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Illegale Einwanderung: Griechenland entsendet Kriegsschiffe | ATHEN/ SOFIA. Griechenland hat nach der Ankündigung der Türkei, Migranten auf ihrem Weg nach Europa nicht mehr zu stoppen, seine Grenzen zu dem Land geschlossen. Die Maßnahme gilt nach einem Bericht der Bild-Zeitung nicht nur für Asylbewerber, sondern für alle Reisenden. Zudem sollen 50 Kriegsschiffe die griechischen Inseln vor einem Ansturm von illegalen Einwanderern schützen. Die Landübergänge werden demnach aus der Luft mit zehn Helikoptern überwacht. Ein Sprecher der AK-Partei von Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte zuvor laut der Nachrichtenagentur Reuters angekündigt, die Migranten weiterreisen zu lassen: „Unsere Flüchtlingspolitik ist dieselbe, aber hier haben wir eine Situation. Wir können die Flüchtlinge nicht mehr halten.“ Ankara dementiert Zuvor hatte die Agentur unter Berufung auf einen hochrangigen türkischen Informanten berichtet, Polizei, Küstenwache und Grenzschützer seien angewiesen worden, sich zurückzuhalten. Demnach würden Flüchtlinge, die etwa mit Schlauchbooten nach Europa wollen, nicht mehr aufgehalten. In sozialen Medien hatte es Reuters zufolge bereits in der Nacht Gerüchte gegeben, daß die Türkei bereits ihre Grenzen geöffnet habe. Hintergrund für die jüngste Flüchtlingswelle sind Kämpfe in der Region Idlib im Nordwesten Syriens. Als Reaktion auf einen Luftangriff, bei dem am Donnerstag türkische Soldaten getötet wurden, hat die Türkei mit Angriffen auf die Truppen des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad reagiert. Zuvor hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in Ankara eine Sondersitzung einberufen. Am Mittag dementierte das Außenministerium zunächst eine veränderte Haltung Ankaras. Es gäbe keine Änderung in der Flüchtlingspolitik, sagte Außenministeriumssprechers Hami Aksoy. Gleichzeitig warnte er, die Migrationsbewegungen könnten „im Falle einer Verschlechterung der Situation“ stetig zunehmen. Auch Bulgarien verstärkt Grenzschutz Am Freitag hatte die Nachrichtenagentur DHA berichtet, rund 300 Migranten seien unterwegs zur Grenzstadt Edirne. Auch Bulgarien erwägt derzeit die Entsendung von Soldaten an die türkische Grenze. Die bulgarische Grenzpolizei hatte am Freitag morgen bereits zwei Gruppen von je rund 30 Migranten daran gehindert, auf bulgarisches Gebeit vorzudringen, sagte Verteidigungsminister Krassimir Karakatschanow. Er sei entschlossen, keinen einzigen illegalen Einwanderer nach Bulgarien zu lassen, betonte er. (tb) | JF-Online | Griechenland hat nach der Ankündigung der Türkei, Migranten auf ihrem Weg nach Europa nicht mehr zu stoppen, seine Grenzen zu dem Land geschlossen. Die Maßnahme gilt nicht nur für Asylbewerber, sondern für alle Reisenden. Zudem sollen 50 Kriegsschiffe die griechischen Inseln vor einem Ansturm von illegalen Einwanderern schützen. | Ausland | 2020-02-28T15:25:00+01:00 | 2020-02-28T15:25:51+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2020/illegale-einwanderung-griechenland-entsendet-kriegsschiffe/ |
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Ermittler prüfen Extremismus-Hintergrund nach Sprengstoffund | SCHWEINFURT. Die Polizei hat in einer Schweinfurter Obdachlosenunterkunft hochexplosiven Sprengstoff und Chemikalien gefunden. Die Ermittler prüfen derzeit, ob es Anhaltspunkte für eine extremistische Tat gibt, teilte das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) am Dienstag mit. Der Fokus der Ermittler liegt demnach derzeit auf einem 35 Jahre alten Deutschen. Er sollte am Dienstag dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. Am Montag hatte es zunächst geheißen, in der Sozialunterkunft seien Chemikalien entdeckt worden, die zur Sprengstoffherstellung geeignet sind. Zwei weitere Personen wieder auf freiem Fuß Die rund ein Kilogramm Sprengstoff sind in der Nacht zu Dienstag kontrolliert gesprengt worden, da sie „nicht gefahrlos abtransportiert werden konnte“, teilte das LKA mit. Der 35jährige hatte sich den Angaben zufolge am Montag vormittag bei den Beamten gemeldet und gesagt, das Material gehöre ihm. Zwei weitere Personen, eine Frau und ein Mann, die die Polizei ebenfalls festgenommen hatte, sind mittlerweile wieder auf freiem Fuß. Die etwa 30 Liter Chemikalien und der Sprengstoff waren am Montag entdeckt worden, als die Polizei wegen einer Zwangsräumung die Unterkunft betrat. In der Einrichtung sind demnach Obdachlose und andere Bedürftige untergebracht. „Flüchtlinge leben dort nicht“, schrieb die Polizei auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. (ls) | JF-Online | Die Polizei hat in einer Schweinfurter Obdachlosenunterkunft hochexplosiven Sprengstoff und Chemikalien gefunden. Die Ermittler prüfen derzeit, ob es Anhaltspunkte für eine extremistische Tat gibt. Der Fokus der Ermittler liegt demnach derzeit auf einem 35 Jahre alten Deutschen. | Gesellschaft | 2018-03-27T16:20:34+02:00 | 2018-03-27T17:48:06+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2018/ermittler-pruefen-extremismus-hintergrund-nach-sprengstoffund/ |
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Die Zukunft des Krieges kommt mit einem lauten Surren | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Ferdinand Vogel | Seit Beginn des Ukraine-Krieges beherrschen alle Arten von Drohnen das Schlachtfeld. Genauso lange versuchen Soldaten, sich dagegen zu wehren. Die Entwicklung läuft in Richtung der Robotisierung des Krieges. | Krieg,Abwehr | Natur und Technik | 2025-04-15T12:45:03+02:00 | 2025-04-15T13:56:27+02:00 | https://jungefreiheit.de/wissen/natur-und-technik/2025/die-zukunft-des-krieges-kommt-mit-einem-lauten-surren/ |
Aufgeschnappt: Hupen und Rechte verboten | Geht es nach Paragraph 42, Absatz 2 der Straßenverkehrsordnung, folgen dem Zeichen 310-50 besondere, für geschlossene Ortschaften geltende Regeln (Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h oder Hupverbot bei Überholabsicht). Im westfälischen Landkreis Unna haben die Schilder neuerdings auch eine politische Botschaft. Vergangene Woche enthüllte Bürgermeister Hans Wilhelm Stodollick in seiner Heimatstadt das erste gelbe Schild mit der Aufschrift „Lünen hat keinen Platz für Rechtsextremismus“ am Eingang des Rathauses. Auch Werne hat „keinen Platz für Rechts” „Zunächst werden die städtischen Dienstgebäude, Schulen und Kindergärten damit ausgestattet, um deutlich zu machen, daß rechte Gesinnungen in diesen Einrichtungen keinen Platz haben“, erklärt die Netzseite der Stadt Lünen die Aktion und läßt Spielraum für den Ortseingang. Dieses in autoritären Regimen gern gesehene öffentliche politische Bekenntnis geht auf eine Verabredung der Bürgermeister vom 9. Mai 2009 für alle Gemeinden des Landkreises zurück. An der Lippe flußaufwärts hat man diese Verabredung mit der Plakataktion „Werne hat keinen Platz für Rechts“ bereits am 15. Juni exekutiert. Alle anderen geschlossenen Ortschaften mit dem Zeichen 310-50 stehen ab jetzt unter Zugzwang. JF 28/09 | Matthias Bäkermann | Die Stadt Lünen hat sich etwas ganz besodneres einfallen lassen: Bürgermeister Hans Wilhelm Stodollick hat das erste gelbe Ortseingangsschild mit der Aufschrift „Lünen hat keinen Platz für Rechtsextremismus“ enthüllt. | Deutschland | 2009-07-03T10:37:00+02:00 | 2009-07-03T10:37:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2009/aufgeschnappt-hupen-und-rechte-verboten/ |
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„Deutschland ist ein Autoland – und soll es auch bleiben!“ | Was als spaßige Provokation zweier Autoliebhaber gedacht war, entwickelte sich quasi über Nacht zu einer erfolgreichen Internet-Bürgerinitiative: die Facebook-Gruppe „Fridays for Hubraum“. Doch auch wenn die Initiatoren von Medien und Politik belächelt werden, meinen die Verantwortlichen es ernst. „Wir wollen ein rationaler Ruhepol gegenüber der aktuellen Klima-Hysterie sein“, erläutert Johannes Büchner, einer der beiden Gründer von „Fridays for Hubraum“, im Interview mit der JUNGEN FREIHEIT. Dabei betont Büchner, daß es ihm und seinen Mitstreitern durchaus um eine verantwortungsbewußte Umweltpolitik gehe, hier teile man das Anliegen mit der „Fridays for Future“-Bewegung. Notwendig sei allerdings eine Umweltpolitik, „die Arbeitsplätze nicht vernichtet, die natürliche Ressourcen schont, die auf nachhaltige Forschung setzt und die den Standort Deutschland nicht zerstört, sondern stärkt, sowie nicht zur Mehrbelastung der Bürger führt“. „Das Auto bedeute Freiheit“ Statt beispielsweise nur auf E-Autos zu setzen, was zum Verlust Hunderttausender Arbeitsplätze führen könne, sollten Industrie und Politik beispielsweise auch in Wasserstoff-Verbrennungsmotoren investieren. So könnten Massenentlassungen verhindert und gleichzeitig der Umwelt geholfen werden, erläuterte Büchner. „Deutschland ist ein Autoland – und soll es auch bleiben!“, forderte der Autoliebhaber. Das Auto bedeute Freiheit und Mobilität. Gerade auf dem Land, wo der öffentliche Nahverkehr nur unzureichend ausgebaut sei, sei das Auto unverzichtbar. Für die Zukunft rechnet „Fridays for Hubraum“, deren Gruppe derzeit bei Facebook mehr als 560.000 Mitglieder zählt, mit weiterem Zulauf. „Weil die Politik im Zeichen des Klimawahns erst mal weitergehen wird. Wodurch immer mehr Bürger deren Folgen zu spüren bekommen werden. Was wiederum immer mehr Menschen zu uns treiben wird“, gab sich Büchner sicher. Erste Aktion geplant Dabei wolle sich die Initiative mit ihrem Protest gegen die Klimahysterie nicht mehr bloß auf die sozialen Netzwerke beschränken. Erst jüngst habe man sich daher mit der Bauerninitiative „Land schafft Verbindung“ zusammengeschlossen. Bauern und Autoliebhaber seien beiden von den Folgen der Klimapolitik betroffen. Für Frühjahr plant „Fridays for Hubraum“ laut Büchner ihre erste „große Aktion“. Derzeit sei man dabei, Landesgruppen aufzubauen. Im Frühjahr solle dann jede Gruppe in Ballungszentren ihrer Region auf die Straße gehen. „So können wir auch mit nur achttausend Leuten einen deutschlandweiten Aktionstag auf die Beine stellen.“ (JF) ———————— Das gesamte Interview mit Johannes Büchner ist in der aktuellen Ausgabe der JUNGEN FREIHEIT (Nr. 2/20) erschienen und jetzt am Kiosk erhältlich. | JF-Online | Was als spaßige Provokation zweier Autoliebhaber gedacht war, entwickelte sich quasi über Nacht zu einer erfolgreichen Internet-Bürgerinitiative: die Facebook-Gruppe „Fridays for Hubraum“. Doch auch wenn die Initiatoren von Medien und Politik belächelt werden, meinen sie es durchaus ernst: „Wir wollen ein rationaler Ruhepol gegenüber der aktuellen Klima-Hysterie sein.“ | Deutschland | 2020-01-03T12:03:42+01:00 | 2020-01-03T12:28:35+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2020/deutschland-ist-ein-autoland-und-soll-es-auch-bleiben/ |
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Knast für Klima-Kleber in Großbritannien / Razzia in Dresden | LONDON. Zwei selbsternannte Klimaschützer wurden in Großbritannien für ihren Angriff auf ein Kunstwerk von Vincent Van Gogh zu Haftstrafen verurteilt. „Ich befinde beide der kriminellen Beschädigung für schuldig, da sie keinen rechtmäßigen Grund hatten, einen Schaden zu verursachen, sondern dies rücksichtslos taten“, urteilte eine Richterin am Londoner Amtsgericht Westminster am Mittwoch. Just Stop Oil protestor, Louis McKechnie, 22, who was jailed for six weeks for cable-tying his neck to one of the posts at Goodison, has been sentenced to another three weeks in prison for gluing his hand to a Van Gogh painting at a gallery in London #CapitalReports pic.twitter.com/uWl8vX4Kgl — CapitalLivNews (@CapitalLivNews) November 22, 2022 Der Rahmen des Bildes aus dem 18. Jahrhundert sei dauerhaft beschädigt worden, sagte sie laut der BBC. Während der 22jährige Luis McKechnie zu drei Wochen Haft verurteilt wurde, erhielt seine Komplizin, die 24 Jahre alte Emily Brocklebank, eine Freiheitsstrafe, die aber unmittelbar wieder ausgesetzt wurde. Die beiden hatten sich am 30. Juni in der Londoner Courtauld Galerie an ein Gemälde des niederländischen Malers Vincent van Gogh geklebt und dadurch einen Sachschaden von rund 2.000 Pounds verursacht. Der Anwalt der beiden Täter hatte während der Anhörung laut der britischen Zeitung Guardian noch darauf gepocht, daß der Anschlag auf das Kunstwerk dessen Wert womöglich sogar noch erhöht habe. Die Studentin Brocklebank zeigte unterdessen nur wenig Reue für ihre Tat. „Ich dachte nicht, daß ich viel Schaden anrichten würde. Der Kleber geht ab“, mutmaßte sie. Der Maler Vincent Van Gogh, an dessen Gemälde „Blühende Pfirsichbäume“ sie sich festgeklebt hatte, hätte bestimmt Verständnis für ihre Aktion gehabt. In Deutschland hat es unterdessen mehrere Untersuchungen in Wohnungen von Klimaextremisten gegeben. „Die Staatsanwaltschaft Dresden und das Landeskriminalamt Sachsen ermitteln derzeit gegen drei deutsche Staatsangehörige wegen des Verdachts der gemeinschädlichen Sachbeschädigung“, teilte die sächsische Behörde am Donnerstag mit. Die drei Beschuldigten seien deutsche Staatsbürger im Alter zwischen 22 und 29 Jahren. Jetzt ist es an der Zeit, friedlich Widerstand zu leisten und diese Krise unmissverständlich bewusst zu machen. Deshalb haben sich heute mutige Menschen an dieses berühmte Gemälde geklebt. Menschen auf der ganzen Welt kennen die beiden Engel der Sixtinischen Madonna von Raffael. pic.twitter.com/DYrK52e0XF — Letzte Generation (@AufstandLastGen) August 23, 2022 Die Personen sollen im August in die Dresdner Gemäldegalerie „Alte Meister“ eingedrungen sein und sich dort an die „Sixtinische Madonna“ des italienischen Renaissancekünstlers Raffael festgeklebt haben. Der durch die Aktion entstandene Sachschaden am Kunstrahmen des Bildes belaufe sich auf rund 4.000 Euro. Am Mittwoch kam es in Deutschland unter anderem zu einem Farbangriff von Klimaextremisten auf das DFB-Hauptquartier in Frankfurt und zu einer Störaktion der „Letzten Generation“ in der Hamburger Elbphilharmonie. (fw) | JF-Online | In Europa vergeht kein Tag mehr ohne Attacken von Klimaextremisten auf öffentliche Gebäude, Kunstwerke oder wichtige Verkehrsadern. In Großbritannien wurden deshalb nun zwei Angreifer zu Haftstrafen verurteilt. Auch in Deutschland laufen Ermittlungen. | Klima | Ausland | 2022-11-24T12:28:57+01:00 | 2022-11-24T12:28:57+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2022/klimakleber-ins-gefaengnis/ |
Mann des Lächelns | Der SPÖ-Spitzenkandidat ist beliebt bei Volk und Boulevard. Sein ÖVP-Gegenkandidat, Wilhelm Molterer, dagegen wirkt stets etwas leidend. Werner Faymann selbst besticht durch sein Markenzeichen des festgeschraubten Lächelns: Aalglatt, schimpfen seine Feinde, „immer liebenswürdig“, behaupten seine Anhänger. Sein Charme — zwischen Schwiegersohn und freundlichem Sachbearbeiter — kommt an. Der mit einer SPÖ-Gemeinderätin verheiratete Familienvater und Verkehrsminister präsentiert sich kompetent und sachlich, fällt nie aus der Rolle. Nur ein EU-kritischer Leserbrief an die allmächtige Wiener Kronen-Zeitung, zusammen mit Noch-Kanzler Alfred Gusenbauer verfaßt, sorgte für Unverständnis (JF 28/08). Auch die Faymann vorgehaltene Nähe zu Krone-Chef „Onkel Hans“ Dichand drohte gefährlich zu werden. Faymanns Pressesprecherin ist mit Krone-Ressortchef Claus Pándi liiert. Sein Ex-Pressesprecher ist Geschäftsführer des Gratisblatts Heute, dessen Eigentümerin Eva Dichand ist, die Tochter des Krone-Chefs. Und so ätzten die Salzburger Nachrichten: „Ist Faymann die Krone der Schöpfung — oder ist er bloß eine Schöpfung der Krone?“ Doch Faymann lächelt nur, und alles gleitet an ihm ab wie an einer Teflonpfanne. Als die ÖVP ein Dossier über Ungereimtheiten in seiner Biographie erstellen wollte, mußte sie feststellen: Es gab keine. Keine provokante Aussagen, keine Beleidigungen, kein jugendlicher Leichtsinn. Und die Tatsache, daß der 1960 geborene Wiener als einziger Spitzenkandidat nie einen Beruf erlernt hat, sein Jura-Studium schmiß und statt dessen nur in parteinahen Organisationen arbeitete, nimmt man ihm nicht übel. Doch obwohl der Sozialdemokrat mit seinem Motto „Die neue Wahl: Faymann“ das Kunststück fertiggebracht hat, in kürzester Zeit den Trend umzukehren, der noch vor Monaten gegen die SPÖ lief, werden wohl beide Großparteien nicht an die Ergebnisse der Wahl 2006 herankommen. Faymann weiß das. Und es gibt nach den neuesten Umfragen außer der Neuauflage der Großen Koalition keine wie auch immer geartete mögliche Konstellation für eine Mehrheitsregierung ohne HC Straches Freiheitliche. Nur: Faymann hat bereits verbindlich erklärt, er werde „keinen Tag“ mit der „Strache-FPÖ“ koalieren. Eine Minderheitsregierung unter freiheitlicher Duldung schloß er dagegen nicht aus, sie ist aber weniger wahrscheinlich. So wird es nach der Wahl wohl wieder eine Große Koalition unter einem SPÖ-Kanzler geben. Übrigens: ohne Molterer, wie viele glauben. Nur mit dem Unterschied, daß die Großkoalitionäre dieses Mal keine Zweidrittelmehrheit haben werden. Das hat auch sein Gutes: Denn nun können sie nicht mehr mit der Einführung des Mehrheitswahlrechts drohen. Und Strache wird als Chef der dann wohl stärksten Oppositionspartei Kanzler Faymann auf den Zahn fühlen. | JF-Online | Der SPÖ-Spitzenkandidat ist beliebt bei Volk und Boulevard. Sein ÖVP-Gegenkandidat, Wilhelm Molterer, dagegen wirkt stets etwas leidend. Werner Faymann selbst | Interview | 2008-09-26T00:00:00+02:00 | 2008-09-26T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/interview/2008/mann-des-laechelns/ |
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Argentinien wird zur strategischen Supermacht | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Hannes Märtin | Die Anden Argentiniens bieten eine enorme Rohstoffvielfalt. Besonders hervorzuheben sind die umfangreichen Lithiumvorkommen. Auch Unmengen an Kupfer wurden vor kurzem im größten Gebirge Südamerikas entdeckt. Das bringt das Land in eine komfortable Position. | Argentinien | Wirtschaft | 2025-06-13T14:20:17+02:00 | 2025-06-13T16:23:40+02:00 | https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2025/argentinien-wird-zur-strategischen-supermacht/ |
Demokratur | Gerhard Schröder und Joschka Fischer wollen die gemeinsame Regierungsarbeit über die Bundestagswahl 2006 hinaus fortsetzen. Mit diesem Beschluß ist es ihnen endlich gelungen, lähmende Irritationen hinsichtlich ihrer weiteren Ambitionen auszuräumen. Vom Kanzler kursierte das Gerücht, daß er beabsichtige, es mit zwei Amtsperioden bewenden zu lassen. Nun, da eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit auf der Tagesordnung steht, scheint er mit gutem Beispiel vorangehen zu wollen. Fischer hingegen nimmt so, ganz der ausgefuchste Diplomat, den Druck von den EU-Partnern, ihn alsbald in das sowieso erst noch zu schaffende Amt des EU-Außenministers zu berufen. Über seinen Weggefährten Daniel Cohn-Bendit erfuhr die Öffentlichkeit, daß der grünen Vaterfigur ein Wechsel nach Brüssel auch im Jahr 2008 oder 2009 noch genehm wäre. Ob bereits 2012 oder erst 2016 eine Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten geplant ist, wurde bislang jedoch nicht verlautbart. Schröder und Fischer haben damit signalisiert, daß sie die Menschen in Zeiten bevorstehender Not nicht alleinlassen werden. Zugleich ist ihnen gelungen, in den Wählern ein klein wenig mehr Vertrauen in das Funktionieren unserer Demokratie auch in der Krise aufzubauen. Das Grundgesetz allein lädt nämlich zu der Überinterpretation ein, die Bürger hätten eine nennenswerte Verantwortung zu tragen für das politische Geschehen und die Auswahl des Personals, das sie regiert. Zwar relativiert sich manches schon durch die Praxis. Man stellt zum Beispiel fest, daß man als Wähler in der Regel nur zwischen einer Handvoll von Angeboten entscheiden muß, um deren Zustandekommen sich die Parteien bereits hinlänglich gekümmert haben. Es ist jedoch der Eindruck weit verbreitet, daß in den Parteien selbst die Anarchie der Willensbildung von unten nach oben herrscht, welche eine rasche und stringente Lösung der gegenwärtigen Probleme erschwert. Dieses Zerrbild korrigieren Schröder und Fischer, indem sie, ohne viele Worte zu verlieren, den Supremat der überlegenen Persönlichkeit über die kleinlichen Regularien der Formaldemokratie demonstrieren. Dies ist die starke Hand, die die um ihre Zukunft bangenden Menschen von ihren Führern erwarten. Die Opposition zetert, verzettelt sich in per se kurzlebigen Reformalternativen und lanciert allenfalls schüchtern eine neuerliche Kandidatur des Verlierers von 2002. Unter dem Strich stellt sich bloß der Eindruck ein, daß sie zu Recht keine Regierungsverantwortung trägt. Beklagen mag man höchstens, daß der Kanzler und sein Außenminister de facto bereits den nächsten Bundestagswahlkampf eröffnet haben. Dies ist selbst in einer politischen Ordnung, die keine Langzeitperspektive kennt, ungewöhnlich, nimmt aber von der Regierungsarbeit der nächsten Jahre den Erwartungsdruck. An eine Modernisierung unseres Gemeinwesens ist eben erst zu denken, wenn der Bürger 2006 entschieden hat. | JF-Online | Gerhard Schröder und Joschka Fischer wollen die gemeinsame Regierungsarbeit über die Bundestagswahl 2006 hinaus fortsetzen. Mit diesem Beschluß ist es ihnen | Debatte | 2003-09-05T00:00:00+02:00 | 2003-09-05T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/2003/demokratur/ |
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Zensur am Briefkasten | Große Empörung haben bei den Lesern dieser Zeitung die Vorgänge um einen „Anti-Islamisierungskongreß“ in Köln (siehe JF 40/08) hervorgerufen. Die Stadtratsfraktion Pro Köln hatte Vertreter rechter und nationalkonservativer Parteien aus Flandern, Österreich, Frankreich und Deutschland zu einer öffentlichen Kundgebung in die Domstadt geladen, um ihrem Anliegen Aufmerksamkeit zu verschaffen, nämlich der Sorge um eine Islamisierung, letztlich Überfremdung deutscher Metropolen, die sich im Bau überdimensionaler Großmoscheen wie in Köln-Ehrenfeld ausdrückt. Gegen die Kundgebung hatte ein Bündnis der übrigen Stadtratsfraktionen unter Führung des Oberbürgermeisters Schramma (CDU) mobil gemacht — von Linkspartei bis CDU. Nachdem es nicht gelungen war, die Protestkundgebung der Islamisierungskritiker mit juristischen Tricks (der Polizeipräsident bemühte sich allen Ernstes um ein Verbot!) zu verhindern, mobilisierte man für eine Blockade, in deren Zuge die Polizei zusah, wie Linksextremisten Kongreßteilnehmer mit Gewalt am Zutritt zum Kundgebungsort hinderten. Entsetzt blickte die kritische Öffentlichkeit nach Köln und mußte mitansehen, wie die Polizei von der politischen Führung gezwungen wurde, linksextreme Randalierer gewähren zu lassen und das Demonstrationsrecht für „Rechte“ zu unterbinden. Staatsrechtler wie Josef Isensee sprachen zu Recht von einer „Blamage des Rechtsstaates“, selbst die eifrig beim „Kampf gegen Rechts“ aktive Wochenzeitung Die Zeit kommentierte: „So ist schwer zu sehen, warum die Polizei nicht den Teilnehmern den Weg zu ihrer Demonstration bahnt. Zur Not mit hartem Durchgreifen. So will es das Grundgesetz, so sagen es die Verfassungsrichter.“ Verständlich, daß der kleinen Kölner Oppositionsgruppe Pro Köln daran gelegen ist, die Öffentlichkeit im Vorfeld der im nächsten Jahr anstehenden Kommunalwahlen über das ihr geschehene Unrecht aufzuklären. Sie produzierte ein Faltblatt, gedruckt in einer Auflage von 300.000 Exemplaren, um es als Postwurfsendung an alle Kölner Haushalte verbreiten zu lassen. Die Deutsche Post, die in der Vergangenheit schon mehrmals anstandslos Postwurfsendungen von Pro Köln verteilt hat, beruft sich jetzt plötzlich auf einen Passus ihrer Geschäftsbedingungen, der ihr eine Prüfung der Inhalte vorbehält — und verweigert die Verteilung (siehe Bericht auf Seite 4). Tatsächlich lassen die AGBs der Post eine solche „Vorzensur“ bei Postwurfsendungen zu. Tatsache ist auch, daß die Post mittlerweile kein reines Staatsunternehmen mehr ist (30 Prozent der Aktien hält der Bund noch über die KfW) und es konkurrierende private Verteildienste gibt, über die sich ebenfalls Postwurfsendungen organisieren lassen. Es ist zu verurteilen, wenn sich ein marktbeherrschendes Unternehmen wie die Post parteiisch in den Streit der Meinungen quasi per Zensur einmischt. Wahrscheinlich aber wird der Postchef hierfür kaum Kritik, sondern eher einen der wahrer Tapferkeit hohnsprechenden Preise für „Zivilcourage“ ernten … | JF-Online | Große Empörung haben bei den Lesern dieser Zeitung die Vorgänge um einen „Anti-Islamisierungskongreß“ in Köln (siehe JF 40/08) hervorgerufen. Die | Sonderthema | 2008-10-31T00:00:00+01:00 | 2013-12-03T13:54:01+01:00 | https://jungefreiheit.de/sonderthema/2008/zensur-am-briefkasten/ |
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„Sand im Getriebe“: Autogegner rufen zur Blockade der IAA auf | FRANKFURT/MAIN. Das Bündnis „Sand im Getriebe“ hat eine Blockade der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) angekündigt. „Wir werden mit unseren Körpern die Zugänge blockieren“, sagte die Sprecherin der Organisation mit dem Pseudonym „Tina Velo“ gegenüber dem Handelsblatt. Sie rechne mit mehreren hundert Unterstützern. Im Gegensatz zu anderen Kritikern der Automobilindustrie wie attac schloß „Sand ins Getriebe“ auch illegale Aktionen gegen die IAA nicht aus. „Wir wollen eine radikale Verkehrswende von unten, mit deutlich weniger Autos. Dazu sind wir auch bereit, die Grenze des legalen Protests zu übertreten“, betonte „Velo“. Zugleich versicherte sie, es werde keine Gewalt gegen Menschen und Autos geben. Die Mitglieder von „Sand im Getriebe“ sollen bereits bei Protesten im Hambacher Forst Erfahrungen für Blockaden gesammelt haben, berichtete die Welt. Die Gruppe distanziere sich nicht von radikaleren Auto-Gegnern, die unter dem Namen „Steine ins Getriebe“ Ende August Fahrzeuge eines Autohändlers im hessischen Kronberg beschädigten. Dabei wurden rund 40 Land Rover Aston Martins und Jaguar demoliert. Der Schaden betrug laut Polizei mehrere hunderttausend Euro. Linksextreme versuchen „Fridays for Future”-Bewegung zu unterwandern In einem Bekennerschreiben auf der linksextremen Homepage Indymedia rief „Steine ins Getriebe“ ebenfalls zur Blockade der IAA und der Teilnahme an der „Fridays for Future“-Bewegung auf. Man befinde sich in einem ähnlichen Kampf wie die militanten Braunkohle-Gegner im Hambacher Forst, hieß es weiter. Bereits vor Monaten hatten Sicherheitsbehörden gewarnt, daß linksextreme Gruppen versuchten, die Schülerstreikproteste zu unterwandern. Für Samstag planen mehrere Anti-Globalisierungs- und Umweltgruppen eine Sternfahrt gegen die IAA. Laut der Organisation Naturfreunde haben sich 10.000 Teilnehmer angemeldet. Eine Sprecherin der ebenfalls beteiligten Umweltschutz-Organisation Greenpeace, Marion Tiemann, betonte gegenüber der Welt: „Man darf das Thema Mobilität nicht in die Verantwortung des Einzelnen stellen.“ (ag) | JF-Online | Das Bündnis „Sand im Getriebe“ hat eine Blockade der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) angekündigt. Im Gegensatz zu anderen Kritikern der Automobilindustrie wie attac schloß „Sand im Getriebe“ auch illegale Aktionen gegen die IAA nicht aus. | Gesellschaft | 2019-09-10T17:29:00+02:00 | 2019-09-10T17:32:53+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2019/sand-im-getriebe-autogegner-rufen-zur-blockade-der-iaa-auf/ |
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Scholz ist am Zug | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Dieter Stein | Glaubt man den Gerüchten, dann hat die CDU-Parteizentrale angesichts der jüngsten Umfragewerte die blanke Panik erfaßt. Erstaunlich ist, daß die AfD davon nicht profitieren kann. Finanzminister Olaf Scholz positioniert sich derweil als staatsmännischer Macher. Ein Kommentar von JF-Chefredakteur Dieter Stein. | Scholz | Streiflicht | 2021-08-26T10:10:08+02:00 | 2021-08-26T10:10:23+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/streiflicht/2021/scholz-laschet-afd-bundestagswahl/ |
Flut von Hurra-Meldungen | Im Presseverteiler der Bundesregierung ist Maria Böhmer derzeit omnipräsent. Bildungsbeteiligung und Arbeitsmarkt, Existenzgründer und Ausbildungschancen, Kindertagesstätten und Elternarbeit, Einbürgerungen, integrationspolitische Dialoge, strategische Partnerschaften, Radio Multikulti, „Netz gegen Nazis“ und EM-Halbfinale – die CDU-Staatsministerin und „Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration“ läßt seit Wochen keine Gelegenheit aus, um noch größere Anstrengungen bei der integrationspolitischen Planerfüllung einzufordern und zu geloben. Man merkt: Der erste Geburtstag des „Nationalen Integrationsplanes“ rückt näher. „Über 400 Maßnahmen und Selbstverpflichtungen“ waren am 12. Juli 2007 unter dem Etikett „Nationaler Integrationsplan“ zusammengepackt und von der Bundesregierung beschlossen worden. Nicht nur alle staatlichen Ebenen waren mit an Bord genommen worden, sondern auch gesellschaftliche Akteure – Arbeitgeber und Gewerkschaften, Kirchen, Medien, Sportverbände und selbstverständlich Wohlfahrtsverbände, Stiftungen und weitere Mitwirkende der Integrationsindustrie, die wohl ein gesteigertes Eigeninteresse an dem für allerlei neue „Integrations“-Programme vor allem bei Bildung und Arbeitsmarkt zu erwartenden Geldsegen hatten. Während sich Bund, Länder und Kommunen für die staatliche Seite zu leidlich konkreten Fördermaßnahmen verpflichteten – versprochen wurde unter anderem die verstärkte Einstellung von Einwanderern in den öffentlichen Dienst und ihre besondere berufliche und sprachliche Förderung –, durften die Einwandererverbände bei ihren „Selbstverpflichtungen“ im Ungefähren verharren. Türkische Gemeinde versprach Bildungsoffensive Die „Türkische Gemeinde in Deutschland“ (TGD) versprach etwa „eine Bildungsoffensive für Eltern türkischer Herkunft mit dem Ziel, diese Eltern zu motivieren, zu qualifizieren und zu aktivieren, sich stärker für die Bildung ihrer Kinder einzusetzen“ – mit anderen Worten das zu tun, was für einen Einwanderer, der die Chance erhält, in einem anderen Land sein Glück zu machen, ohnehin eine Selbstverständlichkeit sein sollte. So weit die Theorie. In der Praxis mußte sich Böhmer Mitte Juni wiederum von der TGD mit wüster Polemik gegen die zaghaften Einschränkungen des Zuwanderungsgesetzes beim Ehegattennachzug aus der Türkei überschütten lassen und sagte ihre Teilnahme an deren Jahreskongreß ab – nicht ohne weiter ihre „Dialogbereitschaft“ zu betonen. Der schöne Plan darf schließlich nicht scheitern, auch wenn Staat und Einwanderungslobby grundsätzlich verschiedene Dinge meinen, wenn sie von „Integration“ reden. Während Böhmer sich also brav an ihrem Teil des „Nationalen Integrationsplans“ abarbeitet und unverdrossen beinahe im Tagestakt „Kindertageseinrichtungen als Orte der Integration“, „mehr Ausbildungschancen für junge Migranten“ und „bessere Chancen für Migranten auf dem Arbeitsmarkt“ beschwört, „Potentiale von Zugewanderten besser nutzen“ will und „Migranten als Existenzgründer vorbildlich“ preist, „positiveren Umgang mit Einbürgerungen“ fordert und Allgemeinplätze wie „Bildungsbeteiligung ist der Schlüssel zur Integration“ repetiert, zeigen die Umworbenen dem deutschen Gemeinwesen die kalte Schulter. < ---newpage--->Zahl der Einbürgerungen geht zurück Die Zahl der Einbürgerungen ist im vergangenen Jahr um zehn Prozent auf nur noch 113.000 zurückgegangen. Ursache ist wohl weniger die Diskussion um einen bundeseinheitlichen „Einbürgerungstest“, gegen den auch Böhmer nichts einzuwenden hat, sondern eher grundsätzliches Desinteresse an tieferer Identifikation mit dem Land, in dem man lebt und dessen Sozialsystem man gern in Anspruch nimmt. Dieses Desinteresse läßt sich offenkundig auch durch eine Erhöhung der Geldverbrennungsrate bei sozialpädagogischen Maßnahmen aller Art nicht einfach überwinden. Um dieser bitteren Erkenntnis auszuweichen, folgen Böhmers Verlautbarungen einem vertrauten Muster: Magere Erfolge hochreden, dicke Probleme schönreden oder ignorieren, und im übrigen nicht vom ungebrochenen Glauben an die gute alte Tante Wohlfahrtsstaat abfallen, die es für ihre Schutzbefohlenen schon richten kann, soll und muß. Der Verdacht drängt sich auf, daß der hochgelobte „Nationale Integrationsplan“ bislang vor allem zweierlei gebracht hat: viel Geld für die Integrationsindustrie und viel schöne Worte für die Bürger, die den Spaß mit ihren Steuergeldern bezahlen müssen. Um aufkommende Zweifel am Sinn des Ganzen im Keim zu ersticken, hat Maria Böhmer zusätzlich zu ihrer Flut von Hurra-Meldungen jüngst noch ein ganz neues Kaninchen aus dem Hut gezogen: Anfang Juni präsentierte sie ein Konzept für ein „bundesweites Integrationsmonitoring“, das anhand „wissenschaftlicher Kriterien“ regelmäßig die „Fortschritte der Integrationspolitik“ messen solle. Offizielle Bilanz im November Dabei geht es freilich nicht um unabhängige Erhebungen, sondern um die Zusammenfassung vorhandener Daten aus unterschiedlichen Quellen in einem ganz großen Datensammelsurium. Inwieweit – so zwei der „hundert Indikatoren aus 14 Themengebieten“ – der Anteil der Raucher und Übergewichtigen unter den „Menschen mit Migrationshintergrund“ aussagekräftig für das Fortschreiten der Ausländerintegration ist, fragen sich dabei selbst bekennende Multikulturalisten wie der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet (CDU). Wenn die Regierung die eigenen Erfolge bewertet, kommt allemal Selbstbeweihräucherung heraus, argwöhnen Kritiker. Und das ist wohl auch die Absicht dahinter. Eine erste offizielle Bilanz des „Nationalen Integrationsplans“ will die Bundesregierung im November ziehen. Man darf wohl davon ausgehen, daß das Trommelfeuer optimistischer Meldungen bis dahin nicht verstummen wird. | JF-Online | Im Presseverteiler der Bundesregierung ist Maria Böhmer derzeit omnipräsent. Bildungsbeteiligung und Arbeitsmarkt, Existenzgründer und Ausbildungschancen, | Deutschland | 2008-07-08T19:37:00+02:00 | 2013-12-03T16:20:26+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2008/flut-von-hurra-meldungen/ |
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Wanderwitz schließt Koalition mit AfD nach Landtagswahl aus | BERLIN. Der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz hat eine Kooperation seiner Partei mit der AfD nach der Landtagswahl in Sachsen ausgeschlossen. Es herrsche „maximale Abgrenzung mit ein paar Einsprengseln von Verrückten, die das nicht so sehen“, sagte Wanderwitz, der auch Bundesvorstandsmitglied ist, den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Der CDU-Politiker bekräftigte, es werde nach der Wahl im Herbst „weder zu Verhandlungen kommen, noch zu einer Koalition oder irgendeiner Form der Tolerierung“. Bei den Christdemokraten stünden nach „ganz links und nach ganz rechts“ Brandmauern, ergänzte Wanderwitz. Dafür stehe der CDU-Landeschef Michael Kretschmer. Zuvor hatte unter anderem die Sächsische Zeitung berichtet, in der CDU kursiere ein Plan B für den Umgang mit der AfD nach der Wahl. Demnach gebe es einen nur intern diskutierten Vorschlag, der AfD Sondierungsgespräche anzubieten. Kretschmer hatte die Spekulationen vor rund einer Woche erneut zurückgewiesen. AfD-Anhänger in Thüringen für Regierungsbeteiligung Der CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Patzelt hatte Mitte Januar seiner Partei geraten, sich nach der Bundestagswahl 2021 Koalitionsgespräche mit der AfD nicht zu verweigern. „Wenn kein anderer Koalitionspartner zur Verfügung steht, dann muß ich selbstverständlich auch mit einer Partei wie der AfD reden.“ In den östlichen Bundesländern steht die AfD in Umfragen jeweils auf Platz zwei oder drei. Ihr bestes Ergebnis erzielt sie laut den Erhebungen derzeit in Thüringen mit 20 Prozent. Dort wünscht sich ein großer Teil der Parteianhänger eine Regierungsbeteiligung. (ls) | JF-Online | Der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz hat eine Kooperation seiner Partei mit der AfD nach der Landtagswahl in Sachsen ausgeschlossen. Es herrsche „maximale Abgrenzung mit ein paar Einsprengseln von Verrückten, die das nicht so sehen“, sagte Wanderwitz, der auch Bundesvorstandsmitglied ist. | Deutschland | 2019-03-28T13:43:34+01:00 | 2019-03-28T14:51:59+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2019/wanderwitz-schliesst-koalition-mit-afd-nach-landtagswahl-aus/ |
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Der Traum vom ewigen Leben | Kinder und Narren sagen zumindest häufig die Wahrheit. Wenngleich im Fall der Raelianer und der in ihren Diensten stehenden Firma Clonaid die Narren nur ein großes Medienspektakel inszeniert und sicher kein Klonbaby zur Welt gebracht haben, so entfesselten ihre „Klonerien“ doch einen Sturm der Entrüstung bei Vertretern von Politik und Kirchen. Quer durch die Lager ist man sich einig, daß das Klonen moralisch verwerflich ist und fordert ein möglichst weitreichendes Verbot. Wissenschaftler und Wissenschaftsstrategen versuchen demgegenüber auf die möglichen Vorteile des therapeutischen Klonens, etwa die Ersetzung kranker Organe durch künstlich hergestellte gesunde, hinzuweisen, aber das Interesse der Öffentlichkeit richtet sich vor allem auf das weit spektakulärere, jedoch nach herrschender Meinung noch nicht durchführbare reproduktive Klonen von Menschen. Zwar ist davon auszugehen, daß sich die Position der Wissenschaft insgesamt durchsetzen wird – denn was machbar ist, wird auch gemacht; die Frage ist nur, wie und von wem – jedoch, wie immer, wenn neue Technologien entwickelt werden, schreien anfangs die Fundamentalisten auf beiden Seiten am lautesten und werden am meisten gehört: Auf der einen die Moralisten etwa bei Grünen und Kirchen, auf der anderen religiöse Technokraten wie die Raelianer. Während das Geplärre grüner Menschenrechtshüter, die jahrzehntelang für die massenhafte Abtreibung von Embryonen kämpften, aber jetzt deren genetische Vervielfältigung für ethisch verwerflich halten, sich von vornherein erledigt, ist die kirchliche und zumal die katholische Position wenigstens konsequent, zumindest was die Ablehnung von Abtreibung und Klontechnik betrifft. Eine andere Frage ist freilich, ob nicht gerade die biblischen Religionen mit ihrer Aufforderung an den Menschen, sich die Erde untertan zu machen, mit ihrem eschatologischen Fortschrittsprinzip und ihrer Verbreitung der Hoffnung auf ein individuelles ewiges Leben nicht nur dem technischen Weltbemächtigungsstreben des europäischen Menschen, sondern selbst noch dem Technikkult der Raelianer, die sich vom Klonen das ewige Leben erhoffen, den Weg geebnet haben. Dafür spricht nicht nur die Beflissenheit, mit welcher deren Guru Claude Vorilhon – ein katholischer Internatszögling, der sich für den Sohn eines Außerirdischen und Bruder Christi hält – seinem bevorzugten Haßobjekt, der katholischen Kirche, nacheifert und die „Frohe Botschaft“ von der Geburt eines Klonkindes verkündet, sondern dafür sprechen auch tiefgreifendere Gemeinsamkeiten. Auf den ersten Blick zeigt sich zwar eine große Differenz zwischen der Auffassung vom menschlichen Leben als einem Geschenk Gottes und derjenigen seiner technischen Reproduzierbarkeit, aber hinter beiden steht die Vorstellung von einem planenden Schöpfer der Welt, der selbst außerweltlich ist: als transzendenter „ganz Anderer“ oder, wieviel primitiver auch immer, als zumindest von weither gekommener Außerirdischer, der nach Meinung der Raelianer unsere Vorfahren klonte. Auch die raelianische Konzeption vom ewigen Leben ist biblisch bedingt, sowohl in der Negation der Faktizität des Todes als auch im Vertrauen auf das menschliche Tun: Gott wird jedem „nach seinen Werken“ das Verdiente zuteilen, also auch „ewiges Leben denen, die in aller Geduld mit guten Werken trachten“ nach „unvergänglichem Leben“ (Römer 2, 6,7). Hat die Verheißung eines solchen als Verneinung des wirklich erlebbaren Lebens immerhin noch den relativen Vorteil mangelnder Überprüfbarkeit und dadurch von Unwiderlegbarkeit – mit der freilich die Unbeweisbarkeit immer im Gleichschritt marschiert, wie der Zweifel stets der böse Schatten des Glaubens ist -, so müssen sich die weltlich-technokratischen, von den biblischen Religionen abgeleiteten Ideologien an ihren Taten messen lassen. Und hier beließen es die Raelianer bislang bei medienwirksamen Ankündigungen. Selbst wenn aber – nicht einer Ufo-Sekte, sondern der Biotechnologie – das reproduktive Klonen gelingen sollte, dann ist damit noch lange kein „ewiges Leben“ geschaffen, sondern lediglich das Erbgut eines Menschen kopiert, also ein Zwilling erzeugt worden, der sich von einem gewöhnlichen eineiigen Zwilling nur in zweierlei Hinsicht unterscheidet: nämlich darin, daß er erstens auf künstliche Weise und zweitens erst später hervorgebracht wurde. Ebensowenig wie zwei Zwillinge derselbe Mensch sind, also gemeinsame Erinnerungen, eine gemeinsame Biographie und ein gemeinsames Ichbewußtsein haben, kann ein Klon, der nach seinem „Original“ wieder als Säugling sein Leben beginnt und es auf eine individuelle, je eigene Weise führen muß, als dessen identische Reduplikation betrachtet werden. Trotz der prägenden Rolle des Erbgutes, die gegen alle soziologistischen Fiktionen vom gesellschaftlichen Sein, das das Bewußtsein bestimme, bewiesen wurde, ist der Mensch nicht mit seinem Gencode identisch. Freilich weiß dies auch der Sektenführer „Rael“, der deshalb auch noch zwei weitere Schritte neben dem Klonen ankündigte, um das ewige Leben zu erschaffen: Zunächst muß, wie er unlängst in der FAZ mitteilte, ein Accelerated Growth Process in Gang gesetzt werden, damit man, wenn man sich klonen läßt, innerhalb weniger Stunden einen erwachsenen Klon hat, und anschließend „muß man die Erinnerung und die Persönlichkeit, die man im Gehirn hat, ins Gehirn des Klons herunterloaden“, um nach seinem Tod in dessen Körper weiterzuleben. Leider hat „Rael“ nicht bedacht, daß ein ewiges Leben diese sich ständig selbst kopierenden Klone mit so vielen Eindrücken konfrontieren würde, daß die „Speicherkapazität“ ihrer auf eine gewöhnliche Lebenszeit angelegten Gehirne sehr schnell erschöpft wäre, so daß spätestens alle hundertundnochwas Jahre die „Festplatte“ gelöscht werden müßte, womit es mit der personalen Identität und also auch mit einem individuellen ewigen Leben sehr schnell ein Ende hätte. Man sollte also gleich noch die passenden Gehirncomputer konstruieren und mit einem Speicher ausstatten, der dem ewigen Leben gewachsen ist, oder anders gesagt: Zur Ewigkeit gehört auch Allwissenheit. Außerdem sollte man dafür Sorge tragen, daß immer jemand zur Verfügung steht, der einen notfalls kopieren könnte, wenn man selbst nicht mehr rechtzeitig vor seinem Verschleiß dazu kam, weil einem etwa ein Dachziegel auf den Kopf gefallen ist, wovor einen ja die grundsätzliche Klonbarkeit nicht schützt. Wer weiß aber, ob die Zeitgenossen wirklich Lust haben, mich zum Beispiel schon wieder zu klonen und nicht vielmehr froh sind, mich los zu sein? Sicherheitshalber sollte man also nicht nur die gesamte Zukunft, sondern auch gleich noch die jeweilige Gegenwart mit möglichst vielen Klonen seiner selbst bevölkern, die notfalls als willige Kopiergehilfen für ihre Mitklone bereitstünden. Am sichersten wäre es jedoch, auf fremde Klone, die einem womöglich das ewige Leben mißgönnen könnten, ganz zu verzichten – womit wir wieder bei dem ewigen, allwissenden Gott wären, der ebenfalls keine anderen Götter neben sich duldet, oder – sehr profaner – bei einem Guru, der die Welt gerne als sein privates Computerspiel besäße, mit Datenhandschuhen für Cybersex. | JF-Online | Kinder und Narren sagen zumindest häufig die Wahrheit. Wenngleich im Fall der Raelianer und der in ihren Diensten stehenden Firma Clonaid die Narren nur ein | Kultur | 2003-01-17T00:00:00+01:00 | 2003-01-17T00:00:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2003/der-traum-vom-ewigen-leben/ |
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Gottschalk und die Folgen | Es waren die politischen Fernseh-Aufreger der spätenachtzigerund frühen neunziger Jahre: Auftritte rechter Politiker vorderKamera.Durch die ersten Wahlerfolge der Republikaner und der DVU bei Landtagswahlen rückten die Vertreter dieser Parteien – allen voran die Vorsitzenden Franz Schönhuber und Gerhard Frey – nicht nur ins öffentliche Interesse, sondern auch vor die Objektive der Fernsehka- meras. DieobligatorischenAuftritteder rechten Parteivertreter an den Wahlabendenwurden stets von Rangeleienund Schmährufen begleitet, gelegentlich wurde ein Fernsehstudio belagert. Das alles war aber nichts gegen die Aufregung, die die Republik erfaßte, als sich Thomas Gottschalk des Themas annahm. Seit diesem Tage – dem 8. Januar 1992 – ist der Dampfplauderer des deutschen Fernsehens auffallend schmallippig, wenn er aufgefordert wird, sich zu politischen Themen zu äußern. Diese für den Moderator ungewöhnliche Zurückhaltung hat ihren Ursprung in einem Medienskandal, den die jüngsten Wahlerfolge von DVU und NPD undvorallem diemit unter äußerst schräge Begleitmusik in den Medien wieder in Erinnerung riefen. Wie heute auch stellten sich damals die Medien die Frage, wie sie mit rechten Parteien und Politiker umgehen müssen, ohne in den Verdacht zu geraten, deren Sache zu befördern. Eine Frage, die im Zusammenhang mit der PDS übrigens nur selten gestellt wurde und die sich eigentlich für einen Journalisten überhaupt nicht stellen dürfte: Berichtet wird über Ereignisse und Menschen, die wichtig sind. Und das ist der Fall bei einer Partei, die in einen Landtag gewählt wurde. An dem für Thomas Gottschalk so unerquicklichen Abend im Januar1992 war der damalige Republikaner-Vorsitzende Franz Schönhuber zu Gast in der „Late Night Show“ des Moderators auf RTL, einer ziemlich erfolglosen Vorläufersendung der Harald-Schmidt- Show. Der Auftritt zu nachtschlafender Zeit war ein Triumph für Schönhuber und ein Desaster für Gottschalk. So sahen es zumindest in den folgenden Tagen die Medien und die öffentliche Meinung. Gottschalk war nicht in der Lagegewesen,die ihm von der Medienöffentlichkeit zugeschriebene Rolle des Enthüllers auszufüllen und gewissermaßen den „Biedermann“ Schönhuber als geistigen Brandstifter zu entlarven. Der Meister des belanglosen Plauderns erwies sich dem erfahrenen Journalisten und charismatischen Politiker, dern icht plaudern wollte, sondern für seine politischen Vorstellungen warb, als völlig unterlegen. Gottschalk als Politik-Tal-ker – eine Fehlbesetzung. Ebensogut hätte man Sabine Christiansen ein Fußballspiel kommentieren lassen können. Schönhuber war zu dieser Zeit, als Sabine Christiansen noch Erich Böhme hieß und dessen Dauergäste noch Heiner Geißler und Norbert Blüm statt Guido Westerwelle und Otto Schily, in zahlreichen Talkshows dabei – nicht nur aufgrund der Wahlerfolge seiner Partei. Schönhuber wurde auch eingeladen – und eben nicht der in den Medien wenig vorteilhaftwirkende Gerhard Frey -, weil er gut reden konnte, charmant war, ja fast weltmännisch auftrat. Daß manch einer sich ein ganzklein wenig (manche auch etwas mehr) vor dem wortgewandtenRepublikaner-Füh-rer fürchtete, machte die Sache nur noch interessanter. Vielleicht wird im Rückblick der 8. Januar 1992 daher als AnfangvomEnde der Republikaner bezeichnet werden. Denn nach diesem für Schönhuber so erfolgreichem (zu erfolgreichem) Auftritt vor einem Millionenpublikum war vorbei mit den Einladungen, konnte Schönhuber seine Ausstrahlung in den Mediennicht mehrausspielen.Das lustvolle Gruseln der Fernsehmacher schlug um in panischeAngst. Schönhuber taug- nicht länger zum Enfant terrible der Talkshow-Szene, denn er hatte einen entscheidenden Fehler begangen: Er hatte sich den Journalisten für einen Augenblick überlegen gezeigt und einen der „Ihren“ politisch bis auf die Knochen blamiert. „Dabei hatte ich Gottschalk geraten, sich gut auf die Sendung vorzubereiten“, sagt Schönhuber heute. Vor diesem Hintergrund wird das viel kritisierte Verhalten der TV-Mode-ratoren am Abend der Landtagswahlen Brandenburg und Sachsen verständlicher (JF 40/04). Bettina Schausten (ZDF) und Sylvia Peuker (ARD), die NPD-Mann Holger Apfel das Wort abschnitten, sind dafür von ihren schreibenden Kollegen bis hin zur taz heftig kritisiert worden. Grund für das Verhalten der Moderatorinnen war mit Blick auf den „Fall Gottschalk“ weniger die Angst, daß die Rechten mit ihren übers Fernsehen verbreiteten Äußerungen neue Wähler rekrutieren könnten, sondern vielmehr die Furcht, daß man den pauschal als „Populisten“ bezeichneten rechten Politikern nicht gewachsen sein könnte. Wenn Sabine Christiansen von einem charmanten Gregor Gysi an die Wand geredet wird – was soll’s. Wenn aber beispielsweise der – zugegeben etwas unwahrscheinliche – Fall eintreten sollte, daß Holger Apfel Maybrit Illner mitten in Berlin ziemlich alt aussehen läßt und die Talkshow ebenso geschickt nutzen würde, um für die Politik der NPD zu werben, wie es Politiker jeglicher Couleur seit Jahr und Tag für ihre Parteien machen, dann wären Illners journalistische Tage gezählt. Thomas Gottschalk konnte sich 1992 gerade noch retten. Aber auch nur, weil er so nett lächeln kann – und um den Preis politischer Zurückhaltung. Daherist die Ankündigung vonChristiansen und Illner, keine Parlamentarier von NPD und DVU einzuladen, aus ihrer Sicht nur konsequent. Seit dem Medienbann gegen Schönhuber waren die Fernsehsender selten in die Verlegenheit gekommen, über eine Einladung an rechte Politiker nachzudenken. Kitzelte es dann doch einmal, half man sich mit Jörg Haider aus, der alleine dreimal in Sendungen von Erich Böhme eingeladen wurde – landesweite Aufregung inklusive. Nach den Wahlerfolgen von DVU und NPD hat sich die Lage nun geändert. Da beide Parteien gleichsam auf derdeutschlandweitenAnti-Hartz-Welle in die Parlamente gespült worden sind, dürfte es für die Verantwortlichen der Fernsehsender schwer werden, ihre Vertreter gänzlichvonjeglicherDiskussionsrunde fernzuhalten. Schließlich drängt sich die Frage auf, was denn NPD und DVU zu den Problemen nun zu sagen haben, denen sie ihre Erfolge letztlich verdanken. Für die Fernsehsender kommt erschwerend hinzu, daß in der öffentlichen Wahrnehmung derzeit ausnahmsweise nicht in erster Linie das Thema Ausländer mit den rechten Parteien in Verbindung gebracht wird. Mit dem Verweisaufdieses ThemasinddieRech- ten in der Vergangenheit gerne vor die Tür der Studios komplimentiert worden. Zwar hat es Sabine Christiansen gegenüberderZeitschrift Super-Illu dieser Tage noch einmal versucht, indem sie sagte, „wer nur mit ausländerfeindlichen Aussagen sich lautstark Gehör verschaffen will, hat in politischen Talkshows nichts zu suchen“. Doch auch ihr dämmert wohl, daß man sich in Zeiten von Hartz IV auf diesem Wege die ungebetenen Gäste nicht mehr vom Hals halten kann. Christiansens Zusatz, daß sie – wenn sie doch einen Rechten einladen muß – „hart in den Sachfragen und unaufgeregt im Umgang“ sein wolle, provoziert die Frage: Hart in der Sachfrage – nur bei rechten Politikern? Im Gegensatz zu den beiden Polit- Talkerinnen sind sich einige Politiker nicht mehr sicher, ob die bislang beschworene und seit dem „Fall Gottschalk“ weitgehend durchgehaltene „Ausgrenzung“ rechter Politiker in den Medien wirklich der Weisheit letzter Schluß ist. Auch in den Führungsetagen der Sender beginnt man umzudenken. Schon nach der Wahlberichter- stattung hatte es empörte Reaktionen gegeben, gerade auch von Zuschauern, die DVU und NPD ablehnend gegenüberstehen. Zu offensichtlich ist die Gefahr, die Vertreter dieser Parteien durch eine ungerechte Behandlung im Fernsehen zu Märtyrern zu machen. Unterdessen versucht man den Eklat am Wahlabend mit der schlechten Vorbereitung der Moderatorinnen zu entschuldigen. Eifrig wird für die Zukunft Besserunggelobt. Ein Blick zurückzeigt, was von diesen Versprechen zu halten ist: Schon 1992 wurde Thomas Gottschalk mit dem Hinweis verteidigt, sei-ne Redaktion habe ihn schlecht auf das Interview mit Schönhuber vorbereitet. | JF-Online | Es waren die politischen Fernseh-Aufreger der spätenachtzigerund frühen neunziger Jahre: Auftritte rechter Politiker vorderKamera.Durch die ersten Wahlerfolge | Zeitgeist | 2004-10-08T00:00:00+02:00 | 2004-10-08T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/zeitgeist/2004/gottschalk-und-die-folgen/ |
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Brutal und radikal | Die FAZ brachte in der vergangenen Woche einen Artikel mit der Überschrift Letzte Schlacht der Tiger?. Gemeint waren die Liberation Tigers of Tamil Eelam (Befreiungstiger von Tamil Eelam, LTTE), eine Guerillatruppe, die auf Sri Lanka für einen unabhängigen tamilischen Staat kämpft. Entstanden sind die LTTE aus einer Vielzahl von Parteien und Bewegungen, die nach dem Zweiten Weltkrieg gegen die Diskriminierung der tamilischen Minderheit durch die singhalesische Mehrheit auftraten. Sie radikalisierten sich allerdings unter dem Einfluß marxistischer Ideologen und nahmen in den siebziger Jahren den bewaffneten Kampf auf. Nach einer Phase bemerkenswerter Erfolge haben sich die Tamil Tigers immer stärker isoliert. Die Organisation wird heute nicht nur von der Regierung Sri Lankas als terroristisch betrachtet, sondern auch von Indien, den USA und der EU. Einer der Hauptgründe dafür ist die außerordentliche Brutalität, mit der die LTTE vorgehen, die auch vor ethnischen Säuberungen und Selbstmordattentaten nicht zurückschrecken. Einem solchen Anschlag ist unter anderem der indische Ministerpräsident Rajiv Gandhi zum Opfer gefallen. Immerhin zeigt das, daß die Selbstbezeichnung der LTTE nicht von ungefähr kommt, und auch in der von den Tigers geschaffenen Nationalflagge des projektierten Staates Tamil Eelam sieht man auf rotem Grund Kopf und Vorderpfoten eines Tigers, der aus einem Strahlenkranz herauszuspringen scheint, dahinter zwei gekreuzte Gewehre mit aufgepflanztem Bajonett. Das Tigerkopfemblem verwendet die LTTE seit ihren Anfängen im Jahr 1972. Als Grund dafür gibt die Organisation an, daß die Chola-Herrschaft der Tamilen unter Tigerfahnen errichtet wurde. Dieses Imperium bestand zwischen dem 9. und dem 13. Jahrhundert und war die bedeutendste staatliche Organisation, die Hindus jemals geschaffen haben. Sie umfaßte den ganzen östlichen und südlichen Teil des Subkontinents, unter Einschluß Sri Lankas. Hinzu kommt noch, daß man Chola den drawidischen Völkern zurechnet, denen die Tamilen angehören, die sich als Urinder betrachten, die erst durch arische und moslemische Eroberer in Bedrängnis gerieten. Diese Verknüpfung des Tigersymbols mit der indischen Vergangenheit ist insofern typisch, als der Tiger auch sonst eine Rolle für den Hindu-Nationalismus spielt. Seit dem Ende der 1980er tragen die Mitglieder der paramilitärischen Gruppierung Shiv Sena Shivas Brigade entsprechende Abzeichen. Sie waren wesentlich an der Zerstörung der Moschee von Ayodhya beteiligt und haben sich ihren Namen nach den Truppen eines Mahratenfürsten Sivaji gegeben, dessen Reich sich im 17. Jahrhundert als letztes gegen den Ansturm der islamischen Moguln verteidigte. Mit dem Tiger wird aber außerdem auf eine Bildersprache zurückgegriffen, die zuerst der Vater der indischen Unabhängigkeit, Subhas Chandra Bose, verwendet hat. Anders als Gandhi stellte Chandra Bose sich mit seinen Anhängern während des Zweiten Weltkriegs auf die Seite der Achsenmächte und wollte den britischen Kolonialherrn jede militärische Unterstützung verweigern. 1941 floh er aus Indien und gelangte über Moskau auf dem Landweg nach Berlin. Mit deutscher Unterstützung wurde 1942 sogar eine Indische Nationalregierung gegründet, einige Zeit später entstand die Azad Hind Fauj (Armee Freies Indien), die man aus indischen Kriegsgefangenen in deutschen und japanischen Lagern rekrutierte. Der kleine Verband in Deutschland unterstand als Legion Freies Indien der Waffen-SS. Die Einheiten von Azad Hind führten eine Fahne in den Farben des indischen Nationalkongresses Safran-Weiß-Grün, auf deren Mittelfeld ein springender Tiger zu sehen war; dasselbe Motiv fand sich auch auf der Rückseite einer Münze, die 1943 probeweise geprägt wurde. Es ist nicht zu klären, ob das Fehlen des Tigers in der offiziellen Symbolik des heutigen Indien auf diese heikle Vergangenheit zurückzuführen ist. Sonst gibt es allerdings wenig Berührungsängste. Chandra Bose, der kurz vor dem Ende des Krieges im Pazifikraum auf mysteriöse Weise verschollen ist, gilt in seiner Heimat als Nationalheld, 1968 gab die indische Post eine Briefmarke zum 25. Jahrestag der Ausrufung seiner Nationalregierung heraus, in vielen Städten hat man ihm Denkmäler errichtet und die von ihm eingeführte Hymne ist heute die offizielle Nationalhymne Indiens. Die JF-Serie Politische Zeichenlehre des Historikers Karlheinz Weißmann wird in zwei Wochen fortgesetzt. | JF-Online | Die FAZ brachte in der vergangenen Woche einen Artikel mit der Überschrift Letzte Schlacht der Tiger?. Gemeint waren die Liberation Tigers of Tamil Eelam | Kultur | 2009-01-30T00:00:00+01:00 | 2009-01-30T00:00:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2009/brutal-und-radikal/ |
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Diätenerhöhung im Bundestag: Ohne jedes Schamgefühl | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Fabian Schmidt-Ahmad | Der Bundestag erhöht sich selbst mal wieder die Diäten. Daß Politiker fürstlich bezahlt werden, war aber nicht immer so. Die Geschichte zeigt, wie Gier eine Demokratie nachhaltig beschädigen kann. | Diäten | Geschichte | 2025-06-06T17:06:17+02:00 | 2025-06-06T17:08:41+02:00 | https://jungefreiheit.de/wissen/geschichte/2025/diaetenerhoehung-im-bundestag-ohne-jedes-schamgefuehl/ |
Steckt die Ukraine hinter den Nord Stream-Sprengungen? | NEW YORK/BORNHOLM. Laut einem Report des amerikanischen Enthüllungsjournalisten Seymour Hersh sollen die USA in Kooperation mit Norwegen die Nord Stream-Pipelines gesprengt haben. Die New York Times berichtet nun, US-Geheimdienste seien zu der Erkenntnis gelangt, eine „pro-ukrainische Gruppe“ stecke hinter dem Angriff auf die Gasversorgung Deutschlands. Auch ein fast zeitgleich veröffentlichter Bericht des Rechercheverbundes aus ARD, SWR und Zeit hat unter Bezug auf deutsche Ermittler eine Spur in Richtung Ukraine aufgetan. Demnach sollen fünf Männer und eine Frau mit einer Yacht bereits 20 Tage vor dem Anschlag vom 26. September von Rostock aus in See gestochen sein, um Sprengladungen an den Röhren anzubringen. Dem Bericht zufolge soll die Gruppe aus einem Kapitän, zwei Tauchern, zwei Tauchassistenten und einer Ärztin bestanden haben. Allerdings seien die Staatsangehörigkeiten der mutmaßlichen Terroristen unklar. Eine polnische Firma, die zwei Ukrainern gehört, habe das Boot für die Geheimoperation angemietet und ungereinigt zurückgegeben. Wer das Sprengkommando beauftragt hat, sei unklar. Die Ermittler hätten bei der Untersuchung Sprengstoffspuren festgestellt. Einer der deutschen Reporter äußerte am Dienstagabend in den ARD-„Tagesthemen“ die Vermutung, daß die Bundesregierung „seit Wochen“ von der mutmaßlichen Verwicklung der Ukraine in den Angriff auf die deutsche Infrastruktur wisse. Trotz der schwerwiegenden, „eingepreisten“ Erkenntnisse seien die Waffenlieferugen an das Land beschlossen worden. Die New York Times meldet unter Berufung auf US-Geheimdienste, die pro-ukrainischen Attentäter unterhielten keine Verbindungen zum Militär oder Geheimdienst: „US-Beamte sagten, sie hätten keine Beweise dafür, daß der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj oder seine obersten Leutnants an der Operation beteiligt waren oder daß die Täter auf Anweisung ukrainischer Regierungsbeamter handelten.“ Unbekannt sei, wer die Terroristen sind, in wessen Auftrag sie Nord Stream sprengten, wer die Aktion befehligte oder finanzierte. (fh) | JF-Online | US-Geheimdienste beschuldigen laut „New York Times“ eine pro-ukrainische Gruppe, die Pipelines gesprengt zu haben. Auch deutsche Journalisten finden eine Spur Richtung Ukraine. | Nord Stream | Politik | 2023-03-08T01:00:40+01:00 | 2023-03-08T02:01:53+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/2023/ukraine-nord-stream/ |
Auf jemanden eintreten, der am Boden liegt | Der Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr will nun doch nicht gegen Martin Hohmann vorgehen. Die Berliner Zeitung hatte gemeldet, daß der Soldatenverband „Sanktionen gegen den Bundestagsabgeordneten (und Major der Reserve) nicht ausschließt“. Bei der Meldung habe es sich um ein Mißverständnis gehandelt, so Michael Sauer, Vizepräsident und Präsidiumsmitglied des Verbandes, gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Solche Überlegungen könne es schon deshalb nicht geben, weil diese nur vom Präsidium angestellt werden könnten – das neu gewählte Präsidium jedoch erst in den kommenden Tagen wieder zusammenkomme. Aber auch dann sei nicht mit Überlegungen „in diese Richtung“ zu rechnen. Schließlich habe Hohmann seine Rede „als Politiker, nicht als Reservist gehalten“, so der Oberst der Reserve. Zudem hätten solche Maßnahmen vor Gericht wohl kaum Aussicht auf Erfolg, da Hohmann nicht gegen die Satzung verstoßen habe. Persönlich nannte Sauer ein Vorgehen gegen Hohmann im Zuge von dessen derzeitiger gesellschaftlicher Ächtung „populistisch“ und erinnerte daran, daß man im Reservistenverband auch zu Kameradschaft verpflichtet sei. Zwar wertete er Hohmanns Rede als „dämlich“, mahnte aber, daß „man nicht auf jemanden eintritt, der am Boden liegt“. Das beurteilt Klaus Francke, ehemaliger CDU-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Fördervereins Invalidenfriedhof – auch hier ist Hohmann Mitglied -, ganz anders. Francke will Hohmann ausschließen, sieht darin aber keinen Beitrag zu dessen „gesellschaftlicher Vernichtung“. Francke kann keine ungerechte Behandlung seines Parteikollegen erkennen – weder in den Medien noch durch die CDU. Der 1992 gegründete Förderverein, der die Pflege eines der wichtigsten preußischen Militärfriedhöfe im Herzens Berlins übernommen hat und zu dessen Mitgliedern zahlreiche bekannte Persönlichkeiten wie Klaus Naumann, Wolf Jobst Siedler, Guido Knopp und Jörg Schönbohm zählen, fühle sich in besonderer Weise den „rassisch Verfolgten“ und den Widerstandkämpfern gegen den Nationalsozialismus verbunden und trete zudem für eine aus der deutschen Geschichte resultierende Verpflichtung zu „besonders sensiblem Umgang“ mit der „jüdische Gemeinschaft“ ein. Diese Grundsätze habe Hohmann in „besonders krasser Weise“ verletzt, indem er einen „dumpfen“ und „unerträglichen“ Antisemitismus wiederbelebt habe, so Francke gegenüber der JF. Derweil halten sich genannte Mitglieder bedeckt. Während Knopp und der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr Naumann bis Redaktionsschluß nicht zu erreichen waren, wollte sich Brandenburgs Innenminister Schönbohm auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT nicht äußern. Der ehemalige Verleger Wolf Jobst Siedler nannte die Rede Hohmanns gegenüber der JF „ziemlichen Stuß“, dennoch „hätte ich ihn nie zum Austritt gedrängt“. Weniger Verständnis haben dagegen einige Angehörige des Widerstandes – die jedoch dem Verein nicht angehören – für Franckes Methode, die Maßnahme gegen Hohmann als in der Tradition des deutschen Widerstandes darzustellen. Philipp von Böselager, Teilnehmer des 20. Juli, bezeichnete gegenüber der JF Franckes Vorgehen als „unmöglich“, zudem sei Hohmanns Rede „dumm, aber nicht antisemitisch“ gewesen. Hans Hirzel, Mitglied der Widerstandsgruppe Weiße Rose, nannte Franckes Argumentation gegenüber der JF „illegitim“, er würde einen Ausschluß Hohmanns „natürlich nicht“ unterstützen. Immerhin sucht Francke das Gespräch, mehrfach habe er sich um Kontakt mit Hohmann bemüht. Dieser will nun, durch eine Anfrage der JF in Kenntnis gesetzt, seinerseits mit Francke in Kontakt treten. | JF-Online | Der Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr will nun doch nicht gegen Martin Hohmann vorgehen. Die Berliner Zeitung hatte gemeldet, daß der | Politik | 2003-12-12T00:00:00+01:00 | 2003-12-12T00:00:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/2003/auf-jemanden-eintreten-der-am-boden-liegt/ |
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Demokratiefördergesetz: Einflüstern und Abkassieren | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Björn Harms | Unaufhörlich wächst die Macht der sogenannten Zivilgesellschaft. Ob Demokratiefördergesetz oder Selbstbestimmungsgesetz: Kaum ein politisches Vorhaben, bei dem die linken Lobbygruppen nicht ihre Finger mit im Spiel haben. Längst ist eine riesige bürokratische Struktur entstanden. | Demokratiefördergesetz,Zivilgesellschaft | Deutschland | 2022-10-22T11:59:52+02:00 | 2022-10-22T11:59:52+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2022/demokratiefoerdergesetz-wie-lobbyvereine-einfluestern-und-abkassieren/ |
Restaufgaben aus der Schule von Schirrmacher | Letzte Woche hatten wir an dieser Stelle über neue Bestattungsriten für Mensch und Tier berichtet. Zum Glück hat sich kein einziger Leser über Pietätlosigkeit beschwert. Dafür kam aber der Einwand, daß das Thema nichts mit der Aufgabe dieser Kolumne zu tun habe, nämlich über neue Technologien zu informieren. Sicher hat man nicht das Einbalsamieren von Zwerghasen zum Usus gemacht. Doch ist die Einstellung zu Tod und Trauer durch die moderne Medizin wesentlich gewandelt. Noch mehr allerdings durch das moderne Leben überhaupt. Anfangs glaubten wir uns einig mit dem Projekt der „Nachschulung“ vom großen Schirrmacher. Wir wollten der Bedingtheit von Gedanken durch natürliche und technische Voraussetzungen nachspüren. Statt dessen hat Schirrmacher, dieser Verräter, in seinem Methusalem-Buch den biologischen Interessen der Alten, zu denen er selbst bald gehören wird, eine hübsche literarische Fassade gezimmert und bequeme Lorbeeren geerntet. Während wir uns immer noch mit der „Nachschulung“ eines ungezogenen Publikums herumplagen, das sich nun auch noch beschwert. Seit der Steinzeit hat es nichts gegeben, was mit „neuen Technologien“ nichts zu tun hat. Insofern haben wir uns nichts vorzuwerfen. Richtig ist, daß gewisse sensationelle Entdeckungen der letzten zehn, fünfzehn Jahre ständig weiterentwickelt werden, ohne daß wir jedesmal darüber berichten. Für den Kenner mag der eigentliche Reiz im Detail liegen, aber das Publikum reizt immer nur das Überraschende. Deshalb ist die Berichterstattung über Chemieabfälle, Bausanierungen und Bankenskandale in den TV-Journalen so wenig kontinuierlich. In der DDR war das ganz anders. Wie wir spätestens aus „Goodbye Lenin“ wissen, berichtete die „Aktuelle Kamera“ regelmäßig aus den Betrieben. Auch wenn nichts Besonderes los war – deshalb wollte das Ost-Fernsehen auch niemand sehen. Wir hüten uns also vor dem sozialistischen Protokollstil. Welcher Leser will wöchentlich von Ratten hören, die mit Elektroden im Kopf Prothesen bedienen? Über Ratten berichten wir aus persönlicher Vorliebe ohnehin viel zu oft. Aber sind genetisch veränderte Bakterien im Darm oder Nano-Roboter in den Blutgefäßen länger interessant als der neue Bundespräsident? Jede Woche muß etwas Neues her, sonst greift man doch wieder zur Bild-Zeitung, deren Schlagzeile täglich den Mutationssprung vom Esel zum Eichhörnchen vollführt, oder kehrt wenigstens zum Ressort Zeitgeschichte zurück, wo man Wetten abschließen kann. Wissenschaftliche Themen sind vielfältig, aber immer eklig. Auch eine Depression, die mit Kernspintomographie sichtbar zu machen ist, möchte man nicht unbedingt auf dem Frühstückstisch vorfinden. Wir muten dem Leser schon eine Menge zu – gelegentliche Ausflüge zu Tante Ernas Todesanzeige oder der letzten Dessous-Mode sollten unbedingt erlaubt sein. | JF-Online | Letzte Woche hatten wir an dieser Stelle über neue Bestattungsriten für Mensch und Tier berichtet. Zum Glück hat sich kein einziger Leser über Pietätlosigkeit | Geschichte | 2004-07-16T00:00:00+02:00 | 2004-07-16T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/wissen/geschichte/2004/restaufgaben-aus-der-schule-von-schirrmacher/ |
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Jeder fünfte Muslim radikalisierungsgefährdet | MÜNSTER. Jeder fünfte Muslim mit Migrationshintergrund in Deutschland zeigt laut einer Studie der Universität Münster eine emotionale Verfassung, die Radikalisierung begünstigen kann. Das berichtete die Neue Osnabrücker Zeitung unter Berufung auf eine bislang unveröffentlichte Untersuchung der Forschungsstelle Islam und Politik. Geleitet wurde sie vom islamischen Theologen Mouhanad Khorchide. Demnach seien 19,9 Prozent der befragten Muslime von einem psychischen Muster betroffen, das durch persönliche Kränkung, antiwestliche und antisemitische Feindbilder sowie geringe Kritikfähigkeit geprägt sei. Die Forscher bezeichnen diese Haltung als „Ressentiment“. Befragt wurden insgesamt 1.887 Muslime mit Migrationshintergrund im Zeitraum von Juli 2023 bis April 2024. Hochgerechnet auf die geschätzte Gesamtzahl von 5,3 bis 5,6 Millionen Muslimen in Deutschland entspräche das mehr als einer Million Menschen. Viele der Betroffenen erklärten, der Islam solle „die einzige und letztgültige politische Autorität“ sein. Auch islamische Scharia-Gesetze würden sie deutschen Gesetzen vorziehen. Rund ein Drittel der Gruppe befürworte den Einsatz von Gewalt als Reaktion auf vermeintlich erlittenes Unrecht. Das wären über 300.000 Menschen. Jeder Zehnte in der „Ressentiment“-Gruppe würde sogar selbst Gewalt anwenden, um sich „für die Interessen von Muslimen“ einzusetzen. Das entspräche rund 100.000 Personen. „Mit der Affektlage des Ressentiments konnten wir einen neuen und sogar starken Radikalisierungsfaktor aufdecken“, sagte die Religionspsychologin Sarah Demmrich. Nun müsse man „die innerislamische Kritikfähigkeit stärken“, um die Auseinandersetzung mit religiösen und gesellschaftlichen Fragen zu fördern. (sv/mit KI) | JF-Online | Eine neue Untersuchung wirft ein Schlaglicht auf innerislamische Konflikte: Viele Muslime in Deutschland befürworten autoritäre und gewaltlegitimierende Positionen. Die Gründe dafür sind vielfältig. | Muslim | Deutschland | 2025-06-01T14:02:35+02:00 | 2025-06-01T14:02:35+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2025/jeder-fuenfte-muslim-radikalisierungsgefaehrdet/ |
Pantel: „An die Werte der alten CDU habe ich lange geglaubt“ | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Peter Hemmelrath | Nach ihrem CDU-Austritt spricht Sylvia Pantel im JF-Interview erstmals über ihre Gründe dafür. Spekulationen über einen Wechsel zur Werte-Union werden von der ehemaligen Düsseldorfer Bundestagsabgeordneten weder bestätigt noch dementiert. | Pantel | Interview | 2024-04-02T11:03:22+02:00 | 2024-04-02T11:03:22+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/interview/2024/pantel-an-die-werte-der-alten-cdu-habe-ich-lange-geglaubt/ |
„Politiker zur Rechenschaft ziehen“ | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Moritz Schwarz | Der ehemalige ZDF-Journalist Peter Hahne gilt als einer der engagiertesten Streiter gegen die Political Correct- und Wokeness. In seinem neuen Buch spießt er erneut Politikversagen und ideologischen Irrsinn in Deutschland auf. Im Interview verlangt er nun öffentliche Konsequenzen für die Verantwortlichen der deutschen Pandemie-Politik. | Hahne | Interview | 2022-02-27T09:41:24+01:00 | 2022-02-27T09:42:32+01:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/interview/2022/peter-hahne-corona/ |
Träumer aus Prinzip | Sein Schaffen wirft ein gleißendes Schlaglicht auf die deutsche Geistesgeschichte: Vor 250 Jahren wurde der Dichter Georg Philipp Friedrich von Hardenberg, den meisten nur unter seinem Künstlernamen „Novalis“ bekannt, in Oberwiederstedt im Harz geboren. Sein knapp bemessenes Leben begann am Vorabend der Französischen Revolution und endete kurz vor der Krönung Napoleons zum Kaiser. Die Welt, die Hardenberg kennenlernte, taumelte von Umbruch zu Umbruch. Alte Gewohnheiten erschöpften ihren Sinn, und traditionelle Weltbilder brauchten den letzten Rest ihrer Überzeugungskraft auf. Dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg folgten der Sturm auf die Bastille und die napoleonischen Kriege. Im Taumel der Ereignisse hörte das alte Europa auf zu existieren. Was blieb, war ein entvölkerter Ideenhimmel – die revolutionären Ideen wurden zu bloßen Stammtischparolen und hinterließen gedankliche Leere und Resignation. Die ersten Zeilen eines Ludwig Tieck gewidmeten Gedichts fassen diese ernüchterte Atmosphäre gut zusammen. Sie scheinen auch auf Hardenbergs eigenes Leben zu passen: „Ein Kind voll Wehmut und voll Treue/ Verstoßen in ein fremdes Land/ Ließ gern das Glänzende und Neue/ Und blieb dem Alten zugewandt“. Aus der zauberhaften Harzlandschaft seiner Kindheit verschlug es den Dichter bald in Städte wie Leipzig, Jena und Wittenberg. Obwohl er mit literarischen Berühmtheiten wie Schiller, Fichte und Schleiermacher per Du war, mußte er als Beamter im thüringischen Bergbauwesen arbeiten. Seine schlechte Gesundheit machte ihm andauernd zu schaffen. Auch der frühe Tod seiner ersten Verlobten, der 15 Jahre alten Sophie von Kühn, traf ihn schwer. Im Jahr 1801 schließlich starb er mit gerade einmal 28 Jahren unerwartet in Gegenwart seines Freundes Friedrich Schlegel. „Es ist gewiß, daß er keine Ahnung von seinem Tode hatte, und überhaupt sollte man es kaum möglich glauben, so sanft und schön zu sterben“, schrieb dieser kurz darauf an seinen Bruder August Wilhelm. Der Eindruck läßt sich nicht von der Hand weisen, daß das Leben dieses früh verstorbenen Poeten ein Bild seiner Epoche darstellt. Die Welt war an seinem Geburtstag 1772 eine von Grund auf andere als am Tag seines Todes im Jahr 1801. Vor diesem Hintergrund ist Hardenbergs Parteinahme für das Vergangene, für das vom Gang der Geschichte zermalmte, nicht verwunderlich. In zwei politischen Skizzen malte der Dichter in den kräftigsten Farben das Bild einer untergegangenen Zeit. „Der König ist das gediegene Lebensprinzip des Staats; ganz dasselbe, was die Sonne im Planetensystem ist“, schreibt Novalis etwa in seiner fragmentarisch gehaltenen Abhandlung „Glauben und Liebe oder Der König und die Königin“. Und in seiner kurzen Schrift „Das Christentum oder Europa“ betont er: „Es waren schöne glänzende Zeiten, wo Europa ein christliches Land war, wo eine Christenheit diesen menschlich gestalteten Weltteil bewohnte; ein großes gemeinschaftliches Interesse verband die entlegensten Provinzen dieses weiten geistlichen Reichs.“ Weil die Gegenwart ihm unter dem Eindruck von Revolutionen und Kriegen mehr und mehr verödete, malte er in sich selbst das Gemälde einer besseren Welt. Dabei vertraute er auf die menschliche Einbildungskraft. „Wir sind auf einer Mission – zur Bildung der Erde sind wir berufen“, unterstreicht Hardenberg in seinen Blütenstaub-Fragmenten. Novalis besaß einen klaren Instinkt für die Verrohung des Menschen durch die zeitgenössischen Gewaltausbrüche. Die anhaltende Verwüstung der Welt im revolutionären Ausnahmezustand bezeichnete er als das „einförmige Klappern einer ungeheueren Mühle, die vom Strom des Zufalls getrieben“ sei. Dem Mahlen dieser schrecklichen Mühle würden sowohl die Phantasie als auch das Gefühl, die Kunstliebe, die Sittlichkeit und der Sinn für die Zukunft der Menschheit zum Opfer fallen. Für Hardenberg fraß die Revolution ihre Kinder nicht nur, sie stumpfte sie auch zunehmend ab. Dies war seine größte politische Sorge. Er hatte ein feines Gespür dafür, daß die durch Fortschritt und Umwälzung gekennzeichnete Moderne nicht nur die Welt von einst, sondern auch den Menschen von einst verändern würde. Die Aufklärung war für ihn eine einzige Verballhornung vergangener Ideale, mithin eine große Parodie auf die Fähigkeit des Menschen, seiner Welt einen Sinn zu verleihen. In den Augen des Poeten waren die Aufklärer rastlos damit beschäftigt „die Natur, den Erdboden, die menschlichen Seelen und die Wissenschaften von der Poesie zu säubern – jede Spur des Heiligen zu vertilgen, das Andenken an alle erhebende Vorfälle und Menschen durch Sarkasmen zu verleiden, und die Welt alles bunten Schmucks zu entkleiden“. Die aufgeklärte Welt war ihm zufolge ein gigantisches Grau in Grau, der moderne Mensch ein Wesen ohne Phantasie – eine Annahme, die durchaus Plausibilität für sich in Anspruch nehmen kann. Hatte nicht die Aufklärung zum Ziel, die nur schwer verständlichen Gedankengänge der hochmittelalterlichen Theologie durch eingängige politische Losungen und Pamphlete zu ersetzen? Sollte der Wissensschatz des Menschen nicht demokratisiert, also jedermann zugänglich gemacht und gerade dadurch stark vereinfacht werden? Und hat so eine Vereinfachung nicht immer auch ein Stück weit Verflachung, also gerade das Fehlen von Phantasie, zum Ergebnis? Dennoch wurde der Dichter nicht müde, in all dieser aufklärerischen Verrohung der Welt einen Silberstreif zu erkennen. „Wahrhafte Anarchie ist das Zeugungselement der Religion. Aus der Vernichtung alles Positiven hebt sie ihr glorreiches Haupt als neue Weltstifterin empor.“ Novalis hielt daran fest, daß eine zu Ende aufgeklärte, gänzlich eindimensionale Welt die Phantasie des Menschen von selbst in Richtung Himmel entlassen werde. Wenn der Kosmos erst auf seine profansten Aspekte hin reduziert wäre, würden die Menschen die höheren Sphären ihrer Existenz am deutlichsten vermissen. Die Sehnsucht, das zentrale Motiv der Romantik, liegt hier verborgen. Novalis ging eine Wette mit ihr ein. Damit setzte sich Hardenberg klar von vielen seiner Zeitgenossen ab. Während Schiller – zu dem Novalis zeitlebens aufsah – die Revolution in Paris zunächst begrüßte und Hegel den in Jena einziehenden Napoleon als „Weltgeist zu Pferde“ bewunderte, verwahrte sich der Dichter aus dem Harz vor solchen Sympathiebekundungen. Er sah das intellektuelle Elend und die geistige Armut im Gefolge der revolutionären Parolen und setzte diesen die Welt der Vergangenheit entgegen, die ihren letzten Hort in seiner freien Einbildungskraft gefunden hatte. Das europäische Mittelalter, die katholische Kirche und die Fürstenherrschaft – sie alle fanden ihre Zuflucht in seiner Phantasie. Die Welt von gestern will erträumt sein, wenn sie im Hier und Jetzt bestehen soll. „Wir träumen von Reisen durch das Weltall – ist denn das Weltall nicht in uns?“, fragt der Dichter und stellt somit unter Beweis, daß Konservatismus im besten Sinne des Wortes eine Träumerei ist. Florian Werner hat Philosophie und Literaturwissenschaften in Frankfurt am Main studiert und arbeitet derzeit als Volontär bei der JUNGEN FREIHEIT. Haben auch Sie Interesse an einem Volontariat in unserer Wochenzeitung? Dann melden Sie sich bei uns! JF 18/22 | Florian Werner | Linke Träumer versus rechte Realpolitiker? Von wegen! Der vor 250 Jahren geborene Novalis steht für einen phantastischen Konservatismus, der die farbenfrohe Vergangenheit einer grauen Gegenwart entgegenzusetzen weiß. Seine Kunst räumt mit politischen Klischees auf. | Träumer,Novalis | Kultur | 2022-04-30T08:54:19+02:00 | 2022-05-01T16:38:14+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2022/traeumer-aus-prinzip-novalis/ |
Kommunen warnen vor Familiennachzug | BERLIN. Deutschlands Kommunen haben vor der Wiedereinführung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit begrenztem Schutzstatus gewarnt. „Das würde die Integrationskraft der Kommunen überfordern. Schon heute fehlen Kita- und Schulplätze sowie Wohnraum für Geflüchtete“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, am Donnerstag der Passauer Neuen Presse. „Wir fordern die Bundespolitik auf, sich auch in der Flüchtlingspolitik nur realistische Ziele zu setzen, die finanzierbar sind und vor Ort auch umgesetzt werden können. Nur dann kann die Integration gelingen“, betonte Landsberg. Andernfalls bestehe die Gefahr, daß die nach wie vor große Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung, Flüchtlinge aufzunehmen und zu integrieren, infrage gestellt werde. Forderung nach Übernahme der flüchtlingsbedingten Kosten Landsberg verlangte von der künftigen Bundesregierung überdies „verbindliche Zusagen, über das Jahr 2018 hinaus die flüchtlingsbedingten Ausgaben der Kommunen, insbesondere die Kosten der Unterkunft, vollständig zu übernehmen. Die Gemeinden dürften in Sachen finanzieller Unterstützung durch den Bund „nicht länger von der Hand in den Mund leben“. Zugleich appellierte er die mögliche künftige Koalition aus Union, FDP und Grünen, den Wohnungsbau massiv voranzutreiben. „Wir brauchen sowohl für Deutsche als auch für die geflüchteten Menschen angemessene und bezahlbare Wohnungen. Andernfalls birgt die Wohnungsknappheit, die wir bereits jetzt in einigen Regionen beobachten, sozialen Sprengstoff.“ Jamaika-Runde debattiert über heikles Thema Am Donnerstag steht bei den Sondierungsgesprächen der möglichen Jamaika-Partner auch die Flüchtlingsfrage auf dem Plan. Die Parteien liegen bei dem Thema weit auseinander. Er rechne beim Thema Familiennachzug „absolut“ mit einem Konflikt mit den Grünen, sagte FDP-Vorsitzender Christian Lindner dem Spiegel. CSU-Politiker Alexander Dobrindt erteilte einer möglichen Wiedereinführung des Familiennachzugs eine Absage. „Für uns bleibt es dabei, die Zahl von maximal 200.000 Menschen, die pro Jahr aus humanitären Gründen zu uns kommen, darf nicht überschritten werden“, stellte er bei focus-online klar. Die große Koalition hatte den Familiennachzug bei Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus für zwei Jahre bis März 2018 ausgesetzt. Die Union will die Beschränkung nun über das Datum hinaus verlängern. Nach dem Willen der Grünen soll der Familiennachzug dagegen künftig wieder uneingeschränkt möglich sein. (ha) | JF-Online | Deutschlands Kommunen haben vor der Wiedereinführung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit begrenztem Schutzstatus gewarnt. Bereits heute würden Kita- und Schulplätze sowie Wohnraum für Geflüchtete fehlen. Die Integrationskraft der Kommunen sei überfordert. | Deutschland | 2017-10-26T11:30:18+02:00 | 2017-10-26T12:49:07+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2017/kommunen-warnen-vor-familiennachzug/ |
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„Hoss und Hopf“ stellen klar: Keine Sperrung auf TikTok | BERLIN. Die Betreiber des libertären Podcasts „Hoss und Hopf“ haben klargestellt, daß entgegen zahlreicher Pressemeldungen ihr Kanal auf TikTok nicht gesperrt sei. Vielmehr hätten sie auf TikTok nie einen eigenen Kanal gehabt. Gesperrt seien lediglich einige private Accounts, die einzelne Clips von „Hoss und Hopf“ verbreitet hätten. In ihrem jüngsten Podcast beklagen Philip Hopf und Kiarash Hossainpour, die beiden Betreiber, aufgrund ihrer Reichweitenerfolge seit einem Monat Zielscheibe von Medienkampagnen und Falschberichten geworden zu sein. Hopf ist Geschäftsführer eines Investmentunternehmens, und Hossainpour erlangte als Influencer für Kryptowährungen Bekanntheit. Der Spiegel hatte zuvor behauptet, TikTok habe „Hoss und Hopf gesperrt“ und zwar wegen der Verbreitung „gefährlicher Falschinformationen und gefährlicher Verschwörungstheorien“. Nach Angaben der Plattform sei, so der Spiegel, die Sperrung dauerhaft und richte sich gegen den gesamten Kanal. Doch ein solcher Kanal hat, so stellen die Betreiber jetzt klar, nie existiert. Der Streaming-Riese Spotify stellte inzwischen klar, daß „Hoss und Hopf“ nicht gegen die Nutzungsregeln verstießen. Auf der Plattform erreichten die zwei Männer in den vergangenen Wochen wiederholt die oberen Plätze der meistgehörten Podcasts. Auch auf Youtube und Instagram erreicht der Kanal eine außergewöhnlich große Reichweite. Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden. Mehr Informationen Zuvor hatte eine Mutter im Wochenmagazin Stern anonym darüber berichtet, daß ihr 14jähriger Sohn durch den Podcast zu einem potentiellen AfD-Wähler geworden sei. Sie sei entsetzt gewesen, da sie ihn „sozial, sensibel und sattelfest erzogen“ habe. Trotzdem falle er nun auf „die dümmsten populistischen Aussagen“ rein und begleite sie nicht zu Demonstrationen gegen die AfD. Philip Hopf wirft dem Stern nun im jüngsten Podcast vor, eine eigene Redakteurin unter Pseudonym als „Mutter“ vorgestellt und sich nicht die Mühe gemacht zu haben, breiter zu recherchieren. (sv/hpr) | JF-Online | Sie reden über Finanzen, Politik und Selbstverbesserung: „Hoss und Hopf“ stürmen regelmäßig die Podcast-Charts. Nun soll TikTok ihnen den Kanal gesperrt haben, meldete der „Spiegel“. Doch die Wahrheit sieht anders aus. | Hoss und Hopf | Medien | 2024-02-17T13:55:37+01:00 | 2024-02-17T14:21:30+01:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/medien/2024/tiktok-sperrt-beliebten-libertaeren-podcast-hoss-und-hopf/ |
Das Tor Gottes | Am Anfang stand das Wort aus der Genesis: „Alle Menschen hatten die gleiche Sprache und gebrauchten die gleichen Worte.“ Doch dann faßten sie einen folgenschweren Entschluß: „Auf, bauen wir uns einen Turm mit einer Spitze bis zum Himmel und machen wir uns damit einen Namen, dann werden wir uns nicht über die ganze Erde zerstreuen!“ Das gefiel Gott allerdings überhaupt nicht. Er stieg hinab zu den Menschenkindern und sprach: „Seht nur, ein Volk sind sie und eine Sprache haben sie alle. Und das ist erst der Anfang ihres Tuns. Jetzt wird ihnen nichts mehr unerreichbar sein, was sie sich auch vornehmen. Auf, steigen wir hinab und verwirren wir dort ihre Sprache, so daß keiner mehr die Sprache des anderen versteht!“ So geschah es: „Der Herr zerstreute sie von dort aus über die ganze Erde und sie hörten auf, an der Stadt zu bauen.“ Dieses Stadium des ewig unvollendeten Turmbaus ist auch das Thema der meisten Darstellungen der Kunstgeschichte, die die Großausstellung „Der Turmbau zu Babel“ im Grazer Schloß Eggenberg zeigt. Sie führt in beeindruckender Weise die bedeutendsten Ausgestaltungen dieses Sujets seit dem Mittelalter vor. Mit einer, allerdings wichtigen, Ausnahme: Die Ikone aller Babel-Bilder, das Monumentalgemälde Pieter Breughels des Älteren aus dem Jahre 1563, durfte aus konservatorischen Gründen seinen angestammten Platz in Wien nicht verlassen. Ein nahezu gleichwertiges Bild, die einzige zeitgenössische Kopie seines Sohnes, Pieter des Jüngeren, aus Brüsseler Privatbesitz steht dem staunenden Publikum zur Verfügung. Der Turmbau zu Babel, von dem die Bibel berichtet, bedeutet also Sprachverwirrung, kulturelles Nichtverstehen, die Zerstreuung der Menschheit. Dabei ist die Interpretation des Turmbaus zu Babel bereits selbst ein Dokument dieses Mißverstehens. Denn „Babil“ nannten die Babylonier ihre eigene Stadt. Das bedeutete „das Tor Gottes“, eines Gottes, dem man durch den Turmbau nahe sein wollte, nicht, wie eine spätere Interpretation nahelegte, aus Größenwahn und Übermut. Es war allerdings ein durchaus produktives „Mißverständnis“, wie sich zeigen sollte. Die Bibel setzte ihre eigene Interpretation dagegen und stellte so der Vorstellung religiöser und kultureller Identität das Bild der Urängste von Zerstreuung und Verwirrung gegenüber. Babylon ist das Bild, in dem sich seit Jahrtausenden die archaischen Ängste imperialer Allmachtsphantasien, Hybris und Dekadenz spiegeln. Aber Bücher sind wie Spiegel, das wußte schon der alte Lichtenberg: Wenn ein Affe hineinschaut, dann kann auch kein Philosoph herausschauen. Bei dem Buch aller Bücher ist das nicht anders. So haben die postmodernen Apologeten dieser Sprach- und Kulturverwirrung aus dem Zeichen der Dekadenz und der Strafe Gottes eine Forderung fabriziert. „Heimat Babylon“ betitelte beispielsweise Daniel Cohn-Bendit 1992 sein Buch über das „Wagnis der multikulturellen Demokratie“, in der er den Widersprüchen und Problemen durch die universale Übernahme des westlich-amerikanischen Wertekanons zu entgehen suchte. Für den postmodernen Multikulturalismus ist der Turm naives Wunschbild. Pessimisten wie Samuel Huntington raten zum Ausgrenzen und Einigeln. Die westlichen Universalisten von Francis Fukuyama bis Jürgen Habermas oder Cohn-Bendit sehen zwar eine Gefahr, glauben sie aber durch die eigenen, für universal erklärten Regeln lösen zu können. So steht der Turm von Babel heute für die imperialen und universalen Träume, für einen Menschen, der von sich sagt, daß ihm nichts mehr unmöglich sein wird, für eine Welt des „anything goes“, der „unbegrenzten Möglichkeiten“. Doch auch die unterschwelligen Ängste gegenüber diesem kolossalen „Projekt der Moderne“ bleiben immer bestehen. Denn wer Türme von babylonischen Ausmaßen errichten will, benötigt mehr Arbeiter als das siebentorige Theben. Rasch wachsende Imperien nehmen stets die Menschenmassen von überallher in ihre Metropolis auf. Sie brauchen und verbrauchen sie wie riesige Maschinen und organisieren gigantische Bevölkerungsaustausche von Zentrum und Peripherie. In ihren letzten Schwäche- und Dekadenzphasen, so will es das kollektive Gedächtnis wissen, fallen all diese Massen wieder in ihre Kulturen auseinander, zerlegen das Imperium – oft genug blutig. Das Imperium zerbirst an seiner Gefräßigkeit, an seinen inneren Widersprüchen. Die schrecklichen Ereignisse des 11. September 2001 mit der Zerstörung der Türme des World Trade Center in New York hat man, ob zutreffenderweise oder nicht, seither mehrfach in Verbindung gebracht mit dem Symbol des Babelturmes. Eine frühe, hellsichtige Interpretation dazu lieferte, lange vor der Zerstörung der Brücke von Mostar und der Bibliothek von Sarajewo, der frühere Bürgermeister von Belgrad, Bogdan Bogdanovic („Die Stadt und der Tod“, 1993): Die einst unterworfenen Barbaren kehren sich gegen die Zentren des Reiches und zerstören die Kultur ihrer früheren Herren. Das Hauptziel ihres Hasses ist in der Geschichte immer wieder die gewachsene Hochkultur, verkörpert durch die Stadt, diese wiederum symbolisiert in der herausragenden Architektur, dem ewigen Haßobjekt des Turms von Babel. So gehört diese Geschichte des Turmbaus zu Babel zu den wichtigsten Zeugnissen des kulturellen Gedächtnisses nicht nur des Volkes Israel. Natürlich erklärt sich die Vielfalt der Sprachen heute nach ganz anderen Modellen. Die Grazer Ausstellung spannt den Bogen von dem neuesten Stand der Forschung über den Spracherwerb von Kindern bis hin zur Frage nach dem Verhältnis von nationaler und sprachlicher Identität an den verschiedensten Beispielen. Der dritte Ausstellungsteil zeigt archäologisches und völkerkundliches Anschauungsmaterial zur Geschichte der Schrift(en), einer der Ausdrucksformen sprachlicher und kultureller Vielfalt auf Erden. Freilich kommt der Frage von Schriftlichkeit und Nichtschriftlichkeit einer Sprache für die nationale Identität in Graz eine zu geringe Rolle zu. Aber hier stünde die Ausstellung wohl vor ähnlichen Darstellungsschwierigkeiten wie ein Hörfunkballett. Die Fragen der nationalen Identitäten spielen überdies naturgemäß eine geringere Rolle als die der Arbeit an der „Einen Welt“-Ideologie. So muß man es wohl interpretieren, wenn die menschliche Hybris der Baukünstler nach wie vor in den leuchtendsten Farben gemalt wird, wie etwa von Wolf Prix von „Coop Himmelb(l)au“: „Wer heute nicht bereit ist, am Turm zu Babel zu bauen, hat kein Recht, Architekt zu sein.“ Aber auch das wissen die Menschen seit Jahrtausenden: Hochmut kommt vor dem Fall. Turmbau zu Babel, Pieter Breughel d.J. (1564-1638): Das Imperium zerbirst an seiner Gefräßigkeit, an seinen inneren Widersprüchen Die Ausstellung „Der Turmbau zu Babel. Ursprung und Vielfalt von Sprache und Schrift“ im Schloß Eggenberg bei Graz dauert bis zum 5. Oktober 2003. Der vierbändige, reich bebilderte Katalog kostet 70 Euro. | JF-Online | Am Anfang stand das Wort aus der Genesis: "Alle Menschen hatten die gleiche Sprache und gebrauchten die gleichen Worte." Doch dann faßten sie einen | Kultur | 2003-07-25T00:00:00+02:00 | 2003-07-25T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2003/das-tor-gottes/ |
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Zwischenwahlen in den USA: Das Pendel schlägt zurück | Die Zwischenwahlen in Amerika stehen vor der Tür und die Demokratische Partei hat ein riesiges Problem: Was für wirkmächtige Themen soll sie überhaupt noch ins Feld führen? Angesichts der rasanten Preissteigerungen, der massenhaften Einwanderung über die Südgrenze, der steigenden Verbrechensraten im ganzen Land und des sinkenden Niveaus der öffentlichen Bildung gibt es jämmerlich wenig, womit Joe Biden und seine Parteigenossen noch zu prahlen vermögen. Mittlerweile springen sie von einer grob aufgebauschten Skandalgeschichte zur nächsten. Die Spaltung im Land wird weiter vertieft. Zu ihrem liebsten Stilmittel im rhetorischen Waffenlager gehören unbegründete Anschuldigungen gegen alle Republikaner. Die Gegenpartei soll vermeintlich bestrebt sein, traumatisierten Frauen willkürlich ihre Abtreibungsrechte zu entziehen. Zudem hätten dem Zetergeschrei der Demokraten nach die bösen Rechten allesamt völlig berauscht dem sogenannten Putsch am 6. Januar 2021 zugejubelt. Was mit diesem Unsinn bezweckt wird, ist klar: Die von der Inflation und den steigenden Lebenskosten gebeutelten Amerikaner müssen abgelenkt werden. Biden und seine Partei stehen kurz vor den Midterms am 8. November gehörig unter Druck. Die Berater und Kandidaten der Republikanischen Partei verkünden bereits jetzt eine Welle des Erfolgs. Und tatsächlich ist ein republikanischer Wahlsieg großen Formats erwartbar, auch wenn lange Zeit führende Meinungsforscher etwas anderes behauptet hatten. Nach der „Real Clear Politics“-Zusammenfassung der führenden Meinungsforschungsinstitute liegen die Republikaner bei der Wahl des Repräsentantenhauses derzeit nur knapp vor den Demokraten. Wenn sich der Wahlausgang erwartungsgemäß abspielt, dann könnten die Republikaner bis zu 25 Sitze zulegen. Das stellt zwar einen Gewinn dar, aber auch nichts Weltbewegendes, was eine nicht in Regierungsverantwortung stehende Partei nicht auch typischerweise zwischen den Präsidentenwahlen einheimst. Was die Senatswahlkämpfe anbelangt, haben die wichtigsten Meinungsforscher für die Republikaner weniger gute Voraussagen erstellt. Die von der Grand Old Party (GOP) gehegte Hoffnung, die bestehende Pattsituation durch einen Durchbruch im Oberhaus zu überwinden, zeigt sich unerreichbar – wenn man sich denn an den monatelang publizierten Umfragewerten orientiert. In etlichen „Battleground States“ wie Arizona oder New Hampshire würden die Demokraten durchmarschieren, prophezeiten die Meinungsforscher. Zum einen, weil sie die geeigneteren Kandidaten hätten, zum anderen, weil die republikanischen Kandidaten wegen ihrer persönlichen Verbindung zu Trump beschädigt seien. Ebenfalls leichtfertig vorausgesagt wurde ein Kopf-an-Kopf-Rennen in Bundesstaaten wie Wisconsin und Ohio. In all diesen Wahlkämpfen eilen die republikanischen Senatskandidaten nun jedoch rauschenden Siegen entgegen. Die Demokraten können das Ruder aller Voraussicht nach nicht herumreißen. Die bis vor kurzem verbreiteten Umfragen der Medienkartelle waren von Anfang an fraglich. Wie gut, daß es auch „abweichende“ Datenauswertungen gibt. Drei eigenständige Meinungsforschungsinstitute haben die amerikanischen Wahlen bislang mit fast hellseherischer Genauigkeit vorausgesagt; zu dieser erlesenen Gesellschaft gehören Democracy Institute, Rasmussen Reports und Trafalgar Group. Diese „Ausreißer“ haben es sich zur Pflicht gemacht, nicht „registrierte“, sondern „wahrscheinliche“ Wähler als Zielgruppe unter die Lupe zu nehmen. Darüber hinaus versuchen die Befrager mit allen Mitteln, scheue Konservative zum Reden zu bringen, die aus Angst vor sozialer Ausgrenzung Telefonate mit Fremden über politische Angelegenheiten um jeden Preis vermeiden. Kurzum: Sie bieten eine Alternative zu ihren Konkurrenten, die Republikaner stets unterrepräsentieren. Man muß sich immer wieder der Auswirkungen dieser überzeichneten Umfragen klar werden: Denn das Bevorteilen der Demokraten entmutigt bei einem großen Vorsprung natürlich die unschlüssigen Wähler der anderen Partei. In Pennsylvania etwa galt es lange als sicher, daß der linksradikale Vizegouverneur John Fetterman einen Senatssitz gewinnen würde. Dem frühen Zwanzig-Punkte-Vorsprung seines demokratischen Kontrahenten zum Trotz eilt sein Gegner, der ehemalige Fernsehshowarzt Mehmet Oz, nun an dem durch einen Gehirnschlag beeinträchtigten Fetterman mit Windeseile vorbei. Hier stellt sich die Frage: Entsprach Fettermans Vorsprung überhaupt jemals der Realität? Wohl kaum. Auch das Gouverneursrennen im Bundesstaat New York wirft Fragen auf. Nach einem anfänglichen Dreißig-Punkte-Defizit schmilzt der Vorsprung der Gouverneurin Kathy Hochul (Demokratische Partei) gegenüber ihrem republikanischen Rivalen Lee Zeldin auf wundersame Weise zusammen. Eine naheliegende Vermutung: Die vorwiegend demokratischen Meinungsforscher befragten zu wenig Republikaner. Später bereinigte man die Daten entsprechend, als deutlich wurde, daß die Republikaner besser abschneiden würden, als die Experten uns weismachen wollten. Laut den verläßlicheren Umfrageinstituten ist die GOP jedenfalls im Begriff, bundesweit phänomenale Wahlsiege zu erlangen. Was aber passiert, wenn sie den Kongreß beherrschten? Zwischen Biden und seinen republikanischen Gegnern dürfte es krachen. Insbesondere die Politisierung staatlicher Behörden steht im Fokus. Die Republikaner regen sich zu Recht über Bidens Inanspruchnahme des FBI als Waffe gegen sie und ihre Verbündeten auf. Sie verlangen Aufklärung. Zudem wollen sie weitere zeitaufwendige und medienwirksame Nachforschungen über die „Zurückstellung“ der Justizabteilung im Falle der Bestechungsvorwürfe gegen Hunter Biden. Die Schließung der Südgrenze dürfte ebenfalls ein Streitthema werden. Natürlich wird Biden im Gegenzug versuchen, all diese Vorhaben zunichte zu machen. Er kann nicht anders, schließlich wird er von linken Medien und einer woken Basis vor sich hergetrieben. Weder geistig noch körperlich ist „Sleepy Joe“ in der Lage, irgendwie umzuschwenken oder gar neue Bündnisse zu schmieden. Doch auch innerhalb der Republikaner gibt es weiterhin Zwistigkeiten: Der überforderte Fraktionschef der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, weigerte sich zuletzt, überzeugten Trump-Anhängern finanzielle Wahlkampfhilfe für ihre Midterm-Kampagnen auszusprechen. Bekanntermaßen herrschen erbitterte Spannungen zwischen dem ehemaligen Präsidenten und McConnell. Selbst nach einer erfolgreichen Zwischenwahl dürften die internen Machtkämpfe der Republikaner also andauern – gerade mit Blick auf die Präsidentenwahl 2024. ——————————- Prof. Dr. Paul Gottfried ist Historiker und Politikwissenschaftler. Er leitet als Chefredakteur das US-Magazin Chronicles. JF 45/22 | Paul Gottfried | Während die US-Demokraten um Joe Biden vor riesigen Problemen stehen, befindet sich die Republikanische Partei im Aufwind. Tatsächlich ist bei den Zwischenwahlen ein republikanischer Wahlsieg großen Formats erwartbar, auch wenn führende Meinungsforscher lange Zeit etwas anderes behauptet hatten. Ein Kommentar von Paul Gottfried. | Zwischenwahl | Kommentar | 2022-11-05T12:13:14+01:00 | 2022-11-05T12:13:14+01:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2022/zwischenwahlen-usa/ |
Bundesverwaltungsgericht: Das Kreuz bleibt hängen | LEIPZIG. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, daß der Freistaat Bayern nicht zum Abhängen von Kreuzen in öffentlichen Gebäuden gezwungen werden darf. „Seine Anbringung im Eingangsbereich von Behörden steht der Offenheit des Staates gegenüber anderen Bekenntnissen und Weltanschauungen nicht im Weg“, begründeten die Richter ihr am Dienstag ergangenes Urteil. Zwar seien die Kreuze für den Außenstehenden sofort als Zeichen des christlichen Glaubens erkennbar. Allerdings gewähre das Grundgesetz keinen „Konfrontationsschutz“ vor den Symbolen. Der Staat sei durch die Gesetzeslage zu einer weltanschaulich-religiösen Offenheit, nicht aber zu Laizität verpflichtet. Daher könne er durchaus auch selbst religiöse Bezüge herstellen. Vor fünf Jahren hatten mehrere religionskritische Vereine gegen den „Kreuzerlaß“ von Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) geklagt. Sie sahen sich als Atheisten diskriminiert und warfen der bayerischen Landesregierung fehlende Neutralität in Weltanschauungsfragen vor. Die Anordnung war die erste Amtshandlung des seinerzeit frisch ins Amt gewählten Landesvaters. Der Kreuzerlaß von 2018 greift in die Geschäftsordnung der bayerischen Behörden ein und legt dort fest: „Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen.“ Die CSU zeigte sich erfreut über den Verfahrensausgang. „Mit seiner positiven Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht bestätigt, was von Anfang an Position der Bayerischen Staatsregierung und der CSU-Fraktion war: Das Kreuz gehört zu Bayern, es ist Ausdruck unserer Kultur und unseres Wertefundaments“, unterstrich der CSU-Fraktionschef im bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, kurz nach Bekanntwerden des Urteils. Bayern sei ein Land der Vielfalt, der Toleranz und natürlich auch der Glaubensfreiheit, aber Bayern sei eben auch ein christlich geprägtes Land und es sei richtig, daß der Freistaat dies auch zum Ausdruck bringe. „Ja zu unseren Werten und ja zur christlich-abendländischen Prägung unseres Landes.“ Die CSU scheint vergessen machen zu wollen, daß Söder im Jahr 2020 zerknirscht sein Bedauern über den Kreuzerlaß geäußert hatte: „Manches würde ich heute anders machen, gerade auch in der Form.“ Bayern sei ein „liberal-konservatives“ Land, beteuerte Söder damals im Interview mit zwei Redakteuren der Süddeutschen Zeitung für deren Buch „Markus Söder – der Schattenkanzler“ (Droemer-Verlag). Söder gab sich im Gespräch zerknirscht: „Die CSU darf sich nicht auf das Konservative verengen.“ (fw) | JF-Online | Frisch gewählt, erläßt Bayern Ministerpräsident Söder eine Kreuzpflicht für öffentliche Gebäude. Das Symbol stehe für Bayerns kulturelles Erbe, argumentierte der Landesvater. Später wollte er davon nichts mehr wissen. | Kreuz | Deutschland | 2023-12-19T17:00:55+01:00 | 2023-12-19T21:43:32+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/kreuzerlass-rechtens/ |
Baerbock schenkt libanesischer Armee 15 Millionen Euro | BERLIN. Der von Beobachtern als „ahnungslos“ kritisierte Auftritt von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) im Nahen Osten hat nur ein Ergebnis gebracht: Deutschland überweist dem Libanon weitere 15 Millionen Euro, damit das Land seine Streitkräfte aufrüsten kann. Die Politikerin sagte zu, Deutschland werde diesen Betrag bezahlen. Gemeinsam mit der libanesischen Armee sollen seit 2006 auch deutschen Soldaten im Rahmen der „Unifil“-Mission der Vereinten Nationen iranische Waffenlieferungen an die vom Libanon aus operierende Hisbollah unterbinden. Baerbock hatte wegen der offenbar gefährlichen Lage vor Ort ihre Pläne geändert, in den Südlibanon zu reisen. Sie besuchte lediglich die im Hafen der Hauptstadt Beirut liegende deutsche Fregatte „Baden-Württemberg“. Dort machte sie dann die finanzielle Zusage. Derzeit sind bei „Unifil“ 250 Bundeswehr-Angehörige im Einsatz. Allerdings kann das Projekt bisher kaum Erfolge vorweisen. Denn die islamische Miliz beschießt Israel seit Jahren regelmäßig mit Raketen. Daß Baerbock auch dort – wie auf allen Stationen ihrer Reise – zur „Deeskalation von allen Seiten“ aufgerufen hatte, sorgte für Kopfschütteln. Denn die Aggression geht in diesem Konflikt eindeutig von den militanten Islamisten aus, die israelische Städte angreifen. Trotz des offensichtlichen Versagens der „Unifil“-Mission behauptete Baerbock, man sei mit der Ertüchtigung der libanesischen Streitkräfte „ganz gut vorangekommen“. Mit dem deutschen Steuergeld solle dies nun noch besser gelingen. Allerdings beschreiben Experten den Einsatz der Libanon-Armee als relativ untätige „Küstenwache“, die sich nicht wirklich auf einen Konflikt mit der Hisbollah einlassen wolle. (fh) | JF-Online | Ohne Perspektive angereist und ohne Ergebnisse zurückgekehrt: Einzig die 15 Millionen Euro Militärhilfe bleiben von Annalena Baerbocks vielkritisierter Nahost-Reise. | Baerbock | Deutschland | 2024-01-12T08:50:41+01:00 | 2024-01-12T09:40:26+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2024/baerbock-schenkt-libanesischer-armee-15-millionen-euro/ |
Merkel will sich um das „Schicksal des Vaterlands“ kümmern | BERLIN. Die CDU hat den Weg für die Große Koalition freigemacht. Die Delegierten stimmten auf dem Parteitag in Berlin mit großer Mehrheit (97 Prozent) für ein weiteres Bündnis mit der SPD. Von 975 Delegierten waren nur 27 gegen die Neuauflage von Schwarz-Rot. Zuvor hatte CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel für die Annahme des Koalitionsvertrags geworben. „Wir haben hart gerungen, wir mußten Kompromisse eingehen, aber wir haben auch viel durchgesetzt.“ „Kein Ruhmesblatt für die Politik unseres Landes“ Die Union habe bei der Bundestagswahl zwar Verluste hinnehmen müssen, sei aber stärkste Kraft geworden und habe damit den Regierungsauftrag. Diesen werde man den Wählern nicht einfach wieder vor die Füße werfen, bloß weil man sich ein besseres Ergebnis gewünscht hätte. Die zähen Verhandlungen seit der Bundestagswahl bewertete Merkel kritisch: „Keiner sollte sich etwas vormachen, welches Bild in den vergangenen Wochen Politik abgegeben hat. Welcher Stil, welche Taktiererei, welch selbstbezogenes Herummosern die ganze Debatte gekennzeichnet hat.“ Das alles sei „kein Ruhmesblatt für die Politik unseres Landes“ gewesen. Politische Verantwortung gehe aber über die Grenzen der eigenen Partei hinaus und bedeute, „sich um das Schicksal unseres Vaterlandes zu kümmern“. (krk) | JF-Online | Die CDU hat den Weg für die Große Koalition freigemacht. Die Delegierten stimmten auf dem Parteitag in Berlin mit großer Mehrheit (97 Prozent) für ein weiteres Bündnis mit der SPD. Zuvor hatte Merkel an die politische Verantwortung der Delegierten appelliert. | Deutschland | 2018-02-26T16:05:02+01:00 | 2018-02-26T17:20:34+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/merkel-will-sich-um-das-schicksal-des-vaterlands-kuemmern/ |
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Typisch deutsche Autoaggression | Hatten die Kritiker etwa doch recht? Jetzt stellt sich heraus: Die am Kölner Hauptbahnhof in der Neujahrsnacht überprüften Nafris waren gar keine. Oder nur ein kleiner Teil. In Wirklichkeit stammten die meisten der jungen Männer aus dem Irak, aus Syrien und Afghanistan. Nun hat die Kölner Polizei aber ein Problem. Schließlich hatte sie noch in der Silvesternacht getwittert: „Am Hauptbahnhof werden derzeit mehrere hundert Nafris überprüft.“ Anfangs ging es bei der Diskussion daher auch nur um den Verlust an Würde, den das Wort „Nordafrikaner“ erleidet, wenn man ihm 60 Prozent seiner Buchstaben raubt. Ein Skandalon für hochempathische deutsche PolitikerInnen! Jetzt stellt sich obendrein heraus, daß die Nafris, dieser so liebenswerte Menschenschlag, dem die meisten Deutschen nur im Görlitzer Park in Berlin oder auf der B-Ebene des Frankfurter Hauptbahnhofs begegnen, daß also diese Nafris an Silvester in Köln gar nicht präsent waren. Mit moralisierendem Zeigefinger Messerscharf schlußfolgert der Spiegel-Kommentator Christian Neeb, die Polizei müsse „erst noch lernen, verantwortungsvoll mit den sozialen Medien umzugehen“. Damit bringt er den ganzen Unterschied auf den Punkt. Der Bürger ist dankbar für alles, was die Polizei kann und unter Beweis gestellt hat – der Journalist will ihr mit steifgefrorenem Zeigefinger Mores lehren. Für Kommentator Neeb ist die angeordnete Twitter-Nachhilfe allerdings nur der erste Schritt. Er zieht den ganzen Einsatz in Zweifel: „Es bleibt als einziger noch verbliebener legitimer Grund für die massenhaften Kontrollen ausländisch aussehender Männer an diesem Silvesterabend: die Behauptung der Polizei, es sei Aggression von dieser Gruppe ausgegangen. Doch auch hier fehlen noch genauere Einordnungen.“ In der Tat hatten die (vermeintlichen) Nafris ja noch gar nichts angestellt. Und wurden trotzdem kontrolliert. Und alles nur, weil 365 Tage zuvor am selben Ort fremdländisch anmutende junge Männer sich massenhafte sexuelle Übergriffe herausgenommen hatten. Unerhört, was? Kein Wunder, daß der fortschrittliche Journalist Zweifel geltend macht. Testosterongeladene Männer Vielleicht waren sie dieses Mal ja auch nur gekommen, um sich bei den jungen Frauen vom letzten Jahr zu entschuldigen. In dubio pro reo. Diesen einen Grundsatz beherzigen auch unsere der Täterwürde verpflichteten Leitmedien. Nur daß die Frauen sich diesmal nicht blicken ließen. Dabei ist denen die Haar- und Hautfarbe testosterongeladener Männer, sofern sie sich von ihnen bedroht fühlen, herzlichst wurscht. Es ist lediglich die Lebenserfahrung, die Empirie, die Schwarzdunkel einem pauschalen Anfangsverdacht aussetzt. Irisches Rot oder schwedisches Blond? Eher selten. Ob die linksliberalen Journalisten es nun begreifen oder nicht: Unter den Fremden in Deutschland gibt es (zu) viele, denen völlig egal ist oder die sogar verachten, was den Einheimischen am Herzen liegt: der Minimalkonsens, der ungeschriebene Kodex für die Gestaltung des Zusammenlebens, die Regeln von Anstand, Distanz und Respekt, das, was in keinem Gesetzbuch, in keiner Verfassung steht und doch das Wesen der Gesellschaft ausmacht. Wer das zuallerst unterschreibt, sind übrigens Deutsche mit Migrationshintergrund, die sich an die „gute alte Zeit“ vor dreißig Jahren erinnern und nicht befürchten müssen, postwendend in die Nazi-Ecke gestellt zu werden. Selbstzerstörung Mit teils rüden Worten begehren immer mehr Einheimische dagegen auf, daß die eigenen Politiker, die eigenen Medien dieser Zerstörung des Minimalkonsenses Vorschub leisten, sie begrüßen und befördern. Daher auch die Wahrnehmung der aufgepfropften „Willkommenskultur“ als Teil einer typisch deutschen Autoaggression, als Beschleunigung einer in der Politik der vergangenen zwei, drei Jahrzehnte ohnehin angelegten Selbstzerstörung. Jörg Meuthens Diktum vom „versifften links-rot-grünen 68er-Deutschland“ trifft den Nagel auf den Kopf. Die Generation, deren „Weg durch die Institutionen“ unter dem Motto stand, „macht kaputt, was euch kaputtmacht“, hat ganze Arbeit geleistet. | Thomas Fasbender | Hatten die Kritiker etwa doch recht? Jetzt stellt sich heraus: Die am Kölner Hauptbahnhof in der Neujahrsnacht überprüften Nafris waren gar keine. In Wirklichkeit stammten die meisten der jungen Männer aus dem Irak, aus Syrien und Afghanistan. Und vielleicht waren diese auch nur gekommen, um sich bei den jungen Frauen vom letzten Jahr zu entschuldigen. Ein Kommentar von Thomas Fasbender. | Kommentar | 2017-01-16T11:18:25+01:00 | 2017-01-16T12:11:30+01:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2017/typisch-deutsche-autoaggression/ |
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Welche Strafe droht dem TikTok-Hetzer von Mannheim? | BERLIN. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat nach einem TikTok-Video, in dem ein Islamist zu schwerer Gewalt gegen Islamkritiker aufgerufen hatte, harte Konsequenzen gegen den Ersteller gefordert. In dem knapp einminütigen Video lobt ein Mann, der sich im Internet „Imam Meta“ nennt, den Attentäter von Mannheim als sein „Vorbild“. Zudem hofft „Imam Meta“ auf Nachahmer. „Inshallah (deutsch: „So Gott will“ bzw. „hoffentlich“) passiert das mit Ex-Muslimen. Inshallah jedem Islamkritiker. Jedem, der den Islam kritisiert.“ Dann fangen Sie mal bitte hier bei dem Kollegen an. TikTok Name: Imam Meta pic.twitter.com/3DDwgdTTVE — Sero (@Sero56687505) June 2, 2024 Der 25jährige Afghane Sulaiman A., auf den sich „Muslim Meta“ lobend bezieht, hatte am vergangenen Freitag den bekannten Islamkritiker Michael Stürzenberger sowie andere Teilnehmer der Veranstaltung mehrmals mit einem Messer angegriffen und dabei auch einen Polizisten getötet. Faeser kündigte daraufhin Konsequenzen für den Videoersteller an. „Den mörderischen Messerangriff zu verherrlichen, ist widerwärtig und menschenverachtend“, sagte sie der Bild-Zeitung. Wer das tue, müsse „mit aller Härte des Strafrechts verfolgt werden“. Die Sicherheitsbehörden würden der Sache konsequent nachgehen, versprach die Innenministerin. Auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) betonte gegenüber dem Blatt, daß die Behörden der Sache bereits nachgingen. „In so einem Video kann man eine Straftat sehen, etwa die Anstiftung zum Mord, und wer glaubt, aus der Anonymität des Internets ungeschoren agieren zu können, der täuscht sich gewaltig.“ Deshalb habe das Landeskriminalamt „bei den aktuell laufenden Ermittlungen bereits IT-Ermittler zentral zusammengezogen“. Udo Vetter, ein Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht, gab gegenüber Focus Online eine Einschätzung der juristischen Lage ab. Seiner Meinung nach passieren in dem kurzen Video von „Imam Meta“ drei Straftaten. Zum einen die Billigung von Straftaten, zum anderen der Aufruf zu Straftaten und zuletzt auch der Verdacht der Volksverhetzung. Weil der Videoersteller an einer Stelle einen Atatürk-freundlichen Menschen mit türkischen Wurzeln als „Dreckstürken“ beleidigt, könnte es sich hierbei um eine Volksverhetzung handeln, glaubt Vetter. Sein Fazit: „Es erscheint mir zwingend, daß es hier zu einem Ermittlungsverfahren kommen muß.“ Bei einer Verurteilung könnten ihm bis zu fünf Jahre Haft drohen. Auf Nachfrage der JUNGEN FREIHEIT konnte eine Sprecherin des baden-württembergischen Landeskriminalamts die Medienberichte, wonach „Imam Meta“ bereits identifiziert sei, nicht bestätigen. Derzeit werde dessen Identität noch ermittelt. Auch ob und wegen welcher möglichen Straftaten gegen den Mann ermittelt werde, ließ die Sprecherin unbeantwortet. (st) | JF-Online | Nicht jeder trauert um den in Mannheim von einem Afghanen erstochenen Polizisten. Ein islamistischer TikTok-Hetzer feiert die Gewalttat und droht mit Nachahmung. Die JUNGE FREIHEIT fragte beim Landeskriminalamt an. Wer ist der Mann? | TikTok,Mannheim | Deutschland | 2024-06-03T13:25:18+02:00 | 2024-06-03T13:25:18+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2024/welche-strafe-droht-dem-tiktok-hetzer-von-mannheim/ |
Söder warnt vor Anti-Corona-Terrorismus | BERLIN. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat vor der Gefahr eines neuen Terrorismus durch Corona-Kritiker gewarnt. Es sei möglich, daß sich aus dem Umfeld der AfD heraus „in Deutschland ein Corona-Mob oder eine Art Corona-RAF bilden könnte, die zunehmend aggressiver und sogar gewalttätig werden könnte“, sagte Söder der Welt. „Aus bösen Gedanken werden böse Worte und irgendwann auch böse Taten. Deswegen müssen wir auch in Deutschland nicht nur die Sicherheitsmaßnahmen für die demokratischen Institutionen verbessern, sondern grundlegend die sektenähnliche Bewegung der ‘Querdenker ’ und anderer vergleichbarer Gruppierungen in den Blick nehmen.“ Schon im November hatte Söder sich für eine Überprüfung möglicher Verbindungen zwischen der AfD und der „Querdenken“-Bewegung ausgesprochen. Deutsche Sicherheitsbehörden müßten „genau hinsehen“. Besonders die „Querdenken“-Bewegung entwickle sich sektenähnlich und binde normale Bürger an ihre Verschwörungsblase, warnte der CSU-Chef. Zudem hätten sie eine andere Vorstellung von Staat und Gesellschaft. „Natürlich haben wir alle Verständnis und Respekt für die kritischen Fragen derer, die durch Corona in ihrer Existenz bedroht sind. Bei Querdenkern, Rechtsextremen, Reichsbürgern und Verschwörungstheoretikern mit antisemitischem Hintergrund hört die Toleranz aber auf“, unterstrich Söder. Der Verfassungsschutz solle daher die Kritiker der Corona-Maßnahmen genau unter die Lupe nehmen. Unterdessen hat die Berliner Polizei nach dem Sturm auf das Kapitol in Washington den Schutz des Reichstags verstärkt. Wie die Bild-Zeitung berichtet, informierte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) die Abgeordneten in einem Schreiben über die Maßnahmen. „Die Berliner Landespolizei hat eine Verstärkung ihrer Kräfte im Umfeld des Reichstagsgebäudes bereits veranlaßt“, heißt es darin. Er werde zudem mit dem Bund und dem Land Berlin klären lassen, welche Schlüsse aus den Ausschreitungen in Amerika für die Sicherung des Bundestages gezogen werden müßten. Ende August hatten bei den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen in Berlin zahlreiche Demonstranten die Stufen des Reichstags erklommen und mußten von der Polizei zurückgedrängt werden. Medien und Politik sprachen damals von einem Angriff auf die „Herzkammer der Demokratie“. Im November sorgten dann Besuchergäste einiger AfD-Bundestagsabgeordneter für Schlagzeilen, als sie während der Debatte über das Infektionsschutzgesetz in Büro-Räume eindrangen und unter anderem Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) anpöbelten und beleidigten. (krk) | JF-Online | Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat vor der Gefahr eines neuen Terrorismus durch Corona-Kritiker gewarnt. Es sei möglich, daß sich aus dem Umfeld der AfD heraus in Deutschland ein Corona-Mob oder eine Art Corona-RAF bilden könnte. | Söder | Deutschland | 2021-01-10T12:02:13+01:00 | 2021-01-10T12:02:50+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2021/soeder-warnt-vor-anti-corona-terrorismus/ |
Großbritanniens Migrationspolitik: Das Vordertor schließen, die Hintertür öffnen | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Daniel Körtel | Kaum eine Stadt spürt die Migrationskrise in Großbritannien mehr als Dover. Das „Tor nach England“ am Ärmelkanal ist zur Einfallstür der illegalen Einwanderung auf die Insel geworden. Daniel Körtel zeigt, wie die Lage dort die kommende Wahl entscheiden könnte. | Großbritannien,Tories,Einwanderung,Krise | Ausland | 2024-06-23T17:57:53+02:00 | 2024-06-23T17:57:53+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2024/grossbritanniens-migrationspolitik-das-vordertor-schliessen-die-hintertuer-oeffnen/ |
Union kündigt Offensive gegen Alltagskriminalität an | BERLIN. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hat ein Maßnahmenpaket gegen die zunehmende Kriminalität in Deutschland gefordert. „Es muß in Zukunft auch die Alltagskriminalität wieder entschiedener bekämpft werden“, sagte Kauder der Bild-Zeitung. Die Bürger erwarteten zu Recht einen besseren Schutz des Staates. Konkret schlug der CDU-Politiker vor, die Video-Überwachung auf Bahnhöfen auszuweiten. „Wir reden zu Recht viel über den Datenschutz, aber zu wenig über die Bekämpfung oft ganz schlimmer Gewalt im öffentlichen Raum“, mahnte Kauder. Ähnlich wie bei der Wärmedämmung müsse es künftig auch Mindestanforderungen bei der Einbruchssicherung geben. Stärkere Polizeipräsenz in Wohngebieten Die entstehenden Kosten sollten von der Steuer abgesetzt werden können. „Es kann nicht sein, daß die Bürger ganz allein auf den Kosten für ihre Sicherheit sitzenbleiben.“ Zudem forderte Kauder eine stärkere Polizeipräsenz in Wohngebieten, in denen es vermehrt zu Wohnungseinbrüchen kommt. Die Union stellt seit 2005 den Bundesinnenminister im Kabinett. Hintergrund des Vorstoßes ist die Zahl der gestiegenen Einbrüche im vergangenen Jahr. Laut Polizeilicher Kriminalstatistik stieg die Zahl der Einbrüche um 8,4 Prozent auf 144.000 Taten. Bereits zwischen 2010 und 2011 hatten die Sicherheitsbehörden einen Zuwachs von 9,3 Prozent registriert. Derzeit werden nur 16 Prozent der Einbrüche aufgeklärt. (ho) | JF-Online | Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hat ein Maßnahmenpaket gegen die zunehmende Kriminalität in Deutschland gefordert. „Es muß in Zukunft auch die Alltagskriminalität wieder entschiedener bekämpft werden“, sagte Kauder. Die Bürger erwarteten zu Recht einen besseren Schutz des Staates. | Deutschland | 2013-05-27T14:51:00+02:00 | 2014-09-11T12:35:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2013/union-kuendigt-offensive-gegen-alltagskriminalitaet-an/ |
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Härte vor der Wahl | Griechenland wird geholfen – wirklich? Nicht wegen der neugriechischen Art von Wahrheiten, aber doch wegen Griechenland überhaupt, der Wiege der Demokratie, und noch mehr wegen der Währungsunion. Wenn die Zahlungsunfähigkeit der Griechen nicht abgewandt werde, sieht man Gemeinschaftsgeld in Gefahr. Der Euro steht für „Europa“ wie einst die DM für Deutschland. Natürlich sollen die Griechen aus der Hängematte steigen und an die Arbeit gehen, selbst wenn sie schon 50 Jahre alt sind, vielleicht sogar, wenn sie in öffentlichen Diensten stehen, ohne Büro und ohne Aufgabe, nur mit Gehaltsanspruch. Der IWF soll den Griechen die Fesseln anlegen. Er hat Übung darin, Volkswirtschaften in die Rezession, ja Depression zu zwingen. Aber der Union fehlen die Instrumente. „Madame No“ hat für die Wahl in Nordrhein-Westfalen Härte vorgespielt. Aber jetzt drängt es. Die Finanzmärkte machen keine Pause, die Banken sorgen sich um ihre bestens rentierten Kredite. Dem Unglück seinen Lauf gelassen Und was sollen lästige Rechtsfragen? Es finden sich immer Juristen, die auch gegen Wortlaut und Sinn der Verträge und der Verfassung gutachten. Wenn man sie überhaupt braucht. Schließlich hat das Bundesverfassungsgericht 1998 mit der Euro-Klage kurzen Prozeß gemacht und damit dem Unglück seinen Lauf gelassen. Auf dieses Gericht haben sich die Politiker meist verlassen können. Auch die Verfassungsrichter haben jedoch einen Ruf zu verlieren – noch. Das Grundrecht des Artikels 14 (GG), die Eigentumsgewährleistung, erneut zu entwerten, nur um das große Projekt der Integrationspolitik, Unionswährung und schließlich Unionsstaat, zu retten, paßt so gar nicht zu der Aufforderung des Gerichts im Lissabon-Urteil, gegen „ausbrechende Rechtsakte“ der EU Rechtsschutz zu suchen. Ausgerechnet diesem Eigentumsgrundrecht hatte der Euro-Beschluß ein Klagerecht, technisch gesprochen: ein subjektives Recht des Bürgers, nicht abzugewinnen vermocht, obwohl das Gericht eingesehen hatte, daß die Eigentumsgewährleistung wesentlich gegen die Inflation gerichtet ist und die Geldwertstabilität garantiert. Schaden wird sozialisiert Darum würden sich aber Parlament und Regierung, nicht die Gerichte bemühen müssen; denn es gehe um „ökonomische Erkenntnisse und politische Gestaltung“– in welcher politischen Agenda eigentlich nicht? Die Judiziabilität zu begrenzen, ist das gern genutzte Pilatus-Argument des Bundesverfassungsgerichts. Dabei hatten wir vier Euro-Kläger nur die Einhaltung der klaren Konvergenzkriterien des Maastricht-Vertrages eingefordert. Diese dienen dem Schutz der Löhne, der Gehälter, der Renten, der Pensionen, der Ersparnisse, die schwer unter der Währungsunion leiden. In Südeuropa sind die Arbeitseinkommen, weitgehend kreditfinanziert, in etwa um 40 Prozent gestiegen. Das hat die Wettbewerbsfähigkeit der PIIGS ruiniert, weil sie ihre Währung nicht leistungsgerecht abwerten konnten. Auch andere Länder haben die griechische Krankheit. >> Die Union hat sich als unfähig erwiesen, die vertragsgemäße Haushaltsdisziplin durchzusetzen. Die Währungsunion folgt einem untauglichen Konzept. Man kann den optimalen Währungsraum nicht durch eine staatenübergreifende Einheitswährung erzwingen. Die Wirtschafts-, Sozial- und Währungspolitik muß eine Einheit bilden und läßt sich nicht von der Verantwortung für die Politik trennen. Das vermag nur ein Staat zu leisten, dessen Volk das Schicksal seiner Politik zu tragen hat. Nun wird auch der Schaden sozialisiert. Der Finanzausgleich durch die Hilfen ist endgültig der Bundesstaat. Der aber ist ohne ein neues Verfassungsgesetz, dem alle Völker der Union zustimmen müßten, auch nach dem Lissabon-Urteil demokratiewidrig. Die Entwicklung hat unsere Analyse bestätigt, etwas später als erwartet. Wenn die Kosten guten Lebens anderen Völkern aufgelastet werden können, etwa über geliehene, nicht leistungsgerechte Zinssätze, geht das nicht lange gut. Das erweist die Haushaltskrise der südeuropäischen Euro-Staaten, aber auch Irlands erneut. Hilfen vergrößern den Gesamtschaden immens Zum Rückzug der Griechen aus der Euro-Gruppe gibt es keine Alternative, rechtlich wegen der No-Bailout-Klausel des Artikels 125 (EU-Arbeitsvertrag) und wirtschaftlich, weil die Haushaltshilfen weder des IWF noch der EU die Marktfähigkeit Griechenlands herstellen. Athen muß abwerten können. Zugleich muß Griechenland sich weitgehend von seinen Schulden lossagen. Das ist schmerzlich – für die Gläubiger, die Banken. Spekulation ist ein Risiko, auch die auf die Haftungsübernahme kreditfähiger Staaten. Griechenland wird weder Kredite begleichen noch wirksam sparen können. „Staatsbankrotte“ sind nicht ungewöhnlich. Die Hilfen verzögern zwar das Ende der unionsweiten Währung, vergrößern aber den Gesamtschaden immens. Keinesfalls darf der Schaden erneut unseren Kindern aufgelastet werden, auch aus Rechtsgründen nicht. Wenn die Schuldenpolitik glimpflich abgeht, bleibt es bei einer mittleren Inflation. Die Politik Angela Merkels ist verantwortungslos. Hoffentlich verhilft das Bundesverfassungsgericht im Interesse eines europäischen Europa der wirtschaftlichen Vernunft und vor allem dem Recht zum Sieg. JF 18/10 > Umfrage: Soll Deutschland Hilfszahlungen an Griechenland verweigern? | Karl Albrecht Schachtschneider | Fließen bald Milliardenkredite nach Griechenland? Das wäre verantwortungslos, meint Karl Albrecht Schachtschneider, der eine Verfassungsklage dagegen vorbereitet. | Kommentar | 2010-04-29T07:30:00+02:00 | 2010-04-29T07:30:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2010/haerte-vor-der-wahl/ |
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RWE beginnt mit Barrikaden-Abbau im Hambacher Forst | HAMBACH. Rund 200 Mitarbeiter des Energieunternehmens RWE haben am Mittwoch morgen damit begonnen, Müll und Barrikaden aus dem von militanten Braunkohle-Gegnern besetzten Hambacher Forst zu entfernen. Ein Großaufgebot der Polizei bewachte die Arbeiten, um Angriffe zu verhindern und Waffen sicherzustellen, teilte das Polizeipräsidium Aachen mit. Räumung am Boden in Oaktown im #HambacherForst durch @RWE_AG läuft #HambiBleibt #Kohleausstieg #RedenstattRoden pic.twitter.com/xu0KC3JyZg — Oliver Krischer (@Oliver_Krischer) 5. September 2018 Auf Twitter riefen Unterstützer der Besetzer zu Demonstrationen und Solidaritätsaktionen auf. Räumung der Bodenstrukturen in Gallien #HambacherForst steht unmittelbar bevor.
Ghosttown wurde geräumt.
Kommt vorbei, macht Aktionen eurer Solidarität und teilt sie mit #hambibleibt pic.twitter.com/3dmBlQViKM — Hambacher Forst (@HambiBleibt) 5. September 2018 Bis zum Mittag verliefen die Arbeiten im Forst friedlich. Die Maßnahmen dienen dazu, die Wege für die geplante Rodung des Waldes zu räumen. Ab dem 1. Oktober kann RWE mit dem Abholzen der Bäume beginnen, um den Braunkohleabbau fortzusetzen. Die Baunkohle-Gegner protestieren damit gegen die Pläne von RWE. Unterstützung erhalten sie auch aus der linksextremen Szene. In den vergangenen Wochen war es immer wieder zu Angriffen auf Polizisten und RWE-Mitarbeiter gekommen. Daher stufte die Polizei den Hambacher Forst als „gefährlichen Ort“ ein, um ohne Anlaß Personen kontrollieren zu können. Im Walddorf Oaktown steht viel Polizei. Hier sollen wohl gleich Teile der Einrichtungen geräumt werden. #HambacherForst/#hambibleibt pic.twitter.com/ilKm1eQKQm — Sebastian Weiermann (@SWeiermann) 5. September 2018 1320 In Oaktown wirkt der Boden schon fast wie leergefegt. Der Infopoint wurde komplett zerlegt, das Gym zerstört, sie haben sogar die Treppe zum Tower geklaut. Wie sollen die Menschen denn da jetzt bitte wieder runter kommen?#hambibleibt pic.twitter.com/F9lE0ixRDf — Oaktown (@Oaktown1312) 5. September 2018
(ag) | JF-Online | Rund 200 Mitarbeiter des Energieunternehmens RWE haben am Mittwoch morgen damit begonnen, Müll und Barrikaden aus dem von militanten Braunkohle-Gegnern besetzten Hambacher Forst zu entfernen. Zur Absicherung gegen Angriffe sicherte ein Großaufgebot der Polizei die Arbeiten ab. | Deutschland | 2018-09-05T16:30:54+02:00 | 2018-09-05T17:27:18+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/rwe-beginnt-mit-barrikaden-abbau-im-hambacher-forst/ |
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„Volle Transparenz“: Söder legt Verhaltenskodex für CSU-Abgeordnete vor | MÜNCHEN. Unter dem Eindruck von Lobbyismus- und Korruptionsverdacht in der CSU hat Parteichef Markus Söder einen Verhaltenskodex für Mandatsträger vorgelegt. „Das ist nicht ein zahnloser Tiger, sondern ein scharfes Schwert“, verkündete Bayerns Ministerpräsident am Sonntag mittag während einer Pressekonferenz. Es gehe dabei um „volle Transparenz und Konsequenzen“. Die CSU brauche neue Regeln und einen neuen Geist, betonte Söder. Künftig sollen Abgeordnete der Partei ihre Nebeneinkünfte offenlegen. Weitere Inhalte des Zehn-Punkte-Plans sind demnach ein Tätigkeitsverbot für bezahlte Interessenvertretungen. Für parlamentarische Führungskräfte sollen künftig gewerbstätige Nebentätigkeiten untersagt sein. In Zukunft sei es für CSU-Kandidaten verpflichtend, eine sogenannte Integritätserklärung zu unterschreiben. Darin müssen sie sich zum neuen Verhaltenskodex der Partei bekennen. Zuvor hatte der bayerische Landtagsabgeordnete und frühere Justizminister des Freistaats, Alfred Sauter, seine Parteiämter niedergelegt und angekündigt, seine Mitgliedschaft in der Fraktion ruhen zu lassen. Hintergrund sind Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft München gegen den 70jährigen. Es geht um Sauters Rolle bei einem Geschäft mit Corona-Schutzausrüstung einer hessischen Firma, die unter anderem die bayerische Landesregierung beliefert hatte. In den vergangenen Wochen waren bereits zwei CSU-Bundestagsabgeordnete nach Kritik aus der Unionsfraktion ausgetreten. So hatte Tobias Zech sein Mandat und die Parteiämter niedergelegt, nachdem bekannt geworden war, daß seine damalige Privatfirma die Partei eines wegen Korruption angeklagten nordmazedonischen Politikers beraten und dafür ein fünfstelliges Honorar kassiert hatte. Sein Parteifreund Georg Nüßlein war nach Korruptionsvorwürfen wegen Masken-Deals Anfang März aus der CSU und der Bundestagsfraktion ausgetreten. Söder selbst war wegen Fördermittelzahlungen der Landesregierung in sechsstelliger Höhe an die Firma seiner Ehefrau in die Kritik geraten. So war bekannt geworden, daß zur Förderung des Ausbaus der E-Mobilität die Nürnberger Unternehmensgruppe Baumüller seit 2014 mit insgesamt 681.400 Euro unterstützt worden war. (ag) | JF-Online | Unter dem Eindruck von Lobbyismus- und Korruptionsvorwürfen in der CSU hat Parteichef Markus Söder einen Verhaltenskodex für Mandatsträger vorgelegt. Zuvor hatte ein weiterer CSU-Abgeordneter wegen Ermittlungen im Zusammenhang mit Geschäften mit Corona-Schutzausrüstung seine Parteiämter niedergelegt. | Söder | Deutschland | 2021-03-21T15:48:20+01:00 | 2021-04-14T14:36:25+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2021/volle-transparenz-soeder-legt-verhaltenskodex-fuer-csu-abgeordnete-vor/ |
Empörung über Berlusconi-Kandidatur | MÜNCHEN. Die Überlegung von Silvio Berlusconi, bei den kommenden Wahlen in Italien erneut für das Amt des Ministerpräsidenten zu kandidieren, ist bei deutschen Politikern auf Kritik gestoßen. Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) nannte Berlusconi im Bayerischen Rundfunk einen „unseligen Gockel“, der kaputtmache, was Ministerpräsident Mario Monti mit seinem Bürokratenkabinett aufgebaut habe. Berlusconis Kandidatur sei nicht gut für Europa, mahnte die CSU-Politikerin. Ähnlich hatte sich bereits der stellvertretende Fraktionschef der Union im Bundestag, Michael Meister (CDU), geäußert. „Er ist eine Gefahr für die Euro-Rettung“, sagte Meister der Passauer Neuen Presse. Berlusconi versuche als Populist zu punkten, wenn er Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Schuld an der Misere in Italien gebe. CDU und CSU sind gemeinsam mit Berlusconis Partei Popolo della Libertà (Volk der Freiheit) Mitglied in der EVP-Fraktion im Europaparlament. Kritik kam auch von EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD). Er glaube nicht an eine Wahl des italienischen Politikers. Berlusconis politische Vorstellungen seien „grenzwertig“, sagte Schulz. „Ich habe vor vielen Jahren darauf hingewiesen, daß ich diesen Mann für eine sehr problematische Persönlichkeit in der europäischen Politik halte.“ Berlusconi hatte Schulz in einem verbalen Schlagabtausch 2003 eine Filmrolle als KZ-Aufseher angeboten. (ho) | JF-Online | Die Überlegung von Silvio Berlusconi, bei den kommenden Wahlen in Italien erneut für das Amt des Ministerpräsidenten zu kandidieren, ist bei deutschen Politikern auf Kritik gestoßen. Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) nannte Berlusconi im Bayerischen Rundfunk einen „unseligen Gockel“. | Deutschland | 2012-12-17T10:27:00+01:00 | 2013-12-03T18:47:20+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2012/empoerung-ueber-berlusconi-kandidatur/ |
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Grenzenlose Aufklärung mit Eisernem Kreuz | Höher, schneller, weiter: Die Entgrenzung des Einsatzraumes der Bundeswehr erreicht eine neue Dimension. Anfang März wird der erste Spionagesatellit im Dienste der deutschen Armee in eine Erdumlaufbahn geschossen. Mit dem Start des künstlichen Himmelskörper vom russischen Weltraumbahnhof Plesetsk wird der Grundstein für ein unabhängiges deutsches Aufklärungssystem gelegt, das jeden Punkt der Erde unter die Lupe nehmen kann. Bislang ist Deutschland vor allem auf Informationen der Vereinigten Staaten angewiesen, wenn es gilt, aus dem Weltraum unauffällig Informationen über mögliche Einsatzorte der Bundeswehr zu sammeln. Mit dem aus fünf Satelliten bestehenden System „SAR-Lupe“ (Synthetic Aperture Radar) ändert sich das. Bis Ende 2007 wird alle sechs Monate ein weiterer Satellit von einer russischen Kosmos-Trägerrakete in den Weltraum befördert. Bereits Ende 2006 soll das 300 Millionen Euro teure System erstmals einsatzbereit sein. Ein Jahr später stehen dann alle fünf SAR-Lupe-Satelliten zur Aufnahme von Radarbildern der Erdoberfläche zur Verfügung. Ihr Auftrag: weltweite Aufklärung, unauffällig und schnell. Innerhalb von weniger als elf Stunden nach der Auftragserteilung soll es dann möglich sein, den politischen und militärischen Entscheidungsträgern von praktisch jedem Ort der Welt Bilder vorzulegen. Aufträge erteilen dürfen unter anderem das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam und die Führungskommandos der einzelnen Teilstreitkräfte. Bei der Bundeswehr legt man Wert darauf, daß die Satellitenaufklärung unauffällig und daher „nicht eskalierend“ wirke – schließlich gibt es für weltraumgestützte Spionage keine völkerrechtlichen Einschränkungen. Diplomatische Verwicklungen mit anderen Staaten lassen sich auf diesem Wege vermeiden. Die Bundeswehr will die Satellitenaufklärung für die Planung und Vorbereitung militärischer Einsätze nutzen sowie mit Hilfe der Satelliten frühzeitig Krisen erkennen, um künftig in die Lage zu sein, rechtzeitig und angemessen zu reagieren. Die fünf baugleichen, jeweils 800 Kilogramm schweren Satelliten – in der stets etwas hölzernen Bundeswehrsprache „Raumsegmente“ genannt – kreisen in polnahen Umlaufbahnen in einer Höhe von rund 500 Kilometern um die Erde. Aus den Radarwellen, mit denen sie die Erdoberfläche abtasten, werden Bilder erstellt, auf denen auch noch Objekte erkennbar sind, die kleiner als ein Meter sind. Die Radaranlagen erfassen die Erdoberfläche im sogenannten Streifen-Modus, der eine Fläche von acht mal 60 Kilometer abdeckt. Wenn notwendig, können besonders interessante Gebiete genauer unter die Lupe genommen werden: Im „Spot-Modus“ werden dann quadratische Flächen mit einer Größe von 5,5 mal 5,5 Kilometern erfaßt. Die gewonnenen Daten senden die Satelliten an die Bodenstation in Gelsdorf in Nordrhein-Westfalen wo diese Aufbereitet werden. Die technischen Einrichtungen für den Datenempfang und die Steuerung der Satelliten liegen allerdings nicht in der Hand der Bundeswehr. Sie werden während der auf zehn Jahre ausgelegte Nutzung durch Privatunternehmen betrieben. Bundeswehr bündelt die Strategischen Aufklärung Für die Kontrolle der künstlichen Himmelskörper im Dienste des Verteidigungsministeriums ist die 100 Mann starke „Abteilung satellitengestütze Aufklärung“ des 2002 gegründeten Kommandos Strategische Aufklärung zuständig. Dieses ist streng von der Öffentlichkeit abgeschirmt im nordrhein-westfälischen Rheinbach in der Nähe von Bonn stationiert. Das Kommando, dem 7.000 Soldaten und zivile Mitarbeiter unterstellt sind, ist eine Folge der zahlreichen Auslandseinsätze der Bundeswehr seit dem Ende des Kalten Krieges. Es bündelt neben der Satellitenaufklärung die bislang auf die einzelnen Teilstreitkräfte verteilten Einheiten der strategischen Aufklärung. Hierzu gehören Fernmelde-Spezialisten und Experten für Elektronische Aufklärung ebenso wie Fachleute für den Elektronischen Kampf. Aufgabe der Einheit ist es, Erkenntnisse zu sammeln, die helfen, die eigenen Truppen zu schützen. Darüber hinaus beliefern sie die militärischen Führung mit Informationen über die Einsatzgebiete. Überall auf der Welt, wo deutsche Truppen im Einsatz sind, ist das Kommando Strategische Aufklärung mit eigenen Einsatzkontingenten vertreten. Haben diese zur Erstellung ihrer Lagebilder bislang vorwiegend Sender und Radarquellen erfaßt und ausgewertet, werden die Möglichkeiten der Aufklärer durch die Radarbilder der Bundeswehrsatelliten entscheidend erweitert. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, daß die deutschen Spionagesatelliten, die von den Firmen Dornier Satellitensystem, Daimler-Chrysler und der Bremer OHB-System gebaut werden, nur eine Teillösung sind: Die deutschen Himmelskörper können die Erdoberfläche nur mit Radarstrahlen abtasten. Über Kameras verfügen sie nicht. Um noch genauere Bilder zu erhalten, muß die Bundeswehr daher auf die Fotografien des französischen Satelliten Helios II zurückgreifen. Allerdings ist dieser Aufklärungssatellit nur bei wolkenlosem Himmel einsetzbar. Frankreich ist daher im Gegenzug auf die deutschen Radarbilder angewiesen, die im Gegensatz zu den Bildern der Foto-Satelliten wetterunabhängig bei Tag und bei Nacht erstellt werden können. Eine entsprechende Vereinbarung wurde von beiden Staaten bereits 2002 unterzeichnet. Zusammen bilden die beiden Systeme die Keimzelle für eine von den Vereinigten Staaten unabhängige europäische Satellitenaufklärung. Foto: Spionagesatellit als Computer-Grafik: Die aufgenommenen Bilder werden an die Bodenstation in Gelsdorf bei Bonn gesendet | JF-Online | Höher, schneller, weiter: Die Entgrenzung des Einsatzraumes der Bundeswehr erreicht eine neue Dimension. Anfang März wird der erste Spionagesatellit im | Geschichte | 2005-02-25T00:00:00+01:00 | 2005-02-25T00:00:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/wissen/geschichte/2005/grenzenlose-aufklaerung-mit-eisernem-kreuz/ |
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Länder steigern ihre Abschiebezahlen | BERLIN. Die Zahl der Rückführungen abgelehnter Asylbewerber hat in den ersten sechs Monaten dieses Jahres bundesweit deutlich zugenommen. Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa haben fast alle Länder ihre Abschiebezahlen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesteigert – allen voran Sachsen, das mit 2.245 Abschiebungen viermal so viele Asylbewerber zurückführte wie im ersten Halbjahr 2015. „Sachsen bleibt beim Thema Abschiebungen konsequent“, sagte Landesinnenminister Markus Ulbig (CDU). Zugleich bedauerte er die verschobene Entscheidung im Bundesrat, die Maghreb-Staaten Marokko, Algerien und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Schon längst hätten die Asylverfahren aus diesen Ländern verkürzt und Abschiebungen abgelehnter Bewerber erleichtert werden können, kritisierte Ulbig. Brandenburg schiebt am wenigsten ab Bundesweit schob Nordrhein-Westfalen am meisten abgelehnte Asylbewerber ab. Zwar rangiert das einwohnerstärkste Bundesland mit 2.167 Abschiebungen in absoluten Zahlen hinter Sachsen, allerdings lagen in Düsseldorf nur Zahlen aus den ersten fünf Monaten vor. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nahmen die Abschiebungen in NRW um 38 Prozent zu. Rund 2.000 abgelehnte Asylbewerber wurden in den ersten sechs Monaten des Jahres 2016 aus den Ländern Hamburg (2.066) und Bayern (2.000) abgeschoben. Über 1.000 Rückführungen verzeichnete Baden-Württemberg (1.730), Niedersachsen (1.441), Berlin (1.068) und Hessen (1.016). Schlußlichter waren das Saarland (86) und Brandenburg (60 im ersten Quartal). (mv) | JF-Online | Die Zahl der Rückführungen abgelehnter Asylbewerber hat im ersten Halbjahr 2016 bundesweit zugenommen. Fast alle Länder steigerten ihre Abschiebezahlen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Sachsen schob viermal so viele Asylbewerber zurück wie im ersten Halbjahr 2015. | Deutschland | 2016-07-20T17:40:04+02:00 | 2016-07-21T08:53:04+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2016/laender-steigern-ihre-abschiebezahlen/ |
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Jeder dritte Hamburger ist ausländischer Herkunft | HAMBURG. Fast jeder dritte Hamburger hat ausländische Wurzeln. Dies geht aus einer Studie des Statistikamtes Nord hervor, die am Monat vorgestellt wurde. Bei den unter 18jährigen liegt der Anteil von Kindern aus Einwandererfamilien bei mehr als 45 Prozent. Besonders viele Einwanderer leben demnach in den innerstädtischen Bezirken. So haben in den Stadtteilen Vettel und Billbrook über 90 Prozent der Jugendlichen einen sogenannten „Migrationshintergrund“. Bei den über 64jährigen liegt der Zuwandereranteil dagegen bei 13 Prozent. Die meisten der 515.000 Einwanderer kommen aus der Türkei (92.766), Osteuropa (78.543), dem Balkan (51.876) sowie Afghanistan und Kasachstan (50.080). 195.000 davon besitzen einen deutschen Paß. 87.000 Personen werden den sogenannten Spätaussiedlern zugerechnet. Ausländeranteil steigt weiter Im vergangenen Jahr kamen mehr als 30.000 weitere Ausländer in die Elbmetropole. Damit stieg ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung 2010 um zwei Prozent. „Im Vergleich mit anderen deutschen Großstädten fällt der Hamburger Anstieg nicht aus dem Rahmen“, sagte Annett Jackisch vom Statistikamt Nord nach einem Bericht der Welt. Hamburgs Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) prüft derzeit die Möglichkeiten, um noch mehr Ausländer einzubürgern. Auch sollen künftig ausländische Bildungsabschlüsse schneller und einfacher anerkannt werden. „Wir können auf die Fachkräfte einfach nicht verzichten“, sagte Scheeles Sprecherin Julia Seifert. Zudem kämen Ausländer besonders an ihren Arbeitsstellen mit Kollegen „unterschiedlichster Herkunft“ in Kontakt. „Das ist für die Integration sehr gut.” (ho) | JF-Online | Fast jeder dritte Hamburger hat ausländische Wurzeln. Dies geht aus einer aktuellen Studie des Statistikamtes Nord hervor. Bei den unter 18jährigen liegt der Anteil von Kindern aus Einwandererfamilien bei mehr als 45 Prozent. | Deutschland | 2011-07-19T16:51:00+02:00 | 2013-12-03T18:50:07+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2011/jeder-dritte-hamburger-ist-auslaendischer-herkunft/ |
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Hochwasser: Flüchtlinge weigern sich, Sandsäcke zu schleppen | SANGERHAUSEN. Im sachsen-anhaltinischen Landkreis Mansfeld-Südharz haben sich 15 Bewohner einer Flüchtlingsunterkunft geweigert, beim Aufräumen nach dem Januar-Hochwasser mitzuhelfen. Damals waren auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) nach Sangerhausen gereist. Jetzt sollten 4000 Tonnen Sand – die Hälfte aller Säcke – entsorgt werden. Landrat André Schröder (CDU) berichtet laut Bild-Zeitung: „Zur Unterstützung sind 64 Asylbewerber durch uns verpflichtet worden zu helfen. Allerdings haben 15 davon ihren Einsatz ohne triftigen Grund verweigert.“ Der Politiker kündigte an, die Leistungen für die Arbeitsverweigerer zu kürzen. Hintergrund: Arbeitsfähige Migranten, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, können laut Paragraph 5 des Asylbewerberleistungsgesetzes in begrenztem Umfang zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden. Dies hatte der Kreis getan. Schröder ist über die Verweigerung entsetzt: „Dies wird durch uns nicht toleriert. Eine entsprechende Leistungskürzung durch den Landkreis erfolgt jetzt umgehend. Jeder, der aus anderen Ländern bei uns Schutz sucht, kann zu Arbeiten, die dem Allgemeinwohl dienen, verpflichtet werden. Das werden wir auch konsequent umsetzen.“ Die anderen 49 Flüchtlinge aus der Unterkunft waren zum Pflichtdienst erschienen. Zwischen den Jahren war in der Gegend um Sangerhausen der Fluß Helme über die Ufer getreten. Das Land rief den Katastrophenfall aus. Bundeswehrsoldaten und viele Freiwillige halfen damals, die Bewohner vor dem Hochwasser zu schützen. (fh) | JF-Online | Nach dem Hochwasser in Sangerhausen geht es ans Wegräumen der Sandsäcke. Dabei sollen auch Flüchtlinge mithelfen. Doch etliche wollen nicht. Das hat Folgen. | Flüchtlinge,Hochwasser | Deutschland | 2024-06-06T08:34:00+02:00 | 2024-06-06T09:52:53+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2024/hochwasser-fluechtlinge-weigern-sich-sandsaecke-zu-schleppen/ |
Hyundai Rotem erobert Europas Waffenmarkt | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Ferdinand Vogel | Polen schnürt ein riesiges Rüstungspaket, um seine Streitkräfte zu modernisieren. Das geschieht mit freundlicher Unterstützung der Südkoreaner von Hyundai Rotem. Deutschland sollte darauf achten, bei der Waffenproduktion nicht den Anschluß zu verpassen. | Hyundai, Polen | Ausland | 2023-09-21T10:18:27+02:00 | 2023-09-21T10:36:55+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2023/hyundai-ruestet-polen-aus/ |
Lindner wirft Grünen Wahlkampfhilfe für die AfD vor | BERLIN. FDP-Chef Christian Lindner hat den Grünen Wahlkampfhilfe für die AfD vorgeworfen. Grund ist deren Weigerung, die Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern zu erklären. „Die Grünen sind hier reine Gesinnungsethiker und nehmen in Kauf, Wahlkampfhilfe für die AfD zu machen“, sagte Lindner laut einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa. „Ich halte das für eine unverantwortliche ideologische Positionierung, leider gedeckt von CDU und CSU.“ Lindner warf den Unionsparteien vor, die Grünen vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen zu schonen. Grüne blockierten Neuregelung im Bundesrat Bereits im Juli hatte das Bundeskabinett die Einstufung von Marokko, Algerien und Tunesien als sichere Herkunftsländer beschlossen. Allerdings steht noch die Zustimmung des Bundestags und des Bundesrats dafür aus. Im Bundesrat haben die Grünen das Vorhaben bisher blockiert. Lindner beklagt, die Grünen seien damit auch verantwortlich dafür, daß der nach Tunesien abgeschobene mutmaßliche Ex-Leibwächter von Osama bin Laden, Sami A., deshalb nach Deutschland zurückgebracht werden müsse. „Denn Gerichte würden anders urteilen wenn Tunesien etwa ein sicheres Herkunftsland wäre“, sagte Lindner. (tb) | JF-Online | FDP-Chef Christian Lindner hat den Grünen Wahlkampfhilfe für die AfD vorgeworfen. Grund ist deren Weigerung, die Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern zu erklären. „Die Grünen sind hier reine Gesinnungsethiker und nehmen in Kauf, Wahlkampfhilfe für die AfD zu machen“, sagte Lindner. | Deutschland | 2018-10-10T13:21:50+02:00 | 2018-10-10T14:23:29+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/lindner-wirft-gruenen-wahlkampfhilfe-fuer-die-afd-vor/ |
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Zahl der Baugenehmigungen bricht immer weiter ein | WIESBADEN. DerRückgang bei den Baugenehmigungen in Deutschland gewinnt weiter an Fahrt. Die Bauaufsichtsbehörden in Deutschland genehmigten im Juli 2023 den Bau von 21.000 Wohnungen. Das sind 9.600 Baugenehmigungen weniger als im Juli 2022 und entspricht einem Rückgang von 31,5 Prozent, wie aus aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Zwischen Januar und Juli dieses Jahres gab es in der Bundesrepublik insgesamt 156.200 Baugenehmigungen. Im Vorjahreszeitraum waren es 216.500. Das entspricht einem Rückgang von mehr als 60.000 (27 Prozent). Die Zahlen beziehen sich auf Genehmigungen für neue Wohnungen auf Brachland und neue Wohnungen in bestehenden Gebäuden. Damit bleibt die Ampel-Regierung erneut hinter den eigenen Erwartungen zurück. Im Jahr 2022 wurden insgesamt 295.000 Wohnungen gebaut. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien von 2021 heißt es jedoch, das Ziel sei „der Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr“. (st) | JF-Online | Schon wieder ein Satz mit X. Die Zahl der Baugenehmigungen in Deutschland bricht massiv ein. Im Juli 2023 wurden im Vergleich zum Vorjahreszeitraum fast ein Drittel weniger Wohnungen gebaut. Die Ampel verfehlt damit erneut die selbst gesteckten Ziele. | Baugenehmigung | Deutschland | 2023-09-18T12:48:43+02:00 | 2023-09-18T12:48:43+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/baugenehmigungen-brechen-ein/ |
„Versailles mit friedlichen Mitteln“ | Nun wird es also doch konkret: Am vergangenen Wochenende berichtete Spiegel-Online, daß der französische Staatspräsident François Mitterand im Jahr 1989 „für seine Zustimmung zur Wiedervereinigung eine beschleunigte Einführung der Europäischen Währungsunion“ verlangt habe. Das gehe aus einem „bisher geheimgehalten Protokoll eines Gesprächs Mitterands mit dem damaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher hervor“. Die Einführung des Euros, mit der aus seiner Sicht die Dominanz der D-Mark als zweiter Weltleitwährung gebrochen werden sollte, nannte Mitterand laut der Tageszeitung Die Welt ein „Versailles mit friedlichen Mitteln“. Wenig überraschend bestritten Mitglieder der Regierung Kohl, konkret Wolfgang Schäuble und Theo Waigel, umgehend, daß der Euro der Preis für die Wiedervereinigung gewesen sei. Sollen sie etwa zugeben, daß den Deutschen der Euro aufgrund rein politischer und nicht aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen oktroyiert wurde? Sollen sie weiter zugeben, daß Deutschland die Einführung des Euro mehr oder weniger abgenötigt wurde? „Preis der Wiedervereinigung“ Geht es nach Schäuble und Waigel, dann muß der Mitterand-Berater Hubert Védrine an anderen Verhandlungen teilgenommen haben. Er unterstrich nämlich gegenüber dem Spiegel, daß Mitterand keine Wiedervereinigung „ohne einen Fortschritt bei der Europäischen Integration“ wollte, „und das einzige Terrain, das vorbereitet war, war die Währung“. Zum wahren Charakter der Verträge von Maastricht, die zur Einführung des Euros 1991 ausgehandelt und 1993 ratifiziert worden waren, führte bereits der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker in einem Interview mit der mittlerweile eingestellten Wochenzeitung Die Woche folgendes aus: sie seien „nichts anderes als der Preis für die Wiedervereinigung [gewesen]“ (Die Woche, 19. September 1997). Ähnlich äußerte sich Brigitte Sauzay, die Dolmetscherin des französischen Präsidenten Mitterand, die laut Spiegel-Special (Nr. 2/1998) erklärte: Mitterand habe sein Ja zur Wiedervereinigung „nur um den Preis gegeben, daß der deutsche Kanzler [Helmut Kohl] die Mark dem Euro opfere“. Offensichtlich mußte er sich bei Kohl nicht lange abmühen, der wohl nicht nur die Chance witterte, sich als „Kanzler der Einheit“, sondern gleich als „Einiger Europas“ zu inszenieren. Wie sagte doch Kohl, die wahren Gründe der Euro-Einführung verschleiernd: „Die europäische Einigung ist eine Frage von Krieg und Frieden und die Einführung des Euros ein Stück Friedensgarantie“. Die Stunde der Euro-Kritiker Interessant wäre eine Erörterung darüber, wie die Franzosen denn reagiert hätten, wenn sich Kohl der Aufgabe der D-Mark verweigert hätte und die Wiedervereinigung trotzdem nicht aufzuhalten gewesen wäre? Wäre es womöglich zu einer zweiten Rheinlandbesetzung gekommen? Dann ergäbe Kohls Gerede von der „Friedensgarantie“ Euro sogar Sinn. Kritiker des Kohl-Mitterand-„deals“, darunter namhafte Wirtschaftswissenschaftler, mußten sich ins Stammbuch schreiben lassen, Gegner des europäischen Einigungsgedankens zu seinen. Sie dürfen sich jetzt in ihrer Skepsis gegen die Euro-Einführung bestätigt sehen; unterstützt auch durch den ehemaligen Bundesbankpräsidenten Karl-Otto Pöhl, der gegenüber Spiegel-Online bestätigte: „Möglicherweise wäre die Europäische Währungsunion gar nicht zustande gekommen ohne deutsche Einheit.“ | Michael Wiesberg | Nun wird es also doch konkret: Am vergangenen Wochenende berichtete Spiegel-Online, daß der französische Staatspräsident François Mitterand im Jahr 1989 „für | Kolumne | 2010-09-27T13:24:00+02:00 | 2010-09-27T13:24:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kolumne/2010/versailles-mit-friedlichen-mitteln/ |
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Harpunierung des Fangverbots | Greenpeace, WWF, Pro Wildlife und weitere Artenschutzorganisationen kämpfen mit Blick auf die vom 16. bis 19. Juni in Berlin stattfindende Jahrestagung der Internationalen Walfang-Kommission (IWC) gegen eine Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs. Diese konnte letztes Jahr gerade noch verhindert werden. Die Tierrechtsorganistion People for the Ethical Treatment of Animals (Peta) dagegen startete auf zurückliegenden IWC-Tagungen die Kampagne „Eßt Wale“. Sogar Walfleisch wurde serviert. Wale, hieß es, hätten in freier Natur artgerecht leben können, und das Abschlachten eines Wales ersetze tausendfaches Töten von Fischen oder anderen Tieren und erspare so viel Leid. Warum sollen „Menschen, die immer noch Fleisch essen, weniger Leiden verursachen, wenn sie die Chicken Nuggets und Schellfisch-Filets zugunsten von Wal-Whoppern stehenließen?“ Peta argumentiert so: „Unstrittig ist, daß Fleischesser jedes Jahr Milliarden von Land- und Meerestieren konsumieren – das Fischessen einer einzigen Familie kann eine zweistellige Todesrate bedeuten, und zwei hungrige Nichtvegetarier können bei einer einzigen Mahlzeit ein ganzes Huhn vertilgen.“ Peta weiter: „Wären Wale die einzige Fleischquelle für die Fleischesser in Deutschland, könnte die Anzahl von Mahlzeiten, die aus ihnen hergestellt werden könnten, Hunderten von Millionen Tieren das Leben retten.“ Daß durch den Walfleischkonsum Tiere gerettet und Massentierhaltung überflüssig gemacht werden könnte, ist zumindest sehr kurzfristig gedacht, weil bei dieser Ernährungsweise die Wale binnen kurzem aussterben würden. „Eßt Walfleisch“-Kampagne von Tierrechtsorganisation Das wissen auch die Peta-Aktivisten, die trotzdem anprangern, wenn „einige Leute, die lauthals das Töten von Walen beklagen, nicht zögern, auf dem Weg nach Hause kübelweise Chicken Wings zu harpunieren“. Bruce Friedrich, Koordinator der Peta-Vegan-Kampagne, meinte gar: „Ganz offensichtlich sind wir gerne dafür, Wale zu retten, doch wenn Sie kein Vegetarier sind, sehen Sie den Tatsachen ins Auge: Sie sind verantwortlich für weitaus mehr Leiden und Todesfälle als ein japanischer oder norwegischer Walfänger.“ Trotz Petas „Eßt Walfleisch“-Kampagne meinen auch die vegetarischen Aktivisten: „Wir würden uns freuen, wenn jeder Wale und alle anderen Tiere rettet.“ Um bei den Walen zu bleiben: Erst vor 20 Jahren konnte die IWC einen Durchbruch zum Walschutz durchsetzen. Beschlossen wurde ein Moratorium, also eine Aufschiebung für kommerziellen Walfang. Dies geschah 1986 – aber mit großen Schlupflöchern. Norwegen und Rußland legten nämlich fristgerecht Einspruch ein und sind damit nicht an das Moratorium gebunden. Japan nutzt 600mal jährlich den Deckmantel der „Wissenschaft“, in deren Namen auch weiterhin das Töten der größten Meeressäuger der Erde erlaubt ist. Island trat 1989 aus der IWC aus – und damit gilt das Fangverbot formal nicht mehr für den Inselstaat, der nun den Wiedereinstieg in den Walfang vorbereitet. Doch trotz dieser Schwachstellen führte das Moratorium zu einem deutlichen Rückgang der Fangquoten: Waren es 1992 noch mehr als 12.000 harpunierte Wale, wurden nach Angaben von Pro Wildlife 1996 weniger als tausend Tiere aus kommerziellen Gründen getötet. Ein sogenanntes „Revised Management Scheme“ (RMS) soll die Rahmenbedingungen zur Überwachung und Einhaltung der Quoten festlegen. Dieser Ansatz gilt bei Walschützern als sehr gewagt, ist auf den Konferenzen der letzten Jahre aber Stück für Stück weiterentwickelt worden und steht in Berlin zu seiner Perfektionierung an. Während der letzten IWC-Jahrestagungen und bei IWC-Sondertreffen bemühten sich die Teilnehmer, ein baldiges Abschließen des RMS zu ermöglichen. Doch die Walfangländer, allen voran Japan und Norwegen, wollen die Mitsprachemöglichkeiten der Staatengemeinschaft und die Kontrollen durch internationale Instanzen so gering wie möglich halten. Strenge Überwachung des legalen Walfanges Die Walschutznationen drängen dagegen auf transparente und lückenlose Überwachungsmöglichkeiten (etwa durch Beobachter an Bord von Walfangflotten, Satellitenüberwachung, Kontrollen bei allen Fang- und Verarbeitungsschritten). Auch wenn die Walfangländer sich in den bisherigen Diskussionen wenig kompromißbereit zeigten und internationale Kontrollen auch weiterhin möglichst gering halten wollten, kommt der Abschluß des RMS und damit die Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs immer näher. Neu hinzugekommene IWC-Mitgliedsstaaten wie Island, Marokko und Panama werden sich für eine Aufhebung des Moratoriums einsetzen und auch beim Walfang mehr Freihandel für alle befürworten. | JF-Online | Greenpeace, WWF, Pro Wildlife und weitere Artenschutzorganisationen kämpfen mit Blick auf die vom 16. bis 19. Juni in Berlin stattfindende Jahrestagung der | Wirtschaft | 2003-06-13T00:00:00+02:00 | 2003-06-13T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2003/harpunierung-des-fangverbots/ |
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Neuer Ärger um Maaßen | DRESDEN. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat sich erleichtert darüber gezeigt, daß der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen keinen Wahlkampf mehr für die CDU in Sachsen macht. „Maaßen hat genügend Ärger gemacht“, sagte Kretschmer laut der Nachrichtenagentur dpa in Dresden. „Dieser Mann und sein undifferenziertes Gerede haben die Debatte über die rechtsradikalen Ausschreitungen in Chemnitz unnötig verlängert.“ Maaßen habe keine Bedeutung. Maaßen hatte am Sonntag abend angekündigt, sich aus dem Wahlkampf in Sachsen zurückzuziehen. Er wollte der CDU helfen, aber wenn dies nicht gewünscht sei, ziehe er sich schweren Herzens zurück, schrieb Maaßen auf Twitter. Anlaß war die öffentlich geäußerte Kritik Kretschmers an Maaßen. Am Sonntag erneuerte dann auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer ihre Kritik an Maaßen. Dieser stelle für die eigene politische Position in der CDU einen Absolutheitsanspruch, sagte sie dem Deutschlandfunk. CDU-Mitglieder, die seine Position nicht teilten, betrachte Maaßen dagegen als politische Gegner. Eine solche Haltung sei der CDU nicht angemessen. Kramp-Karrenbauer beklagte zudem, daß Maaßen seinerzeit seine Zweifel an Videoaufnahmen aus Chemnitz nicht über den Dienstweg, sondern über die Öffentlichkeit geäußert habe. „Die Konsequenz hätte eigentlich die Entlassung sein müssen.“ (krk) | JF-Online | Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat sich erleichtert darüber gezeigt, daß der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen keinen Wahlkampf mehr für die CDU in Sachsen macht. „Maaßen hat genügend Ärger gemacht“, sagte Kretschmer. | Deutschland | 2019-08-26T12:39:38+02:00 | 2019-08-26T12:39:38+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2019/neuer-aerger-um-maassen/ |
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Neue Neue Technologien: "Wie die Hand den Menschen schuf" | Für den Gläubigen ist es kein Problem: Der Mensch ist das Ebenbild Gottes, zwar nicht ganz fehlerfrei, aber allen anderen Lebewesen haushoch überlegen, da mit der Fähigkeit ausgestattet, "das Böse vom Guten zu unterscheiden". Bei den Philosophen ist es noch einfacher: Der Mensch ist das "Vernunftwesen" (animal rationale), wie Aristoteles formuliert. Dagegen läßt sich kaum etwas sagen, aber was ist eigentlich Vernunft? Etwas, das Tiere, auch höhere und selbst Primaten, nicht haben. Aber was fehlt dem Tier? Einfacher ist es freilich, menschliche Leistungen aufzuzählen, zu denen ein Affe unfähig wäre. Doch auf welcher Eigenschaft beruhen diese Leistungen? Weshalb ist es prinzipiell unmöglich, daß das passiert, was George Orwell in "Farm der Tiere" beschrieben hat, die Machtübernahme der Schweine und die politische Diskussion im Hühnerhof? Lange Zeit hat man die pure Größe des Gehirns für die menschliche Überlegenheit verantwortlich gemacht – so wie Tiere mit langen Beinen schneller laufen und die mit großen Zähnen besser zubeißen können. Demnach hätte sich das Gehirn im Zuge einer Reihe zunächst zufälliger Mutationen vergrößert, so daß der Mensch in die ökologische Nische der stumpfzahnigen, fußlahmen Intelligenzbestie hineinwuchs. Andere bevorzugten die äußerlich sichtbaren Merkmale. So unterscheiden sich unsere geschickten Hände auf vorteilhafte Weise von Hufen wie bei Schweinen, die auch Allesfresser sind, aber nichts greifen und nichts tragen können. Sogar gegenüber der recht entwickelten Primatenhand ist der Mensch durch die Möglichkeit der Gegenüberstellung des Daumens zu den anderen Fingern im Vorteil. Erst so wird die Hand zum universalen Werkzeug, das zur Herstellung weiterer Werkzeuge befähigt. Was ist nun richtig, die Definition des Menschen als "homo faber", als geborener Techniker also, oder seine geistige, um nicht zu sagen geisteswissenschaftliche Bestimmung? Nach neuesten Erkenntnissen, die sich in der Oktoberausgabe von Bild der Wissenschaft nachlesen lassen, hat evolutionär eine ständige Wechselwirkung zwischen Hirn und Hand stattgefunden. Erst die Beweglichkeit der Hand eröffnete Möglichkeiten, die das Gehirn zu immer neuen Höchstleistungen anregten. Auch der berühmte "aufrechte Gang" soll sich entwickelt haben, um die Hände – damals noch Vorderfüße – von der Aufgabe der Fortbewegung zu befreien und anderweitig einsetzbar zu machen. Daraufhin verbesserten sich die Augen auf Kosten des eher "bodenständigen" Geruchssinns, und all dies wirkte wieder auf das Hirn zurück. Die betrübliche Entfremdung zwischen "Stirn und Faust" entstammt also keinem Naturgesetz, sondern ist eine kulturelle Erscheinung. Sie gehört einer bestimmten Epoche an, dem Idealismus, und sollte eigentlich längst behoben sein. | JF-Online | Für den Gläubigen ist es kein Problem: Der Mensch ist das Ebenbild Gottes, zwar nicht ganz fehlerfrei, aber allen anderen Lebewesen haushoch überlegen, da mit | Geschichte | 2003-10-17T00:00:00+02:00 | 2003-10-17T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/wissen/geschichte/2003/neue-neue-technologien-wie-die-hand-den-menschen-schuf/ |
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Leinenzwang für alle Hunde? | Über 35.000 polizeilich gemeldete Beißvorfälle durch Hunde an Menschen jährlich in Deutschland, die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher. Häufigste Ursache: ein nicht angeleinter Hund, begleitet von einem "Das hat er noch nie gemacht". Zum Vergleich: Die Delikte mit Schußwaffen belaufen sich auf gerade einmal 2.000 jährlich. Der Hund ist die gefährlichste Waffe. Die Unterscheidung in Kampf- und Nichtkampfhund ist Haarspalterei – jeder unangeleinte Hund stellt eine potentielle Gefahr dar. Jeder Jogger oder Radfahrer kann hiervon ein Lied singen. Jeder Jäger wird bestätigen, daß wildernde Hunde keine Seltenheit sind und für die Forstwirtschaft ein großes Problem darstellen. Deutschland soll kinderfreundlicher werden, fordert Familienministerin Renate Schmidt. Dazu gehört, daß Kinder endlich wieder den ihnen zustehenden Platz und Freiraum bekommen, ohne daß sie fürchten müssen, beim Spielen von einem Hund gebissen, gar verstümmelt zu werden, oder im Sandkasten auf Hundekot zu stoßen. In der DDR gab es deutlich weniger Hunde – Straßen, wo die Kinder noch unbeschwert spielten oder Wiesen, die noch Spielwiesen waren. Für die dürfte jeder "Halter" eines potenziell gefährlichen Hundes ein möglicher "Kinderschänder" sein. Das beweist die Liste der jungen Opfer von Beißattacken. Viele mögen das anders sehen in unserer bisweilen hundefreundlichen und kinderfeindlichen Gesellschaft. Aber es wächst die schweigende Mehrheit, die die Nase voll hat. Die will, daß ihre Kinder in einer sicheren und sauberen Umgebung aufwachsen können. Es wird Zeit, endlich einen generellen Leinenzwang einzuführen, möchte man nicht ernsthaft den Tier- über den Kinderschutz stellen. An die Vernunft der Hundehalter zu appellieren macht hier keinen Sinn, das haben die Erfahrungen der letzten Jahre leider eindrucksvoll bewiesen. Es ist nun an unseren Politikern, der Gefahr durch freilaufende Hunde Einhalt zu gebieten – zum Schutze des Menschen. Axel F. Althaus ist Verantwortlicher von www.hundefeind.de Wissenschaftliche Erkenntnisse belegen eindeutig, daß überwiegend an der Leine geführte Hunde ein übermäßiges Aggressionsverhalten entwickeln, da hier das hundetypische Bewegungsverhalten massiv gestört wird. Eine artgerechte Hundehaltung, wie sie durch den im Grundgesetz verankerten Tierschutz vom Hundehalter gefordert wird, ist unter solchen Bedingungen unmöglich. Angeblich soll durch Leinenzwang das "Sicherheitsrisiko Hund" unter Kontrolle gebracht werden. Dagegen ist "Leinenlos" der Auffassung, daß dieses Trugbild eine Erfindung hundefeindlicher Medien ist. Die Analyse der Beißstatistiken aus verschiedenen Städten in Deutschland beweist, daß die Wahrscheinlichkeit für einen Nicht-Hundehalter in einen Hundeunfall verwickelt zu werden, zwischen 0,02 und 0,002 Prozent liegt. Der generelle Leinenzwang wurde aus diesem Grund von mehreren Gerichten als unverhältnismäßig beurteilt und für nichtig erklärt. Unter dem eigentlichen Ziel der Hundefeinde, die Haltung von großen und mittelgroßen Hunden in den Städten unmöglich zu machen, werden nicht nur Hundefreunde, sondern auch alle vom Hund abhängigen Wirtschaftszweige leiden. Sämtliche der bereits durchgesetzten (zum Beispiel in Berlin) beziehungsweise geplanten Gesetze zur Hundehaltung (Hamburg) werden die Anzahl der Unfälle zwischen Menschen und Hunden erhöhen und nicht – wie sie vorgeben – dem Schutz von Menschen vor Hundeübergriffen dienen. Alle rigiden Leinenregelungen sind kontraproduktiv. Schwere Verletzungen von Kindern durch Hunde beispielsweise haben sich laut Kinderschutzbund überwiegend innerhalb der Hundebesitzer-Familien selbst ereignet oder sind von angeleinten Hunden verursacht worden. Die Grundlagen für unsere Aussagen sind in der von "Leinenlos" veröffentlichten Studie "Beißattacke" nachzulesen. Ulrike Heck/Claus Kraft gehören zur Initiative www.leinenlos.org | JF-Online | Über 35.000 polizeilich gemeldete Beißvorfälle durch Hunde an Menschen jährlich in Deutschland, die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher. Häufigste Ursache: | Debatte | 2005-07-22T00:00:00+02:00 | 2005-07-22T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/2005/leinenzwang-fuer-alle-hunde/ |
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George Bush muß von Bismarck lernen | Der Untertitel sagt treffender als der Haupttitel, wovon dieses – um es gleich herauszusagen – anregende Buch handelt: von grundsätzlichen Fragen an die gegenwärtige amerikanische Außenpolitik. Zugleich ist es der erklärte Abschied Fukuyamas von einstigen publizistischen Weggenossen, den sogenannten „Neokonservativen“, denen er freilich auch nie ganz zugehörte. Natürlich „scheitert“ Amerika nicht, dafür ist es zu groß und zu vital. Aber die Intervention im Irak könnte scheitern, so wie die in Vietnam gescheitert war. Dennoch rät Fukuyama, die begangenen Fehler nicht mit dem Fehler eines unzeitigen Abzugs unter Zurücklassung eines Chaos zu übertreffen. Es geht ihm um die Neuausrichtung der amerikanischen Außenpolitik im Ganzen, von dem der Irak-Krieg nur ein Teil ist, freilich ein bezeichnender. Fukuyama argumentiert zugunsten einer Außenpolitik mit gemäßigten Zielen, die man in Europa zu einer anderen Zeit, etwa im größeren Teil des 19. Jahrhunderts als „konservativ“ hätte bezeichnen können. Für Europäer stellt sich bei der Lektüre des Buches die Frage, worin sich eine „neokonservative“ Außenpolitik von einer „konservativen“ unterscheidet. Dabei ließe sich eine „konservative“ Politik vielleicht so charakterisieren: eine defensive Grundstellung, in der man sich daran hält, nichts zu übertreiben und die eigenen Ziele nicht ohne Rücksicht auf das oberste Interesse jeder Nation, auch der eigenen an der Aufrechterhaltung erträglicher Verhältnisse zu verfolgen und keinem wichtigen Partner Unzumutbares zuzumuten. Machtpolitik gewiß – aber in Grenzen und im Bewußtsein, Teil eines Mobile zu sein. Fukuyama wünscht sich für die Großmacht Amerika einen „realistischen Wilsonianismus“ – was erklärungsbedürftig ist, wenn man im Zweifel ist, wie es sich damit eigentlich bei Woodrow Wilson verhalten hatte. Er meint eine Außen- und Sicherheitspolitik, die Macht einzusetzen weiß, ohne zu vergessen, daß ihr Einsatz gerechtfertigt werden muß, um gebilligt werden zu können. Es liegt auf der Hand, daß die Effizienz einer solchen Politik durch Legitimität gesteigert oder durch den Mangel daran auch gemindert wird. Auf dem Balkan handelten die Vereinigten Staaten mit einem Mandat des atlantischen Bündnisses, in Afghanistan mit Billigung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. Das erleichterte die Interventionen. Vor dem Irak-Krieg verzichtete die Regierung Bush hingegen auf solche mühselige politische Absicherung. Fukuyama will militärische Intervention, auch den Präventivkrieg samt dem Ziel eines Regimewechsels nicht kategorisch verboten wissen. Aber sie könnten doch nur als äußerste Mittel in Frage kommen, und dies auch nur dann, wenn die Bedrohung ernst und imminent, die Information gründlich studiert, die militärischen Mittel mit Sicherheit groß genug für durchschlagenden militärischen Erfolg sind und dieser dann auch zusammen mit der Planung für die Zeit nach dem Sieg zum politischen Erfolg führt. Zwar liege die Verbreitung der Demokratie im Zuge der Moderne, und nur so möge man seine These vom „Ende der Geschichte“ verstehen. Aber er habe damit keine Nah-erwartung verbunden oder dazu aufgerufen, die Ausbreitung der Demokratie interventionistisch zu beschleunigen. Doch gegenüber einem schurkischen Regime könne das Gebot der Nichteinmischung und der Achtung der Souveränität eines anderen Staates nicht gelten. Er ist sich darüber im klaren, daß der Demokratie ein revolutionärer Verbreitungsdrang mit umstürzenden Effekten innewohnt. Die Idee der Menschenrechte bringt zunächst ein unruhiges, sogar aggressives Element in eine aus freiheitlich regierten und unterdrückten Völkern gemischte Staatengemeinschaft. Am Ende aber bringt sie Stabilisierung auf einer sichereren Grundlage als die Diktatur einer regierenden Kaste. Fukuyama teilt also mit den amerikanischen „Neokonservativen“ und der Regierung Bush die Einsicht, daß die innere Verfassung eines Landes einen bestimmenden Einfluß auf sein außenpolitisches Verhalten ausübt und diktatorische Binnenverhältnisse sich auch als außenpolitische Gefahr für andere erweisen kann. Die Achtung der staatlichen Souveränität eines tyrannisch regierten anderen Landes mag zwar „realistisch“ geboten sein (etwa wenn es an Mitteln fehlt, ein solches Regime zu beseitigen), aber Nichtstun im Angesicht schwerer Menschenrechtsverletzungen ist, sofern man sie beenden könnte, für demokratisch regierte Länder unerträglich. In dieser Weise erörtert der Verfasser an Beispielen der jüngsten Geschichte die spannungsvollen Verhältnisse zwischen Effizienz und Legitimität, Souveränität und Einmischung, hegemonialem Potential und der Mühsal der Beratung mit Verbündeten, den Risiken selbst wohlgemeinter hegemonialer Alleingänge, den Effekten der „hard power“ Amerikas im Vergleich mit denen von „soft power“, um wünschenswerte Veränderungen in anderen Ländern in Gang zu setzen und in Gang zu halten. Am lebhaftesten werden diese Erörterungen da, wo er sich mit den „Neokonservativen“ im Umkreis der Zeitschriften Commentary und Public Interest auseinandersetzt, namentlich mit Paul Wolfowitz, William Kristol und Charles Krauthammer sowie Präsident Bushs Außenpolitik nach dem 11. September 2001. Interessanterweise schont er dabei Condoleezza Rice. Er wendet sich besonders gegen den amerikanischen „Exzeptionalismus“, also die Annahme, Amerika habe einen Auftrag, die Demokratie in aller Welt zu verbreiten, und um dieses Zieles willen brauche und solle es sich dabei von niemandem behindern zu lassen, schon gar nicht von einer Mehrheit undemokratischer und korrupter Regierungen in der Uno. Fukuyama hat kaum eine bessere Meinung von dieser Mehrheit. Vor allem aber, argumentiert er, sei von der Uno in den wichtigsten Fragen der internationalen Sicherheit nichts Verläßliches zu erwarten. „Die Existenz der Vereinten Nationen ist in gewisser Weise ein grandioses Ablenkungsmanöver, das Angehörige der Linken wie der Rechten daran hindert, sich klare Gedanken über eine Global Governance (internationale Ordnungspolitik) zu machen.“ Die Linke wegen ihrer Träumereien von einer ganz anderen Welt, die Rechte, weil sie die großen Schwächen der Uno leicht als Versagen darstellen und zur Diskreditierung jeglicher multilateraler Selbstorganisation von Staaten mißbrauchen kann. Dennoch macht es hinsichtlich der politischen Kosten keinen verachtenswerten Unterschied, ob ein Fall von nötiger Gewaltanwendung gegen einen oder in einen anderen Staat mit oder ohne Billigung des Sicherheitsrates zu legitimieren ist. Er räumt ein, daß die „Neokonservativen“ im Kalten Krieg schärfer als jede andere Sektion der außenpolitischen Klasse Amerikas die Tiefe des Gegensatzes zwischen westlicher Demokratie und sowjetischer Diktatur begriffen hätten – schärfer zum Beispiel als „Realisten“ wie Henry Kissinger, der ungerührt mit Peking und Moskau über Praktisches verhandelte, oder als die „liberalen Internationalisten“ vom Schlage Jimmy Carters (wie auch mancher Europäer), die meinten, Machtpolitik durch internationale Institutionen wie die Uno und die Normen des Völkerrechts ersetzen zu sollen. Ebensowenig hält Fukuyama auch von der entgegengesetzten Position, die er „Jacksonianer“ nennt (Andrew Jackson, siebter US-Präsident von 1829 bis 1837), jener Amerikaner, die jeglichen multilateralen Institutionen vom Grunde ihrer Seele mißtrauen. Nach dem 11. September, in der Entstehungszeit der Irak-Intervention, hätten Neokonservative und Jacksonianer in der Republikanischen Partei „Realisten“ wie Brent Scowcroft und James Baker überspielt, doch der Verlauf des Irak-Krieges habe sie jetzt in Bedrängnis gebracht. Den Zusammenbruch der Sowjet-union und die damit verbundenen Regimewechsel in ganz Osteuropa ohne Blutvergießen nennt Fukuyama einen Glücksfall der Geschichte, sogar ein Wunder. Aus Wundern könne man, meint er spitz, zwei Schlüsse ziehen. Den einen, daß ein Wunder eben ein Wunder und damit nicht wiederholbar sei, und den anderen, daß was einmal gelungen sei, abermals versucht werden solle. Aus der Erfahrung, den Kalten Krieg besser als andere verstanden zu haben, hätten die jüngeren, jetzt tonangebenden Neokonservativen falsche Folgerungen gezogen. Denn selbst bankrotte Diktaturen, wendet er ein, könnten sich mit internen Machtmitteln manchmal noch sehr lange erhalten. Der Eifer, die Auseinandersetzung mit dem Terrorismus und dem militanten Islamismus als einen „Krieg“ darzustellen, und dies nicht nur metaphorisch, hält er für eine schweren Fehler, weil Amerika mit solcher Sprache die ganze islamische Welt gegen sich aufbringe. Ein anderer Fehler habe darin bestanden, diese beiden verschiedenen Gefahren mit einer dritten und vierten zu vermengen, der Proliferation von Massenvernichtungswaffen in der Hand von „Schurkenstaaten“ und dereinst (bisher jedenfalls nicht) von Terrorgruppen. Das seien alles im Ansatz verfehlte Übertreibungen mit fatalen Folgen für den Umgang mit den Wirklichkeiten. Die Regierung Bush habe einen hohen politischen Preis für ihre Politik nach dem 11. September gezahlt. Sie habe den Antiamerikanismus in der Welt angefeuert. „Der Präventivkrieg darf nicht das Kernstück der amerikanischen Politik werden.“ Fukuyama ist besorgt, daß ein Scheitern Amerikas im Irak zur Diskreditierung der gesamten neokonservativen Positionen führen werde, zur entsprechenden Wiederherstellung des Ansehens der „Realisten“ und möglicherweise auch des Isolationismus. Doch Amerika sei zu groß, zu wohlhabend und zu einflußreich, um sich zurückziehen zu können. Er plädiert für einen „nüchternen liberalen Internationalismus“, der nicht die Überwindung von Souveränität und Machtpolitik anstrebe, sondern deren Reglementierung durch institutionelle Einschränkungen. Für Amerika müsse das heißen: eine weitreichende „Entmilitarisierung“ der Außenpolitik zugunsten anderer politischer Mittel, jedoch Präventivkriege und Regimewechsel als extreme Optionen in Reserve zu halten. Die Regierung Bush und ihre neokonservativen Anhänger hätten nicht sehen wollen oder können, daß man weitaus vorsichtiger mit amerikanischer Macht umgehen müsse. Er meint, man solle wie Bismarck nach 1871 das eigene Übergewicht wahrnehmen und deshalb um so zurückhaltender einsetzen, um eingeschüchterte oder mißgünstige Nachbarn über die eigenen Absichten zu beruhigen. Legitimität beruhe letzten Endes auf Zustimmung, und die sei ihrerseits Nebenprodukt eines langwierigen Prozesses der Diplomatie und der Überzeugungsarbeit. Zu diesen „realen“ internationalen Institutionen zählt Fukuyama auch die Nato. Aber geht leider nicht näher darauf ein, wie überhaupt das europäisch-amerikanische Verhältnis kaum erörtert wird. In den Konsultationsverfahren der Nato könnte Amerika am ehesten und beständigsten die Unterstützung bewährter, befreundeter Demokratien finden, wenn Washington einen wachsenden Bedarf an Unterstützung und Legitimation empfände. Freilich gehört dazu auch die Einsicht in bestimmten europäischen Hauptstädten, daß mit Euro-Gaullismus überhaupt nichts in der Welt zu bewirken ist, noch weniger als mit amerikanischen Alleingängen. Man braucht Fukuyama nicht in allen Details seiner Darlegung zu folgen, um zu bemerken, daß er ein herausforderndes, interessantes und kluges Buch zur amerikanischen Außenpolitik geschrieben hat, nicht nur für amerikanische Augen, sondern auch für europäische, und daß das meiste, was er beobachtet, Zustimmung verdient. Prof. Dr. Günther Gillessen war außenpolitischer Redakteur für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und lehrte an der Universität Mainz. Foto: Dreißig Zentimeter große Spielzeugpuppe nach dem Vorbild George W. Bushs: „Soft Power“ statt „Hard Power“ Francis Fukuyama: Scheitert Amerika? Supermacht am Scheideweg. Propyläen Verlag, Berlin 2006, gebunden, 220 Seiten, 20 Euro | JF-Online | Der Untertitel sagt treffender als der Haupttitel, wovon dieses - um es gleich herauszusagen - anregende Buch handelt: von grundsätzlichen Fragen an die | Kultur | 2006-05-26T00:00:00+02:00 | 2006-05-26T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2006/george-bush-muss-von-bismarck-lernen/ |
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Eskalierende Gewalt an den Schulen: Endlich Lehren ziehen! | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Josef Kraus | Der Schulalltag gilt für viele Kinder ohnehin als hart. Seit einigen Jahren bringen ausländischstämmige Heranwachsende zusätzliche Probleme mit sich – nicht zuletzt, weil sie besonders häufig als Gewalttäter auffallen. Ein Kommentar von Josef Kraus. | Gewalt,Schulen,Migranten | Kommentar | 2024-04-01T16:30:45+02:00 | 2024-04-01T20:49:30+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2024/eskalierende-gewalt-an-den-schulen-endlich-lehren-ziehen/ |
Angestaubte Lockpfeifen | Personell wie stimmenfängertaktisch möchten sich die Sozialdemokraten 2009 dem Publikum als aufgehübschte Truppe darbieten. Doch die scheinbar locker vorgeführte Unternehmungslust, gequält garniert mit einer Prise Barack Obama, kann den tiefen Zwiespalt nicht verdecken: hier, in ungewohnt angestrengter Pose, der „neu“ zurechtgeputzte Kanzleramtsbewerber Frank-Walter Steinmeier – dort, um nicht zu sagen: ihm gegenüber, das SPD-Wahl-„Programm“ mit den angestaubten Lockwerkzeugen aus der offenbar ewig jungen alt-sozialistischen Mottenkiste. Heftig wird wieder einmal die vermeintliche Allzweckfahne „Soziale Gerechtigkeit“ geschwungen. Doch wer weiß schon noch, daß dieses Schlagwort dereinst in fernen Klassenkampfzeiten erfunden wurde? Im übrigen: „soziale“ Gerechtigkeit? Gerechtigkeit ist doch schon als solche sozial – was denn sonst? Wenig tröstlich, daß längst auch die bürgerliche Konkurrenz zeitgeistmunter damit hausieren geht. In seinem Innern, kein Zweifel, ist Frank-Walter Steinmeier ein „Schröderianer“ geblieben. Wladimir Putins Freund und Gasmann Gerhard Schröder hat sich anerboten, seinem Ex-Kanzleramtsminister Wahlkampf-Schützenhilfe zu geben: Ironie und Pikanterie nicht nur der SPD-Geschichte. | JF-Online | Personell wie stimmenfängertaktisch möchten sich die Sozialdemokraten 2009 dem Publikum als aufgehübschte Truppe darbieten. Doch die scheinbar locker | Debatte | 2009-04-24T00:00:00+02:00 | 2009-04-24T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/2009/angestaubte-lockpfeifen/ |
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Drift Phonk: Der Sound des Krieges | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Ferdinand Vogel | Eine spezifisch osteuropäische Sparte der elektronischen Musik macht sich derzeit im Netz breit. Sie unterlegt Videos des Ukraine-Konflikts ebenso wie Fitness-Playlists. Und sie zelebriert archaische Männlichkeit. | Drift Phonk | Medien | 2023-07-29T16:30:20+02:00 | 2023-07-29T16:39:33+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/medien/2023/drift-phonk/ |
„Vielleicht auch mal Höchststrafe“ – Bundestagspräsidentin Bas reagiert auf Sylt-Video | BERLIN. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hat eine konsequente Bestrafung der „Ausländer raus“-Rufer von Sylt gefordert. „Vielleicht auch mal mit der Höchststrafe“, merkte Bas am Rande der Feierlichkeiten zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes an. Eine Höchststrafe nach § 86a StGB – also dem Verwenden verfassungswidriger Kennzeichen – bedeute drei Jahre Haft. Sollten sie der Volksverhetzung schuldig gesprochen werden, würden bis zu fünf Jahre Haft drohen. Ein Video von feiernden jungen Menschen auf der Nordsee-Insel sorgt seit Tagen für Aufsehen. Es zeigt eine feiernde Gruppe vor der „Pony“-Bar, die auf die Melodie des Party-Songs „L’amour toujours“ von Gigi D’Agostino „Ausländer raus, Deutschland den Deutschen“ skandiert. In dem nur wenige Sekunden langen Clip ist auch ein junger Mann zu sehen, der mit dem rechten Arm herumwedelt und mit seinen Fingern auf der Oberlippe möglicherweise einen Hitler-Bart andeutet. „Der Vorteil ist, es gibt dieses Video und man kann bestimmte Personen auch identifizieren“, sagte Bas. Sie fordert, daß „man solche Dinge, verfassungsfeindliche Parolen auch bestraft“. Dafür gäbe das Strafrecht bereits einiges her. „Ich hoffe, die bekommen eine anständige Strafe“, schob die SPD-Politikerin hinterher. Bärbel Bas, Bundestagspräsidentin (SPD) zum Thema „Höchststrafen“ bezüglich des #Sylt Videos. No comment. pic.twitter.com/0Q3yky876G — Ziggy Stardust (@ZiggyStard21st) May 25, 2024 Inzwischen nahm das Fachkommissariat für Staatsschutz der Polizei die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Volksverhetzung und des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen auf. Auch haben die Betreiber der „Pony“-Bar Strafanzeige gegen die Personen im Video gestellt. Zudem sollen sie ein lebenslanges Hausverbot in dem Lokal und in anderen Etablissements auf der Insel erhalten. Das Video ist nicht das erste dieser Art. Seit Monaten tauchen immer wieder Clips in den sozialen Medien auf, in denen Menschen dieselben Parolen mit derselben Melodie singen. (sv) | JF-Online | Über die „Ausländer Raus“-Rufer von Sylt empört sich weiterhin die deutsche Politiklandschaft. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas fordert nun mehrjährige Haftstrafen. Die SPD-Politikerin freut sich, daß die Beteiligten identifizierbar sind. | Sylt | Deutschland | 2024-05-27T10:16:45+02:00 | 2024-05-27T10:16:45+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2024/auch-mal-hoechststrafe-bundestagspraesidentin-bas-reagiert-auf-sylt-video/ |
Nicht völlig ahnungslos | Die Mär von der unbedarften US-Regierung, die durch die Anschläge vom 11. September 2001 völlig überrascht worden sein soll, klang schon immer wenig glaubwürdig. Wer sich mit den Umständen dieses bisher beispiellosen Terroraktes beschäftigt, stößt schnell auf eine Reihe von ungelösten Fragen, auf die sich schwerlich ein Reim machen läßt. Diese offenen Fragen bieten Stoff für mancherlei Verschwörungstheorien, die eine kritische Würdigung der Ereignisse eher erschweren als erleichtern. Den Apologeten der offiziellen Version fällt es in der Regel nicht schwer, derartige Theorien als unseriös abzukanzeln. Dessenungeachtet bleiben Zweifel an der offiziellen Darstellung, die auch in der JF immer wieder angesprochen worden sind. Seit letzter Woche versucht nun das Hamburger Magazin Stern in einer mehrteiligen Fortsetzungsserie, die auch als Buch erscheinen wird, nachzuweisen, daß deutsche und US-Geheimdienste die WTC-Terrorakte hätten verhindern können, wenn sie nur gewollt hätten. Die Autoren dieser Serie, Dirk Laabs und Oliver Schröm, wollen sich laut eigener Auskunft durch über 40.000 Seiten Unterlagen und „teils geheime Dokumente“ gelesen haben. Ihre Behauptungen lauten: Deutsche Verfassungsschützer sollen bereits frühzeitig die späteren Todespiloten und auch deren Helfer immer wieder im Visier gehabt haben. Deutsche Ermittler sollen des weiteren schon 1998 die führenden Köpfe der „Hamburger Zelle“ identifiziert haben. Auch die US-Ermittler sollen die Terrorpläne gekannt haben und darüber informiert worden sein, daß der Einsatz von Passagierflugzeugen als Waffen geplant war. Die Ermittler hätten, so die Stern-Autoren, alle Puzzleteile des geplanten Terroraktes vor sich gehabt, hätten sie aber nicht zu einem Bild zusammengefügt. Mißtrauen, mangelnde Kooperation und haarsträubende Ignoranz hätten dazu geführt, daß die Terrorpiloten ihre Absichten umsetzen konnten. Die Stern-Recherchen weisen verblüffende Parallelen zu den Recherchen von Nafeez M. Ahmed auf, der in seinem Buch „Geheimsache 09/11. Hintergründe über den 11. September und die Logik amerikanischer Machtpolitik“ (wird in der JF demnächst ausführlich besprochen), zu ähnlichen Ergebnissen kommt. Ahmed geht allerdings einen Schritt weiter. Der Leiter des britischen Institute for Policy Research & Development (IPRD) hält die These, daß die Geheimdienste schlampig gearbeitet haben sollen, für wenig plausibel. Statt dessen stellt der in London geborene Ahmed die Behauptung auf, daß die Attentate vom 11. September von der US-Regierung billigend in Kauf genommen worden sein sollen, um geopolitische Machtinteressen durchzusetzen. Trotz mehrfacher Warnungen verschiedenster Stellen, so die Hauptthese von Ahmed, habe die US-Regierung die Attentate nicht verhindert, um Bushs „New World Order“-Bestrebungen bequemer durchsetzen zu können. Für Ahmed spricht dessen nüchterne Argumentation. Der Strom der Fakten ist auf den ersten Blick in der Tat beeindruckend. Und noch etwas spricht für Ahmed. Er zitiert nur seriöse Quellen wie die Washington Post, New York Times oder The New Yorker. Vorsicht gegenüber derartigen „Beweisführungen“, wie sie jetzt im Stern oder bei Ahmed zu finden sind, ist dennoch angebracht: Gesetzt den Fall, die US-Regierung und die Geheimdienste wären tatsächlich hinreichend im Vorfeld der Anschläge im Bilde gewesen. Wie glaubwürdig ist es, daß die vielen Mitwisser, die in die Ermittlungen und Recherchen über die Terroristen verwickelt gewesen waren, ihr Wissen für sich behalten? Eine Regierung, die sich der Gefahr aussetzt, bei einem derart brisanten Fall von einem Geheimdienst-Mitarbeiter denunziert werden zu können, kann nur als dilettantisch bezeichnet werden. Nun werden Kritiker dieser These den Fall „Pearl Harbor“ ins Feld führen. Ist es nicht auch damals gelungen, die wahren Ursachen des japanischen Angriffs von 1941 über lange Zeit hinweg zu kaschieren? Dieser Einwand ist zutreffend, übersieht aber, daß wir heute in einer Mediengesellschaft leben, in der sich bestimmte Vorgänge nicht mehr so kanalisieren lassen, wie es damals der Fall gewesen sein mag. Dies zeigt die aktuelle Diskussion über die Gründe des Irak-Kriegs. Es gibt aber noch ein anderes Argument. Die US-Regierung muß, um ihre tatsächlichen oder vermeintlichen geopolitischen Pläne besser durchsetzen zu können, keineswegs im Vorfeld über die Anschläge informiert gewesen sein. Es ist durchaus möglich, daß sie bestimmte Optionen, die ihren Zielen entgegenkamen, erst im nachhinein erkannt hat. Dies gilt etwa im Hinblick auf den Irak. Die jetzt in aller Härte diskutierte Vorgeschichte dieses Krieges dokumentiert, in welche Erklärungsnöte eine Regierung heute kommt, die mit offensichtlichen Unwahrheiten operiert. Diese Unwahrheiten werden über kurz oder lang Thema einer öffentlichen Debatte. Es mag im Zusammenhang mit dem 11. September 2001 eine Reihe von Ungereimtheiten geben. Seriöserweise wird man aber zugestehen müssen, daß es dafür mehrere Auslegungsmöglichkeiten gibt. Hier ist denn auch die Grenze verschwörungstheoretischer Sichtweisen, die Wissen dort vorgaukeln, wo sie spekulieren. | JF-Online | Die Mär von der unbedarften US-Regierung, die durch die Anschläge vom 11. September 2001 völlig überrascht worden sein soll, klang schon immer wenig | Debatte | 2003-08-22T00:00:00+02:00 | 2003-08-22T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/2003/nicht-voellig-ahnungslos/ |
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Buchhändler boykottieren neuen Pirinçci | BERLIN. Zahlreiche Großbuchhändler weigern sich, das neue Buch „Die große Verschwulung“ von Akif Pirinçci zu vertreiben. Wie Pirinçcis Verlag Manuscriptum mitteilte, hätten die Großhändler KNV, Libri, Thalia und Umbreit bereits am Mittwoch Pirinçcis neuestes Werk aus dem Programm genommen. Auch Amazon schloß sich nun dem Boykott an. Doch damit nicht genug: Am Freitag waren keine Werke Pirinçcis mehr auf deutsch bei Amazon erhältlich. Weder sein Bestseller „Deutschland von Sinnen“ aus dem vergangenen Jahr noch Pirinçcis Katzenkrimis, mit denen der Autor weit über Deutschland hinaus bekannt geworden worden war. Eine Anfrage der JUNGEN FREIHEIT, was Amazon zu diesem Schritt bewegt habe, ließ der Konzern bislang unbeantwortet. „Beim totalen Boykott wollen alle mitmachen“ Der Verlagsleiter von Manuscriptum, Andreas Lombard, kritisierte, durch den Boykott der Buchhändler sei der Weg zum Käufer fast vollständig abgeschnitten. „Der Inhalt des Buches hat bei diesen Bestrafungsmaßnahmen keine Rolle gespielt, man kennt ihn schließlich nicht. Beim totalen Boykott aber wollen freilich alle mitmachen.“ Man selbst werde aber nicht über das Stöckchen springen, das einem hingehalten werde. „Deswegen werden wir alle Bücher Akif Pirinçcis im Programm behalten und selbstverständlich ausliefern“, betonte Lombard. Hintergrund ist Pirinçcis Auftritt bei Pegida in Dresden am vergangenen Montag. Ein aus dem Zusammenhang gerissenes Zitat hatte für heftige Empörung gesorgt. In seiner Ansprache auf der Kundgebung hatte der Autor auf eine Rede des Präsidenten des Regierungsbezirks Kassel, Walter Lübcke (CDU), angespielt. Dieser hatte Asylkritikern nahegelegt, Deutschland zu verlassen. Buchhandlung will Pirinçcis Bücher vernichten Pirinçci kommentierte dies mit den Worten: „Offenkundig scheint man bei der Macht die Angst und den Respekt vor dem eigenen Volk so restlos abgelegt zu haben, daß man ihm schulterzuckend die Ausreise empfehlen kann, wenn es gefälligst nicht pariert. Es gäbe natürlich andere Alternativen. Aber die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb.“ Zahlreiche Medien verkürzten die Aussage und behaupteten, Pirinçci habe sich die KZs für Flüchtlinge und Politiker zurückgewünscht. Unterdessen hat eine Buchhandlung im nordrhein-westfälischen Hamm angekündigt, am Wochenende Bücher von Pirinçci vernichten zu wollen. Der Inhaber des Atrium-Buchpalastes Friedhelm Nonte möchte laut dem Westfälischen Anzeiger während des verkaufsoffenen Sonntags „ein Zeichen“ setzen. „Zwischen 13 und 17 Uhr werde Nonte seinen Bestand von Akif Pirinçci in seinem Antiquariat öffentlich schreddern. „Bürger, die sich an dieser Aktion beteiligen möchten, lädt er ein, mit Büchern ins Ladenlokal zu kommen“, heißt es in dem Bericht. (krk) | JF-Online | Zahlreiche Großbuchhändler weigern sich, das neue Buch „Die große Verschwulung“ von Akif Pirinçci zu vertreiben. Auch der Internet-Riese Amazon hat sich dem Boykott angeschlossen. Unterdessen kündigt eine Buchhandlung in Nordrhein-Westfalen an, öffentlich Werke Pirinçcis zu vernichten. Bürger, die ihre Bücher des Autors ebenfalls schreddern lassen wollten, seien herzlich eingeladen. | Kultur | 2015-10-23T14:21:26+02:00 | 2015-10-24T09:03:20+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2015/buchhaendler-boykottieren-neuen-pirincci/ |
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Trumps Tabubruch | US-Präsident Donald Trump hat ein Tabu gebrochen. Nein, nicht was Amerikas linke Leitmedien und ihre stets noch um ein paar Umdrehungen schrilleren deutschen Abkupferer meinen, wenn sie ihm nach dem Tod einer linken Demonstrantin in Charlottesville so verbissen wie faktenfrei mangelnde Distanzierung von „rassistischer Gewalt“ vorwerfen. Für linksliberale Stromlinienmedien ist es bereits eine Provokation, extremistische Gewalt von links und von rechts in gleicher Weise zu verurteilen. Daß er diese Position in seiner gestrigen Pressekonferenz auch noch bekräftigt und den Anteil gewalttätiger Linker an der Eskalation in Charlottesville abermals beim Namen genannt hat, treibt Gesinnungsjournalisten zur Weißglut. Straßenterror der „Antifa“ Trumps Weigerung, zwischen „guter“ linker und „böser“ rechter Gewalt zu unterscheiden, ist ein Anschlag auf ihre angemaßte Diskurshoheit. Um so mehr, als er der extremistischen, gewaltbereiten Linken ein griffiges Etikett verpaßt hat: „#AltLeft“, ein direktes Echo auf den von linker Seite lancierten Popanz „AltRight“ – „Alternative Rechte“ –, unter dem Freiheitliche, Konservative, Rechtsintellektuelle und Trump-Anhänger munter mit ausgemachten Neonazis und Extremisten in einen Topf gerührt werden. Amerika hat ein Problem mit linker Gewalt. Mit dem Straßenterror der marxistischen „Antifa“ gegen Andersdenkende, mit dem offen gegen Weiße gerichteten Rassismus von Bewegungen wie „Black Lives Matter“. Wer sich gegen sie stellt, ist „Nazi“ und „Rassist“ und vogelfrei. Die Exzesse, die sie damit rechtfertigen, werden nicht selten von denselben Kräften bemäntelt und gedeckt, die sofort aufheulen, wenn Gewalt von der anderen Seite nicht reflexhaft und ausschließlich verurteilt wird. Das ist die Logik des Bürgerkriegs. Der wird von links ganz real geprobt. Der linke Mob, der „wegen Charlottesville“ in North Carolina ein Denkmal zu Ehren eines Konföderierten-Soldaten verwüstete, ist dafür ein Menetekel. Die Fronten des anderthalb Jahrhunderte zurückliegenden Bürgerkriegs, der auf die Propaganda der siegreichen Seite vom Kampf gegen die Sklaverei reduziert wird, werden wieder aufgerissen. Auch in Charlottesville ging es zunächst um eine genehmigte Demonstration gegen den Abriß eines Lee-Denkmals, die die radikale Linke nicht ertragen konnte. Gesinnungsfalle Ebensowenig wie sie einen Präsidenten ertragen kann, der auf beiden Seiten zwischen anständigen Leuten und inakzeptablen Gewalttätern und Terroristen differenzieren will. Trump hat die Doppelmoral sarkastisch auf den Punkt gebracht: Sollen dann demnächst auch Denkmäler von Washington und Jefferson gestürzt werden, die ja ebenfalls „Sklavenhalter“ waren? Aber nein, das waren ja die Guten, tappt selbst die eher seriöse NZZ in die Gesinnungsfalle. Der Präsident habe „keinen Moralkompaß“, weil er nicht, wie sein Vorgänger, vorbehaltlos eine Partei ergreife. Trumps Tabubruch hat das Messen mit zweierlei Maßstäben, das das politische Klima vergiftet, mitleidslos angesprochen und der selbstgerechten linken Gewalt mit „#AltLeft“ einen Namen gegeben, bei dem sie künftig genannt werden kann. Das wird ihm das linke Medien-Establishment so schnell nicht verzeihen. | Michael Paulwitz | US-Präsident Donald Trump hat ein Tabu gebrochen. Nein, nicht was Amerikas linke Leitmedien und ihre stets noch um ein paar Umdrehungen schrilleren deutschen Abkupferer meinen, wenn sie ihm faktenfrei mangelnde Distanzierung von „rassistischer Gewalt“ vorwerfen. Das Medien-Establishment heult auf, weil Trumpf sich weigert, zwischen „guter“ linker und „böser“ rechter Gewalt zu unterscheiden. | Kommentar | 2017-08-16T13:17:38+02:00 | 2017-08-16T16:19:58+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2017/trumps-tabubruch/ |
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Weder Moll noch Dur | New Orleans, das war einmal neben Memphis im Bun desstaat Tennessee die US-amerikanische Musikstadt schlechthin. Mit der Überflutung der Südstaatenmetropole dürfte vorerst auch ihre Musikkultur der Vergangenheit angehören. Die Naturkatastrophe hat also nicht nur unüberblickbare materielle Schäden verursacht, sie hat nicht nur unzählige Menschen das Leben gekostet, sondern sie hat auch einen kulturellen Flurschaden hinterlassen. Wenn hier von Musikkultur die Rede ist, dann insbesondere vom Jazz und vom Blues, den bis heute einzig eigenständigen Hervorbringungen der Vereinigten Staaten in der Musikgeschichte. Nicht zuletzt deshalb wird der Jazz auch als „Stimme Amerikas“ bezeichnet. In der Jazzforschung herrscht Einigkeit darüber, daß seine Wiege die 1718 von den Franzosen im Mississippi-Delta gegründete Stadt New Orleans („Nouvelle Orleans“) ist. Hier wurde die erste homogene Stilart des Jazz entwickelt, nämlich der „New Orleans Stil“, dessen wichtigster Exponent der 1877 ebendort geborene Musiker Charles („Buddy“) Bolden gewesen sein dürfte. Auch wenn es immer wieder Versuche gab, diese herausragende Stellung in Zweifel zu ziehen oder als „Legende“ zu entlarven: Es darf als gesichert gelten, daß der „Melting Pot“ New Orleans und seine vielfältigen Lebensformen ideale Voraussetzungen für einen neuen Musikstil schufen, der heute als „Jazz“ bezeichnet wird. Dieser Stil kann, so merkte Gert Raithel in seinem Werk über die „Geschichte der nordamerikanischen Kultur“ an, als „Amalgam aus afrikanischen Musikelementen, aus afroamerikanischen Volksliedern, aus Spirituals und Volksliedern, aus Minstrelsongs mit irischen und schottischen Melodien, aus Blues und Ragtime“ beschrieben werden. Die wichtigste Quelle des Jazz ist neben dem Ragtime der zwölftaktige Blues. Hinzu treten als tonale Besonderheit die sogenannten Blue Notes, eine genuine Hervorbringung der Musik der Schwarzen. Sie können, so Raithel, „als Ersatz für fünfteilige Tonleitern ohne Halbtonschritte“ angesehen werden. Sie bewirken, daß der Originalblues weder Moll noch Dur zugeordnet wird, sondern einer eigenen Tonart. In den Schmelztiegel New Orleans strömten von See her anfänglich, so Martin Kinzler in seinem „Jazz-Lexikon“, neben deutschen und irischen Zuwanderern freigelassene Sklaven und Kreolen. Die Bezeichnung „Kreole“ hat im Jazz im übrigen eine andere als die sonst übliche Bedeutung. In der Regel bedeuten „Kreolen“ (von span. criollo: eingeboren) in Latein- oder Nordamerika geborene weiße oder farbige Nachfahren romanischer Einwanderer. Im Jazz meint „Kreole“ nach Kinzler freilich „eine an der Entstehung dieser Musikrichtung beteiligte Bevölkerungsgruppe des Südens, vor allem New Orleans'“. Diese créoles, in Abgrenzung zu den Weißen auch als créoles du couleur bezeichnet, waren oft Nachfahren französischer oder spanischer Handelsherren und ihrer schwarzen Geliebten. So berichtet der Jazzforscher Alfons Dauer: „Viele reiche Pflanzer und Geschäftsleute wie auch Aristokraten hatten Sklavinnen als Konkubinen, deren Nachkommen sie wie ihre eigenen Kinder hielten, sie erzogen, auf die sie ihr Vermögen vererbten und so zu einer neuen, bedeutsamen Bevölkerungsschicht beitrugen.“ Diese Kreolen hatten zwar bürgerliche Rechte, standen aber in ihrem Ansehen zwischen Schwarzen und Weißen. Mit der Aufhebung der Sklaverei im Jahre 1865 verloren sie nach Kinzler ihre „sozialen Vorteile“, wurden nun doch auch sie von der Rassentrennung und den Vorbehalten gegenüber „Farbigen“ erfaßt. Viele kulturell sehr rührige Kreolen, die vorher Musik eher als Hobby betrieben, gingen in der Folge dazu über, professionell Musik zu machen. Durch ihre zum Teil hervorragende Ausbildung hatten sie deutliche Vorteile gegenüber schwarzen Amateurmusikern. Dennoch mußten sie sich diesen anpassen, denn, so erklärte der kreolische Geiger Paul Dominguez: „Wir Leute aus Downtown hielten eigentlich nicht sehr viel von dem rauhen Uptown-Jazz – bis wir nicht mehr wußten, wovon wir leben sollten … Wenn ich überleben wollte, mußte ich ein Rabauke werden wie die anderen. Ich mußte jazzen oder raggen oder sonst etwas Verdammtes machen.“ Die Kreolen arrangierten sich aber sehr schnell mit dem „Jazz“ – der freilich erst später so bezeichnet wurde – und drückten ihm dann ihren Stempel auf. So hatten sie großen Anteil an der Entwicklung des „New Orleans Stils“. Sie brachten vor allem eine filigrane Eleganz in den Jazz ein. Nicht wenige Bands führten deshalb in ihrem Namen das Markenzeichen „creole“. New Orleans, schreibt der US-Soziologe Ben Sidran, sei in den Anfängen des Jazz so etwas wie der „städtische Testfall“ für die Entfaltung der schwarzen Kultur amerikanischer Prägung, für Musik mit Improvisationsanteilen und Bluesausdruck geworden. „Nachdem die Jungs aus New Orleans erst einmal im Lande herumgekommen waren“, erklärte der Bassist Pops Foster, „versuchte man überall im Osten und Westen so zu spielen wie sie.“ Und der Pianist James P. Johnson resümierte mit Blick auf die New Yorker Szene vor dem Ersten Weltkrieg: „Es gab keine Jazzband von der Art, wie sie in New Orleans oder auf den Mississippi-Dampfern anzutreffen waren, sondern überall wurde Ragtime gespielt, in den Bars, in den Varietétheatern und in den Bordellen.“ Der Bedarf an Tanzkapellen und Brassbands – sprich: Jazzbands aus der Anfangsphase des Jazz, der auch als „Archaischer Jazz“ bezeichnet wird – scheint insbesondere um die Wende zum letzten Jahrhundert grenzenlos gewesen zu sein. Die nach der Legalisierung der Prostitution im Jahre 1897 völlig übervölkerte Stadt (260 Bordelle bei zirka 200.000 Einwohnern) überbot sich in Musikparaden, Tanzveranstaltungen, karnevalistischen Veranstaltungen, Kneipen, Kabaretts und vielem anderen mehr. Die Professionialisierung des Jazz, die noch vor dem Ersten Weltkrieg einsetzte, führte in der Folge allerdings zur Abwanderung vieler Talente und namhafter Musiker aus New Orleans in den reichen Norden. Zurück blieb eine Musikszene, die nach Einschätzung Martin Kinzlers als „touristisch geprägt“ bezeichnet werden muß. Mit anderen Worten: New Orleans zehrte bereits seit geraumer Zeit von dem (zuletzt verblassenden) Mythos, der mit dieser Stadt verbunden ist. Eine kreative und innovative Musikszene, wie sie zum Beispiel in New York anzutreffen ist, gab es dort schon lange nicht mehr. Möglicherweise erhält aber der Mythos, der mit dieser Stadt verbunden ist, durch deren Untergang neuen Auftrieb. | JF-Online | New Orleans, das war einmal neben Memphis im Bun desstaat Tennessee die US-amerikanische Musikstadt schlechthin. Mit der Überflutung der Südstaatenmetropole | Kultur | 2005-09-09T00:00:00+02:00 | 2005-09-09T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2005/weder-moll-noch-dur/ |
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Warten auf Dieter Althaus | Gut ein halbes Jahr vor der Landtagswahl in Thüringen wächst bei den bisher alleine regierenden Christdemokraten die Sorge. Zwar gaben die Ärzte am Dienstag bekannt, daß der am Neujahrstag bei einem Skiunfall schwer verletzte Ministerpräsident Dieter Althaus noch vor der Sommerpause in die Politik zurückkehren könne, dennoch bleibt ungewiß, ob er tatsächlich den Belastungen eines Wahlkampfes gewachsen wäre und wie sich das Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung auf seine Wahlchancen am 30. August auswirken könnte. Dabei ist die Ausgangslage für die CDU in Thüringen schwierig genug. Eine Wiederholung des Ergebnisses von 2004 (43 Prozent) gilt derzeit als ausgeschlossen. Selbst Umfragen, die die Staatskanzlei in Auftrag gegeben hat, sehen die Union bei weit unter 40 Prozent. Derzeit, so analysieren Meinungsforscher, profitiere die CDU von einem gewissen Mitleidseffekt, doch dies könne sich ändern, wenn die Partei keinen klaren Kurs fahre. Und danach sieht es derzeit nicht aus. Unisono verkünden die Althaus-Getreuen, die Entscheidung über eine Spitzenkandidatur werde der Ministerpräsident selbst fällen, und alle öffentlichen Bekundungen gehen derzeit davon aus, daß der Regierungschef alsbald die Amtsgeschäfte wieder selbst übernehmen werde. Doch Althaus, der sich zur Zeit in einer Reha-Klinik im Schwarzwald befindet, schweigt und wirft mit diesem Verhalten Fragen auf. Noch immer ist ungeklärt, ob sich die Bewältigung der Tatsache, daß bei dem Zusammenstoß auf der Piste ein Mensch gestorben ist, mit dem Amt eines Ministerpräsidenten vereinbaren läßt. Die Oppositionsparteien im Landtag haben unlängst verkündet, daß sie den Unfall nicht zum Wahlkampfthema machen wollen. Bodo Ramelow, Bundestagsabgeordneter und Spitzenkandidat der Linkspartei, gibt sich staatsmännisch und will die CDU in Sachfragen festnageln. Die thüringischen Postkommunisten, die vor fünf Jahren mehr als 26 Prozent der Stimmen erzielen konnten, dürften erneut zulegen. 30 plus x hat Ramelow als Zielsetzung ausgegeben, sein Problem ist allerdings, daß ihm der Partner fehlt, der ihn zum Regierungschef wählen würde. Die schwache Landes-SPD mit ihrem nicht unumstrittenen Spitzenkandidaten Christoph Matschie dümpelt in Umfragen weiter deutlich unter der 20-Prozent-Marke, Tendenz stark fallend. Matschie gilt nicht unbedingt als Befürworter einer rot-roten Koalition, und das macht die Planspiele für die Genossen schwierig. So ist es auch nicht ausgeschlossen, daß sich die Sozialdemokraten der Union als Juniorpartner andienen werden. Diese hat allerdings ganz andere Pläne. Die bisher außerparlamentarischen Freien Demokraten, so das Kalkül der Union, könnten aufgrund der derzeitigen politischen Stimmungslage wieder in den thüringischen Landtag einziehen und so dem schwächelnden Ministerpräsidenten Dieter Althaus sein Amt retten. Umfragen sehen die Liberalen mit leicht steigender Tendenz ebenso wie die Grünen bei rund fünf Prozent. Die große Unbekannte im bevorstehenden Wahlkampf stellt das Abschneiden der NPD dar. Die Partei, die entgegen ursprünglichen Vereinbarungen des Deutschland-Pakts anstelle der DVU zur Wahl antritt, liegt mit ihrem Spitzenkandidaten Frank Schwerdt derzeit bei vier Prozent. Sollten neben der FDP auch NPD und Grüne im nächsten thüringischen Landtag vertreten sein, bliebe der CDU nur eine Große Koalition mit der SPD. Parteiintern gilt es als ausgeschlossen, daß Dieter Althaus für diesen Fall noch zur Verfügung stünde. Und so wird hinter verschlossenen Türen bereits eifrig an Nachfolgeregelungen gebastelt. Der Finanzministerin und kommissarischen Regierungschefin Birigt Diezel werden entsprechende Ambitionen nachgesagt. Gleiches gilt für die Sozialministerin Christine Lieberknecht. Doch beide Damen schweigen eisern. Unser Spitzenkandidat heißt Dieter Althaus, verkündet eine Pressemitteilung der CDU trotzig. Böse Zunge behaupten, man habe lediglich das Wort noch vergessen. | JF-Online | Gut ein halbes Jahr vor der Landtagswahl in Thüringen wächst bei den bisher alleine regierenden Christdemokraten die Sorge. Zwar gaben die Ärzte am Dienstag | Politik | 2009-02-20T00:00:00+01:00 | 2009-02-20T00:00:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/2009/warten-auf-dieter-althaus/ |
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Die Pilgerburg schließt ihre Tore | Wer die Entwicklung der altehrwürdigen Zeitschrift Castrum Peregrini in den letzten Jahren verfolgt hat, wird sich über ihr plötzliches Ende nicht wundern: Allzu deutlich hing der Verwesungsgeruch schon in der Luft. Schade ist es allemal um diesen 1951 in Amsterdam gepflanzten Lorbeerbusch im Kraut-und-Rüben-Garten der Gegenwartsliteratur, denn, wie Thomas Karlauf unlängst in der FAZ festgestellt hat, „eine solche Zeitschrift wird es nicht wieder geben“. Dies hängt nicht nur mit ihrem konservativ-elitären, von Stefan George inspirierten Geist zusammen, sondern mehr noch mit der Vorgeschichte ihrer Gründung durch einen Kreis junger deutscher, teils jüdischer Exilanten um den Dichter und Journalisten Wolfgang Frommel (1902–1986), die von der Malerin Gisèle van Waterschoot van der Gracht (geb. 1912) versteckt gehalten wurden und die tägliche Angst vor der Entdeckung durch die gemeinschaftlich vollzogene – geradezu kultisch-religiöse – Vertiefung in die Lyrik insbesondere Georges überwanden. Um diesen spezifischen Geist nach 1945 am Leben zu erhalten sowie um den mittlerweile verstorbenen Mitgliedern der Runde ein Denkmal zu setzen, gründete Frommel die in unregelmäßiger Folge mit einem Gesamtvolumen von etwa 400 Seiten im Jahr erscheinende, bibliophil aufgemachte Zeitschrift für Literatur, Kunst und Geistesgeschichte, die nach einer Bastion der Tempelritter benannt wurde. Die Standarten werden von den Zinnen geräumt Das Themenspektrum reichte von Briefeditionen und Erinnerungen von George-Anhängern bis zu Übersetzungen persischer Sufis, von der antiken Polis über Stauferzeit und Renaissance bis zur Lyrik junger Gegenwartsautoren, doch bildete die soziokulturelle Grundkonstante einer durchgeistigen (Männer-)Freundschaft eine Klammer, die das oberflächlich Disparate zusammenhielt. Nach dem Tode des unermüdlichen spiritus rector Frommel gelang es seinen Freunden und einstigen Schützlingen Manuel Goldschmidt und Claus Viktor Bock, das einzigartige Erbe noch bis an die Schwelle des 21. Jahrhunderts zu retten, doch der Generationswechsel war unvermeidlich, und mit ihm zog allmählich ein akademischer Stil in der Amsterdamer Herengracht ein, wie er in jedem beliebigen germanistischen Jahrbuch vorherrscht; das Georgesche Ethos verflüchtigte sich, man begann die Gebote der Political Correctness zu beachten und ersetzte schließlich die noch auf Frommels Vorgängerverlag Die Runde zurückgehende Triskele im Verlagssignet durch die Initialen CP. Insofern ist es besser, wenn in der von den Kreuzrittern verlassenen Burg nun die Standarten von den Zinnen geräumt und die längst fällige Musealisierung als Untergang in Würde betrieben wird, bevor womöglich der erste Aufsatz über Gender-Probleme bei Elfriede Jelinek die heiligen Hallen entweiht. Die noch lieferbaren Titel werden vom Göttinger Wallstein Verlag in Kommission genommen, und dort soll es unter dem Namen „Castrum Peregrini“ eine Buchreihe mit Publikationen zum George-Kreis geben. | JF-Online | Wer die Entwicklung der altehrwürdigen Zeitschrift Castrum Peregrini in den letzten Jahren verfolgt hat, wird sich über ihr plötzliches Ende nicht wundern: | Kultur | 2008-04-22T14:46:00+02:00 | 2008-04-22T14:46:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2008/die-pilgerburg-schliesst-ihre-tore/ |
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Abschiebungen gehen weiter zurück | BERLIN. Die Zahl der Abschiebungen ist im vergangenen Jahr erneut gesunken. Die Ausweisungen abgelehnter Asylbewerber gehen damit das dritte Jahr in Folge zurück, berichtet die Welt unter Berufung auf das Bundesinnenministerium. 2016 wurden 25.375 Personen abgeschoben, im Jahr darauf 23.966. Laut Innenministerium lag die Zahl im vergangenen Jahr bei rund 23.500. Auch die sogenannten geförderten freiwilligen Ausreisen gehen demnach weiter zurück. Der Abwärtstrend von 2016 mit 54.006 Fällen hielt 2017 an mit 29.522 und lag im vergangenen Jahr laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bei 15.962. Um diese Art der Ausreisen zu erhöhen, zahlt die Bundesregierung seit Anfang 2017 Prämien. Wer noch vor dem Ende seines Asylverfahrens freiwillig das Land verläßt, erhält demzufolge 1.200 Euro, nach einer negativen Entscheidung sind es noch 800 Euro. 90 Prozent der Asylbewerber klagen gegen Ablehnung Im Zeitraum von 2016 bis 2018 lehnte das BAMF 744.501 Asylanträge ab. In den meisten Fällen handele es sich dabei um Dublin-Verfahren, bei denen die Antragsteller bereits in anderen EU-Staaten um Asyl ersucht hatten. Die große Diskrepanz zwischen abgelehnten Anträgen und Ausweisungen liege daran, daß mittlerweile 90 Prozent der Asylbewerber gegen die Entscheidungen klagen. Für die Dauer der Prozesse sind sie nicht ausreispflichtig und können nicht abgeschoben werden. Im Fall von Krankheit, Familiengründung oder einer aufgenommenen Arbeit erhalten die betroffenen Personen einen Aufenthaltstitel. Auch wenn die Personen mehr als 18 Monate in Deutschland sind, können sie nicht abgeschoben werden. Derzeit kämen monatlich mehr als 10.000 illegale Einwanderer nach Deutschland. Die meisten von ihnen blieben dauerhaft. (ag) | JF-Online | Die Zahl der Abschiebungen ist im vergangenen Jahr erneut gesunken. Auch die Zahl der sogenannten geförderten freiwilligen Ausreisen geht trotz Prämienzahlungen der Bundesregierung weiter zurück. Mittlerweile klagen 90 Prozent der abgelehnten Asylbewerber gegen negative Entscheidungen und verhindern so ihre Ausweisung. | Deutschland | 2019-02-04T09:45:45+01:00 | 2019-02-04T10:17:09+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2019/abschiebungen-gehen-weiter-zurueck/ |
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Die letzten Tage der DDR: „Du, wir kippen die Ost-CDU“ | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Christine Lieberknecht | 1989 brodelte es in der DDR. Das SED-Regime bröckelte, seine Macht schwand, doch die Lage war für die Oppositionellen immer noch gefährlich. Thüringens Ex-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht schreibt, wie schließlich die Mauer fiel. | DDR,Mauer | Geschichte | 2024-11-09T15:57:07+01:00 | 2024-11-09T15:57:07+01:00 | https://jungefreiheit.de/wissen/geschichte/2024/die-letzten-tage-der-ddr-du-wir-kippen-die-ost-cdu/ |
Kritiken im virtuellen Raum | In frischer böser Erinnerung ist noch der Skandal um den im Frankfurter Suhrkamp Verlag herausgekommenen Roman „Tod eines Kritikers“ von Martin Walser, den einer der Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Frank Schirrmacher, zu einem Zeitpunkt aus politischen Gründen in schlimmster Weise in Grund und Boden geschrieben hat, als das Werk noch gar nicht erschienen war und auch die unter einigen Kritikern umlaufenden Druckfahnen weder von Walser noch von Suhrkamp autorisiert waren. Jetzt erschien, in der Tageszeitung Die Welt, wiederum die Rezension eines Suhrkamp-Buches, das es (noch?) nicht gibt und von dem eventuell umlaufende Druckfahnen nicht autorisiert sind: die Besprechung einer Biographie des Philosophen Ernst Bloch von Arno Münster. Allmählich wird es peinlich für Suhrkamp. Der Text in der Welt war recht trist, nährte die Vermutung, daß Münsters Opus vor Fehlern und Falschdarstellungen strotzte und sehr kritikabel war. Aber niemand konnte das nachprüfen, denn das besprochene Buch existiert eben nicht. Suhrkamp erklärt, daß zwar ein Typoskript von Münster beim Verlag liege, sein Erscheinen als Buch jedoch „auf unbestimmte Zeit verschoben“ sei. Man wird seine Gründe dafür haben. Was lehrt uns der neuerliche Fall? Wird hier etwa ein Exempel statuiert, soll man sich darauf einstellen, daß künftig Kritiken ohne zugehöriges Kritikobjekt unter die Leute gebracht werden, gewissermaßen Kritiken im virtuellen Raum, die sich ihr Objekt nach eigenem Gusto erschaffen? Das wäre für die Kritiker natürlich außerordentlich bequem, für den Berufsstand des Autors hingegen genierlich und letzten Endes desaströs. Dessen Position im Medienbetrieb wird ohnehin immer schwächer, er steht nur noch am Anfang von sogenannten „Verwertungsketten“ und könnte eines nicht fernen Tages tatsächlich abgeschafft und durch reine Fiktion ersetzt werden. Muß dabei jedoch ausgerechnet Suhrkamp den Vorreiter machen? | JF-Online | In frischer böser Erinnerung ist noch der Skandal um den im Frankfurter Suhrkamp Verlag herausgekommenen Roman "Tod eines Kritikers" von Martin Walser, den | Kultur | 2003-05-16T00:00:00+02:00 | 2003-05-16T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2003/kritiken-im-virtuellen-raum/ |
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AfD uneins über Umgang mit Verfassungsschutz | ERFURT. Der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke hat seiner Partei geraten, gelassener auf eine mögliche Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz zu reagieren. Die AfD trete wie keine andere Partei für die Verteidigung des Grundgesetzes ein. Die Androhung, sie durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen, gehöre zu den „schmutzigen politisch-medialen Kampfmethoden, mit der die Reputation eines erfolgreichen Rivalen zerstört und Zwietracht in dessen Reihen gesät werden soll“, schrieb Höcke am Montag auf Facebook. „Tun wir unseren Gegnern also nicht den Gefallen und springen wir nicht über jedes Stöckchen, das man uns hinhält. Der Versuch, den Verfassungsschutz zu einer parteihörigen Sprachpolizei zu machen, ist entlarvend genug.“ Hansel warnt vor personellem Aderlaß Höcke legte damit im parteiinternen Streit um den Umgang mit dem Verfassungsschutz nach. Bereits am Sonnabend hatte er auf dem Landesparteitag der Thüringer AfD in Pfiffelbach die Sorge vor einer geheimdienstlichen Überwachung der Partei als „politische Bettnässerei“ abgetan. Daß einige AfD-Mitglieder dazu rieten, Begriffe wie „Volk“ oder „Altparteien“ nicht mehr zu verwenden, um so eine Beobachtung der Partei abzuwenden, sei politische „Narretei“. Dem widersprach AfD-Chef Alexander Gauland am Montag auf einer Pressekonferenz zum Thema AfD und Verfassungsschutz. Höckes Äußerungen seien „falsch und in keiner Weise zielführend“, mahnte Gauland. Er würde eine solche Ausdrucksweise nicht benutzen. Zuvor hatte der Berliner AfD-Abgeordnete Frank-Christian Hansel Höcke öffentlich attackiert. Er warf ihm vor, die Realität zu verleugnen. Werde eine Partei vom Verfassungsschutz beobachtet, „verlassen in kürzester Zeit nahezu alle Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes diese Partei. Soldaten, Polizisten, Justizvollzugsbeamte, Richter, usw. müssen damit rechnen, bei einem weiteren Verbleib dienstrechtlich belangt zu werden. Beamte können aus Beamtenverhältnis entfernt werden. Selbst pensionierte Staatsdiener können ihre Beamtenpension verlieren“, schrieb Hansel in einem Blogbeitrag. Poggenburg: Keine übersteigerte „Distanzeritis“ Zudem drohe eine vom Verfassungsschutz beobachtete Partei von der Parteienfinanzierung ausgeschlossen zu werden. Neben dem personellen Ausbluten gebe es so auch die Gefahr eines finanziellen Bankrotts. Der frühere AfD-Chef Sachsen-Anhalts, André Poggenburg, stellte sich hingegen hinter Höcke. Eine übersteigerte „Distanzeritis“ schütze nicht vor einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Die „Ängstlichen und Zauderer“ in der AfD tappten in diese Falle und richteten dabei enormen Flurschaden an, beklagte Poggenburg auf Facebook. „Dem widersetzen sich echte deutsche Patrioten!“ Die AfD sei selbstverständlich gegen gewaltbereiten linken, rechten und religiösen Extremismus und für den freiheitlichen Rechtsstaat. „Sollte uns trotz dessen aber eine Beobachtung ereilen, dann müssen wir das tapfer hinnehmen und klarstellen wie es wirklich steht: dann nämlich hätte sich der Verfassungsschutz endgültig als willfähriges Machtinstrument des Altparteienkartells enttarnt!“ Dem hielt Hansel entgegen: „Es hat keinen Sinn, zu sagen, die dürfen das nicht, wenn sie die Macht haben. Sie können und machen es, weil sie die Macht haben. So einfach ist das. DAS ist der eigentliche MUT zur Wahrheit und heißt auch nicht, sich damit abzufinden.“ (krk) | JF-Online | Der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke hat seiner Partei geraten, gelassener auf eine mögliche Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz zu reagieren. Man dürfe nicht über jedes Stöckchen springen, das der politische Gegener einem hinhalte. AfD-Chef Alexander Gauland sieht das allerdings anders. | Deutschland | 2018-11-06T10:33:43+01:00 | 2018-11-06T11:55:32+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/afd-uneins-ueber-umgang-mit-verfassungsschutz/ |
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Integrationsbeauftragte will Kinderehen nicht generell verbieten | BERLIN. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), hat sich in der laufenden Debatte um Kinderehen gegen ein allgemeines Verbot ausgesprochen. „Ein pauschales Verbot von Ehen von Minderjährigen ist zwar vielleicht gut gemeint, kann aber im Einzelfall junge Frauen ins soziale Abseits drängen“, sagte sie der Funke-Mediengruppe. „Werden ihre Ehen aberkannt, verlieren sie unter anderem Unterhalts- und Erbansprüche, ihre Kinder wären unehelich, für viele würde das sogar eine Rückkehr in ihre Heimatländer unmöglich machen.“ Mit ihrer Kritik an einem generellen Verbot stellte sich Özoguz hinter Justizminister Heiko Maas (SPD) und gegen die Union, die Eheschließungen unter 18 Jahren ausnahmslos verbieten will – auch für deutsche Jugendliche. Scharfe Kritik aus der Union Die Union kritisiert die Äußerungen der SPD-Politikerin. Das Argument, junge Frauen würden bei Aberkennung ihrer Ehe ins soziale Abseits gedrängt, sei „bekannt, aber unbeachtlich“, sagte der Justiziar der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), dem Handelsblatt. „Sollten durch die Annullierung finanzielle Folgeprobleme auftreten, sind diese in unserem Sozialstaat lösbar. Keinesfalls darf dies die Aufrechterhaltung einer widernatürlichen Kinderehe legitimieren.“ AfD fordert Abberufung von Özoguz Der stellvertretende AfD-Vorsitzende Alexander Gauland forderte die Abberufung von Özoguz. „Es ist absurd, daß sich just die Integrationsbeauftragte Özoguz für Kinderehen ausspricht. Kinderehen sind nichts weiter als Vergewaltigung von Minderjährigen und ein Hindernis für die Integration in unsere Gesellschaft.“ Özoguz habe anscheinend nicht verstanden, daß Integrieren bedeutet, sich in etwas einzufügen. „Die Menschen, die zu uns kommen, haben unsere Gesetze und Werte zu achten und sich an die gesellschaftlichen Spielregeln zu halten.“ Zuwanderern aus „reinem Gutmenschentum“ heraus zu gestatten, „ihre schädlichen, illegalen Bräuche hier in Deutschland weiter zu praktizieren“ sei „absolut kontraproduktiv“ und habe mit Integration nichts zu tun. (gb) | JF-Online | Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), hat sich in der laufenden Debatte um Kinderehen gegen ein allgemeines Verbot ausgesprochen. „Ein pauschales Verbot von Ehen von Minderjährigen ist zwar vielleicht gut gemeint, kann aber im Einzelfall junge Frauen ins soziale Abseits drängen“, sagte sie der Funke-Mediengruppe. | Allgemein | 2016-11-03T15:46:38+01:00 | 2016-11-03T16:49:15+01:00 | https://jungefreiheit.de/allgemein/2016/integrationsbeauftragte-will-kinderehen-nicht-generell-verbieten/ |
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Apokalypse | In den frühen neunziger Jahren galten Current 93 neben Death In June als wichtigstes Projekt einer musikalischen Bewegung, die man in der Nachbetrachtung für gewöhnlich dem „Neofolk“ zurechnet (JF 45/07). Gemeint ist jene Melange aus Folklore, mitunter dissonanten Elementen und bedeutungsschweren, nicht selten spenglerisch anmutenden esoterischen Botschaften. David Tibet, Kopf und Sänger von Current 93, war in diesem Kosmos immer eher die Rolle des zwar häretischen, aber doch zweifellos christlichen Predigers zugedacht, der unermüdlich das Ende der Zeiten singend verkündet. Fast zwei Dekaden später hat sich nun vieles gedreht, die alten Mitstreiter Death In June finden, politisch verleumdet, in den großen Musikmedien Deutschlands nicht statt, doch Current 93 haben sich durch Geschick und Ideenreichtum über den subkulturellen Tellerrand hinausschlawinert und werden nun immer mal wieder in großen Feuilletons als die britischen Ahnherren einer neuen, eigentlich aus den USA stammenden Folk-Welle gefeiert, so zumindest anläßlich ihres 2006 erschienenen Durchbruch-Albums „Black Ships Ate The Sky“. Im Mai wird nun der Nachfolger „Aleph At Hallucinatory Mountain“ erscheinen, und man darf diesmal auf das Presseecho besonders gespannt sein, präsentieren sich hier doch der Brite und seine zahlreichen Mitmusiker bedeutend sperriger. Doch was immer sich auch sonst ändert, zwei Erkennungsmerkmale sind bei Current 93 von je her konstant: die zart-brüchige, etwas an Angelo Branduardi erinnernde, Schmerz und Verletztheit offenbarende Stimme sowie ein christliche Eschatologie verarbeitendes thematisches Konzept. Dazu seine musikalische Begleitung, die sich zwar schon mit Akustikgitarre und Geige im weitesten Sinne an Folkmusik orientiert, aber doch, dem apokalyptischen Konzept angepaßt, auch eruptive Ausbrüche kennt. Sperriger ist das neue Album vor allem deshalb, weil es mehr als alle anderen frühen, vielleicht mit Ausnahme von „Horse“ (1990), an alten, ausrangiert geglaubten Dinosaurier-Hardrock der Marke Uriah Heep erinnert, aber dennoch, allein durch die Zärtlichkeit des Tibetschen Gesangs und die immer wieder eingestreuten Kinderstimmen, nie ein Gefühl von „Stadionrock“ entstehen läßt. Nichtsdestotrotz wäre „Virtuosität“ eine falsche Beschreibung für dieses Album: Das Schlagzeug scheppert wie ein Haufen Blechdosen, und manch andere Idee gemahnt mehr an deutschen Hinterhof-Sponti-Krautrock der frühen Siebziger. Die Gefahr, daß Tibet zu sehr von seiner religiösen Bilderwelt – er erforscht neuerdings das koptische Christen tum – eingenommen ist, sich folglich in Rage singt, ohne wirklich auf das Ergebnis zu hören, bleibt stets gegeben. Current 93 waren jedoch immer schon Ausdruck der peinigenden Obsessionen ihres Schöpfers, der übrigens selbst völlig unmusikalisch ist, aber ein Talent dafür hat, sich mit den passenden Musikern zusammenzutun, die seine Ideen umsetzen. Vielleicht muß man selbst einen Hang zu apokalyptischen Sehnsüchten haben, um von diesem seltsamen Prediger ergriffen zu werden. Seine „Anhänger“ werden jedenfalls mehr und mehr, „Aleph At Hallucinatory Mountain“ dürfte manche von ihnen auf die Probe stellen. | JF-Online | In den frühen neunziger Jahren galten Current 93 neben Death In June als wichtigstes Projekt einer musikalischen Bewegung, die man in der Nachbetrachtung für | Kultur | 2009-05-08T00:00:00+02:00 | 2009-05-08T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2009/apokalypse/ |
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Früher hätte man Hexe gesagt | Nachdem die erste Aufregung verklungen ist, scheint man sich auf ein jahrelanges Rätselraten um das Klonbaby „Eve“ eingestellt zu haben. Erst dann wird man über seine Echtheit urteilen können, meinen viele, wenn es das Alter erreicht hat, in dem es seiner Mutter beziehungsweise deren alten Kinderbildern frappierend zu ähneln beginnt. In dieser längerfristig angelegten Ungewißheit wird das Publikum noch bestärkt durch die vielen gehaltvollen ethischen Beiträge, die seit knapp vierzehn Tagen in allen Zeitungen erscheinen, das Klonen von vielen Seiten beleuchten, doch die Frage, ob denn nun wirklich ein Mensch geklont wurde oder nicht, vornehm im Dunkeln lassen. Dabei könnten wir, wenn die Biochemikerin und Sekten-Bischöfin Brigitte Boisselier es nur zuließe, binnen zwei Stunden völlige Gewißheit darüber haben, ob es sich bei Eve um ein mit seiner Mutter genetisch identisches Wesen – einen nachgeborenen Zwilling – handelt oder nicht. Der einfachste Test zur Feststellung der genetischen Identität ist der in der Kriminalistik bereits erfolgreich eingesetzte „genetische Fingerabdruck“. Mit wenigen Körperzellen aus Speichel oder Haut läßt sich ein Profil erstellen, das absolut individuell ist. Besitzt ein Lebewesen das gleiche Profil, so muß es ein eineiiger Zwilling sein – oder eben ein Klon. Warum läßt Boisselier diesen Test bei ihrem Versuchsbaby nicht machen? Statt dessen meldet sie nun schon das zweite und kündigt drei weitere an. Ihre Begründung klingt absurd: Die 31jährige Mutter wolle ihr Kind noch eine Weile „ganz für sich allein“ haben. Wenn sie das wollte, hätte sie sich nicht ausgerechnet für eine „Jungfrauengeburt“ entscheiden sollen. Wenn sie zudem der Raelianer-Sekte angehört, müßte sie sich doch als Auserwählte fühlen. Die einzig plausible Begründung für die Geheimniskrämerei ist das Mißlingen des Experiments, mit welchen Opfern auch immer. Wie bei der Abtreibung wird es eines Tages heißen: Besser, es macht ein Profi. Denn genau so, wie man sich immer eine Engelmacherin vorgestellt hat, sieht Madame Boisselier aus. | JF-Online | Nachdem die erste Aufregung verklungen ist, scheint man sich auf ein jahrelanges Rätselraten um das Klonbaby "Eve" eingestellt zu haben. Erst dann wird man | Kultur | 2003-01-10T00:00:00+01:00 | 2003-01-10T00:00:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2003/frueher-haette-man-hexe-gesagt/ |
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Vergnügter Kamikazeflieger | Wie schon im Jahr 2002 mit dem Haussperling ist auch 2003 ein typischer Bewohner der Siedlungsräume vom Naturschutzbund (Nabu) zum Vogel des Jahres gewählt worden. Es handelt sich hierbei um den Mauersegler (Apus apus), der zwar nicht zur Gruppe der Schwalben gehört, aber doch seinem Aussehen nach dazugehören könnte. Die Spannweite seiner Flügel mißt allerdings stolze 40 Zentimeter. Im April/Mai kehrt der Langstreckenflieger von seinem Winterdomizil in unsere Breiten zurück und begrüßt die Stadtbewohner mit seinen Flugkunststücken. So kann es schon vorkommen, daß man beim Frühstück auf dem Balkon den Kopf einziehen muß, weil solch ein Federtier mit der Geschwindigkeit eines Tennisballs über den Frühstückstisch geschossen kommt und dabei triumphierend quietscht. Wenn mehrere dieser Vögel Kamikaze spielen, so wähnt sich manch ängstlicher Mensch seines Lebens nicht mehr sicher. Doch keine Angst, hier sind Profis am Werk. Allein in Düsseldorf wurden zuletzt 475 Brutpaare gezählt. So selten scheint diese Tierart bei uns also nicht zu sein. Und doch leidet der wunderfitzige Zeitgenosse darunter, daß ihm moderne Bauten Brutplätze verwehren. Denn der Mauersegler liebt Nischen und Spalten, aber keine Glasfassaden, die für ihn sogar lebensgefährlich sind. Nistkästen nimmt der Vogel aber dankend an, wenn sein Bedürfnis berücksichtigt wird, daß er in Kolonien brütet. Der Nabu (Infoservice, 53223 Bonn) hat derweil eine Broschüre herausgebracht, in der auch entsprechende Bauanleitungen zu finden sind (2,53 Euro in Briefmarken werden erbeten). Dann steht einer freundlichen Begrüßung des Vogels des Jahres 2003 nichts mehr im Wege. Im August zieht es ihn aber bereits wieder nach Afrika. | JF-Online | Wie schon im Jahr 2002 mit dem Haussperling ist auch 2003 ein typischer Bewohner der Siedlungsräume vom Naturschutzbund (Nabu) zum Vogel des Jahres gewählt | Wirtschaft | 2003-01-31T00:00:00+01:00 | 2003-01-31T00:00:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2003/vergnuegter-kamikazeflieger/ |
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Streit um „beleidigendes“ Speiseeis | WIEN. Nach scharfer Kritik an einer Eissorte läßt der österreichische Eisproduzent „Eskimo“ eine Werbekampagne zum Ende des Monats auslaufen. Das zum Unilever-Konzern gehörende Unternehmen hatte mit dem Slogan „I will mohr“ die Eiskreation „Mohr im Hemd“ beworben. „Solche Wörter sind für Schwarze im deutschsprachigen Raum eine der schwersten Beleidigungen“, behauptete daraufhin Simon Inou von „M Media“, einem österreichischen Einwanderer-Lobbyverein, gegenüber dem Sender F4M. Mit der Werbung wiederhole Eskimo „Stereotype, die innerhalb der Gesellschaft schon präsent sind“. Werbung sei „rassistisch und menschenverachtend“ Es sei beschämend, daß Eskimo eine derartige Kampagne starte, ohne zuvor mit ihnen zu reden. Inou forderte daher eine öffentliche Entschuldigung von Eskimo und die finanzielle Unterstützung einer eigenen Kampagne, die Schwarze realistisch repräsentiere. Anzeigen beim Werberat bezeichneten die Werbung als „rassistisch und menschenverachtend“. Die Sprecherin von Eskimo, Karin Höfferer, wies den Rassismus-Vorwurf von sich. „Mohr im Hemd“ ist eine traditionelle österreichische Spezialität. Neben „Cremissimo à la Mohr im Hemd“ gäbe es beispielsweise auch „Schwarzwälder Kirsch“ oder „Tiramisu“. Gleichwohl die Werbekampagne nicht weiter fortgeführt wird, bleibt die Sorte weiterhin im Angebot. (FA) > Bayerns Wirtschaftsminister für Umbenennung von „rassistischem“ Getränk | JF-Online | Nach scharfer Kritik an einer Eissorte läßt der Eisproduzent „Eskimo“ eine Werbekampagneauslaufen. Das Unternehmen hatte mit dem Slogan „I will mohr“ die Eiskreation „Mohr im Hemd“ beworben. | Ausland | 2009-07-29T15:04:00+02:00 | 2009-07-29T15:04:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2009/streit-um-beleidigendes-speiseeis/ |
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Ritual vor dem Zubettgehen | Der Sputnikschock des Westens war nichts gegen jenen, den die Verantwortlichen des Senders Freies Berlin am 21. November 1959 durchlitten. Im DDR-Fernsehen wurde angekündigt, daß am nächsten Tag die erste Folge eines Abendgrußes für Kinder mit einer Gutenachtgeschichte ausgestrahlt werden sollte. Ein klarer Fall von Ideenklau, wie später Ost-Fernsehchef Walter Heynowski einräumte. Der hatte in einer westdeutschen Fernsehzeitschrift gelesen, daß der SFB ab 1. Dezember ein „Sandmännchen: ein Gute-Nacht-Gruß für die Kinder“ im Fernsehen senden würde. Für Genosse Heynowski und die SED-Führung war das in zweifacher Hinsicht nicht hinnehmbar. Zum einen erfreuten sich die seit Oktober 1958 im Deutschen Fernsehfunk (DFF) gesendeten Abendgrüße auch in West-Berlin wachsender Beliebtheit – „große politische Wirkung durch Emotionen“, hatte Heynowski notiert. Zum anderen war die Initiatorin des Fernseh-Sandmännchens des „Klassenfeindes“ ausgerechnet Ilse Obrig, die in die Westsektoren geflüchtete Erfinderin der Gutenacht-Kindersendung „Abendlied“ des Berliner Rundfunks. Recherchen ergaben, daß Obrig zusammen mit Puppengestalterin Johanna Schüppel eine kleine Handpuppe als Sandmännchen entworfen hatte. Der nette Blickfang des Arbeiter- und Bauernstaates Die Genossen im Osten steuerten in ungeahntem Tempo gegen. Regisseur, Puppen- und Szenenbildner Gerhard Behrendt wurde beauftragt, schnellstens eine Sandmännchen-Puppe zu entwerfen und eine Szenerie zu erstellen. Dem Komponisten Wolfgang Richter wurde der von Walter Krumbach stammende Text des künftigen und noch heute verwendeten Sandmannliedes der Legende nach am Telefon diktiert, und er schuf an einem Abend in drei Stunden die eingängige Melodie zu „Sandmann, lieber Sandmann, es ist noch nicht soweit“. Neun Tage vor dem Sendetermin in West-Berlin winkte das Ost-Sandmännchen den Kindern zu. Es war ein Punktsieg im Kampf um die Herzen des Nachwuchs. Denn auch in vielen West-Berliner Haushalten und im Zonenrandgebiet wurde bald allabendlich auf DFF umgeschaltet, wenn „Unser Sandmännchen“ ausgestrahlt wurde. Der Spitzbartträger war der nette Blickfang des Arbeiter- und Bauernstaates. Die als „staatsfeindlich“ eingestufte Klaus-Renft-Combo spottete nicht umsonst in einem Song „Kinder, ich bin nicht der Sandmann, der in die Heia euch singt, spuckt euren Schnuller getrost wieder aus, wenn dieses Lied hier erklingt“. Die Sendung wurde zum allabendlichen familiären Ritual. Das Sandmännchen überlebte sogar den Zusammenbruch des SED-Staates, der die 24 Zentimeter große Figur drei Jahrzehnte lang geradezu fürstlich mit einem Fuhrpark von knapp 300 Fahrzeugen ausgestattet hatte. Das Sandmännchen durfte all das, von dem auch erwachsene DDR-Bürger nur träumen konnten: mit einem Heißluftballon fliegen, das sozialistische Tropenparadies Kuba und afrikanische Länder besuchen, mit dem sowjetischen Mobil Lunachod den Mond erkunden. Eine Million Zuschauer täglich Und da das Sandmännchen zu seinem eigentlichen Job, den Kindern Sand in die Augen zu streuen, immer etwas zu früh erschien („es ist noch nicht soweit“), schaute er sich gemeinsam mit den besuchten Kindern einen kurzen Animationsfilm an. Kultcharakter bekamen schnell Herr Fuchs und Frau Elster (immer sonntags auf Sendung) und Schnatterinchen und Pittiplatsch (sonnabends). Als die SED-Führung bemerkte, daß der kleine Kobold mit frecher Punkfrisur und losem Mundwerk – ausgerechnet am 17. Juni 1962 wurde „Pitti“ erstmals präsentiert – eigentlich nicht in die heile Sandmännchenwelt paßte und ihn nach zwei Folgen aus dem Programm nahm, war es bereits zu spät. Die Zahl der Protestbriefe sorgte für ein Einlenken. Pittiplatsch ging, wenngleich etwas leiser, Heiligabend 1962 wieder auf Sendung und entging später zur Freude seiner kleinen Zuschauer auch seiner Delegierung nach Moskau. Proteste gab es auch, als das Sandmännchen im Zuge der Wiedervereinigung 1990 – das westdeutsche Pendant war bereits im März 1989 eingestellt worden – aus dem Fernsehprogramm verschwinden sollte. Die Fernsehgewaltigen gaben nach, und so fliegen der kleinen Figur mit der Zipfelmütze noch heute die Herzen der Kinder zu. Eine Million Drei- bis Sechsjährige sind es, die jeden Abend mit Eltern oder Großeltern vor den Bildschirmen sitzen, um den Abendgruß zu sehen und sich anschließend Schlafsand in die Augen streuen zu lassen. JF 48/19 | Paul Leonhard | Es war der nette Blickfang des Arbeiter- und Bauernstaates und siegte sogar im Kampf gegen den Klassenfeind. Seit 60 Jahren lieben Millionen Kinder das Sandmännchen und schalten allabendlich den Fernseher ein, wenn es heißt: „Sandmann, lieber Sandmann, es ist noch nicht soweit“. | Sein und Zeit | 2019-11-22T10:59:29+01:00 | 2019-11-22T10:59:29+01:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/sein-und-zeit/2019/ritual-vor-dem-zubettgehen/ |
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Bretonischer Musketier | Jean-Marie Le Pen beginnt mehr und mehr einem altehrwürdigen amerikanischen Senator zu gleichen. Wie die großen Filmstars achtet er auf Form und Figur. Selbst seine ärgsten Feinde geben mittlerweile zu, daß er der beste politische Redner Frankreichs ist und bleibt. Der hervorragende Sänger hat ein riesiges Repertoire drauf, in dem auch kommunistische Lieder vorkommen. Er ist ein Multitalent, das sich ebenso charmant wie stürmisch zu geben weiß. Seine Worte treffen immer ins Schwarze. Aus einfachen Verhältnissen stammend, gefällt er sich in der Rolle eines Fürsprechers der „kleinen Leute“, des France d’en bas. Le Pen hat schon viele Leben hinter sich. Am 20. Juni 1928 im bretonischen Fischerstädtchen La-Trinité-sur-Mer (Distrikt Morbihan) geboren, trifft ihn und seine nicht von Reichtümern gesegnete streng katholische Familie im Juni 1942 ein schwerer Schicksalsschlag: Sein Vater kommt ums Leben, als eine Treibmine sein Fischerboot versenkt. Nach Abschluß der Volksschule besuchte der Halbwaise Le Pen ein Jesuitenkollegium, was seine Bindung an den Katholizismus vertiefte. Seine politische Taufe erlebte er während seines Politik- und Jurastudiums in Paris, als er Vorsitzender einer Studentenverbindung wurde. Schon damals war er „national“ gesinnt. 1954 schloß er sich als Unterleutnant eines Fallschirmjägerregiments der Fremdenlegion dem französischen Expeditionskorps in Indochina an. Als Kandidat und bester Redner der rechtspopulistischen „Union zur Verteidigung des Mittelstandes und der Handwerker“ (UDCA) von Pierre Poujade wird er 1956 – erst 27jährig – der jüngste französische Abgeordnete in der Nationalversammlung und einer der wenigen, die sich für sechs Monate als Soldaten verpflichteten. Er nahm am Suez-Krieg teil und diente unter General Massus in Algerien. Nach seiner Rückkehr setzte Len Pen sich aktiv dafür ein, daß Algerien französisch blieb. Nachdem dieser Traum mit der algerischen Unabhängigkeit am 3. Juli 1962 ausgeträumt war, unterstützte er die Präsidentschaftskandidatur des Anwalts Jean-Louis Tixier-Vignancour und verlieh dessen Wahlkampf eine stark antigaullistische Prägung – doch Tixier-Vignancour kam über den Kreis der Algerien-Veteranen nicht hinaus und scheiterte 1965 mit 5,19 Prozent. Im Jahr 1972 gründete Le Pen den Front National (FN) und erklärte die abgewandelte Flamme der Mussolini-nostalgischen italienischen Sozialbewegung (MSI) zu seinem Symbol. Lange Zeit kam seine Bewegung – die als eine der ersten gegen die Einwanderung Front machte – über lächerliche Ein-Prozent-plus-X-Wahlergebnisse nicht hinaus. Erst 1981 setzte die Machtübernahme der Linken unter Staatspräsident François Mitterrand dieser Randständigkeit ein Ende. Zum ersten Mal wurde dies bei den Europawahlen im Juni 1984 offenkundig: Mit 10,95 Prozent der Stimmen zog der FN mit der damals in Paris mitregierenden Kommunisten gleich und errang zehn Sitze im Europaparlament, wo der FN fünf Jahre lang mit dem italienischen MSI kooperierte. Das von Mitterrand zur Schwächung der bürgerlichen Parteien eingeführte Verhältniswahlrecht sorgte für einen zweiten Achtungserfolg bei den Wahlen zur französischen Nationalversammlung im März 1986 – 9,65 Prozent und 35 Sitze. Am 26. April 1987 verkündete Le Pen aus seinem Geburtsort, bei den Präsidentschaftswahlen antreten zu wollen. Er baute auf die Außenseiter-Strategie, führte einen Wahlkampf von beeindruckender Dynamik und lag nach der ersten Wahlrunde mit 14,39 Prozent (4,3 Millionen Stimmen) an vierter Stelle. Bei den Europawahlen im Juni 1989 erreichte der FN 11,73 Prozent und konnte wieder zehn Abgeordnete, darunter Le Pen, nach Straßburg entsenden und dort erstmals eine eigene Europafraktion bilden: zusammen mit dem MSI, den sechs deutschen Republikanern und dem Vlaams-Blok-Gründer Karel Dillen. Die FPÖ verweigerte sich einer Zusammenarbeit, der MSI blieb vor allem wegen der Südtirol-Frage außen vor. Während seine FN-Parteifreunde immer mehr von der politischen Macht träumten, blieb Le Pen seiner schon sprichwörtlichen Unberechenbarkeit treu. Die Linke, die seit jeher seine Verteuflung betrieben hatte, nutzte sein Schleudern weidlich aus. Die Wiedereinführung des Mehrheitswahlrechts – unter anderem auch wegen des FN-Wahlerfolges von 1986 – verbannte den FN bei den vorgezogenen Neuwahlen im Juni 1988 wieder aus dem französischen Parlament: bei unverändertem Wahlergebnis (9,65 Prozent) konnte der FN nur noch einen Abgeordneten entsenden. Bei den Parlamentswahlen im März 1993 steigerte der FN sein Ergebnis auf 12,52 Prozent und konnte dennoch keinen Sitz erringen, bei der Europawahl 1994 reichten 10,51 Prozent für elf Straßburger Mandate. Bei der Präsidentschaftswahl 1995 kam Le Pen auf 15 Prozent, im Mai 1997 brachte es der FN bei den Parlamentswahlen auf 15,24 Prozent und konnte – aufgrund des Mehrheitswahlrechtes – lediglich ein Mandat erreichen. Frustriert vom – trotz der Wahlerfolge – geringen politischen Einfluß und infolge interner Querelen kam es 1999 zur Spaltung der Partei: FN-Vize Bruno Mégret wollte die Partei für die bürgerliche Rechte koalitionsfähig machen, Le Pen den traditionellen Kurs fortsetzen. Die Quittung gab es schon bei der Europawahl im Juni 1999, der FN konnte mit 5,69 Prozent nur noch fünf Abgeordnete nach Straßburg entsenden, Mégrets Mouvement National Républicain (MNR) scheiterte mit 3,28 Prozent. Damit schien eine der politischen Erfolgsgeschichten der achtziger Jahre beendet zu sein. Vor den Präsidentschaftswahlen im letzten Jahr hatten die politischen Beobachter den damals 73jährigen Le Pen daher bereits abgeschrieben. Um so größer war die allgemeine Überraschung, als Le Pen im ersten Durchgang der Präsidentschaftswahlen den sozialistischen Ministerpräsidenten Lionel Jospin mit 17,02 Prozent überrundete und den amtierenden Präsidenten Jacques Chirac in arge Bedrängnis brachte. Auf allen Seiten brach Hysterie aus, und Chirac konnte die Stichwahl im Mai 2002 klar für sich entscheiden – Le Pen kam wegen der gesteigerten Wahlbeteiligung lediglich auf 17,79 Prozent. Bei den Parlamentswahlen im Juni 2002 erreichte der FN 11,12 Prozent, aber wieder kein einziges Mandat. Le Pen, den seine engsten Freunde als „Menhir“ bezeichnen, steht nach wie vor an der Spitze des FN. Wenn es nach ihm geht, wird er dort weit über seinen 75. Geburtstag am 20. Juni hinaus verweilen. Manche fragen sich, was ihn immer wieder zum Weitermachen bewegt. Seine Anhänger sagen, es sei nicht Machtgier, so sehr es diesen Anschein haben mag. So wird er auch bei den Präsidentschaftswahlen 2007 noch dabeisein. | JF-Online | Jean-Marie Le Pen beginnt mehr und mehr einem altehrwürdigen amerikanischen Senator zu gleichen. Wie die großen Filmstars achtet er auf Form und Figur. Selbst | Politik | 2003-06-20T00:00:00+02:00 | 2003-06-20T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/2003/bretonischer-musketier/ |
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Welche Unions-Abgeordnete verraten heute nicht ihre Wähler? | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Frank Hauke | Wer dem größten Schuldenpaket und Wählerbetrug aller Zeiten die Gefolgschaft verweigert, löst eine „Staatskrise“ aus. So schlicht argumentiert Merz. Abweichler sind erledigt. Aber 48 CDU/CSU-Politiker haben nichts zu verlieren. Zeigen sie Rückgrat? | Union,Grundgesetzänderungen | Kommentar | 2025-03-18T00:01:11+01:00 | 2025-03-18T15:18:33+01:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2025/welche-unions-abgeordnete-verraten-heute-nicht-ihre-waehler/ |
Kritik an Giffey-Forderung nach einkommensabhängiger Miete | BERLIN. Der Vorschlag von Berlins Oberbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), den Mietpreis an das Einkommen zu koppeln, hat für Irritationen gesorgt. Giffey regte in einem Gespräch mit dem Tagesspiegel an, „daß niemand in Berlin mehr als 30 Prozent seines Haushaltsnettoeinkommens für die Miete zahlen muß“. Liege jemand darüber, „muß es ein geregeltes Verfahren geben, zum Beispiel eine öffentliche Mietpreisprüfstelle, die die Höhe der Überschreitung feststellt“ und Mietern dabei helfe, „dagegen vorzugehen“. „Was auf den ersten Blick charmant klingen mag, wäre in der Praxis wirklich bürokratischer Irrsinn“, warnte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider, gegenüber der Welt. Der wohnungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Bernhard Daldrup, zweifelte an einer rechtlichen Umsetzung. Darüber hinaus sieht er die Gefahr, daß Menschen bei der Wohnungssuche ausgeschlossen werden, „wenn die Miete über ihrem – dann ja öffentlich festgelegten – verfügbaren Einkommen liegt“. Die Wohnungsnot in der Hauptstadt ist seit Monaten ein Zankapfel der Regierungskoalition von SPD, Grünen und Linkspartei. Das im Koalitionsvertrag angekündigte Neubauprogramm von 20.000 Wohnungen im Jahr ist bereits Makulatur. Die Grünen plädieren für einen fünfjährigen Mietpreisstopp. Auch die Linkspartei geht einen eigenen Weg und fordert eine Begrenzung des Mietanstiegs auf jährlich ein Prozent oder eine Quote von 60 Prozent Sozialwohnungen in neu zu errichtenden Wohnvierteln. (JF) | JF-Online | Der Vorschlag von Berlins Oberbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), den Mietpreis an das Einkommen zu koppeln, sorgt für Kopfschütteln. „Was auf den ersten Blick charmant klingen mag, wäre in der Praxis wirklich bürokratischer Irrsinn“, warnt der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider. | miete | Deutschland | 2022-05-30T15:22:10+02:00 | 2022-05-30T15:22:10+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2022/giffey-berlin-miete/ |
Deutschfeindlichkeit nimmt zu – die sprachliche Verwirrung auch | Eine kleine Änderung in der Statistik über politisch motivierte Kriminalität sorgte im vergangenen Jahr für einen großen Aufschrei unter Linken: Erstmals war in der Erhebung auch die Zahl „deutschfeindlicher“ Straftaten aufgeführt. 2019 registrierte die Polizei demnach 132 solcher Fälle. Wie eine aktuelle, der JUNGEN FREIHEIT vorliegende Anfrage der AfD an das Bundesinnenministerium ergab, stiegen nun nicht nur die Zahlen für 2020, sondern auch die für 2019. Letzteres (Anstieg von 132 auf 137) liegt daran, daß es im Laufe des Jahres Nach- oder Änderungsmeldungen beziehungsweise Neubewertungen geben kann. Dasselbe gilt für 2020. Doch nach jetzigem Stand ist die Zahl deutschfeindlicher Straftaten im vergangenen Jahr deutlich auf 213 angestiegen. Die der Gewaltdelikte wuchs von 22 auf 31 Fälle. Die Zahlen basieren auf den Daten des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK). Darin wird unter anderem Haßkriminalität, also Straftaten aufgrund von Vorurteilen des Täters bezogen auf Nationalität, ethnische Zugehörigkeit oder der Hautfarbe erfaßt. Ausländer- oder deutschfeindliche Straftaten werden laut Bundesregierung aufgrund der zugeschriebenen oder tatsächlichen Nationalität des Opfers als solche eingestuft. Daneben gibt es noch weitere Themenfelder sowie Unterthemenfelder. Eines davon heißt „Rassismus“, worunter Straftaten in Bezug auf Hautfarbe oder ethnische Zugehörigkeit fallen. Das führt dazu – und hier dürften Linke, nach denen es keinen Rassismus gegen Deutsche gibt, wieder aufschreien – daß es sehr wohl Fälle geben kann, in denen Deutschfeindlichkeit rassistisch ist. Für sprachliche Verwirrung sorgt eine andere Einteilung der KPMD-PMK. Fremdenfeindliche Straftaten zählen zur Haßkriminalität. Sie werden als jener Teil davon definiert, „der aufgrund der zugeschriebenen oder tatsächlichen Nationalität, ethnischen Zugehörigkeit, Hautfarbe oder Religionszugehörigkeit des Opfers verübt wird“. Dazu gehört etwa die Ausländerfeindlichkeit. So weit, so logisch. Doch nach der Definition der Bundesregierung zählt auch Deutschfeindlichkeit zu den fremdenfeindlichen Straftaten. Denn auch hierbei würden Straftaten im Zusammenhang mit der zugeschriebenen oder tatsächlichen Nationalität des Opfers abgebildet. Diese sprachliche Ungenauigkeit zu ändern, indem sie beispielsweise ein Themenfeld „Inländerfeindlichkeit“ einführt, daran denkt die Bundesregierung nicht. Auch sieht sie keine „Anzeichen für ein Aufklärungsdefizit“. Und das obwohl die Kategorisierung der Täter bei deutschfeindlichen Straftaten mit zwei Dritteln relativ gering ausfällt. Zum Vergleich: Bei ausländerfeindlichen Straftaten von 2019 konnten die Polizeibehörden mit rund 99 Prozent fast immer die Motivation des Täters (links, rechts, ausländische Ideologie oder religiöse Ideologie) herausfinden. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Martin Renner, der die Anfrage gestellt hatte, kritisierte gegenüber der JF: „An dieser Antwort der Bundesregierung kann man einmal mehr ablesen, wie weit unser Staatswesen politisch nach links gekippt wird. Während Deutschfeindlichkeit in unseren Großstädten und Ballungszentren schon zum Alltag gehört, erfüllt die entsprechende Kategorie in der polizeilichen Statistik offenbar nur eine Alibifunktion.“ Die meisten Bürger würden fremdenfeindliche Straftaten mit Ausländerfeindlichkeit in Verbindung bringen, obwohl laut Bundesregierung darunter auch Deutschfeindlichkeit falle. Diese Definition sei „besonders perfide“, kritisiert der AfD-Gründer. „Möglich wäre aber natürlich auch, daß deutsche Bürger nach Lesart des Bundesinnenministeriums bereits als Fremde im eigenen Land anzusehen sind.“ | Lukas Steinwandter | Die Zahl deutschfeindlicher Straftaten hat im vergangenen Jahr zugenommen, wie eine AfD-Anfrage zeigt, die der JUNGEN FREIHEIT vorliegt. Die Antwort des Bundesinnenministeriums verdeutlicht auch: Deutschfeindliche Straftaten sind fremdenfeindlich. | Deutschfeindlichkeit | Deutschland | 2021-02-15T16:06:49+01:00 | 2021-02-15T16:33:52+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2021/deutschfeindlichkeit-sprachlich/ |
Wie berechtigt ist die D-Mark-Nostalgie? | Zum Ende der D-Mark-Zeit mußte man für ein normales Brötchen 50 Pfennig bezahlen. Nach Umstellung auf den Euro zum Kurs von 1,95583 waren das etwa 25 Cent. Heute verlangt der Bäcker fast zweimal soviel. Ein Liter Diesel kostete zur Jahrtausendwende etwa 80 Cent, heute zahlt man dafür mehr als das Doppelte. Ist der „Teuro“, wie die Gemeinschaftswährung schon bald genannt wurde, seinem Spitznamen also gerecht geworden? Und war die D-Mark wirklich stabiler, oder ist das nur ein Mythos? Einerseits hat der Euro in den 26 Jahren seit Einführung als Buchwährung beträchtlich an Kaufkraft verloren. Gemessen am Preisindex der Lebenshaltung ist heute ein 100-Euro-Schein nur noch 62,40 Euro und eine Ein-Euro-Münze nur noch 62 Cent wert. Damit hat er kaum noch mehr Kaufkraft als die damalige D-Mark, was auch dem Empfinden der Verbraucher entspricht. Andererseits war die D-Mark unter dem Strich keineswegs wertstabiler. In den letzten 25 Jahren ihres Bestehens hatte sie etwas mehr als die Hälfte ihres Wertes eingebüßt und damit sogar mehr als der Euro im gleich langen Folgezeitraum. Aber auch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn in die D-Mark-Zeit fielen zwei große Ölkrisen mit massiv steigenden Energiepreisen, während der Euro mit dem Ukrainekrieg bisher nur eine vergleichbare Periode erlebte. Zudem profitiert er im Inflationsvergleich von zwei deflationären Phasen, nämlich während der Finanzkrise 2009 und der späteren Corona-Epidemie. Ohnehin ist es immer problematisch, zwei völlig unterschiedliche Zeiträume miteinander zu vergleichen. Zumindest eines kann man aber sagen: Die Sparer haben mit dem Euro sehr viel Geld verloren, während das zu D-Mark-Zeiten nicht der Fall war. Denn damals wurde die Inflationsrate im großen und ganzen durch entsprechend hohe Zinsen ausgeglichen, was unter der EZB-Regie nicht mehr der Fall war. Hier kam es zu Negativzinsen sogar in nominaler Rechnung: Die Banken nahmen zeitweise Geld dafür, anderer Leute Geld aufzubewahren. Im Durchschnitt verlor man unter dem Euro mit liquider Geldhaltung auf dem Sparbuch oder Girokonto fast ein Prozent seines Vermögens pro Jahr. Zu D-Mark-Zeiten wurde man damit zwar auch nicht reich, aber zumindest blieb einschließlich der Zinsen der Vermögenswert trotz Inflation einigermaßen erhalten. Aufschlußreich ist auch ein Vergleich der Wechselkurse. Der Außenwert einer Währung ist weniger abhängig von weltpolitischen Ereignissen, da diese fast alle Länder und Währungen betreffen. Betrachtet man etwa den Wert einer D-Mark in Dollar, so hat sich dieser von ursprünglich einmal etwa 25 Cent auf zum Schluß etwa 45 Cent beinahe verdoppelt, wenngleich mit zwischenzeitlichen Schwankungen. Dagegen ist der Wert eines Euro in Dollar gemessen nur anfangs gestiegen und liegt heute kaum höher als bei seiner Einführung, nämlich nahe der Parität. Ähnliche Unterschiede zeigen sich auch im Vergleich mit dem Franken. Die D-Mark erlebte nur in den 1970er Jahren einen deutlichen Wertverlust gegenüber der Währung der Schweiz, war aber in ihren letzten 25 Jahren weitgehend kursstabil. Demgegenüber hat der Euro gegenüber dem Franken nahezu kontinuierlich an Wert verloren und ist daran gemessen heute 40 Prozent weniger wert als bei seiner Einführung. Als Zwischenfazit kann man ziehen: Die Inflationsrate war unter dem Euro sogar etwas niedriger als in D-Mark-Zeiten, begünstigt allerdings auch durch anders gelagerte globale Krisen. Der Außenwert der D-Mark gegenüber anderen Weltwährungen hat sich dagegen seinerzeit deutlich günstiger entwickelt, was sicher maßgeblich zu ihrem bis heute guten Ruf beigetragen hat. Namentlich die früheren Währungen der anderen EU-Länder wie Italien, Frankreich oder auch Griechenland erwiesen sich gegenüber der D-Mark als ausgesprochene Weichwährungen. Die Konsumenten dieser Länder haben insoweit von dem deutlich stabileren Euro tatsächlich stark profitieren können. Auf die Sparer trifft dies weniger zu, denn sie hatten ebenso wie die deutschen Geldanleger unter einer real negativen Verzinsung ihres Vermögens zu leiden. Ein wichtiges Ziel des Euro war neben der Geldwertstabilität auch die Begrenzung der Staatsverschuldung. Deutschland hatte entsprechend strenge Vorgaben im Maastrichter Vertrag schon als Vorbedingung zum Euro-Beitritt durchgesetzt, und auch danach sollten sie weiter gelten. Im nachhinein muß man aber feststellen, daß eigentlich nur Deutschland selbst sich daran gehalten hat – zumindest einigermaßen. So liegt die aktuelle Staatsverschuldung mit 65 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) hierzulande nur knapp über der Maastricht-Grenze von maximal 60 Prozent. Im Euroraum insgesamt ist sie dagegen weiter angestiegen und beträgt derzeit fast 89 Prozent. Die Hauptsünder sind wiederum Italien und Frankreich. Aber auch in Spanien, Belgien und Griechenland überschreitet die Verschuldung mit Quoten von teils deutlich über 100 Prozent jeweils die Wirtschaftsleistung. Das war nur möglich, weil die ursprünglichen Schuldenregeln nie wirklich ernst genommen, sondern stattdessen immer weiter aufgeweicht wurden. Insoweit ist die Gemeinschaftswährung also alles andere als eine Erfolgsgeschichte geworden. Gerne werden die diversen weltwirtschaftlichen Krisen dafür verantwortlich gemacht. Es läßt sich aber nicht leugnen, daß die EZB im Vergleich zur damaligen Bundesbank eine viel laschere Politik betrieb. So kaufte sie trotz gegenteiliger Vorschriften in großem Stil Staatsschulden auf und senkte sogar in Inflationszeiten die Zinsen, so wie auch aktuell wieder. Die ursprüngliche Hoffnung, schon durch den Sitz in Frankfurt und ihre formale Unabhängigkeit werde sich die Stabilitätskultur der Bundesbank auf die EZB übertragen, hat sich nicht erfüllt. Daß es durchaus auch anders geht, zeigt wiederum der Vergleich mit der Schweiz. Gemessen an den Konsumentenpreisen hat ihre Währung seit 1999 insgesamt nur 15 Prozent an Wert verloren – und nicht annähernd 40 Prozent wie der Euro. Zudem ist die eidgenössische Staatsverschuldung sogar in absoluten Zahlen niedriger als vor 25 Jahren und beträgt aktuell nur etwa 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Für künftige Bewertungen der EZB-Politik sollte man daher weniger in die Vergangenheit als vielmehr in Richtung des erfolgreichen Alpenlandes sehen. Aus der JF-Ausgabe 10/25. | Ulrich van Suntum | Mit der guten alten D-Mark war alles besser, hört man oft. Doch stimmt das? Wie krisenfest war die Nationalwährung gegenüber dem Euro? Wer sind die Gewinner und Verlierer der überstaatlichen Währung? | D-Mark,Währung | Wirtschaft | 2025-03-01T18:20:41+01:00 | 2025-03-01T18:20:41+01:00 | https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2025/wie-berechtigt-ist-die-d-mark-nostalgie/ |
Unionsfraktionschef Brinkhaus will Harder-Kühnel wählen | BERLIN. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) hat angekündigt, bei der Abstimmung über den letzten freien Posten eines Bundestagsvizepräsidenten für die AfD-Kandidatin Mariana Harder-Kühnel zu stimmen. Diese Entscheidung habe er nach einem Gespräch mit der Politikerin getroffen, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Den Abgeordneten von CDU und CSU wolle man jedoch keine offizielle Wahlempfehlung geben. Harder-Kühnel hatte die erforderlichen Mehrheiten in zwei vorangegangenen Abstimmungen verfehlt. Am kommenden Donnerstag reicht für ihre Wahl die einfache Stimmenmehrheit, bei der Enthaltungen nicht gezählt werden. Bereits kurz nach der vergangenen Bundestagswahl war der AfD-Abgeordnete Albrecht Glaser dreimal bei der Wahl für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten gescheitert. Der Posten ist seitdem unbesetzt. (ag) | JF-Online | Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) hat angekündigt, bei der Abstimmung über den letzten freien Posten eines Bundestagsvizepräsidenten für die AfD-Kandidatin Mariana Harder-Kühnel zu stimmen. Den Abgeordneten von CDU und CSU wolle man jedoch keine offizielle Wahlempfehlung geben. | Deutschland | 2019-04-02T18:15:45+02:00 | 2019-04-02T19:20:39+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2019/unionsfraktionschef-brinkhaus-will-harder-kuehnel-waehlen/ |
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De Maizière rechtfertigt Verlegung von Gelöbnis | BERLIN. Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hat die Verlegung des feierlichen Gelöbnisses der Bundeswehr vom Reichstag in den Bendlerblock verteidigt. Die Entscheidung beruhe auf einer Absprache mit Bundestagspräsident Norbert Lammer (CDU), sagte de Maizière im ARD-Morgenmagazin. Der Platz zwischen Kanzleramt und Reichstag stehe für das Zusammenwirken von Regierung und Parlament, „daß wir eine Armee haben, wie sie ausgerüstet ist und in welche Einsätze wir sie schicken“, begründete der Verteidigungsminister die Verlegung des Gelöbnisses. Der Platz am Bendlerblock zwischen Verteidigungsministerium und Ehrenmal stehe dafür, wie die Bundeswehr geführt werde, wie die Einsätze geführt würden und welche harte Folgen das haben könne. „Wir erinnern dort an die gefallenen Soldaten“, betonte de Maizière. Das eine betrachtet, sei das „ob“, das andere das „wie“. Dies abwechselnd in den Mittelpunkt zu stellen, halte er für richtig. Wehrbeauftragter kritisiert Verlegung In den vergangen Jahren war das feierliche Gelöbnis der Bundeswehr am Jahrestag des Attentates auf Hitler von Claus Graf Schenk von Stauffenberg am 20. Juli 1944 vor dem Reichstag abgehalten worden. Kritik an der Verlegung in den Bendlerblock war unter anderem vom Wehrbeauftragten des Bundestags, Hellmut Königshaus, geäußert worden. „Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee und kein Ministerialheer“, unterstrich der FDP-Politiker gegenüber der Welt. Er hätte es eine schöne Tradition gefunden, wenn das Gelöbnis immer vor dem Reichstag abgehalten würde. (krk) | JF-Online | Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hat die Verlegung des feierlichen Gelöbnisses der Bundeswehr vom Reichstag in den Bendlerblock verteidigt. Dort werde mit dem Ehrenmal auch daran erinnert, welche harten Folgen die Einsätze der Bundeswehr haben können. | Deutschland | 2012-07-20T12:00:00+02:00 | 2013-12-03T18:59:43+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2012/de-maiziere-rechtfertigt-verlegung-von-geloebnis/ |
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Deutschland ist arm an Kindern und Zukunft | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Birgit Kelle | Deutschland zeugt nicht nur zu wenige Kinder, es will auch gar keine bessere Demografie. Diesen Eindruck vermittelt jedenfalls die aktuelle Politik. Dabei gibt es Alternativen. Ein Kommentar von Birgit Kelle. | Kinder | Kommentar | 2024-08-03T19:02:13+02:00 | 2024-08-03T19:02:13+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2024/deutschland-ist-arm-an-kindern-und-zukunft/ |
Schreckliche Echsen | Das zweimonatlich im DIN-A-4-Format und mit einem Umfang von 34 Seiten erscheinende Philatelie-Journal Postfrisch stellt in seiner aktuellen Ausgabe (September/Oktober 2008) wie gewohnt Briefmarken-Neuerscheinungen vor, die dann jeweils von Titelgeschichten, Hintergrundinformationen, Porträts und historischen Erklärungen umrahmt werden. So erscheint in diesem Herbst beispielsweise in der Serie „Für die Jugend“ eine Blockausgabe zum Thema Dinosaurier. Das dazugehörige Titelthema „Giganten der Urzeit“ erinnert unter anderem daran, daß ein chinesischer Ersttagsbrief von 1958 weltweit die ersten Marken von Dinosauriern zeigte, das erste Plateosaurusskelett bereits 1834 nördlich von Nürnberg ausgegraben wurde und die britische Marke mit dem Tyrannosaurus Rex den Erfinder des Namens Dinosaurier, Richard Owen, ehrt. Der englische Forscher Owen verwendete das aus dem Griechischen stammende Wort, das sich von „deinos“ („schrecklich“) und „sauros“ („Echse“) ableitet, vermutlich erstmals im Jahre 1841 wegen der gewaltigen Größe der Fossilienfunde. Das weltweit größte Skelett ist übrigens im Museum für Naturkunde in Berlin ausgestellt und zeigt einen 13,27 Meter hohen und über 20 Meter langen Brachiosaurus brancai. Mit einer Sondermarke und einer Gedenkmünze wird im Oktober 2008 auch die weltberühmte Himmelsscheibe von Nebra gewürdigt. 2002 ging es durch die internationale Presse: Eine rätselhafte Metallscheibe war aufgetaucht, die Schatzsucher in der Nähe von Nebra gefunden hatten. Sie gilt heute als einer der bedeutendsten archäologischen Funde des 20. Jahrhunderts. Lange umgab diese runde Bronzeplatte mit 32 Zentimetern Durchmesser und auffälligen Goldapplikationen eine Aura des Mysteriösen. Doch Forscher konnten inzwischen einige ihrer Geheimnisse lüften. Außer der Himmelsscheibe gehören zu dem Fund noch zwei Schwerter, zwei Beile, ein Meißel und zwei Armspiralen. Anhand der Schwerter, die mit ähnlichen Fundstücken verglichen wurden, ließ sich der Zeitpunkt des Vergrabens vor rund 3.600 Jahren auf dem Mittelberg nahe der Stadt Nebra in Sachsen-Anhalt ermitteln. Die Himmelsscheibe von Nebra ist damit die weltweit älteste konkrete Abbildung astronomischer Erscheinungen. Zudem ermöglicht sie uns einen Einblick in die Weltsicht der bronzezeitlichen Menschen, die offenbar bereits damals große Kenntnisse über die Abläufe der Jahreszeiten und die Bewegungen der Sterne gesammelt hatten. Eine kulturelle Leistung, die viele vorher nur frühen Hochkulturen wie den Ägyptern oder Chinesen zugetraut hatten. Die Postkutschen, die in ihrem Zeitalter Menschen über Grenzen hinweg verbanden und das moderne Verkehrswesen einleiteten, würdigt die Neuausgabe zur Serie „Tag der Briefmarke“. Die letzte zwischen Elze und Eldagsen fahrende Postkutsche stellte 1925 ihren Dienst ein. Damit endete ein großes Kapitel der deutschen Postgeschichte, das aber auf Briefmarken reichhaltig dokumentiert ist. Anschrift: Postfrisch. Carl-Bertelsmann- Str. 33, 33311 Gütersloh. | JF-Online | Das zweimonatlich im DIN-A-4-Format und mit einem Umfang von 34 Seiten erscheinende Philatelie-Journal Postfrisch stellt in seiner aktuellen Ausgabe | Kultur | 2008-09-26T00:00:00+02:00 | 2008-09-26T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2008/schreckliche-echsen/ |
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Sparzwänge | Nicht anders als ihre Mitgliedsstaaten steckt auch die Nato in Finanznöten. Das Haushaltsloch für das Jahr 2010 wird auf etwa 640 Millionen Euro beziffert. Hinzu kommt ein Defizit, das sich im Sonderetat zur Deckung der laufenden Kosten der afghanischen Armee abzeichnet. Hier sollen von den eigentlich vorgesehenen 1,3 Milliarden Euro erst 266 Millionen abgesichert sein. Die zentrale Ursache der Finanzmisere ist die Lageentwicklung in Afghanistan. In den militärischen Planungen mußte der Bedarf an Soldaten und Ausrüstung beständig nach oben korrigiert werden. Entsprechend sind die Budgets, die zur Finanzierung der Mission veranschlagt wurden, aus dem Ruder gelaufen. Da der Isaf-Einsatz bereits militärisch und politisch so prekär ist, daß eine Erhöhung des Kräfteeinsatzes als unausweichlich angesehen wird, kann eine Reduzierung oder gar Einstellung des Engagements aufgrund simpler Sparzwänge nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden. Die Überlegungen kreisen daher darum, einerseits die Mitglieder stärker zur Kasse zu bitten und andererseits Vorhaben zu streichen, denen vor dem Hintergrund der aktuellen Lage bis auf weiteres eine geringere Priorität zuzuerkennen ist. Diese Herangehensweise, eine Unterfinanzierung der Streitkräfte dadurch zu meistern, daß man sich auf ihre sogenannten Kernaufgaben konzentriert und alle anderen hintanstellt, ist in Deutschland aus der Transformation der Bundeswehr geläufig. Sie hat das Bestehen in den aktuellen Einsätzen zur alleinigen Maxime erhoben, die für die Verwendung der chronisch knappen Finanzmittel den Ausschlag gibt. Folgerichtig wäre die Bundeswehr heute nicht mehr in der Lage, die durch das Grundgesetz eigentlich für sie vorgesehene Aufgabe der Landes- und Bündnisverteidigung zu schultern. Die Erfahrungen in Afghanistan zeigen jedoch, daß die Selbstbescheidung der Bundeswehr wie auch der Nato insgesamt noch nicht weit genug geht. Weder das westliche Bündnis gemeinsam noch die USA im Alleingang sind imstande, Krisengebiete, in denen sie auf den Widerstand bloß paramilitärischer Aufständischer stoßen, dauerhaft zu befrieden. Die schwere Haushaltskrise, die die Nato-Mitglieder ohne Ausnahme erfaßt hat, sollte daher als Chance begriffen werden, sich zu einem neuen Realismus durchzuringen und lediglich Ziele anzustreben, die auch erreicht werden können. Wenn seine militärische Machtprojektion nicht mehr glaubhaft ist, bleiben dem westlichen Bündnis ja immer noch seine Grundwerte, die die Welt unweigerlich in ihren Bann ziehen. | JF-Online | Nicht anders als ihre Mitgliedsstaaten steckt auch die Nato in Finanznöten. Das Haushaltsloch für das Jahr 2010 wird auf etwa 640 Millionen Euro beziffert. | Kultur | 2010-02-12T00:00:00+01:00 | 2010-02-12T00:00:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2010/sparzwaenge/ |
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Grünen-Landesverband verteidigt Verfahren gegen Palmer | STUTTGART. Der baden-württembergische Landesverband der Grünen hat das Parteiordnungsverfahren gegen Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer verteidigt. „Grenzüberschreitungen des Sagbaren, bei denen Menschengruppen gegeneinander ausgespielt werden, gehören nicht zu einer gesunden Debattenkultur und nicht zu den Grundsätzen von Bündnis 90/Die Grünen“, sagte eine Sprecherin laut der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag in Stuttgart. „Abweichende Meinungen auszuhalten und Provokationen zu ertragen“, gehörten zum Parteileben aber selbstverständlich dazu, betonte sie. Das schiedsgerichtliche Verfahren werde nun klären, ob ein Parteiausschlußverfahren gerechtfertigt sei. Der Landesverband reagierte damit auf einen Aufruf von rund 500 Grünen-Mitgliedern, die unter dem Motto „Palmer bleibt grün“ einen Stopp des Verfahrens fordern. Zu den Unterstützern zählen unter anderem die frühere Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer, der ehemalige Freiburger Oberbürgermeister Dieter Salomon und der Ex-Grünenvorsitzende Ludger Volmer. „Wir erinnern an die in unserer Partei hochgehaltene Debattenkultur, die wir für besonders schützenswert halten“, heißt es laut Spiegel in dem Papier. „Menschen auszuschließen, nur weil sie in einer bestimmten Zeit, in der bestimmte Themen Hochkonjunktur haben, den Mainstream verlassen, halten wir für unsere Partei unwürdig.“ Palmer ist bei den Grünen seit Jahren umstritten, unter anderem, weil er vor den Auswirkungen der Massenmigration gewarnt hatte. Zuletzt erregte er allerdings Anstoß, weil er sich ironisch-überspitzt in die „Quotenschwarzer“-Affäre zwischen den Ex-Fußballprofis Jens Lehman und Dennis Aogo eingemischt hatte. Einige Grüne warfen Palmer Rassismus vor. Im Dezember machte der Bürgermeister den Antrag auf seinen Parteiausschluß öffentlich. (ls) | JF-Online | Der grüne Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer warnte seine Partei regelmäßig vor den Folgen ihrer Politik. Weil er dabei nicht mit scharfen Worten sparte, soll er ausgeschlossen werden. Gegner und Befürworter werden aktiv. | Palmer | Deutschland | 2022-01-11T17:30:49+01:00 | 2022-01-11T17:30:49+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2022/gruenen-landesverband-verteidigt-verfahren-gegen-palmer/ |
Ausschreitungen nach Parlamentswahl in der Türkei | DIYARBAKIR. Nach der türkischen Parlamentswahl ist es im Südosten des Landes zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Die Partei des Präsidenten Reccep Tayyip Erdogan hatte die absolute Mehrheit erzielt. In der Kurdenmetropole Diyarbakir setzten Ordnungskräfte Tränengas gegen eine Menschenmenge ein, die sich vor der Zentrale der prokurdischen Partei HDP versammelt hatte, um gegen das Wahlergebnis zu protestieren. Einige Demonstranten warfen Steine auf Polizisten und zündeten Autoreifen an. AKP erreicht absolute Mehrheit Die AKP von Erdogan hatte ein Ergebnis von 49,5 Prozent erreicht, die prokurdische HDP kam auf 10,8 Prozent und ist damit im Parlament vertreten. Bei der vergangenen Wahl im Sommer stimmten 13,1 Prozent für die HDP. Nachdem die Regierungsbildung gescheitert war, hatte Staatspräsident Erdogan Neuwahlen ausgerufen. Der Vizechef der Kurdenpartei, Selahattin Demirtas, bezeichnete den Wahlkampf bei einer Pressekonferenz als „unfair, unfrei und ungleich“, berichtet der Focus. Auch in mehreren deutschen Städten kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Türken und Kurden. In Stuttgart bewarfen nach Polizeiangaben vier Vermummte einen Autokorso von AKP-Sympathisanten mit Pflastersteinen. Die Polizei nahm elf Anhänger verschiedener türkischer Parteien fest. In Deutschland dürfen türkische Staatsbürger an den Wahlen in ihrer Heimat teilnehmen. Rund die Hälfte der 2,9 Millionen Auslandstürken lebt in der Bundesrepublik. (fl) | JF-Online | Nach dem Wahlsieg der Partei von Staatspräsidenten Reccep Tayyip Erdogan bei den türkischen Parlamentswahlen ist es in der Türkei zu gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen Erdogan-Gegnern und der Polizei gekommen. Auch in Deutschland lieferten sich Türken und Kurden gewalttätige Auseinandersetzungen. | Ausland | 2015-11-02T13:13:49+01:00 | 2015-11-02T14:09:44+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2015/ausschreitungen-nach-parlamentswahl-in-der-tuerkei/ |
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Grünes Licht für Deutsch | Peter Ramsauer gibt der deutschen Sprache wieder Vorfahrt. „Schluß mit Denglisch!“ rief der Bundesverkehrsminister nach hundert Tagen im Amt. Noch vor vier Jahren tönte es ganz anders. „Fairplay on the autobahn“, plakatierte das Ministerium in ganz Deutschland zur Fußballweltmeisterschaft. Auch innerhalb der Behörde wurde das Deutsche verdrängt: Statt Besprechungen gab es „Meetings“, statt einer Reisestelle „Travel Management“, statt einer Abgabefrist die „Deadline“. Damit ist jetzt Schluß. Ramsauer will „keine ‘Kick-off-Meetings’ für ‘Outsourcing-Projekte’“ und sagt: „Ich will, daß im Haus wieder mehr Deutsch gesprochen wird.“ Gut so! Daß es ihm mit der deutschen Sprache ernst ist, hat Ramsauer immer wieder bewiesen. Sein Einspruch sorgte dafür, daß aus den Entwürfen für das gemeinsame Wahlprogramm der Union alle entbehrlichen Anglizismen verschwanden. Im schwarz-gelben Koalitionsvertrag verhinderte er zwar nicht die „Roadmap“, dafür aber die „Benchmark“ (Vergleichsmaßstab) und die „Task Force“ (Projektgruppe). Zu Recht fragt Ramsauer: „Wie will man in Deutschland etwas politisch umsetzen, wenn man es nicht einmal auf deutsch sagen kann?“ Daher ist Ramsauers Vorstoß ein Signal, das über sein Ministerium hinausreicht: Mit der deutschen Sprache fährt man einfach besser. | JF-Online | Peter Ramsauer gibt der deutschen Sprache wieder Vorfahrt. „Schluß mit Denglisch!“ rief der Bundesverkehrsminister nach hundert Tagen im Amt. Noch vor vier | Debatte | 2010-02-05T00:00:00+01:00 | 2010-02-05T00:00:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/2010/gruenes-licht-fuer-deutsch/ |
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Riester, Rürup & Co. bleiben unbehelligt | Millionen Rentner müssen Steuern nachzahlen“, titelte die Bild vorige Woche mitten im journalistischen Sommerloch. Laut Angaben der Deutschen Steuergewerkschaft (DSTG) sind schätzungsweise 3,4 Millionen Ruheständler zusätzlich steuerpflichtig. Rentnerpaare, die Einkünfte über dem jährlichen Grundfreibetrag von 15.328 Euro beziehen, müssen dann eine Steuererklärung abgeben. Die Steuerpflicht besteht seit 2005, doch erst ab kommendem Jahr übermitteln die Rentenversicherer ihre Daten an die Finanzämter, die dann – in der Mehrzahl Beträge weit unter 500 Euro – nachfordern werden. Im Gegenzug dafür werden die Aufwendungen für die Altersvorsorge bis zum Jahr 2025 schrittweise steuerfrei gestellt. Kein Ausgleich ist hingegen für die Abgeltungsteuer vorgesehen, die 2007 im Zuge der Unternehmenssteuerreform eingeführt wurde. Bisher war der Gewinn aus Aktien oder Investmentfonds, die über ein Jahr gehalten wurden, steuerfrei. Dividenden wurden nur zu 50 Prozent besteuert. Ab 2009 sind auf alle Einnahmen aus Kapitalerträgen 25 Prozent Abgeltungsteuer und acht bis neun Prozent Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag zu entrichten – insgesamt also 28 bis 29 Prozent. Betroffen sind Groß- wie Kleinverdiener. Speziell Anleger mit einem Einkommensteuersatz von unter 25 Prozent zahlen drauf. Nur Kleinstsparer, bei denen die Kapitalerträge unterhalb von 801 Euro jährlich liegen, sind von der Abgeltungsteuer nicht betroffen. Die neue Steuer macht die private Geldanlage in Aktien und Fonds in Zukunft weniger attraktiv. Die staatlich geförderte Altersvorsorge in Form von sogenannten Riester- und Rürup-Sparplänen und -versicherungen sowie die private und betriebliche Altersvorsorge hingegen könnte von der Neuregelung profitieren, denn diese Finanzprodukte sind von der Abgeltungsteuer befreit. Riester-Sparer müssen ihre Rente lediglich nachgelagert (Rentenbezug) versteuern. Ihr individueller Steuersatz dürfte allerdings im Rentenalter weitaus geringer sein als im Arbeitsleben. Auch bei der Rürup-Rente gilt das Alterseinkünftegesetz – die steuerliche Abzugsfähigkeit der Sparbeiträge steigt, im Gegenzug wächst die Besteuerung bei der Auszahlung, 2040 sind dann 100 Prozent zu versteuern. Aber im Gegensatz zur „Rentensteuer“ (Bild) gibt es bei der privaten Vorsorge einen Gestaltungsspielraum und diverse Ausnahmen. So ist eine Leistung aus einer reinen Risikoversicherung ohne Sparanteil (Risikolebens-, Berufsunfähigkeits-, Erwerbsunfähigkeits- und Pflegeversicherung sowie Unfallversicherung ohne garantierte Beitragsrückzahlung) nicht steuerpflichtig nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Einkommensteuergesetz. Dies gilt sowohl für Kapitalauszahlungen wie auch etwa für Unfallrenten. Auszahlungen aus privaten Kapitallebens- und Rentenversicherungen müssen hingegen prinzipiell versteuert werden – wie hoch, das hängt von der Gestaltung des Versicherungsvertrages ab. Im Alter hat der Versicherungsnehmer in der Regel die Wahl, sich das Kapital mit Überschüssen auszahlen zu lassen und zu versteuern oder aber eine monatliche Rentenzahlung zu vereinbaren. Bislang erzielten Investmentfonds wegen ihrer prinzipbedingt geringeren Kosten einen höheren Kapitalertrag als fondsgebundene Versicherungen. Doch dies dürfte künftig anders aussehen, sofern die Auszahlung nach dem 60. Lebensjahr erfolgt. Die Fondssparerrente wird nur mit dem Ertragsanteil versteuert. Dieser liegt mit 60 bei 22 Prozent, mit 65 bei 18 Prozent – dann bleiben 82 Prozent zeitlebens steuerfrei. Auch Investmentfonds, welche ihre Erträge (etwa Dividenden) wieder anlegen (thesaurieren), unterliegen nicht der Abgeltungsteuer. Erst wenn der Anleger seine Fondsanteile abstößt und seine Gewinne realisiert, greift der Finanzminister zu – die Besteuerung wird so auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Bei Fonds, die ihre Erträge direkt im Geschäftsjahr an die Anleger ausschütten, greift der Fiskus zweimal mit jeweils 25 Prozent zu: bei den jährlichen Erträgen und dann beim Fondsanteilverkauf. Markus Zschaber: Abgeltungsteuer – na und! So schützen Sie Ihre Finanzen vor dem Fiskus. Finanzbuch Verlag, München 2008, gebunden, 162 Seiten, 19,90 Euro | JF-Online | Millionen Rentner müssen Steuern nachzahlen", titelte die Bild vorige Woche mitten im journalistischen Sommerloch. Laut Angaben der Deutschen | Politik | 2008-08-22T00:00:00+02:00 | 2008-08-22T00:00:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/politik/2008/riester-ruerup-co-bleiben-unbehelligt/ |
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Peter Scholl-Latour: "Die USA als Verbündete al-Qaidas" | Damaskus/Berlin. „De facto sind die USA im Verbund mit Saudi-Arabien und den Golf-Emiraten zu Förderern der al-Qaida Syriens und des Irak geworden“, erklärt Nahost-Experte Peter Scholl-Latour im Interview mit der heute in Berlin erscheinenden Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT. Trotz der schweren Menschenrechtsverletzungen unter der Herrschaft Assads sei dieser für den Westen und die Stabilität der Region die bessere Wahl. „Wenn sich al-Qaida auf den Golan-Höhen installiert, wird die Situation für Israel weit prekärer“, so Scholl-Latour. Zudem sei mit Vertreibungen und Massakern im großen Stil zu rechnen. „Offenbar bedenkt man im Westen nicht, daß bei einem Sieg der al-Qaida die Alawiten nicht nur vertrieben, sondern umgebracht werden. Es wird ein schreckliches Massaker geben“, erklärt der Bestsellerautor. Die syrischen Christen würden ebenfalls umgebracht oder vertrieben. Die von den USA angekündigten „selektiven Schläge“ gegen Syrien hätten militärisch keine Bedeutung. Auch sei Baschar al-Assad nicht so verhasst, wie es im Westen häufig behauptet werde. „Nicht nur bei Alawiten, Christen und Drusen, auch bei vielen gemäßigten Sunniten wird er angesichts des drohenden konfessionellen Gemetzels als das geringere Übel empfunden“, so Scholl-Latour. | Damaskus/Berlin. „De facto sind die USA im Verbund mit Saudi-Arabien und den Golf-Emiraten zu Förderern der al-Qaida Syriens und des Irak geworden“, erklärt | Presse | 2013-09-06T10:58:00+02:00 | 2013-09-06T10:58:00+02:00 | https://jungefreiheit.de/pressemitteilung/2013/peter-scholl-latour-die-usa-als-verbuendete-al-qaidas/ |
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Wilders Rückzug aus der Regierung ist nur konsequent | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Mina Buts | Geert Wilders zündet die Koalitionsbombe. Nach elf Monaten ist die Regierung Schoof Geschichte. Mit liberalen Koalitionspartnern läßt sich eben keine rechte Politik machen. Ein Kommentar. | Wilders | Kommentar | 2025-06-03T16:56:15+02:00 | 2025-06-03T17:00:41+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2025/wilders-rueckzug-aus-der-regierung-ist-nur-konsequent/ |
Substanzverfall | Fast zwei Fünftel der Brücken unserer Bundesfernstraßen befinden sich, so soll das Verkehrsministerium festgestellt haben, in einem ungenügenden, kritischen oder gerade noch ausreichenden Zustand. Eine Aussicht auf Besserung dürfte es vor dem Hintergrund der Haushaltslage kaum geben. Unter Umständen wird man aber einen weiteren dramatischen Substanzverfall der Verkehrswege abwenden können. Für manche mag damit die einst so populäre Maxime, daß Deutschlands Platz an der Seite der Dritten Welt wäre, hinsichtlich der Infrastruktur unserer Republik unverhofft eine Tatsache geworden sein. Dennoch wäre es völlig verkehrt, dies als ein Problem anzusehen, das möglicherweise sogar Handlungsbedarf hervorriefe. Die Situation in den USA, denen niemand einen Mangel an Prosperität unterstellen wird, ist nicht wesentlich anders. In Florida beispielsweise gelten 20 Prozent der Straßen und Brücken als äußerst reparaturbedürftig. Der Attraktivität dieses Bundesstaates gerade für alte Menschen, die doch vor allem Komfort suchen, scheint dies keinen Abbruch zu tun. Vielleicht sollten wir, statt immer nur zu lamentieren, doch lieber unsere so vertraute wie fragwürdige Anspruchshaltung überprüfen. Wie kommen wir eigentlich auf die Idee, es gehöre zu den Kernaufgaben des Staates, überall für intakte Verkehrswege zu sorgen? Ist der öffentlichen Hand wirklich vorzuwerfen, daß sie hier zu wenig Geld ausgibt, wo sie doch bekanntermaßen gar keines hat, sondern dieses erst von jenen Privaten nehmen müßte, die über es verfügen? Sollte man nicht statt dessen viel eher darauf drängen, daß auch auf diesem Gebiet endlich die Voraussetzungen für mehr Eigenverantwortung der Bürger geschaffen werden? Wenn die Autofahrer selber entscheiden dürften, was ihnen ihre Straßen wert sind, würden sie unschwer erkennen können, daß Perfektionismus nur der Wahn von Bürokraten ist, die Qualitäts- und Sicherheitsstandards hoch setzen, weil sie vom Markt nichts begriffen haben. Manche Schlaglöcher oder ein gewisses Risiko bei der Überquerung von Brücken nimmt der Steuerzahler nämlich bereitwillig in Kauf, wenn er dadurch seinen Anteil an den Instandsetzungskosten spart. Zöge sich der Staat aus seiner überkommenen Verantwortung für die Verkehrswege zurück, hätte dies zudem makroökonomisch positive Effekte. Bislang nimmt er dem Bürger das Geld, um mit viel Verwaltungsaufwand in der Straßenbaubranche eine Scheinkonjunktur zu finanzieren. Bliebe dieses Geld bei denen, die es verdient haben, würden sie es nicht etwa sparen, sondern es, ohne daß die staatliche Bürokratie einen Teil davon verschlänge, für Autoreparaturen ausgeben, die durch den Zustand der Straßen erforderlich werden. In Florida veranschlagt man dafür jährlich über fünfzig Dollar pro Fahrzeug, in Deutschland könnten es schnell deutlich mehr werden. Jede Autoreparatur aber fließt in unser Bruttosozialprodukt ein. Es ist also nicht verwegen, wieder auf Wachstum zu hoffen. | JF-Online | Fast zwei Fünftel der Brücken unserer Bundesfernstraßen befinden sich, so soll das Verkehrsministerium festgestellt haben, in einem ungenügenden, kritischen | Debatte | 2003-10-31T00:00:00+01:00 | 2003-10-31T00:00:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/2003/substanzverfall/ |
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Dämonie der Sinne | ODeutschland! Land im Sterben!“ Dies war der Eindruck, den der Franzose Lucien Rebatet hatte, als er Ende 1944 mit der Reichsbahn von Sigmaringen nach Berlin fuhr. Dabei fiel ihm der Titel seines 1942 erschienenen Bestsellers „Les Décombres“ (Die Trümmerhaufen) ein: „Ich habe ‚Les Décombres‘ geschrieben, als ich an das geschundene, aus den Fugen geratene Frankreich dachte. Und nun befinde ich mich mitten in den deutschen Trümmern, die noch um vieles schrecklicher sind.“ Lucien Rebatet war ein Freund Deutschlands, einer jener französischen Schriftsteller wie Montherlant, Céline, Drieu La Rochelle, Brasillach, die für eine Kollaboration des 1940 besiegten Frankreich mit der deutschen Siegermacht eintraten. Man könnte den antidemokratisch und antisemitisch eingestellten Rebatet, dessen 100. Geburtstag am 15. November ansteht, dem Vergessen anheimgeben, wenn er nicht ein überaus gewandter Stilist, ein beeindruckender Romanschreiber, ein kenntnisreicher Film- und Musikkritiker und ein achtenswerter Wahrheits- und Gottsucher gewesen wäre. Als Sohn eines sozialistisch orientierten Notars und einer fromm-katholischen Mutter in Moras-en-Valloire (Drôme) geboren, besuchte Rebatet ein Collège der Maristenpatres, das er mit einer antichristlichen und antiklerikalen Einstellung verließ. Während seines Universitätsstudiums in Lyon (Jura) und Paris (Philosophie; Abschluß: Lizentiat) wurde der junge Antiklerikale zum Agnostiker. Der Wehrdienst führte den Sympathisanten der „Action Francaise“ (AF) ins französisch besetzte Rheinland nach Koblenz und Diez/Lahn. Hatte er schon als Bewunderer deutscher Philosophie (Nietzsche!) und Musik (Wagner!) den blinden Deutschenhaß des AF-Chefs Charles Maurras nicht teilen können, so kam das, was er aus dem heimatlichen Milieu an Vorurteilen gegen die „Boches“ mitbrachte, beim persönlichen Kennenlernen deutscher Menschen ins Wanken. 1929 begann Rebatet seine journalistische Tätigkeit als Musik- und Filmkritiker; in den dreißiger Jahren politisierte er sich als Redaktionsmitglied der AF-Zeitung Je suis partout immer stärker. Er war kein Kritiker mit Scheuklappen, da er sich schon als Student in Paris allen modernen Strömungen in Literatur, Kunst, Musik und Filmschaffen geöffnet hatte. In politischer Hinsicht fühlte er sich unter den AF-Anhängern als ein „Häretiker“: die Wiedereinführung der Monarchie hielt er für eine Schimäre, eine scharf antikapitalistisch-revolutionäre, europäisch orientierte Einstellung verband er mit einer Bewunderung für die Person und den Staat Mussolinis. Dem NS-Staat begegnete Rebatet mit zunehmender Sympathie. Zwischen 1934 und 1938 unternahm er sechs Reisen nach Deutschland, um sich ein eigenes Bild von dem zu machen was er als die „Wiedergenesung“ einer Nation empfand. Diese Eindrücke verschärften seinen Schmerz über die „Dekadenz“ Frankreichs. Vor und nach der Münchner Konferenz von 1938 war Rebatet ein Friedenspropagandist, wobei er jedoch die komplizierten Fragen der Machtpolitik und Diplomatie allzu sehr im Lichte jener Feindbilder sah, die Nationalsozialismus und Faschismus pflegten. 1940 erlebte der französische Patriot Rebatet die schnelle Niederwerfung Frankreichs durch die deutschen Panzerarmeen als eine ungeheure nationale Katastrophe. Nach kurzer Hinwendung zum Regime des Marschalls Pétain (Mitarbeit bei Radio Vichy) wandte er sich enttäuscht vom System Pétains ab, da die proklamierte „Nationale Revolution“ sich weitgehend als bloße Worthülse erwies. Im besetzten Paris war er einer der führenden Journalisten und konnte auch seinen Einfluß geltend machen, um ein qualitativ hochwertiges Kulturleben in der Metropole zu ermöglichen. Als Kollaborateur geriet Rebatet im Sommer 1944 in den Strudel der deutschen Niederlage. Er gehörte zu den Exil-Franzosen, die in und um Schloß Sigmaringen untergebracht wurden. Sein weiteres Schicksal ist schnell erzählt: Der Verhaftung am 8. Mai 1945 folgte am 23. November 1946 das Todesurteil. Am 9. April 1947 wurde Rebatet zu lebenslänglicher Zwangsarbeit begnadigt, fünf Jahre später, am 16. Juli 1952, entlassen. Am 24. August 1972 starb er in seinem Heimatort Moras. Neben einer Musikgeschichte aus dem Jahr 1969 sind Rebatets Memoiren (posthum 1976) und ein voluminöser Roman (1952) von bleibendem Wert. In „Les Décombres“ (1942) verband Rebatet seine Erlebnisse aus den Jahren 1938 bis 1940 mit einer politischen Polemik von großer Sprachgewalt (vergleichbar mit Léon Bloy). Trotz Papierknappheit erreichte das Buch eine Auflage von 100.000. Ergänzt um einen weiteren Band (der die Jahre 1941-1947 umfaßt), erschien das Buch 1976 neu unter dem bezeichnenden (vom Autor so gewünschten) Titel „Les Memoires d’un fasciste“. Der über tausend Seiten starke Roman „Les Deux Etendards“ (Die zwei Feldzeichen) kam 1952 auch in deutscher Übersetzung heraus: „Weder Gott noch Teufel“. Das Werk geht auf Tagebuchaufzeichnungen und frühe Entwürfe Rebatets aus dem Jahre 1924 zurück. Ende Juli 1941 nahm er die Arbeit am Manuskript auf. Er hatte das Glück, daß man ihm während der Haftjahre gestattete, den Roman im September 1951 zu vollenden. Was der Agnostiker bezwang, verkörpert der Jesuit Dieses umfangreiche Werk enthält Elemente des Bildungs- und Erziehungsromans und bietet ein überaus farbiges Panorama der Weltstadt Paris und der französischen Provinz in den 1920er Jahren. Der französische Titel spielt auf die bei Ignatius von Loyola erwähnten Feldzeichen Gottes und des Teufels an, zwischen denen der Christ sich entscheiden muß. Auch der Name des Protagonisten Michel Croz weist – wenn auch ironisch – auf die Entscheidungssituation hin: „Michel“ auf den Bezwinger Satans, den Erzengel Michael (Wer ist wie Gott) und „Croz“ (lat. Crux / Kreuz) auf das Siegeszeichen Christi. Zwei Studenten und eine Gymnasiastin erleben in diesem Roman das Ringen um religiös-weltanschauliche Klarheit und die Erschütterungen durch die Liebe – von einer spiritualisierten Liebe bis hin zur Dämonie der Sinne, einer erotisch-sexuellen Besessenheit. Am Ende bekennt Michel: „Weder Gott noch Teufel!“ Was der Agnostiker in sich bezwungen hat, verkörpert sein Alter ego, sein Freund Régis, der Jesuit wird. Freundin Anne-Marie endet als drogensüchtige Lebedame. Das religiös-weltanschauliche Vakuum, das sich bei Rebatet wie bei seinem Protagonisten Michel gebildet hatte, wurde ausgefüllt durch Inhalte einer politischen Religion des 20. Jahrhunderts, des Faschismus, aus dessen Verstrickungen und Schuldzusammenhängen sich der Autor nicht mehr befreien konnte. | JF-Online | ODeutschland! Land im Sterben!" Dies war der Eindruck, den der Franzose Lucien Rebatet hatte, als er Ende 1944 mit der Reichsbahn von Sigmaringen nach Berlin | Kultur | 2003-11-14T00:00:00+01:00 | 2003-11-14T00:00:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2003/daemonie-der-sinne/ |
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Ein Erfolg für die Demokratie | Eine schallende Ohrfeige für die Politik von Bundeskanzlerin Merkel ist das Ergebnis der Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern. Ein Jahr nach der unkontrollierten Öffnung der deutschen Grenzen und dem „Wir schaffen das“-Mantra von Angela Merkel wurde die Entscheidung der Wähler im Nordosten eindeutig von einer bundespolitischen Frage bestimmt: der Asylpolitik und dem Massenzustrom illegaler Einwanderer nach Deutschland. Nach den ersten Hochrechnungen stürzt die CDU mit 19 Prozent der Stimmen auf den dritten Platz und erhielt damit eines ihrer historisch schlechtesten Wahlergebnisse. Deklassiert wurde die Partei von der AfD, die aus dem Stand mit 21 Prozent in den Landtag einziehen wird. Ausgestattet mit dem Amtsbonus des in der Bevölkerung geachteten Ministerpräsidenten Erwin Sellering, hielt sich die SPD mit 30 Prozent, büßt jedoch ebenfalls rund 5 Prozent ein. Anstieg der Wahlbeteiligung: Bürger haben das Gefühl, über Alternativen abzustimmen Bemerkenswert ist der Anstieg der Wahlbeteiligung um ganze zehn Prozentpunkte von 51 auf 61 Prozent. Es sind nach jahrelang stetig sinkender Beteiligung wieder deutlich mehr Bürger zur Urne gegangen. Der Grund: Offensichtlich hat der Antritt der AfD wesentlich dazu beigetragen, daß Bürger erstmals wieder das Gefühl hatten, über echte politische Alternativen abzustimmen. Der Erfolg der AfD ist ein Erfolg für die Demokratie. Ob Eurokrise, Asylchaos, nationale Souveränität oder direkte Mitwirkung von Bürgern – endlich kann nicht nur in Hinterzimmern oder sozialen Netzwerken, sondern im für politische Entscheidungen und Willensbildung in einer Republik vorgesehenen Ort, nämlich dem Parlament, wieder mit echtem Für und Wider gestritten werden, hat man es nicht mehr mit einer absurden All-Parteienkoalition zu tun. Die gouvernantenhafte Bevormundung der Bürger kommt an ihr Ende
Mit diesem Wahlergebnis setzt sich der Siegeszug der AfD fort. Um so bemerkenswerter, als die Partei mit massiven Diskriminierungen und gewaltsamen Attacken seitens Linksextremisten zu kämpfen hatte. Bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus in Berlin in zwei Wochen wird die erst vor drei Jahren gegründete junge Partei voraussichtlich in das zehnte Landesparlament einziehen. Die etablierten Parteien aber auch die Journalisten in den Leitmedien des Landes müssen sich damit abfinden, daß Deutschland die überfällige Normalisierung seiner politischen Landschaft erlebt. Die gouvernantenhafte Bevormundung der Bürger durch eine politische Klasse kommt an ihr Ende. Wir erleben eine erfreuliche Repolitisierung der Gesellschaft, die Emanzipation von einer bislang linksliberal beherrschten öffentlichen Meinung. Und das ist gut so! | Dieter Stein | Eine schallende Ohrfeige für die Politik von Bundeskanzlerin Merkel ist das Ergebnis der Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern. Damit setzt sich der Siegeszug der AfD fort. Um so bemerkenswerter, als die Partei mit massiven Diskriminierungen und gewaltsamen Attacken seitens Linksextremisten zu kämpfen hatte. Ein Kommentar von JF-Chefredakteur Dieter Stein. | Kommentar | 2016-09-04T19:17:07+02:00 | 2016-09-05T10:58:14+02:00 | https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2016/ein-erfolg-fuer-die-demokratie/ |
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„Erbärmlich“: So reagiert Österreich auf den Anschlag von Villach | VILLACH. Österreichs Innenpolitik hat auf den Messerterror eines Asylbewerbers aus Syrien in Villach reagiert. Allen voran FPÖ-Chef Herbert Kickl hat den Anschlag, bei dem ein 14jähriger Jugendlicher getötet wurde, scharf kritisiert. Kickl äußerte sich in einem ausführlichen Statement auf seinen Social-Media-Kanälen und sprach von einem „Systemversagen erster Güte“. Er erklärte: „Ich bin wütend auf jene Politiker, die es zugelassen haben, daß Messerstechereien, Vergewaltigungen, Bandenkriege und andere kapitale Straftaten in Österreich mittlerweile an der Tagesordnung sind.“ Zur Behandlung des Täters merkte Kickl an: „Der Täter wird wohl therapiert und verteidigt auf Steuerzahlerkosten, die Haftkosten haben auch die Österreicher zu tragen, und abgeschoben darf er nicht werden, weil man ihn ja vor unmenschlicher Behandlung im Herkunftsland schützen muß. Da läuft alles verkehrt, das ist einfach nur erbärmlich. Wer solche Zustände nicht ändern will, der meint es nicht gut mit der heimischen Bevölkerung.“ Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden. Mehr Informationen Auch andere politische Stimmen meldeten sich zu Wort. Die Generalsekretärin der Grünen, Olga Voglauer, zeigte sich betroffen und brachte schärfere Waffengesetze gegen Messergewalt ins Spiel, was Kritiker jedoch als wenig praktikabel betrachten. Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos, SPÖ-Chef Andreas Babler und ÖVP-Chef Christian Stocker forderten ebenfalls konsequentes Handeln. Babler erklärte: „Hier muß die volle Härte des Rechtsstaats wirken. Verbrechen wie diese dürfen in unserer Gesellschaft nicht passieren.“ Stocker schloß sich dem an und betonte, daß der Täter mit aller Härte bestraft werden müsse. Reaktionen gibt es auch aus der Zivilgesellschaft. So plant der Sicherheitschef des Hahnenkammrennens, Manfred Berger, die Gründung einer Bürgerwehr. „Ich gründe eine klassische Bürgerwehr, wie es sie seit dem 19. Jahrhundert gibt. Ziel ist der Schutz der Bevölkerung durch gezielte Patrouillen”, erklärte Berger gegenüber der Kleinen Zeitung. Die Zusammenarbeit mit der Polizei sei vorgesehen, die Initiative solle jedoch auf eigenständiger Basis laufen. Die künftige „Bürgerwehr Villach“ soll mit dunkel-türkisen Warnwesten, Funkgeräten, Pfefferspray und Elektroschockern ausgestattet werden. Die Finanzierung erfolgt zunächst aus Bergers Eigenmitteln, später hofft er auf Spenden und Unterstützung durch Unternehmen. Die Exekutive steht der geplanten Bürgerwehr kritisch gegenüber. Polizeisprecher Rainer Dionisio: „Eine Bürgerwehr hätte diesen Anschlag nicht verhindert. Es besteht definitiv keine Notwendigkeit für Maßnahmen durch private Personen.“ Sicherheit sei Aufgabe der Polizei, die entsprechend ausgebildet sei. (rr) | JF-Online | Nach der tödlichen Messerattacke eines Syrers in Villach fordert FPÖ-Chef Kickl harte Maßnahmen, die Grünen ein Waffenverbot und die SPÖ „Härte“. Während Politiker debattieren, formiert sich in der Stadt eine Bürgerwehr. | Villach | Ausland | 2025-02-17T14:59:36+01:00 | 2025-02-17T15:14:07+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2025/erbaermlich-so-reagiert-oesterreich-auf-den-anschlag-von-villach/ |
Urteil: Kindesentzug gegen Schulverweigerer war rechtens | STRAßBURG. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat die kurzzeitige Heimunterbringung der Kinder von Schulverweigerern aus Hessen für rechtmäßig erklärt. Die Rechte der christlichen Familie seien dadurch nicht verletzt worden, heißt es in der Urteilsbegründung. Zwar sei durch den vorübergehenden Sorgerechtsentzug kurzzeitig in das Recht auf Familienleben eingegriffen worden. Die Gründe dafür seien aber „relevant und ausreichend“ gewesen, betonten die Richter. Die vier Kinder waren 2013 für drei Wochen in einem Heim untergebracht worden. Zuvor hatten sich die Eltern aus religiösen Gründen geweigert, sie in die Schule zu schicken. Die deutschen Behörden hätten angenommen, daß der Nachwuchs der Familie isoliert würde und ihm daher Gefahr drohe. Die Eltern hätten eine Zusammenarbeit mit den offiziellen Stellen verweigert. Gibt kein Recht auf Unterricht zu Hause Die Familie kämpfte nach dem Heimaufenthalt der Kinder dafür, sie zu Hause unterrichten zu dürfen. Nach ihrer Argumentation stelle die Schulpflicht eine „Freiheitsbeschränkung“ dar. In Deutschland ist Unterricht zu Hause nur erlaubt, wenn die Kinder für längere Zeit erkrankt sind. Verweigern Eltern ihren Sprößlingen den Schulbesuch, drohen ihnen mitunter Haftstrafen. Bereits 2006 hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, daß es kein Recht auf Unterricht in den eigenen vier Wänden gibt. 2017 hatte eine andere christliche Familie aus Hessen vor dem Amtsgericht Fritzlar einen Teilsieg errungen. Die Verfahren gegen die Eheleute wurden ausgesetzt. Das Paar hatte seine Kinder ebenfalls zu Hause unterrichtet. (ag) | JF-Online | Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat die kurzzeitige Heimunterbringung der Kinder von Schulverweigerern aus Hessen für rechtmäßig erklärt. Die vier Kinder waren 2013 für drei Wochen in einem Heim untergebracht worden. | Kultur | 2019-01-10T17:22:41+01:00 | 2019-01-11T10:52:50+01:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/2019/urteil-kindesentzug-gegen-schulverweigerer-war-rechtens/ |
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Nobelpreisträger John F. Clauser: Der Klima-Ketzer | Der Weltklimarat IPCC sei eine der schlimmsten Quellen für gefährliche Falschinformationen. John F. Clauser, der dies gut gelaunt in den Raum wirft, ist nicht irgendwer: Der Experimentalphysiker, der als außergewöhnlich talentiert und intelligent gilt, hat sich mit Grundlagen der Quantenmechanik befaßt, vor allem mit der befremdlichen „nichtlokalen Quantenverschränkung“ – also dem Phänomen, daß Elementarteilchen, die weit voneinander entfernt und durch nichts verbunden sind, auf bis heute rätselhafte Weise miteinander interagieren können. Er hat experimentell bewiesen, daß dieses spukhafte Geschehen real ist. Dafür erhielt der US-Amerikaner 2022 zusammen mit dem Franzosen Alain Aspect und dem Österreicher Anton Zeilinger den Nobelpreis für Physik. Der Ausnahmewissenschaftler scheut provokante Aussagen nicht, etwa jüngst auf der Konferenz des Europäischen Instituts für Klima und Energie (EIKE) bei Wien (JF berichtete in Ausgabe 26/24). Doch schon vor einem Jahr unterzeichnete er die „Weltklima-Erklärung“ der Climate Intelligence Foundation, einer niederländischen Stiftung, die Gegengewicht zur erdrückenden Menge der Klimapanikstiftungen sein will. Kernaussage: Es gibt keinen Klimanotstand. Clauser ist nach dem Physiker Ivar Giaever der zweite Nobelpreisträger, dessen Name die Erklärung ziert. Zudem trat er 2023 dem Vorstand der in den USA beheimateten Organisation „CO2-Coalition“ mit den Worten bei: „Es gibt keine Klimakrise, denn steigende CO2-Konzentration wird der Welt zugute kommen.“ Und er verweist auf die Wolkenbedeckung, die in erster Linie die Temperatur der Erde reguliere, nicht das durch Verbrennung freigesetzte CO2. Die IPCC-Klimamodelle kritisiert er als unzuverlässig, da sie dies nicht ausreichend berücksichtigten. Das räumt übrigens auch der Weltklimarat selbst ein. Volltreffer! Seitdem herrscht helle Panik: „Führende Klimawissenschaftler“ seien alarmiert, feuern aufgebracht Blätter wie die Washington Post zurück, die penibel darüber wachen, daß keiner vom rechten Pfad des Klimapanikglaubens abweicht. Ihre große Mehrheit sei sich einig, die Erwärmung habe katastrophale Folgen, und sie klagen, Clauser nutze seinen Ruf, die Öffentlichkeit über den planetaren Notfall in die Irre zu führen. „Auch wenn es viele ärgert, der Planet ist nicht in Gefahr“, widerspricht der 82jährige aus Pasadena in Kalifornien, der weiß, was Wissenschaft in Wahrheit bedeutet: „Ich habe das große Privileg, mit Gott zu sprechen – obwohl ich Atheist bin. Denn im Labor stelle ich sorgfältig mathematisch begründete Fragen und beobachte die entsprechende universelle Wahrheit.“ Physik sei geduldiges Beobachten, exaktes Messen, genaues Auswerten: „Präzise Beobachtungen haben Vorrang vor rein spekulativen Theorien.“ „Die Welt“, schimpft er, „ist überschwemmt mit Pseudowissenschaft, wissenschaftlicher Fehlinformation und mit dem, was ich ‘Techno-Cons’ nenne: wissenschaftliche Desinformation zu opportunistischen Zwecken.“ Es tut sich was: Seriöse Forscher ertragen immer weniger den fahrlässigen Umgang der Klimapanikforscher mit der Wissenschaft und erheben ihre Stimme. Clauser ist nicht der erste, und er wird nicht der letzte sein. JF 27/24 | Holger Douglas | Der amerikanische Physik-Nobelpreisträger John Clauser zählt zu den klügsten Köpfen des Planten. Um so mehr sorgt seine massive Kritik an der These vom menschengemachten Klimawandel nun für Wirbel. | Clauser | Natur und Technik | 2024-06-30T07:18:04+02:00 | 2024-06-30T07:18:31+02:00 | https://jungefreiheit.de/wissen/natur-und-technik/2024/klimakritiker-und-nobelpreistraeger-john-f-clauser-der-ketzer/ |
Der Westen muß sich warm anziehen | IHR DIGITALER ZUGANG. Einfach registrieren und weiterlesen.
Sie sind bereits Digital-Abonnent? Hier anmelden. | Gil Barkei | Seit dem Sieg des Kameruners Francis Ngannou über den US-Amerikaner Stipe Miocic kommen drei UFC-Weltmeister vom schwarzen Kontinent. Afrikanische und muslimische Kampfsportler rütteln derzeit die Szene der Mixed Martial Arts durcheinander und motivieren damit eine neue Generation an Nachwuchsathleten in ihren Heimatländern. | MMA | Sein und Zeit | 2021-04-23T12:39:46+02:00 | 2021-04-23T12:39:46+02:00 | https://jungefreiheit.de/kultur/sein-und-zeit/2021/mma-westen-afrikaner/ |
Mehrheit der Deutschen gegen weitere Aufnahme von Flüchtlingen | ERFURT. Nur ein knappes Drittel der Deutschen (32 Prozent) ist dafür, daß Deutschland ein festgelegtes Kontingent von Flüchtlingen aus dem griechisch-türkischen Grenzgebiet aufnimmt. 44 Prozent der Bürger sprachen sich laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa im Auftrag der Evangelischen Nachrichtenagentur idea dagegen aus. 15 Prozent wissen nicht, wie sie dazu stehen, neun Prozent gaben keine Antwort. Die Ablehnung fällt im Osten Deutschlands deutlicher aus als im Westen. Während sich in den alten Bundesländern 34 Prozent für die Aufnahme eines Kontingents von Flüchtlingen aussprachen (42 Prozent dagegen), waren es in den neuen Ländern 26 Prozent (53 Prozent dagegen). Stärkste Zustimmung kommt von den freikirchlichen Befragten Unter christlichen Konfessionen kommt die stärkste Zustimmung für eine Aufnahme von den freikirchlichen Befragten, die zu je 40 Prozent dafür und dagegen sind. Unter evangelisch-landeskirchlichen Umfrageteilnehmern stimmten 36 Prozent zu (44 Prozent Ablehnung), bei den römisch-katholischen waren es 34 Prozent (42 Prozent Ablehnung). Konfessionslose Befragte sprachen sich zu 30 Prozent für die Aufnahme aus und zu 48 Prozent dagegen. Deutliche Unterschiede zeigen sich zwischen den Anhängern der politischen Parteien. Für die Aufnahme eines Flüchtlingskontingents sind vor allem die Wähler der Grünen (63 Prozent gegenüber 22 Prozent Ablehnung), gefolgt von den Parteigängern von SPD (48 zu 32 Prozent) und Linken (46 zu 33 Prozent). Bei den übrigen Parteien überwiegt die Ablehnung, am deutlichsten bei den Anhängern der AfD (zehn Prozent dafür, 87 Prozent dagegen), gefolgt von den FDP-Sympathisanten (25 Prozent dafür, 60 Prozent dagegen). Bei den CDU/CSU-Wählern waren 31 Prozent dafür und 46 Prozent dagegen. (idea/tb) | JF-Online | Nur ein knappes Drittel der Deutschen (32 Prozent) ist dafür, daß Deutschland ein festgelegtes Kontingent von Flüchtlingen aus dem griechisch-türkischen Grenzgebiet aufnimmt. 44 Prozent der Bürger sprachen sich laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa dagegen aus. | Deutschland | 2020-03-10T18:09:29+01:00 | 2020-03-10T18:09:29+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2020/mehrheit-der-deutschen-gegen-weitere-aufnahme-von-fluechtlingen/ |
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Scholl-Latour kritisiert deutsche Libyen-Politik | BERLIN. Der Nahost-Experte Peter Scholl-Latour hat die Stimmenthaltung Deutschlands bei der Libyen-Resolution im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen scharf kritisiert. „Die deutsche Haltung ist ein Ausdruck von Feigheit. Wir leben nicht immer in einer friedlichen Welt, und wenn man die Libyer schon ermutigt, muß man ihnen im Ernstfall auch zur Seite stehen“, sagte Scholl-Latour im Interview mit der JUNGE FREIHEIT. Deutschland habe mit seiner Entscheidung nicht nur die Franzosen, sondern auch die Amerikaner verärgert, die allmählich an der Bündnisfähigkeit der Bundesrepublik zweifelten. „Deutsche Diplomatie hat sich bis auf die Knochen blamiert“ Zudem habe sich die deutsche Diplomatie in der Angelegenheit „bis auf die Knochen blamiert“. So habe man fälschlicherweise darauf spekuliert, daß den Amerikanern die zur Bedingung erhobene arabische Zustimmung ohnehin nicht gewährt werde. Nur sei dabei vergessen worden, daß Gaddafi in der arabischen Welt nie großes Ansehen genossen habe, sondern eher als ein „größenwahnsinniger Clown“ betrachtet wurde. „Nun herrscht bei uns großes Erstaunen darüber, daß die arabischen Staaten gegen ihn Partei ergriffen haben“, kritisierte Scholl- Latour. Das vollständige Interview mit Prof. Dr. Peter Scholl-Latour ist in der aktuellen Ausgabe der JUNGEN FREIHEIT (13/11) erschienen. | JF-Online | Der Nahost-Experte Peter Scholl-Latour hat die Stimmenthaltung Deutschlands bei der Libyen-Resolution im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen scharf kritisiert. „Die deutsche Haltung ist ein Ausdruck von Feigheit. Wenn man die Libyer schon ermutigt, muß man ihnen im Ernstfall auch zur Seite stehen“, sagte Scholl-Latour im Interview mit der JUNGE FREIHEIT. | Deutschland | 2011-03-24T14:18:00+01:00 | 2011-03-24T14:18:00+01:00 | https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2011/scholl-latour-kritisiert-deutsche-libyen-politik/ |
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