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Journalisten-Schelte: Meine Kollegen, die Aufsager und Versager
Es ist ja nicht so, dass ich von meinen Kollegen, den sogenannten Auslandskorrespondenten, eine allzu hohe Meinung hätte. Insofern bin ich auch nicht enttäuscht, wenn ich den Stuss lese, höre oder sehe, den sie produzieren. Mein absoluter „all time favorite“ ist der Brüsseler ZDF-Korrespondent Udo van Kampen, der die Verlautbarungen der EU und ihrer Agenturen so präsentiert, wie das Polizeiorchester von Neuwied den Radetzky-Marsch spielen würde. Aber das nur nebenbei. Ich will auf etwas anderes hinaus, die Auslandskorrespondenten, die in Israel arbeiten und den israelisch-palästinensischen Konflikt (verlinkt auf /politik/ausland/article118540323/Friedensabkommen-soll-in-neun-Monaten-stehen.html) “covern”. Ich habe ihnen von 1981 bis 1990 bei der Arbeit über die Schulter geschaut. Seitdem hat sich einiges geändert. Statt zur Post zu laufen, wo die Berichte auf Lochstreifen getippt und dann gesendet wurden, kann man heute alles bequem von zu Hause oder aus dem Büro über das Internet erledigen. Alles Übrige, fürchte ich, ist gleich geblieben. Vollkommen unbeleckt ins Land gekommen Nicht nur, dass die meisten Korrespondenten, die vollkommen unbeleckt ins Land kamen, spätestens nach zwei bis drei Wochen zu Experten gereift waren und genau wussten, wie der Konflikt gelöst werden sollte, nicht nur, dass sie aus ihren Redaktionen Anweisungen bekamen, was und vor allem wie sie berichten sollten, sie hatten auch nach kurzer Zeit den Bogen raus, wie man an exklusive Informationen rankommt, ohne viel zu riskieren. Zum Recherchieren zogen sie sich mit einer Ausgabe der “Jerusalem Post” und einem blauen Marker in ein Café zurück. Und wenn sie dann mit dem Kellner oder der Kellnerin drei Worte gewechselt hatten, machten sie daraus gleich einen Beitrag zur “Stimmung im Lande”. Besser dran waren die Mitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Anstalten und der großen Agenturen. Sie verließen ihre klimatisierten Büros nur in Notfällen, zum Beispiel, um vom Dach des Hauses einen “Aufsager” zu machen, um den Zuschauern zu suggerieren, sie seien “vor Ort”. Den Rest erledigten sogenannte Stringer, die wirklich dort waren, wo es krachte. An Rachels Grab bei Bethlehem, an der Machpela bei Hebron, am Felsendom in Jerusalem. Aus deren Bildern und O-Tönen wurden dann in den Studios die aktuellen Berichte produziert und per Satellit überspielt. So ist auch der berühmte Bericht über die “Ermordung” von Mohammed al-Durrah in Gaza von Charles Enderlin für France 2 zustande gekommen, der bis heute die Medien und die Gerichte beschäftigt. „Ich kann nichts ändern, also gehe ich” Es gab natürlich auch andere Möglichkeiten, der nach exklusiven Informationen lechzenden Meute um eine Nasenlänge voraus zu sein. Wenn der Korrespondent eine Korrespondentin war, hatte er beziehungsweise sie etwas zu bieten, das die Recherche optimieren konnte – Zugang zu Quellen, die Rafi, Zwi oder Mahmud hießen. So kamen wirklich witzige Allianzen zustande, die jeden Gleichstellungsbeauftragten in den Wahnsinn getrieben hätten. Die Jungs mussten nicht einmal abgeschöpft werden, sie übersetzten einfach das, was sie für hebräische beziehungsweise arabische Zeitungen geschrieben hatten, ihren temporären Partnerinnen zum Frühstück im Bett. Man könnte das Verfahren auch VdL nennen: Vorsprung durch Liebe. Ich weiß nicht, ob es heute so etwas noch gibt, eher nicht, denn die Quellenlage ist besser geworden. Es gibt viel mehr hebräische und arabische Medien, die englische Ausgaben anbieten. Was freilich gleich geblieben ist, das ist die Selektivität im Umgang mit Themen und die Anmaßung, einen Beitrag zur Lösung des Konflikts leisten zu müssen. Der bereits erwähnte France-2-Korrespondent Charles Enderlin zum Beispiel pflegte Israelis und Palästinenser zu “Friedensgesprächen” in sein Büro einzuladen. Eine deutsche Korrespondentin, die von Jerusalem nach Washington versetzt wurde, schrieb in ihrem Abschiedsartikel: “Es ändert sich nichts, ich kann nichts ändern, also gehe ich.” Die Israelis waren immer die Täter, die Palästinenser immer die Opfer, bestenfalls “die Opfer der Opfer”, auch dann, wenn sie sich gegenseitig massakrierten. Einseitigkeit der Berichterstattung Mit dieser, sagen wir es freundlich, Einseitigkeit der Berichterstattung ist auch zu erklären, warum Sie in den deutschen Medien – mit einer Ausnahme – nichts über den Besuch einer palästinensischen Delegation in der Jerusalemer Knesset gelesen haben, wobei eine israelische und eine palästinensische Fahne den Sinn des Treffens (verlinkt auf http://www.jpost.com/Diplomacy-and-Politics/Palestinian-flag-out-in-honor-as-PA-officials-visit-Knesset-321637) symbolisierten. Wenn so etwas bei einer Konferenz von Peace Now passiert wäre oder bei einer Tagung der Evangelischen Akadamie in Bad Boll (“Perspektiven und Prognosen für eine Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten”), hätte man das Ereignis mit Schweigen übergehen können. Aber es geschah in Jerusalem, im israelischen Parlament, und das Treffen wurde nicht von Uri Avnery initiiert oder von Avram Burg, sondern von einer Gruppe von 40 Knesset-Abgeordneten, dem Caucus for Ending the Israeli-Arab Conflict, die eine Verhandlungslösung mit den Palästinensern für die wichtigste politische Aufgabe der Gegenwart halten. Und die Palästinenser, die in die Höhle des Löwen gekommen waren, riskierten weit mehr als jeder Korrespondent, der schon mal die Bar im „Hotel Mövenpick“ in Ramallah besucht hat. Es gab Berichte in israelischen (verlinkt auf http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-4412143,00.html) und palästinensischen (verlinkt auf http://www.maannews.net/arb/ViewDetails.aspx?ID=618327) Medien; auch im Libanon (verlinkt auf http://www.almanar.com.lb/english/adetails.php?eid=104157&cid=23&fromval=1) , in Saudi-Arabien (verlinkt auf http://www.saudigazette.com.sa/index.cfm?method=home.regcon&contentid=20130801175544) und den Emiraten (verlinkt auf http://gulftoday.ae/portal/3cb4f05e-7e26-4a19-83b6-76a091bdea31.aspx) wurde das Ereignis zumindest zur Kenntnis genommen, ebenso in England (verlinkt auf http://www.lbc.co.uk/peace-talks-palestinians-visit-israeli-knesset-75886) und in Kanada (verlinkt auf http://www.theglobeandmail.com/news/world/palestinian-officials-visit-israels-parliament/article13541397/) . In Deutschland hat nur ein einziges Medium (verlinkt auf http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2013-07/27578101-palestinian-and-israeli-flags-fly-together-in-israeli-knesset-during-historic-meeting-parallel-activities-encouraging-negotiations-happening-in-palest-008.htm) einen englischen Reuters-Bericht übernommen. Erbärmlich, nicht wahr? Obwohl doch gerade wir als Deutsche für den Frieden im Nahen Osten und der ganzen Welt eine besondere Verantwortung tragen. Bei der nächsten Initiative zur “Ermöglichung informierter Kaufentscheidungen” (verlinkt auf http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/die_ermoeglichung_informierter_kaufentscheidungen) sprechen wir uns wieder.
WELT
In der medialen Berichterstattung sind Israelis häufig Täter, Palästinenser Opfer. Die Einseitigkeit der Berichterstattung ist in Deutschland besonders erbärmlich, meint Henryk M. Broder.
Politik
Deutschland
2013-08-03T12:17:28Z
2017-08-30T01:53:18Z
Meine Kollegen, die Aufsager und Versager
https://www.welt.de//politik/deutschland/article118660845/Meine-Kollegen-die-Aufsager-und-Versager.html
Polen: 3200 versuchte illegale Übertritte aus Belarus in zwei Wochen
Polens Grenzschützer haben seit Anfang September an der Grenze zu Belarus mehr als 3200 Versuche einer illegalen Einreise registriert. Allein am Donnerstag habe es 238 solcher Versuche gegeben, sagte die Sprecherin des Grenzschutzes der Nachrichtenagentur PAP am Freitag. Ihren Angaben zufolge kampiert eine seit fünf Wochen an der polnisch-belarussischen Grenze festsitzende Gruppe von Flüchtlingen weiterhin in einem Wald in der Nähe des Dorfes Usnarz Gorny. Die Migranten würden von der belarussischen Seite (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/ausland/article233694466/Frontex-Direktor-Es-gibt-EU-Laender-die-an-der-gruenen-Grenze-wegschauen.html) mit Essen, Trinken und Feuerholz versorgt. Die Angaben lassen sich unabhängig nicht überprüfen, da Polen keine Journalisten und Helfer zu der Gruppe vorlässt. Die Regierung in Warschau beschuldigt den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, in organisierter Form Flüchtlinge aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze zu bringen. Lukaschenko hatte Ende Mai angekündigt, dass Minsk (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/weissrussland/) Migranten nicht mehr an der Weiterreise in die EU hindern werde – als Reaktion auf verschärfte westliche Sanktionen gegen die ehemalige Sowjetrepublik. Polen hat in der Grenzregion zu Belarus (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/ausland/article233606071/Gefaengnis-in-Belarus-Die-Waende-der-ueberfuellten-Zellen-stehen-unter-Strom.html) den Ausnahmezustand verhängt. Ortsfremde dürfen nicht hinein. Außerdem bauen Soldaten der polnischen Armee einen Zaun. Nach Angaben von Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak sind bereits 60 Kilometer der Grenzbarriere fertiggestellt. Polens 418 Kilometer lange Grenze zu Belarus ist zugleich auch eine Außengrenze der EU. Vorrangig sollten diejenigen Abschnitte gesichert werden, die über Land verlaufen – insgesamt etwa 190 Kilometer. Dort, wo der Fluss Bug die beiden Länder trennt, soll der Zaun später errichtet werden.
WELT
An Polens Grenze kommt es derzeit täglich zu mehreren Hundert illegalen Grenzübertritten aus Belarus. Die Menschen kommen vermehrt aus Afghanistan und dem Iran. Weil Belarus sie nicht mehr zurückhält, plant Polen einen Zaun an der EU-Außengrenze.
Politik
Ausland
2021-09-17T10:30:55Z
2021-09-17T10:30:55Z
3200 versuchte illegale Übertritte an Polens Grenze im September
https://www.welt.de/politik/ausland/article233856042/Polen-3200-versuchte-illegale-Uebertritte-aus-Belarus-in-zwei-Wochen.html
Neuzulassungen: Rabattschlacht um Autos erreicht ihren Höhepunkt
Angesichts des weiter schwachen Marktes werden wieder mehr Autos in Deutschland mit teilweise kräftigen Rabatten verkauft. Nach einer Untersuchung des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen stiegen die Preisnachlässe im Juni wieder an: Dies liege vor allem an einer hohen Zahl an neuen Sonderaktionen der Autobauer. Mit Rabatten, Sondermodellen und Finanzierungen hätten Autokäufer im Durchschnitt 12,6 Prozent gespart. Hingegen seien die Eigenzulassungen im Mai zum zweiten Mal in Folge gesunken. Ihr Anteil an den Gesamt-Neuwagenzulassungen ging auf 26,5 Prozent zurück. Bei Eigenzulassungen lassen Autobauer und Autohändler Neuwagen selbst zu, um sie als Dienstwagen, Vorführwagen und Kurzzulassungen billiger anbieten zu können. Das wirke sich auf den gesamten Markt aus, betonte Dudenhöffer: „Hohe Eigenzulassungsquoten setzen in der Folge die Preise für Neuwagen unter Druck, da Kurzzulassungen und junge Gebrauchtwagen eine Alternative zum Neuwagen sind.“ Insgesamt deute die Entwicklung der letzten beiden Monate zwar darauf hin, dass die Lage angespannt bleibe, sagte Dudenhöffer: „Aber der Höhepunkt im Rabattwettbewerb scheint erreicht.“ Neuzulassungen weiter rückläufig Im ersten Halbjahr kauften die Deutschen deutlich weniger Autos. Die Zahl der Neuzulassungen zwischen Januar und Juni lag um 8,1 Prozent unter dem Niveau des ersten Halbjahres 2012, wie das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) mitteilte. Insgesamt seien in diesem Zeitraum 1,502 Millionen Pkw zugelassen worden. Im Juni hätten die Zulassungszahlen 4,7 Prozent niedriger gelegen als im Vergleichsmonat des Vorjahres, teilte das KBA mit. Der April sei in diesem Jahr der bislang einzige Monate gewesen, in dem mehr Autos verkauft worden seien als im vergangenen Jahr. Über fast alle Pkw-Segmente hinweg seien die Zulassungszahlen im ersten Halbjahr zurückgegangen, teilte das KBA mit. Zugelegt hätten nur Geländewagen (plus 3,6 Prozent), Wohnmobile (plus 2,9 Prozent) und kleine Autos (plus 0,2 Prozent). Bei Porsche (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/porsche/) seien als einziger deutscher Marke die Zulassungszahlen im ersten Halbjahr gestiegen und zwar um 3,0 Prozent, teilte das KBA mit. Audi (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/audi/) büßte 5,1 Prozent ein, Mercedes-Benz 2,3 Prozent und BMW (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bmw/) 7,1 Prozent. Bei Opel belief sich das Minus demnach auf 11,0 Prozent, bei Ford auf 11,8 Prozent. VW (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/vw/) lag 9,0 Prozent im Minus, jedoch mit einem Marktanteil von 21,6 Prozent insgesamt noch weit vor allen anderen Herstellern. Autoindustrie setzt auf Alterungseffekt Die Automobilindustrie hofft darauf, dass sich die Pkw-Nachfrage in Deutschland in den nächsten Monaten wieder fängt. Die Abstände zum Vorjahr dürften in der zweiten Jahreshälfte deutlich kleiner werden, prognostizierte der Verband der Automobilindustrie (VDA). Dabei setzen die Autobauer neben statistischen Effekten auch darauf, dass die Kundschaft vermehrt ältere Fahrzeuge durch neue ersetzt. „Sowohl bei den privaten Käufern als auch bei den gewerblichen Kunden staut sich derzeit ein erheblicher potenzieller Nachholbedarf an“, sagte VDA-Chef Matthias Wissmann. Das Durchschnittsalter der Autos, die auf Deutschlands Straßen unterwegs sind, liegt derzeit bei 8,7 Jahren – ein neuer Höchststand. Zum Vergleich: Im Jahr 2007 lag das Durchschnittsalter bei 7,7 Jahren. Seit Jahren setzen die Autobauer in einem stagnierenden Markt in Europa auf diesen Effekt. Bisher zeichnet sich eine Trendwende jedoch nicht ab, weil Europa noch fest im Griff der Staatsschuldenkrise ist. Wegen der unsicheren Konjunkturaussichten und der hohen Arbeitslosigkeit trauen sich viele Konsumenten keine großen Neuanschaffungen wie ein Auto zu (verlinkt auf /wirtschaft/article117229685/Europas-Kaeufer-lassen-neue-Autos-auf-dem-Hof-stehen.html) . Für das laufende Jahr rechnet der VDA mit einem Rückgang der Pkw-Neuzulassungen auf 2,9 bis drei Millionen Fahrzeuge, nachdem 2012 knapp 3,1 Millionen Wagen neu auf die Straßen gekommen waren. In den USA läuft es besser Den amerikanischen Autoherstellern geht es dagegen bereits jetzt besser. Die kräftige Nachfrage nach Pick-up-Trucks und SUVs verhalf ihnen im Juni zu starkem Wachstum. Vor allem die Erholung des US-Immobilienmarktes lässt viele Amerikaner zuversichtlicher in die Zukunft schauen. Viele tauschen ihre in die Jahre gekommenen Autos gegen neue Modelle ein und greifen dabei gerne bei großen und für die Hersteller renditeträchtigen Fahrzeugen zu. Davon profitierten insbesondere die großen US-Autohersteller GM, Ford und Chrysler, die den stärksten Juni seit Ausbruch der Finanzkrise feierten. „Amerikanischen Familien geht es besser als zu Jahresbeginn und sie glauben, dass die Wirtschaft weiter wächst“, sagte GM-Chefsvolkswirt Mustafa Mohatarem. GM steigerte den Absatz um 6,5 Prozent auf knapp 265.000 Wagen, Ford legte um 13,4 Prozent auf fast 236.000 Fahrzeuge zu. Chrysler verkaufte knapp 157.000 Wagen, acht Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Volkswagen (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/vw/) verkaufte hingegen erneut weniger Autos auf dem US-Markt. Der Absatz der Kernmarke VW schrumpfte um 3,2 Prozent auf rund 37.000 Autos. Besser schlug sich die Tochter Audi, deren Verkäufe um 8,2 Prozent auf 13.700 Autos zulegten. Auch bei Audi griffen die Kunden gerne zu großen Modellen: Der Absatz des Luxus-SUV Q7 stieg um 78,3 Prozent. Audi erwarte 2013 das dritte Rekordjahr in Folge, sagte Mark Del Rosso, COO der amerikanischen Audi-Tochter. Während VW der Konkurrenz in den USA hinterherfährt, bleibt der Rivale Toyota (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/toyota-neuheiten-fahrberichte-tests/) auf der Überholspur. Die Japaner übergaben gut 195.000 Fahrzeuge an die Kunden, ein Plus von zehn Prozent. Nissan steigerte den Absatz sogar um 13 Prozent auf gut 104.000 Wagen.
WELT
Die Zahl der Pkw-Neuzulassungen in Deutschland ist im ersten Halbjahr eingebrochen. Nur eine deutsche Marke konnte sich dem Trend entziehen. Für Kunden könnte jetzt der beste Kaufzeitpunkt sein.
Wirtschaft
2013-07-02T10:27:38Z
2015-10-06T07:37:25Z
Rabattschlacht um Autos erreicht ihren Höhepunkt
https://www.welt.de//wirtschaft/article117635031/Rabattschlacht-um-Autos-erreicht-ihren-Hoehepunkt.html
Peter Steudtner frei: Bundesregierung erwartet Freilassung von Deniz Yücel
Die Bundesregierung reagiert mit erfreuter Zurückhaltung auf die Freilassung des deutschen Menschenrechtlers Peter Steudtner aus der türkischen Untersuchungshaft. „Die Freilassung von Peter Steudtner (verlinkt auf /170058544) und der anderen Menschenrechtler ist erfreulich“, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), der WELT. „Wir verstehen das Signal der Türkei als ein Zeichen dafür, dass neues Vertrauen wachsen kann. Wir bleiben aber bei unserer klaren Erwartung, dass Deniz Yücel (verlinkt auf /themen/freedeniz/) , Mesale Tolu und alle anderen, die aus politisch motivierten Gründen inhaftiert worden sind, endlich freikommen müssen. Nur so können wir wieder zu guten Beziehungen kommen.“ Die Türkei sende derzeit permanent zwei unterschiedliche, sich widersprechende Signale aus, heißt es unter deutschen Diplomaten. Einerseits bediene sich Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan (verlinkt auf /themen/recep-tayyip-erdogan/) einer provozierenden, jeder Vernunft entbehrenden Rhetorik. Andererseits gebe es aus der zweiten Reihe in Ankara immer wieder den Wunsch nach einem besseren deutsch-türkischen Miteinander, eine „gewisse Nachdenklichkeit“. Die türkische Regierung wisse, dass die Bundesregierung ihren Kurs nicht ändern könne, solange deutsche Staatsbürger aus politischen Gründen inhaftiert seien. Solange dies so sei, habe man keinerlei Spielraum, auf die Türkei zuzugehen, heißt es im Auswärtigen Amt. Deutsche Regierungsvertreter sehen sich dabei einem doppelten Druck ausgesetzt. Zum einen erwarte die Öffentlichkeit eine Lösung der Fälle, also eine Freilassung der Inhaftierten. Ohne Gespräche im Hintergrund, ohne Diplomatie aber sei dies kaum möglich. Zum anderen werde stets der Vorwurf erhoben, Berlin erhebe nicht laut, nicht deutlich genug das Wort. Der „absurdeste“ Fall Schon in den vergangenen Wochen war der Fall Steudtner in deutschen Regierungskreisen als der „absurdeste“ Fall unter all jenen deutschen Fällen wahrgenommen worden – verbunden mit der Erwartung, er werde womöglich am einfachsten zu lösen seien. So hatte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu angekündigt, sich für einen beschleunigten Prozessbeginn einzusetzen. Er hielt Wort. Während des Prozesses am Mittwoch in Istanbul habe sich die „Absurdität“ der Vorwürfe gegen Steudtner erwiesen, heißt es in der Bundesregierung. Steudtner sei so weit entfernt von einer (partei-)politischen Vereinnahmung, er habe wenig Berührungspunkte mit der Türkei gehabt, sei schlichtweg „ein guter, aufrechter Menschenrechtsaktivist“. Das Seminar in der Türkei, während dem er festgenommen worden war, sei nicht mehr als „Teil seiner Arbeit“ gewesen. Die Fälle der Journalistin Tolu und des WELT-Korrespondenten Yücel seien vermutlich schwieriger zu lösen, hieß es schon vor Bekanntgabe der Freilassung Steudtners in deutschen Regierungskreisen. Beide Journalisten seien inzwischen europaweit bekannt. So absurd auch hier die Vorwürfe lauteten, so sei die Frage schwieriger zu beantworten, wie Erdogan sein Gesicht wahren könne. Doch auch die Frage der „Gesichtswahrung“ Erdogans ist unter deutschen Diplomaten umstritten. Dies sei eine westliche Kategorie, die für den türkischen Staatspräsidenten nur sehr bedingt relevant sei. Erdogan habe schon allerhand 180-Grad-Wenden in seinem Leben hinter sich: Man denke nur an das wechselhafte Verhältnis zu Russland oder dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad (verlinkt auf /themen/baschar-al-assad/) . Eine Gegenleistung aber erwartet Erdogan allemal, während die Bundesregierung immer wieder auf die Rechtsstaatlichkeit insistiert und „Deals“ – etwa eine Auslieferung von türkischen Nato-Generälen, die hierzulande Asyl beantragt haben – klar ablehnt. Der am Mittwoch gewährte Aufschub (verlinkt auf /170040313) , den der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte der Türkei im Fall Yücel gewährt hat, deutet auf vorerst wenig Bewegung hin. Es gebe bisher keinerlei Hinweise, dass sich hier etwas tue, heißt es in Berliner Regierungskreisen. Mit konkreten Gegenleistungen Berlins infolge der Freilassung Steudtners – dessen Prozess ja am 22. November in der Türkei fortgesetzt wird – kann Ankara nicht rechnen. Auch in den Verhandlungen zur Bildung einer Jamaika-Koalition (verlinkt auf /politik/deutschland/live170061788/Merkel-Seehofer-und-Lindner-besprechen-sich-ohne-Gruene.html) dürfte der Umgang mit der Türkei, konkret den EU-Beitrittsverhandlungen, umstritten bleiben. Die CSU wirbt für einen Abbruch, die Grünen sind dagegen. Die vom seinerzeitigen SPD-Kanzlerkandidaten im September erhobene Forderung, Berlin solle einen Abbruch der Verhandlungen erwirken, ist zwischenzeitlich verpufft.
Daniel Friedrich Sturm
Die Bundesregierung stellt nach der Freilassung Peter Steudtners durch die Türkei klar: Auch alle anderen aus politisch motivierten Gründen Inhaftierten müssen freikommen. Doch die deutschen Diplomaten stecken in einer Zwickmühle.
Politik
Deutschland
2017-10-26T09:45:46Z
2018-03-15T11:48:09Z
Erdogans widersprüchliche Signale an Deutschland
https://www.welt.de//politik/deutschland/article170061530/Erdogans-widerspruechliche-Signale-an-Deutschland.html
Mehr Flexibilität für Kinder!
Fast täglich sind in den vergangenen Wochen Forderungen nach einer besseren Förderung der Familien in Deutschland aufgetaucht. Fast ausschließlich ging es bei diesen, fast immer an den Staat gerichteten Forderungen, um finanzielle Unterstützung. In der aktuellen Debatte wird ein Aspekt jedoch zu wenig berücksichtigt. Die finanzielle Frage ist bei den meisten Frauen nicht der Grund, sich gegen ein Kind zu entscheiden. Es sind gerade die gut ausgebildeten Frauen mit gutem Einkommen, die sich gegen den Nachwuchs entscheiden oder abwarten, bis es "zu spät" ist: Der Kinderwunsch steht in erster Linie dem beruflichen Weiterkommen im Wege. Die finanziellen Einbußen können durch Kinder- oder Familiengeld in der bisherigen Höhe kaum ausgeglichen werden. Knackpunkt ist und bleibt also für Frauen das Problem, Kind und Karriere zu vereinbaren. Bei der Lösung dieses Problems sollte nicht nur der Staat Adressat von Forderungen sein. Wirtschaft und Gesellschaft sind hier ebenso gefragt. Auf allen Ebenen muss erkannt werden: Eine Gesellschaft, die Frauen eine Entscheidung zwischen Kind und Karriere aufzwingt, bringt sich selbst um einen großen Teil ihrer Zukunftsfähigkeit. Unsere Wirtschaft kann es sich nicht leisten, gut ausgebildete weibliche Talente zu verlieren. Bei den Frauen, die sich heute um Jobs bewerben, handelt es sich um eine der am besten ausgebildeten Frauengeneration unserer Geschichte. Wenn sich diese ambitionierten Frauen für ein Kind entscheiden, sollte ihnen die Wirtschaft durch mehr Flexibilität entgegenkommen. Mehr Teilzeitmodelle, Betriebskindergärten und berufliche Wiedereinstiegsprogramme können hier den Ab- oder Ausstieg aus der Karriereleiter verhindern. Bei McKinsey zum Beispielen arbeiten knapp 20 Prozent Frauen als Berater, 15 Prozent davon Teilzeit. Absolventen von Hochschulen aus den Fachgebieten, die uns interessieren, sind aber zu 35 Prozent weiblich. Wir wollen diese Talente für das Unternehmen gewinnen, jedenfalls in einem "fair share". Leider hat die Gesellschaft die Entscheidung einer Frau für ein Kind und gleichzeitig für die Karriere nur unvollständig akzeptiert. Einer repräsentativen Meinungsumfrage zufolge stimmen 76 Prozent aller Westdeutschen der Aussage zu, dass ein Kleinkind "sicherlich darunter leiden wird", wenn seine Mutter berufstätig ist. Das Urteil "Berufstätig = Rabenmutter" ist zumindest im Westen gesellschaftlich etabliert (im Osten stimmen dieser Aussage nur 49 Prozent der Befragten zu). Umso mehr ist dieses Urteil verbreitet, wenn Mütter arbeiten, die es eigentlich nicht "müssten", da ihre Ehemänner über ausreichend Einkommen verfügen. Nicht zuletzt diese Einstellung hat in Deutschland dazu geführt, dass wir im internationalen Vergleich mit einer Frauenbeschäftigungsquote von rund 62 Prozent weit hinten liegen. In den USA liegt diese Quote beispielsweise bei fast 71, in der Schweiz sogar bei über 74 Prozent. Und es ist auch kein Zufall, dass eine hohe Frauenerwerbsquote mit z. B. einem guten Klima für Unternehmensgründungen korreliert. Interessant ist, dass die höhere Beschäftigungsquote - entgegen der naiven Annahme - in vielen Ländern mit der Geburtenziffer positiv korreliert: In Deutschland lag die Geburtenziffer in der Zeit von 1995 bis 2000 bei 1,3 Kindern pro Frau, in der Schweiz waren es 1,5, in den USA 2,0. Diese Zahlen veranlassen zu einer provokanten Gleichung: mehr berufstätige Frauen gleich mehr Kinder. Wahrscheinlich ist der Wirkungszusammenhang so, dass eine gut ausgebaute, Frauen entlastende Infrastruktur sowohl die höhere Erwerbsquote, als auch die höhere Geburtenrate unterstützt. Mütter können nur in den Ländern vermehrt ihrer Berufstätigkeit nachgehen, in denen es auch entsprechende Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder gibt. Die Zahlen für Deutschland sind ernüchternd: In Westdeutschland gibt es nur für vier Prozent der unter Dreijährigen ganztägige Betreuungsmöglichkeiten. Im Osten liegt diese Zahl bei immerhin 55 Prozent. Hier ist der Staat bzw. die Kommune gefordert: Wir brauchen mehr Kindergarten- und Betreuungsplätze. Was nutzen einige Mark mehr Kinder- und Familiengeld, wenn es an professioneller, hochqualitativer, an den Bedürfnissen der Berufstätigen ausgerichteten Betreuung für unseren Nachwuchs fehlt? Einer Mutter mit einem zweijährigen Kind, die wieder ihren Beruf vollzeitig ausüben möchte, ist mit einem höheren Kindergeld nicht geholfen, wenn sie in Kinderkrippen und später in Kindergärten Öffnungszeiten von 8 bis 12 Uhr vorfindet oder Mittagspausen von 12 bis 15 Uhr. Wir brauchen auch hier mehr Flexibilität. Und nicht nur quantitativ gibt es Verbesserungsbedarf. Reine "Verwahranstalten" wären schlimm, qualitativ hochwertige Förderung der Kleinsten sind das Ideal, nach dem gestrebt werden muss. Durch mehr Betreuungsmöglichkeiten würden wir auch etwas für die Kinder tun, denn eine allgemeine, frühkindliche Förderung gibt es bislang nicht. Hier wartet sogar eine gute Geschäftsidee. Eine privat finanzierte Reihe von Frühförderungskindergärten wäre für Eltern und Kinder sowie für einen mutigen Unternehmer eine tolle Chance. Talente können dadurch viel früher entdeckt und ausgebildet werden. Jürgen Kluge ist Chef von McKinsey & Company, Deutschland An dieser Stelle lädt die WELT täglich Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ein, ihren Standpunkt zu vertreten.
Jürgen Kluge
Eine Gesellschaft, die Frauen eine Entscheidung zwischen Kind und Karriere aufzwingt, bringt sich um einen Großteil ihrer Zukunftsfähigkeit - Gastkommentar
Print-welt
2001-05-25T22:00:00Z
2011-11-16T18:59:52Z
Mehr Flexibilität für Kinder!
https://www.welt.de//print-welt/article453285/Mehr-Flexibilitaet-fuer-Kinder.html
Soziales Netzwerk: Was gibt uns Facebook für unsere Dollars?
Drei Milliarden US-Dollar setzt Facebook im Jahr mit Anzeigen um. Das soziale Netzwerk hat es geschafft, die Werbeindustrie zu überzeugen, dass sie so mehr Aufmerksamkeit für ihre Marken erzeugen kann. Aber einige zahlungskräftige Kunden fragen sich, ob ihr Geld bei Facebook gut angelegt ist. Diese Frage schwebt im Raum, wenn Banken und zukünftige Anleger entscheiden, wie Facebook für den am 18. Mai geplanten Börsengang (verlinkt auf /wirtschaft/webwelt/article106222368/Netzgigant-Facebook-schwaechelt-kurz-vor-Boersengang.html) zu bewerten ist, sagen mit dem Vorgang vertraute Personen. Ab kommenden Montag will die Führungsriege des Unternehmens bei ihrer Roadshow noch einmal die Werbetrommel rühren. „Die Frage bei Facebook und vielen anderen sozialen Netzwerken ist: Was bekommen wir für unsere Dollars?“, sagt Michael Sprague, beim Autobauer Kia für das Marketing in Nordamerika zuständig. Kia schaltet seit 2009 Anzeigen bei Facebook und plant auch, noch mehr Geld dort auszugeben. Natürlich sei es unschätzbar wertvoll, seine Marke auf einer Seite zu präsentieren, die 900 Millionen Nutzer hat. Aber Sprague fragt sich: „Wenn ein Verbraucher meine Anzeige dort sieht, führt das auf lange Sicht zum Kauf eines Neuwagens?“ Die Sorgen von Kia und anderen Kunden unterstreichen, wie schwierig es ist, den Erfolg neuer Werbeformen zu messen. Die Konkurrenz um Google und Yahoo verkauft traditionelle Anzeigen auf ihren Seiten. Facebook bietet ebenfalls klassische, auf Text und Bildern basierende Anzeigen an. Das Unternehmen versucht aber besonders, das Geschäft mit neuen, noch nicht ausführlich getesteten Werbeformen anzukurbeln. Weniger Umsatz pro Nutzer Im vergangenen Jahr führte Facebook zum Beispiel die „Sponsored Stories“ ein. Dabei können Anzeigenkunden positive Nachrichten, in denen ihre Marke erwähnt wird, in den Newsfeed der Seite einbinden. Abgerechnet wird nach den Klicks, die auf diese Posts erfolgen. Anzeigenkunden können bei Google oder Yahoo direkt nachverfolgen, wie gut ihre Werbung angenommen wird. Facebook lässt aber weder eine Überprüfung von dritter Seite zu noch den Einsatz von Cookies, die nachverfolgen, was der Nutzer tut, nachdem er die Anzeige angeschaut hat. Und in der vergangenen Woche hat Facebook gezeigt, dass das Wachstum im Anzeigengeschäft nicht nur nach oben geht. Im ersten Quartal 2012 steig der Umsatz mit Anzeigen im Vergleich zum Vorjahr auf 872 Millionen. Das waren aber 7,5 Prozent weniger als im Quartal zuvor. Zudem macht das Netzwerk weniger Umsatz pro Nutzer. Facebook machte dafür „saisonbedingte Gründe“ verantwortlich. Diese ungelösten Fragen stellen die Banken und Investoren vor ein Dilemma. Sie müssen entscheiden, wie hoch die Bewertung für Facebook ausfallen wird. Von mit dem Vorgang vertrauten Personen heißt es, dass Facebook eine Bewertung von 100 Milliarden US-Dollar anstrebt. „Man sollte es schnell tun“ Damit würde der Wert von Facebook das etwa 33-fache des Anzeigenumsatzes betragen. Bei Google beträgt dieser Faktor nur 5,5. Der Grund für diesen Widerspruch ist, dass Facebook noch ein junges Unternehmen mit einem höheren Wachstum ist. Google setzte im vergangenen Jahr 36,5 Milliarden mit Anzeigen um und ist derzeit etwa 200 Milliarden Dollar wert. Um eine solche Bewertung zu erzielen, müsse der Umsatz von Facebook in den kommenden fünf Jahren jeweils um 41 Prozent wachsen, sagt Jed Williams, Analyst von BIA Kelsey. Das wäre ein wesentlich steilerer Anstieg als bei Google, wo der Umsatz 2010 um 24 Prozent und 2011 um 29 Prozent wuchs. Williams erklärt aber, dass es bei Facebook nicht so sehr um die harten Zahlen aus dem Anzeigengeschäft, sondern um die Zukunftsaussichten gehe: „Wenn man eine Nutzerschaft hat, die so groß und beharrlich ist, findet man raus, wie man damit Geld macht“, sagt er. „Wenn man aber Facebook ist, sollte man das schnell tun“. Die Kunden versuchen unterdessen, herauszufinden, wie gut sie auf Facebook abschneiden. Im März sagte Martin Sorrell, Vorstandsvorsitzender des Medienkonzerns WPP, bei einer Konferenz, dass „die Kunden jetzt zum ersten Mal die Frage nach der Messbarkeit auf sozialen Medien stellen“. Viele Kunden hätten Hals über Kopf dort investiert, „weil es gerade in Mode ist“, sagte Sorrell. Aber jetzt, wo große Summen fließen, würde die Finanzbuchhaltung bei vielen Unternehmen prüfen, „welchen Wert diese Investitionen haben“. WPP, zu deren Kunden Unilever und Procter & Gamble gehören, hat erklärt, dass man auf Facebook in diesem Jahr 400 Millionen Dollar ausgeben will, doppelt so viel wie noch 2011. Bei Google seien es dagegen mehr als 2 Milliarden. Ärger mit Anzeigenkunden Facebook hat es sich zudem mit einigen Anzeigenkunden verscherzt. Diese werfen dem sozialen Netzwerk ein arrogantes Auftreten vor und einen Missbrauch seiner Machtstellung vor. „Es gibt viel Unmut über Facebook, weil sie so mächtig geworden sind“, sagt Rob Griffin, Leiter der Produktentwicklung bei der französischen Werbeagentur Havas Digital. Das liege auch daran, dass Facebook es ablehne, mehr Nutzungsdaten für die Anzeigen zu erheben. Auf diese Vorwürfe hat Facebook allerdings reagiert und arbeitet jetzt mit den Datenspezialisten comScore und Nielsen zusammen, damit große Marken ihre Kampagnen in dem sozialen Netzwerk besser auswerten können. Nielsen misst beispielsweise die Nutzer, die eine Anzeige gesehen haben, und vergleicht sie mit einer Kontrollgruppe, die diese Werbung nicht eingeblendet bekamen. Dann vergleicht das Unternehmen diese Daten mit Verkaufszahlen, um zu ermitteln, ob die Anzeige das Kaufverhalten beeinflusst hat. Wie das Marktforschungsunternehmen erklärt, lässt sich dieses Nutzerverhalten allerdings nur schwer nachverfolgen. Das trifft besonders auf Anzeigen für Autos, Luxusgüter und teurer Mode zu, da solche Einkäufe nicht regelmäßig getätigt werden und oft verschiedene Gründe die Kaufentscheidung beeinflussen. Ford hat profitiert Einige große Anzeigenkunden haben berechnet, dass sich Kampagnen in den sozialen Netzwerken für sie auszahlen. Der Autobauer Ford verzichtete für sein neues Modell Explorer 2011 auf Werbespots beim Super Bowl und setze voll auf Anzeigen bei Facebook. Die Verkäufe hätten danach um 104 Prozent zugenommen. Nach einem Spot beim Super Bowl sind es normalerweise nur 14 Prozent. Ford-Sprecher Charles Zinkowski sagt, dass das Unternehmen mehr als 20 Prozent seines für digitale Medien bestimmten Budgets bei Facebook ausgibt. „Die vertrauenswürdigste Informationsquelle für Verbraucher sind Empfehlungen von Freunden und Familienmitgliedern.“, erklärt er. „Facebook ist eine zuverlässige Plattform, um das in großem Stil auszunutzen“. Dennoch sei es schwierig, die Effektivität von Facebook mit anderen Werbeformen zu vergleichen. Am Dienstag veröffentlichte das Marktforschungsunternehmen eMarketer eine Studie, nach der 84 Prozent der befragten Manager sagten, dass Kampagnen auf sozialen Netzwerken die Effektivität ihres Marketings verbessert hätten. Aber obwohl sich die Anzahl der Follower und der „Gefällt mir“-Angaben messen lasse, „weiß niemand, inwiefern diese Zahlen quantifizierbare Erträge für die Marke bedeuten“, heißt es in der Studie. „Ich mag Facebook, also mag ich auch Kia“ Einige Manager aus der Werbebranche halten es aber für den falschen Ansatz, sich nur auf finanzielle Zugewinne zu konzentrieren. „Wenn man nur auf direkte Verkäufe aus ist, dann ist Facebook vielleicht nicht die richtige Plattform“, sagt Sarah Hofstetter, Präsidentin der Werbefirma 360i. „Aber wenn es das Ziel ist es, das Image der Marke zu steigern, sei es durch Aufmerksamkeit oder Einbeziehung, dann sollte Facebook ein wichtiger Bestandteil des Marketing-Mixes für die meisten Verbrauchermarken sein“. Die ersten Kunden haben auch schon ein Schlupfloch um die strengen Facebook-Regeln gefunden. Dienstleister wie Buddy Media tauchen tief in die Anzeigenmodelle von Facebook ein und installieren Apps, bei denen Nutzer verfolgt werden können, wenn sie der Verwendung von Cookies zustimmen. Kia will dagegen mit Facebook zusammenarbeiten, um die Effektivität der Werbung besser zu kontrollieren. Auf Facebook präsent zu sein, sende eine Botschaft aus, sagt Michael Sprague: „Die Verbraucher sagen: ‚Facebook arbeitet mit Kia zusammen. Ich mag Facebook, also mag ich auch Kia. ‚ Darauf hoffen wir“. Lesen Sie diesen Artikel (verlinkt auf http://www.wallstreetjournal.de/article/SB10001424052702303916904577378954207906424.html) im Original beim Wall Street Journal Deutschland.
Suzanne Vranica, Shayndi Raice, WSJ.de
Kurz vor dem Börsengang setzt Facebook auf neue Werbeformen, um sein Wachstum hochzuhalten. Ob die Nutzer darauf anspringen, ist unklar. Werber fragen sich, ob ihr Geld bei Facebook gut angelegt ist.
Wall-street-journal
2012-05-02T06:57:56Z
2021-05-27T13:26:35Z
Was gibt uns Facebook für unsere Dollars?
https://www.welt.de//wall-street-journal/article106242618/Was-gibt-uns-Facebook-fuer-unsere-Dollars.html
Wo Göring und Honecker sich um den Verstand jagten
Erwachsene Männer und Frauen tollen mit einem Ball herum. Ausgelassen genießen sie das sommerliche Wetter am brandenburgischen Werbelinsee. Der grobkörnige Schwarz-Weiß-Film zeigt einen rundlichen Mann mit pomadigen Haaren. Er strahlt übers ganze Gesicht, als die Kamera seinen Blick einfängt. Es ist Hermann Göring, der zweite Mann des Dritten Reiches. Aus der Schorfheide in der Uckermark steuerte Hitlers Reichsmarschall den nationalsozialistischen Terror. Weltflucht und Größenwahn – in der Schorfheide pflegten sie zu allen Zeiten eine folgenreiche Liasion. Wie das geschah, zeigt die Reportage „Die Schorfheide – Das Jagdrevier der Mächtigen“ von Daniel und Jürgen Ast, die die ARD am Montag Abend ausstrahlt. „Es lebt der Baum wie du und ich. Er strebt nach Raum wie du und ich. Volk steht wie Wald in Ewigkeit“, heißt es in einem NS-Propagandafilm. Zu sehen ist der Wald in der Uckermark. Die Nazis verklärten ihr hybrides Expansionsstreben, indem sie ihren Herrschaftsanspruch als Naturgesetz darstellten. Hermann Göring war nicht der erste deutsche Machthaber, der die ebenso malerische wie menschenleere Landschaft nordöstlich von Berlin zu schätzen wusste. In der idyllischen Abgeschiedenheit der Schorfheide wurde das Abdriften in Fantasiewelten zum Symptom der Macht. Feuchtfröhliche Herrenrunden am Lagerfeuer Schon seit dem 12. Jahrhundert jagten hier die Mächtigen. Zuerst waren es brandenburgische Fürsten, dann preußische Könige und deutsche Kaiser, schließlich Demokraten der Weimarer Republik, die braunen Machthaber des Dritten Reiches und rote der DDR. Folgenschwere Entscheidungen wurden bei feucht-fröhlichen Jagdausflügen getroffen. Was im Reichstag oder in der Volkskammer beschlossen wurde, bahnte sich oft in Herrenrunden am Lagerfeuer an. Eine Hochphase waidmännischer Weltflucht erlebte die Uckermark unter Kaiser Wilhelm II. (verlinkt auf /geschichte/article121791455/Der-Kaiser-legte-Sauen-zu-Dutzenden-flach.html) Er baute die Schorfheide zum kaiserlichen Pirschrevier aus. Wenn ein „kapitaler Hirsch“ gesichtet wurde, war der Kaiser unverzüglich zu benachrichtigen. Konferenzen wurden unterbrochen, damit der Kaiser seinem liebsten Hobby frönen konnte. 78.330 Tiere soll Wilhelm II. persönlich erlegt haben. Ob alle der Verköstigung seiner Majestät dienten, darf bezweifelt werden. Während seine Untertanen im Ersten Weltkrieg hungerten, ließ er das Wild füttern, damit es bei Kräften blieb. Obwohl fürstliche Ausschweifungen in der Schorfheide über Jahrhunderte hinweg zum guten Ton gehörten, stellten die Eskapaden Hermann Görings alles Dagewesene in den Schatten. Zwischen dem Döllnsee und dem Wuckersee schuf er sich einen gigantischen Herrschaftssitz. In Anlehnung an seine verstorbene erste Ehefrau taufte er den Landsitz „Carinhall“. Hier umgab sich der schießwütige Morphinist und Reichsjägermeister mit geraubten Gemälden und Skulpturen, Modelleisenbahnen und Miniaturflugzeugen. Vor Kriegsausbruch kam sogar der Herzog von Windsor und spätere englische König Edward zum Jagen und Spielen nach Carinhall. Hier hielt Göring echte Löwen und baute seiner Tochter Edda ein eigenes Schloss. Auf der angeschlossenen Theaterbühne gab das Kinderballett der Staatsoper Privatvorstellungen für das Kleinkind. In der Schorfheide verlor Göring vollends den Anschluss an die Realität. Bei einer militärischen Lagebesprechung in der Endphase des Krieges sprang er unvermittelt auf: „Wo steht der Hirsch?“, wollte der passionierte Jäger wissen. Keiner der Anwesenden verstand seine Frage. Göring jagte, bis er selbst zum Gejagten wurde: Am 20. April 1945 verließ er Carinhall. Skulpturen des von den Nazis so geschätzten Bildhauers Arno Breker ließ er im Döllnsee versenken (verlinkt auf /geschichte/zweiter-weltkrieg/article122346296/Was-die-Suche-nach-dem-Nazischatz-zutage-foerderte.html) . Weitere Kunstschätze wurden versteckt, damit sie nicht der Roten Armee in die Hände fielen. Das gigantische Anwesen wurde gesprengt. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann in der Schorfheide ein neues Kapitel deutscher Geschichte. Wo Göring einst seine Gäste untergebracht hatte, zog nun Walter Ulbricht ein. Stunde um Stunde verbrachte er lesend im Schatten der Bäume oder in seinem Sportboot auf dem Döllnsee. Der Mauerbau wurde hier am 12. August 1961 erstmals einem kleinen Kreis hochrangiger Parteikader verkündet. Nur Honecker fehlte. Vom Politbüro in Berlin aus leitete er das Unternehmen. Über Erich Honecker (verlinkt auf /geschichte/article127798065/Wenn-Honecker-im-Wald-herumirrte-gab-es-Probleme.html) sagte der ehemalige Revierförster Dieter Wlost: „Bei der Jagd war er ein anderer Mensch. Hier konnte er lachen – auch wenn er eine halbe Stunde später ein Todesurteil unterschrieb.“ Weil Walter Ulbricht die Jagdleidenschaft Honeckers nicht teilte, schickte er diesen vor, wenn der große Bruder zur Hatz bat. Ob Nikita Chruschtschow oder Leonid Breschnew: Die sowjetischen Anführer gingen mit Erich Honecker gern auf die Jagd. Dass der Kronprinz auf diese Weise zum engen Vertrauten Breschnews wurde, leitete Honeckers Auf- und Ulbrichts Abstieg ein. Die biedere Unbeschwertheit und das Tagwerk der roten Diktatoren – in der Schorfheide kam beides zusammen. Die ländliche Idylle war auch Schauplatz der Annäherung zwischen der DDR und der Bundesrepublik. 1981 kam es zum zweiten Gipfeltreffen in der Geschichte beider deutscher Staaten. Erich Honecker und Helmut Schmidt konferierten nicht in Bonn oder Berlin, sondern in der Uckermark. Inzwischen hat die Natur Hermann Görings ehemaligen Landsitz zurückerobert. Bis auf zwei Türme an der ehemaligen Hofeinfahrt erinnert nichts mehr an den selbst ernannten Herrn der Schorfheide. Das brandenburgische Waldgebiet ist nun Teil eines Biosphärenreservats – und steht unter Schutz. „ Die Schorfheide – Das Jagdrevier der Mächtigen (verlinkt auf http://presseservice.rbb-online.de/highlights/das_erste/2015/03/20150309_geh_orte_die_schorfheide.phtml) “, 23.30 Uhr, 9. März 2015, ARD
Oliver Beckhoff
Die Schorfheide bei Berlin war seit jeher Jagdrevier der Mächtigen. Hier flohen Fürsten und Diktatoren vor der Wirklichkeit oder inszenierten ihre bizarren Intrigen, wie eine ARD-Reportage zeigt.
Geschichte
2015-03-09T08:25:42Z
2015-10-16T08:24:35Z
Göring und Honecker jagten sich um den Verstand
https://www.welt.de/geschichte/article138203684/Goering-und-Honecker-jagten-sich-um-den-Verstand.html
Gesundheit: Verzehr von Pistazien schützt vor Krebs
Der tägliche Verzehr von Pistazien schützt möglicherweise vor Lungenkrebs und anderen Krebsarten. Denn die Nüsse enthalten viel Gamma-Tocopherol, eine Form von Vitamin E, erläutert die Deutsche Lungenstiftung in Hannover. Das Vitamin gilt als Radikalenfänger beziehungsweise Antioxidans, das vor Zellalterung schützt. Diese Schutzfunktion könne das Risiko für die Entwicklung eines Krebsleidens senken. Pistazien haben allerdings einen hohen Fettgehalt. Wer sie in größeren Mengen isst, nimmt also leicht zu. Die Stiftung beruft sich auf eine aktuelle US-amerikanische Untersuchung. Die Studienteilnehmer aßen sechs Wochen lang 68 Gramm Pistazien pro Tag – zusätzlich zu ihrer gewohnten Ernährung. Dadurch stieg ihre Zufuhr an Gamma-Tocopherol deutlich an. Eine Überdosierung von Vitamin E sei nicht zu befürchten. Denn es im Gegensatz zu anderen fettlöslichen Vitaminen wird Vitamin E nicht im Fettgewebe des Körpers angereichert. Vielmehr scheiden Leber und Niere es rasch aus, so die Stiftung.
WELT
Pistazien sind nicht nur lecker, sie helfen auch Krebs vorzubeugen – denn sie enthalten eine Form von Vitamin E, die vor freien Radikalen schützt. Das fanden amerikanische Forscher heraus. Einziges Manko: Die kleinen Nüsse haben einen hohen Fettgehalt-und sollten deswegen nur in Maßen gegessen werden.
Gesundheit
2010-02-22T15:32:59Z
2015-10-02T19:19:20Z
Verzehr von Pistazien schützt vor Krebs
https://www.welt.de//gesundheit/article6479491/Verzehr-von-Pistazien-schuetzt-vor-Krebs.html
Bilinguale Kitas: Wenn kleine Kinder schon Englisch lernen
Hai im Park – oder besser: „Shark in the Park“. Denn Erzieherin Vera Gutsche liest den Kindern im Kinderhaus Französische Allee in Tübingen aus einem englischen Buch vor. Sie und drei Kolleginnen in der bilingualen Kita sprechen englisch mit ihren Schützlingen, sechs Erzieherinnen deutsch. Jeder bleibt bei seiner Sprache, immer: im Frühstückszimmer, im Bauzimmer, im Stuhlkreis. Die Drei- bis Sechsjährigen dürften antworten, wie sie möchten, versichert Leiterin Doris Speidel: auf Deutsch, Englisch oder auch Denglisch. Seit 2006 ist die städtische Kindertagesstätte bilingual – eine von vielen Einrichtungen im Land, die den Kindern eine zweite Sprache nahebringen. Meist ist es Englisch oder Französisch. Wie viele dieser Kitas es genau gibt, kann offenbar niemand sagen: Weder das Kultusministerium noch Landkreis- oder Städtetag erfassen dies nach eigenen Angaben. Lediglich die Kommunen haben einen groben Überblick über die Tagesstätten auf ihrem Gebiet. Aber auch hier gibt es viele private Träger und diverse Konzepte, die der Kommune nicht bekannt sein müssen, wie Annette Lommel vom Verein für Frühe Mehrsprachigkeit an Kitas und Schulen (FMKS) erklärt. Zudem ist der Titel „Bilinguale Kita“ nicht geschützt. Auch eine Tagesstätte, in der einmal pro Woche ein englischer Muttersprachler mit den Kindern singt, kann mit zweisprachigen Angeboten werben. Mit Missverständnissen aufräumen Der Verein FMKS erfasst nur Kitas, in denen mindestens zwei Sprachen als Alltagssprachen benutzt werden und in denen das Prinzip „Eine Person – eine Sprache“ gilt. Zudem muss der Sprachkontakt mindestens während der Hälfte der Zeit möglich sein, und es sollten bestenfalls Muttersprachler zum pädagogischen Personal gehören. Nach der aktuellsten Erhebung des Vereins gab es in Deutschland Ende Januar 1035 bilinguale Kindertagesstätten, zehn Jahre zuvor waren es nur 340. Baden-Württemberg gehörte Anfang 2014 allerdings mit 34 bilingualen Kitas zu den Schlusslichtern. Derzeit sind in der FMKS-Datenbank 38 Kitas im Südwesten erfasst, in denen neben Deutsch ausschließlich Englisch und/oder Französisch gesprochen wird. In Baden-Württemberg begann schon Ende der 90er-Jahre das groß angelegte Projekt „Bilinguale Bildung – Französisch im Kindergarten“. Möglichst viele Kinder am Oberrhein nahe der französischen Grenze sollten dabei Französisch lernen, wie Professor Norbert Huppertz, emeritierter Professor der Pädagogischen Hochschule Freiburg (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/freiburg/) und Leiter des Projekts, erklärt. Damals sei das deutschlandweit absolutes Neuland gewesen, abgesehen von vereinzelten Angeboten. Rund 45 Kitas waren nach Huppertz' Angaben bei dem Projekt dabei. Sein Fazit: „Kinder aus allen Bereichen hatten später Lernerfolge mit Fremdsprachen.“ Besonders erfolgreich aber seien die gewesen, die nach dem Modell „Eine Person – eine Sprache“ gelernt hatten. Wichtig ist Experten, mit Missverständnissen aufzuräumen: etwa mit dem Klischee, bilinguale Kitas seien elitär. Wenn städtische oder kirchliche Kitas englische oder französische Muttersprachler einstellten und ein entsprechendes Konzept erarbeiteten, dann stünden diese Kitas in den meisten Fällen allen offen, betont Professorin Petra Burmeister von der Pädagogischen Hochschule Weingarten. Auch das weit verbreitete Vorurteil, dass Kinder heute mit Frühförderung überfordert würden, möchte sie zumindest im Bereich Sprachen so nicht stehen lassen: „Kleine Kinder lernen Sprachen nebenbei. Ohne speziellen Unterricht, ohne Vokabelkarteien.“ Und auch ihr Freiburger Kollege bezeichnet das frühe Lernen einer zweiten Fremdsprache als „kinderleicht“. Was „cheese“ bedeutet, erfahren Dreijährige im Tübinger Kinderhaus beispielsweise ganz beiläufig: Wenn die Erzieherin im Frühstückszimmer den Käse reicht.
Anne Jeschke
In bilingualen Kitas sprechen die einen Erzieherinnen deutsch – und die anderen eine Fremdsprache. So sollen schon die Kleinen an eine andere Sprache herangeführt werden. Wie funktioniert das?
Regionales
Baden-Württemberg
2014-12-25T11:51:23Z
2016-02-03T13:32:29Z
Wenn kleine Kinder schon Englisch lernen
https://www.welt.de//regionales/baden-wuerttemberg/article135696276/Wenn-kleine-Kinder-schon-Englisch-lernen.html
AfD in NRW will Aufschwung bis zur Landtagswahl nutzen
Neulich bewies Marcus Pretzell, wie dankbar AfD-Politiker gerade ihren erbittertsten Gegnern sind. Es war in einer Talkshow mit der JuSo-Bundesvorsitzenden Johanna Uekermann. Die Jungsozialistin ging ihn recht barsch an, es grenze an Barbarei, dass er den Familiennachzug von Millionen Flüchtlingen konsequent unterbinden wolle. Sie sei nur heilfroh, dass Pretzell sich mit dieser unmenschlichen Position nicht durchsetzen werde. Doch anstatt eingeschnappt zu sein, huschte ein wohlwollendes, dankbares Lächeln über das Gesicht des nordrhein-westfälischen AfD (verlinkt auf /themen/alternative-fuer-deutschland/) -Vorsitzenden. Als wolle er die Nachwuchs-Linke umarmen. Pretzells Kalkül ist einfach: Solange Ansichten wie die von Frau Ueckermann in der deutschen Politik dominieren, werde der Strom der Einwanderer nicht abreißen. Und solange dieser Zustrom anhalte, rechnet sich der AfD-Politiker beste Chancen für seine Partei aus, 2017 erst in den Landtag und danach in den Bundestag einzuziehen. Unbestreitbar hat die Flüchtlingskrise der zuvor von inneren Zerwürfnissen geplagten AfD einen neuen Frühling beschert. In Umfragen (verlinkt auf /politik/deutschland/article148568722/Alternative-fuer-Deutschland-holt-Linkspartei-ein.html) steigt die Zustimmung zur AfD von Woche zu Woche. Jüngst schrammte die AfD bundesweit die neun Prozent. Aber was kann die Partei tun, damit dieses Hoch bis 2017 anhält? Was lässt sich auf Landesebene dafür unternehmen? Diese Frage debattierte Pretzell, der den Landesverband seit 2014 führt, jüngst mit Vorstandskollegen. Schnell kamen sie zu einem Ergebnis: Das Megathema Flüchtlinge besitze so viele landespolitische und kommunale Aspekte, dass man es unbedingt auch auf diesen Ebenen bearbeiten müsse. Gerade NRW biete dafür Chancen. Zumal sich die AfD-Politiker dabei außer Konkurrenz sehen: Es gibt niemanden, der sich als konsequenterer Gegner einer Massenzuwanderung empfiehlt. Ob diese Analyse nun zutrifft oder nicht – sie lässt den 42-jährigen Pretzell derzeit zu Höhenflügen abheben. Was sich auch an seinem jüngst ausgegebenen Ziel zeigt, die AfD wolle und werde „bei den Umfragewerten nun in den zweistelligen Bereich eindringen“. Ob dieser Wunsch Wirklichkeit wird, bleibt abzuwarten. Denn zumindest einen Gegner muss die Partei durchaus noch fürchten: sich selbst. Ihre Lust an rhetorischen Knall- und Bumm-Effekten. Ihr Faible für polarisierende Provokationen, die zwar den Weg in die Öffentlichkeit bahnen, bei so manchen Zeitgenossen aber auch Zweifel an der Seriosität der Partei aufkommen lassen. „Hervorragende Profilierungschancen“ für die AfD Aber das schreckt Pretzell bislang nicht. Er sieht für seine nordrhein-westfälische AfD allerorten „hervorragende Profilierungschancen“. Damit meint er etwa die rot-grüne Flüchtlingspolitik, der nach Pretzells Meinung „der nötige Biss“ fehle, um mit der Krise fertig zu werden. Dies verdeutliche unter anderem das Nein von SPD und Grünen zu unangekündigten Abschiebungen bei illegal im Land lebenden Familien, aber auch die Weigerung der Landesregierung, Flüchtlinge mit Sach- statt Geldleistungen zu unterstützen. Noch viel mehr juckt es die AfD aber, die Landes-CDU unter ihrem Vorsitzenden Armin Laschet aufs Korn zu nehmen. Laschet und viele andere Politiker der NRW-CDU stehen in der unionsinternen Debatte über eine stärkere Abschreckung (verlinkt auf /politik/deutschland/article148561273/AfD-laesst-Mitteilung-der-Bildungsministerin-verbieten.html) von Zuwanderern klar aufseiten der Bundeskanzlerin. Sie lehnen Grenzzäune ebenso ab wie die Benennung einer Obergrenze für Zuwanderer. Was Pretzell die Spitze entlockt, die AfD müsse „dankbar dafür sein, dass die Union in NRW von Armin Laschet und nicht von Horst Seehofer geführt wird“. Mit dem bayrischen Ministerpräsidenten wäre die Auseinandersetzung wohl nicht ganz so einfach, weil er zumindest in seiner Rhetorik der AfD näherstehe. Nicht ganz überraschend wirkt da der von Pretzell ausgegebene Slogan: „Wer Seehofer mag, muss in NRW AfD wählen.“ Denn die AfD sei das Original, das der CSU-Chef kopiere. Und von dem Laschet noch nicht einmal in seiner Rhetorik etwas wissen wolle. Und noch etwas will die AfD Laschet verstärkt vorhalten: seine Weigerung, bevorzugt christliche und jesidische Flüchtlinge aufzunehmen. Die AfD dagegen macht sich den Vorschlag des ehemaligen bayrischen Ministerpräsidenten Günther Beckstein (CSU) und vieler osteuropäischer Kirchenführer zu eigen, vornehmlich diese Flüchtlingsgruppen hereinzulassen – was de facto zulasten muslimischer Flüchtlinge ginge. „Da wir nicht alle aufnehmen können, müssen wir nach dem Grad politischer Verfolgung auswählen“, sagt Pretzell. Die „am stärksten verfolgten Menschen“ seien „nun mal die Opfer religiöser und ethnischer Säuberungen in Syrien und im Irak, also Christen und Jesiden“. Sie seien „die Zielscheibe eines Völkermords“, ihnen müsse „unser Einsatz primär gelten“, mahnt der AfD-Politiker. AfD hofft auf Parteiübertritte von der CDU und anderen Profilierungschancen sieht die AfD-Spitze noch an einer weiteren Stelle: in den Kommunen. Weil diese in NRW weit stärker mit der Erstaufnahme der Flüchtlinge beauftragt sind als in anderen Ländern, ächzen hiesige Kommunalpolitiker auch besonders laut. Darüber klagt zwar auch die CDU. Mitglieder der AfD-Spitze glauben aber, einen ganz speziellen Gewinn daraus ziehen zu können: Sie rechnen mit Übertritten (verlinkt auf /politik/deutschland/article147723063/AfD-meldet-40-neue-Mitglieder-pro-Tag.html) frustrierter Kommunalpolitiker zur AfD und beteuern, es habe schon mancher sein Interesse an einem Übertritt signalisiert. Darauf angesprochen, weicht Pretzell zwar aus, immerhin lässt er sich aber zu einem vielsagenden Verweis auf die Zukunft hinreißen: „Spätestens nach den Landtagswahlen 2016 in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg“ werde man „in NRW, aber auch in anderen Bundesländern auf das Thema Parteiübertritte wieder zu sprechen kommen.“ Verbessert wird die Laune bei den AfDlern auch durch ihre Beobachtung, dass ihnen aus der AfD-Spaltung im Sommer bislang keine ernsthafte Konkurrenz erwachsen ist. Zwar gründete der ausgetretene Ex-Bundesvorsitzende Bernd Lucke eine neue Partei, die „Allianz für Fortschritt und Aufbruch“ (AlfA). Die hat unter dem Münsteraner VWL-Professor Ulrich van Suntum inzwischen auch einen Landesverband NRW eingerichtet. Und theoretisch könnte sie Pretzell & Co. schon unangenehm werden, wenn sie der AfD vernehmbar das Recht abspräche, sich als seriöse bürgerliche Alternative zu CDU und FDP zu empfehlen. Allein: Diese potenzielle Konkurrenz zur AfD ist mit 500 Mitgliedern arg klein. Und: Sie wird, wie van Suntum einräumt, „öffentlich nicht wahrgenommen“. Sie finde „einfach nicht statt“. Auch eine weitere Gefahr für den Aufwärtstrend der AfD scheint derzeit gebannt: der Versuch, sie als extremistisch darzustellen. Mehrere SPD-Politiker hatten gefordert, die AfD vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Doch dieser Schuss ging nach hinten los. Der Ruf nach ihrer Beobachtung hat der AfD eine Art amtliches Unbedenklichkeitsattest beschert. Auf Anfrage gab ein Sprecher des NRW-Verfassungsschutzes nun bekannt, die AfD sei „in keiner Weise“ Beobachtungsgegenstand. Noch nicht einmal unterhalb einer offiziellen Überwachung, sozusagen mit einem Auge, habe man die AfD im Blick. Diese Praxis der Am-Rande-Beobachtung wendet der Verfassungsschutz bei Gruppen an, die zwar nicht als extremistisch (verlinkt auf /politik/deutschland/article147459891/Die-Allianz-der-Fremdenfeinde-formiert-sich.html) gelten, deren weitere Entwicklung man aber verfolgen möchte, etwa beim Duisburger Pegida-Ableger. Aber selbst das steht im Fall der AfD nicht zur Debatte. Dennoch droht dem Ruf der AfD eine Gefahr – durch Selbstdemontage. Darauf setzt auch die CDU-Konkurrenz in Person von CDU-Generalsekretär Bodo Löttgen oder Thomas Hunsteger-Petermann, dem Kopf der CDU-Kommunalpolitiker in NRW. Sie warnen immer wieder vor der „Nähe“ der AfD zum Rechtsradikalismus oder erklären zumindest manche Äußerungen einzelner AfDler für rechtsradikal. Was darauf hinausläuft, die AfD für bürgerliche Wähler unwählbar zu machen. In die Hände spielt der CDU dabei die offenbar nicht zu stillende Lust an rhetorischen Knalleffekten in den AfD-Landesverbänden. Besonders weit wagte sich der thüringische Landesvorsitzende Björn Höcke (verlinkt auf /politik/deutschland/article148224504/AfD-leidet-an-erfolgreichem-Rechtsaussen-Bjoern-Hoecke.html) vor, der durch die Masseneinwanderung aus dem Orient die Sicherheit „blonder Frauen“ gefährdet wähnte. Aber auch Pretzell kann der Versuchung, verbale Kracher zu zünden, nicht widerstehen. Einst verkündete er, die AfD sei „unter anderem die Pegida-Partei“. Und vergangene Woche sagte er gar, zum Schutz der Grenze vor illegalen Einwanderern müsse zur Not geschossen werden. Den Satz relativierte er zwar sogleich nach allen Regeln der Kunst, damit sei nur „ein Warnschuss in die Luft“ gemeint und selbst das nur im Fall akuter Bedrohung. Aber versehentlich unterlaufen ihm solche Aussprüche wohl nicht. Dafür gibt es auch einen Grund, wie ein Mitglied im AfD-Landesvorstand gegenüber dieser Zeitung erklärt: Die gesamte AfD müsse um öffentliche Aufmerksamkeit ringen, schon weil sie nicht im Bundestag vertreten sei. Für außerparlamentarische Landesverbände wie in NRW gelte dies umso mehr. Sie müssten sich stets etwas „Außergewöhnliches, Knalliges“ einfallen lassen, um Aufmerksamkeit zu erheischen. Wenn schon Höcke, der immerhin im Thüringer Landtag sitze, zu solchen Provokationen greifen müsse, wie viel mehr dann Pretzell?
Till-R. Stoldt
Wie keine zweite Partei profitiert die AfD von der Flüchtlingskrise. Das versucht der Landeschef Marcus Pretzell auch in NRW auszunutzen. In die Quere kann ihm dabei nur einer kommen: er selbst.
Regionales
Nordrhein-Westfalen
2015-11-09T14:33:03Z
2015-11-09T14:33:03Z
Kann die AfD den Aufschwung in NRW bis 2017 halten?
https://www.welt.de//regionales/nrw/article148627516/Kann-die-AfD-den-Aufschwung-in-NRW-bis-2017-halten.html
BMW verstaatlichen: Juso-Chef mag es radikal
Kevin Kühnert und Enteignungen, war da was? Genau. Knapp zwei Monate ist es her, dass der Juso-Vorsitzende in einer scharf geführten Debatte in der ARD-Talkshow „ Maischberger (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/sandra-maischberger/) “ mit der Frage für Aufsehen sorgte, mit welchem Recht jemand mehr als 20 Wohnungen habe. Nun legt der Chef der SPD-Jugendorganisation nach – und weitete seine Ideen zum Thema Eigentum noch über die Wohnungsbranche hinaus aus. In einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ sagte Kühnert auf die Frage, wie er sich Sozialismus vorstelle: „Ohne Kollektivierung ist eine Überwindung des Kapitalismus nicht denkbar.“ Offensichtlich hatte er sich dazu detailliertere Gedanken gemacht, denn er konkretisierte seinen Ansatz am Beispiel des – bislang noch börsennotierten – Automobilherstellers BMW (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bmw/) : „Mir ist weniger wichtig, ob am Ende auf dem Klingelschild von BMW ,staatlicher Automobilbetrieb‘ steht oder ,genossenschaftlicher Automobilbetrieb‘ oder ob das Kollektiv entscheidet, dass es BMW in dieser Form nicht mehr braucht.“ Entscheidend sei, so Kühnert, dass die Verteilung der Profite demokratisch kontrolliert werde. „Das schließt aus, dass es einen kapitalistischen Eigentümer dieses Betriebes gibt.“ Bisher hatte sich die Debatte über Enteignungen angesichts der großen Wohnungsnot vor allem in den Metropolregionen vorwiegend um den Immobilienmarkt (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/immobilienmarkt/) gedreht. Auch dazu bezog Kühnert nach seinem Talkshow-Auftritt von Anfang März nun erneut Stellung. Sozialismus bedeute im „Optimalfall“ auch, dass es keine privaten Vermietungen mehr gebe, so Kühnert. „Ich finde nicht, dass es ein legitimes Geschäftsmodell ist, mit dem Wohnraum anderer Menschen seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.“ Seine Talkshow-Äußerung zur Legitimität des Umfangs von Wohneigentum in privater Hand verschärfte er noch einmal. „Konsequent zu Ende gedacht, sollte jeder maximal den Wohnraum besitzen, in dem er selbst wohnt.“ Einen in staatliche Form gegossenen Sozialismus hat es nach Kühnerts Ansicht bisher noch nicht gegeben. Dies habe „in den meisten Fällen mit dem eklatanten Mangel an demokratischer Mitbestimmung zu tun“ gehabt. Kühnert hält daher „demokratischer Sozialismus“ für ein untrennbares Begriffspaar. „Sozialismus ist kein autoritäres Konzept“, so der 29-Jährige. Mit seiner Haltung zu Enteignungen stellt sich Kühnert der Haltung der SPD-Chefin Andrea Nahles entgegen. Die hatte sich Anfang April in der „Bild am Sonntag“ mit dem Argument gegen Enteignungen am Immobilienmarkt ausgesprochen, das Instrument schaffe keine einzige neue Wohnung. Statt Enteignungen wolle die SPD einen „Mietenstopp und das verfügbare Geld in bezahlbaren Wohnraum investieren, damit mehr Wohnungen entstehen“. Daraufhin hatte sich Katja Kipping von der Linken in der Debatte über mögliche Enteignungen als Mittel gegen steigende Mieten mehr Mut von den Sozialdemokraten gewünscht. „Enteignungen von vornherein auszuschließen, obwohl sie das Grundgesetz erlaubt, ist das falsche Zeichen“, sagte sie WELT. Nun erfüllte Kühnert der Linke-Chefin ihren Wunsch.
WELT
In der Debatte über Enteignungen hat auch Kevin Kühnert noch ein paar Ideen
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WELT KOMPAKT
2019-05-02T05:35:34Z
2019-05-01T23:25:33Z
BMW verstaatlichen: Juso-Chef mag es radikal
https://www.welt.de/print/welt_kompakt/print_politik/article192803699/BMW-verstaatlichen-Juso-Chef-mag-es-radikal.html
Schienenverkehr: Das sind Deutschlands beste Bahnen
Sie fahren morgens mit der Bahn zur Arbeit, machen am Wochenende Ausflüge per Zug? Und erleben dabei proppenvolle Züge – Menschen, die dicht gedrängt in die Abteile gepresst werden? Dann spüren Sie hautnah das, was Verkehrspolitiker als den großen Erfolg der Bahnreform preisen: die stark wachsende Zahl von Bahnfahrern. Tatsächlich steigen auch dank der Bahnreform von 1994 viele im Land aus dem Auto aus und auf den Zug um. 1,5 Milliarden Passagiere zählte der Schienennahverkehr 1996, in jenem Jahr, in dem die Reform erstmals Wirkung zeigte. Im vergangenen Jahr waren es bereits knapp 2,5 Milliarden Bahnfahrer. Das ist ein Erfolg für den Verkehrsträger Schiene und für die Umwelt – für die Nutzer dagegen nicht immer. Denn das Angebot hat mit der Nachfrage seit dem Start der Reform nicht Schritt gehalten. Die Nah- und Regionalzüge sind daher heute deutlich voller als Mitte der 90er-Jahre. Möglich war dieser Anstieg der Passagierzahlen, weil neue, private Betreiber auf vielen Strecken die Deutsche Bahn abgelöst haben. Und Wettbewerb belebt bekanntlich das Geschäft. Neue Bahnanbieter bringen Reisende zum Umsteigen Die Konkurrenten der Deutschen Bahn (DB) haben inzwischen einen Marktanteil im Regionalverkehr von 26,4 Prozent. Zunehmende Staus, Parkplatznot und steigenden Spritpreise haben das ihrige getan, um die Menschen zum Umsteigen zu bringen. Immerhin: Seit die neuen Bahnbieter mitspielen, gibt es moderne Züge im Nahverkehr, verbesserte Takte, Bahnen, die auch noch in den späten Stunden fahren, und ein Verbundsystem, das das Umsteigen leichter macht. Es gibt aber auch mehr Gedränge (verlinkt auf /wirtschaft/article132038376/Wie-unsere-Staedte-Pendler-in-den-Wahnsinn-treiben.html) , weil die Zahl der Züge, die täglich im Einsatz sind, nicht so stark gestiegen ist wie die Fahrgastzahlen. 1996 wurden deutschlandweit 555 Millionen Zugkilometer im Nahverkehr gefahren (Kilometer, die per Zug pro Jahr zurückgelegt werden), im vergangenen Jahr waren es 655 Millionen Zugkilometer – die Ausweitung der Kapazitäten hinkt den steigenden Passagierzahlen also hinterher. Dennoch ist eine ganze Reihe von Bahnunternehmer weiterhin so erfolgreich, dass die Fahrgastzahlen weiter steigen. Der Schienenlobbyverband Allianz pro Schiene hat eine Liste der besten Regionalbahnen im Land zusammengestellt. Und dabei schneiden die Töchter der Deutschen Bahn nicht schlecht, aber am Ende nur mittelmäßig ab. Bei der Regiobahn explodierten die Fahrgastzahlen Der mit Abstand Klassenbeste ist die Regiobahn (verlinkt auf http://www.regio-bahn.de/) , die von Kaarst über Neuss und Düsseldorf nach Mettmann fährt. Anfang der 90er-Jahre wollte die Deutschen Bundesbahn die Strecke stilllegen, doch dagegen regte sich Widerstand. Die betroffenen Kommunen gründeten 1992 eine eigene Bahn, die Regiobahn. Als im Jahr 2000 endlich der neue Takt kam, explodierten die Fahrgastzahlen: von gerade mal noch 512 Passagieren 1998 auf 23.100 im Jahr 2013. Ein Plus von 4412 Prozent. Ausreichende Park&Ride-Plätze, neu gebaute Stationen mit Fahrradabstellanlagen und eine gute Anbindung an die Buslinien locken die Kunden in die Züge. Entscheidend für die Akzeptanz dürfte jedoch der 20-Minuten-Takt in Stoßzeiten sein. Ab 2016 solle die Verbindung bis nach Wuppertal reichen, laut Unternehmen laufen die Arbeiten dafür. Wachstumsriese Nummer zwei ist die Usedomer Bäderbahn (verlinkt auf http://www.ubb-online.com/) (UBB). Die brachte es seit 1992 auf Zuwächse von 1153 Prozent und bindet inzwischen auch den polnischen Teil von Usedom an. Beide Strecken hatten nach jahrzehntelanger Vernachlässigung noch in den 90er-Jahren unter Fahrgastschwund und Stilllegungsplänen zu leiden. Neue Fahrzeuge und eine sanierte Infrastruktur ermöglichen heute kürzere Fahrzeiten bei dichterem Takt. Einige Punkte des Tarifsystems weichen von dem der Deutschen Bahn ab, dennoch ist die UBB eine hundertprozentige Tochter der DB. Lokalpolitiker retten Linien vor dem Aus Überdurchschnittlich erfolgreich ist außerdem die Taunusbahn, eine Linie der Hessischen Landesbahn, die zwischen Frankfurt und Brandoberndorf pendelt. Sie sollte eigentlich noch vor der Wende abgewickelt werden, aber Lokalpolitiker retteten die Strecken und gründeten schon 1988 einen Zweckverband, um den Schienenverkehr zu erhalten. Im Jahr darauf gab es den Zuschlag für ein erstes Teilstück. Damals fuhren auf der Linie noch 1500 Passagiere, 2012 waren es 11.000 – ein Plus von 633 Prozent. Aber auch die Deutsche Bahn hat nicht nur auf kleinen Teilstrecken wie der Bäderbahn, sondern auch auf wichtigen Linien mächtig aufgeholt. Der RE 1 als erster Regional-Express Deutschlands ist längst zu einen Namenspatron für eine ganze Zuggattung geworden. Er ging 1994 an den Start und hat seither auf der Strecke zwischen Magdeburg, Berlin und Frankfurt (Oder) stetig steigende Fahrgastzahlen. Das liegt unter anderem am Viertelstundentakt auf Teilstücken und deutlich kürzeren Reisezeiten durch Brandenburg. Dass die Bahn neueste Doppelstockzüge mit „Wolke 7“ als erster Klasse im Oberdeck und Cateringautomaten im unteren Bereich einsetzt, mag weitere Fahrgäste bringen. Der Clou des RE 1 ist aber schlicht die Tatsache, dass er Brandenburgs große Städte durchgehend mit Berlin verbindet. Bürger schlugen eine Schneise für die Schönbuchbahn Wer Anfang der 90er-Jahre mit der Bahn aus dem brandenburgischen Umland nach Berlin fahren wollte, kam auf der Schiene meist nur bis an die Hauptstadt-Peripherie. Um ins Zentrum zu gelangen, mussten die Reisenden in die S-Bahn umsteigen. Beharrende Kräfte meinten, dieses System könne man doch beibehalten. Es kam anders und damit der Erfolg des RE 1. Sein Fahrgastplus beträgt seit 1994 bis vergangenes Jahr 463 Prozent. Erfolgsbahnen sind außerdem die Schönbuchbahn zwischen Dettenhausen und Böblingen, die seit 1998 etwa 300 Prozent mehr Fahrgäste hat. Sie konnte nur gerettet werden, weil Bürger die Ärmel hochkrempelten und Mitte der 90er-Jahre die Gleise eigenhändig vom Gestrüpp befreiten. Heute gehört die Schönbuchbahn genauso wie die bayerische Paartalbahn (plus 72 Prozent seit 2008) zu den erfolgreichsten Regionalbahnen Deutschlands. Die vollständige Liste gibt es morgen auf der Seite der Allianz pro Schiene: www.allianz-pro-schiene.de (verlinkt auf http://www.allianz-pro-schiene.de/)
Nikolaus Doll
Volle Züge, schlechte Taktung, unpünktliche Abfahrt – so erleben viele Reisende oft den Schienenverkehr. Doch es geht auch anders. Unter den besten Regiobahnen ist die Deutsche Bahn nur Mittelmaß.
Wirtschaft
2014-12-15T15:00:55Z
2015-10-16T06:38:26Z
Das sind Deutschlands beste Regionalbahnen
https://www.welt.de//wirtschaft/article135394974/Das-sind-Deutschlands-beste-Regionalbahnen.html
Deutsche IS-Terroristen sollen ausgebürgert werden
Mit Hochdruck arbeiten Bund und Länder an einem Maßnahmenkatalog gegen aus Deutschland stammende Angehörige des „ Islamischen Staats (verlinkt auf /themen/islamischer-staat/) “ (IS, früher ISIS). Dabei werden auch Gesetzesverschärfungen erwogen. Das bestätigte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Thomas Strobl (verlinkt auf /politik/deutschland/article132143281/Personalausweise-von-Islamisten-sollen-markiert-werden.html) , der „Welt am Sonntag“. Untersucht werden soll unter anderem, ob und wie man Mitgliedern der Terrormiliz, die über einen deutschen Pass verfügen, die deutsche Staatsangehörigkeit aberkennen kann. „Gegen den IS müssen wir mit aller Härte vorgehen und an die Grenze dessen gehen, was rechtlich möglich ist!“, sagte Strobl. Hintergrund der rechtlichen Prüfungen ist die wachsende Sorge vor Terroraktionen auf deutschem Boden, die von Kriegsrückkehrern des „Islamischen Staates“ verübt werden könnten. Dem Verfassungsschutz (verlinkt auf /politik/deutschland/article131764378/Aus-der-Bundeswehr-in-den-Dschihad.html) sind derzeit rund 420 Islamisten bekannt, die die Bundesrepublik seit Mitte 2012 in Richtung Syrien verlassen haben, um sich dort dem Dschihad anzuschließen. Die Gefahr, die von Rückkehrern ausgeht CDU-Innenpolitiker Strobl sieht zudem Anzeichen, dass die tatsächliche Zahl dieser Personen „deutlich höher“ sein könnte. Von den Rückkehrern gehe „eine große Gefahr aus. Manche sind völlig enthemmt und radikalisiert.“ Schon jetzt werde eine zweistellige Zahl dieser Islamisten „rund um die Uhr bewacht“. Die Polizei komme langsam „an die Grenzen“. Von einem Entzug des deutschen Passes und dem automatischen Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft für IS-Kämpfer erhofft sich der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach, „eine enorme präventive Wirkung“. Wer sich dieser terroristischen Armee anschließe, dokumentiere damit „seine Abkehr von allen bundesrepublikanischen Werten und unserer Verfassung“, erklärte Bosbach. „Solchen Leuten muss klar sein, dass es für sie kein Zurück geben kann“, sagte Bosbach weiter. Es müsse nun sorgfältig geprüft werden, wie das deutsche Staatsbürgerschaftsrecht der neuen Lage angepasst werden kann. Schon jetzt sei es möglich, Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft den Pass zu entziehen und die Wiedereinreise zu verweigern. Erste Ergebnisse bei Innenministerkonferenz Seit mehreren Monaten prüft auch eine Arbeitsgruppe der Innenministerkonferenz (IMK) unter Vorsitz von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD), wie man radikale Islamisten an der Reise nach Syrien und in den Irak hindern kann. Auch Jäger schließt Gesetzesänderungen nicht aus. Erste Ergebnisse sollen nach Informationen dieser Zeitung bei der nächsten IMK-Sitzung Anfang Dezember vorgestellt werden. „Wo es rechtliche Spielräume im Staatsangehörigkeits- oder Aufenthaltsrecht gibt, werden sie genutzt“, sagte der Sozialdemokrat. Die verfassungs- und europarechtlichen Hürden, die zum Verlust der Staatsangehörigkeit führen, seien allerdings hoch, mahnt Jäger.
Florian Flade, Claus Christian Malzahn
CDU-Politiker fordern eine neue Härte gegen den „Islamischen Staat“: Sie wollen bis an die „Grenze des rechtlich möglichen gehen“. Bund und Länder arbeiten schon an einem neuen Maßnahmenkatalog.
Politik
Deutschland
2014-09-21T02:58:29Z
2015-09-22T09:16:25Z
Deutsche IS-Terroristen sollen ausgebürgert werden
https://www.welt.de//politik/deutschland/article132449311/Deutsche-IS-Terroristen-sollen-ausgebuergert-werden.html
Cristiano Ronaldo: Chinesen bieten 303 Millionen Euro für Real Madrids Superstar
Er ist die große Herausforderung, das größte Objekt der Begierde. Die Chinesen möchten auch Cristiano Ronaldo in ihre Super League holen. Sein Manager Jorge Mendes gibt Details eines Finanzpaketes bekannt, das einem die Luft zum Atmen nimmt. Angeblich soll der 31-Jährige in China 1,9 Millionen Euro pro Woche verdienen, im ganzen Jahr rund 100 Millionen. Real Madrid (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/real-madrid/) soll eine Weltrekord-Ablöse von 303 Millionen Euro für Ronaldo erhalten. Zum TV-Sender Sky Sport Italia (verlinkt auf http://www.skysports.com/football/news/11835/10711457/cristiano-ronaldo-subject-of-257m-bid-from-unnamed-chinese-club-who-offer-over-85m-annual-salary) sagte Mendes: „Die Chinesen haben Real Madrid 303 Millionen Euro und dem Spieler 100 Millionen pro Jahr geboten. Aber Geld ist für Ronaldo nicht alles. Der spanische Klub ist für ihn sein Leben.“ Erst kürzlich zahlte Shanghai SIPG 70 Millionen Euro für Oscar von Chelsea, Lokalrivale Shanghai Shenhua zahlt dem Argentinier Carlos Tevez wöchentlich 767.000 Euro Gehalt (verlinkt auf /sport/fussball/article160674578/Carlos-Tevez-verdient-jetzt-109-589-Euro-pro-Tag.html) . „Der chinesische Markt ist ein ganz neuer Markt“, sagt Ronaldo-Berater Mendes. „Cristiano ist der beste Spieler der Welt und der beste aller Zeiten. Da ist es normal, dass es für ihn Angebote gibt.“ Laut „Forbes“ (verlinkt auf http://www.forbes.com/sites/kurtbadenhausen/2016/11/07/worlds-highest-paid-athlete-cristiano-ronaldo-signs-new-real-madrid-contract/#4e52c7995a13) verdient der viermalige Weltfußballer Ronaldo schon jetzt mehr als jeder andere Sportler auf der Erde. Sein Jahresgehalt bei Real soll allein 83 Millionen Euro hoch sein.
WELT
Seit die Chinesen den Fußball für sich entdeckt haben, kennt der Wahnsinn keine Grenzen mehr. Jetzt wollen sie auch Weltfußballer Ronaldo. In Shanghai soll er 100 Millionen pro Jahr verdienen.
Sport
Fußball
2016-12-30T08:52:59Z
2016-12-30T12:28:21Z
China bietet 303 Millionen Euro für Ronaldo
https://www.welt.de//sport/fussball/article160711185/China-bietet-303-Millionen-Euro-fuer-Ronaldo.html
Nürburgring: Ein umgebauter Jaguar F-Type SVR als Taxi
Sie schicken die schöneren Limousinen, haben die höflicheren Fahrer, machen die besseren Preise und experimentieren im Kampf gegen die Rushhour sogar mit Hubschraubern als Shuttle. Aber es gibt eine Mitfahrgelegenheit, die kann man bei Uber nicht buchen: das legendäre Ringtaxi. Stärker als jede andere Mietdroschke und gefahren von professionellen Rennfahrern, jagt es mit Vollgas über die Nordschleife des Nürburgrings (verlinkt auf /wirtschaft/article108328635.ece) und wird so zum schnellsten Taxi der Welt. Allerdings gehört diese Taxifahrt zu den teuersten, die man buchen kann. Die verschiedenen Anbieter lassen sich den Ritt über den Ring mit bis zu 500 Euro bezahlen, und am Ende der Fahrt ist man keinen Meter weiter: Abfahrts- und Ankunftsort sind identisch. Anders als im Alltag ist hier nämlich der Weg das Ziel. Und der hat es in sich – der englische Rennfahrer Jackie Stewart (verlinkt auf /sport/formel1/article125810059.ece) hat für die 20,832 Kilometer lange Strecke durch die Eifel nicht umsonst den Namen „Grüne Hölle“ geprägt. Es braucht nur ein paar Kilometer, dann weiß auch der letzte Fahrgast, weshalb die Nordschleife so höllisch ist: 33 Links- und 40 Rechtskurven, 290 Meter Höhenunterschied, Steigungen von 18, Gefälle bis elf Prozent und eine Piste, die bisweilen so wellig ist wie ein ausgefahrener Feldweg, machen die Rennstrecke zu einer Berg- und Talbahn, die nicht nur das Material, sondern auch den Magen strapaziert. In Kurven wie am Schwedenkreuz, im Bergwerk oder im Karussell sind Querbeschleunigungen von mehr als einem g nicht ungewöhnlich, und beim Bremsen knallt man so hart in den Gurt, dass die Schulter oft noch Stunden nach der Fahrt schmerzt. Plötzlich taucht ein Reisebus auf Als wäre das nicht schon Herausforderung genug, sind die Taxis auch noch während der normalen Touristenfahrten unterwegs. Sie teilen sich die Strecke mit ambitionierten Amateuren in hochgerüsteten Sportwagen und mit Sonntagsfahrern in altersschwachen Familienkutschen. Selbst Reisebusse tauchen da plötzlich im Blickfeld auf, wenn das Taxi durch die Fuchsröhre schießt oder auf der Döttinger Höhe zum Schlussspurt ansetzt. Während die Profis am Steuer bei der Taxifahrt charmant darauf losplaudern und über die Besonderheiten des Rings philosophieren, werden auch die vorlautesten Fahrgäste mit jedem Kilometer stiller, berichtet Günter Schillinger. Schillinger ist Entwicklungsingenieur bei BMW und war davor Testfahrer für die M GmbH auf der Nordschleife. Noch immer sitzt er regelmäßig hinterm Steuer des offiziellen Ringtaxis von BMW. Was ihn an seinem Job am besten gefällt, ist die Begeisterung, die der Ritt durch die grüne Hölle bei seinen Beifahrern auslöst, egal woher sie kommen. Als rasender Chauffeur hat Schillinger die ganze Welt zu Gast. Einer seiner Stammkunden ist ein Chilene, der einmal im Jahr zu einem Meeting nach Deutschland reisen muss und den Trip stets so plant, dass immer noch eine Runde am Ring drin ist. Natürlich geht es den unabhängigen Anbietern bei den Runden auf dem Ring vor allem ums Geld. Die Fahrkarten sind beliebte Geschenke für runde Geburtstage und Junggesellenabschiede – oder eine willkommene Gelegenheit zum Höllenritt für all jene, die sich die Fahrt selbst nicht zutrauen. Für Fahrzeughersteller ist das Engagement aber auch eine gute Gelegenheit zur Imagepflege. Die längste Tradition hat das Ringtaxi von BMW. Es ging es vor 30 Jahren zum ersten Mal an den Start und hat seitdem mit 99.000 Passagieren 33.000 Runden gedreht und dabei fast 700.000 Kilometer abgespult. „Damit sind wir auf der anspruchsvollsten Rennstrecke der Welt in angemessener Form präsent“, sagt Robert Eichlinger, der bei BMW das Fahrertraining leitet. Für ihn ist der M5 das ideales Vehikel für die süße Tortur. Genau wie alle andern BMW-Modelle (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bmw-neuheiten-fahrberichte-tests/) wurde auch die aufgemotzte Version der 5er-Limousine in der Eifel auf Herz und Nieren getestet und bestreitet deshalb ein Heimspiel. Und ganz nebenbei bietet der Wagen so viel Platz, dass BMW nicht nur den Beifahrersitz verkauft: Wer ein Ticket für 225 Euro bucht, kann auf der Rückbank noch zwei Kumpels mitnehmen. 295 Euro kostet die Runde Auch Mark Stanton ist davon überzeugt, dass es keine bessere Werbung für eine Marke mit sportlichem Anspruch gibt als das Ringtaxi: „Wo sonst können wir potenziellen Kunden ein so intensives Erlebnis bieten“, sagt der Direktor der Special Vehicle Operations von Jaguar und Land Rover. Er musste nicht lange überlegen, als die Nürburgring GmbH ihn nach einem Auto für Copilot-Fahrten fragte. Vor knapp einem Jahr startete er das Projekt „Ring Cat“ und ließ einen F-Type SVR für den Chauffeureinsatz umbauen. Mit 575 PS und 323 km/h Spitze ist das Coupé das stärkste und schnellste Serienmodell, das Jaguar je gebaut hat – und ganz nebenbei das Auto mit den meisten Testrunden am Ring: „Welcher Jaguar würde sich besser für dieses Erlebnis eignen?“, fragt der ehemalige Formel-1-Fahrer Christian Danner, der heute die Fahrertraining der Briten leitet und die erste Runde mit der Ringkatze dreht. In das Coupé passt zwar nur ein Passagier, der obendrein 295 Euro für die Runde bezahlen muss. Doch dafür sei das Erlebnis unglaublich intensiv, sagt Mirco Markfort, der Chef der Nürburgring GmbH. Während man sich in einigen anderen Ringtaxen fühlt wie ein Geschäftsmann auf den Weg zum Flughafen, legt der Hausherr Wert auf authentisches Rennfahrerfeeling. „Kreidebleich, puterrot, giftgrün – alles möglich“ Bevor man durch den Überrollkäfig in seinen Schalensitz klettert und von einem freundlichen Helfer mit einem Hosenträgergurt in den Wagen geschnallt wird, dass man kaum noch atmen kann, stecken einen die Veranstalter in einen feuerfesten Rennanzug, stülpen einem einen Helm über den Kopf und fixieren den Nacken wie in der Formel 1 mit einem Hans-System. Nüchtern betrachtet ist das zwar nur eine vorbeugende Maßnahme. Aber wer betrachtet so etwas schon nüchtern, wenn er gerade durch die Schranke an der Touristenzufahrt rollt und sich fragt, ob das hier wirklich eine gute Idee war oder ob er vielleicht doch noch schnell aus dem Auto springen sollte. Während die Novizen auf dem Sozius tausend Tode sterben, sitzen routinierte Rennfahrer und erfahrene Instruktoren am Steuer, die den schmalen Grat genau kennen, auf dem sie wandeln – mit bisweilen deutlich mehr als 250 km/h. Auf der einen Seite müssen sie mitten im organisierten Chaos auf die Sicherheit achten, erst recht als offizielle Chauffeure der Nürburgring GmbH. Auf der anderen Seite müssen sie den Kunden ein Erlebnis bieten, das ihnen lange in Erinnerung bleibt. Deshalb geben die Fahrer nur selten 100 Prozent: „Wenn es eng wird, müssen auch mal 70 oder 80 Prozent genügen“, sagt Andreas Gülden, Chefinstruktor der Nürburgring GmbH. Er wird künftig die Ringkatze durch die Eifel jagen, und er weiß ganz genau, dass 70 Prozent auf der Nordschleife immer noch eindrucksvoller sind als alles, was man jemals auf öffentlichen Straßen erleben wird. „Wenn alles passt, dürfen es dafür auch mal 110 Prozent sein.“ Was damit gemeint ist, demonstriert sein Kollege Christian Danner auf der Jungfernfahrt der Ring Cat eindrucksvoll: Immer wieder stellt er das Coupé auf der regennassen Strecke trotz Allradantriebs so quer, dass einem der Atem stockt. Nicht auszudenken, wie sich das für jemanden anfühlen muss, der in der Eifel gerade seine Feuertaufe erlebt und noch nie zuvor eine Regelbereichsbremsung mitgemacht hat. Andreas Gülden ist ein wenig stolz darauf, dass er an die Grenze gehen und dabei die Gesichtsfarbe seiner Gäste nahezu frei bestimmen kann: „Kreidebleich, puterrot, giftgrün – alles ist möglich.“ Die große Kunst sei es, den Mitfahrer genau einzuschätzen und ihm gerade noch so viel Farbe im Gesicht zu lassen, dass er nach den 20,832 Kilometern mit einem Lächeln aus dem Ringtaxi steigt – selbst wenn der erste Weg danach direkt in die Büsche führt.
Thomas Geiger
Die Fahrer sind Raser, der Preis ist astronomisch, nach der Fahrt fühlt man sich elend. Dass trotzdem alle in diese Taxis wollen, liegt an der Strecke: Sie fahren im Renntempo über die Nordschleife.
Motor
2016-06-25T06:35:35Z
2016-06-27T06:35:33Z
Die schnellste und verrückteste Taxifahrt der Welt
https://www.welt.de//motor/article156516755/Die-schnellste-und-verrueckteste-Taxifahrt-der-Welt.html
RVR-Studie fordert mehr S-Bahnhöfe am Rand des Ruhrgebiets
Vor allem am Rande des Ruhrgebiets müssen nach einer neuen Mobilitätsstudie mehr S-Bahnhöfe gebaut und das Netz erweitert werden. Nur durch ein attraktiveres Nahverkehrsangebot könnten Menschen im Umland des Ruhrgebiets davon abgebracht werden, mit dem Auto in die Ballungszentren zu fahren, heißt es in der Analyse zur Mobilitätsstruktur im Ruhrgebiet. Die Studie des Regionalverbands Ruhr (RVR) soll am Montag (19.11.) vorgestellt werden. Gutachter aus Deutschland und den Niederlanden hatten die Verkehrsanbieter im Gebiet des Verbundes untersucht und deren Erreichbarkeit, Reisezeiten, Kapazitäten, Angebotsqualität und Umweltfreundlichkeit geprüft. Auch Verkehrsmittel wie das Auto, die Schiene, Rad und Schiffe wurden in die Studie einbezogen. Die Studie gewinnt vor allem nach den jüngsten Gerichtsurteilen zu Dieselfahrverboten in Essen (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/essen-stadt/) und Gelsenkirchen (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/gelsenkirchen/) an Bedeutung. Auch gegen die Luftreinhaltepläne für die Ruhrgebietsstädte Dortmund (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/dortmund/) und Bochum (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bochum/) hat die Deutsche Umwelthilfe Klage eingereicht. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte am Donnerstag (15.11.) eine Fahrverbotszone für Essen angeordnet, zu der auch die viel befahrene Autobahn 40 gehört. In Gelsenkirchen soll eine wichtige Innenstadtstraße für ältere Dieselfahrzeuge gesperrt werden. Das Land Nordrhein-Westfalen will Berufung gegen das Urteil einlegen. Im zentralen Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) haben Fahrgäste im vergangenen Jahr rund 1,151 Milliarden Fahrten zurückgelegt. Der VRR umfasst das Ruhrgebiet, den Niederrhein, Teile des Bergischen Landes sowie Düsseldorf (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/duesseldorf/) .
WELT
Eine aktuelle Studie fordert mehr S-Bahnhöfe am Rande des Ruhrgebiets. Das soll mehr Menschen dazu bringen, das Auto stehen zu lassen und auf die Bahn umzusteigen. In Anbetracht drohender Diesel-Fahrverbote gewinnt die Studie an Bedeutung.
Regionales
Nordrhein-Westfalen
2018-11-19T12:58:33Z
2018-11-19T12:58:33Z
RVR-Studie fordert mehr S-Bahnhöfe am Rand des Ruhrgebiets
https://www.welt.de//regionales/nrw/article184123032/RVR-Studie-fordert-mehr-S-Bahnhoefe-am-Rand-des-Ruhrgebiets.html
Entlastungspaket geht „in die richtige Richtung“ – Ökonomen loben Einzelmaßnahmen
Zahlreiche Ökonomen und Verbände haben das dritte Entlastungspaket der Ampel-Koalition (verlinkt auf /politik/deutschland/article240852565/Entlastungspaket-Ampel-will-Strompreis-fuer-Basisverbrauch-verguenstigen-Rentner-bekommen-300-Euro.html) grundsätzlich gelobt. An Kritik mangelt es aber trotzdem nicht: Industrie und Handwerk zeigten sich enttäuscht darüber, dass es in dem Paket vor allem um die Entlastung privater Haushalte geht. Einigen Sozialverbänden wiederum gehen diese Entlastungen nicht weit genug. Von Ökonomen wie der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm gab es zwar auch Kritik, aber eher an Einzelmaßnahmen. Grimm stellte in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ die zielgerichtete Unterstützung besonders belasteter Gruppen wie Rentner und Studenten (verlinkt auf /politik/deutschland/plus239398383/Inflationskrise-Das-unsichtbare-Leid-von-Rentnern-an-der-Armutsgrenze.html) heraus. Zuschüsse bekämen vor allem Menschen, die Härten selbst nicht abfedern können. Die geplanten Maßnahmen am Strommarkt sowie zum Schutz besonders belasteter Gaskunden seien aber noch zu wenig konkret, sagte Grimm. Bei der Abschöpfung von „Zufallsgewinnen“ dürfe man nicht über das Ziel hinausschießen, um Investitionen nicht unattraktiv zu machen. „Diese Investitionen brauchen wir dringend, um die Energiekrise mittelfristig zu überwinden.“ Auch der Chef des Ifo-Instituts, Clemens Fuest , kritisierte das dritte Entlastungspaket der Ampel-Koalition als zu wenig zielgenau. Positiv sei, dass die Bundesregierung sich „erkennbar bemüht, Preise und damit Anreize für das Energiesparen wirken zu lassen“, sagte der Ökonom der „Bild“ (verlinkt auf https://www.bild.de/bild-plus/politik/inland/politik/analyse-zum-entlastungspaket-die-ampel-zieht-die-spendierhosen-an-81216758.bild.html) . Allerdings sei die Koalition hier „teils mit der Gießkanne unterwegs“. Nach Ansicht von Fuest gehört die Verlängerung der Umsatzsteuersenkung für die Gastronomie „eigentlich nicht in ein Energiepreise-Entlastungspaket“. Die Steuer- und Abgabenbefreiung für eine konzertierte Aktion (verlinkt auf /wirtschaft/plus239732807/Konzertierte-Aktion-Erstes-Treffen-machte-deutlich-Schnell-geht-das-nicht.html) sei nicht sinnvoll, der Staat sollte die Lohnsetzung den Tarifpartnern überlassen. Die Entlastung bei den Strompreisen komme zudem auch Haushalten mit höheren Einkommen zugute, die die Strompreise selbst tragen könnten. Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien , lobte viele „wichtige und sinnvolle“ Einzelmaßnahmen in dem Paket – etwa die gezielte Unterstützung für Rentner und Studenten, die Erhöhung des Kinder- und die Anpassung des Bürgergelds. Damit würden einige Gerechtigkeitslücken geschlossen. Der Kinderschutzbund kritisierte die geplante Erhöhung des Kinderzuschlags für Familien mit niedrigem Einkommen als unzureichend. Die Erhöhung des Zuschusses um 21 Euro monatlich „enttäuscht mich“, sagte Vereinspräsident Heinz Hilgers dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montagsausgaben). Die einkommensschwachen Empfänger dieses Zuschlags gäben einen Großteil ihrer Einnahmen für Lebensmittel aus. Bei diesen Produkten liege die Inflationsrate aber nicht bei rund sieben Prozent, sondern doppelt so hoch, merkte Hilgers an. Insgesamt bewertete Hilgers jedoch das neue Entlastungspaket im Volumen von insgesamt 65 Milliarden Euro positiv. „Das ist breit gestreut und wird vielen Menschen Vorteile bringen“, sagte er. „Die Gesamtbewertung ist daher gut.“ DIW-Präsident Marcel Fratzscher bemängelte eine unzureichende Berücksichtigung des Klimaschutzes. „Das Aussetzen der Anpassung des CO₂-Preises ist ein katastrophales Signal für den Klimaschutz“, sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). „Die Bundesregierung muss bei einem Entlastungspaket die langfristige Transformation mitdenken. Dies fehlt völlig im Entlastungspaket.“ Zudem werde die Bundesregierung entgegen aller Versprechen die Schuldenbremse 2023 nicht einhalten können. „Ich erwarte, dass die Bundesregierung noch vor Ende des Jahres die Schuldenbremse für 2023 kippen und sich ehrlich machen muss“, sagte Fratzscher. Die versprochenen 65 Milliarden Euro an Entlastungen seien zwar eine gute Größe, die jedoch zu sehr per Gießkannenprinzip und nicht zielgenau genug Menschen in der Mittelschicht und mit geringeren Einkommen zugutekommen. Industrie und Handwerk vermissen Hilfen für Unternehmen Deutliche Kritik kam auch von Arbeitgeberverbänden: Das Paket sei „enttäuschend“, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger . Es sei zwar richtig, dass die Bundesregierung soziale Härten auffange. Der Regierung fehle jedoch offensichtlich der Mut für eine neue Energiepolitik. „Die Ausweitung des Sozialstaates kann keine Antwort auf eine Kosten-Steigerung der Energiepreise auf dem Weltmarkt sein.“ Industrie und Handwerk kritisierten derweil vor allem, dass es in dem Paket nur wenige Hilfen für Unternehmen gebe. Die Unterstützung privater Haushalte sei gesamtwirtschaftlich sicherlich richtig, sagte Peter Adrian , Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), der „Rheinischen Post“. „Die Ausführungen zu den unternehmensbezogenen Maßnahmen bleiben hingegen weitgehend unkonkret – und sind daher nicht der angekündigte „wuchtige“ Wurf.“ Enttäuscht zeigte sich auch Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass mögliche Entlastungen für Handwerksbetriebe erst zeitverzögert angegangen werden, sagte er. „Denn Zeit haben wir nicht: Uns erreichen inzwischen mehr und mehr existenzielle Notrufe von Betrieben, die unmittelbar Hilfe brauchen.“ Hier hätte es deutlich stärkere, direkte und schnellere Unterstützung gebraucht. Positiver ist das Echo der großen Gewerkschaften. Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi bezeichnete das Paket als „insgesamt beeindruckend“. „Die guten Absichten jetzt schnell in konkrete und überzeugende Gesetzgebung zu überführen, bleibt nun die zentrale Aufgabe.“ Nur dann werde es gelingen, Menschen Sicherheit zu geben. Verdi-Chef Frank Werneke kritisierte das Fehlen weiterer direkter Zahlungen für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen. „Hochverdiener werden durch die Steuerpläne stattdessen mit bis zu 1000 Euro entlastet.“ Ähnlich lautet auch die Kritik der Sozialverbände: Der SoVD bezeichnete die Unterstützung für Rentnerinnen und Rentner als „überfällig“ – es fehle aber an Unterstützung für Menschen mit kleinem Einkommen, die kein Wohngeld erhalten. „Da reichen die 300 Euro Energiepauschale nicht. Wir brauchen ein Inflationsgeld“, sagte die SoVD-Vorsitzende Michaela Engelmeier . Ulrich Schneider , Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, sagte, mit dem Paket würden vor allem Fehler des vergangenen Entlastungspakets korrigiert. Es würden aber keinerlei zusätzliche zielgerichteten Hilfen für die Ärmsten in der Grundsicherung auf den Weg gebracht. „Kick-off Politik“ ist der tägliche Nachrichtenpodcast von WELT. Das wichtigste Thema analysiert von WELT-Redakteuren und die Termine des Tages. Abonnieren Sie den Podcast unter anderem bei Spotify (verlinkt auf https://open.spotify.com/show/5YJ9twWCs7n3TWY1v9qCND) , Apple Podcasts (verlinkt auf https://podcasts.apple.com/de/podcast/kick-off-politik/id1584780171) , Amazon Music (verlinkt auf https://music.amazon.de/podcasts/301a2b98-059b-4c75-84cd-d7f12a072607/KICKOFF-POLITIK?ref=dm_sh_DJg0sEabHwpV0f8wc9yZuPh8v) oder direkt per RSS-Feed.
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Die Bundesregierung erhält Lob für das dritte Entlastungspaket. Wirtschaftsweise Veronika Grimm ist zufrieden mit der zielgerichteten Unterstützung, Ifo-Chef Fuest kritisiert diese hingegen als Gießkannen-Prinzip. Industrie- und Handwerksvertreter vermissen Hilfen für Unternehmen.
Politik
Deutschland
2022-09-04T14:22:00Z
2022-09-04T23:27:49Z
Entlastungspaket geht „in die richtige Richtung“ – Ökonomen loben Einzelmaßnahmen
https://www.welt.de/politik/deutschland/article240857753/Entlastungspaket-geht-in-die-richtige-Richtung-Oekonomen-loben-Einzelmassnahmen.html
Türkische Großmacht: Erdogan will Muslime anführen
Die Türkei als Großmacht - das ist das Ziel von Präsident Erdogan. Lange hat man ihn dafür belächelt, aber jetzt hofieren ihn die internationalen Regierungschefs. Erdogan aber hat eigene Pläne.
WELT
Die Türkei als Großmacht - das ist das Ziel von Präsident Erdogan. Lange hat man ihn dafür belächelt, aber jetzt hofieren ihn die internationalen Regierungschefs. Erdogan aber hat eigene Pläne.
2014-12-10T08:03:00Z
2017-08-26T19:41:28Z
Erdogan will Anführer der Muslime werden
https://www.welt.de//videos/video135210376/Erdogan-will-Anfuehrer-der-Muslime-werden.html
Nato-Beitritt: US-Präsident Biden sichert Schweden und Finnland Unterstützung zu
Während Joe Biden mit seinen beiden Gästen über den Säulengang vom Oval Office in den Rosengarten schreitet, streift er beiden über den Rücken. Die schwedische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson geht links von Biden, der finnische Präsidenten Sauli Niinistö rechts von ihm. Unter blauem Himmel und intensiver Sonne sind je drei amerikanische, schwedische und finnische Flaggen aufgebaut. Die Symbolik ist mit Bedacht gewählt. In der ersten Reihe sitzen Vizepräsidentin Kamala Harris, ihr Ehemann Doug Emhoff, Verteidigungsminister Lloyd Austin. Biden war der Termin mit den beiden Gästen so wichtig, dass er ihn nur eine knappe Stunde vor seiner geplanten Abreise nach Südkorea und Japan untergebracht hat. Einigkeit braucht Symbole, und seien es, nun ja, Fototermine. Schon die Anreise der Gäste hatte ganz demonstrativ im Zeichen eines engen Schulterschlusses gestanden. Präsident Niinistö war nach einem zweitägigen Staatsbesuch in Schweden von Stockholm nach Washington geflogen. Die schwedische Ministerpräsidentin und der Präsident Finnlands besuchen Washington, unmittelbar nachdem beide Länder den formalen Prozess der Bewerbung um die Nato-Mitgliedschaft eingeleitet haben. Am Mittwoch hatten die Botschafter Finnlands und Schwedens Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel ihre schriftlichen Anträge auf Beitritt zum Bündnis übergeben. Nun sind die 30 Nato-Mitgliedstaaten am Zuge, der Beitritt erfordert eine Ratifikation durch alle Parlamente. Am amerikanischen Kongress werden diese Beitrittsgesuche nicht scheitern und am US-Präsidenten erst recht nicht. Es sei nicht nur ein schöner, sondern ein historischer, sehr, sehr guter Tag, sagt Biden. Er versichert seinen Gästen „starke Unterstützung für die Anträge zweier großer Demokratien und zweier enger, äußerst fähiger Partner auf Beitritt zum stärksten und mächtigsten Verteidigungsbündnis in der Geschichte der Welt“. Man habe es mit einem „bedeutenden Moment“ zu tun. Finnland und Schweden hätten die volle, uneingeschränkte Unterstützung der USA. Natürlich, fast alles dreht sich bei diesem Termin um die erwartbare Nato-Norderweiterung und den Auslöser, Russlands Krieg gegen die Ukraine. „Die Nato hat sich als ein unverzichtbares Bündnis erwiesen… sie ist relevant. Sie ist wirksam und wird heute mehr denn je gebraucht“, sagt Biden. Eine starke, geeinte Nato sei „Grundlage für die Sicherheit Amerikas“, sagt Biden – ein Wink mit dem Zaunpfahl für die Republikanische Partei, in der die Kritik an der US-Militärhilfe für die Ukraine und die Skepsis gegenüber der Nato wächst. Einzelne Abgeordnete rufen bereits nach einem Nato-Austritt. Einst hatte US-Präsident Donald Trump diese ebenso erwogen. Als Nato-Bündnispartner gehe man „eine heilige Verpflichtung“ ein, sagt Biden und referiert die Beistandsklausel: „Ein Angriff auf einen ist ein Angriff auf alle.“ Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine habe die Nato „stärker und geeinter“ gemacht, sagt Biden. Er bittet den finnischen Präsidenten, das Wort zu ergreifen und setzt seine legendäre Sonnenbrille auf. Die finnischen Streitkräfte seien „eine der stärksten in Europa“, sagt Präsident Niinistö. Sein Land habe konsequent in die Entwicklung seiner Fähigkeiten investiert. „Die Bereitschaft der Finnen, ihr Land zu verteidigen, ist eine der höchsten in der ganzen Welt“, sagt der Gast aus Helsinki. Was Niinistö unerwähnt lässt: Bislang erfüllt Finnland das – für 2024 vorgesehene – Zwei-Prozent-Ziel der Nato nicht. Helsinki hat aber nach dem Kriegsbeginn am 24. Februar angekündigt, seine Verteidigungsausgaben zu erhöhen. Anders als Biden geht Niinistö auf die türkischen Bedenken gegen eine Nato-Norderweiterung ein – widmet sich also dem Elefanten, der an diesem Frühlingsvormittag im Rosengarten steht. „Als Nato-Bündnispartner werden wir uns für die Sicherheit der Türkei einsetzen, so wie wir uns für unsere Sicherheit einsetzen werden“, sagt Niinistö. Das sind versöhnliche, entgegenkommende Worte, garniert mit etwas Chuzpe angesichts der Bevölkerungsgrößte seines Landes. Finnland, sagt Niinistö mit Blick auf die Töne aus Ankara, nehme „Terrorismus ernst, wir verurteilen ihn in all seinen Formen und setzen uns aktiv für seine Bekämpfung ein“. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Mittwoch die Tür für ein Ja zur Erweiterung offengelassen, drängte aber darauf, dass Bedenken ernst genommen werden. Er sagte, die Türkei habe Schweden gebeten, „30 Terroristen“ auszuliefern – eine Anspielung auf Mitglieder der Arbeiterpartei Kurdistans PKK. Schwedens Ministerpräsidentin Anderson sagte: „Die heutige Situation in der Ukraine erinnert uns an die dunkelsten Tage der europäischen Geschichte.“ Mit Schweden und Finnland als Mitglieder werde die Nato stärker sein. Außerdem pries sie die „hoch entwickelten Verteidigungsfähigkeiten“ ihres Landes. Während Anderson auf die Drohungen Ankaras nicht einging, lösten diese schon am Mittwoch in Washington Verärgerung aus. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Senat, der Demokrat Robert Menendez, sagte, der Schritt verstärke die allgemeine Besorgnis über die Zuverlässigkeit der Türkei als Verbündeter der USA. Er erinnerte an den Kauf russischer Flugabwehrsysteme durch Ankara und an die Weigerung, sich nach der Invasion in der Ukraine weitergehenden westlichen Sanktionen anzuschließen. Der republikanische Senator und Außenpolitiker Thom Tillis gab sich zuversichtlich, dass das Problem am Ende gelöst werde. Die USA hätten „jede Menge Hebel“, um die Türkei zur Zusammenarbeit zu zwingen, aber er wolle es nicht so weit kommen lassen.
Daniel Friedrich Sturm
Der US-Präsident unterstreicht seine Unterstützung für die Nato-Beitrittsgesuche von Schweden und Finnland. Während Biden die Blockade-Drohung der Türkei ignoriert, gibt sich Finnlands Präsident versöhnlich. Im US-Kongress sorgt Erdogans Haltung für Verärgerung.
Politik
Ausland
2022-05-19T17:42:52Z
2022-05-19T17:42:52Z
Die Symbolik im Rosengarten ist mit Bedacht gewählt
https://www.welt.de/politik/ausland/article238861147/Nato-Beitritt-US-Praesident-Biden-sichert-Schweden-und-Finnland-Unterstuetzung-zu.html
Emmy-Nominierungen 2018: Game of Thrones führt Liste an
Die Serie „Game of Thrones“ (verlinkt auf /kultur/article168047597/Was-bleibt-von-der-siebten-Staffel-von-Game-of-Thrones.html) geht in diesem Jahr mit den meisten Nominierungen ins Rennen um die 70. Emmys (verlinkt auf https://www.emmys.com/awards/nominees-winners) . Gleich 22-mal ist die siebte Staffel der HBO-Produktion für den begehrtesten US-Fernsehpreis nominiert, darunter in den Kategorien beste Dramaserie, bester Nebendarsteller in einer Dramaserie und beste Nebendarstellerin in einer Dramaserie. 2017 war die Serie nicht unter den Nominierten, weil sie aufgrund von Drehverzögerungen zu spät ausgestrahlt wurde. Gefolgt wird „Game of Thornes“ von der Sketch-Show „Saturday Night Live“ und der ebenfalls von HBO produzierten SciFi-Serie „Westworld“ mit jeweils 21 Nominierungen. Gute Chancen kann sich bei den 70. Emmys auch Vorjahressieger „Handmaid’s Tale“ (verlinkt auf /vermischtes/article168734531/Die-Gewinner-der-Emmys-im-Ueberblick.html) mit 20 Nominierungen machen. Die Serie, die in einer frauenfeindlichen Dystopie spielt, konkurriert mit „Game of Thrones“, „Stranger Things“, „The Crown“, „This Is Us“, „Westworld“ und „The Americans“ um die Auszeichnung in der Königskategorie der besten Dramaserie. In der Comedy-Sparte tritt die Hip-Hop-Serie „Atlanta“ (verlinkt auf /kultur/article176021161/TV-Serie-Atlanta-Auch-Rapper-haben-Angst-vor-politischer-Korrektheit.html) gegen „The Marvelous Mrs. Maisel“, „Black-ish“, „Glow“, „Curb Your Enthusiasm“, „Barry“, „Silicon Valley“ und „Unbreakable Kimmy Schmidt“ an. Vorjahressieger „Veep“ ist in diesem Jahr nicht nominiert. Wie bei „Game of Thrones“ gab es auch hier Verzögerungen. Grund war die Krebserkrankung von Hauptdarstellerin Julia Louis-Dreyfus, die bei den Emmys zuletzt sechsmal in Folge als beste Comedy-Schauspielerin ausgezeichnet wurde. Bei den Miniserien führt die zweite Staffel der Serienanthologie „American Crime Story“ die Liste an. „Die Ermordung von Gianni Versace“ ist 18-mal nominiert, darunter auch Hauptdarsteller Darren Criss, der den Mörder des italienischen Designers Gianni Versace spielt. Insgesamt darf sich Netflix die größte Hoffnung auf viele Auszeichnungen machen: Der Streaming-Dienst ist mit seinen Produktionen 112-mal nominiert, gefolgt von HBO mit 108 und NBC mit 78 Nominierungen. Die 70. Emmy-Verleihung findet am 17. September in Los Angeles statt. Gastgeber sind in diesem Jahr die „Saturday Night Live“-Darsteller Michael Che und Colin Jost. Die wichtigsten Kategorien im Überblick Beste Drama-Serie „The Americans“ FX „The Crown“ (verlinkt auf /kultur/article171118570/Die-Queen-traumatisierte-Polizistinnen-und-deutsche-Mysterie.html) Netflix „Westworld“ (verlinkt auf /kultur/plus175734223/Westworld-So-ist-die-zweite-Staffel-der-HBO-Serie-Start-Trailer.html) HBO „Game of Thrones“ (verlinkt auf /kultur/article166708116/Jetzt-beginnt-das-Spiel-der-Frauen.html) HBO „The Handmaid's Tale“ (verlinkt auf /kultur/article164936177/Das-alles-dieser-Horror-geschieht-in-Amerika.html) Hulu „This Is Us“ (verlinkt auf /kultur/article178521484/Serien-im-Juli-Orange-Is-The-New-Black-This-Is-US-Succession-Good-Girls.html) NBC „Stranger Things“ (verlinkt auf /kultur/article170111638/Kommt-nach-dem-Happy-End-das-wahre-Grauen.html) Netflix Beste Comedy-Serie „Atlanta“ (verlinkt auf /kultur/article174059242/Serien-im-Maerz-Bad-Banks-Atlanta-Ku-damm-59-Here-and-Now.html) FX „Barry“ HBO „black-ish“ ABC „GLOW“ Netflix „ The Marvelous Mrs. Maisel (verlinkt auf /kultur/article170926662/Ueber-Sexismus-kann-diese-Frau-nur-lachen.html) “ Amazon „ Curb Your Enthusiasm (verlinkt auf /kultur/kino/article112213941/Diese-Filme-aus-2012-muessen-Sie-gesehen-haben.html) “ HBO „Silicon Valley“ HBO „Unbreakable Kimmy Schmidt“ Netflix Beste Miniserie „ The Assassination of Gianni Versace: American Crime Story (verlinkt auf /kultur/article172064638/American-Crime-Story-Young-Sheldon-oder-Tannbach-Die-Serien-Highlights-im-Januar.html) “ FX „Godless“ Netflix „ Patrick Melrose (verlinkt auf /kultur/medien/article176756605/Sky-Serie-Patrick-Melrose-Die-Asche-meines-Arschloch-Vaters.html) “ Showtime „ The Alienist (verlinkt auf /kultur/article172663573/The-Alienist-Wie-wird-man-zum-Moerder.html) “ TNT „Genius: Picasso“ National Geographic Bester Drama-Darsteller Jason Bateman „ Ozark (verlinkt auf /kultur/medien/article166862033/Noch-viel-finsterer-kann-eine-Serie-nicht-werden.html) “ Sterling K. Brown „This Is Us“ Ed Harris „Westworld“ Matthew Rhys „The Americans“ Milo Ventimiglia „This Is Us“ Jeffrey Wright „Westworld“ Beste Drama-Darstellerin Claire Foy „The Crown“ Tatiana Maslany „Orphan Black“ Elisabeth Moss „The Handmaid's Tale“ Keri Russell „The Americans“ Sandra Oh „Killing Eve“ Evan Rachel Wood „Westworld“ Bester Comedy-Darsteller Donald Glover „Atlanta“ Anthony Anderson „black-ish“ Ted Danson „The Good Place“ Bill Hader „Barry“ William H. Macy „Shameless“ Larry David „Curb Your Enthusiasm“ Beste Comedy-Darstellerin Rachel Brosnahan „The Marvelous Mrs. Maisel“ Allison Janney „Mom“ Tracee Ellis Ross „black-ish“ Lily Tomlin „Grace and Frankie“ Issa Rae „ Insecure (verlinkt auf /kultur/plus167307481/Diese-Serien-sollten-Sie-im-August-nicht-verpassen.html) “ Pamela Adlon „Better Things“ Bester Schauspieler in einer Miniserie Darren Criss „The Assassination of Gianni Versace: America Crime Story“ Benedict Cumberbatch „Patrick Melrose“ Antonio Banderas „Genius: Picasso“ Jeff Daniels „The Looming Tower“ John Legend „Jesus Christ Superstar“ Jesse Plemons „Black Mirror: USS Callister“ Bester Schauspielerin in einer Miniserie Laura Dern „The Tale“ Jessica Biel „The Sinner“ Michelle Dockery „Godless“ Sarah Paulson „ American Horror Story: Cult (verlinkt auf /kultur/article169920133/Wie-Serien-eine-antike-Heldin-wiederbeleben.html) “ Edie Falco „Law & Order True Crime: The Menendez Murders“ Regina King „Seven Seconds“
WELT
Nachdem „Game of Thrones“ im vergangenen Jahr nicht nominiert war, kehrt die Serie zurück ins Rennen um die Emmys. Große Chancen darf sich auch Vorjahressieger „Handmaid’s Tale“ machen. Bei den Komödien wird es hingegen einen neuen Gewinner geben.
Kultur
2018-07-12T17:19:49Z
2018-07-12T18:58:13Z
„Game of Thrones“ führt Liste der Emmy-Nominierungen an
https://www.welt.de//kultur/article179261238/Emmy-Nominierungen-2018-Game-of-Thrones-fuehrt-Liste-an.html
Gegen den FC Bayern: Mesut Özil setzt auf Arsenals Superhelden
Die Superhelden werden das schon regeln. Glaubt zumindest Mesut Özil. Der Star des FC Arsenal schreibt vor dem Achtelfinal-Hinspiel der Champions League am Mittwochabend (20.45 Uhr, ZDF, Sky und im Liveticker bei welt.de) auf seiner Facebook-Seite: (verlinkt auf https://www.facebook.com/mesutoezil?fref=ts) „Wir treten gegen die offiziell beste Mannschaft der Welt an. Die gute Nachricht: Hulk, Superman und Rambo sind auf unserer Seite.“ Dazu hat der deutsche Nationalspieler ein Foto gestellt, auf dem er als Superman verkleidet zu sehen ist. Daneben steht Lukas Podolski (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/lukas-podolski/) im grünen Hulk-Kostüm, und Teamkollege Bacary Sagna macht auf Rambo. Das Bild stammt von der Weihnachtsfeier des Tabellenzweiten der Premier League. Wie ein Superheld gespielt hat Özil zuletzt nicht immer. Mal wieder kam die Kritik auf: Wenn es bei seiner Mannschaft nicht läuft, ist auch er kaum zu sehen. Özil hat allerdings auch schon viele sehr gute Partien für Arsenal absolviert, und Bayerns Innenverteidiger Jerome Boateng (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/jerome-boateng/) sagt: „Er ist der Schlüsselspieler.“ Kein Kontakt seit Januar Er und die weiteren Nationalspieler des Rekordmeisters freuen sich auf das Aufeinandertreffen mit ihren Mitspielern aus der Auswahl. Neben Özil und Podolski spielt auch Per Mertesacker (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/per-mertesacker/) für den FC Arsenal (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/arsenal-london/) . „Das ist schon etwas Besonderes. Normalerweise erwartet man bei einem Spiel gegen eine englische Mannschaft ja nicht, dass man gleich auf drei Deutsche trifft“, sagt Münchens Torwart Manuel Neuer (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/manuel-neuer/) . Kontakt zu Özil und Co. hatte er zuletzt bei einem Treffer der Nationalmannschaft im Januar. Auf SMS und Telefonate verzichteten die Kumpels vor der Partie. „Wir werden uns ja heute vor dem Spiel sehen. Ich bin mit Mesut damals auf dieselbe Schule gegangen“, so Neuer. Beide besuchten die Gesamtschule Berger Feld in Gelsenkirchen. Guardiola fordert viel Ballbesitz Bayern-Trainer Pep Guardiola (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/josep-guardiola/) sieht die Partie nach den vielen Siegen in der Bundesliga als Herausforderung. „Wir werden sehen, was unser Level ist. Wenn wir Arsenal den Ball überlassen, werden wir leiden. Wir müssen Özil kontrollieren, und das geht am besten, wenn wir den Ball haben. Als Barcelona-Trainer habe ich oft gegen ihn und Real Madrid (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/real-madrid/) gespielt. Er ist ein Top-Top-Spieler, ein guter Junge, der tolle Pässe spielt“, sagt Guardiola. Ob er Mario Mandzukic (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/mario-mandzukic/) aufstellt, lässt der Trainer offen. Mandzukic überzeugte zuletzt in der Bundesliga mit Toren und Vorlagen. Alternativ könnten Thomas Müller oder Mario Götze in die Spitze rücken. Franck Ribery und Xherdan Shaqiri fallen verletzt aus, für Bastian Schweinsteiger kommt ein Einsatz von Beginn an nach langer Verletzungspause zu früh.
Julien Wolff
Mit Hulk und Rambo will Arsenal-Superman Mesut Özil im Champions-League-Achtelfinale den Titelverteidiger FC Bayern besiegen. Die Münchner setzen auf Ballbesitz – und wohl auch Mario Mandzukic.
Sport
Fußball
2014-02-19T11:00:04Z
2015-10-15T18:07:10Z
Mesut Özil setzt auf Arsenals Superhelden
https://www.welt.de//sport/fussball/bundesliga/fc-bayern-muenchen/article124997116/Mesut-Oezil-setzt-auf-Arsenals-Superhelden.html
Zu hohe Temperaturen: Beginn der Skisaison an der Zugspitze verzögert sich
Der Beginn der Wintersportsaison auf der Zugspitze ist wegen des warmen Wetters (verlinkt auf https://wetter.welt.de/) verschoben worden. Die anhaltende Föhnlage und die damit verbundenen Plusgrade verzögerten den Start des Skibetriebs auf Deutschlands höchstem Berg, teilte die Bayerische Zugspitzbahn am Donnerstag mit. Ursprünglich sollten am Freitag kommender Woche (16. November) erstmals die Lifte laufen. Wann nun Skifahrer und Snowboarder (verlinkt auf /sport/wintersport/) an der 2962 Meter hohen Zugspitze erste Kurven fahren können, ist offen. In Rinnen, Mulden und sonnengeschützten Stellen lagerte noch Schnee vom vergangenen Winter, der nun als Grundlage genutzt wird. Zwar konnte durch dieses sogenannte Snowfarming und die damit zur Verfügung stehenden Schneereserven eine solide Grundpräparierung geschaffen werden, teilte die Zugspitzbahn mit. Für die Aufnahme des Skibetriebes seien aber kühlere Temperaturen und Neuschnee nötig. Die vor knapp einem Jahr eröffnete Seilbahn zur Zugspitze steht noch immer still. Bei einer Routineübung war ein Bergekorb im Herbst auf eine der beiden Seilbahnkabinen gerauscht, es entstand Millionenschaden. Derzeit wird die zerstörte Kabine neu gebaut. „Geplant ist nach wie vor, die Kabinenbahn noch dieses Jahr wieder in Betrieb zu nehmen – wünschenswerterweise noch vor Weihnachten (verlinkt auf /themen/weihnachten/) “, sagte eine Sprecherin.
WELT
Sonne und kein Schnee in Sicht: Die Seilbahn an der Zugspitze wurde erst letztes Jahr eröffnet und muss nun bereits später als geplant in ihre zweite Saison starten. Bis Ende des Jahres soll es aber so weit sein.
Regionales
Bayern
2018-11-08T12:29:52Z
2018-11-08T12:35:38Z
Beginn der Skisaison an der Zugspitze verzögert sich
https://www.welt.de//regionales/bayern/article183492956/Zu-hohe-Temperaturen-Beginn-der-Skisaison-an-der-Zugspitze-verzoegert-sich.html
Horoskop für die Woche vom 14. bis 20. November: So stehen Ihre Sterne
Widder (21. März bis 20. April) Liebe: Sie treten in jedes Fettnäpfchen und verpatzen so manche Kuschelchance. Nehmen Sie es mit Humor, lassen Sie mitlachen! Beruf : Schieben Sie nichts rein aus Bequemlichkeit auf die lange Bank. Sie neigen dazu, wesentliche Arbeiten zu vernachlässigen. Gesundheit : Merkur steht in einem ungünstigen Winkel: Stress total! Zwischen Tür und Angel essen ist jetzt grundverkehrt. Schonzeit! Stier (21. April bis 20. Mai) Liebe: In der Liebe steuern Sie auf ein abwechslungsreiches Chaos zu. Auch in festen Partnerschaften können feurige Gefühle walten. Beruf : Sie haben die besten Chancen, ein aussichtsreiches Geschäft unter Dach und Fach zu bringen. Aber, pokern Sie nicht zu hoch! Gesundheit : Sie erwartet eine vitale Spitzenwoche, die Sie unbedingt mit sportlichen Aktivitäten füllen sollten. Beste Laune! Zwillinge (21. Mai bis 21. Juni) Liebe: Sie schwanken zwischen emotionaler Hingabe und dem Egotrip. Das gibt dem Partner Rätsel auf, was natürlich auch viel Reiz hat! Beruf : Im Beruf bedarf die Lösung einer schwierigen Aufgabe mehrerer Anläufe. Sie werden sehen, ab Dienstag klappt es reibungslos. Gesundheit : Diese Woche sollten Sie pfleglicher mit sich umgehen und darauf achten, dass Sie körpereigene Abwehrkräfte mobilisieren. Krebs (22. Juni bis 22. Juli) Liebe: Spontaneität ist nun der entscheidende Schlüssel zum Liebesglück. Singles sollten das richtig ausnutzen und mutig losflirten. Beruf : Nutzen Sie die günstige Sternenkonstellation für sich aus. Ohnehin erwartet Sie am Arbeitsplatz eine Menge Erfreuliches. Gesundheit : Hut ab vor Ihrer Energie! Sie können ganz schön rangehen. Denn Saturn stellt Ihnen seine ganze Kraft zur Verfügung. Löwe (23. Juli bis 23. August) Liebe: Das Glück fällt Ihnen nicht in den Schoß, aber auch nicht allzu weit daneben. Sie benötigen ein waches Herz und viel Geduld. Beruf : Der Drang, etwas im Beruf zu verändern, wird immer stärker. Hegen und pflegen Sie das Vorhandene, bis der neue Weg sicher ist. Gesundheit : Um rundherum fit zu bleiben, sollten Sie bei den täglichen Mahlzeiten die Vitamine und Spurenelemente nicht vergessen. Jungfrau (24. August bis 23. September) Liebe: Die Sterne sind Ihre Verbündeten. In dieser Atmosphäre der neu erwachten Leidenschaft lässt sich so manches leichter regeln. Beruf : Sie sind nicht abzuwimmeln: Mit dem Selbstbewusstsein können Sie alle beruflichen Pläne und Ideen zu Ihren Gunsten durchsetzen. Gesundheit : Auf der Astro-Grundlage geistiger und körperlicher Vitalität können Sie mit Kraft und Ausgeglichenheit aufleben! Waage (24. September bis 23. Oktober) Liebe: Unverbindliche charmante Gesten verschönen jede Alltagssituation, sind das A und O auf dem Weg aus dem Einerlei. Beruf : Möglich, dass Sie sich, um Ihr inneres Wachstum im Beruf zu erhalten, völlig umorientieren müssen. Gehen Sie diplomatisch vor. Gesundheit : Nutzen Sie die ruhigen Zeiten, um sich weiterhin zu stabilisieren. Denken Sie besonders jetzt an regelmäßige Mahlzeiten. Skorpion (24. Oktober bis 22. November) Liebe: Es fällt Ihnen schwer, die Bedürfnisse Ihres Gegenübers wahrzunehmen. Handeln Sie dementsprechend vorsichtig und besonnen. Beruf : Erst wenn Sie die unangenehmen Dinge erledigt haben, werden Sie Ihre innere Ausgeglichenheit am Arbeitsplatz wiedererlangen. Gesundheit : Anzeichen von Erschöpfung sollten Sie ernst nehmen. Trennen Sie sich von überflüssigen Terminen, treten Sie kürzer. Schütze (23. November bis 21. Dezember) Liebe: Ein gut temperiertes Liebesleben fördert den puren Lebensgenuss. Nehmen Sie sich den Erfolgsdruck, das macht ungemein frei. Beruf : Die Sterne garantieren keinen reibungslosen Arbeitsablauf, dafür aber eine Vielzahl an Möglichkeiten, das Konto aufzubessern. Gesundheit : Entspannen Sie sich und unternehmen Sie Dinge, die Ihnen wirklich Spaß machen. Dann kann Ihr Geist zur Ruhe kommen. Steinbock (22. Dezember bis 20. Januar) Liebe: Man sagt Ihnen Liebesaffären nach. So sehr Sie das ärgert: Sie wären froh, wenn auch nur die Hälfte davon stimmen würde. Beruf : Sie müssen an Ihrem Arbeitsplatz handeln. Sie können nicht ewig darauf hoffen, dass man Sie die Erfolgsleiter hinaufträgt. Gesundheit : Viel Entspannung täte Ihnen gut. Sie erholen sich am besten, wenn nicht zu viele Vorgaben Ihr Lebensgefühl einengen. Wassermann (21. Januar bis 19. Februar) Liebe: Sie wünschen sich eine Beziehung, in der sich Geben und Nehmen die Waage halten? Dann hören Sie mit dem Träumen auf! Beruf : Mit oberflächlicher Kommunikation im Job haben Sie jetzt einige Schwierigkeiten. Tipp: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold! Gesundheit : Besonders Dienstag sind Sie empfänglich für Hektik und kleine Unpässlichkeiten, die Ihnen etwas zu schaffen machen werden. Fische (20. Februar bis 20. März) Liebe: Mit gesteigerter Sinneslust können Sie sich romantischste Momente ausmalen. Ihre Sinnlichkeit begünstigt die Realisierung! Beruf : Sie schwimmen im Erfolgsstrom. Allerdings müssen Sie mithelfen, förderliche Strömungen in wirkliche Erfolge umzuwandeln. Gesundheit : Eine Power-Woche. Sie sprühen vor Energie und guter Laune. Es wird Ihnen leicht fallen, etwas für die Fitness zu tun. Alles zum Thema Horoskope finden Sie hier. (verlinkt auf /themen/horoskope/)
WELT
Sie wollen wissen, wie die Sterne in Liebesdingen, im Beruf und in Sachen Gesundheit für Sie stehen? Unser Wochenhoroskop verrät, was Sie vom 14. bis 20. November erwartet und welche Entscheidung Sie weiterbringen kann.
Iconist
2022-11-17T10:45:00Z
2022-11-21T07:54:44Z
Widder sollten auf Fettnäpfchen achten, Krebse erwartet Erfreuliches im Job
https://www.welt.de//iconist/article242043037/Horoskop-fuer-die-Woche-vom-14-bis-20-November-So-stehen-Ihre-Sterne.html
Parteitagsrede: CDU-Chefin Merkel warnt vor einer linken Republik
Mit scharfen Angriffen auf die Opposition hat die CDU-Vorsitzende Angela Merkel für ihre Politik geworben. In einer kämpferischen Rede vor den rund 1000 Delegierten auf dem CDU-Parteitag in Karlsruhe präsentierte Merkel die Politik der CDU als Gegenentwurf und warnte vor einer linken Republik. Gleichzeitig wandte sich Merkel gegen schnelle Steuererleichterungen. Ihren in die Kritik geratenen Finanzminister Wolfgang Schäuble nahm sie in Schutz. Merkel sagte, sie werbe ganz entschieden „für den Kurs unserer Partei und unseres Finanzministers“. Es müsse die richtige Reihenfolge eingehalten werden, „erst Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit“. Zunächst müssten die Haushalte konsolidiert und die Steuer vereinfacht werden, „dann können wir Steuern senken“. Merkel wandte sich somit gegen parteiinterne Kritik von Seiten des Wirtschaftsflügels, der aufgrund der geringeren Neuverschuldung Steuerentlastungen gefordert hatte. Merkel dankte unter dem Beifall der Delegierten Schäuble für seine Arbeit und für ein Jahr, „das auch persönlich mit so viel Kraft und Anstrengung verbunden war“. Der Bundesfinanzminister war am Vormittag nach Brüssel zu den Verhandlungen über die WestLB gereist. Er sollte am Nachmittag wieder auf den Parteitag zurückkehren. Eindringlich warnte Merkel vor einer rot-rot-grünen Republik. Die Alternative zur christlich-liberalen Koalition wäre weder eine neue große Koalition noch Schwarz-Grün oder ein Bündnis aus CDU, FDP und Grünen. „Das sind Illusionen, Hirngespinste“, rief die CDU-Vorsitzende aus. Die Alternative zu Schwarz-Gelb wäre nichts Anderes als Rot-Rot-Grün. SPD und Grüne würden 2013 keine Sekunde zögern, mit den Linken zusammenzugehen. Das zu verhindern, sei ein Auftrag von historischer Tragweite. „Wir müssen dem Land Rot-Rot-Grün ersparen“, sagte Merkel. Die SPD sei auf der Flucht vor Verantwortung und Realität, sie verspiele damit ihren Auftrag als zweite Volkspartei in Deutschland, kritisierte die Kanzerlin. Die Sozialdemokraten könnten heute gar nicht schnell genug von den Beschlüssen der großen Koalition davonlaufen. Der frühere SPD-Vizekanzler Franz Müntefering habe einmal gesagt, Opposition sei Mist. „Heute hat Müntefering nichts mehr zu sagen, und die SPD ist einen Schritt weiter. Die Opposition macht Mist“, sagte Merkel unter dem Applaus der rund 1000 Delegierten. Die Grünen seien „vor allem und ständig immer dagegen“. Dagegen zu sein, sei aber das Gegenteil von bürgerlicher Politik. Bürgerliche Politik erschöpfe sich nicht im Halten von Demonstrationsschildern. Die Grünen bewiesen im Zusammenhang mit den Castor-Transporten eine „Doppelmoral“. Man dürfe auch nicht zulassen, dass beim Protest gegen den Castor von „Entschottern“ der Bahngleise geredet werde, wenn eine „gefährliche Straftat“ gemeint sei. Merkel verteidigte zugleich die geplante Aussetzung der Wehrpflicht und das Bahnprojekt „Stuttgart 21“. Sie warnte davor, mit der Verhinderung von Großprojekten Deutschland zu schaden. Demokratisch legitimierte Entscheidungen dürften nicht im Nachhinein wieder in Frage gestellt werden. Die Kanzlerin rief ferner die Partei auf, selbstbewusst für das „C“ im Parteinamen einzustehen. Das Land leide nicht an einem Zuviel an Islam, sondern an einem Zuwenig an Christentum. „Lassen Sie uns mehr bekennen, dass wir Christen sind“, rief die Kanzlerin den Delegierten zu. Mit Blick auf die Landtagswahlen im kommenden Jahr appellierte Merkel an ihre Partei, für Wahlsiege zu kämpfen. „Werft Prognosen in den Papierkorb“, sagte die Kanzlerin. Sie fügte hinzu: „Wir sind wir, die Christlich-Demokratische Union. Wir können das.“
WELT
Wehrpflicht-Aussetzung, Stuttgart 21, Schäuble: Auf dem CDU-Parteitag lobt Merkel Projekte und Personen – und duldet keine Alternativen.
Politik
Deutschland
2010-11-15T12:47:03Z
2015-10-03T11:51:43Z
CDU-Chefin Merkel warnt vor einer linken Republik
https://www.welt.de//politik/deutschland/article10943288/CDU-Chefin-Merkel-warnt-vor-einer-linken-Republik.html
Städtereisen: Diese Designhotels sind günstig – und haben Stil
Berlin: das „Berlin Upper West“ von Motel One Die Motel-One-Kette ist Deutschlands Pionier im Markt der Budget-Hotels mit Designtouch. Die Häuser der ersten Generation sehen zwar alle flott, aber ziemlich verwechselbar aus. Die neuen Hotels sollen individueller und lässiger gestaltet werden. So wie das „ Berlin (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/berlin-staedtereise/) Upper West“. Der Star ist hier die Aussicht, das Hotel punktet mit Frühstücksraum und Bar im zehnten Stock mit Blick auf Bikinihaus und Gedächtniskirche. Von der Dachterrasse kann man der Kirchturmuhr quasi direkt ins Werk schauen. Das Designmotto des Hotels (verlinkt auf /themen/hotels/) ist vom Kino inspiriert – darauf deutet schon die Leuchtschrift „One Cinema“ über der Rezeption in der imposanten Eingangshalle hin. Dazu schwarz-weiße Schauspielerporträts von Jim Rakete (auch über den Betten), Samtvorhänge, goldenes Licht, Polstermöbel in Anthrazit, Aubergine, Smaragd – alles wirkt edler als in den bisherigen „Motel One“-Häusern. Ein bisschen unmotiviert stehen vereinzelt wuchtige Retro-Schreibmaschinen als Deko herum. Den Egg-Chair, Designklassiker von Arne Jacobsen, gibt es hier mit grauem oder braunem Bezug, in den älteren Hotels steht er in Knalltürkis in der Lobby. Motel One hat zurzeit 56 Hotels in Europa, die meisten in Deutschland (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/deutschland-reisen/) . Im Sommer eröffnen Freiburg, München-Schwabing und Zürich ebenfalls im neuen Stil. Doppelzimmer ab 94 Euro („Berlin Upper West“), motel-one.com (verlinkt auf https://www.motel-one.com/de/) München: Musikalisch im „Ruby Lilly“ Genug Luftgitarre gespielt und Lust auf ein richtiges Instrument? In jedem der in hellen Farben zurückhaltend gestalteten Zimmer der „Ruby“-Hotels steht ein Marshall-Verstärker, die passende Gitarre kann man sich an der Rezeption ausleihen. Die Mini-Kette ist in Wien (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/wien-staedtereise/) gestartet, seit Februar gibt es in München (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/muenchen-staedtereise/) das „Ruby Lilly“ (benannt nach der großen Liebe des Monaco Franze aus Helmut Dietls gleichnamiger Fernsehserie), Düsseldorf folgt im Dezember. Für alle, die Musik lieber konsumieren, als sie selbst zu machen, lässt sich das Smartphone am Verstärker anschließen. Nach einem Ausflug in die 24 Stunden geöffnete Hotelbar namens „Schickeria“ kann man sich auf das überlange Bett (210 Zentimeter) fallen lassen und in den meisten Zimmern durch die bodentiefen Fenster über München blicken. Doppelzimmer ab 95 Euro (München), ruby-hotels.com (verlinkt auf http://www.ruby-hotels.com/) München: das „Nyx Hotel“ spricht junge Menschen an Street-Art in den Gängen, in den Zimmern schwarz-weiße Tierfotografien in Panoramabreite, Kunst über dem Bett, Mustertapete an der Wand und Zebrateppich auf dem Boden, im Bad Travertin und Glasmosaikfliesen: So sieht das Design für das neue „Nyx Hotel“ in München aus, das im Februar 2018 eröffnen wird. Die junge Lifestyle-Linie der Leonardo-Hotelgruppe ist dieses Jahr in Europa mit Häusern in Mailand, Prag und Madrid gestartet. Kern des Konzepts soll die Verbindung zur lokalen Kunstszene sein. Dafür sorgt Iris Barak, die Kuratorin einer der bekanntesten privaten Kunstsammlungen Israels. Nachts verwandeln sich die Hotels in Clubs – schließlich ist die Namensgeberin die griechische Göttin der Nacht. Der Claim dazu lautet: „We are a super fashion, funky, sassy, urban, cool, rock and roll, classy and hipster Hotel.“ Ganz schön ambitioniert und erkennbar auf ein jüngeres Publikum ausgerichtet. Zum Münchner Haus wird außerdem ein Privatkino gehören, und die Mitarbeiter im „Nyx“ nennen sich City Lovers, die Tipps für die Erkundung der Stadt bei Tag und bei Nacht auf Lager haben. Doppelzimmer ab 89 Euro (Mailand), leonardo-hotels.de (verlinkt auf https://www.leonardo-hotels.de/) Braunschweig und Duisburg: neue Intercityhotels Die Hotels in unschlagbar verkehrsgünstiger Bahnhofsnähe schütteln peu à peu den Staub ab: Der renommierte Mailänder Architekt und Designer Matteo Thun (verlinkt auf /icon/article140618915/Ich-halte-das-Dusch-WC-fuer-ein-zentrales-Thema.html) hat mit seinem Team die Mission „Intercityhotel 2.0“ übernommen, der alle neuen Häuser folgen werden. „Wir setzen nicht auf vordergründige Wow-Effekte, sondern auf Normalität, auf Einfachheit. Das Wohlfühlen des Gastes soll im Vordergrund stehen.“ Und das gelingt Thun mit naturfarbenem Holz, einem Farbkonzept, das „so unspektakulär, so ruhig wie möglich sein soll“. Gemütlichkeit, die nicht behäbig, sondern leicht daherkommt. Zero-Design nennt Thun das. Und damit der Gast auch weiß, wo er morgens aufwacht, ist die Wand hinter dem Bett mit einer Karte der jeweiligen Stadt tapeziert. Vor Kurzem im neuen Design eröffnet: Braunschweig und Duisburg. Doppelzimmer ab 52 Euro (Braunschweig), intercityhotel.com (verlinkt auf https://www.intercityhotel.com/) Hamburg: Design „Prizotel“ an der Reeperbahn Leuchtendes Grün, knalliges Blau, flashy Fuchsia und dazu jede Menge Weiß: Das sind die Farben, die Karim Rashid für das Interior der Prizeotel-Häuser gewählt hat. Der kanadische Designer ist für seine poppigen Entwürfe bekannt und gestaltet nicht nur Hotels und Möbel, sondern auch Teppiche und Tapeten, deren Muster eine Mischung aus organisch und futuristisch sind – und natürlich auch in den Häusern der Minikette aus Norddeutschland zum Einsatz kommen. Bisher kann man in Bremen (gerade frisch renoviert), Hannover und Hamburg-Mitte zum Budget-Preis in Rashids Blob-Design übernachten. Er selbst nennt das Konzept „Designocracy“: „Ich designe nicht für vermögende Leute, ich designe für jedermann.“ Für ihn gehört zum Konzept, nicht nur ein Interieur zu entwerfen, sondern ein Erlebnis. „Wir haben die Musik ausgewählt, den Geruch der Reinigungsprodukte, des Shampoos und der Seife, haben die Kleidung der Mitarbeiter designt und vieles mehr.“ Im Moment ist ein neues „Prizeotel“ an der Hamburger Reeperbahn im Bau – das Designkonzept stammt natürlich auch von Karim Rashid –, das Anfang 2018 eröffnen wird; Bern und Erfurt sind in Planung. Ein Highlight für budgetbewusste Übernachtungsgäste im zukünftigen Haus auf St. Pauli: der im Erdgeschoss geplante Lidl-Markt. Doppelzimmer ab 78 Euro, prizeotel.com (verlinkt auf https://www.prizeotel.com/) Berlin: Retrostil im „Max Brown“ Die Rezeption sieht wie die Theke eines Retro-Drugstores aus, die freundlichen Angestellten tragen Schürze, in der Vitrine des Tresens liegen kleine Gadgets von Berliner Designern zum Verkauf aus – ein Mini-Conceptstore, Brooklyn-Feeling in Berlin-Wilmersdorf. Der Weg zum Zimmer führt durch schwarz getünchte Gänge mit messingfarbenen Kassettendecken, die Zimmernummern sind auf weiße Porzellanbehälter gepinselt, in denen kleine Kakteen stecken. Kakteen leisten dem Gast auch im Zimmer Gesellschaft (manch einer kann sich selbst bei der Abreise nicht von ihnen trennen (verlinkt auf /reise/article166136167/Wer-um-alles-in-der-Welt-braucht-denn-Conditioner.html) , berichtet der Front-Desk-Manager). Die Zimmer sind hell, mit Eichenböden, Ablagen aus Messingrohren und weißen Marmorplatten, weißer Holzvertäfelung, zarter Mustertapete und innen liegenden weißen Fensterläden, die bei Bedarf für Verdunkelung sorgen. Neben jedem Bett ein Telefon im Retrostil mit Wählscheibentastatur und ein Plattenspieler samt einer kleinen Auswahl von Vinylplatten. Weiteres Gimmick: In jedem Zimmer hängt ein kleiner Basketballkorb, ein Plüschball lädt zum Stressabbau ein. Zwischen Bad (Armaturen in Messing, der Boden schwarz-weiß gekachelt) und Zimmer gibt es ein mit Rollo versehenes Fenster. Im hauseigenen Restaurant „Benedict“, das täglich 24 Stunden und sieben Tage pro Woche geöffnet ist, wird morgens, mittags abends Frühstück serviert. Und: Im „Max Brown Berlin“ gibt es richtige Zimmerschlüssel, keine Chipkarten. Doppelzimmer ab 83 Euro (mit Frühstück), maxbrownhotels.com (verlinkt auf http://www.maxbrownhotels.com/) (weitere Hotels in Düsseldorf und Amsterdam (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/amsterdam-staedtereise/) )
Annemarie Ballschmiter
Mögen Sie Pop? Oder lieber Industrial-Retro-Chic? In Deutschland setzen neue Budget-Designhotels inzwischen verstärkt auf individuelle Einrichtungskonzepte. Sechs Entdeckungen für unter 100 Euro pro Nacht.
Reise
Städtereisen
2017-07-18T05:41:52Z
2018-01-24T15:48:39Z
Diese Designhotels sind günstig – und haben Stil
https://www.welt.de//reise/staedtereisen/article166717014/Diese-Designhotels-sind-guenstig-und-haben-Stil.html
Terrorverdächtiger Haikel S. aus Hessen nach Tunesien abgeschoben
Nach monatelangem juristischen Tauziehen hat Hessen den als islamistischen Gefährder eingestuften Haikel S. nach Tunesien abgeschoben. Bundespolizisten übergaben ihn am Mittwoch gegen 10.00 Uhr deutscher Zeit den tunesischen Behörden, wie der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) berichtete. „Wir haben ihn abgeschoben, erfolgreich abgeschoben.“ In seinem Heimatland soll er nun vor Gericht gestellt werden. „Eine faire Verhandlung für S. ist garantiert und die tunesische Rechtssprechung garantiert, dass es keine Folter oder Menschenrechtsverletzungen geben wird“, sagte Justizsprecher Sofiane Selliti der Deutschen Presse-Agentur in Tunis. Seinen Angaben zufolge hatte das tunesische Justizministerium einen Antrag auf Auslieferung gestellt. Nun werde der Terrorverdächtige zunächst an die Staatsanwaltschaft verwiesen, bevor sich ein Anti-Terror-Gericht des Falls annehme. Die deutschen Ermittler werfen Haikel S. vor, für die Terrormiliz IS einen Anschlag in Deutschland vorbereitet zu haben. Die deshalb verhängte Untersuchungshaft hatte der Bundesgerichtshof im August 2017 aufgehoben. Haikel S. kam daraufhin aber nicht auf freien Fuß, sondern auf Antrag der Frankfurter Ausländerbehörde in Abschiebehaft. Gerichte verweisen auf Moratorium in Tunesien Auch in seinem Heimatland steht der 37-jährige Tunesier unter Terrorverdacht. Er war im Februar 2017 bei einer Anti-Terror-Razzia in Hessen festgenommen worden. Die Untersuchungshaft hatte der Bundesgerichtshof im August 2017 aufgehoben. Der Terrorverdächtige war bis vor das Bundesverfassungsgericht und den Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gezogen, um sich gegen seine Abschiebung zu wehren. Die Karlsruher Richter lehnten eine Beschwerde des Mannes jedoch mit der Begründung ab, ihm drohe in seinem Heimatland nicht die Todesstrafe. Auch in Straßburg scheiterte der Gefährder mit seinem Eilantrag, doch noch einen Abschiebestopp zu erwirken. „Es waren politische Entscheidungen und keine rechtsstaatlichen“, sagte die Anwältin von Haikel S. über die Karlsruher Richter. „Selbst wenn (von tunesischer Seite) zugesichert wird, dass die Todesstrafe nicht verhängt wird, ist das keine Garantie. Das kann sich schnell ändern, wenn sich die politische Situation in dem Land ändert.“ Die Anwältin hatte am Mittwochmorgen keinen Kontakt mehr zu Haikel S. „Er darf mich nicht anrufen. Das wurde ihm bei den Abschiebeversuchen der letzten Male auch verboten.“ Das Bundesverfassungsgericht wie auch schon zuvor die höchsten deutschen Verwaltungsrichter hatten in ihren Entscheidungen auf ein seit Jahren bestehendes Moratorium in Tunesien verwiesen, nach dem eine drohende Todesstrafe nicht vollstreckt, sondern in eine lebenslange oder zeitlich begrenzte Freiheitsstrafe umgewandelt wird. Im Juli 2017 war eine geplante Abschiebung nach einem Eilantrag beim Verwaltungsgericht Frankfurt in letzter Minute gestoppt worden. Haikel S. saß zu diesem Zeitpunkt bereits im startbereiten Flugzeug. Beuth: Verfahren müssen gestrafft werden Nach Angaben des hessischen Innenministerium werfen die tunesischen Behörden Haikel S. vor, an mehreren Terroranschlägen beteiligt zu sein. Darunter soll auch der Anschlag mit zahlreichen Toten auf das Bardo-Museum in Tunis im Jahr 2015 sein. Die tunesische Staatsanwaltschaft spricht davon, dass der Mann an mehreren Anschlägen auf Sicherheitskräfte beteiligt gewesen sein soll oder diese mitgeplant hat. Beuth forderte, dass künftige Verfahren in ähnlichen Fällen gestrafft werden müssten, insgesamt dauerte es von der Festnahme wegen Terrorverdachts bis zur Abschiebung rund 15 Monate. „Das ändert nichts daran, dass wir rechtsstaatlich handeln wollen“, sagte der CDU-Politiker. Man müsse nur überdenken, ob dafür – wie im Fall Haikel S. – 21 juristische Verfahren nötig seien. Womöglich könnte es sinnvoll sein, einen Fall bei einem Gericht zu bündeln. Aus Hessen sind in diesem Jahr bereits mehrere mutmaßliche Islamisten abgeschoben worden. Im März und April seien zwei Tunesier in ihr Heimatland zurückgeführt worden, die dem salafistischen Netzwerk um Haikel S. angehört haben sollen, erklärte das Innenministerium. In der vergangenen Woche wurde ein verurteilter Islamist in die Türkei abgeschoben, der wegen einer Messerattacke auf Polizisten bei einer Demonstration in Bonn mehrere Jahre im Gefängnis saß, zuletzt in Hessen. Nach der Abschiebung von Haikel S. sprach sich Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) dafür aus, auch einen früheren Leibwächter von Terrorchef Osama bin Laden abzuschieben. „Mein Ziel ist es, die Abschiebung zu erreichen, auch in diesem Fall“, sagte er. Es geht um den in Bochum lebenden Tunesier Sami A. Bislang galt für den Extremisten ein Abschiebungsverbot wegen drohender Folter in seinem Heimatland.
WELT
Monatelang hat die Abschiebung des Terrorverdächtigen Haikel S. die Gerichte beschäftigt. Nun ist der Mann zurück in seinem Heimatland Tunesien – wo die Staatsanwaltschaft schon auf ihn wartet.
Politik
Deutschland
2018-05-09T07:28:06Z
2018-05-09T15:40:43Z
Terrorverdächtiger aus Hessen nach Tunesien abgeschoben
https://www.welt.de//politik/deutschland/article176198198/Terrorverdaechtiger-Haikel-S-aus-Hessen-nach-Tunesien-abgeschoben.html
Finanzinvestoren : Hedgefonds entdecken die Goldminen
Es ist nicht nur Gold, was glänzt. Jedenfalls für Investoren, die statt bei dem gelben Edelmetall selbst lieber bei den Unternehmen zugreifen, die es ans Tageslicht bringen. Jahrelang standen sie im Schatten von Gold, jetzt trumpfen die Minenunternehmen auf: Starke Gewinne und geringere Förderkosten machen es möglich. Der Nyse Arca Gold Miners Index, der 39 Goldproduzenten abbildet, ist in diesem Jahr um 26 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: Gold hat nur um 8,9 Prozent und der S&P-500 lediglich um 4,5 Prozent zugelegt. Der Boom der Goldproduzenten ist sowohl ein Segen für große Hedgefonds wie die von George Soros (verlinkt auf /finanzen/article125944698/Soros-wirft-Bundesregierung-grenzenlose-Gier-vor.html) und John Paulson als auch für Händler mit einer Schwäche für Gold wie Peter Palmedo und Eric Sprott. Ihre Goldwetten kamen im vergangenen Jahr unter die Räder, als höhere Anleiherenditen und die niedrige Inflation den Reiz des Goldes schmälerten. Es wurde massiv verkauft, sodass der Preis um 28 Prozent fiel und der Index der Goldproduzenten sogar um 54 Prozent einbrach. Gold-Aktien fallen in der Regel noch stärker, wenn der Goldpreis (verlinkt auf /finanzen/geldanlage/article129721419/Die-Fluchtwaehrung-Gold-meldet-sich-zurueck.html) sinkt, aber sie klettern zumeist auch schneller, wenn der Goldpreis wieder anzieht. Die Aussichten für Gold seien vielversprechend, sagen einige Investoren, doch für Goldproduzenten sehe es noch viel besser aus. Sichere Anlageklassen gesucht Die Krisen in der Ukraine und im Nahen Osten (verlinkt auf /finanzen/geldanlage/article126948063/Ukraine-Krise-loest-Ansturm-auf-Gold-und-Oel-aus.html) haben dazu geführt, dass Vermögensverwalter sich in relativ sichere Anlageklassen wie Gold zurückziehen, dessen Preis dadurch in die Höhe getrieben wird. Investoren kaufen jetzt Aktien von Goldproduzenten, um ihre Goldwetten auszuweiten. Denn diese Unternehmen schlagen aus einem höheren Goldpreis nicht nur mehr Umsatz und Gewinn raus, sondern viele von ihnen haben auch unter Beweis gestellt, dass sie ihre Gewinne durch Produktionsausweitungen und Sparmaßnahmen erhöhen können. Auch wenn die Marktbewertungen über den Tiefstständen liegen, seien die Aktien aus historischer Sicht immer noch vergleichsweise billig, sagen Investoren. „Goldproduzenten wirken einfach nicht so teuer wie in den vergangenen Jahren, man hat den Eindruck, dass sich der Markt für Gold erwärmt“, sagt Catherine Raw, Portfolio-Manager beim 451 Millionen Dollar schweren Rohstofffonds von BlackRock. Sie hat den Anteil an Goldproduzenten in ihrem Portfolio zu Jahresbeginn erhöht. Das wieder erwachte Interesse zeigt, wie begrenzt die Optionen für Investoren sind, trotz der niedrigen Zinsen vernünftige Renditen zu erzielen. Renditen für Staatsanleihen der Industriestaaten verharren derzeit auf Rekordtiefs. Auch der seit fünf Jahren währende Höhenflug der US-Aktienindizes ist in diesem Jahr nicht mehr das, was er einmal war. Grund dafür ist, dass allgemein mit der ersten Zinserhöhung der US-Notenbank seit 2006 gerechnet wird. Branchenpapiere wurden 2013 gemieden Der Hedgefonds Sun Valley Gold LLC von Palmedo, der von der Investorenlegende Julian Robertson unterstützt wird, hat in der ersten Jahreshälfte ein Plus von 16 Prozent erzielt, sagt ein Insider. Der wichtigste Hedgefonds von Sprott ist im Juni um 18 Prozent und auf Jahressicht um 16 Prozent geklettert, wie aus einer Mitteilung an die Investoren hervorgeht. Beide Vermögensverwalter hatten 2013 Geld verloren, als die Kurse der Goldproduzenten fielen. Die Goldminenbetreiber, die jetzt mit die größten Kursgewinne verzeichnen, sind jene, die ihre Sanierung mit drastischen Maßnahmen vorantrieben. Ein Beispiel: Agnico Eagle Mines (verlinkt auf http://www.finanzen.net/aktien/dowjonessymbol/AEM.T) hat im ersten Quartal einen Gewinn verzeichnet, da die Förderkosten pro Goldunze innerhalb eines Jahres um 27 Prozent auf 537 Dollar gesenkt und gleichzeitig so viel wie noch nie gefördert wurde. Im letzten Quartal 2013 hatte das Unternehmen noch Verluste verzeichnet. Der Soros Fund Management und der Discovery Capital Management von Robert Citrone haben im ersten Quartal Aktien des Unternehmens gekauft. Paulson & Co hält seit 2011 Anteile. Der Aktienkurs von Agnico ist in diesem Jahr bereits um gut die Hälfte gestiegen. Im vergangenen Jahr war es noch 46 Prozent abwärts gegangen. Auch wenn einige Aktien wie Agnico schon einen großen Teil ihrer Vorjahresverluste aufgeholt haben, liegen die Kurse vieler Minenunternehmen noch deutlich unter dem Vorjahresniveau. Einige Investoren halten sich weiterhin lieber zurück. Einige Analysten sind skeptisch „Was mich zögern lässt, ist die Sorge, dass der Goldpreis mit einer erstarkenden Wirtschaft ein weiteres Stück sinken könnte“, sagt Mark Luschini, Chefstratege bei Janney Montgomery Scott LLC, die 67 Milliarden Dollar verwalten. „Ich bin mir nicht sicher, ob Goldproduzenten, obwohl sie bereits deutlich abgestraft wurden, nicht noch tiefer fallen könnten.“ Der Vermögensverwalter hält seit 18 Monaten keine Aktien an Goldproduzenten. Bessere Wirtschaftsaussichten könnten die Nachfrage nach als sicher geltenden Anlagen wie Gold (verlinkt auf /finanzen/geldanlage/article125983635/Gold-wird-zum-Spielball-der-Weltpolitik.html) beeinträchtigen und die Attraktivität von risikoreicheren Anlagen wie Aktien erhöhen, die mit besserem Geschäft auch bessere Renditen abwerfen. Paul Singer ist Chef von Elliott Management, die 25 Milliarden Dollar verwaltet. Er ist bullisch für Gold, meidet aber Aktien von Minenunternehmen zugunsten von Gold-Optionen, sagen Insider. Er fürchte, dass Gold wieder in Ungnade fallen könnte. Nach der Finanzkrise ist der Goldpreis in die Höhe geschnellt. Im August 2011 erreichte er mit 1888,70 Dollar je Feinunze ein Allzeithoch. Die US-Notenbank hatte zuvor Staatsanleihen in großem Stil gekauft, um die langfristigen Zinsen niedrig zu halten. Gold wurde gekauft, da Investoren davon ausgingen, dass die Staatsanleihekäufe zu Inflation führen und Gold in einem Umfeld steigender Preise seinen Wert behalten werde. Doch die Inflation zog keineswegs schnell an. So schichteten Investoren schon bald in Anlageklassen um, die mehr Rendite versprachen. Am Montagvormittag steht der Goldpreis bei 1308 Dollar je Feinunze. Minen-Aktien sind noch ein Schnäppchen Auch wenn sich die Aktien von Goldproduzenten inzwischen erholt haben, halten sie einige Investoren immer noch für Schnäppchen. Aktien im Nyse Arca Gold Miners Index werden zu dem 1,3-Fachen des Nettowerts ihrer Assets gehandelt. Die Bewertung lag auch schon niedriger: Im Juni 2013 erreichten sie ihren Tiefststand mit dem 0,79-Fachen. Gleichwohl liegen sie noch immer unter ihrem langfristigen Durchschnitt des 2,18-Fachen. Die gebeutelten Marktbewertungen haben Händler wie John Burbank von der vier Milliarden Dollar schweren Hedgefonds-Firma Passport Capital LLC und Joe Wickwire, der für den Fonds Fidelity Select Gold Portfolio 1,4 Milliarden Dollar verwaltet, veranlasst, darauf zu wetten, dass einige der Unternehmen für Übernahmen ins Visier geraten. Die Investoren profitieren, wenn der Übernahmepreis über dem Aktienkurs liegt. Laut Burbank ist etwa Detour Gold (verlinkt auf http://www.finanzen.net/aktien/dowjonessymbol/DGC.T) ein „attraktiver Übernahmekandidat“. Wickwire empfiehlt Osisko Mining – das Unternehmen wurde in einem Bieterwettstreit letztlich gemeinsam von Agnico und Yamana Gold (verlinkt auf http://www.finanzen.net/aktien/dowjonessymbol/YRI.T) gekauft. Dabei wurde Osisko mit 8,15 kanadischen Dollar pro Aktie bewertet. Dies entspricht einem Aufschlag von 58 Prozent zum Schlusskurs vor der ersten Übernahmeofferte. „Die Industrie hat den Gürtel enger geschnallt und alles auf den Prüfstand gestellt. Deshalb ist sie heute besser aufgestellt als vor zwei Jahren“, sagt John Hathaway, der 1,6 Milliarden Dollar für den Tocqueville-Goldfonds verwaltet. Der Artikel ist zuerst erschienen unter dem Titel „Hedgefonds stürzen sich auf Goldproduzenten“ (verlinkt auf http://www.wsj.de/article/SB10001424052702303996604580085023481184294.html) im „ Wall Street Journal Deutschland“ (verlinkt auf http://www.wsj.de) .
Tatyana Shumsky, Rob Copeland, WSJ.de
Gold war gestern. Die großen Hedgefonds stürzen sich auf die Minenunternehmen, die das Edelmetall fördern. Starke Gewinne und geringere Förderkosten machen es möglich.
Wall-street-journal
2014-08-11T13:33:03Z
2015-10-16T04:44:29Z
Hedgefonds entdecken die Goldminen
https://www.welt.de//wall-street-journal/article131109301/Hedgefonds-entdecken-die-Goldminen.html
US-Medien: "Los Angeles Times" räumt Pulitzer-Preise ab
Die „Los Angeles Times“ hat den den Pulitzer-Preis, die wichtigste Medienauszeichnung der USA, in der Königskategorie „Dienst an der Öffentlichkeit“ gewonnen. Reporter deckten einen Korruptionsskandal im Städtchen Bell in Kalifornien auf. Dort hatten sich die Stadtoffiziellen an den Steuergeldern bedient und sich gegenseitig enorme Gehälter ausgezahlt. Die Berichte der Zeitung gipfelten in Festnahmen und politischen Reformen. Ebenfalls nominiert waren Bloomberg News und die „New York Times“. Die „Times“ hatte über die Gefahr von Gehirnerschütterungen beim Football und anderen Sportarten berichtet und so eine landesweite Debatte und neue Vorschriften für Sportlerhelme angeschoben. Bloomberg hatte aufgedeckt, wie einige private Hochschulen ärmere Studenten ausbeuten und so für Razzien in der Milliardenbranche gesorgt. Der ebenfalls hochangesehene Preis in der Kategorie investigativer Journalismus ging an eine Journalistin der „Sarasota-Herald Tribune“. Sie hatte zweifelhafte Praktiken von Hausversicherern in Florida aufgedeckt. Mit 10.000 Dollar dotiert Die Pulitzer-Preise sind die höchsten Medienpreise in den USA und zählen zu den wichtigsten Auszeichnungen für Journalisten, Schriftsteller und Komponisten. Sie werden in 21 Kategorien vergeben und sind mit jeweils 10.000 Dollar (7000 Euro) dotiert. Die Auszeichnung wurde vom Journalisten und Verleger Joseph Pulitzer (1847 bis 1911) gestiftet und wird von der New Yorker Columbia-Universität verliehen. Von den 14 Journalistenpreisen ging noch der für Fotoreportagen, in diesem Fall über die Opfer von Bandenkriegen, an die „Los Angeles Times“. Die erfolgsverwöhnte „New York Times“ bekam ebenfalls zwei Preise. Einen erhielten zwei Moskau-Korrespondenten für ihre Reportage über das Justizsystem in Russland. Seine Kommentare über die Haushaltskrise in den USA brachten einem „New York Times“-Mitarbeiter den zweiten Preis für die Zeitung ein. Die New Yorker Recherchevereinigung „ProPublica“ wurde für ihre Nachforschungen zu den Ursachen der Finanzkrise geehrt. Traditionell gingen viele Preise an die Ostküsten-Zeitungen, etwa an den „Boston Globe“ für seine Kunstkritiken, das „Wall Street Journal“ für seine Leitartikel zur US-Gesundheitsreform oder an die „Washington Post“, diesmal nur einmal geehrt, für ihre Bildserien vom Erdbeben in Haiti. Aber auch Zeitungen aus anderen US-Staaten waren dabei, etwa der „Milwaukee Journal Sentinel“ mit einer Medizinreportage oder die Karikaturen der „Denver Post“.
WELT
Die "Los Angeles Times" hat den Pulitzer-Preis 2011 in zwei der wichtigsten Kategorien gewonnen. Auch die "New York Times" erhielt zwei der begehrten Preise.
Kultur
2011-04-18T21:04:45Z
2016-08-03T10:13:50Z
"Los Angeles Times" räumt Pulitzer-Preise ab
https://www.welt.de//kultur/article13210147/Los-Angeles-Times-raeumt-Pulitzer-Preise-ab.html
„Womanspreading“: Warum sich nun auch Frauen breitmachen
Da du regelmäßig bei uns vorbeischaust und fleißiger WELT-kmpkt-Leser bist, ist dir der Begriff „Manspreading“ sicherlich ein Begriff, stimmt‘s?! Wir haben dich vor einiger Zeit bereits darüber aufgeklärt. Um dich aber noch mal auf Stand zu bringen ( ja, so nett sind wir eben) : „Manspreading“ bezeichnet das großzügige männliche Ausbreiten in öffentlichen Verkehrsmitteln. Und sieht in etwa so aus: Das Phänomen ist nicht neu und geht vermutlich sogar zurück bis auf Adam. Seit August 2015 ist es sogar im Online Oxford Dictionary enthalten (verlinkt auf https://en.oxforddictionaries.com/definition/manspreading) . Es ist also in unserer Mitte angekommen. Und wird seither ziemlich kontrovers diskutiert. Nicht nur von unterschiedlichen Transportunternehmen, die das Manspreading in den Öffis untersagen wollen - wie in Instanbul: Auch Mediziner haben sich mit dem männlichen Sitzverhalten auseinandergesetzt und begründen es einmal (verlinkt auf http://www.economonitor.com/blog/2016/01/manspreading-the-myth-the-math-dude-2/) mit dem Schulter-Hüft-Verhältnis des Mannes, ein anderes Mal (verlinkt auf http://www.independent.co.uk/life-style/manspreading-scientific-explanation-revealed-men-behaviour-public-transport-etiquette-a7862771.html) werden die Testikel als Argument herangezogen. So oder so, wir kamen zum Schluss, dass Manspreading im öffentlichen Nahverkehr - sofern man(n) damit andere einschränkt - ziemlich rücksichtslos und respektlos rüberkommt. Und natürlich wurde auch das heiß diskutiert. In erster Linie von dir und den anderen Lesern in unseren Kommentarspalten. Anbei eine kleine Auswahl der Meinungen zum Thema: Mit dem letzten Kommentar sind wir nun auch mittendrin im Thema und dem neuen Trend. Der Gegenbewegung, sozusagen. Nun tun es Frauen nämlich Männern gleich. Dürfen wir vorstellen: Womanspreading . Auf Instagram (verlinkt auf https://www.instagram.com/explore/tags/womanspreading/) und Twitter (verlinkt auf https://twitter.com/hashtag/womanspreading) tummeln sich mittlerweile Hunderte Posts zum Thema. Längst überfällig, meinen die einen. Zu überspitz die anderen. Ohne uns an der Stelle festlegen zu wollen und eine Meinung zu - höhö - spreaden , sei gesagt: Die Aktion ist nicht nur witzig, sondern macht einmal mehr auf ein Problem aufmerksam. Simpel heruntergebrochen ist es doch so: Wenn Männer sich trotz zahlreicher kritischen Stimmen nicht dazu aufraffen können, ihre Beine nicht über zwei Sitze auszubreiten, haben Frauen das Recht, selbiges zu tun. Und bei aller Liebe zur Anatomie und Medizin, aber die Erklärung „Eier brauchen Platz“ und „untendrum ist es sonst so heiß“ , sind nichts, das ihr für euch allein beanspruchen könnt. Auch Frauen mögen es nicht, ständig mit übereinandergeschlagenen Beinen herumzusitzen. Das wird nämlich - Überraschung - mit der Zeit auch recht warm.
Julia Haase
Eine Bewegung braucht auch immer eine Gegenbewegung. Im Zeitalter der Gleichberechtigung sowieso. Und deshalb liegt es fast auf der Hand, dass sich nun auch Frauen breit machen. Der neueste Trend der Instagram-Gemeinde: Womanspreading.
Kmpkt
2017-11-24T06:15:40Z
2017-11-24T06:15:40Z
Warum sich nun auch Frauen breitmachen
https://www.welt.de/kmpkt/article170892025/Warum-sich-nun-auch-Frauen-breitmachen.html
Neue Panne: Kinderporno-Skandal auf Website der Piratenpartei
Die Piratenpartei hat einen neuen Skandal: Auf dem "piratenpad", einer frei zugänglichen und anonymen Kommunikationsplattform der Partei im Netz, haben einzelne User Links auf kinderpornographische Seiten gesetzt. Inzwischen ist das piratenpad (verlinkt auf http://www.piratenpad.de/) gesperrt, die Partei hat zudem Strafanzeige (verlinkt auf http://www.piratenpartei.de/Pressemitteilung/piratenpad-missbr%C3%A4uchlich-genutzt-%E2%80%93-piratenpartei-erstattet-anzeige) gestellt. "Wir sind entsetzt. Die Piratenpartei kämpft gegen Kinderpornographie. Es ist widerlich, dass ausgerechnet das Piratenpad jetzt für solche Links genutzt wird", wird der Vorsitzende Sebastian Nerz in einer ersten Stellungnahme zitiert. Die Partei werde mit den Behörden zusammenarbeiten, um den Fall vollständig aufzuklären. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mitglied der Piratenpartei derartiges Material verbreitet", so Nerz. "Wir reden hier von zigtausend Zugriffen jeden Tag. Es ist abstoßend, dass die Pads jetzt für solche Zwecke genutzt werden", so Nerz. Erinnerungen werden wach an den ehemaligen Piratenpolitiker Jörg Tauss, der im Mai 2010 wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Erst kürzlich hatte die Partei ein Gesuch des 57-Jährigen abgelehnt (verlinkt auf /politik/deutschland/article13689662/Piraten-lehnen-Mitgliedsantrag-von-Joerg-Tauss-ab.html) , wieder in die Partei eintreten zu dürfen. Anspruch auf Transparenz wird zum Bumerang Durch den Vorfall wird der eigene Anspruch nach vollständiger Transparenz und Offenheit (auf den Piratenpads werden unter anderem Vereinssitzungen protokolliert) erneut zum Bumerang für die Piraten. Denn die Durchlässigkeit der Partei machen sich offenbar auch Mitglieder der Sekte Scientology (verlinkt auf /politik/deutschland/article13720559/Piratenpartei-besorgt-ueber-Zulauf-von-Scientologen.html) zu nutze. Der nordrhein-westfälische Landesverband der Piraten sah sich jetzt in einem einschlägigen Fall zu einem Ausschlussverfahren genötigt. Dass es die Partei beim Thema Netz- und Datenschutz nicht immer allzu genau nimmt, verdeutlicht auch ein Vorfall von Anfang November (verlinkt auf /politik/deutschland/article13704006/Aergerliche-Datenschutzpanne-bei-den-Piraten.html) . In einer E-Mail an Bewerber für Stellen der Fraktion konnte jeder Empfänger die Mail-Adresse und damit wohl auch Namen der anderen Bewerber sehen. Partei-Geschäftsführer Martin Delius war die Panne unterlaufen. Er habe sich "überlastet" gefühlt, so die Begründung für den Lapsus. Das seltsame Spiel mit den Drogen Die noch junge Partei ist seit ihrem spektakulären Einzug ins Berliner Abgeordnetenhaus mit einer Reihe bizarrer Vorfälle aufgefallen. Erst vor wenigen Tagen veröffentlichte Pirat Simon Weiß (verlinkt auf /regionales/berlin/article13720811/Pirat-Christopher-Lang-hat-die-Nase-voll.html) ein Foto bei Twitter, das ihn beim - offenbar nicht ernst gemeinten - Schnupfen von Tafelsalz zeigte. Sein Parteikollege Andreas Baum, Spitzenkandidat der Berliner Piraten, hatte sich zuvor für ein Schulfach "Rauschkunde" (verlinkt auf /politik/deutschland/article13707775/Piratenpartei-fordert-Rauschkunde-als-Schulfach.html) stark gemacht. Ärger gab es auch wegen der äußeren Erscheinung (verlinkt auf /politik/deutschland/article13696822/Knobloch-kritisiert-Kopftuch-von-Latzhosen-Pirat.html) von Gerwald Claus-Brunner. Der als Latzhosen-Pirat bekannt gewordenen Politiker zeigt sich grundsätzlich mit einem Palästinenser-Tuch im Berliner Parlament. Die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, hatte ihn deswegen hart kritisiert. Seitdem schmückt sich Claus-Brunner zusätzlich mit einem Davidstern.
WELT
Erneut machen die Piraten negative Schlagzeilen: Auf einer von der Partei betriebenen Website wurden kinderpornographische Inhalte verlinkt. Die Partei ist entsetzt.
Politik
Deutschland
2011-11-25T09:24:58Z
2015-10-04T06:11:41Z
Kinderporno-Skandal auf Website der Piratenpartei
https://www.welt.de//politik/deutschland/article13734845/Kinderporno-Skandal-auf-Website-der-Piratenpartei.html
Hauptstadtflughafen: Auch der Oktober-Termin des BER wackelt
Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter, zweifelt an dem neuen Starttermin für den Hauptstadtflughafen. "Die für Oktober 2013 geplante Eröffnung des BER ist nicht gesichert", sagte Hofreiter der "Welt". Viel hänge davon ab, ob der Bau wie geplant Mitte November mit voller Kraft wieder losgehe. "Doch hier gibt es bereits Anzeichen, dass sich der Baubeginn im schlimmsten Fall möglicherweise bis Anfang kommenden Jahres verzögert", so Hofreiter. Der Verkehrsausschuss will daher Klarheit schaffen und lädt den technischen Geschäftsführer Horst Amann zur Sitzung ein (verlinkt auf /fernsehen/article110184884/Das-ganze-verheerende-Ausmass-des-BER-Desasters.html) . Dieser ist weiterhin damit beschäftigt, das Chaos auf der Baustelle zu lichten und neue Pläne zeichnen zu lassen. Doch wenn der Bau zu spät losgeht, wird der derzeit gesetzte Zeitplan kaum haltbar sein. Auch Dieter Dombrowski, Fraktionschef der CDU in Brandenburg, ist beunruhigt über die Signale von der Baustelle in Schönefeld. "Derzeit kann niemand mit Sicherheit sagen, ob der Termin im Oktober gehalten werden kann", sagte Dombrowski. Das liege auch an der weiterhin unklaren Finanzierung. Kommt kein frisches Geld, rollen keine Bagger "Solange der Flughafen kein frisches Geld von den Gesellschaftern bekommt, kann der Bau nicht fortgesetzt werden", sagte Dombrowski. Zwar haben die drei staatlichen Gesellschafter Berlin (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/berlin-staedtereise/) , Brandenburg und der Bund bereits die notwendigen Voraussetzungen im öffentlichen Haushalt geschaffen und Mittel für den BER zurückgestellt. Diese finanzielle Unterstützung darf dem BER allerdings keinen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Sonst kann die EU-Wettbewerbskommission diese Kapitalspritze verhindern. Angeblich reichen die finanziellen Mittel noch bis Januar. Spätestens dann braucht der BER frisches Kapital. "Doch dafür fehlt aber nach wie vor die Genehmigung aus Brüssel", sagte Dombrowski. Ein Flughafensprecher bezeichnete dies als "die üblichen Gerüchte". Es gebe keine neuen Erkenntnisse. Angesichts der unklaren Lage auf der BER-Baustelle sind die Gerüchte über eine Ablösung von Flughafenchef Rainer Schwarz nicht verwunderlich (verlinkt auf /regionales/berlin/article109943494/Drohende-Schadenersatzprozesse-um-BER.html) . Der Grünen-Fraktionsvorsitzende im Brandenburger Landtag, Axel Vogel, rechnet mit einer Entscheidung über die berufliche Zukunft von Rainer Schwarz bei der nächsten Sitzung des Aufsichtsrats am 1. November. Flughafenchef Schwarz vor dem Rücktritt? Er denke, die Zeichen stünden auf Ablösung, sagte Vogel im RBB-Inforadio. "Es kann nicht sein, dass jetzt Bund und Länder weit über eine Milliarde Euro im Haushaltsjahr 2013 der Flughafengesellschaft zuwenden, ohne dass Schlüsse gezogen werden aus dem, was bisher passiert ist", sagte Vogel. Sowohl der Aufsichtsrat als auch Schwarz hätten "vollständig versagt". Für Vogel kann die Konsequenz daher nur lauten: "Kein neues Geld für diesen Aufsichtsrat und kein neues Geld für diesen Geschäftsführer." Er könne verstehen, dass der Bund als einer der Gesellschafter des Flughafens Druck mache. Berlin und Brandenburg unterstützen Rainer Schwarz nach wie vor. Doch in den vergangenen Tagen gab es Spekulationen, ob sich die Landesregierung Brandenburg der Meinung des Bundes anschließt – das wurde dementiert. Im Haus von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hält man Rainer Schwarz an der Spitze des BER nicht mehr für tragbar. Die Soko-BER empfiehlt daher den Vertretern des Bundes im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft, "die Vorwürfe gegen den Sprecher der Geschäftsführung, Herrn Rainer Schwarz, bei der nächsten Aufsichtsratssitzung am 1. November 2012 aktiv anzusprechen". Das geht aus einem Protokoll der Soko hervor, das der Berliner Morgenpost vorliegt. Zudem rät die Soko dem Aufsichtsrat dazu, "die Frage möglicher haftungsrechtlicher Konsequenzen für beide Geschäftsführer klären lassen – auch durch externen juristischen Sachverstand".
Martin Lutz, Viktoria Solms
Die Eröffnung des Hauptstadtflughafens im Oktober 2013 ist in Gefahr. Aus dem Senat heißt es, niemand könne sagen, ob der Termin zu halten sei. Im Kreuzfeuer der Kritik: Flughafenboss Rainer Schwarz.
Regionales
Berlin & Brandenburg
2012-10-25T04:39:13Z
2015-09-28T13:54:07Z
Auch der Oktober-Termin des BER wackelt
https://www.welt.de//regionales/berlin/article110223074/Auch-der-Oktober-Termin-des-BER-wackelt.html
US-Wahlkampf: Trump fordert komplettes Einreiseverbot für Muslime
Der republikanische Präsidentschaftsbewerber Donald Trump hat als Reaktion auf den Anschlag von San Bernardino (verlinkt auf /politik/ausland/article149697039/Die-Terror-Karriere-eines-unscheinbaren-Maedchens.html) ein völliges Einreiseverbot für Muslime in die USA gefordert. Sein Wahlkampfteam veröffentlichte am Montag eine Erklärung, in der Trump das „totale Verbot“ mit dem Ausmaß von Hass begründete, „den große Teile der muslimischen Bevölkerung“ auf Amerikaner hätten. „Woher dieser Hass kommt und warum, das werden wir herausfinden müssen“, erklärte Trump. Solange diese „gefährliche Bedrohung“ bestehe, „darf unser Land nicht das Opfer von schrecklichen Attacken von Leuten sein, die nur an den Dschihad glauben.“ Sein Wahlkampfmanager Corey Lewandowski sagte, Ausnahmen sollte es nach Trumps Vorstellungen nicht geben – weder für Muslime, die in die USA einwandern wollten, noch für muslimische Touristen. Trump hatte in den vergangenen Wochen wiederholt mit islamfeindlichen Äußerungen für Empörung gesorgt. Ende November antwortete er bei einem Wahlkampfauftritt im Bundesstaat Iowa auf die Frage, ob er eine zentrale Erfassung von Muslimen in den USA unterstütze: „Ich würde das sicherlich umsetzen, absolut.“ Muslime könnten an verschiedenen Orten registriert werden, „nicht nur in Moscheen“. Später sagte er, dass „tausende Muslime“ in den USA am 11. September 2001 den Anschlag auf das New Yorker World Trade Center bejubelt hätten. In den USA leben nach Schätzungen des Rats für Amerikanisch-Islamische Beziehungen (CAIR) bis zu sieben Millionen Muslime. Demnach gibt es fast 2000 Moscheen, islamische Zentren und Schulen. US-Präsident Barack Obama hatte seine Landsleute in einer Fernsehansprache (verlinkt auf /politik/ausland/article149683769/Was-in-Obamas-Anti-Terror-Rede-fehlte.html) am Sonntag ermahnt, Muslime nicht unter Generalverdacht zu stellen und den Kampf gegen Extremisten zu einem „Krieg zwischen Amerika und dem Islam“ zu machen. Obama erklärte, die IS-Miliz spreche „nicht im Namen des Islams“. Ihre Anhänger seien „Gauner und Mörder“. Bei den mutmaßlichen Attentätern von San Bernardino, die vergangene Woche in einer kalifornischen Sozialeinrichtung 14 Menschen erschossen, handelt es sich nach Angaben von US-Behörden um ein extremistisch radikalisiertes, muslimisches Ehepaar.
WELT
US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump will keine Muslime mehr in die USA einreisen lassen. Er begründet das mit dem Hass, „den große Teile der muslimischen Bevölkerung“ auf Amerikaner hätten.
Politik
Ausland
2015-12-07T22:04:23Z
2015-12-08T14:43:18Z
Trump fordert komplettes Einreiseverbot für Muslime
https://www.welt.de//politik/ausland/article149730903.ece
Reisen in Europa: So kann der Sommer trotz Delta-Variante sorgenfrei sein
Die Pandemielage entwickelt sich fast überall günstig, immer mehr Europäer sind geimpft. Das digitale Covid-Zertifikat ist ab 1. Juli EU-weit am Start. Trotzdem treibt Covid die EU-Staaten weiter um – etwa auf dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Verantwortlich dafür ist die sich derzeit ausbreitende Delta-Variante (verlinkt auf https://www.welt.de/wissenschaft/article232049089/Delta-Variante-Anteil-in-Deutschland-steigt-auf-15-Prozent.html) des Coronavirus, die zuerst in Indien aufgetreten ist, inzwischen in Großbritannien einen großen Teil der Neuinfektionen ausmacht und auch auf dem europäischen Festland für einen immer höheren Prozentsatz der Covid-Infektionen verantwortlich ist. In Deutschland hat sich der Anteil der Delta-Variante an den Neuinfektionen beispielsweise in nur einer Woche auf 15 Prozent verdoppelt. Europaweit könnte die Variante bis Ende August für 90 Prozent der Neuinfektionen verantwortlich sein, schätzt das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC). Auf dem Gipfel streiten die Politiker deshalb über gemeinsame europäische Regeln für Reisende aus Nicht-EU-Ländern, in denen die Variante weitverbreitet ist. Was aber bedeutet die Delta-Variante für den Sommerurlaub? WELT beantwortet die wichtigsten Fragen. Warum ist die Delta-Variante so gefährlich? Die Delta-Variante (B.1.617.2) enthält mehr als ein Dutzend Mutationen. Sie ist infektiöser als die bisher weitverbreitete Alpha-Variante (B.1.1.7) und zugleich weniger empfindlich gegen vom Körper gebildete Antikörper gegen das Coronavirus. Die Delta-Variante kann sich in einer Bevölkerung, die – wie bisher in allen EU-Ländern – nur teilweise geimpft ist, gut ausbreiten, weil sie sogenannte Immunfluchtmutationen enthält, die durch eine Impfung erzeugten Antikörpern entkommen können. Kann meine gebuchte Reise in ein EU-Land trotzdem stattfinden? Davon ist nach Angaben von hohen EU-Gesundheitsexperten auszugehen. Sie weisen aber darauf hin, dass möglicherweise lokale Corona-Ausbrüche dazu führen könnten, dass bestimmte Gebiete im Urlaubsland kurzfristig abgesperrt werden müssen, so wie jüngst Lissabon. Diese Entscheidung obliegt allein den Behörden im Urlaubsland. Verbraucherschützer raten, die dortige Corona-Situation fortwährend im Blick zu behalten. Auch die EU veröffentlicht aktuelle Karten zur Corona-Lage in den Mitgliedstaaten (Smartphone App: „Re-open EU“). Das Auswärtige Amt betreibt mit „Sicher Reisen“ ebenfalls eine App. Vom 1. Juli an wird die Bundesregierung keine Risikogebiete mehr benennen. Es wird dann nur noch Reisewarnungen für Urlaubsreisen in Länder geben, die als sogenannte Hochinzidenzgebiete oder Virusvariantengebiete (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/article231924923/EM-2021-Times-Bericht-Verliert-London-kurzfristig-das-EM-Finale.html) eingestuft werden. Es ist aus heutiger Sicht aber nicht zu erwarten, dass in diesem Sommer ein EU-Land in Gänze dazugehören wird. Sollte dennoch ein EU-Urlaubsland kurzfristig zum Hochinzidenzgebiet erklärt werden, so müssen Personen ohne Impfung bei Rückkehr für zehn Tage in Quarantäne – für Geimpfte gilt dies nicht. Eine Rückkehr aus einem Virusvariantengebiet erfordert bei nicht geimpften Personen einen negativen PCR-Test und eine zweiwöchige Quarantäne. Die Aussichten für Urlaub in Europa sind also generell gut. Wie verhindert die EU den Import von Virusvarianten aus Drittstaaten? Brüssel setzt auf koordinierte und abgestimmte Maßnahmen. Das gelingt aber nicht immer, denn letztlich kann jedes EU-Mitgliedsland entscheiden, ob beispielsweise Touristen aus Großbritannien einreisen dürfen. Deutschland hat strenge Vorschriften für Einreisende (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/deutschland/plus231960567/Infektionsschutzgesetz-Sonderbefugnisse-fuer-Spahn-auch-ohne-epidemische-Lage.html) aus Großbritannien, Spanien ist da wegen der Tourismusindustrie großzügiger. Solange aber Freizügigkeit innerhalb der EU herrscht, kann ein englischer Tourist einen Spanier anstecken, der anschließend aus beruflichen Gründen nach Deutschland reist. Insofern macht es Sinn, dass nicht jedes Land eigene Regeln erlässt. Die EU hat vor wenigen Wochen eine „Notbremse“ beschlossen. Ein Mitgliedsland kann Einreisen aus Virusvariantengebieten vorübergehend aussetzen, es sollte sich dabei aber mit der Kommission und den anderen EU-Ländern so koordinieren, dass alle möglichst geeint handeln. Wichtig: Test-und Quarantänepflichten sind in diesem Fall auch für Reisende mit einem EU-Impfzertifikat möglich. Besteht die Gefahr, dass ich im Urlaubsland festsitze, weil es plötzlich zum Virusvariantengebiet wird? Die Gefahr ist äußerst gering. In den vergangenen Corona-Wellen konnten Bundesbürger immer in die Bundesrepublik zurückkehren, auch wenn sie sich zuvor in einem Hochrisiko- oder Virusvariantengebiet aufgehalten hatten. Das gilt auch für Bundesbürger, die sich im Moment in Großbritannien aufhalten. Zwar hat Deutschland ein Einreise- und Beförderungsverbot für Personen aus Großbritannien verhängt. Deutsche Staatsangehörige oder Personen mit Wohnsitz und Aufenthaltsrecht in Deutschland sowie ihre Ehepartner, Kinder und Partner aus dem gleichen Haushalt sind davon aber explizit ausgenommen. Theoretisch besteht die Gefahr, dass Fluglinien ihre Verbindungen zwischen einem Virusvariantengebiet und Deutschland streichen; so hatte British Airways zuletzt einzelne Flüge nach Deutschland gestrichen. Massive Streichungen wie während der ersten Corona-Welle sind aber unwahrscheinlich. Wer trotzdem ganz sichergehen will, sollte auf dem europäischen Festland Urlaub machen. Brauche ich das digitale Impfzertifikat für meinen Urlaub? Das digitale Impfzertifikat (verlinkt auf https://www.welt.de/wirtschaft/plus231882749/Digitaler-Impfpass-das-naechste-Chaos-mit-Ansage.html) soll vollständig Geimpften, Genesenen und Getesteten das Leben erleichtern – sowohl zu Hause als auch auf Reisen; zunächst innereuropäisch, künftig vermutlich auch weltweit. Vom 1. Juli an können alle nationalen digitalen Zertifikate aus EU-Ländern in der gesamten Europäischen Union erkannt und gelesen werden. Bei der Einreise können die Behörden deshalb die Zertifikatsinhaber ohne negativen Corona-Test und Quarantänevorschriften einreisen lassen. Auch im Urlaub dürften die Zertifikate das Leben vielerorts einfacher machen. Wie die EU-Länder sie im Inland nutzen, entscheiden sie selbst, und häufig liegt die Entscheidung sogar bei den örtlichen Behörden. Aber an vielen Orten könnte der digitale Impfausweis es den Inhabern erlauben, ohne Corona-Tests Restaurants, Kinos und Veranstaltungen zu besuchen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der digitale Nachweis, der lediglich aus einem QR-Code besteht, in der App auf dem Smartphone gespeichert ist oder ob die Inhaber ihn ausgedruckt auf Papier präsentieren. Ich bin vollständig geimpft, habe aber noch kein digitales Zertifikat – ein Problem? Reisen sind auch weiterhin ohne das Zertifikat möglich: Vollständig Geimpfte können ihren Status mit dem Impfpass und den entsprechenden Einträgen nachweisen, Genesene mit der Bescheinigung über einen negativen Corona-Test oder mit einer ärztlichen Bescheinigung. Nicht vollständig geimpfte Reisende, die auch noch keine Covid-Erkrankung durchgemacht haben, können auch mit einem negativen Corona-Test nachweisen, dass sie nicht infiziert sind. PCR-Tests dürfen in der Regel maximal 72 Stunden alt sein, Antigen-Schnelltests maximal 48 Stunden. Trotzdem könnten für diese Personen noch Quarantäneregeln gelten. Die genauen Anforderungen können von Land zu Land variieren, deshalb sollten Reisende sich zuvor auf der Internetseite des Auswärtigen Amtes, des ADAC oder der Botschaften ihrer Reiseziele informieren.
Tobias Kaiser, Christoph B. Schiltz
Es wird ein Covid-Sommer mit Delta, so viel ist klar. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass die aggressive Virusvariante den Europäern den Sommerurlaub vermiesen wird. WELT beantwortet die wichtigsten Fragen zu Reisen, digitalen Impfpässen und Testpflichten.
Politik
Ausland
2021-06-24T16:41:44Z
2021-06-24T16:41:44Z
So kann der Sommer trotz Delta-Variante sorgenfrei sein
https://www.welt.de/politik/ausland/article232072559/Reisen-in-Europa-So-kann-der-Sommer-trotz-Delta-Variante-sorgenfrei-sein.html
Astronomie: Sonne lässt Exoplaneten langsam verdampfen
Das US-Weltraumteleskop „Kepler“ hat einen verdampfenden Planeten erspäht. Der vermutlich nur etwa erdgroße Himmelkörper umkreist seinen Heimatstern sehr eng alle 16 Stunden und zieht eine Staubfahne hinter sich her. Diese erinnert an einen Kometenschweif, wie ein Forscherteam um Matteo Brogi von der Universität Leiden (Niederlande) im Fachblatt „Astronomy & Astrophysics“ berichtet. Nähe zum Zentralstern verursacht Vulkanismus „Dieser Exoplanet befindet sich sehr dicht an seinem Zentralstern“, erläutert Brogi in einer Mitteilung seiner Hochschule. Auf der Oberfläche des fernen Planeten herrschten dadurch höllische 1700 Grad Celsius. Die Hitze verursache starke inneren Bewegungen in dem Planeten, was wiederum heftigen Vulkanismus mit resultierenden Aschewolken hervorrufe. „Ein Teil dieses Staubs entkommt ins All, wo ihn die intensive Strahlung des Sterns schnell verdampfen lässt“, führt Brogi aus. Planet verrät sich durch Mini-Finsternis „Kepler“ hatte den verdampfenden Planeten erspäht, weil er von der Erde aus gesehen regelmäßig vor seinem Stern mit der Katalognummer KIC1255 vorbeizieht und ihn dabei ganz leicht abdunkelt. Diese Mini-Finsternis beginnt jeweils schneller als sie endet, was Astronomen eine Staubfahne als mögliche Ursache vermuten ließ. Die detaillierten Analysen der „Kepler“-Daten durch das Team um Brogi bestätigte nun, dass das Sternenlicht tatsächlich von einer großen Staubwolke gestreut wird, die der Planet hinter sich herzieht. „Durch die Beobachtung der Staubwolke bei verschiedenen Farben – etwas, das ‘Kepler’ nicht kann – lassen sich Menge und Zusammensetzung des Staubs bestimmen und auch seine Lebensdauer abschätzen“, erläutert Ko-Autor Christoph Keller von der Universität Leiden. „Da die Verdampfung den Planeten wie eine Zwiebel schält, können wir jetzt sehen, was im Inneren des Planeten war. “
WELT
Das US-Weltraumteleskop „Kepler” hat einen etwa erdgroßen Exoplaneten aufgespürt, auf dessen Oberfläche höllische Temperaturen herrschen. Der „sterbende” Himmelskörper zieht einen riesige Staubfahne hinter sich her.
Wissenschaft
Weltraum
2012-09-03T14:40:30Z
2015-10-05T11:04:10Z
Sonne lässt Exoplaneten langsam verdampfen
https://www.welt.de//wissenschaft/weltraum/article108944481/Sonne-laesst-Exoplaneten-langsam-verdampfen.html
Korruptionsverdacht: Razzien bei EADS wegen dubiosem Eurofighter-Deal
Wegen des Verdachts auf Schmiergeldzahlungen bei einem umstrittenen Kampfjetgeschäft mit Österreich gerät der Luft- und Raumfahrtkonzern EADS ins Visier der Ermittler. Am Dienstagvormittag rückten Beamte im Auftrag der Münchener Staatsanwaltschaft an drei Standorten von EADS (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/airbus/) sowie der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH in Ottobrunn, Unterschleißheim und Hallbergmoos bei München an. Zeitgleich durchsuchte die Polizei Räume in Österreich und der Schweiz. Die Hausdurchsuchungen stehen im Zusammenhang mit dem den Verkauf des Kampfjets Eurofighter an Österreich. Das Eurofighter-Konsortium, dem neben EADS auch das britische Unternehmen BAE Systems sowie Finmeccanica aus Italien angehört, hatte im Jahr 2002 den Verkauf von zunächst 18 Kampfjets an Österreich vereinbart. Dubiose Rolle eines italienisches Geschäftsmanns Nach einem Regierungswechsel war die Anzahl auf 15 Flieger im Wert von 1,6 Milliarden Euro reduziert worden. Schon frühzeitig nach dem Geschäft wurde der Vorwurf erhoben, Politiker und Beamte seien bestochen worden. Der Verdacht ließ sich juristisch aber nie erhärten. Dass in die Angelegenheit nun Schwung kommt, hängt mit Aussagen des italienischen Geschäftsmanns Gianfranco Lande zusammen. Der Manager war Ende Mai in Rom wegen Anlagebetrugs in erster Instanz zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden und sitzt in Untersuchungshaft. Schmiergeld in dreistelliger Millionenhöhe? Lande hatte bereits vergangenes Jahr gegenüber der italienischen Justiz ausgesagt, im Auftrag von EADS eine Briefkastenfirma namens Vector Aerospace eingerichtet zu haben. Vector soll hohe Millionenbeträge von EADS nach Österreich geleitet haben. Vector sollte sich offiziell um die Abwicklung von Gegengeschäften kümmern, die im Rahmen des Eurofighter-Deals ausgehandelt worden waren. Demnach sollte EADS mit österreichischen Firmen Verträge im doppelten Wert des Eurofighter-Geschäftsvolumens aushandeln. Die mittlerweile liquidierte Gesellschaft Euro Business Development (EBD) sollte im Auftrag von Vector die Deals einfädeln. EADS bestätigt die Ermittlungen Der Gesellschaft wird vorgeworfen, Scheinverträge geschlossen und Schmiergeld an Politiker weitergereicht zu haben. Die österreichischen Behörden gehen von Schmiergeldzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe aus. Die EBD bestritt bis zuletzt die Vorwürfe. EADS bestätigte die Ermittlungen gegen den Konzern. „Wir arbeiten mit den Ermittlungsbehörden zusammen und werden alle nötigen Konsequenzen ziehen, falls Fehlverhalten zu Tage kommt“, sagte ein Sprecher. Gesetzwidriges und unethisches Verhalten habe bei EADS keinen Platz. Das Unternehmen habe zudem eine Compliance-Organisation, die seit 2007 auch höchsten internationalen Standards entspreche. Die Korruptionsvorwürfe kommentierte der Konzern sonst nicht weiter. Erinnerungen an Siemens und MAN Nach Informationen der „Welt“ wurden neben Räumen von drei Lobbyisten (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/lobbyismus/) und Waffenhändlern aus Österreich auch Privat- und Geschäftsräume eines Hamburger Geschäftsmanns durchsucht. Die Münchner Staatsanwaltschaft hat nach Angaben aus Wien im Rahmen der Rechtshilfe Durchsuchungen durchgeführt, ermittelt mittlerweile allerdings auch selbst gegen mindestens zehn Personen. Um welche Personen und Unternehmen unter Korruptionsverdacht stehen, teilten die Behörden nicht mit. Die Bestechung auch von ausländischen Amtsträgern ist hierzulande seit 1999 verboten. Wegen ähnlicher Skandale hatte die Münchner Staatsanwaltschaft gegen führende Manager von Siemens (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/siemens/) und MAN (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/man/) Verfahren angestrengt. Schmiergeldspuren führen abgeblich zu FPÖ Mit den Ermittlungen kocht ein weiterer Skandal in den deutsch-österreichischen Wirtschaftsbeziehungen hoch. So war jüngst auch der Vorwurf erhoben worden, frühere Manager der BayernLB hätten den Kauf der österreichischen Bank Hypo Alpe Adria (verlinkt auf /politik/ausland/article109580101/Eines-der-schmutzigsten-Geschaefte-Kaerntens.html) mittels Bestechung eingefädelt. Der mittlerweile verstorbene Kärntner Landeshauptmann und FPÖ-Politiker Jörg Haider soll profitiert haben. Die Vorwürfe werden von den Beschuldigten bestritten. Auch im Fall des Eurofighters sollen Schmiergeldspuren zur FPÖ führen, erklärte Peter Pilz, Nationalratsabgeordneter der Grünen und Leiter eines Untersuchungsausschusses zur Eurofighter-Affäre gegenüber der „Welt“. Nicht die ersten Korruptionsvorwürfe gegen EADS Der Vorwurf kommt für EADS zu einer denkbar schlechten Zeit. Der Konzern überprüft derzeit die Zukunft der eigenen Rüstungssparte, nachdem Fusionsgespräche mit dem britischen Rüstungskonzern BAE Systems am 10. Oktober am Widerstand der beteiligten Regierungen gescheitert (verlinkt auf /wirtschaft/article109997530/EADS-sieht-Ruestungsbranche-im-Ueberlebenskampf.html) waren. Das Rüstungsgeschäft von EADS ist zwar noch immer lukrativ, doch angesichts des Sparzwangs der Regierungen sind die Aussichten trübe. EADS hat auch an anderen Stellen mit Korruptionsvorwürfen zu kämpfen. So ermitteln die britischen Behörden wegen des Verdachts, eine von EADS zugekaufte Tochter sei nur durch Bestechung an ein Waffengeschäft mit Saudi Arabien gelangt. Das britische Serious Fraud Office (SFO) untersucht die Umstände. EADS hatte eng mit der Behörde kooperiert und interne Untersuchungen angestrengt.
Andre Tauber
Kampfjets für 1,6 Milliarden Euro verkaufte der Konzern einst nach Österreich. Seit langem gibt es den Verdacht, dass Schmiergeld geflossen ist. Nun stattete die Staatsanwalt EADS einen Besuch ab.
Wirtschaft
2012-11-07T13:22:15Z
2015-09-07T09:31:51Z
Razzien bei EADS wegen dubiosem Eurofighter-Deal
https://www.welt.de//wirtschaft/article110732231/Razzien-bei-EADS-wegen-dubiosem-Eurofighter-Deal.html
Doktortitel-Entzug: "Die Entscheidung der Uni werde ich nicht akzeptieren"
Bildungsministerin Annette Schavan (verlinkt auf /themen/annette-schavan/) hat am Mittwochmorgen bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt nach der Aberkennung ihres Doktortitels durch die Universität Düsseldorf bekräftigt, die Entscheidung juristisch anzufechten. „Die Entscheidung der Universität Düsseldorf werde ich nicht akzeptieren“, sagte sie nach einer Besichtigung eines Ausbildungszentrums der Softwarefirma SAP in Johannesburg. „Da ich in einer rechtlichen Auseinandersetzung mit der Universität bin, bitte ich um Verständnis, dass ich heute keinerlei weitere Stellungnahmen abgeben werde.“ Sie gestattete keine Nachfragen. Schavan befindet sich derzeit auf einer fünftägigen Südafrika-Reise. Die CDU-Politikerin hatte schon am Vorabend über ihre Anwälte erklären lassen, (verlinkt auf /politik/deutschland/article113405476/Schavan-verliert-Doktortitel-und-will-dagegen-klagen.html) sie werde gegen die Entscheidung klagen. Sie hat für ihre Klage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf einen Monat Zeit. Der Prozess könnte sich über Monate hinziehen und durch weitere Instanzen gehen. Die Uni-Entscheidung ist somit noch nicht rechtskräftig. Die Universität Düsseldorf hatte Schavan am Dienstag nach neun Monaten Prüfung wegen „vorsätzlicher Täuschung“ in ihrer Promotionsarbeit den vor 33 Jahren erworbenen Doktortitel entzogen. Im zuständigen Fakultätsrat hatten zwölf von 15 stimmberechtigten Mitgliedern für die Aberkennung des Titels votiert. Es gab zwei Neinstimmen und eine Enthaltung. Rot-Grün fordert Rücktritt Inzwischen werden Forderungen nach dem Rücktritt der Ministerin immer lauter. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast hält Schavan als Bildungsministerin nicht mehr für glaubwürdig. Zwar sei der Titelentzug nach mehr als 30 Jahren „menschlich und persönlich tragisch“, sagte sie im ZDF-“Morgenmagazin“. Trotzdem könne man Schavan als Wissenschaftsministerin so nicht mehr ernst nehmen. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte der „Welt“ (verlinkt auf /politik/deutschland/article113408285/Frau-Schavan-ist-nicht-laenger-tragbar.html) : „Frau Schavan ist als Wissenschaftsministerin nicht mehr glaubwürdig. Sie muss daraus ihre Konsequenzen ziehen. Die Maßstäbe müssen für alle gelten – ohne Ansehen der Person.“ Unionsfraktionsvize verteidigt Schavan Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Michael Kretschmer (CDU) wies diese Rücktrittsforderung an die Adresse Schavans zurück. In Deutschland sei für den Job des Bildungsministers ein Doktortitel keine Voraussetzung. Vielmehr sei Schavans fachliche Eignung ausschlaggebend. „Wir brauchen jetzt einheitliche Standards, mit denen nicht nur Doktorarbeiten, sondern auch die Prüfungen von Dissertationen bewertet werden“, sagte Kretschmer im ZDF-“Morgenmagazin“. Es gehe nicht „um eine einzelne Frau und Wissenschaftsministerin“, sondern um viele Zehntausende Dissertationen, die von „so einem fragwürdigen“ und „mehr als kritikfähigem Verfahren“ geprüft werden. Schavan ist nach dem ehemaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) das zweite Regierungsmitglied im Kabinett Merkel, dem wegen Plagiatsvorwürfen der Doktorgrad entzogen wird. Die Ministerin, eine enge Vertraute von Angela Merkel, hatte Plagiate und eine Täuschungsabsicht in ihrer Doktorarbeit stets bestritten und die Prüfung durch die Uni selbst mitangeregt. Hochschulverband erwartet Konsequenzen Als erste gewichtige Stimme der Wissenschaft hat der deutsche Hochschulverband den Rücktritt der Ministerin gefordert: „Bis zu einer gerichtlichen Entscheidung können Monate, wenn nicht Jahre vergehen. Unter diesen Umständen kann Annette Schavan ihr Amt als Bildungsministerin nicht weiter ausfüllen“, sagte der Präsident des Verbandes, Bernhard Kempen, der „Welt“. Kempen, der selbst Jurist ist, bewertet die Erfolgsaussichten eines Gerichtsverfahrens skeptisch: „Die Entscheidung der Universität Düsseldorf ist nicht evident rechtswidrig. Für uns ist nicht erkennbar, wieso die Aberkennung des Titels auf einem fehlerhaften Verfahren beruhen sollte. Indiskretionen sind inakzeptabel, aber sie machen das Verfahren als solches nicht fehlerhaft.“ Nach den Plagiatsfällen der letzten Jahre sieht Kempen nun die Hochschulen in der Verantwortung. „Jede Aberkennung eines Titels ist eine Schlappe für die Universitäten. Es ist nun Aufgabe der Hochschulen, in Zukunft genauer hinzusehen und mehr zu kontrollieren. Die Hochschulen müssen zu einheitlichen Regeln für wissenschaftliches Arbeiten kommen“, sagte er. An den Gesetzgeber appelliert Kempen, das Verwaltungsrecht zu überdenken. „Der Gesetzgeber muss darüber nachdenken, auch im Verwaltungsrecht Verjährungsfristen einzuführen." Die politische Leistung Schavans könne sich indes sehen lassen, meint Kempen: „Die Wissenschaftsszene wird auf ihren Rücktritt sicher nicht mit Erleichterung reagieren.“
WELT
In Südafrika hat Annette Schavan erstmals auf den Entzug ihres Doktortitels reagiert. Die Bildungsministerin kündigt eine juristische Auseinandersetzung an. Der Hochschulverband fordert den Rücktritt.
Politik
Deutschland
2013-02-06T08:33:28Z
2016-04-14T12:45:17Z
"Die Entscheidung der Uni werde ich nicht akzeptieren"
https://www.welt.de//politik/deutschland/article113412683/Die-Entscheidung-der-Uni-werde-ich-nicht-akzeptieren.html
Hamburger Elbstrand: Zwei Leichen-Funde an einem Wochenende
Eine Spaziergängerin hat am frühen Samstagmorgen um kurz vor 6 Uhr eine Leiche (verlinkt auf /regionales/hamburg/article176735158/Vermisster-Schwimmer-Hamburger-Feuerwehr-birgt-Leiche-aus-der-Elbe.html) am Elbstrand in Othmarschen entdeckt. Sie alarmierte die Feuerwehr. Der Tote kam zur Untersuchung ins Institut für Rechtsmedizin. Die Identität des Mannes ist noch nicht bekannt. Zuerst hatte der NDR darüber berichtet. Zwei Funde an einem Wochenende Am Nachmittag wurde bei Finkenwerder dann eine zweite Wasserleiche (verlinkt auf /regionales/hamburg/article167485893/Leichenteile-treiben-in-Hamburger-Seitenkanal.html) aus der Elbe geborgen. Laut Polizei handelt es sich um einen 81 Jahre alten Mann, der seit knapp zwei Stunden als vermisst galt. Laut Polizei sei nach dem aktuellen Ermittlungsstand in beiden Fällen ein Fremdverschulden auszuschließen.
WELT
An einem der beliebtesten Ausflugsziele der Hamburger hat eine Spaziergängerin am Samstag eine Wasserleiche entdeckt. Kurze Zeit später kam es zu einem weiteren grausigen Fund an der Elbe.
Regionales
Hamburg
2018-10-14T18:21:00Z
2018-10-15T05:31:29Z
Zwei Leichen am Hamburger Elbstrand entdeckt
https://www.welt.de//regionales/hamburg/article182063476/Hamburger-Elbstrand-Zwei-Leichen-Funde-an-einem-Wochenende.html
Lohmar: Vater wirft Kinder aus Fenster – Tat angekündigt
Ein Vater, der in einer Flüchtlingsunterkunft in Lohmar seine drei Kinder aus dem Fenster geworfen hat, hatte damit nach Aussage seiner Frau schon vorher gedroht. Die Frau hatte ihn im Januar angezeigt, nachdem er sie mit einem Kochtopf ins Gesicht geschlagen hatte. Danach habe er zu ihr gesagt: „Falls du das noch mal machst, werde ich deine Kinder aus dem Fenster werfen.“ Sie habe das aber nicht ernst genommen, sagte die 31-jährige als Zeugin vor dem Landgericht Bonn. Kinder überleben Sturz Der 35-Jährige ist des dreifachen versuchten Mordes angeklagt. Die ein-, fünf- und siebenjährigen Kinder hatten den Sturz aus dem ersten Stock am 1. Februar (verlinkt auf /regionales/nrw/article158245401/Der-Vater-der-seine-Kinder-aus-dem-Fenster-warf.html) dieses Jahres mit Verletzungen überlebt. Für die älteste Tochter bestand Lebensgefahr. Der Vater hat die Tat bei der Polizei gestanden. Nach Angaben seines Verteidigers bedauert er, was geschehen ist (verlinkt auf /regionales/nrw/article151772942/Vater-soll-Kinder-aus-dem-Fenster-geworfen-haben.html) . Nach einem vorläufigen Gutachten ist der Mann schuldfähig. Das Motiv des syrischen Kriegsflüchtlings war laut Anklage, dass er seine Frau bestrafen wollte, weil sie sich ihm in Deutschland nicht mehr bedingungslos unterordnen wollte. Bei ihrem Bruder soll er sich am Telefon darüber beschwert haben, dass sie in Europa plötzlich „Freiheit“ wolle. Die Frau musste ihn nach eigener Aussage heiraten, ohne ihn vorher zu kennen. Der Angeklagte ist ein ehemaliger Gemüsehändler, der weder lesen noch schreiben kann.
WELT
Wegen einer unfassbaren Tat muss sich ein Mann in Bonn vor Gericht verantworten: Der 35-Jährige hatte im Februar wegen eines Streits seine Kinder aus dem Fenster einer Flüchtlingsunterkunft geworfen.
Vermischtes
2016-09-27T15:39:25Z
2016-09-27T17:44:44Z
Vater wirft Kinder aus Fenster – Tat zuvor angedroht
https://www.welt.de//vermischtes/article158404703/Vater-wirft-Kinder-aus-Fenster-Tat-zuvor-angedroht.html
IfW-Präsident: Kaum Folgen für Weltwirtschaft durch Ölpreis-Tief
Kiel (dpa/lno) - Der lange Preisverfall beim Öl bedeutet aus Sicht des Ökonomen Dennis Snower für die Weltwirtschaft insgesamt nicht besonders viel. Größter Verlierer sei Russland, sagte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft der Deutschen Presse-Agentur. Für Deutschland seien die direkten Effekte nicht besonders groß, weil es nicht sehr ölintensiv wirtschafte. Auf längere Sicht erwartet Snower einen höheren Ölpreis, weil die Umstellung auf erneuerbare Energien lange dauern werde. Die Sanktionen des Westens gegen Russland seien nicht primär aus wirtschaftlicher Sicht zu beurteilen, sondern hätten eher eine politische Dimension.
WELT
Kaum Folgen für Weltwirtschaft durch Ölpreis-Tief
Regionales
Hamburg
2014-12-28T08:46:35Z
2015-10-02T12:56:35Z
Kaum Folgen für Weltwirtschaft durch Ölpreis-Tief
https://www.welt.de//regionales/hamburg/article135794546/Kaum-Folgen-fuer-Weltwirtschaft-durch-Oelpreis-Tief.html
Nordkorea: Kims Atompläne sind eine Ohrfeige für China
Nordkorea wollte wohl die größtmögliche Aufmerksamkeit erregen. Und so provozierte Pjöngjang die Welt am Dienstag gleich mit zwei Ankündigungen. Zuerst ließ es wissen, dass es erneut einen von den Vereinten Nationen geächteten und mit Sanktionen belegten Test seiner Langstreckenrakete plant. Und kaschierte ihn dabei so wie früher als Satellitenstart. Dann gab man Stunden später einen Durchbruch für seine Produktion von waffenfähigem Nuklearmaterial bekannt. Nordkorea werde „quantitativ wie qualitativ“ bessere Atomwaffen herstellen können. Pjöngjang bestätigte, dafür seinen Fünf-Megawatt-Reaktor in dem Atomwaffenzentrum Yongbyon, 100 Kilometer nördlich der Hauptstadt Pjöngjang, wieder in Betrieb genommen zu haben. Sowohl die Anlage zur Urananreicherung als auch der Reaktor seien „neu arrangiert, verändert und readjustiert“ worden und würden „normal operieren“ . Die Botschaft richtete sich gegen die USA und Südkorea (verlinkt auf /themen/suedkorea-politik/) , aber auch gegen seinen einzigen politischen Verbündeten, China, von dem sich Nordkorea gleichermaßen isoliert fühlt. Kim will eine große Militärparade abhalten Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA nannte aber einen innenpolitischen Grund, warum das Land militärisch atomare Muskeln zeigen muss. Das heruntergewirtschaftete Regime von Führer Kim Jong-un, der seit seiner Machtübernahme Ende 2011 noch nie ins Ausland fuhr, will am 10. Oktober den 70. Gründungsgeburtstag seiner Arbeiterpartei feiern und dabei eine große Militärparade ausrichten. Zu der hat es jüngst sogar Touristen eingeladen, weil sonst niemand kommt. Umso eindrucksvoller wirkt dann der Abschuss einer leistungsstarken Langstreckenrakete. Für sie wurde bereits, so berichtet Südkoreas Nachrichtenagentur Yonhap, eine 67 Meter hohe Abschussrampe im Nordwesten des Landes errichtet, 17 Meter höher als für den letzten Raketenabschuss 2012. Zudem geht mit der Ankündigung einer verbesserten Atomwaffenproduktion implizit die Drohung einher, dass Pjöngjang seine Raketen eines Tages auch mit einem miniaturisierten Atomsprengkopf bewaffnen kann. Peking rief angesichts des Säbelrasselns aus Pjöngjang zwar am Mittwoch alle Parteien in üblicher Weise zur Mäßigung auf. Aber Chinas Regierung (verlinkt auf /themen/china-politik/) war auch die erste, die Nordkorea wegen des angekündigten Abschusses der Langstreckenrakete aufrief, sich an die UN-Resolutionen zu halten, die solche Tests verbieten. Die Nachrichtenagentur Xinhua erinnerte zudem daran, dass es nach dem letzten angeblichen Satellitenabschuss Nordkoreas im Dezember 2012 nur zwei Monate dauerte, bevor Pjöngjang zum dritten Mal einen unterirdischen Atomtest unternahm. Nordkorea ist der gemeinsame Nenner von China und den USA Die außenpolitische Wirkung seiner Doppelaktion könnte Pjöngjang falsch eingeschätzt haben. Kommende Woche fährt Chinas Staatspräsident Xi Jinping zu seinem ersten Staatsbesuch bei Präsident Barack Obama (verlinkt auf /themen/barack-obama/) in die USA. Angesichts der Probleme zwischen beiden Großmächten auf vielen anderen Gebieten, verbindet sie ein nun wieder gestärktes Interesse an der Stabilität der Koreanischen Halbinsel. Nordkorea fordert sie beide heraus. Seine Ankündigungen, wieder die Atomwaffenkarte auszuspielen, wirkt wie eine Ohrfeige für die Vermittlungsversuche Chinas. Ausgerechnet für das kommende Wochenende hat Pekings Außenministerium zu einer großen internationalen Konferenz eingeladen. Zur Feier von zehn Jahren des „Durchbruchs“ bei den Sechs-Parteien-Gesprächen. Am 19. September 2005 wurde dort gemeinsam mit Nordkorea ein Abkommen zur Atomwaffenabrüstung unterzeichnet, das von China weiterhin als „Meilenstein für die Befriedung der Region“ bezeichnet wird. Außenminister Wang Yi will am Samstag dazu eine Festrede halten.
Johnny Erling, Peking
Pjöngjang provoziert die Welt: mit neuen Tests seiner Langstreckenrakete und mit der Produktion von neuem waffenfähigen Nuklearmaterial. Das ist auch eine Botschaft an die Verbündeten in Peking.
Politik
Ausland
2015-09-15T15:46:58Z
2017-08-23T08:47:27Z
Kims Atompläne sind eine Ohrfeige für China
https://www.welt.de//politik/ausland/article146445777/Kims-Atomplaene-sind-eine-Ohrfeige-fuer-China.html
„Lazarus“: „Schlafende Kometen“ im Asteoridengürtel entdeckt
Forscher haben im Asteoridengürtel zwischen Mars und Jupiter „schlafende Kometen“ entdeckt, die nach Millionen von Jahren wieder den charakteristischen leuchtenden Schweif entwickeln können. In einem am Freitag in der Fachzeitschrift „Monthly Notices of Britain's Royal Astronomical Society“ veröffentlichten Artikel schreiben Astronomen der Antioquia-Universität im kolumbianischen Medellin, diese Kometen könnten durch die Energie der Sonne wieder zum Leben erweckt werden. Die Forscher sprechen von „Lazarus-Kometen“, ein Verweis auf die biblische Figur, die laut Überlieferung von Jesus von den Toten auferweckt wurde. Beim Kometen entsteht der Schweif, wenn auf und in dem Gestein befindliches Eis und Gase entweichen und diese das Sonnenlicht reflektieren. Im Gegensatz zu Kometen ziehen Asteoriden keinen Schweif hinter sich her. Bislang war die Forschung davon ausgegangen, dass sich im Asteoridengürtel nur bloße Gesteinsbrocken befinden. „Wir haben herausgefunden, dass einige davon nicht nur tote Brocken sind, sondern schlafende Kometen, die wieder zum Leben erwachen können“, schreibt Studienleiter Ignacio Ferrín. „Dies geschieht, wenn die Energie, die sie von der Sonne erhalten, um ein paar Prozent ansteigt.“ Im Asteoridengürtel befinde sich ein „riesiger Friedhof aus alten schlafenden und erloschenen Gesteins-Kometen“. Sonnenenergie erweckt zum Leben Zu neuem Leben erweckt werden die Kometen, wenn sie vergleichsweise nahe am Jupiter vorbeiziehen, dem größten Planeten unseres Sonnensystems. Dessen Anziehungskraft kann die Bahn der Kometen verändern, was wiederum dazu führen kann, dass die Kometen sich der Sonne nähern. Die so verursachte Temperaturerhöhung führt dazu, dass sich Eis an der Oberfläche des Kometen löst und Gase abgegeben werden, die zusammen mit Staub ins All gerissen werden und den Lichtschweif hinter dem Kometen verursachen. „Das sind die Lazarus-Kometen, die tausende oder sogar Millionen von Jahren geschlafen haben und dann wieder zum Leben erweckt werden“, schreibt Ferrín. Beobachtet worden sei dieses Phänomen im vergangenen Jahrzehnt mindestens ein Dutzend Mal. Unklar ist bislang noch, wie die Kometen einst in den Asteoridengürtel gelangten.
WELT
Eigentlich dachten Forscher, in Asteroidengürteln würden sich nur Gesteinsbrocken befinden. Jetzt haben sie dort „schlafende“ Kometen entdeckt. Durch die Sonne entwickeln sie ihren typischen Schweif.
Wissenschaft
Weltraum
2013-08-02T20:12:25Z
2015-10-15T11:14:59Z
„Schlafende Kometen“ im Asteoridengürtel entdeckt
https://www.welt.de//wissenschaft/weltraum/article118653555/Schlafende-Kometen-im-Asteoridenguertel-entdeckt.html
Rocket Internet finanziert fahrende Wäscherei ZipJet
Damian Kastil kann sich noch gut an die Zeiten als Berater erinnern. Im Auftrag der Boston Consulting Group eilte er von Termin zu Termin, von Hotel zu Hotel. „Ich lebte aus dem Koffer und hatte immer dasselbe Problem“, sagt der 25-Jährige, „irgendwann waren die Hemden schmutzig.“ Nicht immer fand Kastil eine Reinigung, und im Hotel zahlte er oft zu viel für das Waschen und Bügeln seiner Hemden. Kastils Nachfolger sollen es – zumindest in London – einfacher haben. Der Deutsche hat mit drei Kollegen das Unternehmen ZipJet gegründet, das dreckige Wäsche abholt und innerhalb von 24 Stunden zurückbringt. Per Smartphone-App bestellt der Kunde einen sogenannten „Piloten“, der zu einem vorher vereinbarten Zeitpunkt kommt. Zunächst bietet ZipJet den Service in fünf Londoner Stadtteilen an, bald sollen auch andere Städte hinzukommen. Sechs Kilo Wäsche für zwölf Pfund Kastil und Co. arbeiten mit zwei Londoner Wäschereien zusammen und haften, falls bei der Reinigung etwas schief geht. Sechs Kilogramm Wäsche kosten zwölf Pfund (15,30 Euro), für ein gebügeltes Hemd werden 1,75 Pfund fällig. Gerade in einer karriereorientierten Stadt wie London, wo Überstunden die Regel sind, gibt es Bedarf für ihren Service, glauben die vier ZipJet-Gründer. Knapp zehn Prozent der britischen Single-Haushalte haben demnach keine Waschmaschine, in 40 Prozent aller Haushalte gibt es keinen Trockner. Angesichts der steigenden Zahl von Single-Wohnungen (verlinkt auf /icon/article128892723/Das-sagt-der-Kuehlschrank-ueber-einen-Mann-aus.html) im Vereinigten Königreich könnte die Rechnung aufgehen. Dem Government Office for Science zufolge wird die Mehrheit der Haushalte im Jahr 2031 aus nur einer Person bestehen. Die Zahl dieser Haushalte soll der Prognose zufolge bei 10,9 Millionen liegen. Zwei Flops in Deutschland Ganz neu ist die Idee der Berater allerdings nicht: In den USA sind fahrende Wäschereien vergleichsweise verbreitet, es gibt sie unter anderem in Washington DC, New York, Boston und San Francisco. Die Firmen dahinter heißen zum Beispiel FlyCleaners, sfwash und Washio. „Das Konzept hat sich dort schon bewährt“, sagt Damian Kastil. Auch in London gibt es bereits Wettbewerber, Kastil ist nicht der erste, der sich von den Amerikanern hat inspirieren lassen. In Deutschland sind derweil schon zwei Firmen mit dem Modell gescheitert, schreibt der Branchendienst „Deutsche-Startups.de“. Dennoch will ZipJet langfristig nach Deutschland expandieren. Ein großer Teil der rund 30 Mitarbeiter arbeitet schon heute in Deutschland, die Zentrale ist in Berlin. Die Höhe des Rocket-Engagements bleibt geheim Rocket Internet, der Investor hinter ZipJet, folgt ebenfalls einem bewährten Konzept. Das Unternehmen setzt auf Ideen, die bereits erprobt sind, und wendet sie auf neue Märkte an. Im vergangenen Monat gingen Rocket Internet (verlinkt auf /finanzen/geldanlage/article132866350/Samwer-Brueder-sind-nun-drei-Milliarden-schwer.html) und der Schuhversand-Ableger Zalando (verlinkt auf /finanzen/boerse/article132815784/Das-grosse-Kursfeuerwerk-bleibt-bei-Zalando-aus.html) an die Börse, in der Folge gaben die Kurse allerdings stark nach. „Es ist für uns kein Problem, dass andere Anbieter etwas ähnliches machen“, sagt ZipJet-Mitgründer Kastil. Schon beim Schreiben des Businessplans habe er gewusst, dass das Unternehmen Unterstützung von außen benötigen würde. Über die Details schweigt sich Kastil jedoch aus. Wie viel Rocket Internet in das Start-up investiert hat und welche Erlöse damit erzielt werden, wird nicht bekannt gegeben.
Nina Trentmann, London
In London holt ZipJet Schmutzwäsche ab und bringt sie innerhalb von 24 Stunden gereinigt zurück. Das Berliner Start-up wird von Rocket Internet finanziert – und soll bald auch in Deutschland starten.
Wirtschaft
2014-11-10T07:46:07Z
2015-09-22T10:00:43Z
Rocket Internet nimmt Singles schmutzige Wäsche ab
https://www.welt.de//wirtschaft/article134177973/Rocket-Internet-nimmt-Singles-schmutzige-Waesche-ab.html
Bobbi Kristina Brown: Houston-Tochter will ihren Adoptivbruder heiraten
Whitney Houstons Tochter Bobbi Kristina Brown soll sich mit Nick Gordon verlobt haben, mit dem sie gemeinsam aufgezogen wurde. Acht Monate nach dem Tod der Soul-Diva habe die 19-Jährige in der Dokusoap „The Houstons: On Our Own“ gesagt: „Wir sind verlobt!“, meldete zumindest die Promiseite „E-Online“. Das üblicherweise gut informierte Klatschportal beruft sich auf ein Vorschaufilmchen für die Reality-Show, die Ende Oktober im US-Fernsehen anläuft. Erste Verlobung soll gelöst worden sein Whitney Houston soll Gordon vor zehn Jahren im Alter von zwölf zu sich genommen haben, nachdem sein Vater ins Gefängnis kam und seine Mutter nicht in der Lage war, sich um ihn zu kümmern. Ob die Sängerin Gordon aber auch offiziell adoptiert hat, ist unklar. Allerdings erfuhr die Öffentlichkeit von seiner Existenz erst nach dem Tod der Diva. Brown und Gordon sind zumindest nicht biologisch verwandt. Ihre Tante Pat, Schwägerin der im Februar gestorbenen Sängerin, reagiere trotzdem wenig erfreut auf die Nachricht: „Inakzeptable“, sagte sie laut „E-Online“. In einem Trailer führt Gordon außerdem eine hitzige Diskussion mit Whitneys Bruder Gary: "Niemand ahnte, dass du dich von einem Stiefsohn in einen Freund verwandeln würdest. Keiner wusste das." Laut „OK Magazine“ sollen die beiden schon einmal ihre Verlobung gefeiert, diese aber dann wieder gelöst haben. Im August ist dann ein verdächtig dicker Diamantring aufgetaucht. Angebliche Drogensucht Bobbi Kristina ist nach dem Tod ihrer Mutter im Februar 2012 immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Unter anderem gab es Gerüchte über extremen Drogenmissbrauch, auch weil auf ihrem Twitter-Account verdächtige Fotos aufgetaucht waren. Auch ihr Umgang mit dem 20-Millionen-Dollar-Vermögen, das sie von ihrer Mutter geerbt hat, war ein Thema. Ihre Großmutter wollte ihr angeblich den Hahn zu drehen, weil sie das Geld zu verprassen drohte.
WELT
Acht Monate nachdem sie ihre Mutter verloren hat, will die Tochter von Whitney Houston angeblich heiraten. Doch ihre Familie ist wenig begeistert: Es soll sich um ihren Adoptivbruder handeln.
Vermischtes
2012-10-11T17:18:15Z
2015-10-05T13:10:01Z
Houston-Tochter will ihren Adoptivbruder heiraten
https://www.welt.de//vermischtes/article109780451/Houston-Tochter-will-ihren-Adoptivbruder-heiraten.html
Noro-Viren: 4000 Kinder bundesweit durch Schulessen erkrankt
Deutschlandweit sind Tausende Kinder und Jugendliche offenbar durch verunreinigtes Essen erkrankt. Bisher seien mindestens 4000 Fälle bekannt, sagte eine Sprecherin des Robert-Koch-Institutes in Berlin. Die Betroffenen litten unter Erbrechen und Durchfall. Einige von ihnen hätten stationär behandelt werden müssen. Womöglich wurde das Essen durch den Rüsselsheimer Dienstleister Sodexo geliefert, der Kindertagesstätten, Kindergärten und Schulen betreut, und bundesweit zahlreiche Standorte hat. Betroffen seien die Länder Berlin, Brandenburg, Sachsen und Thüringen, hieß es vom Robert-Koch-Institut. Nach Angaben des Thüringer Gesundheitsministeriums gibt es Fälle auch in Sachsen-Anhalt. In Brandenburg seien bislang mehr als 1100 Fälle bekannt geworden, in Sachsen mehr als 600 und in Thüringen etwa 500, sagten Sprecher der jeweiligen Gesundheitsministerien. In Berlin sind laut Senatsgesundheitsverwaltung etwa 400 Kinder erkrankt. In Thüringen wurden bereits am Dienstag Krankheitsfälle registriert. Unternehmen verschärft Hygienemaßnahmen Den Angaben des sächsischen Gesundheitsministeriums zufolge ist mit einer bundesweiten Ausbreitung zu rechnen. In Chemnitz seien inzwischen vorsorglich zwei Gymnasien geschlossen worden, in denen sich Krankheitsfälle häuften. Nun werde geprüft, an welche Einrichtungen das Essen geliefert wurde. Es liege nahe, dass es sich um eine lebensmittelbedingte Erkrankung handele, sagte die Sprecherin des Robert-Koch-Instituts. Bei einzelnen Betroffenen seien Noro-Viren nachgewiesen worden. Die bislang gemeldeten Erkrankungen seien weitgehend glimpflich verlaufen. Inzwischen ist auch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit eingeschaltet. Einem Sprecher zufolge verschafft sich die Behörde gegenwärtig einen Überblick. Sodexo teilte am Donnerstagabend mit, dass das Unternehmen in Absprache mit den Behörden „umgehend grundlegende Untersuchungen von Lieferscheinen, Temperaturkontrollen und Speiseplänen vorgenommen“ habe, „um dabei zu helfen, Ursachen aus dem Lebensmittelbereich auszuschließen“. Zudem seien Proben der ausgelieferten Speisen zur Untersuchung gegeben worden. Darüber hinaus seien für die Küchen umgehend eine gründliche Verstärkung der Hygienemaßnahmen veranlasst worden. Zudem würden die Mitarbeiter auf entsprechende Erkrankungen untersucht, hieß es. Derzeit lägen aber „keine Ergebnisse vor, die belegen, dass eine Erkrankung durch unser Essen oder eine Übertragung durch unsere Mitarbeiter in den beliefernden Küchen erfolgt ist“, hieß es weiter vonseiten des Unternehmens. Behörden ordnen Desinfektion der Produktionsstätte an Zuvor hatte das Landratsamt Saalfeld-Rudolstadt in Thüringen mitgeteilt, dass am Dienstag – als das womöglich kontaminierte Essen ausgeliefert wurde – drei bis vier Menüs auf dem Speiseplan des im Verdacht stehenden Unternehmens aufgeführt gewesen seien. Welches davon die Erkrankungen verursacht habe, sei noch unklar. Es handele sich offenbar um eine einmalige Verunreinigung. Der Betrieb, den die Behörde nicht näher benannte, sei daher nicht geschlossen worden. Das Veterinäramt habe allerdings bereits eine zusätzliche Reinigung und Desinfektion der Produktionsstätte angeordnet, hieß es weiter. Zudem seien amtliche Lebensmittelproben der Menüs sowie Proben aus dem Unternehmen dem Thüringer Landesamt für Lebensmittelüberwachung und Verbraucherschutz in Bad Langensalza zur Untersuchung übergeben worden. Diese werden nun auf mögliche Krankheitserreger untersucht. Ab Freitag sei mit ersten Ergebnissen zu rechnen.
WELT
Offenbar durch verunreinigtes Schulessen sind in vier Bundesländern über 4000 Kinder erkrankt. Sie leiden an Durchfall und Erbrechen. Das Robert-Koch-Institut rechnet mit bundesweiter Ausbreitung.
Vermischtes
Weltgeschehen
2012-09-27T19:57:11Z
2015-10-05T12:29:23Z
4000 Kinder bundesweit durch Schulessen erkrankt
https://www.welt.de//vermischtes/weltgeschehen/article109512427/4000-Kinder-bundesweit-durch-Schulessen-erkrankt.html
Fussball: Michael Ballacks Erklärung im Wortlaut
Michael Ballack hat auf den von Bundestrainer Joachim Löw verkündeten Abschied aus der Fußball-Nationalmannschaft (verlinkt auf /sport/fussball/bundesliga/bayer-leverkusen/article13432785/Bundestrainer-Loew-plant-nicht-mehr-mit-Ballack.html) mit scharfen Worten reagiert. "Welt Online" dokumentiert die von Ballacks Berater Michael Becker über eine Hamburger Kanzlei verbreitete Erklärung. „Ich habe gestern im Urlaub durch eine Pressemitteilung des DFB erfahren, dass der Bundestrainer nicht mehr mit mir plant. Form und Inhalt der Nachricht überraschen und enttäuschen mich zugleich, weil sie die vom Bundestrainer mir gegenüber gemachten Aussagen in keinster Weise widerspiegeln. Form und Inhalt der Mitteilung sind leider bezeichnend dafür, wie sich der Bundestrainer mir gegenüber seit meiner schweren Verletzung im Sommer letzten Jahres verhalten hat. Wenn jetzt so getan wird, als sei man mit mir und meiner Rolle als Kapitän der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft jederzeit offen und ehrlich umgegangen, ist das an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten. Und ein längst vereinbartes Freundschaftsspiel jetzt als Abschied zu deklarieren, ist aus meiner Sicht eine Farce. Ich weiß, dass ich meinen Fans dieses Spiel eigentlich schuldig bin, aber ich kann dieses „Angebot“ nicht annehmen.“
WELT
Mit dieser Erklärung reagierte der Leverkusener Michael Ballack am Freitag auf seinem Abschied aus der Nationalelf.
Sport
Fußball
2011-06-18T08:35:17Z
2015-10-03T18:05:11Z
Michael Ballacks Erklärung im Wortlaut
https://www.welt.de//sport/fussball/article13436562/Michael-Ballacks-Erklaerung-im-Wortlaut.html
Forensik: Gentest verrät jetzt auch Haarfarbe von Tätern
Mit einem neuen Gentest können Ermittler mit einiger Sicherheit die Farbe des Haupthaares aus der Erbsubstanz DNA herauslesen. Das berichtete ein Team um Prof. Manfred Kayser, den Leiter der Abteilung für Forensische Molekularbiologie am Medizinischen Zentrum der Erasmus Universität Rotterdam. Die Resultate sind im Journal „Human Genetics“ veröffentlicht. Die Ergebnisse zeigten, dass sich aus der DNA-Information mit einer Genauigkeit von mehr als 90 Prozent ermitteln lasse, dass eine Person rote Haare hat. Eine ähnlich hohe Genauigkeit gelte für die Aussage, dass die DNA von einem Menschen mit schwarzen Haaren stamme. Die neue Methode erlaube es zudem, ähnliche Haarfarben - wie blond und dunkelblond oder rot und rot-blond - zu unterscheiden. Die zur Analyse benötigte Erbsubstanz könne aus Blut, Sperma, Speichel oder anderen biologischen Materialien gewonnen werden, die von den Ermittlern ohnehin ausgewertet werden. Nach Angaben von Kayser war es bisher nur möglich, die seltene rote Haarfarbe aus der DNA herauszulesen. „Für unsere Forschung nutzten wir DNA und Haarfarbeninformationen von hunderten Europäern und analysierten Gene, für die bekannt war, dass sie etwas mit der Haarfarbe zu tun haben“, erklärte Kayser. Sein Team ermittelte demnach 13 aussagekräftige DNA- Abschnitte. Kaysers Kollege Ate Kloosterman von der Abteilung für Menschliche Biologische Spuren des Niederländischen Forensischen Instituts (NFI) ergänzte: „Diese Forschungsergebnisse legen die wissenschaftlichen Grundlagen für die Entwicklung eines DNA-Tests zur Haarfarbenvorhersage.“ Einen geprüften und damit zuverlässigen Test solle es „in naher Zukunft“ geben.
WELT
Ob ein unbekannter Tatverdächtiger rothaarig oder blond ist, wird bald kein Geheimnis mehr bleiben. Ermittler benötigen dafür künftig nur DNA-Material.
Wissenschaft
2011-01-04T12:52:00Z
2015-10-03T13:00:38Z
Gentest verrät jetzt auch Haarfarbe von Tätern
https://www.welt.de//wissenschaft/article11969767/Gentest-verraet-jetzt-auch-Haarfarbe-von-Taetern.html
Schlingensief 1998: "Also stirbst du bald?" – "Ja, ich bin kurz davor."
Zur aktuellen 200. Ausgabe des " Rolling Stone (verlinkt auf http://www.rollingstone.de/) " am 26. Mai 2011 (verlinkt auf http://www.rollingstone.de/das-heft/aktuelle-ausgabe/article93975/Mai-2011.html) veröffentlicht das Magazin zusätzlich ein Sonderheft (verlinkt auf http://www.rollingstone.de/das-heft/aktuelle-ausgabe/article98227/Sonderheft-Die-besten-Geschichten-aus-200-Ausgaben-des-ROLLING-STONE.html) mit den besten Beiträgen aus 17 Jahren. Unter den Autoren sind – neben den Redakteuren – Benjamin von Stuckrad-Barre, Wolfgang Doebeling, Frank Schulz, Denis Scheck, Gerd Scobel, Frank Schäfer; es gibt Interviews mit Bruce Springsteen, U2, Christoph Schlingensief, Radiohead, Neo Rauch, Tom Waits, Philip Roth, Karl Lagerfeld. August 1998. Es waren die letzten Tage der Ära Kohl, Christoph Schlingensief wollte mit einem Heer von Arbeitslosen den Wolfgangsee (verlinkt auf /print-welt/article624505/Das_ungeliebte_Kind_schreit_laut_Protest.html) fluten. Aus heutiger Sicht lässt sich aus dem Gespräch mit dem Sponti, Mahner, Agent Provocateur schon damals eine beklemmende Todesahnung ablesen. Und das zeigt, wie sehr sein wacher Geist in diesem Land fehlt. Schlingensief starb am 21. August 2010. Das Gespräch zwölf Jahre zuvor begann so: Das Klischee vom wohlbehütet aufgewachsenen Apothekersohn, dessen Schreckensinszenierungen auf Bühne, Leinwand und Bahnhofsterrain gerade auch deshalb so verwirren, weil er ja so nett aussieht, wird ihm noch ewig anhängen, denn auch mit 37 sieht Christoph Schlingensief (verlinkt auf /kultur/article9128746/Regisseur-Christoph-Schlingensief-ist-tot.html) selbst nach wochenlangem, erschöpfendem Wahlkampf aus wie ein netter Student, der einem im Supermarkt die aus der Tüte gepurzelten Orangen einsammelt. Die Bühne, auf der Schlingensief sein neuestes Stück „Chance 2000 – wähle Dich selbst!“ präsentiert, ist in den Grenzen von 1989 ziemlich groß: 80 Millionen Statisten sind am Start, und der Mehrakter mit offenem Ende, zum Mitmachen für alle, schlägt Wellen bis nach Österreich. Dort wollte Schlingensief am 2. August mit seinen mantragleich dauerzitierten „sechs Millionen bislang unsichtbaren Arbeitslosen“ baden gehen, in genau dem See, an dessen Gestaden der bisherige Kanzler dann just zu Urlauben gedenkt. Aufstand in Österreich, ins Fäustchen lachen in Berlin. Benjamin von Stuckrad-Barre: Du wirkst in der letzten Zeit oft ein wenig erleuchtet. Heute eher so ein bisschen erloschen. Christoph Schlingensief: Ach, ich habe Hunger, ich habe heute erst ein Hörnchen gegessen, und gleich geht schon die Sonne unter. Und im Moment ist alles durcheinander, wir sind fast pleite. (seufzt) Es herrscht eine große Hysterie, auch wegen dem Sammeln der Unterschriften, außerdem wird gerade entschieden, ob wir als Partei überhaupt zugelassen werden. Da müssen Langfristigkeit des Projekts und auch dessen Ernsthaftigkeit von uns als „Chance 2000“ glaubhaft gemacht werden – nicht so einfach. Stuckrad-Barre: Die Ernsthaftigkeit wirst Du unbedingt bestätigen, aber tatsächlich auch die Langfristigkeit? Endet nicht das Kunstwerk, die Partei, am Tag der Wahl? Schlingensief: Nein. Wir sind die einzige Partei, der es nicht um Machterhalt geht, sondern darum, erst mal Macht zu erlangen. Stuckrad-Barre: Um sie dann zu erhalten. Schlingensief: Erst mal ist das ein klarer Vorteil: Wir haben gar nichts und wir sind gar nichts. Wir müssen also was vorlegen. Und das bedarf dieser ganzen Formalebene, dieser Genehmigungen und so. Stuckrad-Barre: Wenn ihr also nicht in den Bundestag einzieht, was ja durchaus auch passieren kann, dann geht es trotzdem weiter? Schlingensief: Eine Landtagswahl würden wir sicherlich noch mitmachen, das sollte man einfach auch mal probieren. Aber wir sammeln jetzt erst mal Argumente, indem wir nicht die APO imitieren und gleich vorauseilend gehorsam in die außerparlamentarische Opposition gehen, sondern indem wir 90er-jahre-mäßig gleich reingehen ins System. Vielleicht sind wir auch nachher darin gefangen, kommen nicht mehr heraus, oder wir sammeln nur Argumente und sind dann die APO 2. Stuckrad-Barre: Bei all dem Chaos – hat der Vorsitzende Schlingensief noch den Überblick? Schlingensief: Nö, den hatte ich nie. Aber ich habe schon ein großes Verlangen danach, vor Ort zu sein oder auch nur abends im Internet nachzulesen, was die Landesverbände so machen. Da gibt es natürlich latente Ängste eines Vorsitzenden – „Was macht der da jetzt für ’nen Scheiß!“ Gestern kam aus München der Vorschlag, den Wolfgangsee umzubenennen in „Helmut-See“, und da dachte ich gleich: superbillig, blöd usw. Aber da kann man nichts machen, alle machen überall irgendwas, Hauptsache Aktion! Ich finde es faszinierend, wie das Geflecht anfängt zu wuchern ... Stuckrad-Barre: ... und unübersichtlich wird. Weißt du, was deine Partei übermorgen Abend in Schweinfurt macht? Schlingensief: Nö, keine Ahnung. Stuckrad-Barre: Da ist „Filmabend mit Wahlprogramm“. Schlingensief: Ahja. Stuckrad-Barre: Es ist ja ohne Weiteres möglich, in eurem, letztlich deinem Namen unheimlichen Blödsinn zu veranstalten. Es gibt ja nicht mal ein verbindliches Partei-Programm. Schlingensief: Es gibt bloß die Auflage, so frei damit umzugehen, dass diese Freiheit eben Inhalt wird, dieses Vakuum. Wenn jemand anfängt, sich auf ein Ziel festzulegen, wird es ja scheiße. Das muss ja dann scheitern. Stuckrad-Barre: So ein offenes Forum ist natürlich auch ein Sammelbecken für Idioten. Schlingensief: Oh ja. Für mich ist es gerade sehr spannend, all die Landesverbände zu besuchen: Die müssen Unterschriften sammeln, und ich muß mich als Wahlhelfer auf deren spezifische Eigenheiten und Regeln einlassen. In Mecklenburg-Vorpommern läuft es zum Beispiel miserabel, die Leute sprechen kaum, die sind alle alkoholkrank, habe ich den Eindruck. Die gucken und hängen rum, da passiert nichts. Stuckrad-Barre: Und dann mischst du das auf? Schlingensief: Ich brülle ins Mikrofon, mache mich zum Affen, egal, Hauptsache, wir kriegen die Unterschriften zusammen. Eben nicht nur der Event, der lustige Abend, die tolle Filmnacht und sonst was Verrücktes, und das war’s dann. Sondern den Leuten klarzumachen, dass es erst mal nur um die verbissene Einhaltung einer Formalie geht, bevor man dann überhaupt inhaltlich und kreativ werden kann. Es geht schlicht darum, 20 Minuten lang Leute zu agitieren, egal wie. Mit Programmen wie „Die obszöne Amöbe ist geboren, Sie können sich selber wählen, Schluss mit der Politik“ ... Stuckrad-Barre: Da wird man dann ja wohl verrückt, so als Marktschreier. Schlingensief: Ja, absolut, ich bin die Versuchsratte im Freilandversuch. An mir kann man jetzt beobachten, ob man sich als künftiger Bundeskanzler (grinst) oder als Politiker schlechthin verändert. Und man verändert sich, das spüre ich: Ich rede anders, wenn ich 20 Minuten lang da in jeder Art und Weise versucht habe, mitzureißen, irgendwie, einfach am Stück rede, ja! (Die Augen leuchten) Textstrecke erzeugen, Emotionen erkämpfen. Stuckrad-Barre: Dann wächst also mit dem steigenden Druck dein Verständnis für hirnkranke Politikdarsteller. Schlingensief: Jaaaaa. Meine Einstellungen ändern sich grundlegend. Ich kann heute einen Behinderten anbrüllen, das ging am Anfang des Projekts noch nicht. Stuckrad-Barre: Was brüllst du da? Schlingensief: Ich sage dem meine Meinung, er soll die Schnauze halten, ich will es nicht mehr. Sein Kapital, seine Behinderung sieht man permanent, aber was ist mit meiner, vielleicht nicht gleich sichtbaren Behinderung? Und man nimmt die Leute ja dann ernster, wenn man sie alle auf die gleiche Weise behandelt, ohne Rücksichten. Stuckrad-Barre: Was hat sich noch geändert? Schlingensief: Theater etwa kriegt in meinem Kopf einen ganz anderen Stellenwert, Politiker sind für mich in einer Inszenierung gefangen. Als ich in der letzten Woche zu einem Wahlkampftermin fuhr, erfuhr ich plötzlich per Telefon, dass der Vater meiner Freundin verunglückt ist. Da sind wir sofort nach Frankfurt geflogen, ins Krankenhaus. Meine Freundin und ihre Mutter redeten mit ihm, obwohl er schon tot war! Sie haben trotzdem auf ihn eingeredet. Seit dem Beginn dieses Projekts habe ich nicht mehr heulen können. Ich war immer einerseits emotional aufgewühlt und andererseits überaus selbstbeherrscht, habe mich zur Ordnung gerufen. Und in diesem Moment, angesichts von 15 Hirntoten auf einer Station, da brach alles zusammen und aus mir heraus. Da kriegte ich plötzlich mit, dass das hier (rupft sich am engkarierten Waldarbeiterhemd) eine Hülle ist, ein Kostüm. Und dass die Paranoia dir ins Ohr schreit: „Zieh das aus!“ Und so ist es bei den Politikern: Hintze an der Zapfsäule, Waigel beim Verkünden irgendwelcher Zahlen ? die schreien innerlich. Aber das hören die selbst nicht mehr. Das setzt sich dann in Polypen im Darm fest oder so was. Stuckrad-Barre: Huch. Schlingensief: Ja, da bin ich ja irgendwie esoterisch – die Rechnungen bleiben offen, sind nicht zu begleichen, das ist meine Erkenntnis. Bei allem, was du verdrängst, wo du schadest, Macht erhalten wirst. Und dafür muss man irgendwann geradestehen. Stuckrad-Barre: Klingt nach jüngstem Tag. Schlingensief: Nicht ganz oben, nee nee, das passiert hier unten, das machen wir. Stuckrad-Barre: Wir, das Volk? Schlingensief: Ja. Ich denke mal so an Darmkrebs in der katholischen Kirche, da ist die Rechnung, da will sie bezahlt werden, aber der Preis ist zu hoch. Und jetzt wollen wir eben sagen, dass Leute wie Schröder Hülle sind. Der hat doch sehr gute Leute in seinem Stab, und die überlegen doch jetzt schon, da bin ich ganz sicher, was ist, wenn das Kind von Frau Köpf am 10. September Selbstmord begeht. Oder was ist, wenn seine Mutter plötzlich stirbt oder ihre. Da sehe ich schon zwei Psychologen mit einem Quix auf diese Nachricht warten, die dann da hinrasen und die Frau zur Seite führen, in den Nebenraum – „Legen Sie sich da mal hin!“ – und anfangen, die zu betreuen. Und er kommt rein und redet dann genauso wie am Rednerpult. Filme und Artikel interessieren sich immer nur für den „Weg zur Macht“. Viel interessanter ist doch, wie es sich anfühlt da oben, wie man damit umgeht. Stuckrad-Barre: Chance 2000 unterscheidet zwei Systeme: Das vorherrschende, zu kippende ist System 1. Und die Protagonisten dieses Umsturzes und potent-iellen Nachfolger, ihr, das ist System 2. Wenn System 2 dann erst mal im System 1 Platz genommen hätte, wie ginge es dann weiter? Schlingensief: Als Bundestagsabgeordneter wäre es natürlich reizvoll, dann wieder Theater zu machen. Einfach zu sagen: „Was soll das jetzt sein, wollt ihr mich zwingen?“ Oder irgendjemandem seine Redezeit schenken, einem Arbeitslosen, der da einfach redet, und ich stehe daneben und schlafe oder so. Stuckrad-Barre: Auf dem Weg dahin muss freilich System 2 gegenwärtig erst mal die Spielregeln von System 1 befolgen. Um überhaupt mitspielen zu dürfen, bemerkt zu werden, also den ganzen Formularterror erdulden. Das Feld von ziemlich weit hinten aufrollen. Schlingensief: Das ist zum Kotzen, aber so ist es. Stuckrad-Barre: Sich selbst wählen ist ja anti-parlamentarisch, schafft das Parlament ab, den Gedanken des Volksvertreters. Schlingensief: Klar. Unser erster Parteitag war noch so wie Stammtisch, fürs Volk sprechen. Plötzlich waren da lauter Menschen, die irgendwas vertraten: Frauenrechte, Internet, Sport – bloß sich selbst nicht. Das ist dieser Irrglaube, dieses Klassensprechersyndrom: für andere sprechen. Ich selbst finde drei Themen, die ich mir an den Hals hänge, schon ziemlich viel. Mehr kann ich nicht. Ich kann nicht für die Einäugigen in Thüringen reden. Stuckrad-Barre: Ist Staat dann nur noch ... Schlingensief: ... Verwaltung, ja. Müll abholen, Trinkwasserversorgung aufrechterhalten, Bäume pflanzen, so was. Und die Globalisierung außer Kraft setzen. Da sind Leute, die zehn Themen vertreten, weltweit, ist mir ein Rätsel, wie das glaubhaft sein soll. So wie man Kapital im Globalisierungsprozess verschwinden lässt, so lässt eine Person mit zehn Themen tatsächlich die Themen verschwinden. Die sind dann weg. Stuckrad-Barre: Angenommen, der Abgeordnete Schlingensief begegnet dem Abgeordneten Peter Hintze in der Bundestagskantine. Was passiert da? Schlingensief: Ich drücke ihm eine Mark in die Hand und sage: Hier, aber lass mich bitte in Ruhe, mach nur weiter, mach einfach, du wirst schon sehen, aber lass uns in Ruhe. Stuckrad-Barre: Wenn ein Arbeitsloser sich vom System 1 lossagt, dann hat der ja einfach nächste Woche nichts mehr zu essen und darf sich nicht mehr beim Roten Kreuz alte Jacketts abholen, muss aus seiner Sozialwohnung ausziehen. Arbeitslossein ist ja nicht eine Haltung, sondern eine Notsituation, ein Ausgeliefertsein, angewiesen auf staatliche Zuwendung. Schlingensief: Das Weltkapital reicht für eine Mindestversorgung, meinetwegen 1000 Mark pro Person und Monat. So. 1000 Mark, egal, wer man ist. Und wer will, kann ja mehr verdienen, sich was ausdenken. Unsere zwei Hauptbegriffe sind Entglobalisierung und Transparenz. Stuckrad-Barre: Und Arbeitslosigkeit soll „ab Beruf anerkannt“ werden, so steht’s im Schlingensief’schen Manifest („Wähle Dich selbst“, KIWI518). Schlingensief: Es gibt einfach keine Möglichkeit mehr zur Vollbeschäftigung. Man kann das so hinbiegen, mit Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, morgen um 8 Uhr geht jeder auf die Straße und putzt mit einer Zahnbürste den Rinnstein, alle haben zu tun, kriegen dafür 13 Mark, klar, das geht. Komischerweise glauben die Leute dann ja wirklich an eine Trendwende, an einen Aufschwung, trotz so billiger Tricks. Das ist eine Inszenierung, eine Täuschungsmaschine. Stuckrad-Barre: „Erst reden, dann handeln“ verlangt dagegen Chance 2000. Ist mit dieser Methode mehr drin, als das Scheitern aufzuführen, zu zeigen? Schlingensief: Vollhaftung, jawohl. Wir sind ja auch gar nicht so weit weg von Marktwirtschaft. Stuckrad-Barre: Am Ende der intendierten allgemeinen Überforderung, meisterhaft vorgeführt in „Talk 2000“ steht dann – was? Schlingensief: Gegenwärtig läuft doch alles hinaus auf eine völlig verschanzte träge Masse mit lauter Krebsgeschwüren, offenen Rechnungen, wo ein Funke reicht, dass das irgendwann bald implodiert oder explodiert, nach innen oder außen, ist egal. Sicher frage ich mich nach einer Möglichkeit, sinnvoll zu existieren, nicht nur in einer Funktionalisierung oder Degradierung, sondern sinnvoll zu existieren. Aber da sagen wir nun: Geh ins Risiko, mach was – und wenn du scheiterst, hast du es immerhin probiert. Das ist die einzige Möglichkeit. Stuckrad-Barre: Zum Wolfgangsee-Baden am 2. August verabreden sich dann im Internet Menschen mit „Gitarre, Zelt und jeder Menge guter Laune“. Ist das dann nicht schon dicht an der Klassenfahrt mit der Ausrede „Politik“? Schlingensief: Natürlich sind da auch Leute, die merkwürdiges Zeug verzapfen. Ich glaube, dass sich da im Moment all die verbünden, die wissen oder ahnen, dass sie wirklich an einem irreparablen Schaden leiden. Stuckrad-Barre: Wenn man sich so umsieht, müssten das ja viele bis alle sein. Schlingensief: Ja, und wenn man sie persönlich darauf anspricht, sehen das auch alle gleich ein, aber diese Lebenslüge, die sie sich aufgebaut haben, die ist erstmal übermächtig. Eine Flasche Bier, die man sich abendlich aus dem Kühlschrank holt, um damit Barbara Eligmann anzugucken – das reicht schon aus, um zu verhindern, dass die Leute einsehen: Ich bin schwer krank. Die Eligmann ist sowieso auch schon tot, gerade weil sie formal das blühende Leben darstellt. Leute, die ihren Tod ahnen, entwickeln eine letzte Hyperaktivität. Stuckrad-Barre: Also stirbst du bald? Schlingensief: Ja, ich bin kurz davor, das habe ich öfter gedacht in der letzten Zeit. Stuckrad-Barre: Deinem Freund Helge Schneider, dem du im Umgang mit Erwartungen sehr ähnelst, wird in wirklich jeder Betrachtung bescheinigt, „aber ein sehr guter Musiker“ zu sein. Ist analog Schlingensiefs unbestreitbares Talent, ein sehr guter Dramaturg zu sein, jemand, der perfekt inszeniert, mindestens sich selbst? Schlingensief: Ich habe ein Talent, sehr gut zu diagnostizieren. Ich habe bei Freunden alles Mögliche, bis hin zum Pfeifferschen Drüsenfieber, richtig erkannt, auch wenn Ärzte das zunächst übersehen haben. Krankheitsbilder lesen, das kann ich. Ich würde das aber als Arzt wahrscheinlich so falsch bekämpfen, dass der Patient dann an was anderem sterben würde. Ach, eigentlich gibt es nichts, was ich wirklich gut kann. Und die Leute merken das auch, die sind sich nicht sicher. Teilweise ist es ja auch so, dass gerade in dieser Medieninstallation ... Stuckrad-Barre: Ui, die Medien. Was dir gerade beispiellos gelingt, ist eine Verwässerung der Grenze zwischen Kunst und Realität. Das fing an mit der „Bahnhofsmission“ in Hamburg ... Schlingensief: Das war schon bei der Documenta so, bei meiner Verhaftung nach dem vermeintlichen „Mordaufruf“ gegen Kohl. Ach ja, alle finden uns klasse, aber Geld gibt keiner, außer Joop. Wir sitzen da jetzt mit minus 70.000! Stuckrad-Barre: Wer wird das Konto am Ende ausgleichen? Schlingensief: Ich bin der Vorsitzende und für die ganze Sache haftbar. Es steckt auch schon Geld von mir drin. Bei meiner gewachsenen Bekanntheit ist ja das Problem, dass das nicht gleichzeitig mehr Geld für mich bedeutet. Man hat mir zwar Werbung angeboten für Hustenschleimlöser, was ich toll fand –„letzte Chance für meine Bronchien“ oder so. Aber das hat dann der Konzern doch bleiben lassen, weil sie mittels einer Umfrage rausgekriegt hatten, dass ich „inzwischen zu politisch“ bin. Dann gibt es noch „NIL“-Zigaretten, aber das ist dann so im Stile Leander Haußmann, das ist dann nicht so doll. Aber wenn die akzeptieren, dass ich mit einer Gasmaske dastehe, fotografiert von Jim Rakete, und Werner Brecht sitzt vor mir und raucht und hat Asche auf dem Bauch, dann mal gucken. Wenn die dann unser Konto ausgleichen und mit dem Foto werben, da bin ich dabei. Aber die wollen eher „was Verrücktes, was Witziges“, und das ist natürlich nix. Stuckrad-Barre: Können da nicht die Vereinsmitglieder Biolek und Joop einspringen? Schlingensief: Biolek ist für meine Eltern, die immer noch für mich eine wichtige Rolle spielen, ein seriöser älterer Herr, der wahrscheinlich homosexuell ist, das haben sie mal gehört. Der will natürlich nichts mit einer Partei zu tun haben, sondern nur mit dem Verein, was okay ist, aber richtig Geld hat er noch nicht überwiesen. Und der Joop ist halt terroristisch veranlagt, der hat als einziger richtig Geld reingesteckt. Der will auch wirklich was. Am besten ist er eigentlich, wenn er gar nicht unbedingt den Ehrgeiz hat, alles zu verstehen. Er hat einfach Spaß an dem Prozess teilzunehmen, denn er sieht es im Grunde auch so, dass er eigentlich Helmut Kohl ist. Stuckrad-Barre: Joop ist Kohl? Schlingensief: Ja, auch Joop hat sehr viel geschafft, hat Geld ohne Ende, aber er hat nicht unbedingt dieses Gefühl von Glück oder auch nur Teilhabe, Reibung. Der kann (reißt ein leeres Schnapsglas vom Tisch) dieses Glas nehmen, „Joop!“ draufschreiben, schon kostet das Glas 85 Mark oder so. Aber das wäre es halt nicht. Mit Joop ist es alles sehr indifferent, manchmal frage ich mich auch, was macht der denn nun schon wieder, was hat der schon für ’ne Scheiße gelabert: Die Models sollen in den Bundestag einziehen, die Süßmuth soll eine Briefmarke rausbringen, damit sie endlich auch mal von hinten geleckt wird, solche Sätze sagt er, aber ich finde diesen Moment klasse, wo einfach was passiert. Und die Super-Prominenten sind sehr wichtig. „Wolfgang Joop sagt: „Arbeitslosigkeit muß als Beruf anerkannt werden – weg mit den Politikern.“ Irre. Da bleiben alle stehen. Wir brüllen ja alles mögliche durchs Megafon. Stuckrad-Barre: Das ist dann also wieder gaga. Schlingensief: Irritation, und einfach nur die Tatsache, dass wir die Unterschriften brauchen. Jedes Mittel ist dazu recht. Natürlich gibt es auch bei uns schon Gruppierungen, die dann anfangen zu diskutieren und lange rumzureden. Sich selbst verschanzen und Fluchtmodelle entwerfen, Rechtfertigung für die eigene Lahmarschigkeit. Da habe ich keine Lust zu, das bringt mir nichts. Stuckrad-Barre: Gerhard Schröder sagt, und nach der WM sagen es auch alle Fußballfans: Das Land will den Wechsel. Sind G. Schröder und G. Netzer, womöglich G. Horn gar, der Wechsel? Schlingensief: Nein, Schröder ist ja eigentlich noch schlimmer als Kohl. Der redet nämlich plötzlich so superchip. Der ist nur auf der Suche nach dem Superchip, und der Superchip, der macht das dann. Bis zum Superchip ist alles Innovation. Und das ist eine völlige Fehlinterpretation von Innovation. Innovation heißt Wurschteln. Natürlich würde ich gerne Jack Lang von Deutschland werden, da würde ich natürlich auch reihenweise Theater schließen. In jeder Stadt gäbe es zwar weiterhin ein Theater nach alter Schule mit schöner Sprechausbildung und dass auch der Kostümnäher genug zu tun hat, aber das richtige Geld würde ich in Innovationsbühnen stecken. Meinetwegen acht Bühnen pro Haus mit acht Einaktern pro Abend, warum nicht? Das ist schon inflationär, klar, aber immerhin tausendmal wertvoller als diese ganze Täuschung. Irritation ist die Wahrheit. Stuckrad-Barre: Und Schröders Wechselwahn ist bloß die Illusion von Bewegung? Schlingensief: Ja, ich unterstütze natürlich Kohl. Denn der Vorteil dabei ist: Die Leute sollen es gefälligst selber mal wollen, mal bewusst den Abgrund angucken oder über ihre Krankheit sprechen, nicht immer auf wen anders übertragen, auf einen Superchip oder so. Wir brauchen jetzt ein Bild des totalen Stillstandes in Deutschland. Eine stillstehende Bundesrepublik. Wo plötzlich am Wahlabend 0,05% nur noch die FDP gewählt haben. Und da stehen dann die Politiker und werden ganz hibbelig und fragen immer, wo denn die Prozente bleiben. Die kommen aber nicht mehr, warum geht denn die-se Säule nicht hoch, keine Sitze, was ist da los – das wäre das Beste, sich auseinandersetzen mit der Frage: was nun? Stuckrad-Barre: Du bist 37 Jahre alt. Kannst du dich nach nun 16 Jahren Kohl an Helmut Schmidt erinnern? Schlingensief: Bei Schmidt kann ich mich immer nur an extremen Hyperernst und Seriosität erinnern. Und wie er einmal bei Wolfgang Korruhn im Fernsehen saß und Korruhn ihn immer fragte, ob er sich denn auch immer im Griff habe, nie ausraste, sich gar nicht verändert habe durch das Amt – und da hat Schmidt immer nur geschnupft und gesagt, alles bestens, da könne der Korruhn alle fragen, Königin Elisabeth und den Papst, die könnten das alle bestätigen, alles im Griff, keine Veränderung, volle Kontrolle. Da dachte ich, das sei eine Satire, aber es war schon ernst. Stuckrad-Barre: Aha. Und nun der direkte Vergleich ... Schlingensief: Bei Kohl haben wir ja eine Deformation, die als Krankheitsbild tatsächlich schon Blasen wirft. Ich finde schon, dass wir einen Bundeskanzler haben, der unsere Krankheit sehr gut darstellt, von daher ist das kein schlechtes theatralisches Element, das Kostüm stimmt, und das ist ja schon mal viel wert. Schröders Kostüm, das er für den Superchip braucht, ist noch nicht so hundertprozentig, und die Köpf passt da gleich gar nicht. Stuckrad-Barre: Chance 2000 ist C. Schlingensief – ziemliche Ämterhäufung. Aber manchmal hat man das Gefühl, du reißt Projekte nur an, schlägst Schneisen, die andere dann bewässern sollen. Schlingensief: Ich bin zwar stolz auf diese Partei, die ich nun mal gegründet habe, aber ich bin nicht so mit der geschwollenen Brust unterwegs, ich bin eher so ein Leptosome. Stuckrad-Barre: Also ein dünnes Hemd. Schlingensief: Genau. Aber voll bei der Sache. Stuckrad-Barre: Du willst in die Grenzbereiche. Heulen auf der Bühne, sich spüren, sich bemerkbar machen, „Mehr Emotion“ war ein Schlachtruf. Die Leute bei Meiser und Arabella — spüren die sich? Immerhin sind diese Sendungen ein Forum für viele, eigentlich auch eine Art Chance 2000. Schlingensief: Aber der Moderator ist fehl am Platze. Oder er muss so debil sein, so asynchron ... Stuckrad-Barre: Wie du es probiert hast in „Talk 2000“? Schlingensief: Meinetwegen – einfach auch mal heulen, aufstehen, weggehen, nichts sagen. So wie der zweite Bundestag, den ich auf jeden Fall fordere. Auf der einen Seite sind da alle Darsteller, Politiker und machen da einen am Pult klar, und versuchen darzustellen, was ja eigentlich gar nicht da ist, beschimpfen sich und so, meinetwegen. Aber man braucht eben den zweiten Bundestag – für das Volk. Das wird parallel live übertragen, auf 150 Kanälen von Leo Kirch vielleicht. Da gibt es weder Moderation noch Organisation, da kommt man einfach hin, kann da auch essen, da gibt es auch zehn Mikrofone, und da gibt es einfach einen Blick in die Wahrheit. Die Moderatoren machen ja die Sendungen kaputt, das ist so traurig und langweilig. Und Täuschung – aber nicht Aufklärung, das ist einfach gar nichts, null, null, null. Stuckrad-Barre: Genau wie Musicals. Aber da gehen die Leute hin, und zwar ohne masochistischen „Heute mal Kultur“-Zwang, das ist ein Bedürfnis. Somit eventuell ein gutes Medium, Leute zu erreichen, oder? Schlingensief: Man erreicht ja die Leute da auch nicht. Du erreichst sie nur, wenn du im Flugzeug eine Lautsprecherdurchsage machst: „Die Triebwerke sind ausgefallen, das war’s.“ Dann rasen wir einfach mal fünf Minuten nach unten, und in den fünf Minuten passiert es. Danach kann man ja auch wieder anschalten und schön landen, aber dieser kurze Moment, der ist es. Mich reizt das Ende der vorgetäuschten Kontrolle: Eine Busreise, die Leute steigen ein, und mit denen fährt man in den Wald, erzählt ihnen irgendwas, und um halb drei nachts sitzen sie plötzlich im Wald, kommen nicht mehr zum Hotel, und ich erzähle immer noch irgendwas durchs Mikrofon (lacht sich kaputt). Das sind die Momente, die mir eine Peinlichkeit einräumen, in denen ich auch Angst kriege. Die Haftung plötzlich. Wann setzt die ein? Stuckrad-Barre: Ist die Love Parade eine politische Veranstaltung? Schlingensief: Weiß nicht. Mir ist nur aufgefallen, dass in der Stadt ganz viele Leute vom Dorf waren. Stuckrad-Barre: Mobilisiert eine Masse, gebt ihr eine Stimme, macht gute Stimmung – klingt nach G. Horn, trifft aber auch auf Schlingensief zu. Der freiwillige Rückzug ins Private ist aber bei Horn ja ein reaktionärer Akt. Schlingensief: Die „Bunte“ hat mich gefragt, ob Guildo Horn gesellschaftsfähig ist. Da habe ich gesagt: „Es kommt immer ganz auf die Anstalt an.“ Aber die Anstalt ist unergiebig. Für mich ist es ja wichtig, dass die Leute nicht nur sagen, wir haben einen tollen Abend gehabt und alle gesungen und der auf der Bühne hat sich ausgezogen, das fände ich grauenhaft. Mein Wahlversprechen ist auch nur, dass ich die Menschen bitterlich enttäuschen werde, das sage ich allen. Das beste Programm bist du selbst. Und Chance 2000 als angst- freie Projektionsfläche ist natürlich auf Angst gebaut: Angst, sich zu äußern, Angst, kritisiert zu werden und so weiter. Aber man macht’s trotzdem ... Stuckrad-Barre: Und die Leute projizieren also allerlei in dich, den Parteivorsitzenden, den Anführer, hinein – Sehnsucht nach ... Schlingensief: ... nach einer Lösung, klar. Wenn ich sage: „Kommt, wir gehen alle da hin“, und alle kommen mit, dann rufe ich aber schnell: „Haha, da wo wir jetzt alle hinlaufen, da geht aber gleich eine Bombe los!“ Und dann rast keiner mehr. Das sabotiere ich also, allerdings nicht pädagogisch, sondern einfach für mich als Erkenntnisprozess. Ich sage, ich gehe einen Weg, und den kann man mitgehen, aber ich fordere alle auf, ihn jederzeit zu unterbrechen. Stuckrad-Barre: Du übernimmst keine Verantwortung? Schlingensief: Für mich total. Aber für andere? Ich werde einen Teufel tun. Beispiel Wolfgangsee: Ich habe kein Geld, da hinterher ein Klärwerk hinzubauen oder für eine Million Müllmänner nach dem großen Badespaß. Da kann jeder für sich hinfahren. Und ich werde auch da sein, natürlich. Außerdem hat ein Parteimitglied ausgerechnet, dass selbst sechs Millionen Arbeitslose nicht ausreichten, um den Pegel um zwei Meter ansteigen zu lassen. Da bräuchte man noch ziemlich genau 60 Millionen Arbeitslose aus Russland, aber dann auch 100 Millionen Schnorchel, damit die Arbeitslosen, die unten stehen, nicht ertrinken. Stuckrad-Barre: Das hat der also ausgerechnet. Schlingensief: Aufs Komma, unter Einbeziehung der Durchschnittstemperatur Anfang August. Stuckrad-Barre: Ist Radikalität 1998 eventuell: unzynisch sein? Schlingensief: Zynismus ist natürlich auch eine Krankheit, nämlich Desinteresse an allem. Es ist schon sehr anstrengend, heutzutage nicht zynisch zu sein. Aber manchmal muss man es auch sein, damit man noch halbwegs alles abarbeiten kann und es loswird. Stuckrad-Barre: Du hast für „ZAK“ gearbeitet, für die Zeitschrift „Mode und Verzweiflung“ mit Thomas Meinecke, für das Theater, hast sogenannte Underground-Filme gedreht – alles Formen der außerparlamentarischen Opposition. Und jetzt willst du mittenrein. Hat alles andere nichts genützt? Schlingensief: Man war einfach in einem eng abgesteckten Bereich, in dem man wunderbar so tun konnte, als würde man sich für die Welt interessieren. Das ist aber eine schlechte Therapieveranstaltung: Jetzt kommt wieder ein Stück von dem und dann kommt wieder der – als würde man immer dieselben Medikamente verabreichen. Die Entmündigung ist einfach langweilig. Stuckrad-Barre: Bei der „Lindenstraße“ hast du mal als Aufnahmeleiter gearbeitet. Der WDR hält diese Serie für politisch hochgradig wirkungsvoll, weil da Müll getrennt wird, Nazis doof gefunden werden, Homosexuelle aber nicht, und sogar mal das Licht ausgeschaltet wurde gegen Atomstrom. Wenn ich jetzt deine Definition richtig verstanden habe, ist die „Lindenstraße“ nichts weiter als schlecht getarnte Bewahrung von System 1. Schlingensief: „Lindenstraße“ ist das Letzte. Ich habe das gehasst. Und Geißendörfer, das Arschloch, hat, wenn in der Kantine einer mal erzählt hat, er kenne einen Ausländer, der aber wirklich ein Schwein sei, dann kriegte also dieser Sozialdemokrat gleich ’nen Anfall, und sein Hundetuch ist fast verbrannt am Hals. Stuckrad-Barre: Dein Vater ist blind. Der sieht also nicht, dass du eigentlich nett ausschaust ... Schlingensief: Mein Vater hat große Traurigkeit in sich und hält mich dann mal unter eine Lampe, und dann dreht er mich, kann aber trotzdem nix sehen. Er ist verzweifelt. Aber meine Eltern haben sich immer gegenseitig beschützt. Mein Vater hat meiner Mutter von meinen Filmen immer nur die Landschaftsaufnahmen gezeigt. Stuckrad-Barre: Bei der Premiere deines zweiten Films hast du Angstblocker geschluckt. Ist das zu empfehlen fürs ganze Land? Schlingensief: Komischerweise macht man dann nichts mehr, man nimmt es und ist zufrieden, aber passiv. Ins Trinkwasser muss etwas anderes, etwas, das den Stuhl blutig macht, und Ärzte, die sagen, Sie haben nur noch 24 Stunden, machen Sie jetzt, was Sie wollen. Blut in den Stuhl und die Ärzte aufstacheln, das wäre gut.
WELT
Zur 200. Ausgabe die besten Texte aus dem "Rolling Stone": Hier ein Gespräch zwischen Benjamin von Stuckrad-Barre und Christoph Schlingensief von 1998.
Kultur
2011-05-26T08:06:11Z
2015-10-03T17:31:44Z
"Also stirbst du bald?" – "Ja, ich bin kurz davor."
https://www.welt.de//kultur/article13391629/Also-stirbst-du-bald-Ja-ich-bin-kurz-davor.html
Kolumne „Autonom“: Mercedes und der Ärger mit den Sternen
Was ich am Autogeschäft wirklich liebe, ist die Tatsache, dass es letztlich gar nicht um Technik geht. Ja, die Ingenieure machen unfassbar viel, man kann die Autos verschiedener Marken gut anhand ihrer technischen Lösungen auseinanderhalten, und das allgemeine Niveau ist durch das jahrzehntelange Konkurrieren enorm hoch. Aber am Ende zählen zwei Dinge: Preis und Image. Das Interessante ist: Sie zählen für beide Seiten, für Kunden und Anbieter. Ich erinnere mich gut an die allererste Präsentation des VW Phaeton. Da sprach eine Verantwortliche aus dem Marketing und sagte öffentlich vor allen Gästen, was dem Unternehmen bei dem Auto auch wichtig sei: „die Ausweitung der Ergebnisspielräume“. Später beim Essen saß ich neben ihr und meinte, sie hätte ja auch einfach „mehr Kohle machen“ sagen können. Sie stutzte erst, aber dann hatten wir noch einen entspannten Abend bei Tisch. Zetsche machte das Wort „premium“ populär Oder als der Audi A3 vorgestellt wurde. Wörtlich bekomme ich es nicht mehr hin, aber es war wieder jemand aus dem Marketing, der (diesmal in kleinerer Runde) erklärte, man wolle bei dem Wagen für 500 Euro mehr Technik bieten als im Schwestermodell VW Golf (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/vw-golf/) und dafür einen 1000 Euro höheren Preis erzielen. Damals dämmerte mir zum ersten Mal, was dieses ominöse Wort „premium“ bedeutet, das übrigens Dieter Zetsche aufgebracht hat. Als der heutige Daimler-Boss noch Vertriebsvorstand der Mercedes-Benz AG war, gab er einer Autozeitschrift ein Interview. Und konfrontiert mit den hohen Preisen seiner Marke sagte er, es werde „immer das Premium für den Stern“ geben. Mag sein, dass „premium“ im Marketingsprech schon seit jeher Verwendung fand – als Zusammenfassung für: gute Qualität, hohes Image, hoher Preis. Aber erst seit Zetsches Einlassung erhielt die Vokabel (man kann sie als Substantiv und Adjektiv einsetzen) Zutritt zum normalen Sprachgebrauch. Das Wort markiert ein hohes Ziel, und wer hoch strebt, kann auch tief fallen. Diesen Zusammenhang testete ausgerechnet Mercedes selbst, als 1997 die damals neue A-Klasse beim Elchtest kippte. Das „Premium für den Stern“ behielt dennoch seine Wirkung, auch weil die Daimler-Führung nach kurzer Verwirrung professionell reagierte. Man nahm das Auto vom Markt, stimmte das Fahrwerk neu ab (unter anderem mit nun serienmäßigem ESP) und brachte die A-Klasse später neu heraus. Was bedeutet „Das Beste oder nichts“? Den Premium-Anspruch hält Mercedes mittlerweile nicht mehr alleine aufrecht, zumindest findet das seltsame Wort heutzutage weiträumig Verwendung, selbst auf Wolfsburger Fluren kann man es schon vernehmen. In Stuttgart hat man sich daher etwas Neues ausgedacht, was dasselbe bedeutet, aber verständlicher ist: „Das Beste oder nichts“, heißt es nun in Anzeigen und Prospekten, und auch darin ist die zarte Andeutung enthalten, dass es dann wohl nicht billig werde. Macht ja nichts, solange mein Auto besser ist als das des Nachbarn, kann ich auch mehr dafür zahlen. Und wenn jeder weiß, dass ich das kann (weil jeder weiß, was sich hinter dem Mercedes-Stern verbirgt), dann schadet das auch nicht. Jetzt kennt jeder den Renault-Hintergrund Genau diesen Mechanismus macht man mit einem Drei-von-fünf-Sterne-Ergebnis beim Crashtest (verlinkt auf /motor/article115576938/Nur-drei-Sterne-beim-Crashtest-fuer-Mercedes-Citan.html) kaputt. Hinzu kommt, dass spätestens jetzt jeder weiß, dass hinter dem Sternen-Gesicht des Kleintransporters Mercedes Citan ein Renault Kangoo steckt. Ahnen konnte man es schon beim Design (das kaum Bezug zur aktuellen Mercedes-Gestaltungslinie hat), aber jetzt ist man eben sicher. Das Beste oder nichts? Man tritt der Firma Renault und dem knuffigen Kangoo nicht zu nahe, wenn man einwendet, der Slogan sollte in diesem Fall eher „Besser als gar nichts“ heißen. So kann man ja auch Autos verkaufen. Aber kein Image. Kennen Sie schon BigBlog (verlinkt auf http://bigblog.welt.de) ? Das ist das neue Auto-Blog von "Welt"-Reporter Stefan Anker. Außerdem twittert er regelmäßig spontane Autonews und Beobachtungen aus Auto- und Testalltag und freut sich, wenn Sie hier (verlinkt auf http://twitter.com/StefanAnker) klicken und ihm folgen. Oder Sie schauen auf seiner Facebook-Seite (verlinkt auf http://www.facebook.de/stefan.anker.75) vorbei.
Stefan Anker
Versagen beim Crashtest? Die Formulierung ist bei drei von fünf Sternen vielleicht etwas hoch gegriffen. Doch da der eigene Anspruch ist, „das Beste oder nichts“ abzuliefern, hat Mercedes ein Problem.
Motor
2013-05-04T10:38:48Z
2015-10-06T06:04:43Z
Mercedes und der Ärger mit den Sternen
https://www.welt.de//motor/article115875978/Mercedes-und-der-Aerger-mit-den-Sternen.html
Umfrage:  Hälfte der Thüringer unzufrieden mit Rot-Rot-Grün
Erfurt (dpa/th) - Die rot-rot-grüne Landesregierung spaltet die Thüringer. Jeder Zweite im Land ist mit der Arbeit der rot-rot-grünen Landesregierung unzufrieden, wie aus einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage von infratest dimap im Auftrag des MDR hervorgeht. Demnach gaben 50 Prozent der Befragten an, mit der Arbeit der Landesregierung weniger oder gar nicht zufrieden zu sein. 47 Prozent erklärten hingegen, sie seien zufrieden oder sehr zufrieden. Befragt wurden vom 12. bis 17. Juni 1000 Menschen in Thüringen. Bei der Sonntagsfrage hätte die rot-rot-grüne Koalition keine Mehrheit im Thüringer Landtag. Mit zusammen 42 Prozent läge sie deutlich unter ihrem Ergebnis der Landtagswahl vor drei Jahren, bei der die drei Parteien zusammen 46 Prozent der Stimmen erhielten. Stärkste Partei in Thüringen wäre laut Umfrage weiterhin die CDU mit 37 Prozent der Stimmen. Sie verbesserte sich im Vergleich zur November-Umfrage um 5 Prozentpunkte, liegt aber deutlich unter ihrem Wert in der jüngsten Umfrage zur Bundestagswahl (43 Prozent). Zweitstärkste Partei in Thüringen bleibt die Linke mit 27 Prozent - im Vergleich zur letzten Erhebung ein Plus von 4 Prozentpunkten. Deutlich besser ist der Wert auch im Vergleich zur jüngsten Umfrage zur Bundestagswahl, wo die Linke auf nur 20 Prozent kam. Ihre Koalitionspartner SPD und Grüne verlieren jedoch: Die Sozialdemokraten kommen auf 10 Prozent (minus 2 Prozentpunkte) - der niedrigste, jemals für die SPD Thüringen ermittelte Wert. Die Grünen sind mit 5 Prozentpunkten (minus 1) knapp im Landtag. Deutlich an Zustimmung verliert die AfD mit 13 Prozent (minus 8). Die FDP wäre mit 4 Prozent (plus 1) weiterhin nicht im Landtag vertreten.
WELT
 Hälfte der Thüringer unzufrieden mit Rot-Rot-Grün
Regionales
Thüringen
2017-06-22T07:39:35Z
2017-06-22T07:52:01Z
 Hälfte der Thüringer unzufrieden mit Rot-Rot-Grün
https://www.welt.de//regionales/thueringen/article165809422/Haelfte-der-Thueringer-unzufrieden-mit-Rot-Rot-Gruen.html
UK Celebrity: Robbie Williams offered 1.5 million for half-hour show
A music festival in Norway has offered Robbie Williams no less that 1.5 million pounds (3 million USD) to play a half-hour set. This works out as 50,000 pounds for 1 minute of Mr.Williams' precious time. However, the famous ufologist plans to turn the offer down! Apparently he is unsure about the whole thing as has vowed to give up touring. A friend of the 'Angels' singer said: “It would probably be the easiest money he’ll make in his life but it’s touch and go whether he’ll say yes. We’ll have to wait and see.” A message posted on the 34-year-old's blog recently said he does not want to do live shows anymore because his last tour "nearly killed" him. He also wrote: “The more time I’m spending away from public life, the more I like it.” His last album, 2006's 'Rudebox' was a bit of a flop and Williams had previously threatened to withhold the next one due to a dispute with his record company, EMI. However, he has now confirmed that he will be releasing new material. He added: "There definitely won't be a tour anytime soon...I might put the B-sides to the next album out first online. Then put an album out in 2009 which means you won’t be seeing a lot of me on stage.” Back to English News Homepage (verlinkt auf /english-news)
WELT
British singer Robbie Williams has been offered 1.5 million pounds to play for half an hour as the head-lining act at a music festival in Norway.
English-news
2008-06-24T09:29:04Z
2012-11-29T16:42:21Z
Robbie Williams offered 1.5 million for half-hour show
https://www.welt.de//english-news/article2140065/Robbie-Williams-offered-1-5-million-for-half-hour-show.html
Statistisches Bundesamt: Staatsdefizit in ersten drei Quartalen 2023 deutlich gestiegen
Das Gesamtdefizit (verlinkt auf /politik/deutschland/article249170206/Schuldenberg-des-Staates-waechst-um-86-Milliarden-Euro.html) des deutschen Staats hat sich in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres auf 91,5 Milliarden Euro erhöht. Das waren 25,8 Milliarden Euro mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahrs 2022, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. Demnach nahmen Bund, Länder, Kommunen und die Sozialversicherung von Januar bis Ende September des vergangenen Jahres etwa 1,338 Billionen Euro ein, gaben jedoch rund 1,429 Billionen Euro aus. Laut Bundesamt ging das Finanzierungsdefizit gemäß der vierteljährlichen Kassenstatistik größtenteils zulasten des Bundeshaushalts, auf diesen entfielen allein 75,9 Milliarden Euro des Fehlbetrags. Beim Bund machten sich demnach insbesondere stark steigende Zinszahlungen für Staatsschulden bemerkbar. Dessen Zinslast in den ersten drei Quartalen des Jahres 2023 verdreifachte sich im Vorjahresvergleich fast auf 39,4 Milliarden Euro. Ein Defizit „in markanter Höhe“ verzeichneten nach Angaben der Statistiker aber auch Kommunen mit 11,4 Milliarden Euro und die Sozialversicherung mit 7,2 Milliarden Euro. Die Länder verbuchten in den ersten drei Quartalen demnach hingegen ein leichtes Plus von insgesamt etwa 3,1 Milliarden Euro. Strom- und Gaspreisbremse kosten Beim Bund schlagen neben den Zinslasten etwa die Energiehilfen wie die Strom- und Gaspreisbremse für private Haushalte und Unternehmen zu Buche, auch die Sozialversicherung (-7,2 Milliarden Euro) schrieb rote Zahlen. Lediglich die Bundesländer kamen zusammen auf Plus von 3,1 Milliarden Euro. „Beim Bund setzte sich der Trend stark gestiegener Zinsaufwände fort“, erklärten die Statistiker. „39,4 Milliarden Euro bedeuten fast dreimal mehr Zinszahlungen als im Vorjahreszeitraum.“ Grund dafür ist, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins im Kampf gegen die hohe Inflation auf 4,5 Prozent angehoben hat. Dadurch wird auch für die öffentliche Hand die Finanzierung teurer. Die Zinslast der Länder stieg ebenfalls, und zwar um 8,3 Prozent auf 7,7 Milliarden Euro. Die Zinsausgaben der Kommunen legte um 40,6 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro zu. Auf der anderen Seite haben sich die Zinseinnahmen bei Bund (9,3 Milliarden Euro), Ländern (1,9 Milliarden Euro) und Gemeinden (1,1 Milliarden Euro) in etwa verdoppelt, bei der Sozialversicherung sogar fast verachtfacht. Ein weiterer Grund für das Defizit ist, dass nun die Verbindlichkeiten der Verkehrsunternehmen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in die Berechnung einfließen. „Hintergrund dafür ist, dass zur Finanzierung des zum 1. Mai 2023 eingeführten Deutschlandtickets die rund 440 öffentlichen ÖPNV-Unternehmen Zuweisungen und Zuschüsse von Bund und Ländern erhalten“, so die Statistiker. „Dadurch finanzieren sie sich nicht mehr überwiegend durch ihre Umsatzerlöse und werden nach dem Konzept der Finanzstatistiken ausnahmslos als Extrahaushalte klassifiziert.“
WELT
Das Defizit Deutschlands ist in den ersten drei Quartalen um beinahe 40 Prozent gestiegen. Einer der Gründe: Steigenden Zahlungen für Zinsen. Der Bund musste fast dreimal mehr dafür aufwenden. Aber auch die Sozialversicherung und die Energiehilfen waren teuer.
Politik
Deutschland
2024-01-11T11:02:36Z
2024-01-11T11:02:36Z
Staatsdefizit in ersten drei Quartalen 2023 deutlich gestiegen
https://www.welt.de//politik/deutschland/article249470904/Statistisches-Bundesamt-Staatsdefizit-in-ersten-drei-Quartalen-2023-deutlich-gestiegen.html
Baden-Württemberg: „Beispiellose Klagewelle im Asylbereich“
Die Klagen gegen abgelehnte Asylbescheide stapeln sich einem Medienbericht zufolge in Baden-Württemberg. Bei den vier Verwaltungsgerichten im Land seien im ersten Halbjahr 2017 bereits fast 25.000 Klagen eingegangen, berichtete die „ Heilbronner Stimme (verlinkt auf http://www.stimme.de/) “. Im gesamten Jahr 2016 wurden 18.234 Klagen eingereicht. Allein in den ersten sechs Monaten stieg die Zahl damit um rund 37 Prozent. Die Zeitung beruft sich auf Angaben des Justizministeriums in Stuttgart. Justizminister Guido Wolf (CDU) sprach demnach von einer „beispiellosen Klagewelle im Asylbereich“. Wolf übte Kritik am zuständigen Bundesamt: „Die Herausforderung für unsere Verwaltungsgerichte gestaltet sich dabei umso größer, als die Mitwirkung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in den Asylprozessen durchaus zu wünschen übrig lässt“, sagte er der Zeitung. Es müsse möglichst schnell rechtsverbindlich geklärt werden, wer bleiben dürfe und wer in sein Heimatland zurückkehren müsse. „Da die dramatischen Eingangszahlen aber keinen weiteren Aufschub dulden, werden bereits jetzt weitere Richterstellen übergangsweise aus Pauschalmitteln finanziert.“ Auch Berlin beklagt sich über BAMF Schon der Berliner Senat hatte sich am Mittwoch über die Zusammenarbeit mit dem BAMF bei der Bearbeitung von Asylgerichtsverfahren beklagt (verlinkt auf /politik/deutschland/article167331001/Weit-davon-entfernt-was-wir-uns-in-einem-Rechtsstaat-wuenschen.html) . Die Senatoren für Justiz, Finanzen und Soziales warfen dem Bundesamt mangelnde Mitarbeit bei der gerichtlichen Überprüfung von Asylverfahren vor. Derzeit bearbeite das Verwaltungsgericht Berlin rund 13.000 Asylverfahren, hatte Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) gesagt. Das BAMF wirke jedoch bei der Bearbeitung der Prozesse nicht ausreichend mit. In aller Regel erschienen keine Vertreter des Bundesamtes vor Gericht, und Anfragen des Gerichts zu einzelnen Verfahren würden nicht beantwortet. „Wir sind weit davon entfernt, was wir uns in einem Rechtsstaat wünschen“, sagte Behrendt.
WELT
Die Asylverfahren stapeln sich: Die Zahl eingereichter Klagen stieg in Baden-Württemberg um fast 40 Prozent. Für Justizminister Guido Wolf hat das BAMF einen erheblichen Anteil daran.
Politik
Deutschland
2017-08-04T00:20:49Z
2017-08-04T07:21:48Z
„Beispiellose Klagewelle im Asylbereich“
https://www.welt.de//politik/deutschland/article167368436/Beispiellose-Klagewelle-im-Asylbereich.html
Fußball-WM 2014: Laut Soccer Power Index wird Deutschland nur Dritter
Nach 15 Tagen, 48 Spielen und 136 Toren ist die Gruppenphase der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien beendet. Die Achtelfinalpaarungen stehen fest, 16 Länder fiebern dem möglichen Viertelfinaleinzug entgegen. Die deutsche Nationalmannschaft trifft im Achtelfinale auf Algerien (verlinkt auf /sport/fussball/wm-2014/article129497351/Gijon-und-Deutschland-sind-nicht-vergessen.html) . Das nordafrikanische Team scheint von den 16 Mannschaften, die im Turnier weitergekommen sind, das schwächste zu sein. Deswegen sollte für die Männer von Joachim Löw (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/joachim-loew/) ein klarer Sieg herausspringen – sagen zumindest die Zahlen. Der ESPN Soccer Power Index (SPI) ist ein Bewertungssystem, das – anders als die Fifa-Weltrangliste – nach jedem Spiel aktualisiert wird, um die Spielstärke eines Teams bestmöglich darzustellen. Der SPI ist zukunftsorientiert und voraussagend. Er wurde entwickelt, um zu prognostizieren, welche Teams die größten Erfolgschancen haben. Die Erfolge der Vergangenheit fließen dabei nur in geringem Maße ein, stattdessen werden vor allem die jüngsten Resultate berücksichtigt. Viele Faktoren werden erfasst: Startelf-Aufstellung, Stärke des Gegners oder Heimvorteil, um nur einige Beispiele zu nennen. Die Wahrscheinlichkeiten beruhen auf 10.000 Simulationen. Ab dem Halbfinale sinken Chancen Laut SPI hat Deutschland eine 80-prozentige Chance, ins Viertelfinale zu kommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Algerien in die Runde der letzten Acht einzieht, liegt dementsprechend nur bei 20 Prozent. Die Grundlogik der Berechnung scheint ganz einfach zu sein. Wie stehen die Chancen ab dem Viertelfinale? Deutschlands mögliche Gegner im Viertelfinale wären Nigeria oder Frankreich. Nigerias Chancen auf einen Sieg gegen die Europäer liegen laut SPI bei nur 28 Prozent. Heißt: Mit 72-prozentiger Wahrscheinlichkeit kommt Frankreich weiter. Auch für den weiteren Turnierverlauf wurden durch SPI die Erfolgschancen ermittelt, wenngleich die genauen Viertelfinalpaarungen derzeit noch nicht feststehen. Kommt es zu einem Viertelfinalduell zwischen (verlinkt auf /sport/fussball/wm-2014/article129225873/WM-2014-Spielplan-amp-Tabellen-fuer-iPhones-amp-Co.html) Deutschland und dem Nachbarn Frankreich, wäre die DFB-Elf (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/deutsche-fussball-nationalmannschaft/) laut SPI der Favorit. Mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit würden sich die Deutschen durchsetzen, Frankreichs Chancen werden mit 37 Prozent beziffert. Kein allzu großer Unterschied, aber dennoch: SPI sieht die Deutschen vorn. Danach aber sinken die Chancen der Deutschen rapide. Ein Finaleinzug – also ein Sieg im Halbfinale – ist laut SPI nur zu 20 Prozent möglich. Und selbst wenn die Nationalelf doch ins Endspiel einziehen sollte, wird es wohl ähnlich ausgehen, wie 2002. Prophezeit zumindest SPI. Titelwahrscheinlichkeit: zwölf Prozent. Gastgeber erreichen Topwert Bessere Chancen werden Argentinien eingeräumt. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 17 Prozent landet der Weltmeisterpokal in den Händen von Lionel Messi (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/lionel-messi/) und Co. – dabei sind die Leistungen der Albiceleste bislang kaum eines WM-Mitfavoriten würdig. Titelfavorit Nummer eins ist jedoch Gastgeber Brasilien. Trotz einer nur wenig überzeugenden Gruppenphase, erreicht die Seleção den Topwert: Mit 36 Prozent verbleibt der WM-Pokal im Land des Ausrichters. Die Prognose von SPI spricht ebenso wenig für einen deutschen Erfolg wie die WM-Historie. Noch nie ist eine europäische Mannschaft auf dem amerikanischen Kontinent Weltmeister geworden. Der Heimvorteil spricht stark für einen Triumph der Südamerikaner.
Hecko Flores
Dass die Fifa-Weltrangliste den tatsächlichen Leistungsstand der Nationalteams widerspiegelt, darf bezweifelt werden. Der Soccer Power Index erlaubt genauere Prognosen. Auch für das deutsche Team.
Sport
Fußball
2014-06-28T08:55:30Z
2015-10-15T19:39:53Z
Laut Soccer Power Index wird Deutschland nur Dritter
https://www.welt.de//sport/fussball/wm-2014/article129553951/Laut-Soccer-Power-Index-wird-Deutschland-nur-Dritter.html
Niederlande: Masernepidemie fordert erstes Todesopfer
In den Niederlanden hat die seit fünf Monaten andauernde Masernepidemie ein erstes Todesopfer gefordert. In Tholen (Provinz Zeeland) starb eine 17-jährige Schülerin an Komplikationen infolge der Kinderkrankheit, berichtete die Tageszeitung „de Volkskrant“ in ihrer Online-Ausgabe. Die körperbehinderte Jugendliche habe aufgrund ihres Glaubens bewusst entschieden, sich trotz ihrer schwachen Gesundheit nicht impfen zu lassen, zitiert die Zeitung Direktor Govert Kamerik vom reformierten Calvin-Kolleg in Goes, das die Schülerin besuchte. In den niederländischen Regionen Zeeland und Overijssel, dem sogenannten Bibelgürtel, leben viele strenggläubige Protestanten, die aus Glaubensüberzeugung eine Impfung ablehnen. Die Schulleitung in Goes hat den Angaben zufolge zur Frage der Masernimpfung keine eindeutige Empfehlung ausgesprochen. Die Mehrzahl der Schüler sei geimpft. Eltern und Schüler würden auf diese Möglichkeit hingewiesen. „Aber wir respektieren auch diejenigen, die es nicht tun“, sagte Direktor Kamerik. Der Verzicht auf das Impfen erfolge nicht aus Gleichgültigkeit. Schüler und Lehrer zeigten sich schockiert vom Tod der Schülerin. Bereits bei der Masernepidemie im Jahr 2000 starb ein 17-jähriger Schüler des Kollegs. Seit Mai sind in den Niederlanden mehr als 2000 Infektionsfälle registriert worden. In den meisten Fällen handelt es sich um Kinder im Alter von vier bis zwölf, die nicht geimpft waren. Epidemie noch nicht ausgewütet „Die Epidemie hat sich noch nicht ausgewütet“, sagte ein Sprecher der niederländischen Gesundheitsbehörde. In den vergangenen beiden Wochen wurden 100 neue Infektionsfälle gemeldet. Premierminister Mark Rutte hatte im Juli reformierte Prediger aufgefordert, für die Masernimpfung zu werben. Mit seinem Appell löste der liberale Regierungschef allerdings Irritationen und Widerspruch bei strenggläubigen Protestanten aus. Politiker könnten kein Bibelverständnis vorschreiben, wies ein reformierter Pfarrer das Ansinnen zurück. Auch in Deutschland registrieren die Gesundheitsämter wieder eine steigende Zahl an Masernerkrankungen. Bis zum 1. September waren es laut Bundesgesundheitsministerium 1542 Fälle. 2012 gab es insgesamt 165 gemeldete Masernfälle. Steigende Zahl von Erkrankungen auch in Deutschland Als einziger wirksamer Schutz gilt die Impfung. Für Kinder werden zwei Impfungen gegen Masern (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/masern/) , Mumps (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/mumps/) und Röteln (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/roeteln/) zwischen dem 11. und 23. Lebensmonat empfohlen. Angesichts der steigenden Zahlen war bereits im Sommer über eine Impfpflicht diskutiert worden. Diese würde auch tödliche Spätfolgen vermeiden, deren Risiko höher ist als lange angenommen. Das hatten Forscher der Universität Würzburg (verlinkt auf http://www.uni-wuerzburg.de/) und des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ( LGL (verlinkt auf http://www.lgl.bayern.de/) ) herausgefunden. Noch Jahre nach einer überstandenen Masernerkrankung kann es demnach zu einer gefährlichen Entzündung des Gehirns kommen. Diese sogenannte sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) verläuft immer tödlich. Galt bislang die Annahme, dass diese Spätfolge in einem von 100.000 Fällen auftritt, berechneten die Forscher das Durchschnittsrisiko für Kinder unter fünf Jahren nun auf einen Wert von 1:3300. SSPE führt zu einem schleichenden Verlust aller geistigen Fähigkeiten und endet im Wachkoma, in dem die Betroffenen nach wenigen Monaten oder auch Jahren versterben. Eine Behandlung der Spätkomplikation ist bislang nicht möglich.
WELT
Binnen fünf Monaten sind in den Niederlanden rund 2000 Masernfälle registriert worden: Eine 17-jährige Schülerin kostete jetzt ihr strenger Glaube das Leben. Sie hatte sich nicht impfen lassen.
Gesundheit
2013-10-30T13:24:02Z
2015-09-29T11:48:55Z
Masernepidemie fordert erstes Todesopfer
https://www.welt.de//gesundheit/article121367195/Masernepidemie-fordert-erstes-Todesopfer.html
Tesla Motors Model 3: Der Hype ums Elektroauto ähnelt dem Apple-Kult
Den Zuhörern in Kalifornien stockt für einen Augenblick der Atem, als Elon Musk zum Ende seiner Rede kommt. „Wollt ihr das Auto jetzt sehen?“, fragt er. „Nun, das Problem ist, wir haben es heute nicht hier.“ Doch der Selfmade-Milliardär und Chef des Elektroautobauers Tesla löst den Scherz schnell auf. „Ich mache nur Spaß, irgendwo auf der Welt ist schließlich schon der 1. April.“ Und dann fahren sie eben doch auf die Bühne am frühen Freitagmorgen deutscher Zeit, am 1. April: die drei ersten Exemplare des lange erwarteten „Model 3“ von Tesla. Musk hat zuvor noch einmal die gesamte Geschichte des kalifornischen Autobauers erzählt, den „geheimen Masterplan“, wie er es nennt. Erst haben sie teure Luxusautos wie das Model S (verlinkt auf http://ps.welt.de/2015/12/02/der-grosse-irrtum-mit-dem-tesla/) und den SUV Model X gebaut. „Wir haben die Erlöse von Model S und Model X gebraucht, um das Model 3 entwickeln zu können“, sagt Musk. Jetzt sei der letzte Schritt seines Masterplans erreicht: „ein bezahlbares Massenmarktmodell“. Bescheidenheit ist nicht gerade die Stärke von Musk und Tesla. „Das ist wirklich wichtig für die Zukunft unseren Planeten“, sagt er. Tatsächlich soll auch der Volks-Tesla nun vor allem eines erreichen: Die Menschen für Elektromobilität (verlinkt auf /wirtschaft/article153758875/Mit-diesem-Trick-will-Tesla-das-E-Auto-revolutionieren.html) zu begeistern. „Das Basismodell schafft es von null auf 60 Meilen pro Stunde (knapp 100 km/h) in unter 6 Sekunden“, verspricht Musk. „Wir bei Tesla bauen keine langsamen Autos.“ Doch noch wichtiger als die Beschleunigung ist die Reichweite. Bislang haben sich die E-Autos vor allem deshalb nicht durchgesetzt, weil man sie zu schnell wieder an eine Steckdose hängen musste. Tesla hat das mit seinen anderen beiden Modellen geändert und auch das Model 3 soll mindestens 215 Meilen weit fahren können mit einer Batterieladung – das entspricht knapp 350 Kilometern. Model 3 entscheidet die Zukunft von Tesla Außerdem soll das Model 3 mit „Autopilot Hardware“ ausgestattet sein, um zumindest teilautonom fahren zu können. Viele Details bleiben an diesem Freitag allerdings noch offen. Fünf Personen sollen im Model 3 Platz haben, der Innenraum wird wie bei den anderen Modellen vom großen Bildschirm zwischen Fahrer und Beifahrer dominiert. Doch das Wichtigste am Model 3 ist der Preis. 35.000 Dollar soll es kosten (rund 31.000 Euro). Allerdings in der Basisversion, es geht auch beim Model 3 deutlich teurer. Doch auch ohne Zusatzoptionen werde das Auto natürlich fantastisch sein, verspricht Musk. Das muss es auch, denn vom Model 3 hängt für Tesla vieles ab – manche sagen sogar: alles. Bislang hat das Unternehmen noch nie Gewinn gemacht, das muss sich jetzt mit dem Vorstoß ins Massengeschäft ändern. „Das Model 3 ist für Tesla der Lackmustest, der über den mittel- und langfristigen Erfolg entscheiden wird“, sagt Experte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM). Zwar habe Tesla bislang alles richtig gemacht, indem man zunächst in der Oberklasse Elektroautos mit großen Reichweiten entwickelt habe, die nicht nur alltagstauglich sind, sondern auch große Begehrlichkeiten bei den Kunden geweckt haben. Doch jetzt gilt: „Aufgrund hoher Stückzahlen muss mit dem neuen Modell Geld verdient und nachhaltig die Profitzone erreicht werden“, sagt Bratzel. Entsprechend wurde der Hype um das neue Modell gezielt gefördert. Schon am Tag vor der Präsentation verschickte die Kommunikationsabteilung fleißig Fotos von Warteschlangen vor Tesla-Geschäften. Die Botschaft war klar: Die Begeisterung der Menschen für den neuen Tesla ist so groß, dass sie ihn sogar bestellen, ohne ihn überhaupt zu kennen. Tatsächlich gibt es einige, die bereits 1000 Euro bezahlt haben, um ganz oben auf der Warteliste zu stehen, wenn das Model 3 ausgeliefert wird. 115.000 Menschen haben weltweit in den ersten 24 Stunden bereits ein Model 3 bestellt und die Anzahlung geleistet, verkündet Musk stolz. 115.000 Menschen, die bei der Überweisung noch nicht wissen konnten, wie ihr künftiges Auto aussehen würde. Klar war nur, sie werden noch lange darauf warten müssen: Die Produktion soll 2017 beginnen, in Deutschland wird das Auto nicht vor 2018 ausgeliefert. Tesla spült bereits die Anzahlung schon jetzt mindestens 115 Millionen Dollar in die Kassen. Tesla kupfert fleißig von Apple ab Aufwendige Produktpräsentationen, Geheimnistuerei im Vorfeld und Fotos von Warteschlangen: Das Konzept ist nicht neu, sondern von Apple (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/apple/) abgekupfert. Aber es funktioniert. Tesla gelingt, woran die etablierten Autohersteller allesamt gescheiter sind: Die Amerikaner erzeugen Begeisterung für Elektroautos. Das steckt sogar einige Analysten an. Das neue Model 3 habe „das Potenzial, den Gesamtmarkt für Elektroautos dramatisch auszuweiten“, heißt es bei der Investmentbank Goldman Sachs (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/goldman-sachs/) vor der Präsentation. Bei der Schweizer Großbank UBS (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/ubs/) ist man da deutlich skeptischer. Der Start in den Massenmarkt 2017 könnte zu spät kommen, glauben die Analysten und empfehlen ihren Anlegern derzeit, die Tesla-Aktie zu verkaufen. Zwar erwarten auch die Banker, dass mit dem Model 3 eine breitere Kundenschicht angesprochen wird als mit den beiden Vorgängermodellen. Doch Tesla könnte „nicht der Erste auf der Party sein“, schreiben die UBS-Analysten. Chevrolet hat mit dem Bolt bereits ein ähnliches Modell angekündigt. Für 37.500 Dollar soll man ein Elektroauto mit etwa die gleiche Reichweite bekommen, wie sie auch Tesla mit dem Model 3 bieten will. In Deutschland soll das Fahrzeug als Opel Ampera e auf den Markt kommen. Auch einige andere Hersteller haben Konkurrenzmodelle angekündigt. Musk sieht das erwartungsgemäß gelassen: Tesla habe die E-Auto-Programme anderer Hersteller erst ausgelöst, sagt er. Auch Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen sieht Tesla differenziert. Die Amerikaner hätten zwar gezeigt, „dass man als Start-up der Branche wirklich einen innovativen Impuls geben kann“ und sei derzeit bei Autokäufern sehr angesagt. Aber: „Ob sich das für die Aktionäre langfristig auszahlt, weiß heute noch niemand“, sagt Dudenhöffer. Tesla sei heute auf jeden Fall „deutlich weiter, als alle vor drei Jahren vermutet haben“. Dudenhöffer glaubt, dass es Tesla gelingen wird, mit dem dritten Modell in die Mittelklasse vorzudringen. „Die Verkaufszahlen werden nach unserer Einschätzung deutlich besser sein als beim BMW (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bmw/) i3, denn das Preis-Leistung-Verhältnis spricht für den Tesla 3“, sagt er. Viele der angekündigten Konkurrenzmodelle würden zudem nur das Erfolgsrezept der Amerikaner kopieren. „Voller Stolz sprechen die Audis oder Porsches von Tesla-Jägern, dabei sind es Tesla-Imitate, die dort entwickelt werden“, sagt Dudenhöffer.
Philipp Vetter
Der Hype ist groß, der Druck auch: Tesla hat sein neues Elektroauto präsentiert, mit dem es den Massenmarkt erobern will. Viele Kunden zahlten schon, bevor sie wussten, wie es überhaupt aussieht.
Wirtschaft
2016-04-01T05:49:50Z
2017-07-15T00:36:14Z
Der Kult um Tesla ähnelt dem Apple-Hype
https://www.welt.de//wirtschaft/article153867635/Der-Kult-um-Tesla-aehnelt-dem-Apple-Hype.html
Luftfahrt: Richter schlägt wegen giftiger Kabinenluft Alarm
Zwei Seiten hatte die Mitteilung, die in dieser Woche auf den Schreibtischen der Chefs von British Airways (verlinkt auf http://www.britishairways.com/) und der britischen Luftaufsichtsbehörde CAA (verlinkt auf http://www.caa.co.uk/) landete. Doch das amtliche Papier könnte vieles verändern. In knappen und nüchternen Worten legt der Untersuchungsrichter und Leichenbeschauer Ihrer Majestät der Queen die Feststellungen von Sheriff Stanhope Payne aus der Provinz Dorset im Süden Englands dar – und fordert zum schnellen Handeln auf. Payne ermittelt seit 2012 akribisch die genauen Todesumstände des ehemaligen British-Airways-Piloten Richard Westgate. Der amtliche Leichenbeschauer mit der Bezeichnung Coroner, der nach britischem Recht im Range eines Untersuchungsrichters steht, ist besorgt über Erkenntnisse der Ermittlungen. Ganz unabhängig von den noch festzulegenden Todesursachen des Ende 2012 verstorbenen British-Airways-Piloten Westgate besteht seiner Meinung nach die Gefahr, dass es zu Todesfällen im Zusammenhang mit vergifteter Kabinenluft kommen kann, wenn nichts unternommen wird. Diese tödliche Gefahr bestünde gleichermaßen für Passagiere und Besatzungsmitglieder. Nach dem englischen Gesetz ist ein Coroner in solchen Fällen verpflichtet, gegenüber den Verantwortlichen eine amtliche Meldung zu machen und Abhilfe einzufordern. Streit geht seit Jahrzehnten Der Bericht könnte eine Wende in einem lang anhaltenden Streit bringen. Seit 20 Jahren behaupten Flugzeughersteller, Fluggesellschaften und Luftfahrtlobbyisten, dass die Atemluft an Bord völlig ungefährlich für die Insassen sei. Doch immer größer wird die Zahl von Betroffenen, meistens Flugbegleiter, Piloten und Vielflieger, die die Ursachen für ihre Erkrankungen und Symptome an ihrem Nervensystem auf giftige Öldämpfe aus den Triebwerken zurückführen. Bis heute gelangt die Atemluft in fast allen Flugzeugtypen – einzige Ausnahme bildet bisher die Boeing (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/boeing/) 787 – ungefiltert aus dem Triebwerk in die Kabine. Konstruktionsbedingt werden so aber auch geringe Mengen hocherhitzter Bestandteile von giftigen und gesundheitsschädlichen Chemikalien aus den Schmierstoffen in die Kabine geleitet und dort von den Insassen eingeatmet. Je nach genetischer Veranlagung kann das schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben, warnen Wissenschaftler und Mediziner. Fünf Feststellungen sind damit amtlich Sheriff Payne führt in seinem Schreiben vom 16. Februar fünf Punkte auf: 1. In der Kabinenluft befinden sich Organo-Phosphate, eine als Nervengift bekannte Gruppe von Chemikalien, die als Flammschutz und Weichmacher in Triebwerksölen verwendet werden. 2. Insassen von Flugzeugen werden diesen Chemikalien ausgesetzt, was zu Gesundheitsschäden führen kann. 3. Die gesundheitlichen Auswirkungen dieser Stoffe auf Piloten können – zum Beispiel bei einem Unfall – zum Tod der Insassen führen. 4. Bislang gibt es in Flugzeugen keine eingebauten Sensoren, die solche Giftstoffe in der Kabinenluft messen und davor warnen könnten. 5. Die genetischen Unterschiede hinsichtlich der Toleranz oder Intoleranz gegenüber der Exposition mit solchen Giftstoffen wurden bisher nicht ausreichend gewürdigt. Ab jetzt wird alles öffentlich Sowohl British Airways als auch die zuständige englische Luftaufsichtsbehörde wurden unter Fristsetzung bis zum 13. April aufgefordert, nun zu erklären, was sie wie und wann dagegen zu unternehmen gedenken. Aufgrund von Besonderheiten im britischen Recht ist das gesamte Verfahren von nun ab öffentlich. Ganz unabhängig von diesen Feststellungen wird es jetzt auch zu einer öffentlichen Verhandlung über die Feststellung der Todesursache des verstorbenen Piloten Westgate kommen. British Airways und die britische Luftaufsichtsbehörde wurden von Sheriff Payne mit gleicher Post in diesem Verfahren als Parteien benannt und aufgefordert mitzuteilen, wer sie bei dieser Gerichtsverhandlung vertreten wird. Damit stehen erstmalig neben der renommierten Fluggesellschaft auch die Verantwortlichen der für eine Airline zuständigen Aufsichtsbehörde in Sachen „Kabinenluft“ vor Gericht. Pilot überließ seinen Körper der Wissenschaft British Airways wollte sich zu dem Schreiben des Coroners konkret nicht äußern. Per E-Mail teilte das Unternehmen der „Welt“ dazu mit: „Die Sicherheit unserer Kunden und Besatzungen hat für British Airways größte Bedeutung und wird niemals aufs Spiel gesetzt werden." Der Airbus-Pilot Westgate wurde aus medizinischen Gründen 2011 flugdienstuntauglich. Er litt an einer Vielzahl von Symptomen, die, wie er vermutete, auf giftige Dämpfe in der Cockpitluft zurückzuführen seien. Da man ihm in Großbritannien nicht helfen konnte, begab er sich im Frühjahr 2012 nach Holland in die medizinisch-therapeutische Behandlung eines Spezialisten. Am 12. Dezember 2012 wurde der 43-jährige Westgate dann tot in seinem Hotelzimmer gefunden. Vor seinem Tod hatte Westgate seinen Körper der Wissenschaft vermacht, um das „aerotoxische Syndrom“ zu erforschen. So werden bereits seit 1999 von Toxikologen und Wissenschaftlern die unterschiedlichen Symptome bezeichnet, die besonders häufig unter Piloten und Stewardessen aufgetreten sind. Wissenschaftler hatten schon Schädigungen festgestellt Die forensisch-pathologischen Analysen an Gewebeproben aus dem Gehirn, dem Rückenmark und Nerven des Verstorbenen wurden von einem internationalen Team (verlinkt auf /wirtschaft/article130716987/Luft-im-Flugzeug-kann-Gehirnzellen-toeten.html) von Wissenschaftlern durchgeführt. Bereits im Sommer vergangenen Jahres haben die beteiligten Wissenschaftler erste Teilergebnisse in einer Studie publiziert. Danach litt Westgate an Symptomen, die vergleichbar sind mit einer gleichzeitigen Erkrankung durch eine Herzmuskelentzündung, Leukämie, multiple Sklerose und zusätzlich einer Arsen- und Insektizidvergiftung. Westgates Anwalt und Testamentsvollstrecker, der schottische Luftfahrt-Anwalt Frank Cannon aus Glasgow, begrüßt die deutlichen Worte von Sheriff Payne. „Es ist das erste Mal, dass ein unabhängiger Richter eine klare Stellung zu diesem Problem bezogen hat, nachdem er die Ergebnisse einer über zwei Jahre dauernden Untersuchung bewertet hat. Das ist ein wesentlicher Meilenstein, besonders auch für die vielen anderen Betroffenen, denen bisher vorgehalten wurde, ihre Krankheit und die Symptome seien nur eine Einbildung“, sagte Cannon der „Welt“. „Damit ist es amtlich, dass Insassen von Verkehrsflugzeugen solchen Nervengiften ausgesetzt werden. Ein Umstand, den die Luftfahrtindustrie und ihre Lobbygruppen bisher stets vehement abgestritten haben. Jetzt müssen sie handeln.“ Reaktionen auch in Deutschland Auch in Deutschland hat der Bericht des britischen Coroners Reaktionen ausgelöst. Die Pilotenvereinigung Cockpit (verlinkt auf http://www.vcockpit.de/) teilt die Besorgnis aus England. Ihr Sprecher Jörg Handwerg erklärte: „Unsere Befürchtungen bestätigen sich mit dieser Einschätzung.“ Die Hersteller müssten jetzt endlich reagieren. Seit sechs Jahren hat Cockpit vergeblich Maßnahmen eingefordert, darunter auch die Nachrüstung von Filtern und Sensoren und eine Abkehr vom bisherigen Luftversorgungssystem in Flugzeugen, die solche Vergiftungen überhaupt erst möglich machen würden. Stattdessen, so die Pilotenvereinigung, leugneten die großen Hersteller Boeing und Airbus immer noch, dass es ein überhaupt irgendein Problem gebe. Im Deutschen Bundestag setzt sich besonders der saarländische Abgeordnete Markus Tressel (verlinkt auf http://www.markus-tressel.de/) (Bündnis 90/die Grünen) für dieses Thema ein. Erst vor zwei Wochen hatte eine von seiner Fraktion gestellte Anfrage (verlinkt auf /politik/deutschland/article137222328/Airlines-gefaehrden-Passagiere-mit-giftigen-Daempfen.html) bei der Bundesregierung eröffnet, dass die Zahl der erfassten Vorfälle auf deutschen Flugzeugen in den letzten Jahren besorgniserregend angestiegen ist. Zum Handeln aufgefordert Genau wie der britische Coroner in England fordert Tressel die Verantwortlichen in Deutschland zum Handeln auf: „Wer hier jetzt weiter rumlaviert, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Der Coroner-Bericht lässt an Klarheit nichts vermissen. Auch die deutschen Behörden müssen jetzt ihre passive Abwartehaltung ablegen. Bundesverkehrsminister Dobrindt sollte sich schleunigst mit seinem EU-Kollegen im Ministerrat mit dem Thema Kabinenluft befassen.“ Bereits im Herbst 2011 hatten Tressel und seine Fraktion die Bundesregierung und die EU vergeblich aufgefordert, den Druck auf die Industrie zu erhöhen und zumindest Filter und Sensoren auf Flugzeugen gesetzlich vorzuschreiben sowie die Auswirkungen von kontaminierter Kabinenluft auf den Menschen zu untersuchen. Im Herbst 2012 wurde aber auch ein ähnlich lautender Antrag der SPD-Fraktion durch die Mehrheit der damaligen Regierungskoalition abgelehnt.
Tim van Beveren
Ein neuer Untersuchungsbericht aus Großbritannien stellt Nervengifte in der Kabinenluft von Flugzeugen fest. Ein Untersuchungsrichter befürchtet weitere Todesfälle – und fordert schnelle Maßnahmen.
Wirtschaft
2015-02-21T14:11:25Z
2015-10-16T07:40:08Z
Richter schlägt wegen giftiger Kabinenluft Alarm
https://www.welt.de//wirtschaft/article137693077/Richter-schlaegt-wegen-giftiger-Kabinenluft-Alarm.html
1. Quartal 2009: Bank of America verdoppelt ihren Gewinn
Die Bank of America hat zu Jahresanfang ihren Gewinn dank Anteilsverkäufen und einer Trendwende bei der Tochter Merrill Lynch auf 4,2 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt. Der US-Branchenprimus kämpft jedoch mit rasant steigenden Kreditausfällen: Er legte hierzu zusätzlich 6,4 Milliarden Dollar beiseite und erklärte, die Kreditqualität habe sich in allen Geschäftsfeldern verschlechtert. Das weltweite Kartengeschäft rutschte in die Verlustzone und verursachte ein Minus von 1,8 Milliarden Dollar. Die Aktien des Geldhauses büßten in einem schwachen Marktumfeld vorbörslich in New York sieben Prozent ihres Wertes ein. Analysten werteten die Geschäftszahlen dennoch in ersten Reaktionen überwiegend positiv. Zwar sei der Gewinn durch Einmaleffekte aufgebläht worden, aber die Zahlen signalisierten dennoch eine Genesung der Bank of America (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bank-of-america/) , hieß es. Zuletzt hatte die unerwartet zügige Geschäftserholung bei vielen Banken an den Börsen die Hoffnung auf ein Ende der Finanzkrise geschürt. Die Einnahmen der Bank of America stiegen den Angaben zufolge auf das Rekordniveau von 36 Milliarden Dollar. Die Investment-Tochter Merrill Lynch habe drei Milliarden Dollar zu dem Nettogewinn beigetragen. Zudem verbuchte das Geldhaus 1,9 Milliarden Dollar Gewinn aus dem Verkauf an Anteilen der China Construction Bank Corp. (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/china-construction-bank/) Die Rückstellungen für Kreditausfälle belaufen sich nach der Aufstockung mittlerweile auf insgesamt 13,4 Milliarden Dollar. Am Jahresende 2008 hatte die Bank of America erstmals seit mehr als zehn Jahren einen Verlust eingefahren. Vor allem die im Eilverfahren geschluckte Investmentbank Merrill Lynch hatte sich dabei als echtes Sorgenkind erwiesen. Die Übernahme wurde im September 2008 nach dem Kollaps von Lehman Brothers eingefädelt. Bereits vor einigen Tagen hatte die amerikanische Bank Wells Fargo die Investoren mit einem Quartalsrekordgewinn von drei Milliarden Dollar überrascht. Am Dienstag hatte dann Goldman Sachs (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/goldman-sachs/) mit einem Milliardengewinn nachgezogen. Für das erste Vierteljahr 2009 meldete das Institut einen Gewinn von 1,66 Milliarden Dollar. Diese beiden Geldhäuser sowie Morgan Stanley (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/morgan-stanley/) und auch JPMorgan Chase haben bereits angekündigt, dass sie die erhaltene Staatshilfe schnell zurückzahlen wollen. JPMorgan Chase hatte im vergangenen Jahr 25 Milliarden Dollar erhalten.
WELT
Noch eine gute Meldung aus der Bankenbranche: Die Bank of America überrascht mit einem Gewinnsprung auf 4,2 Milliarden Dollar. Damit reiht sie sich in eine lange Reihe von Kredithäusern ein, die die Krise langsam hinter sich lassen. Allerdings want die Bank of America auch vor Risiken.
Wirtschaft
2009-04-20T12:25:14Z
2015-09-01T11:13:58Z
Bank of America verdoppelt ihren Gewinn
https://www.welt.de//wirtschaft/article3588960/Bank-of-America-verdoppelt-ihren-Gewinn.html
Indonesien: Im Merapi-Vulkan rumort es gewaltig
Einer der gefährlichsten Vulkane der Welt, der Merapi in Indonesien, ist erwacht. Die Behörden fürchten einen verheerenden Ausbruch und haben die höchste Alarmstufe verhängt. Rund 40.000 Menschen im unmittelbaren Gefahrenkreis seien aufgerufen, ihre Häuser zu verlassen, sagte ein Vertreter des Vulkaninstituts in Yogyakarta auf der Insel Java. Der Merapi („Feuerberg“) liegt nahe der Millionenstadt in dicht besiedeltem Gebiet. An den Hängen sind bis auf fast 2000 Meter Höhe Dörfer. In der Nähe befindet sich auch die riesige Tempelanlage Borobudur, eine der Haupttouristenattraktionen auf Java. Die seismische Aktivität am Merapi hat nach Messungen des Instituts in den vergangenen Tagen deutlich zugenommen. Vom knapp 3000 Meter hohen Kraterrand fließt in südlicher und westlicher Richtung bereits ein Lavastrom rund vier Kilometer in die Tiefe. Der Vulkan dehnte sich aus, was auf eine erhebliche Gasproduktion im Innern des Kraters hindeutet. „Wir glauben, dass der Merapi mit einer Explosion ausbrechen wird, wie 1930, und nicht nur Gas in die Luft schleudert wie 2006“, sagte der Chef der Behörde für Vulkan- und Geologiekatastrophen, Surono, der Zeitung „Jakarta Globe“. Der Vulkan war zuletzt 2006 aktiv. Damals kamen zwei Menschen ums Leben. 1994 starben 66 Menschen bei einem Ausbruch. Die verheerendste Eruption der jüngeren Geschichte passierte 1930: Damals kamen 1370 Menschen um.
WELT
Aus dem Merapi fließt Lava. Es herrscht nun die höchste Alarmstufe. Experten rechnen mit einer verheerenden Explosion ähnlich der von 1930.
Vermischtes
Weltgeschehen
2010-10-25T11:12:07Z
2015-10-03T11:14:31Z
Im Merapi-Vulkan rumort es gewaltig
https://www.welt.de//vermischtes/weltgeschehen/article10525382/Im-Merapi-Vulkan-rumort-es-gewaltig.html
Wenig Insulin im Blut verlängert das Leben
Ein niedriger Insulinspiegel erhöht möglicherweise beim Menschen die Lebenserwartung, legen Experimente mit Taufliegen und anderen Tieren nahe, die das Fachmagazin "Science" in seiner aktuellen Ausgabe vorgestellt. Den Forschern war ein solcher Zusammenhang erstmals beim Fadenwurm Caenorhabditis elegans aufgefallen. Proteine regulieren seinen Alterungsprozess. Diese ähneln den Gliedern der Signalkette, über die das Insulin des Menschen Prozesse im Körper steuert. Verändern die Forscher diese Eiweiße in den Fadenwürmern, können sie deren Lebenserwartung zum Teil vervierfachen. Da in fast allen Tieren eine Reihe von Eiweißen vorkommt, lag ein Zusammenhang mit dem Alterungsprozess auch in anderen Organismen nahe. In der Taufliege Drosophila gibt es das Protein Chico, das sich ähnlich wie Insulin verhält und das an den gleichen Rezeptor wie Insulin bindet. Diese Empfangsantenne gibt das Signal an andere Eiweiße weiter. Verändern die Forscher Chico oder dessen Empfangsantennen, die dem Insulin-Rezeptor beim Menschen ähneln, verändert sich die Lebenserwartung der Taufliegen. Die Lebenserwartung steigt um rund die Hälfte, wenn die Bildung von Chico völlig unterbunden wird. Schränken die Forscher die Funktionsfähigkeit des Insulin-ähnlichen Rezeptors (InR) ein, steigt die Lebenserwartung bei den weiblichen Taufliegen um bis zu 85 Prozent. Die Funktionsunfähigkeit des InR schaltet ein Jugend-Hormon genanntes Eiweiß aus, das anscheinend einen direkten Einfluss auf die Lebenserwartung und die Fruchtbarkeit der Insekten hat. Normalerweise zirkuliert relativ viel Jugend-Hormon im Körper der weiblichen Taufliegen und sorgt für die Funktionsfähigkeit der Eierstöcke. Während des Winterschlafs der Tiere sinkt die Konzentration des Jugend-Hormons und damit die Aktivität der ohnehin zu dieser Zeit nicht benötigten Eierstöcke. Parallelen zum Jugend-Hormon finden die Forscher bei Mäusen. Setzen Veränderungen im Erbgut die Produktion der Wachstumshormone Prolactin und Thyroid-stimulierendes Hormon außer Gefecht, erreichen die Mäuse nie ihre normale Größe, haben leichtes Übergewicht und werden extrem alt. Vermutlich ist auch die Produktion des Hormons Thyroxin reduziert, das Ähnlichkeit mit dem Jugend-Hormon der Taufliege hat. Einen Zusammenhang zwischen Lebenserwartung und Insulin auch bei Säugetieren und beim Menschen legen zwei weitere Beobachtungen nahe: Das Wachstumshormon GH reguliert über den Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktor IGF die Körpergröße von Mäusen, Hunden und auch Menschen. Bei Mäusen und Hunden werden kleinere Tiere älter als ihre großen Artgenossen. Beim Menschen vermuten Epidemiologen ähnliche Zusammenhänge. Auch die durchschnittliche Kalorienaufnahme beeinflusst den Insulinspiegel im Blut. Nehmen Nagetiere sehr wenig Kalorien zu sich, verringert sich die Insulinkonzentration im Blut, die Lebenserwartung steigt. Einen ähnlichen Effekt vermuten Forscher auch bei Menschen, die relativ wenig essen. Allerdings ist dieses Hormon mit Sicherheit nur einer von vielen Faktoren, die bestimmen, wie alt ein Mensch tatsächlich wird.
Roland Knauer
Forscher untersuchen in Tierversuchen den Alterungsprozess - Hormone spielen eine wichtige Rolle
Print-welt
2001-04-05T22:00:00Z
2011-11-16T18:28:57Z
Wenig Insulin im Blut verlängert das Leben
https://www.welt.de//print-welt/article443876/Wenig-Insulin-im-Blut-verlaengert-das-Leben.html
Panama Papers: Banken rechtfertigen sich für Briefkastenfirmen
Die Bank als treuer Dienstleister in allen finanziellen Lebenslagen – auch oder gerade dann, wenn es um die Verschleierung von Vermögen und die Vermeidung von Steuern geht. Dies ist das Bild, das sich dem Fernsehzuschauer am Sonntagabend in der Sendung „Anne Will“ (verlinkt auf /vermischtes/article153958632/Geldwaescheskandal-betrifft-auch-deutsche-Banken-und-Siemens.html) bot. Dort machte Ex-„Spiegel“-Chefredakteur Georg Mascolo keinen Hehl daraus, dass auch deutsche Kreditinstitute ihren Kunden geholfen haben, über die Kanzlei Mossack Fonseca Briefkastenfirmen in Panama zu gründen. „Dieses Geschäft ist über viele Jahre von Banken vermittelt worden, auch von vielen deutschen Banken“, so Mascolo, der dem internationalen Recherchenetzwerk ICIJ angehört, das in den vergangenen Monaten Informationen aus einem gewaltigen Datenleck bei der Kanzlei in Panama ausgewertet hat (verlinkt auf http://www.sueddeutsche.de/thema/Panama_Papers) . Wenn man ihn frage, welche der deutschen Banken nicht dabei gewesen sei, müsste er lange nachdenken, ob ihm überhaupt eine einfalle. Aus den Unterlagen, die der „Süddeutschen Zeitung“ zugespielt wurden, (verlinkt auf http://panamapapers.sz.de/) gehe hervor, dass dies bis in die „jüngste Zeit“ reiche. Und dann nannte er zwei Namen: „Eine der Banken, die sich besonders hervorgetan hat – zu meinem großen Erstaunen – ist beispielsweise die Berenberg Bank in Hamburg gewesen. Auch die Deutsche Bank (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/deutsche-bank/) ist in den vergangenen Jahren dabei gewesen.“ Berenberg will Sorgfaltspflichten nachgekommen sein Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, (verlinkt auf http://www.sueddeutsche.de/politik/panama-papers-mehrere-tausend-deutsche-nutzten-briefkastenfirmen-von-mossack-fonseca-1.2933656) sollen mehr als 500 Banken beziehungsweise deren Töchter über die panamaische Kanzlei Mossack Fonseca für ihre Kunden mehr als 15.600 Briefkastenfirmen in Steueroasen registriert haben (verlinkt auf /wirtschaft/article153965932/Die-zehn-wichtigsten-Fragen-zum-Panama-Leak.html) . Allein die britische HSBC bringt es demnach auf 2300 solcher Briefkastenfirmen, auch die Crédit Suisse und die UBS (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/ubs/) aus der Schweiz, die Société Générale aus Frankreich und die isländische Landsbanki orderten angeblich jeweils Hunderte Briefkästen für ihre Kunden. Aus Deutschland sollen der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge mindestens 28 Banken die Dienste der Kanzlei in Anspruch genommen haben, darunter sechs der sieben größten Kreditinstitute. Allein die Deutsche Bank setzte bis zum Jahr 2007 mehr als 400 Offshore-Firmen auf, aber auch die Dresdner Bank, die Commerzbank (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/commerzbank/) und die BayernLB nutzten die Dienste von Mossack Fonseca. Die beteiligten Banken erklärten jedoch gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“, dass sie ihre Geschäftspolitik in den vergangenen Jahren geändert hätten. Bei Berenberg gibt man die Unterstützung der Kunden grundsätzlich zu. „Die Berenberg Bank (Schweiz)‎ AG führt wie viele andere Banken auch Konten für Offshoregesellschaften“, teilte das Traditionshaus in einer schriftlichen Stellungnahme mit. Dieses Geschäft stehe aber „selbstverständlich im Einklang mit den gesetzlichen Regelungen“, hieß es weiter. Die Bank komme ihren Sorgfaltspflichten nach, indem ihr nicht nur die wirtschaftlich Berechtigten der Briefkastenfirmen stets bekannt seien, sondern diese und die eingesetzten Bevollmächtigten täglich auf negative Einträge in speziellen Datenbanken hin überprüft würden. Auch Zahlungen kontrolliere die Bank ständig. Briefkastenfirmen nicht per se illegal Die Deutsche Bank bestätigte ebenfalls, Kunden bei der Vermittlung von Briefkastenfirmen im Ausland geholfen zu haben. Diese Geschäfte seien aber per se nicht gesetzwidrig. Und auch sonst sieht man kein Versäumnis. „Wir haben unsere Kundenannahmeverfahren verbessert, überprüfen, mit wem wir Geschäfte machen, und stellen sicher, dass unsere Richtlinien, Verfahren und Systeme so gestaltet sind, dass sie alle relevanten Gesetze und Regularien befolgen“, sagte ein Sprecher der Nachrichtenagentur dpa. Briefkastenfirmen im Ausland zu eröffnen ist in der Tat nicht illegal – jedoch das Verstecken von Einnahmen vor dem Finanzamt. Die Aussagen der Banken erinnern an die über Jahre bemühten Rechtfertigungsversuche Schweizer Banken, die darauf verwiesen, dass es Sache eines jeden Kunden sei, ob er das Finanzamt über sein Konto im Nachbarland informiere. Die Banken treffe keine Schuld. Diese Haltung änderte sich erst, als die Steuerbehörden in den Vereinigten Staaten mit dem Entzug der Lizenz für den wichtigen US-Markt drohten. Zumal: So selbstverständlich, wie Berenberg und die Deutsche Bank dies darstellen, ist das Geschäft mit Briefkastenfirmen heutzutage offenbar nicht mehr. Einige Institute bieten nach eigenen Angaben diese Dienstleistung nicht mehr an. Commerzbank und HVB zahlen Strafen Vor allem eine Großrazzia im Frühjahr 2015 bei der Commerzbank brachte die Verantwortlichen in vielen Führungsetagen zum Umdenken. Ermittler hatten der Commerzbank vorgeworfen, in der Vergangenheit Kunden geholfen zu haben, ihr Geld über Konten in Luxemburg und Briefkastenfirmen in Panama vor dem Fiskus zu verbergen. Die zweitgrößte Bank des Landes wurde zu Strafzahlungen von 17 Millionen Euro verdonnert. Das Verfahren sei eingestellt worden, sagte ein Commerzbank-Sprecher. „Das Thema ist für uns abgeschlossen.“ Ähnlich klingt es in München bei der HypoVereinsbank (HVB). Dort zahlte man im Vorjahr knapp 20 Millionen Euro. Die HSH Nordbank bereinigte die Angelegenheit gegen eine Zahlung von 22 Millionen Euro. Bei der DZ Privatbank, die das strittige Luxemburg-Geschäft der HVB vor sechs Jahren kaufte, geht man davon aus, alle Altlasten bereinigt zu haben. „Natürlich hat die DZ Privatbank im Rahmen von Übernahmen die Steuerkonformität von Kapitalgesellschaften überprüft“, teilte das Zentralinstitut der Volks- und Raiffeisenbanken mit. Man habe sich konsequent von Gesellschaften getrennt, die nicht die notwendige steuerliche Transparenz aufgezeigt hätten. Die DZ Bank selbst habe nie aktiv Kunden solche Briefkastenfirmen angeboten. Ganz ähnlich klingen die Stellungnahmen anderer klassischer Privatbanken, beispielsweise der Bethmann Bank („Wir machen in solchen Konstellationen gar nichts“), des Bankhauses Metzler („Wir haben da null Komma null“) oder bei Hauck & Aufhäuser („Wir sind nicht bei der Eröffnung von Briefkastenfirmen tätig“). Man darf gespannt sein, ob sich alle Aussage in den kommenden Tagen und Wochen halten lassen. Mascolo sagte am Sonntagabend: „Wenn man in die Unterlagen schaut, sieht man: Es gibt eine Reihe von Unverbesserlichen – also solche, die sich nicht aus dem Geschäft rausgezogen haben.“
Karsten Seibel
Weltweit sollen mehr als 500 Banken ihren Kunden dabei geholfen haben, Briefkastenfirmen in Übersee zu registrieren – darunter auch deutsche Institute. Noch beteuern die meisten aber ihre Unschuld.
Finanzen
2016-04-04T16:51:17Z
2016-04-04T17:11:49Z
Wie die Banken die Briefkastenfirmen rechtfertigen
https://www.welt.de//finanzen/article153999815/Wie-die-Banken-die-Briefkastenfirmen-rechtfertigen.html
Tarife: Drucker bekommen zwei Prozent mehr Lohn
Die rund 170.000 Beschäftigten der deutschen Druckindustrie erhalten dieses und nächstes Jahr mehr Geld. Nach über zwölf Stunden in der vierten Verhandlungsrunde verständigten sich die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Ver.di) und der Bundesverband Druck und Medien (bvdm) in der Nacht zum Mittwoch auf eine Einmalzahlung in diesem sowie eine lineare Gehaltserhöhung im nächsten Jahr. Vor der Einigung hatten sich laut Ver.di rund 5.000 Beschäftigte in mehr als 70 Betrieben an Warnstreiks beteiligt. Spätestens zum September dieses Jahres gibt es die Einmalzahlung in Höhe von 280 Euro, wie ein Gewerkschaftssprecher sagte. Zum 1. April 2010 stiegen dann die Gehälter linear um 2 Prozent. Der Gehaltstarifvertrag hat eine Laufzeit von 24 Monaten und ist zum 31. März 2011 erstmals wieder kündbar. Der Manteltarifvertrag, der zum Ende des Jahres ausgelaufen wäre, wurde um ein weiteres Jahr verlängert. Sollte es danach Änderungen geben, könnten diese frühestens zum 1. September 2011 in Kraft treten, sagte der Gewerkschaftssprecher weiter. Die von Arbeitgeberseite geforderten betrieblichen Öffnungsklauseln zur Verschiebung, Reduzierung oder Streichung der Einmalzahlung und der Lohn- und Gehaltserhöhung seien abgewehrt worden. „Angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Lage in der Branche ist dies ein tragfähiges Ergebnis“, sagte Ver.di-Verhandlungsführer Frank Werneke. Damit sei es gelungen, den Manteltarifvertrag zu verlängern und die von den Arbeitgebern geforderten betrieblichen Öffnungsklauseln abzuwehren. „So wurden zwei wesentliche Verhandlungsziele von Ver.di durchgesetzt“, sagte er. Auch der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Wolfgang Pütz, wertete das Ergebnis als einen tragfähigen Kompromiss, welcher der wirtschaftlichen Situation gerecht werde und Planungssicherheit für die Unternehmen biete.
WELT
Der Tarifstreit in der Druckindustrie ist beigelegt. Die Drucker erhalten dieses und das nächste Jahr zwei Prozent mehr Lohn und Gehalt sowie eine Einmalzahlung. Die Gewerkschaft konnte die betrieblichen Öffnungsklauseln im Druckgewerbe abwehren. Auch die Arbeitgeber werteten den Abschluss als tragfähigen Kompromiss.
Wirtschaft
2009-06-03T05:09:51Z
2015-09-01T11:16:31Z
Drucker bekommen zwei Prozent mehr Lohn
https://www.welt.de//wirtschaft/article3849263/Drucker-bekommen-zwei-Prozent-mehr-Lohn.html
Delfinspotting: Bei den rosaroten Delfinen im Golf von Thailand
An der Küste der südlichen thailändischen Provinz Nakhon Si Thammarat müssen die wenigen Touristen keine rosarote Brille aufsetzen Diese Farbe liefert ihnen vielmehr eine Laune der Natur: Im Golf von Thailand (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/thailand-reisen/) tummeln sich nämlich rosafarbene Delfine. Sie gehören zu den Indopazifischen Buckeldelfinen, die sich zwischen Südafrika (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/suedafrika-reisen/) , Nordaustralien und Südchina ausbreiten. Die Tiere kommen dunkelgrau gefärbt auf die Welt und verändern anschließend ihren Teint – von weiß ( Australien (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/australien-reisen/) ) über rosa (Thailand) bis zu helleren Graustufen (Südafrika). So haben wir also pures Glück, dass sich hier im Süden Thailands, wo wir gerade Urlaub machen, 100 bis 150 Exemplare der rosafarbenen Sorte befinden. Heimatverbundene Einzelgänger Und dort bleiben sie auch. Denn diese Delfine sind heimatverbundene Einzelgänger. Sprich: Gejagt wird Tag für Tag in denselben Gewässern. Was die Suche nach ihnen sehr erleichtert. Einen rosaroten Flipper habe ich sogar schon direkt vor Augen. Welch wundervolles Geschöpf! Ein springender Delfin wie aus dem Bilderbuch: gekrümmter Buckel wie ein Goldmedaillengewinner im Kunstspringen, vorwitzige Schnauze, schneidige Rückenflosse, vergnügtes Grinsen. Ein lustiger Kerl mit einer Körperfarbe in knalligem Rosa. Leider kann er sich nicht frei bewegen. Denn er baumelt an einer Kette. Doch keine Sorge: Es handelt sich nicht um ein lebendes Exemplar, sondern um ein Souvenir aus bemaltem Blech. Souvenirs, Souvenirs Die Verkäuferin lächelt mich an. "Sehr schön, kostet nicht viel!", sagt sie in gebrochenem Englisch. "Später", antworte ich, "erst möchte ich echte rosafarbene Delfine sehen." Ihr Geschäft befindet sich an einer kleinen Mole bei der Ortschaft Khanom. Von hier aus legen Boote für Exkursionen zu den seltenen Delfinen ab. Zum Beispiel mit Luke Kam Lemanczyk Pol-in. Der Mann mit dem seltsamen Namen ist der Sohn eines Thais und einer Engländerin mit polnischen Wurzeln – und sehr entspannt. Er sagt stets "easy" und "laid-back" und gibt sich auch so. Luke, wie er von allen hier nur genannt wird, ist unser Fremdenführer – und ein cleveres Bürschchen. Feilschen ist Ehrensache Er hat mit einem Bootsbesitzer einen guten Preis aushandelt: 800 Baht, das sind umgerechnet knapp 20 Euro, für zwei Stunden. Da ist auch ein kleiner Rabatt inklusive, weil Luke häufig mit Kundschaft im Schlepptau an der Mole erscheint und so den Bootsbesitzern einen guten Umsatz garantiert. Nun springt Luke ins Boot und setzt sich. Ganz easy und laid-back. Ich nehme mir ein Beispiel und lehne mich erst einmal zurück, während der Bootskapitän, von dem wir nicht wissen, wie er heißt, den Dieselmotor anwirft. Jedem Thailandurlauber dröhnt es in den Ohren, dieses ohrenbetäubende Geräusch der oftmals bunt dekorierten Boote. Und damit sollen wir Delfine beobachten? "Die hauen bei diesem Lärm doch ab", gebe ich zu bedenken. "Der Kapitän wird den Motor ausstellen, sobald wir in der Nähe sind", erklärt Luke. Vorbei an Ko Samui Die See ist ruhig. Wir schweben an einsamen, bewaldeten Buchten vorbei, keine Menschenseele zu sehen. "Dort drüben, das ist Ko Samui", sagt Luke. Die berühmte Ferieninsel liegt im flimmernden Dunst, ihre Bergzüge verschwimmen im tropischen Nebel. Doch wir haben klare Sicht auf die Küste von Nakhon Si Thammarat. Manche Felsen erinnern an die berühmten Monolithen, wie sie in der Andamanensee, auf der gegenüberliegenden Seite Thailands, aus dem Meer ragen. Manche dünn wie Stecknadeln. Doch diese hier im Golf von Thailand sind flacher, pummeliger. Fast wie versteinerte Steinpilze. Zeit zum Delfinspotting Es ist zehn Uhr. Beste Zeit zum Delfinspotting. Die Sonne sticht bereits. Zum Glück haben wir uns für ein Boot mit Überdachung entschieden. Nach rund 15 Minuten stellt der Bootsmann den Motor ab und stellt sich auf die Zehenspitzen. Geschäftig beobachtet er das Meer. Kombiniere: Delfinzone. Doch Fehlalarm. Keine rosafarbene Flosse in Sicht. Dafür ein Fischerboot. Ein Pfiff unseres Kapitäns – und schon geben die Fischer Handzeichen und weisen in eine Richtung. Offenbar haben sie ein paar Flossen erspäht. Wir tuckern ein paar Minuten weiter, in eine herrliche, kulissenträchtige Bucht, wie geschaffen für einen Naturfilm. Oder für unsere ganz besondere Delfinschau. Und tatsächlich, urplötzlich taucht sie auf: die allererste rosafarbene Delfinflosse in meinem Leben. Ein unwirklicher Moment. Scheuer Buckeldelfin nd dann streckt der Kerl für einen kurzen Moment auch noch seine rosafarbene Schnauze aus dem Wasser. Der Motor ist aus, der Atem stockt. Wir halten inne und hoffen, dass das Tier in unsere Richtung schwimmt, auf der Suche nach den dicksten Fischen. Doch es bleibt in sicherer Entfernung von 30 Metern. Denn im Gegensatz zu seinen verspielten Kollegen, dem Großen Tümmler oder dem Rundkopfdelfin, die wir aus diversen Themenparks kennen, ist der Buckeldelfin sehr scheu. Wir können ihn nur mit einem Teleobjektiv im Anschlag beobachten: Immer wieder taucht er auf und zeigt dabei die rosafarbene Schnauze und Flosse – bis der Kapitän nach einer Dreiviertelstunde wieder den Motor anwirft. Mein Nacken ist schon ganz steif geworden. Adieu, rosa Delfin! Noch funktioniert das Zusammenleben von Mensch und Buckeldelfin in Nakhon Si Thammarat. Das könnte sich allerdings ändern. Tierschützer sind gegen Yachthafen Es gibt nämlich Pläne für einen Yachthafen nördlich von Khanom. Tierschützer fürchten, dass der Anstieg des Wasserverkehrs die Tiere dann vertreiben wird. Das wäre schlecht für Luke, die Bootsbesitzer, meine Blechdelfin-Verkäuferin – und die Hotels. Denn die rosa Delfine sind – neben den Nationalparks und den buddhistischen Tempeln – die größte Attraktion in NST, wie die Provinz im Volksmund heißt. Es gibt hier bislang nur wenige Gästehäuser und Resorts, die westliche Standards erfüllen. Eine Zeit lang wurde die Küste als Riviera von Thailand beworben. Das Straßennetz an der Küste wurde erneuert, in der Hoffnung auf Belebung. Doch ansonsten ist wenig geschehen. Traumstrand vor der Haustür Das wenige, was passiert, geschieht auf Initiative von ausländischen Investoren. Einer von ihnen ist Atte Savisalo. Der 34-jährige Finne hat sich vor zwei Jahren in Khanom ein Filetstück am Strand gesichert und dort sein "Aava Resort" hingestellt. Mit Pools, Spa und Traumstrand vor der Haustür. Er hofft auf junge, naturverbundene Familien und ältere Touristen, die nicht auf das Geld schauen. "Partytouristen, das passt nicht hierher", sagt Savisalo, "die sollen auf Ko Samui bleiben." Im Gegensatz zu der populären Nachbarinsel ist Nakhon Si Thammarat bis heute touristisch unterentwickelt. Das kann Savisalo nur bestätigen. Als er vor vier Jahren als Rucksackreisender nach Khanom kam, breitete er sein Handtuch am Strand aus und stieg zum Baden ins Meer. Als er wieder herauskam, hatte es sich eine Kuh auf dem Frotteelaken gemütlich gemacht. Die Reise wurde unterstützt vom Fremdenverkehrsamt, „Aava Resort & Spa“ und Thai Airways.
Martin Cyris
Im Golf von Thailand vor der Küste des Ortes Khanom in der südlichen Provinz Nakhon Si Thammarati, tummeln sich seltene Delfine. Noch außergewöhnlicher sind hier ausländische Touristen. Thailand
Reise
2012-04-22T08:28:51Z
2015-10-04T13:00:59Z
Bei den rosaroten Delfinen im Golf von Thailand
https://www.welt.de//reise/article106201596/Bei-den-rosaroten-Delfinen-im-Golf-von-Thailand.html
Borussia Dortmund: Rot für Götze, weil er auch gespuckt haben soll
Mario Götze stand wie versteinert auf dem Rasen und verstand die Fußball-Welt nicht mehr, als ihm Fifa-Referee Wolfgang Stark die Rote Karte entgegenstreckte. Für den 19-Jährigen eine Situation, die er bisher in seiner steilen Karriere nicht kannte und die sich nicht nur Mitspieler bislang nicht vorstellen konnten. Der introvertierte und geerdete Sympathieträger von Borussia Dortmund (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/borussia-dortmund/) und auch der Nationalmannschaft soll derart ausgerastet sein? Das kann nicht sein. Denn bisher waren es allenfalls die Gegenspieler wie der Leverkusener Michal Kadlec im Spitzenspiel gegen den deutschen Meister (0:0) (verlinkt auf /sport/fussball/bundesliga/bayer-leverkusen/article13569048/Rot-fuer-Kadlec-und-Goetze-BVB-holt-Punkt-bei-Bayer.html) , die nach rüden Attacken gegen den technisch versierten und gewandten Mittelfeldspieler vorzeitig zum Duschen mussten. Das erste „Rot“ seiner Karriere in seinem 42. Bundesliga-Spiel (bisher insgesamt zwei Gelbe Karten) wegen angeblichen Nachtretens gegen den Leverkusener Hanno Balitsch in der 77. Minute war umstritten und sorgte somit für reichlich Diskussionsstoff. Besonders Trainer Jürgen Klopp (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/juergen-klopp/) sprang für seinen Jungstar energisch in die Bresche: „Der Junge ist 19 Jahre. Seit 13 Jahren wird er in harte Zweikämpfe verwickelt, und er hat noch nicht einmal nachgetreten. Warum sollte er heute damit anfangen?“ Mehr noch: Götze soll, Zeitlupen-Aufnahmen im Fernsehen zufolge, auch noch in Richtung Balitsch gespuckt haben, was das Bild der Öffentlichkeit von Götze völlig auf den Kopf stellen würde. Klopp: „Er hat nicht nachgetreten und wenn die Jungs mal auf den Platz spucken - man schwitzt ja schließlich auch.“ BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/hans-joachim-watzke/) meinte: „Wer Mario als Spieler kennt, der weiß, dass er so etwas nie machen würde.“ Für Referee Stark war die Sache in einem Interview im ZDF-"Sportstudio" klar: „Nach einem Zweikampf tritt er nach. Er trifft ihn zwar nicht, aber das ist nicht ausschlaggebend. Und was erschwerend dazu kommt: Er spuckt in Richtung Gegenspieler. Da bleibt einem Schiedsrichter keine andere Wahl.“ Letztendlich konnte auch Balitsch die Entscheidung nicht mehr ändern. „Ich habe nichts wahrgenommen. Das war ein normaler Zweikampf. Ich habe auch den Schiedsrichter gefragt, warum er die Rote Karte zeigen würde, da sei doch nichts gewesen“, sagte der Leverkusener Einwechselspieler. Bayer-Coach Robin Dutt (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/robin-dutt/) äußerte im ZDF eine andere Vermutung: „Vielleicht musste er vom Platz, weil Mats Hummels (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/mats-hummels/) vorher nicht vom Platz musste.“ Und spielte auf eine Situation in der 62. Minute an, als Renato Augusto wenige Zentimeter vor der Strafraumgrenze über die Beine des gelb-vorbelasteten Hummels segelte. „Wenn der Schiedsrichter pfeift, dann muss er mich runterstellen. Aber er hebt ab, weil er sich den Ball zu weit vorgelegt hat und noch etwas aus der Situation rausholen wollte. Ich habe ihn während der Aktion vielleicht leicht an der Fußspitze touchiert. Der Schiri war sich wohl nicht ganz sicher und hat sich für einen Kompromiss entschieden“, sagte der Dortmunder Innenverteidiger. Stark erklärte nach Studium der TV-Bilder, dass er zwingend hätte Gelb-Rot zeigen müssen. Glück für Hummels, während Götze als Rotsünder am Montag zum Treffpunkt der Nationalmannschaft fahren wird. Spätestens dort wird er auch das Strafmaß erfahren. Klopp: „Darauf bin ich sehr gespannt.“
WELT
Mario Götze wurde zu einem der Hauptdarsteller des aufregenden Spiels bei Bayer Leverkusen. Der 19-jährige Dortmunder sah die erste Rote Karte seiner Karriere.
Sport
Fußball
2011-08-28T13:48:39Z
2011-11-22T10:33:28Z
Rot für Götze, weil er auch gespuckt haben soll
https://www.welt.de//sport/fussball/bundesliga/borussia-dortmund/article13570047/Rot-fuer-Goetze-weil-er-auch-gespuckt-haben-soll.html
München: Mischen Pegida und Neonazis der Bürgerwehr mit?
Nach den Übergriffen in Köln formieren sich wie in anderen Städten (verlinkt auf /politik/deutschland/article150719555/Selbsternannte-Buergerwehr-will-Frauen-beschuetzen.html) offenbar auch in München (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/muenchen/) so genannte „Bürgerwehren“. Mindestens zwei Gruppen organisieren sich laut der antifaschistischen Informationsstelle „a.i.d.a.“ derzeit auf Facebook, um „München durch friedliche Spaziergänge sicherer zu machen“, wie die „Bürgerwehr München“ ankündigt. Diese Gruppe plant demnach offenbar für kommenden Samstag (23. Januar) einen ersten „Patrouillengang“, so a.i.d.a. (verlinkt auf http://www.aida-archiv.de) Unter dem Motto „Wir schützen unsere Stadt“ gibt dieses selbst ernannte „Netzwerk für Zivilcourage“ vor, „absolut unpolitisch“ zu sein – „wir lehnen Extremismus ab“. Mit dabei: Ein bekannter Rechtsextremist Doch ganz so unpolitisch sind zumindest einzelne Mitglieder der zweiten Facebook-Gruppe namens „Münchner helfen Münchner“ nicht: Zu den 195 Mitgliedern gehört etwa der Rosenheimer Rechtsextremist Peter M., Mitbegründer der Partei „Die Rechte“, der ausweislich seiner Facebook-Posts auch bei Pegida München mitmischt und mit der rechtsextremen französischen Front National sympathisiert. Auch „weitere Münchner Pegida-Akteure“ sind dort nach Beobachtung der antifaschistischen Informationsstelle dabei, neben Türstehern, Soldaten, Security-Mitarbeitern. Das Ansinnen der Gruppe klingt so harmlos wie verantwortungsvoll: „Unsere Aufgabe wird es sein, Frauen zu schützen“, heißt es bei Facebook. Doch tatsächlich teile die Gruppe „rassistische und islamfeindliche Inhalte“, so a.i.d.a. „Unerträglicher Versuch der Stimmungsmache“ Die Münchner Polizei ist laut „Süddeutscher Zeitung (verlinkt auf http://www.sueddeutsche.de/muenchen/polizei-neonazis-in-muenchen-tarnen-sich-als-buergerwehr-1.2825752) “ alarmiert und sieht das Aufkeimen solcher Bürgerwehren „extrem kritisch“, zitiert das Blatt den Münchner Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins. Ziel der Polizei sei es, dass derartige „Spaziergänge gar nicht erst stattfinden, weil sie auch gar nicht notwendig sind“. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sieht darin laut SZ den „unerträglichen Versuch rechtsextremer Stimmungsmache“, um in der Bevölkerung Angst und Verunsicherung zu schüren. Reiter: „Dazu besteht überhaupt kein Anlass.“ Ein „konsequentes Vorgehen der Sicherheitsbehörden gegen aufkeimende Rufe nach bürgerlicher Selbstjustiz (verlinkt auf /politik/deutschland/article151004062/Selbstjustiz-von-Buergerwehren-wird-nicht-akzeptiert.html) “, fordert Katharina Schulze, innenpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag. „Bürgerwehren oder auch Rockergruppen, die im öffentlichen Raum patrouillieren und Menschen einschüchtern, sind das letzte, was ein Rechtsstaat braucht“, sagt Schulze.
Bettina Ullrich
Neonazis und Pegida-Anhänger sind offenbar bei einer Bürgerwehr dabei, die sich in München formiert. Einige wollen in den nächsten Tagen erstmals auf Streife gehen. Polizei und Politik sind alarmiert.
Regionales
Bayern
2016-01-20T12:21:30Z
2016-01-20T14:50:45Z
Mischen Neonazis bei Münchner Bürgerwehr mit?
https://www.welt.de//regionales/bayern/article151237664/Mischen-Neonazis-bei-Muenchner-Buergerwehr-mit.html
Ferienunterkünfte: Wie sich Städte gegen Airbnb & Co. wehren
Das große Versprechen von Airbnb lautet: Gäste leben im Urlaub wie Einheimische, sie übernachten günstiger und persönlicher als in einem Hotel. Das spricht viele Reisende an. Noch finden Gäste bei Airbnb kleine, charmante Privatunterkünfte, doch die Angebote haben sich zunehmend professionalisiert. Große gewerbliche Anbieter sind vertreten, und längst nicht alle Inserate sind günstig. Airbnb will in Zukunft sogar bewusst auf Luxus setzen, etwa mit Airbnb Plus. Airbnb (verlinkt auf /themen/airbnb/) ist ein großer, aber nicht der einzige Vermittler von privaten Ferienunterkünften (verlinkt auf /themen/ferienwohnung/) – und die werden in vielen Städten zunehmend zum Problem. Nicht nur Hoteliers protestieren, auch die Anwohner. Denn die Umwandlung von Wohnraum in Ferienwohnungen treibt die Mietpreise in die Höhe. Daher haben viele besonders beliebte Touristenstädte mittlerweile Einschränkungen für Airbnb, Wimdu und andere Anbieter durchgesetzt. Es geht vor allem um die Vermietung ganzer Wohnungen, einzelne Gästezimmer sind weniger ein Thema. Die Übersicht zeigt, wie europäische Metropolen mit dem Problem umgehen: In Berlin müssen sich Vermieter registrieren lassen Die deutsche Hauptstadt hat im Februar 2018 die Regeln für die sogenannte Zweckentfremdung (verlinkt auf http://www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/zweckentfremdung_wohnraum/de/faq.shtml) von Wohnraum verschärft. Einer Sprecherin der Stadt zufolge ist das Ziel, Wohnraum vor Missbrauch zu schützen. Wer eine ganze Wohnung anbieten will, muss das vorher der Stadt melden und sich die Vermietung genehmigen lassen. Gastgeber bekommen dann eine Registrierungsnummer, die sie bei ihren Inseraten ab sofort angeben müssen. Kontrollen sollen so leichter werden. Airbnb beklagt einen momentan noch unklaren Genehmigungsprozess, der Home-Sharing erschwere und das Ziel des Gesetzes nicht erfülle. Für Reisende aber hat das einen Vorteil: Sie können nun schnell feststellen, ob eine Unterkunft legal oder illegal vermietet wird. Amsterdam plant ein Limit von 30 Tagen im Jahr Die niederländische Stadt greift künftig noch härter gegen die Zweckentfremdung von Wohnungen durch als bisher. Ab 2019 darf eine Wohnung nur noch an höchstens 30 Tagen (verlinkt auf https://www.amsterdam.nl/bestuur-organisatie/college/wethouder/laurensivens/persberichten/amsterdam-verkort/) im Jahr an Touristen vermietet werden. Das derzeitige Limit sind 60 Tage. Zwischen 2013 und 2017 war die Zahl der Touristenwohnungen von 4500 auf 22.000 gestiegen. Die Stadt will den Druck auf einige besonders betroffene Stadtviertel durch die strenge Regelung verringern. Schließlich gehört Amsterdam (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/amsterdam-staedtereise/) zu den beliebtesten Metropolen Europas. In London begrenzt Airbnb automatisch die Vermietung Im Großraum der britischen Weltstadt gibt es ebenfalls Regeln zur Kurzzeitvermietung ganzer Wohnungen. Mehr als 90 Tage dürfen es pro Kalenderjahr nicht sein. Eine Vermietung über einen längeren Zeitraum ist nur möglich, wenn sich die Gastgeber eine Genehmigung dafür besorgen. Auf Airbnb gibt es zudem automatische Begrenzungen für Gastgeber, die dabei helfen sollen, die Regeln durchzusetzen. Sind die 90 Tage voll, ist der Kalender des Gastgebers blockiert. Neue Buchungen sind dann nicht mehr möglich. Paris beklagt starken Rückgang von Mietwohnungen Paris (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/paris-staedtereise/) hat am 1. Januar 2018 ein Limit von 120 Tagen pro Jahr für die Vermietung gesamter Wohnungen eingeführt. Das betrifft die zentralen Innenstadtbezirke 1. bis 4. Arrondissement. Wenn die Tage abgelaufen sind, wird der Kalender des Gastgebers blockiert. Die Wohnung kann nicht mehr über die Plattform vermietet (verlinkt auf https://www.airbnb.de/help/article/2108/night-limits-in-paris--frequently-asked-questions#Warum%20macht%20Airbnb%20das) werden. Seit Dezember 2017 müssen sich Gastgeber bei der Stadt anmelden, sie erhalten eine Registrierungsnummer. Doch viele Anbieter halten sich nicht daran. Paris wirft Airbnb vor, die Regeln für die kurzzeitige Vermietung (verlinkt auf https://presse.paris.fr/wp-content/uploads/2018/04/Locations-meubl%C3%A9es-de-courtes-dur%C3%A9es-la-Ville-de-Paris-assigne-Airbnb-et-Wimdu-en-r%C3%A9f%C3%A9r%C3%A9.pdf) möblierter Wohnräume an Touristen nicht einzuhalten. In fünf Jahren habe Paris 20.000 Mietwohnungen verloren, die meisten davon seien in Ferienwohnungen umgewandelt worden, so die Stadt. Wer bei der Buchung sichergehen will, kann die Anzeige nach der Nummer prüfen oder direkt beim Gastgeber danach fragen. Palma de Mallorca regelt auch Häuservermietung In der Inselhauptstadt ist die Lage angespannt. In Palma de Mallorca (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/mallorca-urlaub/) sind die Mieten innerhalb von fünf Jahren um 40 Prozent gestiegen, auch wegen Plattformen wie Airbnb. Palma geht deshalb nun streng gegen Kurzzeitvermietungen (verlinkt auf /finanzen/immobilien/article175786217/Mallorca-Palma-verbietet-das-Vermieten-von-Ferienwohnungen.html) vor. Im Stadtgebiet dürfen ganze Wohnungen gar nicht mehr an Touristen vermietet werden. Auch für Einfamilienhäuser gibt es nun Regeln: In Palma dürfen diese nur noch vermietet werden, wenn sie nicht auf geschütztem ländlichem Boden oder wenn sie in Flughafennähe oder in Gewerbegebieten stehen. In New York zählt die Anwesenheit des Gastgebers Auch in New York (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/new-york-staedtereise/) gibt es Regeln (verlinkt auf https://www1.nyc.gov/assets/buildings/pdf/MultipleDwellingLaw.pdf) für die zeitweise Vermietung von Wohnungen an Urlauber. In Mehrfamilienhäusern dürfen Wohnungen laut Gesetz nicht für einen Zeitraum von mehr als 30 Tagen vermietet werden, wenn der Gastgeber nicht anwesend ist. Außerdem sollen solche Vermietungen dem Zweck einer dauerhaften Bewohnung dienen. Das widerspricht der Nutzung durch Touristen. Wohnt der Gastgeber jedoch in der Wohnung, gibt es keine Einschränkungen. In einem solchen Fall kann es jedoch sein, dass Hausordnungen die Untervermietung dennoch verbieten. Auch hier ist es am besten, beim Gastgeber nachzufragen. Bei Airbnb gibt es in New York zusätzlich die Regel „Ein Gastgeber, ein Zuhause“. Das heißt, dass ein Gastgeber auf der Plattform nur eine Unterkunft anbieten darf. Dies betrifft hauptsächlich Privatvermieter. Was Urlaubern bei illegaler Vermietung droht Allgemein ist davon auszugehen, dass die Regeln der Städte oft noch nicht eingehalten werden, wie das im Fall von Paris ist. Doch was droht Urlaubern, wenn sie unwissentlich in einer illegal vermieteten Privatunterkunft landen? Reiserechtsexperte Paul Degott aus Hannover erklärt, dass es vorrangig die Aufgabe der Gastgeber sei, sich um die Einhaltung der Vorschriften zu kümmern. Konsequenzen für Reisende – also etwa die Räumung – hält er für wenig wahrscheinlich. Allerdings könne man dies nicht völlig ausschließen. In einem solchen Fall können Reisende jedoch Ansprüche gegenüber dem Gastgeber geltend machen. Wer sichergehen will, sollte sich laut Degott vorab beim Gastgeber erkundigen, ob er eine Lizenz zur Vermietung hat.
Johanna Renoth
Airbnb und andere Vermittler privater Ferienunterkünfte sind bei Hotels und vielen Mietern verhasst. Denn Ferienwohnungen treiben Mietpreise hoch. Etliche Metropolen haben reagiert. Was Reisende nun wissen müssen.
Reise
Städtereisen
2018-08-01T05:29:37Z
2018-08-01T05:29:37Z
Wie sich Städte gegen Anbieter wie Airbnb wehren
https://www.welt.de//reise/staedtereisen/article180332152/Ferienunterkuenfte-Wie-sich-Staedte-gegen-Airbnb-Co-wehren.html
Silvesternacht: Kritik an Kölner Polizei wegen Begriff „Nafri“
Nach dem Einsatz rund um die Silvesterfeierlichkeiten (verlinkt auf /politik/deutschland/article160767784/Gruppenbildung-wie-aus-dem-Nichts.html) ist die Kölner Polizei für die Bezeichnung „Nafris“ für Nordafrikaner kritisiert worden. Diesen Begriff benutzte die Polizei während des Einsatzes am Silvesterabend auf Twitter (verlinkt auf https://twitter.com/polizei_nrw_k/status/815318640094572548) . So sagte der frühere Piratenpolitiker Christopher Lauer der Deutschen Presse-Agentur: „Ich halte diesen Begriff für in hohem Maße entmenschlichend.“ Die Kölner Polizei hatte am Samstagabend getwittert: „Am HBF werden derzeit mehrere Hundert Nafris überprüft.“ Polizeipräsident Jürgen Mathies sagte dazu am Sonntag bei einer Pressekonferenz, nach seiner Einschätzung hätte der Begriff „Nafri“ besser nicht nach außen verwendet werden sollen. Eine Häufung von Straftaten von Personen aus dem nordafrikanischen Raum lasse sich aber nicht bestreiten, und dafür müsse dann polizeiintern auch ein Begriff gefunden werden. Mathies betonte, dass die allermeisten in Deutschland lebenden Nordafrikaner natürlich keine Straftäter seien. Lauer, der Piraten-Vorsitzender in Berlin war und zur SPD übertrat, sieht die Verwendung als äußerst problematisch: „Wenn die nun in der Silvesternacht Hunderte Menschen so bezeichnen, ist das eine pauschale Verurteilung einer ganzen Bevölkerungsgruppe nur nach dem Aussehen.“ Nach eigener Einschätzung hat die Kölner Polizei „durch konsequentes Einschreiten“ ähnliche Straftaten wie in der vorhergehenden Silvesternacht verhindert. „Wir hatten Personengruppen, die vergleichbar aggressiv waren“, sagte Polizeipräsident Mathies. Erneut seien in der Silvesternacht mehrere Hundert junge Nordafrikaner nach Köln gekommen. Der große Unterschied zum Jahr davor sei gewesen, dass die Polizei diesmal konsequent eingeschritten sei. In der Silvesternacht vor einem Jahr hatte es in Köln und anderen Städten massenhaft sexuelle Übergriffe auf Frauen gegeben. Die Verdächtigen und Verurteilten waren überwiegend Nordafrikaner. Mathies verwahrt sich gegen Vorwurf des „racial profiling“ Die Polizei war zum Jahreswechsel 2016/17 zunächst mit 1500 Beamten im Einsatz, forderte noch einmal Verstärkung an, sodass sich die Zahl der Polizisten schließlich auf 1700 belief. Die Beamten überprüften die Identität von 650 Personen. Dabei habe es sich fast ausschließlich um Nordafrikaner gehandelt, sagte Mathies. Die Polizei sprach 190 Platzverweise aus und nahm 92 Personen in Gewahrsam. 27 Personen wurden vorläufig festgenommen. Es wurden zehn Sexualdelikte angezeigt, Vergewaltigungen waren nicht darunter. Mathies verwahrte sich gegen den Vorwurf des „racial profiling“, womit ein gezieltes polizeiliches Vorgehen nach ethnischen Gesichtspunkten bezeichnet wird. Es sei um das Verhalten dieser Männer gegangen, betonte er. „Der ganz überwiegende Teil war so, dass mit drohenden Straftaten zu rechnen war“, sagte der Polizeipräsident. Dies habe die Polizei verhindert. Im Übrigen seien genauso auch Deutsche überprüft worden. Auch die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) bezeichnete den großen Polizeieinsatz als „erforderlich“. Wolfgang Wurm von der Bundespolizei berichtete, dass mindestens 1000 „fahndungsrelevante Personen“ nach Köln gereist seien. Viele von ihnen hätten offenbar im Hauptbahnhof bleiben wollen, was die Polizei aber nicht zugelassen habe.
WELT
Ein Tweet der Kölner Polizei in der Silvesternacht ruft Kritik hervor: Es geht um die Verwendung des Begriffs „Nafri“ für Nordafrikaner. Polizeipräsident Mathies rechtfertigt sich.
Politik
Deutschland
2017-01-01T20:08:02Z
2017-01-02T06:04:59Z
Kritik an Kölner Polizei wegen Begriff „Nafri“
https://www.welt.de//politik/deutschland/article160768684/Kritik-an-Koelner-Polizei-wegen-Begriff-Nafri.html
Ministerpräsident Tillich: Sachsens CDU geht von „Neuausrichtung der eigenen Politik“ aus
Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) rechnet angesichts der Stimmverluste seiner Partei auf Landesebene mit einem Kurswechsel. Er gehe davon aus, „dass wir nicht mit einem ‚Weiter so‘ arbeiten werden, sondern dass es eine Neuausrichtung der eigenen Politik geben wird“, sagte Tillich der „Sächsischen Zeitung“ (verlinkt auf http://www.sz-online.de/nachrichten/hier-hat-sich-etwas-aufgestaut-3782084.html) . Die CDU Sachsen gewann bei der Bundestagswahl (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/bundestagswahl/) 26,9 Prozent der Zweitstimmen – 15,8 Prozentpunkte weniger als vor vier Jahren – und wurde damit nur zweitstärkste Kraft hinter der AfD. „Wir haben wirtschaftlich derzeit einen guten Lauf … Aber es scheint die Menschen noch etwas anderes zu beschäftigen. Das ist nicht allein die Flüchtlingsfrage oder das Thema Schule“, sagte Tillich. Es habe sich etwas „aufgestaut, von dem auch wir dachten, dass es längst gelöst wäre.“ Auf die Frage, was die sächsische CDU (verlinkt auf /politik/deutschland/article169020498/Ein-ordentlicher-Magenschwinger-fuer-mich.html) falsch gemacht habe, antwortete er: „Wir haben womöglich nicht die Themen angesprochen, die wir in der Vergangenheit mit den Menschen diskutiert haben und ihnen zugesagt haben, uns darum zu kümmern.“ Es gebe jedoch eine Vielzahl von Gründen, warum die AfD in Sachsen so stark abgeschnitten habe. Er fordert: „Wir müssen uns deutlich mit dieser Partei auseinandersetzen, aber auch klar sagen, dass dies keine Partei ist, mit der man Lösungen in und für Deutschland erreichen kann.“ Dass habe sich auch bei den Wahlkampfauftritten von Angela Merkel in Torgau und Annaberg-Buchholz gezeigt. „Mit Brüllen und Trillerpfeifen und einem teilweise ganz anderen Menschenbild, als wir es in der CDU haben, kann man in Deutschland nicht Politik machen. Und das müssen wir den Menschen besser erklären als bisher.“ Das Wichtigste zur Wahl: Live im Text: Alle Reaktionen zur und das Geschehen rund um die Bundestagswahl 2017 bei uns im Liveticker. (verlinkt auf /politik/deutschland/live168954282/Kanzlerin-Merkel-sagt-bei-der-Stimmabgabe-kein-Wort.html) Kommentar von Ulf Poschardt: Merkels CDU, die schlechte Koalitionspartei (verlinkt auf /debatte/kommentare/article168986300/Merkels-CDU-die-schlechte-Koalitionspartei.html) Übersicht: Alle Ergebnisse und Grafiken der Bundestagswahl auf einen Blick. (verlinkt auf /politik/deutschland/article168883713/Alle-Ergebnisse-und-Grafiken-der-Bundestagswahl-im-Ueberblick.html)
WELT
In Sachsen wurde die CDU hinter der AfD nur zweitstärkste Partei. Ministerpräsident Tillich kritisiert die Konkurrenz von rechts, gibt sich aber auch selbstkritisch – und rechnet mit einem Kurswechsel seiner Partei.
Politik
Deutschland
2017-09-26T05:46:48Z
2020-02-17T10:53:32Z
Sachsens CDU geht von „Neuausrichtung der eigenen Politik“ aus
https://www.welt.de//politik/deutschland/article169034867/Sachsens-CDU-geht-von-Neuausrichtung-der-eigenen-Politik-aus.html
Frauen in Ost-Ghuta: „Wir sind in Unterkünften gefangen, die wie Gräber sind“
Nahezu pausenlos fliegen die syrischen Kampfflugzeuge Angriffe über Ost-Ghuta, überziehen die von Rebellen kontrollierte Region mit einem Bombenteppich. Tausende Menschen haben vor dem Schrecken des Bürgerkriegs Zuflucht in Kellern und unterirdischen Schutzräumen gesucht, harren dort unter erbärmlichen Bedingungen aus, über Stunden, über Tage und in der ständigen Angst, dass eine Explosion ihren Unterschlupf zerstören könnte. Als es das erste Mal einen Luftangriff auf ein Ziel über ihrem Schutzraum gegeben habe, sei sie vor Schreck erstarrt, berichtet eine 30 Jahre alte Lehrerin, die mit ihrem 22 Monate alten Kind dort Unterschlupf gefunden hat. „Ich war geschockt, wusste nicht, was ich tun sollte. Wegrennen? Aber wohin? Sitze ich still? Es war unerträglich“, sagt die Frau. Ihren Namen will sie nicht nennen, aus Angst vor Repressalien – sollte sie überhaupt überleben. „Es war der nächste Platz, der als sicher galt. Aber er ist nicht sicher“, sagt sie über ihre Zufluchtsstätte. Manchmal treffe eine Fassbombe einen Schutzraum, entweder am Eingang oder die Explosion dringe sogar nach innen, verletze oder töte viele. Einst war Ost-Ghuta bekannt für seine grünen Felder und Gemüsegärten. Doch nach jahrelanger Belagerung und der nun eingeleiteten Offensive der Truppen von Präsident Baschar al-Assad mit Unterstützung Russlands ist es mittlerweile die Hölle auf Erden. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind etwa 15.000 Menschen im Januar aus ihren Häusern geflohen und haben Zuflucht in Kellern und Schutzräumen gesucht. Doch diese Orte stehen im Fokus der massiven Bombardierungen. Rund 600 Menschen kamen allein in den vergangenen zwei Wochen bei der Offensive um. Feucht und völlig verqualmt Die Lehrerin lebt in Duma, mit 120.000 Einwohnern die größte Stadt in der Region. Sie sagt, sie habe Angst, wenn die Regierung die Stadt zurückerobere. Aber sie habe auch Angst vor den Rebellen, die mit eiserner Hand herrschten. „Leider haben wir Zivilisten hier keine Stimme“, sagt sie. Die Lage sei aussichtslos, sie wisse nicht wohin. Ihr Unterschlupf sei feucht und überfüllt, zudem völlig verqualmt, denn die Menschen rauchten wegen der extremen Anspannung ständig. Mehr als 70 Frauen lebten dort dauerhaft. Immer wieder müsse sie ihrem überaktiven Kind hinterher, dass die Treppe hinaufwolle. Sie habe gesehen, wie ein Mädchen von der Wucht eines Luftangriffs die Treppe heruntergeschleudert worden sei. Vor einer nahegelegenen Unterkunft wurde ein Kind, das kurz an der frischen Luft war, bei einem Angriff getötet. 350 Menschen in einem Keller - ohne Wasser und Strom Neemat Mohsen leitete das Frauenbüro in Sakba, einer anderen Stadt in Ost-Ghuta. Sie sagt, dass in den Unterkünften bis zu 350 Menschen ohne Strom und fließendem Wasser lebten. „In unserer Straße sind auf 500 Meter Länge nur drei Keller. Darin müssen alle Familien unterkommen.“ Einige hätten Generatoren gespendet, damit es wenigsten vorübergehend etwas Strom für Licht gebe. „Wir fühlen das Gefängnis schrumpfen. Erst wurden wir in einem riesigen Gefängnis belagert, das Ost-Ghuta hieß. Jetzt sind wir in Unterkünften gefangen, die wie Gräber sind“, sagt sie. Wie die Menschen diese Belastung ertragen, sei enorm. „Sie sind stärker als Berge“, sagt sie mit Tränen in den Augen. „Wir erleben den wahren Terror 24 Stunden am Tag. Solange die Flugzeuge in der Luft sind, kann jede Rakete jeden überall treffen.“ Die Lebensmittelpreise sind enorm gestiegen. Die Lehrerin sagt, sie füttere ihren Sohn mit Oliven, manchmal gebe es Brot. Und ganz selten könne sie abgepackte Nudeln kochen. Aber sie isst heimlich. Denn viele in der Unterkunft können sich keine Nahrung leisten oder haben keinen Zugang dazu. „Mein größter Wunsch ist es zu duschen“ Die 31 Jahre alte Bayan Rehan aus Duma sagt, Tomatenmark sei mittlerweile das am meisten verbreitete Lebensmittel. Vor einer guten Woche wurde ihr Zuhause von einer Granate getroffen. Ihre Familie brachte sie in einem Schutzraum unter. Sie selbst organisiert Hilfe und dokumentiert für die Außenwelt das Grauen. Wovon sie träumt? „Mein größter Wunsch ist es zu duschen“, sagt sie, und räumt dann mit einem schüchternen Kichern ein, dass sie das seit 20 Tagen nicht mehr habe tun können. Die Wohnung der Lehrerin befand sich im Erdgeschoss eines Hauses. So oft es ging, versuchte sie, dort mit ihrem Sohn zu schlafen, um der schlechten Luft im Schutzraum zu entkommen. In der Nacht vor einer von Russland vorgeschlagenen Waffenruhe lud sie andere Menschen aus der unterirdischen Unterkunft ein, auch bei ihr zu schlafen. Sie rechneten mit einem ruhigeren Tag. Doch bei Morgengrauen flog die syrische Luftwaffe zehn Angriffe auf die Gegend, ihr Haus geriet unter Granatbeschuss. So zog sie dauerhaft in den Schutzraum. Am meisten wütend macht sie das Schweigen der Vereinten Nationen und der internationalen Gemeinschaft. Sie spricht von einer Zwangsumsiedlung. „Warum sollen wir aus unseren Häusern vertrieben werden? Warum wird akzeptiert, dass die Regierung dort andere Menschen leben lässt?“, sagt sie. Die Bewohner von Duma wollten nicht nach Idlib gehen, jener Provinz im Nordwesten des Landes, die von der Opposition gehalten wird und wohin andere Menschen aus belagerten Gegenden nach der Evakuierung gebracht wurden. Dort haben Gruppen mit Verbindungen zum Terrornetzwerk al-Kaida das Sagen. „Wir lehnen die ab. Warum sollten wir mit denen zusammenleben – und dann beginnt die Regierung, uns dort zu bombardieren?“, sagt die Lehrerin.
WELT
Für die Überlebenden in Ost-Ghuta ist das Leben die Hölle. Drei Syrerinnen berichten, wie sie in erbärmlichen Zuständen Tag für Tag in überfüllten Kellern ausharren. Sie haben Angst vor den Truppen Assads, aber auch vor den Rebellen.
Politik
Ausland
2018-03-05T15:55:35Z
2018-03-05T18:54:05Z
„Wir sind in Unterkünften gefangen, die wie Gräber sind“
https://www.welt.de//politik/ausland/article174212211/Frauen-in-Ost-Ghuta-Wir-sind-in-Unterkuenften-gefangen-die-wie-Graeber-sind.html
Yagmur-Prozess: „Mutter lief ziellos durch die Wohnung“
Im Prozess gegen die Eltern der getöteten Yagmur aus Hamburg-Billstedt hat am Freitag ein Polizist vom überraschend passiven Verhalten der Mutter am Tatort berichtet. Der 31-jährige Beamte erzählte am Freitag am Hamburger Landgericht, wie er am 18. Dezember 2013 in der elterlichen Wohnung war, als das schwer verletzte Mädchen noch reanimiert wurde. Der Beamte musste mehrfach um Fassung ringen, als er vom Anblick des dreijährigen Mädchens auf dem Wohnzimmerboden in der Wohnung der Angeklagten Melek und Hüseyin Y. (verlinkt auf /regionales/hamburg/article129646229/Videos-von-Yagmur-bringen-Eltern-aus-der-Fassung.html) berichtete. Eine Notärztin versuchte vergeblich, die mit Hämatomen übersäte Yagmur wiederzubeleben. „Prekär auffallend waren die Verletzungen an der Stirn und am Unterarm des Mädchens“, sagte der Zeuge. Die Mutter habe die blauen Flecken und Schwellungen mit einem Sturz auf der Straße wenige Tage zuvor erklärt. Vater brach weinend zusammen Besonders irritiert war der Beamte vom Verhalten der Mutter während der Reanimationsmaßnahmen und unmittelbar nach dem Tod des Kindes. „Sie hat nicht geweint, nicht geschrien -– sie ist ziellos durch die Wohnung gelaufen, hat ein Fenster geöffnet und gesagt, sie brauche Luft“, gab der Beamte an. Gewundert habe ihn auch, dass sich die Eltern während der Reanimation keines Blickes gewürdigt hätten. Der Vater des Mädchens, Hüseyin Y. (verlinkt auf /regionales/hamburg/article129713620/Hueseyin-hat-sich-Sorgen-um-das-Kind-gemacht.html) , sei hingegen weinend im Flur zusammengebrochen, als die Notärztin den Tod der Dreijährigen feststellte, sagte der Beamte. „Sinngemäß hat er etwas wie: ‚Warum musste sie sterben?‘ gerufen.“ Die Staatsanwaltschaft wirft der Mutter Mord aus Hass auf ihre Tochter (verlinkt auf /regionales/hamburg/article128951446/Hass-auf-Tochter-Eltern-schweigen-vor-Gericht.html) vor. Der Vater soll tatenlos mitangesehen haben, wie seine Frau die Dreijährige immer wieder misshandelte. Yagmur war am 18. Dezember 2013 in der Wohnung ihrer Eltern zusammengebrochen, sie starb an inneren Blutungen in Folge eines Leberrisses. Yagmur lebte zu dem Zeitpunkt erst seit wenigen Monaten bei ihren leiblichen Eltern. Zuvor war sie bei einer Pflegemutter und in einem Kinderschutzhaus untergebracht.
WELT
Im Prozess um den Tod der dreijährigen Yagmur aus Hamburg-Billstedt hat am Freitag ein Polizist ausgesagt, der als erster am Tatort eintraf. Er war irritiert vom passiven Verhalten der Mutter.
Regionales
Hamburg
2014-07-04T11:00:49Z
2017-08-27T21:59:38Z
„Mutter lief ziellos durch die Wohnung“
https://www.welt.de//regionales/hamburg/article129790806/Mutter-lief-ziellos-durch-die-Wohnung.html
AirBnB, Wimdu, 9Flats und die Folgen des Zweckentfremdungsverbots für Vermieter
Ganz gleich welches Bild man sich von einem vermeintlich renditehungrigen, rücksichtslosen Vermieter macht – Francesco* passt ganz bestimmt nicht hinein. Der 44-Jährige Italiener lebt im Berliner Stadtteil Friedrichshain in einer bescheidenen 30-Quadratmeter-Eigentumswohnung im Hinterhof. Sein Schicksal treibt ihn jedoch immer wieder in die Heimat. (* = Name geändert) Jeden Monat fährt er für ein paar Tage nach Hause zu seinen Eltern und geht in eine Spezialklinik: Francesco ist HIV positiv und schwerbehindert. Während seiner Abwesenheit möchte er seine Wohnung gelegentlich an Touristen vermieten und sein monatliches Hilfsarbeiter-Einkommen von knapp 600 Euro aufbessern. „Sonst könnte ich mir die Reise gar nicht leisten“, sagt er. Er bietet das kleine Apartment deshalb auf Wohnungsbörsen im Internet an. Doch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg machte ihm jetzt einen Strich durch die Rechnung. So wie in vielen anderen Großstädten gibt es in Berlin ein Gesetz, mit dem die Zweckentfremdung von Wohnraum verhindert werden soll. Vor allem professionelle Vermieter, die ganze Wohnungen an Touristen vermieten, sollen ausgebremst werden. Dass jedoch auch jemand wie Francesco von dem Verbot der Zweckentfremdung betroffen sein könnte, war wohl nicht beabsichtigt. Trotzdem wurde sein Genehmigungsantrag vergangene Woche ohne Begründung abgelehnt. Wie er jetzt seine Fahrten in die Klinik, die ihn seit Jahren behandelt, bezahlen soll, weiß er nicht. „Ich könnte meine Wohnung verkaufen, aber bei den hohen Mieten wäre das Geld schnell wieder weg“, sagt er. Wohnungsmarkt-Deserteure Politikern und vielen Verbänden sind die rasant wachsenden Wohnungsbörsen wie AirBnB (verlinkt auf /reise/article154159863/Airbnb-Anbietern-droht-Bussgeld-von-100-000-Euro.html) oder die deutsche Variante Wimdu ein Dorn im Auge. Auf den digitalen Vermittlungsplattformen sind Zehntausende Wohnungen gelistet – von der Wohnzimmercouch bis zum 200-Quadratmeter-Loft. Manche davon werden gar nicht erst regulären Mietern angeboten, sondern ausschließlich auf Onlinebörsen eingestellt. Denn Touristen zahlen schon für eine Woche mehr als ein regulärer Mieter im Monat. Entsprechend aufgeheizt ist die Diskussion über Ferienwohnungen. In Zeiten des Wohnungsnotstands gelten deren Vermieter als Wohnungsmarkt-Deserteure und Ausbeuter. Die Hotelbranche zetert über die Konkurrenz aus dem Internet. Mietervereine blasen zur Jagd auf die Anbieter. Und statt zügig Baugenehmigungen zu erteilen, verschärfen die Stadtregierungen nicht nur in Berlin lieber die Regeln – mit fragwürdigen Folgen, wie der Italien-Pendler Francesco zu spüren bekam. Ab 1. Mai benötigt jeder Vermieter einer Ferienwohnung in Berlin zwingend eine Erlaubnis für die zeitweise Vermietung. Wer im Falle einer Überprüfung keine Genehmigung vorweisen kann, muss mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 Euro rechnen. In dem „Gesetz über das Verbot zur Zweckentfremdung von Wohnraum“ ist jedoch nicht klar geregelt, bei welcher Art Wohnungen und ab welchem Zeitraum eine Zweckentfremdung vorliegt. Es ist lediglich die Rede von einer „wiederholten nach Tagen oder Wochen bemessenen Vermietung als Ferienwohnung oder einer Fremdenbeherbergung“. Der auf Miet- und Eigentumsrecht spezialisierte Berliner Rechtsanwalt Lukas Wenderoth sieht eine Klagewelle auf die Gerichte zurollen. „Weiten Teilen der Öffentlichkeit ist die Bedeutung des Zweckentfremdungsverbots noch gar nicht klar: Alles, was nach dem Baurecht als Wohnraum ausgewiesen ist, darf grundsätzlich nur noch klassisch als Wohnung vermietet werden. Selbst die eigene Wohnung während des Urlaubs zu vermieten, ist nach Auffassung der Bezirksämter unzulässig.“ Die rund 40.000 Wohnungen, die unter anderem als Arzt- oder Anwaltspraxis genutzt werden, sind dagegen nicht betroffen. Ein Widerspruch, bemängelt Wenderoth. 46.000 Unterkünfte für Touristen Überraschend erklärte der Berliner Staatssekretär Engelbert Lütke Daldrup kürzlich einen Teil des Verbots für ungültig. In einem Interview sagte er: „Wenn man selber in der Wohnung wohnt, mehr als die Hälfte davon auch wirklich zum Wohnen nutzt, und dann ein Zimmer vermietet – dann ist das okay.“ Die Mitarbeiter in den Bezirken jedoch scheint das nicht zu interessieren. In den Behörden stapeln sich die Anträge. Und Rechtsanwalt Wenderoth beobachtet, zurzeit würden so gut wie keine Anträge genehmigt. Auch Dieter Vogelsangs* Ferienwohnung in Berlin-Charlottenburg dürfte davon betroffen sein. Er hat selbst 23 Jahre lang ein Hotel in Berlin-Charlottenburg geleitet. „Da ich lange selbstständig war und nur 400 Euro Rente beziehe, benötige ich die Einnahmen aus der Ferienwohnung, um meinen Lebensabend zu bestreiten. Ich will nicht von staatlicher Hilfe abhängig sein“, sagt er. Vogelsang ist sauer auf seine früheren Kollegen aus der Beherbergungsbranche. „Ich sehe in dem Gesetz vor allem ein Resultat der starken Hotellobby“, sagt er. Tatsächlich scheint die Branche etwas aus der Fassung zu sein. Mit Fehlbelegungs-Studien und verzweifelten Argumenten, wie etwa fehlendem Brandschutz in Privatunterkünften, versucht sie, gegen die Konkurrenz vorzugehen. Dass sie schlicht nicht das passende Produkt für Millionen von Touristen anbietet, scheint nicht im Vordergrund zu stehen. „Eine wachsende Anzahl von Touristen will einfach ein paar Tage in einer attraktiven Großstadt verbringen und dabei nicht in einem klassischen Hotelzimmer leben“, sagt Stefan Brauckmann, Leiter Research & Analyse des Immobilienentwicklers GBI. „Der Grund dafür liegt oft im Preis: Da man sich selbst Essen zubereiten kann und typische Serviceleistungen eines Hotels entfallen, spart das Kosten.“ Die GBI entwickelt unter anderem Hotel-Immobilien und hat in Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern untersucht, wie viele Wohnungen in den Online-Portalen Airbnb, Wimdu, 9Flats regelmäßig angeboten werden. Kleinst-Unterkünfte, einzelne Zimmer oder Schlafgelegenheiten ohne eigenes Bad und WC wurden nicht gezählt. Das Ergebnis der Studie, die der „Welt am Sonntag“ vorliegt: Deutschlandweit werden 46.400 Privatunterkünfte dauerhaft an Touristen vermietet. „Somit übernachtet faktisch etwa jeder elfte Städtereisende bei AirBnB & Co.“, so Brauckmann. Allein in Berlin wurden 24.000 Wohnungen in den verschiedenen Online-Portalen gezählt, davon seien 14.400 vollständige Wohnungen, so wie jene von Francesco oder Dieter. Zweifel an Verfassungsmäßigkeit Die GBI-Rechnung ist nicht repräsentativ. Dennoch macht sie deutlich: Würden auch andere Städte ein Zweckentfremdungsverbot so streng auslegen wie die Berliner Behörden, wäre ein großer Teil des Sharing-Geschäfts dahin. Allerdings sind andere Städte im Umgang mit den Vermittlungsportalen zurzeit noch milde. In Hamburg ist entscheidend, dass „der Charakter der Wohnnutzung erhalten bleibt.“ Eine vorübergehende Vermietung ist in der Hansestadt erlaubt. In Berlin sucht AirBnB (verlinkt auf /reise/Fern/article153213330/Diese-Holzhuette-ist-die-beliebteste-Wohnung-bei-Airbnb.html) verzweifelt den Kontakt zu den Behörden. „Wir möchten gemeinsam mit der Stadt Maßnahmen entwickeln, um die Berliner Bürger zu unterstützen, die ihr eigenes Zuhause gelegentlich mit Gästen aus aller Welt teilen“, lässt Airbnb mitteilen. Daran scheint der Senat zurzeit jedoch kein Interesse zu haben. Im Gegenteil. Staatssekretär Lütke Daldrup kündigte an, bis zu 30 zusätzliche Beamte einzustellen, um ordnungswidrig vermietete Wohnungen im Internet aufzuspüren. Unterstützt werden sie dabei von privaten Initiativen und vom Berliner Mieterverein. Auf seiner Website (verlinkt auf http://www.berliner-mieterverein.de/recht/infoblaetter/fl115.htm) ruft der Verein explizit zur Ferienwohnungs-Jagd auf: „Ohne die Mithilfe der Bewohner wird die Verfolgung der Zweckentfremdung ein stumpfes Schwert bleiben.“ Darunter gibt es die fertige Musteranzeige (verlinkt auf http://www.berliner-mieterverein.de/uploads/2014/04/meldebogen-zweckentfremdung.pdf) für mitteilungsfreudige Mieter zum herunterladen. Am Ende könnte das Zweckentfremdungsverbot, so wie es jetzt formuliert ist, vor dem Verfassungsgericht scheitern. Denn nach Ansicht von Juristen sind das Eigentumsrecht und das Recht auf Gewerbefreiheit eingeschränkt. Das Online-Portal Wimdu.de (verlinkt auf http://www.wimdu.de/) , eine vom Investor Rocket Internet in Deutschland gegründete AirBnB-Alternative, hat deshalb vergangene Woche Klage gegen das Land Berlin eingereicht. Der Verfasser der Klage, Helge Sodan, war jahrelang selbst Präsident des Verfassungsgerichtshofs Berlin. Er hält es sogar für möglich, die Regelung noch vor dem Sommer wieder zu Fall zu bringen.
Michael Fabricius
Zweckentfremdungsverbot: Ab 1. Mai benötigen Berliner Vermieter, die bei AirBnB, Wimdu oder 9Flats gut verdienen, eine offizielle Erlaubnis. Parallel gehen die Städte auf Wohnungsjagd. Sehr rabiat.
Finanzen
Immobilien
2016-04-19T14:20:55Z
2016-04-19T16:55:27Z
AirBnB-Jäger setzen auf petzende Nachbarn
https://www.welt.de//finanzen/immobilien/article154519516/AirBnB-Jaeger-setzen-auf-petzende-Nachbarn.html
Wolfgang Schäuble: “Griechenland hat ein Problem mit seinen Eliten“
Wolfgang Schäuble macht die Arbeit Spaß. Das sieht man, wenn man ihm im Finanzministerium besucht. Der Minister, der ununterbrochen unterwegs ist, wirkt nicht wie einer, der nach der Bundestagswahl 2013 aufhören will. Er kandidiere sicherlich nicht für den Bundestag, „um mich anschließend auf Nebeneinkünfte zu konzentrieren“, sagt er. Der 70-jährige Schäuble will es noch einmal wissen. Für das Sorgenkind Griechenland ist das eher keine gute Nachricht. Welt am Sonntag: Herr Minister, in Athen hat die Regierung unter Mühen neue Reformen verabschiedet, vor dem Parlament gibt es Straßenschlachten. Hat das Land eine Chance, in der Euro-Zone zu gesunden? Wolfgang Schäuble: Es gibt für Griechenland einen Weg innerhalb der Euro-Zone, aber der ist hart, denn es müssen Versäumnisse von vielen Jahrzehnten aufgeholt werden. Die Regierung muss ihre Bürger von den notwendigen Reformen überzeugen. Wenn es weitere Hilfe der Europäer geben soll, muss Griechenland glaubhaft machen, dass es gewillt es, diesen schwierigen Weg zu gehen. Welt am Sonntag: Am 16. November muss Athen kurzfristige Anleihen (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/anleihen/) im Wert von 3,1 Milliarden Euro tilgen. Wann gibt Europa die nächste Hilfstranche frei, um das Land vor der Pleite zu bewahren? Schäuble: Diese Fragen müssten Sie eigentlich an meine griechischen Kollegen richten und nicht an den deutschen Finanzminister. Niemand in der Euro-Zone hat ein Problem damit, der Auszahlung der nächsten Tranche zuzustimmen – aber nur, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Und dafür muss die Athener Regierung sorgen. Das griechische Parlament hat am Mittwochabend Maßnahmen beschlossen, die eigentlich bis Ende Juni umgesetzt hätten sein sollen. Diese Beschlüsse müssen jetzt von der Troika bewertet werden, wie auch der Haushaltsplan, den das Parlament am Sonntag verabschieden will. Die Euro-Gruppe und der IWF müssen sicher sein, dass alles Vereinbarte umgesetzt wird. Welt am Sonntag: Dann werden Sie am Montag beim Treffen der Euro-Finanzminister kaum über die Auszahlung der 31,5 Milliarden Euro entscheiden können. (verlinkt auf /wirtschaft/article110883593/Troika-will-von-Athen-Namenslisten-Entlassener.html) Schäuble: Es sieht momentan nicht so aus, dass wir am Montag einen fertigen, vollständigen Troika-Bericht bekommen können, zumal das griechische Parlament erst am Sonntag den Haushalt beschließt. Plus Prüfung durch die Troika. Zudem wollen wir bessere Kontrollmechanismen – Sie kennen die Diskussion um beispielsweise ein Sperrkonto. Aber darüber verhandeln wir noch. Welt am Sonntag: Das bedeutet, dass Griechenland die nächste Kredittranche kaum pünktlich zum 16. November erhalten wird. Wie soll es seine Schulden (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/schulden/) bedienen? Schäuble: Wir haben den Zeitdruck nicht zu verantworten. Alle Beteiligten kennen den Termin seit Langem. Zudem: Wenn wir einen Troika-Bericht haben, bei dem wir empfehlen können, der Auszahlung zuzustimmen, müssen wir in den Bundestag. Und auch dem kann man das Recht nicht nehmen, zu prüfen, zu diskutieren und dann zu entscheiden. Wir alle in der Euro-Gruppe und im IWF wollen Griechenland helfen, aber wir lassen uns nicht unter Druck setzen. Welt am Sonntag: Wie erklären Sie den deutschen Steuerzahlern, dass sie mit ihrem Geld für Athens Schulden haften, die Elite des Landes sich hingegen auf Steuerhinterziehung konzentriert und keinen Beitrag leistet? Schäuble: Wenn Staaten vor großen Schwierigkeiten stehen, liegt es meistens an einem Versagen der Eliten, und es ist normalerweise nicht die Schuld des kleinen Mannes. Auch Griechenland hat ein Problem mit seinen Eliten, das ist wahr. Natürlich ist es ärgerlich, wenn viele reiche Griechen keine Steuern zahlen. Aber machen wir uns nichts vor: Man wird das Land nicht mit den Steuern einiger Wohlhabender sanieren können. Um wieder wettbewerbsfähig zu werden, ist ein schmerzlicher und umfassender Anpassungsprozess, der alle Bereiche umfasst, notwendig. Und das bedeutet, dass die breite Masse der Bevölkerung davon betroffen ist. Das ist schmerzhaft, das ist zum Teil ungerecht, das ist im Einzelfall sicherlich auch mit Leid verbunden, und das verlangt unseren Respekt und unser Mitgefühl, aber der Prozess ist unvermeidlich. Welt am Sonntag: Hat sich die Troika lange Zeit zu sehr auf Sparmaßnahmen konzentriert und zu wenig auf Strukturreformen? Schäuble: Die Griechen haben beachtliche Anstrengungen bei den Staatsfinanzen erbracht. Bei der Umsetzung der Strukturreformen hinken sie hinterher. Und deshalb sehen wir auch noch nicht die gewünschten Ergebnisse beim Wirtschaftswachstum. Welt am Sonntag: Sie sehen keine Fehler bei der Konzeptionierung der Hilfsprogramme? Die Auflagen sind richtig, sie wurden nur unzureichend umgesetzt? Schäuble: Ich bin zu sehr Protestant, um zu sagen: Wir haben überhaupt keinen Fehler gemacht. Aber ich kann nicht erkennen, wo die beiden Hilfsprogramme falsch konzipiert sein sollen. Wir haben von Anfang an auch Strukturreformen eingefordert. Eines allerdings stimmt: Im Nachhinein erscheinen die Erwartungen, mit denen wir gearbeitet haben, sehr optimistisch. Deswegen liegt mir jetzt umso mehr an realistischen Annahmen. Welt am Sonntag: Was bedeutet das für das Ziel, den Schuldenstand bis 2020 auf 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken? Momentan liegt er bei 170 Prozent. Entweder das Wirtschaftswachstum explodiert in den kommenden Jahren, was unrealistisch ist – oder jemand muss auf seine Forderungen verzichten. Schäuble: Niemand behauptet, dass es einfach wäre. Griechenland befindet sich momentan in einer schweren Anpassungskrise. Der Schuldenstand bewegt sich nicht in die richtige Richtung. Aber dafür lassen sich Lösungen finden. Wichtig ist zunächst die Bereitschaft der Griechen, wirklich etwas an den Strukturen ändern zu wollen. Welt am Sonntag: Wenn man sieht, wie sehr sich politische Elite und Bevölkerung gegen Reformen wehren, bleibt nur ein Schluss: Das Land wird mit Ende des zweiten Rettungsprogramms im Jahr 2014 nie auf eigenen Füßen stehen. Es gleitet in eine Dauerabhängigkeit. Schäuble: Eine Dauerabhängigkeit ist keine Lösung. Wir müssen einen Weg finden, dass Griechenland wieder wettbewerbsfähig wird. Das ist ein schmerzhafter Weg. Von dessen Richtigkeit muss die Regierung die Bevölkerung überzeugen. Ich habe großen Respekt vor der Souveränität des griechischen Volkes. Es muss sich entscheiden, ob es die Lasten tragen will. Wir können den Griechen das nicht abnehmen. Welt am Sonntag: Ein anderer Problemfall, viel kleiner, aber ebenso unangenehm: Zypern. Geht da irgendetwas vorwärts? Schäuble: Bisher gehen die Gespräche zwischen der Troika und Zypern nur sehr langsam vonstatten. Wahrscheinlich können wir uns daher erst 2013 in der Euro-Gruppe vertieft mit dem Antrag beschäftigen. Es ist noch einiges zu klären, insbesondere auch das Verhältnis zu ausländischen Kreditgebern, darunter Russland. Zypern ist von der Dimension her kleiner, es ist aber über den Bankensektor sehr eng mit Griechenland verflochten. Welt am Sonntag: Und es ist politisch heikel für die Bundesregierung. Es könnte der Eindruck entstehen, dass dort mit deutschen Steuergeldern das Schwarzgeld russischer Oligarchen gerettet wird. Schäuble: Ich bin kein Freund von simplifizierenden Schlagzeilen. Verantwortliche Politik funktioniert so nicht. Wir müssen versuchen, alle Fragen zu klären, dann richtige Entscheidungen fällen und dann unsere Politik den Bürgern, dem Souverän, zu vermitteln. Auch und gerade wenn es um potenziell unpopuläre Hilfe für Banken geht. Man muss sich aber nur mal einen nur zweitägigen Zusammenbruch des Bankensystems vorstellen, um zu schaudern. Das ist, als ob in einer Volkswirtschaft die Stromversorgung zusammenbricht, dann geht nichts mehr. Welt am Sonntag: Sie dringen in vielen Ländern auf harte Einschnitte, daheim verteilt die Bundesregierung neue Wohltaten. In dieser Woche wurde das Betreuungsgeld auf den Weg gebracht. Wie sehr ärgert das den Finanzminister? Schäuble: Wir haben das Betreuungsgeld schon in der großen Koalition mit den Sozialdemokraten verabredet und am Anfang dieser Legislaturperiode mit der FDP dann wieder. Und es gibt ja durchaus auch valide Argumente für das Betreuungsgeld. Die Debatte ist aufgeregt, der Finanzminister ist entspannt. Denn das Betreuungsgeld ist in unserer Finanzplanung bereits berücksichtigt. Welt am Sonntag: Aber der Eindruck ist verheerend. Während Sie am vergangenen Wochenende beim G-20-Gipfel anderen Haushaltsdisziplin predigten, verteilte die Koalition Wahlgeschenke. Schäuble: Moment. Wir erfüllen alle unsere Verpflichtungen. Wir werden unser Defizit, wie in Toronto vereinbart, bis zum kommenden Jahr halbieren. Übrigens alle Länder der Euro-Zone, die den G-20 angehören, Deutschland, Frankreich und Italien, erfüllen diese Ziele. Wir haben aber auch abgesprochen, dass wir es nicht übertreiben. Beim G-20-Gipfel wurde vor allem über die weltweite Konjunkturabschwächung gesprochen. Die wird mit dem Abbau der überbordenden Staatsverschuldung zum Teil einhergehen. Das eine wird ohne das andere schwerlich möglich sein. Wir müssen uns mit etwas moderateren Wachstumsraten abfinden. Welt am Sonntag: Der Sachverständigenrat hat die jüngsten Beschlüsse der Koalition scharf kritisiert und Ihnen mangelnden Sparehrgeiz vorgeworfen. Schäuble: Ich nehme den Sachverständigenrat ernst. Aber ich muss nochmals betonen: Wir erfüllen alle Vorgaben. Oder präziser: Wir übererfüllen alle Vorgaben. Die Schuldenbremse haben wir deutlich schneller angezogen, als es das Grundgesetz eigentlich vorschreibt. Wir erreichen das Endziel drei Jahre früher als von der Verfassung gefordert. Wenn wir schon so ehrgeizig und erfolgreich sind, finde ich aber, dass wir schon unsere europäischen und globalen Verpflichtungen erfüllen müssen. Das fordert auch der Sachverständigenrat. Deshalb kann ich jetzt nicht noch radikaler auf die Bremse treten. Im Übrigen: Die Koalition hat nichts beschlossen, was die Haushaltspolitik beeinträchtigen würde. Welt am Sonntag: Einspruch: Sie drehen wichtige Strukturreformen zurück. Die Praxisgebühr wird abgeschafft. All das wird eines Tages Geld kosten. Schäuble: Wir brauchen im Gesundheitswesen in der Tat Steuerungsinstrumente. Deshalb kann man sich über die Signalwirkung streiten, jetzt die Praxisgebühr abzuschaffen. Aber irgendwann muss man sich einigen. Nun ist es so beschlossen. Klar ist: Unsere sozialen Sicherungssysteme müssen langfristig finanzierbar bleiben. Das ist gerade im Gesundheitswesen eine große Aufgabe. Aber ich bin ja nicht Gesundheitsminister. Welt am Sonntag: Hat Sie jemand aus dem Koalitionsausschuss in Mexiko angerufen? Schäuble: Nein, ich war im Vorfeld in alle finanzwirksamen Entscheidungen eingebunden. Nach meiner Rückkehr von einem sehr erfolgreichen G-20-Treffen aus Mexiko – ich nenne hier nur die Stichwörter Finanzmarktregulierung und Steuern bei global agierenden beziehungsweise Internetkonzernen – musste ich dann noch ein bisschen dem einen oder anderen Kollegen erklären, was genau beim Koalitionsgipfel beschlossen wurde, damit keine Missverständnisse aufkommen. Wir werden für kommendes Jahr einen Haushalt verabschieden, der bereits drei Jahre vor dem vom Grundgesetz gesetzten Zeitpunkt die Zielmarke der Schuldenbremse erreicht, also mit einem strukturellen Defizit von weniger als 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Und für 2014 wollen wir einen Haushalt ohne strukturelle Neuverschuldung vorlegen. Das ist ehrgeizig, und das wird kein Zuckerschlecken, aber eines darf ich doch festhalten: In allen Jahren haben wir unsere Haushaltsziele stets übererfüllt. Welt am Sonntag: War das ein Verdienst der Koalition oder eher der guten Konjunktur (verlinkt auf /wirtschaft/article110666716/Sinkende-Zinskosten-sind-Steilvorlage-fuer-Koalition.html) ? Schäuble: Das war in erster Linie das Verdienst einer Politik, die dazu geführt hat, dass sich der Arbeitsmarkt besser entwickelt als zu Zeiten der rot-grünen Koalition. Und damit steigen die Einnahmen. Es ist natürlich nicht der Finanzminister alleine. Es ist die ganze Bundesregierung. Aber es war auch ein Finanzminister, der als stur gilt, wenn es darum geht, Mehrausgaben zu verhindern. Ich habe sehr darauf Wert gelegt, dass wir den Koalitionsvertrag mit dem Gebot der Konsolidierung erfüllen. Und genau das tun wir. Diese Bundesregierung sorgt für ein gutes Wirtschaftsklima in Deutschland. Welt am Sonntag: Wie viel müssen Sie denn noch einsparen, um Ihr großes Ziel eines strukturell ausgeglichenen Haushalt erreichen zu können? Schäuble: Das hängt von der Entwicklung der Steuereinnahmen ab und vom Arbeitsmarkt. Aber es werden wahrscheinlich schon ein bis zwei Prozent des Bundeshaushalts… Welt am Sonntag: … also drei bis sechs Milliarden Euro. Das ist eine Menge Geld. Soll mit dem Rasenmäher in allen Bereichen gekürzt werden? Schäuble: Nein. Der Rasenmäher ist ein Instrument für die Gartenpflege, aber nicht für die Finanzpolitik. Welt am Sonntag: Wird das Ihr letzter Haushalt, oder wollen Sie nach der Bundestagswahl 2013 wieder Finanzminister werden? Schäuble: Ich mache die Aufgabe sehr gerne, aber ich zerbreche mir jetzt nicht den Kopf, was in der nächsten Legislaturperiode sein wird. Ich habe jetzt die Entscheidung getroffen, wieder für den Bundestag zu kandidieren. Das mache ich sicherlich nicht, um mich anschließend auf Nebeneinkünfte zu konzentrieren. Aber jetzt mache ich erst einmal meinen Job, dann kommt die Wahl, und dann sieht man weiter. Es liegt alles in den Händen der Bürger. Welt am Sonntag: Sie sind 70 Jahre alt und trotzdem mit viel Einsatz unterwegs. Ein Ruhestand auf Sylt wäre nichts für Sie? Schäuble: Also, im Winter wäre es mir da zu kalt. Aber nun im Ernst: Ich mache Politik mit Leidenschaft und Freude. Wenn das nicht so wäre, hätte ich meinen Freunden in Offenburg nicht gesagt, dass ich bereitstehen würde, nochmals für den Bundestag zu kandidieren, wenn sie das wollten. Jetzt schauen wir mal, was kommt. Aber ich weiß natürlich auch, dass alles endlich ist und niemand unersetzlich ist.
Jan Dams, Jan Hildebrand
Klartext vom Finanzminister: Wolfgang Schäuble über die Athener Oberschicht, die Verzögerungen beim Hilfsprogramm, die Wohltaten der Bundesregierung – und seine erneute Kandidatur für den Bundestag.
Wirtschaft
2012-11-11T07:24:21Z
2012-11-22T08:49:43Z
“Griechenland hat ein Problem mit seinen Eliten“
https://www.welt.de//wirtschaft/article110890380/Griechenland-hat-ein-Problem-mit-seinen-Eliten.html
Naher Osten: EU prüft Aufnahme von Hisbollah in Terror-Liste
Die Europäische Union untersucht nunmehr ganz offiziell, den militärischen Zweig der Hisbollah auf die EU-Terrorliste zu setzen (verlinkt auf /politik/deutschland/article113524201/Aussenexperten-Hisbollah-muss-auf-EU-Terrorliste.html) . Den Antrag auf den Beginn eines solchen Verfahrens stellte Großbritannien, wie ein EU-Diplomat am Dienstag in Brüssel sagte. Das Thema soll demnach „Anfang Juni“ diskutiert werden. Die bulgarische Regierung macht die Hisbollah für einen Anschlag auf einen Bus mit israelischen Touristen (verlinkt auf /politik/ausland/article113433888/Merkel-fordert-Konsequenzen-aus-Anschlag-in-Burgas.html) in Bulgarien im Juli 2012 verantwortlich, bei dem fünf Israelis und der bulgarische Busfahrer getötet wurden. Die US-Regierung forderte daraufhin die EU auf, die Hisbollah als Terrororganisation einzustufen, wie die Regierung in Washington es seit 1995 tut. Auch Israels Präsident Schimon Peres forderte bei einem Besuch in Brüssel im März, die Hisbollah auf diese Liste zu setzen. Deutschland und Frankreich standen dem zunächst zurückhaltend gegenüber. Die EU-Terrorliste wurde als Reaktion auf die Terroranschläge am 11. September 2001 in den USA geschaffen, die Vermögen der darauf geführten Gruppen und Personen in der EU werden eingefroren, ihre finanzielle Unterstützung ist verboten. Außerdem gelten verstärkte Maßnahmen zur Polizei- und Justizzusammenarbeit. Bundesinnenminister ist aufgeschlossen Voraussetzung sind schlüssige Hinweise auf die Verwicklung von Gruppen oder Einzeltätern in geplante oder bereits begangene „terroristische Handlungen“ wie etwa Anschläge, Geiselnahmen oder Angriffe auf die Infrastruktur. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ist einem solchen Schritt gegenüber nunmehr offen. Wie der „ Spiegel (verlinkt auf http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/innenminister-friedrich-erhoeht-druck-auf-die-hisbollah-a-898087.html) “ Anfang Mai berichtete, bat Friedrich in einem Brief an seine Kollegen in Zypern und Bulgarien um belastbare Hinweise, die zu einer Aufnahme der schiitischen Organisation auf die EU-Liste von Terrorgruppen führen könnten. Sollten entsprechende Fakten vorliegen, stehe „die Bundesregierung einer EU-Listung positiv gegenüber“, zitierte der „Spiegel“ den Minister.
WELT
Die Europäische Union plant nun offiziell, den militärischen Arm der libanesischen Hisbollah-Bewegung auf die EU-Terrorliste zu setzen. Hintergrund ist der Busanschlag in Bulgarien.
Politik
Ausland
2013-05-21T11:32:08Z
2015-10-06T06:33:18Z
EU prüft Aufnahme von Hisbollah in Terror-Liste
https://www.welt.de//politik/ausland/article116378886/EU-prueft-Aufnahme-von-Hisbollah-in-Terror-Liste.html
Antidiskriminierungsgesetz: Rot-Grün will nachbessern
Die SPD will das von Rot-Grün geplante Antidiskriminierungsgesetz entschärfen. Nach den Ministern Otto Schily und Wolfgang Clement haben auch Hans Eichel und Renate Schmidt (alle SPD) Bedenken gegen unnötige Bürokratie angemeldet. "Wenn wir den Bürokratieabbau ernst nehmen, dürfen wir beim Antidiskriminierungsgesetz nicht noch draufsatteln", heißt es in Eichels Umfeld. Auch Schmidt zeigt Verständnis für die Kritik der Wirtschaft. Deren berechtigte Diskussionswünsche müßte die Koalition aufnehmen. Es bestehe zwar kein Zweifel, daß entsprechende EU-Richtlinien umgesetzt werden müßten, aber: "Es darf nicht nutzlose und zusätzliche Bürokratie beim Staat und bei den Unternehmen aufgebaut werden." Ähnlich hatte sich Schily geäußert, der eine Rücknahme des Gesetzes fordert. Das Bundeskabinett will zu dem Gesetz keinen eigenen Vorstoß mehr unternehmen. Wie der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg erklärte, werde das Kabinett aber die Ergebnisse der am Montag stattfindenden Anhörung im Bundestag diskutieren. Für die Anhörung im Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bewerten die Sachverständigen in Stellungnahmen zwar meist das Ziel des Gesetzes positiv, Diskriminierungen zu verhindern. Zugleich wird aber das "Hinausschießen" über die EU-Vorgaben kritisiert. Etliche Experten verlangen, die Eingriffe in das Zivilrecht auf Benachteiligungen des Geschlechts, der Rasse und ethnischen Herkunft zu beschränken. Der Gesetzentwurf sieht weitere Kriterien wie Religion, Weltanschauung, sexuelle Orientierung, Alter oder Behinderung vor. Der Koalitionspartner zeigt sich nach interner Kritik erstmals offen für Nachbesserungen. "Sachkundige Anregungen und Änderungsvorschläge" seien erwünscht, sagte Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck. Dazu diene das parlamentarische Verfahren. "Wir werden alle Argumente sorgfältig prüfen und sachlich überzeugende Vorschläge berücksichtigen", verspricht Beck. Die Debatte um das Gesetz nannte er allerdings "unverständlich". Die Koalitionsfraktionen hätten den Entwurf bis ins Detail mit allen zuständigen Bundesministerien abgestimmt. Die Union unterstützt die Kritik der Minister. CDU-Generalsekretär Volker Kauder erklärte, die Minister seien auf dem richtigen Weg. Er forderte ein Machtwort des Kanzlers: Schröder müsse das Gesetz "vom Tisch nehmen - auch gegen den Willen der Grünen". Deren "Luxusgesetze" könne sich Deutschland nicht leisten. Der Wirtschaftsexperte der CSU-Landesgruppe, Johannes Singhammer, sprach von einer "Konfusion bei der SPD". Die Koalition müsse ihr Gesetz zurückziehen. Andernfalls koste "diese Sturheit 300 000 weitere Arbeitsplätze."
MLU
Antidiskriminierungsgesetz: Rot-Grün will nachbessern
Print-welt
2005-03-04T23:00:00Z
2011-11-16T11:13:32Z
Antidiskriminierungsgesetz: Rot-Grün will nachbessern
https://www.welt.de//print-welt/article556324/Antidiskriminierungsgesetz-Rot-Gruen-will-nachbessern.html
Hamburger SV: Emir Spahic soll gleich die Chefrolle einnehmen
Emir Spahic ist einer der umstrittensten Spieler der Fußball-Bundesliga, doch Bruno Labbadia will den Bosnier beim HSV zur Führungskraft aufbauen. „Er wird ein entscheidender Teil unserer Achse“, sagte der Trainer des Hamburger SV (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/hamburger-sv/) über den 34 Jahre alten Verteidiger. Nach dessen Rauswurf in Leverkusen infolge einer Prügelei gegen Bayer-Ordner schien die Karriere des Auswahlspielers schon beendet, doch in Hamburg erhält der Routinier eine zweite, wohl letzte Chance zur Bewährung. „Seine Reue wirkte nicht gespielt“, begründete Labbadia seine Entscheidung nach einer langen Unterredung mit dem Bosnier beim gemeinsamen Abendessen. Als der HSV (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/hamburger-sv/) Anfang Juli den Transfer des sportlich über alle Zweifel erhabenen, wegen seiner Ausfälle aber umstrittenen Spielers bekannt gab, schlugen selbst im eigenen Lager die Wogen hoch. Nicht wenige Anhänger glaubten, der HSV hole sich mit dem ganz und gar nicht pflegeleichten Profi neue Probleme ins Haus. Auch Labbadia war skeptisch: „Ganz ehrlich: Ich hatte zunächst auch große Bedenken, obwohl mir immer klar war, dass er eine große Verstärkung für unsere Mannschaft bedeuten würde“, berichtete der Coach hin- und hergerissen. Nach dem Gespräch unter Männern ging der Daumen des erfahrenen Trainers dann aber doch nach oben. Immerhin habe man „einen Profi der höchsten Qualitätsklasse“ an Land gezogen, betonte Klubchef Dietmar Beiersdorfer. Die Tatsache, dass Spahic ablösefrei ist, eröffnet dem chronisch klammen HSV zudem neuen „Spielraum am Transfermarkt“, wie der Vorstandsvorsitzende ergänzte. „Dank seiner Erfahrung, seiner sportlichen Qualität und seiner Präsenz auf dem Platz kann er zu einem wichtigen Führungsspieler unserer Mannschaft werden“, hofft HSV-Sportdirektor Peter Knäbel. Samstag erster HSV-Härtetest gegen Bielefeld Labbadia will um den 81-maligen bosnischen Internationalen den in der Innenverteidigung nötigen Umbruch beim HSV umsetzen. Die Routiniers Heiko Westermann und Slobodan Rajkovic erhielten keinen neuen Vertrag, Toptalent Jonathan Tah (verlinkt auf /sport/fussball/bundesliga/hamburger-sv/article144037390/Der-HSV-will-die-Tah-Millionen-schnell-ausgeben.html) ist zu Bayer Leverkusen (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/bayer-leverkusen/) gewechselt. Der Schweizer Johan Djourou und der Brasilianer Cleber Reis bewerben sich um den Platz neben Spahic, der im Training bisher überzeugte. „Ich will einfach spielen, einen guten Job machen und zeigen, dass ich noch auf hohem Niveau Fußball spielen kann“, betonte Spahic und meldete sehr zu Labbadias Freude Führungsanspruch an. Im Spiel eins nach dreimonatiger Sperre wegen des Prügeleklats konnte Spahic am Mittwoch bei Jahn Schneverdingen überzeugen und erzielte gar ein Tor. Der erste Härtetest steht am Samstag bei Zweitliga-Aufsteiger Arminia Bielefeld (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/dsc-arminia-bielefeld/) an, doch die Fans konnten schon bestaunen, was Labbadia an dem Neuen schätzt. „Er ist einfach erfahren. Er ist extrem eng und aggressiv am Mann, ist ein Organisator und noch dazu gut am Ball. Das begeistert natürlich“, lobte der Coach. Bayer Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/rudi-voeller/) ist davon überzeugt, dass der beim Werksklub aussortierte Spahic sein Rüpelimage beim HSV bald wieder ablegen kann. „Am Anfang spielt das vielleicht noch eine Rolle, aber mit der Zeit wird sich das ein bisschen beruhigen“, sagte Völler: „Die Trennung damals war unvermeidlich. Ich habe ihm aber gesagt: Du darfst nicht ganz aufhören. Ich freue mich für ihn, dass er noch mal die Chance bekommt zu zeigen, was er kann.“ Viele schöne Worte. Wie so oft in der Vorbereitung. Nun muss Spahic die Versprechen seiner Vorgesetzten einlösen.
WELT
Der HSV versucht, aus der umstrittenen Verpflichtung von Emir Spahic das Beste zu machen. Jeder ist bemüht, den Bosnier in höchsten Tönen zu loben. Denn Trainer Bruno Labbadia hat viel mit ihm vor.
Sport
Fußball
2015-07-18T06:37:00Z
2017-08-25T03:36:35Z
Rüpel Spahic soll beim HSV die Chefrolle einnehmen
https://www.welt.de//sport/fussball/bundesliga/hamburger-sv/article144161480/Ruepel-Spahic-soll-beim-HSV-die-Chefrolle-einnehmen.html
Direktbanken geraten unter Abgabedruck
Ohne klare Tendenz präsentierten sich gestern die deutschen Wachstumswerte. Nachdem die Deutsche Börse den Banken vor Handelsbeginn gestattet hatte, ihre Tätigkeit als "Designated Sponsor" für diesen Handelstag einzustellen, hielten sich diese aus dem Handel weitgehend heraus. Sie beschränkten sich darauf, Kundenaufträge abzuarbeiten. Diese bestanden überwiegend aus Verkaufsorders, so dass der Nemax-50 gleich zum Handelsstart unter die 800-Punkte-Marke abtauchte, die er im späteren Handel jedoch wieder zurückerobern konnte. Die neue historische Tiefmarke wurde bei 787,25 Indexpunkten gesetzt. Bis 16.00 Uhr erholte sich der Index auf 832,91 Zähler, was einem Minus von 0,53 Prozent entspricht. Der marktbreite Nemax-All-Share notierte knapp 0,4 Prozent tiefer bei 864,57 Punkten, nach dem auch hier zwischenzeitlich mit 831,87 Punkten ein neues Rekordtief erreicht worden war. Zu den stärksten Verlierern zählten die Discount-Broker, die zum Teil massive Verluste verbuchten. Es sei momentan nicht einzuschätzen, welche Folgen die Angriffe auf das Finanz- und Börsensystem haben werden, begründete ein Händler. Die Kursverluste seien Ausdruck der Sorge, dass die ohnehin schon dünnen Umsätze an den Börsen nun noch dünner werden könnten. Die heftigsten Abschläge verzeichnete die DAB Bank , die bis zum Nachmittag um 17,2 Prozent auf 8,40 Euro einbrach. Consors verloren 8,6 Prozent auf 9,60 Euro, Comdirect büßten 7,4 Prozent auf 5,51 Euro ein. Mit Abschlägen reagierten die Anleger zunächst auch auf die geplatzten Akquisitionsbemühungen von IDS Scheer . Das Software-Beratungshaus hatte gemeldet, dass die Verhandlungen zur Übernahme des Beratungsgeschäfts der amerikanischen Bristlecone abgebrochen worden seien. Der Kurs von IDS Scheer gab daraufhin kurzzeitig bis auf 9,10 Euro nach, erholte sich aber im Handelsverlauf. Die Analysten bei Sal. Oppenheim hatten die gescheiterte Übernahme zwar als negativ beurteilt, ihr Outperformer-Rating für IDS aber bestätigt. Gleichgültig nahmen die Börsianer hingegen die Umsatz- und Gewinnwarnung des Stuttgarter Software-Unternehmens Heiler auf. Die Schwaben hatten die Verlustprognose für das am 30. September endende Geschäftsjahr von 4,9 auf 5,9 Mio. Euro erhöht. Die Erlöse sollen nun statt acht nur noch sechs Mio. Euro erreichen. Begründet wurde dies mit der Verschiebung von Projekten ins kommende Geschäftsjahr. Die Aktie notierte unverändert bei 86 Euro-Cent. Tagesgewinner war der Herausgeber von Fachmagazinen für PC- und Video-Spiele Computec Media . Ohne erkennbaren Grund verdoppelte sich der Kurs der Aktie. Marktbeobachter führten dies auf Spekulationen von Privatanlegern zurück, die auch bei anderen Titeln mit kleinsten Umsätzen kräftige Kursschwankungen hervorgerufen hätten.
raf/DW
Neuer Markt stabilisiert sich im Handelsverlauf
Print-welt
2001-09-12T22:00:00Z
2011-11-16T20:12:57Z
Direktbanken geraten unter Abgabedruck
https://www.welt.de//print-welt/article475594/Direktbanken-geraten-unter-Abgabedruck.html
Prozess: „Pulver-Kurt“ wollte in seiner Scheune Soldat spielen
Manche Menschen sammeln Briefmarken, andere horten Erstausgaben oder antike Puppen. Kurt N., bis zum Rauswurf im vergangenen Jahr stolzes Mitglied im Reservistenverband der Bundeswehr, liebte alles, was so zu einem Weltkrieg gehört, Orden zum Beispiel, Uniformen (auch der SS), Militärfahrzeuge. Verboten ist das nicht. Doch der 63-Jährige mit dem Faible für nachgespielte Weltkriegsgefechte, sogenannte Re-Enactments, steht dennoch jetzt in Rheinland-Pfalz vor Gericht. Denn "Pulver-Kurt" hat es gewaltig übertrieben mit seiner Militaria-Leidenschaft: Zum Arsenal des Rentners zählten auch sechs Maschinengewehre, sechs Maschinenpistolen, zwölf Gewehre, 18 teilweise recht alte Pistolen und Revolver, unzählige Waffenteile, sieben Handgranaten, eine gute Portion Sprengkörper, eine Antipersonenmine, eine Panzerfaust und nebst zahllosen Patronen gut 100 Kilo Sprengstoff sowie Pyrotechnik. Wegen Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, das Waffen- und das Sprengstoffgesetz drohen dem Mann bis zu fünf Jahre Haft. Einige Waffen besaß er legal Den Großteil hatte Kurt N. in einer gemieteten Scheune in Becherbach gelagert. Das Dörfchen südwestlich von Mainz ahnte nicht, dass es von dem ein paar Kilometer entfernt wohnenden Metallbauer regelrecht auf ein Pulverfass gesetzt worden war. Eher zufällig war die Polizei im Januar 2011 über das explosive Lager gestolpert und bass erstaunt: In Becherbach sei der bis dato "bundesweit größte Waffenfund bei einem Privatmann" gelungen, sagte die Staatsanwaltschaft. Für die Katalogisierung der Waffen benötigte das Landeskriminalamt einige Monate. Dabei kam heraus: Einen Teil der Waffen besaß der frühere Unteroffizier der Bundeswehr, der vor Jahrzehnten 18 Monate gedient haben soll, legal. Kurt N. hatte neben einer Waffenbesitzkarte sogar einen Schwarzpulverschein. In der Becherbacher Ortschronik dürfte der 22. Januar 2011 auf ewig seinen festen Platz haben. Dort, in den sanften Hügeln unweit der Edelsteinstadt Idar-Oberstein, passiert normalerweise nicht viel. An den Anblick von Kriegsgerät und Soldatischem sind die Bürger aber wahrlich gewöhnt. Nicht weit entfernt, in Baumholder, sind seit Jahrzehnten US-Kampfeinheiten stationiert, und ein Truppenübungsplatz unter der Verwaltung der Bundeswehr hat drei Dutzend Schießbahnen und Feuerstellungen für Infanterie, Panzertruppen und Artillerie. Neben den Deutschen und Amerikanern trainieren dort auch andere Nato-Soldaten. Doch am Tag nach der Entdeckung von "Pulver-Kurts" Lager blickte Becherbach gemeinsam mit der ganzen Republik entgeistert auf die Fernsehbilder aus einer vollgestopften Scheune. Ein Sprengstoffexperte beförderte vorsichtig zwei alte Kisten heraus, ferngelenkte Roboter schleppten die Holzboxen mit dem Aufdruck "Nobel Actiengesellschaft" danach im vorsichtigen Schneckentempo auf ein Feld am Ortsrand. Denn die alte Schreibweise hatte die Fachleute fürchteten lassen, dass die Kisten 40 Kilogramm altes Nitroglyzerin enthielten, also jenen extrem empfindlichen Sprengstoff, aus dem die Firma Nobel einst Dynamit produzierte. Hastig wurde der ganze Ort evakuiert, alle 600 Einwohner mussten ihre Häuser verlassen und bei Freunden oder in einer Turnhalle schlafen. Bei Dunkelheit dann jagten Experten vom Landes- und Bundeskriminalamt sowie vom Kampfmittelräumdienst den Fund in die Luft. Brisanter Einsatz vor Ort Es gab einen Blitz und einen lauten Knall, doch Sachschaden hatte nur die Friedhofshalle zu beklagen: Dort ging eine Fensterscheibe zu Bruch. So manchem Beobachter war das Anlass zum Spott: "Viel Rauch um fast nichts", höhnte ein Bewohner. "Das war nie im Leben Nitroglyzerin." Tatsächlich wurde der Verdacht später nie bestätigt. Gut möglich, dass vor allem Feuerwerkskörper oder Übungsmunition hochgegangen war. Im Internet spekulierten Re-Entactment-Fans später, dass es sich sehr wahrscheinlich um TNT gehandelt haben dürfte, einen Sprengstoff also, der anders als Nitroglyzerin ohne geeigneten Zünder nicht explodiert und daher als "handhabbar" gilt. Es wurden sogar Vorwürfe laut, die überflüssige Sprengung habe wahrscheinlich unzählige kleinste Partikel hochgiftigen TNT in der Gegend verteilt und diese damit kontaminiert. Doch sicher hatten sich die Sprengstoff-Fachleute eben nicht sein können. Entsprechend groß war die Anspannung vor der Aktion gewesen. Zwei der Experten mussten nach dem Einsatz sogar nach Hause gebracht werden: Sie waren nicht mehr in der Lage zu fahren. Hilfsbereiter Rentner Der Rentner Kurt N., ein zweifacher Vater, den seine Nachbarn als liebenswert, hilfsbereit und höflich beschrieben, lag zu diesem Zeitpunkt im Krankenhaus. Er hatte einen schweren Schock erlitten, als die Polizei sein Haus gestürmt hatte. Die Beamten hatten im Zusammenhang mit einem anderen Verfahren den Hinweis bekommen, der Hundsbacher wolle eine Waffe kaufen. Die Berichte über die Hausdurchsuchung ließ die Frau aufhorchen, die Kurt N. die Scheune vermietet hatte. Sie informierte die Polizei. Dass N. gern den Soldaten gespielt habe, sei bekannt gewesen, sagte sie später. Aber von dem explosiven Lager in der Nähe ihres Wohnzimmers habe sie nichts geahnt. Nach dem Fund war spekuliert worden, ob Kurt N. womöglich rechtsradikal und Becherbach das Hauptquartier einer unbekannten Neonazi-Organisation gewesen sei. Doch die Staatsanwaltschaft fand keine Hinweise auf einen politischen Hintergrund. Sie hält Kurt N. lediglich für einen waffenverrückten Sammler, auch wenn der Beklagte, dessen Sohn ebenfalls bei den historischen Gefechten mitspielte und mittlerweile wegen Waffenbesitzes verurteilt ist, bereits 2006 einmal im Visier der Behörden war. Damals hatte er in der SS-Uniform eines Militaria-Vereins an einem Re-Enactment-Gefecht in Baumholder teilgenommen. Ein Verfahren wurde aber gegen eine Geldauflage eingestellt, weil die Runen der SS-Uniform abgedeckt waren. Laut Staatsanwalt ist das bei militärhistorischen Veranstaltungen nicht verboten. Kurt N. soll sich auch immer stark gemacht haben dafür, Rechtsradikale aus den historischen Militaria-Vereinen und von nachgespielten Kriegsgefechten, bei denen gestandene Männer im Kübelwagen und in voller Montur Häuserkämpfe oder Feldschlachten nachstellen, fernzuhalten.
Hannelore Crolly
In Bad Kreuznach beginnt der Prozess gegen „Pulver-Kurt“. Noch nie wurden bei einem Privatmann mehr Waffen gefunden. Der 63-Jährige verstieß nicht nur gegen das Sprengstoffgesetz.
Vermischtes
2012-07-24T16:01:24Z
2015-07-29T11:01:44Z
„Pulver-Kurt“ wollte in seiner Scheune Soldat spielen
https://www.welt.de//vermischtes/article108374141/Pulver-Kurt-wollte-in-seiner-Scheune-Soldat-spielen.html
VfL Wolfsburg & HSV: Plötzlich ist Horst Heldt gefragt wie nie
Der Fußball ist schon ein zynisches Miststück. Mit Menschenverachtung spuckt er seine Protagonisten aus, und gerade jetzt vor Weihnachten hat er seine schlimmste Phase. Dietmar Beiersdorfer wird mit reichlich schlechter Laune (verlinkt auf /sport/fussball/bundesliga/hamburger-sv/article160207112/Selbst-die-Entlassung-von-Beiersdorfer-ist-gaga.html) unter dem Weihnachtsbaum sitzen. Und auch Klaus Allofs (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/klaus-allofs/) singt derzeit eher Klagelieder statt „Oh du fröhliche“. Die Bundesliga ist vom Manager-Beben erschüttert worden, Knecht Ruprecht hat ordentlich durchgefegt. Nur einer kriegt das Grinsen derzeit nicht mehr aus dem Gesicht. Horst Heldt (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/horst-heldt/) hatte es im vergangenen Jahr nicht leicht. Im November 2015 erklärte Schalke 04 (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/fc-schalke-04/) ihn offiziell zur lahmen Ente. Er durfte zwar noch Manager bleiben, allerdings nur mit befristeter Laufzeit bis Sommer 2016. Dann verabschiedete er sich, stellte seinen Dienstwagen vor der Geschäftsstelle ab und sagte: „Die Wehmut kommt erst später.“ Dann hatte er frei, immer das Handy in Reichweite, denn mit 47 Jahren ist man ja zu jung für die Rente. Dieses Warten aufs nächste Angebot – wenn es denn kommt – soll eine ziemlich nervige Angelegenheit sein, jedenfalls wenn man Peter Neururer glaubt. „Du hoffst und erwartest ständig, dass jemand anruft. Wenn du nicht im Amt bist, ist das Handy dein Rettungsanker“, sagte der Trainer im Wartestand einmal und erklärte so, warum sein Telefon sogar auf dem Golfplatz immer an ist. Horst Heldt spielt auch gern Golf (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/golf/) , aber irgendwann wird auch das langweilig. Doch mit Managern ist das noch schwieriger als mit Trainern, die im Vergleich zu den Schlipsträgern deutlich häufiger fliegen, aber auch entsprechend gute Chancen auf Wiedereinstellung haben. Zwei Klubs buhlen um Heldt Nun aber ist Heldts Stunde gekommen. In Hamburg und Wolfsburg wurden nahezu parallel die Posten frei. Beim HSV (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/hamburger-sv/) wird ein Sportdirektor gesucht, der unter dem neuen Vorstandsvorsitzenden Heribert Bruchhagen (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/heribert-bruchhagen/) die marode Hanseatentruppe wieder aufmöbelt. Beim VfL ist seit Allofs’ Rausschmiss (verlinkt auf /sport/fussball/article160204447/Heute-soll-Klaus-Allofs-entlassen-werden.html) der Geschäftsführerposten vakant. Und bei beiden Krisenklubs ist Heldt ganz groß im Gespräch. Was auch daran liegt, dass ansonsten nicht sonderlich viele Kandidaten auf dem Markt sind: Matthias Sammer (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/matthias-sammer/) hat derzeit keinen Bock, der ehemalige Karlsruher Manager Jens Todt ist ein Leichtgewicht – und Jürgen Klinsmann (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/juergen-klinsmann/) nicht für Kleinprojekte zu haben. So buhlen also gleich zwei Klubs um den neuen Super-Heldt, und der kann sich aussuchen, wem er seine Gunst schenkt. Vermutlich spielen finanzielle Anreize eine Rolle, allerdings auch die Machtbefugnisse. Beim HSV hätte Heldt mit Bruchhagen einen Vorgesetzten, der ihm vermutlich lange Leine lassen wird. Andererseits schwebt dort auch immer noch Mäzen Klaus-Michael Kühne über allem und lässt Blitze zucken, wenn er sein Geld sinnlos verplempert glaubt. Beim VfL wäre Heldt der Boss – allerdings immer nur ein Boss von VWs Gnaden. Wenn die Volkswagen-Bosse den Daumen senken oder – schlimmer noch – wie angedacht den Geldhahn zudrehen, wird es in Ost-Niedersachsen zappenduster. Heldt hat also die Wahl – nicht gerade zwischen Pest und Cholera, aber auch nicht zwischen Südsee und Karibik. Andererseits: Beides ist immer noch besser, als mit dem Handy über den Golfplatz zu latschen, immer in der Hoffnung auf ein erlösendes Klingeln ...
Lars Wallrodt
Horst Heldt war nach seinem demütigenden Abgang aus Schalke die ärmste Sau des deutschen Fußballs. Nun wird er plötzlich wieder heiß umworben. Die Frage ist: Wer soll sein Herzblatt sein?
Sport
Fußball
2016-12-12T15:56:58Z
2016-12-14T16:41:17Z
Und plötzlich ist Horst wieder der Super-Heldt
https://www.welt.de//sport/fussball/article160224466/Und-ploetzlich-ist-Horst-wieder-der-Super-Heldt.html
Als Radfahrerin: Niederländerin will nach Wunderheilung zu Olympia
Monique van der Vorst steht. Auf ihren eigenen Füßen. Sie stemmt einen Rollstuhl in die Luft. Und lacht. 13 lange Jahre trug dieser Rollstuhl die blonde Niederländerin durchs Leben, jetzt benutzt Monique van der Vorst das Stahlgestell nur noch auf Wunsch des Fotografen. Seit dem "Wunder von Mallorca" vor einem Jahr kann die früher querschnittsgelähmte siebenmalige Handbike-Weltmeisterin wieder laufen. Ab sofort ist die 27-Jährige auch wieder Profisportlerin. Sie fährt für das Frauenteam des Radrennstalls Rabobank. Und träumt von Olympia. "Ich fühle mich sehr geehrt, mich bei Rabobank entwickeln zu können. Das Team hat viel Erfahrung. Darüber hinaus kann ich von Marianne Vos lernen", sagt van der Vorst. Vos ist Olympiasiegerin und Weltmeisterin. Trotzdem glaubt Teamchef Jeroen Blijlevens, dass Vos ebenso wie das gesamte Team im Gegenzug auch von van der Vorst lernen kann: "Alle können von Monique lernen. Sie hat die richtige Mentalität und die Willenskraft. Das hat sie in ihrer gesamten Karriere unter Beweis gestellt." Eine Karriere, die nach persönlichen Schicksalsschlägen in der Welt der Paralympics (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/paralympics/) geschrieben wurde. Im Alter von 13 Jahren traten bei einer Fußgelenkoperation Komplikationen auf, eine Amputation des linken Beins stand im Raum, es blieb gelähmt. Seitdem saß van der Vorst im Rollstuhl, weil auch das rechte Knie in Mitleidenschaft gezogen war. 2007 folgte dann der nächste Schicksalsschlag. Bei einem Autounfall trug sie eine teilweise Querschnittslähmung davon. Dazwischen lagen erfolgreiche Jahre als Handbikerin. Van der Vorst fuhr Titel um Titel ein, wurde Welt- und Europameisterin. "Ich habe nie aufgegeben. Ich habe nach Möglichkeiten gesucht, mein Leben so erfüllt wie möglich zu leben, und bin eine professionelle Athletin geworden", sagte van der Vorst im Rückblick. Höhepunkt ihrer Karriere waren zwei Silbermedaillen bei den Paralympics 2008 in Peking. Auch bei den Spielen nächstes Jahr in London wollte van der Vorst an den Start gehen, um sich diesmal vielleicht Gold zu schnappen. Dieser Traum platzte im November 2010 beim "Wunder von Mallorca", als die Niederländerin nach einem Unfall mit einem Radfahrer wieder Leben in ihren Beinen spürte. Die querschnittsgelähmte Monique van der Vorst konnte wieder gehen, die Paralympics-Athletin Monique van der Vorst war ihren Job los. "Ich habe in der Zeit viel geweint. Ich wusste nicht, wie ich mit der neuen Situation umgehen soll", sagte sie: "Natürlich waren das Tränen der Freude, aber gleichzeitig war auch mein Traum von den Paralympics 2012 in London geplatzt." Van der Vorst setzte sich neue Ziele. Sie lief Langstreckenrennen, trainierte professionell auf dem Rad. Und gewann neue Perspektiven. "Es ist sehr schön, auf jemanden zuzugehen und ihm in die Augen zu schauen", sagte van der Vorst. Ins Auge gefasst hat sie auch wieder die Olympischen Spiele. 2016 in Rio de Janeiro könnte der ehemalige Paralympics-Star wieder um Medaillen kämpfen. Auf dem Rad. Sitzend. Mit den eigenen Beinen strampelnd.
WELT
Monique van Vorst saß 13 Jahre lang im Rollstuhl. Seitdem sie durch ein medizinisches Wunder wieder laufen kann, trainiert sie für ihren großen Traum.
Sport
2011-11-25T13:33:38Z
2012-08-31T12:07:07Z
Niederländerin will nach Wunderheilung zu Olympia
https://www.welt.de//sport/article13735431/Niederlaenderin-will-nach-Wunderheilung-zu-Olympia.html
Indischer Ozean: Yacht mit vier US-Bürgern in Gewalt von Piraten
Somalische Piraten haben im Indischen Ozean eine Segelyacht mit vier US-Bürgern in ihre Gewalt gebracht. Wie Ecoterra International, eine Organisation zur Überwachung der Piraterie, mitteilte, wurde die Yacht „S/V Quest“ rund 450 Kilometer vor der Küste Omans entführt. Die Yacht gehört demnach Jean und Scott Adam, einem US-Rentnerpaar, die seit sieben Jahren um die Welt segeln. Gemäß einem Eintrag von Dezember auf ihrer Webseite (verlinkt auf http://www.svquest.com/2011_travels.htm) wollten sie nach dem indischen Hafen Cochin als nächstes den Hafen Salalah in Oman ansteuern. Nach Angaben von Ecoterra befinden sich derzeit 40 Schiffe mit 800 Seeleuten in der Gewalt somalischer Piraten. Die überwiegende Zahl der gekaperten Schiffe sind kommerzielle Frachter, doch wurden in der Vergangenheit auch wiederholt private Yachten entführt. Im Gegensatz zu den Frachtschiffen ist bei den Yachten nicht das Schiff selbst von Wert für die Entführer, sondern allein die Besatzung. Um die Befreiung der Geiseln zu verhindern, brachten die Piraten die Segler wiederholt an Land.
WELT
Vor der Küste von Oman haben Piraten eine Yacht mit vier US-Bürgern gekapert. Mehr noch als bei Frachtschiffen ist die Besatzung in besonders großer Gefahr.
Vermischtes
Weltgeschehen
2011-02-19T11:24:44Z
2015-10-03T14:25:37Z
Yacht mit vier US-Bürgern in Gewalt von Piraten
https://www.welt.de//vermischtes/weltgeschehen/article12591904/Yacht-mit-vier-US-Buergern-in-Gewalt-von-Piraten.html
Terrorkämpfer : Mehr als 2000 IS-Kämpfer stammen aus Europa
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat davor gewarnt, die Rolle europäischer Unterstützer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu unterschätzen. 2000 IS-Mitglieder (verlinkt auf /themen/islamischer-staat/) seien aus Europa nach Syrien und in den Irak gereist, sagte de Maizière am Freitag in Weimar. „Das sind nicht nur ein paar Versprengte“, fügte er hinzu. Vor allem Rückkehrer machen den Verfassungsschützern Sorgen. Unionspolitiker hatten deshalb zuletzt für ein schärferes Vorgehen gegen deutsche Dschihad-Kämpfer (verlinkt auf /themen/dschihad/) plädiert und Wiedereinreisesperren oder Passentzug vorgeschlagen. Der Entzug des Passes sei längst Praxis, bei deutschen Staatsbürgern aber schwierig, sagte der Innenminister. Entscheidend sei hier die Beweislage. „Wir brauchen Beweise oder Hinweise“, so de Maizière. Das gehe aber nicht ohne die Nachrichtendienste und eine Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten, betonte er. Die deutschen Verfassungsschützer zählten seit 2011 mehr als 400 Ausreisen von Islamisten nach Syrien. Etwa 100 Islamisten sind inzwischen wieder in Deutschland. Sympathiewerbung unter Strafe stellen Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) hat die Forderung bekräftigt (verlinkt auf /politik/deutschland/article131880455/IS-Propaganda-ist-in-Deutschland-nicht-verboten.html) , die Sympathiewerbung für terroristische Vereinigungen wieder unter Strafe zu stellen. „Es stellt mir die Nackenhaare auf, wenn ich im Fernsehen oder im Internet mitansehen muss, wie Leute eine skrupellose und menschenverachtende Terrororganisation wie die ISIS mit Plakaten und Flaggen hochleben lassen und für sie werben“, sagte Bausback der „Welt“. Der CSU-Politiker forderte eine rasche Änderung der Rechtslage: „Sympathiewerbung für kriminelle und terroristische Vereinigungen bereitet den Nährboden für Gewalt und Terror. So etwas muss in Deutschland wieder strafbar werden!“ Das Verbot war 2002 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung abgeschafft worden. Unter dem Eindruck der Terroranschläge des 11. September in den USA wurde zwar ein Gesetzentwurf verabschiedet, der über eine Änderung im Paragrafen 129b die strafrechtliche Verfolgung von Mitgliedern und Unterstützern ausländischer terroristischer Vereinigungen ermöglicht. Die Strafbarkeit von "Sympathiewerbung" im Inland für kriminelle oder terroristische Vereinigungen des Auslands wurde jedoch im gleichen Zuge abgeschafft – auf Betreiben vor allem der Grünen. Militärgüter im Nordirak eingetroffen Die Bundesrepublik unterstützt die irakische Regierung und kurdische Verbände im Kampf gegen die IS-Terrorgruppe mit Militärausrüstung. In der Kurdenhauptstadt Erbil landete am Freitag ein erstes Frachtflugzeug aus Deutschland mit defensiven Rüstungsgütern für die kurdischen Kämpfer. Zu einem späteren Zeitpunkt will die Bundesregierung auch Waffen liefern. Sechs Bundeswehrsoldaten unterstützen vor Ort die Übergabe und sollen die kurdischen Kämpfer bei Bedarf in der Handhabung des Materials schulen. Britische Dschihadisten wollen zurückkehren Eine Gruppe britischer Islamisten in Syrien will unterdessen wieder nach Hause. Nach einem Bericht der „Times“ vom Freitag haben die rund 30 jungen Männer um Wiederaufnahme in ihre Heimat gebeten. Ein Kämpfer habe im Namen der Gruppe mit einem auf Radikalisierung spezialisierten Forschungsinstitut des Londoner King’s College Kontakt aufgenommen. Die Männer seien nach Syrien gegangen, um für eine mit der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Verbindung stehende Gruppe gegen Machthaber Baschar al-Assad zu kämpfen. Stattdessen seien sie aber in Kämpfe mit rivalisierenden Gruppen verwickelt und hätten nun um Straffreiheit gebeten. Der Direktor des Instituts, Peter Neumann, forderte in der „Times“ am Freitag ein nationales Programm zur Entradikalisierung ehemaliger Dschihadisten. Etwa 500 Briten sollen in Syrien und im Irak für islamistische Terroristen kämpfen. Das King’s College äußerte sich zunächst nicht zu dem Bericht.
WELT
Innenminister de Maizière warnt vor fanatisierten Europäern, die in der Terrormiliz IS kämpfen. Besondere Sorge bereiten die Rückkehrer. Bayern fordert schnelles Verbot für Terroristen-Werbung .
Politik
Deutschland
2014-09-05T15:18:05Z
2017-08-22T12:39:26Z
Mehr als 2000 IS-Kämpfer stammen aus Europa
https://www.welt.de//politik/deutschland/article131951952/Mehr-als-2000-IS-Kaempfer-stammen-aus-Europa.html
Heynckes huldigt Klopp bei Fifa-Wahl
Ganz fest hatte sich Jupp Heynckes vorgenommen, in seiner Dankesrede auch Jürgen Klopp zu loben. „Ich wollte ihm sagen, dass er ein sehr guter Trainer ist. Und dass er jung ist, und diese Auszeichnung auch noch gewinnen kann“, berichtete der ehemalige Bayern-Erfolgscoach nach seiner Kür zum Welttrainer 2013. Die Fifa-Regie verhinderte allerdings einen Heynckes-Gruß an den wieder zweitplatzierten Dortmunder Klopp. „Die haben gesagt, ich habe nur eine Minute. Da dachte ich, da muss ich gar nicht erst hoch gehen“, erzählte Heynckes schmunzelnd. Am Rednerpult blieb so nur Zeit für eine Huldigung seines FC Bayern (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/fc-bayern-muenchen/) , vom Zeugwart bis zur Führungsriege. Einen Wermutstropfen hatte der Gala-Abend für Heynckes. „Ich hätte mir gewünscht, dass auch ein Arjen Robben (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/arjen-robben/) oder ein Thomas Müller (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/thomas-mueller/) in der Weltelf stehen“, sagte er. Ein Fan habe ihn schriftlich nach seiner Traumelf aller Zeiten gefragt, erzählte er. „ Ottmar Hitzfeld (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/ottmar-hitzfeld/) hat das auch mal gemacht, mit Messi und so weiter. Ich habe angefangen aufzuschreiben: Neuer..., und dann die ganze Mannschaft vom Champions-League-Endspiel“.
WELT
„Er kann auch Welttrainer werden“
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WELT KOMPAKT
2014-01-15T05:30:01Z
2014-01-15T05:30:01Z
Heynckes huldigt Klopp bei Fifa-Wahl
https://www.welt.de//print/welt_kompakt/print_sport/article123873661/Heynckes-huldigt-Klopp-bei-Fifa-Wahl.html
Berlin Alexanderplatz: „Ich bin schwarz, und ich bin Deutschland“
Nach zwei Stunden Film steigt Francis aus Guinea-Bissau – vor ein paar Monaten übers Mittelmeer geflüchtet – auf einen Tisch in dem Wohnheim am Rande Berlins. Er hebt zu reden an, auf Deutsch, jedes Wort formuliert er mit bedeutungsvoller Sorgfalt: „Ich bin hier: schwarz, stark, furchtlos. Ich habe eine teure Jacke an, ich fahre ein deutsches Auto, ich habe eine deutsche Freundin. Ich bin der deutsche Traum. Ich bin Deutschland.“ Da steckt wirklich alles drin, was uns gerade debattierend um die Ohren fliegt: Bootsflucht, Einwanderung, Rassismus, Identität, materieller Erfolg, Sehnsucht nach dem Aufgehen in der Gesellschaft. Es liest sich wie ein Malen nach Zahlen, ein Abarbeiten der Diversitäts-Checkliste der Hamburg-Schleswig-Holsteinischen Filmförderung – ist aber alles andere als das. Der entscheidende Schachzug von Regisseur Burhan Qurbani besteht darin, dass er ein Kernstück des deutschen Kulturkanons benutzt, um ein fremdes Ankommen in dieser Kultur zu erzählen. Er interpretiert Alfred Döblin (verlinkt auf https://www.welt.de/print/die_welt/vermischtes/article12648077/Schriftsteller-Interessierten-mich-nicht.html) rigoros neu und respektiert ihn doch bis in dessen Kern. Das Ergebnis ist eine gewaltige, ästhetisch betörende Neuverfilmung von „Berlin Alexanderplatz“. Qurbani, dessen Eltern vor der Sowjet-Invasion Afghanistans mit zwei Koffern nach Deutschland flohen, ist kein Francis. Er hat von klein auf Deutsch gelernt, ein nach Kant benanntes Gymnasium besucht, Film studiert. Er zog mit 20 nach Berlin und wohnt an der Hasenheide (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/deutschland/plus210483767/Corona-Partys-in-Berlin-Dieselben-jungen-Leute-die-sonst-in-Clubs-gehen.html) . Es gibt ein Freiluftkino dort, einen Tierpark mit Lamas und sanft geschwungene Liegewiesen. An den Wegen stehen viele junge schwarze Männer. Bei den meisten bekommt man Drogen. Qurbani wollte einen Film über die Männer im Park machen, über dieses Ist-Gleich in deutschen Köpfen: Schwarzer = Dealer. Es wäre ein kleiner Film geworden, wenige hätten ihn gesehen. Aber was, fuhr es ihm auf einem Spaziergang durch den Kopf, würde man die Hasenheide mit dem Alexanderplatz verknüpfen, genauer: mit Döblins Alexanderplatz? Franz Biberkopf (verlinkt auf https://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article171992568/Michael-Bienert-Doeblins-Berlin-Am-Alexanderplatz-war-schon-1929-der-Teufel-los.html) , dessen Held, wird anfangs aus der Haft entlassen, vier Jahre wegen Totschlags aus Eifersucht, und er nimmt sich vor, ehrlich zu sein. Francis, Qurbanis Held, wird zu Beginn an die Küste Europas gespült, er hat eine Frau, mit der er die Überfahrt wagte, nicht retten können. Und hat geschworen, gut zu sein, wenn Gott ihn rettet. Franz beginnt Schnürsenkel zu verkaufen, Francis verdingt sich auf der Tunnelbaustelle der neuen U-Bahn Unter den Linden. Franz gewinnt das Herz einer Witwe und verliert es wieder, als sie durch seine Prahlerei ihre Ersparnisse verliert. Francis wird entlassen, als er nach einem Arbeitsunfall den Kollegen zum Arzt bringt, denn der war ein Illegaler, wie Francis selbst. Was unsichtbar bleibt So bleibt Qurbani der Struktur Döblins treu und verbleibt auch im Unterbauch der Stadt; das glamouröse Touristen-Berlin hat beide nicht interessiert, und was Döblin die Kaschemmen und Hinterhöfe waren, sind Qurbani die Wohnheime und Escort-Salons. Die bürgerliche Welt bleibt unsichtbar, so wie Francis’ Welt für die braven Bürger unsichtbar bleibt, weil sie sie nicht wahrnehmen wollen. Die Mieze (eine hinreißende Jella Haase) ist nun ein selbstbewusstes Callgirl, das seine Kunden ins „Adlon“ lotst. Es gibt den Bandenchef Pums (Joachim Króls beste Rolle seit Jahren), der den Drogenhandel organisiert. Und es gibt Reinhold, schon immer der Diabolus, Bernhard Minetti in der Erstverfilmung 1931 (verlinkt auf https://www.youtube.com/watch?v=ZhIjKQYfV7M) , Gottfried John (verlinkt auf https://www.youtube.com/watch?v=6Dl0odcN4a4) bei Fassbinder 1980 und nun Albrecht Schuch. Der schillert schamlos unwiderstehlich und stellt die eigentliche Hauptfigur (gespielt von Welket Bungué) zuweilen in den Schatten, denn der neue Francis aus Afrika kann eben nicht so vielschichtig sein wie der alte Franz vom Alexanderplatz. „Es ist ein Hunger nach Schicksal, der ihn, Franz, verzehrt, denn er verlangt mehr vom Leben als nur ein Bett und ein Butterbrot“, hat Walter Benjamin über Franz Biberkopf geschrieben. Es ist ein Hunger nach dem Ende von Schicksal, das Francis verzehrt, der genug davon hat, von höheren Gewalten durchgeschüttelt zu werden, aber mehr möchte als nur Bett und Butterbrot, ganz wie es ihm die glänzenden Schimären Europas vorgaukelten. Natürlich geht es hier um Rassismus, um Identitätsfindung und die Würde des Menschen, die auf so viele Weisen antastbar ist. Das Einzigartige an Qurbanis Film ist jedoch, dass er sich den gängigen Argumentationen entzieht. Unsere Alltagsstreitwerkzeuge rutschen ab. Francis ist weder der raffinierte Asylbetrüger, noch das arme Globalisierungsopfer. Francis ist eigentlich ein naives, großes Kind – eine altdeutsch-romantische Figur aus einem Entwicklungsroman – und zugleich ein moderner Held, der schnell Spielregeln einer unbekannten Umgebung lernen muss. Ohne Rührseligkeit Qurbanis Film kommt ohne Rührseligkeit aus und ohne moralisches Eifern. Er ist eine zutiefst menschliche Fabel – mit weiblicher Erzählerstimme, von der sich herausstellt, dass sie Mieze gehört, und von der sich zudem herausstellt, dass sie aus dem Jenseits kommentiert, aus himmlischer Übersicht. Vergesst für drei Stunden all die Identitäts- und Asyldebatten. Hier geht es um Allgemeingültiges wie Würde, Schicksal und den Kampf zwischen Gut und Böse. Francis hat sich entschlossen, gut zu sein, doch Reinhold zerredet ihm das: „Was ist gut, was ist böse? Gras an Touristen zu verkaufen, Waffen an Diktatoren? Alles, was du hier siehst, ist auf Kosten anderer aufgebaut. Du willst etwas sein, was du nicht sein kannst. You want to be good in a world that is böse.“ Reinhold ist, deutlicher noch als bei Döblin, ein Mephisto. Blonde Haare, schiefer Kopf, Fistelstimme – lächerlich und trotzdem ein großer Verführer vor dem Herrn. Er treibt Francis in die Fänge Pums’, und er nimmt ihm dessen aus Afrika mitgebrachten englischen Namen weg, der ein Sklavenname war, und tauft ihn neu: „Du heißt nun Franz.“ Deutschland wird ihn nicht umarmen, nur weil er nun Franz heißt; auch Qurbani fühlt sich auf wackligem Boden, obwohl er hier geboren ist. „,Ich bin Deutschland.‘ Das ist gut. Das ist echt gut“, lacht sich Reinhold scheckig, als Franz wieder vom Wohnheimtisch klettert. Eines Abends nimmt er ihn mit auf eine Kostümparty und steckt ihn in einen Gorillaanzug. Er selbst tritt im weißen Kolonialjackett mit Helm auf, der wohl lachhafteste Herrenmensch aller Zeiten, ein Relikt toxischer Herrenmännlichkeit, das sich vampirhaft an dem Starken und Furchtlosen hoch-, aber weiter die Strippen zieht, weil es ein Glied jener Kommandokette namens Kapitalismus ist. „Berlin Alexanderplatz“ hat ein kühnes Konzept, große Bilder, ist das erste Schwergewicht, das sich nach der Corona-Pause ins Kino wagt. Qurbanis Film wird bleiben wie Fassbinders und noch bei uns sein, wenn die Denkmalstürzer von heute eigene Denkmäler aufstellen.
Hanns-Georg Rodek
Endlich kommt „Berlin Alexanderplatz“ in die Kinos. In der Neuverfilmung des Klassikers steckt alles, was uns gerade debattierend um die Ohren fliegt: Bootsflucht, Einwanderung, Rassismus, Identität. Klingt nach Filmförderung, ist aber ein Meisterwerk.
Kultur
Film
2020-07-15T12:37:01Z
2020-07-15T12:37:01Z
„Ich bin hier: schwarz, stark, furchtlos. Ich bin Deutschland“
https://www.welt.de//kultur/kino/article211664613/Berlin-Alexanderplatz-Ich-bin-schwarz-und-ich-bin-Deutschland.html
Die Jury von Start me up!
Andreas von Bechtolsheim Bechtolsheim ist einer der wichtigsten Deutschen im Silicion Valley. Der 60-Jährige war hautnah dabei, als aus dem Valley wurde, was es heute ist: eine Wiege für Neuerungen in der IT-Welt. Bechtolsheim hatte sogar einen erheblichen Anteil an dieser Entwicklung: 1982 war er eins der Gründungsmitglieder des Computer- und Softwareproduzenten Sun Microsystems, der sich schnell erhebliche Marktanteile sicherte und zu einem der ersten IT-Großkonzerne wurde. Er war ebenfalls an den Gründungen der IT-Unternehmen Granite Systems, Kealia und Arista Networks beteiligt. Auch beim Investieren zeigte Bechtolsheim Geschick: 1998 war er einer der ersten Geldgeber bei Google – ein Engagement, das sich für ihn als besonders lukrativ bewies. Bechtolsheim kam mit einem Fullbright-Stipendium in die USA, wo er 1976 einen Mastertitel in Computertechnik von der Carnegie Mellon University in Pittsburgh erhielt. Im folgenden Jahr begann er seine Dissertation an der Stanford University in Palo Alto, die er jedoch rund fünf Jahre später aufgab, um sich ganz Sun Microsystems zu widmen. Seitdem hat er seinen Lebensmittelpunkt nicht mehr zurück in die Heimat verlegt. Auch heute lebt Bechtolsheim noch in Kalifornien, wo er in seiner Freizeit segelt und Ski fährt. Mittlerweile hat Bechtolsheim aber genug von Unternehmensgründungen: „Es braucht viel Zeit und Arbeit, eine neue Firma aufzubauen, und ich bin nicht mehr der Jüngste. Junge Leute sollen neue Firmen gründen.“ Anna Alex Anna Alex ist Gründerin von Outfittery, einem Unternehmen, das es sich zur Mission gemacht hat die Männerwelt vom Mode Shopping zu erlösen. Das 2012 gegründete Unternehmen ist heute 250 Mitarbeiter stark und Marktführer im Personal Shopping in 8 Ländern. Mithilfe von persönlicher Beratung und künstlicher Intelligenz bietet Outfittery seinen Kunden ein ganz neues Einkaufserlebnis. Im Juni dieses Jahres verließ Anna Alex nach sieben Jahren die operative Geschäftsführung und unterstützt das Unternehmen fortan im Beirat. Alex studierte VWL in Freiburg und Paris und begann ihre Karriere als Produktmanagerin bei dem Start-up Inkubator Rocket Internet. Im Anschluss wechselte sie als Head of Product/IT zu dem E-Commerce-Unternehmen DeinDeal in Zürich. Im Laufe ihrer Karriere erhielt Alex verschiedene Auszeichnungen unter anderem „Jungen Elite – Top 40 unter 40″ und „50 most influential women in startups and VC“. Karlheinz Brandenburg Karlheinz Brandenburg hat den Mp3-Standard miterfunden, für Michael Jackson gearbeitet und leitet seit 2004 das Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie in Ilmenau, an dessen Entstehung er maßgeblich beteiligt war. Der Erlanger studierte an der Universität seiner Heimatstadt Elektrotechnik und Mathematik und promoviert dort 1989 mit der Dissertation, die auch die Grundlage für die Entwicklung der MP3 legte. Brandenburgs Karriere beim Fraunhofer-Institut begann vor über 23 Jahren, als er als Abteilungsleiter für Audio- und Multimediatechnik in Erlagen einstieg. 2000 wechselte er an den Standort Ilmenau. Heute ist der 62-Jährige Mitglied vieler Fachgremien, wie der Audio Engineering Spociety (AES) und der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften Acatech. Die Zusammenarbeit mit Michael Jackson fand 2003 statt: Der Wissenschaftler besuchte den „King of Pop“ zwei Mal geschäftlich auf der Neverland-Farm, da dieser sich für ein vom Fraunhofer-Institut entwickeltes Surround-System interessiert hatte. Die Technik kam aber nie zum Einsatz, weil Jacksons Tournee wegen der Kindesmissbrauchs-Vorwürfe abgesagt wurde. Als Juror von Start me up kümmert sich Brandenburg um die Geschäftsideen mit wissenschaftlichem Ansatz. Er glaubt, dass Wettbewerbe wie Start me up nicht nur die Gewinner, sondern alle Teilnehmer ganz wesentlich voranbringen. Allein der Mut, etwas Neues zu wagen, sei schon ein Fortschritt und darum helfe er den Bewerbern gerne. „Viele Erfahrungen mit Fraunhofer-Ausgründungen und Start-ups, in die ich selbst investiert habe zeigen mir, wie wichtig gute Vorbereitung auf eine Gründung ist und wie wichtig die richtigen Hilfestellungen am Anfang sind.“ Eric Bussert Eric Bussert (49) ist seit 2012 Holdingvorstand der HanseMerkur. Die selbständige Hamburger Versicherungsgruppe hat inzwischen mehr als 10 Mio. Kunden und zeichnet sich durch ausgeprägtes Unternehmertum sowie eine hohe Wachstumsdynamik aus. Eric Bussert ist zuständig für Vertrieb und Marketing und damit für die relevanten Marktfunktionen sowie für Digitalisierung. Er hat BWL, VWL, Soziologie und Psychologie an der Universität Augsburg studiert und war vor seiner Aufgabe bei der HanseMerkur 18 Jahre für die Munich Re/ERGO-Gruppe in unterschiedlichen Managementfunktionen tätig. Er leitete u.a. die Unternehmensentwicklung, den Kooperationsvertrieb, die zentralen Stäbe sowie den Agenturvertrieb. Als konzernunabhängige Versicherungsgruppe legt HanseMerkur besonderen Wert auf unternehmerisches Denken und Handeln. „Bei uns spielt Unternehmertum eine zentrale Rolle“, so Bussert. „So nutzen wir das Potential eigener Start-ups, die neue Produkte, Services und IT-Innovationen entwickeln. Und als Versicherer mit hanseatischer Herkunft liegt uns das Unternehmertum sowieso in den Genen. Deswegen unterstützen wir „Start me up!“ aus voller Überzeugung, um den Gründergeist in Deutschland weiter zu stärken.“ Deepak Krishnamurthy Chefstratege und leitender Vizepräsident der SAP AG Thorsten Lubinski Thorsten Lubinski (44) ist Gründer und Geschäftsführer vom Dimaontech, dem „Start me up!“-Gewinner 2017. Dimaontech ist ein Medizintechnikunternehmen, das Diabetikern das Leben erleichtern will, indem es ein Blutzuckermessgerät entwickelt, für das keine Blutstropfen mehr gebraucht werden. Als Wirtschaftsinformatiker und Kaufmann versteht Lubinski sowohl die technischen als auch die betriebswirtschaftlichen Belange einer Unternehmensgründung. Er hat in den letzten 15 Jahren selbst zahlreiche Unternehmen in verschiedenen Bereichen gegründet und einige von ihnen erfolgreich verkauft. Als Business-Angel unterstützt Lubinski Jungunternehmer finanziell und aktiv mit Rat und Tat. Außerdem ist er Mitglied des Advisory Boards an der Kopenhagener Business School (CBS), um die Talente von morgen zu fördern. „Der Gewinn des „Start me up!“-Preises war ein Meilenstein für uns. Wir waren sehr stolz darauf, dass sich so eine hochkarätige Jury für uns entschieden hat und den Geldpreis haben wir natürlich auch gerne genommen. Ich kann nur jedem Gründer raten, bei diesem Wettbewerb mitzumachen: die Aufmerksamkeit die wir dadurch bekommen haben, hat uns sehr geholfen.“ Sven Schmidt-Rohr Mitgründer und Chef von Artiminds Robotics, „Start me up!“-Sieger 2016 Helmut Schönenberger Das Unterstützen von jungen Unternehmern ist der Job von Helmut Schöneberger. Der 43-Jährige gründete 2002 die Unternehmertum GmbH (Eigenschreibweise: „UnternehmerTUM“). Sie ist an die TU München angeschlossen und zählt mit jährlich mehr als 50 Technologiegründungen und über 1000 Teilnehmern in den Qualifizierungsprogrammen zu den führenden Gründerzentren Europas. Schöneberger initiierte das Zentrum während seines BWL-Studiums an der TU München, indem er für die Universitätsleitung ein Strategiekonzept zur Stärkung der Gründerkultur an der Hochschule erarbeitete. Zentrale Empfehlung: Ein Zentrum, das Gründer bei den ersten Schritten unterstützt. Aus dem Konzept ging die Unternehmertum GmbH hervor. Heute begleitet die Unternehmertum internationale Start-ups und etablierte Unternehmen bei der Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen, beim Geschäftsaufbau, Markteintritt und in der Wachstumsphase. Das Zentrum identifiziert hervorstechende Technologien und hilft Gründern durch die Vernetzung von Talenten, Technologien, Kapital und Kunden beim Unternehmensstart. Die Hightech-Werkstatt der Unternehmertum (Makerspace) bietet auf 1500 Quadratmetern einen Maschinenpark für den Prototypenbau und die Kleinserienfertigung. Der Unternehmertum-Fonds bietet Kapital für junge Technologieunternehmen mit internationalem Marktpotential. Schönenberger ist gleich doppelt für die Leitung des Innvations-Zentrums qualifiziert, weil er sich nicht nur mit der geschäftlichen Herausforderungen, sondern auch mit den technischen Grundlagen auskennt: Der gebürtige Regensburger absolvierte vor seinem BWL-Studium erfolgreich ein Diplom in Luft-und Raumfahrtingenieurswesen. Sein Interesse für die Gründerszene ist schnell erklärt: „Innovationen verändern die Welt und bringen die Wirtschaft in Fahrt. Aber es braucht risikofreudige und mutige Menschen mit Unternehmergeist, die ihre Ideen und Erfindungen umsetzen.“ Christian Schwarz Mitgründer und Chef von Numaferm, „Start me up!“-Sieger 2018 Klaus Boldt Klaus Boldt hat in München und Hamburg Geschichte und Wirtschaftsgeschichte, Theater-, Literatur- und Politikwissenschaft studiert, er war Ressortleiter und Chefredakteur im Text Verlag („text intern“, „MailMarketing“), Autor und Reporter beim „Manager Magazin“, von 1990 bis 1994 Korrespondent in Paris und von 2001 bis 2014 in New York. Sehr glücklich verheiratet ist er auch, und dies seit 19 Jahren. Seine Tochter (29) arbeitet bei der GroupM in London, sein Sohn (14) geht in Hamburg zur Schule. 2014 hat er die deutsche BILANZ mitgegründet. „Firmengründungen sind das Versprechen einer Volkswirtschaft auf die Zukunft. Ohne sie wäre es schlecht um die Gesellschaft und ihren Wohlstand bestellt. Schon deshalb kann es gar nicht genug Wettbewerbe für junge Leute geben, die sich selbständig machen wollen“, sagt der 58-Jährige. „Es gehören Grips und Mumm dazu, auf die Sicherheit eines Angestelltenverhältnisses zu pfeifen und sich den Kräften des Marktes zu stellen. Mit ,Start me up!’ wollen wir die Draufgänger und Wagemutigen anspornen, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und alte zu verbessern.“ Vorjury Der Vorjury gehören Bernd Rolinck, Markus Hühn, Eberhard Plattfaut, Hans-Christian Semmler, Andreas Winiarski, Thomas Noth und Thorsten Grenz an.
WELT
Diese Juroren entscheiden über den Sieger von Deutschlands Gründerwettbewerb mit dem höchstdotierten Hauptpreis.
Wirtschaft
Start Me Up
2016-10-07T06:58:00Z
2019-12-19T13:13:31Z
Die Jury von „Start me up!“
https://www.welt.de//wirtschaft/start-me-up/article162334394/Die-Jury-von-Start-me-up.html
Intelligente Häuser reinigen die Luft und reduzieren Lärm
Weltweit experimentieren Forscher zunehmend mit Moos, Algen und Topfpflanzen. Sie wollen damit kein Biotop anlegen, sondern aus Häusern wahre Multifunktionsgebäude machen. Es gehe um die Frage, „wie eine Fassade in einem Stadtquartier einen Mehrwert erzeugen kann“, sagt Steffen Braun vom Urban System Engineering des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts (verlinkt auf http://www.ipa.fraunhofer.de/) . Dahinter stecke ein „ganz neuer Engineering-Ansatz“. Gebäude sollen die Luft reinigen, die Umgebung kühlen, vor Lärm schützen und Energie gewinnen. Zehn Beispiele für Innovationen mit Funktion: 1. Moos reinigt die Luft Fraunhofer-Forscher Holger Wack gehört wie Braun zu den Forschern, die Häusern einen Zusatzzweck verpassen. Er will Gebäudewände großflächig mit Moos bedecken. „Untersuchungen zeigen, wie Luft sich in Hochhausstraßenschluchten verhält und da oft in Kontakt mit den Fassaden kommt. Die Luft wird bei mit Moos begrünten Flächen wirklich gesäubert“, sagt Wack. Zum Beispiel von Feinstaubpartikeln (verlinkt auf /themen/feinstaub/) . Moose verfügen über keine Wurzeln, sie müssen Nährstoffe über die Luft aufnehmen. Mit dabei sind auch Schadstoffe, die in die Pflanzenmasse eingebunden werden. 2. Farbe bindet Schadstoffe Zur Säuberung der Luft setzen Wissenschaftler auch chemische Substanzen ein. Zum Beispiel Nano-Titandioxid, das in Lebensmittelzusätzen oder Bleichmitteln vorkommt und auch Fassadenfarben beigemischt wird. Dort soll es Schadstoffe abbauen, die in der Luft herumwirbeln. Der Stoff, der manchen Forschern als krebserregend gilt, steckt bereits in ersten kommerziell verfügbaren Beschichtungen wie Eco Clean vom französischen Hersteller Alcoa. Trifft UV-Strahlung der Sonne auf die mit Nano-Titandioxid beschichtete Fassade, wird aus der chemischen Verbindung ein Katalysator. Das setzt Elektronen-Sauerstoffradikale frei, und die zerlegen die Stickstoffverbindungen der verunreinigten Luft (verlinkt auf /themen/luftverschmutzung/) in Wasser und Nitrate. So bleibt in der direkten Umgebung des Gebäudes deutlich weniger übrig von Industrie- und Autoabgasen als in der sonstigen Stadtluft. Da die Oberfläche Feuchtigkeit aus der Luft regelrecht anzieht, entsteht an der Außenseite ein hauchdünner Wasserfilm, der alle Stoffe am Gebäude abgleiten lässt. Mitgeschwemmt wird zudem der gesamte Straßenschmutz, das hält die Fassade sauber. Außerdem dient die Beschichtung als UV-Schutz, kann also im Sommer die Räume kühl halten. 3. Dachgärten sorgen für frische Luft Kühlen und Schadstoffe binden sollen auch großflächige Grünanlagen auf Dächern von Häusern. Solche „Rooftop-Farming“-Konzepte nutzen unter anderem Volkmar Keuter, Leiter des inHaus-Zentrums bei Fraunhofer, und seine Kollegen. Auf 1000 Quadratmeter Dachfläche lassen sich mit ihrem Verfahren jährlich etwa 45 Tonnen frisches Gemüse oder Obst anbauen. Dabei wird zusätzlich Kohlendioxid über die Pflanzen gebunden. Auf die in Deutschland zur Verfügung stehenden industriellen Dachflächen gerechnet, könnten theoretisch bis zu zehn Prozent der von den Betrieben entstehenden CO2-Emissionen der Luft entzogen werden. 4. Weiße Dächer gegen den Klimawandel Eine andere Idee, das Klima in der Umgebung und im globalen Maßstab zu verbessern (verlinkt auf /themen/klimaschutz/) , ist es, statt der roten oder dunklen weiße Pfannen für Dächer zu verwenden. Sie sollen Sonnenstrahlen reflektieren und so die globale Erwärmung der erdnahen Atmosphäre verlangsamen. Ob der Effekt tatsächlich zur globalen Abkühlung führen kann, ist jedoch fraglich. Gleichzeitig heizen sich die Gebäude weniger auf, im Innern müssten Klimaanlagen seltener laufen, und das wiederum würde den CO2-Ausstoß verringern helfen. 5. Regenwasser kühlt die Umgebung Eine noch neue Technik hilft dabei, das Umfeld eines Hauses ein wenig abzukühlen. Vor allem in Städten ist das bedeutend, hier liegen die Temperaturen oft um einige Grad Celsius höher als auf dem Land. Dazu werden winzige Röhren auf der Außenwand angebracht. Das Regenwasser, das durch sie hindurchfließt, reduziert durch Verdunstung die Temperatur der Umgebungsluft – auf zwölf Grad Celsius weniger in direkter Nähe und um drei Grad in etwa 30 Meter Entfernung. Mit Moos bedeckte Fassaden wirken auf ähnliche Weise. Da die „Fassade ja auch Feuchtigkeit an die Umgebung abgibt, kühlt sie auch“, sagt Fraunhofer-Forscher Wack. 6. Gebäude wehren Lärm ab Dass Gebäudefassaden zusätzliche Funktionen übernehmen, diese Entwicklung startete schon vor 40 Jahren – mit Häusern als Lärmschutz. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der Ende der 70er-Jahre erbaute Tunnel an der Schlangenbader Straße in Berlin, auch bekannt als die „ Schlange (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/schlangen/) “. Der Wohnkomplex für 4000 Einwohner erstreckt sich auf einer Länge von 400 Metern über einem Autobahnabschnitt und schirmt so die direkte Umgebung vom Straßenlärm ab. In den vergangenen Jahrzehnten war die Idee des Lärmschutzes (verlinkt auf /themen/laerm/) durch Gebäude ein wenig in Vergessenheit geraten, da große Wohnkomplexe an Attraktivität verloren haben. Derzeit aber komme es in der Praxis immer häufiger vor, dass Riegelbebauungen errichtet werden, um die dahinter liegende „höherwertige“ Bebauung vor Lärm zu schützen, sagt Andreas Timmermann vom Planungsbüro Lärmschutz Altenberge. „In innerstädtischen Bereichen werden sich solche Konzepte aus Platz- und Kostengründen weiter durchsetzen“, so Timmermann. Eines der letzten Projekte, die er gutachterlich betreut hat, wird jetzt in Dortmund gebaut: Die Hülpert Gruppe errichtet dort ein 182 Meter langes Audi-Zentrum. Das Hülpert-Zentrum ist das erste Autohaus in Deutschland, das auch als Schallschutz konzipiert ist. Das Gebäude an sich sowie die eingesetzten schallschluckenden Bauteile sollen die dahinter liegenden Häuser vor allzu viel Verkehrslärm bewahren. 7. Algenfassaden produzieren Biomasse Baulich veränderte Häuser können so viel Energie gewinnen, dass es zumindest für den Betrieb des Gebäudes reicht. Wie so etwas aussehen kann, zeigt das „Bio-Intelligenzquotient“-Haus (verlinkt auf /wissenschaft/article115860368/Diese-lebende-Hauswand-produziert-Energie.html) , das seit einem Jahr in Hamburg in Betrieb ist. Es ist das weltweit erste Gebäude, dessen Fassade ein Bioreaktor ist: An zwei Seiten des Gebäudes befinden sich Glaswände, die mit Mikroalgen und Wasser gefüllt sind. Die Mikroalgen produzieren nutzbare Wärme sowie durch Fotosynthese aus Sonnenlicht und Kohlendioxid Biomasse. Aus ihr wird in einer Biogasanlage weitere Energie gewonnen. Mit dem Algen-Haus ist noch mehr möglich: Forscher wollen einen chemisch-physikalischen Prozess, die sogenannte hydrothermale Konversion, anwenden, um Erdgas und Wasserstoff aus der Algenbiomasse zu erzeugen. Brennstoffzellen sollen zudem Strom, Wärme und das für die Algenkultur benötigte Kohlendioxid gewinnen. Das Ergebnis wären weitgehend energieautarke Häuser. Zwischen dem Wärmeschutzglas außen und der Algenschicht ließen sich außerdem noch Solarzellen einbauen. Sie würden das für die Algen notwendige rote Licht durchlassen und die Energie in Strom umwandeln. 8. Fensterscheiben liefern Solarstrom Hersteller können Solarzellen mittlerweile auch in Fensterscheiben integrieren. Dazu wären weitgehend durchsichtige Module notwendig, um ausreichend Tageslicht durchzulassen. Wissenschaftler der Michigan State University in East Lansing entwickeln derzeit Spezialfolien, die das durch die Scheiben einfallende Licht auf eine Solarzelle konzentrieren. In den Folien stecken organische Salze, die ultraviolettes und Infrarotlicht in ebenfalls nicht sichtbares Licht einer anderen Wellenlänge überführen, das dann Solarzellen in Strom umwandeln. Noch liegt der Wirkungsgrad allerdings bei lediglich einem Prozent, bis zu sieben Prozent sollen aber möglich sein. 9. Strom durch verwehte Tropfen Derzeit eher schwach ist die Energieausbeute eines ganz speziellen Windturbine, die Forscher der TU Delft entwickelt haben. In einem Rahmen sind zahlreiche dünne, horizontal verlaufende Rohre untergebracht. Düsen geben durchgehend positiv geladene Wassertropfen ab. Weht der Wind die Tropfen fort, entsteht an den Elektronen im Rahmen Strom, der sich ins allgemeine Stromnetz einspeisen lässt. 10. Windräder nutzen Zugluft aus Besonders spektakulär für direkt an Häusern montierte Windkraftwerke ist die Anlage des Bahrain World Trade Center. Drei im Durchmesser 29 Meter große Windturbinen sind zwischen den beiden Hochhaustürmen des Gebäudes angebracht. Die Türme sind elliptisch geformt, das erhöht die Geschwindigkeit des Küstenwinds, der ohnehin zwischen ihnen hindurchfegt. Die drei Windkraftanlagen kommen auf eine Leistung von immerhin 225 Kilowattstunden und sollen etwa ein Drittel des Strombedarfs des Gebäudekomplexes decken.
Wilfried Urbe
Gebäude sind nicht nur Orte zum Wohnen und Arbeiten. Mit dem Einbau neuer Technik sollen sie die Umgebung kühlen, Lärm abhalten und Energie erzeugen. Fassaden können sogar die Luft reinigen.
Wissenschaft
2014-10-13T17:42:30Z
2015-10-02T08:34:40Z
Häuser werden zu Kraftwerken und Klimaschützern
https://www.welt.de//wissenschaft/article133239914/Haeuser-werden-zu-Kraftwerken-und-Klimaschuetzern.html
Wikileaks-Gründer: Zeitung legt Sex-Vorwürfe gegen Assange offen
Schwedens Justiz verlangt nach britischen Medienberichten die Auslieferung von Wikileaks-Gründer Julian Assange, weil er mit einer schlafenden Frau ungeschützten Sex gehabt haben soll. Über diese Details der Vorwürfe berichtet der Londoner "Guardian“ unter Berufung auf die kompletten Stockholmer Polizeiunterlagen zu dem Fall. In Schweden wie auch in Großbritannien wird dieser konkrete Vorwurf als Vergewaltigung eingestuft. Eine andere Schwedin wirft Assange dem "Guardian“ zufolge vor, dass er beim Sex ein von ihr verlangtes Kondom bewusst zum Platzen gebracht habe. Die "Fräulein A“ genannte Schwedin soll er bei anderer Gelegenheit zu von ihr nicht gewünschtem Sex genötigt haben. Der am Freitag gegen Kaution aus der britischen Abschiebehaft freigelassene Australier sagte am Wochenende, SMS-Mitteilungen zwischen den beiden Frauen und mit anderen würden beweisen, dass die Vorwürfe "ein abgekartetes Spiel“ seien. Nach dem "Guardian“-Bericht gingen beide Frauen im August gemeinsam zur Polizei, nachdem sie sich über ihre sexuellen Kontakte mit Assange aus der Vorwoche ausgetauscht hatten. Der 39-Jährige will ausschließlich Sex in gegenseitigem Einverständnis mit beiden Schwedinnen gehabt haben. Er stuft die Anklage als Teil eines Komplotts in Washington wegen der Wikileaks-Enthüllungen geheimer US-Dokumente ein. Assange sieht sich nach seiner Freilassung aus der Haft in Lebensgefahr. "Es gibt eine Bedrohung für mein Leben. Es gibt Bedrohungen für meine Leute“, sagte Assange. Er bezichtigt die USA, hinter den Vergewaltigungs-Vorwürfen gegen ihn zu stecken. In den USA wird zudem ein Verfahren gegen Assange wegen Spionage und Verschwörung geprüft. Assange lebt derzeit auf dem Anwesen seines Unterstützers Vaughan Smith im Südosten Englands. Der 39 Jahre alte Australier muss eine elektronische Fußfessel tragen und sich täglich bei der örtlichen Polizeistation melden. Wikileaks hatte in den vergangenen Wochen tausende geheime und zum Teil brisante Dokumente aus US-Botschaften veröffentlicht, die die Vereinigten Staaten in Erklärungsnot gebracht hatten.
WELT
Der Wikileaks-Gründer soll unter anderem mit einer schlafenden Frau Sex gehabt haben. Assange sieht inzwischen sein Leben bedroht.
Politik
Ausland
2010-12-19T10:45:21Z
2015-09-01T10:22:37Z
Zeitung legt Sex-Vorwürfe gegen Assange offen
https://www.welt.de//politik/ausland/article11723028/Zeitung-legt-Sex-Vorwuerfe-gegen-Assange-offen.html
Angst vor Großer Depression beflügelt Keynes-Jünger
Mario Draghi war schon für viele Premieren gut. Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) ist der erste Euro-Hüter, der Geldpolitik hemdsärmelig betreibt. Da werden Geschäftsbanken mal eben mit langfristigen Notfallkrediten versorgt, da wird kurzerhand eine zentrale Rede handschriftlich geändert. Und wenn es notwendig erscheint, wird mit der Bundesbank auch schon einmal auf offener Bühne über den richtigen Kurs gestritten. Nun könnte Draghi sogar zum ersten Keynesianer an der Spitze der Frankfurter Währungsbehörde werden. Unverblümt forderte er die europäischen Regierungen auf der Notenbankertagung in Jackson Hole unlängst auf, mehr zu tun, um die Nachfrageseite der Volkswirtschaft zu unterstützen. Für einen Notenbankchef (verlinkt auf /wirtschaft/article131712754/Euro-Zone-am-Rande-der-Deflation.html) , der sich nach dem Vorbild der Bundesbank in erster Linie für die Geldwertstabilität verantwortlich sieht, ist das ein bemerkenswerter Wandel. Viele Modelle waren wirkungslos Draghi ist längst nicht der Einzige, der sich in Zeiten der Not offenbar auf die Lehren des legendären britischen Ökonomen John Maynard Keynes (verlinkt auf http://de.wikipedia.org/wiki/John_Maynard_Keynes) besinnt. Mit Ausnahme der Bundesregierung, die sich noch dagegen sperrt, ist eine aktive Konjunkturpolitik nahezu überall wieder en vogue. In Italien sprach sich Premier Matteo Renzi dagegen aus, in Namen einer besseren Wettbewerbsfähigkeit die Löhne zu kürzen. Das zerstöre die Nachfrage. Selbst Finnland, lange Zeit einer der Musterschüler in Europa, hat in der Haushaltspolitik auf Keynesianismus umgeschaltet. Der Budgetentwurf für 2015 verstößt gegen den seit 2013 geltenden Fiskalpakt. Das plötzliche Keynes-Revival entfaltet auch deshalb eine solche Wucht, weil Europa angesichts der Dauerkrise die Ideen ausgehen. Viele ökonomische Modelle haben sich in den vergangenen Jahren als wirkungslos erwiesen. In der Not besinnt sich Europa deshalb auf Konzepte, die schon vor rund acht Jahrzehnten zum Einsatz kamen. Gern wird an die Parallelen zur der Großen Depression der Zwanziger und Dreißigerjahre des vorigen Jahrhunderts erinnert – und das war die Geburtsstunde des Keynesianismus. Ob Keynes Therapien allerdings heute noch wirken können, ist genauso ungewiss wie die möglichen Nebenwirkungen. Europa läuft die Zeit davon. Auch sieben Jahre nach der weltweiten Finanzkrise hat sich die Wirtschaft in vielen Ländern der Euro-Zone noch nicht wieder erholt. Während die USA längst wieder florieren, ist die Wirtschaftskraft der Währungsunion noch immer gut zwei Prozent niedriger als vor der Krise. Es hängt nur noch an Deutschland In einzelnen Ländern wie Italien liegt das Bruttoinlandsprodukt momentan sogar neun Prozent unter Vor-Krisen-Niveau. Die geopolitisch angespannte Situation und die gegenseitigen Sanktionen des Westens mit Russland haben die Lage noch verschärft. Gerade Deutschland, das die Euro-Zone zumindest bis zum Frühjahr dieses Jahres noch am Laufen gehalten hat, zeigt deutliche Schwächen. Sogar den Konsumenten, die gut die Hälfte zur jährlichen Wirtschaftsleistung beitragen und bisher die entscheidende die Konjunkturstütze waren, vergeht langsam die Kauflaune. Gerade erst verzeichnete das deutsche Konsumentenvertrauen den größten Einbruch seit drei Jahren. Sollte der private Verbrauch wegbrechen, wäre ein Abschwung unvermeidlich. Europa würde dann in die nächste Rezession (verlinkt auf /wirtschaft/article131754157/Europa-droht-eine-lang-anhaltende-Wirtschaftskrise.html) rutschen – es wäre die dritte seit 2007. Damit steht Europa momentan sogar noch schlechter da als viele Länder während der Großen Depression der Dreißigerjahre. So erholte sich beispielsweise die ehemalige Kolonialmacht Großbritannien relativ zügig. Nach nur fünf Jahren hatte die Wirtschaft den Stand des Vorkrisenjahrs 1929 wieder erreicht. Dem sogenannten Sterling-Block kam damals zugute, dass sich die Länder relativ schnell vom Goldstandard gelöst hatten und mit einer niedriger bewerteten Währung (verlinkt auf /wirtschaft/article131464451/Der-Euro-muss-weg-fuer-Europas-Aufschwung.html) das Wachstum zurückkam. Aber selbst der Gold-Block, in dem Länder wie Frankreich, Italien oder die Schweiz versuchten, die feste Bindung an das Edelmetall aufrechtzuerhalten, schaffte in den 30er-Jahren die ökonomische Wende nach sieben Jahren. Horten statt investieren Davon kann in Europa keine Rede sein. Insbesondere die Arbeitslosigkeit hat mittlerweile besorgniserregende Ausmaße angenommen. In Spanien beispielsweise, das von der Krise besonders betroffen war, ist nahezu jeder Vierte arbeitslos. Unter den Jugendlichen ist es sogar mehr als jeder Zweite. In der Euro-Zone insgesamt liegt die Arbeitslosenquote mit 11,5 Prozent noch immer nahe Rekord. Woher das Wachstum kommen soll, das neue Jobs schafft, weiß keiner. Die Kreditvergabe an private Haushalte und Unternehmen ist seit Mai 2012 rückläufig, obwohl die Zinsen nahe null liegen. Ein Aufschwung ohne frische Kredite (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/kredit/) kann kaum funktionieren. Dieses Dilemma hat schon Keynes beschrieben. Wenn die Akteure das Vertrauen in eine prosperierende Zukunft verloren haben, horten sie ihr Geld, statt es zu investieren. In einer solchen Liquiditätsfalle helfen auch niedrigere Zinsen nicht mehr. Das ist Wasser auf die Mühlen der Keynesianer. Sie betrachten den weltweiten Anstieg der Ersparnisse als Ursache der Krise. So wies Keynes bereits vor 70 Jahren darauf hin, dass die Menschen sich in einer Krise nicht einfach den neuen Koordinaten anpassen. Sie sind verunsichert, fürchten mögliche Zukunftsszenarien, und warten schlicht ab. Genau diese Starre ist es, die das Wirtschaftsleben lähmt, warnen die Befürworter der Theorie. Und verweisen auf den Süden Europas, wo sich das seit Ausbruch der Finanzkrise schon seit Jahren sehr eindrucksvoll beobachten lässt. Der falsche Weg aus der Misere Keynes bot zwei zusammengehörende Lösungen für dieses Problem. Erstens sollte die Wirtschaft in dieser Situation vom Staat stimuliert werden. Diesen Rat haben die Länder nur kurzzeitig in der Finanzkrise 2008/2009 beherzigt. Seit der Staatsschuldenkrise, die Europa im Jahr 2010 getroffen hat, haben sich die Staaten einem Sparkurs verschrieben. „Wovon Keynes überzeugt war, ist die Neigung des Marktes zu starken Schwankungen. Seine wirtschaftspolitischen Absichten zielten darauf, diese Pendelausschläge zu minimieren“, schreibt der britische Wirtschaftshistoriker und Keynes-Biograf Robert Skidelsky (verlinkt auf http://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Skidelsky) in seinem Werk „Die Rückkehr von Keynes“. Was für die Keynesianer die notwendige Therapie ist, ist für die Keynes-Kritiker Kern des Übels. Die Krise sei auf eine zu laxe Haushalts- und Geldpolitik zurückzuführen, die über viele Jahre hinweg die Schuldenstände der Staaten in schwindelerregende Höhen getrieben hat. Schulden (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/schulden/) mit neuen Schulden zu bekämpfen ist für sie genau der falsche Weg aus der Misere. „Es ist ein Ammenmärchen, dass schuldenfinanzierte Staatsausgaben für Wachstum und Beschäftigung sorgen“, sagt Thorsten Polleit. Vielmehr nehme die Produktivität der Wirtschaft ab und die Verschuldungsquote zu, wenn sich der Staat neue Ressourcen über Kredite beschaffe. Der Chefökonom von Degussa Goldhandel warnt schon seit vielen Jahren vor den Folgen einer unablässigen Kredit-und Geldmengenvermehrung durch die Zentralbanken. Radikaler Lösungsvorschlag Sein Lösungsvorschlag ist daher radikal: „Will man die Krise in den Griff bekommen, muss man das Geldsystem reformieren.“ Verfolge Europa den bislang eingeschlagenen Weg hingegen weiter, werde ein japanischer Staatsschuldenberg dabei herauskommen – „wenn die Euro-Kreditpyramide nicht schon vorher zusammenbricht“. Aus Sicht der Keynes-Anhänger ist das größte Problem hingegen, dass die meisten Menschen nur ein Zerrbild der Lehren Keynes im Kopf haben – und seine Ratschläge eben entsprechend auch nur halbherzig umsetzen. Keynes sei nie ein Verfechter bloßen Schuldenmachens gewesen, sagt Skidelsky und verweist auf eines der berühmtesten Zitate des legendären Ökonomen: „,Auf lange Sicht sind wir alle tot.‘ Dieser Ausspruch von Keynes gilt für alle – außer für ihn selbst.“
Anja Ettel, Holger Zschäpitz
Lange galt die Lehre des britischen Ökonomen John Maynard Keynes nicht viel. Aber nun wird die Furcht vor der Rezession in Europa größer – und wie vor 80 Jahren soll wieder Keynes die Lösung bringen.
Wirtschaft
2014-09-03T10:19:21Z
2015-09-22T08:58:00Z
Angst vor Großer Depression beflügelt Keynes-Jünger
https://www.welt.de//wirtschaft/article131816011/Angst-vor-Grosser-Depression-befluegelt-Keynes-Juenger.html
Genehmigungsflaute: Warum in Deutschland immer weniger gebaut wird
Nach Expertenmeinung müssten deutschlandweit etwa 100.000 Wohnungen mehr genehmigt und gebaut werden, um die Nachfrage zu decken. Dafür müssten die Städte und Gemeinden mehr Flächen bereitstellen und Bauanträge genehmigen.
WELT
Nach Expertenmeinung müssten deutschlandweit etwa 100.000 Wohnungen mehr genehmigt und gebaut werden, um die Nachfrage zu decken. Dafür müssten die Städte und Gemeinden mehr Flächen bereitstellen und Bauanträge genehmigen.
2017-09-20T17:01:22Z
2022-05-12T14:16:36Z
Warum in Deutschland immer weniger gebaut wird
https://www.welt.de//wirtschaft/video168861466/Warum-in-Deutschland-immer-weniger-gebaut-wird.html
Psyche: Wenn Jugendliche Angst vorm Klimawandel haben
In der erfolgreichen Netflix-Serie „Ginny & Georgia“ ist der 16-jährige Marcus Baker schwer depressiv. Ihn belaste unter anderem, dass die Welt wegen der Klimakrise zugrunde gehe, betont er. Auch wenn die Handlung auf Fiktion beruht: Was den Weg in die Pop-Kultur findet, entstammt oft der Realität. Experten bestätigen: Die Klimakrise belastet viele Kinder und Jugendliche psychisch stark. Mit Blick auf die Zukunft hätten sie Angst, seien wütend oder verzweifelt: Wie wird die Welt in zehn oder 20 Jahren aussehen? Hat es noch Sinn, Kinder zu bekommen? Und: Wieso tut die Politik nichts? In einer kürzlich von der Bertelsmann-Stiftung publizierten Umfrage (verlinkt auf https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/was-bewegt-die-jugend-in-deutschland) in Deutschland äußerten 80 Prozent der Befragten im Alter von 12 bis 18 Jahren Sorge wegen des Klimawandels, 42 Prozent waren sehr besorgt. Wovor junge Menschen mit Blick auf die Klimakrise konkret Angst haben, hänge auch vom Alter ab, sagt die Psychologin Lea Dohm von der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (verlinkt auf https://www.klimawandel-gesundheit.de/) : „Wir wissen, dass das bei jüngeren Kindern etwa im Grundschulalter eher noch konkretere Ängste sind, wie die Angst vor Feuer oder Überschwemmungen.“ Jugendliche hingegen beschäftigten sich mehr mit der eigenen Identität und dem politischen Bezugsrahmen. Fehlender Klimaschutz werde auch mit der Tatenlosigkeit der Regierung zusammengebracht. Ähnlich sieht das Pauline Brünger, eine Sprecherin von Fridays for Future. Verzweiflung, Wut und Ohnmacht kämen bei jungen Menschen ihrer Erfahrung nach insbesondere dann auf, wenn sie sich „die Untätigkeit der eigenen Regierung“ anschauten. Laut Brünger fühlen sich viele Jugendliche in dieser Krise vor allem allein gelassen. „Das macht mich wütend, und das macht mich auch traurig“, sagt sie. Psychologin Dohm gehört der Initiative Psychologists for Future (verlinkt auf http://dpaq.de/6o3JC) an, die die Fridays-for-Future-Bewegung unterstützt. Und sie ist Mutter, auch deshalb macht sie das Thema betroffen: „Mich ärgert als Mutter und als Psychotherapeutin wirklich, was da gerade passiert. Die Weltgesundheitsorganisation sagt, die Klimakrise sei inzwischen die größte Gesundheitsgefährdung des Jahrhunderts, und es gibt bereits Autorinnen und Autoren, die davon sprechen, dass wir hier mit der Klimapolitik eine chronische Kindeswohlgefährdung erleben.“ Wie das künftige Klima aussehen könnte, beschreibt der Weltklimarat (IPCC) in seinem letzten Sachstandsbericht. „Der ganz pessimistische Fall ist, dass wir auf eine globale Erwärmung von mehr als vier Grad zusteuern“, sagt Andreas Marx vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. Dann wären die meisten Kipppunkte im Klimasystem erreicht und Reaktionen wie etwa das Abschmelzen einiger Eisschilde nicht mehr umzukehren. Zudem würden bestimmte Naturkatastrophen öfter auftreten, weil ihre Häufigkeit proportional zur globalen durchschnittlichen Erwärmung steige, so Marx. Dieses Szenario hält der Forscher aber für unwahrscheinlich: „Vier Grad ist letztlich nur möglich, wenn der globale Klimaschutz vollkommen versagt.“ 1,5-Grad noch zu schaffen? Im optimistischsten Fall gehe man davon aus, dass das 1,5-Grad-Ziel (verlinkt auf https://www.welt.de/politik/ausland/article241803093/Internationale-Klima-Zusagen-reichen-laut-UNO-nicht-fuer-1-5-Grad-Ziel.html) noch zu schaffen sei. „Wobei man ganz deutlich sagen muss, dass es nicht mehr viele Wissenschaftler gibt, die das für realistisch halten“, sagt Marx. Dafür müsste Klimaschutz viel stärker global umgesetzt werden – „inklusive der ganz großen Player wie China, und danach sieht es überhaupt nicht aus“. Als wahrscheinlichstes Szenario gelte zurzeit eine globale Erwärmung um 2,5 bis 3 Grad. Auch in diesem Fall könnten bereits Eisschilde abschmelzen, Wälder verschiedener Klimazonen geschädigt werden und vermehrt Permafrostböden auftauen und das extrem kräftige Treibhausgas Methan freisetzen, sagt Marx. Er sehe die Zukunft dennoch nicht ganz so pessimistisch – zumindest mit Blick auf Deutschland. „Am Ende des Jahrhunderts wird Deutschland immer noch klimatisch eine Gunstregion sein.“ In anderen Regionen Europas sei das anders, etwa im Mittelmeerraum. Da sei Trockenheit jetzt schon ein Problem, das künftig noch größer werde. Der allergrößte Teil dieser Regionen werde zu den Verlierern zählen. Was Klimaprognosen bei Heranwachsenden weltweit auslösen, zeigt eine 2021 publizierte Untersuchung im Fachblatt „ The Lancet (verlinkt auf http://dpaq.de/SzXWb) “. Dafür befragte ein Team um Caroline Hickman von der Universität Bath 10.000 Menschen im Alter von 16 bis 25 Jahren in zehn Ländern aller Kontinente zu Gedanken und Gefühlen in Bezug auf die Klimakrise. Mehr als die Hälfte aller Befragten berichtete von Trauer, Angst, Wut, Macht- und Hilflosigkeit sowie von Schuldgefühlen. „Besonders besorgniserregend fand ich, dass viele Jugendliche in dieser Studie der Aussage ‚Humanity is doomed‘ zustimmten, also dass die Menschheit verloren sei“, unterstreicht Psychologin Dohm. Knapp 56 Prozent der Befragten bejahten dies. Auch die Reaktionen der Regierungen auf die Krise bewertete eine Mehrheit negativ, fast 59 Prozent fühlten sich und spätere Generationen betrogen. Und mehr als 45 Prozent der Befragten gaben an, dass ihre Gefühle bezüglich des Klimawandels sich negativ auf ihr tägliches Leben auswirken. Solche Gefühle sollten nicht pathologisiert werden, betont Dohm. Zumal Jugendliche wegen Klimagefühlen nicht vermehrt Psychologiepraxen aufsuchten. Kinder und Jugendliche kämen eher wegen anderer Themen in die Therapie. Erst da stelle sich dann heraus, dass sie auch Klimagefühle belasteten. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (verlinkt auf http://dpaq.de/meqyh) , Andreas Meyer-Lindenberg, stimmt zu. Oft kämen Jugendliche mit diffusen Schwierigkeiten, ihren Alltag zu bewältigen, und wüssten nicht, woher das komme. Frage man dann nach, komme oft Klimaangst als Ursache heraus. Deshalb sollten Therapeuten systematisch nach solchen Ängsten fragen, sagt der Experte. „Früher haben wir auch nicht immer nach Missbrauch gefragt, und seitdem wir das systematisch tun, hören wir eben häufig, dass das die Ursache ist für viele Beschwerden.“ Angststörungen und Depression Erst wenn Klimaangst zur Verzweiflung, Arbeitsunfähigkeit oder Isolation führe, könne sich eine Angststörung oder Depression (verlinkt auf https://www.welt.de/wissenschaft/plus226150053/Depressionen-und-Angststoerungen-So-gut-helfen-Online-Therapien.html) entwickeln, sagt Meyer-Lindenberg. Für solche Erkrankungen gebe es jedoch mehrere mögliche Auslöser. Weil die Klimakrise eine reale Bedrohung darstelle, sei es erst einmal normal, mit Blick auf die eigene Zukunft negative Gefühle zu empfinden. Bislang zeigen nur wenige Studien, wie sich die Klimakrise konkret auf die psychische Gesundheit insbesondere von Kindern und Jugendlichen auswirkt. „Das liegt daran, dass das Phänomen erst seit kurzem so richtig in den Fokus der Forschung kommt“, sagt Meyer-Lindenberg. „Die Studien, die es gibt, sagen aber schon, dass es ein sehr hohes Ausmaß an Betroffenheit über das Klima bei Kindern und Jugendlichen gibt.“ Gefühle wie Angst, Trauer und Wut seien aus psychologischer Sicht wichtig und richtig, betonen beide Fachleute. Wut und Ärger sind laut Dohm Bedürfnis-Anzeiger, die darauf hinweisen, dass etwas für den Menschen Bedeutung hat. Diese Emotionen führten zum Aktivwerden, was wiederum helfen könne, sich von der Belastung zu lösen. Bei Ängsten könne das anders sein. Auf Ängste reagieren Menschen Dohm zufolge mitunter nicht unbedingt nur handlungsorientiert, sondern zum Teil mit Verdrängung oder Vermeidung. „Aber wir wissen, dass zum Beispiel in der Klimabewegung sehr viele auch über Ängste motiviert werden. Das ist dann ein gesunder Mechanismus der Angstbewältigung.“ „Generell ist Angst dazu da, um vor etwas zu warnen, was gefährlich sein kann, und eine entsprechende Reaktion darauf auszulösen“, erklärt Meyer-Lindenberg. Aktivität könne hier hilfreich sein: „Ich als Einzelperson kann natürlich nicht die Klimakatastrophe beenden. Aber es gibt eine Menge, was ich tun kann, und ich kann dafür sorgen, dass in meiner Umgebung klimaneutral gehandelt wird.“ Dies sei ein wichtiger Schritt – nicht nur für das Klima, sondern auch für die eigene psychische Gesundheit. „Wir müssen die Wut, Ängste, den Ärger rund um die Klimakrise ernst nehmen, denn das ist zwar oft unangenehm, aber gesund und normal“, sagt Psychologin Dohm. Zudem dürfe die Gesellschaft die Verantwortung für die Bewältigung der Krise nicht auf Kinder und Jugendliche laden. Das sei Aufgabe der Erwachsenen: „Was da wirklich hilft, ist eine Politik, die die Erderhitzung auf 1,5 Grad begrenzt.“ „Aha! Zehn Minuten Alltags-Wissen“ ist der Wissens-Podcast von WELT. Immer dienstags und donnerstags beantworten wir darin Alltagsfragen aus dem Bereich der Wissenschaft. Abonnieren Sie den Podcast unter anderem bei Spotify (verlinkt auf https://open.spotify.com/show/0xVTjXuo1jKKi2lyv0cRmI) , Apple Podcasts (verlinkt auf https://podcasts.apple.com/de/podcast/aha-zehn-minuten-alltags-wissen/id1637836095?l=en) , Deezer (verlinkt auf https://www.deezer.com/de/show/4481527) , Amazon Music (verlinkt auf https://music.amazon.de/podcasts/ea0863ae-b9a0-41ab-96e7-d5c4be2ee9af/aha-zehn-minuten-alltags-wissen) oder direkt per RSS-Feed.
Oliwia Nowakowska
Jugendliche sorgen sich oft um ihre Zukunft, besonders mit Blick auf die ansteigenden Temperaturen und Klimakatastrophen weltweit. Trauer, Verzweiflung, Wut – was das für ihre psychische Gesundheit bedeutet.
Wissenschaft
2023-01-29T06:32:40Z
2023-01-29T06:32:40Z
Wenn Jugendliche Angst vor dem Klimawandel haben
https://www.welt.de/wissenschaft/article243451705/Psyche-Wenn-Jugendliche-Angst-vorm-Klimawandel-haben.html
Fernost: Das sind die zehn besten Attraktionen in Hongkong
Ein alter Favorit der Globetrotter findet zu neuer Beliebtheit: Hongkong. Die Besucherzahlen waren jüngst wieder glänzend mit zweistelligen Zuwachsraten. Auch die Zahl der deutschen Gäste wuchs 2010 um knapp zehn Prozent. Denn in der Stadt zählt nicht nur Gigantismus, Hongkong (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/hongkong-staedtereise/) hat sich seinen abwechslungsreichen Charme und noch halbwegs menschliche Dimensionen erhalten. Zehn Höhepunkte, die man nicht verpassen sollte: 1. Star Ferry Seit 113 Jahren ist eine schaukelnde Fahrt auf den weißgrünen Doppeldeckerfähren durch den Victoria Harbour der ideale Auftakt für einen Hongkong-Besuch (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/hongkong-staedtereise/) . Und dazu günstig: Ein Ticket kostet umgerechnet nicht mal 30 Euro-Cent. Auf der Fähre lässt man sich den Wind um die Nase wehen und genießt den Blick auf die Wolkenkratzerberge von unten, vom Meeresspiegel aus. 2. Peak Tram Nicht weit vom Fähranleger Central auf Hongkong Island befindet sich eine weitere Touristen-Tradition: die Bergbahn „Peak Tram“ hinauf zum 552 Meter hohen Victoria Peak. Vom Fähranleger fährt der Shuttlebus Nr. 15c direkt zum Startbahnhof an der Garden Road (Tickets für Bus und Tram zusammen knapp vier Euro). Der Blick von oben auf die glitzernden Hochhäuser ist noch beeindruckender als vom Schiff aus. Ist es mal nicht diesig, sind auch die andere Uferseite, Kowloon, und die Insel Lantau zu sehen. Für Hongkong ist es ungewöhnlich ruhig, die Luft frisch – kein Wunder, dass der chinesischer Name, Tai Ping Shan, „Berg des großen Friedens“ bedeutet und hier oben die koloniale High-Society wohnte. Wem es gefällt, kann den Peak Tower besteigen, ein modernes Vergnügungszentrum mit Aussichtsterrasse, Restaurants und einem Ableger des Wachsfiguren- Kabinetts von Madame Tussauds. Aber vielleicht wäre ein Picknick draußen viel schöner? 3. Afternoon Tea Ein weiterer gesellschaftlicher Fixpunkt liegt in Tsim Sha Tsui an der Spitze von Kowloon: Seit über 80 Jahren ist das „Peninsula Hotel“ der Platz der Schönen und der Reichen. Die Zimmer im Fünf-Sterne-Haus sind teuer, den berühmten Afternoon Tea kann man sich aber durchaus leisten. Vielleicht ein blumiger Chrysanthemen-Tee oder die Darjeeling-Hausmarke, dazu Scones mit clotted cream? In der großen Lobby spürt man den Geist der alten Zeit, als die Touristen noch mit dem Dampfer anreisten, oder mit dem „ China (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/china-reisen/) Clipper“ von Pan Am, und in der Lobby warteten, bis die Nachmittagshitze abflaute. 4. Chinesischer Doktor Mit Einbruch der Dunkelheit dann aber hinaus auf die Straßen von Kowloon, unter die Neonlichter der Nathan Road! Das ist die Welt aus den Erzählungen über die legendäre Edelhure Suzie Wong, die Welt der Straßenhändler und Spelunken in dunklen Seitenstraßen. Wir besuchen einen chinesischen Doktor: die Niederlassung der fast 400 Jahre alten Kette Beijing Tong Ren Tang an der Cameron Road Nr. 6. Leider spricht die heute anwesende Ärztin nur Katonesisch, man braucht also einen Übersetzer. Aber die Auslagen sind spannend genug – Ingwerpulver zum Vorbeugen von Schnupfen und Ginseng-Kapseln für den Kreislauf sind noch die harmlosesten Angebote. 5. Nachtmarkt Zu Fuß weiter zum Nachtmarkt an der Temple Street, täglich bis Mitternacht geöffnet. Es gibt alles, vom Autoradio bis zur Seidenunterwäsche. Warnung aus leidvoller Erfahrung: Die asiatische Kleidergröße „XL“ ist eher ein europäisches „M“. Und ob die Markenwaren wirklich echt sind? Ohnehin geht es nicht so sehr um die Schnäppchenjagd als um die Atmosphäre. Und um einen Imbiss an einer der Straßenküchen. 6. Avenue of Stars Zum Abschluss des Tages zurück an die Waterkant von Kowloon, zur „Avenue of Stars“, eine Uferpromenade zu Ehren einheimischer Filmstars wie Bruce Lee und Jackie Chan. Aber deswegen sind wir nicht hergekommen: Wir können einfach nicht den Blick von den spektakulären Wolkenkratzern lassen, nun nächtlich erleuchtet. 7. Märkte von Central Nächster Tag: Kein Hongkong-Besuch ohne Spaziergang durch die Straßenmärkte von Central auf Hongkong Island. Hier kaufen die Bewohner der umliegenden Apartmenthochhäuser täglich frisch ihr Abendessen ein, Kühlschränke gibt es in den kleinen Wohnungen meist gar nicht. Obst, Gemüse, Geflügel, Meerestiere – so eine Auswahl wünscht man sich auf deutschen Wochenmärkten. 8. Dim Sum Aber auch kein Hongkong-Besuch ohne Dim Sum, die kleinen Köstlichkeiten der kantonesischen Küche. Es handelt sich um in Bastkörbchen gedämpfte Teigtaschen gefüllt mit Shrimps, Schweinefleisch oder Gemüse. Seit Jahrzehnten die beste Adresse in Central: das Luk Yu Tea House (24-26 Stanley Street, ab 11.00 Uhr). Möglichst früh hin, der Laden ist beliebt und wird mittags voll. 9. Zum Strand Und danach, als Kontrastprogramm, ein Ausflug zum Strand. Hongkong verfügt über nicht weniger als 40 offizielle Sandstrände. Der bekannteste liegt an der Repulse Bay, ein ehemaliges Piratennest, von Central in 20 Minuten mit öffentlichen Bussen oder Taxi zu erreichen. Bademeister hinter verspiegelten Sonnenbrillen und auf hohen Stühlen wachen über die Badenden, am Ostende des Strandes stehen bunte Schreine für taoistische Gottheiten. Außerdem: das „Gebäude mit dem Loch“ als Durchflugschneise für den angeblich dahinter in den Bergen hausenden Drachen. In der Repulse Bay Arcade verkauft ein kleiner Eisladen Stopfleber- und Hummer-Eiscreme. Muss man mögen. 10. Pferderennen Zum Schluss der Zeitvertreib Nummer eins im ins Glücksspiel vernarrten Hongkong: Pferderennen. Von September bis April mittwochabends in Happy Valley und am Wochenende in Sha Tin. Auch für Wettneulinge ein Spaß, der Hongkong Jockey Club bietet verschiedene Touristen- Programme, die man reservieren kann (Telefon 00852/2316-2151 oder 00852/2723-1808).
Frank Rumpf
Die alte Kronkolonie am Südchinesischen Meer erfindet sich ständig neu, vergisst aber ihre Traditionen nicht. Unsere zehn Tipps für einen gelungenen Aufenthalt.
Reise
Städtereisen
2011-10-11T13:39:44Z
2012-08-06T14:53:01Z
Das sind die zehn besten Attraktionen in Hongkong
https://www.welt.de//reise/staedtereisen/article13647741/Das-sind-die-zehn-besten-Attraktionen-in-Hongkong.html
Olympia, Handball: Deutschland setzt Ausrufezeichen gegen Angstgegner Schweden
Deutschlands Handballer haben zum Auftakt ihrer olympischen Medaillenmission für einen Paukenschlag gesorgt. Die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason besiegte Angstgegner Schweden trotz einer frühen Roten Karte gegen Spielmacher Juri Knorr.
WELT
Deutschlands Handballer haben zum Auftakt ihrer olympischen Medaillenmission für einen Paukenschlag gesorgt. Die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason besiegte Angstgegner Schweden trotz einer frühen Roten Karte gegen Spielmacher Juri Knorr.
Olympia
2024-07-27T19:08:42Z
2024-07-27T19:08:42Z
Deutsche Handballer setzen Ausrufezeichen gegen Angstgegner Schweden
https://www.welt.de//sport/olympia/video252729404/Olympia-Handball-Deutschland-setzt-Ausrufezeichen-gegen-Angstgegner-Schweden.html
Landtag: SPD fordert Frauenquote von 50 Prozent
Mit einer Reform des Landeswahlgesetzes nach französischem Vorbild will die SPD-Fraktion die Frauenquote im Bayerischen Landtag auf 50 Prozent erhöhen. „Ohne gleichberechtigte Parlamente gibt es keine gleichberechtigte Gesetzgebung – und keine gleichberechtigte Gesellschaft“, sagte Fraktionsvize Simone Strohmayr am Dienstag in München (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/muenchen/) . Kern der Novelle (verlinkt auf https://bayernspd-landtag.de/workspace/media/static/vorlage-pk-parite-5a2574f0a7a24.pdf) ist eine für alle Parteien verbindliche Regelung für die Vergabe von Listenplätzen in Artikel 29 des Landeswahlgesetzes (verlinkt auf /regionales/bayern/article157976493/Zusaetzlicher-Stimmkreis-bei-Landtagswahl-2018.html) : „Die Wahlkreisliste ist abwechselnd mit Frauen und Männern zu besetzen, wobei der erste Platz mit einer Frau oder einem Mann besetzt werden kann.“ Die seit 1946 bestehende Unterrepräsentanz von Frauen im Landtag (verlinkt auf /themen/landtagswahl-bayern/) widerspreche dem Demokratiekonzept der Bayerischen Verfassung und des Grundgesetzes, betonte auch Silke Laskowski, Professorin für öffentliches Recht an der Universität Kassel (verlinkt auf https://www.welt.de/themen/kassel/) . „Das Grundgesetz verpflichtet den Gesetzgeber, die fehlende Chancengleichheit von Kandidatinnen effektiv durchzusetzen.“ Zahl der weiblichen Abgeordneten gesunken Aktuell gibt es im Landtag 51 weibliche Abgeordnete, das entspricht einer Frauenquote von 28,3 Prozent. Nach Angaben der SPD ist der Anteil in der laufenden Legislatur damit geringer als in den Jahren 2008 bis 2013, als immerhin 31,6 Prozent der Mandate an Politikerinnen gingen. Im Vergleich zum ersten Landtag nach dem Krieg 1946 ein hoher Wert: Damals waren es nur 1,7 Prozent. Der Bayerische Landtag ist beim Frauenanteil übrigens keine negative Ausnahme in Deutschland – im Bundestag ist er aber mit 31 Prozent auch nur leicht höher.
WELT
Kaum ein Drittel der Abgeordneten im Bayerischen Landtag sind Frauen. Das will die SPD ändern: Die Fraktion macht sich für eine Frauenquote von 50 Prozent stark – zu der alle Parteien verpflichtet werden sollen.
Regionales
Bayern
2017-12-05T12:14:32Z
2020-10-27T14:46:55Z
SPD fordert Frauenquote von 50 Prozent
https://www.welt.de//regionales/bayern/article171279794/SPD-fordert-Frauenquote-von-50-Prozent.html
Vor dem WM-Spiel Deutschland gegen Ghana: So tippen die deutschen Fans
Fußball-Eurphorie: Die Fanmeile in Berlin ist schon Stunden vor dem Spiel gegen Ghana gut gefüllt. In der Hauptstadt rechnen die meisten Fans offenbar mit einem Erfolg für Deutschland.
WELT
Fußball-Eurphorie: Die Fanmeile in Berlin ist schon Stunden vor dem Spiel gegen Ghana gut gefüllt. In der Hauptstadt rechnen die meisten Fans offenbar mit einem Erfolg für Deutschland.
Fußball
2014-06-21T14:41:02Z
2016-12-16T12:26:21Z
So tippen die deutschen Fans
https://www.welt.de//sport/fussball/wm-2014/video129329752/So-tippen-die-deutschen-Fans.html
Russlands Geheimdienst nimmt US-Bürgerin wegen Hilfe für Ukraine fest
Russlands Inlandsgeheimdienst FSB hat nach eigenen Angaben eine 33 Jahre alte Frau mit US-amerikanischer und russischer Staatsbürgerschaft wegen des Verdachts auf Hochverrat in Jekaterinburg am Ural festgenommen. Die in der US-Metropole Los Angeles wohnhafte Verdächtige sitze in Untersuchungshaft, weil sie Geld für eine ukrainische Organisation gesammelt und damit gegen die Sicherheit Russlands gearbeitet habe, teilte der FSB am Dienstag in Moskau mit. Demnach soll die Frau Spenden für eine Organisation gesammelt haben, die anschließend Material für die ukrainischen Streitkräfte angeschafft hat. Beweise präsentierte der FSB nicht. Laut der Mitteilung des FSB wurden für das Geld medizinische Artikel, Ausrüstung und auch Munition eingekauft. In den USA habe die Frau mehrfach an „öffentlichen Aktionen zur Unterstützung des Kiewer Regimes“ teilgenommen. Die Ermittlungen dauerten an, hieß es. Russland steht in den USA immer wieder in der Kritik, Bürger des Landes gezielt zu verfolgen und in Haft zu nehmen, um sie dann gegen Gefangene auszutauschen. Kremlkritiker werfen dem Moskauer Machtapparat „Geiselnahmen“ vor – mit dem Ziel, russische Gefangene im Ausland freizupressen. Kremlchef Wladimir Putin hatte in der Vergangenheit inhaftierte russische Kriminelle in den USA durch einen Austausch mit in Moskau verurteilten Amerikanern freibekommen. In Jekaterinburg wurde im März vorigen Jahres der US-Journalist Evan Gershkovich (verlinkt auf /politik/ausland/article250100910/Evan-Gershkovichs-Eltern-Es-ist-hart-noch-zu-funktionieren-zu-atmen.html) wegen angeblicher Spionage festgenommen. Er sitzt seither in Untersuchungshaft. Putin hatte zuletzt erklärt, dass Russland bei einer Einigung mit den USA zu einem Austausch des Korrespondenten gegen Russen in Gefangenschaft bereit sei. Das „Wall Street Journal“ hatte alle Vorwürfe gegen seinen Reporter dementiert und dessen Freilassung gefordert.
WELT
Einer Frau mit russischer und US-amerikanischer Staatsbürgerschaft wird vorgeworfen, Spenden für die ukrainische Armee gesammelt zu haben. Nun befindet sie sich in Untersuchungshaft. In der Vergangenheit versuchte Russland mit westlichen Gefangenen inhaftierte Russen im Ausland freizupressen.
Politik
Ausland
2024-02-20T10:08:41Z
2024-02-20T10:08:41Z
Russlands Geheimdienst nimmt US-Bürgerin wegen angeblicher Hilfe für Ukraine fest
https://www.welt.de//politik/ausland/article250178300/Russlands-Geheimdienst-nimmt-US-Buergerin-wegen-Hilfe-fuer-Ukraine-fest.html
Pulitzer-Preisträgerin: Bestsellerautorin Harper Lee mit 89 Jahren gestorben
Die US-Schriftstellerin Harper Lee ist tot. Die für ihren Roman „Wer die Nachtigall stört“ berühmte Autorin starb im Alter von 89 Jahren, wie die Verwaltung ihrer Heimatstadt Monroeville im Bundesstaat Alabama am Freitag bestätigte. Die Geschichte über Rassismus in den US-Südstaaten während der 30er-Jahre wurde mit dem Pulitzerpreis (verlinkt auf /themen/pulitzer-preis/) ausgezeichnet und in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Warum sie danach jahrzehntelang zunächst kein neues Buch veröffentlichte, das hat die am 28. April 1926 als jüngste von vier Kindern eines Anwalts und seiner gemütskranken Frau geborene Lee nie öffentlich erklärt. Sie habe es noch ein paarmal versucht, aber immer wieder aufgegeben, berichteten US-Medien. Der Klassiker „Wer die Nachtigall stört“ aus Sicht der neunjährigen Scout wurde 1960 veröffentlicht und gilt als eines der einflussreichsten Werke der US-Literatur. Hollywood verfilmte den Roman 1962 mit Gregory Peck in der Hauptrolle als Atticus Finch. Lee hatte danach mehr als 50 Jahre lang kein weiteres Buch mehr veröffentlicht und lebte zuletzt von der Öffentlichkeit abgeschirmt in einem Pflegeheim in Monroeville. Obwohl sie öffentliche Auftritte vermied, besuchte sie die Gedenkveranstaltung für ihren lebenslangen Freund Truman Capote (verlinkt auf /themen/truman-capote/) nach dessen Tod im Jahr 1984 in Los Angeles. Sie pflegte auch engen Kontakt zur Familie von Gregory Peck, der den Oscar als bester Schauspieler für seine Darstellung des Atticus Finch erhielt. Den Charakter modellierte Lee nach ihrem eigenen Vater. „Gehe hin, stelle einen Wächter“ umstritten Erst im Juli 2015 wurde mit „Gehe hin, stelle einen Wächter“ (verlinkt auf /kultur/literarischewelt/article137123442/Ein-zweiter-Roman-von-Harper-Lee-Schoen-waers.html) ein zweiter Roman der Autorin veröffentlicht, den sie allerdings schon vor „Wer die Nachtigall stört“ geschrieben haben soll. „Gehe hin, stelle einen Wächter“ spielt rund 20 Jahre nach der Ausgangshandlung von „Wer die Nachtigall stört“. Die inzwischen erwachsene Protagonistin Scout fährt in ihre Heimat in Alabama zurück, wo sie ihren Vater Atticus Finch wiedertrifft. Schon im Vorfeld der Veröffentlichung sorgte die Information für Wirbel, dass sich dieser vom moralischen Rechtsanwalt zu einem Rassisten gewandelt hat. Das bereits Mitte der 50er-Jahre fertiggestellte Manuskript wurde nach Angaben des Verlagshauses HarperCollins in einem Schließfach entdeckt, die Umstände sind unklar. Befürchtungen wurden laut, dass die zuletzt schwerhörige und blinde Lee manipuliert worden sein könnte, um ihre Zustimmung zur Veröffentlichung des Buchs zu erhalten. Unklar blieb die Frage, was sie selbst eigentlich von der späten Veröffentlichung hielt. Zuvor hatte die Autorin die Aussicht auf eine Fortsetzung von „Wer die Nachtigall stört“ stets energisch zurückgewiesen, und gegen eine Biografie war sie 2011 mit Anwälten vorgegangen. Zahlreiche Freunde und Bekannte der Autorin bezweifelten öffentlich, dass sie mit der Veröffentlichung einverstanden sei. Ihr Gesundheitszustand lasse so eine Entscheidung gar nicht mehr zu. Sogar der Bundesstaat Alabama schaltete sich ein und untersuchte nach einem anonymen Hinweis, ob Lee ausgenutzt und manipuliert wurde. Ein Vergehen konnte aber nicht festgestellt werden. Der Verlag stellte die Situation völlig anders dar. „Überrascht und erfreut“ sei Lee nach der Wiederentdeckung gewesen und habe schlicht gesagt: „Wenn ihr meint, dass es den Leuten gefallen würde, dann lasst es veröffentlichen.“
WELT
Die US-Schriftstellerin Harper Lee ist tot. Sie wurde 89 Jahre alt. Für ihren weltweit erfolgreichen Roman „Wer die Nachtigall stört“ (1960) erhielt die Autorin den renommierten Pulitzerpreis.
Kultur
2016-02-19T15:44:17Z
2016-02-19T17:09:23Z
Bestsellerautorin Harper Lee mit 89 Jahren gestorben
https://www.welt.de//kultur/article152439856/Bestsellerautorin-Harper-Lee-mit-89-Jahren-gestorben.html
Real-Madrid-Debakel: Von 4000 Gästefans verspottet – Sergio Ramos tobte auf der Tribüne
Es gibt wohl nur wenige Akteure im Weltfußball, deren Spielweise so umstritten ist wie die von Sergio Ramos. Real Madrids Kapitän ist ein überragender Fußballprofi, er beherrscht die gesamte Klaviatur des Erlaubten. Und manchmal eben auch die des Unerlaubten. Wie im Hinspiel der Champions League (verlinkt auf https://www.welt.de/sport/fussball/champions-league/) , als er sich mittels eines Fouls an Ajax Amsterdams Kasper Dolberg die Gelbe Karte abholte, um in einem möglichen Viertelfinale nicht gesperrt zu sein, und die niederen Beweggründe hinterher auch noch zugab. Das sollte sich als folgenschwere Überheblichkeit entpuppen. Denn der europäische Verband Uefa sperrte ihn für das absichtliche Foul nicht nur für zwei Spiele, Real verlor in einem denkwürdigen Match gegen Ajax (verlinkt auf /sport/article189835203/Champions-League-Real-Madrid-scheitert-sensationell-an-Ajax-Amsterdam.html) auch noch 1:4 und schied gedemütigt aus der Königsklasse aus. Ramos hatte sich verzockt. Er konnte dem Debakel nur von der Tribüne aus zusehen und fehlte seinem Team an allen Ecken und Enden, seine Kollegen in der Real-Abwehr wurden von Ajax überragendem Spielgestalter Dusan Tadic förmlich schwindelig gespielt. „Wir haben Ramos vermisst“, stellte Madrid-Trainer Santiago Solari nach dem Desaster fest. Demütigung gingen noch weiter Jeder hatte es sehen können, auch der Kapitän selbst, der auf der Tribüne in einer Loge saß und Mühe hatte, seine Nerven im Zaum zu halten. Immer wieder sprang der 32-Jährige auf, schimpfte, haderte und schaute fassungslos, ob des Geschehens auf dem Rasen. Er wurde dabei von einem Kamerateam des Amazon-Seriendienstes gefilmt, das den Nationalspieler derzeit für eine Dokumentation über den spanischen Fußball begleitet. Ramos‘ Abwesenheit werde „eine offene Wunde für Real“ sein, hatte Ajax-Coach Erik ten Hag schon vor der Partie gemutmaßt. Er sollte recht behalten. Die Gäste nutzten die Löcher in der Abwehr des spanischen Rekordmeisters gnadenlos aus und besiegelten mit ihren vier Toren nicht nur Reals Champions-League-Aus, sondern wohl auch das Ende einer Ära. Für Ramos gingen die Demütigungen aber noch weiter. Als sich die Niederlage seiner Mannschaft abzeichnete, verhöhnten ihn die 4000 mitgereisten Ajax-Fans mit Sprechchören: „Ramos, bedankt!“ Danke, Ramos!
WELT
Sergio Ramos holte sich im Hinspiel absichtlich die Gelbe Karte ab und fehlte beim 1:4 seines Team gegen Ajax Amsterdam. Der Real-Kapitän wütete in seiner Loge – und wurde von den 4000 Gästefans mit „Danke, Ramos“-Sprüchen bedacht.
Sport
Fußball
2019-03-06T11:53:52Z
2019-03-06T15:03:46Z
Von 4000 Gästefans verspottet – Sergio Ramos tobte auf der Tribüne
https://www.welt.de//sport/fussball/article189845769/Real-Madrid-Debakel-Von-4000-Gaestefans-verspottet-Sergio-Ramos-tobte-auf-der-Tribuene.html
Integration: Analphabeten haben kein Recht auf Einbürgerung
Ein Ausländer, der weder lesen noch schreiben kann, hat mangels Kenntnis der deutschen Schriftsprache keinen Anspruch auf Einbürgerung. Dies geht aus einer am Donnerstag in Mannheim veröffentlichten Entscheidung des baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) hervor. Allein mündliche Sprachkenntnisse seien nicht ausreichend, heißt es in dem Urteil. Der Mann müsse zumindest in der Lage sein, Schreiben, Formulare und sonstige Schriftstücke in deutscher Sprache selbstständig zu lesen und zu verstehen. Das Gericht hob mit seinem Urteil eine anderslautende Entscheidung der Vorinstanz auf. Geklagt hatte ein seit 1989 in Deutschland lebender Türke. Er hat nach eigenen Angaben nie die Schule besucht und kann weder lesen noch schreiben. Seit 1993 ist er als Asylberechtigter anerkannt und im Besitz einer Niederlassungserlaubnis. Seinen Antrag auf Einbürgerung lehnten die Stadt Pforzheim und das Regierungspräsidium Karlsruhe ab, weil er nicht die sprachlichen Voraussetzungen dafür erfülle. Auch der Verwaltungsgerichtshof entschied jetzt, dass der Mann keinen Anspruch auf Einbürgerung habe, da er nicht über die geforderten Kenntnisse der deutschen Sprache verfüge. Eine soziale, politische und gesellschaftliche Integration setze die Möglichkeit voraus, hiesige Medien zu verstehen und mit der deutschen Bevölkerung zu kommunizieren. Für eine ausreichende Integration sei zu verlangen, dass er schriftliche Erklärungen, die in seinem Namen abgegeben werden, zumindest ihrem wesentlichen Inhalt nach selbstständig auf Richtigkeit überprüfen könne. Es sei auch vertretbar, wenn die Behörden bei einem Ausländer, der selbst in seiner Heimatsprache Analphabet sei, keine Ausnahme machten, entschied der Verwaltungsgerichtshof weiter. Angesichts seines Lebensalters von nur 19 Jahren beim Zeitpunkt der Einreise sei es ihm zumutbar gewesen, an Alphabetisierungskursen teilzunehmen. Auch mit jetzt 39 Jahren sei im Übrigen noch kein Alter erreicht, das den Besuch eines solchen Kurses als unzumutbar erscheinen ließe. Eine Revision wurde nicht zugelassen.
WELT
Ein Analphabet kann nicht in Deutschland eingebürgert werden. Das hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim entschieden. Mündliche Sprachkenntnisse allein reichten nicht aus, heißt es in einem neuen Urteil. Für die Einbürgerung seien Kenntnisse der Schriftsprache nötig.
Politik
2009-02-26T13:55:36Z
2015-09-01T11:10:56Z
Analphabeten haben kein Recht auf Einbürgerung
https://www.welt.de//politik/article3279294/Analphabeten-haben-kein-Recht-auf-Einbuergerung.html
Diplomatie: Nordkorea-Problem hätte längst gelöst sein können
Die Aufgabe der Welt, Nordkoreas Säbelrasseln zu begegnen, wird durch die Tatsache, dass sie es mit einem verarmten und effektiv besiegten Land zu tun hat, nicht erleichtert. Im Gegenteil: Gerade unter solchen Umständen ist eine besonnene Voraussicht besonders nötig. Das Genie von Fürst Klemens von Metternich, dem Vertreter des Habsburgerreiches, bei der Abfassung einer neuen internationalen Ordnung nach den Napoleonischen Kriegen bestand darin, dass er das besiegte Frankreich nicht in eine Ecke drängte. Obwohl Metternich bestrebt war, ein mögliches Wiedererstarken Frankreichs zu verhindern, stellte er die französischen Vorkriegsgrenzen wieder her. Im Gegensatz dazu konnten die Sieger des Erstens Weltkrieges, wie Henry Kissinger argumentiert hat, das besiegte Deutschland weder abschrecken noch ihm die Anreize bieten, den Vertrag von Versailles zu akzeptieren. Stattdessen erlegten sie Deutschland in der Hoffnung, es dauerhaft zu schwächen, harte Bedingungen auf. Wie dieser Plan ausging, wissen wir. Unkluger Umgang mit Nordkorea John F. Kennedy hatte das Format eines Metternich. Während der Kubakrise versuchte er nicht, die Sowjetunion zu demütigen oder völlig zu besiegen. Stattdessen versetzte er sich in Nikita Chruschtschows Lage und stimmte zu, im Austausch gegen den Abzug der sowjetischen Raketen aus Kuba heimlich die amerikanischen Raketen in der Türkei und in Italien abzubauen. Kennedys Pragmatismus verhinderte einen Dritten Weltkrieg. Nordkorea kam bisher leider nicht in den Genuss derart weitsichtiger Staatskunst. Angesichts des gefährlichen nuklearen Spiels des Nordens (verlinkt auf /politik/ausland/article114989979/Nordkoreas-Armee-genehmigt-Atomangriff-auf-USA.html) sollten wir uns fragen, was wohl passiert wäre, wenn das Nordkorea-Problem während der letzten rund 20 Jahre mit der Klugheit eines Metternich oder Kennedy in Angriff genommen worden wäre. Natürlich ist Nordkorea weder Frankreich im frühen 19. Jahrhundert noch die UdSSR von 1962. In den Augen der politischen Führungen des Westens (einschließlich der Japans) war es nie mehr als ein kleines Randland, dessen wirtschaftliche Versäumnisse es immer so aussehen ließen, als stünde es kurz vor der Selbstzerstörung. Größtenteils zogen es die Staats- und Regierungschefs vor, nicht von Nordkorea belästigt zu werden, und so reagierten sie ad hoc, wann immer dieses ein Sicherheitsproblem schuf. Doch nun – im Gefolge der jüngsten Atomtests des Nordens und angesichts seiner sich verbessernden Kapazitäten in der Raketentechnologie – ist dieser Ansatz nicht länger haltbar. Vertane Chancen Die vielleicht beste Chance zur Lösung des Problems in einer früheren Phase bestand unmittelbar nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahre 1991. Damals sah sich Kim Il-sung – der Gründer Nordkoreas – einem wirtschaftlichen Zusammenbruch, der Verringerung seiner Streitkräfte sowie diplomatischer Isolation ausgesetzt. In Interviews mit „Asahi Shimbun“ und der „Washington Times“ im März und April (verlinkt auf http://www.consortiumnews.com/2006/101006a.html) 1992 äußerte Kim den Wunsch, diplomatische Beziehungen zu den USA aufzunehmen. Die Führungen der USA und Südkoreas waren jedoch nicht bereit, auf Kims Angebot einzugehen. Ihre vorgefassten Meinungen über Nordkorea hinderten sie daran, eine sich schnell wandelnde politische Realität zu erkennen. Zehn Jahre später wurde eine weitere Gelegenheit versäumt. Hätte Nordkorea den Besuch des US-Gesandten William Perry in Pjöngjang im Mai 1999 damals zeitnah beantwortet, hätte Präsident Bill Clintons Politik des Dialogs mit dem Norden möglicherweise in eine Normalisierung der diplomatischen Beziehungen gemündet. Stattdessen zögerte der Norden und entsandte Vizemarshall Jo Myong-rok erst im Oktober 2000, gegen Ende von Clintons Präsidentschaft, in die USA. Ein paar Monate später machte der neu gewählte Präsident George W. Bush Clintons Nordkoreapolitik rückgängig. Kostbare Zeit vergeudet Ich erinnere mich noch an die Schwierigkeiten, die ich als damaliger Außenminister Südkoreas hatte, die Vertreter der Bush-Administration zu überzeugen, mit Nordkorea zu verhandeln, statt es lediglich unter Druck zu setzen und auf die Kapitulation des Nordens zu warten. Damals nahm Nordkorea gerade seine Nuklearanlage in Yongbyon wieder in Betrieb und produzierte Plutonium, was seine Verhandlungsposition gegenüber den USA stärkte. Kostbare Zeit wurde vor dem ersten Atomtest Nordkoreas im Jahre 2006 vertan. Auch wenn Bush seine Politik ein paar Monate später hin zu bilateralen Verhandlungen mit dem Norden veränderte, war das Kim-Regime inzwischen sehr viel obstinater geworden. Tatsächlich ist Nordkoreas Verhalten seitdem sogar noch volatiler geworden. Vorfälle wie die Versenkung der südkoreanischen Korvette „Cheonan“ (verlinkt auf /politik/ausland/article7559022/Sprengstoffspuren-an-gesunkenem-Kriegsschiff.html) und die Bombardierung der Insel Yonpyong (verlinkt auf /politik/ausland/article11165322/Nordkoreanischer-Granatenangriff-toetet-Suedkoreaner.html) 2010 hatte es bisher nicht gegeben, und sie steigerten die interkoreanischen Spannungen auf ihr höchstes Maß seit Jahrzehnten. Heute, nach dem dritten Atomtest des Nordens, scheinen wir in die bisher gefährlichste Phase eingetreten zu sein, und das Regime erklärt, dass es nie auf seine nukleare Option verzichten werde. Was also bleibt zu tun? Abschreckung durch Diplomatie Die erste Option sollte die Abschreckung vor weiterer Aggression durch Diplomatie sein. Doch eine diplomatische Abschreckung setzt die Kooperation Chinas voraus, und das erfordert, dass Chinas vitale nationale Sicherheitsinteressen anerkannt werden. China fürchtet nicht nur die sozialen und wirtschaftlichen Folgen einer Implosion Nordkoreas, sondern auch die strategischen Konsequenzen einer Wiedervereinigung – insbesondere, dass das US-Militär durch sein Bündnis mit Südkorea Zugriff auf das Gebiet an seiner Grenze erhalten würde. Die bloße Bekundung, dass die USA nicht die Absicht hätten, diesen militärischen Vorteil auszunutzen, wird Chinas Befürchtungen nicht beruhigen. Die chinesische Führung hat nicht vergessen, dass die USA dem sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow versprachen, dass die deutsche Wiedervereinigung und ein demokratischer Wandel in Osteuropa nicht zu einer Osterweiterung der Nato führen würden. Daher ist eine konkretere Verpflichtung, die gleichzeitig Südkoreas fundamentalem Sicherheitsanliegen Rechnung trägt, erforderlich. Nur wenn Chinas Sicherheit gewährleistet ist, wird sich das Land aus seiner Komplizenschaft bei der nordkoreanischen Politik am Rande des Abgrunds lösen und das Verhalten des Nordens besser kontrollieren können. Inneren Wandel stärken Doch die chinesische Kooperation – obwohl unverzichtbar – wird das Nordkorea-Problem allein nicht lösen. Ein umfassender Ansatz muss dem Tempo des inneren Wandels, insbesondere in den Köpfen der normalen Nordkoreaner, Rechnung tragen. Einfach ausgedrückt: Die Nordkoreaner sind nicht mehr so isoliert, wie sie es einst waren, und sie sind sich ihrer Verarmung zunehmend bewusst. Dies ist primär durch den verstärkten Handel und die engeren Beziehungen zum boomenden China begründet. Dieser innere Wandel muss ermutigt werden, denn er wird sich als effektiver dabei erweisen, das Verhalten des Regimes zu beeinflussen, als Druck von außen. Freilich muss eine derartige Ermutigung auf eine Weise erfolgen, die die Ängste des Nordens, auf indirektem Weg vernichtet zu werden, nicht weiter anheizt. Der jüngste Vorschlag der südkoreanischen Präsidentin Park Geun-hye, trotz der jüngsten Zunahme der Spannungen humanitäre Hilfe zu leisten, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Das Leben der ganz normalen Nordkoreaner ist nicht weniger wichtig als die Sicherheit der Nachbarn Nordkoreas. Ein umfassender Ansatz ist erforderlich – und zwar einer, der sich genauso sehr auf die menschliche Dimension konzentriert wie auf die Sicherheitsdimension. Es bleibt abzuwarten, ob dieser Ansatz mehr Voraussicht und Mut erfordert, als die heutigen politischen Führungen in Südkorea, im Westen und in China aufbringen können. Yoon Young-kwan war Außenminister der Republik Korea und ist gegenwärtig Gastwissenschaftler an der Freien Universität Berlin und der Stiftung Wissenschaft und Politik, dem Deutschen Institut für Internationale Politik und Sicherheit in Berlin. Aus dem Englischen von Jan Doolan Copyright: Project Syndicate, 2013 www.project-syndicate.org (verlinkt auf http://www.project-syndicate.org)
Yoon Young-kwan
Mit mehr Diplomatie hätte sich das Nordkorea-Problem längst lösen lassen. Die beste Chance gab es kurz nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Damals sah sich Kim Il-sung der Isolation ausgesetzt.
Debatte
2013-04-07T06:39:42Z
2013-04-08T10:41:46Z
Nordkorea-Problem hätte längst gelöst sein können
https://www.welt.de//debatte/article115062316/Nordkorea-Problem-haette-laengst-geloest-sein-koennen.html
Hannover Messe: Selbst ist die Fabrik!
Produkte, die ihren eigenen Produktionsprozess regeln. Rohlinge, die über Funk ihren Fertigungsplan an die Maschine schicken. Was bei der Hannover Messe (verlinkt auf http://www.hannovermesse.de/) vor einem Jahr noch wie Zukunftsmusik klang, wird bei der weltgrößten Industrieschau vom 7. bis 11. April nun greifbar. „2013 hat die Hannover Messe die Vision der intelligenten Produktion dargestellt, jetzt beschreibt sie die nächsten Schritte auf dem Weg zur sich selbst organisierenden Fabrik“, sagt Jochen Köckler, Vorstandsmitglied der Deutschen Messe AG (verlinkt auf http://www.messe.de/) . Spektakuläre Demonstrationen seien zu erwarten. Und geführte Besuchertouren. Da wird sichtbar, wie weit die Industrie 4.0 bereits Realität ist. „Ressourcen schonend produzieren, schnell auf Marktschwankungen reagieren, gleichzeitig den steigenden Bedarf an individuellen Produkten befriedigen“, das seien die Herausforderungen, denen sich Industrieunternehmen stellen müssten, sagt Köckler. Produkt und Maschine kommunizieren miteinander Voraussetzungen für eine solche flexible Fabrik: Anlagen und Produkte, die miteinander kommunizieren. Technologien müssen aufeinander abgestimmt, Bauteile und Maschinen vernetzt werden – dafür muss die Software kompatibel sein. Die Hannover Messe zeigt Ansätze auf, wie die Industrie zur smarten 4.0-Fabrik kommt. Das Motto: „Integrated Industry – Next Steps“. Ganz im Sinne des Leitthemas: die Produktionsanlage, die am Stand der DFKI-Smart Factory zu sehen sein wird. „2013 haben wir noch eine reine Forschungsanlage gezeigt“, sagt Matthias Loskyll vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (verlinkt auf http://www.dfki.de/web) (DFKI). Für den Messeauftritt 2014 präsentiert die Technologie-Initiative SmartFactory mit Industriepartnern eine vollständige Produktionslinie, „um zu zeigen, was heute in Sachen Industrie 4.0 schon machbar ist“. Fünf Fertigungsstationen, jede nicht größer als eine Europalette, daneben ein Handarbeitsplatz – äußerlich wenig spektakulär. Ebenso wenig wie das Produkt, das darauf gefertigt wird: ein Visitenkarten-Etui. Hochflexible Anlagen fertigen individuelle Artikel Doch der Schein trügt. „Durch digitale Produktgedächtnisse können individuelle Varianten gefertigt werden“, erläutert Loskyll. Die Gravur mit dem Firmenlogo im Etuiboden für den Kunden A, der auf den blau lackierten Aludeckel gelaserte QR-Code für den Kunden B. „Der Trend geht zu immer individuelleren Kundenanforderungen. Es müssen immer kleinere Losgrößen zu vertretbaren Kosten produziert werden.“ Möglich in einer modularen Fabrik, in der Maschinen, Werkzeuge und Produkte IT-gestützt vernetzt sind. „Wir zeigen eine hochflexible Produktionsanlage, die im laufenden Betrieb umgebaut werden kann und binnen Minuten wieder einsatzfähig ist“, erklärt der Ingenieur. „Und wir demonstrieren auch, dass der Mensch in der Fabrik der Zukunft keinesfalls ersetzt werden soll, sondern eine andere Rolle mit mehr Verantwortung bekommt – so muss beispielsweise nach jeder Umstellung der Maschine die Änderung der Produktionslinie quittiert werden.“ Wie die Interaktion zwischen Mensch und Technik in der Fabrik von morgen aussehen wird, ist ein Thema, mit dem sich der Automatisierungsspezialist Festo auseinandersetzt. „Industrie 4.0 wird neue Qualifikationen erfordern“, sagt Theodor Niehaus, Geschäftsführer von Festo Didactic (verlinkt auf http://www.festo-didactic.com/de-de/) . Das Esslinger Unternehmen präsentiert seine Lehr- und Forschungsplattform „Transfer Factory“. Auch ein künstliches Känguru steht für künftige Produktionswelten: Einen Meter groß, knapp sieben Kilogramm schwer, kann das über Gesten steuerbare „Bionic Kangaroo“ bis zu 80 Zentimeter weit springen. „Wir stellen genau das vor, was ein natürliches Känguru auszeichnet, nämlich Energie zurückzugewinnen, zu speichern und im nächsten Schritt wieder einzubringen“, sagt Heinrich Frontzek, bei Festo (verlinkt auf https://www.festo.com/cms/de_de/index.htm) für Zukunftskonzepte verantwortlich. Mit dem Smartphone die Maschine steuern Die Bosch Rexroth AG (verlinkt auf http://www.boschrexroth.com/de/de/?WT.srch=1&WT.mc_id=7_DE_BR_BR) ließ sich davon inspirieren, was im Privatleben gang und gäbe ist – der Umgang mit Smartphones oder Tablet-PCs per Fingerfisch. „Unsere Schnittstellentechnologie erschließt diesen Bedienkomfort jetzt für die Automatisierungstechnik“, sagt Susanne Herzlieb aus der Rexroth-Unternehmenskommunikation. Da können Wartungstechniker sich mit dem Smartphone in Maschinen einwählen, Diagnosedaten abrufen, einen Maschinenstillstand beheben. Die Industrie 4.0 sei „eine riesige Chance für Deutschland“, schätzt Messe-Vorstand Köckler ein. „Das Thema trifft auf enormes Interesse im Ausland.“ So in den USA. Weshalb Köckler stolz darauf ist, dass sich zur Messe-Eröffnung US-Handelskammerchef Tom J. Donohue und der Präsident des US-Industrieverbands NAM Jay Timmons angesagt haben. „2013 sind in den USA 2,2 Milliarden Dollar in die Produktionsforschung geflossen. Das zeigt, welchen Stellenwert die Fabrik der Zukunft dort hat.“ Ähnlich in China. Hinter Deutschland – von hier kommen etwa die Hälfte der 5000 Aussteller aus 65 Ländern – steht China auf Platz 2 der Aussteller-Liste, gefolgt von Italien, den Niederlanden, der Türkei. Mit 230 Ausstellern präsentieren sich die Niederlande als Partnerland der Messe. „In Holland ist eine äußerst leistungsfähige Zulieferindustrie entstanden“, so Köckler. Außerdem seien die Niederländer beispielgebend im Bereich der Energieeffizienz. Virtuelle Kraftwerke liefern bedarfsgerecht Energie Wie Energie bedarfsgerecht zur Verfügung stehen kann, zeigt ABB (verlinkt auf http://www.abb.com/) . Kern des Industrieszenarios am Stand der Mannheimer: das Modell einer Chemieanlage. Vorgestellt wird ein System, das dafür sorgt, dass virtuelle Kraftwerke stets exakt die benötigte Energie liefern. Die Energiekosten in der Industrieproduktion hat Weidmüller Interface (verlinkt auf http://www.weidmueller.de/53972/Startseite/cw_start_v2.aspx) unter die Lupe genommen. Eine Spritzgussmaschine bringt der Detmolder Elektrotechnikspezialist mit auf die Messe. Daran angedockt: eine elektronische Komponente, die dem Denken der Maschine auf die Sprünge hilft, analoge Produktionsdaten digitalisiert und deren Auswertung in der Cloud ermöglicht. „Digitalisiert werden Daten wie Öldruck oder Temperatur bestimmter Maschinenteile“, erläutert Jan-Stefan Michels, Leiter der Technologieentwicklung bei Weidmüller. „Jede beliebige Messgröße kann in internetfähige Daten übersetzt und per App bereitgestellt werden.“ Bei laufender Produktion gibt es so jederzeit Informationen über die Laufleistung der Anlage oder darüber, wie der optimale Kompromiss aus Produktionsleistung und Energiekosten aussieht. „In Zeiten, in denen es immer wichtiger wird, schneller, individueller und flexibler fertigen zu können, erweist sich das zunehmend als erfolgskritisch für Unternehmen“, sagt Michels.
Katrin Starke
„Integrated Industry – next Steps“ lautet das Motto der weltgrößten Industrieschau. Unternehmen zeigen, wie flexibel Produktionsanlagen sein können und welche Rolle der Mensch spielen wird.
Sonderthemen
Messewirtschaft
2014-03-31T11:17:58Z
2015-10-15T18:42:52Z
Selbst ist die Fabrik!
https://www.welt.de//sonderthemen/messewirtschaft/article126397789/Selbst-ist-die-Fabrik.html
Klimaschutz: Deutscher Dämmwahn verschärft die Flüchtlingskrise
Der Winter naht, doch noch immer sind viele Flüchtlinge in Zelten untergebracht. Die Bauunternehmen würden gern neue Wohnungen bauen, die Kosten dafür sind wegen der scharfen Vorschriften jedoch zu hoch.
WELT
Der Winter naht, doch noch immer sind viele Flüchtlinge in Zelten untergebracht. Die Bauunternehmen würden gern neue Wohnungen bauen, die Kosten dafür sind wegen der scharfen Vorschriften jedoch zu hoch.
Immobilien
2015-10-19T14:07:33Z
2016-12-16T14:41:18Z
Deutscher Dämmwahn verschärft die Flüchtlingskrise
https://www.welt.de//finanzen/immobilien/video147785061/Deutscher-Daemmwahn-verschaerft-die-Fluechtlingskrise.html
Holocaust-Drama „Die Unsichtbaren“: Trailer & Kritik
Am Tag, an dem Joseph Goebbels (verlinkt auf /kultur/gallery13720029/Goebbels-Propagandist-Hitlers-und-in-eigener-Sache.html) im Berliner Sportpalast den „totalen Krieg“ ausrief, war es nicht nur das Geschehen an der Front, das den Reichspropagandaminister umtrieb. An jenem 18. Februar 1943 notierte sich Goebbels einen weiteren folgenschweren Beschluss in sein Tagebuch: „Die Juden in Berlin werden nun endgültig abgeschoben werden. Mit dem Stichtag des 28. Februar sollen sie zuerst einmal alle in Lagern zusammengefasst werden und dann schubweise, Tag für Tag bis zu 2000, zur Abschiebung kommen. Ich habe mir zum Ziel gesetzt, bis Mitte, spätestens Ende März Berlin gänzlich judenfrei zu machen…“ Bis zu diesem Zeitpunkt waren offiziell noch rund 15.100 jüdische Zwangsarbeiter in Berlin gemeldet, weil sie etwa in kriegswichtigen Betrieben wie Munitionsfabriken schuften mussten. Ende Februar 1943 wurden aber auch sie verhaftet und deportiert. Diese Razzien gingen später als „ Fabrikaktion (verlinkt auf /politik/ausland/article121385389/Wie-ein-einzelner-Mann-eine-ganze-Familie-rettete.html) “ in die Geschichte ein. Doch anders, als es der mörderische Plan des nationalsozialistischen Regimes vorgesehen hatte, war das jüdische Leben in Berlin nach dieser Aktion nicht endgültig erloschen. Schon davor und auch danach tauchten 7000 verfolgte Berliner Juden unter und wurden zu unsichtbaren Bewohnern der Reichshauptstadt. 1500 von 7000 überlebten im Versteck Zu diesen Unsichtbaren, von denen nur 1500 im Berliner Untergrund überleben konnten, gehörten auch Hanni Lévy, Ruth Gumpel, Cioma Schönhaus und Eugen Friede. Die Geschichten dieser beiden Frauen und Männer beleuchtet Claus Räfle in seinem Spielfilmdebüt „Die Unsichtbaren“. Mit einem Mix aus Film und Zeitzeugeninterviews erzählt der Dokumentarfilmer Räfle vom Schicksal dieser vier Holocaust-Überlebenden (verlinkt auf /gesundheit/article167686468/Den-Holocaust-ueberlebt-an-Krebs-erkrankt.html) , die sich zwar zu keinem Zeitpunkt des Films über den Weg laufen, aber zusammen die Geschichte der „geflitzten“ Berliner Juden erzählen. Dem Passfälscher Cioma Schönhaus gelang es etwa, nicht nur sich selbst, sondern auch vielen weiteren verfolgten Juden eine neue Identität zu verschaffen. Dieses Talent war es, das ihn vor der Deportation bewahrte. Die Waise Hanni Lévy entging dem Tod, indem sie sich die Haare blondieren ließ, um „arischer“ auszusehen, und tagein, tagaus über den belebten Kurfürstendamm schlenderte. Erst in der Menge wurde sie zur Unsichtbaren. Jugend als Überlebensgrund Ruth Gumpel und Eugen Friede profitierten hingegen lange von den Netzwerken ihrer Familien, durch die sie zu Menschen fanden, die bereit waren, sie unter Einsatz des eigenen Lebens zu verstecken. So einzigartig jede dieser vier Geschichten ist, die vier Protagonisten des Films haben doch eines gemeinsam: ihre Jugend. Sie war es – so zumindest die These von Regisseur Räfle –, die entscheidend zu ihrem Überleben beitrug und sie das Risiko unterzutauchen überhaupt erst eingehen ließ. Dementsprechend besetzt Räfle die Hauptrollen mit vier deutschen Nachwuchstalenten: Max Mauff, Alice Dwyer, Ruby O. Fee und Aaron Altaras. Hinzu kommen bekannte Gesichter in den Nebenrollen, bei denen vor allem eines für viel Wehmut sorgt: Der kürzlich verstorbene Andreas Schmidt (verlinkt auf /vermischtes/article169154163/Schauspieler-Andreas-Schmidt-mit-53-Jahren-gestorben.html) spielt in „Die Unsichtbaren“ als Widerstandskämpfer Hans Winkler seine letzte Kinorolle. Neben dem Lebenswillen seiner vier Protagonisten ist es vor allem auch der Mut von Rettern wie Winkler, den Räfle in seinem historischen Lehrstück hervorhebt. „Die Unsichtbaren“ konzentriert sich auf die Retter, nicht auf die Mörder. Die wenigen und die vielen Dadurch entsteht ein versöhnlicher Grundton, der den Berichten der geretteten Zeitzeugen vor allem am Ende des Films innewohnt – und über den man durchaus streiten kann. Der Mut der wenigen jedoch gehört ebenso wie Verblendung der Masse zum dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte. Im engsten Kreis bezeichnete Goebbels seine Sportpalastrede im Nachhinein als „Stunde der Idiotie“. Er bezog sich dabei auf ein willenloses Volk, das er zu allem hätte aufwiegeln könnte, selbst dazu, „aus dem dritten Stock des Columbushauses“ zu springen. Zum Glück von Hanni Lévy, Cioma Schönhaus, Ruth Gumpel und Eugen Friede hatte diese Idiotie nicht alle Deutschen erfasst.
Katja Belousova
Der Film „Die Unsichtbaren“ erzählt die wahre Geschichte vier junger Juden, die in Berlin untertauchten und so dem Holocaust entgingen. Ob als Passfälscher oder getarnt als blonde „Arierin“.
Kultur
Film
2017-10-28T13:30:39Z
2020-09-15T14:21:29Z
Als blondes Haar über Leben und Tod entschied
https://www.welt.de//kultur/kino/article170133937/Als-blondes-Haar-ueber-Leben-und-Tod-entschied.html