhr – „Sie kommen nicht nach Kiew, denn Sie haben Angst“ – Ukrainische Aktivistin attackiert Johnson Eine ukrainische Aktivistin hat mit einem aufsehenerregenden Auftritt bei einer Pressekonferenz in Warschau den britischen Premierminister Boris Johnson in Bedrängnis gebracht. Die vor einigen Tagen aus ihrer Heimat nach Polen geflohene Daria Kaleniuk warf Johnson und der Nato vor, aus Angst vor einer weiteren Eskalation mit Russland keine Flugverbotszone über der Ukraine einrichten zu wollen. „Die Nato will nicht einschreiten, denn die Nato hat Angst vor dem Dritten Weltkrieg, aber der hat schon begonnen und es sind ukrainische Kinder, die getroffen werden“, sagte Kaleniuk unter Tränen und kritisierte die bisherigen britischen Sanktionen gegen russische Oligarchen als nicht konsequent genug. „Sie kommen nach Polen, Sie kommen nicht nach Kiew, denn Sie haben Angst“, warf die Chefin einer Anti-Korruptions-Organisation Johnson vor. Über rund zwei Minuten hinweg blickte der Premier die Ukrainerin betreten an und nickte ihr fast durchweg zustimmend zu. Er sei froh, dass sie es nach Warschau geschafft habe und ihre Frage stellen könne, sagte Johnson schließlich – und gab zu, Großbritannien könne der Ukraine nicht so helfen, wie sie es sich vorstelle. Mit einer Flugverbotszone müsse die Nato russische Flugzeuge abschießen und sich in den direkten Kampf begeben. „Das können wir nicht tun“, sagte er. „Die Konsequenzen daraus wären sehr, sehr schwierig zu kontrollieren.“ 19:48 Uhr – Russische Behörden sperren zwei unabhängige Medien Die russischen Behörden haben zwei unabhängige Medien wegen ihrer Berichterstattung über den russischen Einmarsch in der Ukraine gesperrt. Wie russische Nachrichtenagenturen berichteten, wies der Generalstaatsanwalt die russische Medienaufsicht an, den Zugang zum Fernsehsender Doschd sowie zum Radiosender „Moskauer Echo“ zu blockieren. Als Grund gab er demnach an, die beiden Sender verbreiteten „absichtlich falsche Informationen“ über den russischen Einmarsch. Doschd bestätigt auf Twitter den Schritt der Generalstaatsanwaltschaft. Der Chefredakteur von „Moskauer Echo“, Alexej Wenediktow, erklärte im Messengerdienst Telegram, der Sendebetrieb sei eingestellt worden. Die Websites beider Medien konnten am Abend in Russland nicht aufgerufen werden. 19:42 Uhr – Ukraine: Russische Truppen dringen in Stadt Cherson ein Russische Truppen sind nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums in die südliche Stadt Cherson vorgedrungen. Allerdings kontrolliere die Ukraine noch das Gebäude der Stadtverwaltung, sagt Ministeriumsberater Wadym Denysenko. 19:42 Uhr – BMW stellt Export nach Russland ein BMW kündigt einen Export-Stopp nach Russland an und will dort auch die Fertigung einstellen. In einer Erklärung verweist der deutsche Autobauer auf die geopolitische Lage. 19:17 Uhr – UN-Generalsekretär verurteilt Einsatz schwerer Waffen UN-Chef António Guterres hat den russischen Einsatz schwerer Waffen in der Ukraine verurteilt. „Der Generalsekretär ist sehr besorgt über den Einsatz schwerer Waffen gegen urbane Zentren in der Ukraine. Diese Waffen können verheerende Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung haben“, sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric. Dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zufolge seien bei dem Angriffskrieg Moskaus gegen die Ukraine bislang mindestens 136 Zivilisten getötet worden. Dujarric sagte jedoch, dass es wahrscheinlich eine hohe Dunkelziffer gebe. 19:14 – Uhr Russland hält Manöver mit Atom-U-Booten und Raketenwerfern ab Russische Atom-U-Boote sind zu Manövern in der Barentssee in der Arktis ausgelaufen, in Sibirien übten die Strategischen Raketenstreitkräfte mit mobilen Raketenwerfern – zwei Tage, nachdem Präsident Wladimir Putin vor dem Hintergrund des Ukraine-Konflikts erhöhte Alarmbereitschaft für die Atomstreitkräfte befohlen hatte. Die russische Nordmeerflotte erklärte, mehrere ihrer Atom-U-Boote seien an Übungen beteiligt, bei denen das Verhalten unter Sturmbedingungen geprobt werden solle. Kriegsschiffe, die die russische Halbinsel Kola und deren Marinestützpunkte schützen sollen, würden sich den Manövern anschließen. In der Region Irkutsk im Osten Sibiriens hätten Einheiten der Strategischen Raketenstreitkräfte Raketenwerfer für ballistische Interkontinentalraketen in Wäldern verteilt, um eine unauffällige Stationierung zu üben, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau. Ob die Manöver mit Putins Befehl vom Sonntag zu tun hatten, teilte das Militär nicht mit. 19:04 Uhr – Selenskyj: Feuerpause in Städten Bedingung für Verhandlungen mit Russland Die Ukraine macht eine Feuerpause zumindest in den Städten zur Bedingung für Verhandlungen mit Russland. Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, Russland müsse die Bombardierung ukrainischer Städte einstellen, bevor sinnvolle Gespräche über einen Waffenstillstand beginnen könnten. Die erste Verhandlungsrunde in dieser Woche habe kaum Fortschritte gebracht. Nach einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Tass soll es an diesem Mittwoch eine zweite Gesprächs-Runde geben. „Es ist notwendig, zumindest die Bombardierung von Menschen einzustellen, einfach die Bombardierung zu beenden und sich dann an den Verhandlungstisch zu setzen“, sagte Selenskyj. 18:59 Uhr – Mexiko schließt Sanktionen gegen Russland aus Mexiko will für den Angriff auf die Ukraine keine Sanktionen gegen Russland erheben. „Wir werden keine wirtschaftlichen Vergeltungsmaßnahmen ergreifen, weil wir gute Beziehungen zu allen Regierungen der Welt unterhalten wollen“, sagte Mexikos populistischer Präsident Andrés Manuel López Obrador in seiner täglichen Pressekonferenz. Seine Regierung hat die Invasion in die Ukraine verurteilt, sich bisher mit deutlicher Kritik an Russland jedoch zurückgehalten. Der linksgerichtete Natnalist López Obrador, der die Medien im eigenen Land immer wieder verbal angreift, sprach sich zudem gegen Verbote und Einschränkungen russischer Staatsmedien aus. 18:40 Uhr – Kanada schließt Häfen für russische Schiffe Kanadas Verkehrsminister Omar Alghabra hat eine Schließung der Häfen für Schiffe angekündigt, die einen russischen Besitzer haben. Dies werde im Laufe der Woche geschehen. 18:40 Uhr – Filmfestspiele Cannes schließen russische Delegationen aus Die Internationalen Filmfestspiele von Cannes schließen die russischen Delegationen vorerst von der Teilnahme im Mai aus. Dies gelte, solange der Angriff Russlands nicht unter Bedingungen eingestellt werde, die das ukrainische Volk zufrieden stellten, teilte die Festivalleitung mit. Das treffe auch für Einrichtungen zu, die mit der russischen Regierung in Verbindung stehen. 18:25 Uhr – Habeck: Weitere Sanktionen gegen Russland denkbar Als Reaktion auf den russischen Einmarsch in die Ukraine sind nach den Worten von Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) weitere westliche Sanktionen denkbar. „Es ist auch möglich, weitere Maßnahmen zu identifizieren“, sagte der Wirtschafts- und Klimaschutzminister in Washington nach Treffen mit US-Finanzministerin Janet Yellen und der Handelsbeauftragten Katherine Tai. „Auch darüber sprach ich mit der Finanzministerin.“ Schon die bisherigen Sanktionen würden die russische Wirtschaft mittelfristig hart treffen. „Die Finanzministerien und die jeweilige Regierung prüfen, inwieweit weitere Aktionen im Finanzsektor möglich und zumutbar sind“, sagte Habeck. Die Strafmaßnahmen müssten aber so gestaltet werden, dass sie längerfristig tragbar seien. „Wir müssen nur eben immer aufpassen, dass wir keine Sanktionen erlassen, die wir selber nicht durchhalten können, die die globale Wirtschaft so schädigen können, dass wir selber dann nach drei Tagen sagen müssen: Oh, da haben wir vielleicht das Gute gemeint, aber mit dem Hintern eingerissen, was wir mit den Händen aufgebaut haben.“ 18:18 Uhr – Nato-Außenminister beraten in Dringlichkeitssitzung über Ukraine Die Nato hat für Freitag eine Dringlichkeitssitzung der Außenminister aller Mitgliedstaaten einberufen. Bei dem Treffen in Brüssel werden die Minister Diplomatenangaben zufolge über die Situation in der Ukraine seit Beginn des russischen Einmarsches beraten. Zudem soll es um die Verstärkung der Verteidigung an der Ostflanke gehen, wie es weiter hieß. 18:13 Uhr – IEA will strategische Rohölreserven teilweise freigeben Die Internationale Energieagentur (IEA) will mit der Freigabe von Rohölreserven die Folgen des Krieges von Russland gegen die Ukraine an den Märkten abmildern. Insgesamt werden die 31 Mitgliedsländer der Agentur 60 Millionen Barrel Rohöl freigeben, wie es in einer Mitteilung heißt. So sollen Angebotsengpässe in Folge des Krieges abgemildert werden. Die Ölpreise hatten zuletzt deutlich zugelegt. Die Minister der IEA-Mitglieder zeigten sich bei einem außerordentlichen Treffen besorgt über die Auswirkungen der „ungeheuerlichen Aktionen“ Russlands auf die Energiesicherheit. Man unterstütze die Sanktionen der internationalen Gemeinschaft gegen Russland. Die IEA-Mitglieder verfügen den Angaben nach über Notfallreserven in Höhe von 1,5 Milliarden Barrel. 18:05 Uhr – Kiews Bürgermeister Klitschko: „Der sechste Tag in der Hölle“ Der Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew, Vitali Klitschko, hat im Interview mit der in Bielefeld erscheinenden Neuen Westfälischen ein dramatisches Bild von der aktuellen Situation in Kiew gezeichnet. „Heute durchleben die Kiewer und die ganze Ukraine den sechsten Tag der Hölle“, sagte Klitschko. Vier Millionen Bürgerinnen und Bürger der Stadt versuchten derzeit mit allen Mitteln, „die russische Aggression vor den Türen unserer Häuser zu stoppen“, damit sie nicht weitergehe. „In Kiew schlagen Raketen in mehrstöckige Häuser ein“, beschreibt Klitschko die aktuelle Situation und zeigt sich fassungslos. „Stellen Sie sich eine friedliche, mehr als 1500 Jahre alte Stadt vor, die im 21. Jahrhundert von Raketen und Bomben getroffen wird.“ Klitschko appelliert: „Unsere Kinder, Frauen, Alten gehen durch die Hölle. Wir brauchen Ihre Hilfe. Sofort.“ Es gehe um das Überleben vieler Bürgerinnen und Bürger, nicht nur in Kiew, sondern in der gesamten Ukraine, betont Klitschko. 17:54 Uhr – Putin nennt Bedingungen für Beendigung des Konflikts um die Ukraine Russlands Präsident Wladimir Putin hat seine Bedingungen für eine Beendigung der „Militär-Operation“ in der Ukraine nach Kremlangaben bekräftigt. Die Regierung in Kiew müsse die „Volksrepubliken“ Luhansk und Donezk sowie Russlands Souveränität über die Schwarzmeer-Halbinsel Krim anerkennen, teilte der Kreml mit. Zudem müsse die Ukraine entmilitarisiert und in einen neutralen Status überführt werden, hieß es in der Mitteilung zu einem Telefonat Putins mit Venezuelas Präsident Nicolás Maduro. Es war die erste Äußerung dieser Art, nachdem am Montag Vertreter der Ukraine und Russlands in Belarus über eine Beendigung des Krieges verhandelt hatten. Ergebnisse waren nach dem Treffen zunächst nicht mitgeteilt worden. Verpflichten müsse sich die Ukraine dem Kreml zufolge auch, künftig weiter auf Atomwaffen zu verzichten. Putin hatte zuvor gefordert, dass die Ukraine nicht Mitglied der Nato werden dürfe. Die ostukrainischen Regionen Luhansk und Donezk hat er als unabhängige Staaten anerkannt. 17:54 Uhr – Leichtathletik-Weltverband schließt Russen und Belarussen von Wettbewerben aus Als Reaktion auf den russischen Krieg gegen die Ukraine schließt der Leichtathletik-Weltverband World Athletics (WA) russische und belarussische Sportler von allen Wettbewerben aus. Dies gelte für „alle Athleten, Betreuer und Offiziellen für absehbare Zeit, mit sofortiger Wirkung“, teilte der Verband mit. „Der Sport muss aufstehen“ und sich den internationalen „Anstrengungen anschließen, diesen Krieg zu beenden und den Frieden wieder herzustellen“, sagte Verbandspräsident Sebastian Coe. Auch bei internationalen Triathlon-Wettbewerben sind Russen und Belarussen wegen der Invasion Russlands in die Ukraine nicht mehr startberechtigt. Eine entsprechende Entscheidung traf das Exekutivkomitee des Weltverbandes World Triathlon. Es folgte der Empfehlung des Internationalen Olympischen Komitees vom Vortag. 17:43 Uhr – EU-Parlament fordert für die Ukraine Status als EU-Beitrittskandidat Das EU-Parlament hat nach einer Sondersitzung in Brüssel für die Ukraine den Status als EU-Beitrittskandidat gefordert. In der nicht bindenden Entschließung forderten die Abgeordneten von den europäischen Institutionen, „darauf hinzuarbeiten, dass dem Land der Status eines EU-Beitrittskandidaten zuerkannt wird“. Bis dies geschehen sei, solle weiter auf die „Integration der Ukraine in den Unionsbinnenmarkt“ hingearbeitet werden. Angesichts des Kriegs in der Ukraine hatten die Europaabgeordneten eine Sondersitzung einberufen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schaltete per Video dazu und forderte von der EU eine „gleichberechtigte“ Mitgliedschaft seines Landes. „Wir kämpfen um unser Überleben, und das ist die höchste Motivation. Aber wir wollen auch gleichberechtigte Mitglieder in Europa sein“, sagte Selenskyj. Um der Ukraine den Status als Beitrittskandidat zuzubilligen, wäre ein einstimmiger Beschluss der 27 Mitgliedstaaten nötig. EU-Ratspräsident Charles Michel sprach vor den Parlamentariern von einem „symbolischen und legitimen Antrag“ der Ukraine. Er sagte jedoch auch, dass dies „ein schwieriges Thema“ sei. Bereits am Montag hatte Michel darauf verwiesen, dass es unter den EU-Staaten nicht die nötige Einstimmigkeit für die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen gebe. 17:30 Uhr – Axel Springer fördert Journalismus in der Ukraine mit 500.000 Euro Der Axel Springer Verlag (zu dem auch WELT gehört) unterstützt freie Medien in der Ukraine mit 500.000 Euro, die der Arbeit von in der Ukraine beheimateten Medien und deren Recherchen zugutekommen sollen. Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE, sagte dazu: „Ukrainische Journalisten arbeiten derzeit unter härtesten Bedingungen und riskieren dabei häufig genug ihr Leben. Mit Geld- und Sachspenden wollen wir einen Beitrag leisten, dass sie ihre wichtige Arbeit fortsetzen und ausbauen können.“ Die Spendengelder gehen unter anderem an die ukrainische NGO Media Development Foundation, die Crowdfunding-Organisation The Fix Media sowie das Nachrichtenportal The Kyiv Independent. 17:24 Uhr – Scholz telefoniert mit Selenskyj – Angriff aufs Schärfste verurteilt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den russischen Angriff auf die Ukraine in einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj erneut aufs Schärfste verurteilt. Selenskyj habe Scholz über die anhaltenden russischen Angriffe auf die Ukraine informiert, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin mit. Der Bundeskanzler habe den ukrainischen Präsidenten über den Stand der deutschen Unterstützung und die zahlreichen Solidaritätsbekundungen in Deutschland unterrichtet. Selenskyj habe sich für die deutsche und europäische Solidarität in der schwierigen Lage für sein Land bedankt. 17:19 Uhr – Selenskyj: Ende von Bombardierungen vor Gesprächen mit Russland Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj macht ein Ende der Bombardierung seines Landes zur Bedingung für „sinnvolle“ Gespräche mit Russland über einen Waffenstillstand. Zudem fordert er die Nato auf, eine Flugverbotszone über der Ukraine einzurichten, um russische Luftangriffe zu verhindern. Dies sei als präventive Maßnahme gedacht und habe nicht zum Ziel, die Allianz in einen Krieg mit Russland zu ziehen. 17:08 Uhr – Linke-Politikerin Wagenknecht plädiert für Angebot an Putin Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht plädiert im Krieg Russlands gegen die Ukraine dafür, der russischen Führung auf diplomatischem Wege ein Angebot zu machen. „Ein Ende des Blutvergießens kann nur erreicht werden, indem man der russischen Führung ein Angebot macht“, sagte Wagenknecht der Deutschen Presse-Agentur. Die „Umrisse eines solchen Angebots“ seien dabei klar: „Ein sofortiger Waffenstillstand, Rückzug der russischen Truppen, die Anerkennung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine, aber im Gegenzug die Zusicherung des Westens, künftig darauf zu verzichten, die ukrainischen Streitkräfte weiter in die militärischen Strukturen der Nato zu integrieren“, erklärte die Linken-Abgeordnete. Letzteres bedeute nicht nur die Garantie, dass die Ukraine nicht der Nato beitreten werde, sondern auch der Verzicht darauf, jegliche Nato-Truppen oder entsprechendes militärisches Gerät in dem Land zu stationieren. Die russische Seite könne zu einem solchen Angebot „schwer Nein sagen“ und Präsident Wladimir Putin käme so sehr unter Druck, „dass er diesen Krieg möglicherweise nicht mehr weiterführen könnte“, sagte Wagenknecht. 17:03 Uhr – Russische Urlauber wegen Flug-Sanktionen im Ausland gestrandet Wegen der Sanktionen der EU gegen russische Luftfahrtunternehmen stecken weltweit Tausende russische Urlauber fest. Tourismusbehörden in Bulgarien sprechen von Hunderten Ski-Fahrern allein dort, denen nur die Möglichkeit bleibe, aus dem EU- und Nato-Staat über die Türkei oder Serbien nach Hause zurückzukehren. Der russische Tourismusverband erklärte, bis zu 18.000 russische Urlauber seien in der Karibik gestrandet, darunter 8000 allein auf Kuba. 16:56 Uhr – Selenskyj ruft Botschafter aus Georgien und Kirgistan zurück Die Ukraine zieht wegen offizieller Reaktionen auf den Angriff Russlands ihre Botschafter aus Kirgistan und Georgien ab. Im Fall von Georgien begründete Präsident Wolodymyr Selenskyj den Schritt damit, dass die Regierung in Tiflis internationale Sanktionen gegen Russland nicht unterstützt und freiwilligen Kämpfern die Ausreise in die Ukraine versagt habe. Kirgistans Staatsspitze warf er vor, Russlands Einmarsch „gerechtfertigt“ zu haben. Nach Angaben eines Kommandeurs einer georgischen Einheit, die mit der ukrainischen Armee kämpft, wollten 200 georgische Freiwillige am Montag in die Ukraine ausreisen. „Die georgische Regierung hat dem von der ukrainischen Botschaft organisierten Charterflugzeug nicht erlaubt, in Tiflis zu landen“, sagte Mamuka Mamulaschwili. Es werde nun nach einer anderen Möglichkeit gesucht. Nach Mamulaschwilis Angaben kämpfen bislang rund hundert ehemalige georgische Soldaten in der Ukraine. 16:48 Uhr – Kiew: Fünf Tote nach Beschuss des Fernsehturms Bei dem russischen Angriff auf den Fernsehturm von Kiew sind nach ukrainischen Angaben fünf Menschen getötet worden. Fünf weitere Menschen seien bei dem Angriff am Dienstag verletzt worden, teilte der Katastrophenschutz mit. Durch den Angriff wurde die Ausstrahlung der Fernsehprogramme unterbrochen. Die Struktur des im Zentrum von Kiew stehenden Fernsehturms sei aber intakt geblieben. Über dem Stadtviertel sei Rauch aufgestiegen und Ausrüstung für den Fernsehturm sei beschädigt worden, teilte das Ministerium weiter mit. Kurz vor dem Beschuss des Fernsehturms hatte das russische Militär Angriffe auf Gebäude der ukrainischen Sicherheitsdienste in Kiew angekündigt. Diese sollten mit Präzisionswaffen erfolgen, um Cyberangriffe auf Russland zu stoppen, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. 16:27 Uhr – China „bedauert“ Ukraine-Krieg und fordert Verhandlungslösung China hat der Ukraine sein Bedauern wegen des Krieges im Land ausgesprochen. Die Regierung in Peking „bedauert zutiefst, dass der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland ausgebrochen ist“, sagte Außenminister Wang Yi zu seinem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba laut dem staatlichen Fernsehsender CCTV in einem Telefonat. Besonders das Leid der Zivilbevölkerung habe Chinas „größte Aufmerksamkeit“. „China unterstützt alle konstruktiven internationalen Bemühungen, die einer politischen Lösung dienlich sind“, sagte Wang demnach weiter. Kuleba habe wiederum gesagt, die Ukraine würde es begrüßen, wenn China „Vermittlungen aufnehmen würde, um einen Waffenstillstand zu erreichen“, berichtete CCTV. Das Gespräch habe auf Anfrage Kiews hin stattgefunden. 16:21 Uhr – Fridays for Future demonstriert am Donnerstag weltweit gegen Krieg in Ukraine Ausnahmsweise bereits an diesem Donnerstag will die Klimaschutzbewegung Fridays for Future weltweit gegen den russischen Krieg gegen die Ukraine demonstrieren. Wie der deutsche Ableger des globalen Netzwerks mitteilte, wollen die Aktivisten am 3. März auf der ganzen Welt einem entsprechenden Aufruf der ukrainischen Fridays-for-Future-Bewegung folgen. In Deutschland sind demnach etwa Proteste in den Großstädten Berlin, Hamburg und München geplant. Üblicherweise sind großangelegte sogenannte Klimastreiks an Freitagen das Markenzeichen der meist von jungen Menschen getragenen weltweiten Bewegung, was ihr auch den Namen gab. Eigentlich war der nächste globale Streik für den 25. März geplant. Wegen der „Dringlichkeit der Lage“ seien die Demonstrationen nun auf Bitten der ukrainischen Vertreter vorverlegt worden, teilte Fridays for Future mit. Fridays for Future verwies in dem Aufruf unter anderem auch auf eine Verbindung zwischen fossilen Energieträgern und Kriegen. Zahlreiche Autokraten wie Russlands Präsident Wladimir Putin könnten „die von ihnen geführten brutalen Kriege nur durch den Export von Kohle, Öl und Gas finanzieren“, hieß es in der Erklärung. Ein entschlossener Umstieg auf erneuerbare Energie sei daher „eine der vielen Antworten auf den Krieg“. Klimagerechtigkeit und Frieden seien nicht zu trennen. 16:13 Uhr – G-7-Gruppe strebt maximalen Schaden für Russlands Wirtschaft an Die großen westlichen Industriestaaten wollen der russischen Wirtschaft mit den Sanktionen infolge des Ukraine-Einmarsches den größtmöglichen Schaden zufügen. „Wir konzentrieren uns auf die Maximierung des Schadens für die russische Wirtschaft, die Unterstützer von Wladimir Putin und die russischen Kapitalmärkte“, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) nach Beratungen mit seinen Kollegen aus der G-7-Gruppe in Berlin. Die Strafmaßnahmen zeigten bereits Wirkung. „Der Rubel ist in freiem Fall, die Kriegskasse von Wladimir Putin ist empfindlich getroffen“, sagte Lindner. „Bei allen Maßnahmen wollen wir Einfluss nehmen auf die Fähigkeit Russlands, diesen Krieg zu führen.“ Der Minister mahnte Durchhaltevermögen an: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Spannung länger anhält“, sagte er. Die G7 seien grundsätzlich auch für weitere Sanktionen offen: Ziel sei es, Russland politisch, wirtschaftlich und finanziell weiter zu isolieren. 16:08 Uhr – Baerbock appelliert an Weltgemeinschaft: Heraushalten keine Option Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat vor ihrem für den späten Abend geplanten Auftritt bei den Vereinten Nationen für eine breite Verurteilung des russischen Angriffs auf die Ukraine geworben. „Wenn es um Krieg und Frieden geht, ist Heraushalten keine Option. Die Welt wird sich noch lange daran erinnern, wo wir heute gestanden haben“, sagte sie nach Angaben des Auswärtigen Amtes bei ihrer Abreise nach New York. Möglichst viele Staaten der Welt müssten „Farbe bekennen: Für den Frieden und das Recht.“ Die Weltgemeinschaft stehe in New York vor der Wahl: „Schließen wir die Augen vor der Aggression gegen die Ukraine oder sehen wir der Realität ins Auge, dass mit den Attacken auf Kiew, Cherson und Charkiw wir alle angegriffen werden?“ Sie ergänzte: „Soll es wieder Normalität werden, dass der Starke über den Schwächeren herfällt, und der Rest der Welt nimmt es hin?“ 16:04 Uhr – Bundesregierung an Deutsche in Russland: Erwägen Sie eine Ausreise Die Bundesregierung hat deutschen Staatsbürgern angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine geraten, über eine Ausreise aus Russland nachzudenken. „Wenn Sie sich derzeit in der Russischen Föderation aufhalten, prüfen Sie, ob Ihre Anwesenheit zwingend erforderlich ist. Falls nicht, erwägen Sie eine Ausreise“, schrieb das Auswärtige Amt in seinen überarbeiteten Reise- und Sicherheitshinweisen (verlinkt auf https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/russischefoederation-node/russischefoederationsicherheit/201536) . Von Reisen in die Russische Föderation wird abgeraten, vor Reisen nach Südrussland in die Grenzregionen zur Ukraine wird sogar gewarnt. Das Außenministerium rät zudem: „Überprüfen Sie Ihre Reisepläne und verschieben Sie ggf. nicht notwendige Reisen.“ Der Flugverkehr zwischen Russland und europäischen Ländern sei durch Luftraumsperrungen eingeschränkt. Fluggesellschaften hätten ihren Flugbetrieb eingestellt und für den deutschen Luftraum bestehe ein Einflugverbot für russische Luftfahrzeuge. Zudem sei es „möglich, dass weitere Flugverbindungen kurzfristig ausgesetzt werden“. Deutsche Staatsbürger werden aufgerufen, sich über noch bestehende Flugverbindungen auf den Webseiten der Fluggesellschaften oder im Reisebüro zu informieren. 15:55 Uhr – Rechtspopulistin Le Pen vernichtet Wahlkampfbroschüren mit Putin-Foto Die rechtspopulistische französische Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen lässt Wahlbroschüren vernichten, in denen sie an der Seite des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu sehen ist. Offiziell sei ein Rechtschreibfehler der Grund, berichtete die Zeitung „Libération“. Dieser Fehler sei allerdings nicht zu finden gewesen. Wahrscheinlich sei eher das unter den aktuellen Umständen besonders peinliche Foto mit Putin der Auslöser gewesen. Le Pen war vier Wochen vor der Präsidentschaftswahl 2017 von Putin in Moskau empfangen worden. Putin stehe für „eine neue multipolare Vision der Welt“, sagte Le Pen damals. Mit Blick auf die Ukraine teile sie die Ansicht Putins. „Die Krim gehörte niemals zur Ukraine“, hatte Le Pen in einem Interview mit einer russischen Zeitung gesagt. 15:48 Uhr – Rotes Kreuz schickt Hilfstransport für Ukrainer nach Polen Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hat einen ersten großen Hilfstransport für Geflüchtete aus der Ukraine nach Polen geschickt. Die insgesamt 88 Tonnen Hilfsgüter starteten vom brandenburgischen Schönefeld aus und wurden am Mittwoch in Lublin im Osten Polens erwartet, wie das DRK mitteilte. Die Nothilfe umfasst 3280 Feldbetten, 4680 Isomatten und mehr als 750 Hygienepakete, die jeweils für die Versorgung eines fünfköpfigen Haushalts für einen Monat ausgelegt sind. Von Lublin aus sollen die Hilfsgüter dann sowohl an die betroffene Bevölkerung in der Ukraine als auch an Geflüchtete in Polen verteilt werden. „Die Fluchtbewegungen aus der Ukraine lassen die Auswirkungen des bewaffneten Konflikts in der Wahrnehmung vieler immer näher rücken“, erklärte DRK-Generalsekretär Christian Reuter. „Darüber dürfen wir bei unseren humanitären Anstrengungen jedoch keinesfalls die Menschen vergessen, die im Land bleiben.“ 15:44 Uhr – Frankreich unterstützt Ukraine mit 300 Mio Euro Wirtschaftshilfe Frankreich will nach den Worten von Premierminister Jean Castex die ukrainische Wirtschaft mit 300 Millionen Euro Soforthilfe unterstützen. Die aktuelle Krise werde noch lange andauern und habe große Konsequenzen für Europas Zukunft. Zudem kündigt der Regierungschef im Parlament an, dass Frankreich die heimischen Firmen und Verbraucher unterstütze, die von den Folgen der Sanktionen gegen Russland betroffen seien. 15:36 Uhr – Berlin hält an Städtepartnerschaft mit Moskau fest Der Berliner Senat will an der Städtepartnerschaft mit der russischen Hauptstadt Moskau festhalten. „Dieser Krieg ist Putins Krieg. Es ist nicht der Krieg der russischen Bevölkerung, es ist nicht der Krieg der Moskauer Bevölkerung“, sagte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) nach einer Sitzung des Senats, der über dieses Thema beriet. Sie würde es für das genau falsche Signal halten, die Partnerschaft mit Moskau jetzt auszusetzen, sagte Giffey und wies auf die Demonstranten hin, die in Moskau gegen den Angriff auf die Ukraine protestierten. „Wir hoffen, dass wir in eine Situation kommen, in der dieser Krieg endet und in der man es auch wieder schaffen muss, dass Menschen zueinander finden“, sagte Giffey. „Und ich glaube, dass das gerade über die Städtediplomatie, über die Verbindung der Menschen in den Städten gelingen kann. Und deshalb werden wir diese Verbindung nicht abbrechen.“ Die SPD-Politikerin widersprach damit Forderungen aus der Opposition. Der CDU-Fraktions- und Landesvorsitzende Kai Wegner hatte verlangt, die Städtepartnerschaft auszusetzen und stattdessen den Kontakt zur Moskauer Zivilgesellschaft zu intensivieren. 15:27 Uhr – UNHCR: Etwa 660.000 Menschen aus der Ukraine geflüchtet Etwa 660.000 Menschen sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) seit Beginn der russischen Invasion in die Ukraine aus dem Land geflüchtet. Einen Tag zuvor war diese Zahl noch mit mehr als 500.000 angegeben worden. Eine Sprecherin des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen, Shabia Mantoo, erklärte in Genf, dass es bei diesem Tempo danach aussehe, dass sich die Situation zu Europas größter Flüchtlingskrise dieses Jahrhunderts ausweite. Sie erklärte, das Flüchtlingshilfswerk fordere Regierungen auf, allen Flüchtenden weiter Zugang zu gewähren, einschließlich in der Ukraine lebenden Bürgern von Drittstaaten, die gezwungen seien, der Gewalt zu entkommen. Sie fügte hinzu: „Wir betonen, dass keine Person oder Gruppe diskriminiert werden darf.“ 15:18 Uhr – Ukraine bittet Deutschland um Hilfe in der Luft Die Ukraine bittet Deutschland um Hilfe bei der Sicherung ihres Luftraums. Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärt, er habe Bundeskanzler Olaf Scholz in einem Telefonat darum ersucht. Eine Flugverbotszone sei notwendig, um die russischen Angriffe aus der Luft auf zivile Ziele zu unterbinden. 15:14 Uhr – Mehr als zwei Minuten betretenes Schweigen: Johnson in Bedrängnis Eine ukrainische Aktivistin hat mit einem aufsehenerregenden Auftritt bei einer Pressekonferenz den britischen Premierminister Boris Johnson in Bedrängnis gebracht. Die vor einigen Tagen aus ihrer Heimat nach Polen geflohene Daria Kaleniuk warf Johnson und der Nato vor, aus Angst vor einer weiteren Eskalation mit Russland keine Flugverbotszone über der Ukraine einrichten zu wollen. „Die Nato will nicht einschreiten, denn die Nato hat Angst vor dem Dritten Weltkrieg, aber der hat schon begonnen und es sind ukrainische Kinder, die getroffen werden“, sagte Kaleniuk unter Tränen und kritisierte die bisherigen britischen Sanktionen gegen russische Oligarchen als nicht konsequent genug. „Sie kommen nach Polen, Sie kommen nicht nach Kiew, denn Sie haben Angst“, sagte Kaleniuk, warf die Chefin einer Anti-Korruptions-Organisation Johnson vor. Über rund zwei Minuten hinweg blickte der Premier die Ukrainerin betreten an und nickte ihr fast durchweg zustimmend zu. Er sei froh, dass sie es nach Warschau geschafft habe und ihre Frage stellen könne, sagte Johnson schließlich – und gab zu, Großbritannien könne der Ukraine nicht so helfen, wie sie es sich vorstelle. Mit einer Flugverbotszone müsse die Nato russische Flugzeuge abschießen und sich in den direkten Kampf begeben. „Das können wir nicht tun“, sagte er. „Die Konsequenzen daraus wären sehr, sehr schwierig zu kontrollieren.“ 15:14 Uhr – China ruft beide Seiten zu Lösung durch Verhandlungen auf China ruft Staatsmedien zufolge Russland und die Ukraine auf, eine Lösung des Konflikts durch Verhandlungen zu erreichen. Absolute Priorität sei nun, zu verhindern, dass die Lage eskaliere oder sogar außer Kontrolle gerate, zitieren die Medien Chinas Diplomaten Wang Yi nach einem Telefonat mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba. Wang Yi fordere die Ukraine auf, Verantwortung für die Sicherheit der chinesischen Bürger in der Ukraine zu übernehmen. 15:13 Uhr – Krieg in der Ukraine setzt dem Dax erneut zu Am deutschen Aktienmarkt hat der Dax vor dem Hintergrund verschärfter russischer Angriffe auf die Ukraine am Dienstag erneut deutlich nachgegeben. Bis zum Nachmittag fiel der Leitindex wieder in Richtung der 14 000-Punkte-Marke. Den Dax belasteten auch hohe Kursverluste bisheriger Corona-Profiteure wie Zalando und Hellofresh. Am Morgen noch mit moderaten Abschlägen gestartet, gab das deutsche Börsenbarometer zuletzt um 1,92 Prozent auf 14 185,06 Punkte nach. Der MDax, das Kursbarometer der mittelgroßen Werte, verlor am Nachmittag 1,07 Prozent auf 31 532,61 Zähler. Auf europäischer Bühne gab der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 1,91 Prozent auf 3849,23 Punkte nach. 15:06 Uhr – Russische Streitkräfte melden Einnahme von wichtigem Küstengebiet in Südukraine Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben aus Moskau ein wichtiges Küstengebiet im Südosten der Ukraine eingenommen. Die Armee habe „die Kontrolle über die Regionen der Ukraine entlang der Küste des Asowschen Meeres übernommen“, erklärte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Dienstag. Aus der annektierten Krim-Halbinsel die Küste entlang vorrückende Streitkräfte seien bis zu den Truppen der pro-russischen Separatisten aus Donezk vorgestoßen. Die Angaben waren nicht unmittelbar überprüfbar. Die ukrainische Armee hatte noch kurz zuvor vermeldet, sie habe diesen Truppenzusammenschluss verhindern können. 15:05 Uhr – Adidas rüstet russisches Nationalteam nicht mehr aus Adidas rüstet die russischen Fußball-Nationalmannschaften nicht mehr aus. Der Sportartikelkonzern setze seine seit 2008 laufende Partnerschaft mit dem Russischen Fußballverband mit sofortiger Wirkung aus, sagt eine Sprecherin. Der 2018 verlängerte Ausrüstervertrag wäre noch bis Ende des Jahres gelaufen. Der Welt-Fußballverband Fifa hatte Russland am Montag wegen des Einmarschs in die Ukraine von der Teilnahme an der Qualifikation zur Weltmeisterschaft in Katar im November/Dezember ausgeschlossen. 15:04 Uhr – Ukraine: Wenn wir fallen, ist die Nato an der Reihe Die Ukraine ist nach Worten von Außenminister Dmytro Kuleba bereit mit Russland zu verhandeln, um Lösungen zu finden. Aber man werde nicht einfach russischen Ultimaten folgen. Die Nato habe die moralische und politische Pflicht, die militärischen Anstrengungen der Ukraine zu unterstützen. Wenn die Ukraine falle, sei die Nato als nächstes an der Reihe, erklärt Kuleba bei einer Online-Pressekonferenz. „Wenn Russland gewinnt, seid Ihr die Nächsten.“ Er debattiere mit den Alliierten, wie die Ukraine bei der Luftabwehr unterstützt werden könnte. 15:00 Uhr – Immer mehr Händler verbannen russische Waren aus den Regalen Immer mehr Lebensmittelhändler in Deutschland verbannen nach einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur russische Produkte aus ihren Regalen. Der Handelsriese Rewe kündigte am Dienstag an, er werde für „Rewe und Penny in Deutschland Lebensmittel, die in Russland produziert werden, auf zentraler Ebene auslisten“. Diese Artikel würden nicht mehr bestellt. Noch in den Lagern und Märkten vorhandene Bestände würden aber nicht vernichtet, sondern befänden sich derzeit noch im Verkauf oder würden im Laufe der Zeit den Tafel-Organisationen oder ähnlichen Initiativen zur Verfügung gestellt. Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka ist dabei, sein Warenangebot zu überprüfen. „Wir unterstützen alle Sanktionen, die von der EU und der Bundesregierung auf den Weg gebracht wurden und werden. Deshalb ermitteln wir bereits, ob und in welchem Umfang wir Produkte aus Russland bzw. von Unternehmen, die in Händen russischer Oligarchen sind, in unserem Sortiment führen“, teilte der Handelsriese mit. 15:00 Uhr – Separatisten deuten Großangriff auf Mariupol an Prorussische Separatisten haben nach eigenen Angaben zwei sogenannte sichere Korridore für die Evakuierung der Zivilbevölkerung der südukrainischen Hafenstadt Mariupol eingerichtet. Diese Korridore würden bis Mittwoch garantiert, sagte ein Sprecher der Separatisten, Eduard Bassurin, am Dienstag. Befürchtet wird nach dieser Mitteilung ein bevorstehender Großangriff auf die Stadt am Asowschen Meer mit mehr als 400 000 Einwohnern. Sie liegt im Oblast, also Verwaltungsgebiet, Donezk und ihre Eroberung würde russischen Truppen eine Landverbindung zwischen der annektierten Halbinsel Krim und dem russischen Festland ermöglichen. 14:55 Uhr – Russische Agentur: Zweite Gesprächsrunde am Mittwoch Eine zweite Gesprächsrunde zwischen der Ukraine und Russland soll der russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge am Mittwoch stattfinden. Die Agentur beruft sich dabei auf einen Insider der russischen Seite. 14:52 Uhr – FDP-Fraktionschef: Neuauflage der Wehrpflicht ausgeschlossen FDP-Fraktionschef Christian Dürr hält eine Neuauflage der Wehrpflicht in Deutschland für ausgeschlossen. „Wer diese Debatte führt, lenkt von den wahren Problemen der Truppe ab. Ziel unserer Investitionen in die Bundeswehr ist, sie zu einer der modernsten Armeen der Welt zu machen und damit zu einem wirklich attraktiven Arbeitgeber“, sagte Dürr am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Die Ampelkoalition wolle erreichen, dass die Soldaten bestmöglich ausgestattet seien. In den letzten 16 Jahren sei „die Bundeswehr vernachlässigt worden“. Dürr sagte: „Unsere Aufgabe ist es jetzt, die Truppe gut auszurüsten und Strukturen zu verbessern, damit sie jederzeit einsatzfähig ist. Es geht nicht um Mobilmachung, sondern um volle Bündnisfähigkeit.“ 14:51 Uhr – Transporte vom Hamburger Hafen nach Russland nur noch mit Genehmigung des Zolls Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine und der westlichen Sanktionen sind alle Warentransporte aus dem Hamburger Hafen nach Russland seit Dienstagmorgen nur noch mit Einzelgenehmigungen des Zolls erlaubt. Die „automatische Überlassung von Waren nach Russland“ sei gestoppt worden, sagte Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) am Dienstag in der Hansestadt. „Das heißt, es gehen keine Waren mehr ab sofort nach Russland raus.“ Alle Lieferungen, die jetzt noch nach Russland gehen sollten, müssten zuvor „dezidiert“ beim Zoll beantragt werden, sagte der auch für den Hafenbetrieb zuständige Senator. Die automatischen IT-Verfahren zur Beantragung von Lieferungen nach Russland seien „heruntergefahren“ worden, um den Ablauf sicherzustellen. Um Anträge zu stellen, müsse „direkt“ Kontakt zu einem Mitarbeiter des Zolls aufgenommen werden. 14:46 Uhr – Wüst ruft Sponsoren zur Unterstützung von Schalke auf Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat potenzielle Sponsoren dazu aufgerufen, den Fußball-Zweitligisten FC Schalke 04 jetzt zu unterstützen. Wüst zollte Schalke am Dienstag Respekt für die Kündigung des Sponsors Gazprom infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine. „Das wird keine leichte Situation sein“, sagte der CDU-Politiker nach einem Krisengespräch mit Wirtschaft und Gewerkschaften zu den Folgen der russischen Invasion in die Ukraine für Nordrhein-Westfalen. Er lade alle ein, die einen Zweitligisten unterstützen wollten, das jetzt zu tun. „Das ist eine gute Gelegenheit und hat sicherlich auch einen doppelten Werbewert, wenn man es in dieser Situation tut.“ Auf die Frage, ob das Land NRW zur Not bereit wäre, die 2020 gewährte Landesbürgschaft zu leisten, sagte Wüst: „Über alles, was das Land betrifft, werden wir zu gegebener Zeit beraten.“ 14:46 Uhr – Schweriner Nord-Stream-2-Tochter stoppt Betrieb Das von der Nord Stream 2 AG mit Sitz im Schweizer Kanton Zug gegründete Schweriner Tochterunternehmen Gas for Europe hat seinen Betrieb zunächst eingestellt. „Aufgrund der Situation bei der Nord Stream 2 AG sind die Aktivitäten der Gas for Europe GmbH gestoppt“, sagte ein Sprecher auf Anfrage am Dienstag. Der Schweizer Wirtschaftsminister Guy Parmelin hatte am Montagabend im Westschweizer Fernsehen mitgeteilt, dass Nord Stream 2 allen 140 Angestellten gekündigt und sie für Dienstag zu einem Treffen mit Vertretern der Kantonsbehörden gebeten habe. Gegen die Betreiber der deutsch-russischen Pipeline in der Ostsee waren im Zuge des Einmarsches Russlands in die Ukraine durch die USA in der vergangenen Woche Sanktionen verhängt worden. 14:39 Uhr – AfD-Spitzenpolitiker lehnen Lieferung von Waffen an Ukraine ab Spitzenpolitiker der AfD haben die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine kritisiert. „Wir sollten nicht durch Waffenlieferungen in Kampfhandlungen eingreifen“, sagte die Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Alice Weidel, am Dienstag auf Anfrage. Das bedeute nicht, dass die russischen Angriffe „akzeptiert werden müssen“. Der Angriff auf die Ukraine sei ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht. 14:37 Uhr – Queer-Beauftragter: Regierung unterstützt LGBTIQ-Menschen aus Ukraine Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), befürchtet im Falle eines von Russland erzwungenen Regimewechsels in der Ukraine die brutale Unterdrückung von homosexuellen und transgeschlechtlichen Menschen. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfamilienministerium erklärte am Dienstag in Berlin, die anhaltende Aggression treffe insbesondere auch zivile Organisationen und Einrichtungen, das gelte auch für die LGBTIQ Community. Deutschland habe die Situation dieser besonders gefährdeten Gruppen im Blick und ermögliche Visum-freie Einreise und Aufenthalt in der Bundesrepublik, versicherte er. „Dazu sind wir in Kontakt mit dem Auswärtigen Amt.“ 14:36 Uhr – Kadyrow: Tschetschenen im Krieg in der Ukraine getötet Der tschetschenische Republikchef Ramsan Kadyrow hat den Tod von zwei seiner Kämpfer in Russlands Krieg gegen die Ukraine bestätigt. Zwei Männer seien bei den Gefechten gegen ukrainische „Nationalisten“ getötet, sechs weitere verletzt worden, teilte Kadyrow am Dienstag mit. Der Chef der Nordkaukasus-Republik Tschetschenien ist der erste russische Funktionär, der eine Zahl an Toten nennt. Das russische Verteidigungsministerium hatte lediglich Verluste in den eigenen Reihen bestätigt. Die Ukraine spricht von mehr als 5700 getöteten russischen Soldaten. Überprüfen lässt sich das nicht. 14:35 Uhr – Großbritannien verschärft Russland-Sanktionen weiter Großbritannien hat die Sanktionen gegen Russland wegen dessen Einmarschs in die Ukraine weiter verschärft. London schloss sich am Dienstag Maßnahmen der EU und der USA gegen das größte russische Geldhaus, die Sberbank, an. „Und wir werden den wirtschaftlichen Druck aufrechterhalten“, versicherte Premierminister Boris Johnson bei einem Besuch in Warschau. „Wir sind bereit, dies zu verstärken und so lange weiterzumachen wie nötig.“ Die Regierung in London hatte am Montag bereits angekündigt, das gesamte Vermögen russischer Banken in Großbritannien einzufrieren. Auch wurden alle Seehäfen für Schiffe unter russischer Flagge gesperrt. Das Verbot gelte auch für Schiffe, die in Russland registriert, in russischem Besitz oder von Russen gechartert seien, erklärte Verkehrsminister Grant Shapps. 14:31 Uhr – UN brauchen etwa 1,5 Milliarden Euro für Ukraine-Hilfe Die Vereinten Nationen brauchen knapp 1,5 Milliarden Euro für humanitäre Hilfe im Ukraine-Krieg. Das UN-Nothilfebüro Ocha teilte am Dienstag mit, die Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen benötigten 1,1 Milliarden Dollar (980 Millionen Euro) für ihre Arbeit innerhalb der Ukraine, mit der sechs Millionen Menschen für drei Monate unterstützt werden sollen. Weitere 551 Millionen Dollar (492 Millionen Euro) würden für Flüchtlinge außerhalb des Landes gebraucht. Die Vereinten Nationen schätzen, dass zwölf Millionen Menschen innerhalb der Ukraine Hilfe und Schutz benötigen werden, während mehr als vier Millionen ukrainische Flüchtlinge in den kommenden Monaten in Nachbarländern versorgt werden könnten. „Dies ist die dunkelste Stunde für die Menschen in der Ukraine. Wir müssen unsere Reaktion jetzt intensivieren, um das Leben und die Würde der Ukrainer zu schützen“, sagte Ocha-Chef Martin Griffiths. 14:31 Uhr – Moskau kündigt Angriffe auf ukrainische Geheimdienst-Infrastruktur an Am sechsten Tag des Krieges gegen die Ukraine hat Russland gezielte Angriffe auf die Informationsinfrastruktur des ukrainischen Geheimdienstes angekündigt. Um „Informationsangriffe“ gegen Russland zu zerschlagen, würden unter anderem „technologische Objekte des SBU (...) in Kiew mit hochpräzisen Waffen getroffen werden“, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Dienstag der Agentur Interfax zufolge mit. Ziel der neuen Angriffe sei auch das 72. Zentrum für so bezeichnete informations-psychologische Operationen in Browary östlich von Kiew. Die Bevölkerung in Kiew, die in der Nähe der genannten Einrichtungen lebe, wurde aufgerufen, ihre Häuser zu verlassen. 14:27 Uhr – Ukrainische Athleten rechtzeitig zu Winter-Paralympics erwartet Die ukrainischen Athleten werden trotz des Krieges in ihrer Heimat voraussichtlich rechtzeitig zu den Winter-Paralympics in Peking ankommen. Das Team mit 20 Athleten sei auf dem Weg in die chinesische Hauptstadt und könne an diesem Mittwoch ankommen, sagte ein Sprecher des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) am Dienstag. Am Freitag findet die Eröffnungsfeier statt. Die Teilnahme war nach der Invasion Russlands in die Ukraine in der vergangenen Woche fraglich gewesen. 14:25 Uhr – Israel schickt humanitäre Hilfe für die Ukraine Israel hat mit der Verschickung von 100 Tonnen humanitärer Hilfe für die Ukraine begonnen. Ein Flugzeug der Linie El Al wurde am Dienstag auf dem wichtigsten internationalen Flughafen des Landes in Tel Aviv mit Dutzenden Kartons beladen. Nach Angaben des israelischen Außenministeriums werden medizinische Ausrüstung und Medikamente, Wasserreinigungssysteme sowie Tausende Zelte, Decken, Schlafsäcke und Mäntel geliefert. Die Hilfsgüter sollen nach Polen geflogen und von dort aus in die Ukraine gebracht werden. Israel hat der ukrainischen Bevölkerung wiederholt seine Unterstützung im Krieg zugesagt. Es hat sich jedoch mit einer Verurteilung Russlands zurückgehalten. Das Land verlässt sich bei der Sicherheitskoordinierung in Syrien auf Russland, das dort militärisch präsent ist und wo Israel in den vergangenen Jahren wiederholt für seine Feinde bestimmte Waffenlager und andere Ziele angegriffen hat. 14:21 Uhr – Ukraine bittet China um Vermittlungshilfe bei Russland Die Ukraine bittet China um Vermittlungshilfe bei Russland. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba habe ein Telefonat mit seinem Amtskollegen Wang Yi dazu genutzt, teilt das ukrainische Außenministerium mit. Kuleba habe Wang gebeten, dass China seine Beziehungen zu Russland nutze, um die Regierung in Moskau zu einem Stopp der Invasion zu bewegen. Wang habe seine Bereitschaft erklärt, sich dafür einzusetzen, den Krieg auf diplomatischem Weg zu beenden. 14:06 Uhr – Russland will Abfließen ausländischer Gelder eindämmen Russland will das Abfließen ausländischer Investitionen wegen der gegen das Land verhängten Wirtschaftssanktionen eindämmen. Es werde der Entwurf für ein Präsidialdekret vorbereitet, das auf „vorübergehende Beschränkungen“ für den Ausstieg ausländischer Investoren aus russischen Vermögenswerten abzielt, zitierten russische Nachrichtenagenturen am Dienstag Ministerpräsident Michail Mischustin. Den Unternehmen solle ermöglicht werden, fundierte Entscheidungen zu treffen und nicht unter „politischem Druck“, sagte Mischustin demnach. Die EU-Staaten, die USA, Kanada, Japan und weitere westliche Verbündete haben eine ganze Reihe harter Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine beschlossen. Dazu zählen unter anderem ein Ausschluss wichtiger russischer Banken aus dem internationalen Zahlungssystem Swift, die Sperrung von Transaktionen der russischen Zentralbank zur Stützung der russischen Währung und Exportverbote für High-Tech-Güter. Der Konflikt wirkt sich auch auf die Beziehungen von Unternehmen aus. So hat etwa der britische Energieriese BP den Verkauf seiner Anteile am russischen Ölkonzern Rosneft angekündigt. 14:06 Uhr – Ski-Weltverband schließt russische und belarusssiche Athleten aus Aus Solidarität mit der Ukraine hat der Ski-Weltverband Fis russische und belarussische Athleten von der restlichen Weltcupsaison ausgeschlossen. „Um die Sicherheit aller Athleten bei Fis-Wettkämpfen zu gewährleisten, beschloss der Fis-Rat einstimmig, dass ab sofort kein russischer oder belarussischer Athlet bis zum Ende der Saison an Fis-Wettkämpfen auf allen Ebenen teilnehmen darf“, teilte der Verband am Dienstag mit. Damit folgt die Fis einer entsprechenden Empfehlung des IOC vom Montag. Der Fis-Rat hoffe, dass der Krieg in der Ukraine schnell beendet werde, heißt es weiter. „Damit die internationale Sportgemeinschaft den Heilungsprozess einleiten und sich wieder mit allen Athleten und Nationen messen kann.“ 14:05 Uhr – Deutschland will Ukraine Generatoren und Verbandsmaterial schicken Deutschland will Verbandsmaterial und Stromgeneratoren in die Ukraine schicken. Deutsche Hilfslieferungen sollen demnächst zudem auch drei Nachbarstaaten der Ukraine erreichen, die seit Beginn des russischen Angriffs eine große Zahl von Kriegsflüchtlingen aufgenommen haben. „Die Republik Moldau, die Slowakei und auch Polen haben inzwischen das EU-Katastrophenschutzverfahren aktiviert“, teilte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums am Dienstag auf Anfrage mit. Angefordert worden seien von diesen drei Staaten nahezu alle Materialien und Bedarfsartikel, die zum Aufbau und Betrieb von Aufnahmeeinrichtungen benötigt würden, außerdem Medikamente und Impfstoffe. „Derzeit wird vorrangig die Unterstützung der Ukraine mit Verbands- und Sanitätsmaterial, aber auch mit anderen Kapazitäten von der Bundesregierung vorangetrieben“, fügte die Sprecherin hinzu. Die Beschaffung für Verbandsmaterial und Stromgeneratoren laufe derzeit. Auf Nachfrage teilte das Ministerium mit, noch seien keine Hilfslieferungen aus Deutschland unterwegs in Richtung Ukraine, Polen, Moldau oder die Slowakei. Die ersten Lieferungen werden den Angaben zufolge voraussichtlich Desinfektionsmittel sowie Masken und Handschuhe enthalten. 14:05 Uhr – Italiens Regierungschef Draghi: Putin hat sich in Europa getäuscht Der russische Präsident Wladimir Putin hat Europa nach Ansicht des italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi vor dem Angriff auf die Ukraine klar unterschätzt. „Vielleicht hatte uns Putin für ohnmächtig, zerstritten oder berauscht von unserem Reichtum gehalten. Er hat sich geirrt. Wir waren und sind bereit, zu reagieren und zurückzuschlagen“, sagte der Regierungschef am Dienstag in Rom bei einer Rede im Senat, der kleineren der zwei Parlamentskammern. „Die Antwort Europas kam prompt, konsequent, schnell, stark und vor allem einheitlich.“ Als Reaktion auf Moskaus Krieg im Nachbarland hatten die westlichen Staaten und Partner wie die USA massive Strafmaßnahmen beschlossen, darunter Finanzsanktionen. „Das machen wir nicht, weil wir einen aggressiven Expansionismus betreiben“, sagte Draghi – den betreibe Putin selbst. „Wir machen das, um unsere Werte zu verteidigen.“ 14:05 Uhr – Bettel: Diplomatische Bemühungen für Ende des Krieges fortsetzen Der luxemburgische Premierminister Xavier Bettel hat Deutschland und Frankreich aufgefordert, sich weiter auf diplomatischem Weg für ein Ende des russischen Angriffs auf die Ukraine einzusetzen. Trotz der Sanktionen sollten auch die diplomatischen Bemühungen fortgesetzt werden, sagte er am Dienstag nach einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin. Er habe hier großes Vertrauen zu Deutschland und Frankreich. „Es ist kein einfacher Dialog. Aber wir müssen es fertig bringen, dass wir diese Waffenruhe bekommen. Und ohne miteinander zu reden, wird dies auch unmöglich sein“, ergänzte Bettel. Bettel versicherte den Menschen in der Ukraine: „Ihr seid nicht vergessen. Ihr seid nicht alleine.“ Gemeinsam werde man alles dafür tun, damit der bewaffnete Konflikt so schnell wie möglich gelöst werde und die Ukraine wieder zu Frieden und Stabilität zurückfinden könne. Putins Krieg gegen die Freiheit und die europäischen Werte seien eine Zeitenwende. Doch die Einigkeit und Entschlossenheit von Nato und EU seien nicht zu unterschätzen. 14:03 Uhr – Russland laut Tass – Ukraine hat keinen Zugang mehr zu Asowschem Meer Das ukrainische Militär hat nach Darstellung Russlands keinen direkten Zugang mehr zum Asowschen Meer. Dies teilte das Verteidigungsministerium in Moskau laut Nachrichtenagentur Tass am Dienstag mit. Damit hätte Russland eine Landverbindung zwischen seinem Kernland und der 2014 von der Ukraine annektierten Halbinsel Krim geschaffen. Aus der Hafenstadt Mariupol an der Küste im Osten war zuvor heftiger Beschuss gemeldet worden. Am Montag hatten russische Streitkräfte die Hafenstadt Berdjansk eingenommen, die etwa in der Mitte des ukrainischen Küstenstreifens liegt. Die Nachrichtenagentur RIA meldete ergänzend, die pro-russischen Separatisten in der Provinz Donezk in der Ost-Ukraine hätten die Reihen zu den russischen Streitkräften in dem Gebiet geschlossen. 14:01 Uhr – Großbritannien bringt Ausschluss Russlands aus UN-Sicherheitsrat ins Spiel Wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine hält Großbritannien einen Ausschluss Russlands als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates für denkbar. Russland müsse „diplomatisch isoliert“ werden, „und wir werden alle Optionen in Betracht ziehen, um dies zu erreichen“, sagte ein Sprecher von Premierminister Boris Johnson am Dienstag. Johnson selbst habe aber noch keine Position zu dieser Frage bezogen. Neben Russland sind China, Frankreich, Großbritannien und die USA ständige Mitglieder im UN-Sicherheitsrat und verfügen daher über ein erweitertes Vetorecht. Moskau hatte davon zuletzt Gebrauch gemacht, um eine kritische Resolution zu seinem Vorgehen in der Ukraine zu verhindern. Der Angriffskrieg im Nachbarland gilt weithin als Bruch mit dem Völkerrecht und somit der Grundlage der Vereinten Nationen. 13:57 Uhr – Von der Leyen sagt Ukraine 500 Millionen Euro humanitäre Hilfe zu EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat 500 Millionen Euro an humanitärer Hilfe angekündigt, um die tragischen Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine zu bewältigen. Das Geld solle ins Land fließen und zur Versorgung der Flüchtlinge eingesetzt werden, sagte von der Leyen in einer Sondersitzung des EU-Parlaments. Die Summe soll die bereits angekündigten 500 Millionen Euro der Europäischen Union für Waffenlieferungen an die Ukraine ergänzen. „Dies ist die Stunde der Wahrheit für Europa“, sagte von der Leyen. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine gehe es um eine Auseinandersetzung zweier Welten – zwischen Recht und Gewalt, zwischen Demokratie und Autokratie, zwischen einer nach Regeln funktionierenden Weltordnung und nackter Gewalt. „Die Art unserer heutigen Reaktion auf das Vorgehen Russlands wird die Zukunft der Weltordnung bestimmen“, sagte die CDU-Politikerin. Auf dem Spiel stehe nicht nur die Zukunft der Ukraine, sondern auch das Schicksal der übrigen Europäer. „Wir müssen die Kraft zeigen, die in unseren Demokratien steckt“, sagte von der Leyen. 13:56 Uhr – Präsidentin des EU-Parlaments zu Ukraine: Zukunft gemeinsam meistern Die Präsidentin des EU-Parlaments, Roberta Metsola, sieht eine gemeinsame Zukunft für die Ukraine und die Europäische Union. „Wir begrüßen den Antrag der Ukraine auf Kandidatenstatus und werden auf dieses Ziel hinarbeiten“, sagte Metsola bei einer Sondersitzung des Parlaments am Dienstag in Brüssel. „Wir werden und wir müssen die Zukunft gemeinsam meistern.“ Die EU-Parlamentspräsidentin forderte, die EU müsse angesichts des Konflikts mit Russland ihre Abhängigkeit von russischem Gas reduzieren und ihre Gasimporte diversifizieren. Außerdem rief sie große Internetfirmen und Soziale Medien dazu auf, gegen falsche Informationen von russischer Seite vorzugehen. „Man kann zwischen dem Feuer und den Feuerwehrmännern nicht neutral bleiben“, sagte die maltesische Politikerin. 13:55 Uhr – Opernstar Anna Netrebko sagt Konzerte ab – auch in Hamburg Die russische Opernsängerin Anna Netrebko hat alle Konzerte für die kommenden Monate abgesagt. „Nach reiflicher Überlegung habe ich die äußerst schwierige Entscheidung getroffen, mich bis auf Weiteres aus dem Konzertleben zurückzuziehen“, ließ die Starsopranistin über den Veranstalter River Concerts am Dienstag mitteilen. „Es ist nicht die richtige Zeit für mich aufzutreten und zu musizieren. Ich hoffe, dass mein Publikum diese Entscheidung verstehen wird“, heißt es in dem Statement weiter. Das für den 2. März in der Hamburger Elbphilharmonie geplante Konzert mit ihrem Ehemann Yusif Eyvazov wird auf den 7. September verschoben. Am Wochenende hatte sich Netrebko zur russischen Invasion in die Ukraine geäußert. Sie sei gegen diesen Krieg, schrieb die weltberühmte Operndiva in einer Erklärung auf Instagram. „Ich bin eine Russin und liebe mein Land, aber ich habe viele Freunde in der Ukraine, und der Schmerz und das Leid brechen mir das Herz. Ich möchte, dass dieser Krieg aufhört und die Menschen in Frieden leben können. Das erhoffe ich mir und dafür bete ich.“ 13:54 Uhr – Prinz Charles verurteilt Krieg in der Ukraine In einer seltenen politischen Äußerung hat der britische Thronfolger Prinz Charles den russischen Krieg in der Ukraine verurteilt. In der Ukraine würden demokratische Werte „auf die skrupelloseste Weise“ attackiert, sagte der Prinz von Wales (73) am Dienstag bei einem Besuch in der englischen Küstenstadt Southend-on-Sea, wo im vergangenen Jahr der britische Abgeordnete David Amess von einem Angreifer erstochen wurde. „Wir sind solidarisch mit all jenen, die sich der brutalen Aggression entgegenstellen“, sagte Charles weiter. Sein Sohn Prinz William (39) und Herzogin Kate (40) hatten bereits vor einigen Tagen der Ukraine ihre Solidarität ausgesprochen, allerdings weniger klare Worte gegen den Krieg gerichtet. Üblicherweise äußern sich die Royals nicht zu politischen Themen und wählen auch nicht. 13:47 Uhr – Täglich „humanitäre Zugverbindungen“ zwischen Ukraine und Tschechien Zwischen dem Westen der Ukraine und Tschechien startet eine neue „humanitäre Bahnverbindung“. Täglich wird jeweils ein Zug in beide Richtungen verkehren, wie das private Bahnunternehmen Regiojet am Dienstag mitteilte. Die Route führt von Prag über die polnische Grenzstadt Przemysl nach Lwiw (Lemberg) im Westen der Ukraine. Auf dem Hinweg sollen auf Güterwagen tonnenweise Hilfsgüter in die von Russland angegriffene Ex-Sowjetrepublik gebracht werden. „In der Ukraine nimmt der Mangel an Grundnahrungsmitteln und Hygieneartikeln rasant zu“, sagte der Direktor der tschechischen Hilfsorganisation „Mensch in Not“ (Clovek v tisni), Simon Panek. Auf dem Rückweg können bis zu 400 Ukraine-Flüchtlinge in Liegewagen mitgenommen werden. Sie werden den Angaben zufolge mit Getränken und Lebensmitteln versorgt. Analog zu einer Luftbrücke wird das Projekt „Zugbrücke“ genannt. 13:44 Uhr – Ukraine: Russland plant Desinformationskampagne Die Ukraine geht davon aus, dass Russland verbreiten will, dass hochrangiges Militär und Politiker kapituliert haben. Eine entsprechende Desinformationskampagne werde vorbereitet, sagt der ukrainische Verteidigungsminister Oleksii Resnikow. Zur „Bestätigung“ sollten Dokumente und Videos verbreitet werden, heißt es in einer online veröffentlichten Mitteilung. 13:42 Uhr – Bundeswehr-Kampfjets sichern polnischen Luftraum Kampfflugzeuge der Bundeswehr sichern den polnischen Luftraum, wie die Luftwaffe mitteilt. Auf Twitter ist zudem das Foto eines startenden Kampfjets zu sehen. Weitere Angaben wurden nicht gemacht. 13:42 Uhr – Nord Stream 2 entlässt seine Mitarbeiter Der Betreiber der russischen Pipeline Nord Stream 2 mit Sitz im steuergünstigen Schweizer Kanton Zug hat nach Angaben von Wirtschaftsminister Guy Parmelin allen Angestellten gekündigt. 140 Menschen seien betroffen, sagte Parmelin am Montagabend im Westschweizer Fernsehen. Das Unternehmen habe für diesen Dienstag um ein Treffen mit Vertretern der Kantonsbehörden gebeten, berichtete der Sender. Das Unternehmen reagierte am Dienstag zunächst nicht auf eine Anfrage. Die USA hatten vergangene Woche Sanktionen gegen die Nord Stream 2 AG verhängt und damit weitere Geschäfte mit dem Unternehmen untersagt. 13:36 Uhr – Habeck: Hätten früher schon Waffen an Ukraine liefern sollen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagt in Washington, er wolle mit seinem US-Besuch die transatlantischen Beziehungen festigen. Er verteidigt im ZDF zudem die Kehrtwende der Bundesregierung bei Waffenlieferungen an die Ukraine. „Es ist richtig, dass wir die Ukraine mit Waffen beliefern, und wir hätten es auch vorher schon tun sollen.“ Russland müsse mit den verhängten Sanktionen an den Verhandlungstisch gezwungen werden. Deutschland habe sich zu lange blind auf Energielieferungen aus Russland verlassen, auch die USA seien stark abhängig von russischem Öl, sollten lieber mehr Elektro-Autos auf die Straße bringen, sagt der Grünen-Politiker. 13:32 Uhr – EU-Ratschef: Beitrittsgesuch der Ukraine wird ernsthaft geprüft EU-Ratspräsident Charles Michel hat der Ukraine eine ernsthafte Prüfung des Gesuchs um einen EU-Beitritt zugesagt. Das sei ein schwieriges Thema, und es gebe unterschiedliche Auffassungen der Mitgliedstaaten, sagte Michel am Dienstag im Europaparlament. „Aber der Rat wird sich da seiner Verantwortung nicht entziehen können.“ Den russischen Angriff auf die Ukraine verurteilte er abermals scharf: „Dies ist geopolitischer Terrorismus, schlicht und einfach.“ Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videobotschaft an die Abgeordneten eindringlich für die Aufnahme seines Landes in die Europäische Union geworben. Ein Beitrittsgesuch hat Selenskyj bereits gestellt. Für die EU geht es zunächst um die Entscheidung, ob die Ukraine offiziell den Status eines Beitrittskandidaten bekommt. Anschließend würde ein Beitrittsabkommen ausgehandelt. Das nimmt normalerweise Jahre in Anspruch. Die EU-Staaten müssten eine Aufnahme letztlich einstimmig billigen. 13:31 Uhr – HBL, DEL und VBL verzichten auf Sanktionen gegen russische Sportler Der russische Angriff auf die Ukraine hat zunächst keinen Einfluss auf die jeweiligen Spielbetriebe der Handball-Bundesliga (HBL), der Deutschen Eishockey Liga (DEL) und der Volleyball-Bundesliga (VBL). Nachdem die Europäische Handballföderation am Montagabend den Ausschluss der russischen und belarussischen Clubs aus den internationalen Wettbewerben beschlossen hatte, gibt es in der HBL keine Sanktionen. „Die Frage stellt sich nicht“, sagte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann am Dienstag auf Nachfrage. Russischen Profis in der DEL drohen ebenfalls keine Konsequenzen. Ein Sprecher der Liga bestätigte am Dienstag auf dpa-Nachfrage, dass sowohl die Krefeld Pinguine als auch die Adler Mannheim weiter auf ihre Spieler aus Russland bauen können. In der Volleyball-Bundesliga möchte man sich an die Vorgaben der internationalen Verbände halten. Vorher gebe es für einen Ausschluss keine rechtliche Grundlage, heißt es von VBL-Seite. 13:26 Uhr – Scholz: Blutvergießen in der Ukraine muss ein Ende haben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat vom russischen Präsidenten Wladimir Putin erneut einen sofortigen Stopp des Angriffs auf die Ukraine verlangt. Er fordere ihn auf, „unverzüglich alle Kampfhandlungen einzustellen, die russischen Truppen nach Russland abzuziehen und zum Dialog zurückzukehren“, sagte Scholz am Dienstag nach einem Gespräch mit Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel. „Das Blutvergießen muss ein Ende haben. Wladimir Putin vergeht sich am ukrainischen Volk.“ Scholz kündigte an, den bereits beschlossenen Sanktionspaketen würden weitere hinzugefügt. 13:18 Uhr – UNO geht von einer Million Binnenflüchtlingen in der Ukraine aus Wegen des Krieges in der Ukraine sind nach UN-Angaben schätzungsweise eine Million Menschen innerhalb des Landes auf der Flucht. Angesichts der Menschenströme in die Nachbarländer müsse die Aufmerksamkeit auch auf die Binnenflüchtlinge gerichtet werden, denn die meisten Betroffenen „befinden sich in der Ukraine“, sagte Karolina Lindholm Billing, die Ukraine-Verantwortliche des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) am Dienstag in Stockholm. Es gebe zwar keine verlässlichen Zahlen, aber „wir schätzen, dass es sich um etwa eine Million Menschen handelt“. Das UNHCR hatte die Zahl der ins Ausland Geflüchteten zuvor mit mehr als 660.000 angegeben. Die Zahl der Flüchtlinge steige „exponentiell“ an, sagte eine Sprecherin des UNHCR in Genf. Die meisten Menschen flüchten demnach Richtung Westen in Nachbarländer wie Polen, Ungarn oder die Slowakei. 13:16 Uhr – Selenskyj an EU: Lassen Sie uns nicht im Stich Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert die EU eindringlich zur Unterstützung auf. „Zeigen Sie, dass Sie an unserer Seite stehen“, sagt Selenskyj vor dem Europäischen Parlament per Videoschalte. „Die Europäische Union wird mit uns stärker sein, so viel ist sicher. Ohne Euch, steht die Ukraine alleine da.“ Er bittet die EU darum, unter Beweis zu stellen, dass sie die Ukraine nicht im Stich lässt. „Zeigen Sie, dass Sie Europäer sind und dann wird das Leben über den Tod siegen, das Licht über die Dunkelheit.“ 13:07 Uhr – Polen erwartet bis zu eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine Polens Regierung stellt sich auf die Aufnahme von bis zu einer Million Flüchtlingen aus der Ukraine ein. Bereits jetzt seien knapp 400.000 Menschen vor dem russischen Angriff auf die Ukraine in das Nachbarland geflüchtet, sagte Außenminister Zbigniew Rau am Dienstag nach einem Treffen mit seinem französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian und der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Lodz. Der Großteil der Schutzsuchenden seien Ukrainer, so Rau weiter. Polen habe aber Staatsbürger aus insgesamt 125 verschiedenen Ländern aufgenommen, darunter viele Studenten aus Nicht-EU-Ländern, die an ukrainischen Universitäten eingeschrieben sind. „Jeder, der in Sorge um sein Leben und seine Gesundheit die polnische Grenze überschreitet, wird aufgenommen und mit Essen und Unterkunft versorgt“ betonte Rau. 13:05 Uhr – Russland warnt – Wirtschaftskrieg kann zu echtem Krieg führen Der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew warnt, dass sich Wirtschaftskriege in der Geschichte der Menschheit oft in echte Kriege verwandelt hätten. Der Vize-Vorsitzende des nationalen Sicherheitsrats und Vertraute von Russlands Präsident Wladimir Putin reagiert damit auf Twitter auf Äußerungen des französischen Finanzministers Bruno Le Maire. Dieser hatte zuvor dem Sender France Info gesagt, der Westen führe mit seinen Sanktionen einen Wirtschaftskrieg gegen Russland und führe den Zusammenbruch der russischen Wirtschaft herbei. „Hüten Sie Ihre Zunge, meine Herren“, twittert Medwedew. 12:58 Uhr – Solidarität mit Ukraine: Europaparlament in Blau und Gelb Aus Solidarität mit der Ukraine haben Abgeordnete bei einer Sondersitzung des Europaparlaments die ukrainischen Farben Blau und Gelb getragen. Viele Politiker trugen blau-gelbe T-Shirts mit der Aufschrift „EU with Ukraine“ (EU mit der Ukraine), und an vielen Plätzen steckten kleine ukrainische Flaggen, wie im Livestream des Parlaments am Dienstag zu sehen war. Manche hielten auch Poster – die FDP-Abgeordnete Nicola Beer zeigte zum Beispiel zusammen mit dem belgischen Politiker Guy Verhofstadt ein Transparent mit der Aufschrift „We stand with Ukraine“ (Wir stehen an Seite der Ukraine). Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte einen blau-gelben Anstecker an ihrem Blazer. Die Abgeordneten sollten in der Sondersitzung in Brüssel über eine Resolution abstimmen, die den russischen Angriff auf die Ukraine scharf verurteilt und die vereinbarten Sanktionen des Westens gegen Russland unterstützt. Der Entwurf plädiert zudem für eine EU-Beitrittsperspektive für die Ukraine. 12:55 Uhr – Stoltenberg: Russischer Einmarsch in Ukraine hat „Frieden in Europa erschüttert“ Der russische Einmarsch in die Ukraine hat nach den Worten von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg „den Frieden in Europa erschüttert“. Bei einem Besuch auf dem polnischen Luftwaffenstützpunkt Lask am Dienstag schwor er das Militärbündnis darauf ein, „jeden Zentimeter unseres Territoriums“ zu verteidigen. Der russische Angriff auf die Ukraine sei völlig inakzeptabel und werde von Belarus unterstützt, sagte Stoltenberg weiter. Zuvor hatte das US-Satellitenbildunternehmen Maxar Bilder veröffentlicht, die neue Truppenverlegungen von Kampfhubschraubern und Fahrzeugen in Belarus, weniger als 30 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt, zeigen. 12:53 Uhr – CDU-Fraktionschef nennt Schwesig „russische Werbe-Ikone“ Mecklenburg-Vorpommerns CDU-Fraktionschef Franz-Robert Liskow hat Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) vorgeworfen, zu unkritisch in Bezug auf Russland gewesen zu sein. „Die Wahrheit ist: Bis vor zwei Wochen war Manuela Schwesig eine russische Werbe-Ikone“, sagte Liskow am Dienstag in einer Sondersitzung des Landtags in Schwerin. Warnungen, dass Präsident Wladimir Putin zum Schlag gegen die Ukraine aushole, habe es lange gegeben. Dennoch habe Schwesig noch im Januar, als die russischen Truppen bereits an der ukrainischen Grenze standen, die zügige Inbetriebnahme der Ostsee-Pipeline gefordert. Oppositionspolitiker Liskow begrüßte, dass Schwesig nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine ihre Haltung geändert habe und die Kontakte zu Russland abgebrochen würden. „Aber zuvor braucht es Scham. Oder zumindest Reue. Aktuell fehlt es an beidem“, sagte Liskow. 12:53 Uhr – Scandlines transportiert Flüchtlinge kostenlos nach Dänemark Die Reederei Scandlines hat angekündigt, Flüchtlinge aus Ukraine kostenlos von Deutschland nach Dänemark zu transportieren. „Wir betrachten die furchtbare Lage in der Ukraine aufmerksam und bereiten uns darauf vor, dass Geflüchtete aus der Ukraine eventuell die blaue Grenze zwischen Deutschland und Dänemark überqueren möchten“, sagte Scandlines-Chef Carsten Nørland am Dienstag. Die Vorlage eines ukrainischen Passes genüge, um den kostenlosen Transport zu ermöglichen. „Dies ist unser Beitrag für die Betroffenen, die sich derzeit in einer sehr unglücklichen Lage befinden.“ Scandlines-Fähren legen in Rostock und Puttgarden in Richtung Dänemark ab. 12:51 Uhr – Baerbock: Russlands Krieg schweißt den Westen zusammen Außenministerin Annalena Baerbock hat wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine zum internationalen Schulterschluss gegen Russlands Präsident Wladimir Putin aufgerufen. „Wir wollen, dass so viele Staaten wie möglich Farbe bekennen gegen Putins Krieg“, sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag nach einem Treffen mit ihren Amtskollegen aus Polen und Frankreich im polnischen Lodz. „Stehen wir gemeinsam für die Prinzipien der UN-Charta ein“, dies sei das Gebot der Stunde. „Denn es kann für niemand von Interesse sein, dass der Stärkere über seine Nachbarn herfällt.“ Fast jedes Land der Welt habe einen größeren, mächtigeren Nachbarn, sagte Baerbock. „In keiner Region der Welt ist es daher von Interesse, dass wir dieses Spiel Putins jetzt akzeptieren.“ Nach ihrem Statement verabschiedete sich Baerbock emotional mit Umarmungen von ihrem polnischen Amtskollegen Zbigniew Rau und dem französischen Außenminister Jean-Yves Le Drian aus der Pressekonferenz. Baerbock flog direkt weiter nach New York zur Dringlichkeitssitzung der Vollversammlung der Vereinten Nationen (UN) zum Krieg in der Ukraine. Dort wollte sie am späten Abend deutscher Zeit eine Rede halten. 12:25 Uhr – Großbritannien sperrt seine Häfen für alle russischen Schiffe Großbritannien verbietet per Gesetz allen Schiffen, die in irgendeiner Weise mit Russland in Verbindung stehen, die Einfahrt in seine Häfen. Dies gelte für Schiffe, die unter russischer Flagge fahren, registriert sind oder von Russland kontrolliert werden. „Wir sind soeben die erste Nation geworden, die ein Gesetz verabschiedet hat, das allen Schiffen, die in irgendeiner Weise mit Russland in Verbindung stehen, das Einlaufen in britische Häfen verbietet“, erklärt Verkehrsminister Grant Shapps auf Twitter. 12:25 Uhr – Johnson hält Putin nicht mehr für validen Gesprächspartner Großbritanniens Premierminister Boris Johnson hält den ukrainischen Wunsch für eine EU-Mitgliedschaft für vernünftig. Russlands Präsident Wladimir Putin könne nicht länger als valider Gesprächspartner angesehen werden, sagt Johnson in Warschau auf eine Frage nach möglichen Kompromissen zwischen Russland und der Ukraine. 12:25 Uhr – Schauspieler Gérard Depardieu ruft zu Waffenstillstand in der Ukraine auf Der französische Schauspieler Gérard Depardieu hat zu einem Waffenstillstand in der Ukraine und zu Verhandlungen aufgerufen. „Russland und die Ukraine waren immer Bruderländer. Ich bin gegen diesen Bruderkrieg“, betonte Depardieu in einer Erklärung, die der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. „Ich sage: Lasst die Waffen ruhen und verhandelt“, fügte er hinzu. Depardieu, der dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nahe steht, hatte 2013 die russische Nationalität erhalten. Mitte Februar hatte er auf Instagram ein Foto von sich mit Putin veröffentlicht und es mit „Freundschaft“ betitelt. „Lasst Wladimir in Ruhe“, sagte er kurz darauf in einer Fernsehsendung. „Die Ukraine hatte immer schon ein Problem mit Russland“, hatte er betont. 12:19 Uhr – Fast tausend ukrainische Touristen auf Sansibar gestrandet Mehrere hundert Reisende aus der Ukraine sind auf der tansanischen Insel Sansibar gestrandet. Die knapp 1000 Menschen könnten aktuell nicht zurück in ihre Heimat fliegen, da der ukrainische Luftraum gesperrt sei, erklärte am Dienstag die Tourismus-Verantwortliche der Insel, Lela Mohammed Mussa. Geplant sei, sie in Drittländer wie etwa Polen auszufliegen. „Erst mal haben wir uns versichert, dass sie da bleiben, wo sie sind, auch wenn ihre Abreise fällig ist“, sagte Mussa. „Wir erlauben ihnen, in den Hotels zu bleiben und sie werden bedient wie alle anderen auch.“ Die russisch-stämmige Managerin des Hotels „Zanzi Resort“, Julia Baystrukowa, sagte AFP, ihre ukrainischen Gäste seien „extrem unglücklich“. 12:16 Uhr – Ukraine: Mindestens zehn Tote bei Raketenangriffen auf Charkiw Bei Raketeneinschlägen russischer Streitkräfte auf das Zentrum von Charkiw sind nach Angaben eines Beraters des ukrainischen Innenministeriums mindestens zehn Menschen getötet und 35 verletzt worden. „Die Trümmer werden gerade aufgeräumt und es wird noch mehr Opfer und Verletzte geben“, erklärt der Berater in einem Beitrag in den sozialen Medien. 12:11 Uhr – Russland plant Einschränkungen für ausländische Investoren Russland will vorübergehend Beschränkungen für Auslandsinvestoren einführen. Sie sollen beim Ausstieg aus russischen Vermögenswerten nicht auf politischen Druck handeln, sondern eine wohlüberlegte Entscheidung treffen können, wie Ministerpräsident Mikhail Mishustin sagt. Zurzeit würden Investoren durch die Sanktionen gegen Russland unter Druck gesetzt. 12:11 Uhr – Umfrage: Mehrheit der Bürger befürwortet Waffenlieferungen an Ukraine Nach dem von Russland gestarteten Krieg in der Ukraine befürwortet einer Umfrage zufolge eine große Mehrheit der Deutschen Waffenlieferungen in das überfallene Land. Laut der am Dienstag veröffentlichten Forsa-Umfrage im Auftrag von RTL und ntv begrüßte eine Mehrheit von über drei Viertel der Befragten (78 Prozent) die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigten Waffenlieferungen an die Ukraine. Nur 16 Prozent der Befragten fanden die Entscheidung falsch. Größere Vorbehalte gegen Waffenlieferungen an die Ukraine gab es unter den Befragten aus Ostdeutschland und den Anhängern der Linkspartei (beide 34 Prozent). Mehrheitlich abgelehnt wurden Waffenlieferungen von den Anhängern der AfD (52 Prozent). 12:09 Uhr – Israel bringt seine Staatsbürger aus der Ukraine in Sicherheit Israel hat wegen des Kriegs in der Ukraine seine Staatsangehörigen aus dem Land geholt. Am Dienstag traf auf dem Ben-Gurion-Flughafen in Tel Aviv ein Evakuierungsflug aus Rumänien ein, wie AFP-Journalisten berichteten. Wegen der Sperrung des ukrainischen Luftraums für zivile Flugzeuge ist die Ausreise aus der Ukraine derzeit nur über Land möglich. Wie viele Passagiere sich an Bord der Israir-Maschine befanden, war zunächst unklar. „Wir sind aufgewacht und haben den Lärm gehört. Überall waren Bomben. Da haben wir beschlossen, zu gehen, die Ukraine zu verlassen“, berichtete der 23 Jahre alte Badr Tawil, der in der ukrainischen Stadt Charkiw studierte. 12:08 Uhr – Gazprom meldet Rückgang der Gasexporte um ein Drittel Der russische Energieriese Gazprom teilt mit, dass seine Erdgasexporte außerhalb der Länder der ehemaligen Sowjetunion im Zeitraum Januar-Februar binnen Jahresfrist um rund ein Drittel gesunken sind. Die Gasproduktion in den ersten beiden Monaten des Jahres sei weitgehend unverändert geblieben. 12:08 Uhr – Ungarn setzt sich für EU-Mitgliedschaft der Ukraine ein Ungarn setzt sich für eine zügige Aufnahme der Ukraine in die Europäische Union (EU) ein. „Wir fordern die Brüsseler Institutionen dringlichst dazu auf, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen“, erklärte der ungarische Außenminister Peter Szijjarto in einem Video, das er am Dienstag auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte. Die EU möge der Ukraine den EU-Kandidatenstatus zuerkennen und Beitrittsverhandlungen mit dem von Russland angegriffenen Land beginnen, fügte er hinzu. Vor dem Hintergrund der russischen Invasion in die Ukraine hatte deren Präsident, Wolodymyr Selenskyj, einen schnellen EU-Beitritt verlangt. 12:07 Uhr – Johnson kündigt Aufnahme von „beachtlicher Zahl“ an Ukrainern an Nach zunehmendem Druck hat der britische Premierminister Boris Johnson bei einem Besuch in Polen eine weitreichende Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine angekündigt. „Wir sind natürlich bereit, zusammenzuarbeiten und in unserem eigenen Land ukrainische Flüchtlinge in beachtlicher Zahl aufzunehmen, wie wir es immer getan haben und immer tun werden“, sagte Johnson am Dienstag in Warschau bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem polnischen Amtskollegen Mateusz Morawiecki. Details dazu, wie viele Flüchtlinge Großbritannien aufnehmen will, blieben zunächst unklar. Die britische Regierung war zuvor unter Druck geraten, weil sie sich – anders als etwa die EU – bislang mit großzügigen Aufnahmeangeboten für Ukrainerinnen und Ukrainer zurückgehalten hatte. Eine harsche, restriktive Einwanderungspolitik war eines der zentralen Versprechen des Brexits und damit ein Markenkern von Johnsons konservativer Regierung. Doch derzeit zeigt sich auch in der britischen Bevölkerung eine große Solidarität mit der Ukraine. 12:00 Uhr – UN: Bisher unter Zivilisten 136 Tote und 400 Verletzte in Ukraine Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine sind nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) mindestens 136 Zivilisten getötet worden, darunter 13 Kinder. Zudem seien 400 verletzt worden. „Die tatsächliche Zahl ist wahrscheinlich viel höher“, sagte eine Sprecherin des UN-Menschenrechtsbüros (OHCHR). 253 der Opfer habe es in den Regionen Donezk und Lugansk im Osten der Ukraine gegeben. 12:03 Uhr – Nato wird keine Truppen oder Flugzeuge in die Ukraine bewegen Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat eine Beteiligung des Militärbündnisses am Ukraine-Krieg erneut entschieden ausgeschlossen. „Die Nato wird keine Truppen in die Ukraine entsenden oder Flugzeuge in den ukrainischen Luftraum verlegen“, sagte der Norweger am Dienstag bei einem Besuch auf dem polnischen Luftwaffenstützpunkt Lask. „Die Nato wird sich nicht an dem Konflikt beteiligen.“ Der polnische Präsident Andrzej Duda bekräftigte: „Wir schicken unsere Flugzeuge nicht, denn das würde eine militärische Einmischung in den Konflikt bedeuten, der sich in der Ukraine abspielt, es würde bedeuten, dass sich die Nato in den Konflikt einschaltet, aber die Nato keine Partei in dem Konflikt ist“. Duda verwies darauf, dass man vielseitige Hilfe, vor allem humanitäre Hilfe leiste. „Aber unsere Flugzeuge fliegen momentan nicht in die Ukraine.“ 11:55 Uhr – Lawrow kritisiert „russenfeindlichen Rausch“ der EU Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagt, die Entscheidung der EU, die Ukraine mit tödlichen Waffen zu versorgen, sei in einem „russenfeindlichen Rausch“ getroffen worden. Mit Blick auf die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine fügt Lawrow hinzu: „Ich hoffe, dass die ukrainische Seite den Ernst der Lage und ihre Verantwortung erkennt.“ Die arrogante Philosophie des Westens müsse ein Ende haben. 11:52 Uhr – Italien evakuiert Botschaft in Kiew – Appell an Mitbürger Italien hat seine Botschaft in Kiew evakuiert. Wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine wurde das Personal der diplomatischen Vertretung zusammen mit einer Gruppe anderer Italiener in die Residenz des Botschafters gebracht. Das sagte Ministerpräsident Mario Draghi am Dienstag in einer Rede im Senat, einer der beiden Parlamentskammern in Rom. Von insgesamt 87 Personen in der Botschafterresidenz sollten 72 Italiener, darunter nach Angaben Draghis auch Kinder und Kleinkinder, noch am Dienstag in Richtung Lwiw nahe der ukrainisch-polnischen Grenze aufbrechen. Die Regierung in Rom rief alle noch in Kiew und Umgebung verbliebenen Italiener auf, so schnell wie möglich die Hauptstadt mit Autos oder Zügen zu verlassen. Dies sei tagsüber außerhalb der Ausgangssperre noch möglich, sagte Draghi. „Die Situation aber kann sich wegen der Militärschläge verändern. Wir raten zu äußerster Vorsicht.“ 11:46 Uhr – Letzte OSZE-Beobachter sitzen in umkämpften ukrainischen Städten fest Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat noch nicht alle ihre Beobachter aus der Ukraine abziehen können. Der Großteil des zuletzt rund 500 Personen starken Teams habe das Land verlassen, doch aus den umkämpften Städten Charkiw und Cherson seien noch keine Evakuierungen möglich gewesen, bestätigte das OSZE-Sekretariat am Dienstag in Wien. „Wegen der anhaltenden militärischen Aktivitäten mit Geschützfeuer und Kämpfen, und wegen der dynamischen Verschiebung der Front“ würden die Beobachter dort weiterhin auf günstige Zeitfenster für den Abzug warten, hieß es in einem OSZE-Bericht. Auch aus den relativ ruhigeren östlichen Regionen Luhansk und Donezk seien einige Beobachter noch nicht evakuiert worden. 11:43 Uhr – Selenskyj: Angriffe auf Charkiw sind Staatsterrorismus von Russland Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnet die Angriffe auf die Stadt Charkiw als russischen Staatsterrorismus. Er fügt hinzu, dass die Ukraine ihre Botschafter aus Kirgistan und Georgien abziehe. 11:41 Uhr – Kreml-Sprecher: Sanktionen werden keinen Kurswechsel bewirken Die Sanktionen des Westens werden Russland nicht zu einem Kurswechsel bewegen, wie Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagt. Es gebe zwar Verhandlungen mit der Ukraine, aber keine Pläne für Gespräche der beiden Präsidenten. Peskow weist Vorwürfe zurück, Russland greife bewusst zivile Ziele an. 11:39 Uhr – Europäisches Parlament: Russland ist ein „Schurkenstaat“ Das Europäische Parlament stuft Russland wegen der Invasion in der Ukraine als „Schurkenstaat“ ein. Dies geht aus einem Entwurf für eine Entschließung hervor, die die Parlamentarier verabschieden wollen. Eine Mehrheit dafür gilt als sicher. 11:33 Uhr – Rotes Kreuz braucht 243 Millionen Euro für Ukraine-Hilfe Das Rote Kreuz fordert insgesamt 272 Millionen US-Dollar (243 Millionen Euro), um das Leid in der Ukraine zu lindern. „Die Zahl der Toten steigt weiter“, sagte der Generaldirektor des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Robert Mardini, am Dienstag in Genf. Die Gesundheitseinrichtungen seien mit der Situation überfordert. Zudem gebe es bereits dauerhafte Unterbrechungen in der Strom- und Wasserversorgung. Der Gesamtappell bezieht sich auf das IKRK sowie die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC). Mit 163 Millionen US-Dollar (146 Millionen Euro) will das IKRK unter anderem Binnenvertriebene versorgen und Krankenhäuser unterstützen. Die 109 Millionen US-Dollar (97 Millionen Euro) für das IFRC sollen den Rotkreuzgesellschaften in der Ukraine und den Nachbarländern zugutekommen. 11:33 Uhr – US-Soldaten beginnen Militärmanöver „Saber Strike“ in der Slowakei Vor dem Hintergrund des Konflikts im Nachbarland Ukraine hat in der Slowakei ein zweiwöchiges Großmanöver der slowakischen und US-Streitkräfte unter der Bezeichnung „Saber Strike“ (Säbelhieb) begonnen. Stefan Zemanovic, der Sprecher des slowakischen Verteidigungsministeriums, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage, die Übung habe planmäßig am Dienstag begonnen. Allerdings seien weniger US-Soldaten ins Land gekommen als ursprünglich geplant. Das liege aber nicht am Krieg in der Ukraine, sondern habe rein organisatorische Gründe. Statt 3000 würden nur etwas mehr als 2000 Soldaten daran teilnehmen, davon rund ein Drittel slowakische und zwei Drittel amerikanische. Der Großteil des Manövers konzentriert sich nach Angaben von Zemanovic auf das in der südlichen Mitte der Slowakei gelegene Militärübungsareal Lest und den in dessen Nähe befindlichen Militärflughafen Sliac. Auch der nördlich von Bratislava gelegene Militärflughafen Kuchyna und die Region Levice im Südwesten der Slowakei seien einbezogen. Das Manöver ist nach Angaben des slowakischen Verteidigungsministeriums unabhängig von der Situation im Nachbarland Ukraine seit fast zwei Jahren für den Zeitraum vom 1. bis 14. März vorbereitet worden. 11:31 Uhr – Ökonomen: Westen hat Spielraum für härtere Russland-Sanktionen Der Westen kann Ökonomen zufolge bei den Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine noch deutlich nachlegen. „Den giftigsten Pfeil hat er noch nicht verschossen: einen Importstopp von Gas“, sagte der Direktor des Österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung (Wifo) in Wien, Gabriel Felbermayr, am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Allein Deutschland überwies 2021 nach Angaben des Statistischen Bundesamts 19,4 Milliarden Euro für Erdöl und Erdgas nach Russland. „Allerdings wäre diese Waffe auch für die EU sehr teurer“, sagte Felbermayr. Denn vor allem das auch für die Industrie wichtige Erdgas kann nicht so einfach durch Importe aus anderen Ländern ersetzt werden. „Der Westen hat noch nicht alle Pfeile aus seinem Köcher verschossen“, sagte der Handelsexperte des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Hendrik Mahlkow, mit Blick auf die noch möglichen Sanktionen. „Wir sind noch nicht am Maximum.“ So könnte der Warenhandel der westlichen Verbündeten mit Russland komplett eingestellt werden, was es selbst zu Zeiten des Kalten Krieges mit der Sowjetunion nicht gegeben habe. „Das wäre das schärfste Schwert, das würde die russische Wirtschaft sehr stark treffen“, sagte Mahlkow. Allein ein Handelsboykott von Gas würde nach IfW-Berechnungen das russische Bruttoinlandsprodukt um 2,9 Prozent einbrechen lassen. „Russland ist abhängig von den EU-Märkten“, sagte Mahlkow. Von den gesamten Warenexporten Russlands entfielen 2020 mehr als ein Drittel auf die Europäische Union. Umgekehrt jedoch lieferte die EU nur rund vier Prozent ihrer Exporte nach Russland und bezog gut fünf Prozent ihrer Importe von dort. 11.20 Uhr – Lawrow: Ukraine könnte an Atomwaffen kommen Der Westen sollte dem russischen Außenminister Sergej Lawrow zufolge in keiner früheren Sowjetrepublik Militärstützpunkte aufbauen. Es sei auch nicht zu akzeptieren, dass in einigen europäischen Ländern US-Atomwaffen stationiert seien, zitieren russische Nachrichtenagenturen Lawrow. Russland werde Maßnahmen ergreifen, um die Ukraine davon abzuhalten, sich solche Waffen zu besorgen. Die Gefahr bestehe, sagt Lawrow in einer vorab aufgezeichneten Ansprache an eine Abrüstungskonferenz in Genf. „Die Ukraine ist noch im Besitz von Technologien aus Sowjetzeiten und hat die Mittel, zu solchen Waffen zu kommen.“ 11:16 Uhr – UN: Über 660.000 Menschen aus Ukraine geflohen Mehr als 660.000 Menschen haben nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) seit Beginn der russischen Invasion am Donnerstag die Ukraine in Richtung Nachbarländer verlassen. Bei der Einreise nach Polen gibt es demnach kilometerlange Schlangen und Menschen müssen bis zu 60 Stunden warten. Die Warteschlangen vor der Grenze nach Rumänien seien bis zu 20 Kilometer lang. 11:10 Uhr – Ukraine-Krieg: Kiew bietet aufgebenden russischen Soldaten Geld Die Ukraine hat russischen Soldaten Straffreiheit und Geld angeboten, wenn sie sich ergeben. „Trefft Eure Wahl. Kommt ohne Waffen und mit weißer Flagge heraus“, schrieb Verteidigungsminister Olexij Resnikow in der Nacht zum Dienstag bei Facebook. Geboten werden jedem Soldaten umgerechnet mehr als 40.000 Euro. Finanziert werde die Aktion von der internationalen IT-Industrie. „Jeder, der sich weigert, ein Besatzer zu sein, bringt den Frieden näher. Für diejenigen, die den Weg des Besatzers wählen, wird es keine Gnade geben!“, sagte Resnikow. Ob sich ergebende Russen das Geld tatsächlich erhalten, war zunächst nicht zu überprüfen. 11:05 Uhr – Italien will EU-Schuldengrenzen wegen Ukraine-Krieg ausgesetzt lassen Italien will die Verschuldungsobergrenzen in der Europäischen Union (EU) wegen des Ukraine-Kriegs länger ausgesetzt halten. Außerdem sollte es einen EU-Sonderfonds geben, um Staaten zu helfen, die indirekt besonders stark von den Sanktionen gegen Russland getroffen werden. Die Vorschläge gehen aus einer Beschlussvorlage für das Parlament hervor, über die noch am Dienstag abgestimmt werden soll. Mit der Resolution sollen italienische Rüstungsexporte für die Ukraine genehmigt werden. 11:02 Uhr – Moskau setzt Angriffe fort: „Bis gesetzte Ziele erreicht sind“ Russland hat die Fortsetzung des Angriffs gegen die Ukraine bestätigt. „Die Gruppierung der Streitkräfte der Russischen Föderation führt weiterhin eine Spezial-Militäroperation durch, bis die gesetzten Ziele erreicht sind“, sagte Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Dienstag in Moskau der Agentur Interfax zufolge. Das Wichtigste sei, Russland „vor der militärischen Bedrohung durch westliche Länder zu schützen, die versuchen, das ukrainische Volk im Kampf gegen unser Land einzusetzen“, sagte Schoigu. Er warf der Ukraine vor, mehrere Raketensysteme, Kanonen und Mörser „in den Höfen von Wohngebäuden, in der Nähe von Schulen und Kindergärten“ aufgestellt zu haben. „Während militärischer Zusammenstöße zögert die ukrainische Seite nicht, Zivilisten als menschliches Schutzschild zu missbrauchen“, behauptete der Vertraute von Präsident Wladimir Putin, der am vergangenen Donnerstag den Angriff auf das Nachbarland Ukraine angeordnet hatte. 10:51 Uhr – Ukrainische Hafenstadt Mariupol nach russischer Offensive ohne Strom In der ostukrainischen Hafenstadt Mariupol ist nach einer russischen Offensive die Stromversorgung unterbrochen. „In Mariupol wurde die Stromleitung gekappt, die Stadt ist ohne Strom“, erklärte der Gouverneur der Region Donetsk, Pawlo Kirilenko, am Dienstag auf Facebook. Mariupol und Wolnowacha stünden „unter dem Druck des Feindes, aber sie halten stand“, erklärte der Gouverneur. Das rund 20.000 Einwohner zählende Wolnowacha sei jedoch weitgehend „zerstört“. Die russische Armee rückt derzeit von zwei Seiten entlang der Küste am Asowschen Meer vor – von der annektierten Halbinsel Krim und von der russischen Grenze aus. Die Einnahme von Mariupol, einer strategisch wichtigen Hafenstadt mit einer halben Million Einwohnern, und Wolnowacha würde einen Zusammenschluss der russischen Truppen erleichtern. 10:47 Uhr – Draghi zu noch schärferen Sanktionen gegen Russland bereit Italien ist laut Ministerpräsident Mario Draghi bereit, weitere Strafmaßnahmen gegen Russland mitzutragen. Oligarchen könnten unter anderem noch stärker ins Visier genommen werden. 10:47 Uhr – US-Delegation demonstriert Unterstützung für Taiwan – Peking empört Vor dem Hintergrund der Invasion Russlands in der Ukraine ist eine Delegation früherer US-Verteidigungspolitiker in Taiwan eingetroffen, um Unterstützung der USA für die demokratische Insel zu demonstrieren. Die Regierung in Taipeh begrüßte die Visite am Dienstag als Zeichen, dass die Beziehungen zu den USA „felsenfest“ seien – besonders zum Zeitpunkt des Krieges in der Ukraine. Präsidentin Tsai Ing-wen will die Delegation am Mittwoch empfangen. In der Gruppe sind Ex-Stabschef Mike Mullen sowie frühere führende Mitglieder des nationalen Sicherheitsteams des Weißen Hauses und des US-Verteidigungsministeriums. Der Visite findet große Aufmerksamkeit, weil China mit einer Eroberung Taiwans droht – ähnlich wie Russland die Invasion in der Ukraine vorantreibt. Die kommunistische Führung in Peking betrachtet die freiheitliche Insel nur als Teil der 1949 gegründeten Volksrepublik, obwohl sie nie dazugehört hat. 10:43 Uhr – Russischer Agentur Ruptly laufen in Berlin die Mitarbeiter davon Der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Ruptly mit Sitz in Berlin laufen nach dem Einmarsch in die Ukraine die Mitarbeiter weg. Einige beschwerten sich in einer Telefonkonferenz, dass sie die Invasion nicht als solche bezeichnen dürften, geht aus einer der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Aufzeichnung einer Telefonkonferenz hervor. Moskau nennt seine Invasion einen „Sondereinsatz“ und hat die heimischen Medien dazu angehalten, diesen Begriff zu verwenden. Mindestens drei leitende Redakteure hatten bis Montag gekündigt, sagte ein Mitarbeiter von Ruptly, der anonym bleiben wollte. Eine von ihnen, die Planungsleiterin Katerina Alexandridi, bestätigte ihren Weggang gegenüber Reuters. Andere konnten nicht sofort erreicht werden. Auf eine per E-Mail gestellte Nachfrage bei der auf der Ruptly-Seite als Ansprechpartner genannten Person kam folgende automatische Antwort: „Seit dem 25. Februar 2022 arbeite ich nicht mehr als Chief Marketing Officer bei Ruptly“. „Alle sind krank oder haben gekündigt“, sagte eine Ruptly-Mitarbeiterin. „Man kann nicht Teil einer solchen Sache sein und dann in ein Flüchtlingslager gehen und so tun, als ob man sich kümmert.“ 10:42 Uhr – Rumänien setzt sich für EU-Beitritt der Ukraine ein Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis hat sich für einen EU-Beitritt der Ukraine sowie der Republik Moldau und Georgiens ausgesprochen. „Rumänien unterstützt voll die Integration der Ukraine, der Republik Moldau und Georgiens in die Europäische Union. Der Platz dieser Partner der EU ist in der europäischen Familie und Rumänien wird sein Bestes tun, damit dies Realität wird“, schrieb Iohannis am Dienstag bei Twitter. Vor dem Hintergrund der russischen Invasion in die Ukraine hatte deren Präsident, Wolodymyr Selenskyj, einen schnellen EU-Beitritt verlangt. 10:42 Uhr – EU-Kommission: „Wir können russisches Gas nicht komplett verbannen“ Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Margrethe Vestager, hat die Entscheidung gerechtfertigt, trotz harter Sanktionen weiter Gas aus Russland zu importieren. „Wir können russisches Gas nicht komplett verbannen, einige EU-Staaten sind noch zu sehr davon abhängig“, sagte Vestager dem „ Spiegel (verlinkt auf https://www.spiegel.de/wirtschaft/eu-vizepraesidentin-margrethe-vestager-das-ist-ein-kalter-krieg-fuer-das-21-jahrhundert-a-683e633d-4d03-4fe1-ac0c-f46b80f5ceed) “. Die EU betrachte Gas jedoch als Übergangstechnologie. „Zum Schutz des Klimas haben wir begonnen, unsere Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren. Und zwar in einem Tempo, das man bis vor Kurzem nicht für möglich gehalten hätte“, so Vestager. „Das wird zusätzlichen Druck auf Moskau ausüben.“ Die wirtschaftlichen Kosten des Krieges, so die EU-Kommissarin, würden „alle spüren, auch wir, die wir in relativer Sicherheit in Mitteleuropa leben.“ Sie sehe aber keine Gefahr, dass die Kollateralschäden für die europäische Wirtschaft am Ende größer ausfallen könnten als die Nachteile für Putin. „Russland hat ein riesiges Territorium, aber eine bescheidene Wirtschaftskraft, nicht größer als die Spaniens. Die EU ist noch immer der drittgrößte Binnenmarkt der Welt. Europa hat deshalb viel mehr Möglichkeiten als Russland, die Folgen von Sanktionen abzufedern“, so Vestager. 10:41 Uhr – Containerriese Maersk stoppt Transporte von und nach Russland Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs hat die dänische Containerreederei Maersk den Großteil der Transporte von und nach Russland gestoppt. „Da die Stabilität und Sicherheit unseres Betriebs direkt und indirekt schon durch die Sanktionen beeinflusst wird, werden neue Maersk-Buchungen über See und Land nach und von Russland vorübergehend ausgesetzt“, teilte der Konzern mit Sitz in Kopenhagen am Dienstag mit. Ausgenommen sind Lebensmittel, medizinische und humanitäre Lieferungen. Einen Buchungsstopp für die Ukraine hatte Maersk bereits am Donnerstag bekannt gegeben. Auch die Hamburger Reederei Hapag-Llloyd hatte in der vergangenen Woche eine vorübergehende Buchungssperre für Russland und die Ukraine beschlossen. 10:41 Uhr – Zahl der in Deutschland ankommenden Kriegsflüchtlinge steigt Während Hunderttausende Menschen in den Nachbarländern der Ukraine Zuflucht suchen, steigt allmählich auch die Zahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet. Bis Dienstagmorgen habe die Bundespolizei die Einreise von 3063 Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine in Deutschland festgestellt, teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage mit. Da an den EU-Binnengrenzen keine Grenzkontrollen stattfänden, könne die Zahl der nach Deutschland eingereisten Kriegsflüchtlinge tatsächlich allerdings bereits wesentlich höher sein. Das Bundesinnenministerium steht bereits seit der vergangenen Woche in Kontakt mit den Ländern, um festzustellen, wo es freie Kapazitäten für die Unterbringung der Geflüchteten gibt. Ein Teil der Ukrainer dürfte allerdings erst einmal bei Verwandten und Freunden unterkommen. In Deutschland leben mehr als 325.000 Menschen mit einem ukrainischen Migrationshintergrund. 10:38 Uhr – Separatistenführer Puschilin – Wollen Mariupol heute einkesseln Die ukrainische Hafenstadt Mariupol soll dem Anführer der Separatisten in Donezk, Denis Puschilin, zufolge im Laufe des Tages eingekesselt werden. „Die Aufgabe für heute ist es, Mariupol einzukreisen“, zitiert die Nachrichtenagentur RIA Puschilin aus einem Fernsehinterview. 10:36 Uhr – Spanien schließt direkte Waffenlieferungen an Ukraine aus Der spanische Regierungschef Pedro Sánchez hat anders als andere Nato- und EU-Partner direkte Waffenlieferungen an die Ukraine vorerst ausgeschlossen. Spanien beteilige sich vielmehr an dem EU-Programm zur Lieferung von Waffen und Ausrüstung an die ukrainischen Streitkräfte, sagte der Sozialist am späten Montagabend im TV-Sender RTVE. Spanien sei der viertgrößte Geldgeber des Finanzierungsinstruments, das 450 Millionen Euro für Waffen und 50 Millionen Euro für Ausrüstung und Treibstoffe für die Ukraine vorsieht. Zuvor hatte der kleinere, linkere Koalitionspartner Unidas Podemos die Rolle der Nato und EU-Waffenlieferungen an die Ukraine kritisiert. Sánchez warnte den russischen Präsidenten Wladimir Putin, die Sanktionen des Westens gegen Russland würden so lange aufrechterhalten bleiben, bis Russland „alle seine Truppen aus der ganzen Ukraine“ abgezogen habe. 10:35 Uhr – Volleyball-Weltverband entzieht Russland die Männer-WM Der Volleyball-Weltverband FIVB entzieht Russland wegen der Invasion in die Ukraine die Männer-Weltmeisterschaft. Ein neuer Ausrichter für das WM-Turnier vom 26. August bis 11. September werde nun gesucht, teilte die FIVB am Dienstag mit. Wegen des Krieges in der Ukraine sei es „unmöglich, Weltmeisterschaften in Russland vorzubereiten und durchzuführen“, hieß es in dem Statement. Der Weltverband sei „ernsthaft besorgt über die eskalierende Situation und die Sicherheit der Menschen in der Ukraine“. Die FIVB hatte Russland bereits als Etappenort der Nationenliga gestrichen. Ursprünglich waren bei den Frauen ab Ende Juni in Ufa und bei den Männern ab Anfang Juli in Kemerewo Partien in Russland vorgesehen. Die Ersatzausrichter sollen in Kürze benannt werden. 10:33 Uhr – Ärzteverband: Krieg in Ukraine Katastrophe für Kinder Kinder- und Jugendärzte in Deutschland haben an ihre Kollegen in Russland appelliert, sich für eine „unverzügliche Einstellung“ des Krieges in der Ukraine einzusetzen. Die russische Invasion habe viele Kinder und Jugendliche ihr Zuhause gekostet, es seien Verletzte und auch Tote zu beklagen, betonte der Berufsverband BVKJ in Köln. „Mit uns verbundene Ärzte in der Ukraine berichten über Todesopfer und Verletzte, über bombardierte Kinderkrankenhäuser und Kitas“, schilderte Verbandspräsident Thomas Fischbach. Der Krieg bedeute aber auch für die russischen Kinder und Jugendlichen eine Katastrophe. „Russland hat sich mit dem Krieg international isoliert.“ Kein Forscherteam werde mehr mit russischen Kollegen zusammenarbeiten, sämtliche Kooperationen mit Kliniken würden zum Erliegen kommen, ebenso wie über viele Jahre hinweg gewachsene Kontakte zwischen deutschen und russischen Medizinern und Wissenschaftlern. „Russland schließt sich mit diesem Krieg vom internationalen Fortschritt der Medizin und Wissenschaft aus – auf Kosten seiner Bürger und Bürgerinnen“, warnte der Verband. 10:33 Uhr – Generalinspekteur gibt Tagesbefehl: „tief greifende Veränderungen“ Generalinspekteur Eberhard Zorn hat die Bundeswehr auf tief greifende Veränderungen eingestellt. Der rücksichtslose Angriffskrieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin gegen die Ukraine habe eine neue Realität geschaffen, schrieb Deutschlands ranghöchster Soldat am Dienstag an die Truppe. Er wies auf laufende und künftige Schritte zur Verstärkung der Nato-Ostflanke hin, wie die Beteiligung an einem Kampfverband in der Slowakei. Von besonderer Bedeutung sei nun auch der „Grundbetrieb“, schrieb Zorn und wies auf Munitionsdepots, Sanitäts-, Logistik und Führungseinrichtungen hin. Das Kontingent zur Corona-Amtshilfe werde deutlich reduziert. Die Soldaten würden im Kernauftrag der Landes- und Bündnisverteidigung gebraucht. „Durch die Pandemie entstandene Ausbildungslücken sind unverzüglich zu schließen“, schrieb er. 10:30 Uhr – Woidke: Kohleausstieg 2030 muss neu diskutiert werden Aus Sicht von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) muss nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine der auf 2030 vorgezogene Kohleausstieg neu diskutiert werden. Es könne keine Denkverbote geben, sagte Woidke am Dienstag „radioeins“ vom rbb. „Wir müssen erstmal sehen, dass wir in Deutschland die Energieversorgung rund um die Uhr sichern und da wird und muss die Kohle natürlich in der Diskussion eine Rolle spielen“, sagte Woidke. Gleichzeitig müsse der Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigt werden. 10:24 Uhr – Russische Separatisten rufen Menschen zum Verlassen von Mariupol auf Die russischen Separatisten wollen nach eigenen Angaben für Einwohner der Stadt Mariupol im Südosten der Ukraine zwei „humanitäre Korridore“ einrichten. Die Menschen könnten bis Mittwoch die umkämpfte Stadt verlassen, sagte der Sprecher der Aufständischen im Gebiet Donezk, Eduard Bassurin, am Dienstag der Agentur Interfax zufolge. „Wir garantieren die Sicherheit auf Abschnitten der Fernstraße E58 sowohl in Richtung der Region Saporischschja als auch in Richtung des Territoriums der Russischen Föderation.“ Russische Truppen sollten dabei helfen. Mariupol ist heftig umkämpft. Es wird befürchtet, dass russisches Militär die Stadt am Asowschen Meer einnimmt. 10:13 Uhr – Klimaaktivistin Neubauer: Erneuerbare Energien sind Friedensenergien Mit Blick auf den Richtungswechsel in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine fordert die Fridays-For-Future-Aktivistin Luisa Neubauer auch eine radikalere Wende in der Klimapolitik. „Fossile Energien finanzieren und befeuern auch Kriege“, sagte Neubauer dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Dienstag). Kohle, Öl und Gas raubten im Augenblick Lebensgrundlagen und Perspektiven. „Frieden und Sicherheit und Souveränität kann es nicht geben, solange wir von fossilen Energien abhängen“, betonte Neubauer. Kaum ein Land auf der Welt sei vor Klimagefahren wie Dürren, Hitze, Fluten und Stürme ausreichend geschützt. Die fossilen Systeme hinter den Krisen und Katastrophen der Welt seien nicht mehr tragbar. „Wir haben Alternativen, nutzten wir sie. Erneuerbare Energien sind nicht nur Freiheitsenergien – sie sind Friedensenergien.“ 10:09 Uhr – DHL stellt Sendungen nach Russland ein Die Post-Tochter DHL befördert keine Sendungen mehr nach Russland. „Einfuhren nach Russland haben wir (..) bis auf Weiteres ausgesetzt, weshalb wir aktuell auch keine Sendungen entgegennehmen, die für Russland bestimmt sind“, teilte DHL am Dienstag auf seiner Internet-Seite mit. Transportleistungen in die und aus der Ukraine hatte DHL bereits zuvor vorübergehend eingestellt. 10:06 Uhr – Polen: Bislang rund 380.000 Flüchtlinge aus der Ukraine eingetroffen In Polen sind nach Angaben des Grenzschutzes seit Beginn des Ukraine-Kriegs mehr als 377.400 Flüchtlinge aus dem Nachbarland angekommen. Allein am Montag hätten 100.000 Menschen die Grenze überquert, teilten die polnischen Grenzschützer am Dienstag per Twitter mit. Die Warteschlangen vor der Abfertigung auf der ukrainischen Seite der Grenze hätten sich verkürzt, da sich Polens Regierung und Präsident Andrzej Duda beim ukrainischen Grenzschutz für eine Vereinfachung der Prozedur eingesetzt hätten, sagte ein Regierungssprecher in Warschau. Frauen und Kinder würden jetzt praktisch ohne Kontrolle durchgelassen. 10:00 Uhr – Selenskyj-Berater: Russland will Massenpanik schüren Einem Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufolge nimmt Russland bewusst Wohngebiete und Innenstädte unter Beschuss. „Russlands Ziel ist klar – Massenpanik, zivile Opfer und zerstörte Infrastruktur.“ 09:59 Uhr Vorwurf Spionage – USA weisen russische UN-Diplomaten aus Die USA haben die Ausweisung von zwölf russischen Diplomaten bei den Vereinten Nationen bekannt gegeben. Diese seien an Aktivitäten beteiligt gewesen, die nicht im Einklang mit ihren Aufgaben und Pflichten als Diplomaten stünden, sagte der stellvertretende amerikanische UN-Botschafter Richard Mills am Montag. Die US-Regierung warf den Diplomaten Spionage vor. Ihre Ausweisung habe sich seit Monaten abgezeichnet. Mills bestätigte die Ausweisungen, nachdem der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja vor dem Weltsicherheitsrat am Montagnachmittag mitgeteilt hatte, er sei über einen weiteren feindseligen Schritt des Gastgeberlandes gegen die russische Vertretung informiert worden. Nebensja bezeichnete die Ausweisungen als grobe Verletzung des UN-Abkommens mit den Vereinigten Staaten als Gastgeber der Vereinten Nationen und als Verstoß gegen das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen. Der Spionagevorwurf sei ein Vorwand, der in solchen Fällen immer hervorgeholt werde. Wie Russland reagiere, habe nicht er zu entscheiden. 09:59 Uhr – Bürgermeister von Mariupol – Stadt unter ständigem Beschuss Die ukrainische Hafenstadt Mariupol steht ihrem Bürgermeister zufolge unter ständigem Beschuss. Dabei sei Infrastruktur sowie Schulen und Häuser zerstört worden, sagt Wadym Boitschenko in einer Live-Übertragung im ukrainischen Fernsehen. „Es gibt viele Verletzte. Es wurden Frauen und Kinder getötet.“ Wohngebiete würden seit fünf Tagen angegriffen. Russland greife mit Artillerie und aus der Luft an, sagt der Bürgermeister der im Süden der Ukraine gelegenen Stadt. 09:59 Uhr – Internationaler Strafgerichtshof plant Ermittlungen in Ukraine Der Internationale Strafgerichtshof will so schnell wie möglich wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine aktiv werden. Es gebe eine hinreichende Grundlage für Ermittlungen, teilte Chefankläger Karim Khan am Montagabend in Den Haag mit. Die Richter des Gerichts müssen dem Antrag auf Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens noch zustimmen. Im Zuge eines Ermittlungsverfahrens werden mutmaßliche Täter identifiziert, die bei ausreichenden Beweisen angeklagt werden können. Ermittlungen würden demnach Verbrechen rund um die „Maidan“-Proteste und die Kämpfe in der Ostukraine und auf der Krim umfassen. Außerdem wolle er Verbrechen untersuchen, die in den vergangenen Tagen auf dem Grundgebiet der Ukraine begangen wurden, erklärte Khan. Er habe sein Team bereits beauftragt, mögliche Beweise und Spuren zu sichern. 09:54 Uhr – Münchner OB Reiter wirft Dirigent Gergijew raus Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat den Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker, Waleri Gergijew, wegen dessen Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin entlassen. Gergijew habe sich trotz Aufforderung, sich eindeutig und unmissverständlich von dem Krieg gegen die Ukraine zu distanzieren, nicht geäußert, begründete Reiter am Dienstag den Schritt. 09:53 Uhr – Schröder verliert alle Mitarbeiter in Bundestagsbüro Altkanzler Gerhard Schröder verliert alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in seinem Bundestagsbüro. „Ich kann bestätigen, dass die vier Mitarbeiter in dem Büro gebeten haben, wieder in anderen Funktionen zu arbeiten“, sagt Albrecht Funk aus dem Büro auf Anfrage. Die vier sind formal beim Kanzleramt angestellt und werden nun an anderer Stelle beschäftigt. Zu den Gründen will sich Funk nicht äußern. Hintergrund dürften aber unterschiedliche Auffassungen zu dem Ukraine-Russland-Konflikt sein. Schröder weigert sich trotz entsprechender Aufforderungen auch der SPD-Spitze, seine Posten bei russischen Energiekonzernen nach der russischen Invasion in der Ukraine abzugeben. 09:50 Uhr – EU-Kommission will Russia Today und Sputnik sanktionieren Die EU-Kommission will die russischen Staatsmedien Russia Today und Sputnik sanktionieren. Demnach soll deren Zugang zu europäischen Medien-Kanälen blockiert werden, wie Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton mitteilt. Die Mitgliedstaaten müssen dem Vorgehen demnach noch zustimmen, womit die EU-Kommission noch im Tagesverlauf rechnet. 09:46 Uhr – Britischer Premier Johnson: „Putin muss scheitern“ Anlässlich seiner Reise nach Polen und Estland hat der britische Premierminister Boris Johnson „maximalen Druck“ auf Russland angekündigt. Der russische Präsident Wladimir Putin müsse weiterhin die Konsequenzen für den Einmarsch in die Ukraine spüren, sagte Johnson am Dienstag. „Putin muss scheitern“ – darin seien sich Großbritannien und seine Verbündeten einig. Johnson wird bei seinem Besuch den polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki und in Estland unter anderem Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg treffen. Außenministerin Liz Truss hatte zuvor weitere Sanktionen gegen Moskau angekündigt: So werde London etwa Exporte nach Russland in einer Reihe von „kritischen Sektoren“ verbieten sowie gegen Oligarchen und weitere russische Banken in Großbritannien vorgehen. 09:46 Uhr – Tui-Aktionär Mordaschow hält Sanktionen gegen ihn für unverständlich Der russische Tui-Großaktionär Alexej Mordaschow hat mit Unverständnis auf die Sanktionen der EU gegen ihn reagiert. „Ich kann nicht verstehen, wie diese Sanktionen gegen mich zu der Beilegung des schrecklichen Konflikts in der Ukraine beitragen sollen“, erklärte der Oligarch in der Nacht zum Dienstag schriftlich. „Ich engagiere mich seit sehr langer Zeit für die Entwicklung der wirtschaftlichen, kulturellen und humanitären Zusammenarbeit zwischen vielen europäischen Ländern.“ Laut seiner Sprecherin ist es noch zu früh, um die Konsequenzen für Mordaschows Engagement bei Tui zu beurteilen. 09:45 Uhr – UN-Entwicklungsdirektor: Müssen trotz Krieg Klima-Fortschritte machen Die Vereinten Nationen haben vor Rückschlägen bei der internationalen Klimapolitik wegen des Kriegs in der Ukraine gewarnt. Der Krieg sei dabei nicht hilfreich, sagte der Leiter des UN-Entwicklungsprogramms, Achim Steiner, am Dienstag im Deutschlandfunk. „Wir müssen dort weiter Fortschritte machen, denn sonst verlieren wir die Fähigkeit, gemeinsam zu handeln.“ Als „zutiefst ernüchternd“ bezeichnete Steiner den jüngsten Bericht des Weltklimarats, der am Vortag von einem „schrumpfenden Zeitfenster“ und Milliarden betroffenen Menschen weltweit berichtet hatte. Er mache sich große Sorgen, sagte Steiner, denn wenn das Zeitfenster geschlossen sei, „dann gibt es kein Zurück mehr“. Wie sich der Krieg auf die internationalen Klimaverhandlungen auswirke, könne noch nicht gesagt werden. Die UN habe immer Möglichkeiten, Länder an einen Tisch zu bekommen. 09:45 Uhr – Ukraine will in Deutschland Korvetten und U-Boote bestellen Die Ukraine will nach Angaben des ukrainischen Botschafters in Deutschland, Andreij Melnyk, Waffen in Deutschland bestellen. „Wir wollen bei deutschen Rüstungsfirmen etwa Korvetten und U-Boote bestellen“, sagt Melnyk dem Nachrichtenportal t-online. Konkrete Gespräche darüber seien bis vor wenigen Tagen unmöglich gewesen, weil es eine „politische Blockadehaltung“ gegenüber Waffenlieferungen an die Ukraine gegeben habe. Sein Land benötige auch stationäre Luftabwehrsysteme. „Deutschland liefert diese Systeme nach Ägypten, also warum nicht an uns?“, sagt er. 09:43 Uhr – Annalena Baerbock: „Einigkeit ist für Europa zu einer Überlebensfrage geworden“ Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat vor ihrer Abreise zu Beratungen über den Ukraine-Krieg nach Polen die europäische Einigkeit als „Überlebensfrage“ bezeichnet. „In seinen schwersten Stunden steht Europa am engsten zusammen. Unsere Einigkeit ist für Europa deshalb heute zu einer Überlebensfrage geworden“, erklärte Baerbock am Dienstag in Berlin. In Lodz wird sie vom polnischen Außenminister Zbigniew Rau zu einem gemeinsamen Gespräch mit ihrem französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian empfangen. Das Treffen des sogenannten Weimarer Dreiecks findet vor dem Hintergrund des russischen Großangriffs auf die Ukraine statt. „Wenn unsere drei Länder an einem Strang ziehen – wie jetzt bei der Unterstützung der Ukraine – zieht Europa an einem Strang“, unterstrich Baerbock die Bedeutung der Zusammenarbeit mit Polen und Frankreich. 09:33 Uhr – Belarussischer Präsident: Werden uns nicht an russischer Aktion beteiligen Belarus habe keine Pläne, sich an der russischen Militäroperation in der Ukraine zu beteiligen, sagt Präsident Alexander Lukaschenko der staatlichen Nachrichtenagentur Belta zufolge. Vorwürfe, russische Truppen griffen die Ukraine von belarussischem Territorium aus an, weist er zurück. 09:32 Uhr – Tschetscheniens Machthaber Kadyrow meldet Tod zweier Soldaten im Ukraine-Krieg Tschetscheniens Machthaber Ramsan Kadyrow hat den Tod zweier tschetschenischer Soldaten im Ukraine-Krieg gemeldet. Sechs weitere seien verletzt worden, teilte der autoritäre Machthaber am Dienstag auf Telegram mit. Der seit 2007 herrschende Kadyrow gilt als Vertrauter von Russlands Präsident Wladimir Putin. Er unterstützt dessen Angriff auf die Ukraine mit eigenen Truppen. In seinen Äußerungen am Dienstag übernahm Kadyrow die Argumentation des Kremls und erklärte, die russische Armee greife nicht an. „Sie möchte, dass die Ukrainer ihr Schicksal selbst bestimmen können“, behauptete er. Wie bereits Putin warf er den ukrainischen Behörden vor, von Nazis und „Terroristen“ besetzt zu sein. Er rief die Soldaten und „friedlichen Bürger der Ukraine“ auf, das Land „von Verrätern und Banditen“ zu befreien. 09:29 Uhr – Youtube sperrt Kanäle von RT und Sputnik in Europa Die Videoplattform Youtube hat die Kanäle der russischen Staatssender RT und Sputnik europaweit gesperrt. „Aufgrund des andauernden Krieges in der Ukraine sperren wir mit sofortiger Wirkung Youtube-Kanäle, die mit RT und Sputnik in Europa verbunden sind“, teilte ein Firmensprecher am Dienstag mit. Es werde eine Weile dauern, bis die Maßnahmen technisch umgesetzt werden. „Unsere Teams beobachten die Situation weiterhin rund um die Uhr, um schnellstmöglich zu handeln.“ 09:12 Uhr – UNHCR: 520.000 Menschen aus Ukraine geflüchtet Seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine am Donnerstag sind nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) 520.000 Menschen aus dem Land geflüchtet. Die Zahl der Flüchtlinge steige „exponentiell“ an, teilte der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, am frühen Dienstagmorgen in Genf mit. Er habe fast 40 Jahre in Flüchtlingskrisen gearbeitet, aber kaum jemals einen so schnell wachsenden Exodus erlebt, erklärte Grandi. Die Menschen hätten sich in Polen, der Slowakei, Ungarn, Moldau, Rumänien und anderen Ländern in Sicherheit gebracht, teilte das Hilfswerk UNHCR weiter mit. Insgesamt rechnet das UNHCR mit bis zu vier Millionen Flüchtlingen aus der Ukraine. 09:10 Uhr – Facebook geht gegen russische Staatsmedien vor Nach Vorwürfen wegen Propaganda und Desinformation im Ukraine-Krieg geht Facebook gegen russische Staatsmedien vor. Angesichts der außergewöhnlichen Natur der aktuellen Situation werde man zu diesem Zeitpunkt den Zugang zu RT (früher: Russia Today) und Sputnik in der gesamten EU einschränken, teilte der Leiter der Unternehmenskommunikation von Meta (vormals: Facebook), Nick Glegg, am Montag (Ortszeit) in Menlo Park mit. RT und Sputnik sind vom russischen Staat finanzierte Medien. Kritiker werfen ihnen vor, Desinformation und Fake News zu verbreiten. Außerdem kündigte Meta „umfangreiche Maßnahmen zur Bekämpfung von Falschinformationen“ an, indem das Unternehmen Kapazitäten für Faktenchecks auf Russisch und Ukrainisch ausbaue. Zudem dürften russische Staatsmedien keine Werbung schalten oder Inhalte monetarisieren. 09:02 Uhr – Iran macht die USA für Ukraine-Krise verantwortlich Die Ukraine-Krise wurde dem Iran zufolge von den USA verursacht. Das weltliche und geistliche Oberhaupt der Islamischen Republik, Ajatollah Ali Chamenei, spricht sich für ein Ende des Krieges aus. Der Ursache müsse aber auch Rechnung getragen werden. „Den USA kann man nicht vertrauen“, sagt Chamenei in einer im Fernsehen übertragenen Rede. 09:01 Uhr – Russische Milliardäre stemmen sich gegen EU-Sanktionen Die russischen Milliardäre Michail Fridman und Petr Aven wollen die gegen sie erhobenen EU-Sanktionen anfechten. „Michail Fridman und Petr Aven (…) sind zutiefst schockiert über die nachweislich falschen Behauptungen in der EU-Verordnung“, mit denen die Sanktionen gegen sie gerechtfertigt werden sollen, ließen die Geschäftsleute am Dienstag mitteilen. Die Vorwürfe seien „fadenscheinig und unbegründet“. Dagegen wollen sie „energisch und mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln“ vorgehen. Damit sollen ungerechtfertigte und unnötige Schäden für Mitarbeiter, Kunden und Partner sowie „für die Unternehmen, die sie und ihre Partner in den letzten 25 Jahren aufgebaut haben“, rückgängig gemacht werden. Die EU hatte Aven als „einen der engsten Oligarchen von Wladimir Putin“ bezeichnet. Fridman wurde als ein „führender russischer Finanzier und Förderer von Putins innerem Kreis bezeichnet“. Fridman wies die Vorwürfe zurück. Es sei unwahr, dass er „enge Beziehungen“ zur Regierung von Wladimir Putin gepflegt habe. Beide Milliardäre bezeichneten es als unwahr, dass sie „inoffizielle Abgesandte der russischen Regierung“ seien. „Dies sind böswillige und vorsätzliche Unwahrheiten – schlicht und einfach das Produkt historischer Fantasien und Verschwörungstheorien, die von Privatpersonen mit ihren eigenen Absichten erdacht wurden“, so die beiden Geschäftsleute. 08:59 Uhr – Kühnert verteidigt kurzfristige Entscheidung zu Sonderbudget für Bundeswehr SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hat die kurzfristige Entscheidung zum Sonderbudget von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr verteidigt. Das Paket sei eine Reaktion auf die vorangegangenen Tage gewesen, sagte Kühnert am Dienstag im ARD-„Morgenmagazin“. Es habe nicht in einer Schublade gelegen und sei den Beteiligten daher nicht verschwiegen worden. „Im Laufe des Samstags bis in den späten Abend hinein hat im Kreise der Regierung ein Meinungsbildungsprozess stattgefunden“, sagte Kühnert. Die Informationen seien allen anderen deswegen erst am Sonntag zugänglich gewesen. „Das ist dem Rahmen dieser Situation geschuldet“, sagte Kühnert. 08:54 Uhr – Generalinspekteur Zorn: Keine „konkrete Bedrohung“ durch russische Atomwaffen Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, hält die Aussagen des russischen Präsidenten Waldimir Putin zu den Atomstreitkräften für relevant, aber nicht unmittelbar besorgniserregend. „Wir nehmen diese Aussage ernst“, sagte Zorn am Montagabend im „heute journal“ des ZDF. „Wir verfolgen natürlich mit unseren Mitteln, was sich da gerade tut.“ Dazu gebe es auch engen Austausch innerhalb der Nato. „Ich kann aber noch nirgendwo erkennen, dass in irgendeiner Form tatsächlich Alarmierungsmaßnahmen umgesetzt wurden und wir von einer konkreten Bedrohung in der Praxis ausgehen müssen“, betonte Zorn. Putin hatte am Sonntag nach eigenen Worten angeordnet, „die Abschreckungskräfte der russischen Armee in besondere Kampfbereitschaft zu versetzen“. Diese sogenannten Abschreckungskräfte können auch Atomwaffen umfassen. 08:53 Uhr – Frankreich: Wir führen einen Wirtschaftskrieg gegen Russland Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire erklärt, es werde mit den Sanktionen ein Wirtschaftskrieg gegen Russland geführt. Man werde den Zusammenbruch der russischen Wirtschaft herbeiführen, sagt Le Maire dem Sender France Info. Auch gewöhnliche Russen hätten unter den Sanktionen zu leiden. Er werde die Situation in Russland auch mit dem französischen Energiekonzern Totalenergies besprechen. 08:46 Uhr – Heftige Explosion in Charkiw – Rakete schlägt auf Freiheitsplatz ein In der Stadt Charkiw im Osten der Ukraine hat es nach Angaben aus Kiew erneut schwere russische Angriffe gegeben. Das Außenministerium veröffentlichte am Dienstag bei Twitter ein Video, das einen Raketeneinschlag direkt auf dem zentralen Freiheitsplatz zeigt. Zu sehen ist eine gewaltige Explosion vor dem Verwaltungsgebäude, nachdem dort kurz vor dem Einschlag noch fahrende Autos zu sehen waren. „Russland führt Krieg unter Verletzung des humanitären Völkerrechts“, twitterte das ukrainische Außenministerium. Es warf dem Nachbarland vor, Zivilisten zu töten und zivile Infrastruktur zu zerstören. Das ließ sich nicht unabhängig überprüfen. Russland weist den Vorwurf zurück. Über Opfer wurde zunächst nichts bekannt. Das Ministerium schrieb weiter: „Russlands Hauptziel sind große Städte, die jetzt von seinen Raketen beschossen werden.“ 08:44 Uhr – Großbritannien gegen Flugverbotszone über der Ukraine Großbritannien wird dem Vize-Premierminister Dominic Raab zufolge eine Flugverbotszone über der Ukraine nicht durchsetzen. Selbst wenn Russland Kiew einnehmen sollte, sei der Konflikt nicht vorbei, sagt Raab im Sender Sky News. 08:42 Uhr – Taiwan liefert medizinische Hilfsgüter in die bedrängte Ukraine Taiwan hat 27 Tonnen medizinische Hilfsgüter für die Ukraine auf den Weg gebracht. Sie sollten über Deutschland in das von russischen Truppen angegriffene Land gebracht werden, sagte Außenministeriumssprecherin Joanne Ou am Dienstag. Taiwan leiste als demokratisches Land und Mitglied der internationalen Gemeinschaft gern Hilfe. Der Inselstaat vor der Küste Chinas hat die russische Invasion scharf verurteilt und Sanktionen gegen Russland angekündigt. Wie diese aussehen werden, war noch unklar. Taiwan ist ein führender Hersteller von Halbleiterchips die für technische Geräte wichtig sind – vom Mobiltelefon bis zum Auto. 08:28 Uhr – DOSB-Chef Weikert: Umfassende Sanktionen gegen Russland notwendig DOSB-Chef Thomas Weikert hat eine kompromisslose Reaktion des gesamten Sports auf die russische Invasion in die Ukraine gefordert. „Russland hat das Völkerrecht in eklatanter Weise gebrochen. Deshalb sind Sanktionen in allen gesellschaftlichen Bereichen notwendig – und der Sport kann sich hiervon nicht ausnehmen“, sagte der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds der „Sportschau“. Weikert bekräftigte eine Forderung des Dachverbands, Russland und Belarus vom internationalen Sport zu suspendieren. „Das IOC und die Regeln schreiben Fairness und Fairplay vor, und deshalb ist ein Verbleib von Russland im Moment nicht möglich“, betonte der DOSB-Präsident. „Ich gehe davon aus, dass die überwiegende Mehrheit aller Sportverbände Russland ausschließt“, sagte Weikert in dem Video. Nach den aktuellen Ereignissen müsse sich der Sport „spätestens jetzt hinterfragen, wie er mit Herrschern von Autokratien umgeht“. 08:26 Uhr – Orban will keine Waffenlieferungen an die Ukraine durch Ungarn lassen Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban will es nicht zulassen, dass Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine über ungarisches Hoheitsgebiet durchgeführt werden. „Wir haben entschieden, dass wir keine derartigen Lieferungen durchlassen“, teilte er in einer Erklärung mit, die die staatliche ungarische Nachrichtenagentur MTI am Montagabend veröffentlichte. Das EU- und Nato-Land Ungarn grenzt im Osten an die Ukraine und weist eine etwa 140 Kilometer lange gemeinsame Grenze auf. Die Entscheidung, keine Waffenlieferungen durch Ungarn passieren zu lassen, begründete Orban damit, dass in der westukrainischen Region Transkarpatien mehr als 100 000 ethnische Ungarn leben. Deren Sicherheit wäre durch derartige Lieferungen gefährdet, hieß es. 08:25 Uhr – Großbritannien: Russischer Vormarsch auf Kiew kommt kaum voran Der russische Vormarsch auf Kiew ist nach britischen Angaben in den vergangenen 24 Stunden kaum vorangekommen. Hintergrund seien wahrscheinlich logistische Probleme, heißt es in einer aktualisierten Lage-Einschätzung des Geheimdienstes, die das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht. Das russische Militär habe den Einsatz von Artillerie im Norden der ukrainischen Hauptstadt und um Charkiw sowie Tschernihiw verstärkt. „Schwere Artillerie in stark bewohnten Gebieten erhöht die Gefahr von Opfern unter den Zivilisten.“ Eine Überprüfung der Angaben war Reuters zunächst nicht möglich. 08:24 Uhr – Rund zwei Prozent der ausländischen Bevölkerung in Deutschland stammen aus Russland Von den rund 12,7 Prozent der in Deutschland lebenden Ausländer ohne deutsche Staatsbürgerschaft stammen 2,2 Prozent aus Russland. Ende 2020 lebten 235.000 Russen in Deutschland, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte. Damit zählten sie zur neuntgrößten Gruppe der ausländischen Bevölkerung. 1,3 weitere Prozent stammten aus der Ukraine. Insgesamt lebten 135.000 Menschen dieser Staatsangehörigkeit Ende 2020 in Deutschland. Die Ukraine landete damit auf dem 19. Platz der ausländischen Bevölkerung ohne deutsche Staatsbürgerschaft. In beiden Bevölkerungsgruppen stiegen die Zahlen binnen zehn Jahre stark. Im Vergleich zu Ende 2011 lebten zehn Jahre später 21 Prozent mehr Ukrainer in Deutschland. In dem Zeitraum wuchs die Zahl der in Deutschland lebenden Russen um 33 Prozent. 08:21 Uhr – Weltärztebund-Vorsitzender: Auf Menschen mit Kriegsangst zugehen Angesichts des Krieges in der Ukraine hat der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, dazu aufgerufen, Kriegsängste bei Mitmenschen ernst zu nehmen. „Auf Menschen mit Ängsten muss man zugehen“, sagte er den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Dienstag). Über die Ängste solle gesprochen werden. „Gerade in der älteren Generation kann es jetzt passieren, dass Menschen traumatisch auf die Kriegsnachrichten reagieren, dass sie verstärkte Ängste erleben, sich zurückziehen und zum Beispiel beginnen, Lebensmittel zu bunkern“, sagte Montgomery. Wichtig sei es, „dass man Menschen mit Kriegsangst ernst nimmt und ihre Gefühle nicht kleinredet“, riet der Mediziner und fügte hinzu: „Die Angst vor einem Atomkrieg ist keine völlig irreale Angst.“ Es bringe deswegen auch nichts, nur mit rationalen Gegenargumenten zu kommen. 08:19 Uhr – Designierter FDP-Generalsekretär für EU-Beitrittsgespräch mit Ukraine Der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat sich für Beitrittsverhandlungen der EU mit der Ukraine ausgesprochen. „Für mich ist die Ukraine immer ein europäisches Land gewesen“, sagte er am Dienstag im „Frühstart“ von RTL/n-tv. „Ich würde das begrüßen, gerade jetzt in dieser Situation auch ein Zeichen zu setzen gegenüber den Menschen in der Ukraine.“ Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj pocht angesichts des russischen Angriffskriegs auf einen EU-Beitritt seines Landes und hat ein Beitrittsgesuch unterzeichnet. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach sich bereits am Sonntag für einen Beitritt der Ukraine aus. Auch Staatsoberhäupter mehrerer Mitgliedstaaten warben dafür. Ein Sprecher der Europäischen Kommission dämpfte allerdings Erwartungen auf eine rasche Entscheidung. 08:16 Uhr – Ukraine meldet 70 getötete Soldaten nach Angriff im Osten des Landes In der ostukrainischen Region Sumy sollen nach Angaben aus Kiew 70 Soldaten der ukrainischen Armee bei einem Angriff durch Mehrfachraketenwerfer getötet worden sein. Wie das ukrainische Parlament am Dienstag auf Twitter mitteilte, war eine Armee-Einheit in der Kleinstadt Ochtyrka von russischen Kräften beschossen worden. Ochtyrka liegt zwischen den Städten Charkiw im Osten des Landes und der Hauptstadt Kiew. Das ukrainische Parlament zitierte in seinem Tweet den Chef der Gebietsverwaltung von Sumy, Dmytro Schywyzkyj. Dieser teilte auf seinem Telegram-Kanal Bilder eines ausgebrannten vierstöckigen Gebäudes und von Rettungskräften im Einsatz. 08:16 Uhr – Baerbock reist zur Dringlichkeitssitzung der UN-Vollversammlung Außenministerin Annalena Baerbock will an diesem Dienstag nach New York reisen, um bei der Dringlichkeitssitzung der Vollversammlung der Vereinten Nationen (UN) eine Rede zum Krieg Russlands gegen die Ukraine zu halten. Das teilte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin mit. Zuvor nimmt die Grünen-Politikerin demnach auf Einladung des polnischen Außenministers Zbigniew Rau in Lodz gemeinsam mit dem französischen Außenminister Jean-Yves Le Drian an einem Treffen des sogenannten Weimarer Dreiecks teil. Auch in Lodz werde der russische Angriffskrieg im Vordergrund der Gespräche stehen. 08:10 Uhr – Bundesregierung will schnellere Unabhängigkeit von russischer Energie Als Reaktion auf die russische Invasion in der Ukraine will die Bundesregierung schneller Unabhängigkeit von russischen Öl-, Gas- und Kohlelieferungen erreichen. Dazu ist auch eine forcierte komplette Umstellung der Stromerzeugung auf erneuerbare Energien vorgesehen, wie die Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, Franziska Brantner (Grüne), am Dienstag im Deutschlandfunk deutlich machte. „Wir haben jetzt die ersten Gesetzentwürfe zum Osterpaket in die Ressortabstimmung gegeben und ja, wir planen eine wirkliche nationale Kraftanstrengung, um die Erneuerbaren schneller voranzubringen, in die Fläche zu bekommen“, sagte Brantner auf die Frage, ob sie einen entsprechenden Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ bestätigen könne. Das Blatt hatte unter Berufung auf ein Papier des Wirtschaftsressorts berichtet, dass der Strom in Deutschland statt bis 2050 nun bereits 2035 „nahezu vollständig aus erneuerbaren Energien stammen“ solle. 08:05 Uhr – Eishockey-Verband schließt Russland und Belarus aus Wettkämpfen aus Wegen des Ukraine-Krieges schließt der Eishockey-Weltverband (IIHF) die russischen und belarussischen Mannschaften „bis auf Weiteres“ aus allen Wettkämpfen aus. Damit folgt die IIHF anderen internationalen Verbänden wie der FIFA und UEFA. Zudem werde Russland die Gastgeberrechte für die Junioren-WM 2023 entzogen, hieß es in der Mitteilung von Montag. Die Eishockey-WM in Finnland findet damit wohl ohne Russland und Belarus statt. Bei den Olympischen Spielen in Peking hatte Russland noch ganz knapp im Finale gegen Finnland den Titel verpasst. Eine Eishockey-WM ohne Russland war bislang nicht vorstellbar. 27 Mal hat die Sbornaja den Titel geholt und ist damit neben Kanada der Rekordsieger. 08:04 Uhr – Russischer Fußballverband: Ausschluss „ausdrücklich diskriminierend“ Der Russische Fußballverband (RFS) hat mit Unverständnis und heftiger Kritik auf die Entscheidung von FIFA und UEFA reagiert, seine Mannschaften wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine von allen Wettbewerben zu suspendieren. Dies verstoße „gegen alle Standards und Prinzipien des internationalen Wettbewerbs“ sowie gegen „das Ethos von Sportsgeist und Fairplay“, heißt es in einer Erklärung des RFS vom Montagabend. Der Ausschluss sei „ausdrücklich diskriminierend“, er betreffe „eine enorme Anzahl von Athleten, Trainern und Betreuern, Vereins- und Nationalmannschaftsfunktionären und – was noch wichtiger ist – Millionen russischer und internationaler Fans, deren Interessen bei internationalen Sportorganisationen ganz sicher Priorität haben sollten“. Der RFS behalte sich das Recht vor, die Entscheidung von FIFA und UEFA gemäß dem internationalen Sportrecht anzufechten. 07:59 Uhr – Insider: OSZE-Beobachter werden Donezk verlassen Alle Mitglieder der Beobachtungsmission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) werden Diplomatenkreisen zufolge am Dienstag die von Separatisten kontrollierte Stadt Donezk verlassen. Die OSZE überwachte und meldete Verstöße gegen ein Waffenstillstandsabkommen zwischen der Ukraine und von Russland unterstützten Separatisten in der Region. 07:45 Uhr – Polen: Bislang 350.000 Flüchtlinge aus Ukraine gekommen Seit der russischen Invasion der Ukraine sind inzwischen 350.000 Menschen von dort nach Polen gekommen, wie der stellvertretende polnische Innenminister Maciej Wasik im Rundfunk mitteilt. Allein in den vergangenen 24 Stunden hätten 100.000 Menschen die Grenze überquert. „Insgesamt gab es seit Donnerstag bereits 350.000 Flüchtlinge.“ 07:38 Uhr – Juso-Chefin Rosenthal warnt vor „schwarzen Loch“ bei Aufrüstung Wegen der geplanten Milliarden-Investitionen in die Bundeswehr regt sich innerhalb der SPD Widerstand. Die Juso-Vorsitzende Jessica Rosenthal will die Pläne von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nicht unterstützen, die Bundeswehr mit einem Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro auszustatten. „Ich trage mit, dass wir eine wehrhafte Bundeswehr brauchen. Ich erkenne aber nicht, dass an dieser Stelle mehr Geld allein das Problem löst“, sagte Rosenthal der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstag). „Es bringt nichts, weitere Milliarden Euro in einem schwarzen Loch zu versenken“. Sie glaube, dass Gelder für die Bundeswehr bisher ineffektiv eingesetzt wurden. Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine will Deutschland die Bundeswehr massiv aufrüsten. Die 100 Milliarden Euro werden mit dem Bundeshaushalt 2022 bereitgestellt, hatte Scholz angekündigt. Außerdem solle Deutschland künftig jährlich mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung investieren. Scholz forderte alle Fraktionen des Bundestags auf, das Sondervermögen im Grundgesetz abzusichern. Rosenthal kündigte an, gegen die Regierungspläne stimmen zu wollen. Das Grundgesetz sei ihrer Ansicht nach nicht der Ort, an dem auf alle Zeiten Militärausgaben festgeschrieben werden sollten. 07:36 Uhr – China beginnt mit Evakuierung von Staatsbürgern aus der Ukraine Sechs Tage nach dem russischen Angriff auf die Ukraine beginnt China, seine Bürger aus dem Land zu evakuieren. Rund 600 chinesische Studenten seien am Montag aus Kiew und der südlichen Hafenstadt Odessa gebracht worden, berichtete die staatliche Zeitung „Global Times“ unter Berufung auf die chinesische Botschaft in der ukrainischen Hauptstadt. Dem Bericht zufolge reisten sie mit einem Bus in die benachbarte Republik Moldau. Die sechsstündige Reise sei „sicher und reibungslos“ verlaufen, wurde einer der Evakuierten zitiert. Weitere 1000 chinesische Staatsangehörige sollen dem Bericht zufolge die Ukraine am Dienstag in Richtung Polen und Slowakei verlassen. 07:22 Uhr – Russland pumpt weiter Erdgas durch die Ukraine nach Europa Russland liefert nach eigenen Angaben weiter Erdgas durch die Transitleitungen in der Ukraine nach Europa. Die Auslastung der Pipeline bleibe auf hohem Niveau, meldete die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf Daten des russischen Staatskonzerns Gazprom. Demnach sollten am Dienstag 109,3 Millionen Kubikmeter Gas nach Europa geliefert werden, etwas mehr als am Montag. Im Westen wird befürchtet, dass Russland wegen der beispiellosen Sanktionen gegen das Land nach dem Angriff auf die Ukraine den Gashahn abdrehen könnte. Die Energiegroßmacht hatte hingegen betont, auch in größten Krisen stets zuverlässig geliefert zu haben. 07:14 Uhr – Russland will Soldaten als Veteranen einstufen Die in der Ukraine kämpfenden russischen Soldaten sollen nach dem Willen des Verteidigungsministeriums in Moskau als Veteranen gelten. Die Staatsagentur Tass zitierte am Dienstag aus einem entsprechenden Gesetzentwurf. Die Militärs können dann etwa mehr Rente und Gutscheine für eine Rehabilitation bekommen. Sie hätten zudem Urlaubsvorteile und könnten zum Beispiel einfacher Prothesen bei Kriegswunden erhalten. Das Verteidigungsministerium schätzt dem Bericht zufolge die Kosten für das laufende Jahr auf umgerechnet fast 43 Millionen Euro. Die Führung in Moskau bezeichnet den Krieg gegen die Ukraine als „Sonder-Militäroperation“. 06:21 Uhr – Interfax: Russland verlegt Ost-Truppen näher an Europa heran Russland verlegt einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax zufolge Truppen aus dem äußeren Osten Russlands näher an Europa heran. Die militärischen Einheiten würden Übungen in der Provinz Astrachan im Südwesten an der Grenze des asiatischen und des europäischen Teils des Landes abhalten, zitiert die Agentur das zuständige Militärkommando. Die Truppen würden vor allem die Verlegung von militärischen Einheiten über große Entfernungen üben. 05:01 Uhr – Zustrom von Kriegsflüchtlingen nach Deutschland Der Städte- und Gemeindebund rechnet mit einem starken Zustrom an Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine nach Deutschland. Zunächst würden die Flüchtlinge die Nachbarstaaten Polen oder Rumänien erreichen. „Es ist aber davon auszugehen, dass in absehbarer Zeit möglicherweise deutlich mehr als 100.000 Menschen am Ende auch in Deutschland ankommen werden“, sagt Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Zeitung „Handelsblatt“. 04:32 Uhr – DRK bereitet Hilfstransport vor Im Zuge des Krieges in der Ukraine bereitet das Deutsche Rote Kreuz (DRK) an diesem Dienstag einen Hilfstransport ins polnische Lublin vor. Laut einer Sprecherin sollen am DRK-Logistikzentrum Schönefeld unter anderem Hygiene-Sets, Feldbetten und Isomatten verladen werden. Lublin liegt im Osten Polens in der Nähe der ukrainischen Grenze. Von dort aus können die Güter demnach sowohl zur Versorgung der Bevölkerung in die Ukraine geliefert als auch zugunsten von Menschen auf der Flucht verteilt werden. 04:17 Uhr – Australien liefert Ukraine tödliche Verteidigungswaffen Australien wird die Ukraine nach Worten von Regierungschef Scot Morrison mit Waffenlieferungen in Höhe von rund 50 Millionen US-Dollar unterstützen. „Wir sprechen über Raketen, wir sprechen über Munition, wir sprechen über die Unterstützung der Ukraine bei der Verteidigung ihres eigenen Landes, und wir werden dies in Partnerschaft mit der Nato tun“, sagt Morrison. Der Großteil der neuen Waffenfinanzierung für die Ukraine falle in die Kategorie der tödlichen Verteidigungswaffen. 03:44 Uhr – Mastercard schließt russische Finanzinstitute vom Zahlungsnetzwerk aus Der US-Kreditkartenanbieter Mastercard schließt mehrere Finanzinstitute aufgrund der Sanktionen gegen Russland vom Zahlungsnetzwerk aus. Das Unternehmen werde weiter mit den Regulierungsbehörden zusammenarbeiten, um die Compliance-Verpflichtungen vollständig einzuhalten, teilt der Zahlungsdienstleister mit. 03:30 Uhr – Ukraine öffnet Grenze für freiwillige Kämpfer Die Ukraine öffnet ihre Grenzen für Freiwillige, die an der Seite der Regierungssoldaten gegen die russischen Truppen kämpfen wollen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj unterzeichnete am Montag ein Dekret, mit dem die Visumspflicht für Ausländer vorübergehend aufgehoben wird, die sich der Internationalen Verteidigungslegion der Ukraine anschließen. Das Dekret sollte am (heutigen) Dienstag in Kraft treten und gelten, solange der Kriegszustand in der Ukraine ausgerufen ist. 03:02 Uhr – Disney-Konzern will in Russland vorerst keine Filme herausbringen Der amerikanische Unterhaltungsgigant Disney will vorerst keine Filme mehr in russische Kinos bringen. Der Konzern begründete diesen Schritt mit Russlands „grundloser Invasion“ in die Ukraine und der „tragischen humanitären Krise“, wie ein Sprecher der Walt Disney Company am Montag mitteilte. Laut der Mitteilung ist unter anderem der im März erscheinende Pixar-Film „Turning Red“ (dt. Titel „Rot“) davon betroffen. Zukünftige Geschäftsentscheidungen würden von der Entwicklung der Lage abhängen, hieß es. Der Konzern würde mit Hilfsorganisationen zusammenarbeiten, um Flüchtlingen zu helfen. 02:45 Uhr – Ukraine erhält Starlink-Internet-Terminals mit Sicherheitswarnung Die von Tesla-Gründer Elon Musk zugesagten Starlink-Internet-Terminals sind Regierungsangaben zufolge in der Ukraine angekommen – inklusive einer Warnung eines US-Sicherheitsexperten. „Starlink – hier. Danke, @elonmusk“, twittert der ukrainische Vize-Ministerpräsident Mykhailo Fedorov mit einem Foto Ukraine erhält Starlink-Internet-Terminals – und freundliche Warnung über Sicherheit – Reuters News vom Heck eines militärisch anmutenden Lastwagens, der mit Terminals beladen ist. Musk antwortet: „Sehr gern geschehen“. Der leitende Forscher des Citizen-Lab-Projekts der Universität Toronto, John Scott-Railton, warnt jedoch auf dem Kurznachrichtendienst, dass die Terminals zu Zielscheiben für Russland werden könnten. „Betrifft: Elon Musks Starlink Spende. Guter Schritt. Aber denken Sie daran: Wenn Putin den Luftraum über der Ukraine kontrolliert, werden die Übertragungen der Nutzer zu Leuchtfeuern für Luftangriffe“, twittert er (verlinkt auf https://twitter.com/jsrailton/status/1497745011932286979) in einer Serie, in denen er die Risiken detailliert darlegt. 02:00 Uhr – SPD offen für Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht Die SPD zeigt sich angesichts des Krieges in der Ukraine offen für die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht in Deutschland. „Die Debatte über eine allgemeine Dienstpflicht müssen wir dringend führen. Denn dafür brauchen wir einen gesellschaftlichen Konsens“, sagt der Sicherheitsexperte der Bundestagsfraktion, Wolfgang Hellmich, der Zeitung „Rheinische Post“. Eine Dienstpflicht würde den Gemeinsinn fördern. Auch müsse die Bundeswehr weiter attraktiver gemacht werden, damit mehr junge Menschen ihren Dienst bei der Truppe leisten. „Wir brauchen eine professionell ausgerüstete und agierende Bundeswehr. Da sind wir über die allgemeine Wehrpflicht weit hinaus.“ 01:56 Uhr – Borrell dankt Anti-Kriegs-Demonstranten in Belarus Der Chefdiplomat der Europäischen Union, Josep Borrell, bedankt sich in einem Video bei allen Belarussen, die sich gegen den Krieg in der Ukraine und für mehr Demokratie in ihrem eigenen Land einsetzen. „Danke für Ihren Mut. Die EU steht an Ihrer Seite,“ schreibt er zu dem Video, das in der Nacht zu Dienstag auf Twitter veröffentlicht wurde. Es ist in drei Sprachen untertitelt – Belarussisch, Russisch und Englisch. „Viele von Ihnen sind große persönliche Risiken eingegangen, um für ein freies und demokratisches Belarus zu kämpfen“, schreibt Borrell weiter. „Jetzt erheben Sie Ihre Stimme gegen Russlands Krieg gegen die Ukraine und Lukaschenkos Entscheidung, ihn zu unterstützen.“ Am Sonntag seien bei Anti-Kriegs-Demonstrationen Hunderte inhaftiert worden. „Ich muss Ihnen für Ihren Mut danken“, sagt Borrell. 01:48 Uhr – Ukrainischer Außenminister Kuleba: USA sichert weitere Sanktionen und Waffen zu US-Außenminister Antony Blinken bietet nach Angaben seines ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba mehr Unterstützung in Form von Sanktionen und Waffen an. „In unserem Telefonat hat Außenminister Blinken bekräftigt, dass die Unterstützung der USA für die Ukraine unvermindert anhält“, schreibt Kuleba auf seinem offiziellen Twitter-Account. Er habe bekräftigt, dass sich die Ukraine nach Frieden sehne. „Aber solange wir unter russischem Beschuss stehen, brauchen wir mehr Sanktionen und Waffen. Der Minister hat mir beides zugesichert. Wir haben weitere Schritte koordiniert.“ 01:35 Uhr – Satellitenbilder zeigen über 60 Kilometer langen russischen Militärkonvoi vor Kiew Neu aufgenommene Satellitenbilder zeigen einen russischen Militärkonvoi nördlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Der Konvoi erstrecke sich über etwa 64 Kilometer und ist damit deutlich länger, als die zunächst berichteten 27 Kilometer, erklärt das in den USA ansässigen Unternehmen Maxar Technologies zu den Aufnahmen. Weiter seien zusätzliche Bodentruppen und Kampfhubschraubereinheiten im südlichen Belarus weniger als 32 Kilometer nördlich der ukrainischen Grenze gesichtet worden. 01.09 Uhr – Biden-Regierung beantragt bei Kongress Milliardenpaket Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hat die Regierung von US-Präsident Joe Biden beim Kongress ein Hilfspaket mit einem Umfang von 6,4 Milliarden Dollar (5,7 Milliarden Euro) für das bedrängte Land beantragt. Darin enthalten sein solle humanitäre Hilfe, wirtschaftliche Hilfe und militärische Hilfe zur Selbstverteidigung der Ukraine, sagte der Mehrheitsführer von Bidens Demokraten im US-Senat, Chuck Schumer, am Montag (Ortszeit). In den kommenden Wochen werde der Senat auf parteiübergreifender Basis und in Abstimmung mit der Biden-Regierung „ein solides Hilfspaket für die Ukraine“ schnüren. Ziel sei, die Unterstützung mit dem nächsten Haushaltsgesetz bis zum 11. März zu verabschieden. Das geplante Milliardenpaket ist unabhängig der jüngsten militärischen Soforthilfe der US-Regierung für die Ukraine mit einem Volumen von 350 Millionen Dollar. Deren Auszahlung hatte Biden bereits in der Nacht zu Samstag angeordnet. Mit dieser Tranche summierten sich die US-Militärhilfen für die Ukraine seit vergangenem Jahr nach offiziellen Angaben auf mehr als eine Milliarde Dollar. 01:00 Uhr – Wirtschaftsweise Grimm erwartet schwere Auswirkungen auf Wirtschaftswachstum Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm erwartet schwerwiegende Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf das Wachstum in Deutschland. „Infolge der Krise wird sich kurzfristig die Konjunktur eintrüben, beispielsweise aufgrund einer Verschärfung der Lieferkettenproblematik, weiterhin hohen Energiepreisen oder auch Reaktionen der Finanzmärkte auf die Sanktionen“, sagt Grimm den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Mittel- bis langfristig wird die teilweise Entkopplung der Wirtschaftsräume und die nun wohl notwendige Diversifizierung die wirtschaftliche Entwicklung bremsen, einfach weil sich dadurch Wachstumsperspektiven eintrüben.“ 00:08 Uhr – Bamf: Keine große Flüchtlingsbewegung nach Deutschland Trotz der hohen Zahl an bereits geflüchteten Ukrainern geht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) nicht von einer großen Flüchtlingsbewegung nach Deutschland aus. „Aufgrund der überwältigenden Aufnahmebereitschaft der unmittelbar an die Ukraine angrenzenden Staaten gehen wir derzeit davon aus, dass der größte der Teil der Kriegsflüchtlinge in diesen Staaten verbleiben wird“, sagt ein Sprecher des Bamf dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Bislang sind nur wenige Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland eingetroffen, viele von ihnen wegen verwandtschaftlicher Bezüge zu in Deutschland lebenden Angehörigen.“ 00:04 Uhr – Sewing sieht kaum Risiko für deutsche Banken Nach dem Swift-Ausschluss Russlands sieht der Präsident des Bundesverbands deutscher Banken und Vorstandschef der Deutschen Bank, Christian Sewing, nur wenig Risiken für die Branche. „Die deutschen Banken haben seit 2014 ihr Engagement in Russland stark reduziert. Für unser Bankensystem insgesamt ist das Risiko überschaubar. Die Sicherheitspuffer der europäischen Banken sind höher denn je“, sagt Sewing der Zeitung „Bild“. Der Swift-Ausschluss Russlands werde den Krieg in der Ukraine nicht beenden, „das wäre die falsche Erwartung.“ Es gehe darum, dass völkerrechtswidrige Aggressionen und der Überfall eines Landes im 21. Jahrhundert nicht folgenlos bleiben dürfen. Er gehe davon aus, dass die Sanktionen die russische Wirtschaft empfindlich treffen werden. „Das zeigt schon der schnelle Schritt der Russischen Zentralbank, die Leitzinsen am Montag auf 20 Prozent zu verdoppeln.“ 23:14 Uhr – Kanada stellt Rohöl-Importe aus Russland ein Kanada stellt vorerst alle Rohöl-Importe aus Russland ein. „Wir kündigen unsere Absicht an, die Einfuhr von Rohöl aus Russland – eine Industrie, von der Präsident (Wladimir) Putin und seine Oligarchen sehr profitiert haben – zu verbieten“, sagte Premierminister Justin Trudeau. In den vergangenen Jahren hat Kanada Medienberichten zufolge stets Rohöl aus Russland im Wert von mehreren hundert Millionen kanadischen Dollar importiert. 23:03 Uhr – Generalinspekteur: Putin hat Ukrainer unterschätzt Wladimir Putin hat nach Einschätzung von Generalinspekteur Eberhard Zorn (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/deutschland/plus237120795/Russland-greift-Ukraine-an-Die-Bundeswehr-steht-mehr-oder-weniger-blank-da.html) die Verteidigungsbereitschaft von Soldaten und Zivilisten in der Ukraine unterschätzt. „Was wir erleben, ist ein sehr tapfer kämpfendes Heer der ukrainischen Streitkräfte, unterstützt durch die Zivilbevölkerung und durch eine kluge Aufstellung“, sagte Deutschlands ranghöchster Soldat im ZDF-„heute journal“. Die Ukraine habe sich lange auf diesen Angriff vorbereiten können. „Insofern stockt im Moment das Vordringen der russischen Streitkräfte“, sagte Zorn. Bisher sei allerdings erst etwa ein Drittel der an der ukrainischen Grenze aufmarschierten russischen Soldaten in dem angegriffenen Land im Einsatz. „Das heißt, es sind noch Kräfte, wir nennen das zweite und dritte Welle, verfügbar“, sagte Zorn. Man gehe davon aus, dass diese mit Unterstützung durch Artillerie und durch Luftwaffe eingesetzt würden. Erwartet würden dann auch entsprechend mehr Opfer unter der Zivilbevölkerung.
Lara Jäkel, Jörg Rößner
Die EU bereitet weitere Sanktionen gegen Russland vor. Zum einen sollen mehr Banken aus dem internationalen Zahlungssystem Swift ausgeschlossen werden. Dazu sollen mehrere russische Staatsmedien in der Union verboten werden. Mehr im Liveticker.
Politik
Ausland
2022-03-01T21:43:00Z
2022-03-01T00:02:32Z
EU will weitere russische Banken aus Swift auschließen
https://www.welt.de//politik/ausland/article237212909/Ukraine-Krieg-Wir-koennen-russisches-Gas-nicht-komplett-verbannen.html
Altona: So soll es rund um den Bahnhof Altona-Diebsteich aussehen
Wer den Bahnhof baut, kann auch bestimmen, wie es drumherum aussieht – jedenfalls ist das das Ergebnis eines Architektenwettbewerbs, den das dänische Architekturbüros C.F. Møller für sich entscheiden konnte. Das Büro hatte auch den Entwurf für das Bahnhofsgebäude und die beiden neuen Hochhäuser der Deutschen Bahn geliefert. Nun ging es um die sogenannte Freiraumplanung.   Das Gebäudeensemble entwickelt die ProHa Altona GmbH & Co. KG, ein Joint-Venture der Hamburger Immobilienunternehmen Procom Invest und HASPA PeB. Der prämierte Entwurf sieht, so die Interpretation der Jury, eine einheitliche Gestaltung beider Vorplätze vor, „welche die Verkehrsströme auf den Platzflächen ganz selbstverständlich aufnimmt und gleichzeitig begrünte Bereiche schafft, die zum Aufenthalt und Verweilen einladen.“ Durch zahlreiche neue Bäume und Sitzgelegenheiten werde der östliche Vorplatz vor dem Bahnhofsgebäude „einladend gestaltet“ und wichtige Zugänge und Wege, wie zur zentralen Empfangshalle, zum Fahrradparkhaus mit 600 Plätzen und zum benachbarten ThyssenKrupp-Areal sowie zu den Bushaltestellen, ließen sich bequem und barrierefrei erreichen. Bahnhofseröffnung ist für das Jahr 2027 geplant Westlich der Gleise werde durch Bänke und Bäume der nachbarschaftlichen Charakter vor der Friedhofskapelle hergestellt. Die Architekten aus Aarhus planen mit verschiedenen bunten Baumarten und einen Materialmix aus hellen Betonplatten und robusten Sitzbänken mit Holzelementen. Die Entscheidung der Jury für den Entwurf von C.F. Møller fiel einstimmig. Die Eröffnung des Bahnhofs ist für 2027 geplant, insgesamt werden 548 Millionen Euro investiert, an den Kosten beteiligt sich maßgeblich auch der Bund. Gegen die Bahnhofsverlegung hatte es in den vergangenen Jahren großen Widerstand in Teilen Altonas gegeben.
WELT
Für die Gestaltung der Außenflächen steht der Siegerentwurf nun fest. Dänische Architekten haben den Zuschlag erhalten – sie sind bei dem Projekt alte Bekannte.
Regionales
Hamburg
2022-11-01T16:14:29Z
2022-11-01T16:14:29Z
So soll es rund um den Bahnhof Altona-Diebsteich aussehen
https://www.welt.de//regionales/hamburg/article241911931/Altona-So-soll-es-rund-um-den-Bahnhof-Altona-Diebsteich-aussehen.html
Distanzierung: Enkel von NS-Verbrecher Priebke will Namen ablegen
Tomás Erick Priebke Ortíz, Enkel des jüngst verstorbenen NS-Kriegsverbrechers Erich Priebke, ist deutlich auf Distanz zu seinem Großvater gegangen. „Ich identifiziere mich nicht mit diesem Namen“, sagte Priebke Ortíz am Donnerstag der Nachrichtenagentur ANB in seinem Wohnort Bariloche im Westen Argentiniens. Er habe eine Änderung seines Nachnamens in die Wege geleitet, weil er die Nazi-Ideologie seines Großvaters ablehne. Er werde wegen des Familiennamens benachteiligt, sagte Priebke Ortíz. Der 23-Jährige sagte weiter, dass seine Mutter sich bereits vor 21 Jahren von Jorge Priebke, dem Sohn des SS-Offiziers Priebke, getrennt habe. Erich Priebke war am 11. Oktober im Alter von 100 Jahren in Rom gestorben. Priebke lebte zunächst in Argentinien Auf der Suche nach einem Land, das sich bereit findet, Priebke zu beerdigen, hatte Jorge Priebke seine ideologische Nähe zur Nazi-Ideologie zu erkennen gegeben. Priebke Ortíz distanzierte sich ANB zufolge von der Haltung seines Vaters. „Ich will damit nicht in Verbindung gebracht werden, weil ich so nicht bin“, sagte Priebke Ortíz demnach. Priebke hatte nach dem Zweiten Weltkrieg bis zu seiner Entdeckung im Jahr 1994 unbehelligt in der argentinischen Stadt Bariloche gelebt. Ein Militärberufungsgericht in Rom verurteilte Priebke im Jahr 1998 zu lebenslanger Haft. Die Strafe verbüßte er im Hausarrest bei Giachini. Italiens Justiz befand ihn für schuldig, maßgeblich am Massaker in den Ardeatinischen Höhlen bei Rom im Jahr 1944 beteiligt gewesen zu sein. Bei dem Kriegsverbrechen waren 335 Menschen getötet worden, darunter 75 Juden.
WELT
Tomás Erick Priebke Ortíz will sich von der Nazi-Ideologie seines verstorbenen Großvaters Erich Priebke distanzieren und den Nachnamen ändern: „Ich will damit nicht in Verbindung gebracht werden.“
Politik
Ausland
2013-10-25T22:40:57Z
2017-08-23T00:39:28Z
Enkel von NS-Verbrecher Priebke will Namen ablegen
https://www.welt.de//politik/ausland/article121240025/Enkel-von-NS-Verbrecher-Priebke-will-Namen-ablegen.html
Raumakustik: Gute Lautsprecher reichen für tollen Sound nicht aus
Für satten Sound daheim geben viele Menschen gerne etwas mehr Geld aus. Home-Audio-Produkte im Wert von mehr als 1,1 Milliarden Euro sind 2018 in Deutschland verkauft worden, wie aus dem Home Electronics Markt Index Deutschland (HEMIX) (verlinkt auf http://dpaq.de/A7w5Q) hervorgeht. Doch ob sie gut klingen, dafür ist nicht allein die Güte der Anlagen (verlinkt auf /wirtschaft/webwelt/article192485143/Retro-Hi-Fi-Alte-Stereoanlagen-sind-gebaut-fuer-die-Ewigkeit.html) , Komponenten und Lautsprecher verantwortlich. Ein wichtiger Punkt ist die Platzierung der Boxen (verlinkt auf /wirtschaft/webwelt/article187779782/Stereoboxen-Das-ist-beim-Kauf-von-Lautsprechern-wichtig.html) . „Man hört kein Stereo, wenn man sich nicht um die Aufstellung kümmert“, fasst Ralph Werner, Herausgeber des Online-Hi-Fi-Magazins „Fairaudio“, zusammen. Klangcharakter und Präzision der Musikwiedergabe seien davon deutlich beeinflusst. Es gebe klare Grundregeln: Stehen die Boxen etwas weiter voneinander entfernt, werde das Klangbild luftiger und leichter. Seien sie näher beieinander, wirkten Stimmen in der Mitte solider und körperlicher. „Hier darf der persönliche Geschmack entscheiden“, meint der Experte. Grundaufstellung von Lautsprechern Dasselbe gilt für die Ausrichtung. Sind die Lautsprecher parallel abstrahlend ausgerichtet, werde der Klangraum größer und wiederum luftiger, so Werner. Richtet man die Boxen dagegen auf die Ohren aus, entstehe eine höhere Abbildungspräzision, die Verteilung von Stimmen und Instrumenten im Klangraum werde eindeutiger. Eventueller Nachteil: Höhen könnten aggressiv überspitzt aufspielen. Malte Ruhnke, Chefredakteur der Fachzeitschrift „Stereoplay“, gibt einen zusätzlichen Tipp: Man könne die Lautsprecher „übereinwinkeln“, sodass sich die Schallwege der beiden Boxen vor der Hörposition kreuzen. Effekt: Die Höhen werden wieder weicher, die Abbildungspräzision wird dennoch gefördert. Bei der Grundaufstellung müssen Hi-Fi-Fans deutlich weniger experimentieren. Hoch- und Mitteltöner sollten möglichst in Ohrhöhe platziert sein, Lautsprecher und Zuhörer als Punkte stets ein gleichseitiges Dreieck bilden. Der Abstand vom Hörerplatz zu den Boxen sollte nicht zu groß sein, empfiehlt Ruhnke: „Der richtige Hörabstand zu den Boxen beträgt bei den meisten Kombis zwischen zwei und zweieinhalb Metern, nicht mehr.“ Dann falle das Klangbild „dynamischer, neutraler und klarer“ aus. Beide Fachleute erwähnen außerdem den Abstand zu den Wänden hinter und neben den Lautsprechern. Stehen sie zu nah an der Wand, könne der Bass überbetont werden. Idealabstände nennen sie nicht, da diese von den Boxenmodellen abhingen. Bassschwächere Varianten profitieren unter Umständen sogar von einer nahen Platzierung, so Werner. Der Hörer wiederum sollte in allen Fällen Abstand zu den Wänden halten. Ist direkt hinter ihm eine Mauer, so Ruhnke, „dickt dies den Bass ebenfalls auf“. Der Kauf großer Boxen ist oft ein Fehler Erfordern große Räume große Boxen? Nein, lautet die Antwort der Fachleute. „Hier Beziehungen herzustellen, ist vollkommener Unsinn“, sagt Ruhnke. Allenfalls der Durchmesser des Basslautsprechers könnte eine Richtlinie sein. Hier gilt: „Für kleine Räume sind 13 Zentimeter Durchmesser ungefähr das Minimum, bei mittleren 16, bei größeren dann 20 Zentimeter. Oder die Box besitzt mehrere Bässe.“ Doch stets kommt es auf das jeweilige Modell an. Werner warnt ausdrücklich: „Ein häufig gemachter Fehler von Hi-Fi-Fans ist der Kauf von zu großen Boxen.“ Bis 20 Quadratmeter Raumfläche etwa seien Regalboxen ausreichend. Raumakustik genauso wichtig wie die Lautsprecher Ein Faktor, dem die Spezialisten hohe Bedeutung beimessen, ist die Raumakustik: „Sie ist so wichtig wie das Lautsprechermodell“, betont Werner und führt aus: „Ein normal eingerichtetes Wohnzimmer ist eine gute Grundlage.“ Ein nüchterner Einrichtungsstil mit viel Fensterfläche sei dagegen eher problematisch. Ruhnke präzisiert dies weiter: „Sogenannte schallharte Flächen produzieren zu viel Raumhall, die Hi-Fi-Wiedergabe klingt dann diffus, aggressiv, scheppernd oder schrill.“ Wände, Fenster oder Tische, die zwischen Lautsprecher und Hörer stehen, zählten hierzu. Stoffe, Teppiche und Ähnliches dagegen dämpften den Schall, insbesondere die Höhen. Für den Mitteltonbereich seien Polstermöbel als Schallschlucker geeignet. Werner hält voluminöse, L-förmig in den Raumecken angeordnete Sofas für hervorragende Bassschlucker, wenn es zu sehr dröhnt. Falls doch eine Wand direkt hinter dem Hörerplatz ist, rät er, dort ein etwas breiteres Bücherregal zu platzieren. Letztlich dient eine passende Zimmereinrichtung als das, was Profis sonst aufwendig und zum Teil kostspielig extra anfertigen: Diffusoren und Absorber für Wände und Decken. „Diffusoren teilen den Schall in kleine Portionen und streuen diese im ganzen Raum“, erklärt Werner. Dazu zählten alle aufgerauten und unregelmäßigen Strukturen, etwa ein Bücherregal, Stoffbilder oder eine größere Stehpflanze. Spiegel oder ein Regal mit Flaschen und Gläsern seien hingegen bereits wieder „harte“ Flächen. Absorber nehmen gegenüber Diffusoren „Energie aus dem Schall“, so Werner. Die Musik wirke dann gedämpfter, Bässe werden präziser. Unter anderem Sofas, schwere Gardinen und Vorhänge oder dicke Teppiche auf Parkett funktionierten auf diese Weise. Ruhnke: „Es kommt auf ein gesundes Verhältnis von Absorption, Reflexion und Diffusion an.“ Für den Feinschliff kann man in den Geräten integrierte oder zusätzliche Messgeräte verwenden. Hier werden Testtöne über die Lautsprecher verschickt und rund um die Hörerposition per Mikrofon überprüft. Allerdings schwankt die Qualität der Systeme – und einen Fachmann für die optimale Einstellung nach Hause zu holen, ist doch relativ teuer. Letztlich machen beide Klangspezialisten deutlich: Wenn die Raumausstattung zu sehr vernachlässigt wurde oder die Boxen unsymmetrisch aufgestellt wurden, kann auch die beste Klangeinmessung das nicht ausgleichen.
Volker Straßburg
Hi-Fi-Fans geben viel Geld für Home-Audio-Produkte aus. Doch guter Klang hängt nicht nur von der Qualität der Anlagen und Lautsprecher ab. Raumakustik und Aufstellung sind mindestens genauso wichtig.
Wirtschaft
Webwelt & Technik
2019-07-19T06:45:52Z
2020-06-12T11:21:49Z
Gute Lautsprecher allein reichen für tollen Sound nicht aus
https://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article197101513/Raumakustik-Gute-Lautsprecher-reichen-fuer-tollen-Sound-nicht-aus.html
Irland und Spanien wollen Palästina als Staat anerkennen
Irland hat sich im Nahost-Konflikt für eine Zwei-Staaten-Lösung ausgesprochen und will Palästina formell als Staat anerkennen. Das sagte der stellvertretende irische Premier und Außenminister Micheál Martin am Dienstagabend Medienberichten zufolge in Dublin. Die Anerkennung hinauszuzögern, sei „nicht länger glaubwürdig oder haltbar“. Er habe mit anderen Ländern, die an Friedensinitiativen im Gaza-Krieg beteiligt seien, Gespräche über die Anerkennung geführt und habe die Absicht, der Regierung einen formellen Vorschlag zur Anerkennung zu unterbreiten, sobald die internationalen Diskussionen darüber abgeschlossen seien. „Aber haben Sie keine Zweifel, die Anerkennung eines palästinensischen Staates wird geschehen.“ Der Nachrichtenseite „The Journal“ sagte Martin später, der formelle Vorschlag werde „in den kommenden Wochen“ erfolgen. Die Regierung des EU-Mitglieds gehört seit Kriegsbeginn zu den Kritikern des israelischen Vorgehens im Gaza-Streifen. Auch Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez hat eine baldige Anerkennung angekündigt und Israel heftig kritisiert. „Spanien ist bereit, den palästinensischen Staat anzuerkennen“, sagte der Sozialist am Mittwoch im Parlament in Madrid. Die Anerkennung sei richtig, „weil die gesellschaftliche Mehrheit es verlangt, sie im geopolitischen Interesse Europas liegt und weil die internationale Gemeinschaft dem palästinensischen Staat nicht helfen kann, wenn sie ihn nicht anerkennt“, betonte Sánchez. Netanjahu und Hamas lehnen Zwei-Staaten-Lösung ab Mit einer Zwei-Staaten-Lösung ist ein unabhängiger palästinensischer Staat gemeint, der Seite an Seite mit Israel existiert. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lehnt eine Zwei-Staaten-Lösung ebenso ab (verlinkt auf /politik/ausland/article249598432/Gaza-Krieg-Zweistaatenloesung-Wir-bekommen-Terror-sagt-Netanjahu.html) wie die islamistische Hamas. Martin sagte weiter, in den vergangenen sechs Monaten habe er mit Ministerkollegen in anderen Ländern Gespräche darüber geführt, wie eine gemeinsame formelle Anerkennung der palästinensischen Staatlichkeit ein Beschleuniger sein könnte, um den Menschen in Gaza und im Westjordanland zu helfen und eine Friedensinitiative unter arabischer Führung zu fördern. Laut „The Irish Times“ vom Dienstag wollen Irland und einige andere EU-Staaten eine formelle Anerkennung Palästinas ankündigen, sobald eine Friedensinitiative auf den Weg gebracht ist. Martin hat kürzlich Gespräche mit den Außenministern von Jordanien, Ägypten und Saudi-Arabien sowie mit Vertretern von EU-Ländern geführt, darunter Slowenien, Malta und Belgien. Australien: Kritik an Ministerin nach Aussage zu Palästinenserstaat Auch die australische Außenministerin Penny Wong äußerte sich über eine mögliche Anerkennung eines palästinensischen Staates und zog Kritik auf sich. In einer Rede am Dienstagabend hatte sie gesagt, eine Anerkennung Palästinas sei möglicherweise der einzige Weg, um der Gewalt im Nahen Osten ein Ende zu bereiten und den Weg für eine tatsächliche Zwei-Staaten-Lösung zu bereiten. Nach Kritik unter anderem aus der Opposition betonte sie am Mittwoch, sie wolle die politische Position Australiens nicht ändern, sondern nur eine Diskussion anstoßen. Es gehe darum, langfristigen Frieden in der Region zu erreichen. Gleichzeitig bekräftigte sie die Forderung, dass die militant-islamistische Hamas alle bei ihrem Terrorangriff auf Israel im Oktober verschleppten Geiseln freilassen müsse. Die Extremisten dürften auch keinen Platz in einem palästinensischen Staat haben. Ein Oppositionssprecher warf der Außenministerin vor, man würde die Hamas regelrecht für ihren Angriff auf Israel belohnen, wenn man jetzt im Eilverfahren einen palästinensischen Staat anerkenne. Auslöser des aktuellen Gaza-Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze verübt hatten. Dabei wurden mehr als 1200 Menschen getötet. Bei israelischen Gegenangriffen im Gaza-Streifen wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten palästinensischen Gesundheitsbehörde in Gaza bisher 33.360 Palästinenser bei den israelischen Angriffen getötet, wobei die unabhängig kaum zu überprüfenden Angaben keinen Unterschied zwischen Kämpfern und Zivilisten machen
WELT
Die irische Regierung kritisiert seit Kriegsbeginn das israelische Vorgehen im Gaza-Streifen und spricht sich für eine Zwei-Staaten-Lösung aus. Der Außenminister wolle einen Palästinenserstaat Medienberichten zufolge „in den kommenden Wochen“ anerkennen. Auch Spanien kündigte Schritte an.
Politik
Ausland
2024-04-10T10:44:00Z
2024-04-10T10:45:18Z
Irland und Spanien wollen Palästina als Staat anerkennen
https://www.welt.de//politik/ausland/article250954576/Irland-und-Spanien-wollen-Palaestina-als-Staat-anerkennen.html
Urteil: Haftstrafe für Schwesta Ewa
Der Vorwurf, sie habe junge Fans zur Prostitution gezwungen, hat vor Gericht keinen Bestand. Trotzdem muss die Rapperin noch einmal hinter Gitter. Das liegt vor allem an ihren Wutausbrüchen.
WELT
Der Vorwurf, sie habe junge Fans zur Prostitution gezwungen, hat vor Gericht keinen Bestand. Trotzdem muss die Rapperin noch einmal hinter Gitter. Das liegt vor allem an ihren Wutausbrüchen.
2017-06-20T17:10:24Z
2022-05-12T08:55:38Z
Haftstrafe für Schwesta Ewa
https://www.welt.de//vermischtes/video165773247/Haftstrafe-fuer-Schwesta-Ewa.html