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1919-05-21 23:00:00
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2011-10-09 08:48:22
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Neuer Trend Urban Exploring - Fotos machen in verlassenen Gebäuden
Bilder, die aussehen wie aus einem Horrorfilm, das ist der neue Trend in der Fotografie. Solche Orte findet man aber nicht nur in Filmstudios. Auch hier gibt es verlassene Gebäude, die dafür taugen.
WELT
Bilder, die aussehen wie aus einem Horrorfilm, das ist der neue Trend in der Fotografie. Solche Orte findet man aber nicht nur in Filmstudios. Auch hier gibt es verlassene Gebäude, die dafür taugen.
2014-10-22T16:15:00Z
2016-12-16T13:32:03Z
Grusel-Hobby Urban Exploring
https://www.welt.de//videos/video133556214/Grusel-Hobby-Urban-Exploring.html
Mesut Özil trainiert erstmals mit Fenerbahce Istanbul
Der Twitter-Account von Fenerbahce explodierte. Die Begeisterung nach Mesut Özils Unterschrift war messbar. Binnen weniger Minuten wurde das Video, das Fenerbahce Istanbul in den sozialen Medien veröffentlichte, über eine Million Mal angesehen. Mittlerweile steht es bei vier Millionen. „Lasst es uns verkünden“, sagt der frühere deutsche Nationalspieler lachend in die Kamera. Der Transfer, der sich über Tage angedeutet hat, war am Sonntagabend fix. Wie der Klub mitteilte, unterzeichnete Özil einen Vertrag bis 2024. Özil trainierte am Sonntag zum ersten Mal mit Fenerbahce Istanbul. An seine neue Mannschaft gerichtet sagte er: „Ein Traum wird wahr.“ Er sei sehr glücklich. Özil, Weltmeister von 2014, hatte den Wechsel schon lange angekündigt. „Ich bin als Kind in Deutschland als Fenerbahce-Fan aufgewachsen“, schrieb Özil bei Twitter. Der Istanbuler Klub sei wie Real Madrid in Spanien. „Der größte Verein des Landes“, schrieb der 32-Jährige, der den FC Arsenal nach zuletzt sportlich enttäuschenden Monaten in England verlässt. Über 15 Millionen Euro soll Mesut Özil bis 2024 verdienen. Und das obwohl den Klub aus Istanbul über 520 Millionen Euro Schulden belasten. Deshalb soll der Transfer auch mithilfe der Fans finanziert werden. SMS für die Finanzierung „Wir haben eine Bitte an unsere Fans. Bitte unterstützt uns weiterhin, wir sind auch auf eure finanzielle Unterstützung angewiesen. Am Tag der Unterschrift werde ich euch auffordern, einen Rekord zu brechen“, sagte Vereinspräsident Ali Koc. „Vielleicht kommen dabei 300.000, 500.000 oder vielleicht sogar eine Million SMS zusammen. Diese Unterstützung wird uns sehr guttun.“ Jede SMS, die im Rahmen der Kampagne „Mesutol“ („Sei Mesut“; d. Red. ) an die Nummer 1907 (Gründungsjahr von Fenerbahce) geschickt wird, kostet 20 Türkische Lira (rund 2,20 Euro). Der Klub hofft also auf bis zu zwei Millionen Euro aus den Taschen seiner Fans. Aber das ist nicht alles. „Ich glaube und weiß, dass es einen großen Andrang auf die Trikots geben wird“, sagte Koc. Intern rechnet der Klub bis zum Ende der laufenden Saison mit einer Million verkaufter Özil-Trikots. Auf diesem wird neben dem Namen Özil die Nummer 67 zu sehen sein. Die Zahl steht für die Provinz Zonguldak am Schwarzen Meer. Von dort wanderten Özils Eltern nach Deutschland aus. Gemischte Gefühle in England An die Fans der Londoner Gunners richtete Özil am Sonntag emotionale Worte. „Es mag das Ende eines Kapitels sein, aber meine Verbindung zu diesem großartigen Klub wird niemals verblassen“, schrieb der Offensivspieler. Es sei „kein Abschied für immer“ nach „fast 3000 Tagen“ bei den Londonern. „Ich werde mein Leben lang ein Gunner sein – kein Zweifel“, schrieb Özil, der sich kurz nach der WM 2018 und 92 Länderspielen ebenfalls, da allerdings mit einem Brandbrief, via Twitter aus der deutschen Nationalmannschaft verabschiedet hatte. Inzwischen scheint sich seine Beziehung zum Deutschen Fußball-Bund wieder ein wenig zu bessern. Der FC Arsenal verabschiedete Özil mit netten Worten. „Mesuts Verdienste für Arsenal sind unbestritten“, wurde Mikel Arteta auf der Internetseite des Klubs zitiert. Der Coach der Gunners hatte Özil in dieser Saison nicht mehr für die Premier League und die Europa League nominiert und war dafür von Özil kritisiert worden. „Mesut war über die Jahre das Herzstück vieler großartiger Momente für diesen Klub, darunter die drei Pokalsiege“, sagte Arteta. Beim dritten Gewinn des FA Cups war Özil allerdings nicht mehr dabei. Weil er nicht mehr mit dem Mittelfeldspieler plante, hatte Arteta ihm vorzeitigen Urlaub gewährt. Die englischen Medien hatten Özil weniger freundlich verabschiedet. Polemisch rechnete die „Times“ zuletzt mit dem im Sommer 2013 für rund 50 Millionen Euro von Real Madrid geholten früheren Schalker ab. „Er hat in den letzten Jahren nur dann Energie gezeigt, wenn es darum ging, seinen Kumpel Recep Tayyip Erdogan zu unterstützen“, hieß es. Der türkische Präsident Erdogan ist zwar auch Fan von Fenerbahce – sein Lieblingsklub ist aber Basaksehir Istanbul.
WELT
Mesut Özil spielt jetzt für Fenerbahce Istanbul. Der Ex-Nationalspieler wählt emotionale Worte bei seiner digitalen Vorstellung. Als Rückennummer wählt der Weltmeister von 2014 die 67. Wegen seiner Eltern.
Sport
Fußball
2021-01-25T10:52:25Z
2021-01-25T10:52:25Z
„Ein Traum wird wahr“, sagt Özil
https://www.welt.de//sport/fussball/article224977863/Mesut-Oezil-trainiert-erstmals-mit-Fenerbahce-Istanbul.html
Drama um das „Wonnemeyer“: Die neuen Wirte am Sylter Strand
Das klassische Happy End ist eine Mogelpackung. Wird es doch eigentlich erst nach „happy“ richtig spannend. So dürfte es auch im Fall der Geschichte um „Onkel Johnny’s Strandwirtschaft“ in Wenningstedt sein. Denn mit der Eröffnung dieses unspektakulären Kiosks am Wenningstedter Nordstrand haben die Sylter (verlinkt auf /themen/sylt/) Brüder Oliver und Andreas „Desche“ Behrens dem Drama um das „Wonnemeyer“ zwar eine glückliche Wendung beschert. Doch wie lange die trägt, ist noch ungewiss. Zunächst jedoch sind fast alle froh am Wenningstedter Nordstrand. Insulaner und Gäste, weil die Strandversorgung quasi nahtlos weitergeht und sie am Ende der Holztreppe auf dem kleinen Podest kernig-friesisch empfangen und mit bodenständigem Repertoire bedient werden. „In den Ostertagen war ein einziger Gast bei uns, der schimpfte, dass es ,Wonnemeyer‘ nicht mehr gibt. Ich erzähle dann einfach die Geschichte von ,Onkel Johnny‘, der zu neuen Ufern aufgebrochen ist und der für die Vergangenheit nun echt nichts kann“, sagt Desche Behrens, der mit stahlblauen Augen und im derben Troyer auf der Holzbank seines Ladens sitzt – so als hätte die Rolle „Wirt am Strand“ nur auf ihn gewartet. Froh ist offenbar auch Wenningstedts Tourismusdirektor Henning Sieverts, an dem die Querelen um „Wonnemeyer“ nicht spurlos vorbeigegangen sind. Die Ereignisse in Kurzform: Rüdiger Meyer führte mit seiner Familie 20 Jahre lang ein populäres Strandlokal. An die Verlängerung seines befristeten neuen Pachtvertrags mit dem Tourismus-Service der Gemeinde Wenningstedt knüpften sich einige Auflagen – unter anderem hätte Meyer finanziell zur Erneuerung des maroden Podests beitragen müssen. Kurz vor Vertragsunterzeichnung scherte Meyer unerwartet aus, übte über soziale Netzwerke (verlinkt auf /themen/soziale-netzwerke/) und Pressemitteilungen öffentlich Druck auf den Tourismuschef und seine Mitarbeiter aus und wollte so die Vertragsinhalte noch einmal neu sortieren. Die Gegenseite blieb – trotz oder gerade wegen des massiven Vorgehens – norddeutsch klar und ließ sich auf keine weiteren Verhandlungen ein. Auch Rüdiger Meyer wollte nicht einlenken, das war dann das endgültige Aus für seine Gastronomie in Wenningstedt – sein Lister Standbein in der ehemaligen Weststrandhalle gibt es weiterhin. Sylter Familienbande Nach dem Abriss des baulich hinfälligen Teils Ende Februar wurde das stark verkleinerte Objekt Anfang März für eine improvisierte, bis Ende Oktober befristete Lösung neu ausgeschrieben. Ein Wettbewerb mit einer sehr sportlichen Zeitvorgabe von gut einer Woche bis zur Abgabe des Konzepts und weiteren zehn Tagen bis zur Eröffnung an Ostern. Aber nun kommt Onkel Johnny ins Spiel, Namensgeber und Leitfigur der neuen Strandwirtschaft. Tatsächlich hieß er Jon Andresen und war ein wichtiges Mitglied eines sehr großen Sylter Familienclans, den man bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen kann. Andresen fuhr 40 Jahre zur See, kam aber immer wieder zurück auf seine Insel und beeindruckte seine zahlreichen Neffen und Großneffen – zu denen auch Desche und Oliver Behrens gehören – durch „markige Sprüche, seinen Papagei auf der Schulter und durch friesische Gesangsbeiträge an Festtagen“. Als Onkel Johnny 1989 starb, erhielt jeder Verwandte die Erlaubnis, aus seinem Haus ein Andenken mitzunehmen. Die Wahl des damals 15-jährigen Desche fiel auf einen Kapitänsknopf mit Anker, den er später in einen Ring fassen ließ und nie mehr abnahm. Und dieser Ring brachte nun vor knapp vier Wochen die Geschichte ins Rollen. „Ein Blick auf den Finger meines Bruders und die Idee war da. Onkel Johnny steht für eine Friesenmischung aus Weltläufigkeit, Eigensinn, trockenem Humor und Gastfreundschaft. Das gibt viel her. Wir möchten dieser Art von Willkommenskultur Leben einhauchen. Sie schließt jeden ein, egal, wie alt er ist, wo er herkommt oder hingeht“, meint Olli Behrens zum Überbau des Ganzen. „Bei uns soll es gern wieder so sein wie früher am Strand, als wir klein waren. Die Begegnung steht im Mittelpunkt, das Erlebnis – dazu gibt es modernes Essen und Trinken von den schönsten Plätzen der Welt. So einfach.“ So wird es am Traumstrand auch mal maritime Konzerte geben, sportliche Turniere, Abenteuer für Kinder. Die vielleicht beste Idee: Wenn es denn genehmigungsfähig ist, sollen bei „Onkel Johnny“ auch wieder zu Vollmond Feste gefeiert werden, so wie damals in List, als der legendäre Bambus-Klaus noch lebte. Flugs wurde das Konzept erdacht, eine befreundete Künstlerin zeichnete mit Kohlestift einen fiktiven Johnny – eine echte Kante, verwegen, kein Käpt’n-Iglo-Grinser. Ein Logo wurde entwickelt, alles in Form gebracht und fristgerecht eingereicht. Den beiden Behrens-Brüdern mangelt es weder an Ideen noch an gastronomischer Erfahrung. Sie führen derzeit zwei renommierte Restaurants (verlinkt auf /themen/restaurants/) in Keitum, das „Amici“ und die „Butcherei“. Ihre Lust an Gastronomie entstand, als sie als Jugendliche bei ihren anderen Onkels in Kampen an der „Buhne 16“ am Kampener Strand als Aushilfen ihr Taschengeld verdienten. Dann lernten sie „was Ordentliches“, der eine wurde Flugzeugmechaniker, der andere studierte Betriebswirtschaft. Mit einer eigenen Kneipe, der „Cohibar“ in Westerland, machten sie sich in den späten 90er-Jahren selbstständig und kehrten dafür auf ihre Insel zurück. Ihr Credo lautet bodenständig: „Wir wollen kein Imperium aufbauen, sondern uns den jeweiligen Aufgaben voll und ganz verschreiben.“ Für diesen Sommer heißt das, den Spagat zwischen den Keitumer Restaurants und dem Strandbetrieb elegant hinzubekommen. Wettbewerb um den begehrten Platz Tourismusdirektor Henning Sieverts ist zufrieden mit dem, was nun entstanden ist. „Wir hatten nach knapp 20 Voranfragen am Ende neun Bewerbungen vorliegen. Es waren sehr interessante Konzepte dabei, aber der Aufsichtsrat hat sich einstimmig für ,Onkel Johnny’s Strandwirtschaft‘ entschieden.“ Der Wettbewerb wurde – wie auf Sylt üblich – von lautem Buschgetrommel begleitet. Am hartnäckigsten hielt sich das Gerücht, der Kiosk würde als weitere Filiale von Fisch-König Jürgen Gosch betrieben, es könnte sich bewerben wer wolle, das sei längst abgemachte Sache. Nun. Als der Teilabriss des maroden Podiums erfolgt, die Auswahl ordnungsgemäß getroffen und der Vertrag unterzeichnet war, krempelten sowohl die Behrens-Brüder als auch die Mitarbeiter des Tourismus-Service die Ärmel hoch. Die verbliebene Bretterbude wurde an der Südseite neu verkleidet, alles in hellem Grau gestrichen, die provisorische Küche eingerichtet, Banner und Schilder mit „Onkel Johnny“-Konterfei produziert, sodass hier auch optisch nur noch wenig an die Vergangenheit erinnert. Die Gratulanten am Eröffnungstag waren angetan. Was hätte wohl der echte Onkel Johnny zu diesem Spektakel gesagt? „Im ersten Moment wahrscheinlich: ,Wat förn dumm Tüch, da nennen die Jungs den Laden Onkel Johnny.‘ Was für ’n dummes Zeug, also. „Dabei wäre er im Herzen geplatzt vor Stolz“, vermutet Desche Behrens. So wäre das Happy End jetzt also perfekt, wenn es da nicht diesen Haken gäbe: Denn im Spätherbst (verlinkt auf /themen/herbst/) nach der Saison wird die jetzige Bretterbude einem Neubau weichen. Ein allen modernen Anforderungen und Auflagen genügendes Bistro. Geplant und gebaut vom Tourismus-Service. Wer der langfristige Pächter wird, entscheidet sich bei einem erneuten Wettbewerb in diesem Sommer. „Das hier ist unser Lebenstraum. Wir wollen eine richtig gute Visitenkarte abgeben, um Chancen auf eine Zukunft am Strand zu haben. Friesen lieben die Herausforderung“, meint Olli Behrens mit Augenzwinkern. Und Onkel Johnny war schließlich auch keiner, der aufgab. Folgen Sie uns unter dem Namen ICONISTbyicon auch bei Facebook (verlinkt auf https://www.facebook.com/ICONISTbyicon/?fref=ts) , Instagram (verlinkt auf https://www.instagram.com/iconistbyicon/) und Twitter (verlinkt auf https://twitter.com/ICONISTbyicon) .
Ana Trigueros
Der Sturm um die Gastronomie am Strand von Wenningstedt hat sich gelegt: Das ehemalige Lokal „Wonnemeyer“ wurde abgerissen, dafür hat ein neuer Kiosk eröffnet. Leider gibt es einen Haken.
Iconist
Essen & Trinken
2018-04-13T05:14:57Z
2018-07-04T13:32:42Z
Das sind sind die neuen Wirte am Sylter Strand
https://www.welt.de//iconist/essen-und-trinken/article175309934/Drama-um-das-Wonnemeyer-Die-neuen-Wirte-am-Sylter-Strand.html
Wein & Sekt: Dieser Sommer wird rosérot
Für einen Liter Wein werden in Deutschland durchschnittlich gut drei Euro bezahlt. Das ist – denkt man allein an Frachtkosten und Verpackung – wenig. Laut einer Untersuchung des Deutschen Weininstituts wird demnach zwar immer mehr Wein getrunken, nur wird dafür insgesamt weniger ausgegeben. Es gibt nur eine einzige Ausnahme: Roséweine. Deren Renommee – und Preisgefüge – ist gestiegen. Eckhard Hillmann vom Hanseatischen Wein & Sekt Kontor versucht, den Trend zu erklären: "Die Weinqualität, ob von Rotem, Weißem oder Rosé, hat sich in den letzten zehn Jahren grundsätzlich verbessert. Warum aber ausgerechnet Rosé seit zwei, drei Jahren so gut verkauft wird? Ich weiß es nicht. Früher dachten die Menschen wohl tendenziell, Rosé wäre zusammengepanscht. Aber inzwischen hat sich vielleicht herumgesprochen, dass diese Weine genauso anspruchsvoll hergestellt werden wie Weiß- oder Rotweine." So ist es, die zartrosa bis leuchtend rote Farbe ist mitnichten das Ergebnis einer Resteverwertung. Stattdessen wird Rosé auf unterschiedliche Arten und mit unterschiedlichen Farb- und Geschmacksergebnissen hergestellt: Besonders hell und leicht wird er, wenn rote Trauben unzerkleinert gekeltert, abgepresst und dann wie Weißwein ohne Schalen vergoren werden. Dunkler und kräftiger gerät er, wenn die roten Trauben erst nach zwei, drei Tagen auf der Maische abgepresst werden. Und bei der Saignée-Methode werden die Traubenhülsen mit dem Saft höchstens 72 Stunden lang zusammen vergoren und anschließend – ohne vorherige Pressung – vinifiziert. Dieses Verfahren wird vor allem zur Herstellung von Roséchampagnern genutzt. Es ist eine Alternative zur Additionsmethode, bei der Weißwein mit zehn bis zwanzig Prozent Rotwein zu Rosé-Schaumweinen vermischt wird. Rosé ist Massengeschmack Im Weinmarkt nimmt Rosé inzwischen eine ähnliche Position ein wie Elton John in der Popmusik. Auf den ersten Blick grell und unseriös, letztlich aber durch Qualität überzeugend. Und wie der Popstar trifft Rosé den Massengeschmack. Rund neun Prozent Marktanteil, und 22,4 Prozent Umsatzplus innerhalb eines Jahres bei nur 6,3 Prozent mehr Absatz sprechen für sich. Gute Restaurants bieten inzwischen weißen und roséfarbenen Champagner als Aperitif, und wer einmal die italienische Konkurrenz von Bellavista aus der Lombardei getrunken hat, eine Mischung aus Pinot-Noir- und Chardonnay-Trauben, der weiß: Rosé perlt besonders gut und fruchtig. In der "Sansibar" auf Sylt – bekannt für prominente Gäste und berühmt für ihren Weinkeller – liegen im Sommer bevorzugt die Rosés der Spitzenwinzer Robert Bauer oder Charles Mock vom Château Capitoul in den Kühlern. Jan Scharfe vom Weinhandel des Dünen-Restaurants erklärt: "Roséweine, wie wir sie haben, zeichnen sich durch ihre Frische und unkomplizierte Art aus. Sie lassen sich eisgekühlt einfach toll wegschlürfen." So einfach ist das. Lust aufs Trinken macht ein guter Rosé, und so hat er sich gerade im Sommer als Rotweinersatz und Weißweinalternative für heiße Tage etabliert. Ähnlich wie bei Rotem und Weißem gilt auch für Rosé die Regel, dass es keine festen Regeln mehr gibt. Soll heißen: Er passt zu leichten Gerichten, zu Salaten und zu Fisch. Aber genauso auch zu rotem Fleisch. In der französischen Provence, einer Heimatregion bester Rosés, wird er beispielsweise zu Lammgerichten serviert. Waren derart flexible Weine Kennern bis vor Kurzem noch suspekt, so hat sich auch hier die Stimmung zugunsten der Rosés verändert. Was nichts daran ändert, dass die Unterschiede zwischen einem Rosé aus der Provence, einem spanischen Garnacha Rosado oder einem deutschen Spätburgunder Weißherbst immens sind. Da hilft nur eines: Immer schön wegtrinken. Der Sommer kann kommen.
Alexander Stilcken
Bei Weinhändlern ist Rosé derzeit der Renner und kaum ein feines Restaurant, dass nicht Rosé-Champagner auf der Karte führt. Egal ob das prickelnde Edelgetränk oder Wein, alles, was roséfarben ist, verkauft sich jetzt besonders gut. Alexander Stilcken erklärt, warum rosa trinken besser ist.
Lifestyle
2008-06-17T09:17:49Z
2012-05-02T15:14:08Z
Dieser Sommer wird rosérot
https://www.welt.de//lifestyle/article2113707/Dieser-Sommer-wird-roserot.html
Um deutsche Waffen zu bekommen: Ukraine heißt jetzt Ägypten
Die Ukraine zieht die Notbremse! Weil selbst der Besuch von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock in voller Schutzmontur (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/ausland/plus236764893/Ukraine-Reise-Wo-Scholz-schweigt-traut-sich-Baerbock-in-die-Schusslinie.html) nichts an der deutschen Haltung in Bezug auf Waffenlieferungen an die Ukraine ändern konnte, hat man sich in Kiew zu einem radikalen Schritt entschieden. „Wir haben inzwischen verstanden, weshalb uns Deutschland außer einem Feldlazarett (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/deutschland/plus236395327/Christine-Lambrecht-Wird-Moskau-nicht-gelingen-Westen-ueber-Soeldner-Entsendung-zum-Rueckzug-zu-bewegen.html) , 5000 Helmen und 13 ausgemusterten Krankenhaus-Clowns nichts liefern will, um uns gegen eine russische Invasion zu schützen“, zeigte sich der ehemalige ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij bei der feierlichen Unterzeichnung der Verfassungsänderung einsichtig, „es muss am falschen Ländernamen liegen.“ Wie Ukraine das Vertrauen Deutschlands gewinnen will Um dieses ärgerliche Hindernis aus dem Weg zu räumen, heißt die Ukraine ab sofort anders. „Nach der Studie diverser Aufstellungen über deutsche Rüstungsexporte in den vergangenen Jahren fiel die Wahl auf Ägypten“, erklärte Pharao Selenskij bei der Grundsteinlegung der Pyramide, die nach der Sprengung des Höhenklosters neues Wahrzeichen von Kiew werden soll. Damit dürften die Bedenken der deutschen Bundesregierung ein für alle Mal ein Ende haben, ist man sich im Dnepr-Nildelta sicher – „schließlich bekommt kein Land auf der Welt mehr Waffen und militärisches Gerät von Deutschland geliefert als Ägypten (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/ausland/plus236740035/Aegypten-Kein-anderes-Land-erhaelt-so-viele-Waffen-aus-Deutschland.html) “, freut sich der Ex-Bürgermeister von Kiew, Sonnengott Vitali Klitschko. Angst vor Enttarnung in Kiew Allerdings hat man rund um den Maidan in Neu-Kairo auch ein wenig Angst, aufzufliegen. „Wenn herauskommt, dass wir gar keine Militärdiktatur sind, die sich in Krisengebieten wie dem Jemen und Libyen engagiert, bekommen wir ein Problem“, so Selenskij beim Streicheln seines zitternden Kamels im Neuschnee, „dann würde uns Deutschland ganz schnell wieder den Waffenhahn zudrehen und sich moralisch ganz schlimme Vorwürfe machen!“ Folgen Sie GLASAUGE trotzdem auf Facebook (verlinkt auf http://www.facebook.com/glasauge.satire) und Twitter (verlinkt auf https://twitter.com/WELT_GLASAUGE) – und verpassen Sie künftig keinen Artikel und keine billigen Zusatzscherze!
Jean Gnatzig
Genialer Schachzug in Kiew: Um endlich die ersehnten Waffenlieferungen zu bekommen, benennt sich die Ukraine in ein Land um, das schon seit Jahren massenhaft Munition, U-Boote und Raketen von Deutschland erhält.
Satire
2022-02-09T11:25:15Z
2022-02-09T11:25:15Z
Um deutsche Waffen zu bekommen – Ukraine heißt jetzt Ägypten
https://www.welt.de//satire/article236780503/Um-deutsche-Waffen-zu-bekommen-Ukraine-heisst-jetzt-Aegypten.html
Nordirland: Neue IRA gesteht Mord an Journalistin McKee in Londonderry
Im Zusammenhang mit der Tötung der Journalistin Lyra McKee im nordirischen Londonderry (verlinkt auf /politik/ausland/article192160475.ece) ist eine 57-jährige Frau festgenommen worden. Zwei am Samstag festgenommene junge Männer seien dagegen freigelassen worden, teilte die Polizei am Dienstag mit. Zuvor hatte sich die militante Republikanergruppe Neue IRA zu der Tötung an der Journalistin bekannt. In einem in der Zeitung „The Irish News“ (verlinkt auf https://www.irishnews.com/news/northernirelandnews/2019/04/23/news/dissident-republican-new-ira-group-admit-murder-of-journalist-lyra-mckee-and-offer-sincere-apologies--1603611/) am Dienstag veröffentlichten Bekennerschreiben heißt es: „Im Laufe des Angriffs auf den Feind wurde Lyra McKee tragischerweise getötet, während sie neben den feindlichen Kräften stand.“ Man wolle sich bei dem Partner des Opfers, der Familie und ihren Freunden aufrichtig entschuldigen. Der Brief wurde den Angaben zufolge durch ein anerkanntes Kennwort verifiziert. Die 29-jährige McKee war am Donnerstagabend bei gewaltsamen Ausschreitungen in der Stadt Londonderry erschossen worden. Sie stand in einer Menschengruppe in der Nähe von Polizeifahrzeugen, als eine Kugel ihren Kopf traf. Die Ermittler gehen von einem Terrorakt aus. McKee schrieb als freie Journalistin für mehrere Medien über den Nordirland-Konflikt und seine Auswirkungen. Die Neue IRA hatte sich im März auch zu Paketbomben bekannt, die in London und Glasgow aufgetaucht waren. Sie lehnt das friedensstiftende Karfreitagsabkommen von 1998 ab und strebt ein vereintes Irland an. In Tatortnähe am Rande von Londonderry waren vor dem Schuss mehr als 50 Brandsätze auf Polizisten geschleudert worden. Fahrzeuge brannten. Zuvor hatten Polizisten in dem Wohnviertel nach Waffen gesucht. Auslöser für die Krawalle soll der jährliche Protest an Ostern im Zusammenhang mit dem Nordirland-Konflikt gewesen sein. Die neuen Unruhen trugen sich zu einem Zeitpunkt zu, an dem irisch-katholische Nationalisten an den Aufstand gegen die Briten im Jahr 1916 erinnern.
WELT
Die Journalistin Lyra McKee starb am Donnerstag bei gewaltsamen Protesten in Londonderry. In einem Schreiben hat sich die Neue IRA zu dem Mord bekannt – und bei McKees Angehörigen entschuldigt. Zudem wurde eine 57-Jährige festgenommen.
Politik
Ausland
2019-04-23T08:33:37Z
2019-04-24T12:28:16Z
Neue IRA entschuldigt sich für Tötung der Journalistin McKee
https://www.welt.de//politik/ausland/article192294455/Nordirland-Neue-IRA-gesteht-Mord-an-Journalistin-McKee-in-Londonderry.html
Sophienterrasse: Senat hält an Plänen für neues Asylheim fest
An der Sophienterrasse soll trotz des vom Verwaltungsgericht verhängten Baustopps ein Flüchtlingsheim entstehen. Das hat die Hamburger SPD-Spitze am Sonntag bekräftigt: „Wir halten an dem Ziel einer Flüchtlingsunterkunft in Harvestehude fest“, betonte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel auf dem Neujahrsempfang seiner Fraktion im Rathaus. Dafür gab es großen Applaus der rund 1500 Gäste. „Der Gerichtsbeschluss ist ein fatales Signal“, sagte Dressel. „Es kann nicht sein, dass sich bestimmte Stadtteile aus der Verantwortung stehlen.“ Die Aufnahme von Flüchtlingen sei eine Aufgabe für die ganze Stadt. Ähnlich äußerte sich Bürgermeister Olaf Scholz (SPD): „Es gibt nicht den einen Stadtteil und die anderen. Es muss überall dafür gesorgt werden, dass wir die Flüchtlinge unterbringen können.“ In dem Zusammenhang erinnerte er an die vielen ehrenamtlich engagierten Menschen, die den Flüchtlingen in Hamburg (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/hamburg-staedtereise/) helfen wollen. Einige wie Hendrikje Blandow-Schlegel, Vorsitzende der Flüchtlingshilfe Harvestehude, waren unter den Gästen. Sie sagte: „Diese vorläufige Entscheidung mag juristisch gerechtfertigt sein, moralisch geht sie fehl und an der Lebenswirklichkeit vorbei. Denn die Flüchtlinge leben bereits hier unter zum Teil unwürdigen Umständen. Die Erstaufnahmestellen müssen durch die Bereitstellung von Folgeunterbringungen dringend entlastet werden.“ An der Sophienterrasse bestehe die Möglichkeit, Familien räumlich adäquat unterzubringen und auf ihrem Weg zu begleiten. „Durch die Vielzahl der Helfenden können wir eine Eins-zu-eins-Unterstützung ermöglichen, zum Beispiel mit Patenschaften, Deutschunterricht und Kinderbetreuung von Bürgerinnen und Bürgern unseres Stadtteils.“ Thalia-Intendant setzt sich für Asylheim ein Auch Thalia-Intendant Joachim Lux hat sich während der Eröffnung der Hamburger Lessingtage am Sonntagvormittag offensiv für eine Flüchtlingsunterkunft in Harvestehude eingesetzt. Lux, der mit seiner Familie in unmittelbarer Umgebung der vorgesehenen Fläche lebt, sagte: „Ich empfinde es als Bereicherung und nicht als Bedrohung, wenn dort ein Haus für Flüchtlinge entsteht.“ Es gab im ausverkauften Thalia-Theater, in dem zur offiziellen Lessingtage-Eröffnung neben Lux noch zahlreiche weitere Bewohner sogenannter „besserer“ Wohnviertel saßen, reichlich Applaus für sein Plädoyer. Per Eilentscheidung hatte das Hamburger Verwaltungsgericht am Freitag einen Baustopp für den Umbau des ehemaligen Kreiswehrersatzamtes an der Sophienterrasse in eine Unterkunft für gut 200 Flüchtlinge verhängt. Drei Anwohner, deren Grundstücke im gleichen Baublock wie die geplante Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge liegen, konnten sich auf den sogenannten Gebietserhaltungsanspruch berufen, heißt es unter anderem in der Begründung. Demnach weise der geltende Bebauungsplan das Areal als besonders geschütztes Wohngebiet aus. Eine Flüchtlingsunterkunft jedoch sei eine soziale Einrichtung, in die die Menschen nicht freiwillig ziehen würden – eine Nutzung einer Flüchtlingsunterkunft sei dort also nicht zulässig. Für Kritik am Urteil sorgt auch, dass auch einige Kläger ihre Wohnhäuser zu gewerblichen Zwecken nutzen. So betreiben sie eine Unternehmensberatung und ein Architekturbüro. Das ist in einem besonders geschützten Wohngebiet nicht erlaubt, wurde vom Verwaltungsgericht aber ausdrücklich gebilligt. Entscheidung innerhalb eines Monats möglich Nicht nur an der Sophienterrasse hatten Anwohner geklagt – auch die Pläne für eine Flüchtlingsunterkunft am Offakamp in Lokstedt waren 2013 geplatzt, weil dagegen Widerspruch eingelegt worden war. Dort wollte der Bezirk Eimsbüttel rund 120 Asylbewerber auf dem Gelände des ehemaligen Recyclinghofes unterbringen. Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hatte entschieden, dass eine Wohnunterkunft für Flüchtlinge dort dem Bebauungsplan widerspreche, der das Gebiet als Gewerbegebiet auswies. Das Bauplanungsrecht wurde inzwischen geändert. Künftig ist es möglich, Flüchtlingsunterkünfte auch in Gewerbegebieten zu errichten. Der Bundestag stimmte im November 2014 einem Entwurf des Bundesrates zu. Nach der Gerichtsentscheidung vom Freitag hat das Bezirksamt Eimsbüttel beschlossen, in einem ersten Schritt eine schriftliche sofortige Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht gegen das Urteil einzureichen. Dafür hat das Bezirksamt nun zwei Wochen Zeit. Auch die Gegenseite kann sich jetzt schriftlich äußern. Das Urteil des Verwaltungsgerichtes ist noch keine endgültige Entscheidung, gibt aber einen Hinweis darauf, wie das Gericht endgültig urteilen wird. Nun gilt ein einstweiliger Baustopp bis zum Hauptsacheverfahren. Die drei Kläger könnten sich mit dem Bezirksamt außergerichtlich einigen, doch mit der schriftlichen sofortigen Beschwerde will die Behörde einen anderen Weg gehen. Das entscheidende Gericht kann nun entweder beide Parteien zu einem Erörterungstermin zusammenrufen oder nach Aktenlage entscheiden. Wie lange der Vorgang dauert, hängt vom Oberverwaltungsgericht ab. Eine Entscheidung innerhalb eines Monats ist wohl möglich, da dieser Fall zwar brisant, aber nicht komplex ist.
Genevieve Wood, Nico Binde
Die SPD kämpft um das geplante Flüchtlingsheim in einer der feinsten Gegenden Hamburgs. Die Empörung ist groß nach dem Gerichtsurteil, das einen Baustopp in Harvestehude vorsieht.
Regionales
Hamburg
2015-01-26T10:07:28Z
2017-08-26T08:57:34Z
Senat hält an Plänen für neues Asylheim fest
https://www.welt.de//regionales/hamburg/article136779951/Senat-haelt-an-Plaenen-fuer-neues-Asylheim-fest.html
Koalitionsverhandlungen: Jetzt geht es nur noch um Posten und Personen
Die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen in Hamburg sind in die finale Phase eingetreten. Drei Monate nach der Wahl im Februar deutet alles darauf hin, dass die beiden Parteien die Hansestadt für weitere fünf Jahre gemeinsam regieren. Am Dienstag nach Pfingsten, so heißt es aus Verhandlungskreisen, wollen Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) den Koalitionsvertrag und den neuen Senat präsentieren. Finanzsenator Andreas Dressel, Kultursenator Carsten Brosda (beide SPD) und der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen Bürgerschaftsfraktion Farid Müller stellten am Donnerstag die Ergebnisse der letzten inhaltlichen Verhandlungsrunde zu den Bereichen Finanzen, Bezirke und Digitales vor. Dabei ließen alle drei keinen Zweifel daran, dass der neuen Koalition nichts mehr im Wege stünde. Der Finanzsenator kündigte sogar bereits einen Nachtragshaushalt für die Zeit nach der Sommerpause an, „der schon Schwerpunkte aus dem Vertrag abbilden wird“. Deutlicher kann man kaum machen, dass man glaubt, sich einig zu sein. Eine Milliarde Euro als Stabilisierungsfonds Vereinbart haben die Wunschkoalitionäre unter anderem, einen Wirtschaftsstabilisierungsfonds in Höhe von rund einer Milliarde Euro aufzulegen, von dem kleine und mittlere Unternehmen profitieren sollen, die in der Corona-Krise in Schieflage geraten sind. Aus dem Fonds will die Stadt Garantien für Unternehmen übernehmen oder gleich Anteile der Unternehmen kaufen. Der Fonds solle „im Frühherbst“ zur Verfügung stehen, so Müller. Außerdem sind sich SPD und Grüne darüber einig geworden, das neuartige Finanzinstrument von Green Bonds in Hamburg (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/hamburg-staedtereise/) auszuprobieren. Die Hamburger Hochbahn soll mit der Ausgabe solcher verzinslicher Anleihen ihre Angebotsausweitung finanzieren. Angedacht sind Anleihen in Höhe von 250 bis 500 Millionen Euro. „Das ist eine garantiert grüne Anlage“, sagte Dressel. Denn mit der Ausweitung von Bus- und Bahnverbindungen werde unmittelbar CO 2 gespart. Mit einem derartigen Finanzinstrument im Portfolio „werden wir in Deutschland absolut führend sein“. „Darüber sind wir uns nicht einig geworden“ Einziger Streitpunkt im zuletzt verhandelten Themenbereich sei die Frage gewesen, ob die Amtszeit der Bezirksamtsleiter an die Wahlperiode der Bezirksversammlungen gekoppelt wird. Bisher ist das nicht der Fall, die Bezirksamtsleiter werden für jeweils sechs Jahre gewählt, die Wahlperiode der Bezirksversammlungen dauert fünf Jahre – und so wird es auch bleiben. „Darüber sind wir uns nicht einig geworden“, sagte Müller, dessen Partei die Forderung aufgestellt hat, die bei der SPD aber offenbar auf wenig Verständnis gestoßen ist. Dressel betonte schnell: „Das war aber wirklich der einzige Punkt, wo die Meinungen tatsächlich relevant auseinandergingen.“ Ganz anders dürfte es zur selben Zeit im Großen Festsaal des Rathauses ausgesehen haben, wo die Verhandlungskommissionen weiter getagt haben. Es gehe dabei noch um letzte Themen, die keiner Behörde zugeordnet werden, sowie um die Formulierung des Textes des Koalitionsvertrags, erklärte Dressel. Allerdings stehen auch die künftigen Behördenzuschnitte noch nicht fest und damit ist auch die Frage offen, welche Ressorts an welche Partei gehen. Grüne wollen mehr Senatorenposten Im Vergleich zur letzten Wahlperiode haben die Grünen deutlich mehr Abgeordnete, die SPD einige weniger. Bei der Bürgerschaftswahl im Februar war die SPD trotz Verlusten mit 39,2 Prozent erneut stärkste Kraft geworden. Die Grünen konnten mit 24,2 Prozent ihr Ergebnis von 2015 jedoch fast verdoppeln. Diese Verbesserung soll sich aus Sicht der Partei auch in der Zahl der Senatorenposten widerspiegeln. Aktuell stellt die SPD neun, die Grünen stellen drei Senatsmitglieder. Bei diesen letzten Verhandlungen käme es stark auf Bürgermeister Peter Tschentscher und die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank an, heißt es. Es soll sogar mindestens eine Runde nur zwischen den beiden Verhandlungsführern geben.
Julia Witte genannt Vedder
SPD und Grüne in Hamburg haben bei ihren Koalitionsverhandlungen die letzte Runde zu Inhalten abgeschlossen. Wie zum Start der Gespräche ging es um Finanzen. Aktuell wird noch um Ressortaufteilungen gerungen.
Regionales
Hamburg
2020-05-28T13:35:39Z
2020-05-28T13:53:26Z
Jetzt geht es nur noch um Posten und Personen
https://www.welt.de//regionales/hamburg/article208524979/Koalitionsverhandlungen-Jetzt-geht-es-nur-noch-um-Posten-und-Personen.html
König gibt Macht ab: Marokko zwischen Jubel und Angst
Schon Stunden vorher hatten sie sich getroffen, um die Rede von Mohammed VI. gemeinsam live im Fernsehen zu verfolgen. Große Erwartungen hatte zwar keiner, trotzdem waren die Mitglieder der Protestbewegung, die seit dem 20. Februar für mehr Demokratie in Marokko auf die Straße gehen, enttäuscht. Die angekündigten Reformen des Königs (verlinkt auf /politik/ausland/article13436342/Marokkos-Koenig-will-einen-Teil-seiner-Macht-abgeben.html) verstehen sie als oberflächlich und nur kosmetisch. Seit März hatte eine von Mohammed VI. ausgewählte Kommission von Gewerkschaftsvertretern, NGOs und politischen Parteien über Verfassungsänderungen beraten. „Vorher gab es eine absolute Monarchie und nun sind wir immer noch eine absolute Monarchie“, sagte Elaabadila Chbihna verärgert, die in den letzten Monaten keine der wöchentlichen Demonstrationen ausgelassen hatte. Der König habe nur über die positive Seite der Verfassung gesprochen und die negativen Aspekte unterschlagen. Der Gruppe war ein Entwurf der neuen Verfassung, über die in einem Referendum abgestimmt werden soll, bereits vor Tagen zugespielt worden. „Unsere Forderungen nach einer parlamentarischen Monarchie werden nicht erfüllt“, merkte ein anderer Aktivist an. „Jetzt bewegen wir uns von einer absoluten Monarchie auf eine konstitutionelle zu.“ Mit Halbheiten lasse man sich nicht abspeisen, beteuerte die Gruppe von jungen Leuten in der Privatwohnung eines ihres Mitglieds im Zentrum der Hauptstadt Rabat. Am Sonntag gingen sie erneut auf die Strasse, um ihrer Unzufriedenheit Luft zu machen. König will entscheidende Machtkompetenzen abgeben König Mohammed VI nannte die Verfassung dagegen einen historischen Schritt und einen neuen Vertrag zwischen Monarchie und Volk. „Es ist ein Bekenntnis zu einer entscheidenden Transformation, der Konstruktion eines Staates, der auf Rechtstaatlichkeit, demokratischen Institutionen und gutem Regieren beruht.“ Dazu will der 47-Jährige, der 1999 nach dem Tod seines Vaters Hassan II. den Thron bestieg und dessen Familien-Dynastie der Alaouiten vier Jahrhunderte zurückreicht, entscheidende Machtkompetenzen abgeben. „Nach der neuen Verfassung ernennt der Premierminister das Kabinett, leitet und koordiniert die Regierung sowie die öffentliche Verwaltung“, versicherte Mohammed VI. Rechte, die bisher nur ihm alleine als König vorbehalten waren und mit denen er den politischen Prozess des Landes nach Gutdünken bestimmen konnte. Das Justizwesen soll in Zukunft unabhängig sein und die wichtigsten Richterposten nicht mehr, wie gewohnt, von ihm ernannt werden. „Außerdem müssen Menschenrechte und Meinungsfreiheit gewährt sein“, erklärte Mohammed VI. und fügte bestimmt hinzu: „Folter und Menschen, die plötzlich verschwinden“ darf es nicht geben. Erster Schritt Richtung Demokratie Für Professor Mustaphi Khalfi von der Universität in Rabat sind die Verfassungsreformen ein erster Schritt in Richtung einer Demokratie mit Parlament und Regierung, die über weitreichende Befugnisse verfügen. „Aber der König spielt immer noch eine dominante Rolle in Religion, Armee und als ausgleichende Kraft im politischen System.“ Mohammed VI. will weiter die oberste religiöse Instanz, der „Verteidiger des Glaubens“ bleiben und Befehlshaber des Militärs, dessen Führungskräfte er ernennt. Mit diesen Funktionen sieht sich der König als „vertrauenswürdiger Berater und oberster Schlichter.“ Für die Demonstranten der Bewegung des 20. Februar ist das nur eine Charade. „Wir wurden geschlagen und mehrfach verhaftet“, meint Toufek, ein Jurastudent. „Und jetzt soll plötzlich alles vorbei und gut sein, weil sich der König als Samariter der Nation aufspielt? Das kann glauben wer will.“ Bei der jungen Generation gibt es wenig Vertrauen in den Staat und die Monarchie. Sie haben Europa und dessen politisches System im Auge. Die Diktatur Hassans II., die bleierne Zeit des Polizeistaates, in dem systematisch gefoltert wurde und in jedem Cafe Geheimdienstler die Gespräche überwachten, kennen sie nicht mehr. Für sie ist das im Vergleich zu anderen arabischen Ländern ausgesprochen liberale Marokko eine Selbstverständlichkeit. Die Freilassung tausender politischer Häftlinge, die Mohammed VI. unmittelbar nach seiner Thronbesteigung 1999 veranlasste, ist für sie einfach eine von vielen alten Geschichten. Ebenso die „Wahrheits- und Versöhnungskommission“, die live im Fernsehen die Menschenrechtsverletzungen unter der Regentschaft Hassans II. aufarbeitete. „Ewas, das keiner der Machthaber in Ägypten, Saudi-Arabien oder Syrien bei sich je geduldet hätte“, sagt Abdelhay Moudden, Politikwissenschaftler und ehemaliges Mitglied der Kommission. Auch das 2004, auf Initiative des Königs geänderte Familiengesetz (Mudawana), das der Frau mehr Rechte einräumt und, mit Ausnahme Tunesiens, einmalig in der arabischen Welt ist, geht den jungen Protestlern nicht weit genug. Sorgen wegen der Islamisten „Sehen Sie“, sagt Nabil Laroussi, ein Anwalt aus Tanger, der bevorzugt arme Leute und auch politische Häftlinge verteidigt, „die Demonstranten setzen sich aus drei großen Gruppen zusammen. Zum einen sind es die Kinder der Mittel- und Oberschicht, die die Unterstützung ihre Eltern haben. Dazu kommen die Linken und vor allen Dingen auch die Islamisten, über die man sich berechtigte Sorgen machen kann, was die Zukunft der Demokratie betrifft.“ Der Anwalt meint mit „Islamisten“ in erster Linie „Al Adl Wal Ihsan”, die Bewegung für Gerechtigkeit und Spiritualität, die in Marokko offiziell verboten, aber geduldet ist. Sie wollen ein Kalifat errichten, Alkohol und ausländische Sprachinstitute verbieten, „wenn es das Volk so will“, wie Nadia Yassine, die Tochter des Führers im Interview erklärte. Die Mitglieder der Bewegung sind bei allen Demonstrationen für „mehr Demokratie“ in den Städten vertreten. Eine andere islamistische Fraktion, die als Oppositionspartei im Parlament vertreten ist, hat bereits angekündigt, die neue Verfassung abzulehnen. Die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD) hat Angst vor einer Säkularisierung der Gesellschaft. „Die neue Verfassung garantiert Glaubensfreiheit“, erklärt Generalsekretär Abdelilah Benkirane, „aber was bedeutet das? Dass etwa Säkularisten während des Fastenmonats Ramadans in der Öffentlichkeit Essen und Trinken können? Dass sexuelle Freiheit und Homosexualität normale und öffentliche Praktiken werden?“ "Wer weiß, was noch passieren kann" Deshalb ist Laroussi, der Anwalt aus Tanger ganz froh, dass König Mohammed nicht seine ganze Macht aufgibt. „Natürlich ist es prinzipiell nicht gut, aber wer weiß, was noch alles passieren kann. Und Oberbefehlshaber der Armee ist nicht nur der König in Marokko, sondern auch der Monarch in Spanien.“ Viele Elemente der Verfassungsreform von Mohammed VI. scheinen aus Spanien entlehnt zu sein. Dort ist der König Staatsoberhaupt, oberster Chef der Armee, Berater der Regierung, ratifiziert alle Gesetze, nominiert und ernennt den Präsidenten. Regent Juan Carlos gilt seit vielen Jahren als väterlicher Mentor von Mohammed VI. Erst im Mai dieses Jahres war er von ihm für einige Tage erneut zu einem Privatbesuch nach Marrakesch eingeladen worden.
Alfred Hackensberger
Die angekündigte Verfassung macht das arabische Land zu einer konstitutionellen Monarchie. Doch vielen Demonstranten geht das nicht weit genug.
Politik
Ausland
2011-06-19T15:26:36Z
2015-10-03T18:05:52Z
Marokko zwischen Jubel und Angst
https://www.welt.de//politik/ausland/article13438340/Marokko-zwischen-Jubel-und-Angst.html
Ab 15. Juni: Für diese 31 Länder soll die Reisewarnung aufgehoben werden
Die Bundesregierung will die weltweite Reisewarnung für Touristen ab dem 15. Juni für 31 europäische Staaten aufheben. Neben den 26 EU-Partnerländern gehören Großbritannien und die vier Staaten des grenzkontrollfreien Schengen-Raums dazu.
WELT
Die Bundesregierung will die weltweite Reisewarnung für Touristen ab dem 15. Juni für 31 europäische Staaten aufheben. Neben den 26 EU-Partnerländern gehören Großbritannien und die vier Staaten des grenzkontrollfreien Schengen-Raums dazu.
2020-05-26T05:20:07Z
2020-05-26T05:20:07Z
Für diese 31 Länder soll die Reisewarnung aufgehoben werden
https://www.welt.de//politik/video208318895/Ab-15-Juni-Fuer-diese-31-Laender-soll-die-Reisewarnung-aufgehoben-werden.html
OECD: Das Bildungswunder der Migrantenkinder – und die große Enttäuschung
Kinder von Migranten tun sich in der Schule und im Berufsleben häufig schwerer als Kinder deutschstämmiger Eltern. Eine aktuelle Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) liefert jetzt allerdings ermutigende Erkenntnisse über die Integration von Migrantenkindern. Kinder von Zuwanderern, die in Deutschland geboren wurden, holen demnach in der Schule mit großem Tempo den Bildungsvorsprung deutschstämmiger Kinder auf. Diese Beobachtung gelte für viele wohlhabende Industrieländer, insbesondere aber für Deutschland, schreiben die Forscher der Organisation in der Studie „Aufholen? Intergenerationale Mobilität und die Kinder von Migranten“ (verlinkt auf http://www.oecd.org/berlin/publikationen/catching-up.htm) . Die Forscher machen das an den Bildungserfolgen der Kinder fest. Sie haben sich angeschaut, welche Schulabschlüsse die Betroffenen machen und wie sie bei Teilen des Pisa-Tests abschneiden. Zudem haben die Autoren die große PIAAC-Studie der OECD ausgewertet, bei der Alltagsfertigkeiten von Erwachsenen getestet werden (verlinkt auf /wirtschaft/article120715912/Jeder-sechste-Erwachsene-liest-wie-ein-Grundschueler.html) wie beispielsweise Lesen, Rechnen und das Umgehen mit Computern. Teilweise schneiden demnach die Kinder von Migranten in der Schule und in ihrer beruflichen Laufbahn sogar besser ab als Kinder von im jeweiligen Land geborenen Eltern. Das trifft in europäischen Ländern in der Regel auf die Kinder von Einwanderern aus anderen EU-Ländern zu. Offenbar lassen sich diese vielversprechenden Ergebnisse der Studie verallgemeinern: Für welches Land und welche Gruppe von Migranten (verlinkt auf /politik/deutschland/plus176432712/Migration-Was-macht-eine-erfolgreiche-Entwicklungshilfe-aus.html) die Forscher die Daten auch analysiert haben – die Fortschritte über die Generationen hinweg lassen sich überall feststellen. Allerdings haben Migrantenkinder laut den Ergebnissen der Studie häufig Schwierigkeiten, ihre Bildungsleistungen auch in entsprechende Karrieren umzusetzen. Sie kommen demnach beruflich weniger weit als Kinder Einheimischer mit ähnlich guten Schulnoten und Zeugnissen. Und der Anteil der jungen Menschen, die ihre Ausbildung beendet haben, aber ohne Arbeit sind, ist unter Migrantenkindern weit höher als unter den Kindern deutschstämmiger Eltern. Das gelte auch für andere europäische Länder. Kinder von hochgebildeten Migranten haben Probleme Die Forscher erklären diese Unterschiede damit, dass diesen Kindern und ihren Eltern die entsprechenden Netzwerke fehlen, dass sie bei der Jobsuche und im Berufsalltag häufig diskriminiert werden und dass ihnen und ihren Eltern häufig nicht klar ist, wie der Arbeitsmarkt hierzulande funktioniert. Darauf deuten insbesondere Untersuchungen aus Deutschland hin. Bei der Jobsuche greifen häufig formelle und informelle Mechanismen – das Zusammenspiel unterscheidet sich aber stark nach Ort, Branche und kulturellem Kontext und ist für Migranten und deren Kinder häufig schwer zu durchschauen und für sich zu nutzen. Beispielsweise zeigt eine Untersuchung des Bundesinstituts für Berufsbildung (verlinkt auf https://www.bibb.de/dokumente/pdf/a12_bibbreport_2010_15.pdf) , dass Migrantenkinder hierzulande weniger Unterstützung aus dem Familien- und Bekanntenkreis bekommen, wenn sie sich um Lehrstellen bewerben. Tatsächlich scheinen Migrantenkinder auch im Schulsystem teilweise ausgebremst zu werden, auch wenn die OECD-Forscher für diese Entwicklung keine Erklärung präsentieren. Den Kindern von hochgebildeten Migranten fällt es demnach schwer, diesen Startvorteil tatsächlich in gute Schulnoten und gute Karrierechancen umzusetzen. Bildungsniveau deutlich zurückgegangen Den Kindern einheimischer Hochgebildeter fällt das sehr viel leichter. Organisationen wie das Kinderhilfswerk bemängeln seit vielen Jahren, dass in wenigen anderen Industrieländern der Schulerfolg der Kinder so stark von der Bildung und dem sozialen Status der Eltern abhängt (verlinkt auf /politik/deutschland/article151613302/Von-chancengerechter-Bildung-kann-keine-Rede-sein.html) wie hierzulande. Für Deutschland hat die OECD die Bildungserfolge zweier besonders großer Migrantengruppen noch einmal gesondert untersuchen lassen: für die Kinder von Einwanderern aus der Türkei und aus dem ehemaligen Jugoslawien. Dabei haben die Forscher zwar im Allgemeinen große Bildungsfortschritte bestätigen können. Sie stolperten bei der Untersuchung aber auch über einen potenziell besorgniserregenden Befund: Demnach ist das Bildungsniveau von Migrantinnen aus der Türkei im vergangenen Jahrzehnt deutlich zurückgegangen. Tatsächlich hat sich der Bildungsstand von Müttern, die von der Türkei nach Deutschland gekommen sind, im Laufe der Jahre verschlechtert. Vor allem der Anteil der türkischstämmigen Migrantinnen, die nicht einmal das Äquivalent eines Hauptschulabschlusses haben, ist zwischen 2000 und 2012 sprunghaft gestiegen. Erhebliche Belastung für die künftige Integration Das ist umso überraschender, weil der allgemeine Trend in die entgegengesetzte Richtung läuft: Im Allgemeinen hat sich das Bildungsniveau der Neuankömmlinge (verlinkt auf /wirtschaft/plus176649077/Bundesagentur-fuer-Arbeit-Detlef-Scheele-gegen-bedingungsloses-Grundeinkommen.html) im gleichen Zeitraum verbessert; das heißt, wer später zugewandert ist, war in der Regel besser gebildet als frühere Zuwanderer. Dass die türkischen Frauen, die in späteren Jahren nach Deutschland kamen, weniger gut gebildet (verlinkt auf /politik/ausland/plus175920802/Tabubruch-in-Daenemark-Die-Sache-mit-Allah-Mohammed-und-der-Rolle-der-Frauen.html) waren als diejenigen, die einige Jahre zuvor kamen, ist daher ungewöhnlich – und zugleich eine erhebliche Belastung für die künftige Integration. Denn frühere Studien der OECD, aber auch anderer Organisationen belegen, dass die Integration der Mütter ganz entscheidend dafür ist, wie gut die Kinder in der Schule abschneiden und wie leicht es ihnen später fällt, einen Arbeitsplatz zu finden. Diese Problematik betrifft derzeit insbesondere Frauen, die im Rahmen des Familiennachzugs kommen. In der Vergangenheit hatte die OECD bereits die deutsche Regierung gewarnt, den Familiennachzug bei Flüchtlingen auf die leichte Schulter zu nehmen (verlinkt auf /wirtschaft/article166060550/Das-wahre-Fluechtlingsproblem-kommt-noch-auf-Deutschland-zu.html) . Denn während es für die Flüchtlinge Sprach- und Integrationskurse gebe, würden die nachziehenden Familienmitglieder bisher vom Staat kaum erreicht.
Tobias Kaiser
Eine OECD-Studie belegt die immer bessere Integration der Kinder von Zuwanderern. Deutlich wird jedoch auch, dass der Übergang in den Job oft misslingt. Einer wichtigen Migrantengruppe offenbart sich hingegen ein ganz grundsätzliches Problem.
Wirtschaft
2018-05-29T14:59:03Z
2018-05-30T10:00:49Z
Die Mär von der schlechten Bildung der Migrantenkinder
https://www.welt.de//wirtschaft/article176790313/OECD-Das-Bildungswunder-der-Migrantenkinder-und-die-grosse-Enttaeuschung.html
Earthquake: 170 dead as quake hits Pakistan
"It will be much more,“ Sohail ur Rahman, a top civilian official in one of Baluchistan’s districts, told Dawn News TV station. An official says the death toll from the earthquake in southwestern Pakistan has risen to 170. The strong quake hit a rural area of Pakistan's impoverished Baluchistan province before dawn on Thursday. A mayor in the area, Dilawar Kakar, says 150 deaths have been confirmed and that the figure will likely rise as rescuers reach remote villages. Kakar said hundreds more have been injured and some 15,000 people left homeless and appealed for help. The worst-hit area appeared to be Ziarat, where hundreds of mostly mud and timber houses had been destroyed in five villages, Mayor Dilawar Kakar said. Some houses had been buried in a landslide triggered by the quake, he said. A reporter for AP Television News saw dozens of bodies and injured in a hospital in Kawas in Ziarat district. A doctor there, Mohammed Irfan, said the hospital was unable to cope with the injured it was receiving. "Rescue work is being carried out by the villagers themselves, but a larger operation is needed here,“ Kakar said. The army said it was rushing medical teams on helicopters to villages in the quake zone. The quake struck two hours before dawn and had a preliminary magnitude of 6.4, the U.S. Geological Survey reported. It was a shallow 10 miles (15 kilometers) below the surface. It was centered about 400 miles (640 kilometers) southwest of the capital, Islamabad. Pakistan is prone to violent seismic upheavals. Wednesday’s quake was the deadliest since a magnitude-7.6 quake devastated Kashmir and northern Pakistan in October 2005, killing about 80,000 people and leaving hundreds of thousands homeless. Baluchistan is home to a long-running separatist movement, but is not considered a major battleground in the fight against Taliban insurgents that plague other border regions. –––– Associated Press Writer Matiullah Achakzai contributed from Chaman Back to English News Homepage (verlinkt auf http://welt.de/english-news)
WELT
A strong earthquake in southwestern Pakistan killed more than 170 people, injured scores more and destroyed hundreds of mud houses Wednesday, officials said. The death toll was expected to rise as reports arrived from remote areas of the affected province of Baluchistan, an impoverished area bordering Afghanistan.
English-news
2008-10-29T06:57:24Z
2012-11-29T16:39:42Z
170 dead as quake hits Pakistan
https://www.welt.de//english-news/article2642681/170-dead-as-quake-hits-Pakistan.html
Angela Merkel: Auf Krücken zur ersten Kabinettssitzung des Jahres
Nachdem sie bei den Sternsingern nur Repräsentieren musste, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel nun auch die Regierungsarbeit aufgenommen. Thema der ersten Kabinettssitzung: Arbeitnehmerfreizügigkeit.
WELT
Nachdem sie bei den Sternsingern nur Repräsentieren musste, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel nun auch die Regierungsarbeit aufgenommen. Thema der ersten Kabinettssitzung: Arbeitnehmerfreizügigkeit.
Deutschland
2014-01-08T11:28:36Z
2016-12-16T13:02:35Z
Auf Krücken zur ersten Kabinettssitzung des Jahres
https://www.welt.de//politik/deutschland/video123658168/Auf-Kruecken-zur-ersten-Kabinettssitzung-des-Jahres.html
Brexit: Jetzt droht die Abwanderung von ausländischen Firmen
Was machen die zahlreichen in Großbritannien ansässigen ausländischen Firmen jetzt, da sich die Insel von Europa abschneidet? Die Unsicherheiten sind groß, die Fragen zahlreich.
WELT
Was machen die zahlreichen in Großbritannien ansässigen ausländischen Firmen jetzt, da sich die Insel von Europa abschneidet? Die Unsicherheiten sind groß, die Fragen zahlreich.
2016-06-27T10:50:22Z
2016-12-18T10:13:20Z
Jetzt droht die Abwanderung von ausländischen Firmen
https://www.welt.de//wirtschaft/video156606314/Jetzt-droht-die-Abwanderung-von-auslaendischen-Firmen.html
TV-Kritik Maybrit Illner: „Wäre der Angriff auf Polen gewesen, würde die Bundeswehr heute dort kämpfen“
„Wir haben es hier nicht mit einer mathematischen Gleichung, sondern mit Politik zu tun und damit auch mit Irrationalitäten“, sagte Kevin Kühnert in der Talkshow von Maybrit Illner. Er resümierte damit eine gewisse Ohnmacht, welche die Sendung dominierte – ein wirklicher Plan für den Ukrainekonflikt war nicht in Sicht. Nach langem Ringen ist die Entscheidung gefallen. Deutschland liefert schwere Waffen an die Ukraine. In direkter Folge scheint sich das zuletzt angespannte Verhältnis zwischen den beiden Regierungen etwas zu lockern. Dafür spalten die Waffenlieferungen die deutsche Bevölkerung. Nur wenige Prozentpunkte liegen zwischen jenem Anteil, der diese befürwortet und jenem, der sie ablehnt. Auf den Punkt bringen diese Spaltung jene zwei Briefe, unterzeichnet von bekannten Persönlichkeiten, mit Forderungen zum Verhalten in der Ukrainekrise, adressiert an Kanzler Scholz. Zwei der Unterzeichner saßen in der Diskussionsrunde: Marina Weißband (Publizistin und Bündnis ´90/Grüne) und Ranga Yogeshwar (Wissenschaftsjournalist). Die Politik wurde zudem durch Kevin Kühnert (SPD-Generalsekretär) und Norbert Röttgen (CDU-Außenpolitiker) vertreten. Nicole Deitelhoff (Friedens- & Konfliktforscherin) lieferte wissenschaftlichen Input. Maybrit Illner eröffnete die Sendung mit einer Frage zum Kiew-Besuch des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz. Kurz nach dessen Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj führte jener ein Telefonat mit Bundespräsident Steinmeier und lud im Anschluss Steinmeier und Scholz nach Kiew ein. Macht also die Opposition nun Außenpolitik, so Illners Frage. Weder Norbert Röttgen noch Kevin Kühnert ließen sich auf diese Provokation ein. „Ich würde gerne einen sehr geringen Teil dieser Sendung heute auf die[se] Diskussion verwenden.“, sagte Kühnert. Natürlich sei es sein gutes Recht dorthin zu fahren, aber wie man bereits im ZDF festgestellt habe, habe wohl eher ein Interview mit Scholz am Montag zu dem Telefonat der beiden Präsidenten geführt. „Die Opposition ist Teil der Politik in Deutschland“, konstatierte dagegen Röttgen, und Reisen sei kein Privileg der Regierung. Reisen sei allerdings eher symbolisch als substanziell, erklärte Marina Weißband. Nichtsdestotrotz seien diese sehr wichtig. „Wenn man dort ist, vor Ort, und mit den Betroffenen redet, dann hat man nochmal ein objektiveres Bild, weil man aus seiner eigenen Realität nochmal rausgeht und sieht ‘Was ist eigentlich vor Ort los‘– Leute berichten, dass es etwas verändert.“ Der offene Brief und sein Problem Es stellt sich die Frage, ob die 28 Verfasser des offenen Briefes an Scholz ihre Meinung nach einem Besuch im Kriegsgebiet ändern würden. In besagtem Brief vertraten sie die Ansicht, dass schwere Waffenlie an die Ukraine auf keinen Fall geliefert werden sollten. Ranga Yogeshwar, der den Brief ebenfalls unterschrieben hatte, gab sogar offen zu: „Wenn ich selber in der Ukraine wäre, ein Mensch, was weiß ich, in Mariupol, dann würde ich natürlich von der Welt alles fordern, um mich zu verteidigen, schwere Waffen, Unterstützung, et cetera. Das ist vollkommen normal. Aber der entscheidende Punkt ist, wir sitzen hier und wir müssen einfach drauf achten, dass das Ganze nicht eskaliert.“ Eine heikle Aussage in zweifacher Hinsicht. Denn zum einen wird den Verfassern des offenen Briefes vorgeworfen, sie würden der ukrainischen Bevölkerung ihr Recht auf Selbstbestimmung und -verteidigung absprechen – und die Aussage Yogeshwars weist in eben jene Richtung. Schließlich bestimmt Deutschland mit seinen möglichen Waffenlieferungen mit darüber, ob und wie die Ukrainer in der Lage sind sich zu verteidigen. Somit ziehen westliche Staaten indirekt die Fäden im Krieg. Gleichzeitig scheint das „hier sitzen“ und „keine Eskalation provozieren“ dem Motto zu folgen: „Solange es unter meinem Hintern nicht brennt, lasse ich nichts an anfackeln“. Gestützt wird diese Aussage mit der Begründung: „Die Lieferung großer Mengen schwerer Waffen allerdings könnte Deutschland selbst zur Kriegspartei machen.“ Rechtlich ist diese allerdings nicht haltbar. Denn, so Röttgen, die Ukraine habe völkerrechtlich nicht nur ein Recht auf individuelle Selbstverteidigung, sondern auch ein Recht auf kollektive Selbstverteidigung, „weil es ein rechtswidriger Angriffskrieg ist […] Das heißt, völkerrechtlich dürften wir gegen den Aggressor Krieg führen. […] Wir entscheiden aber, wir tun es nicht.“ Diese Entscheidung beruhe auf der Überzeugung, dass ein deutscher Eintritt in den Krieg gegen eine Atommacht nicht verantwortbar sei. Kühnert machte zunächst die Feststellung, dass die Ukraine eben kein Nato-Mitglied sei und daher die deutsche Position eine andere sei, als wenn ein Nato-Mitglied angegriffen würde. „Wäre der Angriff auf Polen gewesen, würde die Bundeswehr heute dort kämpfen“, sagte er. In der Ukraine kämpfe sie aber eben nicht. Auch die Lieferung von schweren Waffen sei völkerrechtlich nicht als Kriegseintritt zu betrachten, erklärte Kühnert. Das sei aber so oder so irrelevant, da es sich bei dem Aggressor Putin nicht um jemanden handele, der Wert auf das Völkerrecht lege. Für die Regeln interessiere er sich „höchstens gelegentlich und nach seiner persönlichen Fasson.“ Man sei in gewissem Maße dazu verdammt sich darüber Gedanken zu machen, welche Annahmen man über die weiteren Entwicklungen treffen könne. Beim Stichwort „Annahmen“ lohnt es sich von den rechtlichen Grenzen zu denen der Wissenschaft zu schwenken. Nicole Deitelhoff löste direkt sämtliche Illusionen auf. „In der Wissenschaft kann ich Ihnen sagen, dass es uns sehr schwerfällt, und schon immer schwergefallen ist, den Ausgang von Konflikten vorherzusagen. Weil Konflikte eine eigene Dynamik haben.“ Ergänzend hierzu bemühte Kühnert den Vergleich: „Wir haben es hier nicht mit einer mathematischen Gleichung, sondern mit Politik zu tun, und damit auch mit Irrationalitäten.“ Zurückkommend auf Yogeshwars Aussage, man müsse darauf achten, dass „das Ganze nicht eskaliere“ im Bezug auf eine atomare Auseinandersetzung, heißt das, wie es Deitelhoff formulierte: „Wir testen keine Grenzen, wir tasten uns an Grenzen heran. Das heißt wir beobachten ganz genau, wie die russische Seite reagiert auf unsere Entscheidung[en].“ Dass es Ängste auf Seiten der Bevölkerung bezüglich einer atomaren Eskalation gebe, sei „völlig verständlich“. Wer keine Angst habe, angesichts einer indirekten Konfrontationssituation mit dem Staat der die meisten atomaren Sprengköpfe auf der Welt besitzt, mit dem stimme etwas nicht. „Es geht darum, dass man sich von dieser Angst nicht die Politik diktieren lässt.“ Den Bundeskanzler erreichte in den letzten Tagen jedoch nicht nur ein offener Brief, er bekam mindestens zwei. Letzterer soll als Reaktion auf den ersten gefolgt sein und wurde unter anderem von Marina Weißband unterzeichnet. Im Grunde seien die enthaltenen Forderungen, wie die Verhinderung einer Kriegsausweitung, ein schnelles Kriegsende und Frieden, sehr ähnlich. Lediglich die Einschätzung gewisser Faktoren unterscheide sich. So könne es nur dann Frieden geben, wenn die Russen restlos vom ukrainischen Territorium vertrieben werden könnten, so Weißband. Eine in besetzten Gebieten aufgebaute Diktatur mit Vergewaltigungen und Folter sei nicht akzeptierbar. „Wir erhöhen unsere Sicherheit, wenn wir eine klare Grenze ziehen“ „Es ist falsch, dass die Lieferung von schweren Waffen eher zu einer Ausweitung dieses Konflikts führt als ein Nachgeben.“ Nicht nur Russland, sondern alle autoritären Staaten würden beobachten, ob man sich durch das Aussprechen einer atomaren Drohung einschüchtern lasse. So könne ausgelotet werden, ob man mit ähnlichen Drohungen in der Zukunft Erfolge bei der Annektierung von Gebieten haben könne. „Das ist ein fatales Signal für eine globale Rechtsordnung. Wir erhöhen unsere Sicherheit, wenn wir eine klare Grenze ziehen.“ Deitelhoff sagte, wenn sie einen Brief unterschrieben hätte, dann hätte sie zum zweiten tendiert. Sie halte es aber grundlegend für ein schlechtes Zeichen in der Debatte mit offenen Briefen anstatt tatsächlichem Austausch um sich zu schlagen. „Wichtig ist, dass Waffen, Waffenlieferungen und schwere Waffenlieferungen kein Zweck an sich sind. Sondern, sie verfolgen einen ganz konkreten Zweck, und zwar auch nicht alleine, sondern in Kombination mit massiven Wirtschaftssanktionen […] um eine Situation zu erzeugen, in der die beiden Konfliktparteien bereit sind wieder gemeinsam an den Verhandlungstisch zu gehen.“ Man versuche also das Kosten-Nutzen-Kalkül von Russland zu verändern. Aktuell zeige die russische Seite allerdings noch kein Interesse an Verhandlungen. Je mehr man allerdings auch die Ukraine unterstütze, desto wahrscheinlicher werde es, dass auch bei Kiew eine Kalkül-Veränderung einsetze. Das Interesse an Verhandlungen von dieser Seite könnte dann schwinden. Erkennbar wird also vor allem eines: Die Situation ist angespannt, schwer überblickbar und abhängig von unzähligen Faktoren, die sich nicht eindeutig einschätzen, geschweige denn berechnen lassen. Zum Ende der Sendung diskutierte die Runde, welches Ergebnis am Ende des Konflikts anzustreben sei. Ein Sieg der Ukraine, eine Niederlage Russlands? Und was genau wäre unter einem Sieg und einer Niederlage überhaupt zu verstehen? Der amerikanische Verteidigungsminister Lloyd James Austin hatte vor wenigen Tagen erklärt, Ziel sei, Russland so zu schwächen, dass so etwas wie die Invasion der Ukraine nie wieder vorkommen könne. Röttgen sah das anders. Eine maximale Schwächung sei keine Perspektive, denn auch wenn das noch in weiter Ferne liege, müsse Russland irgendwann wieder in die europäische Friedensordnung integriert werden. Seiner Meinung nach sollte die Ukraine nicht verlieren. Ein „Status quo ante“ also wie vor dem Angriff, sei anstrebenswert. Bezüglich der bereits zuvor annektierten Regionen habe er sich noch keine Meinung bilden können. Vieles, wenn nicht sogar das meiste, blieb in der Runde in der Schwebe. Angesichts der gesammelten Erkenntnisse in der Diskussion, dürfen wir allerdings damit rechnen, dass dies auch für unsere unmittelbare gesellschaftliche und politische Zukunft gilt.
Barbara Manhart
Schwere Waffen an die Ukraine liefern, oder nicht? Bei Maybrit Illner prallten bei dieser Frage zwei Welten aufeinander. Aber auch darüber, wie der Krieg enden könnte und was danach kommt, fanden die Diskussionsteilnehmer nicht zueinander.
Vermischtes
2022-05-06T02:09:11Z
2022-05-06T02:09:11Z
„Wäre der Angriff auf Polen gewesen, würde die Bundeswehr heute dort kämpfen“
https://www.welt.de//vermischtes/article238582381/TV-Kritik-Maybrit-Illner-Waere-der-Angriff-auf-Polen-gewesen-wuerde-die-Bundeswehr-heute-dort-kaempfen.html
Inflationsrate: Teuerung im Euro-Raum sinkt unerwartet deutlich
Die Inflation in der Euro-Zone ist trotz teurerer Lebensmittel insgesamt spürbar gesunken. Waren und Dienstleistungen kosteten im August durchschnittlich nur 1,3 Prozent mehr als vor einem Jahr, wie das Statistikamt Eurostat mitteilte. Von Reuters befragte Analysten hatten mit 1,4 Prozent gerechnet. Die Teuerungsrate sackte damit nach 1,6 Prozent im Juli auf den tiefsten Stand seit April. Die Europäische Zentralbank (EZB) spricht bei Werten von knapp zwei Prozent von stabilen Preisen. Weit überdurchschnittlich verteuerten sich Nahrungsmittel (verlinkt auf /wirtschaft/article119515092/Preise-bei-Lebensmitteln-steigen-drastisch.html) , Alkohol und Tabak mit 3,3 Prozent. Die oft stark schwankenden Preise für Energie sanken dagegen um 0,4 Prozent, während sich Dienstleistungen um 1,5 Prozent verteuerten. Arbeitslosigkeit in Eurozone weiter auf Rekordhoch Wie die Statistiker weiter mitteilten, verharrte die Arbeitslosigkeit in der Euro-Zone auf einem Rekordhoch. In den 17 Staaten mit der Gemeinschaftswährung betrug die Erwerbslosenquote im Juli 12,1 Prozent. Insgesamt suchten demnach 19,23 Millionen Menschen einen Job. Das waren rund 15.000 weniger als im Vormonat. In den 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union blieb die Arbeitslosenquote ebenfalls konstant bei 11,0 Prozent. Zwischen Ende 2011 und dem ersten Quartal diesen Jahres war die Wirtschaft in der Euro-Zone geschrumpft. Im Mai hatte die EZB den Leitzins (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/leitzins/) auf das Rekordtief von 0,5 Prozent gesenkt, um der Euro-Zone aus der Rezession zu verhelfen. Die EZB-Spitze dürfte die Zinsen in den kommenden Woche auf diesem Niveau belassen, da wegen der noch schwächelnden Konjunktur derzeit keine Inflationsgefahr droht.
WELT
Trotz teurerer Lebensmittel kosteten Waren und Dienstleistungen in der Euro-Zone nur 1,3 Prozent mehr als im August des Vorjahres. Die Arbeitslosigkeit bleibt allerdings auf Rekordniveau.
Wirtschaft
2013-08-30T10:41:37Z
2015-10-15T12:43:59Z
Teuerung im Euro-Raum sinkt unerwartet deutlich
https://www.welt.de//wirtschaft/article119545613/Teuerung-im-Euro-Raum-sinkt-unerwartet-deutlich.html
Erste weltweite Partnerschaft für Geldautomaten geschlossen
Dies teilten die beteiligten Unternehmen am Donnerstag in Frankfurt mit. Damit können sich ab dem 1. Juli über 36 Millionen Kunden von Deutscher Bank, Deutscher Bank 24, Bank of America, Barclays, Scotiabank und Westpac an mehr als 20 000 Geldautomaten auf drei Kontinenten kostenfrei mit Bargeld versorgen. "Diese Allianz ist ein Novum im grenzüberschreitenden Kundenservice", sagte Herbert Walter, Vorstandssprecher der Deutschen Bank 24. Es sei geplant, weitere Partnerbanken hinzuzugewinnen, um diesen Service für die Kunden künftig weltweit anbieten zu können. Zusammen mit den inländischen Geldautomaten der so genannten Cash-Group, zu deren Mitgliedern neben der Deutschen Bank die Commerzbank, Dresdner Bank, Hypo-Vereinsbank und Postbank zählen, stünden den eigenen Kunden somit bald weltweit über 26 000 Geldautomaten kostenfrei zur Verfügung. In die neue Allianz bringen Deutsche Bank und Deutsche Bank 24 zusammen 1800 Geldautomaten ein, das US-Kreditinstitut Bank of America 12 000 Automaten. Die britische Barclays Bank, mit einer Bilanzsumme von 316 Mrd. britischen Pfund viertgrößtes Finanzinstitut in Großbritannien, verfügt über 3000 Bargeldautomaten. Auf insgesamt 2100 Geldautomaten bringt es die kanadische Scotiabank, die bereits mit mehr als 2000 Filialen in über 50 Ländern vertreten ist. Westpac, älteste Bank Australiens und mit acht Mio. Kunden in Australien, Neuseeland und der Pazifikregion das größte Finanzinstituts des Landes, verfügt über insgesamt 1500 Geldautomaten.
as
Fünf der weltweit führenden Finanzinstitute haben sich zur ersten globalen Geldautomaten-Allianz zusammengeschlossen.
Print-welt
2001-05-31T22:00:00Z
2011-11-16T19:03:41Z
Erste weltweite Partnerschaft für Geldautomaten geschlossen
https://www.welt.de//print-welt/article454565/Erste-weltweite-Partnerschaft-fuer-Geldautomaten-geschlossen.html
Olympia: Usain Bolt läuft über 200 Meter zweiten Weltrekord
Die Inszenierung gelang einmal mehr perfekt. Vom Betreten der Bühne über das Schauspiel des Hauptdarstellers bis hin zu Dekoration und Musik – alles perfekt. Und auch den zeitlichen Ablauf hätte Usain Bolt an diesem Abend nicht besser hinbekommen können. In 19,30 Sekunden verblies der junge Jamaikaner gestern förmlich den zweiten Weltrekord innerhalb von vier Tagen, er rannte die 200 Meter zwei Hundertstelsekunden schneller als der große Michael Johnson, der als unantastbar gegolten hatte – bis eben Bolt kam. Er blies die Backen auf und sein Antlitz verriet die Anstrengung, als er mit langen Schritten Meter um Meter zwischen sich und die Konkurrenten brachte, die doch nur Statisten waren in einer Ein-Mann-Show. Unter dem Getöse von 91 000 Zuschauern warf Bolt seine breite Brust über die Ziellinie. Zunächst zeigte die Stoppuhr 19,31 Sekunden an, dann 19,30. Bolt blickte sich um, registrierte dann, dass er nach der 100-Meter-Bestmarke (9,69) auch die über 200 Meter pulverisiert hatte. Anschließend ging er zu Boden. „Von dem Olympiasieg über 200 Meter habe ich geträumt, seit ich ein kleines Kind bin“, juchzte Bolt, „dieser Sieg bedeutet mir unendlich viel. Zu Hause auf Jamaika ist jetzt jeder auf der Straße. Das macht mich stolz.“ Am Donnerstag Geburtstag Nach der historischen Hatz lag Bolt auf dem Rücken und blickte fassungslos in den Nachthimmel über dem Pekinger Stadion. Er küsste die Tartanbahn, machte sich umgehend auf die Ehrenrunde. Er schnappte sich eine Jamaika-Flagge, entledigte sich seiner goldenen Schuhe und führte ein Tänzchen auf, grinsend wie ein Schulbub, der die Klassenkameradinnen just mit einem Streich beeindruckt hatte. Dann dröhnte „Happy Birthday to you“ aus den Lautsprecherboxen – am Donnerstag feiert Bolt seinen 22. Geburtstag. „Ich liebe es zu tanzen und Spaß zu haben“, sagt er. „Man sollte nicht zu ernst angehen, was man tut.“ So viel Arroganz ist selten. So viel Entertainment aber auch. Nennen wir es den Haha-Effekt. Derart aufsehenerregend hatte Bolt schon die 100 Meter zurückgelegt und dabei die Rivalen der Rennbahn lächerlich gemacht, dass das Publikum von einem neuerlichen Erfolg ohnehin ausgegangen war. Wie ernst, fragte es sich jedoch gespannt, würde Usain Bolt gestern wohl das Finale über 200 Meter nehmen? Würde er am Ende wieder austrudeln und sich aufplustern? Würde er seine Gegner düpieren, sie in Grund und Boden rennen, sich ein Späßchen daraus machen? Die Antwort ist: Ja und Nein. Nicht zurückgeschaltet Der Abstand zum zweitplatzierten Amerikaner Shawn Crawford (19,96) und dessen drittplatziertem Landsmann Walter Dix (19,98) ist zwar riesig, doch im Gegensatz zum 100-Meter-Spaziergang schaltete der Favorit am Ende keinen Gang zurück. Vielmehr machte Bolt ein Versprechen wahr: Er rannte sich die Seele aus dem Leib. „Ich fühlte mich, als ob ich schwimme. Ich sagte mir ständig: stirb nicht, stirb nicht!“ Drei der besten 200-Meter-Zeiten dieser Saison war Bolt bis dato bereits gelaufen. In Athen (19,67 Sekunden), London (19,76) sowie Ostrau (19,83). Wann, fragten sich nicht nur Fachleute, wird dieser freche Bursche aus Trelawny in der Karibik wohl den Weltrekord von Michael Johnson brechen? Seine unglaubliche 19,32-Marke hatte der Amerikaner bei den Olympischen Spielen 1996 auf die Bahn getrommelt, die im Laufe der Jahre immer mehr Leuten suspekt vorkam. „Bolt jagt den heiligen Gral“, titelte die Zeitschrift „Sports Illustrated“. Nicht auszudenken, sollte der 1,93-Meter-Schlaks nach Vorbild Johnsons demnächst auch noch die längere Sprintdistanz anpeilen. „Alles ist möglich“, sagte Bolt grinsend. Aber vorerst werde er bei den kürzeren Distanzen bleiben. Zwei Disqualifikationen Vom Drama nach dem Lauf seines Lebens bekam Bolt dann nicht mehr viel mit. Zunächst wurde der Amerikaner Wallace Spearmon als Drittplatzierter disqualifiziert, weil er auf die Linie zur Nebenbahn getreten war. Der US-Verband legte zwar noch Protest ein, jedoch vergeblich. Anschließend löschte die Jury dann aus dem gleichen Grund noch den Zweitplatzierten Churunday Martina aus der Ergebnisliste – auch hier hatten die USA Einspruch eingelegt. Unabhängig davon kostete Bolt seinen Triumph in vollen Zügen aus. Er sei nicht Superman, auch nicht Flash Gordon: „Mein Name ist Lightning Bolt“, tönte er. Derart viel Gockelei geht so manchem gegen den Strich. Zumal Bolts Fabelzeiten über sämtlichen Zeiten ehemaliger gedopter 100-Meter-Champions liegen. Der Deutsche Tobias Unger etwa, der im in 10,36 Sekunden ausschied, hatte beobachtet: „Bolt hat sich nicht mal warmgelaufen. Der kam in Badehose und Joggingschuhen, hat eine Steigerung und einen Start gemacht, seine Spikes angezogen und ist dann die 100 Meter in 9,92 Sekunden gejoggt. Für mich ist das eine Riesenverarschung“, sagte er „Sport-Bild.“
Jens Hungermann
Der Weltrekord über 200 Meter des Amerikaners Michael Johnson galt eigentlich als unantastbar. Doch dann kam Usain Bolt und pulverisierte die zweite Bestmarke innerhalb von fünf Tagen. Damit machte sich der Jamaikaner einen Tag vor seinem 22. Geburtstag selbst das schönste Geschenk.
Sport
2008-08-20T16:18:17Z
2015-09-01T11:05:02Z
Usain Bolt läuft über 200 Meter zweiten Weltrekord
https://www.welt.de//sport/article2331530/Usain-Bolt-laeuft-ueber-200-Meter-zweiten-Weltrekord.html
Late Night: Johannes B. Kerner und der Pferdeflüsterer
Zu Tamme Hanken kommen alle, die es im Rücken haben. Pferde, Kamele, Echsen – ja, sogar stressgeplagte Manager. Bis aus Dubai oder Johannesburg schleppen sie sich in seine Praxis nach Ostfriesland. "Den Knochenbrecher", so nennen sie den bekannten Chiropraktiker. Er selber formuliert es so: "Was lahm ist, muss zu uns." Gestern nun musste Hanken zu Johannes B. Kerner. Hatte es der Moderator mit dem Rückgrat? Lahmte er gar? Die Fragen schwebten wie Sprechblasen um den Kopf des Moderators. Immerhin hatte Kerner mit Monty Roberts den berühmten Pferdeflüsterer eingeladen. Jenen US-Cowboy, der einst den Wilden Mustangs eine Sprache abgeguckt haben will, die es fortan auch ostfriesischen Haflingern ermöglichen sollte, sich präzise zu artikulieren, wenn ein Reiter seinen, pardon, Tortenarsch in einen viel zu kleinen Sattel wuchtete. Diese Sprache, erklärte Roberts gestern, sei eine stumme Sprache. Sie bestehe aus 170 Zeichen. "Augen, Schultern, Bewegungen, 45-Grad-Winkel – alles hat eine Bedeutung." An Referenzen mangelt es dem Pferdeflüsterer nicht, seit ihn 1989 die Queen herself nach Windsor Castle einfliegen ließ. "Fünf Tage lang haben wir zusammengearbeitet", verriet er Kerner. Man hätte gerne gewusst, worüber sie die ganze Zeit geredet haben. Über Prinz Philip oder die königlichen Pferde. Oder die königlichen Pferde und Prinz Philip. Die Grenze war vermutlich fließend. Räumte der Pferdeflüsterer doch ein, dass es in der Regel eher die Zweibeiner seien, die einer Behandlung bedürften, weniger ihre Lieblinge. "Ich sehe mir den Besitzer an und weiß meistens schon, was dem Tier fehlt." Einem geschenkten Gaul, schaut man nicht ins Maul Doch Kerner dachte gar nicht daran, nachzuhaken. Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, mag er sich gedacht haben. Vielleicht fürchtete er auch, selber ins Visier seiner Gäste zu geraten. Der Pferdeflüsterer und der Knochenbrecher, sie verstehen schließlich etwas von Psychologie. Die Sorge war nicht unbegründet. Irgendwie wurde man nicht den Eindruck los, dass der berühmte Cowboy und sein ostfriesischer Kollege immer auch Kerner meinten, wenn sie von ihren vierbeinigen Patienten sprachen. Ihr Gastgeber lieferte ihnen dafür eine Steilvorlage nach der anderen. Wie man dem Pferde auf Augenhöhe begegne, wollte er wissen. "Dem Tier auf keinen Fall in die Augen schauen", empfahl Hanke. Den eigenen Blick fallen lassen. Das Tier zwischen den Augen kraulen. Und nie vergessen: Immer schön den eigenen Adrenalinspiegel niedrig halten. Kerner: "Ich kann die Pferde also nicht belügen?" Roberts: "Genau, das würden die noch aus einer Meile Entfernung merken." Pferde, lernte der Zuschauer, sind im Grunde genommen die besseren Talkshowgäste. Wenn der Moderator Angst hat, können sie es riechen. Man kann ihnen kein X vor ein U machen. Sicherheitshalber hatte Kerner gestern Abend nur spielzeuggroße Shetlandponys eingeladen. An denen demonstrierte Tamme Hanken, dass regelmäßiges Stretching wahre Wunder bewirken kann: "Wenn ich dem Pony die Halsmuskeln strecke, kann es sich beim Kacken zugucken." Da lachte das Publikum. Es ist eben doch etwas dran an dieser goldenen Regel: Tiere ziehen immer. Hatte der Kabarettist Jochen Busse aus diesem Grund seine altersschwache Retriever-Hündin mitgebracht? War das, was er über seine vierte Ehe und das Dekolleté der Bundeskanzlerin ("ein Eye-Catcher") zu erzählen hatte, so langweilig, dass die Kamera zwischendurch immer mal wieder auf den Hund halten musste, der leise schnarchte? Ist die Talkshow (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/talkshows/) nach mehr als zehn Jahren endlich auf den Hund gekommen? Es ist eine Frage, die vermutlich nur ein von Monty Roberts in der hohen Kunst der Rhetorik geschultes Pferd beantworten könnte. Aber die Fragen stellt der Moderator immer noch selbst.
Antje Hildebrandt
Tiere ziehen immer, lautet eine goldene Regel im Showgeschäft. Was Johannes B. Kerner gestern Abend ermutigte, neben einem Kabarettisten und dessen altersschwacher Hündin auch den berühmten Pferdeflüsterer einzuladen. Kurioserweise demonstrierte der seine Fähigkeiten nicht am Pferd, sondern am Moderator.
Fernsehen
2008-04-17T06:03:09Z
2011-11-16T17:03:19Z
Johannes B. Kerner und der Pferdeflüsterer
https://www.welt.de//fernsehen/article1910386/Johannes-B-Kerner-und-der-Pferdefluesterer.html
Berliner U-Bahn-Gewalt: Innensenator fordert Alkoholverbot auf Bahnhöfen
Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat sich für ein striktes Alkoholverbot auf allen Berliner Bahnhöfen ausgesprochen. Der Konsum von Alkohol habe in öffentlichen Verkehrsmitteln nichts zu suchen, sagte Körting der „Bild“-Zeitung Deshalb habe er seine Mitarbeiter gebeten, mit der BVG über eine entsprechende Änderung der Hausordnung zu sprechen. "Alkohol enthemmt, führt zu Streitereien und Schlägereien. Zum anderen verwahrlost der öffentliche Raum. Bierflaschen liegen herum, werden zerdeppert, sind eine Verletzungsgefahr", begründete der Senator seinen Vorstoß. Bisher ist der Verzehr von Getränken und Essen nur in Zügen und Bussen verboten. Körting verwies darauf, dass künftig 200 BVG-Mitarbeiter zusätzlich eingesetzt würden, um das Hausrecht und die Beförderungsbedingungen stärker durchzusetzen. In den vergangenen Monaten ist es auf den Bahnhöfen und in öffentlichen Verkehrsmitteln der Hauptstadt mehrfach zu Gewaltexzessen gekommen (verlinkt auf /vermischtes/weltgeschehen/article13376441/Drei-Maenner-in-U-Bahn-verpruegelt-und-getreten.html) . In diesem Zusammenhang wurde auch über die Einführung eines sogenannten Warnschussarrests für Jugendliche (verlinkt auf /politik/deutschland/article13435842/Was-bringt-der-Warnschussarrest-fuer-Jugendliche.html) diskutiert. Er würde eine auf Bewährung verhängte Jugendstrafe mit einem Arrest kombinieren.
WELT
Innensenator Ehrhart Körting will Schlägereien und die Verwahrlosung des öffentlichen Raums eindämmen. Darum soll der Alkoholkonsum auf Bahnhöfen der Hauptstadt verboten werden.
Politik
Deutschland
2011-07-01T06:54:10Z
2015-10-03T18:24:25Z
Innensenator fordert Alkoholverbot auf Bahnhöfen
https://www.welt.de//politik/deutschland/article13461601/Innensenator-fordert-Alkoholverbot-auf-Bahnhoefen.html
Alkohol am Lenkrad: So betrunken fahren Deutschlands Radler
In Deutschland darf man auch betrunken aufs Rad steigen: Der Grenzwert liegt bei 1,6 Promille. Jetzt fordern Verkehrsclubs eine Absenkung auf 1,1 Promille. Viele Radfahrer sehen das kritisch.
WELT
In Deutschland darf man auch betrunken aufs Rad steigen: Der Grenzwert liegt bei 1,6 Promille. Jetzt fordern Verkehrsclubs eine Absenkung auf 1,1 Promille. Viele Radfahrer sehen das kritisch.
2015-01-23T18:12:00Z
2016-12-17T13:48:53Z
So betrunken fahren Deutschlands Radler
https://www.welt.de//videos/video136721213/So-betrunken-fahren-Deutschlands-Radler.html
Aufregung nach Podcast: „Chinesische Schweine“ – Ökonom tritt Empörungswelle los
Man kann die Äußerung mit viel bösem Willen missverstehen. Oder vielleicht war sie einfach ungeschickt. Ein Satz eines führenden UBS-Ökonomen und das, was inzwischen daraus geworden ist, wirft jedoch in erster Linie ein Licht auf die Meinungsmacht Chinas im Netz – und vor allem darauf, wie selbst Riesenkonzerne sich vor den Herrschern in Peking in den Staub werfen (verlinkt auf /finanzen/article187621818/Treibt-China-mit-seinen-Kaeufen-den-Goldpreis-nach-oben.html) . Paul Donovan, Chefökonom der UBS-Vermögensverwaltungssparte, hatte am Mittwoch in einem Podcast darüber räsoniert, ob die drastischen Preissprünge bei Schweinefleisch in China (verlinkt auf /finanzen/plus188335589/Trendwende-in-China-eine-Chance-fuer-deutsche-Anleger.html) Auswirkungen auf die weltweite Inflation haben werden. Er führte aus, dass der Preisanstieg in China auf die dort grassierende afrikanische Schweinepest zurückzuführen sei. Und dann wörtlich: „Ist das wichtig? Es ist wichtig, wenn man ein Chinesisches Schwein ist. Es ist wichtig, wenn man in China gerne Schweinefleisch isst. Es ist nicht wirklich wichtig für den Rest der Welt.“ Die Folge war eine Welle der Empörung im chinesischen Internet, das von der Außenwelt weitgehend abgeschottet ist. Die Aufregung basiert nicht zuletzt darauf, dass der Terminus „Chinesische Schweine“ im Reich der Mitte eine böse Konnotation hervorruft. Denn während der Opiumkriege bezeichneten die britischen Kolonisatoren ihre chinesischen Gegner so. Schon am Donnerstag entschuldigte sich Donovan daher für seine Äußerung. Doch das reichte vielen nicht. Insbesondere sprangen nun auch offizielle chinesische Stellen auf das Thema auf. So rief am Freitag zunächst die Vereinigung chinesischer Finanzdienstleister in Hongkong, die rund 100 Firmen repräsentiert, die Schweizer Bank auf, Donovan zu entlassen. Zudem empfahl sie ihren Mitgliedern, den UBS-Ökonomen nicht mehr einzuladen und Analysen von ihm nicht mehr zu nutzen oder zu verbreiten. UBS wird in China boykottiert Am Wochenende kletterte die Empörungswelle dann noch eine Stufe höher, als die Zeitung „People’s Daily“, das englischsprachige Organ der Kommunistischen Partei, einen scharfen Kommentar veröffentlichte. Alle, die das chinesische Volk beleidigten, müssten dafür bezahlen, hieß es darin mit Bezug auf Donovan. Und am Montag wurde schließlich bekannt, dass die staatliche Infrastrukturfirma China Railway Construction die Platzierung einer Dollar-Anleihe nun nicht mehr wie geplant mit der UBS (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/ubs/) durchführen werde – all das, obwohl sich die UBS inzwischen auch offiziell entschuldigt und Donovan sogar beurlaubt hatte. Wegen einer Äußerung über die Schweinefleischpreise in China. Derartige Empörungswellen im chinesischen Internet sind in den vergangenen Jahren jedoch immer wieder zu beobachten. Erst im November war der italienischen Modefirma Dolce & Gabbana ein Werbevideo um die Ohren geflogen. Darin versuchte ein chinesisches Model, Pizza und Spaghetti mit Stäbchen zu essen. Innerhalb weniger Stunden war das Video in China Tausende Male geteilt worden, viele Kommentatoren empfanden es als rassistisch. Obwohl sich die Gründer des Modelabels umgehend entschuldigten, riefen Prominente in China zum Boykott auf, eine geplante Modeschau in Shanghai musste kurzfristig abgesagt werden, fast alle chinesischen Onlinehändler nahmen das Luxuslabel aus ihrem Sortiment. Erschwerend kam in dem Fall hinzu, dass auf dem Instagram-Konto der Modemarke ein Kommentar der Firmengründer auftauchte, in dem China als „Scheißland“ bezeichnet wurde – das Unternehmen betonte jedoch, das Konto sei gehackt worden. Auch Daimler war Opfer einer chinesischen Kampagne Auch der deutsche Autokonzern Daimler (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/daimler/) war im Frühjahr vergangenen Jahres zum Opfer einer Kampagne geworden – und ebenfalls umgehend eingeknickt. Auch hier war der Auslöser ein Beitrag auf dem Instagramkanal der Marke Mercedes Benz (verlinkt auf /wirtschaft/article193954409/Daimler-Hauptversammlung-Letzter-Auftritt-von-Dieter-Zetsche.html) . Unter dem Hashtag „MondayMotivation“ wurde dort ein Bild gepostet, das einen schicken Wagen zeigte, darüber ein gefühliger Satz: „Schau dir eine Situation von allen Blickwinkeln aus an, und du wirst offener werden“. Das Problem: Darunter wurde der Autor dieses Zitats genannt, und dies ist der Dalai Lama. Das im Exil lebende geistliche Oberhaupt der Tibeter gilt in China jedoch als Unperson. Die Propaganda der Machtelite verhöhnt und beschimpft ihn regelmäßig und behauptet, ihn überhaupt nur zu erwähnen sei eine Beleidigung des chinesischen Volkes. In diesem Sinne baute sich nun eine entsprechende Empörungswelle im chinesischen Internet auf. Und auch hier erfolgte die Reaktion des angegriffenen Unternehmens prompt. Daimler löschte das Bild, entschuldigte sich auf dem chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo und betonte immer wieder, wie schlimm der Fehler gewesen sei. Der Kotau ging sogar noch weiter: „Wir wissen, dass wir die Gefühle der Chinesen verletzt haben“, schrieb das Unternehmen und gelobte, „unverzüglich konkrete Maßnahmen einzuleiten, um unser Verständnis von der chinesischen Kultur und ihren Wertvorstellungen zu vertiefen.“ Und dann gibt es da noch die unzähligen Fälle, in denen sich Unternehmen des Vergehens schuldig machen, Taiwan zu erwähnen. So mussten beispielsweise die Hotelkette Marriott, die Fluglinie Delta oder das Modeunternehmen Zara sich bereits selbst kasteien, weil sie auf ihren Internetauftritten „Taiwan“ als eigenständige Nationalität geführt hatten. Streit über Taiwan In der Sicht der Pekinger Machthaber ist Taiwan nur eine abtrünnige Provinz und die diktatorisch geführte Volksrepublik die einzige legitime Vertretung des chinesischen Volkes. Selbstredend, dass die betroffenen Unternehmen jeden Hinweis auf die Existenz eines demokratischen Staates Taiwan umgehend entfernten. China selbst ist übrigens im Umgang mit anderen Nationen weit weniger feinfühlig, als es dies von anderen für sich selbst fordert. So wurde in einer Frühjahrsgala im chinesischen Staatsfernsehen (verlinkt auf https://www.youtube.com/watch?v=GAhaj5sG8fc) im vergangenen Jahr eine Afrikanerin von einer Chinesin dargestellt – braun angemalt, einen Korb mit Obst auf dem Kopf und mit riesigem Gesäß ausgestattet. Dazu rief sie dann ins Publikum „Ich liebe China“. Eine Empörungswelle im chinesischen Internet ist nicht überliefert. Eine offizielle Entschuldigung oder das Versprechen, sich in die afrikanische Kultur zu vertiefen, schon gar nicht.
Frank Stocker
Die missverständliche Äußerung eines UBS-Ökonomen löst in China Empörung aus. Die Bank wirft sich umgehend in den Staub – wie andere Unternehmen zuvor. Dabei hätte Peking allen Grund, vor der eigenen Tür zu kehren.
Finanzen
2019-06-17T12:49:42Z
2019-06-17T12:49:42Z
„Chinesische Schweine“ – Ökonom tritt Empörungswelle los
https://www.welt.de//finanzen/article195412961/Aufregung-nach-Podcast-Chinesische-Schweine-Oekonom-tritt-Empoerungswelle-los.html
Ukraine: Nationalisten bekennen sich zu politischen Morden
Nach den Morden an zwei bekannten Regierungskritikern in der Ukraine hat sich eine nationalistische Gruppe namens Ukrainische Aufständische Armee (UPA) zu diesen und anderen Attentaten bekannt. In E-Mails an den Oppositionsblock und den Politologen Wladimir Fessenko drohte die Organisation damit, weitere „antiukrainische“ Personen zu töten, sollten diese nicht das Land innerhalb von 72 Stunden verlassen. Das Ultimatum läuft demnach am Montagabend aus. „Die Zeit des Volkszorns ist gekommen“ (verlinkt auf /politik/ausland/article139700754/Mysterioese-Mordserie-versetzt-Kiew-in-Schockzustand.html) , heißt es in der Mitteilung (verlinkt auf http://opposition.org.ua/news/opozicijnij-blok-otrimav-lista-z-pogrozami-vid-yakos-ukransko-povstansko-armi.html) . Der Regierungsbeamte Anton Geraschtschenko vom Innenministerium in Kiew bezeichnete die Absender am Freitag als „Psychopathen“. In Moskau wies ein Sprecher des Außenministeriums empört Vorwürfe aus Kiew (verlinkt auf /themen/ukraine) zurück, Russland stecke hinter den Morden an dem Publizisten Oles Busina und dem Ex-Abgeordneten Oleg Kalaschnikow. Gerade Letzterer galt als enger Vertrauter des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch (verlinkt auf /themen/viktor-janukowitsch/) . Sollte die Ukraine die Bluttaten nicht schnell und lückenlos aufklären, drohe dem Nachbarland eine langfristige Destabilisierung. UN fordern Aufklärung der Attentate Die Verbrechen seien beunruhigend, erklärte Ravina Shamdasani, eine Sprecherin des UN-Hochkommissars für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein, am Freitag in Genf. Nötig seien eine „schnelle, unabhängige und glaubwürdige Untersuchung“ sowie die Bestrafung der Verantwortlichen, sagte Shamdasani Reportern. Der UN-Hochkommissar sei auch beunruhigt über wiederholte Verletzungen der Minsker Vereinbarungen über einen Waffenstillstand im Osten der Ukraine, sagte die Sprecherin. Es gebe immer wieder Berichte über Kämpfe, darunter im Gebiet des Donezker Flughafens. Allein seit Anfang des Jahres seien etwa 400 Zivilisten – darunter 26 Frauen und 86 Kindern – durch den Beschuss von Wohngebieten sowie durch Landminen getötet worden.
WELT
Für die Regierung sind „Psychopathen“ am Werk: Die nationalistische Gruppe namens Ukrainische Aufständische Armee (UPA) hat sich zu den jüngsten politischen Attentaten bekannt. Die UN sind beunruhigt.
Politik
Ausland
2015-04-17T15:15:51Z
2017-08-22T04:22:28Z
Nationalisten bekennen sich zu politischen Morden
https://www.welt.de//politik/ausland/article139715577/Nationalisten-bekennen-sich-zu-politischen-Morden.html
Einzelhandel: Kartellamt erlaubt Fusion von Plus und Netto
Das Bundeskartellamt hat den Weg für die Fusion der Discounter Plus und Netto freigegeben. Allerdings stellten die Wettbewerbshüter Bedingungen auf, die vor einem Zusammenschluss erfüllt werden müssen. So muss der Plus-Mutterkonzern Tengelmann knapp 400 Plus-Märkte verkaufen, wie die Behörde in Bonn mitteilte. Nur wenn sich nachweislich kein Erwerber für einen Markt findet, dürfe dieser geschlossen werden. Das sei nur in wenigen Einzelfällen möglich. Dagegen genehmigte das Bundeskartellamt ein Einkaufskooperation zwischen der Netto-Mutter Edeka und der Tengelmann-Supermarktkette Kaiser's nicht. Tengelmann werde sich andere Partner für die Warenbeschaffung seiner Supermarktkette suchen müssen. Edeka, der größte deutsche Lebensmittelhändler Deutschlands, kann somit seine Billigkette Netto und die deutschen Plus-Filialen in ein Gemeinschaftsunternehmen zusammenfassen. Im April noch hatte die Kartellbehörde eine Untersagung angedroht. Im Falle eines Verbotes wollte Tengelmann 500 Plus-Filialen schließen. Nach langen Verhandlungen einigten sich die Beteiligten nun auf einen Kompromiss: Tengelmann muss innerhalb eines halben Jahres 379 der 2900 Plus-Märkte an verschiedene Konkurrenten abgeben, vor allem solche in Ostdeutschland. Ein Treuhänder arbeitet sich bereits in das Geschäft ein. Laut WELT ONLINE gibt es für fast alle Läden einen oder zwei Kauf-Interessenten, vor allem Discounter. Aldi und Lidl seien nicht darunter. Ein Verkauf an Rewe gilt als unwahrscheinlich – auch die Kölner hatten Plus kaufen wollen und sich zuletzt mehrfach als Retter angeboten. Nach dem Verbot einer Einkaufsgemeinschaft von Edeka und Tengelmann für die 500 Supermärkte von Kaiser’s/ Tengelmann wird Kaiser's wohl verstärkt über seinen bisherigen Partner Markant einkaufen. Zudem darf Tengelmann wohl statt der geplanten 30 Prozent nur 20 Prozent an der gemeinsamen Discounter-Gesellschaft Edeka/Plus bekommen – und damit nicht die erhoffte Sperr-Minorität. Ob Tengelmann-Chef Haub, wie zunächst geplant, damit noch ins Kontrollgremium einziehen wird, ist unklar. mit dpa
Hagen Seidel
In Deutschland kann sich ein starker dritter Discounter hinter Aldi und Lidl formieren. Das Bundeskartellamt genehmigt Edeka, den Tengelmann-Discounter Plus übernehmen. Allerdings muss Edeka dabei einige Auflagen beachten. Noch im April hatte die Kartellbehörde mit einem Verbot der Übernahme gedroht.
Wirtschaft
2008-07-01T08:13:03Z
2011-12-30T19:04:11Z
Kartellamt erlaubt Fusion von Plus und Netto
https://www.welt.de//wirtschaft/article2163422/Kartellamt-erlaubt-Fusion-von-Plus-und-Netto.html
Analyse: Der Wirtschaft geht es längst viel, viel besser
Viele Monate lang überboten sich die Fachleute mit immer neuen Horrorszenarien. Jetzt wächst die Wirtschaft wieder. Was ist passiert? Kommt das böse Ende doch noch? Ein Erklärungsversuch in elf Schritten. 1) Die guten Zahlen sind keine statistischen Ausrutscher. „Keinen Anlass zur Euphorie“ sieht Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Und der Außenhandelsverband BGA warnt: „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.“ Alles richtig, nur tauchen immer mehr Schwalben am Himmel auf. Um gut 0,3 Prozent ist die Wirtschaft im zweiten Quartal gewachsen, wurde Donnerstag bekannt. Aufs Jahr hochgerechnet, entspricht das einer Wachstumsrate von 1,3 Prozent. Selbst optimistische Ökonomen hatten nur mit einer „schwarzen Null“ gerechnet. Und vor vier Monaten hatten die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute noch ein Minus von 3,6 Prozent vorhergesagt. Für sich genommen, ist das überraschend gute Quartal in der Tat nur eine einzige Schwalbe. In früheren Krisen ist es durchaus schon vorgekommen, dass einige Monate lang die Wirtschaft wuchs, nur um gleich darauf wieder zu schrumpfen. Aber dass das dieses Mal passiert, ist sehr unwahrscheinlich: Die deutsche Industrie hat im Mai und Juni wieder deutlich mehr Aufträge bekommen. Im zweiten Halbjahr wird sich das in steigender Produktion niederschlagen. Außerdem und für eine Exportnation wie Deutschland entscheidend: Die konjunkturelle Erholung ist nicht allein ein heimisches Phänomen. Zumindest bei zwei sehr wichtigen westlichen Handelspartnern Deutschlands – Frankreich und den USA – läuft es ebenfalls wieder deutlich besser. Und die großen Volkswirtschaften in Fernost – China, Südkorea, ja sogar Japan – preschen einmal mehr voran. In Taiwan etwa ist die Industrieproduktion im Frühjahr gegenüber dem ersten Quartal um mehr als 20 Prozent gewachsen. Noch deutlicher zeigt sich der Umschwung in Ostasien an den Aktienmärkten: Während in Europa an der Börse gerade erst etwas Zuversicht zurückkehrt, herrscht dort schon wieder Euphorie wie in den besten Boomzeiten. 2) Die Konjunkturwende liegt schon hinter uns. Einzelne deutsche Ökonomen wollten noch im Spätherbst 2008 nicht einsehen, dass sich die Wirtschaft in einer Rezession befand – obwohl die definitionsgemäß schon ein halbes Jahr vorher begonnen hatte. In den vergangenen Monaten war es ähnlich, nur andersherum. Es geht schon länger wieder aufwärts – doch wir haben erst jetzt Gewissheit. Noch Ende Juni rechnete das Münchener Ifo-Institut, eine der renommiertesten Adressen für Konjunkturforschung in Deutschland, damit, „dass der aktuelle Abschwung weitaus länger anhält als üblich“. Inzwischen ist klar: Vermutlich seit Mai schrumpft die Wirtschaftsleistung nicht mehr. Erkannt haben das die meisten Ökonomen erst ab Mitte Juli. Es ist halt so: Trendwenden zu erkennen ist die wichtigste Aufgabe von Konjunkturforschern – aber eben auch die schwerste. 3) Die Dynamik ist größer, als es den Anschein hat. Monat für Monat sorgen die deutschen Maschinenbauer für Verwirrung. Während andere Konjunkturindikatoren schon auf Erholung stehen, vermeldet ihr Verband, der VDMA, noch schockierende Zahlen. Ein Orderminus von 48 Prozent für Mai zum Beispiel und eines von 46 Prozent für Juni. Die Zahlen beziehen sich auf den entsprechenden Monat im Jahr zuvor. Und genau da liegt das Problem. Ein Vorjahresvergleich liefert zwar Anschauung darüber, wie gut wir dastehen im mittelfristigen Vergleich. Über die aktuelle Dynamik aber sagt er wenig aus – dazu, das sagt der VDMA selbst, sind die Daten nur „sehr bedingt hilfreich“. Dafür nämlich braucht man Zahlen, wie sich Auftragseingänge, Produktion oder Absatz im Vergleich zum jeweiligen Vormonat entwickelt haben. Die aber rückt der VDMA nur auf Nachfrage heraus. Dann aber stellt sich heraus: Die Auftragseingänge der Maschinenbauer aus dem Inland wuchsen im Juni gegenüber Mai um elf Prozent, die Auslandsorders gingen gar um 20 Prozent nach oben. Ups! 4) Dieses Jahr ist nicht mehr zu retten – auf dem Papier. Noch mehr Verwirrung wird es in den kommenden Monaten geben, das ist jetzt schon klar. Dafür sorgt eine andere Besonderheit der Wirtschaftsstatistik. Gängige Prognosen der Ökonomen aus dem Frühjahr lauteten, dass die deutsche Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um sechs, ja sieben Prozent einbricht. Daran wird sich auch nicht mehr allzu viel ändern, selbst wenn die Wirtschaft im Spätsommer und Herbst die positiven Erwartungen sogar noch übertrifft. Die Erklärung: Bei den Prognosen wird der Jahresdurchschnitt von 2009 mit dem Durchschnitt von 2008 verglichen. Ein deutlicher Aufschwung zum Jahresende fällt bei dieser Methode nicht mehr stark ins Gewicht. 5) Angst, nicht die Geldversorgung war das Hauptproblem. Als die amerikanische Investmentbank Lehman Brothers vor elf Monaten zusammenbrach, kam Panik auf: Die Kreditinstitute liehen sich selbst über Nacht kaum mehr Geld, so groß war plötzlich das Misstrauen der Banker untereinander. Das globale Finanzsystem aber ist so etwas wie der Blutkreislauf der Weltwirtschaft. Hätten die Bankkunden – große Investoren, aber auch und gerade Kleinanleger?– en masse ihr Geld aus Panik abgezogen, wäre ein Desaster unvorstellbaren Ausmaßes die Folge gewesen. Der „bank-run“ blieb aus, auch wegen der Staatshilfen und Garantien, die Regierungen in aller Welt in den Wochen nach dem Lehman-Kollaps gewährten. Die Weltwirtschaft erlitt dennoch einen historischen Absturz. Warum, das wird erst im Rückblick richtig klar. Nicht etwa der kollektive Bankenkollaps oder eine verschärfte Kreditklemme waren entscheidend für den wirtschaftlichen Absturz im vergangenen Herbst. Nicht die Finanzkrise selbst sorgte für den Absturz, sondern die Angst vor ihren Folgen. Während nämlich die Sparer die Nerven behielten, verfielen Unternehmenslenker in Panik. Eine neue große Depression wurde im Herbst 2008 wochenlang in den Chefetagen weltweit als Basisszenario behandelt: Ohne lange zu fackeln, sagten Manager Investitionsprojekte ab, stoppten Aufträge, hielten die Bänder an. Gerade weil aber die Psychologie eine zentrale Rolle spielte, war der Grundstein für einen Aufschwung gelegt, sobald klar wurde, dass die ökonomische Apokalypse ausbleibt. Mit Beginn des Winters drehte denn auch ein Stimmungsindikator nach dem anderen nach oben, ab März erholte sich die Auftragsvergabe und seit dem Frühjahr schließlich auch die Produktion. 6) Das Öl macht’s – nicht die Abwrackprämie. Alle reden von der Abwrackprämie: Die Konjunktur bleibe schwachbrüstig, heißt es, denn nur diese umstrittene Subventionierung des Automarktes habe sie stabilisiert. Als ob ein Fünf-Milliarden-Euro-Programm allein den Absturz einer 2500-Milliarden-Euro-Wirtschaft auffangen könnte. Eine viel größere Unterstützung lieferte der Ölmarkt. Dort reagieren die Preise in den vergangenen Jahren viel empfindlicher auf die konjunkturelle Entwicklung als früher. Vielleicht ist das das Werk von Spekulanten. Genaues weiß man nicht, zu undurchsichtig ist der Markt. Jedenfalls haben die Preisschwankungen auch ihre gute Seite. So hat der Preisauftrieb bis 2008 die Weltkonjunktur abgewürgt – aber vielleicht hat er auch geholfen, eine noch stärkere Überhitzung in damaligen Boomländern zu verhindern und in der Folge auch eine noch schwerere Krise. Der starke Ölpreisverfall in den vergangenen zwölf Monaten wiederum hat zwar auch seine Schattenseiten gerade für die deutsche Wirtschaft, da viele heimische Konzerne in den vergangenen Jahren gut vom Exportgeschäft mit den Ölförderländern gelebt haben. Doch die Verbraucher sparen nun Milliarden, die sie für andere Dinge ausgeben können. Claudia Kemfert, Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), hat ausgerechnet: Zwölf Milliarden Euro betrug die Entlastung der Konsumenten – allein in Deutschland, allein im ersten Halbjahr 2009. 7) Deutschland kommt schneller aus der Krise. Traditionell tut sich Deutschland besonders schwer, sich aus Rezessionen zu befreien. Ein durchschnittlicher Abschwung dauert hierzulande knapp zweieinhalb Jahre, in Frankreich und Großbritannien dagegen geht es typischerweise bereits nach etwa anderthalb Jahren wieder aufwärts. Das war auch im letzten Zyklus noch so: 2001 rutschte die Weltwirtschaft in die Krise. Als endlich 2005 die deutsche Wirtschaft wieder Fahrt aufnahm, befanden sich andere Länder längst in einem Boom. Dieses Mal ist alles anders. Deutschland ist voraussichtlich neben Frankreich das erste große Land in Europa, das die Krise hinter sich lässt. Das ist nicht wirklich schwer, schließlich hat der zurückliegende Boom in einigen anderen Ländern strukturelle Probleme hinterlassen. Großbritannien, Irland und Spanien etwa leiden, ähnlich wie die USA, unter den Folgen einer geplatzten Immobilienblase. Doch Deutschland steht auch besser da als Länder, die keine Blasen hatten; besser als Italien beispielsweise, wo es aktuellen Prognosen zufolge erst im kommenden Jahr wieder aufwärts geht, und das auch nur geringfügig. Das wird mit der Wettbewerbsfähigkeit zu tun haben, die deutsche Unternehmen durch jahrelange Restrukturierungen und Lohnzurückhaltung zurückgewonnen haben. Aber hier dürften sich auch die veränderten Kräfteverhältnisse in der Weltwirtschaft zeigen: Weltweit zeigen sich Verbraucher vergleichsweise krisenresistent, Experten hatten daher damit gerechnet, dass die Konsumgüterindustrie sich als Erstes erholen würde – eine Branche, die nicht zu den deutschen Stärken zählt. Deutschland hätte demnach abermals zu den Nachzüglern gehören können. Tatsächlich aber sind hierzulande die aktuell höchsten Zuwächse bei der Herstellung von Investitionsgütern, der deutschen Paradedisziplin, zu beobachten. Die wahrscheinliche Erklärung: Nach nur kurzer Pause setzt in den wachstumsstarken Schwellenländern der Investitionsboom wieder ein, der schon den deutschen Aufschwung der Jahre 2005 bis 2008 entscheidend befeuert hatte. 8) Es warten weitere positive Überraschungen auf uns. Manche Experten rechnen damit, dass die wirtschaftliche Dynamik rasch wieder nachlässt. Gut möglich, dass sie sich irren. Ähnlich wie ein beginnender Abschwung wird auch ein Aufschwung in seiner Frühphase mit schöner Regelmäßigkeit von fast allen Fachleuten unterschätzt. Aber für einen unerwartet kräftigen Aufschwung in den kommenden 18 Monaten sprechen auch handfestere Gründe. Und zwar mindestens vier an der Zahl. Erstens beginnen die Zinssenkungen der Zentralbanken gerade erst so richtig ihre Wirkung zu entfalten. Zweitens werden die Konjunkturpakete – in Amerika etwa, aber gerade auch in Deutschland – viel später als ursprünglich geplant umgesetzt. Das Geld aus den deutschen Paketen wird erst in der zweiten Jahreshälfte beginnen, in der Wirtschaft anzukommen – und nun noch bis Anfang übernächsten Jahres fließen. Die Erholung hätte also eher kommen können. Nun bekommt sie durch die Verzögerung einen längeren Atem. Drittens dürfte der „Lagerhaltungseffekt“ spürbar werden. In einem beginnenden Abschwung werden Unternehmen von einer nachlassenden Nachfrage überrascht. Folge: Sie produzieren auf Halde. Das ist teuer. Jedes Auto etwa, das unverkauft auf dem Fabrikparkplatz stehen bleibt, kann den Hersteller jeden Monat einige Hundert Euro kosten. In dieser Situation versuchen Unternehmen verzweifelt, ihre Lagerbestände herunterzufahren – indem sie die Produktion anhalten, aber auch, indem sie bereits hergestellte Waren zu Schleuderpreisen raushauen. Wenn dann die Nachfrage wieder anzieht, sind die Lager so leer, dass den Unternehmen gar nichts anderes übrig bleibt, als die Maschinen wieder anzuwerfen. Der Lagerhaltungseffekt spielt bei Konjunkturumschwüngen eine große Rolle, fast immer ist er eine wichtige Starthilfe. Die hat im überraschend guten Frühjahrsquartal noch gar nicht ihre Wirkung entfaltet. Irgendwann im zweiten Halbjahr wird es aber so weit sein. Und irgendwann wird ein zusätzlicher Schub hinzukommen: dann nämlich, wenn die Unternehmen Sonderschichten fahren, um auch Regale und Parkplätze wieder auf Normalmaß aufzufüllen. Viertens ist da noch der befürchtete drastische Anstieg der Arbeitslosigkeit. Von den Prognosen, dass wir wieder die Fünf-Millionen-Marke erreichen, haben sich viele Fachleute bereits mehr oder minder heimlich wieder verabschiedet. Der Konjunkturchef des Ifo-Instituts, Kai Carstensen, glaubt inzwischen gar, es gebe „nun durchaus die Chance, dass die Zahl unter 4,5 Millionen bleibt“. Wenn aber die Arbeitslosigkeit nicht so stark steigt wie ursprünglich erwartet, dürfte auch der Konsum nicht so stark leiden, wie es die gängigen Konjunkturprognosen für 2010 derzeit noch unterstellen. Der befürchtete erneute Rückschlag also könnte kommen, zwangsläufig ist er nicht. Möglich ist auch, dass die Wachstumszahlen für das zweite Quartal den Beginn eines zwar verhaltenen, aber doch stetigen Aufschwungs anzeigen. 9) Drei Prozent Wachstum 2010 wären nicht viel. Selbst wenn aber die Dynamik nach einigen Monaten wieder erschlaffen sollte: Statistisch wird 2010 aller Voraussicht wie ein gutes Jahr wirken. Grund ist, dass der Jahresdurchschnittsvergleich, der das laufende Jahr noch schlechter aussehen lässt, als es ist, im kommenden Jahr für den gegenteiligen Effekt sorgen wird. Konkret: Selbst wenn die Wirtschaft im Laufe des kommenden Jahres kaum von der Stelle kommt, könnten die Statistiken für das Gesamtjahr ein Wachstum in der Größenordnung von 1,5 bis 2 Prozent ausweisen. Sogar eine Wachstumsrate von drei Prozent würde nur formal wie ein richtiger Aufschwung aussehen. Für einen Aufschwung, der sich auch so anfühlt, müssten im Jahresdurchschnitt schon vier Prozent Wirtschaftswachstum her, erst dann wird es 2010 Spielraum geben, der die Voraussetzung ist für einen erneuten Jobaufbau und für nennenswerte Lohnerhöhungen. Vier Prozent: So viel wagt im Moment noch kein Konjunkturforscher zu prognostizieren. Doch ausgeschlossen ist das nicht. 10) Deutschland braucht mehr Wachstum als andere. Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist angestiegen – aber viel schwächer als in den meisten anderen großen westlichen Industrieländern. Aus Angst vor einem verschärften Fachkräftemangel haben viele Unternehmen Entlassungen so weit wie irgend möglich vermieden: Sie nutzen die Subventionierung der Kurzarbeit (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/kurzarbeit/) und lassen Beschäftigte Überstunden auf den Arbeitszeitkonten abbauen. Ob die Strategie auf Dauer aufgeht, ist nicht ausgemacht. Denn sie hat Arbeit in Deutschland dramatisch verteuert, in der Industrie lagen die Lohnstückkosten im ersten Quartal um fast ein Viertel über Vorjahresniveau. Kurzfristig vielleicht kein Problem, doch über kurz oder lang gefährdet die deutschen Unternehmen so ihre mühsam errungene internationale Wettbewerbsfähigkeit. Deutschland, dieses Mal zunächst ein Vorreiter auf dem Weg zur konjunkturelle Erholung, könnte am Ende einmal mehr zurückfallen. Nur wenn die Kapazitäten rasch wieder ausgelastet werden können, wird sich der deutsche Weg rechnen. Mehr als andere Länder ist Deutschland also darauf angewiesen, dass aus der Erholung rasch ein richtiger Aufschwung wird. 11) Den Aufschwung gibt es nicht umsonst. Die Stabilisierung der Wirtschaft und die jetzt eingetretene Erholung: Beide traten schneller ein, als irgendjemand im düsteren Herbst des vergangenen Jahres zu hoffen gewagt hätte. Doch die im Zuge der Krisenbekämpfung eingesetzten Milliarden treiben die Staatsverschuldung auf neue Rekordstände. Mit 60 Prozent der Wirtschaftsleistung dürfte der Staat laut Maastrichter Vertrag höchstens in der Kreide stehen. Stattdessen könnten in diesem Jahr 80 Prozent erreicht werden; bis 2014, so der Internationale Währungsfonds, wird dieser Wert sogar auf über 90 Prozent steigen. In den beiden größten Volkswirtschaften, den USA und Japan, sieht die Entwicklung noch dramatischer aus. Wenn die Notenbanken den Regierungen nicht helfen, die Schulden (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/schulden/) per Inflation zu entwerten, bleibt nur ein Weg: eine rigide, langfristig angelegte Sparpolitik, die selbst sinnvolle staatliche Investitionen infrage stellt. Die heutigen Budgetdefizite werden folglich in Zukunft mit Wachstumseinbußen bezahlt werden müssen. Ein anderer Teil der Quittung lässt sich schwerer beziffern – könnte sich aber auch auf Dauer als ebenso kostenträchtig erweisen: Die Lehren aus der Krise werden nicht gezogen. Auf dem eiligst einberufenen Krisengipfel der G 20 im November war noch davon die Rede, dem Finanzsektor Leitplanken zu geben, damit eine Finanzkrise wie diese für immer ausgeschlossen werden kann. Bonibestimmungen für Banker etwa haben eindeutig zum Entstehen der Krise beigetragen – und sollten deswegen reguliert werden. Doch zumindest in Deutschland und Großbritannien, das wurde in der vergangenen Woche klar, werden die neuen Regeln lasch ausfallen. „Man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist“, hatte der Regierungsberater und Ex-Währungshüter Otmar Issing im März in der„Welt“ gewarnt: „Im Moment ist die Finanzwelt eher demütig, aber das wird sich wieder ändern.“ Issing sollte recht behalten: Nun ist das Eisen wieder kalt.
Olaf Gersemann, M. Greive, T. Kaiser, F. Wisdorff
Diese Wirtschaftskrise wird als die schwerste seit fast 80 Jahren in die Geschichte eingehen. Und wohl auch als eine der kürzesten. Denn die Wende liegt schon hinter uns – die Situation ist sogar noch besser, als die jüngsten Zahlen vermuten lassen.
Wirtschaft
2009-08-15T09:22:01Z
2012-11-20T12:56:56Z
Der Wirtschaft geht es längst viel, viel besser
https://www.welt.de//wirtschaft/article4326294/Der-Wirtschaft-geht-es-laengst-viel-viel-besser.html
Atomausstieg: Frankfurt muss als erste Stadt den Blackout fürchten
Von der 27. Etage der Zwillingstürme der Deutschen Bank reicht der Blick weit ins Frankfurter Umland. Er reicht allerdings nicht ganz bis zu dem 60 Kilometer entfernten Atomkraftwerk Biblis A, das von der Bundesregierung jüngst vom Netz genommen wurde. Doch ob Dampfschwaden aus dem Kühlturm des ältesten deutschen Reaktors aufsteigen oder nicht, kann Deutsche-Bank-Sprecher Ronald Weichert nicht gleichgültig sein. Man sei gewappnet: „Unsere Rechenzentren verfügen über Anlagen zur unterbrechungsfreien Stromversorgung“, sagt der Sprecher des größten deutschen Geldhauses. Einen Zusammenbruch des öffentlichen Stromnetzes könne man „mit eigenen Aggregaten“ überbrücken. Und: „Ja, wir haben Back-ups, Daten gehen bei uns nicht verloren.“ Dass sich die Bank mit Fragen der sicheren Stromversorgung beschäftigt, ist durchaus berechtigt: Denn die Bundesnetzagentur in Bonn hat die jüngsten Warnungen der vier großen Netzbetreiber vor einem drohenden Stromengpass im Winter analysiert (verlinkt auf /wirtschaft/article13398406/Die-Gefahr-eines-Blackouts-ist-jetzt-amtlich.html) – und deren Prognose im Grundsatz bestätigt: Ein flächendeckender Stromausfall ist nicht mehr auszuschließen. Das ist jetzt amtlich. Weil in der dunklen Jahreszeit die Solarenergie fast nichts mehr zur Stromversorgung beiträgt, fehlen in Süddeutschland bei abgeschalteten Atomkraftwerken noch in diesem Jahr mindestens 1000 Megawatt Kraftwerkskapazitäten, stellte die Behörde fest. Das entspricht der Leistung eines Atomkraftwerks. Auch die Windkraft fällt während der typisch winterlichen Hochdruckwetterlage oft tagelang aus. Die Netze am Rande der Belastbarkeit „Die historisch einmalige zeitgleiche Abschaltung von 5000 Megawatt Leistung und das langfristige Fehlen von 8500 Megawatt Leistung bringen die Netze an den Rand der Belastbarkeit“, heißt es in dem alarmierenden Bericht der Behörde: „Durch das Moratorium entstehen sowohl in der Rhein-Main- und in der Rhein-Neckar-Region als auch im Raum Hamburg große Probleme bei der Spannungshaltung.“ Dass die dicht besiedelte Industrieregion zwischen Frankfurt und Stuttgart von einem möglichen Stromausfall zuerst getroffen wäre, hatten auch die privaten Netzbetreiber in einem eigenen Gutachten festgestellt. Seit Beginn des Atommoratoriums könne die Versorgung des deutschen Südwestens fast nur noch durch die großen Kohlekraftwerke im Raum Köln gesichert werden, heißt es dort. Falls es zu unvorhersehbaren Problemen mit den Stromtrassen komme oder rheinische Kraftwerke etwa wegen eines Kesselschadens ausfielen, müssten große industrielle Stromverbraucher im Rhein-Main-Gebiet voraussichtlich vom Netz getrennt werden. Sogenannte Lastabwurfpläne dafür gibt es bereits: Die BASF (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/basf/) in Ludwigshafen, größter Chemiestandort Europas, müsste dann zuerst die besonders energiehungrigen Anlagen zur Chlor-Elektrolyse abstellen. Stabilisiert dies das öffentliche Stromnetz immer noch nicht, müssten schrittweise weitere BASF-Bereiche Feierabend machen. Auch bei Daimler (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/daimler/) ständen wohl bald Bänder still. Der wirtschaftliche Schaden im Südwesten kann nach Einschätzung von Fachleuten bei einem eintägigen Stromausfall leicht in die Milliarden gehen. Die Untersuchung der Bundesnetzagentur basiert auf der Annahme, dass die sieben ältesten deutschen Meiler, die von der Bundesregierung zunächst nur für ein Moratorium von drei Monaten vom Netz genommen wurden, auch dauerhaft abgeschaltet bleiben. (verlinkt auf /politik/deutschland/article13398385/Sieben-aelteste-AKW-sollen-abgeschaltet-bleiben.html) Genau das zeichnet sich jetzt ab. Denn während Matthias Kurth, der Präsident der Bundesnetzagentur, in Bonn sein Gutachten über den drohenden Stromengpass vorstellte, entschieden zeitgleich die Umweltminister von Bund und Ländern im Harz-Städtchen Wernigerode, dass die sieben pausierenden Meiler tatsächlich nie wieder zurück ans Netz sollen. Chefregulierer Matthias Kurth, zu dessen Aufgaben es gehört, das deutsche Stromnetz zu überwachen, konnte angesichts der neuen Entwicklung nur den Kopf schütteln: „Liebe Leute, Ihr könnt das so oder so entscheiden, aber Ihr müsst wissen, was Ihr da tut.“ Die Folgen des Ausknipsens könnten dramatisch sein Atomkraftwerke tragen bislang knapp ein Viertel zur deutschen Stromversorgung bei. Dass ein so großer Teil der Kraftwerkskapazität von Politikern einfach ausgeknipst wird, hat es zuvor noch nie gegeben. Die Folgen könnten dramatisch sein. Denn die Bundesnetzagentur befürchtet, dass man dem selbst verschuldeten Stromengpass mit einfachen Maßnahmen nicht mehr beikommen kann: Reservekraftwerke? Kaum vorhanden. Stromspeicher? Ebenso wenig. Auch vermehrte Importe aus dem Ausland können die Situation nicht retten: Die Franzosen heizen elektrisch und fallen als Stromlieferanten in den Wintermonaten praktisch aus. Damit hat das deutsche Atommoratorium ein Risiko für die Versorgungssicherheit mit Elektrizität geschaffen, das weit über die Landesgrenzen hinausreicht. Bei einer dauerhaften Stilllegung der derzeit abgeschalteten Kernkraftwerke „kann Deutschland schon heute nicht mehr als eine der Stützen der Versorgungssicherheit im europäischen Verbund auftreten“, warnt die Netzagentur: „Dies ist im Hinblick darauf, dass Nachbarländer auf den deutschen Export gebaut und sich darauf verlassen haben, nicht unproblematisch.“ Derzeit sei das Risiko zwar noch „beherrschbar“, stellt die Behörde fest. Jedoch nur, weil in dieser Jahreszeit die Stromnachfrage stets niedrig und die Solarstromproduktion hoch ist. Beides ändert sich in der kalten Jahreszeit freilich völlig. Neue Herausforderungen für die Stabilität des Stromnetzes drohten aber nicht erst im Winter. Schon zu Pfingsten könnten neue Eingriffe in den Netzbetrieb notwendig werden. Denn am Pfingstsonntag sinkt die Stromnachfrage hierzulande traditionell rapide ab. Drängt dann übermäßig viel Sonnen- und Windstrom ins Netz, baut sich eine gewaltige Spannung in den Leitungen auf. In diesem Fall müssten Windparks in großen Stil stillgelegt werden. Folgen eines Komplettausfalls werden untersucht Die meisten Blackouts waren in der Vergangenheit nach Minuten oder schlimmstenfalls einigen Stunden wieder behoben. Welche Folgen ein mehrtägiger Komplettausfall hätte, hat das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) untersucht. Die Studie wurde noch von der schwarz-roten Koalition in Auftrag gegeben – und erhält durch die aktuelle Entwicklung eine unerwartet hohe Brisanz. Die Auswirkungen, so das Fazit der Studie, die jetzt erst offiziell vorgestellt wurde, wäre eine „nationale Katastrophe“. Schon zum Ende der ersten Woche müsste auch mit Todesopfern gerechnet werden, da die Versorgung von Schwerstkranken auf Intensivstationen nicht mehr gewährleistet werden könnte. Auch die zwischen 60.000 und 80.000 Dialyse-Patienten in Deutschland seien akut gefährdet. (verlinkt auf /wirtschaft/energie/article13360280/Bundesnetzagentur-warnt-vor-AKW-Abschaltungen.html) Fällt der Strom aus, bricht der Verkehr zusammen. Züge fahren nicht, Flugzuge können nicht mehr starten, weil die Flugsicherung ohne Radarbildschirme nicht arbeiten kann. Die Wasserversorgung braucht Strom, ebenso wie Kühlhäuser, Supermärkte und Bankautomaten. Die Kosten sind schwer kalkulierbar Die Kosten für einen Blackout sind nur schwer zu ermitteln. Im April 2003 waren acht US-Bundesstaaten und weite Teile Kanadas teilweise bis zu drei Tage ohne Stromversorgung. Rund 50 Millionen Menschen waren betroffen, die Folgekosten wurden später auf bis zu sieben Milliarden Euro geschätzt. Christoph Unger, Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, mahnt eine intensivere Zusammenarbeit von Behörden und Stromversorgern an. So könnten Schwachpunke identifiziert und verbessert werden. „Wir haben heute eine Just-in-time-Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser.“ Für Unger besteht kein Zweifel: Gerade dieser Bereich muss dringend besser erforscht werden.
Claudia Ehrenstein, Daniel Wetzel
Nach der AKW-Stilllegung muss Deutschland bereits im Winter mit Stromengpässen rechnen. Ein Blackout könnte Kosten in Milliardenhöhe verursachen.
Wirtschaft
2011-05-27T20:12:31Z
2015-09-01T11:15:05Z
Frankfurt muss als erste Stadt den Blackout fürchten
https://www.welt.de//wirtschaft/article13399027/Frankfurt-muss-als-erste-Stadt-den-Blackout-fuerchten.html
Kolumne "Abseits": Der Herbst der sterbenden Fußballvereine
Unbarmherzig tickt die Uhr. Zwei Tage noch, dann müssen sie beim Fußball-Zweitligaverein MSV Duisburg die Hosen runterlassen, und das wird nicht lustig. Im Fernsehen hat sich die Kuppelshow "Bauer sucht Frau" etabliert, auch wenn mancher Zweifel an der Seriosität besteht, wie ernst da wirklich gesucht wird. In Duisburg ist die Lage todernst, und der Streifen, den sie dieser Tage im Revier drehen, heißt "Zebra sucht Millionär". 2,3 Millionen Euro fehlen dem ersten Meisterschaftszweiten der Bundesligahistorie, der das Zebra als Wappentier hat, um der drohenden Insolvenz zu entgehen. Bis Donnerstag hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) dem Zweitligaklub Zeit eingeräumt, seine Bilanzen nachzubessern und die Zahlungsfähigkeit nachzuweisen, sonst droht der Gang zum Amtsgericht. Die Gehälter würden dann für drei Monate vom Insolvenzverwalter bezahlt werden. "Unsere Reserven sind aufgebraucht" Gleich zwei Gesellschaften von Wirtschaftsprüfern sind in Duisburg damit beschäftigt, in den verbleibenden Stunden jeden Stein umzudrehen. "Unsere Reserven sind aufgebraucht", hat Geschäftsführer Roland Kentsch schon vergangene Woche zugegeben. Ein wesentlicher Faktor für die Misere ist die hohe Stadionmiete (4,2 Millionen Euro im Jahr), die eines Erstligavereins würdig ist, bei gleichzeitiger sportlicher Talfahrt. Wie geht es weiter? Die DFL würde das Fehlen einer Bestätigung der Zahlungsfähigkeit zunächst mit 100.000 Euro ahnden, und sollte das Geld auch bis 15. Dezember noch fehlen, wird der MSV zusätzlich mit dem Abzug von zwei Punkten bestraft. Wehe, wenn du absteigst Sofern wirklich Insolvenz während der laufenden Saison angemeldet werden muss, droht der Sturz in die unterste Amateurklasse, den einst beispielsweise schon der frühere Europapokalfinalist VfB Leipzig (1987, 0:1 im Pokalsiegercup gegen Ajax Amsterdam (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/ajax-amsterdam/) ) gehen musste. Als Lokomotive Leipzig begann er 2004 in der elften Liga, und Lothar Matthäus trug aus Solidarität für ein Spiel das Lok-Trikot. Und: Duisburg ist kein Einzelfall, es sind harte Zeiten für Traditionsklubs. Wehe, wenn du absteigst! Auch eine Etage tiefer geht die Angst um. Allen voran bei Alemannia Aachen (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bfc-dynamo-berlin/) , gerade aus der Zweiten Liga abgestiegen, deren ewige Tabelle sie immer noch anführt. Die Aachener, 2007 noch in der Bundesliga unterwegs, haben den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens schon vergangenen Freitag gestellt – was sie tun mussten, um nicht wegen Insolvenzverschleppung belangt zu werden. Wo bleibt der Scheich? Nun spielen sie auf Zeit. Wird das Insolvenzverfahren erst nach dem letzten Spiel der Saison im Mai eröffnet, kann die Alemannia die Saison noch regulär zu Ende spielen und ganz normal absteigen – also in die Regionalliga (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/fussball-regionalliga/) . Dass die Alemannia bereits jetzt als erster Absteiger feststeht, wie schon zu lesen stand, ist etwas voreilig. Designierter Absteiger trifft es besser. Noch immer kann ein reicher Scheich um die Ecke kommen und das Schlimmste verhindern wie etwa eine Liga höher beim TSV 1860 München (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/tsv-1860-muenchen/) , wo seit Juli 2011 ein jordanischer Investor die Macht hat und zuweilen für Turbulenzen sorgt. Derzeit versucht Herr Ismaik dem Vorstand ungefragt einen prominenten Trainer vor die Nase zu setzen – den Schweden Sven-Göran Eriksson, der einst die englische Nationalmannschaft trainieren durfte. Aachen hätte diese Probleme gern. Da sich der aktuelle Vorletzte die Dritte Liga (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/dritte-fussball-liga/) nicht mehr leisten kann und die Gehälter demnächst nicht gezahlt werden können, gehen die ersten Spieler schon auf Vereinssuche. Trainer Rene van Eck hat resigniert: "Ich habe keine Lust, jeden Tag der Mannschaft zu sagen: ‚Wir müssen kämpfen!’ Wer nicht weitermachen will, kann gehen." In Aachen geht es um die Rettung des Vereins Kapitän Albert Streit, der einst in der Bundesliga beim FC Schalke 04 (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/fc-schalke-04/) auch als Edelbankdrücker Millionen hortete, sagt: "Um mich muss sich keiner sorgen. Meine Gedanken sind bei den Mitarbeitern und Angestellten, die jeden Cent benötigen, bei den Physiotherapeuten und Zeugwarten. Ich habe in ihre Gesichter geschaut. Da fehlten mir die Worte." Und dem Klub fehlt das Geld. Die Schulden betragen 4,5 Millionen Euro. Rund eine Million Euro muss aufgebracht werden, um wenigstens die Saison beenden zu können. Es geht im Grunde längst nicht mehr um den Klassenverbleib, es geht nur noch um die Rettung des Vereins. Die Gläubigerversammlung hat nun einem Rettungsplan zustimmen, der nichts anderes als ein Aufschub ist. "Insolvenzplanverfahren" heißt das im Juristendeutsch, das Amtsgericht muss dem zustimmen – weil eben der Zeitpunkt der Insolvenz dafür von Bedeutung ist, in welcher Klasse es weitergeht. Wie bei Bayern München Der Fall Aachen ist ein typischer von Größenwahn. Das neue Stadion, dem die gleichnamige Bruchbude Tivoli weichen musste, verschlang rund 50 Millionen Euro und hat allerhand zu bieten. Allein auf dem Parkdeck gibt es zwei Kunstrasenplätze mit Flutlicht, Besucher wähnen sich eher in der Arena des FC Bayern München (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/fc-bayern-muenchen/) als bei einem Drittligaverein. Allein an Jahresmiete sind 4,2 Millionen Euro zu überweisen. Auch Arminia Bielefeld (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/dsc-arminia-bielefeld/) und Hansa Rostock, beide 2008/2009 noch in der Bundesliga, oder der VfL Osnabrück tappten in die Stadionfalle. Der Versuchung, mit der Zeit zu gehen, modernen Komfort mit VIP-Logen und Kinderkrippen zu bieten, erliegen viele kleine Klubs in besseren Tagen. Um konkurrieren zu können. Da es aber immer Absteiger geben muss, steigt so mancher trotz eines Stadions, in dem ohne weiteres Champions League-Spiele ausgetragen werden könnten, in die Dritte Liga ab. Fäuste und "ein Arschtritt" Auch Kickers Offenbach hat seinen mythischen Bieberer Berg in die Moderne geführt und sich dabei noch einen Berg errichtet – einen aus Schulden. Beim Drittligaklub, schrieb die "Frankfurter Rundschau", "macht das Gerücht die Runde, der Klub könne nur noch mit Hilfe eines neuen Investors oder durch einen Sieg im DFB-Pokal über Fortuna Düsseldorf eine Insolvenz im Februar abwenden." Präsident Frank Ruhl dementierte zwar: "Da ist überhaupt nichts dran." Aber die 4,7 Millionen Euro Schulden und verspätete Gehaltszahlungen werden nicht dementiert. Die Lage ist so brisant, dass dieser Tage bei einer Sponsorenversammlung sogar die Fäuste flogen. Der Kritiker eines Präsidenten wurde geschlagen und erhielt "einen Arschtritt", wie der Täter frank und frei zugab. All das vor den Augen von 200 potenziellen Sponsoren, die sich ihr Engagement für den Pokalsieger von 1970 gut überlegen dürften. Das Opfer hat Strafanzeige gestellt. Damit muss sich der für die Dritte Liga zuständige Deutsche Fußball-Bund nicht befassen, mit den strukturellen Problemen seiner Vereine schon. So sprach der für diese Liga zuständige DFB-Direktor jetzt bereits von Gedanken über "einen Schutzmechanismus" für Absteiger aus der Zweiten Liga. Denn Tradition allein ist kein Schutz.
Udo Muras
Tradition zu verkaufen: Aachen hat Insolvenz angemeldet, Duisburg droht das gleiche Schicksal, Offenbach und Osnabrück sind gefährdet. Viele kleine Klubs erliegen in besseren Tagen dem Größenwahn.
Sport
Fußball
2012-11-27T13:44:15Z
2017-08-25T08:11:33Z
Der Herbst der sterbenden Fußballvereine
https://www.welt.de//sport/fussball/article111548089/Der-Herbst-der-sterbenden-Fussballvereine.html
Spendenaffäre: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen AfD-Bundesschatzmeister
Die Spendenaffäre bei der AfD könnte ein juristisches Nachspiel für den Bundesschatzmeister der Partei haben. Nach Informationen des „ Spiegel (verlinkt auf https://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-staatsanwaltschaft-ermittelt-gegen-schatzmeister-wegen-wahlkampfhilfen-a-1263667.html) “ und dem ARD-Magazin „Report Mainz“ ermittelt die Staatsanwaltschaft Berlin gegen Klaus Fohrmann wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Parteiengesetz. Demnach sollen in den Rechenschaftsberichten für 2016 und 2017 falsche Angaben gemacht worden sein. Die Ermittler stießen laut Bericht auf fragwürdige Werbemaßnahmen der Schweizer Werbeagentur Goal AG im Wert „einer Gesamtsumme im unteren sechsstelligen Bereich“. Der Stuttgarter „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ hatte Publikationen der Agentur genutzt, um im Bundeswahlkampf 2017 Stimmung für die AfD zu machen. Fohrmann berichtete auf Anfrage des “Spiegel“, ihm sei das Ermittlungsverfahren bisher unbekannt. Hilfen der Schweizer Werbeagentur wurden auch für andere AfD-Politiker schon zum Problem. Die Bundestagsverwaltung verdonnerte die Partei am Dienstag wegen illegaler Parteispenden zu einer Strafe von insgesamt 402.900 Euro. Die Goal AG hatte den heutigen Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen und das Bundesvorstandsmitglied Guido Reil in Landtagswahlkämpfen 2016 und 2017 untestützt. Meuthen spricht von 89.800 Euro Meuthen hatte im März WELT gesagt (verlinkt auf /politik/deutschland/plus190140245/AfD-Chef-Joerg-Meuthen-Wahlkampfhilfen-im-Wert-von-89-800-Euro.html) , er selbst habe Anfang 2016 im baden-württembergischen Landtagswahlkampf von der Goal AG Unterstützungsleistungen wie Plakate, Flyer und Anzeigen mit einem Gegenwert von 89.800 Euro erhalten, die die Bundestagsverwaltung als illegale Spenden ansehe. Im Fall des AfD-Bundesvorstandsmitglieds Guido Reil, der im Jahr darauf im NRW-Landtagswahlkampf ebenfalls von der Goal AG unterstützt wurde, geht die Bundestagsverwaltung von rechtswidrigen Zuwendungen in Höhe von 44.500 Euro aus. Die AfD kündigte rechtliche Schritte gegen die Zahlungsbescheide an. Weitere Strafzahlungen könnten auf die AfD wegen Zuwendungen von rund 132.000 Euro aus der Schweiz an den Kreisverband Bodensee der Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel zukommen. Deutsche Parteien dürfen keine Spenden von Gönnern annehmen, die nicht EU-Bürger sind. Deshalb untersucht der Bundestag auch diese Spenden für den Bundestagswahlkampf von Weidel.
WELT
Die Spendenaffäre lässt die AfD nicht los. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft offenbar auch gegen Bundesschatzmeister Klaus Fohrmann. Es soll um fragwürdige Spenden im unteren sechsstelligen Bereich gehen.
Politik
Deutschland
2019-04-19T11:41:18Z
2019-04-19T11:53:09Z
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen AfD-Bundesschatzmeister
https://www.welt.de//politik/deutschland/article192179167/Spendenaffaere-Staatsanwaltschaft-ermittelt-gegen-AfD-Bundesschatzmeister.html
Bundeswehr: Nicole Schilling soll als erste Frau Drei-Sterne-General werden
Nicole Schilling, bisher stellvertretende Abteilungsleiterin für Personal im Verteidigungsministerium, soll als erste Frau den Rang eines Drei-Sterne-Generals in der Bundeswehr erhalten. Sie tritt heute ihr Amt als Leiterin der Abteilung für Einsatzbereitschaft und Unterstützung Streitkräfte in dem Ministerium an, wie eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage mitteilte. Das Amt ist demnach ein Drei-Sterne-Posten – der konkrete Zeitpunkt der Beförderung sei aber noch unklar. Zuvor hatte „ Business Insider (verlinkt auf https://www.businessinsider.de/politik/deutschland/pistorius-will-diese-frau-zur-ersten-drei-sterne-generaelin-der-bundeswehr-machen/) “ berichtet. Schilling war 1993 in die Bundeswehr (verlinkt auf /politik/deutschland/article253683738/SPD-Deutliche-Mehrheit-fuer-Pistorius-statt-Scholz-als-Kanzlerkandidat.html) eingetreten – und ist seit 2022 Frau Generalstabsarzt und Zwei-Sterne-Generalin. Laut Verteidigungsministerium ist sie die ranghöchste Soldatin der Bundeswehr, wobei mit Almut Nolte seit heute eine weitere Frau Zwei-Sterne-Generalin ist. Bevor Schilling im Juni dieses Jahres stellvertretende Abteilungsleiterin für Personal im Verteidigungsministerium wurde, war sie Vizepräsidentin und ständige Vertreterin der Präsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr in Köln. Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, lobte den Plan zur Beförderung von Schilling. Solche Karrieren dienten als Vorbild und zeigten: „Frauen können ihren Weg in der Bundeswehr machen.“ Auch in der Breite brauche es mehr Frauen. „Ich hätte gern mehr Bataillonskommandeurinnen sowohl beim Heer als auch bei der Luftwaffe und bei der Marine“, sagte Högl.
WELT
Nicole Schilling ist Deutschlands ranghöchste Soldatin und soll laut Medienberichten zur Drei-Sterne-Generalin befördert werden. In der Truppe ist sie primär für das Personalmanagement verantwortlich. Nur zwei Frauen erreichten bisher den Rang eines Zwei-Sterne-Generals in der Bundeswehr.
Politik
Deutschland
2024-10-01T12:54:06Z
2024-10-04T18:12:52Z
Nicole Schilling wird erste Drei-Sterne-Generalin
https://www.welt.de//politik/deutschland/article253798956/Bundeswehr-Nicole-Schilling-soll-als-erste-Frau-Drei-Sterne-General-werden.html
Kinotrailer: „Fighter“ - Hinter den Kulissen der Mixed-Martial-Arts
Die Dokumentation „Fighter“ bietet einen Einblick in die Mixed-Martial-Arts-Szene in Deutschland. Was für Menschen fallen in einem Käfig vor Publikum und nahezu ohne Regeln übereinander her?
WELT
Die Dokumentation „Fighter“ bietet einen Einblick in die Mixed-Martial-Arts-Szene in Deutschland. Was für Menschen fallen in einem Käfig vor Publikum und nahezu ohne Regeln übereinander her?
Film
2017-05-01T10:27:16Z
2022-05-12T05:56:09Z
„Fighter“ - Hinter den Kulissen der Mixed-Martial-Arts
https://www.welt.de//kultur/kino/video164146107/Fighter-Hinter-den-Kulissen-der-Mixed-Martial-Arts.html
Freiburg: Verteidiger sagen, es gebe keine Beweise für Vergewaltigungen
Nach der Gruppenvergewaltigung einer 18-Jährigen vor einer Disco in Freiburg haben Verteidiger der elf angeklagten Tatverdächtigen Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Die junge Frau könne sich so gut wie nicht an die Tatnacht und nur an einen der mutmaßlichen Täter erinnern, sagte die Pflichtverteidigerin Kerstin Oetjen am Montag vor dem Landgericht Freiburg. Zudem habe sie unter Drogen gestanden. Der Pflichtverteidiger Jörg Ritzel sagte, die Frau habe Sex massiv eingefordert. Beweise, die Vergewaltigungen belegten, gebe es nicht. Auch für K.o.-Tropfen gebe es keine Beweise. Am Montag wurden einige der Angeklagten zu Personalien vernommen – nicht zu den Tatvorwürfen. Es war der zweite Verhandlungstag des Prozesses, der am vergangenen Mittwoch begonnen hat. Einer der elf Männer hat angekündigt, sich auch zu den Vorwürfen äußern zu wollen. Die anderen wollten dazu zunächst schweigen. Angeklagt sind elf Männer (verlinkt auf /vermischtes/article189660541/Freiburg-Offenbar-acht-weitere-Anklagen-nach-Gruppenvergewaltigung.html) im Alter von 18 bis 30 Jahren, die meisten von ihnen sind Flüchtlinge. Ihnen wird vorgeworfen, Mitte Oktober vergangenen Jahres eine 18-Jährige nachts in Freiburg nach einem Discobesuch in einem Gebüsch vor der Diskothek vergewaltigt zu haben. Staatsanwalt Rainer Schmid sagte, die Anklage stütze sich auf gefundene Spuren und Aussagen. Die Indizien seien ausreichend für eine mögliche Verurteilung der Männer. Die Frau sei durch den Konsum einer hoch dosierten Ecstasy-Tablette und eines mutmaßlich mit K.o.-Tropfen präparierten Getränks völlig hilf- und wehrlos gewesen. Die Frau, die Opfer des Verbrechens wurde, ist in dem Prozess Nebenklägerin und wird von einer Anwältin vertreten. Sie wird Gerichtsangaben zufolge am 11. Juli unter Ausschluss der Öffentlichkeit aussagen. Geprüft werde, ob ihre Aussage per Video in den Gerichtssaal übertragen werde, sagte ein Gerichtssprecher. Der jungen Frau würde damit ein Aufeinandertreffen in dem Gerichtssaal mit den Angeklagten erspart. Der Prozess wird fortgesetzt. Es sind knapp 30 Verhandlungstage bis zunächst Ende Dezember geplant. Einen Termin für ein mögliches Urteil gibt es laut dem Gericht noch nicht.
WELT
Elf Männer sollen eine 18-Jährige in Freiburg vergewaltigt haben. Die Verteidiger weisen die Vorwürfe vor dem Gericht zurück. Die junge Frau habe unter Drogen gestanden, Beweise gebe es nicht.
Vermischtes
2019-07-01T19:44:11Z
2019-07-02T04:26:54Z
Die Frau könne sich doch kaum erinnern, sagen die Verteidiger in Freiburg
https://www.welt.de//196206287
Kommentar: Kosovo: Europa darf sich nicht spalten lassen
Wieder einmal wird zum letzten Mal darüber verhandelt, was mit dieser traditionellen Krisenregion Europas geschehen soll. Das Problem ist nämlich nicht mit dem Zerfall Jugoslawiens entstanden, wie viele mit politischem Kurzzeitgedächtnis meinen, sondern ist viel älter. Die Geschichte des Kosovo Es ist fast 100 Jahre her, dass durch das von Europa gewollte Abbröckeln des Osmanischen Reiches Kosovo zum politischen Problem wurde. Als man als Folge der Balkankriege vor dem 1. Weltkrieg 1912 das heutige Albanien schuf, schlug der Vorsitzende einer Großmächte-Kommission (das gab es damals auch), der Österreich-ungarische Außenminister Aehrenthal Kosovo als Teil Albaniens vor, was im Hinblick auf das Königreich Serbien in St. Petersburg, London, Paris und Berlin keine Zustimmung fand. Die Wurzeln der serbischen Orthodoxie in Pec/Peja und in den Klöstern waren auch damals ein Argument, wenngleich die Mehrheit der Serben nach der 2. Türkenbelagerung Wiens von den Habsburgern nach Ungarn und an die Militärgrenze gegen die Türken umgesiedelt worden waren. Tito war sehr clever und beließ die Region in der Teilrepublik Serbien, machte sie aber autonom, was von Miloševi? aufgehoben wurde und das Startzeichen für jenes Problem wurde, das jetzt in Verhandlungen zwischen Belgrad, Prishtina und der Troika gelöst werden soll. Eine einvernehmliche Lösung wird es nicht geben Dazwischen liegen Vertreibungen, Unterdrückungen, eine NATO-Intervention und die UN-Verwaltung seit 1999. Eine einvernehmliche Lösung wird es nicht geben, hoffentlich einen Kompromiss, mit dem niemand einverstanden sein wird, aber mit dem man leben können sollte. Die Position der Kosovo-Albaner ist klar: sie fühlen sich jetzt schon unabhängig. Für Belgrad ist trotz aller Realitäten Kosovo ein Teil Serbiens, wobei das mythologische Moment und das Gefühl der Niederlage und des Zerstückelt-werdens seit 1991 ein entscheidender psychologischer Faktor ist. Die USA wollen nach der von ihnen veranlassten NATO-Intervention endlich das Problem definitiv lösen, weil sie andere genug haben. Die Russen wieder spielen jede Karte, die ihre Bedeutung erhöht, Amerikaner und Europäer entzweit, Abhängigkeiten (Serbien!) schafft und nichts kostet. Für die EU-Mitgliedsstaaten ist es die große Gefahr auseinander dividiert zu werden, wo gerade jetzt eine gemeinsame Außenpolitik aus globaler Perspektive notwendig ist. Eine einseitige Anerkennung der Unabhängigkeit, wie die USA als letzte Lösung anvisiert, wird allein schon wegen der Beispielsfolgen gefürchtet. So taucht also die Teilung von Kosovo auf, die bisher von allen prinzipiell - ebenso wegen des Beispiels - abgelehnt wurde. Dass es dann im albanischen Teil von Kosovo weiter Serben gibt wie Albaner in Serbien (Presevo-Tal) sorgt allerdings für weitere Probleme. Wirtschaftliche Schwierigkeiten Selbst, wenn es zu irgendeiner Tagesordnung für die weiteren Schritte kommt, gibt es noch genügend Schwierigkeiten: Von heute auf morgen sind die Kosovaren nicht in der Lage, sich selbst zu verwalten. Die EU baut daher folgerichtig ein Assistenzprogramm auf. Man darf dabei die Tatsache nicht außer Acht lassen, dass es eine sehr junge Bevölkerung ist (die Hälfte ist unter 25 Jahren), wirtschaftlich eigentlich nur Kleinstbetriebe existieren und in der Infrastruktur beginnend von der Energieversorgung vieles unzureichend ist. Es gibt dort allerdings ein Lignitvorkommen, mit dem man energetisch ein Großteil der Probleme des Balkans lösen könnte. Testfall für Europa Eine Lösung unter Einschluss von Moskau hätte auch den Vorteil, dass man auf anderen Gebieten endlich zu einer konsistenten EU-Strategie gegenüber Russland fände, die nicht auf dem Energiesektor dringend notwendig ist. Es zeigt sich, dass einige Zeit braucht, bis die Mitgliedstaaten lernen, dass ein getrenntes Vorgehen niemanden nützlich ist und nicht einmal kurzfristige Erfolge erzielt werden können. So ist Kosovo ein Testfall und ein Lernbeispiel für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Wir können in Südosteuropa eher Erfolge erzielen als im Nahen Osten, denn hier sind wir wirklich die Hauptspieler. Die Europäer müssen aber eine definitive Lösung erreichen, denn 1. Kosovo liegt in Europa 2. der Balkan gehört - nach Erfüllung der Aufnahmebedingungen in die EU 3. wir brauchen Stabilität in Südost-Europa, denn die Schwarzmeer-Region, der Kaukasus und Zentralasien - von Ukraine, Moldawien und Weißrussland nicht zu reden - werden genügend Kräfte der EU binden. Botschafter Dr. Ischinger hat eine große europäische Rolle!
Erhard Busek
Eines ist schon heute klar, eine einvernehmliche Lösung wird es in der Kosovofrage nicht geben. Trotzdem dürfen sich die EU-Mitgliedsstaaten nicht auseinander dividieren lassen. Die Frage um die Zukunft des Kosovo ist ein Testfall und ein Lernbeispiel für die gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik. Auch deshalb muss Europa eine definitive Lösung erreichen.
Debatte
Kommentare
2007-08-15T14:28:23Z
2011-11-19T13:26:33Z
Kosovo: Europa darf sich nicht spalten lassen
https://www.welt.de//debatte/kommentare/article6069768/Kosovo-Europa-darf-sich-nicht-spalten-lassen.html
FC Bayern München: Sorge um Sammer – Durchblutungsstörung des Gehirns
Matthias Sammer muss aus gesundheitlichen Gründen pausieren. Der 48-Jährige Sportvorstand des FC Bayern leidet nach Angaben des Vereinsarztes an einer Durchblutungsstörung des Gehirns.
WELT
Matthias Sammer muss aus gesundheitlichen Gründen pausieren. Der 48-Jährige Sportvorstand des FC Bayern leidet nach Angaben des Vereinsarztes an einer Durchblutungsstörung des Gehirns.
2016-04-25T09:16:04Z
2016-12-17T18:55:24Z
Sorge um Sammer – Durchblutungsstörung des Gehirns
https://www.welt.de//sport/video154713332/Sorge-um-Sammer-Durchblutungsstoerung-des-Gehirns.html
US Open: Maria Scharapowa hat ihren besten Schlag verloren
Wo immer in den vergangenen Tagen in Manhattans Häuserschluchten ein roter Teppich ausgerollt wurde, war auch Maria Scharapowa schon da. Wenn das grellste und größte Grand-Slam-Spektakel der Welt bevorsteht, dann drängen die Sponsoren die bestbezahlte Sportlerin des Planeten nur zu gern ins Scheinwerferlicht – vom Trainingsplatz geht es fast übergangslos zum Cocktailempfang einer Schweizer Uhrenfirma, zum Stelldichein bei Tiffany & Co. oder zur Präsentation einer eigenen Schuh- und Handtaschenkollektion für ein Toplabel aus den Vereinigten Staaten. Der Spagat zwischen all den kommerziellen Verpflichtungen und dem Comeback auf der großen Grand-Slam-Bühne macht Scharapowa freilich nichts aus: Ans harte, unerbittliche Arbeiten ist die 22-Jährige gewöhnt, die einst aus ärmlichen Verhältnissen an die Spitze der Weltrangliste vorpreschte und schon mit 17 Jahren in Wimbledon triumphierte. 22 Millionen im Jahr streicht die Russin auch ohne einen einzigen Sieg auf den Centre Courts ein, und so weiß Scharapowa auch, was sie ihren Geldgebern schuldig ist bei einem wichtigen Termin wie den US Open (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/us-open/) . „Bei diesem Turnier will sich jeder von seiner schönsten und besten Seite zeigen“, sagt sie, „ich bin froh, dass hier mein Comeback so richtig Fahrt aufnimmt.“ Wo sie sportlich einzuordnen ist, die dreimalige Grand-Slam-Siegerin, ist eine der wichtigsten Fragen bei diesen US Open 2009. Manche sehen sie als chancenlose Außenseiterin manche als Mitfavoritin, selbst der namhafteste Trainer der Szene, Nick Bollettieri, gibt sich ungewohnt ratlos: „Es ist wie Roulette. Ich kann nicht einschätzen, wozu sie in der Lage ist.“ Die Unsicherheit hat vor allem mit dem Service Maria Scharapowas zu tun – jenem Schlag, der früher die Basis ihrer Erfolge war. Nach der achtmonatigen Pause wegen einer schwerwiegenden Schulterverletzung ist er zu einer Schwachstelle geworden. Bei den guten Auftritten in der Vorbereitung – ob in Los Angeles oder später auch in Kanada – leistete sich Scharapowa noch eine ganze Reihe von Doppelfehlern. Das Problem ist ähnlich komplex wie bei Golfspielern, denen vor dem entscheidenden Schlag die Hand zittert: Es ist schwer auszumachen, was rein gesundheitlich bedingt ist und was nervlich. Jedenfalls leistete Scharapowa sich in Los Angeles im Viertelfinale 13, im Halbfinale 16 Doppelfehler. Bei den Matches in Toronto kamen einmal 12, einmal 17 Doppelfehler in die Bilanz. Der völlig veränderte Aufschlag, der die lädierte Schulter schonen soll, erinnert ein wenig an die minimalistische Bewegung von Andy Roddick – doch während der Amerikaner serienweise Asse und Gewinnschläge serviert, vermag Scharapowa ihre Gegnerinnen überhaupt nicht mehr zu schrecken mit ihrem einstigen Paradeschlag. "Manchmal sieht das grauenhaft aus" „Sie hat jedes Vertrauen in diesen Schlag verloren“, sagt ihr früherer Trainer Robert Lansdorp, „manchmal sieht das richtig grauenhaft aus. Diese sogenannte Vereinfachung ist ein Schuss in den Ofen.“ Selbst ihr Förderer Bollettieri fürchtet, „dass die Zweifel, die Maria offenkundig hat, immer neue Zweifel nähren. Das Ganze läuft noch nicht in die ideale Richtung.“ Andererseits: Wer Scharapowa in den Jahren ihrer US-Open-Teilnahmen sah, den verzehrenden Ehrgeiz der Turniersiegerin von 2006, der möchte ihr im Turnier keineswegs so bald als Rivalin auf dem Court begegnen. Dass sie trotz ihrer Aufschlagprobleme jüngst in Toronto sogar ins Finale kam, ist Warnung genug für andere Asse. „Für mich ist sie eine Kandidatin auf den Sieg“, sagt etwa Serena Williams. „Ich bin sicher, dass sie ihre Schwierigkeiten schon bald in den Griff kriegen wird.“ Aufgerückt auf Weltranglistenplatz 30 In der Weltrangliste sprang Scharapowa kurz vor den New Yorker Festspielen noch einmal von Platz 49 auf Rang 30 vor, untermauerte dabei den kontinuierlichen Aufwärtstrend seit den ersten Tagen ihrer Rückkehr und schob sich auf Platz 29 der Setzliste für den Grand-Slam-Kampf. Wahrscheinlich, notierte die „New York Post“, „hat es bei den Open noch nie eine so starke Nummer 29 gegeben wie Maria Scharapowa.“ Zur „Königin der Nacht“ hatte der Boulevard die blonde Russin in den vergangenen Jahren erhoben – eine glamouröse Spielerin, die wie geschaffen schien für die Auftritte unter den Flutlichtstrahlern des Ashe-Stadions. So weit mag Scharapowa jetzt gar nicht denken bei der heiklen Rückkehr: „Ich will in die zweite Turnierwoche, aber das wird schwierig genug.“ Schon die Bulgarin Pironkowa könnte ihr in Runde eins den Spaß verderben.
Jörg Allmeroth
Die besondere Atmosphäre der US Open in New York ist wie geschaffen für eine Spielerin wie die Russin Maria Scharapowa. Doch nach ihrer acht Monate langen Pause wegen einer schwerwiegenden Schulterverletzung hat die attraktive Blondine ihren besten Schlag und ihr Selbstvertrauen verloren.
Sport
2009-08-31T12:37:24Z
2011-11-18T02:50:53Z
Maria Scharapowa hat ihren besten Schlag verloren
https://www.welt.de//sport/article4433828/Maria-Scharapowa-hat-ihren-besten-Schlag-verloren.html
BSW in Thüringen: „Diese Bösartigkeit sollte zeigen: Höcke darf niemals Ministerpräsident werden“
Steffen Schütz, 57, führt das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Thüringen, gemeinsam mit der Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf. Er ist Marketing-Unternehmer und lebt in Erfurt. WELT: Herr Schütz, Ihr BSW hat in Thüringen zweistellige Umfragewerte – und noch kein Programm. Wie erklären Sie das? Steffen Schütz: Die Leute haben den Stillstand und die Unregierbarkeit in Thüringen satt. Es fühlt sich an wie eine zweite Wendezeit. Nach dem Mauerfall herrschte Aufbruch, eine Phase voller Hoffnung. Dieser Tage erlebe ich da ein Déjà-vu: Am Mittwoch war Sahra Wagenknecht für eine Buchlesung in der Alten Oper in Erfurt, ein Abend voller Euphorie. Das erfüllt mich mit Demut. Derzeit erarbeiten wir unser Programm. Bis vor vier Monaten war meine Lebensplanung komplett anders. Ich hatte nie vor, in die Politik zu gehen, eine Versorgung durch Ämter hat mich nie interessiert. WELT: Sondern? Schütz: Ich erkenne dieses Land nicht wieder. Vieles funktioniert nicht mehr, beispielsweise die Bahn oder das Bildungssystem. Gerade in den ländlichen Teilen Thüringens fühlen die Menschen sich abgehängt, im Stich gelassen. Mich sprechen wildfremde Leute auf der Straße an und drücken ihre Unterstützung aus. Es gibt ein großes Bedürfnis, unsere Demokratie weiterzuentwickeln. Der Frieden ist im Moment das Wichtigste. Die Leute wollen keine Waffenlieferungen an die Ukraine mehr, sie fürchten sich vor den weiteren Folgen des Kriegs. Und dann sehen sie im Fernsehen, wie die Politik über Cannabis-Freigabe und Drogenprobleme im Görlitzer Park (verlinkt auf /politik/deutschland/plus250866322/Drogen-im-Goerlitzer-Park-Ein-Zaun-und-19-Tore-Nur-nicht-mit-den-Gruenen.html) in Kreuzberg diskutiert. WELT: Sie haben selbst lange in Berlin gelebt und als Unternehmer die Werbekampagnen großer Unternehmen entwickelt – etwa der Berliner Verkehrsbetriebe. Nun führen Sie einen Parteiverband. Wieso? Schütz: Ich bin in Eisenach aufgewachsen. Mit meiner heutigen Co-Vorsitzenden, der Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf, habe ich die Bewerbung für das „Zukunftszentrum Deutsche Einheit“ gestaltet. Das war mein erster wirklicher Kontakt mit der Politik, bis auf wenige Wochen in der SPD. Ansonsten habe beruflich Projekte für Pharmaunternehmen, für Theater oder für das Land Brandenburg gemacht. Das Interesse am BSW kam Ende vergangenen Jahres, mein Ehemann kümmert sich jetzt maßgeblich um das Unternehmen. Ich habe unsere Kampagne „Klartext für Thüringen“ mitentwickelt, bei der man seine Interessen und Probleme, was einen vom Land bis in die Kommune belastet, an uns weitergeben kann. Über 4500 Bürger haben schon mitgemacht, das fließt in unsere Programmarbeit ein. WELT: Wie wird das Programm aussehen? Schütz: Wir wollen eine politische Lücke füllen. Der linksliberale Mainstream führt zunehmend Debatten, die nur im Prenzlauer Berg in Berlin relevant sind – in Zossen haben die Leute andere Probleme. Die Leute fühlen sich nicht mehr gesehen. Die Migration etwa ist für viele Kommunen eine große Belastung. Darüber müssen wir diskutieren, ohne gleich in die Kategorien „Nazi“ oder „Gutmensch“ einzuteilen. Wir brauchen wieder mehr Vernunft. WELT: Was heißt das konkret? Schütz: Unsere 16 Bildungsministerien blicken voller Sorge auf den nächsten Pisa-Report (verlinkt auf /politik/deutschland/plus248878828/Pisa-Studie-Schueler-in-Deutschland-schlechter-denn-je.html) . Das Problem ist bekannt, aber es ändert sich nichts. Die Schulen müssen die Kinder und Jugendlichen wieder aufs Leben vorbereiten. Unsere Unternehmer fragen sich, wieso ihre Azubi-Bewerber ohne ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache aus der Schule kommen. Wie wäre es mit einer verpflichtenden Vorschule? Darüber diskutieren wir derzeit in der Partei. Es geht uns im Kern aber um ein neues Politikverständnis, statt vor den Wahlen mit großen Versprechen um uns zu werfen. Es sollten viel mehr Experten angehört werden, wir brauchen mehr Vernunft und Wahrhaftigkeit. WELT: Nur erwarten die Wähler Handfestes vor einer Landtagswahl. Schütz: Das kriegen sie auch. Mich regt es zum Beispiel auf, dass Renten versteuert werden müssen. Das würde ich gerne ändern. Ein Beispiel, wie wir arbeiten: Katja Wolfs Eltern waren gerade in Budapest, der ÖPNV ist für Rentner dort nahezu kostenlos. Eine tolle Idee. Wenn wir das aber jetzt in Thüringen umsetzen, kommen am nächsten Tag Schüler, dann Azubis, dann Studenten. Alle wollen es kostenlos, und alle haben recht damit. Wir analysieren ein Problem und sehen eine mögliche Lösung. Hier könnte man mit Expertenkreisen und Fachleuten eine Gegenfinanzierung prüfen. Bei uns gibt es diese Zusammenarbeit schon: Wir haben ehemalige Leute von der FDP, den Grünen, der Linken und viele Parteilose. WELT: Sahra Wagenknecht, Katja Wolf und viele weitere BSW-Funktionäre waren früher in der Linken. Wieso sind Sie nicht schon dort eingetreten? Schütz: Die Linke war für mich eine Partei non grata. Ein rotes Tuch, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich hätte mir nie vorstellen können, mit Leuten aus der Linken zusammenzuarbeiten oder befreundet zu sein. In Eisenach hatte ich zu DDR-Zeiten große Probleme mit der Stasi. Für mich war die PDS und später die Linke immer die Partei derjenigen, die noch vom Honecker-Staat träumen. Heute sehe ich das etwas differenzierter, auch wegen Leute wie Bodo Ramelow oder Gregor Gysi. WELT: Der Ministerpräsident warf Ihnen kürzlich vor, keine klare Haltung zur AfD zu haben. Sie hatten bei der ersten Pressekonferenz Ihres Landesverbands die Frage gestellt, wie sinnvoll es ist, Gespräche auszuschließen. Ramelow schrieb (verlinkt auf https://twitter.com/bodoramelow/status/1768687547129987500) : „BSW ist wie eine Sandale – nach allen Seiten offen.“ Schütz: Nicht für blaue Füße. Da wurde in einer Weise interpretiert, in der es nicht gemeint war. Ich habe mich klar von einer Koalition mit der AfD distanziert. Gleich am ersten Tag so missverstanden zu werden, hat mich schwer getroffen. Wer sich in den Sturm stellt, der muss sich wohl auch nicht wundern, wenn dann der Wind da ein bisschen rauer bläst. WELT: Ihr Parteifreund Andrej Hunko sagte kürzlich, dass er einen inhaltlich unterstützenswerten AfD-Antrag im Bundestag zukünftig nicht mehr ablehne, sondern sich enthalte. Können Sie verstehen, wieso an Ihrer Position gezweifelt wird? Schütz: Die AfD will die Demokratie auflösen und will einen autoritären Staat. Sie ist also keine normale Partei. Wie wir uns konkret verhalten, müssen wir dann im Landtag diskutieren. Aber eine Zusammenarbeit wird es nicht geben, auch keine Zustimmung zu Anträgen. WELT: Die AfD steht in Umfragen bei rund 30 Prozent in Thüringen. Am Donnerstag diskutierte der CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt auf WELT TV (verlinkt auf /politik/deutschland/video250962856/TV-Duell-Hoecke-vs-Voigt-Sehen-Sie-hier-das-TV-Duell-in-voller-Laenge.html) mit dem rechtsextremen AfD-Kandidaten Björn Höcke. Wie haben Sie die Diskussion erlebt? Schütz: Respekt an Mario Voigt, dass er sich dieser Diskussion gestellt hat. Ich habe allerdings Themen für Thüringen vermisst. Und bei aller Kritik am Verbrennerverbot: Wir brauchen die EU. Höcke hat sich spätestens jetzt entzaubert. Dass er sich nicht mehr an seine Ausweisungsforderung gegenüber der stellvertretenden Bundestagsvorsitzenden, Aydan Özoğuz (SPD), erinnern wollte, war peinlich und billig. Höcke vertritt eine eiskalte Politik, zu der wir keinerlei Verbindung haben. Diese Bösartigkeit sollte jedem zeigen: Höcke darf niemals Thüringens Ministerpräsident werden.
Kevin Culina
Der Thüringer Co-Chef der Partei Bündnis Sahra Wagenknecht sagt: Die Leute im Freistaat hätten genug von „Stillstand und Unregierbarkeit“. Einer Zusammenarbeit mit der AfD erteilt er eine klare Absage. Steffen Schütz sieht den rechtsextremen Björn Höcke nach dem WELT TV-Duell „entzaubert“.
Politik
Deutschland
2024-04-12T14:25:15Z
2024-04-12T14:25:15Z
„Diese Bösartigkeit sollte zeigen: Höcke darf niemals Ministerpräsident werden“
https://www.welt.de//politik/deutschland/article251002326/BSW-in-Thueringen-Diese-Boesartigkeit-sollte-zeigen-Hoecke-darf-niemals-Ministerpraesident-werden.html
Hühner haben hinterlistige Gemeinheiten drauf
Irgendwann kam Carolynn Smith auf die Idee mit dem Büstenhalter. Ein schwarzer BH für ein schwarzes Huhn, und das im Dienste der Wissenschaft. Die Biologin untersucht an der Macquarie University in Sydney, was Hühnern so im Kopf herumgeht. Oder zumindest das, was sich in Krächzen, Gackern oder sonst wie stimmlich äußert. Ihr größtes Problem war allerdings technischer Natur: Wie soll man ein teures Funkmikrofon an einer Hühnerbrust fixieren? Forscherin Smith wählt BH-Träger, die farblich zum Gefieder passen. Die Hennen, so versichert Smith, störe das nicht: „ Hühner (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/huehner/) picken nach unbekannten Objekten, doch die Träger heben sich kaum ab vom Federkleid. Nur wenige Hennen ziehen sie ab.“ Und so dokumentieren Smith’ Tonaufnahmen exakt, wie sich in den Universitätsvolieren aus Glucksen und Krähen (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/kraehen/) komplexe Unterhaltungen entspinnen. 24 Laute hat Carolynn Smith inzwischen entschlüsselt. Sie alle dienen der Verständigung im Stall – und halten komplexe soziale Beziehungen aufrecht. Große Leistung trotz kleinen Gehirns Lange galt das Haushuhn Wissenschaftlern als degenerierte Legemaschine, zu hochgezüchtet und abgestumpft für intelligentes Verhalten. Doch diese Ansicht ändert sich gerade grundlegend. In Tests bringen Hühner es auf höhere kognitive Leistungen, als Forscher ihnen anhand ihrer Gehirngröße zugetraut hätten. So können bereits zwei Wochen alte Küken nach der Sonne navigieren. Erwachsene Hühner wissen, dass ein Objekt immer noch existiert, auch wenn es vor ihrem Blick verborgen ist. Sie können sogar rechnen. Carolynn Smith hat entdeckt, dass Hühner ähnlich wie Primaten (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/affen/) und andere hoch entwickelte Säugetiere ihresgleichen an Stimme und Aussehen erkennen. Auf diese Weise halten sie auch Menschen auseinander. Die Vögel (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/voegel/) sind schlau genug, einander hinters Licht zu führen. So versuchen die Männchen, Weibchen mit der Aussicht auf Futter zu verführen: „Weibchen nutzen denselben Ruf für ihre Küken, um ihnen genießbare Dinge zu zeigen.“ Federvieh ist berechnend Auch bei Gefahr stellen Hühner ihre hinterlistigen Qualitäten unter Beweis: Entdeckt ein Hahn (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/huehner/) eine Bedrohung von oben, so stößt er einen Alarmruf aus. Aber nur, wenn ein Weibchen in der Nähe ist. Sitzt ein Rivale da, hält er den Schnabel. Genauso die Hennen. Sie schlagen nur dann Alarm, wenn sie mit ihren Küken unterwegs sind. Ein ähnlich berechnendes Geschick hat das Federvieh im Hinblick auf Zahlen entwickelt. Für viele höhere Lebewesen ist es keine Kunst, „mehr“ oder „weniger“ einzuschätzen. Affen (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/affen/) und wenige Monate alte Kinder können das, sie unterscheiden sogar die Zahlen von eins bis drei. Hühner scheinen noch zu abstrakterem Denken fähig, wie italienische Forscher zeigten. Im Test legten sie nacheinander, zum Mitzählen, hinter einen Sichtschutz auf der rechten Seite drei, hinter den linken fünf Bälle. Addieren und subtrahieren Die Hühner entschieden sich stets für den größeren Anreiz: Fünf mussten es sein. Die Forscher steigerten die Ansprüche vor den Augen der Hühner. Sie legten drei Bälle von links nach rechts, es stand sechs zu zwei. Die Hühner entschieden sich für rechts, mussten also addiert und subtrahiert haben. Seit mehr als 8000 Jahren züchtet der Mensch bereits Hühner. Warum unterschätzt er sie noch immer? Es liegt nicht am Huhn (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/huehner/) , sagt Smith, es liegt am Menschen. Der lasse sich zu sehr von Äußerlichkeiten leiten: „Wir sind in unsere Beurteilung von Lebewesen einfach gestrickt. Hunden und Katzen (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/katzen/) können wir frontal in die Augen sehen und glauben, dort Intelligenz zu finden“, sagt die Forscherin. „Die Augen der Hühner liegen seitlich am Kopf. Deshalb sind sie uns fremd, und wir halten sie für dumm.“
Barbara Kollmann
Lange galt das Huhn bei Forschern als stupide, degenerierte Legemaschine. In Wirklichkeit jedoch leistet der Hühnerkopf Erstaunliches – dazu zählen Grundrechenarten, abstraktes Denken und Hinterlist.
Wissenschaft
2016-03-07T14:44:31Z
2016-03-08T07:52:16Z
Hühner haben hinterlistige Gemeinheiten drauf
https://www.welt.de//wissenschaft/article153024052/Huehner-haben-hinterlistige-Gemeinheiten-drauf.html
Zukunftsflieger „Progress Eagle“ von Designer Oscar Viñals
In Zukunft könnte es eine neue Kategorie für Flugzugpassagiere geben: die Pilotenklasse. Die Passagiere sitzen ganz vorne, blicken durch große Panoramafenster und haben eine Aussicht, wie sie sonst nur Piloten genießen können. Diese Vorstellung von einem künftigen Riesenflugzeug hat zumindest der spanische Industriedesigner Oscar Viñals. Er ist von Themen rund um das Fliegen und von Raketen begeistert und hat schon mehrfach Zukunftskonzepte vorgelegt. So hat er bereits Vorschläge für ein Flugzeug mit 750-Sitzen unter dem Begriff „ Sky (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/sky/) Whale“ vorgestellt. Jetzt legt er nach und spricht von einem Brudermodell – ein besonders umweltfreundliches 800-Sitze-Flugzeug mit drei Stockwerken. Sein neuer Modellvorschlag „Progress Eagle“ (verlinkt auf https://www.behance.net/gallery/20804291/AWWAQG-Progress-Eagle-Quantum-Airplane) ist eine geschickte Mixtur neuer technologischer Entwicklungen, die vor der Markteinführung stehen, mit Ideen aus Forschungslabors. Der Spanier sieht den Erstflug seines neuen Modellvorschlags erst nach dem Jahr 2030. Ob es jemals dazu kommt, ist sehr fraglich. Bislang ist noch kein einziges der revolutionären Flugkonzepte des Designers tatsächlich umgesetzt worden. Die Klapptechnik für die Flügel nutzt bereits das Militär Sein neuer Superjet mit 80 Metern Länge soll Tragflächen mit der riesigen Spannweite von 96 Metern bekommen – bestückt mit Solarzellen. Für ein besseres Manövrieren auf Flughäfen sollen sich die mit drei kleinen Leitflächen (Winglets) versehenen Flügelenden nach oben klappen lassen. Diese Klapptechnik will Boeing (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/boeing/) auch bei seinem neuen Großraumjet 777X einführen. Für Militärmodelle gibt es diese Klapptechnik bereits für den beengten Raum auf Flugzeugträgern. Angetrieben werden soll das Flugzeug von vier großen Elektrotriebwerken plus einem Doppeltriebwerk im Heck, das auch als Windgenerator zur Erzeugung von Strom genutzt werden soll. Nur für den Start soll Wasserstoff als Flüssigtreibstoff genutzt werden. Das Flugzeug soll 75 Prozent leiser als herkömmliche Modelle sein. Der Spanier packt in seinen Vorschlag alle neuen Ideen aus der Luft- und Raumfahrtbranche. So soll der Datenaustausch zwischen Flugzeug und Boden über Laserstrahlkommunikation erfolgen. Selbst für einen Absturz soll Vorsorge getroffen werden. So sollen sich dann die Flügel an Sollbruchstellen lösen. Die Passagiere der ersten Klasse sollen im obersten der drei Flugdecks sitzen. Sie könnten durch ein teilweise transparentes Dach des „Progress Eagle“ den Blick in den Himmel genießen.
Gerhard Hegmann
Es wäre ein Flugzeug der Superlative: 96 Meter Spannweite, drei Stockwerke, hochklappbare Flügel. Doch der Clou beim Entwurf des Industriedesigners Oscar Viñals ist der neue dreifache Antrieb.
Wirtschaft
2015-03-06T13:59:12Z
2015-09-22T11:57:15Z
Dieses Flugzeug könnte das Reisen revolutionieren
https://www.welt.de//wirtschaft/article138136886/Dieses-Flugzeug-koennte-das-Reisen-revolutionieren.html
Verletzung: Es wird eng mit Mertesackers EM-Teilnahme
Die Genesung von Nationalspieler Per Mertesacker rechtzeitig zur EM (verlinkt auf /sport/fussball/em-2012/) wird zum Wettlauf mit der Zeit. Der 27 Jahre alte Innenverteidiger muss nach seiner Knöchel-Operation in die Vorbereitung für die Fußball-Europameisterschaft, die für das Team von Bundestrainer Joachim Löw (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/joachim-loew/) am 9. Juni mit dem Gruppenspiel gegen Portugal beginnt, voraussichtlich ohne Spielpraxis einsteigen. „Ich glaube, dass Per bis zum Saisonende ausfällt“, sagte sein Vereinstrainer Arsène Wenger vom FC Arsenal (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/arsenal-london/) nach englischen Zeitungsberichten vom Freitag. „Es sind nur noch rund sechs Wochen bis zum Ende, also glaube ich, dass er noch nicht spritzig genug sein wird, um zurückzukommen und zu spielen. Er müsste trainieren und erst einmal seine volle Fitness zurückerlangen“, bemerkte Wenger. Löw und Mertesacker selbst hatten noch kürzlich verkündet, dass die EM-Teilnahme des Ex-Bremers nicht in Gefahr sei. (verlinkt auf /sport/fussball/em-2012/article13879101/Mertesacker-gibt-Entwarnung-EM-nicht-in-Gefahr.html) Falls der 78-malige Nationalspieler nicht rechtzeitig fit würde, müsste der Bundestrainer seine Abwehrpläne überdenken. Mertesacker hatte noch am Dienstag vergangener Woche gesagt, dass er hoffe, dem Liga-Vierten im Saisonendspurt noch helfen zu können. Er hatte sich am 11. Februar im Premier-League-Spiel des FC Arsenal gegen den AFC Sunderland ohne Einwirkung des Gegners am Sprunggelenk verletzt. Nach der Operation in Tübingen wechselte er in die Reha nach Donaustauf. Vom 11. Mai an bereitet sich die deutsche Nationalmannschaft in zwei Trainingslagern auf Sardinien und in Südfrankreich auf die EM-Endrunde in Polen und der Ukraine vor.
WELT
Arsenals Trainer Arsene Wenger rechnet nicht mehr mit einem Einsatz von Per Mertesacker in dieser Saison. Danach bleibt ihm nur noch ein Monat bis zur Europameisterschaft in Polen und der Ukraine.
Sport
Fußball
2012-03-16T10:40:27Z
2012-03-27T12:55:19Z
Es wird eng mit Mertesackers EM-Teilnahme
https://www.welt.de//sport/fussball/em-2012/article13925643/Es-wird-eng-mit-Mertesackers-EM-Teilnahme.html
Ukraine-Krieg: Schwere Kämpfe in der Ostukraine – Tote in Region Dnipro
Bei Kämpfen in der Ostukraine haben russische Truppen den Druck auf die ukrainischen Verteidiger erhöht. Im Mittelpunkt der Gefechte lag das Gebiet westlich von Bachmut, wie der für die Region zuständige Kommandeur Serhij Sidorin am Samstag im Fernsehen berichtete. „Der Feind steckt schwere Verluste ein, doch füllt er seine Reihen mit immer neuen Reserven auf“, sagte er. Ziel der russischen Angriffe sei, nach Tschassiw Jar durchzustoßen. „Es wird tagsüber, aber auch nachts gekämpft“, berichtete Sidorin weiter. Die ukrainischen Streitkräfte versuchten ihrerseits, den russischen Angriffsschwung mit Gegenattacken zu brechen. Dennoch seien die ukrainischen Verteidiger auf die Ortschaft Iwaniwske zurückgedrängt worden. „Aktuell versucht der Gegner, den Ort zu stürmen, sowohl frontal als auch von den Flanken“, beschrieb Sidorin die Lage. Die Angaben konnten zunächst nicht unabhängig geprüft werden. Bei russischem Artilleriebeschuss sind nach ukrainischen Angaben zwei Menschen ums Leben gekommen. In Tscherwonohryhoriwka sei ein 16-Jähriger am Samstagmorgen tödlich getroffen worden, teilte der Gouverneur der Region Dnipropetrowsk mit. Ein 22-Jähriger habe Verletzungen erlitten. Tscherwonohryhoriwka liegt am Dnipro-Ufer gegenüber dem von russischen Truppen besetzten Kernkraftwerk Saporischschja. Die Invasionstruppen greifen die Gegend fast täglich an. Eine weitere Person wurde in Tschassiw Jar in der Region Donezk nach Angaben der dortigen Behörden getötet. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, russische Truppen hätten über Pokrowsk ein ukrainisches Kampfflugzeug vom Typ MiG-29 abgeschossen. Die Stadt ist ein bedeutender Eisenbahnknotenpunkt und zu einem wichtigen Ziel der russischen Truppen geworden, seit diese im Februar Awdijiwka erobert haben. Das Ministerium berichtete zudem, über der russischen Region Rostow seien 41 Drohnen abgeschossen worden, zwei zusätzliche über der Region Kursk und drei weitere über der Region Wolgograd. Berichte über Verletzte lagen zunächst nicht vor. Der Gouverneur der ebenfalls an die Ukraine grenzenden Region Belgorod berichtete von ukrainischen Drohnenangriffen auf zwei Dörfer nahe der Grenze, bei denen es keine Verletzten gegeben habe. Schäden erwähnte er nicht.
WELT
Russische Truppen versuchen weiterhin, im Osten der Ukraine vorzudringen. „Es wird tagsüber, aber auch nachts gekämpft“, berichtet ein ukrainischer Kommandeur. In der Region Dnipro soll es Tote gegeben haben, darunter einen 16-Jährigen.
Politik
Ausland
2024-03-09T16:20:15Z
2024-03-09T16:20:15Z
Schwere Kämpfe in der Ostukraine – Tote in Region Dnipro
https://www.welt.de//politik/ausland/article250488592/Ukraine-Krieg-Schwere-Kaempfe-in-der-Ostukraine-Tote-in-Region-Dnipro.html
Rechtsradikalismus: Theaterstück über Attentäter Breivik empört Norwegen
Der dänische Dramatiker Christian Lollike ist dafür bekannt, dass er mit dem vorhersehbaren Theater auf Kriegsfuß steht. Das zeigt er auch mit seinem neuesten Projekt: einem Stück, das verstehen helfen soll, wie der Norweger Anders Behring Breivik (verlinkt auf /politik/ausland/article13813597/Anders-Breivik-wird-erneut-psychiatrisch-untersucht.html) , der am 22. Juli 2011 in Oslo und auf der Insel Utoya 77 Menschen umbrachte, zum Massenmörder wurde. Der Titel des Stücks, "Manifest 2083", bezieht sich auf das 1500-seitige Pamphlet " 2083: Eine Europäische Unabhängigkeitserklärung (verlinkt auf /politik/ausland/article13507209/Breiviks-Manifest-offenbart-Hinweise-auf-Mitwisser.html) ", das Breivik kurz vor seiner Tat an rund 1000 Email-Empfänger versandte. In einem Interview mit der dänischen Tageszeitung "Politiken" erklärt Christian Lollike (Jg. 1973) seine Motive. "Weil es wieder geschehen kann. Weil es um ein Gedankengut geht, das weitere Tragödien heraufbeschwören kann." Und weil diese "die Einfluss haben auf unser Selbstbild". Aus Norwegen hagelt es Proteste gegen die Pläne des dänischen Regisseurs. Auch Lollikes Kollegen sind empört. Erik Ulfsby, Leiter des "Det Norske Teater" in Oslo, distanziert sich: "Seine Argumente sind nur eine schlechte Entschuldigung, um noch mehr Aufmerksamkeit für sein Projekt zu erreichen." Der kulturpolitische Sprecher der Sozialdemokraten im dänischen Folketing, Flemming Møller Mortensen, sieht dagegen die Kunstfreiheit in Gefahr. Er werde sich dieses Stück zwar nicht ansehen, doch lehne er einen Eingriff in die künstlerische Freiheit auch zu diesem Thema ab. Verpflichtung gegenüber Muslimen Kritik, sein Stück würde Breiviks Attentat und seinen rechtsradikalen Motive zusätzliche Aufmerksamkeit verschaffen, die zur Nachahmung provozieren könnte, weist Lollike von sich. "Uns geht es naturgemäß nicht darum, Propaganda zu machen. Wir sind daran interessiert, zu zeigen, wie ein Mensch sich aus der vermeintlichen Normalität in die freiwillige Isolation begibt, sich Waffen und Sprengstoff besorgt und selbst radikalisiert. Und wir glauben an unser eigenes Medium, das Theater. Wir glauben, dass wir Breiviks wahnsinnige Kurzschlüsse (verlinkt auf /politik/ausland/article13516740/Anders-Breivik-sieht-Europa-im-Krieg-mit-dem-Islam.html) als abschreckendes Beispiel darstellen können." "Politiken" sagte der Dramatiker weiter: "Ich betrachte es als demokratische Pflicht vor allem gegenüber dem muslimischen Teil unserer Bevölkerung, zu untersuchen, wo dieser Rechtsextremismus herkommt." Lollike, Gründungsmitglied der Theatergruppe "The Sheriff", wurde von dem deutschen Regisseur und Dramatiker Armin Petras als "eine Art dänischer Schlingensief" bezeichnet. In seinen Stücken thematisierte er Gewalt gegen Frauen oder Sterbehilfe. Die Premiere von "Manifest 2083" soll am 23. August 2012 im Cafetheater in Kopenhagen stattfinden.
Jasper Fabian Wenzel
Der dänische Dramatiker Christian Lollike will in "Manifest 2038" den Motiven des Attentäters nachgehen, der 2011 77 Menschen in und bei Oslo ermordete.
Kultur
2012-01-19T11:25:13Z
2012-01-23T09:32:16Z
Theaterstück über Attentäter Breivik empört Norwegen
https://www.welt.de//kultur/article13823019/Theaterstueck-ueber-Attentaeter-Breivik-empoert-Norwegen.html
Angriff auf Ölanlagen: Minimales Investment, maximales Chaos
In dem Drama von Gut und Böse, das Europäer im Nahen Osten gern sehen wollen, ist der Iran bisweilen der sympathische David, der dem amerikanischen Goliath und dessen arabischen Vasallen standhält. Der Angriff auf die saudischen Ölanlagen zeigt, warum dieses Bild nicht stimmt. Die Schwachen sind nicht schwach, die Starken sind nicht stark. Und zu Schadenfreude besteht kein Anlass. Die jemenitischen Huthi-Rebellen, deren mutmaßlicher Angriff (verlinkt auf /politik/article200305018/Oel-Anlagen-in-Saudi-Arabien-US-Regierung-macht-Iran-fuer-Drohnenangriff-verantwortlich.html) auf die saudische Raffinerie die weltweiten Ölmärkte verunsichert, sind ein Modellfall iranischer Großmachtpolitik. Indem Teheran Milizen wie diese fördert, kann das Land mit minimalem Investment fast überall in der Region enormes Chaos stiften und damit realen Druck ausüben. Zwar ist nicht gesichert, dass die Huthis wirklich die Urheber des Angriffs sind, wie sie selbst behaupten. Aber die anderen nun diskutierten Möglichkeiten – vom Iran geförderte Kampfgruppen im Irak, ein direkter iranischer Angriff – würden ebenfalls in dieses iranische Aktionsmuster passen, dessen destabilisierende Wirkung durch die Unklarheit von Verantwortlichkeiten noch verstärkt wird. Die USA, die größte Militärmacht der Erde, sind machtlos gegen diese Taktik. Sie wollten eigentlich ihrerseits „maximalen Druck“ auf den Iran ausüben. Das brachte Teheran nicht zum Einlenken im Atomstreit, und zuletzt scheint Donald Trump auf Entspannung gesetzt zu haben. Dieses Entgegenkommen beantwortet Teheran nun offenkundig nicht mit Dankbarkeit, sondern mit umso größerer Härte. Es droht eine Situation, in der die internationale Gemeinschaft dem Iran etwas bieten muss, um ihn zurück an den Verhandlungstisch zu holen. Dann hätte Trump den Kleriker-Staat gestärkt statt gezähmt. Das wäre der Bankrott seiner Nahost-Politik (verlinkt auf /debatte/kommentare/article195044985/Nahost-Politik-Donald-Trump-staerkt-den-Iran.html) . Doch wie gesagt: Für Schadenfreude haben auch die Trump-Hasser keinen Grund. Die Parabel vom kleinen Unruhestifter Iran und der alten Supermacht USA bedeutet verallgemeinert Folgendes: Die Kräfte der Unordnung sind denen der Ordnung an Effizienz immer überlegen. Das ist die letzte Hoffnung, wenn es sich bei den Kleinen um Freiheitskämpfer und bei den Großen um Tyrannen handelt. Doch ansonsten bedeutet es, dass Regeln in der internationalen Politik immer schwerer durchzusetzen sind, auch Regeln der Humanität oder die Begrenzung von Massenvernichtungswaffen. Und es bedeutet, dass Stabilität in der Staatenwelt nicht natürlich entsteht. Wir müssen sie selbst schaffen. Auch wir Deutschen.
Daniel-Dylan Böhmer
Die Huthi-Rebellen haben die Verantwortung für den Angriff auf Saudi-Arabien übernommen. Die Miliz ist ein Modellfall iranischer Großmachtpolitik. Mit solchen Gruppen übt Teheran realen Druck aus. Selbst die USA können dagegen kaum etwas ausrichten.
Debatte
Kommentare
2019-09-15T19:38:46Z
2019-09-16T10:00:30Z
Gegen diese Taktik sind die USA machtlos
https://www.welt.de//debatte/kommentare/article200344534/Angriff-auf-Oelanlagen-Minimales-Investment-maximales-Chaos.html
Kalifornien: Flugzeug stürzt in Wohngebiet - mehrere Tote
Im US-amerikanischen Riverside in Kalifornien ist ein Kleinflugzeug mit fünf Personen an Bord in einem Wohngebiet abgestürzt. Mehrere Menschen starben. Die Unglücksursache wird nun untersucht.
WELT
Im US-amerikanischen Riverside in Kalifornien ist ein Kleinflugzeug mit fünf Personen an Bord in einem Wohngebiet abgestürzt. Mehrere Menschen starben. Die Unglücksursache wird nun untersucht.
2017-02-28T09:06:43Z
2022-05-12T02:08:00Z
Flugzeug stürzt in Wohngebiet - mehrere Tote
https://www.welt.de//vermischtes/video162440675/Flugzeug-stuerzt-in-Wohngebiet-mehrere-Tote.html
Design-Flachbildfernseher: Foxconn-Chef plaudert Apples neue Produktline aus
Der Chef von Apples größtem Auftragsfertiger in Asien hat ausgeplaudert, was der kalifornische Hightech-Rise noch geheimhalten wollte: Foxconn-Boss Terry Gou sprach in einem Interview mit Chinas größter englischsprachiger Zeitung China Daily offen von einem kommenden iTV, einem Design-Flachbildfernseher von Apple. Der soll künftig auch auf den Fließbändern von Foxconn gefertigt werden, und Gou zufolge ist die Produktion zwar noch längst nicht angelaufen, Foxconn bereite sich darauf jedoch bereits vor. Wichtigster Schritt dafür ist laut Gou die Kooperation mit Sharp im japanischen Sakai. Dort produziert Foxconn mit dem Displayspezialisten von Sharp künftig hochauflösende LCD-Panels, 50 Prozent der Produktionskapazitäten des Werks hat Foxconn für sich reserviert. Damit wäre Sharp als Panel-Lieferant für das iTV aufgedeckt. Sharp ist Großaktionär bei Loewe Interessant dabei ist: Sharp ist zugleich der größte Einzelaktionär beim deutschen Design-Hifi-Spezialisten Loewe, (verlinkt auf /wirtschaft/webwelt/article106301084/Insider-spekulieren-ueber-Apples-neuesten-Coup.html) der am Sonntag mit – allerdings schnell dementierten – Übernahmegerüchten durch Apple (verlinkt auf /wirtschaft/webwelt/article106273605/Was-kann-das-neue-Apple-Betriebssystem-iOS-6.html) in die Schlagzeilen geriet. Loewe hat selbst keine Panel-Produktionskapazitäten, wohl aber das Know-How zum Einsatz der Panels in High-End-Fernsehern. Infolge der Übernahmespekulation schoss Loewes Aktienkurs in die Höhe. Die Papiere kletterten um rund 25 Prozent. Loewe ist damit an der Börse aktuell etwa 73 Millionen Euro wert. Foxconn-Chef Gou sagte in dem Interview außerdem, dass er sich im Heimatmarkt China unabhängiger machen will, und selbst als Endprodukthersteller auftreten will. Die Margen im Geschäft als Apples Auftragsfertiger seien zu gering. "Sie werden in zwei Jahren einen völlig neuen Online-Markt sehen." Solche Äußerungen dürften Auftraggeber Apple noch mehr Sorgen machen als Gous allzu öffentliches Sinnieren über den kommenden Apple-Fernseher. Denn Foxconn, offizieller chinesischer Firmenname Hon Hai Precision Industry Co Ltd, ist der größte Elektronikhersteller der Welt, mehr als 40 Prozent aller Smartphones (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/smartphone/) stammen aus den Werken Gous.
Benedikt Fuest
Foxconn, Apples Auftragsfertiger in China, bestätigt, dass der kalifornische Konzern einen Design-Flachbildschirm auf den Markt bringen will. Und auch andere Geheimnisse legt er offen.
Wirtschaft
Webwelt & Technik
2012-05-14T12:11:15Z
2015-09-28T11:27:36Z
Foxconn-Chef plaudert Apples neue Produktline aus
https://www.welt.de//wirtschaft/webwelt/article106309067/Foxconn-Chef-plaudert-Apples-neue-Produktline-aus.html
Altersversorgung: IG Metall setzt SPD bei Rente mit 67 unter Druck
Die Gewerkschaften wissen noch nicht genau, was sie von der Kurskorrektur der SPD bei der Rente mit 67 halten sollen. Ver.di-Chef Frank Bsirske lobte die Sozialdemokraten dafür, dass sie ihre Haltung ändern: "Die SPD reagiert damit auf die tatsächliche Lage am Arbeitsmarkt und findet wieder Anschluss an die Lebenswirklichkeit von Millionen von Arbeitnehmern", sagte Bsirske. Das Vorstandsmitglied der IG Metall, Hans-Jürgen Urban, forderte die SPD dagegen auf, eine klare Position zu beziehen: "Es ist gut, wenn es Bewegung in der Debatte gibt, wir brauchen aber keine Scheinlösungen, sondern ohne Wenn und Aber ein Nein zur Rente mit 67!", sagte Urban WELT ONLINE. Bsirske und Urban warfen Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vor, mit geschönten Daten zur Beschäftigungslage Älterer zu operieren. Die SPD-Spitze macht sich dafür stark, die von der Partei einst mitbeschlossene Rente mit 67 so lange nicht einzuführen, bis mehr ältere Menschen arbeiten. Dies soll der Bundesparteitag demnächst beschließen. Dieser Plan ist aber umstritten, die SPD Baden-Württemberg will eine Mitgliederbefragung erreichen. Die Parteimitglieder sollten "unterschiedliche Konzepte zur Rente zur Abstimmung" bekommen, sagte der Generalsekretär der Südwest-SPD, Peter Friedrich, der "Bild"-Zeitung. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung forderten gestern einen Rentenbeginn mit 70 Jahren. Kritik daran kam von Gewerkschaften und Sozialverbänden. Gysi sprach sich für das Konzept einer Bürgerversicherung aus, bei der Einkommen aus Vermögen oder Mieteinnahmen einbezogen werden sollen, ebenso Selbständige. Zudem solle die Beitragsbemessungsgrenze schrittweise aufgehoben werden. Auf diese Weise lasse sich auch weiterhin eine Rente ab 65 Jahren finanzieren. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin äußerte dagegen Zweifel an der Rente mit 67. Die Beschäftigung der Älteren nehme derzeit nicht in dem Maße zu, wie es als Voraussetzung der Rente mit 67 vorgesehen gewesen sei, sagte er dem „Tagesspiegel.“ Wenn aber nicht mehr Ältere in Beschäftigung gebracht würden, laufe die Rente mit 67 „bloß auf eine Verlängerung der Lebensarbeitslosigkeit raus“. Trittin forderte eine „Garantierente für alle, die dem Arbeitsmarkt 33 Jahre zur Verfügung gestanden haben“. Nach geltender Rechtslage wird das Rentenalter zwischen 2012 und 2029 in monatlichen Schritten von derzeit 65 auf 67 Jahre angehoben. Die SPD-Spitze hat sich dafür ausgesprochen, die Einführung der Rente mit 67 vorübergehend aussetzen. Sie solle erst dann kommen, wenn deutlich mehr ältere Arbeitnehmer als heute in Beschäftigung sind. Grundsätzlich befürwortet die SPD aber nach wie vor die schrittweise Anhebung der Altersgrenze.
WELT
Ver.di lobt die SPD, die Rente mit 67 aussetzen zu wollen. IG Metall fordert Klarheit. Einigkeit gibt es bei der Kritik an von der Leyen.
Politik
Deutschland
2010-08-12T06:16:01Z
2015-09-01T09:50:10Z
IG Metall setzt SPD bei Rente mit 67 unter Druck
https://www.welt.de//politik/deutschland/article8955979/IG-Metall-setzt-SPD-bei-Rente-mit-67-unter-Druck.html
Urologie: Häufiger Sex soll vor Prostatakrebs schützen
Männer, die in ihrem Leben mit mehr als 20 Frauen Sex hatten, handeln damit unter Umständen sogar klug – zumindest, was ihre rein körperlichen Belange angeht. Die Wissenschaftler der Universität in Montreal und vdes Instituts Armand-Frappier hatten für eine Studie (verlinkt auf http://www.cancerepidemiology.net/article/S1877-7821%2814%2900155-6/abstract) die Gesundheitsdaten von 3208 Männern ausgewertet. Dazu gehörte deren Sexualleben ebenso wie die Ermittlung von Krebserkrankungen. In der Gruppe derjenigen, die mit mehr als 20 Frauen geschlafen hatten, entwickelte sich zumindest in den vier Jahren der Beobachtung bei 28 Prozent weniger Personen ein Prostatakrebs (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/prostatakrebs/) . Für die aggressivsten Formen des Tumors sank das Risiko immerhin noch um 19 Prozent. „Die höhere Zahl der Sexualpartner führt zu mehr Samenergüssen“, erklärt Marie-Elise Parent, eine der Forscherinnen. Mehrere (verlinkt auf http://jama.jamanetwork.com/article.aspx?articleid=198487) Studien (verlinkt auf http://jama.jamanetwork.com/article.aspx?articleid=199111) hätten in der Vergangenheit gezeigt, dass das gegen Prostatakrebs schützen könnte. Ursache könnte die geringere Konzentration von krebsverursachenden Substanzen im Prostatasekret oder eine Verringerung von kristallinen Flüssigkeiten in der Vorsteherdrüse sein. Das Ergebnis lässt sich indes nicht einfach auf homosexuelle Männer übertragen: Bei ihnen verdoppelt sich das Risiko sogar, wenn sie mit mehr als 20 Männern Sex hatten. Warum das so ist, darüber können die Forscher nur spekulieren: „Das könnte daran liegen, dass diese Männer mehr sexuell übertragbare Krankheiten hatten – oder dass Analverkehr die Prostata stärker belastet“, so Marie-Elise Parent. Die Forscher stellen zwar offen und angeblich als Erste den Zusammenhang zwischen der Zahl der Sexualpartner und dem Prostatakrebs her – doch so richtig stolz sind sie nicht darauf. „Wir hatten das Glück, dass wir in Montreal Teilnehmer gefunden haben, die über ihre Sexualität Auskunft gegeben haben“, teilen sie via Presseerklärung mit. „Diese Offenheit gab es vor 20 bis 30 Jahren noch nicht.“ Werden Gesundheitsbehörden bald empfehlen, dass Männer mit so vielen Frauen wie möglich schlafen sollten? Die salomonische Antwort der Forscher: „So weit sind wir noch nicht.“ Dr. Mieke Van Hemelrijck, Expertin für Epidemiologie am King’s College in London, findet gegenüber dem „Guardian“ (verlinkt auf http://www.theguardian.com/society/shortcuts/2014/oct/29/does-sex-protect-against-prostate-cancer) eine weitere Erklärung: Wer mehrere Partnerinnen hat, könnte ohnehin auf ein gesundheitsbewussteres Verhalten achten, mit dem das Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken, dann auch geringer wird. „Die einzigen eindeutig belegten Risikofaktoren sind Alter, Familiengeschichte und Herkunft.“ Und: Männer würden in einer langfristigen Partnerschaft eher zur Vorsorge gehen – wo Prostatakrebs dann eben häufiger diagnostiziert würde. Prostatakrebs macht laut den Experten der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. (verlinkt auf http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/043-022OLp1_S3_Prostatakarzinom_2011_gelabelt_01.pdf) ein Viertel aller Tumorerkrankungen in Deutschland aus. Bei Männern ist es die häufigste Krebsart: Jedes Jahr erkranken 58.000 Männer daran neu.
Claudia Liebram
Eine bessere Ausrede kann ein Frauenheld kaum haben: Forscher haben herausgefunden, dass Männer mit vielen Sexualkontakten seltener Prostatakrebs bekommen. Kollegen widersprechen der These bereits.
Gesundheit
2014-10-30T17:05:29Z
2018-08-07T14:27:45Z
Sex mit vielen Frauen schützt vor Prostata-Krebs
https://www.welt.de//gesundheit/article133828013/Sex-mit-vielen-Frauen-schuetzt-vor-Prostata-Krebs.html
Die Kurden wollen den IS zurückschlagen
„Wir hassen sie wie die Pest“, sagte ein deutscher Kommandant der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) über die syrische Kurdenmiliz YPG. „Das sind ungläubige Kommunisten. Sie sollten ausgemerzt werden.“ Der Zorn sitzt tief – und vor allen Dingen der Frust. Denn die Kurdenmiliz hat den Dschihadisten im Laufe dieses Jahres gleich mehrere schwere Niederlagen beigebracht. Hunderte von IS-Kämpfern wurden dabei getötet. Zuerst musste sich der IS in Kobani geschlagen geben – und das nach monatelanger Belagerung der syrischen Grenzstadt zur Türkei. Danach verloren sie Tel Hamis und weite Gebiete in der Hassaka-Provinz. Zu allem Übel mussten sie im Juni aus dem nächsten Grenzort, Tel Abiad, abziehen. Über 10.000 Quadratkilometer hat die YPG den vermeintlichen Islamisten abgenommen. Nun steht die kurdische Miliz 40 Kilometer vor Rakka und bedroht die Hauptbasis der Extremisten. Bevor der Angriff auf dieses Terrorzentrum jedoch beginnt, will der kurdische Generalstab Dscharabulus erobern, die letzte Grenzstadt in Händen des IS. Damit wären die Dschihadisten vom Nachschub aus der Türkei vollständig abgeschnitten, und der Fall von Rakka wäre nur mehr eine Frage der Zeit. Dscharabulus soll vom IS befreit werden „Dscharabulus steht auf der Liste“, bestätigte Idris Nassan gegenüber der „Welt“. „Wir wollen die letzte IS-Grenzstadt befreien“, sagte der außenpolitische Vertreter von Kobani. Wann die Offensive beginnt, stünde noch nicht fest. „Vielleicht schon in den nächsten Tagen oder nächste Woche.“ Alles müsse zuerst mit der internationalen Koalition abgesprochen werden. „Denn ohne ihre Luftunterstützung geht es nicht“, meinte Nassan. Der Oberkommandeur der YPG (verlinkt auf /politik/ausland/article144471596/Tuerkei-fliegt-Luftangriffe-gegen-Kurden-bei-Kobani.html) , General Sipan Hamo, stehe mit den USA in direktem Kontakt, um Bodenoffensive und Bombenangriffe zu koordinieren. Das Pentagon ist die führende Kraft innerhalb der internationalen Koalition gegen die IS-Terrororganisation. Die Siege der YPG über die Extremisten wären ohne den Einsatz der Kampfjets des Bündnisses nicht möglich gewesen. „Daran gibt es nicht den geringsten Zweifel“, sagte Nassan. Kooperation und direkte Absprachen zwischen den USA und der YPG sind nicht selbstverständlich. Noch bei der Schlacht um Kobani lief die Übermittlung der Koordinaten von IS-Bombenzielen über die Militärführung der autonomen Kurdenregion (KRG) im Irak. Von Syrien schickte die YPG ihre Daten nach Erbil in die Zentrale der Peschmerga. Von dort wurden sie weiter in den vom Pentagon eingerichteten „Operation Room“ in der Hauptstadt der KRG übermittelt. Die USA hatten damals noch Ressentiments, die YPG als Partner zu akzeptieren und mit ihr direkt zu kommunizieren. Denn sie gilt als Ableger der türkischen Miliz der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK), die international als Terrororganisation geächtet ist. Diese amerikanischen Befindlichkeiten haben sich erledigt – zumindest auf militärischer Ebene. Denn die YPG hat sich als verlässliche Bodentruppe erwiesen. Sie ist genau der Partner, den sich das Pentagon immer gewünscht und nie gefunden hatte. Die Kooperation mit den USA ist kampfentscheidend Die Zusammenarbeit mit den syrischen Kurden brachte die größten Erfolge im Kampf gegen den IS. In Washington ist man zufrieden, obwohl man die Kooperation nicht gerne in der Öffentlichkeit an die große Glocke hängt. „Wir haben in Syrien neue Möglichkeiten bekommen, von denen wir nicht geglaubt haben, dass es sie überhaupt gibt“, sagte ein Beamter aus dem Weißen Haus. „Wir können jetzt Rakka unter Druck setzen und dem IS den Zugang zur türkischen Grenze nehmen.“ Vor sechs Monaten wären solche Gedanken noch ins Reich der Fabeln verwiesen worden. Aber die syrische Kurdenmiliz hat bewiesen, wie leicht es gehen kann, die IS-Terrororganisation ernsthaft unter Druck zu setzen. Und dabei muss es nicht bleiben. Mit fortdauernder Luftunterstützung der Koalition ist nach der Eroberung Dscharabulus’ der nächste Schritt Rakka (verlinkt auf /politik/ausland/article132623410/Verstoerende-Bilder-aus-der-Hauptstadt-des-IS.html) . Das wäre der wahre Albtraum für die Extremistengruppe. Auch im Irak steht der IS unter Druck Im Irak erwartet den IS ebenfalls eine neue Offensive. Rund 20.000 Soldaten der irakischen Armee sollen bereitstehen, um die Stadt Mossul zurückzuerobern. Dort hatte IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi vergangenes Jahr das Kalifat ausgerufen. Zusätzlich stehen umfangreiche Peschmerga-Kontingente zur Verfügung. Sie sind mit deutschen Waffen ausgerüstet, und ihre Beteiligung dürfte kriegsentscheidend sein. Wie die „Welt“ von kurdischen Generälen erfahren konnte, soll die Offensive auf Mossul voraussichtlich im Oktober starten. Für den IS würde es dann um alles oder nichts gehen. Es wäre tatsächlich das „letzte Gefecht“, das die IS-Propaganda schon so oft mit apokalyptischer Note kolportierte. Im Irak und in Syrien gleichermaßen von seinen Gegnern gefordert, das dürfte die Terrorgruppe kaum überstehen. Der Türkei wird das alles wenig gefallen. Die führende Rolle der Kurden ist Ankara ein Dorn im Auge. Für die Regierung und Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan ist die YPG nichts anderes als die PKK – und deshalb ein Haufen von Terroristen. Ihre Präsenz in den syrischen Grenzstädten zur Türkei ist unerwünscht, und deren autonome Region im Norden Syriens wird unter keinen Umständen hingenommen. Die Kurden im Irak sind eher zu tolerieren, aber als regionaler Machtfaktor will man sie ebenso wenig akzeptieren müssen. Die Frage bleibt, wie sehr die Vereinigten Staaten auf die türkischen Animositäten den Kurden gegenüber Rücksicht nehmen wird. Es wird sich zeigen, ob Washington den Kurden freie Hand lässt und sie mit Bombern weiter unterstützt. Ohne Luftunterstützung gibt es keine Offensive. Dscharabulus und Mossul im Irak scheinen als Ziele schon ausgemacht. Nur der Sturm auf Rakka steht noch in den Sternen.
Alfred Hackensberger
Syrische Kurden stehen vor einer Offensive auf die IS-Terroristen, um den Rücken frei zu haben für eine Eroberung von Rakka und Mossul im Irak. Der Türkei wird das alles wenig gefallen.
Politik
Ausland
2015-09-27T17:36:11Z
2015-09-28T11:52:54Z
Kurden planen das „letzte Gefecht“ gegen den IS
https://www.welt.de//politik/ausland/article146928582/Kurden-planen-das-letzte-Gefecht-gegen-den-IS.html
Hans-Joachim Watzke: Antisemitismus Folge einer „fehlgeleiteten Migrationspolitik“
Hans-Joachim Watzke ist für sein Engagement gegen Antisemitismus mit dem Leo-Baeck-Preis ausgezeichnet worden, der höchsten Auszeichnung des Zentralrats der Juden in Deutschland. Der Vorsitzende der Geschäftsführung von Borussia Dortmund (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/borussia-dortmund/) sprach bei der Preisverleihung im Berliner Olympiastadion von „der größten Ehre seines Lebens“, bevor er unter Standing Ovations der rund 500 geladenen Gäste den mit 10.000 Euro dotierten Preis entgegennahm. Der 65-Jährige übernehme den Preis für alle BVB-Mitarbeiter, „denn alle tragen dieses Thema mit“. Das Preisgeld spendete er zu zwei gleichen Teilen an die Antisemitismus-Beratungsstelle „ADIRA NRW“ sowie an das Präventivprojekt „Zusammen 1“ des jüdischen Sportverbandes Makkabi Deutschland. Am Rande der Veranstaltung sprach WELT TV-Chefredakteur Jan Philipp Burgard mit Watzke über den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland, politische Fehler und die besorgniserregenden Entwicklungen seit dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023. WELT: Die Bilder aus Amsterdam sind um die Welt gegangen. Ein Mob jagte jüdische Fans von Maccabi Tel Aviv hinterher. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie diese Bilder gesehen haben? Hans-Joachim Watzke (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/hans-joachim-watzke/) : Mir ist ein Schauer über den Rücken gelaufen, und ich war entsetzt. Aber es ist auch während der vergangenen Jahre einiges schiefgelaufen. Leider Gottes muss man wieder damit rechnen, dass sich Israelis in Europa, Juden oder Deutsche mit jüdischem Glauben in Deutschland, nicht mehr sicher fühlen und wieder Angst haben. Das ist für mich eine einzige Katastrophe. Frage: Sie haben gesagt, es ist einiges schiefgelaufen. Was meinen Sie damit? Watzke: Ich bin kein Antisemitismusforscher. Aber zumindest ein Treiber dieser Entwicklung ist – und das ist sicher nicht nur in Deutschland so – aus meiner Sicht auch eine fehlgeleitete Migrationspolitik, die dazu führt, dass die rechten und linken Ränder stärker werden, was das Problem noch mal potenziert. Ich glaube schon, dass das ein Punkt ist, den man mal offen benennen muss, auch wenn es darüber hinaus sicher mehrere weitere Faktoren gibt. Ich hoffe, dass sich alle der Tatsache bewusst sind, besonders wir in Deutschland mit unserer historischen Verantwortung, dass sich Juden wieder unsicher fühlen und Angst haben. Das ist für Deutschland nicht hinnehmbar. WELT: Was genau ist in der Migrationspolitik schiefgelaufen? Watzke: Die Analyse ist Aufgabe der Politiker. Ich stelle nur fest, dass es so, wie es gelaufen ist, nicht optimal gelaufen ist und man sich die Entwicklung der Bevölkerungsstruktur in den letzten zehn Jahren in Deutschland und den Umgang mit diesem Thema durchaus anschauen sollte. WELT: Befürchten Sie, dass wir Bilder wie in Amsterdam demnächst auch in Deutschland sehen könnten? Watzke: Wir hatten es ja schon – im Vergleich mit Amsterdam – in abgeschwächter Form in unserer Hauptstadt Berlin. Wir müssen schon sehr, sehr wachsam sein. Wir dürfen auch in der Analyse keine Tabus mehr haben, sondern müssen uns ehrlich machen. Wir müssen klar sagen, wo Probleme sind und Lösungsansätze finden. Noch einmal: Die Politik ist hier gefordert. WELT: Es kommt ja ausgerechnet seit dem 7. Oktober auf deutschen Straßen immer wieder zu offenem Judenhass. Es gibt Demonstrationen, bei denen Antisemitismus offen zur Schau gestellt wird. Trotzdem werden diese nicht verboten. Dies ist nur ein Beispiel für politisches Versagen. Tut der deutsche Staat aus Ihrer Sicht zu wenig im Kampf gegen Antisemitismus? Watzke: Ich glaube, man kann das nicht generalisieren auf den deutschen Staat, aber an manchen Stellen ist es definitiv so. Wir benötigen eine klare Haltung. Wir müssen uns auch überlegen: Wie können wir die eine oder andere Fehlentwicklung, zu der es gekommen ist, wieder korrigieren? Dazu muss man aber auch den Mut haben und die Dinge klar ansprechen. WELT: Haben Sie eine Vorstellung, wie man das korrigieren könnte? Watzke: Dann wäre ich in der Politik. WELT: Sie sind doch CDU-Mitglied. Watzke: Ja, CDU-Mitglied … und wenn man mich als solches um meine Meinung bittet, werde ich sie in dem einen oder anderen Gespräch auch sicher klar vorbringen. WELT: Der BVB (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/borussia-dortmund/) hat seit dem 7. Oktober viele Aktionen initiiert und zum Beispiel Angehörige von israelischen Geiseln ins Stadion eingeladen. Würden Sie sich wünschen, dass breitere Teile der deutschen Gesellschaft solche Gesten der Solidarität zeigen würden? Watzke: Ja, ich glaube schon, dass die klare Mehrheit in Deutschland bereit ist, solche Gesten nachhaltig zu zeigen. Ich hatte vor vier Wochen einen jungen Mann in Dortmund zu Besuch, dessen Schwester Emily noch in der Gewalt der Hamas ist, wie auch noch die 100 weiteren Geiseln. Wer wirklich mal von Angesicht zu Angesicht spürt, was diese Familien durchmachen – der entwickelt womöglich eine ganz andere Sensibilität dafür. Solche Begegnungen geben mir persönlich sehr viel. Sie sind auch anstrengend, aber sie sind vor allem unglaublich notwendig und wertvoll. WELT: Vor mehr als einem Jahrzehnt gab es in Dortmund im Stadion auch mal einen antisemitischen Vorfall. Auf einem Banner wurde Sympathie für die rechtsextreme Organisation„Nationaler Widerstand Dortmund“ bekundet. Seitdem hat sich viel getan. Wie ist Ihnen gelungen, diese rechte Fanszene zu bekämpfen? Watzke: Du darfst keine Kompromisse machen und musst eine klare Haltung haben. Jeder weiß, dass der Einsatz gegen Rassismus und der Einsatz gegen Antisemitismus seit vielen Jahren zur DNA von Borussia Dortmund gehören. Und jeder, der das anders sieht, der ist nicht willkommen bei Borussia Dortmund. Punkt. WELT: Was haben Sie persönlich sich noch vorgenommen im Kampf gegen Antisemitismus und gegen Judenhass? Watzke: Klare Haltung zu zeigen. Mut. Entschlossenheit und vor allem: einfach weitermachen. WELT: Herr Watzke, vielen Dank für dieses Gespräch.
Jan Philipp Burgard
Borussia Dortmunds Klubchef Hans-Joachim Watzke ist für sein Engagement gegen Antisemitismus geehrt worden. Dass Juden in Deutschland wieder Angst haben müssten, sei nicht hinnehmbar, sagt er im Interview mit WELT.
Sport
Fußball
2024-11-14T13:31:14Z
2024-11-14T15:14:31Z
Antisemitismus Folge einer „fehlgeleiteten Migrationspolitik“
https://www.welt.de//sport/fussball/bundesliga/borussia-dortmund/article254514492/Hans-Joachim-Watzke-Antisemitismus-Folge-einer-fehlgeleiteten-Migrationspolitik.html
"The Wall": Roger Waters gibt den SS-Mann hinter der Mauer
Damals, 1977, war unter Pink-Floyd-Fans der Überdruss an den immer eitleren Konzertinszenierungen der Band so sehr gestiegen, dass ein Konzert in Montreal wiederholt von lautstarken Liedwünschen gestört wurde. Bei Sänger Roger Waters hatte sich umgekehrt der Frust über den ausbleibenden Respekt so tief eingefressen, dass er einem seiner Kunden spontan ins Gesicht spuckte. Während der große Ironiker des Gegenwartspops, Chilly Gonzales, heute sagt, das Publikum habe immer recht, war die Schrecksekunde für Roger Waters Anlass, die gewachsene Kluft noch zu festigen. Er führte die vierte Wand in den Rahmen des Popkonzerts ein. Die Rockoper "The Wall" war eine narzisstische, semikritische Rockstar-Reflexion und bildete einen Höhepunkt der wuchernden Stadion-Rock-Maschinerie. Als Zirkus der Untoten geistern die alten Helden heute profitabler denn je durch die Konzerthallen, beispielhaft ins Bild gebracht durch ein virtuelles Duett, das der Roger Waters heute mit dem Roger Waters (verlinkt auf /kultur/musik/article13411523/Roger-Waters-fuehrt-noch-einmal-The-Wall-auf.html) von 1981 singt. 21 Jahre nachdem „The Wall“ sich auf dem früheren Todesstreifen (verlinkt auf /kultur/musik/article13430839/Damals-war-The-Wall-unverantwortlich.html) am Potsdamer Platz in die Wendelegenden einschreiben durfte, tourt Waters mit einer aktualisierten Fassung. Gerade war er in der Berliner O2-Arena. Die Dramaturgie mit der hinter einer wachsenden Mauer verschwindenden Band ist die gleiche: Aufblasbare Riesenmarionetten verbreiten Geisterbahncharme, gleich zu Beginn gehen die Feuerwerke hoch und Hubschrauberrattern fegt im Surround-Sound über die 11.000 Köpfe. Auch die Musik folgt einer historisch unkritischen Rekonstruktion, einschließlich der natürlich tollen Gitarrensoli. Waters kehrt seine Imperialismus- und Kapitalismuskritik hervor, lässt auf Videos Kriegsflugzeuge Mercedessterne, Davidsterne und türkische Halbmonde abwerfen. Auf das Foto von Waters in Italien gefallenem Vater folgen Steckbriefe toter iranischer Dissidenten; die Opfer verschiedenster Konflikte mischen sich zur unverbindlichen Kriegsanklage. Die Kritik totalitärer Elemente von Popkonzerten zerstäubt im berauschten Nachahmen der gekreuzten Arme, die Waters als SS-Offiziers-Verschnitt zum Gruß erhebt. So gerät das Spektakel zu einer Metapher auf die Erstarrung der Demokratien: Die Kritik hat ihren fest zugewiesenen Platz in der Mauer, alle sind sich einig, aber ändern tut sich nichts. Wenn sich am Ende die Band wie Straßenmusiker am Bühnenrand versammelt, wirkt Waters’ selbstgerechter Pazifismus nur noch zynisch. Der saturierte Star, der in megalomaner Kulisse auf einer ausgeklappten Zugbrücke mit übergeschlagenen Beinen auf einem Mies-van-der-Rohe-Sessel sitzt und das Elendstheater vorüber ziehen lässt: Das ist die Erste Welt, die hinter ihren Mauern sitzt und sich selbst genügt. Tour-Daten: 18. Juni Düsseldorf, 20. München, 24., 25. Zürich (verlinkt auf http://tour.rogerwaters.com/)
Kolja Reichert
Megalomanes Spektakel: 21 Jahre nach dem Konzert auf dem ehemaligen Todesstreifen führt Roger Waters "The Wall" noch einmal in Berlin auf.
Kultur
Musik
2011-06-17T08:46:23Z
2012-05-11T12:13:58Z
Roger Waters gibt den SS-Mann hinter der Mauer
https://www.welt.de//kultur/musik/article13434849/Roger-Waters-gibt-den-SS-Mann-hinter-der-Mauer.html
Argentinien – „must-see“ für jeden Naturliebhaber
Für die meisten Touristen beginnt eine Argentinien (verlinkt auf /finanzen/article154534270/Das-fulminante-Comeback-eines-Serien-Pleitiers.html) -Reise mit dem Besuch der Hauptstadt. In Buenos Aires (verlinkt auf /icon/article152054905/Ein-Tag-in-Buenos-Aires-geht-nicht-ohne-Polo.html) kann man an Stadtpalästen und neoklassizistischen Bauten wohl am besten den Traum vom sozialen Aufstieg nachvollziehen, den viele Einwanderer geträumt haben und träumen. Buenos Aires ist gleichwohl nur der Türöffner zu den weiteren Highlights Argentiniens. Denn das achtgrößte Land der Erde verfügt über Naturschönheiten in ganz unterschiedlichen klimatischen Zonen, die dem Gast unvergessliche Erlebnisse bescheren. Strandleben an der Ferienküste Ein lohnender Abstecher von Buenos Aires oder La Plata aus führt an die Atlantikküste. Hier ist die Landschaft so flach, dass der Wind ungehindert über die Pampa hinwegfegen kann. Kleine Windmühlen reichen aus, um die Bucht von Samborombón mit Strom zu versorgen. Im Hafen von San Clemente del Tuyú beginnt die Ferienküste (verlinkt auf /vermischtes/article152413584/Gestrandetes-Delfin-Baby-stirbt-nach-Selfie-Orgie.html) Argentiniens. Auf dem Weg von Badeort zu Badeort kommt man immer wieder durch unbewohnte Gegenden und Dünenlandschaften. Zwischen Pinamar und Miramar finden sich dichte Nadel- und Laubwälder, die die Wanderdünen irgendwann aufhalten und sie dauerhaft befestigen. Zwischen Dezember und Februar finden sich die Sommerfrischler ein. Und auch das kulturelle Angebot mit Festivals und anderen Veranstaltungen verlagert sich dann von der Hauptstadt hierher. Wem das zu viel Trubel ist: Es gibt auch einsame Badestrände, zum Teil mit Felsenküste, die ideal zum Schnorcheln und Tauchen sind. Höchste Erhebung Lateinamerikas Der Nordwesten gehört zu den landschaftlich interessantesten Regionen Argentiniens. Die sanften Bergketten Córdobas setzen sich in der Hochkordillere der Cuyo-Region mit verschneiten Gipfeln fort. Der größte unter ihnen ist der Aconcagua (verlinkt auf /reise/article149478050/Sie-war-die-erste-Deutsche-auf-dem-Mount-Everest.html) (6962 Meter), der zugleich auch der höchste Berg Südamerikas ist. Im Süden dagegen nimmt die Zahl der Vulkane zu. Nördlich von San Juan liegt der Nationalpark Ischigualasto, auch Mondtal, Valle de la Luna, genannt. Faszinierende Steinformationen und vom Wind geformte natürliche Skulpturen hinterlassen ein Gefühl von Unwirklichkeit. Auch im hohen Norden, in der Quebrada de Humahuaca, hat die Natur für ein besonderes Schauspiel gesorgt. Die Bergketten sind mit Erzen durchsetzt und bilden so in leuchtendem Rot, Gelb und Blau einen tollen Gegensatz zum Grün der haushohen Kakteen. Im gesamten Nordwesten sind die Spuren indianischer Tradition noch lebendig. Auf den Märkten bei Jujuy und Salta kann man die schönsten Teppiche und Pullover Argentiniens erwerben sowie anspruchsvolle Töpferarbeiten. Hier im Nordwesten liegen auch die ältesten Kolonialstädte des ehemaligen Vizekönigreichs Rio de la Plata: Salta, Humahuaca und Córdoba. Salta ist darüber hinaus bekannt als Ausgangspunkt für den „ tren a las nubes (verlinkt auf /reise/Fern/article148525602/Was-Sie-bestimmt-noch-nicht-ueber-Argentinien-wussten.html) “, den sogenannten Zug in die Wolken, der von hier aus in die Anden führt und Reisenden atemberaubende Aussichten bietet. Einen Besuch lohnt auf jeden Fall auch das Museo de Alta Montaña. In ihm werden die hervorragend erhaltenen Mumien dreier Inka-Kinder ausgestellt. Tropisches Flair und Straßenkarneval Das argentinische Mesopotamien wird durch die Flüsse Paraná und Uruguay begrenzt, die über weite Strecken hinweg auch die Landesgrenzen zu Uruguay, Brasilien und Paraguay bilden. Zwischen diesen Strömen liegen die Provinzen Entre Ríos, Corrientes und Misiones. Noch bis vor wenigen Jahrzehnten bildeten sie eine isolierte Halbinsel. Die Provinzen üben wegen ihrer tropischen Atmosphäre einen besonderen Reiz auf Urlauber aus, die an palmenbestandenen Sandstränden die Wärme genießen. Die Stadt Corrientes hat sich vor allem wegen ihres Karnevals einen Namen gemacht. Im Februar füllen sich die Straßen mit Tänzern in exotischen Kostümen. Die Provinz besitzt mit den Wasserfällen von Iguazú (verlinkt auf /reise/Fern/article148525602/Was-Sie-bestimmt-noch-nicht-ueber-Argentinien-wussten.html) eines der großartigsten Naturspektakel Lateinamerikas. Hier stürzen fast 300 Wasserfälle in die Tiefe. Iguazú ist übrigens eine von derzeit neun Welterbestätten in Argentinien. Gleichzeitig ist die Region reich an Ruinen ehemaliger Missionsstädte aus dem 17. Jahrhundert. Wo Atlantik und Pazifik aufeinanderprallen Patagonien (verlinkt auf /wirtschaft/karriere/article117485382/Bergfuehrer-vermitteln-Managern-neue-Einsichten.html) beginnt südlich des Río Colorado und erstreckt sich über fast 2000 Kilometer Richtung Süden bis zur Magellanstraße. Zwischen den Orten liegen oft mehrere Flugstunden oder tagelange Busfahrten. Das Eisenbahnnetz endet in Esquel. Kaum ein anderes Ziel verbindet sich so sehr mit der Sehnsucht nach Abenteuer und Abgeschiedenheit wie Patagonien. Diese Küste beherbergt eine faszinierende Tierwelt. Die Anden Südpatagoniens unterscheiden sich wesentlich von allen anderen Gebirgslandschaften der Erde. Die Berge öffnen sich auf die unermesslich weite Steppe oder auf die Flächen der kontinentalen Gletscher. Als Relikt aus der Eiszeit weisen die Anden hier zwei ausgedehnte Eisflächen auf, ähnlich denen Grönlands und der Antarktis. Im Osten ragen Gletscherzungen in große Seen. Savanne und ausgedörrte Flusstäler prägen das Bild des Hochlandes. Im Sommer wird es tagsüber unerträglich heiß. Und noch ein einzigartiges Naturschauspiel kann hier bewundert werden: Im steinernen Wald bei Comodoro Rivadavia sind vor 150 Millionen Jahren riesige Baumstämme verkieselt. Bizarre Basaltsäulen erzählen von der Vulkantätigkeit. Archäologen vermuten, dass die patagonische Region die erste auf dem Territorium des heutigen Argentiniens war, die von Menschen bewohnt wurde. Hier befindet sich die Cueva de las Manos, die „Höhle der Hände“, deren älteste Malereien auf 7300 vor Christus datiert werden. Südlich der Magellanstraße verliert sich Südamerika im Inselgewirr Feuerland (verlinkt auf /kultur/kino/article150660142/DiCaprios-neuer-Western-ist-ein-eisiges-Meisterwerk.html) s. Sturm umtost den Granitfelsen Kap Hoorn, wo Pazifik und Atlantik aufeinanderprallen.
Matthias Billand
Obwohl kein Mangel an attraktiven Reisezielen herrscht, steht das achtgrößte Land der Erde bei deutschen Touristen nicht gerade im Fokus. Einige Argumente, warum sich das ändern sollte.
Sonderthemen
Argentinien
2016-07-04T15:22:37Z
2016-07-05T09:10:24Z
Feuer und Eis – Expeditionen ins Welt-Naturerbe
https://www.welt.de//sonderthemen/argentinien/article156800580/Feuer-und-Eis-Expeditionen-ins-Welt-Naturerbe.html
Obama will Bodentruppen-Genehmigung für Krieg gegen IS
Präsident Barack Obama hat vom US-Kongress auch die Genehmigung für einen begrenzten Einsatz von Bodentruppen im Krieg gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (verlinkt auf /politik/ausland/article137334318/20-000-Freiwillige-schliessen-sich-Islamisten-an.html) (IS) gefordert. Obama rief das Parlament am Mittwoch auf, Militäraktionen im Irak und in Syrien in den kommenden drei Jahren prinzipiell auch am Boden zu erlauben, sollten spezielle Umstände dies erfordern. Zugleich stellte er jedoch klar, dass es sich hier um "keine Genehmigung eines neuen Bodenkriegs wie in Afghanistan oder im Irak" handele. "Wir brauchen Flexibilität, müssen aber vorsichtig und überlegt vorgehen", sagte Obama. Als Sonderfälle nannte der Präsident konkret die Rettung von US-Militärangehörigen und Verbündeter sowie Angriffe von Spezialeinsatzkommandos auf die IS-Führung. Auch die Sammlung von Geheimdienstinformationen, die Planung von Luftangriffen oder die Unterstützung der Alliierten könnten Bodentruppen entgegen der Planung notwendig machen. Lokale Truppen und nicht US-Soldaten sollten die Einsätze unternehmen. "Unser Bündnis ist in der Offensive, der IS ist in der Defensive, und der IS wird verlieren", sagte Obama siegessicher. "Unser Bündnis ist stark, unsere Absicht ist gerecht, und unsere Mission wird erfolgreich sein", sagte er bei einer Ansprache im Roosevelt Room des Weißen Hauses, an der auch Vizepräsident Joe Biden, Außenminister John Kerry und Verteidigungsminister Chuck Hagel teilnahmen. Wie wird der Kongress entscheiden? Es habe bereits mehr als 2000 Luftangriffe gegen Stellungen (verlinkt auf /politik/ausland/article137325573/Warum-weiss-Assad-ueber-die-US-Luftschlaege-Bescheid.html) der Extremisten gegeben. Die gewünschte Beschränkung der Kriegsvollmachten auf drei Jahre bedeute nicht etwa eine Frist für den Anti-IS-Kampf, erklärte Obama. Der Kongress solle die Genehmigung beim Antritt seines Nachfolgers lediglich noch einmal überprüfen. Ob der von den Republikanern beherrschte Kongress seinem Gesuch folgen wird, ist unklar. Sowohl unter Republikanern als auch von einzelnen Demokraten gab es auch kritische Reaktionen. Während Republikaner-Führer John Boehner die Vorschläge begrüßte, mahnte Senator und Parteikollege Lindsey Graham mehr Tempo im Kampf gegen die Dschihadisten an. "Um Himmels willen, lasst uns doch loslegen mit dem Zerlegen und Zerstören", sagte er dem Fernsehsender CNN. Senator Chris Murphy von den Demokraten sagte, einige Abgeordnete täten sich nicht leicht mit der vagen Formulierung der Umstände zum eingeschränkten Einsatz von Bodentruppen. Der unabhängige linke Senator Bernie Sanders lehnte die Resolution komplett ab. Bislang fliegen die USA vor allem Luftangriffe gegen den IS und führen dabei eine internationale Koalition an. Einen Bodenkrieg hat Obama mehrfach öffentlich abgelehnt. Obama bezeichnete den IS in einem Brief an den Kongress als Gefahr für die Region und die nationale Sicherheit der USA. Er betonte, bereits jetzt die Berechtigung für die Angriffe auf die Terrormiliz zu haben. Aber er wolle "mit dem Kongress zusammenarbeiten, um eine überparteiliche Genehmigung für den Einsatz militärischer Gewalt" zu verabschieden. Bislang stützt sich Obama immer noch auf Kriegsvollmachten, auf die sich bereits sein Vorgänger George W. Bush nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 berufen hatte.
WELT
Die IS-Kämpfer kontrollieren weite Teile im Irak und in Syrien. US-Präsident Obama fordert nun vom Kongress die Zustimmung für einen Bodentruppen-Einsatz. Republikaner und Demokraten sind skeptisch.
Politik
Ausland
2015-02-12T07:21:19Z
2015-10-16T07:29:13Z
Obama will Genehmigung für Bodentruppen
https://www.welt.de//politik/ausland/article137372246/Obama-will-Genehmigung-fuer-Bodentruppen.html
Anthropologie: Forscher spekulieren über Wikinger-Trip nach Madeira
Der rätselhafte Fund von uralten Maus-Knochen gibt Anlass für Spekulationen: Die Insel Madeira wurde demnach möglicherweise vor rund 1000 Jahren von Wikingern besucht – 400 Jahre vor der Inbesitznahme durch Portugal. Das folgern Forscher nach einer Analyse von Mausknochen, die von der Atlantik-Insel stammen. Die Tiere seien wahrscheinlich mit Menschen auf die Insel gelangt, vermuten die Wissenschaftler in den „Proceedings of the Royal Society B“. Vermutlich hätten die Wikinger die kleinen Nager auf dem Eiland hinterlassen. Forscher gehen davon aus, dass Mäuse nicht natürlich auf Madeira vorkamen, sondern erst durch den Menschen dorthin gelangten. Die Insel wurde 1419 von Portugal in Besitz genommen, und im Gegensatz zu den südlicher gelegenen Kanarischen Inseln gab es hier wohl keine Ureinwohner, auch wenn Seefahrer hier schon früher anlegten. Auf Flößen oder an Vögeln? Nun untersuchten Wissenschaftler um den Zoologen Josep Antoni Alcover vom Forschungsinstitut IMEDEA (Institut Mediterrani d’Estudis Avançats) auf Mallorca Überreste einer Hausmaus ( Mus musculus ), die am Ostzipfel von Madeira entdeckt wurden. Mit der Radiokarbonmethode datierten sie den Fund auf etwa das Jahr 1033. Doch wie kam das Tier damals auf die Insel? Man könne nicht ausschließen, dass Mäuse auf natürlichen Flößen dorthin trieben oder von Vögeln gebracht wurden, schreiben die Autoren. Dies sei aber angesichts der Isolierung Madeiras unwahrscheinlich, zumal die Inseln des westlichen Mittelmeers, die viel näher am Festland liegen, lange Zeit mausfrei waren. Vermutlich hätten Menschen Mäuse nach Madeira gebracht, folgern die Forscher. Dafür kämen die Wikinger infrage, die Studien zufolge bei ihren Reisen Mäuse auch an anderen Orten hinterlassen hätten. Gestützt werde dieser Verdacht durch frühere Genuntersuchungen von Mäusen aus Madeira. Demnach ähnelt das Erbgut der Tiere jenem von Artgenossen aus Skandinavien und Norddeutschland. „All diese Daten deuten, auch wenn sie kein Beweis sind, auf eine Verbindung zwischen den Wikingerreisen und der Anwesenheit der Maus auf Madeira hin“, bilanzieren sie.
Walter Willems
Mäuse flitzten möglicherweise schon vor 1000 Jahren auf Madeira herum. Wie kamen sie dorthin, wer brachte sie mit? Infrage kommen die Wikinger, denn Portugiesen kamen erst 400 Jahre später.
Wissenschaft
2014-02-12T16:10:15Z
2015-10-15T18:00:09Z
Forscher spekulieren über Wikinger-Trip nach Madeira
https://www.welt.de//wissenschaft/article124790608/Forscher-spekulieren-ueber-Wikinger-Trip-nach-Madeira.html
Kampf mit Kopftuch: Diese Frauen in Pakistan boxen für Gleichberechtigung
Ein Dutzend Mädchen trainieren im „Pak Shaheen Boxing Club“ in Karatschi für ihren großen Traum: Als Profiboxerinnen wollen sie eines Tages Medaillen gewinnen. Ein Kampf, hinter dem aber noch mehr steckt.
WELT
Ein Dutzend Mädchen trainieren im „Pak Shaheen Boxing Club“ in Karatschi für ihren großen Traum: Als Profiboxerinnen wollen sie eines Tages Medaillen gewinnen. Ein Kampf, hinter dem aber noch mehr steckt.
2016-02-29T14:20:00Z
2016-12-17T19:26:03Z
Diese Frauen in Pakistan boxen für Gleichberechtigung
https://www.welt.de//sport/video152769987/Diese-Frauen-in-Pakistan-boxen-fuer-Gleichberechtigung.html
Scholz kündigt Anreize für Mehrarbeit an – Industrie-Chef legt Forderungen an Ampel vor
Beim Tag der Deutschen Industrie kündigte Bundeskanzler Scholz (SPD) Maßnahmen an, um die deutsche Konjunktur zu beleben. Er sagte, die Ampel-Koalition verhandle derzeit über entsprechende Maßnahmen. Als Beispiel nannte der Kanzler etwa steuerliche Anreize für freiwillige Mehrarbeit. Außerdem wolle man Eltern die Erwerbstätigkeit erleichtern. Zuerst hatte der „ Deutschlandfunk (verlinkt auf https://www.deutschlandfunk.de/) “ berichtet. Zudem sagte Scholz, strukturelle Reformen in Deutschland seien über Jahre ausgesessen worden. Dafür zahle man nun den Preis – etwa bei der Bahn, maroden Brücken oder baufälligen öffentlichen Gebäuden. Die Regierung gehe diese Probleme an. Zudem erhofft sich der Bundeskanzler von der nächsten EU-Kommission den Abschluss neuer Freihandelsabkommen und den Abbau von Bürokratie. „Freihandel ist eine der Grundlagen unseres Wohlstands in Deutschland und in Europa“, sagte Scholz, „Deswegen werde ich mich gegenüber der neuen EU-Kommission mit Nachdruck für mehr und bessere Freihandelsverträge einsetzen.“ Beim Thema Freihandel kritisieren deutsche Wirtschaftsvertreter seit Jahren zu viel Stillstand. Das bereits vor mehreren Jahren fertig ausgehandelte Abkommen mit den südamerikanische Mercosur-Staaten hängt wegen Umweltbedenken und Kritik europäischer Landwirte in der Schwebe. Auch das bereits in Anwendung befindliche Ceta-Abkommen mit Kanada ist noch nicht fertig ratifiziert. BDI-Präsident Russwurm sieht keine Trendwende der Konjunktur Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, sieht noch keine Konjunktur-Trendwende in Deutschland. Es gebe zwar – in Form leichten Wachstums – einen „Silberstreif am Horizont“, so Russwurm am Montag im Deutschlandfunk, „Aber so, wie es momentan aussieht, ist das die übliche Welligkeit von Konjunktur und noch nicht eine wirkliche Trendwende.“ Die deutsche Wirtschaft wachse nicht im Tempo etwa der USA oder Chinas. Der BDI rechnet für 2024 in Deutschland mit 0,3 Prozent Wirtschaftswachstum. „Das ist noch nicht die Trendwende, die wir brauchen. Das unterliegende, langfristige Wachstum ist das, was uns am meisten Sorgen macht.“ Im April hatte Russwurm Schlagzeilen gemacht mit einem kritischen Interview zur Wirtschaftspolitik der Ampel-Koalition. Es seien zuletzt „zwei verlorene Jahre“ gewesen, hatte Russwurm der „ Süddeutschen Zeitung (verlinkt auf https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bdi-russwurm-interview-wirtschaftspolitik-ampelkoalition-1.6512417) “ gesagt. Der BDI forderte später (verlinkt auf https://bdi.eu/artikel/news/bdi-papier-zu-zusaetzlichem-oeffentlichen-finanzierungsbedarf-rund-400-milliarden-euro-ueber-zehn-jahre) ein Investitionspaket von 400 Milliarden Euro. Dazu sagte Russwurm nun, man habe schlicht zusammengezählt, was in Deutschland an Investitionen nötig sei. Die 400 Milliarden Euro seien der Nachholbedarf, um etwa Infrastruktur auf Vordermann zu bringen. Man wolle Deutschland dabei allerdings nicht über Gebühr verschulden, sondern bestehende Reserven anzapfen. „Zum Beispiel Effizienzreserven durch höhere Digitalisierung des Staates“, so Russwurm. „Man wird auch um Priorisierungen nicht herumkommen.“ An weitere Mittel gelange man durch verstärktes Wirtschaftswachstum, weil das die Steuereinnahmen erhöhe. „Wenn das alles nicht reicht – und nur, wenn das alles nicht reicht –, dann wird man auch, und das ist politische Klugheit, über Kreditfinanzierung reden müssen.“ Das dürfe dann aber nicht durch ein Aufweichen der Schuldenbremse geschehen, sondern müsse über „sehr gezielte Pakete“ bei Einzelthemen erreicht werden, mit parlamentarischer Legitimation. Eine „Generalermächtigung“ hingegen dürfe es nicht geben. „Ein Industrial Deal neben dem Green Deal – das muss das Ziel sein“ Mit Bundeskanzler Scholz sei er im Gespräch, so Russwurm – „nicht nur über Interviews“. Mit ihm wolle er eine „konstruktive Debatte“ darüber führen, wie man das Land aus der Krise herausbekomme. Zu den Anstrengungen der Bundesregierung sagte er: „Wenn man im Beispiel des Fußballs bleibt: Wenn ich mir die Ergebnisse anschaue, dann sind wir gegenwärtig in der Vorrunde ausgeschieden. Und dann ist die Frage, ob wir schön gespielt haben dabei, eher zweitrangig.“ Das Thema Wirtschaftswachstum müsse in Deutschland und in Brüssel fortan prioritär angegangen werden – zusammen mit anderen wichtigen Themen. Man müsse etwa Klimaschutz und Wirtschaftswachstum „klug“ miteinander verbinden. Man könne sich den „Luxus“, auf Klimaschutz zu verzichten, nicht leisten. Die beiden Themen seien aber ohnehin nicht automatisch ein Gegensatz. „Ein Industrial Deal neben dem Green Deal – das muss das Ziel sein.“ „Viele Länder auf der Welt gibt es nicht, die 40 Prozent ihres Geschäftes im Export machen“. Deutschland habe „wie kaum ein anderes Land ein Interesse dran, dass es Freihandel weiter gibt.“ Berlin – genauso wie Brüssel – müsse eine Balance finden zwischen Freihandel und der Sanktionierung von Wettbewerbsverstößen etwa durch China. Der Erfolg der deutschen Wirtschaft wiederum sei auch für Brüssel ein vitales Interesse. Die Bundesregierung müsse klarmachen: „Die größte Volkswirtschaft in der EU, die kann nicht über die Kante fallen. Sondern das muss auch im Interesse des europäischen Binnenmarktes sein, dass wir weiter erfolgreich sind, denn der Export aus Deutschland ist auch ein Exporterfolg der Europäischen Union.“
WELT
Erst vor einigen Wochen hatte Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung scharf kritisiert. In einem neuen Interview legt er nach. Am Tag der Deutschen Industrie kündigte Kanzler Scholz an, die Konjunktur zu beleben.
Wirtschaft
2024-06-24T08:09:46Z
2024-06-24T14:09:27Z
Scholz kündigt Anreize für Mehrarbeit an – Industrie-Chef legt Forderungen an Ampel vor
https://www.welt.de//wirtschaft/article252175392/Scholz-kuendigt-Anreize-fuer-Mehrarbeit-an-Industrie-Chef-legt-Forderungen-an-Ampel-vor.html
Brasilien: Lula da Silva gewinnt Präsidentschaftswahl gegen Bolsonaro
Der linke Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat die Präsidentenwahl in Brasilien gewonnen. Lula kam in der Stichwahl auf 50,84 Prozent der Stimmen, wie das Wahlamt in Brasília am Sonntag (Ortszeit) nach Auszählung von über 99 Prozent der Stimmen bekanntgab. Der rechte Amtsinhaber Jair Bolsonaro erhielt demnach 49,16 Prozent. Eine Umkehr des Resultats war nach Angaben der Behörde mathematisch unmöglich. Der frühere Gewerkschafter Lula hatte das mit 210 Millionen Einwohnern größte Land in Lateinamerika bereits von Anfang 2003 bis Ende 2010 regiert. Er ist der erste demokratisch gewählte Präsident Brasiliens, der in eine dritte Amtszeit geht. Außer dem Staatschef wurden am Sonntag auch Gouverneure in einem Dutzend Bundesstaaten gewählt. Die Stimmung war angesichts der großen Differenzen sehr angespannt, die Bevölkerung stark gespalten. Der ohnehin erbittert geführte Wahlkampf war im Endspurt immer schmutziger geworden. Die Brasilianer wurden vor allem in sozialen Medien und Whatsapp-Gruppen von einer Flut von Falschinformationen überschwemmt. Die Fernsehdebatten, in denen Lula und Bolsonaro sich gegenseitig mit Vorwürfen überzogen, wirkten dagegen geradezu gesittet. Viele seiner Anhänger verbinden Lula mit den goldenen Zeiten Brasiliens, als die Wirtschaft aufgrund der hohen Rohstoffpreise boomte und die Regierung mit Hilfe von Sozialprogrammen Millionen Menschen aus der bittersten Armut holte. Für seine Gegner hingegen ist Lula verantwortlich für Korruption und Vetternwirtschaft. Er wolle die verfeindeten Lager miteinander versöhnen, erklärte er nach seinem Wahlsieg. „Ich werde für 215 Millionen Brasilianer regieren“, sagte Lula in seiner ersten Rede nach der Wahl in São Paulo. „Es gibt keine zwei Brasilien, nur ein Volk.“ Nun sei der Moment gekommen, den Frieden wiederherzustellen. Bolsonaro äußerte sich auch zwei Stunden nach Lulas Wahlsieg noch nicht. Aber Verbündete des Amtsinhabers erkannten Lulas Wahlsieg an. Es war befürchtet worden, dass es vor allem nach einem knappen Wahlausgang zu Gewalt kommen könnte. Bolsonaro hatte mehrfach Zweifel am Wahlsystem gestreut und angedeutet, das Ergebnis möglicherweise nicht anzuerkennen. Seit der Lockerung der Waffengesetze in seiner Amtszeit haben viele seiner Unterstützer ordentlich aufgerüstet. Erst am Samstag verfolgte eine Abgeordnete von Bolsonaros Liberalen Partei (PL) einen Mann nach einem Streit mit vorgehaltener Waffe. Einige Anhänger des Amtsinhabers forderten auch unverhohlen einen Militärputsch. Experten sehen dafür in Gesellschaft und den Streitkräften allerdings keine ausreichende Unterstützung. Die Wahl in Brasilien hat auch international eine wichtige Bedeutung. Als riesiger Kohlenstoffspeicher spielt das Amazonasgebiet im Kampf gegen den weltweiten Klimawandel eine wichtige Rolle. Zudem ist Brasilien mit seinen enormen natürlichen Ressourcen, dem hohen Anteil an grüner Energie und der großen Agrarwirtschaft ein potenziell wichtiger Handelspartner. US-Präsident Joe Biden gratulierte Lula zum Sieg. Er betonte dabei in der Nacht zum Montag ausdrücklich, dass die Abstimmung „frei, fair und glaubwürdig“ gewesen sei. Auch der französische Präsident Emmanuel Macron gratulierte Lula umgehend zur Wahl. „Es wird ein neues Kapitel in der Geschichte Brasiliens aufgeschlagen“, schrieb er auf Twitter. „Wir werden unsere Kräfte bündeln, um die vielen gemeinsamen Herausforderungen zu bewältigen und das Band der Freundschaft zwischen unseren beiden Ländern zu erneuern.“ Macron war in den vergangenen Jahren mit Bolsonaro vor allem in der internationalen Umweltpolitik heftig aneinandergeraten. Auch der deutsche Botschafter Heiko Thoms gratulierte Lula via Twitter. Bolsonaro (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/jair-bolsonaro/) hatte sich in seinen vier Jahren im Amt als erzkonservativer Verteidiger traditioneller christlicher Werte präsentiert. Im Wahlkampf behauptete er ohne Beweise, unter Lula drohten Kommunismus, Kirchenverfolgung, die Freigabe von Drogen und Abtreibungen. Außerdem verwies er auf ein Urteil wegen Korruption und Geldwäsche, das Lula ins Gefängnis gebracht hatte und seine Kandidatur vor vier Jahren verhinderte. Das Urteil wurde inzwischen aufgehoben, was Bolsonaro nicht davon abhielt, Lula als Dieb zu bezeichnen, der durch einen möglichen Wahlsieg an den Tatort zurückkehren könnte. Lula kritisierte Bolsonaros Corona- und Umweltpolitik und warf ihm vor, sich nicht um die Bedürftigsten im Land zu kümmern. Anstatt Sozialausgaben zu finanzieren, habe Bolsonaro Milliarden für die Lieblingsprojekte von Abgeordneten aufgewendet, um deren politische Unterstützung zu erhalten. In der ersten Wahlrunde (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/ausland/article241385567/Brasilien-Lula-bei-Praesidentenwahl-knapp-vor-Bolsonaro-Stichwahl-noetig.html) vor vier Wochen hatte Lula mit 48 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit knapp verfehlt. Bolsonaro schnitt mit 43 Prozent überraschend gut ab. „Kick-off Politik“ ist der tägliche Nachrichtenpodcast von WELT. Das wichtigste Thema analysiert von WELT-Redakteuren und die Termine des Tages. Abonnieren Sie den Podcast unter anderem bei Spotify (verlinkt auf https://open.spotify.com/show/5YJ9twWCs7n3TWY1v9qCND) , Apple Podcasts (verlinkt auf https://podcasts.apple.com/de/podcast/kick-off-politik/id1584780171) , Amazon Music (verlinkt auf https://music.amazon.de/podcasts/301a2b98-059b-4c75-84cd-d7f12a072607/KICKOFF-POLITIK?ref=dm_sh_DJg0sEabHwpV0f8wc9yZuPh8v) oder direkt per RSS-Feed.
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Lula da Silva hat die Stichwahl gewonnen und wird neuer Präsident Brasiliens. Er konnte Amtsinhaber Jair Bolsonaro knapp schlagen. In seiner ersten Rede nach dem Wahlsieg versuchte er, die verfeindeten Lager in dem Land miteinander zu versöhnen.
Politik
Ausland
2022-10-30T23:02:48Z
2022-10-30T23:02:48Z
Lula da Silva gewinnt Präsidentschaftswahl in Brasilien
https://www.welt.de/politik/ausland/article241875515/Brasilien-Lula-da-Silva-gewinnt-Praesidentschaftswahl-gegen-Bolsonaro.html
Deutsch-türkisches Verhältnis: Auswärtiges Amt verschärft Reisehinweise für Türkei
Es kriselt wieder im deutsch-türkischen Verhältnis. Der türkische Innenminister Soylu hatte bei einem Wahlkampfauftritt gesagt, wer an Kundgebungen von „Terrororganisationen“ teilnehme und danach in die Türkei komme, werde bei der Einreise festgenommen.
WELT
Es kriselt wieder im deutsch-türkischen Verhältnis. Der türkische Innenminister Soylu hatte bei einem Wahlkampfauftritt gesagt, wer an Kundgebungen von „Terrororganisationen“ teilnehme und danach in die Türkei komme, werde bei der Einreise festgenommen.
Ausland
2019-03-10T15:45:46Z
2022-05-13T23:47:45Z
Auswärtiges Amt verschärft Reisehinweise für Türkei
https://www.welt.de//politik/ausland/video190077931/Deutsch-tuerkisches-Verhaeltnis-Auswaertiges-Amt-verschaerft-Reisehinweise-fuer-Tuerkei.html
Darts-WM: Ultimative Pfeileshow mit Saufgelage
Plötzlich erfüllt ein Donnern die Halle, Lichtblitze jagen durch die Luft. 2500 Menschen halten den Atem an. Dann dröhnt die Erkennungsmelodie aus den Boxen: „I got the Power!“ Gnadenloser Beat. Der Spot kreist über der Menge, Kreischen, Hunderte Handykameras ragen über den Köpfen empor. Dann fällt das Licht auf einen kleinen Mann mit Maulwurfgesicht, dessen Michelin-Männchen-Körper in einem schwarzen Sportshirt steckt, die Unterarme mit Tattoos übersät. Flankiert von einer Plastik-Blondine und schwarz gewandeten Bodyguards marschiert er los, den Kopf vornüber gebeugt, als zöge ihn eine Art horizontale Schwerkraft auf die Bühne. Phil „The Power“ Taylor. 16-facher Weltmeister, bester Darts-Spieler aller Zeiten. Zehn Mal hat er den 9-Darter geschafft, 501 Punkte in neun Würfen. Niemandem sonst auf der Welt ist das je gelungen. „Es gibt nur einen Phil Taylor. Einen Phil Taylor“, grölen die Zuschauer. Und: „Wir laufen durch das Taylor Wunderland“, in Anlehnung an Dean Martins Weihnachtslied „Winter Wonderland“. Oder sollte man besser sagen: „Wir saufen durch das Taylor Wonderland“? Das hier ist der Alexandra Palace, eine der größten Festhallen Londons, es ist Freitagabend und die zweite Nacht der PDC Dart-Weltmeisterschaft 2014. Die Kölner Prinzengarde mit ihrer traditionellen Kostümparty im Gürzenich müsste schnell die Mottenkugeln aus den Schränken räumen, wenn sie diesen Aufmarsch hier erlebte. Zumal der Preis für den höchsten Alkoholkonsum pro Kopf eindeutig an die Briten ginge. Mit Pfeilewerfen zum Millionär Das indes ist nicht der einzige Unterschied bei der Beschreibung nationaler Partykulturen. Während beispielsweise der rheinische Karneval eine jahrhundertealte Institution ist, hat der Darts-Sport erst in den vergangenen Jahren seinen Aufstieg zum Magneten einer Party- und Sportevent-süchtigen Gesellschaft erlebt. Ein Ereignis, das auch finanziell einen rasanten Aufschwung genommen hat: Gab es auf der Tour vor zehn Jahren noch rund 600.000 Euro zu gewinnen, sind es mittlerweile schlanke zehn Millionen Euro. Die 32 Top-Spieler weltweit haben das Pfeilewerfen zum Vollzeitjob gemacht, so wie Phil Taylor, der mit Turniergeldern und Werbeeinnahmen auf ein Jahreseinkommen von rund zwei Millionen Euro kommt. „The Power“ wird sich heute Abend den derzeit besten deutschen Spieler (verlinkt auf /sport/article135720568/Deutscher-18-Jaehriger-ueberrascht-bei-Darts-WM.html) vornehmen, Jyhan Artut (verlinkt auf /sport/article135536913/Hier-spricht-der-Deutsche-der-gegen-Taylor-antritt.html) , und er wird Kleinholz aus ihm machen. 100,57 Punkte wirft Taylor im Durchschnitt, schafft 60 Prozent seiner Doppel, den Wurf in den schmalen äußeren Ring der Scheibe. Es geht schnell, die ersten beiden Sätze entscheidet der 54-Jährige in weniger als einer halben Stunde für sich. Vor dem letzten Satz stürmt Taylor von der Bühne, er ist offensichtlich sauer. „Jyhan hat gesagt, die Scheibe hängt nicht gerade“, mokiert sich Taylor nach dem Spiel. „Halben Zentimeter links, dann halben Zentimeter rechts. Was weiß ich, wie viel das ist, ich kenne nur Inches.“ Die englische Presse schimpft hinterher, Artut habe den Weltmeister mit seinem Gemeckere aus dem Konzept zu bringen versucht. Gelingen sollte das der Nummer 58 der Weltrangliste ohnehin nicht. Letzter Satz. „One hundred and eightyyyyyyyy!!“, raunt der Schiedsrichter wie ein Jahrmarktschreier ins Mikrofon, im Chor mit dem immer trunkenerem Publikum, das von einem Wettanbieter gesponsorte Schilder mit der Zahl 180 in die Luft reißt. Statistiken als Lebenelixir 180 Punkte, das ist der höchste Wurf, dafür müssen alle drei Dartpfeile im 20er-Triple-Feld landen. „The Power“ hat darin schon ein weiteres Meisterstück abgeliefert, zehn 180er in einem einzigen Match warf er einmal, womit er in der Statistik weltweit den zweiten Platz belegt. Laut Statistik ist er zudem der einzige Spieler weltweit, der in einem einzigen Match zwei 9-Darter geschafft hat, beim Finale der englischen Liga 2010 war das. Statistiken sind jedem Darts-Spieler (verlinkt auf /sport/trendsport/article133094709/Diesen-beiden-Darts-Profis-gelingt-fast-Unmoegliches.html) und jedem echten Fan Lebenselixier. T20, 2 x T19; 3 x T20; T20, T17, D18, heißt eine der Zauberformeln für den 9-Darter, aber es gibt mathematisch 71 verschiedene Möglichkeiten für „the perfect game“, das perfekte Spiel, das Abräumen der 501 Punkte in neun Würfen beim WM-Modus. Kein Wunder, dass sich die Spieler oben auf der Bühne nur mit Wasser bedienen, in ihren Köpfen laufen mit jedem Wurf Algorithmen ab, wie sie möglichst schnell zum „Double Out“ kommen, dem obligatorischen Abschlusswurf in den schmalen äußeren Ring. Unten im Publikum nimmt derweil die Party an Fahrt auf, Fünf-Liter-Bierkannen werden herumgereicht, der Saal riecht mittlerweile wie eine Kölner Südstadt-Kneipe am Rosenmontag, kurz vor Mitternacht. Preis für das beste Kostüm Arthur Zeidler kommt seit fünf Jahren aus dem fernen Bayern mit seinen Jungs zur WM nach London (verlinkt auf /sport/trendsport/article149999407/Darts-WM-2016-in-London-Spielplan-Stream-amp-Stars.html) . Sie seien nicht nur wegen der Party gekommen, es gehe ja auch um exzellenten Sport. „Das musst du erst mal schaffen, so konzentriert zu spielen, wenn 3000 Leute hinter dir brüllen.“ Über die Bildschirme laufen Twitter-Fotos, die die Zuschauer von sich geschickt haben. Das beste Kostüm bekommt einen Preis, und weil Weihnachten und bald Silvester ist, sind Weihnachtsmänner und Zauberelfen zahlreich vertreten. Anthony Walton aus Wigan schleppt mit seinen grünen Händen weitere Bierkrüge in die Halle, die Augen im tannengrünen Gesicht sind auffällig gerötet. „Das Spiel hier schaue ich mir gar nicht an, außer wenn ein richtig Guter dran ist“, sagt der junge Mann aus Wigan, der als Spielzeugsoldat verkleidet ist. „Boring tables! Boring tables“, dröhnt es von den Rängen Richtung Parkett. „Langweilige Tische!“, an denen die Gutsituierten sitzen, weil sie stattliche 60 Euro für ihr Ticket hingelegt haben. Im VIP-Bereich tummeln sich derweil Anzugträger, Firmen kaufen ganze Tische und feiern ihre Weihnachtsfeier bei der Dart-WM im „Ally Pally“, wie die Londoner den Alexandra Palace liebevoll nennen. Jeder der 14 Turniertage ist restlos ausverkauft, Bezahlsender Sky hat für die WM-Zeit seinen dritten Sportkanal leergeräumt und zum Darts-Sender gemacht. In Deutschland, das mittlerweile der zweitstärkste TV-Markt ist und das in London drei Spieler stellt, überträgt Sport1 „die supergeile Pfeile-Show“. Dartsscheibe statt Fernseher „Darts hat die Pubs lange hinter sich gelassen. Unsere Zuschauer sind im Durchschnitt heute Mitte bis Ende zwanzig, vor gar nicht langer Zeit haben hauptsächlich 50-Jährige zugeguckt“, sagt Barry Hearn, Sportpromoter und PDC-Chef. „Dart ist das Golf (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/golf/) der Arbeiterklasse. Die Top-Spieler sind ganz normale Typen von nebenan.“ In der Tat ist der Alexandra Palace an diesem Abend hauptsächlich bevölkert „von den ganz normalen Typen“. Kaum ein Gesicht im Publikum, das nicht weiß ist – etwas sehr Ungewöhnliches im extrem multikulturellen London. Gute Kumpels, ein Pint, eine Dartscheibe, so soll es sein. Die Sehnsucht vieler, sich von der Globalisierung überfordert fühlender Engländer, projiziert sich auf das Bekannte. Ein Gefühl, das sich nicht zuletzt im rasanten Aufstieg der Anti-EU-Partei Ukip und ihrem rauchenden und Guinness trinkenden Chef Nigel Farage manifestiert. Normale Menschen sind es wie Phil Taylor – weshalb die Schlagzeilen in den Boulevardblättern zum Match von „The Power“ auch nicht sonderlich viel mit Darts zu tun haben. „Nach Routine-Sieg eilt Phil zu seiner kranken Mutter“, titelt der „Mirror“. Mutter Liz ist fast 75 und seit ein paar Tagen im Pflegeheim, doch Phils vier Kinder „kümmern sich rührend“, erklärt der WM-Star nach seinem Spiel und wischt sich über die feuchten Augen. „Me mum“, sagt er statt „my mum“, Taylor kommt aus Stoke-on-Trent in Mittelengland, eine klassische Arbeiterregion, und Taylor verkörpert das weiße Nachkriegsland bis ins letzte Pronomen. Als Kind musste er auf den Hof, um sich am Wohnblock-Wasserbecken zu waschen, Elektrizität gab es auch keine, deshalb hatten sie zu Hause eine Dartscheibe statt eines Fernsehers. „Alle was man hat, muss man sich verdienen, hat mein Vater immer gesagt.“ Jetzt will er nur nach Hause und seinen Enkeln zu Weihnachten Kartoffel-Pie machen. Und bis zu drei Stunden täglich trainieren, in seiner Villa in Stoke. Bevor er heute wieder in die Darts-Arena steigt, zur Freude seiner johlenden Fans.
Stefanie Bolzen
Einst als Kneipenspaß verpönt, begeistert Darts heute Millionen Fans. Phil Taylor lebte früher am sozialen Abgrund, heute ist der Engländer Millionär und der Star der Szene.
Sport
Trendsport
2014-12-28T10:44:34Z
2015-12-18T11:09:48Z
Super Pfeileshow mit Kostümparty und Saufgelage
https://www.welt.de//sport/trendsport/article135781160/Super-Pfeileshow-mit-Kostuemparty-und-Saufgelage.html
Coronakrise: Wie Eltern und Kinder jetzt Hilfe beim Lernen bekommen
Die Schulen sind wegen der Corona-Epidemie geschlossen (verlinkt auf https://www.welt.de/regionales/hamburg/article206900519/Coronavirus-Hamburg-richtet-Corona-Sorgen-Telefon-fuer-Eltern-ein.html) . Die anfängliche Begeisterung vieler Schüler darüber ist schnell verflogen – denn der Klassenstoff muss trotz Schulschließung durchgearbeitet werden. Lehrer stellen seitdem online Material zur Verfügung, nutzen Lern-Apps und empfehlen YouTube-Videos, um die Zeit zu überbrücken. Gezieltes Nachfragen oder Erklären einer neuen Thematik kann über die Distanz jedoch problematisch sein. Ähnlich erlebt es auch Agatha Matveev aus Jena. Die Viertklässlerin bearbeitet selbstständig zu Hause die Aufgabenblätter, die ihre Klassenlehrerin per E-Mail an die Schüler schickt. „Die Apps, die wir nutzen sollen, gefallen mir nicht“, sagt die Zehnjährige. Die mechanisch klingende Stimme irritiert sie. Wenn Agatha bei einer Aufgabe nicht weiterkommt, fragt sie ihre Eltern oder ihre große Schwester – nicht immer mit Erfolg: „Die arbeiten gerade zu Hause und haben nicht immer Zeit.“ Vor allem bei Leseaufgaben zur englischen Aussprache merkt Agatha, dass ihr das direkte Feedback aus der Schule fehlt. Dieses Problem hat eine Gruppe Studenten (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/deutschland/plus206919223/Medizinstudenten-in-der-Corona-Krise-Wir-fuehlen-uns-ausgenutzt.html) erkannt. Sie gründeten die „Corona School“, bei der Studierende ehrenamtlich Schüler online beim Lernen unterstützen. Das Ziel: „Eltern und Schüler*innen während der Corona-Krise zu entlasten und für eine sichere wie zuverlässige Lernatmosphäre zu sorgen“, heißt es auf der Web-Seite. Das Angebot richtet sich an Schüler aller Klassenstufen und Schulformen. Christopher Reiners hatte die Idee für die App. Der Mathematikstudent aus Bonn holte sich seinen Schulfreund Gero Embser und die Kommilitonen Lukas Pin und Tobias Bork mit ins Boot. Innerhalb eines Tages entwickelten sie die erste Version der Web-Seite. Inzwischen ist das feste Team auf etwa 40 Studenten angewachsen. Auch Agathas große Schwester Maria gehört dazu. Sie hat die zehnjährige Agatha mit der Studentin Judith Pin zusammengebracht. „Gerade ist Solidarität gefragt“ Pin war von Anfang an begeistert von der Idee und unterstützt Agatha online beim Englisch-Lernen. „Wir können uns alle vorstellen, wie schwierig es ist, allein neuen Stoff zu erlernen, Hausaufgaben durchzuarbeiten oder sich selbstständig auf die Abi-Prüfungen vorzubereiten“, sagt die 21-Jährige, die in Münster Zahnmedizin studiert. „Gerade ist Solidarität gefragt, und so können wir Studenten unseren Teil beitragen.“ Außerdem seien die Universitäten geschlossen, und somit hätten sie viel Zeit. Sie war mit dabei, als die Corona School online ging und Studierende und Schüler für das Angebot angeworben wurden. Die Studenten nehmen für die Stunden kein Geld – sie bezahlen die Kosten für die Web-Seite oder Facebook-Werbung sogar bislang aus eigener Tasche. Das Vermittlungssystem von Corona School funktioniert wie folgt: Wenn sich ein Schüler registriert, gibt er Daten an, die dafür sorgen, dass er bei einem passenden Studenten landet. Das sind zum Beispiel das Fach und die Klassenstufe, aber auch, bei welchen Fragen genau Hilfe benötigt wird. Anhand dieser Kriterien wird der Schüler einem Studenten zugeordnet, es findet ein erster Kennenlern-Chat statt, bei dem auch die Eltern mit dabei sein können. Studenten werden vor der Annahme geprüft Studenten, die sich bei Corona School registrieren, müssen vor der Aufnahme ein Screening durchlaufen, wie Mathematikstudent Justus Wiesmüller erzählt. „Dabei werden keine Kompetenzen abgefragt, aber wir stellen sicher, dass sich tatsächlich nur Studenten anmelden können“, so Wiesmüller. Auch er gehört zum Kernteam, führt die Gespräche mit den Bewerbern und kümmert sich aktuell um die Öffentlichkeitsarbeit. Eine pädagogische Ausbildung hätten die meisten nicht, aber sie seien noch nah dran an der Lebenswelt der Schüler: „Viele haben gerade das Abi abgeschlossen oder Fächer im Studium vertieft, was für die Schüler ein großer Vorteil sein kann.“   Nach anderthalb Wochen haben sich auf dem Portal schon circa 3200 Schüler und 2600 Studenten registriert. Für Wiesmüller und sein Team ist das eine erfreuliche Entwicklung, denn zunächst hatten deutlich mehr Studenten ihre Hilfe angeboten. „Das lag einfach daran, dass wir ein großes Netzwerk haben“, sagt er. Um auch Schüler zu erreichen, wandten sich die Macher der Corona School an Schulen und Regierungspräsidien. Online-Nachhilfe ist Gewöhnungssache Die Resonanz vonseiten der Schüler sei sehr positiv, auch wenn Schüler und Studierende sich erst noch an die neue Nachhilfeform gewöhnen müssten, meint Wiesmüller. Für Tutorin Judith Pin besteht das größte Problem in dem eingeschränkten Sichtfeld: „Ich lerne sehr visuell und würde gerne im Vokabelheft etwas markieren oder eine Zeichnung machen“, sagt sie. Da seien die technischen Möglichkeiten noch nicht ausgereizt. Schülerin Agatha erzählt, es sei am Anfang „etwas komisch“ gewesen, so zu lernen. Aber inzwischen läuft die Stunde über den Videochat reibungslos ab. „Heute steht die Lesson ‚Free time‘ auf dem Programm“, sagt Pin am Anfang der Stunde. „Sehr passend, das haben wir ja alle gerade genug.“ Die beiden lachen. Dann liest Agatha die Aufgabe vor, die sie immer vor der Stunde an Pin weiterleitet. So kann die Studentin direkt kontrollieren und verbessern – oder loben: „Well done!“ Die Corona School soll nach der Krise nicht wieder offline gehen. Die Studenten wollten das Projekt weiterführen, sagt Wiesmüller. Der Fokus solle dann vor allem darauf liegen, sozial schwächeren Schülern kostenlosen Zugang zu digitaler Nachhilfe zu ermöglichen – auch, um die Eltern zu entlasten.
Laura Wolf
Seit die Schulen geschlossen sind, bleiben viele Schüler bei ihren Schulaufgaben auf sich allein gestellt. Das Homeschooling kann für Familien zur Belastungsprobe werden. Ein Team aus Studenten hat dieses Problem erkannt.
Vermischtes
2020-04-01T14:53:16Z
2020-04-01T14:53:16Z
Wie Eltern für ihre Kinder jetzt Unterstützung beim Lernen bekommen
https://www.welt.de/vermischtes/article206942281/Coronakrise-Wie-Eltern-und-Kinder-jetzt-Hilfe-beim-Lernen-bekommen.html
Weblog: Draußen nur Kännchen: Das zweitlustigste Land der Welt
Jetzt hat die polnische Außenministerin die Todesstrafe für Deutschland gefordert und eine Politikerin der Bauernpartei (verlinkt auf http://www.bz-berlin.de/aktuell/news/061219/polen.html) will die Grenzen der Satire neu verhandeln. Oder war‘s doch umgekehrt? Wir danken auf jeden Fall noch einmal demütig für die Gnade und Milde, mit der man uns behandelt hat, als wir es einmal gewagt haben die Ehre dieses großartigen Landes anzukratzen .
Oberkellner Gnatzig, Grimm
Vergesst Kasachstan! Auch wenn der Iran leider uneinholbar die Spitzenposition verteidigt: Unser Freund Polen ist und bleibt das zweitlustigste Land der Welt.
Debatte
Blogs
2006-12-21T00:16:43Z
2011-11-19T13:03:27Z
Das zweitlustigste Land der Welt
https://www.welt.de//debatte/weblogs/Drau_en_nur_K_nnchen/article6063859/Das-zweitlustigste-Land-der-Welt.html
Richtungsstreit: Schröder warnt die SPD vor einem Linksruck
Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat seine Partei vor einem Linkskurs gewarnt. „Die SPD kann nur dann mehrheitsfähig sein, wenn sie in der Mitte der Gesellschaft verankert ist und diese nicht verlässt“, sagte Schröder bei einer Preisverleihung an den früheren SPD-Partei- und Fraktionschef Hans-Jochen Vogel in Berlin. Eine Ausrichtung auf die Mitte sei das Fundament für die sozialdemokratischen Wahlerfolge in den 70er Jahren sowie unter seiner Kanzlerschaft nach 1998 gewesen. „Dieses Fundament darf die Partei nicht verlassen, wenn sie erfolgreich bleiben will. Denn die SPD ist die Partei des aufgeklärten Bürgertums“, fügte Schröder hinzu. Nach seinen Worten darf es sich die SPD nicht gefallen lassen, dass sich Union und FDP als „bürgerliches Lager“ definierten. Dahinter stecke der Versuch, die Sozialdemokraten auszugrenzen. Mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit habe diese Einteilung nichts zu tun. Deshalb müsse sich die SPD solchen Versuchen entscheiden widersetzen. Schröder dankte Vogel ausdrücklich für seine persönliche Unterstützung bei der vor exakt fünf Jahren in Gang gesetzten Reform- „Agenda 2010“. Vogel sprach dem Ex-Kanzler wegen dieses Schritts „gerade heute“ besondere Anerkennung aus. Fünf Jahre nach dem Start der Reform lobte auch SPD-Chef Kurt Beck Schröders Agenda 2010. Die Reformen von Rot-Grün am Arbeitsmarkt, im Gesundheitswesen und bei der Rente seien der Auftakt zu einem großen wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Erfolg gewesen.
WELT
Die Frage nach einer möglichen Zusammenarbeit mit der Linken hat die SPD in eine Krise gestürzt. Jetzt schickte Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder warnende Worte an seine Partei. Die SPD könne nur mehrheitsfähig sein, wenn sie die Mitte der Gesellschaft nicht verlasse.
Politik
2008-03-13T13:28:11Z
2015-09-01T10:06:45Z
Schröder warnt die SPD vor einem Linksruck
https://www.welt.de//politik/article1796001/Schroeder-warnt-die-SPD-vor-einem-Linksruck.html
Mythen: Mit fünf Sagen verstehen Sie die Griechen-Krise
Wer soll die technischen Details im Ringen um Griechenland noch kapieren? Schuldenschnitte, Notkredite, Staatsanleihen. Wie komplex, wie technisch, wie irdisch. Dabei hat kein Land mehr Geschichten erfunden, mit denen sich die ewigen Dramen erzählen, sich die ewigen Ideen verstehen lassen, die sich im Tun der weltlichen Herrscher verbergen. Greifen wir also zu den berühmten Sagen der griechischen Mythologie, um die Griechenland-Verhandlungen zu durchdringen. Zu den jahrtausendealten Geschichten von Eifersucht und List, Triumph und Verzweiflung. Und greifen wir zu den Helden, Halbgöttern und Göttern dieser Sagen, um zu erahnen, was jene antreibt, die seit Monaten in Athen, Berlin und Brüssel die Protagonisten des nicht enden wollenden Epos sind. Der Gordische Knoten Am Hofe des phrygischen Königs Gordios stand ein Streitwagen. Dessen Deichsel war untrennbar mit dem Zugjoch verbunden. Das Orakel prophezeite, dass derjenige über ganz Kleinasien herrschen würde, der in der Lage wäre, diesen Knoten zu lösen. Viele kluge und starke Männer versuchten sich vergebens daran. Da kam Alexander der Große: Er durchschlug den Knoten mit seinem Schwert – und gebot als größter Herrscher der Antike später über ganz Kleinasien. Alexis Tsipras (verlinkt auf /wirtschaft/article142588724/Tsipras-Merkel-Plan-koennte-nach-hinten-losgehen.html) heißt der neue Alexander. Auch sein gordischer Knoten galt als schier unlösbar. Viele griechische Herrscher vor ihm waren gescheitert. Die Aufgabe ist ein Paradox: Das gebeutelte Land vom Diktat der Geldgeber zu befreien – und von diesen Geldgebern doch neue Milliarden zu erlangen. Er werde diesen Knoten lösen, versprach Tsipras dem Volke, und eine neue Blütezeit in Griechenland heraufziehen lassen. Doch anders als Alexander greift er nicht zum Schwert. Listenreich nutzt er die Ängste, Zweifel und Zwänge seiner Gegner – und wartet, bis diese den Knoten freiwillig lösen. Noch ist er nicht am Ziel, doch er ist ihm schon näher, als seine Feinde jemals gedacht hätten. Die Sage des Prometheus Prometheus ist der große Rebell der griechischen Mythologie. Er schuf die Menschen und wurde ihr Lehrmeister. Doch die Götter verlangten von den Menschen Opfer und Anbetung. Prometheus aber, der Menschenfreund und große Provokateur, überlistete sie, verweigerte ihnen die Anbetung. Als Zeus das bemerkte, versagte der Göttervater den Menschen das Feuer. Prometheus aber holte das Feuer zur Erde zurück. Den Menschen schickte Zeus zur Strafe die Büchse der Pandora mit all ihren Übeln. Prometheus aber ließ er im Kaukasus an einen Felsen ketten. Dort hing er über einem Abgrund. Um seine Qualen zu vergrößern, kam jeden Tag ein Adler und fraß von seiner Leber. Weil Prometheus aber ein Unsterblicher war, erneuerte sich die Leber immer wieder, sodass seine Qualen nicht endeten. Der Rebell der Neuzeit? Wer sonst als Janis Varoufakis, (verlinkt auf /wirtschaft/article142776127/Wie-sehr-wird-Tsipras-von-dieser-Frau-beeinflusst.html) Herr über Griechenlands Finanzen. Als Vertreter der Entrechteten, Freund des griechischen Volkes fordert er die Götter der Troika heraus. Bietet auch Angela Merkel die Stirn, der Herrscherin über den Geldgeber-Olymp. Begabt in der Kunst der Verstellung, erfahren in der Rede, gelingt es ihm, seine Absichten zu verbergen. Gesegnet zudem mit einem großen Vorteil gegenüber Prometheus: Scheitert er im Ringen mit den Göttern, droht ihm nicht dessen Schicksal. Gekettet an den Felsen, mit endlosen Qualen? Unwahrscheinlich. Eher: Rückkehr in die Penthouse-Wohnung im Zentrum von Athen, inklusive Frühstück mit Lebensgefährtin auf der Dachterrasse. Herakles und die Ställe des Augias Herakles – oder Herkules – ist der Superheld der griechischen Mythologie schlechthin. Zwölf übermenschliche Arbeiten musste der Halbgott erledigen. Die Rinderställe des Augias reinigen war eine davon. Mehr als 3000 Tiere lebten darin, seit 30 Jahren war nicht mehr sauber gemacht worden – nun hatte Herakles einen Tag Zeit. Der Heros bewältigte die Arbeit mit Bravour, leitete einfach das Wasser nahe gelegener Flüsse durch den Stall. Anstatt Herakles aber wie versprochen den zehnten Teil seiner Rinder zu überlassen, jagte König Augias ihn aus dem Land. Später kehrte der Held zurück und tötete den König dafür. Auch wenn Kuhställe wohl nicht der bevorzugte Ort der vornehmen Französin sind, ist Christine Lagarde die Frau für die herkulischen Aufgaben der Griechen-Krise. Ihr Internationaler Währungsfonds (IWF) übernahm zu Beginn der Krise die Rolle, Griechenland auszumisten. Das Land zu reinigen von Korruption und Steuerbetrug, den Filz von Politik und mächtigen Oligarchen zu zerreißen. Nur scheint Frau Lagarde doch keine Halbgöttin zu sein, zumindest reichte ihr dafür nicht eine geniale Idee wie einst dem Herakles. Und ein Tag schon gar nicht. Seit Jahren arbeitet sich Lagarde ab. Aber wie das mythische Vorbild ist sie dafür im Land ihrer großen Taten nicht willkommen. Die Griechen wollen den Währungsfonds am liebsten verjagen wie Augias einst den Herakles. Und Lagarde würde die griechische Regierung dafür am liebsten bestrafen wie Herakles den Augias. Nicht mit dem Tode wie im bluttriefenden Mythos, sondern ganz nüchtern mit dem Ende der Hilfszahlungen. Sisyphos und der Stein Sisyphos ist der große Unglückliche der griechischen Mythologie. Obwohl er beileibe nicht unschuldig war an seinem Schicksal. Listenreich forderte er die Götter heraus und schadete seinen Mitmenschen. Selbst Thanatos, den Tod, überlistete er. Seine Strafe ist die wohl berühmteste unter den ausgefuchsten Höllenqualen, von denen es in der griechischen Mythologie viele gibt. Sisyphos musste in der Unterwelt einen Felsblock einen steilen Hang nach oben rollen. Doch stets, wenn er fast oben war, rollte der Stein wieder hinunter – und Sisyphos musste von Neuem beginnen. Wer Wolfgang Schäuble, dem deutschen Finanzminister, zuhört, der gewinnt den Eindruck, er fühle sich wie Sisyphos. Was hat er nicht nächtelang verhandelt, gerungen, angeboten und gearbeitet mit den Herrschern der Griechen, um das Land voranzubringen, zumindest aus seiner Sicht. Doch stets, wenn Schäuble vermeinte, es geschafft zu haben, wenn er sich am Ziel seiner schweren Arbeit wähnte, machten ihm die Athener das Erreichte wieder zunichte. Der Stein rollte hinunter, Schäuble musste von Neuem beginnen. Immerhin: Der mythische Sisyphos war auf ewig zu seiner qualvollen Arbeit verdammt. Schäuble ist das nicht – zuletzt schien er schlicht keine Lust mehr zu haben. Sollen doch andere den Stein weiter rollen. Die Ferse des Achilles Achilles ist der tragische Held der homerischen „Ilias“ – der Sage vom Kampf der Griechen gegen Troja. Sterblich war der Heros, war er doch der Sohn eines Menschen und einer Göttin. Seine Mutter Thetis tauchte ihn deshalb in den Fluss Styx, der Unter- und Oberwelt trennte. Das sollte den Helden unverwundbar machen. Allerdings hielt sie dabei Achilles an der Ferse fest, dort blieb die Haut trocken. Im Kampf um Troja traf den Heroen genau an dieser Stelle der Pfeil des Paris. Achilles fiel. Die Heldin im heutigen Kampf um Griechenland ist Angela Merkel. Seit Jahren müht sie sich in diesem Ringen, kämpft um das Geld der Europäer wie einst Achilles um Troja. Doch auch die Kanzlerin hat eine Schwachstelle, eine entscheidende, deren Ursprung viele Jahre zurückreicht. Sie kann Griechenland nicht einfach aus dem Euro scheiden lassen. Die Furcht ist zu groß, damit die Währungsunion in Gefahr zu bringen – ja die große Idee eines vereinten Europas aufs Spiel zu setzen. Ihre Gegner wissen um diese Schwachstelle. Und sie zielen genau darauf. Mit sicherem Blick haben sie erkannt, dass womöglich für Merkel ein Scheitern des Ringens um neue Hilfen schlimmere Folgen hätte als für sie selbst. Das Ende des epischen Ringens hängt auch von dieser großen Frage ab: Kann die Kanzlerin ihre Achillesferse schützen? Epilog Ein Epos mag endlos scheinen. Über viele Jahre lagerten die Griechen vor Troja, über viele Jahre irrte Odysseus über das Meer. So mancher, der sich durch die großen Epen der griechischen Mythologie gelesen hat, glaubte, das Ringen werde nie ein Ende finden. So mag es auch manchem gehen, der täglich liest vom griechischen Schulden-Epos. Doch am Ende der antiken Reigen voller Wirrungen, Triumphe und Tragödien schieben die Griechen ihr Holzpferd durch Trojas Tor und siegen im Kampf um die Stadt. Und Odysseus kehrt zurück in seine geliebte Heimat zu seiner lang vermissten Gemahlin. So hält uns auch die Hoffnung aufrecht, dass die große Erzählung des griechischen Schuldenstreits ein Ende haben wird – wie auch immer dieses aussehen mag. Wobei: Bitte nicht ungeduldig werden. Troja fiel nach zehnjähriger Belagerung. Und Odysseus irrte ein geschlagenes Jahrzehnt über die Meere bis zum großen Happy End.
Jan Dams, Klaus Geiger
Es ist ein Epos. Mit Göttern und Helden. Eine Sage, in der es um List und Triumph geht. Athen und Europa ringen wie die Figuren der Mythologie. Welche Rollen Merkel und die anderen Mächtigen spielen.
Wirtschaft
2015-06-20T15:25:16Z
2015-06-22T07:05:18Z
So göttlich kann die Griechen-Krise sein
https://www.welt.de//wirtschaft/article142795955/So-goettlich-kann-die-Griechen-Krise-sein.html
Confed Cup: Claudio Bravo - Elfmeterheld bei Guardiola auf Abschussliste
„Sensationell“, „gewaltig“ – einfach „Bravisimo“: Irgendwann gingen Arturo Vidal & Co. die Superlative für ihren Elfmeter-Helden aus. Nach der phänomenalen Paradenshow gegen Portugal soll Claudio Bravo die unermüdlichen Chilenen nun auch zum ersten Triumph beim Confed Cup (verlinkt auf http://sportdaten.welt.de/fussball/confed-cup/ergebnisse-und-tabelle/) führen. „Was er getan hat, ist gewaltig. Nicht nur heute. Wir sind ihm sehr dankbar“, schwärmte Vidal über den 34 Jahre alten Torwart, der im Elfmeterschießen alle drei Versuche des Fußball-Europameisters entschärfte. „Einer der besten Torhüter der Welt“ Eine Großtat mit Ansage – und Historie. Schon bei beiden Titelgewinnen bei der Copa América 2015 und 2016 hatte Bravo in den Finals gegen Argentinien die jeweils entscheidenden letzten Elfmeter des Gegners pariert. Und deshalb ging der Keeper von Manchester City (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/manchester-city/) auch mit einem unerschütterlichen Selbstvertrauen in den Showdown. „Claudio ist einer der besten Torhüter der Welt. Vor den Elfmetern sagte er mir, dass er zwei oder drei halten wird, und er hat es erfüllt“, berichtete Vidal. So durfte Portugals Superstar Cristiano Ronaldo (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/cristiano-ronaldo/) als eigentlich fünfter Schütze beim Stand von 0:3 gar nicht mehr antreten. Nachdem ihn seine Teamkollegen auf dem Rasen immer wieder in die Luft geworfen hatten, saß Bravo als Spieler des Spiels vor der Weltpresse – und erzählte, als ob er gerade nach einem wenig aufregenden Acht-Stunden-Tag aus dem Büro gekommen wäre. „Ich fühle mich so, wie ich mich immer fühle. Ich nehme die Dinge ruhig“, sagte er mit ausdruckslosem Gesicht und verriet ein wenig spektakuläres Erfolgsgeheimnis: „Du musst viel arbeiten, du musst dich gut informieren.“ Guardiola kauft neuen Torwart für 40 Millionen Euro Als großer Charismatiker wird Bravo nicht unbedingt in die Geschichte eingehen. Und doch ist er das perfekte Beispiel für eine chilenische Nationalmannschaft, die sich neben Aggressivleader Vidal und Superstar Alexis Sánchez vor allem mit einem Team aus Arbeitern in der Weltspitze etabliert hat. „Beeindruckend, sensationell“, schwärmte der frühere Hamburger Marcelo Díaz über seinen Kapitän. „Einfach Bravo“, schrieb „El Mostrador“. „Bravisimo“, titelte „Las Últimas Noticias“. Das Finale am Sonntag könnte der für längere Zeit letzte große Auftritt Bravos gewesen sein. Auf Klubebene läuft es für ihn nicht mehr. Beim FC Barcelona (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/fc-barcelona/) war er von Marc-André ter Stegen verdrängt worden und wechselte zu Manchester City. Doch auch dort fiel er vergangene Saison nach mehreren schweren Patzern bei Trainer Pep Guardiola (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/josep-guardiola/) in Ungnade. Nun dürfte Bravo auf der Bank landen. Schließlich tätigte Guardiola gerade den zweitteuersten Torwart-Transfer der Fußballgeschichte. Der 23-jährige Brasilianer Ederson von Benfica Lissabon (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/benfica-lissabon/) wurde für sage und schreibe 40 Millionen Euro verpflichtet. So einer dürfte dann auch im Tor stehen. Weil die zweite Reihe für Bravo kaum eine Alternative ist, wird mit seinem Abgang gerechnet. City wäre Berichten zufolge (verlinkt auf http://www.manchestereveningnews.co.uk/sport/football/transfer-news/man-city-transfer-news-bravo-13157547) sowohl mit einem Verkauf als einer Ausleihe einverstanden. Zuletzt hieß es, der spanische Erstligist Villarreal habe Interesse.
WELT
Chile steht im Endspiel des Confed Cups. Held des ersten Halbfinals ist der Torwart. Claudio Bravo pariert alle drei Elfmeter und lüftet sein Erfolgsgeheimnis. Dennoch steht er vor einer ungewissen Zukunft.
Sport
Fußball
2017-06-29T08:04:33Z
2017-06-29T08:29:17Z
Chiles Elfmeterheld im Verein auf Guardiolas Abschussliste
https://www.welt.de//sport/fussball/article166055018/Chiles-Elfmeterheld-im-Verein-auf-Guardiolas-Abschussliste.html
Nato-Gipfel: Merkel macht Hollande Druck wegen Abzugsplänen
Der Streit über den frühzeitigen französischen Afghanistan-Abzug belastet den Nato-Gipfel in Chicago. Besonders die Bundesregierung kritisierte den Alleingang des neuen Staatschefs François Hollande. Außenminister Guido Westerwelle (verlinkt auf /themen/guido-westerwelle/) warnte am Sonntag vor einem „Abzugswettlauf“ unter den Truppenstellern. Ein schnellerer Rückzug „aus innenpolitischen Gründen“ könne die terroristische Bedrohung verstärken. Kanzlerin Merkel (verlinkt auf /themen/angela-merkel/) betonte, Deutschland stehe „sehr fest“ zu dem verabredeten Prinzip „Gemeinsam hinein, gemeinsam wieder raus“. US-Präsident Barack Obama und Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen eröffneten den 25. Nato-Gipfel, den größten in der Geschichte der Militärallianz. Angereist sind neben den Staats- und Regierungschefs der 28 Nato-Staaten auch mehr als 30 Spitzenvertreter anderer Länder und internationaler Organisationen. Hollande hatte vor dem Nato-Gipfel sein Wahlkampfversprechen bekräftigt, die gut 3000 Soldaten schon in diesem Jahr zurückzuholen, und damit zwei Jahre vor dem Auslaufen des Isaf-Einsatzes. Er bot zugleich an, auf „anderem Wege“ am Hindukusch auszuhelfen. Rasmussen akzeptiert Hollandes Abzugspläne Obama bekannte sich hingegen zum gültigen Abzugsplan. „Wir stehen vereint in der Entschlossenheit, die Mission zu erfüllen“, sagte er in seiner Eröffnungsrede in seiner Heimatstadt. Bis 2014 lägen noch „harte Tage und viel Arbeit“ vor den Isaf-Truppen. Auch danach könne sich das Land auf die Hilfe und Freundschaft der Staatengemeinschaft verlassen. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sieht durch den Alleingang Frankreichs den Afghanistan-Fahrplan aber nicht gefährdet. Schrittweise werde nun der Kampfeinsatz zur einer Unterstützung der einheimischen Kräfte. „Ich bin zuversichtlich, dass wir die Solidarität in der Koalition bewahren können. Es wird keinen Wettlauf zum Ausgang geben.“ Begleitet wurde der Gipfel von Protesten, bei denen Nato-Gegner mit der Polizei aneinandergerieten. Samstagnacht waren nach gewaltsamen Ausschreitungen schon 18 Demonstranten festgenommen worden, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Vier Menschen wurden angeklagt, weil sie Brandanschläge geplant haben sollen, darunter auf eine Wahlkampfzentrale Obamas. Am Sonntag zogen Tausende Aktivisten durch die Innenstadt, die teilweise abgeriegelt war. Westerwelle warnt vor „Vakuum“ am Hindukusch Merkel äußerte indirekt Kritik an Frankreich. „Für uns wäre wünschenswert, dass Frankreich im Isaf-Verbund mit dabei bleibt“, sagte die CDU-Chefin, die am Vortag vom G-8-Gipfel aus Camp David nach Chicago gereist war. Die Bundesregierung sei an „möglichst viel Gemeinsamkeit interessiert“. Darüber habe sie am Vortag auch mit Obama gesprochen, der dieselbe Auffassung habe. „Insofern werden wir dies hier sehr standhaft vertreten“, sagte Merkel. Auch Westerwelle sagte: „Wir sollten klug genug sein, gemeinsam bei dem zu bleiben, was abgestimmt und abgesprochen worden ist.“ Er habe den Eindruck, dass auch Frankreich verstehe, dass in Afghanistan kein „Vakuum“ entstehen dürfe. Sonst bilde sich womöglich wieder ein „Rückzugsgebiet für Terroristen“. Der Terrorismus könne nur geschwächt werden, wenn die Völkergemeinschaft zusammenhalte. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU), der ebenfalls in Chicago ist, sagte, Frankreich scheine bei seiner Hauptentscheidung zu bleiben, früher abzuziehen. „Allerdings gibt es Gespräche, das Frankreich im Isaf-Verbund bleibt bis 2014.“ „Umrisse“ eines neuen Mandats nach 2014 Der Minister sagte, es sei noch unklar, wie viele deutsche Soldaten nach 2014 beratend und unterstützend in Afghanistan bleiben werden. Es gebe jetzt aber „Umrisse“ eines neuen Mandats, das keine Fortsetzung von Isaf sein werde. Angestrebt werde eine „klare Rechtsgrundlage“ durch einen neuen UN-Sicherheitsratsbeschluss. Der Rückzug sei teuer und militärisch komplizierter als die Entsendung. Es gebe Fortschritte bei Routen über Pakistan und auch neuen „denkbaren Zugängen über Usbekistan“. Bis zum Herbst solle eine konkrete Planung vorliegen. Rasmussen zeigte sich am Sonntag überzeugt, dass Pakistan „in sehr naher Zukunft“ wieder seine Grenzen für den Abzug aus Afghanistan öffnen werde. Die Nato muss seit sechs Monaten auf Transitrouten durch Russland und Zentralasien ausweichen, weil Pakistan den Zugang über sein Territorium nach einem US-Militärschlag mit 24 getöteten Soldaten blockierte. Startschuss für Raketenabwehr Zudem werden in Chicago weitere gemeinsame Verteidigungsinitiativen gestartet, mit denen die Allianz trotz sinkender Militärausgaben „ein starkes Bündnis“ bleiben soll, wie Rasmussen sagte. Zum einen soll eine erste Einsatzbereitschaft des umstrittenen Nato-Raketenschilds festgestellt werden – mit einem Frühwarnradar in der Türkei und Abfangraketen auf US-Kreuzern im Mittelmeer. Das Kommando dafür liegt in Ramstein. (verlinkt auf /politik/ausland/article106338975/Raketenabwehr-Ramstein-bekommt-roten-Knopf.html) Westerwelle betonte, die Tür für Russland, dabei mitzumachen und sich an einer gemeinsamen Sicherheitsstrategie für Europa zu beteiligen „bleibt offen“. Zum anderen geht in Chicago um das neue Bodenüberwachungs- und Aufklärungssystem AGS, das bis 2016 bereit sein soll – und das von 13 Staaten gemeinsam aufgebaut wird. In Chicago soll der Startschuss für die Beschaffung gegeben werden. Deutschland kann allerdings nur unter Vorbehalt zustimmen, weil der Haushaltsausschuss das teure Projekt zunächst auf Eis gelegt hat.
WELT
Wegen seiner vorzeitigen Abzugspläne aus Afghanistan steht Frankreichs Präsident Hollande beim Nato-Gipfel unter Druck. Westerwelle warnte vor einem "Abzugswettlauf". Obama mahnt Geschlossenheit an.
Politik
Ausland
2012-05-20T22:03:09Z
2021-05-27T13:56:32Z
Merkel macht Hollande Druck wegen Abzugsplänen
https://www.welt.de//politik/ausland/article106347915/Merkel-macht-Hollande-Druck-wegen-Abzugsplaenen.html
Werder Bremen: Schaaf ist genervt wegen des Ärgers mit Naldo
Thomas Schaaf ist schon wieder sauer auf Naldo (verlinkt auf /sport/fussball/bundesliga/werder-bremen/article13797367/Naldo-will-Werder-noch-in-der-Winterpause-verlassen.html) . Nachdem der brasilianische Verteidiger den Trainer von Werder Bremen (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/werder-bremen/) zunächst mit seinen Wechselabsichten verärgert hatte, kommt nun eine Verletzung hinzu, wegen der Naldo (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/naldo/) am Donnerstag in Belek nicht mit dem Fußball-Bundesligisten trainieren konnte. Es handelt sich laut Schaaf um eine Außenbandreizung des linken Knies. „In der Sache ist schon kräftig Dampf drin“, sagte Schaaf. „Er ist ein wichtiger Part in unserer Abwehr und, wenn ich mir jetzt vorstelle, ohne ihn zu arbeiten, rege ich mich darüber auf.“ Bereits am Mittwochabend hatte Naldo über Kniebeschwerden geklagt. Auf dem Trainingsplatz war es danach zu einer längeren Diskussion zwischen Naldo sowie Schaaf und Klubchef Klaus Allofs (verlinkt auf /sport/fussball/bundesliga/werder-bremen/article13796477/Allofs-muss-sich-jetzt-auch-fuer-Ailton-schaemen.html) gekommen. Der Innenverteidiger wollte sogar während der hitzigen Debatte vorzeitig gehen, ehe ihn Allofs zurückhielt. Probleme mit dem linken Knie „Er hat Probleme an der Außenseite des linken Knies“, berichtete Schaaf. Naldo werde in den nächsten Tagen nicht mit der Mannschaft trainieren und im Kraftraum üben. „Wie lange es dauert, müssen wir von Tag zu Tag sehen“, sagte der Trainer. Schaaf erklärte zudem, dass Aaron Hunt nicht ins Trainingslager nachreisen werde. Der Mittelfeldspieler leidet an Adduktorenproblemen. Wegen einer Blessur des rechten Knies hatte Naldo bis zum August rund 15 Monate pausiert. „Wir sind unglücklich damit“, gab der Coach zu: „Wir haben zuletzt genügend Gegentore bekommen, die Abwehr ist da ein wichtiger Punkt, an dem wir arbeiten müssen – und jeder weiß, was Naldo da nach seiner Rückkehr für uns bewegen konnte.“ Der Brasilianer hatte zuvor bereits für Aufregung gesorgt, weil er den Bundesligisten noch vor Ende Januar verlassen will. Naldo, dessen Vertrag bei Werder bis 2013 läuft, hat nach eigener Aussage ein Angebot von Internacional Porto Alegre. Laut Allofs gibt es jedoch kein ausreichendes Angebot des brasilianischen Vereins. Internacional-Sportdirektor Fernandão bekräftigte unterdessen gegenüber dem brasilianischen Internetportal „uol“ das Interesse an dem Bremer Profi. „Naldo ist unsere erste Wahl“, wird Fernandão zitiert. „Aber es ist keine einfach Verhandlung.“ Bis Freitag wolle der Klub schauen, wie es sich entwickelt: „Wenn wir merken, dass es eine Möglichkeit gibt, können wir uns noch etwas gedulden.“
WELT
Nachdem Naldo angekündigt hat, Werder bereits im Winter verlassen zu wollen, ist der Brasilianer nun schon wieder verletzt. Trainer Thomas Schaaf ist verärgert.
Sport
Fußball
2012-01-05T11:34:52Z
2012-01-05T15:38:47Z
Schaaf ist genervt wegen des Ärgers mit Naldo
https://www.welt.de//sport/fussball/bundesliga/werder-bremen/article13799632/Schaaf-ist-genervt-wegen-des-Aergers-mit-Naldo.html
Rechtsextremismus: Jeder zehnte Deutsche sehnt sich nach einem Führer
Ausländerfeindliche Einstellungen in Deutschland nehmen offenbar deutlich zu. Wie eine am Mittwoch in Berlin vorgestellte Studie im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung ergab, schließt sich ein Viertel der Bevölkerung fremdenfeindlichen Aussagen an. 2008 sei es noch ein Fünftel der Bürger gewesen. Sogar mehr als 30 Prozent der Bevölkerung stimmen laut Studie der Einschätzung zu: „Ausländer kommen, um den Sozialstaat auszunutzen.“ Eine ebenso großer Anteil meint, bei knappen Arbeitsplätzen „sollte man Ausländer wieder in ihre Heimat schicken“, und durch „die vielen Ausländer“ werde Deutschland „in einem gefährlichen Maß überfremdet“. Die Feindseligkeit gegenüber dem Islam ist der Studien zufolge besonders ausgeprägt. Der Aussage „Für Muslime in Deutschland sollte die Religionsausübung erheblich eingeschränkt werden“ schließen sich 58,4 Prozent der Bevölkerung an – in Ostdeutschland sogar 75,7 Prozent. Gut jeder Vierte wünscht sich laut der Umfrage eine „starke Partei“, die die „Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert“. Mehr als jeder Zehnte sehnt sich nach einem „Führer“, der „Deutschland zum Wohle aller mit harter Hand regiert“ und hält eine Diktatur für „die bessere Staatsform“. Die Autoren werteten die Ergebnisse als „Alarmsignal für Politik und Gesellschaft“. Angesichts von Abstiegsängsten hätten rechtsextreme Einstellungen mit der Wirtschafts- und Finanzkrise zugenommen, warnten die Leipziger Wissenschaftler Oliver Decker und Elmar Brähler. Es bestehe die Gefahr, dass Rechtspopulisten versuchten, aus der Situation „politisch Kapital zu schlagen“. Für die Studie „Die Mitte in der Krise – Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2010“ wurden über 2.400 Menschen im Alter von 14 bis 90 Jahren befragt. Ältere Menschen stimmen demnach wesentlich häufiger rechtsextremen Aussagen zu als junge. Auch je niedriger das Bildungsniveau, desto ausgeprägter die rechtsextreme Einstellung. Rechtsextremismus sei jedoch kein Phänomen am „Rand" der Gesellschaft, sagte Nora Langenbacher von der Friedrich-Ebert-Stiftung. Ganz im Gegenteil fänden sich rechtsextreme Einstellungen „in besorgniserregendem Maße in der Mitte der Gesellschaft“ - in Ost- wie Westdeutschland, bei Frauen wie Männern, in allen Altersklassen, bei Befürwortern demokratischer Parteien, Gewerkschaftsmitgliedern und Kirchenangehörigen. Hier gibt's die ganze Studie (verlinkt auf http://library.fes.de/pdf-files/do/07504.pdf)
WELT
Nach einer Studie stimmt ein Viertel der Bevölkerung fremdenfeindlichen Aussagen zu. Ungebildete und Alte sind besonders anfällig.
Politik
Deutschland
2010-10-13T10:22:26Z
2015-09-01T10:08:00Z
Jeder zehnte Deutsche sehnt sich nach einem Führer
https://www.welt.de//politik/deutschland/article10264372/Jeder-zehnte-Deutsche-sehnt-sich-nach-einem-Fuehrer.html
„Gesinnungskontrolle“ oder „Haltung zeigen“? Vorstoß für Lehrer-Meldestellen löst Kontroverse aus
Die Bildungsgewerkschaft GEW hat mit ihrer Forderung nach Meldestellen für Lehrer, die sich im Unterricht demokratiefeindlich äußern, eine politische Auseinandersetzung ausgelöst. Grüne und Linke begrüßten den Vorstoß, AfD und FDP hielten dagegen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hatte vor dem Hintergrund der Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ durch das Bundesamt für Verfassungsschutz klare Handlungsmöglichkeiten für Schulen im Umgang mit demokratiefeindlichen und rassistischen Äußerungen von Lehrkräften gefordert. „Äußerungen sowie Aufrufe zu Gewalt müssen in jedem Fall konsequent geächtet sowie disziplinar- und strafrechtlich verfolgt werden“, sagte die GEW-Vorsitzende Maike Finnern der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. (verlinkt auf https://www.noz.de/deutschland-welt/politik/artikel/lehrer-mit-afd-parteibuch-eine-gefahr-fuer-schulen-48758396) Es müsse „systematische Beschwerde- und Meldeverfahren, Präventions- und Interventionskonzepte mit definierten Handlungsketten, unabhängige Beratungs- und Beschwerdestellen sowie einen stärkeren Diskriminierungsschutz“ geben, forderte sie. „Lehrkräfte schwören einen Eid auf die Verfassung und haben einen demokratischen Bildungsauftrag, festgeschrieben im Grundgesetz und den Landesschulgesetzen“, betonte Finnern. „Sie verstoßen demnach gegen geltendes Recht, wenn sie sich rechtsextrem, menschenverachtend oder demokratiefeindlich verhalten oder äußern.“ Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Götz Frömming (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/deutschland/plus250891336/AfD-Die-heikle-Frage-wie-weit-die-Auseinandersetzung-mit-der-Partei-im-Unterricht-gehen-soll.html) , reagierte mit Kritik: „Die Forderungen der GEW laufen auf einen neuen Radikalenerlass wie in den 70er-Jahren hinaus“, sagte er WELT. „Die GEW sollte aus ihrer eigenen Geschichte eigentlich gelernt haben, dass eine politisch einseitige Instrumentalisierung staatlicher Einrichtungen und Behörden mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht vereinbar ist.“ Selbstverständlich müssten sich alle Lehrer verfassungskonform und politisch neutral verhalten. „Um das durchzusetzen, braucht es aber keine weiteren Überwachungen und Gesinnungskontrollen an unseren Schulen.“ Auch von der FDP kam Ablehnung. Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Dürr (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/deutschland/article256128680/Christian-folgt-auf-Christian-FDP-waehlt-Duerr-zum-neuen-Parteichef.html) sagte WELT, es sei klar, dass demokratiefeindliche (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/deutschland/article250884974/Extremismus-Judenwitze-Sieg-Heil-Schriftzuege-und-Hitlergruesse-im-Klassenzimmer.html) , menschenverachtende und rassistische Äußerungen an den Schulen in Deutschland keinen Platz hätten. Bildungseinrichtungen hätten die Aufgabe, jungen Menschen die Werte von Demokratie und Toleranz zu vermitteln und so die liberale Gesellschaft zu stärken. „Was wir aber nicht brauchen, sind neue Melde- und Beschwerdestellen. Sollten sich einzelne Lehrkräfte nicht an die Regeln halten, müssen die zuständigen Schulleitungen und Vorgesetzten konsequent handeln“, so Dürr. „Allerdings müssen wir sehr vorsichtig sein, durch neue Meldestellen den Meinungskorridor an unseren Bildungsanstalten als Orte des offenen Diskurses nicht zu verengen. Jenseits diskriminierender und verfassungsfeindlicher Aussagen darf die freie Rede nicht durch Selbstzensur oder Angst vor Disziplinarmaßnahmen eingeschränkt werden.“ „Ein Punkt, den es zu diskutieren lohnt“ Die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Misbah Khan zeigte sich hingegen offen für die Forderung der Bildungsgewerkschaft: „Die GEW spricht mit ihrer Forderung nach klar definierten Handlungsketten einen Punkt an, den es zu diskutieren lohnt. Schulen und Lehrkräfte sind durch ihren demokratischen Bildungsauftrag eine elementare Säule für unser freiheitlich demokratisches Zusammenleben.“ Umso wichtiger sei es, „dass der Staat klare Wege hat, auf die wenigen Fälle zu reagieren, in denen dieser Auftrag bewusst verletzt oder missbraucht wird, etwa durch rassistische und antisemitische Äußerungen oder einer offenen Unterstützung rechtsextremer Positionen.“ Die Innen- und Rechtspolitikerin der Linke-Fraktion, Clara Bünger, unterstützt den Vorstoß für neue Meldestellen: „In der Schule wird viel vermittelt, aber oft nicht das, worauf es wirklich ankommt“, sagte sie WELT. „Wenn Lehrkräfte die Grundrechte missachten oder ihren Schülern Unwerte wie Rassismus vermitteln, darf das nicht folgenlos bleiben. Deshalb begrüße ich den Vorstoß der GEW, die sich Gedanken macht, wie wir Schulen widerstandsfähiger gegen rechte Einflussnahme machen können.“ Die Grundrechte seien erkämpft worden – von Arbeiterinnen und Arbeitern, von Bürgerrechtsbewegungen, von all denen, die sich gegen Ungleichheit gestellt hätten. „Heute stehen diese Rechte wieder unter Druck. Gerade deshalb müssen Schulen Orte sein, die Haltung zeigen und für alle Schülerinnen und Schüler ein Schutzraum bieten.“ Die Forderungen der GEW seien überfällig. „Es braucht politische Bildung, die erklärt, worauf unser Zusammenleben beruht. Und Strukturen, die eingreifen, wenn diese Rechte verletzt werden – auch durch Lehrkräfte.“ Von Union und SPD waren keine Stellungnahmen zu erhalten. Claudia Kade (verlinkt auf https://www.welt.de/autor/claudia-kade/) ist Politik-Chefin bei WELT.
Claudia Kade
Nach dem Willen der Bildungsgewerkschaft GEW soll es neue Meldestellen geben für Fälle, in denen Lehrkräfte sich vor Schülern „rechtsextrem, menschenverachtend oder demokratiefeindlich“ verhalten. Der Vorstoß setzt eine kontroverse Debatte in Gang.
Politik
Deutschland
2025-05-28T14:50:27.021Z
2025-05-28T14:50:30.595Z
„Gesinnungskontrolle“ oder „Haltung zeigen“? Vorstoß für Lehrer-Meldestellen löst Kontroverse aus
https://www.welt.de//politik/deutschland/article256167492/Gesinnungskontrolle-oder-Haltung-zeigen-Vorstoss-fuer-Lehrer-Meldestellen-loest-Kontroverse-aus.html
Theaterskandal: Mobbing und Nacktfotos – In Halle ist die Hölle los
Von außen steigt da eigentlich keiner mehr durch. Die Egos liegen blank, die Kulissen wackeln. Von den Städtischen Bühnen Halle erreichen die zunehmend konsternierte Öffentlichkeit inzwischen statt künstlerischer Leistungen weit mehr offene Briefe, schnappatmende Meldungen im Rundfunk, lüsterne „Bild“-Berichterstattung und auch nicht nur sachliche Nachrichten der „Mitteldeutschen Zeitung“. Es geht um Misstrauen, Mobbing (verlinkt auf /themen/mobbing/) , Nacktfotos, arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen, Nichtverlängerungen, zeternde Altstars, eine illoyale Generalmusikdirektorin, die ihr Amt noch gar nicht angetreten hat, Gerangel um Auslastung und Ausrichtung, eine nassforsche, aber visionäre Opernleitung. Betriebsfrieden gefährdet Es fehlt nur noch der Impresario, der in italienischen Opernfarcen am Ende mit den Einnahmen durchbrennt. Dafür gibt es aber den, den viele für den Brandherd und Zündler vom Dauerdienst halten, dabei sollte der als Geschäftsführer eigentlich den Betriebsfrieden sicherstellen: Stefan Rosinski (verlinkt auf https://www.mdr.de/kultur/brenner-rosinski-tooh-halle-100.html) . Man könnte ihn auch den Christian Thielemann (verlinkt auf /themen/christian-thielemann/) unter den Administratoren nennen: Wo Rosinski wirkte und wütete, an der Berliner Volksbühne, der Berliner Opernstiftung, dem Volkstheater Rostock und jetzt in Halle, da hinterließ er rauchende Trümmer, fungierte auf nicht sonderlich durchsichtige Art als Brandbeschleuniger statt -löscher. Und ein offenbar seiner Aufgabe nicht gewachsener Aufsichtsrat schaute der theatralischen Selbstzerfleischung zu, auch die Stadtspitze, die für das Desaster verantwortlich ist, greift nicht ein. Derweil lodern an der Saale weiterhin die Leidenschaften und die Steuergelder. Aber auf wenig kreative Art. Fakten immerhin sind: Die Oper in Halle (mit Ballett und Staatsorchester, es gibt noch das Puppentheater, das Neue und das Thalia Theater, alle unter dem Dach der Theater, Oper und Orchester GmbH Halle (verlinkt auf https://buehnen-halle.de/start) , kurz TOOH zusammengeschlossen) hatte mit einer der schlechtesten Auslastungen in ganz Deutschland zu kämpfen. Obwohl der abgängige Barenboim-Buddy Karl-Heinz Steffens als GMD und Opernleiter zwecks Ego- und Karrierestärkung sogar noch einen nicht unbedingt sinnigen „Ring“ durchgeboxt hatte. Sein Nachfolger, der Ex-Countertenor und Regisseur Axel Köhler (verlinkt auf /regionales/sachsen/article184914254/Dresden-Axel-Koehler-ist-neuer-Rektor-Hochschule-fuer-Musik.html) , gab entnervt auf, als zudem die Etatkürzungen immer brutaler wurden. Keine Kater im Sack Die Lösung sollte 2016 ein junges, selbstausbeutungsfreudiges, radikales und natürlich billiges junges Team sein. Man wollte – ganz unhallensisch – den Neustart, eine andere Ausrichtung; zumindest auf dem Papier. Und engagierte dafür als Opernchef den jungen Regisseur Florian Lutz, der bereits in Halle gearbeitet hatte, dazu als Hausregisseur Michael von zur Mühlen. Beide haben in der Branche einen klar profilierten Ruf, keiner in Sachsen-Anhalt kaufte Kater im Sack. Und trotzdem taten viele plötzlich ganz erstaunt, als die Neuen Opernnägel mit ziemlich spitzen Köpfen ins bisweilen wunde Befindlichkeitsfleisch schlugen. Das tat weh, offenbar auch dem ebenfalls 2016 angetretenen Geschäftsführer Rosinski. Das Haus wurde zeitweise zur Raumbühne umgebaut, mal „Heterotopia“ oder „Babylon“ geheißen, das Publikum wurde erregt, die Zahlen sackten – aber nicht ins Bodenlose. Dafür schaute man plötzlich wieder überregional an die Saale, es gab Preise, auch den „Faust“. Regiestars wie Peter Konwitschny und Tobias Kratzer konnten ins kleine Halle gelockt werden. In der Oper aber kochte es immer mehr, der Streit zwischen Rosinski und Lutz griff schnell auf die anderen Vorstände der TOOH über. Ein (künstlerischer) Höhepunkt war zumindest ein schräger „Fidelio“, bei dem sich Lutz selbst als in seinem Intendantenbürogefängnis schmachtender Florestan porträtierte, der vom bösen, Rosinski nicht unähnlichen Pizarro bedroht wird. Derweil wurde der Graben, der die Bühne und ihre Aufsichtsgremien durchschnitt, immer größer. Leitung, Geschäftsführung, Orchestervorstand, Betriebsrat, Solisten, die designierte Generalmusikdirektorin zofften sich mit immer neuen offenen Briefen und Erklärungen. Im Februar wurde mit einer Stimme Mehrheit der Vertrag der Opernleitung nicht über 2021 hinaus verlängert, aber Frieden herrscht immer noch nicht. Zuletzt wurde das Nacktfoto einer neuen Mitarbeiterin, die darauf gleich wieder kündigte, in Umlauf gebracht. Und jetzt hat auch noch der gemobbte Matthias Brenner, der erfolgreiche und verlängerte Leiter des Neuen Theaters, ein Ultimatum gestellt: Entweder muss Rosinski weichen, oder er geht. Er wirft ihm „Übergriffigkeit, Vertrauensbruch und Störung des Betriebsfriedens“ vor. Noch mehr #MeToo (verlinkt auf https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/ein-jahr-danach-wie-metoo-die-welt-veraendert-hat-15829410.html) an der TOOH? Oder ist das endlich der Showdown an der Saale?
Manuel Brug
Die Stadt Halle hat ein eher mittelgroßes Theater. Jetzt macht es von sich reden. Weil hinter den Kulissen erbittert gestritten wird. Es geht um Misstrauen, Kompetenzgerangel und durchgestochene Bilder.
Kultur
Theater
2019-04-12T14:05:01Z
2020-09-08T07:40:03Z
Mobbing und Nacktfotos – In Halle ist die Hölle los
https://www.welt.de//kultur/theater/article191825365/Theaterskandal-Mobbing-und-Nacktfotos-In-Halle-ist-die-Hoelle-los.html
Vergleichstest: Weniger schwache Leser in den zweiten Klassen
Die Zweitkläßler haben sich im Vergleichstest Lesen gut geschlagen. So wächst im Vergleich zum vergangenen Jahr das breite Mittelfeld, während die Zahl der schlechten, aber auch die der sehr guten Leser abnimmt. Das hat die Auswertung des Tests vom 3. Mai ergeben, bei dem sich insgesamt 23 801 Schüler der zweiten Klassen gemessen haben. Getestet wurden die Lesegeschwindigkeit und das Leseverständnis. Die Kinder mußten einen kurzen Text lesen und dazu zwölf Fragen beantworten. Die Geschwindigkeit wurde überprüft, indem eine Reihe von Worten innerhalb von vier Minuten Bildern zuzuordnen waren. Die schwachen Leser haben sich deutlich verringert. Während 2004 noch 34,3 Prozent, Probleme hatten, den Text zu verstehen, waren es jetzt nur noch 27,4 Prozent. Besonders auffällig ist die Verbesserung im Bezirk Neukölln, wo sich die Gruppe der Schwächsten um ganze 13,4 Prozentpunkte auf 36,7 Prozent verringert hat. Besonders die Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache haben sich verbessert. Nach 60 Prozent im vergangenen Jahr gehören dieser Gruppe jetzt noch 46,1 Prozent an. Im berlinweiten Durchschnitt haben die Schüler beim Leseverständnistest 7,4 von insgesamt 12 Punkten erreicht. Erstmals erhalten alle Eltern, deren Kinder teilgenommen haben, eine Auswertung.
flo
Vergleichstest: Weniger schwache Leser in den zweiten Klassen
Print-welt
2005-06-02T22:00:00Z
2011-11-16T13:29:27Z
Vergleichstest: Weniger schwache Leser in den zweiten Klassen
https://www.welt.de//print-welt/article674181/Vergleichstest-Weniger-schwache-Leser-in-den-zweiten-Klassen.html
Arzttermin: Über die Terminservicestellen zum Facharzt
Keine langen Wartezeiten mehr für Kassenpatienten – mit diesem Versprechen sind die neuen Terminservicestellen (verlinkt auf /wirtschaft/article151786247/So-wenig-bringen-die-neuen-Arzttermin-Hotlines.html) auf Geheiß von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) Ende Januar angetreten. Maximal vier Wochen sollen gesetzlich Versicherte seitdem auf einen Termin beim Facharzt warten müssen, wenn dieser durch die Terminhelfer der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) vermittelt wird. Daran gemessen, haben die niedergelassenen Ärzte ihr Soll übererfüllt, denn tatsächlich geht die Terminsuche häufig sogar noch schneller. Das geht aus einer aktuellen Umfrage der Zeitschrift „Finanztest“ unter allen 17 Kassenärztlichen Vereinigungen in Deutschland hervor. Demnach müssen die Patienten in manchen Bundesländern nur ein bis zwei Wochen auf einen Facharzttermin warten. Allerdings wird dieser über die Terminservicestellen nur dann vermittelt, wenn die Versicherten eine dringende Überweisung ihres Hausarztes vorlegen können. Vor allem im Norden und Osten Deutschlands gestaltet sich die Wartezeit auf einen Facharzttermin seit dem Start der neuen Terminservicevermittlung offenbar kürzer als ursprünglich angenommen. So beträgt die durchschnittliche Vermittlungsdauer bis zum gewünschten Facharzttermin in Brandenburg etwa eineinhalb bis zwei Wochen, in Bremen sind es zwei Wochen. In Niedersachsen konnten die bisherigen Terminwünsche nach Angaben der zuständigen KV sogar meistens binnen einer Woche vermittelt werden – und damit so schnell wie in kaum einem anderen Bundesland. Auch in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern seien die bisherigen Vermittlungen „zeitnah“ und kürzer als in der ursprünglich vorgesehenen Frist erfolgt. In Schleswig-Holstein wiederum hätten knapp die Hälfte der Praxen bereits nach einem Tag die Terminvereinbarungen mit den Patienten bestätigt. Informationen über die tatsächliche Dauer der Wartezeit bis zum gewünschten Facharzttermin lägen dort allerdings nicht vor. Viele Anrufer erfüllen Bedingungen nicht Besonders begehrt sind deutschlandweit offenbar Termine beim Neurologen: In 16 der 17 befragten Kassenärztlichen Vereinigungen zählte ein Termin bei Ärzten dieser Fachrichtung zu den am häufigsten geäußerten Vermittlungswünschen der Patienten. Auch Termine bei Augenärzten, Kardiologen und Radiologen wurden in nahezu allen Bundesländern häufig nachgefragt. Insgesamt fällt die Nachfrage nach Terminvermittlungen durch die Servicestellen aber auch acht Wochen nach dem Start noch relativ verhalten aus. Wie aus der Umfrage weiter hervorgeht, haben in den ersten vier Wochen etwa 28.000 Patienten die neuen Terminservicestellen kontaktiert. Tatsächlich wurden in diesem Zeitraum bundesweit aber nur etwa 9900 Termine vermittelt. Das deckt sich mit früheren Angaben der Kassenärztlichen Vereinigungen, wonach viele der Anrufer entweder die notwendigen Bedingungen zur Terminvermittlung nicht erfüllen oder von vorneherein nur anrufen, um sich über das neue Angebot zu informieren. Die Terminservicestellen sind allerdings längst nicht die einzige Möglichkeit für gesetzlich Versicherte, die Suche nach einem Facharzttermin zu beschleunigen. Mehrere gesetzliche Krankenkassen bieten einen ähnlichen Service teilweise bereits seit Jahren an. So vermittelte die DAK Gesundheit im vergangenen Jahr rund 17.000 Arzttermine, bei der Techniker Krankenkasse waren es sogar 45.000.
Anja Ettel
Maximal vier Wochen sollen gesetzlich Versicherte seit Ende Januar auf einen Termin beim Facharzt warten müssen. Eine erste Bilanz zeigt: Entscheidend ist, in welcher Region der Kassenpatient lebt.
Wirtschaft
2016-03-15T13:26:03Z
2016-03-16T08:57:18Z
Wo Kassenpatienten schnell einen Termin bekommen
https://www.welt.de//wirtschaft/article153312631/Wo-Kassenpatienten-schnell-einen-Termin-bekommen.html
RKI warnt vor "Corona-Partys": Mehr als 1000 Neuinfektionen binnen 24 Stunden
Das Robert-Koch-Institut hat im Zuge der Ausbreitung des Coronavirus vor sogenannten Corona-Partys gewarnt. „Es ist nicht sinnvoll, anstatt in einen Club zu gehen, zu einer großen Party zu sich nach Hause einzuladen oder zu anderen Festen zu gehen, bei denen sich viele Menschen treffen“, erklärte RKI-Vize-Präsident Lars Schaade auf einer Pressekonferenz am Montagvormittag in Berlin. „Ich sage das deshalb, weil es inzwischen offenbar bereits sogenannte Corona-Partys gibt, wenn die Clubs geschlossen wurden“, so Schaade weiter. Und appellierte: „Bitte tun Sie das nicht. Bleiben Sie möglichst zu Hause.“ Mehrere Bundesländer hatten am Wochenende ihre Maßnahmen im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus (verlinkt auf https://www.welt.de/vermischtes/live206505337/Coronavirus-Chinas-Wirtschaft-bricht-ein-Alle-Bars-in-New-York-schliessen.html) verschärft und angeordnet, unter anderem alle Bars, Clubs, Spielhallen, Theater, Kinos und Museen zu schließen. Seit Montag sind in den meisten Bundesländern auch Schulen und Kitas zu, in anderen Ländern werden Schüler noch ein oder zwei Tage betreut, bevor die Schulen ganz schließen. Angesichts der Schutzmaßnahmen rechnet das Robert-Koch-Institut frühestens Ende nächster Woche mit möglichen Effekten. „Man müsste nach zehn bis zwölf Tagen sehen, ob diese Maßnahmen greifen“, sagte Schaade mit Blick auf die Entwicklung der Fallzahlen in Deutschland. Dann müsse überprüft werden, ob die eingeleiteten Maßnahmen ausreichten. Schaade bekräftigte, es sei wichtig, Kontakte und Menschenansammlungen wegen der Ansteckungsgefahr zu meiden. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts gibt es in Deutschland mittlerweile 4838 laborbestätigte Fälle einer Ansteckung mit dem Coronavirus Sars-Cov-2. Das seien 1043 mehr als noch am Sonntag, sagte Schaade. Bislang seien zwölf Menschen in Deutschland an dem Virus gestorben. Die Zahl der Neuinfizierten steige nach wie vor „relativ rasch“ an, sagte Schaade. Es gehe deswegen jetzt darum, die eingeleiteten Maßnahmen schnell umzusetzen. New York, Washington und Kalifornien sind Risikogebiete Zudem kündigte das RKI ein FAQ zu Fragen an, wann man sich in Selbstquarantäne begeben sollte - und wann das nicht nötig ist. Wichtig sei das zum Beispiel, wenn man mit einer nachweislich infizierten Person in irgendeiner Art von engem Kontakt war: Dazu zählt unter anderem, wenn man mit dieser Person gesprochen hätte oder möglicherweise sogar angehustet oder angeniest worden sei. Wenn man selbst gesund sei und sich lediglich mit einer infizierten Person ohne engeren Kontakt in einem Raum befunden habe, gebe es nur ein geringes Risiko einer Ansteckung. Eine Selbstquarantäne sei in diesem Fall nicht nötig. Zudem stufte das RKI inzwischen auch die US-Bundesstaaten Kalifornien, Washington und New York als Coronavirus-Risikogebiete ein. Dort gebe es nach Einschätzung der US-Gesundheitsbehörden eine anhaltende Virusübertragung innerhalb der Bevölkerung. Bisher sind Italien und der Iran sowie Regionen in China, Südkorea, Frankreich (Region Grand Est), Österreich (Bundesland Tirol) sowie Madrid in Spanien als Risikogebiete eingestuft. In Deutschland gilt der Kreis Heinsberg in NRW als „besonders betroffen“.
WELT
Statt im Club zu Hause zu feiern - eine gefährliche Idee. Das RKI warnt vor sogenannten Corona-Partys, zu denen derzeit eingeladen wird. Zudem zählen Kalifornien, Washington und New York nun als Risikogebiete.
Vermischtes
2020-03-16T09:44:23Z
2020-03-16T09:44:23Z
Mehr als 1000 neue Fälle an einem Tag - RKI warnt vor „Corona-Partys“
https://www.welt.de/vermischtes/article206580969/RKI-warnt-vor-Corona-Partys-Mehr-als-1000-Neuinfektionen-binnen-24-Stunden.html
Finale French Open: Sinner und Alcaraz liefern ein Fünfeinhalb-Stunden-Epos
Es war im entscheidenden fünften Satz dieses vielleicht denkwürdigsten Endspiels, das es je bei den French Open gegeben hat. Jannik Sinner hatte sich gegen Carlos Alcaraz noch einmal zwei Breakbälle gegen den drohenden Matchverlust herausgearbeitet, als Eurosport-Kommentator Matthias Stach noch mal ein Superlativ bemühte, um der Besonderheit der finalen Tennis-Schlacht auf Sand Ausdruck zu verleihen: „Eines der krassesten Matches, das ich je gesehen habe.“ Und das eigentlich keinen Verlierer verdient hatte. Passenderweise wurde es nach 5:29 Stunden erstmals in einem Match Tie-Break entschieden – und Alcaraz hatte das bessere Ende für sich. Der 22-jährige Spanier rang in einem hochklassigen und dramatischen Endspiel den Weltranglisten-Ersten aus Italien mit 4:6, 6:7 (4:7), 6:4, 7:6 (7:3), 7:6 (10:2) nieder und feierte bereits den fünften Grand-Slam-Titel seiner Karriere. Im vergangenen Jahr hatte sich Alcaraz im Finale von Paris in fünf Sätzen gegen Alexander Zverev durchgesetzt. „Carlos, meinen Glückwunsch. Eine unglaubliche Leistung, ein unglaublicher Kampf. Du verdienst das“, gratulierte Sinner fair: „Danke auch an mein Team. Wir haben alles versucht, alles gegeben, was wir haben. Es ist schwer, aber ich bin auch glücklich mit diesem zweiten Platz zufrieden. Sinner hatte im vierten Satz beim Stand von 5:3 und 40:0 beim Aufschlag von Alcaraz drei Matchbälle hintereinander vergeben und anschließend auch sein Service nicht zum dritten Grand-Slam-Titel nutzen können. Nach seinen Triumphen bei den US Open in New York und den Australian Open in Melbourne musste er sich damit erstmals in einem Grand-Slam-Finale geschlagen geben. Es war das längste und wohl auch mitreißendste Finale in der Historie des Profitennis bei den French Open. Nowitzki und Spike Lee im Publikum „Ein Finale für die Geschichte“, hatte Co-Kommentator Boris Becker bereits während des Matches am Eurosport-Mikrofon eingeordnet und die Exklusivität dieses Spektakels unterstrichen: „Wer sich ein bisschen im Tennis auskennt: So etwas haben wir alle noch nicht gesehen.“ Passend dazu die Reaktionen des Publikums. Über das gesamte Match fingen die Kameras Zuschauer mit den Händen vor dem Gesicht oder verschränkt hinter dem Kopf ein. Ungläubig, staunend und gespannt, was die beiden Athleten auf der roten Asche als nächstes bereithalten würden. Neben zahlreichen Tennis-Legenden waren auch Regisseur Spike Lee, Schauspieler Dustin Hoffmann, Football-Star Odell Beckham jr., Rugbyspieler Antoine Dupont, Stabhochsprung-Weltrekordler Armand Duplantis oder die Basketball-Ikonen Dirk Nowitzki und Tony Parker unter den begeisterten Zuschauern. Große Fairness von Alcaraz und Sinner „Ich bin mir ziemlich sicher, dass du noch viele große Titel gewinnen willst. Es ist ein Privileg mit dir gemeinsam Geschichte zu schreiben. Danke, dass du so eine große Inspiration bist. Für die Jugend bist du ohnehin ein Vorbild“, sagte Alcaraz später bei der Siegerehrung in Richtung seines geschlagenen Kontrahenten Was Sinner, aber auch Alcaraz während des Finals erneut unter Beweis stellten. Beide Spieler korrigierten im Verlauf des Matches Linienrichterentscheidungen zu ihren Ungunsten. Das Finale war nicht nur sportlich hochklassig. Ein paar letzte Besonderheiten: Alcaraz gewann erstmals ein Spiel über fünf Sätze, in dem er die ersten beiden Durchgänge verloren hatte. Er ist erst der sechste Spieler, der in Paris in der modernen Tennis-Geschichte nach einem 0:2-Satzrückstand im Finale noch den Titel gewinnen konnte. Sinner, für den es nach seiner dreimonatigen Doping-Sperre erst das zweite Turnier war, hatte bis zum Finale in Paris keinen einzigen Satz verloren und 47 der vorangegangenen 49 Spiele gewonnen. Er verlor lediglich die Endspiele von Peking und Rom, nun auch in Paris – alle drei gegen Alcaraz. Wenn Lutz Wöckener (verlinkt auf https://www.welt.de/autor/lutz-woeckener/) nicht gerade irgendeinen Sport im Selbstversuch ausprobiert, schreibt er über Darts und Sportpolitik, manchmal aber auch Abseitiges wie Fußball.
Lutz Wöckener
Es war das längste, beste und wohl dramatischste Finale der French Open. Am Ende rang Carlos Alcaraz Jannik Sinner nieder, der im vierten Satz drei Matchbälle in Folge vergeben hatte. Auch Boris Becker war perplex.
Sport
Tennis
2025-06-08T19:38:41.565Z
2025-06-09T04:42:10.295Z
„So etwas haben wir alle noch nicht gesehen“ – Match für die Geschichtsbücher von Sinner und Alcaraz
https://www.welt.de//sport/tennis/article256227348/Finale-French-Open-Sinner-und-Alcaraz-liefern-ein-Fuenfeinhalb-Stunden-Epos.html
Kalifornien: Psychisch gestörter Mann hortete hunderte Waffen
Gewehre, Pistolen und jede Menge Munition: Ein Waffenarsenal mit mehr als 500 Waffen fanden die Behörden bei einem Mann in Clovis. Dabei war er der Polizei bekannt - wegen einer psychischen Störung.
WELT
Gewehre, Pistolen und jede Menge Munition: Ein Waffenarsenal mit mehr als 500 Waffen fanden die Behörden bei einem Mann in Clovis. Dabei war er der Polizei bekannt - wegen einer psychischen Störung.
2015-11-19T09:52:52Z
2016-12-17T18:04:54Z
Psychisch gestörter Mann hortete hunderte Waffen
https://www.welt.de//videos/video149021813/Psychisch-gestoerter-Mann-hortete-hunderte-Waffen.html
Sex auf Firmenkosten: "Je besser der Anzug, desto übler das Benehmen"
Flankiert von zwei gläsernen Kandelabern, führt ein roter Teppich ein paar Stufen hinauf zu einem weiß getünchten Haus. Der livrierte Türsteher versteht die Kunst, alles zu erfassen und zugleich Luft zu sein unter seiner roten Uniformmütze, während die Gäste, fast ausschließlich Herren in teuren Anzügen, durch den Eingang eilen. Passanten mögen das akkurat gepflegte Haus im Hamburger Stadtteil St. Georg für ein kleines, aber teures Hotel halten. Und gewissermaßen ist es das auch. Ein Zimmer im "Relax" kostet 250 Euro - pro Stunde. Dafür gibt es Kamin und Whirlpool auf dem Zimmer. Und diese Annehmlichkeiten muss niemand ganz allein genießen. Denn ganz oben auf dem Angebot des Zimmerservice steht hier käuflicher Sex. Und bezahlt wird zumeist mit der Firmenkreditkarte. Sex auf Firmenkosten. Eine Provision in der Horizontalen für den guten Geschäftspartner. Ein Bonbon für die umsatzstärksten Verkäufer. Die öffentliche Empörung ist groß, wenn solche Praktiken ans Licht kommen. Eine spätrömische Orgie in einem Budapester Badehaus (verlinkt auf /wirtschaft/article13497862/Ergo-sollte-mit-Sex-Skandal-erpresst-werden.html) kratzte in diesem Sommer am Saubermann-Image der Ergo-Tochter Hamburg-Mannheimer. Nach Ergo trifft es Wüstenrot In dieser Woche traf es Wüstenrot. Die Bausparkasse (verlinkt auf /wirtschaft/article13763876/200-000-Euro-Bordelltrip-fuer-die-Verkaufskanonen.html) soll Vertreter, die ihren Kunden besonders viele Policen verkauft hatten, zur Belohnung in ein Flugzeug nach Brasilien gesetzt haben. Und dort vom Flughafen Rio in einen Bus zum nächsten Puff. Auch Bereichsleiter und Direktoren, berichteten Teilnehmer später, hätten sich das Gruppenerlebnis nicht entgehen lassen. Von derlei Fehltritten auf der Führungsebene (verlinkt auf /wirtschaft/article13763020/Beste-Wuestenrot-Vertreter-mit-Bordellbesuch-belohnt.html) distanziert sich die Abteilung Konzernkommunikation eines Unternehmens immer sofort. "Uns ist die Botschaft wichtig, dass wir diese Ausschweifungen in keiner Weise irgendwie organisiert oder unterstützt haben", beschwor erwartungsgemäß ein Wüstenrot-Sprecher, nachdem der Abstecher an die Copacabana bekannt geworden war. Prostitution auf Konzernkosten, so etwas gibt es im 21. Jahrhundert natürlich in keiner seriösen deutschen Firma mehr. Offiziell. Doch wenn das wirklich so wäre, müssten in deutschen Städten viele gut laufende Etablissements ihre Türen schließen. Hotel Relax – beliebt bei Geschäftsleuten "80 bis 85 Prozent der Kunden sind Geschäftsleute", sagt Nadine Greve, die als Mitarbeiterin des "Relax" sehr direkt erlebte, was offenbar nicht wenige Manager so machen, wenn sie mit Kollegen zum geselligen Teil des Abends übergehen. Das Edelbordell ist eine der bekanntesten Anlaufstationen in Norddeutschland für Firmenfeiern im intimen Kreis. Häufig seien es Gruppen von fünf, sechs Herren, die gemeinsam den Klub beträten. "Einer zückt dann die Kreditkarte (verlinkt auf http://kreditkartenvergleich.welt.de/vergleich) und sagt: Das geht heute alles auf mich", berichtet die 36-Jährige aus ihrer aktiven Zeit im "Relax". Alles, das heißt erst einmal ein bisschen Stangentanz schauen bei einer Flasche Schampus für 500 Euro und einer schönen Havanna. Dann gesellen sich Damen im knappen Kostüm dazu, und bald darauf geht's ab auf die Zimmer. "So ein Abend mit fünf Personen kann dann schon mal 10.000 Euro kosten", sagt Greve. Firmenkunden kämen aus den verschiedensten Branchen: "Banken, Mineralölindustrie - alles dabei." Und für den Fall, dass die Gäste nach dem Gelage Lippenstiftspuren aufweisen, hält das Bordell stets Oberhemden in den gängigen Konfektionsgrößen parat. An drei Tagen im Herbst befindet sich Hamburgs horizontales Gewerbe alljährlich regelrecht im Ausnahmezustand. Nämlich immer dann, wenn sich die Schifffahrtsbranche zum traditionellen Eisbeinessen in der Hansestadt trifft. Ein gediegenes Festmahl, das nicht nur ein Jour fixe ist für mehr als 5000 Reeder, Schiffsmakler und Agenten aus der ganzen Welt. Verstärkung aus anderen Bundesländern Es ist auch fürs Rotlichtgewerbe jedes Mal ein Fest, worauf sich das Milieu genauso vorbereitet wie die Polizei auf eine Großveranstaltung: Es werden rechtzeitig Einsatzkräfte aus anderen Bundesländern angefordert. "Statt 25 arbeiten dann 50 Frauen, und es reicht immer noch nicht", berichtet Greve. "Dann ist der Laden gerammelt voll." Das gilt auch für die Bars und Klubs an der Großen Freiheit, der Hauptamüsiermeile in St. Pauli. "Das Eisbeinessen, Messen, Ärztekongresse - ohne diese Veranstaltungen könnten wir gar nicht überleben", sagt Heinz Ritsch, der mit seiner Frau Susi seit 30 Jahren "Susis Show Bar" betreibt: "Dann ist unsere Bar immer voll von Stammgästen." In dem lang gezogenen, in rotem Plüsch gehaltenen Etablissement - Werbeslogan: "Das Schärfste, was Hamburg zu bieten hat" - kümmern sich bis zu 30 Mitarbeiterinnen um das Wohl der Gäste. Auf einer Drehbühne, die einst die erste ihrer Art in Deutschland war, entblättern sich Tänzerinnen zur Musik. Animierdamen gehen an den Tischen zu den Gästen auf Tuchfühlung und lassen sich gern auf einen Piccolo für bis zu 129 Euro einladen. Gegen eine Bonuszahlung gibt es auch einen Privattanz am Tisch. Sexuelle Dienstleistungen werden nicht angeboten. Viele ziehen nach dem Warm-up bei Susi deshalb weiter, etwa ins nahe Laufhaus. Aktuell kann sich das Ehepaar Ritsch nicht über mangelnden Zuspruch beklagen: "Viele Unternehmen lassen ihre Weihnachtsfeiern bei uns stimmungsvoll ausklingen", sagt Ritsch. "Für morgen hat sich zum Beispiel eine Steuerberatungsfirma angemeldet." Gutes Geschäft während Messen Im "Dollhouse", einige Meter die Freiheit runter, trifft ebenfalls regelmäßig Business auf Barbusiges. "Wenn große Messen in der Stadt stattfinden, buchen Geschäftsleute häufiger mal einen Tisch bei uns", sagt Büroleiter Christian Fong, der solche Belustigungen gerne als "geistigen Ausklang eines stressigen Tages" bezeichnet. Gleich am Eingang werden die Gäste mit sogenannten Dollhouse-Dollars versorgt: Spielgeld, das sie im Verlauf des Abends auf eine Weise an spärlich bekleidete Tänzerinnen übergeben werden, an die man sie beim nächsten Geschäftsmeeting besser nicht erinnern sollte. Sie lassen sich eine Magnumflasche Champagner für 322 Euro kommen und ordern dazu die eine oder andere Tänzerin, die hier "Dolls" genannt werden und für 30 Euro einen erotischen Tanz für die Herrenrunden aufführen. "Boys" sind auch buchbar, doch ihre Tanzdarbietungen sind eher bei Junggesellinnen-Abschiedsgesellschaften gefragt. Managerinnen schlagen im "Dollhouse" bislang eher selten über die Stränge. Unter männlichen Geschäftspartnern sei es hingegen recht verbreitet, so der Eindruck Fongs, dass Geschäfte noch bei spärlicher Beleuchtung begossen werden. Männer, die am Tage hart über die Konditionen für irgendeinen Großauftrag verhandelt haben, stecken sich dann nach ein paar Gläsern einen Papierdollar zwischen die Zähne und schieben ihn unters Slipband einer unechten Blondine. "Das ist dann der Kick", sagt Fong. Weitergehender Service wird im "Dollhouse" nicht angeboten, doch in den umliegenden Häusern bietet sich reichlich Gelegenheit. Trotz der goldenen Kreditkarten (verlinkt auf http://kreditkartenvergleich.welt.de/vergleich) aber sind die Spesenritter bei den Damen des Gewerbes nicht sonderlich beliebt. Das Benehmen der Manager, so die Erfahrungen von Nadine Greve, die sie nach ihrem Ausstieg in ihrem Buch "Hinter den Kulissen - Eine Ex-Hure packt aus" niederschrieb, sei in der Regel weniger fein als die Anzüge. Gerade die Männer mit Führungsanspruch respektierten häufig nicht, dass auch bezahlte Liebesdienerinnen nicht zu allen Praktiken bereit seien. "Die Faustregel", sagt Greve, "lautet: je besser der Anzug, desto übler das Benehmen."
Steffen Fründt
Wüstenrot gerät mit Sex-Reisen in die Schlagzeilen. Auf dem Hamburger Kiez überrascht das kaum. Bei den Damen sind Manager weniger beliebt.
Wirtschaft
2011-12-18T11:40:54Z
2015-10-04T06:53:22Z
"Je besser der Anzug, desto übler das Benehmen"
https://www.welt.de//wirtschaft/article13773370/Je-besser-der-Anzug-desto-uebler-das-Benehmen.html
Lewandowski-Gala: Vier Tore mit einem bitteren Beigeschmack
Robert Lewandowski hat beim 4:1 (1:1) gegen Real Madrid (verlinkt auf /sport/fussball/bundesliga/borussia-dortmund/article115575207/Vierfacher-Lewandowski-schiesst-Dortmund-ins-Glueck.html) Geschichte geschrieben. Noch nie gelangen einem Spieler in der Champions League (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/champions-league/) vier Treffer gegen die „Königlichen“. Der polnische Nationalspieler erlegte die Spanier fast im Alleingang. Lewandowski traf in der 8., 50. 55. und 67. Minute (verlinkt auf /sport/fussball/bundesliga/borussia-dortmund/article115574530/Vier-Tore-Lewandowski-zerlegt-Real-Madrid.html) . „Ich freue mich natürlich sehr. Aber wir sind noch nicht durch. Wir müssen in Madrid genauso konzentriert spielen. Denn bisher haben wir nur einen Schritt gemacht“, sagte Lewandowski, der nun zehn Tore in dieser Champions-League-Saison (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/champions-league/) erzielt hat. Cristiano Ronaldo (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/cristiano-ronaldo/) traf bislang zwölf Mal. Fantastisch war am Mittwochabend vor allem, wie Lewandowski seine Tore erzielte. Nach einer Vorlage von Mario Götze (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/mario-goetze/) traf er im fliegenden Spagatschritt zur Führung. Beim zweiten Treffer spitzelte er die Kugel mit dem Außenrist ins kurze Eck. Überragend beim dritten Treffer Überragend spielte er mit der Sohle beim dritten Treffer seinen Gegenspieler Pepe (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/pepe/) aus und überwand Real-Keeper Diego (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/diego/) López mit einem Schuss ins Toreck. Sein einfachster Treffer gelang ihm in der 67. Minute, als er einen Foulelfmeter mit brachialer Gewalt in die Mitte drosch. Die Fans feierten Lewandowski mit Sprechchören. Aber ihnen und auch den Verantwortlichen dürfte es bitter aufstoßen, dass auch er offenbar nun vor einem Wechsel zum FC Bayern (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/fc-bayern-muenchen/) steht. Enrique Reyes, Berater von Jupp Heynckes, behauptet, dass der Wechsel von Lewandowski bereits feststehe. Er äußerte sich diesbezüglich gegenüber spanischen Medien (verlinkt auf /sport/fussball/bundesliga/borussia-dortmund/article115584994/Bayern-Muenchen-hat-Goetze-und-Lewandowski.html) . Konfrontiert mit dieser Nachricht, sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/hans-joachim-watzke/) , dass es sein expliziter Wunsch sei, dass Lewandowski auch in der kommenden Saison beim BVB spielt. Er verwies darauf, dass der Angreifer einen Vertrag bis 2014 hat und im Gegensatz zu Mario Götze keine Ausstiegsklausel besitzt. „Wir wollen, dass Robert weiter hier spielt“, sagte Watzke, der einen Wechsel aber auch nicht vollends ausschloss. Und was sagt Lewandowski? „Ich kommentiere diese Meldung nicht“, meinte der Stürmer nach dem Abpfiff: „Was am Saisonende passiert, werden wir sehen.“ Durchbruch dank Barrios-Verletzung Lewandowski war in der Sommerpause 2010 für 4,5 Mio. Euro von Lech Posen zum BVB gewechselt. Zu Beginn seiner BVB-Zeit lief es aber noch gar nicht so gut. Er war nur Ersatz hinter Lucas Barrios. Und wenn er einmal eine Chance erhielt, ließ er viele gute Gelegenheiten ungenutzt. Trotzdem wurde er mit acht Treffern in der Saison 2010/11 bester Joker der Bundesliga. Erst in der zweiten Spielzeit in Dortmund gelang dem Angreifer der Durchbruch bei der Borussia. Barrios hatte sich im Finale bei der Copa America verletzt, nun schlug die große Stunde von Lewandowski. In 34 Einsätzen brachte er es auf 24 Treffer und zehn Vorlagen. In der laufenden Saison hat der 24-Jährige in 27 Bundesliga-Partien 23 Treffer erzielt. Damit führt Lewandowski die Torjägerliste an.
Frihtjof Bublitz
Nach einer historischen Weltklasse-Leistung des Stürmers träumt der BVB vom Champions-League-Endspiel. Doch nach Mario Götze steht offenbar auch der Pole vor einem Wechsel zum FC Bayern.
Sport
Fußball
2013-04-24T21:16:30Z
2015-10-06T05:45:36Z
Vier Tore mit einem bitteren Beigeschmack
https://www.welt.de//sport/fussball/bundesliga/borussia-dortmund/article115587749/Vier-Tore-mit-einem-bitteren-Beigeschmack.html
Griechenland wirbt um deutsche Rentner: „Wir werden hier auf Sie warten“
Griechenlands Tourismusminister Vassilis Kikilias hat Bundesbürger angesichts von Inflation und drohender Energieknappheit aufgerufen, in seinem Land zu überwintern. „Für Herbst und Winter wäre es für uns Griechen eine große Freude, deutsche Rentner zu begrüßen, die einen ‚mediterranen Winter‘ mit griechischer Gastfreundschaft, mildem Wetter und hochwertigen Dienstleistungen erleben möchten“, sagte der 48-Jährige der „Bild“ (verlinkt auf https://www.bild.de/geld/wirtschaft/wirtschaft/jetzt-wollen-die-griechen-uns-helfen-liebe-deutsche-ueberwintert-doch-bei-uns-am-80692170.bild.html) . „Wir werden hier auf Sie warten“, fügte der Minister hinzu. Der Bürgermeister der Hafenstadt Chania auf der griechischen Insel Kreta, Panagiotis Simandirakis, schloss sich dem Aufruf an. „Wir laden jeden Deutschen ein, der in diesem Winter zu uns kommen möchte, um hier zu leben – fern der Krisen“, sagte er der „Bild“. Kreta sei dafür sehr geeignet, „um einen Krisen-Winter zu überstehen“. Hier brauche man keine Heizung im Haus. „No German will freeze in Greece“, sagte der Bürgermeister.
WELT
Deutsche Rentner können gerne in Griechenland überwintern, schlägt Tourismusminister Vassilis Kikilias vor. Er verspricht Gastfreundschaft, mildes Wetter und hochwertige Dienstleistungen. Und ein Bürgermeister auf Kreta sagt: „No German will freeze in Greece.“
Politik
Ausland
2022-07-14T08:35:00Z
2022-07-14T08:15:04Z
„Wir werden hier auf Sie warten“ – Griechenland wirbt um deutsche Rentner 
https://www.welt.de/politik/ausland/article239910093/Griechenland-wirbt-um-deutsche-Rentner-Wir-werden-hier-auf-Sie-warten.html
Beispielrechnung: Ist Apples neuer Mac Pro Wucher oder Schnäppchen?
Macs von Apple haben den Ruf besonders teuer im Vergleich zu PCs zu sein – doch stimmt das überhaupt noch? Vergleicht man beispielsweise die Preise von Apples Macbook Air mit PC-Ultrabooks in ähnlich dünner und leichter Bauweise, kommen die Apple-Notebooks gar nicht so schlecht weg – dasselbe gilt für iMacs (verlinkt auf www.welt.de/themen/imac/) im Vergleich zu All-in-One-PCs, die ähnlich gebaut sind. Deutlich günstiger bei gleicher Leistung sind dagegen aber immer noch klassische PCs in Tower oder Desktop-Bauweise. Wie aber sieht es nun mit dem neuen Profi-Modell Mac Pro aus, der im Dezember auf den Markt kommen soll? 3000 Euro soll der günstigste Mac Pro auf dem deutschen Markt kosten – auf den ersten Blick jedenfalls ein happiger Preis für einen nackten Rechner ohne Bildschirm oder sonstige Peripherie. Doch was kosten die Komponenten im Einzelnen? Sucht man sie sich im Online-Handel zusammen, kommt man auf folgende Preise: 3,7 GHz Quad-Core Intel Xeon E5 – rund 493 Euro 12 Gigabyte DDR3-ECC-Speicher mit 1866 MHz Taktung – rund 131 Euro Zwei Workstation-Grafikkarten AMD FirePro D300 – die Grafikkarte gibt es unter dieser Bezeichnung nicht im Handel, es handelt sich um die FirePro V7900 – rund 1445 Euro 256 Gigabyte an PCIe angebundener Flashspeicher – rund 400 Euro Rund 2870 Euro im Komponenten-Einzelkauf Das alleine ergibt schon einen Preis von 2469 Euro – Mainboard, Gehäuse und weiteres Zubehör wie Lüfter noch nicht eingerechnet. Tastatur und Maus liegen bei dem Mac Pro nicht bei und müssen extra gekauft werden. Ein geeignetes Mainboard schlägt noch einmal mit mehr als 300 Euro zu buche, Gehäuse und Lüfter gibt es in fast jeder Preiskategorie – solide verarbeitet kostet es aber auch noch einmal über 100 Euro. Macht insgesamt rund 2870 Euro. Unterm Strich kommt also, wer die Mac-Pro-Workstation durch Einzelkomponenten zusammenstellen möchte, nicht deutlich günstiger weg – und außerdem fehlen dann noch Betriebssystem und weitere Software. Beim Mac Pro kommen immerhin das Betriebssystem OS X Mavericks, iLife und iWork gratis mit dazu. Nicht zu vergessen, dass der Mac Pro besonders leise ist und auch optisch was hermacht. Wie „Profi“ ist der Mac Pro? Die Spendenbüchse muss dennoch niemand für Apple herumgehen lassen – das Unternehmen wird gut am Mac Pro verdienen. Erstens sichert sich Apple durch Skaleneffekte günstige Einkaufspreise, zweitens verdient das Unternehmen, indem es für Upgrades von SSD oder Arbeitsspeicher deutlich mehr verlangt als die Komponenten im Einkauf kosten. Preistreiberei kann Apple bei der Workstation aber nicht vorgeworfen werden. Eine andere Frage ist für den Markterfolg des Geräts aber vermutlich noch wichtiger: Wie „Profi“ ist der Mac Pro? Viele der beworbenen Eigenschaften des Mac Pros – leise, stromsparend, optisch unbestritten schick – fallen für Profis meist wenig ins Gewicht. Stattdessen geht es ihnen um Leistung und Erweiterbarkeit. Das Thunderbolt-Problem Leistung liefert der Mac Pro – doch beim Thema Erweiterbarkeit könnte er es schwer haben, einige Profi-Käufer zu überzeugen. Das Innenleben des Macs lässt sich nur beim Arbeitsspeicher und bei der SSD aufrüsten – selbst eine Festplatte muss extern angeschlossen werden. Die von Apple dafür bevorzugte Methode ist ein Anschluss über die besonders schnelle externe Schnittstelle Thunderbolt beziehungsweise Thunderbolt 2. Allein: Zubehör für die Schnittstelle ist noch immer Mangelware, die Kabel sind teuer und ganze Hardware-Kategorien wie Profi-Soundkarten sind nach wie vor für Thunderbolt nicht verfügbar. Peripherie, die es bislang nur als PCIe-Karten gibt, müssen in einem per Thunderbolt angeschlossenen Gehäuse betrieben werden – und solche, zum Beispiel von Sonnet, kosten zwischen 500 und 780 Euro. Zudem ist fraglich, ob Profis den Kabelsalat schätzen. Dieser Artikel ist zuerst erschienen unter dem Titel " Wie überteuert ist der Mac Pro? (verlinkt auf http://blogs.wsj.de/wsj-tech/2013/10/24/mac-pro-preis/) " beim „ Wall Street Journal Deutschland (verlinkt auf http://www.wsj.de) “.
Stephan Dörner, WSJ.de
3000 Euro – so viel wird die günstigste Version des Mac Pro kosten, den Apple im Dezember in Deutschland auf den Markt bringt. Ist dieser Preis angemessen? Eine Beispielrechnung ist überraschend.
Wall-street-journal
2013-10-24T11:25:43Z
2015-10-15T14:54:15Z
Ist Apples neuer Mac Pro Wucher oder Schnäppchen?
https://www.welt.de//wall-street-journal/article121178084/Ist-Apples-neuer-Mac-Pro-Wucher-oder-Schnaeppchen.html
Stalker-Prozess: Sandra Bullock fürchtete um ihr Leben
Ein Stalker, der 2014 in das Haus von Sandra Bullock eingedrungen war, steht in Los Angeles vor Gericht. Auf einem Mitschnitt ist zu hören, wie die Schauspielerin um ihr Leben fürchtet.
WELT
Ein Stalker, der 2014 in das Haus von Sandra Bullock eingedrungen war, steht in Los Angeles vor Gericht. Auf einem Mitschnitt ist zu hören, wie die Schauspielerin um ihr Leben fürchtet.
2015-04-10T17:05:00Z
2016-12-16T10:59:59Z
Sandra Bullock fürchtete um ihr Leben
https://www.welt.de//videos/video139398725/Sandra-Bullock-fuerchtete-um-ihr-Leben.html
Homestory-Fotos: Varoufakis verärgert die Griechen
Dieses Shooting bereut er längst: Griechenlands Finanzminister Varoufakis hat mit protzigen Fotos Ärger ausgelöst. Während seine Landsleute unter dem Spardiktat ächzen, zeigt er seinen Reichtum.
WELT
Dieses Shooting bereut er längst: Griechenlands Finanzminister Varoufakis hat mit protzigen Fotos Ärger ausgelöst. Während seine Landsleute unter dem Spardiktat ächzen, zeigt er seinen Reichtum.
2015-03-15T12:04:00Z
2016-12-16T13:34:04Z
Varoufakis verärgert die Griechen
https://www.welt.de//videos/video138430508/Varoufakis-veraergert-die-Griechen.html
Konquistadoren: Spanier erinnern an die Brutalität des Azteken-Reiches
Mexikos Präsident hat den König Spaniens und den Papst in Briefen dazu aufgefordert, sich für die spanische Eroberung und Unterwerfung indigener Völker im 16. Jahrhundert zu entschuldigen. Es habe sich um eine Invasion gehandelt, in deren Verlauf die Völker willkürlich unterworfen worden seien, sagte Andrés Manuel López Obrador (verlinkt auf /debatte/kommentare/article181495730/Mexikos-neuer-Praesident-Die-Angst-vor-der-Lust-am-Zuendeln.html) in einer Videobotschaft, die am Montag in den sozialen Netzwerken veröffentlicht wurde. Es dauerte nicht lange, bis die Briefe an König Felipe VI. und an Papst Franziskus in Spanien auf Ablehnung und auch Entrüstung stießen. Die Regierung von Sozialist Pedro Sánchez lehnte eine Entschuldigung schnell und energisch ab. Der Inhalt des Briefs werde „mit aller Bestimmtheit zurückgewiesen“, hieß es in einer Mitteilung des Palacio de la Moncloa. Die Ankunft der Spanier vor fünf Jahrhunderten im heutigen Mexiko könne „aus zeitgenössischer Sicht nicht beurteilt werden“. Weniger diplomatisch äußerten sich Politiker der konservativen Opposition, Journalisten und Zeitungsleser. Der Spitzenkandidat der liberalen Ciudadanos bei der Parlamentswahl vom 28. April, Albert Rivera, bezeichnete López Obrador als „Linkspopulisten“, „der die Geschichte fälscht und die Konfrontation sucht“. Seine Forderung sei eine „unerträgliche Beleidigung“ aller Spanier. Rafael Hernando, einer der wichtigsten Vertreter der Volkspartei (PP), schrieb unterdessen auf Twitter: „Man muss diesen Herrn (López Obrador) daran erinnern, dass wir Spanier dorthin gegangen sind und der Macht jener Stämme ein Ende gesetzt haben, die ihre Nachbarn grausam ermordet haben.“ In den morgendlichen TV-Talk-Sendungen empörten sich auch viele Journalisten. „Mexiko soll sich erstmal für den Mord an Kaiser Maximilian I. entschuldigen“, forderte einer der Anwesenden. Der österreichische Habsburger, der auf Betreiben Napoleons III. im damaligen französischen Protektorat Mexiko installiert worden war, war nach dem Rückzug der Franzosen im Juni 1867 auf dem „Campo de las Campañas“ (verlinkt auf /geschichte/article146698236/So-starb-der-Oesterreicher-der-Mexikos-Kaiser-war.html) von Querétaro erschossen worden. Auf der Homepage der Zeitung „El País“ hatte der Bericht über die Forderung Mexikos bis Dienstagmittag bereits knapp 5000 Leser zu Kommentaren veranlasst. Die meisten beschimpften den mexikanischen Präsidenten. López Obrador solle sich lieber um Korruption, Drogenhandel und die Mordwelle in seinem Land kümmern, so der Tenor. In Mexiko wurden die Äußerungen wiederum als rassistisch bezeichnet. Eine Reihe von Autoren, Historikern und Intellektuellen stellten sich in einem Bericht der Zeitung „La Jornada“ hinter die Forderung López Obradors. Die indigenen Völker verdienten eine Entschuldigung aller, die sie jemals unterdrückt haben, hieß es. Die spanischen Konquistadoren gingen im Gebiet des heutigen Mexikos während ihrer Eroberung und der Kolonialisierung mit großer Brutalität gegen die Einheimischen vor. Ihren Waffen aus Eisen, Gewehren, Kanonen, Pferden und Kampfhunden hatten die vorkolumbischen Kulturen wenig entgegenzusetzten. Zahllose Indigene starben bei der Zwangsarbeit in Bergwerken und auf Plantagen. Ihre Tempel wurden zerstört oder mit dem Segen des Vatikans zu Kirchen umgewandelt. Eingeschleppte Krankheiten wie Pocken und Masern führten zu einem Massensterben. Allerdings fiel das Reich der Azteken, das bei der Ankunft der Spanier weite Teile Mittelamerikas beherrschte, nicht allein den Invasoren zum Opfer. Die regelmäßigen Feldzüge der Azteken dienten sowohl der Eintreibung von Tributen als auch von zahlreichen Gefangenen. Die wurden zu Zehntausenden in blutigen Zeremonien den Göttern geopfert. Der Eroberungszug von Hernán Cortés (verlinkt auf /geschichte/article170390698/Spanier-dringen-in-Aztekenhauptstadt-ein.html) war denn zugleich auch ein Aufstand der unterdrückten Völker, die sich zu Zehntausenden den Spaniern im Kampf gegen die Azteken anschlossen. Vatikan-Sprecher Alessandro Gisotti erklärte auf Anfrage, es gebe gegenwärtig nichts mitzuteilen. Er verwies aber auf vergangene Aussagen des Papstes. So hatte Franziskus während seiner Bolivienreise im Jahr 2015 bei den indigenen Völkern Amerikas für die während der Kolonialzeit im Namen der Kirche begangenen Verbrechen um Vergebung gebeten und damals auch an Worte der Entschuldigung von Papst Johannes Paul II. erinnert. Franziskus bat damals explizit um Vergebung „für die Verbrechen gegen die Urbevölkerungen während der sogenannten Eroberung Amerikas“. López Obrador sagte, die spanische Eroberung sei mit Schwert und Kreuz erfolgt. Er habe die Briefe geschickt, damit die Missstände beachtet würden und die betroffenen Völker eine Entschuldigung für die Verletzung der Menschenrechte erhielten. Er hoffe, dass 2021 ein Jahr der „historischen Aussöhnung“ werde. Dass er mit der Forderung auf Konfrontationskurs gehe, wies López Obrador zurück. Er schlug die Gründung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe für eine historische Aufarbeitung vor. 2021 jähren sich gleich drei für die Geschichte Mexikos wichtige Ereignisse. 1521 eroberten die Spanier und ihre Verbündeten endgültig die Aztekenhauptstadt Tenochtitlán (verlinkt auf /geschichte/article162091979/Der-letzte-Aztekenkoenig-wird-hingerichtet.html) und veranstalteten ein blutiges Massaker. Die Stadt soll der Überlieferung nach 1321 gegründet worden sein. 1821 erlangte Mexiko die Unabhängigkeit. Dies sei die Zeit, sich zu versöhnen, sagte der Präsident. „Aber zuerst bitten wir um eine Entschuldigung.“ Er werde sich ebenfalls für Verbrechen an indigenen Völkern und anderen Minderheiten nach der Unabhängigkeit Mexikos von Spanien entschuldigen. Die Regierung in Madrid bedauerte unter anderem auch, dass der Inhalt des Briefs von López Obrador öffentlich gemacht worden sei. Das Schreiben war nach Angaben aus Madrid bereits am 1. März bei der spanischen Regierung eingegangen. Sie finden „Weltgeschichte“ auch auf Facebook. Wir freuen uns über ein Like. (verlinkt auf https://www.facebook.com/weltgeschichte/)
Florian Stark
Mexikos Forderung, Spanien und der Vatikan sollten sich für die Eroberung vor 500 Jahren entschuldigen, wird in Madrid brüsk zurückgewiesen. Dort verweist man auf die Brutalität des Azteken-Regimes.
Geschichte
2019-03-27T12:15:37Z
2019-03-27T13:35:29Z
Spanier erinnern an die „grausamen Morde“ der Azteken
https://www.welt.de//geschichte/article190924791/Konquistadoren-Spanier-erinnern-an-die-Brutalitaet-des-Azteken-Reiches.html
Neymar: Vertragsaus - Bei Nike verpasste er regelmäßig große Boni
Es war eine Wette auf die Zukunft. 13 Jahre alt war Neymar, als Nike ihm vor 15 Jahren einen persönlichen Ausrüstervertrag anbot. Ein Deal, der sich lange Zeit für beide Seiten gelohnt haben dürfte. Wenngleich für den Sportartikelhersteller noch ein wenig mehr. Die ganz großen Zahltage für den Spieler blieben jedenfalls aus. Der Brasilianer entwickelte sich zu einem der besten Fußballer seiner Zeit, in jedem Fall aber zum teuersten. 2017 wechselte er für die Rekordsumme von 222 Millionen Euro vom FC Barcelona zu Paris Saint-Germain. Nun, zwei Jahre vor Ablauf der aktuellen Vertragsfrist, ist die Zusammenarbeit allerdings beendet. „Ich kann bestätigen, dass Neymar nicht länger ein Nike-Sportler ist“, bestätigte Josh Benedek, Sprecher des amerikanischen Sportartikelherstellers. Laut brasilianischer Medienberichte konnten sich beide Seiten trotz monatelanger Verhandlungen nicht auf einen neuen Kontrakt einigen. Die finanziellen Vorstellungen sollen zu weit auseinandergelegen haben. Die Prämien und Boni für Neymar Wie das brasilianische Portal „UOL Esporte“ berichtete, beinhaltete Neymars Vertrag eine detaillierte Staffelung der Prämien. Demnach hatte und hätte er als Spieler des FC Barcelona, von Real Madrid, des FC Chelsea, FC Bayern, AC Mailand, Inter Mailand, Manchester United oder FC Arsenal 810.000 Euro pro Saison erhalten. Bei PSG waren es aufgrund der geringeren Strahlkraft der Ligue 1 hingegen nur 200.000 Euro. Eine Summe, die sich verdoppelt hätte, wenn der Klub innerhalb von fünf Jahren dreimal das Viertelfinale der Champions League erreicht hätte. 2018 und 2019 war der Klub jedoch bereits im Achtelfinale ausgeschieden. Die lukrativsten Variablen waren aber ohnehin nicht an Mannschaftserfolge gekoppelt. Richtig Kasse hätte Neymar durch individuelle Auszeichnungen kassiert. So wäre Nike der WM-Titel mit Brasilien nur 40.000 Euro wert gewesen, die Auszeichnung des besten Turniertorschützen bei gleichzeitigem Titelgewinn aber 160.000 Euro. Den größten Boni aber hätte die Wahl zum besten Spieler der Welt bedeutet. Für einen Ballon d‘Or wären 810.000 Euro geflossen. Beim zweiten wären es gar 1,6 Millionen Euro gewesen. 3,3 Millionen Euro wäre Nike der vierte Titel wert gewesen. Alles Theorie. Tatsächlich reichte es nur zu zwei dritten Plätzen 2015 und 2017. Und eine WM gewann er mit der Selecao bislang auch nicht. Zeit für neue Vertragsklauseln – und einen neuen Ausrüster. Angeblich steht der 28-Jährige, der mit PSG vor einer Woche das Champions-League-Finale mit 0:1 gegen den FC Bayern München verlor, vor einer Zusammenarbeit mit Puma. Das Unternehmen wollte sich zu den Meldungen bislang nicht äußern.
WELT
Neymar ist einer der bestbezahlten Fußballer der Welt. Sein Vertrag mit Nike beinhaltete Prämien in Millionenhöhe. Ausgeschüttet wurden sie aber nie. Nach 15 Jahren trennen sich Sportler und Ausrüster. Der Nachfolger soll schon feststehen.
Sport
Fußball
2020-08-30T11:22:41Z
2020-08-30T11:22:41Z
Bei Nike verpasste Neymar regelmäßig die großen Boni
https://www.welt.de//sport/fussball/article214636332/Neymar-Vertragsaus-Bei-Nike-verpasste-er-regelmaessig-grosse-Boni.html
Berlin: Tödliche Messerattacke – Lebensgefährtin aus Eifersucht erstochen?
Mit einem Messer soll er seine Frau attackiert haben, nun soll nach Medienberichten das Motiv für die tödliche Tat in Berlin (verlinkt auf /regionales/berlin/) -Wedding feststehen. Eifersucht soll der Hintergrund für die Messerattacke auf eine 32-Jährige gewesen sein. Die Frau habe sich von ihrem Partner nach elf Jahren Ehe scheiden lassen wollen, schreibt die „B.Z.“ (verlinkt auf https://www.bz-berlin.de/tatort/rocker-39-erstach-seine-frau-vor-den-augen-der-kinder) . Gegen den 39-Jährigen ist am Freitag Haftbefehl wegen Mordes erlassen worden. Er befindet sich in Untersuchungshaft. Details zu den Ermittlungen nannte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Samstag nicht. Unklar war zunächst auch, ob sich der Beschuldigte zu der Tat geäußert hat. Der Mann war am Donnerstagabend in einer Wohnung in der Fehmarner Straße festgenommen worden. Anwohner hatten nach Polizeiangaben gegen 20.30 Uhr die Beamten alarmiert. In der Wohnung wurde die 32-Jährige leblos mit Stichwunden gefunden. Versuche, die Frau wiederzubeleben, blieben erfolglos. Nach dem „B.Z.“-Bericht soll der vorbestrafte Ex-Rocker seine Frau bereits wenige Stunden vor der Tat angegriffen haben, sodass die Polizei verständigt wurde. Auch in den Wochen zuvor soll es Einsätze wegen häuslicher Gewalt gegeben haben. Das Paar hat dem Bericht zufolge vier gemeinsame Kinder im Alter von zwei bis elf Jahren, die in die Obhut des Jugendamtes kamen.
WELT
Eifersucht soll das Motiv für die tödliche Messerattacke im Berliner Stadtteil Wedding gewesen sein. Laut eines Medienberichts habe sich die Frau von ihrem Partner scheiden lassen wollen. Dieser sitzt nun in Untersuchungshaft.
Vermischtes
2018-04-21T13:04:59Z
2018-04-21T16:52:24Z
Tödliche Messerattacke – Lebensgefährtin aus Eifersucht erstochen?
https://www.welt.de//vermischtes/article175680144/Berlin-Toedliche-Messerattacke-Lebensgefaehrtin-aus-Eifersucht-erstochen.html
Schweres Erdbeben vor Indonesien
Nach einem massiven Seebeben hat Indonesien (verlinkt auf /wissenschaft/article150483265/Der-Vulkan-der-in-Europa-Tausende-verhungern-liess.html) eine Tsunamiwarnung ausgesprochen. Ob es zur Indonesiens Behörden haben eine Tsunami-Warnung ausgerufen. Die Regionen Westsumatra, Nordsumatra und die Provinz Aceh wurden in Alarmbereitschaft versetzt. Knapp 800 Kilometer vor der Westküste der indonesischen Insel Sumatra bäumte sich um kurz vor 20 Uhr Ortszeit unter dem Ozean die Erde auf. Ein massives Seebeben der Stärke 7,9 erschütterte den Meeresboden, dort, wo das Wasser nur knapp zehn Meter tief ist. Es war schon stockdunkel, als die Schockwellen sich ausbreiteten. Bis nach Singapur waren die Stöße zu spüren. Die Tsunamiwarnung löste in den Dörfern an der Küste eine Panik aus: Männer, Frauen und Kinder rannten überstürzt durch die Dunkelheit zu höhergelegenen Plätzen. Ein Déja-vu: Hier im Indischen Ozean vor Sumatra (verlinkt auf /wissenschaft/article150483265.ece) , etwas weiter nördlich und näher am Ufer, lag auch das Epizentrum des schweren Seebebens, das am am Zweiten Weihnachtstag 2004 mit einer Stärke von 9,1 den verheerendsten Tsunami ausgelöst hatte, an den sich die Region erinnern kann. Todeswellen von bis zu 17,5 Metern Höhe, die von Indien bis Somalia fast eine Viertelmillion Menschen in den Tod rissen und in wenigen Sekunden ganze Dörfer ausgelöscht haben. Indonesien und besonders Aceh waren damals am schlimmsten getroffen. Sumatra liegt auf dem Feuerring Sumatra liegt wie die meisten Inseln des indonesischen Archipels auf dem pazifischen „Feuerring“. Die gesamte Region ist äußerst anfällig für Erdbeben und Vulkanausbrüche (verlinkt auf /wissenschaft/article152544000.ece) . Und entsprechend sorgfältig wird jede seismische Bewegung von den Erdbebenwarmsystemen überwacht. Noch ist nicht bekannt, ob es Verwüstungen oder Opfer gab. "Bis jetzt haben wir noch keine Berichte über Zerstörungen erhalten”, so Andi Eka Sakya von der National Meteorological Agency. Doch das will nichts heißen: wenn in abgelegenen Regionen eine Flutwelle oder eine ähnliche Katastrophe zuschlägt, dann bricht die Infrastruktur als erstes zusammen – und entsprechend unmöglich werden Notrufe oder Informationsfluß. So berichtete eine Nachrichtenagentur bereits über Todesopfer. Die genaue Zahl sei aber noch unklar, teilten die Rettungskräfte am Mittwoch mit. Die Such- und Rettungsarbeiten würden durch die Dunkelheit behindert. Der deutsche Seismologe Horst Letz ist allerdings zuversichtlich, dass es diesmal glimpflich ausging. Er hat das mit deutscher Spendenhilfe finanzierte Tsunami-Frühwarnzentrum in Indonesiens Haupstadt Jakarta mit aufgebaut und bis 2013 die Wissenschaftler vor Ort beraten. “Das Beben heute war ein sogenanntes intraplate-Erdbeben innerhalb der indischen Ozeanplatte”, erklärt der Experte im Gespräch mit der Welt. “Eine solche Blattverschiebung verläuft horizontal, sie löst wahrscheinlich keinen massiven Tsunami aus”. Behörden per SMS informiert Trotzdem, die Warnung ist berechtigt: “Man darf das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Es muss auf jeden Fall heißen: Leute, weg vom Strand!”, so Letz. Aber da das Beben fast 800 Kilometer von der Küste entfernt war, hat man am Ufer Zeit genug. Das Datenmaterial wird in kürzester Zeit mit Tausenden vom Computer vorausberechneten Szenarien verglichen. Damit sollen Risiken und Schadensberechnungen innerhalb von Minuten vorliegen. Dann gehen die Warnungen raus. Lokale Behörden in den betroffenen Dörfern werden umgehend informiert - per Telefon, Funk und sogar SMS. Die Nachricht geht außerdem an die Radio- und Fernsehstationen. Wenn alles nach Plan geht, soll die Warnung dann blitzschnell über Lautsprecher und Sirenen, sogar über die Minarette der Moscheen verbreitet werden, damit die Menschen rechtzeitig um ihr Leben rennen können. Überall in Indonesien wurde Vorsorge getroffen, damit sich das Unglück von 2004 nicht wiederholt. In Aceh, wo damals 159.000 Menschen starben, bauten die Behörden hohe Fluchttürme. Die Region ist seit der letzten Katastrophe immerhin bestens vorbereitet. Ob es wirklich gereicht hat, wird man erst am Donnerstagmorgen bei Tageslicht erfahren können.
Sophie Mühlmann
Vor der Küste Indonesiens hat sich ein starkes Erdbeben ereignet. Das Zentrum lag vor Sumatra in zehn Kilometern Tiefe. Ob es zur Katastrophe kam, wird sich erst bei Tageslicht zeigen.
Vermischtes
2016-03-02T13:28:27Z
2016-03-02T15:54:56Z
Schweres Erdbeben vor der Küste Indonesiens
https://www.welt.de//vermischtes/article152846348/Schweres-Erdbeben-vor-der-Kueste-Indonesiens.html
Golf: Masters-Sieger profitiert von historischer Pleite von Jordan Spieth
Vor zwölf Monaten war Jordan Spieth bei den US Masters ein überragender Sieger. Am Sonntag aber hat sich der Amerikaner eingereiht in jene Gruppe Spieler, die auf dem Platz des Augusta National Golf Club die größten Niederlagen erlebt haben. Vor 20 Jahren vergab der Australier Greg Norman am Finaltag die größte Führung in der Geschichte des US Masters: Gestartet mit sechs Schlägen Vorsprung unterlag er am Ende dem Briten Nick Faldo, der eine 67er Runde spielte. Die entscheidende Runde des Masters 2016 wirkte fast wie eine Doublette: Jordan Spieth vergab ab dem zehnten Loch die größte Führung in der Geschichte des Turniers nach neun Löchern, insgesamt fünf Schläge. Danny Willett holte sich den Sieg mit einer 67er Runde. Auch er ist ein Brite. Aber so sind Augusta und vor allem Amen Corner, jenes tückische Eckchen des Platzes, welches sich zwischen dem elften Grün und dem 13. Abschlag erstreckt. „Das ist da eine feine Linie zwischen Erfolg und Desaster“, gab Lee Westwood zu bedenken, der im Verlauf der Finalrunde kurzzeitig ebenfalls wie ein möglicher Sieger aussah, nachdem sich in Amen Corner wie so oft in der 80jährigen Geschichte dieses Turniers die Ereignisse überschlugen. Spieth gibt Nachlässigkeit zu Jordan Spieth, der vom ersten Tag des Turniers an geführt hatte, ließ seinen Eisenschlag am zwölften Loch, einem Par 3, zu kurz geraten, der Ball kullerte ins Wasser. Eine Runde, die bis dahin gewirkt hatte wie ein Spaziergang in einem Park, nahm eine jähe Wendung. Nur 32 Schläge hatte der Texaner für die ersten neun Löcher benötigt, vier Birdies auf den Bahnen sechs bis neun gespielt. „Na ja und dann denkt man natürlich, dass es eigentlich reicht, wenn man die restlichen Löcher in Par spielt. Man schwingt dann ein wenig konservativ und dann trifft man die Bälle eben schlecht“, gab Spieth im Anschluss der fatalen Runde zu. Als er am zwölften Loch ankam, hatten ihn zwei Bogeys auf den Löchern zehn und elf bereits verunsichert. Nach dem Abschlag ins Wasser, traf er beim nächsten Schlag zuerst den Boden, dann den Ball, der erneut ins Wasser plumpste. Als Spieth fünf Minuten später das Grün verließ, hatte er ein sogenanntes Quadruple-Bogey gespielt, sieben statt der normalen drei Schläge benötigt. Zum ersten Mal im Verlauf von acht Masters-Runden in Folge seit dem Beginn des Turniers 2015 führte der 22jährige das Feld nicht mehr an. Der Schock war zu groß, um im Verlauf der nächsten sechs Löcher den Verlust wieder gutzumachen. Langer fällt auf den 24. Platz zurück Manche Masters werden gewonnen – dieses aber wurde von Jordan Spieth ebenso wie im Jahr 1996 von Greg Norman verloren. „Ich konnte nichts tun“, resümierte Danny Willett im Anschluss. „Wir haben alle nur versucht, ein wenig Druck auf ihn auszuüben. Wir haben geackert, geackert und geackert.“ Von dem Briten, der bereits im vergangenen Jahr eine erstklassige Saison hingelegt hatte und Zweiter in der europäischen Geldrangliste wurde, hatte man den Sieg nicht wirklich erwartet. Neben Paul Casey, ebenfalls Brite, aber blieb er als Einziger im Verlauf der Runde weitgehend fehlerlos, leistete sich kein Bogey. Rory McIlroy und der Weltranglistenerste Jason Day dagegen agierten ähnlich erfolglos wie Bernhard Langer, (verlinkt auf /sport/article154023733/So-erinnert-sich-Bernhard-Langer-an-Augusta.html) der mit einer Runde von 79 Schlägen vom dritten auf den 24. Rang abrutschte. Danny Willett kann dieser Sieg nur beflügeln. Innerhalb von 18 Monaten ist er von Platz 102 auf Rang 9 der Weltrangliste hochgeschossen. Der 28jährige war sich vor zwei Wochen noch gar nicht sicher, ob er überhaupt zum US Masters fahren würde. Der Geburtstermin seines ersten Sohnes war für den Finalsonntag, gleichzeitig Geburtstag seiner Frau Nicole, berechnet worden. Das Baby kam zu früh, wurde am 30. März geboren. „Das ist alles surreal. Völlig verrückt“, meinte der junge Vater. In der Weltrangliste wird er nun auf Platz 12 geführt. Die viel interessantere Frage ist, wie Jordan Spieth mit diesem Desaster umgehen wird. „Das war für mich bis heute der wichtigste Tag meiner Karriere“, sagte Rory McIlroy, nachdem er 2011 mit einer Führung von vier Schlägen in den Schlusstag des US Masters gestartet war und den scheinbar sicheren Sieg ab dem zehnten Loch verspielte. Der Nordire antwortete auf die Katastrophenrunde mit einem Sieg beim nächsten Major-Turnier 2011, den US Open (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/us-open/) . „Wir sind uns sicher, dass wir immer noch die Fähigkeit haben, so ein Turnier erfolgreich abzuschließen“, sprach Jordan Spieth mit ausdrucksloser Miene am Sonntag abend für sich und seinen Caddie Michael Greller. „Das waren für mich extrem harte 30 Minuten, die ich im Verlauf meiner Karriere hoffentlich nie wieder erleben muss.“
Petra Himmel
Manche Turniere werden gewonnen, dieses Masters aber wurde von Jordan Spieth verloren. Der Titelverteidiger sah schon wie der sichere Sieger aus, vergab dann aber die größte Führung der Geschichte.
Sport
Golf
2016-04-11T06:55:49Z
2016-04-25T14:56:43Z
Masters-Sieger profitiert von historischer Blamage
https://www.welt.de//sport/golf/article154199762/Masters-Sieger-profitiert-von-historischer-Blamage.html
Bürgerkrieg in Syrien: 300.000 Menschen in Aleppo droht Hungersnot
Regierungstruppen haben die von den Rebellen gehaltenen Stadtviertel in Aleppo komplett eingeschlossen. Es droht eine lange Belagerung. Damit sind auch die Zivilisten von Hilfslieferungen abgeschnitten.
WELT
Regierungstruppen haben die von den Rebellen gehaltenen Stadtviertel in Aleppo komplett eingeschlossen. Es droht eine lange Belagerung. Damit sind auch die Zivilisten von Hilfslieferungen abgeschnitten.
Ausland
2016-07-19T13:15:00Z
2016-12-18T11:57:49Z
300.000 Menschen in Aleppo droht Hungersnot
https://www.welt.de//politik/ausland/video157160484/300-000-Menschen-in-Aleppo-droht-Hungersnot.html
Linkspartei fordert Recht auf Urlaubsreisen
Auf ihrer Joggingstrecke in Berlin-Treptow kommt Katja Kipping stets an einer Insel vorbei. Mitten auf der Spree liegt diese Insel der Jugend, ein grünes Fleckchen mit Café und Tretbooten gegenüber. Beim Joggen bleibt Kipping hier nie stehen. Nun nimmt sie sich Zeit. Die Welt: Sind Sie urlaubsreif, Frau Kipping? Katja Kipping: Nee, ich habe zwei Wochen Sommerurlaub in Frankreich hinter mir und bin sehr entspannt. Die Welt: Wie können Sie abschalten? Kipping: Wenn ich tanze oder lese. Die Welt: Wo tanzen Sie denn? Kipping: Ich tanze Tango mit meinem Mann, wo immer sich Gelegenheiten bieten. Und in einer Gruppe in Dresden tanze ich Modern Jazz Dance. Aber auch beim freien Tanzen in der Disco entspanne ich mich. Die Welt: Da Sie gerade so erholt sind: Ist für Sie eine Urlaubsreise ein Grundrecht, so wie Sie das bedingungslose Einkommen als Grundrecht sehen? Kipping: Es muss ein Recht auf Urlaub geben. Das sage ich nicht nur so dahin, sondern dahinter steckt ein ernstes Problem. Jeder Fünfte in diesem Land leistet sich keine Urlaubsreise. 58 Prozent aller Armen und die Hälfte aller Alleinerziehenden leisten sich keine Urlaube. Für mich gehören die Urlaube meiner Kindheit zu den schönsten Erinnerungen. Deswegen lässt es mich nicht kalt, dass drei Millionen Kinder in diesem Sommer nicht erleben können, was Urlaub heißt. Die Welt: Wie wollen Sie das ändern? Kipping: Alle Menschen mit niedrigen Einkommen, also Sozialleistungs- und Wohngeldberechtigte, sollten Gutscheine erhalten, die sie für Urlaubsreisen einlösen können: entweder in Jugendherbergen, bei der Bahn für Fahrkarten oder im Reisebüro. Das wäre eine denkbare Variante. Ich denke, eine Höhe von 500 Euro ist angemessen. So viel kosten zwei Wochen für einen Erwachsenen im Familienzimmer in einer Jugendherberge mit Vollpension. Die Welt: Das wird teuer – für die Gemeinschaft. Kipping: Man muss da differenzieren. Kindern sollten wir grundsätzlich anbieten, zwei Wochen kostenfrei Urlaub im Ferienlager oder in Ferienfreizeiten zu machen. Solche Angebote nehmen leider immer weniger Kinder wahr. Dabei ist das eine Kultur, die wir am Leben halten sollten. Die Welt: Würden Sie mit Parteifreunden in die Ferien fahren? Kipping: Das habe ich schon öfter gemacht. Ich war mit Parteifreunden vor ein paar Jahren in Frankreich. Entspannt und bei gutem Essen lässt es sich lockerer über Politik diskutieren. Die Welt: Ganz ohne Streit? Kipping: Klar. Wir sind deutlich klüger und mit mindestens einem Pfund mehr auf den Rippen zurückgekehrt. Die Welt: Sie sind Chefin von 64.000 Linken – ist das ein Traumjob? Kipping: Zumindest macht mir die Tätigkeit als Vorsitzende viel Freude. Also, mindestens zu 90 Prozent. Die Welt: Erzählen Sie mal von den restlichen zehn Prozent. Kipping: Es gibt schon auch mal Sitzungen, bei denen wünsche nicht nur ich mir, lieber draußen in der Sonne zu sein. Die Welt: Verraten Sie uns, was Sie an Ihrer Partei stört? Kipping: Die Wählerschaft und die Mitgliederstruktur der Linken sind sehr heterogen. Die Vielfalt unserer Strömungen spiegelt also auch die Vielfalt unseres Wählerpotenzials wider. Diese Vielfalt sollten wir als Reichtum ansehen, nicht als Blockade. Die Welt: Mit anderen Worten: Die Partei hat noch immer einen Ost-West-Konflikt. Kipping: Manche rufen diesen Konflikt aus taktischen Gründen an. Aber in meiner Generation spielt das keine große Rolle mehr. Die Welt: Zumindest im nordrhein-westfälischen Landesverband haben Sie offenkundig ein Antisemitismusproblem. Wie gehen Sie dagegen vor? Kipping: In unserem Programm steht unmissverständlich, dass wir für das Existenzrecht Israels eintreten. Als Friedenspartei kritisieren wir den Terror der Hamas wie die militärische Politik Israels. Und es hat eine klare öffentliche Positionierung von Gregor Gysi, Bernd Riexinger und mir gegeben. Die Welt: Kann man es sich so leicht machen? Kipping: Für Parteistrafen haben wir zu Recht sehr hohe Hürden. Hierbei sehr sensibel zu sein ist eine der Lehren aus der Zeit vor 1989. Es gibt ein bewährtes Mittel in der Demokratie: diskutieren, diskutieren und noch mal diskutieren. Die Welt: Also kann auch ein Linke-Abgeordneter in Brandenburg den Bundespräsidenten einfach so einen „widerlichen Kriegshetzer“ nennen. Kipping: Wir sind keine Partei, in der dauernd von oben Basta-Sprüche kommen. Parteien, in denen Disziplinierungen und Parteistrafen auf der Tagesordnung stehen, wirken doch vielmehr abschreckend. Die Welt: Gibt es in der Linken nach dem mutmaßlichen Abschuss von MH 17 über der Ukraine ein Umdenken – für eine härtere Gangart gegenüber Russland? Kipping: Das hat uns natürlich bestürzt und betroffen gemacht. Zum Konflikt generell: Sowohl Russland als auch die Nato spielen eine unglückliche, weil einseitig egoistische Rolle im Ukraine-Konflikt. Aber der Glaube, dass wir mit einem Handelskrieg die Situation entspannen, ist irrsinnig. Putin als alleinigen Schuldigen darzustellen und das Säbelrasseln fortzusetzen, wird ihn womöglich nur herausfordern, sich noch aggressiver zu verhalten. Aber damit auch klar ist: Mir braucht niemand zu erklären, dass Putins Russland alles andere als ein Musterland der Demokratie ist. Die Welt: Vor allem die Außenpolitik gilt als Hindernis für Rot-Rot-Grün. Grünen-Fraktionschefin Göring-Eckardt ist überzeugt: Bei der Linken gibt es keine Autorität, die auf eine Regierungszusammenarbeit hinwirkt. Warum? Kipping: Da will ich mal was Generelles sagen. Hauptaufgabe der Opposition ist, die Regierung anzugreifen, und nicht, einander zu bekämpfen. Die Aussage von Frau Göring-Eckardt will ich nicht kommentieren. Mir würde auch nichts Freundliches einfallen. Das jetzige Hickhack hilft jedenfalls weder den Grünen noch uns. Die Welt: Was denken Sie über die aktuellen schwarz-grünen Flirts? Kipping: Mit ihrem Flirt wollen sowohl die CDU als auch die Grünen die SPD eifersüchtig machen. Dieser Flirt zeigt bei den Grünen aber auch, dass sie inhaltlich richtungslos sind. Die Welt: Wie realistisch ist Rot-Rot-Grün im Bundestagswahljahr 2017? Kipping: Ein rot-rot-grünes Bündnis ist nicht auszuschließen, aber nicht die realistischste aller Möglichkeiten. Die Welt: Warum so pessimistisch? Kipping: Bei der Frage der Umverteilung von Reich zu Arm und von privat zu öffentlich gibt es bei SPD und Grünen nicht die erhoffte Bereitschaft zu handeln. Wir hatten bisher gedacht, auch die zwei Parteien wollen da etwas verändern. Im Wahlkampf 2013 sind SPD und Grüne noch als die großen Umverteiler aufgetreten. Jetzt wollen sie davon nichts mehr wissen. Die SPD ist eine Gerechtigkeitssimulantin. Die Welt: Vielleicht liegt es ja auch an Ihnen. Die Linke tickt im Osten anders als im Westen. Da kann man sich als potenzieller Partner schon fragen: Mit wem haben wir es eigentlich zu tun? Kipping: Na ja, dass Parteien unterschiedliche Flügel haben, sollte gerade die Grünen nicht abschrecken. Da will der Parteichef Schwarz-Grün, die Parteichefin Rot-Rot-Grün. Aber man kann schon sagen: Auch in meiner Partei ist die Abenteuerlust unterschiedlich stark ausgeprägt, es mit Rot-Rot-Grün im Bund zu versuchen. Die Welt: In Thüringen könnte demnächst ein Linke-Politiker Geschichte schreiben und erster Regierungschef Ihrer Partei werden. Wie schätzen Sie Bodo Ramelows Chancen ein? Kipping: Seine Chancen sind sehr gut. Die CDU in Thüringen versinkt seit Monaten in immer neuen Krisen, gegen Ministerinnen und Staatssekretäre wird ermittelt. Das sind quasi Wahlkampfhelfer für uns. Hinzu kommt, dass Bodo Ramelow hervorragend als Ministerpräsident geeignet ist. Er kann ganz präsidial als Landesvater auftreten und ist zugleich richtig kämpferisch. Die Welt: SPD-Chef Gabriel empfiehlt den Genossen in Thüringen ein Basisvotum nach der Wahl. Wie geht das aus? Kipping: Nach allem, was ich gehört habe, ist die thüringische SPD noch nicht ganz einig. Aber sie müsste doch das machtpolitische Interesse haben, der CDU zu signalisieren, dass sie noch andere Koalitionsoptionen hat als Schwarz-Rot. Die SPD ist nicht gut beraten, sich weiterhin an eine derart desolate CDU zu binden. Deswegen bin ich sehr optimistisch, dass Linke, SPD und Grüne in Thüringen ein Regierungsbündnis eingehen können. Ich wette darauf, dass Bodo Ramelow Ministerpräsident wird. Die Welt: Ihr Einsatz? Kipping: Wenn ich die Wette verliere, woran ich nicht glaube, fahre ich Sie im Tretboot um diese Insel.
Claudia Kade, Karsten Kammholz
Linke-Parteichefin Katja Kipping will 500-Euro-Gutscheine für alle Sozialleistungsempfänger: „Es muss ein Recht auf Urlaub geben.“ Kinder sollen außerdem kostenlos ins Ferienlager fahren können.
Politik
Deutschland
2014-08-09T23:09:31Z
2015-09-21T14:58:09Z
Linkspartei fordert Recht auf Urlaubsreisen
https://www.welt.de//politik/deutschland/article131061222/Linkspartei-fordert-Recht-auf-Urlaubsreisen.html
Makaberer Totenkult: Frau mumifiziert toten Sohn mit Wodka
Wie weit kann Mutterliebe gehen? Die Geschichte von der Georgierin Tsiuri Kvaratskhelia und ihrem Sohn Joni Bakaradze zeigt: weit, vielleicht zu weit. Die Familiengeschichte, die derzeit ihren Weg durch die (verlinkt auf http://www.huffingtonpost.com/2013/09/09/joni-bakaradze-mummy_n_3893398.html?ir=Weird+News) Onlinemedien (verlinkt auf http://www.mirror.co.uk/news/weird-news/mother-keeps-mummified-son-18-2260582) macht, lautet so: Nachdem Joni mit 22 Jahren gestorben war, entschied sich seine Familie gegen eine Beerdigung. Stattdessen bahrt seine Mutter dessen toten Körper wie eine Mumie auf. Die steht nun schon seit 18 Jahren in einem Sarg im Keller ihres Hauses. Der Sarg ist aus Holz und hat eine Art Sichtfenster am Kopfende. In einem Interview mit „Georgia News“ (verlinkt auf http://www.geotimes.ge/) begründete sie ihre Entscheidung für die doch recht außergewöhnliche Vorgehensweise damit, dass ihr Enkel erleben soll, „was für einen Vater er hatte“. Kvaratskhelia sagte weiter, dass sie zunächst traditionelle Methoden ausprobiert habe, um den Körper von Joni Bakaradze zu mumifizieren, einschließlich der Verwendung von Balsam. Das jedoch habe nur mäßig gut funktioniert. Doch dann: „Ich hatte eines Nachts einen Traum“, so die Mutter weiter. Zum Geburtstag immer neue Kleidung „Jemand sagte mir, ich solle aufwachen und anfangen, seinen Körper mit Wodka zu pflegen.“ Seitdem machte sie täglich in Wodka getränkte Umschläge. Und es funktionierte. Nachts dürfe die Leiche nicht ohne derartige Packungen auf der Haut verlassen werden, da diese sonst „schwarz wie Kohle“ werden würde, hieß es weiter. Dank der konstanten Liebe, Aufmerksamkeit und Fürsorge von Tsiuri Kvaratskhelia, so schreibt das Blatt, sei der Körper ihres toten Sohnes Joni nahezu perfekt mumifiziert. Bis vor vier Jahren habe sie ihm zudem immer an seinem Geburtstag neue Kleidung angezogen. Doch dann ließ ihre Gesundheit nach, ihr fehlte die Kraft dazu. Auch die tägliche Pflege könne sie seit einiger Zeit nicht mehr leisten. Deshalb zerfällt der tote Körper nun wohl doch nach und nach. Warum der Sohn starb, ist unbekannt. Doch seine Mutter sagt: „Er war ein guter Mann, ein guter Ehegatte, ... gut aussehend ... nicht so, wie jetzt.“
Caroline Stern
Wie weit kann Mutterliebe gehen? In Georgien kümmert sich eine Frau um ihren Sohn – doch der ist bereits seit 18 Jahren tot. Sein Sarg steht im Keller, den Leichnam hat sie konserviert.
Vermischtes
Kurioses
2013-09-11T09:33:29Z
2015-09-21T09:48:32Z
Frau mumifiziert toten Sohn mit Wodka
https://www.welt.de//vermischtes/kurioses/article119911420/Frau-mumifiziert-toten-Sohn-mit-Wodka.html
Schienenverkehr: Hören wir auf mit dem Bashing der Deutschen Bahn!
Wir Deutschen lieben es, uns zu hassen. Keiner hat sich galliger mit VW auseinandergesetzt, niemand ist ungnädiger mit der Deutschen Bank, und die Deutsche Bahn ist ebenso konstantem Hass ausgesetzt. Die Deutsche Bahn ist besser als ihr Ruf. Wer in einem blitzsauberen ICE pünktlich durchs Land reist, in einem Bordrestaurant Chili con Carne isst und dabei mit funktionierendem WLAN seine Büroarbeit erledigt, kann nicht anders als sich zu freuen über diese zeitgenössische Art zu reisen. Auch die zur Bahn gehörenden S-Bahnen liefern einen nicht zu unterschätzenden Faktor zur Stabilisierung urbaner Mobilitätsmixe. Die Deutsche Bahn (verlinkt auf /themen/deutsche-bahn/) hat sich in den vergangenen Jahren verändert, zum Besseren. Wohl auch weil es endlich Konkurrenz gab, nicht nur von anderen Schienenangeboten, sondern seit kurzem auch von Fernbussen, die mit ihren Dumping-Angeboten die Klientel der Bahn schmerzhaft anknabbern. Dieser Wettbewerb ist wie jeder Wettbewerb am Ende für den Kunden hilfreich. Er hat die Wahl. Die neue Bahn-App hilft beim Buchen. Die Preise bewegen sich, und die Service-Anstrengungen nehmen zu. Natürlich gibt es weiterhin Bizarrerien aus dem Erbe des Staatswirtschaftlichen. Eine holzige Unbeholfenheit im Sprachlichen wie Körpersprachlichen. Aber der Herr Schaffner und die Frau Serviererin lernen, dass sie nicht mehr nur die Würde des öffentlichen Dienstes verkörpern, sondern ein Äquivalent zu Starbucks und Easy-Jet-Mitarbeitern. Mehr Güter gehören auf die Schiene Die ökologischen Folgen von zu viel falscher Mobilität sind hinlänglich bekannt, schlimmer erscheint einigen noch der volkswirtschaftliche Schaden, und am existenziellsten der Verlust von kostbarer Lebenszeit in Staus und die Lähmung durch sich verfeindet gegenüberstehende Verkehrsteilnehmer. Die Bahn in Deutschland müsste gestärkt werden. Mehr Güter gehören auf die Bahn. Es ist eine Katastrophe für den Standort, dass man weder vom Münchner Flughafen in die Innenstadt noch zwischen Hamburg und Berlin einen Transrapid gebaut hat, um wie in Japan und – eingeschränkt – in Frankreich die Bahn auch für längere Strecken zum verführerischen Angebot zu machen. Reisen mit der Bahn, das ist eine in der Regel entspannte und entspannende Angelegenheit. Sie schafft Lebensqualität. Ein Gutes hat die Kritik (verlinkt auf /wirtschaft/article158869371/So-schlimm-ist-Bahnfahren-in-Deutschland-wirklich.html) : Sie fordert das Unternehmen, vom CEO bis zur einfachen Mitarbeitern, konstant heraus, besser zu werden. Und jeder der Kritikpunkte ist einer zuviel. Die Akribie, mit der sich so viele in diesen Ärger einwühlen, zeigt: Die Bahn berührt eine Glutkern der Deutschen. Damit kann man arbeiten.
Ulf Poschardt
Die Kritik am Unternehmen ist hierzulande ein beliebtes Ritual. Dabei hat sich die Bahn in den vergangenen Jahren stetig zum Besseren verändert. Wenn alles läuft, ist diese Art zu reisen eine Freude.
Debatte
Kommentare
2016-10-19T11:26:11Z
2016-10-19T20:04:01Z
Hören wir auf mit dem Bashing der Deutschen Bahn!
https://www.welt.de//debatte/kommentare/article158879515/Hoeren-wir-auf-mit-dem-Bashing-der-Deutschen-Bahn.html
Drei Elfmetertore: Dortmund bejubelt seinen dreckigen Sieg in Mainz
Wenn Borussia Dortmund spielt, ist das meist Glamour und großes Kino. Dass die Elf von Trainer Jürgen Klopp auch dreckig siegen kann, bewies sie beim 3:1 (0:0) in Mainz. Eigentlich waren die Gastgeber das bessere Team. Doch zwei Elfmeter und ein genialer Freistoß langten den Borussen diesmal für einen wichtigen Sieg. Die Dortmunder hatten es zuletzt nicht leicht. Erst das 0:3 gegen den FC Bayern (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/fc-bayern-muenchen/) , das wie ein Unentschieden aussah und wie eine Blamage klang. Dann das erste „alles oder nichts“-Spiel in der Champions League (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/champions-league/) , in dem der BVB (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/borussia-dortmund/) gegen den SSC Neapel (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/ssc-neapel/) ums Überleben kämpfte und das bravourös tat – das 3:1 gegen die Italiener (verlinkt auf /sport/fussball/bundesliga/borussia-dortmund/article122299217/BVB-sichert-sich-alle-Chancen-auf-das-Achtelfinale.html) war Balsam auf die geschundene schwarz-gelbe Seele. Denn über allem schwebt ja das Verletzungspech der Borussen: Nahezu die komplette Abwehrkette zerlegte sich in den vergangenen Wochen. Auch in Mainz waren Mats Hummels (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/mats-hummels/) (Bänderriss), Neven Subotic (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/neven-subotic/) (Kreuzbandriss) und Marcel Schmelzer (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/marcel-schmelzer/) (Muskelfaserriss) natürlich nicht dabei. Dafür kehrte ein Mann in die Startformation zurück, der in der vergangenen Woche überraschend sein Saisondebüt gegeben hatte: Lukasz Piszczek. Der Pole war im Sommer an Hüfte und Leiste operiert worden und fünf Monate ausgefallen. Nun war er wieder da – gerade zur rechten Zeit. Er nahm seine gewohnte Position rechts in der Abwehrkette ein, sein Vertreter Kevin Großkreutz (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/kevin-grosskreutz/) rückte vor ins defensive Mittelfeld, wo er neben Jakub Blaszczykowski und Sven Bender spielte. Das überraschte insofern, als dass Bender sich unter der Woche in der Champions League einen Nasenbeinbruch zugezogen hatte (verlinkt auf /sport/fussball/bundesliga/borussia-dortmund/article122308548/Der-blutige-Abend-des-BVB-Helden-Sven-Bender.html) . Der harte Hund jedoch spielte nicht nur, er verzichtete auch auf eine schützende Gesichtsmaske. Bender trotz Nasenbeinbruch ohne Maske „Uns erwartet eine der schwersten Aufgaben in der Liga“, hatte Mainz-Coach Thomas Tuchel gestöhnt. Gegen den BVB absolvierte er sein 150. Spiel als Trainer. Ein statistischer Fakt, der ihn nicht um den Schlaf brachte: „Das ist die Konsequenz aus viereinhalb Jahren bei den 05ern.“ Vor dem Spiel verglich er das Duell mit einem Rennen zwischen einem Golf und einem Formel-1-Wagen. Für chancenlos hielt er seine Mainzer dennoch nicht. „Wir müssen Abkürzungen nutzen, die in der Formel 1 noch nicht bekannt sind“, scherzte er. Tatsächlich gab Tuchels Mittelklassewagen in der Anfangsphase mächtig Gas. Zdenek Pospech prüfte nach neun Minuten die Reflexe von BVB-Torwart Roman Weidenfeller, und zwei Minuten später zog Johannes Geis aus 30 Metern ab – wieder war Weidenfeller zur Stelle und faustete den Ball ins Aus. Als Elkin Soto wenig später über links in den Strafraum stürmte, brauchte der Schlussmann nicht einzugreifen, der Ball ging ans Außennetz. 5:1 Torschüsse und einen Ballbesitz von 54 Prozent wies die Statistik nach 20 Minuten auf. Die Dortmunder mussten sich 25 Minuten lang gedulden, bis auch sie die erste eigene Torchance notieren durften. Marco Reus fand mit seiner Flanke Robert Lewandowski, der den Ball mit der Brust stoppte, dann aber unter Bedrängnis verzog. Vor der Pause gab es noch zwei Treffer – allerdings keine, die sich im Ergebnis niederschlugen. Zweimal Latte vor der Pause Der Mainzer Stefan Bell köpfte zunächst eine Ecke von Geis an die Latte (42.). Dann revanchierte sich Pierre-Emerick Aubameyang und drosch den Ball aus 22 Metern ebenfalls an den Querbalken – wobei Mainz-Torwart Loris Karius dem Leder noch eine kleine, aber entscheidende Richtungsänderung verpasst hatte (44.). Es wird Jürgen Klopp nicht gefallen haben, dass sein Team plötzlich ins Hintertreffen geriet. Vielleicht wechselte er deshalb schon nach 33 Minuten aus und brachte Nuri Sahin für Sven Bender. Vielleicht reifte in Klopps Kopf auch die Erkenntnis, dass sein neu ersonnenes System mit einer Art „Dreifach-Sechs“ (Großkreutz, Bender, Blaszczykowski) nicht funktionierte. Zur Pause schon reizte der BVB-Trainer sein Wechselkontingent komplett aus, nahm auch noch Reus und Blaszczykowski vom Feld und brachte Sebastian Kehl und Henrikh Mkhitaryan. Eine hochriskante Aktion: Jede Verletzung eines Dortmunders hätte personelle Unterzahl bedeutet. Es war das erste Mal in seiner Karriere, dass Klopp schon zu diesem Zeitpunkt alle Wechseloptionen gezogen hat. Die Mainzer durften das als Kompliment nehmen. Taktisch neu formiert versuchten die Dortmunder nach dem Seitenwechsel, endlich Hoheit über das Spiel zu erlangen. Doch die frechen Mainzer ärgerten weiter den Champions-League-Finalisten der vergangenen Saison, und es bedurfte schon eines umstrittenen Freistoßes, um den Favoriten doch noch in Führung zu bringen. Shinji Okazaki soll Erik Durm gefoult haben, was der Mainzer vehement und zurecht dementierte. Trotzdem gab Schiedsrichter Deniz Aytekin den Freistoß, und den traf Pierre-Emerick Aubameyang so kunstvoll in den linken Torwinkel, dass Torwart Karius keine Abwehrchance blieb (70.). Aubameyangs Zauberfreistoß Doch noch gaben die Gastgeber nicht auf, warum auch? Fast im direkten Gegenzug: Yunus Malli tunnelte Manuel Friedrich, wurde dann von Lukasz Piszczek umgestoßen und bekam einen Strafstoß. Den versenkte der eingewechselte Eric-Maxim Choupo-Moting sicher zum 1:1 (74.). Doch dann hatte der BVB noch einen lichten Moment: Lewandowski schickte Aubameyang, der umkurvte den Torwart, schoss aus spitzem Winkel auf das verwaiste Tor und zwang Soto zu einer Wahnsinnstat. Der Kolumbianer rettete mit der Hand, sah dafür Rot. Den fälligen Elfmeter verwandelte Lewandowski (78.). In Unterzahl kämpfte Mainz zwar beherzt, musste nun aber dem hohen Tempo des Spiels Tribut zollen. Nur ein Schuss von Benedikt Saller brachte noch einmal Gefahr, doch Weidenfeller tauchte ab und hielt (90.). In der Nachspielzeit stürzte dann Durm im Mainzer Strafraum beim Zweikampf gegen Torwart Karius, und es gab den zweiten Elfmeter. Ein Strafstoß, der deutlich umstrittener war als sein Vorgänger, aber ebenso sicher von Lewandowski zum 3:1 verwandelt wurde (90.+4). Zuvor hatte sich Mkhitaryan den Ball zurechtgelegt, war von Klopp allerdings zurückgepfiffen worden und musste von den Kollegen getröstet werden. Es waren wahrlich nicht die glanzvollsten drei Punkte, die die Dortmunder in dieser Saison gewannen, vielleicht sogar die dreckigsten. Doch gerade die sollen in der Endabrechnung ja so wichtig sein. Angesichts der Siege von Leverkusen und München möchte man dieser These zustimmen ...
WELT
Zwei Elfmeter und einen umstrittenen Freistoß brauchte der BVB, um in Mainz zu gewinnen. Schon zur Pause hatte Trainer Jürgen Klopp sein Wechselkontingent ausgeschöpft. Elkin Soto sah Rot.
Sport
Fußball
2013-11-30T17:25:33Z
2015-10-15T15:57:57Z
Dortmund bejubelt seinen dreckigen Sieg in Mainz
https://www.welt.de//sport/fussball/bundesliga/1-fsv-mainz/article122425974/Dortmund-bejubelt-seinen-dreckigen-Sieg-in-Mainz.html
Literatur: Auch Utopien tragen gerne Cordjackett
Das Erste, was dem Gast auffällt: Ballonmützen, zeltartige Kreppsamtkleider, spannende Bäuche in Merinowolle, wisperige Stimmen, Lider, die sich betroffen schließen. Stille, allenfalls ein schrilles Husten. Lettau-Szenen! Gerne sagt man dem Literaturbetrieb nach, er sei formlos, unchic und stilfrei. Immer wieder, bei Lesungen, Festivals, Vorstellungen, wagt er es, ein Gesetz zu missachten, das seine theoriegebildeten Darsteller doch nun allesamt kennen: dass jede Erscheinung immer auch ein Kommentar ist. In jedem Cordjackett, ob fein oder grob, steckt eine Haltung. Höllerer war ein Aktivist Jenseits der Phänomenologie scheint eine andere Bedeutung auf: Daran erinnerte am Wochenende die Jubiläumsfeier des Literarischen Colloquiums Berlin am Wannsee, einem Teil von Berlin, in dem man den früheren Westen noch im kühlen Frühlingsrauschen über dem Wasser zu riechen glaubte. Im Mai vor fünfzig Jahren richtete Walter Höllerer das Colloquium in einer Gründerzeitvilla mit knarzendem Parkett ein, um, von der Ford Foundation unterstützt, Kultur in die inselartige Stadt zu bringen. Wobei „Kultur“ bedeutete: Werke einer Szene, die sich diskutierend zwischen Universität, Kneipen und Altbauwohnungen bewegte. Höllerer war nicht nur Germanistikprofessor, Autor und Kritiker, er war vor allem ein Literaturaktivist: Immer wieder ging es ihm um eine existenzielle Aufbruchstimmung, die vom Geschriebenen ausgehe. Sein Haus sollte „die Grenze zwischen Literatur, Literaturkritik und Literaturwissenschaft“, die in Deutschland „unverhältnismäßig hoch gezogen“ sei, durchlässig machen. Die Durchschlagkraft von Utopien Die Durchschlagkraft von Utopien ist immer auch von dem Ort abhängig, an dem sie entstehen. Ulrich Janetzki, Geschäftsführer des Colloquiums, betonte, es sei von einem „personenzentrierten“ Treffpunkt zu einem „zielgruppenorientierten Dienstleister“ geworden. Geblieben aber ist ein Platz, der eben nicht nur Bühne für Veranstaltungen ist, sondern vor allem für Autoren ein Rückzugsort, um zu sich zu kommen. Die Möglichkeit einer Insel jenseits des marktorientierten und vernetzungsabhängigen Betriebs beschwor auch Michael Krüger, Chef des Hanser-Verlags, in seiner Festrede: Richtig geliebt werde die Literatur heute nur noch von einer Minderheit, das höllerersche Projekt aber habe gezeigt, dass die Leidenschaft des Geschriebenen in die Welt dringen könne. Neue Leitung zum Ende des Jahres Zum Ende des Jahres, mehr als ein halbes Jahrhundert nach seiner Gründung, wird der Literaturwissenschaftler Florian Höllerer, unter anderem Sohn von Walter Höllerer, die Leitung des Hauses übernehmen und die Tradition auf kluge, vorsichtige Art weiter prägen. Wo ist das Aufregende, Wilde, Radikale im Denken und im Schreiben heute? Diese Frage lag auch über dem Fest. Vielleicht hat jede Zeit ihre eigenen Leidenschaften. Die Sehnsucht nach einer umfassenden aber bleibt.
Mara Delius
Die Leidenschaft der Worte: Das Literarische Colloquium Berlin feiert seinen 50. Geburtstag. Früher trafen sich am Wannsee die Großen der Literatur. Heute sucht man nach Wildheit und Radikalität.
Kultur
2013-05-26T15:27:33Z
2015-10-06T06:41:28Z
Auch Utopien tragen gerne Cordjackett
https://www.welt.de//kultur/article116532384/Auch-Utopien-tragen-gerne-Cordjackett.html
Schule: Immer mehr Kinder leiden unter Kopfschmerzen
Bei Schulkindern in Deutschland haben Beschwerden wie Kopf-, Bauch- und Rückenschmerzen, Einschlafprobleme und Niedergeschlagenheit über die Jahre stark zugenommen. Das ist ein Ergebnis einer aktuellen Studie Health Behaviour in School-aged Children ( HBSC (verlinkt auf https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Kinder--und-Jugendgesundheit/HBSC.html) ). „Etwa die Hälfte der Mädchen und ein Drittel der Jungen berichten multiple psychosomatische Gesundheitsbeschwerden, mit einem deutlichen Anstieg im zeitlichen Verlauf“, berichten Forscher in der Fachzeitschrift „Journal of Health Monitoring“. Dafür wurden seit dem Schuljahr 2009/10 alle vier Jahre Elf- bis 15-Jährige befragt. Insgesamt füllten rund 22.000 Kinder und Jugendliche Fragebögen aus, davon rund 6500 bei der jüngsten Erhebung 2022. Konkret gefragt wurden die Kinder, wie häufig sie in den vergangenen sechs Monaten zum Beispiel Kopf-, Bauch- oder Rückenschmerzen (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/rueckenschmerzen/) hatten. Auch Niedergeschlagenheit, Nervosität oder Einschlafprobleme wurden abgefragt. Insgesamt wurde im Rahmen der Studie ein kontinuierlicher Anstieg vielfältiger psychosomatischer Beschwerden beobachtet – zu denen etwa Bauch- oder Kopfschmerzen (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/kopfschmerzen/) , Einschlafproblemen oder Gereiztheit gehören können. Ukraine-Krieg belastet viele Jugendliche Einen deutlichen Sprung gebe es aber zwischen 2017/18 und 2022, berichtet das Team um Franziska Reiß und Steven Behn vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (verlinkt auf https://www.uke.de/) (UKE). „Das könnte unter anderem auf die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zurückgeführt werden“, heißt es in der Studie. Mit Blick auf weitere Untersuchungen wird zudem festgehalten, dass sich viele Jugendliche in Deutschland auch durch die Klima- und Energiekrisen sowie den Ukraine-Krieg belastet fühlten. Fragten die Forschenden die Kinder und Jugendlichen 2022 aber direkt nach ihrer Gesundheit, so ergaben sich beim Großteil gute Werte und eine hohe Lebenszufriedenheit. Allerdings gibt es auch hier Einschnitte: Der Anteil derjenigen mit eher schlechter subjektiver Gesundheit und einer niedrigen Lebenszufriedenheit sei im Vergleich zur Welle 2017/18 deutlich angestiegen. Größte Studie zur Kindergesundheit weltweit Die HBSC-Studie wird von der Weltgesundheitsorganisation ( WHO (verlinkt auf https://www.who.int/) ) unterstützt, in Deutschland befasst sich ein Studienverbund an mehreren Standorten damit. Es geht jeweils um verschiedene Aspekte, etwa körperliche Aktivität und Mobbing. International wurden erste Befragungen bereits in den 1980ern durchgeführt. Inzwischen sind mehr als 50 Länder in Europa sowie Nordamerika und über 450 Forschende beteiligt. Es sei eine der größten Studien zur Kinder- und Jugendgesundheit weltweit, heißt es im „Journal of Health Monitoring“. In einem Editorial werden als Herausforderungen der heutigen Zeit unter anderem die belastete mentale Gesundheit, der Umgang mit Krisen, der Einfluss sozialer Medien, der Klimawandel sowie die steigende soziale und gesundheitliche Ungleichheit genannt.
Gisela Gross
Kopfschmerzen, Gereiztheit, Einschlafprobleme: Derartige Beschwerden sind in Deutschland einer Studie zufolge zunehmend bei Schulkindern verbreitet. Wissenschaftler vermuten, dass dabei die Klimakrise und der Ukraine-Krieg eine Rolle spielen.
Wissenschaft
2024-03-06T15:25:59Z
2024-03-06T15:26:01Z
Immer mehr Kinder haben Kopfschmerzen
https://www.welt.de//wissenschaft/article250395570/Schule-Immer-mehr-Kinder-leiden-unter-Kopfschmerzen.html
Schwarzwald: Sportschütze schießt Sohn von Freundin nieder
Ein Sportschütze mit einer hochgefährlichen Waffenkammer zu Hause hat im Schwarzwald den 30-jährigen Sohn seiner Freundin gezielt mit zwei Schüssen schwer verletzt. Anschließend flüchtete der 62-Jährige aus der Wohnung seiner Lebensgefährtin in Villingen-Schwenningen und verbarrikadierte sich in seiner eigenen Wohnung in Bad Dürrheim, wie die Polizei mitteilte. Drei Handgranaten im Haus In den Eingangsbereich der Haustüre verschüttete er große Mengen Benzin. Mit Hilfe eines vorausgeschickten Polizeihundes nahm ihn ein Spezialeinsatzkommando der Polizei fest. Der Schütze hatte in seiner Wohnung neben einer Handgranate drei Waffen zur Hand. Zudem standen mehr als zehn große Gasflaschen sowie mehr als 300 Liter Diesel und Benzin bereit. In der Wohnung fanden die Ermittler eine größere Waffensammlung vor, darunter auch ein Maschinengewehr. Täter schoss auch auf Polizeihund Vor seiner Festnahme feuerte der Mann mehrfach auf den auf Zugriffe trainierten Polizeihund, verfehlte aber sein Ziel. Das Tier stürmte auf den Mann zu, überwältigte ihn und hielt ihn so lange fest, bis die Handschellen klickten. Dem Hund gehe es gut, so die Polizei. Auch die Polizisten wurden nicht verletzt. Der Täter hingegen musste in ärztliche Behandlung. Aus welchem Grund der Mann auf den Sohn seiner Freundin schoss, blieb zunächst unklar. Das Motiv müsse noch ermittelt werden. Zudem müsse herausgefunden, wie der Mann an die vielen Waffen kam.
WELT
Ein Mann hat im Schwarzwald den Sohn seiner Freundin gezielt mit zwei Schüssen schwer verletzt. Anschließend flüchtete der 62-jährige Sportschütze schwer bewaffnet.
Vermischtes
Weltgeschehen
2012-06-02T15:23:32Z
2015-10-04T15:07:19Z
Sportschütze schießt Sohn von Freundin nieder
https://www.welt.de//vermischtes/weltgeschehen/article106408544/Sportschuetze-schiesst-Sohn-von-Freundin-nieder.html
3000 Demonstranten setzen Zeichen gegen "Pegida"
München/Würzburg (dpa/lby) - Rund 3000 Menschen sind am Montagabend in München und Würzburg aus Protest gegen die Anti-Islam-Bewegung «Pegida» auf die Straße gegangen. Zeitgleich demonstrierten in beiden Städten rund 350 Bürger gegen eine «Islamisierung des Abendlandes». Etwa 1500 Gegendemonstranten begleiteten deren Münchner Veranstaltung mit Pfiffen und Sprechchören wie «Nazis raus» und «Haut ab!». Sie schwenkten Transparente mit Aufschriften wie « München (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/muenchen/) ist bunt» und «Refugees Welcome». In Würzburg (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/wuerzburg/) demonstrierten laut Polizei rund 300 «Pegida»-Anhänger unter dem Motto «Kein Religionskrieg auf deutschem Boden». Dagegen zogen unter dem Motto «Würzburg lebt Respekt» mehr als 1400 Menschen durch die Stadt.
WELT
3000 Demonstranten setzen Zeichen gegen "Pegida"
Regionales
Bayern
2015-01-06T08:47:02Z
2017-08-26T15:40:29Z
3000 Demonstranten setzen Zeichen gegen "Pegida"
https://www.welt.de//regionales/bayern/article136047018/3000-Demonstranten-setzen-Zeichen-gegen-Pegida.html
Die Deutschen wollen Zensuren für Grundschüler
Die Finnen haben es vorgemacht. Wieder einmal. Noten für Schulanfänger gibt es bei den Pisa-Siegern schon lange nicht mehr. Statt Zensuren verfassen die Lehrer für ihre Schützlinge Bewertungen und Einschätzungen. Drohen die Grundschüler in Mathe, beim Lesen oder bei der Rechtschreibung abzudriften, sorgt der Lehrer für Abhilfe – auch außerhalb des Schulalltags. Er gibt nicht nur Empfehlungen für Nachhilfe oder Lerntipps, sondern sie werden im Auftrag des Lehrers wenig später umgesetzt. Luxusbedingungen, von denen die meisten Schulen Deutschlands weit entfernt sind. Zwar gibt es in den meisten Bundesländern in der ersten Klasse keine Bewertung nach Noten, doch spätestens im dritten und vierten Schuljahr tauchen Zensuren im Zeugnis auf. Ausnahmen sind Hamburg oder Berlin. Auch in Nordrhein-Westfalen gibt es die Einschätzung in Ziffern in der Regel erst ab der vierten Klasse. 2014 wagte auch die schleswig-holsteinische Landesregierung den Vorstoß, Noten für Grundschüler per Verordnung komplett abzuschaffen. Eine Abfrage in den Schulen zeigte jedoch, dass nur rund 60 Schulen der Anti-Noten-Verordnung folgten und auf Berichtszeugnisse umstiegen. In mehr als 400 Grundschulen beschloss die Schulkonferenz, in der 4. Klasse und teilweise auch in der 3. Klasse weiterhin Noten zu geben. Noten sind in der Kultur verankert Vor allem Eltern fordern eine eindeutige Kontrolle der Leistungen ihrer Kinder. Zensuren sind in der Regel das einfachste Mittel, einschätzen zu können, ob das Kind gut oder schlecht in der Schule ist. „Der Glaube an die Objektivität von Noten und dass sie für eine echte Rückmeldung an das Kind stehen, hält sich hartnäckig“, sagt Ilka Hoffmann, Schulexpertin bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). „Die meisten Eltern können sich keine Alternativen vorstellen.“ Nicht nur sie prägen diese Vorstellungen oder die Großeltern, die ihre Enkel bei guten Zensuren belohnen. „Noten sind in unserer Kultur fest verankert“, sagt Hoffmann. „Hier muss noch eine Menge Aufklärungsarbeit geleistet werden.“ Die Schulexpertin hält Noten in der Grundschule für verheerend. „Zensuren sind keine individuelle Rückmeldung darüber, was ein Kind wirklich kann“, sagt Hoffmann. „Sie führen zu Frust, zu Beschämung und bei einzelnen Kindern sogar zu Lernbehinderungen.“ Vor allem schlechte Noten hätten fatale Folgen für die Kinder. Voller Stolz, endlich auch zu den „Großen“ zu gehören, beginnen sie in der ersten Klasse ihre Schullaufbahn – bis der Notenalltag sie einholt. „Viele Kinder (verlinkt auf /vermischtes/article136904559/Wenn-das-Trennungskind-zum-Pingpong-Ball-wird.html) , die entwicklungsverzögert sind oder zu Hause wenig Rückhalt haben, sind durch schlechte Noten schon sehr früh frustriert“, sagt Hoffmann. „Die Einschätzung ‚Ich bin ein Loser’ kann sich bis zum Abschluss durchziehen.“ Auf jeden Fall eine Belohnung In den ersten vier Schuljahren hat manch einer Schwierigkeiten, im oft starren Schulalltag Fuß zu fassen, träumt lieber vor sich hin oder zieht es vor, mit den ehemaligen Kita-Freunden Fußball zu spielen. Andere können nicht genug vom Lernen bekommen und sind glücklich, endlich ihr erstes Buch selbstständig lesen zu können. Dass die Zeugnisübergabe in vielen Familien für mehr Anspannung als Freude sorgt, bestätigen auch viele Schulpsychologen. Sie raten den Eltern dazu, ihre Kinder unabhängig von ihren Leistungen auf jeden Fall zu belohnen. Die Schüler sollten wissen, dass sie Zuneigung nicht nur über gute Noten erfahren, sagt Georg Urspruch, Leiter der Lüneburger Regionalabteilung für Schulpsychologie. Belohnungen können natürlich ein Ansporn für bessere Leistungen sein. Aber Anerkennung und Lob wirken effektiver und stärker, betont der Psychologe. Bei schlechten Zensuren sind die meisten Eltern ratlos. Sie wissen schlichtweg nicht, wie sie ihre Kinder besser fördern (verlinkt auf /politik/ausland/article136921336/Die-hysterische-Kultur-des-Nanny-Staats-USA.html) können. Reagiert der Nachwuchs deprimiert und frustriert, verschlimmert sich die Lage zu Hause. Hier würden nur Geduld, Vertrauen und ein Gespräch helfen, sagt Urspruch. Das sei die beste Grundlage, damit sich die Leistungen wieder verbessern. „Kinder wollen keine Noten. Kinder wollen Einser und Zweier“, sagt Klaus Wenzel, Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands. „Sie wollen eine positive Rückmeldung für ihre Leistungen.“ Doch nicht allen Kindern fällt das Lernen leicht. „Für eine zarte Kinderseele bedeutet die Vier ,Ich bin nicht dabei, und der Übertritt ans Gymnasium ist nicht drin‘“, sagt Wenzel. Empfehlungen sind besser Doch auch der Lehrer weiß, dass die Noten in Deutschland auf längere Sicht hin nicht abgeschafft werden. „Sie ermöglichen eine Groborientierung. Vor allem die Noten Eins und Sechs“, sagt Wenzel. „Wenn es so viele Traditionalisten gibt, die an den Zensuren festhalten wollen, dann sollte man wenigstens ausführlichere Ergänzungen machen.“ Die Aussagekraft der Noten hält er für sehr begrenzt. Ein Beispiel: Steht die Drei in Deutsch im Zeugnis, kann das so ziemlich alles bedeuten. Schlecht im Aufsatzschreiben, aber gut in der Rechtschreibung oder ein toller Dichter, aber miserabel in der Grammatik. „Mit einer Verbalbeurteilung kann der Lehrer viel besser beschreiben, wo der Schüler Fortschritte gemacht hat oder bei welchem Thema er noch Hilfe braucht“, sagt Wenzel, der über 30 Jahre als Lehrer Noten verteilt hat. Gerade die Empfehlungen, um mögliche Schwächen zu beheben, können konkreter dargestellt werden. Mit der Ansage „Lies das Kapitel noch mal im Buch nach“ können sowohl Schüler als auch Eltern und Lehrer viel mehr anfangen. „Die jetzige Praxis mit Ziffernoten führt dazu, dass die Elternabende und Sprechstunden gerade nach dem Halbjahreszeugnis überfüllt sind“, sagt Wenzel. „Die Lehrer verlieren viel Zeit damit, zu erklären, was es mit den Noten auf sich hat.“ Spätestens beim Schulabschluss oder in den weiterführenden Schulen werden die Kinder ohnehin benotet. Schulexpertin Hoffmann rechnet jedoch damit, dass Noten für die Universitäten, aber auch für die künftigen Chefs immer unwichtiger werden. „Tugenden wie Pünktlichkeit oder Zuverlässigkeit sind wichtiger als eine Geschichte- oder Erdkundenote.“
Tanja Tricarico
Druck oder sinnvolle Leistungskontrolle? Noten für Grundschüler sind umstritten. Einige Bundesländer versuchen, Zensuren für Grundschüler komplett abzuschaffen. Doch Volkes Wille ist ein anderer.
Wirtschaft
Karriere
2015-01-31T14:40:39Z
2018-03-16T13:27:40Z
„Zensuren führen zu Frust oder Beschämung“
https://www.welt.de//wirtschaft/karriere/bildung/article136969526/Zensuren-fuehren-zu-Frust-oder-Beschaemung.html
Manipulationsskandal: Ex-Verler Neumann flüchtet vor der Wettmafia
Ein Spieler auf der Flucht, der Deutsche Fußball-Bund (DFB) in Not: Während der im Zuge des Wettskandals beim Regionalligisten SC Verl suspendierte Kapitän Patrick Neumann aus Angst vor Racheakten der Wettmafia bei seiner Freundin auszog und sich an einem unbekannten Ort aufhält, nimmt der DFB die ermittelnde Staatsanwaltschaft Bochum wegen ihrer bislang äußerst dürftigen Informationspolitik in die Pflicht. „Es ist absolut schädlich, wenn wir es nicht schaffen, möglichst schnell Klarheit zu bekommen. Je länger wir hingehalten werden, desto schwieriger wird der Vorgang und desto größer der drohende Schaden. Und ich habe ehrlich gesagt ein wenig Bedenken, dass der ganze Vorgang ausgeht wie das bekannte Hornberger Schießen, wenn die Staatsanwaltschaft die Überlassung von Informationen und vor allem die Akteneinsicht weiter herauszögert“, sagte DFB-Vizepräsident Rainer Koch. Koch wird am Mittwoch gemeinsam mit Vertetern der DFL und der Fifa dem Sportausschuss des Bundestages in Berlin Bericht erstatten. Wichtig sind aber vor allem die Informationen der Staatsanwaltschaft über möglicherweise in der laufenden Saison manipulierte Spiele. „Wir hoffen daher, dass die Staatsanwaltschaft Bochum unser Anliegen erkennt und wir nicht erst Ende des Jahres Einsicht in die Akten bekommen. Wir stehen bereits in der Mitte der Spielzeit und dürfen bei der Aufklärung von konkreten Spielmanipulationen, was die Strafverfolger erfahrungsgemäß weniger interessiert, keine Zeit verlieren. DFB und DFL müssen im Interesse von Millionen Fußballfans und der Integrität unserer Wettbewerbe möglichst schnell wissen, ob Partien der laufenden Saison manipuliert worden sind“, sagte Koch. Neumann abgetaucht Die Sportdach-Verbände stochern auch knapp zwei Wochen nach Bekanntwerden des Wettskandals weiter im Dunkeln. Erst in rund drei Wochen will die ermittelnde Behörde den Verbänden erstmals Einsicht in die brisanten Unterlagen gewähren. Damit droht dem DFB ebenso wie der DFL und der angeblich ebenfalls in den massiven Betrugsskandal verwickelten Basketball-Bundesliga kurz vor Weinhachten eine böse Bescherung. Doch auch die Politik ist mit ihrer Geduld offenbar am Ende. Deshalb hofft die neue Sportausschuss-Vorsitzende Dagmar Freitag darauf, dass in den kommenden Tagen weitere betroffene Spieler oder Referees bei der Polizei ein Geständnis ablegen. „Ich würde mir wünschen, dass weitere am Skandal beteiligte Personen aussagen, um den Sumpf trockenzulegen“, sagte Freitag. Unterdessen bestätigte der Anwalt des ehemaligen Verler Kapitäns Neumann, Lutz Klose, dass sein Mandant aus Angst vor Repressalien der Wettmafia derzeit abgetaucht ist. „Patrick geriet in Furcht und Panik. Er kann die Kontaktmänner identifizieren“, sagte Klose dem Kölner Stadtanzeiger: „Diesmal wurde nicht nur mit List und Schmiergeld, sondern auch mit Einschüchterung und Gewalt agiert.“ Die mutmaßlichen Wettpaten hatten Neumann nach Angaben von Klose vor dem Spiel gegen Borussia Mönchengladbach (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/borussia-moenchengladbach/) II im Mai (4:3) für eine Niederlage „zwischen 5000 und 10.000 Euro“ versprochen. „Er hat das nicht sofort abgelehnt. Deshalb konnten die Betrüger ihn anschließend massiv unter Druck setzen und eine Drohkulisse aufbauen“, sagte der Rechtsanwalt. Nach dem Spiel erhöhten die vermeintlichen Wettbetrüger laut Klose den Druck auf Neumann: „Es hieß dann: Wir haben großen Schaden, und du musst das wieder gutmachen.“ Anschließend seien beim Training der Verler „zwei Schlägertypen“ erschienen, um ihrem Ansinnen Nachdruck zu verleihen. Fassungslosigkeit in Osnabrück Derweil hat das Teilgeständnis des am Montag beim Drittligisten SV Sandhausen (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/sv-sandhausen/) entlassenen Marcel Schuon bei dessen letztjährigen Arbeitgeber VfL Osnabrück (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/vfl-osnabrueck/) Fassungslosigkeit ausgelöst. „Durch den Abstieg haben wir fünf Millionen Euro weniger Etat, mussten deshalb Mitarbeiter entlassen“, berichtete VfL-Manager Lothar Gans über die massiven Auswirkungen des Abstiegs in die 3. Liga (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/dritte-fussball-liga/) . Schuon spielte Ende letzter Saison beim VfL und hatte in einer Aussage bei der Staatsanwaltschaft Bochum eingeräumt, gegen den Erlass früherer Wettschulden eine Manipulationsabsprache getroffen zu haben. Jedoch sei es letztlich nicht zu einer Manipulation gekommen. Gegenstand der Ermittlungen sind weiterhin zwei Spiele des niedersächsischen Zweitliga-Absteigers. Angeblich wurden die Auswärtsspiele beim FC Augsburg (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/fc-augsburg/) (0:3) am 17. April 2009 und beim 1. FC Nürnberg (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/1-fc-nuernberg/) (0:2) am 13. Mai manipuliert. Im Rückblick auf die zum Ende der vergangenen Saison angeblich vom Manipulationsskandal betroffenen Spiele sieht Wollitz sogar Anhaltspunkte dafür, dass Schuon in die Fänge der Wettmafia geraten war. „Wahnsinn, jetzt habe ich diese Spiele alle noch mal vor Augen. Ich glaube, dass Schuon in Augsburg sogar ein Mal auf das eigene Tor schoss. Der hatte den Kopf nicht frei - in einem so wichtigen Spiel. Allein das ist doch schon ausreichend. Es gibt nichts Schlimmeres“, sagte Wollitz.
WELT
Der beim SC Verl suspendierte Kapitän Patrick Neumann hält sich aus Angst vor Racheakten der Wettmafia an einem unbekannten Ort auf. In Osnabrück herrscht nach der Aussage von Marcel Schuon Fassungslosigkeit. Derweil nimmt der DFB die Staatsanwaltschaft Bochum wegen ihrer bislang äußerst dürftigen Informationspolitik in die Pflicht.
Sport
Fußball
2009-12-01T11:55:34Z
2015-10-04T05:12:56Z
Ex-Verler Neumann flüchtet vor der Wettmafia
https://www.welt.de//sport/fussball/article5390691/Ex-Verler-Neumann-fluechtet-vor-der-Wettmafia.html
Kreuzfahrt: Was Passagiere auf Schiffsreisen erleben – Teil 3
Die Kreuzfahrtindustrie ist ja immer auf der Suche nach neuen Kunden. Wenn diese das nötige Kleingeld haben, können sie auch langhaarig sein und schwarze Shirts tragen. Und da viele Metaller gemeinsam mit der Musik älter werden, gibt es mittlerweile genügend Fans, die sich so eine Fahrt leisten können und wollen. Natürlich nichts mit Kapitänsdinner, Ballermann-Animation und Abendgarderobe. Dafür fühlen wir uns noch nicht reif genug. Für den Anfang versuchen wir es mit einer nur viertägigen Reise auf der „Majesty of the Seas“, ein Schiff der Royal Caribbean Cruise Line. Und damit wir uns auf dem Weg nach Mexiko nicht langweilen, werden wir von 42 mehr oder weniger „heavy“ Bands begleitet: die „70.000 Tons of Metal“-Tour. Es gab drei Kriterien, die uns die Entscheidung leicht machten: Erstens schien die Kombination – Heavy-Metal-Musiker plus Klientel auf einem klassischen Kreuzfahrtschiff (verlinkt auf /themen/kreuzfahrtschiffe/) – einzigartig zu sein. Zweitens war Winter in Deutschland (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/deutschland-reisen/) und drittens ging es nach Florida. Also abgemacht! Der Heavy-Metal-Dresscode ist ziemlich streng: schwarze oder schwarz gefärbte, lange Haare (wer nur noch spärlichen Haarwuchs aufzuweisen hat, darf sich einen Kahlkopf scheren), schwarze T- oder Sweatshirts mit Bandnamen, Tourdaten oder Totenköpfen, dicke Silberringe an den Fingern und Tattoos, so weit das Auge reicht. Das mit den Uniformen ist eine feine Sache, man kann dadurch wildfremde Menschen als Mitreisende enttarnen. Die Heavy-Metal-Szene, die normalerweise nicht so stark bis gar nicht in South Beach vertreten ist, fällt daher am Ocean Drive auf und grüßt sich mit der obligatorischen Faust – Zeige- und kleiner Finger, eine Pommesgabel formend, ragen heraus. Doch entgegen aller Befürchtungen, die man beim Anblick von 2000 schwarz gekleideten Langhaarigen haben könnte – alles war völlig friedlich, die sehen nur so aus und wollen eigentlich nur spielen. Auch wenn fast alle Schwarz trugen, wurde niemand ausgegrenzt, der nicht mitmachte. Oben Heavy Metal – unten Birkenstocksandalen ging auch durch. Bei den Bands haben mir Sonata Artica, Rage, Iced Earth, Saxon und Uli Jon Roth besonders gut gefallen. Sabaton war mein persönliches Highlight und Blackguard der Geheimtipp. Die Passagiere waren zwischen 20 und 50 Jahre alt, kamen aus 48 Ländern. Dank der Vorauswahl durch den recht hohen Preis, mindestens 2000 Euro mit Nebenkosten, waren keine Chaoten an Bord, nur leicht angetrunkene, friedliche Metalfans. Das Rauchverbot wurde – außer in den Restaurants – von den Metallherzen nicht akzeptiert, aber auch nicht beanstandet. Die Tour war gut abgestimmt: Anderthalb Tage bis nach Cozumel, ein Tag Pause und anderthalb Tage wieder zurück nach Miami. Auf beiden Seestrecken spielten alle 42 Bands je eine Stunde immer ein bisschen zeitversetzt auf drei Bühnen, sodass man von jeder etwas mitbekommen konnte, wenn man wollte – und wenn man auf so unwichtige Dinge wie Schlaf oder Essen verzichtete. Das ganze Schiff wurde zum kompletten Backstage-Bereich. Und wer hätte gedacht, dass es noch richtig in Stress ausartet, immer zwischen Pool- oder Theaterbühne und der Spectrum-Lounge hin- und herzulaufen, um nichts zu verpassen. Manchmal dachte ich, das Schiff müsste mal mit dem Bug und dann wieder mit dem Heck weit aus dem Wasser ragen, so wie die Menschenmassen von einer Bühne zur nächsten unterwegs waren. Aber wie geil war es, die Musik um die Poolbühne herum zu verfolgen. Die einen bangten gleich vor der Bühne, die anderen lehnten lässig am Geländer ein Deck höher, um sich alles von oben anzuschauen. Viele genossen die karibische Sonne auf den Liegen, und andere lagen bequem in den Whirlpools. Das war natürlich eine schwierige Location für Metaller, bei denen zum Outfit sehr weiße Haut gehört – abends würden sie alle rot leuchten. Erst wusste ich nicht, was wir in Mexiko sollten, aber es stellte sich heraus, dass uns ein Tag Abstinenz ganz gut tat und uns wieder aufnahmefähig für die zweite Hälfte machte. Auch beim Landgang machte es der Dresscode leicht, unsere Mitreisenden von anderen Kreuzfahrern zu unterscheiden. Allerdings ist das nicht wirklich schwierig, diese saßen sowieso alle im „Hard Rock Café“. Auf dem Rückweg sahen wir viele mit einem Sonnenbrand und Souvenirs. Ziemlich gruselig waren die, die sich mit Wrestler-Masken eingedeckt hatten – gut, dass wir die Leute schon als harmlos und nett einstufen konnten, sonst hätte man einen Schrecken gekriegt. Habe ich sonst noch etwas vergessen zu erwähnen? Ach so, das Schiff war tipp-topp in Ordnung. Ich bin sonst eine, die insbesondere bei wichtigen Sitzungen die Zeit hat, mir jede Ecke genau anzusehen. Und ich sehe jede Schlamperei, sowohl bei der Verlegung der Fliesen und den Fugen als auch bei Kölschem Wisch, „runden Ecken“ und schwarzen Haaren. Steward Rudi war zwei Mal täglich in der Kabine, das Bett war immer frisch gemacht und mit kreativen Handtuchtieren dekoriert. Was mir persönlich nicht so gefällt, insbesondere, wenn man meine Brillen mit einbaut. Aber na gut, Rudi kam aus seinen engen Gängen nicht raus und hatte daher wahrscheinlich Langeweile. Volker und Ulrike Goleuke aus Bochum waren zum siebten Mal auf der „70.000 Tons of Metal“-Tour Stinkender Käse mit Maden auf Sardinien Auf Kreuzfahrt (verlinkt auf /themen/kreuzfahrten/) mit Halt in Olbia, Sardinien (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/sardinien-urlaub/) . Wie immer starten wir einfach vom Hafen aus, dorthin, wohin die Landschaft uns führt. Vorbei geht es an frisch geschälten Korkeichen und einer kleinen Manufaktur, in der Flaschenkorken hergestellt werden. Dann durch pittoreske Dörfer – wir bekommen einen Tipp, wo Weine aus einer Rebsorte hergestellt werden, die es nur hier in der Region gibt. Natürlich probieren, frisch, fruchtig, lecker. Weiter geht es durch die Berge. An der Straße ein Schild, das auf eine Käserei hinweist. Wir fahren hin, werden freundlich empfangen, dürfen gleich Käse probieren. Ebenso den Wein, der hier als Hauswein entsteht, auch eine Art Balsamico und dann noch einen Likör, der an einen Magenbitter erinnert. An einer Wand hängen Schinken und Würste. In der Kühlkammer lagern eine Menge Käse in unterschiedlichsten Reifegraden. Verarbeitet wird Milch von Schafen, Ziegen und Kühen, mal rein, mal gemischt. Während wir beobachten und probieren, kommt ein älteres italienisches Paar, das einen großen Einkauf macht. Der ältere Herr lässt sich einen ganzen, nach Pecorino aussehenden Käse geben, so ein zwei bis drei Kilogramm schweres Mini-Rad. Er zeigt ihn mir – ich staune. Vor Langem hatte ich von einem sardischen Käse gelesen, der mit Maden geimpft wird, aber außerhalb Sardiniens nicht verkauft werden darf. Und dieser vor mir liegende Käse hatte genau in der Mitte ein großes Loch, in dem es nur so vor Maden wimmelte. Nicht sonderlich appetitlich. Der ältere Herr zeigte mir mit vielen Gesten, wie lecker dieser Käse sei und auch die Manneskraft steigern würde. Eigentlich wollte ich mich auf ein Foto beschränken. Aber plötzlich stand der Mann vor mir, mit zwei Löffeln. Er schabte eine Käsemasse aus dem Madenloch. Ein Löffel genüsslich in seinen Mund, einen hielt er vor meinen. Das Ganze war so überraschend, dass ich mich selbst anschließend über mich wunderte. Aber der italienische Herr war so freundlich und nett und direkt, da führte kein Weg dran vorbei, den Löffel in den Mund zu schieben. Mut zusammennehmen: Dazu war einfach keine Zeit. Generell probiere ich so ziemlich alles, was Menschen in anderen Ländern essen, auch wenn es manchmal etwas fremd anmutet. Aber Maden – das war so noch nie drin. Und wie schmeckt der Madenkäse? Nehmen Sie ganz alten Ziegenkäse oder einen uralten norwegischen Geitost, und lassen Sie einen Rotschimmelkäse extrem altern – das alles zusammen, das kommt etwa hin. Oder als würde man die Nase in Wanderschuhe reinstecken, die tagelang getragen wurden, wobei der Träger der Schuhe keine Gelegenheit hatte, die Füße zu waschen... Also: Ein richtig intensiver, extremer Stinker! Seine Konsistenz: zunächst mürbe-bröselig und dann doch ein klein wenig cremig. Aber lange habe ich das nicht genossen. Da lautete die Devise eher: Runter damit! Bernhard Jans, Grafenheim bei Bonn, schätzt Gourmet-Kreuzfahrten Licht aus, Sternenhimmel an Auf der Fahrt von Katakolon nach Izmir im östlichen Mittelmeer (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/mittelmeer-urlaub/) mit der „Costa Favolosa“. Für den Abend wurde ein Event unter dem Motto „Lasst uns die Sterne beobachten“ angeboten. Ich kannte bisher nur den Großen Wagen und Orion. Also begaben wir uns zur angekündigten Uhrzeit auf Deck 9. Nur wenige Leute waren da. Das wunderte mich. Es wurden Sternenkarten ausgeteilt und ein paar Erklärungen zum Sternenhimmel gegeben. Dann wurde plötzlich das Licht auf Deck 9 ausgeschaltet. Es war ein Gefühl, als würde der Himmel eingeschaltet! Auf einmal war ein Sternenhimmel sichtbar, wie ich ihn zuvor noch nie gesehen hatte. Kreuzfahrtdirektor Andrea Olivieri erklärte den Sternenhimmel mithilfe eines Star-Laserpointers – und nun kenne auch ich jede Menge Sternbilder. Monika Huguet aus dem hessischen Maintal war schon auf 14 Kreuzfahrten Die Ohrfeige hat gesessen Nachts in der Schiffs-Disco lernte ich ein Mädchen kennen. 20 Jahre alt. Es dauerte nicht lange, und wir lagen in meiner Kabine. Ich hatte ihr erzählt, was ich mache, was meine Eltern machen und dass ich hier auf dem Schiff noch kein Mädchen kennengelernt hätte und deswegen immer nur mit meinem Kumpel zu sehen sei. Wir küssten uns gerade, als plötzlich mein kleiner Bruder von elf Jahren im Zimmer stand. Er sah dieses schöne Mädchen und sagte nur: „O nein, nicht schon wieder!“ Da machte es „KLATSCH“! Während er die Kabinentür von außen hinter sich zugemacht hatte, hatte mir das Mädchen eine geklatscht. Die Ohrfeige hat gesessen. Der Kreuzfahrtgast T. , 23, reist mit seiner Familie seit seinem sechsten Lebensjahr auf Aida-Schiffen Alaaf – Karneval im Golf von Thailand Seit ich vor 13 Jahren ins Rheinland gezogen bin, ist Karneval für mich zur fünften Jahreszeit geworden und nicht mehr wegzudenken. Doch im letzten Jahr fiel unsere Reise nach Südostasien genau auf diesen Termin. So sehr ich mich auf die Kreuzfahrt freute, ein wenig Wehmut blieb. Und es blieb die Frage: Wirklich kein Karneval (verlinkt auf /themen/karneval/) in diesem Jahr? Wer schon einmal seinen Koffer für eine Kreuzfahrt gepackt hat, weiß, egal ob 20, 23 oder 30 Kilogramm, der Platz reicht nie aus. Daher schmuggelte ich heimlich in den Koffer meines Mannes zwei Karneval-Outfits und hoffte, dass es vielleicht auch auf See eine kleine Möglichkeit geben würde, Weiberfastnacht zu feiern. Und tatsächlich, für Rosenmontag stand Karnevalsparty im Programm. Es war faszinierend zu sehen, wie sich die Bar in wenigen Stunden in eine Karnevalshochburg im Golf von Thailand (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/thailand-reisen/) verwandelte. Tolle Kostüme, geniale Stimmung und der Song „Da simmer dabei, dat is prima“ bekam eine ganz neue Bedeutung. Das Partyvolk zeigte sich als Kenner der Karnevalstradition, es wurde gesungen, getanzt, und das alles in einer lauen, sternenklaren Sommernacht. Während ich als Dschungelcamp-Bewohner unterwegs war, machte mein Mann als Kapitän eine wirklich gute Figur. Witzig war, als ich ihn dann später mit einem weiteren Kapitän fachsimpeln sah. Nur, das Kostüm des anderen Kapitäns war kein Kostüm, sondern seine Arbeitskleidung. Die gute Stimmung hatte sich wohl bis auf die Brücke rumgesprochen, und unser Kapitän ließ es sich nicht nehmen, vorbeizuschauen. Wir feierten bis in die Morgenstunden. Denn das Schöne auf einem Schiff ist ja, dass keine Nachbarn klingeln können, weil es zu laut ist. An diesem Abend musste ich meinem geliebten Rheinland leider gestehen, dass Rang eins meiner besten Karnevalspartys nun an die „Aida Bella“ geht. Petra Diederich-Kammel aus St. Augustin war in Südostasien unterwegs Ein exklusives Überraschungsessen auf dem Schiff Mein Bruder und ich lieben die asiatische Küche, und so kamen wir auf einer Mittelmeerkreuzfahrt auf „Mein Schiff 3“ mit dem Koch aus Indien und dem Servicepersonal von den Philippinen und Bali (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bali-urlaub/) ins Gespräch. Sie freuten sich, dass wir so von der herrlichen asiatischen Küche schwärmten. Ein paar Tage später, auf dem Weg von Catania Richtung Griechenland (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/griechenland-reisen/) , sagten sie, wir sollten um 19 Uhr oben aufs Deck kommen. Was uns da erwartete, war eine wunderschöne Überraschung. Sie hatten in ihrer Freizeit für uns gekocht – ein herrliches Chicken Curry! Wir haben es sehr genossen, und Pagare, der Koch, und die lieben mitwirkenden Kellner Mehmet aus Bali und Tom-Tom von den Philippinen waren sehr stolz, dass es uns so gut schmeckte – zudem wir auch noch gern scharf essen. Doch damit nicht genug. Unsere lieben Bord-Verwöhner haben uns noch zweimal mit ihren herrlichen Landesspeisen verwöhnt. Jedes Mal war es ein Hochgenuss. Bei ihnen zu Hause wird größter Wert auf das Essen gelegt, jede Familie hat ihre Rezeptgeheimnisse, die von Generation zu Generation weitergereicht werden. Ganz besonders hat uns der Familienzusammenhalt in diesen asiatischen Ländern beeindruckt. An Bord arbeiten sie sehr hart und lange Monate von ihrer Familie getrennt. Von dem relativ kleinen Verdienst schicken sie den Hauptanteil zu ihren Familien. Diese Erkenntnis beschämte uns, die wir das Leben in vollen Zügen auf diesem Schiff genießen durften. Aber ich glaube, dass wir unseren asiatischen Freunden durch unsere Hochachtung vor ihrer einzigartigen Küche und unser Interesse Freude und Stolz vermitteln konnten. Barbara Vogt aus Wuppertal liebt Kreuzfahrten seit je. Ihr Onkel ist als Kapitän zur See gefahren Lesen Sie auch: Teil 1 der Kreuzfahrer-Anekdoten: Bitte einmal zu den Sehenswürdigkeiten der Bahamas! (verlinkt auf /reise/article162429568/Bitte-einmal-zu-den-Sehenswuerdigkeiten-der-Bahamas.html) Teil 2 der Kreuzfahrer-Anekdoten: Es sollte doch ein Höhepunkt der Reise werden! (verlinkt auf /reise/Fern/article162441107/Es-sollte-doch-ein-Hoehepunkt-der-Reise-werden.html)
WELT
Pottwale und Pinguine, Heavy Metal und Karneval: Kreuzfahrten gibt es mittlerweile für jeden Geschmack. Und doch bleiben Überraschungen nicht aus. In vier Folgen stellen wir skurrile Anekdoten vor.
Reise
Fernreisen
2017-03-02T06:40:50Z
2017-11-24T16:10:28Z
Mit 2000 Heavy-Metal-Fans auf einem Schiff
https://www.welt.de//reise/Fern/article162480714/Mit-2000-Heavy-Metal-Fans-auf-einem-Schiff.html
Billiger Stahl aus China ruiniert unsere Stahlindustrie
Billigimporte aus China überschwemmen derzeit den europäischen Stahlmarkt. Unternehmen und Verbände schlagen daher lautstark Alarm. „Wir erleben dramatische Verwerfungen in der Branche“, warnt Hans Jürgen Kerkhoff, der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Die Flut von chinesischem Billigmaterial überfordere schon länger die Aufnahmefähigkeit der internationalen Märkte. Nun eskaliere die Lage aber noch weiter. „Trotz wachsender Verluste der chinesischen Stahlindustrie klettern die Exporte in immer absurder werdende Höhen“, berichtet Kerkhoff. Und das gefährde nun auch den Stahlstandort Deutschland in seiner Existenz. 134 Millionen Tonnen Stahl wird die Volksrepublik Schätzungen zufolge in diesem Jahr weltweit exportieren. Damit haben sich die Ausfuhren der chinesischen Hersteller binnen zwei Jahren mehr als verdoppelt. Zum Vergleich: In Deutschland wurden 2014 überhaupt nur 43 Millionen Tonnen Rohstahl produziert. Und das reicht schon für den Spitzenplatz in Europa. Hintergrund für die Exportoffensive ist die Konjunkturdelle in der Volksrepublik. Weil die Stahl-Nachfrage im Inland dadurch deutlich eingebrochen ist, drängen die Hersteller mit ihren überschüssigen Mengen nun auf den Weltmarkt. In der Europäischen Union landen davon zwar nur rund 7,5 Millionen Tonnen, heißt es beim europäischen Stahlverband Eurofer. Tausende Stahljobs in Großbritannien gestrichen Hinzu komme aber ein nicht unerheblicher Kaskadeneffekt. „Aggressive chinesische Exporte verdrängen Anbieter in anderen Teilen der Welt, die dann ihren Weg in den relativ offenen EU-Markt finden“, beschreibt Deutschlands Stahl-Präsident Kerkhoff. Die Drittlandsimporte jedenfalls aus Ländern wie Russland, Ukraine, Iran, Indien oder Japan hätten seit 2012 um über 40 Prozent zugenommen, währen die Stahlnachfrage im gleichen Zeitraum um gerade einmal fünf Prozent gestiegen ist. Die Folgen lassen sich bereits in Großbritannien erkennen. Dort wurde jüngst binnen kurzer Zeit das Aus für gleich mehrere Stahlwerke verkündet, über 6000 Arbeitsplätze gehen dadurch in den kommenden Monaten verloren. Die britische Regierung hat daher bereits Krisentreffen abgehalten und auch der Wettbewerbsrat der EU-Wirtschaftsminister hat sich zu Wochenbeginn in Brüssel zu einer außerordentlichen Sitzung getroffen. „Um irreparable Schäden bei der europäischen Stahlindustrie (verlinkt auf /wirtschaft/article146225653/Warum-Tausende-Jobs-in-der-Stahlindustrie-verschwinden.html) zu vermeiden, muss die Politik sofort handeln und den kompletten Satz der verfügbaren Handelsschutzinstrumente einsetzen und diese Strafmaßnahmen deutlich beschleunigen“, heißt es in einem Brief von Eurofer an die Regierungen der Mitgliedsstaaten. Unterzeichner sind die Chefs der großen Stahlhersteller in Europa, angefangen bei ArcelorMittal und Tata Steel über ThyssenKrupp (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/thyssenkrupp/) und Salzgitter bis hin zu Voestalpine, Riva, Celsa und SSAB. Die Manager warnen zudem vor einer weiteren Verschärfung des Problems in den kommenden Monaten. Denn während die Nachfrage in China weiter rückläufig ist, steigen die Produktionskapazitäten weiter an. Dabei produziert die Volksrepublik, der mit weitem Abstand größte Stahlproduzent der Welt, ohnehin schon deutlich zu viel Ware. Fast alle chinesischen Werke machen Verlust Die Überkapazitäten summieren sich Schätzungen zufolge auf mittlerweile knapp 400 Millionen Tonnen – das ist mehr als doppelt so viel wie in Europa überhaupt verbraucht wird. Doch statt Fabriken stillzulegen, setzt China auf den Export – und verlagert damit seine Strukturprobleme in die ganze Welt, wie Hans Jürgen Kerkhoff kritisiert. Denn losgeschlagen werden die überschüssigen Mengen zu Dumpingpreisen, sagen die Konkurrenten weltweit. „Dies ist nur mit staatlichen Subventionen möglich und geschieht dann zu Preisniveaus, mit denen hiesige Hersteller oft einfach nicht konkurrieren können“, erklärt Robrecht Himpe, der Präsident von Eurofer und Executive Vice President des weltgrößten Stahlherstellers ArcelorMittal. Tatsächlich schreiben 90 Prozent der chinesischen Stahlwerke Verlust, melden Analysten. Allein in den ersten acht Monaten dieses Jahres soll sich das Minus der Unternehmen auf fast vier Milliarden Euro summieren. Dennoch scheuen die Provinzregierungen Werksschließungen, um keine Aufstände zu riskieren wegen der dann massiven Arbeitsplatzverluste. In der Folge gehen die Arbeitsplätze in Europa verloren. Seit 2008 hat die Stahlindustrie in der EU fast 85.000 Jobs gestrichen, das sind 20 Prozent der gesamten Belegschaft. Alleine 5000 Stellen wurden dabei im letzten Quartal abgebaut. Und weitere werden folgen. Das machen die Ausführungen von Karl-Ulrich Köhler deutlich, dem Chef der Europa-Sparte beim indischen Stahlriesen Tata Steel. „Die Zukunft der gesamten europäischen Stahlindustrie ist gefährdet“, sagt der Manager, der schon die EU-Kommission angerufen hat, um die chinesischen Importe zu überprüfen. Erste Anti-Dumping-Zölle Aber auch andernorts wird der Ruf nach Regierungshilfen und Abschottung größer. „Europa muss seine handelsrechtlichen Schutzinstrumente modernisieren“, fordert Eurofer-Chef Himpe, der rund 330.000 Jobs in Gefahr sieht. Aktuell dauere es mindestens eineinhalb Jahre bis über eine Handelsklage entschieden wird. „Das ist zu langsam. In dieser Zeit sind bereits erhebliche Schäden entstanden.“ Für Hans Jürgen Kerkhoff hat Europa damit einen entscheidenden Wettbewerbsnachteil. „Der europäischen Stahlindustrie steht ein wesentlich schwächeres Instrumentarium an Abwehrmöglichkeiten zur Verfügung als anderen Ländern“, schimpft der Verbandschef. Am Ende sei die EU ein offener Stahlmarkt, völlig frei von protektionistischen Maßnahmen und Handelshemmnissen. Im Gegensatz dazu seien die Behörden in den USA mindestens doppelt so schnell. Noch dazu haben die Amerikaner angesichts der jüngsten Entwicklungen ihre Schutzregeln deutlich verschärft. Auch das sorgt für einen verstärkten Strom der Billigware nach Europa (verlinkt auf /wirtschaft/article137759411/Stahlbranche-kaempft-mit-Terabyte-gegen-Schrottberge.html) . „Diese relative Schwäche des EU-Antidumping-Instrumentariums stellt im aktuellen Umfeld eine ernste Bedrohung dar“, warnt Kerkhoff. Zwar hat die Europäische Kommission schon erste Anti-Dumping-Zölle gegen Einfuhren aus China verhängt. Das aber betrifft lediglich einen Bruchteil der Importe, darunter Stahlprodukte, die in Haushaltsgeräten und der Autoindustrie zum Einsatz kommen. Er sei nicht grundsätzlich gegen Importe, stellt Kerkhoff klar. „Der Wettbewerb muss aber mit fairen Mitteln ausgetragen werden, da selbst die wettbewerbsstärksten Unternehmen auf Dauer nicht gegen Anbieter konkurrieren können, die mit staatlicher Unterstützung und wieder grundlegende marktwirtschaftliche Ordnungsprinzipien operieren können.“ Bisherige Prognose kassiert Dass China in dieser Situation im kommenden Jahr von der EU den Marktwirtschaftsstatus verliehen bekommen könnte – Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte das jüngst bei ihrem Besuch in der Volksrepublik erneut angedeutet – hält Kerkhoff für „geradezu grotesk“. Damit würden die handelspolitischen Schutzinstrumente gegen China vollends ihre Schutzwirkung verlieren. Das würde auch die deutsche Stahlindustrie hart treffen. Zwar hatte sich die Branche hierzulande zuletzt noch vergleichsweise robust gezeigt. „Bemerkenswert stabil“ sei die Produktion, heißt es zum Beispiel von der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Ende Oktober lag die Produktion mit 36,2 Millionen Tonnen noch auf dem Niveau des Vorjahres. Die Auftragseingänge allerdings verheißen nichts Gutes: Zum Ende des dritten Quartals sind die Order auf ein Sechs-Jahres-Tief gefallen, meldet die Wirtschaftsvereinigung. Von „dunklen Wolken über der Stahlindustrie“ spricht daher Verbandschef Kerkhoff – und kassiert die bisherige Jahresprognose. Hatte die Branche bislang noch mit einem Produktionsplus von einem Prozent gerechnet, wird nun allenfalls noch eine Stagnation erwartet. ThyssenKrupp hat zuvor schon die Wochenarbeitszeit reduziert, zudem verzichten die Arbeiter in den Stahlwerken auf Lohn. Bei Salzgitter sind zahlreiche Stellen weggefallen und Weltmarktführer ArcelorMittal, der hierzulande in Duisburg, Hamburg, Bremen und Eisenhüttenstadt produziert, musste seine Prognose für 2015 senken.
Carsten Dierig
134 Millionen Tonnen. So viel Stahl wird China in diesem Jahr weltweit exportieren. Es ist ein gigantischer Überschuss, der im Westen Zehntausende Jobs bedroht. Europa unternimmt dagegen: gar nichts.
Wirtschaft
2015-11-11T08:01:05Z
2015-11-11T13:38:45Z
Deutschland, der Verlierer im globalen Stahlkrieg
https://www.welt.de//wirtschaft/article148677595/Deutschland-der-Verlierer-im-globalen-Stahlkrieg.html
Arbeitsmarkt: Ökonomen erwarten Jobboom bei Älteren
Arbeitsmarktforscher rechnen für die kommenden Jahre mit deutlich besseren Beschäftigungschancen für ältere Arbeitnehmer. Er halte bei den über 60-Jährigen langfristig eine Beschäftigungsquote von bis zu 50 Prozent für möglich, sagte Martin Dietz, Arbeitsmarktexperte des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg, der „Financial Times Deutschland“. Oliver Stettes vom Institut der deutschen Wirtschaft erwartet einen „massiven Beschäftigungsaufbau“. Bei den älteren Arbeitnehmern würden sich die Beschäftigungsquoten künftig dem Durchschnitt aller Altersgruppen annähern, sagte er der Zeitung. Als Gründe für die besseren Jobchancen für Ältere nennen die Arbeitsmarktforscher den demografiebedingten Mangel an jungen Fachkräften und einen Kurswechsel der Politik bei Anreizen zur Frühverrentung. „Der deutliche Anstieg der Beschäftigung seit 2005 zeigt, dass die Schwierigkeiten Älterer auf dem Arbeitsmarkt weniger biologische Ursachen als vielmehr etwas mit institutionellen Fehlanreizen zu tun haben“, sagte Hilmar Schneider, Direktor für Arbeitsmarktpolitik am Institut zur Zukunft der Arbeit, der Zeitung. Bis 2005 habe der Sozialstaat den Betrieben dabei geholfen, „älteren Arbeitnehmern den Kündigungsschutz abzukaufen“. DIW bezweifelt Fachkräftemangel Wellen schlägt unterdessen eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), die einen bedrohlichen Fachkräftemangel bezweifelt. Die CSU sieht sich in ihrer skeptischen Haltung zur Zuwanderung bestätigt. Erwin Huber, wirtschaftspolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, äußerte im „Münchner Merkur“ den Verdacht, dass hinter dem Ruf der Wirtschaft nach Zuwanderung vor allem „der Wunsch nach billigen Arbeitskräften“ steckt. Die Unternehmen sollten sich stärker darum bemühen, „das in Deutschland bestehende Potenzial an Arbeitskräften ins Arbeitsleben zu integrieren“. Ähnliches fordert Bayerns DGB-Chef Matthias Jena: „Es gibt keinen Fachkräftemangel, wenn Junge ausgebildet, Beschäftigte weitergebildet und Arbeitslose qualifiziert werden“, sagte er der Zeitung. Nach Ansicht des Gewerkschafters zeigt die DIW-Studie, „dass Arbeitgeber und Regierung das Argument Fachkräftemangel instrumentalisieren, um sich aus der Verantwortung zu stehlen“. Thomas Hacker, Chef der FDP-Landtagsfraktion, ist nach wie vor sicher, dass Bildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen allein nicht ausreichen werden, um den künftigen Bedarf zu decken: „Wir brauchen gesteuerte Zuwanderung.“ Auch Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, überzeugen die Argumente des DIW nicht. „Engpässe sind bereits heute spürbar“, sagt er. „Unsere Prognos-Studie besagt, dass in Bayern in fünf Jahren 520.000 Fachkräfte fehlen werden.“ Das DIW-Papier sei nur eine „Momentaufnahme“, erklärte Katja Hessel (FDP), Staatssekretärin im Bayerischen Wirtschaftsministerium. „Nach der weit überwiegenden Zahl aller Studien wird sich hier die Situation in den kommenden Jahren deutlich verschärfen.“
WELT
Arbeitsmarktforscher rechnen mit glänzenden Aussichten für ältere Beschäftigte. Strittig ist allerdings, ob es zu einem Fachkräftemangel kommen wird.
Wirtschaft
2010-11-16T22:40:13Z
2015-10-03T11:54:37Z
Ökonomen erwarten Jobboom bei Älteren
https://www.welt.de//wirtschaft/article10978786/Oekonomen-erwarten-Jobboom-bei-Aelteren.html
Wirtschaftswachstum: Brüderle erwartet ein "Jahrzehnt der Arbeitnehmer"
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) rechnet mit einem lange anhaltenden Aufschwung und einer Rückführung der Neuverschuldung im Bund bis spätestens 2015. „Wir sehen einen nachhaltigen Aufschwung, der durchaus über die kommenden Jahre anhalten könnte. Angesichts der rückläufigen Bevölkerung in Deutschland und des Fachkräftemangels in der Wirtschaft könnte es ein Jahrzehnt der Arbeitnehmer werden“, sagte Brüderle der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. „Sollte sich das Wirtschaftswachstum als robust erweisen, kann die Rückführung der Neuverschuldung auf Null bis 2014 oder 2015 realistisch sein“, so der FDP-Minister. Das Ziel, die „breite Mitte“ steuerlich noch vor der nächsten Bundestagswahl (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bundestagswahl/) zu entlasten, bleibe bestehen. Auch der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke hält eine Nettoneuverschuldung von Null für möglich. Voraussetzungen seien aber ein solides Wirtschaftswachstum, eine weiter sinkende Arbeitslosigkeit und eine Stabilisierung des Euro.
WELT
Wirtschaftsminister Brüderle rechnet mit einem anhaltenden Aufschwung. Sogar die Rückführung der Neuverschuldung auf Null könnte erreicht werden.
Politik
Deutschland
2010-12-22T00:16:27Z
2015-09-01T10:23:07Z
Brüderle erwartet ein "Jahrzehnt der Arbeitnehmer"
https://www.welt.de//politik/deutschland/article11775567/Bruederle-erwartet-ein-Jahrzehnt-der-Arbeitnehmer.html
Kennenlernen: Die schlimmsten Dates der Welt
Auch schlechte Dates haben ihr Gutes, vorausgesetzt sie sind lange genug her. Immerhin hat man noch Jahre später ebenso Lustiges wie Aufregendes zu erzählen. Zumindest, wenn man sich dazu durchringt, im Gedächtnis nach ihnen zu kramen. Es schmerzt, wenn unter der dicken Schicht alter Schamgefühle die allerpeinlichsten Anbahnungstreffen wieder auftauchten. Zehn Menschen erzählen von ihren schrecklichsten Kontaktversuchen. Erdnussbutter und Hass Ich habe mal diesen Typen gedatet, den ich in einem Club kennengelernt hatte. Als er mich ansprach, sangen R.E.M. „It’s the End of the World“. Irgendwann wollten wir uns dann treffen, hatten auch schon einen Tag ausgemacht, aber er meldete sich nicht auf meine SMS, in der ich nach der Uhrzeit fragte. Ich wusste seine Adresse, fuhr zu ihm und fand ihn Pizza essend in seinem Zimmer vor. Er entschuldigte sich, aber er hätte im Internet eine Seite entdeckt, auf der man sein Todesdatum ausrechnen konnte. „Das hat mich so deprimiert, dass ich mich nicht mehr mit dir treffen konnte“, das war seine Begründung. Er sollte mit 85 in Ruhe entschlafen. Wir hockten dann in seinem Zimmer herum, er sah in der Ecke eine Spinne und musste sie minutenlang für irgendeinen Film aufnehmen, den er machen wollte. Ich erinnerte ihn, dass wir etwas kochen wollten. Was in seiner Welt so aussah: Ein Pfund Erdnussbutter in den Wok und Blumenkohl dazu, fertig. Dann fingen wir an, „Hass“ zu gucken, diesen Film über gewalttätige Banden in einer französischen Trabantenstadt. Ich kenne bis heute nur den Vorspann, weil der Mann sofort anfangen wollte zu knutschen. Ich aber nicht. Er schrie mich an, ich sei aus Plastik und schmiss mich raus. Als ich ging, war blöderweise die Haustür verriegelt. Ich konnte schlecht wieder hochgehen und ihn bitten, mir aufzuschließen, also bin im Hinterhof über eine Mauer geklettert, um über das Nachbarhaus auf die Straße zu kommen. Dabei riss meine Strumpfhose. Ava, 31, Hörspielregisseurin Frau mit Katzenohren Die schlimmsten Dates sind die, wenn man morgens mit einer Frau aufwacht, die man für ganz okay gehalten hat. Nackt sind alle Katzen grau. Dann aber steigt sie aus dem Bett und zieht sich an. Und zwar alles, was man in der Bar am Abend vorher aufgrund des gedämpften Lichts in der Bar und der ganzen Drinks gar nicht wahrgenommen hatte: Ringelstrümpfe, Hose, darüber einen Rock, eine Mütze mit Katzenohren. Vom Date selbst weiß man zum Glück auch nichts mehr. Yen, 38, Fotograf Porschefahrer mit Cognac Ich weiß nicht, ob es als Date gilt. Aber das Treffen hatte sich lange angekündigt. Herr F. war ein Freund meines Chefs. Eigentlich eine gute Partie, nett, wohlhabend, Porschefahrer. Ich liebe schnelle Autos. Herr F. liebte leider auch den Alkohol, gerne schon früh am Tag. Und so saß er des Öfteren morgens bei Kaffee und Cognac im Zimmer meines Chefs. Wenn er es beschwingt verließ, pflegte er zu scherzen: „Wenn meine Frau mal wegläuft, dann heirate ich Sie.“ Die Frau lief nicht weg. Sie starb eines Tages an Krebs. Er hielt dennoch Wort. Einige Monate nach ihrem Tod klingelte es bei mir am Gartentor. „So, jetzt bin ich frei“, sagte er. „Und ich würde gerne mit Ihnen ausgehen.“ Wir sind dann ein paar Tage später zusammen essen gegangen. Ich hatte allerdings gebeten, dass seine Sekretärin mitkommt. Das war’s dann mit uns. Ein Jahr später starb auch mein Chef. Auf seiner Beerdigung traf ich den Porschefahrer mit seiner neuen Freundin. Als er uns einander vorstellte, erklärte er der Frau: „Siehste, die wär’s gewesen.“ Elke, 60, Industriekauffrau Der ganz falsche Mann Ich befand mich mitten in einer Durststrecke und hatte mich mit einem Mann der B-Alternative verabredet, damit wenigstens irgendetwas passiert. Ich hatte ihn mal flüchtig über Bekannte kennengelernt. Wir trafen uns in irgendeiner dieser bescheuerten Strandbars. Ich kam da hin und dachte schon, als ich ihn sah: Ja, der sieht wirklich nicht so gut aus. Ich holte mir ein Bier und hockte mich neben ihn in den Sand. Wir fingen an, uns zu unterhalten – oder ich ihn. So maulfaul hatte ich ihn nicht in Erinnerung. Nebenbei dachte ich darüber nach, wie ich schnell verschwinden könnte. Nach einer halben Stunde stand ein anderer Mann neben mir – mein echtes Date. Ich hatte mich neben den falschen Typen gesetzt. Der muss gedacht haben, ich sei nicht ganz bei Trost, hat seine neue Anziehungskraft aber wahrscheinlich auf sein Aftershave geschoben. Es war mir alles so peinlich, dass ich an meiner Verabredung vorbei nach Hause rannte. Die Lehre daraus? Nie wieder Dates mit Kompromiss-Männern. Eva, 36, Krankenschwester Schöner daten mit Döner Ob er mich zum Essen einladen dürfe, fragte der junge Mann, der mir die Tür zum Uni-Hörsaal aufhielt. Das reichte schon, dass ich ihn für einen vollendeten Gentleman hielt – und zusagte. Ebenso schnell war das mit dem Gentleman leider vorbei. Weil er nur ein Fahrrad hatte, musste ich ihn mit meinem Auto abholen, um in sein „Lieblingsrestaurant“ zu fahren. Auf dem Weg schrie er mehrmals laut, Dinge wie: „Achtung, ein Benz!“ Zu meinem großen Erstaunen, schaffte ich es sogar, vor besagtem Lieblingsrestaurant einzuparken. Es war ein Dönerimbiss. „Du darfst dir ein Gericht aussuchen, das Getränk zahle ich aber nicht“, wies er mich an. Als ich mit meinem Hühnchenteller an dem Plastiktisch saß, bot ein Angestellter türkischen Tee auf Kosten des Hauses an. Ich lehnte ab – und wurde von meiner Begleitung bepöbelt: „Spinnst du? Der war umsonst! Den hätte ich doch getrunken! Jetzt muss ich mir noch einen kaufen, Mann!“ Zum Abschied sagte er, ganz Gentleman: „Tschüss, Alte.“ Die letzten Worte, die ich von ihm hörte. Nicole, 22, Studentin Süß, sauer, saftig, schleimig In der sechsten Klasse fragte mich dieser Junge, den alle cool fanden, ob ich mit ihm gehen wolle. Unser erstes Date war dann der gemeinsame Besuch einer Party bei einer Klassenkameradin. Der Junge, Maxi, schlug uns allen auf der Party ein Spiel vor: „Süß, sauer, saftig, schleimig“ hieß das, keiner außer Maxi kannte es. Wir stellten uns im Kreis auf, er erklärte die Regeln. Alle Jungs müssten die Mädchen reihum vor die Wahl zwischen süß, sauer, saftig und schleimig stellen. Als ich an die Reihe kam, sagte ich „schleimig“. Da ich ja sein Date war, zog Maxi mich zu sich ran und führte vor, worum es ging. „Süß“ bedeutete einen Kuss auf die Wange, „saftig“ einen auf den Mund, bei „sauer“ dürfte das Mädchen dem Jungen eine Ohrfeige geben und „schleimig“ war ein Zungenkuss. Vor der ganzen Klasse nahm Maxi meinen Kopf in seine Hände und zeigte, wie ein Zungenkuss geht. Ich fand es tatsächlich unfassbar schleimig. Und er hörte gar nicht auf, Maxi stand gern im Mittelpunkt. Aber Zungenküsse konnte er nicht. Nur dachte ich, das, was er da machte, sei normal – es war schließlich mein erstes Date und mein erster Zungenkuss. Am Ende hatte ich überall Spucke im Gesicht. Und weil wir ja hier auf einem Date waren, musste ich nun den ganzen Abend über „schleimig“ auswählen, wenn Maxi wieder an der Reihe war. So gingen die Regeln. Es war mir alles so schlimm peinlich. Sarah, 14, Schülerin Italo-Snob Wir trafen uns zum Mittagessen. Ich bestellte ein Glas Weißwein. Er guckte konsterniert und orderte sich dann demonstrativ eine Apfelschorle. Ich aß Spaghetti Broccoli mit Löffel und Gabel. Das fand er ganz schlimm. Ich erzählte ihm von meiner durchaus ehrbaren Tätigkeit in einer Werbeagentur. Er sagte: „Interessant, was es alles so gibt. Aber irgendwer muss das ja wohl machen.“ Ich war überhaupt nicht darauf vorbereitet, dass mich jemand so absnobt. Und natürlich fiel mir keine passende Antwort ein. Am Ende bestellte er einen Espresso und ich mir einen Cappuccino. Er: „Hast du mal auf die Uhr geguckt? Nach 12 trinkt kein Mensch mehr Cappuccino. Jedenfalls nicht, wenn er jemals in Italien war.“ Ciao! Rafaela, 42, Werberin Schrottwagen An dieser Frau in dem Ausflugscafé im Park stimmte rein gar nichts, ihr Gang, ihre Frisur, ihre Haut, ihr Blick schließlich, und sie musste exakt das Gleiche von mir denken. Schon als sie sich hinsetzte, war klar, dass wir beide im Grunde nur noch unser beider Abgang halbwegs würdevoll inszenieren müssten. Sie bestellte eine Saftschorle (klein), ich einen Cappuccino (klein), wir stellten uns ein paar lieblose Jobfragen und verbargen nicht mal das gegenseitige Desinteresse gegenüber dem Beruf des jeweils anderen. Als die Getränke endlich kamen, stürzten wir sie in großen Schlucken hinunter. Kurz fragte ich mich, ob man diese Situation nun nicht vielleicht auch auskosten konnte, das wäre ja gefahr- und schmerzlos für uns beide, wir würden uns freiwillig im Leben nicht mehr wiedersehen, diese seltsame Frau und ich. Doch dann sagte sie ernsthaft so was wie „Nichts für ungut“, was in dem Zusammenhang klang wie eine Beleidigung, denn so unterstrich sie nur, wie warenförmig wir einander begegneten: „Nichts für ungut, aber dieser Gebrauchtwagen ist schrottreif, den können Sie behalten“, das sagte sie eigentlich, sie taxierte mich wie eine Handelsware. Und nichts anderes hatte ich ja auch zuvor getan, nur freundlicherweise nonverbal. „Okay“, mehr sagte ich glaube ich nicht, stand auf und war verschwunden. Dass jede Liebe immer auch etwas von einem kläglichen Tauschgeschäft hat und Romantik in erster Linie dabei hilft, diese ernüchternde Tatsache einander nicht zu sehr spüren zu lassen – das wusste ich auch vorher schon. Die Frau aus dem Internet hatte es bloß ein wenig zu klar ausgesprochen. Ich ging heim, beschaute meine Roststellen und beschloss, mich vom Markt zu nehmen. Zumindest für eine Weile, bis der Selbstbetrug wieder halbwegs funktionieren würde. Mein Fazit: Internetdating ist auch keine Lösung. Man verpasst dabei den auslösenden Moment einer möglichen Liebe, den Augenblick, da man jemanden bemerkt und stutzt; da sich Blicke treffen; einen eine Bewegung fasziniert, eine Duftwolke streift. So schönen Kram eben. Jörg, 43, Kriegsreporter Keine Nacht mit Drogen Wir waren uns eines Nachts im Berliner Technoclub „Berghain“ begegnet – nicht gerade ein Ort, der für romantische Anbahnungen bekannt ist. Er kam mir ulkig vor, ich gab ihm dennoch meine Nummer. Nach Monaten trafen wir eine lose Verabredung, wir wollten Opium ausprobieren. Ich fand das eine lustige Idee, vergaß sie aber sofort wieder. Aber irgendwann rief er mich an und sagte, es könne jetzt losgehen. Der Mann besuchte mich zu Hause, ich kochte Pfefferminztee, legte eine Rachmaninow-Sinfonie auf (etwas Altmodisches und Dramatisches erschien mir passend) und wir aßen jeder ein daumennagelgroßes Stück des harzigen Klumpens. Noch heute will ich beim Gedanken an den bitter-rauchigen Geschmack speien. Als die Wirkung einsetzte – sie beschränkte sich zunächst darauf, dass alle Lichtquellen so aussahen, als hätte mir jemand Vaseline auf die Kontaktlinse geschmiert – schwoll die Musik gerade zur größtmöglichen Bedeutungsfülle an. Er bat mich, sie auszustellen, es sei unerträglich. Zeitgleich überkam uns das dringende Bedürfnis, uns hinzulegen. So schwammen wir dann nebeneinander auf meinem Bett herum. An eine Annäherung war nicht zu denken, jeder war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Irgendwann wallte eine große Übelkeit in mir auf, und ich stürzte ins Bad, wo ich mich mehrmals gut vernehmbar übergab. Und dann noch einmal. Er blieb liegen, was uncharmant war, mir in dieser Situation aber nur recht sein konnte. Als ich nur noch ein elendiges, graugesichtiges Bündel war, schlug er einen Spaziergang vor. Wir schlingerten über die Straße und landeten in einem schlechten vietnamesischen Restaurant. Während ich es nicht wagte, auch nur einen Happen zu mir zu nehmen, aus Angst, mich in die Suppe zu ergeben, aß er und schaute mich dabei mitleidig an. Unser Abschied geriet reichlich unbeholfen. Während ich versuchte, für den folgenden Arbeitstag wieder einigermaßen in Form zu kommen, schrieb er mir eine besorgte SMS. Und übrigens gehe es ihm ganz blendend. Um ehrlich zu sein, war dieses heillos verkorkste Date das beste meines Lebens. Die Liebe, die Monate später daraus entstehen sollte: Sie hält seit sechs Jahren an. Seitdem bin ich für den zweiten Versuch. Manchmal. Lou, 29, Schriftstellerin Folgen Sie uns unter dem Namen ICONISTbyicon auch bei Facebook (verlinkt auf https://www.facebook.com/ICONISTbyicon/?fref=ts) , Instagram (verlinkt auf https://www.instagram.com/iconistbyicon/) und Twitter (verlinkt auf https://twitter.com/ICONISTbyicon) .
Nicola Erdmann, Anne Waak
Gutes Essen, Komplimente, ein inniges Gespräch: So können erste Verabredungen sein. Doch manchmal geht es richtig daneben. Neun Geschichten aus dem wahren Leben – von Dönern, Snobs und Schleimküssen.
Iconist
2014-04-09T11:04:42Z
2019-12-15T19:19:32Z
Die schlimmsten Dates der Welt
https://www.welt.de//iconist/article126740266/Die-zehn-schlimmsten-Dates-der-Welt.html
Comic-Helden: Der Mann, der für Apple in den sauren Apfel biss
Die im Dunkeln sieht man nicht. Seit Brecht fängt so jede Erzählung von den wahren Helden an, verkannten Männern und vergessenen Frauen, sie treten ins Licht der Weltgeschichte, und man sieht sie eben doch. „Vita Obscura“ heißt der dritte Band von Simon Schwartz (verlinkt auf http://www.simon-schwartz.com) , der in der neuen deutschen Comiclandschaft selbst als Sonderling gefeiert wird. Von seinen Seiten strahlen aus dem Jenseits keine toten Popstars, sondern weithin unverstandene Musiker wie Moondog und Ikonen wie der schwule Sportler und Erfinder Alan Turing, der den ersten Algorithmus der Computertechnik formulierte, wegen Unzucht inhaftiert wurde und sich mit einem Apfel selbst vergiftete. Der angebissene Apfel grüßt uns täglich von den technischen iKonen unseres Lebens. Jetzt wissen wir auch, wer Alan Turing war. Dass auf dem Einband ein Zitat der amerikanischen Autorität Art Spiegelman bemüht wird, die Zukunft des Comics liege in seiner Vergangenheit, hätte nicht sein müssen. Das illustriert „Vita Obscura“ einleuchtend genug. Neben den seltsamsten Biografien (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/biografien/) zeigt und schildert Simon Schwartz auch die Geschichte des modernen Comics. Sind Comics Feuilleton? Als das 20. Jahrhundert anbrach, schmückten sich die Sonntagszeitungen (verlinkt auf http://www.lazyliterature.de/category/rezensionen/serie/tarzan-sonntagsseiten/) mit ganzseitigen Bildgeschichten in den schönsten Farben. Comics wurden zur Erbauung von Erwachsenen gedruckt. In der Weltwirtschaftskrise wurde auch die Zeitung wieder dünn und grau. Der Comic blühte unterdessen neu im jugendkulturellen Untergrund. Die Superhelden wurden für die Jugend zu Ersatzvätern, die jede Katastrophe meisterten. 2012 begann der „Freitag“, immerhin auf einer Drittelseite, Simon Schwartz zu drucken. Jeden „Freitag“ eine „Vita Obscura“ anstelle eines quergedachten Leitartikels. Manche Comicleser weinten vor Freude, andere vor Scham. Es gab eine Zeit, als sich der Comic kulturell nicht gebührend gewürdigt fühlte. Heute fürchtet sich der Comic fast schon vor dem Feuilleton und dem Verlust der Aura bildungsfernen Schunds. In diesen Widerspruch gerät „Vita Obscura“ nie. Dazu blickt Simon Schwartz zu freundlich und humorvoll auf die irren Lebenswege seiner Suprahelden. Luisa Casati, das erste Topmodel der Welt, wird von ihm in einem Ankleidebastelbogen verewigt, Heinrich der Deutsche als König von Madeira im 15. Jahrhundert in einer Collage aus Urlaubsbildern und Bordkarten des Autors. Es war nicht alles schlecht im „Mosaik“ Schwartz kam 1982 auf die Welt, in Erfurt. Wer ein wenig früher in der DDR geboren wurde, jubelt über ein Wiedersehen mit Lexi auf Seite 63. Für alle anderen: Lexi war ein fröhlicher Gnom, der den Zonenkindern im „Mosaik“ (verlinkt auf http://www.mosapedia.de/wiki/index.php/Hauptseite) eine naturwissenschaftliche Allgemeinbildung vermittelt hat, von der sie noch heute zehren. Lexi führte in den frühen Sechzigerjahren durch die Welt der Plaste und Elaste aus Schkopau und über den neuen Großflughafen Schönefeld. Für die Lektüre der „Vita Obscura“ des tragischen Tüftlers Karl Hans Janke erklärt Lexi, wie man sich aus einer CD-Hülle, einem blauen sowie einem roten Edding eine 3-D-Linse bastelt, um räumlich sehen und lesen zu können, wie Janke einerseits das GPS erfand, andererseits auch märchenhafte Energieformen und 1988 in einer sächsischen Nervenheilanstalt verstarb. 3-D-Bilder waren auch der große Hit der „Frösi“, des obskuren Magazins der Thälmann-Pioniere. Simon Schwartz ist eindeutig ein Kind des „Mosaiks“, auch wenn er schon als Kleinkind mit den Eltern nach Berlin-Kreuzberg auswanderte und mit westlichen Comics sozialisiert wurde. In „Drüben“, seiner ersten eigenen Graphic Novel, zeichnete er aus der Kinderperspektive seinen Umzug nach. Es geht ihm wie so vielen heute, 25 Jahre nach dem Mauerfall: Die musealisierte DDR erscheint vor allem denen, die sie nicht bewusst erlebt haben, in einem interessanten Licht. Bildgeschichten fürs System-Upgrade Auch mit dem „Mosaik“ tat sich der Westen lange schwer. Im Strich zu kindlich und im Anliegen zu pädagogisch. Comic-Kenner wollten Hannes Hegens Bildgeschichtenheft, das 1955 von der FDJ als Gegengift des Humanismus in den Klassenkampf geworfen wurde, nicht einmal verdammen. Sie fanden das „Mosaik“ einfach nur ostig, lächerlich und piefig. Zuerst Hannes Hegens Digedags, drei welt- und zeitreisende Kobolde, seit 1975 ihre Erben, Lona Rietschels Abrafaxe. Simon Schwartz war Praktikant bei Rietschels „Mosaik“ gewesen, bevor er nach Hamburg ging, um an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften bei der aus Ost-Berlin stammenden Zeichnerin Anke Feuchtenberger (verlinkt auf http://www.feuchtenbergerowa.de) zu studieren. Schon 1990 hatte sich die freie Kunstszene der DDR in der Leipziger Galerie Eigen + Art zur Tradition des „Mosaiks“ bekannt. Heute sieht man die Tradition in etlichen der schönsten deutschen Comics wieder. In der furiosen Serie „Das UPgrade“ der ehemaligen „Mosaik“-Zeichner Sascha Wüstefeld und Ulf S. Graupner über den ersten Superhelden der DDR. Ronny Knäusel hat je eine Lebenshälfte in der DDR und im System-Upgrade danach verbracht, er reist durch Zeit und Raum und hinterlässt dabei die Spuren der Digedags wie Wegmarken. In Mawils „Kinderland“ sind es die Abrafaxe. Wahrheit, Weltbild, Werte Als die ersten Freitagsseiten der „Vita Obscura“ zu bestaunen waren, bekam Simon Schwartz gerade den Max-und-Moritz-Preis in Erlangen für „Packeis“. Eine mosaikhaftere deutsche Graphic Novel hatte es bis dahin nicht gegeben. In ihrer naiven klaren Linie wie in der Geschichte und in ihrer Botschaft: Robert Peary hatte 1909 den Nordpol nicht allein besucht, nicht mal als erster Mensch. Der Erste war sein schwarzer Diener Matthew Henson. Dazu gibt es Quellen, allerdings allein von Matthew Henson. Schwartz führt sie im Anhang ordnungsgemäß auf als Fakten zur Fiktion. In „Packeis“ geht es wie in einer legendären „Mosaik“-Serie zum Bürgerkrieg Amerikas um Gut und Böse. Schwarz ist gut, Weiß böse. Alle Graustufen und Farben sind verschwunden, nur ein geisterhaftes Blau weht durch die Bilder. Robert Peary ist Kapitalist, Kolonialist und Herrenmensch. Und Matthew Henson ist der rundum positive Held dieser Geschichte, den die Inuit sofort als Heiligen erkennen und verehren. Als Mahri Paluk, als schwarzen Engel, der den Teufel in der weißen Hölle des Magnetpols heimgesucht hat. Mahri Paluk lebt tatsächlich in den Mythen der Inuit. Wahrheitsgehalt, Weltbild, Werte: Dafür war das „Mosaik“ als Comic lange nicht für voll genommen worden. Jetzt werden sogar die künstlerischen Einflüsse gewürdigt: in Wüstefeld und Graupners „UPgrade“ die wie in alten Disney-Trickfilmen gesprühten Hintergründe, bei Mawil das Drollige der Figuren und in „Packeis“ von Simon Schwartz der japanische Pinselstrich. Lichtblicke von unten In „Vita Obscura“ geht der Hegenianer Simon Schwartz noch weiter. Die Gesichter werden grün wie im „Mosaik“ des Lexi-Zeitalters. Vor allem aber holt er seine Einflüsse nicht aus der engeren Comictradition, sondern, wie bei Hannes Hegen, aus Gebrauchsgrafik und Kunstgewerbe. Die jüdische Hochspringerin Gretel Bergmann von 1936 und ihre arische Ersatzfrau Dora Hartjen, die sich später Heinrich nennen sollte, werden im expressionistischen Siebdruck verewigt. Der LSD-Poet Ken Kesey feiert seine Auferstehung in psychedelischer Acrylmalerei. Die Einseiter sind gestaltet wie Flugsicherheitstafeln, Keramikreliefs oder eben wie Sonntagszeitungsseiten aus dem anbrechenden 20. Jahrhundert. Inzwischen gibt es eine neue deutsche Tradition des Biocomics: Darin werden Superhelden aus Kultur und Politik geehrt, von Johnny Cash bis Fidel Castro. Die Geschichte wird darin gemacht von großen Männern. Simon Schwartz erinnert an die Kleinen und Gescheiterten. Jeder seiner Comics ist ein Lichtblick von unten.
Michael Pilz
Der Zeichner und Autor Simon Schwartz erzählt in seinem Band „Vita Obscura“ meisterhaft von den verkannten und vergessenen Heroen der Menschheitsgeschichte. Und von der Historie seines Mediums.
Kultur
Literatur
2014-04-27T14:25:06Z
2015-10-01T07:59:35Z
Der Mann, der für Apple in den sauren Apfel biss
https://www.welt.de//kultur/literarischewelt/article127362739/Der-Mann-der-fuer-Apple-in-den-sauren-Apfel-biss.html
Uighurs: Palau in talks to take Guantanamo Bay inmates
"Discussions are continuing with the Palau government but no final decision has yet been taken,“ said the official, who declined to be named as the negotiations were at a delicate stage with the Palau government. The official said Fried also asked Australia during a visit if it would be willing to take in Guantanamo detainees. The United States has struggled to convince other countries to take in detainees who have been held at the prison for foreign terrorism suspects at the U.S. naval base at Guantanamo Bay, Cuba, complicating President Barack Obama’s quest to close the facility by next January. Human rights groups and others have argued that the prison has undermined the reputation of the United States worldwide. Many prisoners have been held for years without charges, and rights groups say U.S. forces have resorted to torture. A U.S. federal judge has ordered the group of 17 Chinese Muslim men of the Uighur minority to be freed in the United States, but an appeals court ruled in April that the judge did not have the authority to give such an order. UIGHURS CLEARED OF TERRORISM The Uighur detainees come from China’s largely Muslim Western province of Xinjiang. The U.S. government has cleared the Uighurs of terrorism allegations, but they remain stuck at Guantanamo Bay as U.S. officials mull where to send them. The Obama administration is reviewing what to do with about 240 detainees still held at the prison, which was opened in 2002 by former President George W. Bush in the aftermath of the Sept. 11, 2001, attacks on the United States. State Department spokesman Ian Kelly declined comment on Fried’s travels last week to both Australia and Palau. Fried has been given the task of resettling detainees and lobbying countries to take them in so that the prison can be closed. "As a matter of policy, we are not going to comment on our bilateral discussions with individual countries. It is really up to our partners to characterize the level of their involvement,“ he said. The United States on Tuesday transferred the first detainee from Guantanamo Bay to stand trial in a U.S. civilian court. Ahmed Khalfan Ghailani, a Tanzanian held at Guantanamo since 2006, is accused of involvement in the bombing of U.S. embassies in Africa. Back to English News homepage (verlinkt auf http://welt.de/english-news)
WELT
The U.S. is negotiating with the South Pacific island nation of Palau to accept a group of Chinese Muslims held at the Guantanamo Bay detention center who fear persecution if they are returned to China., a U.S. official said on Tuesday. State Department official Daniel Fried held talks last week with government officials in Palau.
English-news
2009-06-10T07:43:44Z
2011-11-17T22:35:24Z
Palau in talks to take Guantanamo Bay inmates
https://www.welt.de//english-news/article3897304/Palau-in-talks-to-take-Guantanamo-Bay-inmates.html