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Die Schiffe von der Weiße Flotte in Magdeburg fahren ab Samstag nicht mehr | Die Elbe ist ein Fluss in dem Bundes-Land Sachsen-Anhalt.Aber seit einiger Zeit ist nicht so viel Wasser in der Elbe.In schwerer Sprache heißt das: Die Elbe hat Niedrig-Wasser.Für manche Schiffe ist das ein Problem.Sie können bei Niedrig-Wasser nicht fahren.Das ist auch bei den Schiffen von der Weißen Flotte so.Die Verkehrs-Betriebe von der Stadt Magdeburg haben gesagt:Ab Samstag fährt die Weiße Flotte in Magdeburgnicht mehr auf der Elbe.
Es gibt aber noch andere Schiffe,mit denen die Menschen auf der Elbe fahren können.Zum Beispiel diese Schiffe: • Die Personen-Fähre Buckau • und die Gier-Fähre Westerhüsen.
Die WSV ist eine Verwaltung.Sie kümmert sich darum,dass bei der Schiff-Fahrt alles gut klappt.Die WSV hat gesagt:Es war eine lange Zeit sehr trocken und es gab wenig Regen.Deshalb hat die Elbe Niedrig-Wasser.Das ist ganz normal.
Aber manche Schiffe können dann nicht fahren.Zum Beispiel auch manche Schiffe,die Sachen transportieren.Das kann ein Problem sein. | mdr.de | Denn weil es lange Zeit sehr trocken war, hat der Fluss Elbe zu wenig Wasser. | [] | 2023-07-07T16:17:50+02:00 | 2023-07-07T16:17:50+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten-leicht/leichte-sprache-elbe-niedrig-wasser-weisse-flotte-betrieb-100.html |
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Klimawandel: Was macht der milde Winter mit Pflanzen? | Noch vor 50 Jahren waren die Winter kalt und frostig. Der Boden war meist gefroren und Schnee war keine Seltenheit. In den vergangenen Wintern hat sich das geändert. Es gab vermehrt warme Phasen über acht Grad, Wintermantel und Stiefel konnten im Schrank bleiben. Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst bestätigt das Gefühl mit Fakten: Die Winter seien in den vergangenen 30 Jahren wärmer und kürzer geworden.
Aufgrund der Klimaerwärmung können wir feststellen, dass der Winter im Schnitt zehn bis 14 Tage kürzer geworden ist. Damit fangen alle anderen Jahreszeiten - außer der Winter selbst - früher an. Zu erkennen ist das an bestimmten Zeigerpflanzen. Beispielsweise kündigt die Haselblüte den Vorfrühling an.
2019 meldeten Wetterbeobachter beispielsweise die ersten Haselblüten schon am 18. Dezember. Die ehrenamtlichen Phänologen beobachten deutschlandweit die Entwicklungsstadien von Pflanzen und geben ihre Ergebnisse an den deutschen Wetterdienst weiter. Aus den Daten können Rückschlüsse auf Jahreszeiten und den Vegetationsverlauf, also die Wachstumszeiten der Pflanzen, gezogen werden.
Wärmephasen, in denen die Temperaturen länger als eine Woche über acht Grad Celsius liegen, können gravierende Auswirkungen auf heimische Pflanzen haben, wie Gartenfachberaterin Brigitte Goss sagt. Krokusse, Weiden, Haselsträucher oder auch die Kornelkirsche beginnen dann früher mit der Blüte. Diese Pflanzen sind aber wertvolle Nektarspender für Insekten wie Bienen, Schmetterlinge und Co.: Sind diese noch in der Winterruhe, geht ihnen der Nektar aus diesen Nahrungsquellen verloren. Hauptproblem seien aber die Fröste, die nach dem Austreiben der Pflanzen Frostschäden anrichten können.
Gefährlich ist es vor allem dann, wenn Pflanzen die Wärme als Startsignal zum Wachsen interpretieren - und dann aber der Frost noch einmal zurückkommt.
Auch die Apfelblüte hat sich nach vorne verschoben, sagt Brigitte Goss, dass sei aber erst einmal unproblematisch. Die Insekten sind zur Obstbaumblüte schon unterwegs und können die Blüten bestäuben. Feind Nummer eins, der die Obsternte verderben kann, sind Fröste, die die Blüten bis zu den Eisheiligen im Mai erfrieren lassen.
Nicht nur Pflanzen, auch Pilze mögen es warm und feucht. Die Gefahr steigt laut Brigitte Goss, dass sie Pflanzen befallen und diese schädigen. Ständige Temperaturschwankungen machen zum Beispiel Rosen zu schaffen. Kleine, schwarze Flecken auf den Trieben sind ein Indiz, dass sich ein Pilz ausgebreitet hat.
Viele Pflanzen, zum Beispiel unsere Waldbäume, brauchen Kälteimpulse, damit sie überhaupt austreiben. Kurze Kälteimpulse um die Null Grad Celsius reichen als Startsignal für das Wachstum aber meist aus, wie Gartenfachberaterin Brigitte Goss sagt. Dauern die Frühlingstemperaturen nach frostigen Nächten aber über eine Woche an, erwachen die Pflanzen und Bäume aus ihrer Saftruhe. Kommt dann der Frost zurück, kann es zu Frostschäden kommen. Auch Pfingstrosen, Waldmeister, Bärlauch, Schlüsselblume, Veilchen, Tulpen und Narzissen brauchen eine kühle Phase, um in der folgenden Saison schöne Blüten zu bilden. Brigitte Goss hat beobachtet, dass sich nach langen milden Phasen im Winter die Blüten nicht so üppig entwickeln. Tulpen und Narzissen schieben dann manchmal nur sehr kurze Stiele mit kleinen Blüten aus der Erde.
Der milde Winter regt auch Samenunkräuter im Garten zum Wachsen an. Gärtner können sich also später viel Arbeit sparen, wenn im Gemüsebeet unerwünschte Kräuter gejätet werden. Auch der Rasen wächst und darf bei stabilen Plusgraden gemäht werden. Hier gilt - lieber nicht zu kurz schneiden. Brigitte Goss empfiehlt eine Rasenlänge von etwa vier Zentimetern. | mdr.de | Es ist nicht nur ein Gefühl: Auch der Winter in diesem Jahr war wieder besonders mild. Der Haselnussstrauch, ein Frühlingsbote, blüht. Die Honigbienen fliegen. Für unsere Pflanzen können Fröste jetzt zum Problem werden. | [] | Startseite | 2022-03-01T12:05:45+01:00 | 2024-02-23T15:50:46+01:00 | https://www.mdr.de/mdr-garten/klimawandel-warmer-winter-pflanzen-folgen-100.html |
Folge 1084: Was morgen ist | Lena Caspers ist eigentlich nur in die Sachsenklinik gekommen, um eine Freundin zu besuchen. Weil sie ihr Portemonnaie vergessen hat, springt Dr. Rolf Kaminski helfend ein und borgt ihr das Taxigeld. Beide sind sich auf Anhieb sympathisch. Doch plötzlich kippt Lena um und landet bei Dr. Martin Stein in der Notaufnahme - es ist offensichtlich, dass etwas mit ihr nicht stimmt. Außerdem hat sie sichtbare Verletzungen an den Armen. Stammen diese möglicherweise von einer Misshandlung durch ihren Ehemann?
Fred Simon soll wegen Nervenschmerzen im Gesicht operiert werden. Dr. Kathrin Globisch jedoch will seine Erkrankung konservativ behandeln. Dr. Roland Heilmann vertritt in dieser Sache eine andere Meinung und würde am liebsten selbst die bevorstehende OP durchführen.
Musik: Thomas Berlin und Martin Geerd MeyerKamera: Marc Christian WeberBuch: Ariane LangeRegie: Mathias Luther | mdr.de | Dr. Martin Stein und Dr. Rolf Kaminski werden mit Patientin Lena Caspers konfrontiert, deren Symptome auf eine Misshandlung durch ihren Ehemann hinweisen. | [] | Folgen | 2025-02-25T21:20:54+01:00 | 2025-02-25T21:20:54+01:00 | https://www.mdr.de//in-aller-freundschaft/alle-folgen/iaf-artikel-was-morgen-ist-100.html |
Wesentliche Ergebnisse aus der Sitzung des Rundfunkrates des Mitteldeutschen Rundfunks | Informiert wurde über die Sitzung des Telemedienausschusses der Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) am 21. Februar bei Phoenix in Bonn. Thema war u. a. die Erneuerung von Onlineauftritt und Design des Senders. Aktuell werde insbesondere die Digitalstrategie überarbeitet, um den Sender zeitgemäß und zukunftsfest zu gestalten. Der Ausschuss begrüßte die Weiterentwicklung der Digitalstrategie von Phoenix, insbesondere hinsichtlich strategischer Überlegungen zu Auffindbarkeit und Marke im digitalen Medienumfeld und empfahl verstärkt auch mit der ARD zu kooperieren.
Ein weiteres Berichtsthema war der Mainzer Mediendiskurs zum Thema „Der öffentlich-rechtliche Auftrag im digitalen Zeitalter“, welcher am 15. März 2019 stattfand. Zusammen mit Florian Hager, Programmgeschäftsführer funk, Benjamin Fischer, Leiter ARD Online, Anne Reidt, Leiterin Hauptredaktion Kultur beim ZDF und Professorin Birgit Stark vom Mainzer Medieninstituts diskutierte die Vorsitzende des Telemedienausschusses der GVK, Professorin Gabriele Schade, zu Herausforderungen und Rahmenbedingungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der digitalen Zukunft.
Der Rundfunkratsvorsitzende lobte zudem die Abschlussfilme der Volontäre des 23. Jahrganges des MDR. Diese wurden am 12. Februar in Dessau präsentiert. In einer fünfteiligen Reportage-Serie zum Thema „Dessau – Aufgeben oder Aufgabe“ zeigen sie einen ganz besonderen Blick auf die Stadt und ihre Zukunft.
Die Intendantin begrüßte die neue Programmdirektorin Halle, Frau Dr. Wildermuth und erläuterte die damit einhergehenden strukturell-redaktionellen Veränderungen. Sie legte den Gremienmitgliedern die Ergebnisse der jüngsten Media Analyse I dar und berichtete vom Engagement der ARD und des MDR auf der vergangenen Leipziger Buchmesse. Frau Prof. Dr. Wille informierte über den Mitte März vollzogenen Start der zweiten Public Value Aktion im Ersten Deutschen Fernsehen und den Programmen der ARD-Landesrundfunkanstalten.
Für den MDR stehe 2019 unter dem Leitgedanken „Es geht um Demokratie“, was sich neben programmlichen Schwerpunkten auch in einer hochkarätig besetzten Europakonferenz widergespiegelt habe, die am 7. und 8. März in Leipzig in der MDR-Zentrale stattgefunden habe und die live im Internet gestreamt worden sei
Sie informierte ausführlich über den Prozess der Kommunikation des gesellschaftlichen Wertbeitrags der ARD und die damit verbundene öffentliche Diskussion. Sprache setze bekanntermaßen kognitive Deutungsrahmen. Diesen Prozess habe man sich auch für die öffentliche Kommunikation der ARD verstärkt bewusst gemacht und Erkenntnisse der Kognitionswissenschaft aufarbeiten lassen. Zudem legt die Intendantin die Ergebnisse der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz dar, die einen Prüfauftrag für ein Indexmodell zur Bemessung des Rundfunkbeitrags erteilt habe. Die Intendantin informierte über die geplante finanzielle Bedarfsanmeldung der ARD bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Ende April, wobei eine enge Abstimmung mit dem ZDF und dem Deutschlandradio erfolgen solle.
Abschließend gab sie einen kurzen Ausblick auf den ARD/ZDF-Freienkongress am 5. und 6. April 2019 in Leipzig.
In der abschließenden Diskussion signalisierten Rundfunkräte aus allen drei MDR-Staatsvertragsländern Unterstützung zum Vorgehen bei der Kommunikation der ARD und des MDR, ihren Wertbeitrag für die Gesellschaft aktiv darzustellen.
Der Vorsitzende des MDR-Verwaltungsrates informierte über die vergangene Sitzung vom 11. März 2019. Der Verwaltungsrat wurde zur Änderung der Satzung des MDR durch den Rundfunkrat gem. § 20 Abs. 4 Nr. 1 MDR-Staatsvertrag in Verbindung mit Artikel 30 Abs. 2 MDR-Satzung gehört. Der Verwaltungsrat hatte keine inhaltlichen Anmerkungen. Ein weiteres Thema war der Tätigkeitsbericht des Beauftragten für den Datenschutz. Im Berichtszeitraum vom 01.07.2016 - 31.07.2018 wurden keine Datenschutzverstöße festgestellt, so dass keine förmlichen Beanstandungen ausgesprochen werden mussten. Zudem genehmigte der Verwaltungsrat den Anstellungsvertrag für Katja Wildermuth, die seit 01. April neue Programmdirektorin des MDR in Halle ist.
Der Rundfunkrat hat die Änderung seiner Satzung beschlossen. Die Satzungsänderung tritt am 01.09.2019 in Kraft. Kernpunkt der Änderung ist dabei die Öffentlichkeit der Rundfunkratssitzungen. Personalangelegenheiten und Angelegenheiten, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter behandeln, werden weiterhin intern beraten. Der Rundfunkrat kann im Einzelfall mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder den Ausschluss der Öffentlichkeit beschließen Mit der Satzungsänderung wird auch die Bezeichnung der Programmdirektionen in Halle und Leipzig und der Programmausschüsse an den trimedialen Umbau des MDR angepasst. Nach Veröffentlichung in den amtlichen Mitteilungsblättern der Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wird die neue Satzung auf den Internetseiten des MDR-Rundfunkrates abrufbar sein. Dort wird es dann auch Informationen zum organisatorischen Ablauf der öffentlichen Sitzungen geben.
Der Rundfunkrat ließ sich über den Stand der Barrierefreiheit im MDR informieren. Knapp 90 Prozent aller Fernsehsendungen im MDR werden mittlerweile mit Untertiteln
gesendet. Damit sei der MDR unter den ARD-Landesrundfunkanstalten führend. Auch die barrierefreien Technologien Audiodeskription, Gebärdensprache und Informationen in Leichter Sprache sowie die Audio-App seien weiter auf Wachstumskurs. Als erste Landesrundfunkanstalt bietet der MDR aktuell fast sechs Prozent seines Programms mit
Gebärdensprache an, abrufbar im Fernsehen über HbbTV, im Livestream oder in der Mediathek. Zudem sendet der MDR täglich durchschnittlich 3,5 Stunden mit Audiodeskription. Die inklusive und barrierefreie App „MDR Audio – Das inklusive Hörangebot“ beinhaltet die MDR-Hörfunkwellen, Podcasts, aktuelle Beiträge sowie das Audiosignal des MDR Fernsehens. Für Menschen mit Hör- und Sehbehinderungen werde es zu den 2019 stattfindenden Kommunal-, Europawahlen sowie Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen besondere Angebote geben.
Zur weiteren Verbesserung der Barrierefreiheit pflegt und intensiviert der MDR den regelmäßigen Austausch mit den Verbänden und anderen Interessensvertretern. Für die Überarbeitung und Anpassung der unterschiedlichen Qualitätsstandards werden regelmäßig Schulungen sowie Feedback-Gespräche mit Beteiligung externer Experten/Fachberatern oder Zielgruppen-Angehörigen durchgeführt.
Der Vorsitzende des MDR-Rundfunkrates Horst Saage begrüßte ausdrücklich, dass der MDR das Thema Barrierefreiheit konsequent weiter verfolge, gleichwohl die Angebote in TV, Radio und im Internet bereits auf einem sehr hohen Niveau seien.
Die Vertreter des MDR-Rundfunkrates in den Programmbeiräten von ARTE Deutschland (Frank Nemetz) und ARTE G.E.I.E. (Sandro Witt) informierten über die Schwerpunkte des vergangenen Jahres.
Aus dem Programmbeirat ARTE Deutschland wurde über verschiedene Themen der Programmbeobachtung berichtet, u. a. zu Sendungen über Karl Max („Karl Marx - der deutsche Prophet“; „Karl Marx und seine Erben“), welcher 2018 200 Jahre alt geworden wäre. Die Sommermonate standen unter den Motte „Summer of Lovers“, ein Programmschwerpunk zur Ansprache eines jüngeren Publikums. Im 2018 erreichte der Sender 1,1 % Marktanteil in Deutschland und 2,4% Marktanteil in Frankreich. Die Steigerungsraten im non-linearen Bereich lägen zwischen 45-55%. Im Monatsdurchschnitt habe ARTE 55 Mio. Video Views, was eine Steigerung von 49 % im Vergleich zum Vorjahr sei. Der Programmbeirat ARTE G.E.I.E. befasste sich u. a. mit den Themenschwerpunkten Europäische Koproduktionen, Virtual Reality, Migration sowie Journalismus und Informationsverbreitung im digitalen Zeitalter. Thematisiert wurde außerdem der angestrebte Ausbau im Bereich Telemedien.
Die Programmbeiräte ARTE Deutschland und ARTE G.E.I.E. beraten die Geschäftsführung und die Gesellschafterversammlung in Programmfragen.
Der Rundfunkrat hat sich über die Gremienvertretung in Aufsichtsorganen von MDR-Beteiligungsunternehmen informieren lassen. Der Vorsitzende und seine beiden Stellvertreter berichteten jeweils über die von ihnen wahrgenommen Mandate im Aufsichtsrat der MDR Werbung und der DREFA sowie der Gesellschafterversammlung der Telepool. Informiert wurde unter anderem über den Stand der Zusammenführung der DREFA Media Holding GmbH und der MDR-Werbung GmbH.
gez. Horst Saage, Vorsitzender des MDR-Rundfunkrates | mdr.de | [] | Aufgaben | 2019-04-09T12:01:27+02:00 | 2019-04-09T12:01:27+02:00 | https://www.mdr.de//mdr-rundfunkrat/aufgaben/ergebnisse-sitzung-rundfunkrat-april-zwoneunzehn-100.html |
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Mann läuft in Leipzig vor Bus und stirbt im Krankenhaus | Nach einem Unfall an der Haltestelle Adler im Leipziger Westen ist ein 63-Jähriger im Krankenhaus an seinen Verletzungen gestorben. Wie die Polizei mitteilte, war der Mann am Donnerstag auf der Antonienstraße vor den Bus gelaufen. Laut Polizei hat der Fußgänger offenbar nicht auf den Verkehr geachtet.
Der 24 Jahre alte Busfahrer habe nicht mehr bremsen können und erfasste den Mann, hieß es. Der Verletzte sei von Helfern vor Ort noch reanimiert worden. In Folge des Unfalls war die Kreuzung am Adler mehrere Stunden gesperrt. Straßenbahnen und Busse wurden den Angaben zufolge umgeleitet.
MDR (lam)/dpa | mdr.de | In Leipzig ist ein Mann von einem Linienbus erfasst worden und an seinen schweren Verletzungen gestorben. Laut Polizei hatte er den Verkehr nicht beachtet. Der Busfahrer konnte nicht mehr bremsen. | [
"Nachrichten",
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] | Sachsen | 2024-07-19T13:38:41+02:00 | 2024-07-19T13:38:41+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/sachsen/leipzig/leipzig-leipzig-land/unfall-toter-fussgaenger-bus-100.html |
Wein-Bauern | Ein anderes Wort für Wein-Bauer ist: Winzer. Winzer haben viele Weinreben. An den Weinreben wachsen die Weintrauben:Aus den Weintrauben machen die Winzer den Wein. Das ist ein Getränk mit Alkohol. Weintrauben können die Menschen auch essen. Es sind leckere Früchte. | mdr.de | [] | Wörter-Buch | 2024-04-24T10:46:57+02:00 | 2024-04-24T10:46:57+02:00 | https://www.mdr.de/nachrichten-leicht/woerterbuch/glossar-leichte-sprache-weinbauern-100.html |
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Keine Aufsteiger - Post SV Mühlhausen bleibt in der Bundesliga | In der Tischtennis Bundesliga (TTBL) wird es am Ende dieser Saison keine sportlichen Ab- und Aufsteiger geben. Wie die Liga am Donnerstag (27. Februar 2025) mitteilte, haben der Post SV Mühlhausen und die anderen elf Erstligisten fristgerecht ihre Lizenzbewerbung für die Spielzeit 2025/26 eingereicht, aus der 2. Bundesliga gab es keine Bewerbung.
In den kommenden Wochen werden die Anträge nun geprüft, dabei werden die rechtlichen, personellen, administrativen, infrastrukturellen und finanziellen Kriterien der Vereine begutachtet. Sollten alle Bewerber die notwendigen Voraussetzungen zur Teilnahme am Spielbetrieb erfüllen, sollen in der kommenden Saison wieder diese zwölf Teams an den Start gehen.
In der Tabelle stehen die Thüringer nach dem 3:1-Sieg am Mittwoch gegen Bergneustadt auf dem zehnten Rang. Die Playoffs sind vier Spieltage vor dem Hauptrundenende schon nicht mehr erreichbar.
sid/SpiO | mdr.de | Die zwölf Teams aus der Tischtennis-Bundesliga werden auch in der kommenden Saison in der höchsten Spielklasse antreten, darunter auch der Post SV Mühlhausen. Vorausgesetzt bei der Lizenz geht nichts schief. | [] | 2025-02-27T17:20:57+01:00 | 2025-02-27T17:20:57+01:00 | https://www.mdr.de//sport/sportarten/tischtennis/lizenz-ttbl-post-sv-muehlhausen-100.html |
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Ein verspätetes Mehr an Gerechtigkeit für rund drei Millionen Rentner | Rund drei Millionen sogenannte EM-Rentner bekommen ab 1. Juli mehr Geld in Form eines Zuschlages. Was sich gut anhört, ist in Wirklichkeit ein längst überfälliges Mehr an Gerechtigkeit. Denn jahrelang sind die Betroffenen benachteiligt worden. Das soll nun korrigiert werden: Bestandsrentnerinnen und -rentner, deren Rentenbeginn zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 31. Dezember 2018 lag, bekommen nun einen Zuschlag auf ihre Rente in Höhe von 4,5 oder 7,5 Prozent. Das ist abhängig davon, wann der Renteneintritt war.
Die Erhöhung der Erwerbsminderungsrente erfolgt zum 1. Juli 2024 pauschal in zwei Gruppen. Wer zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 30. Juni 2014 erstmalig eine EM-Rente bezogen hat, erhält einen Zuschlag in Höhe von 7,5 Prozent, das heißt, eine Rente von zum Beispiel 1.000 Euro brutto wird durch die Änderung um 75 Euro auf 1.075 Euro erhöht.
Wer zwischen dem 1. Juli 2014 und dem 31. Dezember 2018 erstmalig seine EM-Rente bezogen hat, erhält 4,5 Prozent mehr, das heißt, eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von 1.000 Euro wird um 45 Euro auf 1.045 Euro erhöht.
Der Grund für die unterschiedlichen Zuschlaghöhen ist, dass es schon 2014 eine Erhöhung der Zurechnungszeiten für EM-Rentner gab, wodurch Betroffene, die zwischen 2014 und 2019 erstmals eine EM-Rente bezogen, etwas bessergestellt sind als jene, deren Rentenbeginn vor Juli 2014 lag. Wichtig: Die neue Erwerbsminderungsrente, also die bisherige EM-Rente plus Zuschlag, wird in den kommenden Jahren jeweils zum 1. Juli um die jährliche Rentenanpassung erhöht.
Mit dem Rentenpaket 2019 wurden für Erwerbsminderungsrenten die sogenannten Zurechnungszeiten erhöht. Die Zurechnungszeit ist für die Rentenberechnung wichtig, denn sie besagt, wie lange ein Mensch arbeiten und Rentenbeiträge hätte zahlen können, wenn er nicht krank und erwerbsgemindert wäre. Wer eine Erwerbsminderungsrente neu erhält, den behandelt die Rentenversicherung seit dem 1. Januar 2019 so, als hätte sie oder er bis zur Regelaltersgrenze gearbeitet. Diese Zurechnungszeit bringt durchschnittlich 70 Euro mehr im Monat, so die Deutsche Rentenversicherung.
Das Problem: Wer vor dem 1. Januar 2019 eine Erwerbsminderungsrente bezog, ging bei dieser Erhöhung leer aus. Davon waren jene drei Millionen Menschen betroffen, die jetzt ab 1. Juli 2024 durch Zuschläge bessergestellt werden. Oder anders gesagt, drei Millionen Menschen in Deutschland sind 2019 mit dem Rentenpaket im Stich gelassen worden. Gegen diese Ungleichbehandlung hatten der VdK Deutschland und der Sozialverband Deutschland (SoVD) mit einer Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe geklagt, jedoch ohne Erfolg.
Der DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund) hat ausgerechnet, dass die Zuschläge von 4,5 oder 7,5 Prozent zu niedrig berechnet seien. Eigentlich müssten sie 8,2 bzw. 13,2 Prozent betragen, so eine Hochrechnung aus dem Jahr 2022. Deshalb beklagen Sozialverbände wie der VdK Deutschland, dass die betroffenen EM-Rentner weiter benachteiligt würden. So erklärt die Präsidentin des VdK, Verena Bentele: "Rentnerinnen und Rentner, die vor 2019 bereits erwerbsgemindert waren, sind noch immer schlechter gestellt. Sie profitieren nicht ausreichend von den Nachbesserungen. Wir sehen in der derzeitigen Gesetzgebung einen klaren Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes."
Rentnerinnen und Rentner, die vor 2019 bereits erwerbsgemindert waren, sind noch immer schlechter gestellt.
Hinzu kommt, dass die Zuschläge, wie bei Gesetzesänderungen üblich, nur in die Zukunft wirken. Das heißt, die entgangenen Gelder seit der Gesetzesänderung im Jahr 2019, werden den Betroffenen nicht nachgezahlt. Frank Parche, Dozent für Rentenrecht aus Leipzig, hat hochgerechnet, was einem sogenannten Bestandsrentner mit EM-Rente dadurch verloren geht. Die Berechnung basiert auf einem Versicherten, der bis zum Rentenbeginn immer den Durchschnittsverdienst erhielt und somit pro Jahr ein Entgeltpunkt für die Rente erzielt hatte. Bei einem Rentenbeginn vor 2014 beträgt der Fehlbetrag circa 4.600 Euro. EM-Rentnern mit Rentenbeginn zwischen Januar 2014 und Dezember 2018 fehlen circa 2.600 Euro.
Von den Verbesserungen profitieren nicht nur Menschen, die aktuell eine Erwerbsminderungsrente beziehen, sondern auch Altersrentnerinnen und -rentner, die zuvor (also im fraglichen Zeitraum 2001 bis 2019) eine EM-Rente bekamen. Gleiches gilt auch für Witwen und Witwer, die eine Hinterbliebenenrente erhalten, die auf eine zwischen 2001 und 2019 beginnende EM-Rente des verstorbenen Partners basiert. Wenn zum Beispiel jemand seit 2010 eine Erwerbsminderungsrente bezogen hat, die 2020 in eine Altersrente umgewandelt wurde, dann gibt es auch auf diese Rente einen Zuschlag von 7,5 Prozent.
Betroffene müssen nichts tun, um den Zuschlag zu erhalten. Die neu berechnete EM-Rente wird ab dem 1. Juli 2024 automatisch vom Rentenservice überwiesen. Die Erhöhung muss also nicht beantragt werden. Die Berechnung selbst erfolgt in zwei Schritten.
Ab 1. Juli 2024 wird den Betroffenen jeden Monat ein Zuschlag getrennt von der zugrundeliegenden Rente ausgezahlt. Das heißt, betroffene Rentnerinnen und Rentner bekommen zweimal Geld aufs Konto: einmal die normale (bisherige) EM-Rente und extra den Zuschlag von 4,5 oder 7,5 Prozent.
Ab Dezember 2025 soll dann der Zuschlag dauerhaft als Bestandteil der Rente berechnet und ausgezahlt werden. Das heißt, die Zuschläge werden dann in Entgeltpunkte umgewandelt und als Gesamtrente errechnet und ausgezahlt. Nachteile sollen sich dadurch nicht ergeben.
Erst bis zum 1. Dezember 2025 kann die Rentenversicherung den Zuschlag berechnen. Dann wird geprüft, ob der bis dahin gezahlte Zuschlag zu niedrig war und rückwirkend ausgeglichen werden muss. Für die über drei Millionen EM-Rentnerinnen und -rentner bedeutet diese Regelung eine Notlösung. Allerdings soll nach Ansicht des Sozialverbands VdK die behelfsmäßige Auszahlung mit dem tatsächlichen Zuschlag vergleichbar sein und sich nur in wenigen Fällen um kleinere Beträge unterscheiden.
Grund für die gestaffelte Vorgehensweise sind laut Deutscher Rentenversicherung technische und organisatorische Umsetzungsprobleme. Konkret hat die Deutsche Rentenversicherung in einer Anhörung im Deutschen Bundestag eine Vielzahl von Gesetzesänderungen genannt, die bei der Programmierung der Rentenberechnungen zu berücksichtigen seien. Dazu zählten "die rückwirkende Steuerfreiheit des Grundrentenzuschlags, die Neuregelungen der Beschäftigung im Übergangsbereich, die Auszahlung der Energiepreispauschale für Rentenbeziehende sowie der Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen bei vorgezogenen Altersrenten." Außerdem müssten "alle Rechtsstände der Vergangenheit und deren Wechselwirkungen für jeden Einzelfall rechtlich nachvollzogen und in der Programmierung berücksichtigt werden." All das würde die Umsetzung des Gesetzes komplexer und aufwändiger machen.
Der Sozialverband VdK Deutschland lässt diese Argumente jedoch nicht gelten. Präsidentin Verena Bentele kritisiert die verzögerte Berechnung der neuen Erwerbsminderungsrenten. Sie zeige, "dass im Bereich der Digitalisierung und der Personalressourcen vieles im Argen liegt. Mein Appell an Bundessozialminister Heil: Die Behörde muss wieder ausreichende personelle und organisatorische Ressourcen erhalten, um Leistungsverbesserungen schnell und sachgemäß umzusetzen."
Lob für das Gesetz gibt es zwar auch vom Bundesverband der Rentenberater e.V., zugleich aber auch Kritik. So sieht der stellvertretende Präsident Andreas Irion die Einbeziehung von Hinterbliebenen zwiespältig. Die Verbesserung der Hinterbliebenenrente (im Gegensatz zur Erwerbsminderungsrente) sei kein Ziel im Koalitionsvertrag gewesen: "In den zahlreichen Beratungsgesprächen unserer Mitglieder spielt die empfundene Ungerechtigkeit und der soziale Verbesserungsbedarf bei Erwerbsgeminderten eine viel größere Rolle".
Dass Witwen und Witwer gewissermaßen trittbrettfahrend mitprofitieren (obwohl es politisch nicht auf der Agenda des Koalitionsvertrages steht) würde sich nicht auf Anhieb erschließen. "Während Erwerbsgeminderte fast immer auf die Rente angewiesen sind, könne man eine solche Verallgemeinerung mit Blick auf Hinterbliebene nicht treffen", so die Argumentation des Rentenberater-Verbandes.
Trotz der Verbesserungen bei den Bestands-EM-Renten sind Bezieher von Erwerbsminderungsrenten weiter von Abzügen betroffen. Das heißt, jede EM-Rente wird um maximal 10,8 Prozent gekürzt. Begründung: Die Rente wird vorzeitig in Anspruch genommen, so wie das auch bei normalen Frührenten (vorzeitiger Rentenbeginn vor Erreichen der Regelaltersrente) der Fall ist. Betroffene bekommen jetzt zwar höhere Zurechnungszeiten bei der EM-Rente berücksichtigt, das heißt, sie würden bei der Berechnung so gestellt, als würden sie bis zur Regelaltersrente arbeiten und Beiträge in die Rentenklasse einzahlen – gleichzeitig werden von dieser (nun besseren Rente) 10,8 Prozent abgezogen, eben weil die Rente vorzeitig in Anspruch genommen wird.
Allerdings – so Kritiker – würden EM-Renten ja nicht freiwillig vorzeitig in Anspruch genommen. Der VdK nennt deshalb die Rentenabschläge "ungerecht". "Die Abschläge müssen endlich abgeschafft werden", sagt VdK-Präsidentin Verena Bentele: "Wer krank ist, sollte nicht solche Nachteile haben."
MDR (cbr) | mdr.de | Wer Erwerbsminderungsrente bekommt, kann sich ab Juli auf ein Plus von bis zu 7,5 Prozent extra freuen. Damit sollen Ungerechtigkeiten beseitigt werden. Doch Experten kritisieren auch diese Zuschläge als zu niedrig. | [] | Finanzen | 2024-07-04T16:09:13+02:00 | 2024-07-15T13:39:36+02:00 | https://www.mdr.de//ratgeber/finanzen/erwerbsminderungsrente-rente-zuschlag-kritik-126.html |
Bundestagswahl: Wähler können die Parlamentsgröße kaum beeinflussen | Michael Kunert ist Geschäftsführer des Umfrage-Instituts Infratest Dimap – und wohl einer von wenigen Deutschen, die die Sitzverteilung im Bundestag ohne größere Hilfsmittel berechnen können. Doch bei der Frage von Hermann Kaup muss er passen. "Das ist schwierig, weil man dafür wissen müsste, was die anderen Wähler machen. Wenn eine Partei wenig Zweitstimmen hat, aber sehr viele Direktmandate gewinnt, führt das dazu, dass insgesamt das Parlament größer wird. Und jetzt weiß eben keiner, wie die anderen sich verhalten."
Auch Robert Vehrkamp von der Bertelsmann-Stiftung liebt Zahlenspiele wie dieses hier: Würden zwei Drittel der FDP- und ein Fünftel der Grünen-Wähler ihre Erststimme der Union geben, hätte der nächste Bundestag 990 Abgeordnete – so zu lesen auf seinem Twitter-Account "Mandaterechner". Vehrkamp sagt, jede Stimme wirke sich zwar auf die Größe des Parlaments aus, doch der einzelne Wähler könne das nicht bewusst beeinflussen. "Wir können je nach konkreter Ergebniskonstellation einen Bundestag zwischen 600 und über 1.000 Abgeordneten bekommen. Und es ist sehr schwer, da auch nur einigermaßen sichere Prognosen zu machen."
Für die Frage von Hermann Kaup lassen sich nur Anhaltspunkte sammeln wie die Ergebnisse der letzten Bundestagswahl. So weiß Meinungsforscher Michael Kunert, dass für die Überhangmandate besonders das Ergebnis in Bayern wichtig wird. "Die CSU wird ja separat behandelt von der CDU, ist ja eine eigenständige Partei. Wenn der CSU es gelingt, alle 46 Direktmandate wieder zu gewinnen wie beim letzten Mal, sie aber bundesweit nur auf fünf Prozent kommt, dann würde es dazu führen, dass das Parlament sehr viel größer wird."
Erzielt eine Partei mehr als drei Überhangmandate, muss es Ausgleichsmandate für die anderen Parteien geben. 2017 kam allein die CSU auf einen Überhang von sieben Mandaten, die CDU sogar auf 36. Beide Parteien zusammen hatten fast zwei Millionen mehr Erst- als Zweitstimmen erhalten. Das bringt Michael Kunert wenigstens zu einem kleinen Tipp: "Das einzige, was man tatsächlich machen könnte, ist, die Erststimme möglichst der gleichen Partei geben wie die Zweitstimme. Das hat eine gewisse dämpfende Wirkung."
Robert Vehrkamp von der Bertelsmann-Stiftung sagt dagegen: Nicht der einzelne Wähler solle sich Gedanken über das Wahlrecht machen, sondern die Politiker, die die Gesetze ändern könnten. "Wenn man seine Stimme splitten will, dann soll man das nach den konkreten parteipolitischen Präferenzen und nach den persönlichen Präferenzen im Wahlkreis tun und nicht nach solchen übergeordneten Überlegungen. Das ist der Job des Wahlrechts. Und das Wahlrecht hat diesen Job eben nicht gut gemacht."
FDP, Grüne und Linke haben gegen dieses Wahlrecht geklagt. Die Hauptverhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht steht noch aus. Das Thema dürfte also auch den nächsten Bundestag beschäftigen. | mdr.de | Bei der Bundestagswahl dürfte es wieder eine Reihe von Überhang- und Ausgleichsmandaten geben. Damit wird das Parlament nicht nur größer, sondern auch teurer. Kann der einzelne Wähler diesen Prozess beeinflussen? | [
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"wahlreform"
] | Deutschland | 2021-09-09T11:44:17+02:00 | 2021-09-09T11:44:17+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/deutschland/wahlen/bundestagswahl/bundestagswahl-erststimme-ueberhangmandate-vermeiden-100.html |
Arbeits-Verweigerung | Das bedeutet: Ein Mensch macht seine Arbeit nicht. Zum Beispiel:
Eine Firma hat viele Mitarbeiter. Jeder Mitarbeiter hat eine bestimmte Aufgabe.
1 Mitarbeiter erledigt seine Aufgaben aber nicht. Er macht immer öfter andere Sachen. Der Chef von der Firma spricht mit dem Mitarbeiter darüber.Er sagt dem Mitarbeiter nochmal: Welche Aufgabe er hat. Aber der Mitarbeiter erledigt die Aufgabe nicht. Das ist Arbeits-Verweigerung. | mdr.de | [] | Wörter-Buch | 2023-09-07T11:00:35+02:00 | 2023-09-07T11:00:35+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten-leicht/woerterbuch/glossar-arbeits-verweigerung-100.html |
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Egal? | Nachdem RTL Zwei die geplante Babysoap mit dem rechtsoffenen Schwurbler Michael Norberg (aka Wendler) gestern recht plötzlich abgesagt hat, bleiben Fragen. Vor allem eine: Warum?
Warum zog der Sender die soeben erst veröffentlichte Ankündigung zurück? Warum war man überhaupt überzeugt davon, dass dieses Format eine gute Idee sein könnte? Und warum war da niemand, der gesagt hat: Schöne Idee, Leute. Aber dieses Konzept werfen wir doch besser in den Papierkorb?
René Martens hat im Altpapier gestern schon die überdimensionierten Zaunpfähle skizziert, die überall herumlagen und die man nur leicht hätte anheben müssen, um zu verdeutlichen: Wenn der Sender jetzt "Querdenker TV" hieße oder RTL für "Rechts und treu zum Land" stehen würde, wäre so eine Doku vielleicht eine Möglichkeit gewesen, aber unter allen anderen Umständen war sie keine.
Die Kommentare und die Stellungnahmen, die der Sender vor und nach der Absage veröffentlicht hat, deuten jedenfalls darauf hin, dass man das Format nicht aufgrund einer plötzlich spürbar werdenden Überzeugung fallen ließ. In der Pressemitteilung, die der Sender gestern veröffentlichte, steht:
"RTLZWEI hat sich immer von Extremismus aller Art distanziert und steht für Weltoffenheit und Toleranz. Es ist uns wichtig, auch nur den Anschein zu vermeiden, dass der Sender hier zu Abstrichen bereit ist."
Das liest sich nach allem, was vorher passiert war, als würde man eine neue Show mit Martin Rütter in letzter Minute streichen und dann verkünden:
"Wir haben Hundeshows schon immer abgelehnt. Es ist uns wichtig, nicht den Anschein zu erwecken, dass wir Programm mit Tieren machen."
Der Sender begründet die Absage mit der "Vehemenz der Reaktion", er schreibt, man nehme "die Stimmen unseres Publikums ernst", und der folgende Satz macht deutlich: Da ist im Grunde gar nichts verstanden worden. Er lautet: "Wir bitten um Entschuldigung, sollten wir hier Gefühle verletzt haben."
Das ist eine klassische Nonpology, also eine Nebelkerze, die nur auf den ersten Blick aussieht wie eine Entschuldigung. Im Grunde steht dort: "Also, für uns selbst ist das alles okay, was wir da gemacht haben. Aber klar, ihr seid möglicherweise etwas empfindlich, und dann sind wir natürlich so großzügig und können das verstehen."
Schuld ist also eigentlich nicht der Sender, schuld sind die Gefühle der Menschen, die da jetzt einen Aufstand machen. Eine Nonpology macht alles nur noch schlimmer, denn darin steckt kein Verständnis für den eigenen Fehler. Hätte man dieses Verständnis, könnte man nämlich schreiben (und müsste es sogar): "Wir haben etwas falsch gemacht." Damit würde man Verantwortung übernehmen. Aber wenn dieses Verständnis da wäre, wäre es wahrscheinlich nie zu so einer Situation gekommen.
Die Entscheidung für die Wendler-Doku-Soap fiel nicht aufgrund von künstlerischen Erwägungen, sondern weil mediale Karambolagen den gleichen Effekt haben wie Unfälle in der Wirklichkeit: Man kann nur schwer wegsehen. Wo Menschen schwer wegsehen können, lässt sich gut Werbung platzieren und Geld verdienen. So funktionieren Sender wie RTL Zwei. Es ist schwer, sich in dieser Denkwelt eine Begründung für die Wendler-Absage zu überlegen, in der es nicht einfach um Geld ging, sondern zumindest ein bisschen um gesellschaftliche Verantwortung.
Die Halbschwester RTL distanzierte sich und kündigte an, die Soap nicht im Programm und auch nicht in der App "RTL+" zu zeigen. Übersetzt in RTL-Zwei-Sprache bedeutet das: weniger Werbepublikum, weniger Einnahmen. Auch die Quotenbringer Carmen und Robert Geiss drohten mit ihrem Ausstieg. Das bedeutet wiederum: mögliche Kosten durch den Verlust zweier Zugpferde. Hinzu kommt der Imageverlust durch schlechte Presse: Welches Unternehmen wird in diesem kontaminierten Umfeld noch werben wollen? Auch das könnte Geld kosten.
Gesellschaftliche Verantwortung ist hier nur ein Kostenfaktor. Zu viel Verantwortung kostet unter Umständen Quote, aber wenn man ganz auf sie verzichtet, steht das unter Umständen auch mit auf der Rechnung.
Dass man vermeintliches Gedöns wie gesellschaftliche Verantwortung nicht einfach unter den Tisch fallen lassen kann, weiß man im Unterhaltungsfernsehen natürlich schon. Aber entweder hat man bei RTL Zwei für solche Feinheiten nur ein rudimentäres Verständnis, oder man hielt das Publikum schlicht für so dumm, dass glaubte, ihm so eine Show einfach unterjubeln zu können.
Um die außer Kontrolle geratene Figur Wendler wieder zur Einnahmequelle zu machen, nachdem sie vorher von einem anderen Sender aus der eigenen Familie rausgeworfen und getilgt worden war, hätten dem Sender zwei Sätze gereicht, die in einer inzwischen gelöschten Pressemitteilung standen (aus der hier zitiert wird):
"Von einigen meiner Äußerungen der Vergangenheit möchte ich mich klar distanzieren. Laura und ich sehen dieses Format als Möglichkeit zum Neustart für uns an."
Klar, der Sender möchte Geld verdienen. Der Wendler hätte gern die Gage. Eine Win-Win-Situation. Nach diesem Verständnis ist jede skandalöse Äußerung, die dem Format vorangegangen ist, ja sogar ganz nützlich. Das wird in den Kommentaren deutlich, die der Sender schon vor der Absage auf Social-Media-Kanälen veröffentlicht hatte.
"'Michael Wendler ist einer der am meisten polarisierenden Prominenten des Landes', heißt es in der öffentlich sichtbaren Antwort auf einen Kritiker",
schreibt Anja Rützel in ihrer Analyse für den "Spiegel". Danach folgt diese Passage:
"Wir sind überzeugt, mit ihm und Laura Müller eine spannende, abwechslungsreiche Geschichte erzählen zu können, die andere Seiten ihrer Persönlichkeit zeigt als die zuletzt zu Recht kritisierten."
Rützel kommentiert:
"Das klingt lieb und nachsichtig, als sei Michael Wendler ja nur Berufshetzer und Spalter von 9 bis 17 Uhr, nach Desinfomations-Dienstschluss aber echt ganz nett."
Hier scheint durch, dass es den Menschen in ihrer Babysoap-Realität offenbar schwerfällt, sich vorzustellen, dass die Wirklichkeit keine Soap ist, in der im Grunde nur von Bedeutung ist, ob etwas für Aufmerksamkeit sorgt, ob man noch neue Seiten von irgendetwas erzählen kann, was ja auch wieder für Aufmerksamkeit sorgt, und ob das dann auch hinreichend abwechslungsreich ist, um für Aufmerksamkeit zu sorgen.
Und natürlich, man weiß auch bei RTL Zwei, dass es möglicherweise ein Hindernis sein kann (also Gefühle verletzt, wenn auch nicht bei einem selbst), wenn man mit Holocaust-Verharmlosern und Menschen, die Corona-Maßnahmen der Regierung mit Konzentrationslagern vergleichen, Programm macht. Und wie würde man so eine Dissonanz in einer Doku-Soap auflösen? Mit einem einfachen dramaturgischen Kniff. Die Person distanziert sich von sich selbst. Problem gelöst.
Und jetzt?
Anja Rützel schreibt:
"RTL Zwei und die Produktionsfirma Endemol Shine Germany haben mit ihrer im letzten Moment gekippten Babysoap nun ihrerseits Wendlers Verharmlosung verharmlost, und darum darf es mit einem lapidaren 'Okay, dann doch nicht‘ auf keinen Fall getan sein."
Was jetzt kommen sollte, kann allerdings etwas mehr Raum in Anspruch nehmen als zwei Sätze in einer Pressemitteilung. Und damit wird die Umsetzung schwierig.
Die Frage ist: Kann man vom privaten Unterhaltungsfernsehen erwarten, dass es nicht nur darauf schaut, was wirtschaftlich funktioniert, sondern auch ethische und moralische Standards zugrundelegt, zumindest ein bisschen? Ja, kann man. Die Sender brauchen eine staatliche Lizenz, um senden zu dürfen. Die Lizenz wird also von der Gesellschaft vergeben und dann auch von ihr durch die Landesmedienanstalten überwacht. Das hat einen Grund.
Die Sender nehmen großen Einfluss auf die Meinungen und die Wirklichkeit ihres Publikums. Und es ist ein Problem, wenn sie vermitteln: Es ist völlig okay, den Holocaust zu verharmlosen oder rechtsextremen Gehirnmüll zu verbreiten. Man kann sich danach ja einfach distanzieren, und dann ist wieder alles okay.
Das gibt dem Publikum den Eindruck, Corona-Leugnung und Holocaust-Verharmlosung sei im Prinzip nur ein Unterhaltungselement, das am Ende sogar ganz nützlich ist, weil es eben Aufmerksamkeit bringt. Es sieht so aus, als wären Corona-Leugnung und Holocaust-Verharmlosung im Grunde auch nur Elemente der Unterhaltung.
RTL Zwei hat gestern in einer überzeugenden Inszenierung dargelegt, dass ein Verständnis für dieses Problem fehlt. Es wäre dringend notwendig, dass der Nonpology noch eine Entschuldigung folgt – und dass der Sender verständlich erklärt, wie er garantieren will, dass so etwas nicht noch einmal passiert. Meine Vermutung ist allerdings: Das wird nicht mehr passieren. Denn das Prinzip der Aufmerksamkeit hat man bei RTL Zwei natürlich hervorragend verstanden. Spätestens übermorgen wird sie nachlassen.
+++ Die BBC hat ihren Fußballkommentator Gary Lineker wieder eingestellt, nachdem sie ihn rausgeworfen hatte (Altpapier). Jochen Bittner kommentiert in der "Zeit": "Die richtige Lehre für ARD und ZDF aus dem Fall wäre: Unparteilichkeit verdient einen höheren Stellenwert. Deshalb braucht es verbindliche Regeln für das Verhalten von Politikreportern in sozialen Netzwerken, nicht bloß Empfehlungen. Aber es braucht auch ihre unparteiliche Durchsetzung. Oder, um es mit einer alten Fußball-Fairnessregel zu sagen: Play the ball, not the man."
+++ Andrej Reisin kommentiert den Fall Lineker bei "Übermedien" und holt dabei weit aus. Er hält Gary Linekers Erfolg für "einen Pyrrhus-Sieg " und befürchtet vor allem einen Abschreckungseffekt. Auch wenn Lineker nicht bestraft werde, könnte das anderen passieren. Die Sorge davor könnte vor allem das freie Personal daran hindern, sich kritisch zu äußern. Die Frage sei, ob auch Lineker und die gesamte Sportcrew solidarisch seien, wenn eine unbekannte freie Mitarbeiterin in eine ähnliche Situation gerate. Reisin erklärt ausführlich, warum er es für "geradezu lächerlich naiv" hält, so zu tun, "als stecke hinter all dem Geraune und Gerede über 'Neutralität‘ und 'Überparteilichkeit‘ keine konzertierte rechtskonservative Agenda". Die Lineker-Affäre lenke davon ab, was auf allen Ebene umgesetzt werde. Reisin: "Mit den immer gleichen Argumenten (zu teuer, zu alt, zu unflexibel, zu unbeliebt) werden Sparzwänge geschaffen, deren Umsetzung zu einer immer weiter fortschreitenden Verzwergung des Rundfunks führt."
+++ Heute präsentiert Bertelsmann- und RTL-Chef Thomas Rabe die RTL-Bilanz für das vergangene Jahr. Passend dazu ist im Handelsblatt eine Analyse erschienen, in dem Michael Scheppe und Hans-Jürgen Jakobs Rabe vorwerfen, den Verlag "Gruner + Jahr" bewusst schlecht gerechnet zu haben, um die Entlassungen einfacher begründen zu können. Sie erklären im Detail, wie Millionengewinne des Verlags innerhalb kurzer Zeit verschwanden. Ein anonymer Manager sagt, Rabe habe dabei "die üblichen Tricks angewandt". Er habe die Filetstücke herausgeschnitten, zum Beispiel die Plattform "Applike" (20 Millionen Euro Gewinn), die Beteiligung am "Spiegel" (12,5 Millionen), die Kommunikationsagentur Territory und die DDV-Mediengruppe (mindestens 15 Millionen). Außerdem habe Rabe steigende Kosten für Papier berechnet, obwohl die Preise inzwischen wieder zurückgingen. Weil viele Manager gegangen seien, habe er die Bilanz mit hohen Abfindungskosten belasten können. Er habe Werbekunden in Unklarheit gelassen und damit abgeschreckt, also Umsätze verhindert. Und er habe Erlöse aus dem Verkauf des Redaktionsgebäudes "Am Baumwall" nach Gütersloh fließen lassen, während die Mietkosten in Hamburg geblieben seien. Scheppe und Jakobs sehen nun auch RTL zunehmend unter Druck. "Im umkämpften Streamingmarkt liegen die Kölner mit ihrer groß angekündigten App RTL+, die gerade zwei Prozent Marktanteil hat, weit zurück. Und bei jungen Zuschauern im Free TV rutschte RTL 2022 erstmals unter die Quotenmarke von zehn Prozent", schreiben sie. Für Bertelsmann sei das gefährlich. Die RTL-Gruppe spiele über 40 Prozent der Konzerngewinne ein.
+++ Das NDR-Medienmagazin "Zapp" beschäftigt sich in einem 19 Minuten langen Film mit True-Crime-Formaten, die zwar beliebt sind, für die Opfer von Verbrechen und Angehörige aber die Hölle sein können. "Zapp"-Reporterin Nhi Le hat dazu unter anderem mit Matthias Corssen gesprochen, einem Überlebenden des Serienmörders Niels Högel, mit Ingrid Liebs, der Mutter der ermordeten Frauke Liebs, und mit den Leuten, die True-Crime-Podcasts produzieren.
+++ Die Wahl des neuen MDR-Intendanten verlief unspektakulärer als erwartet (Altpapier). Helmut Hartung schreibt auf seinem Blog Medienpolitik.net (Titel: "Richtungswahl"): "Die Wahl Ludwigs bedeutet für den MDR keinen 'Neuanfang', wie einige Rundfunkratsmitglieder monierten, sondern eine Fortsetzung des erfolgreichen Transformations- und Reformkurses von Karola Wille. Unter dem ARD-Vorsitz des MDR hatte der Senderverbund 2017 sein bis heute größtes Sparprogramm beschlossen. Auch im Sender wurden wichtige Umstrukturierungen vorgenommen. Ralf Ludwig leitet seit sechs Jahren dabei das einzige wirkliche Reformvorhaben der ARD, die Einführung einer einheitlichen Software für die Verwaltung." Ludwig plane, strukturelle Defizite durch Einsparungen beim Programm und Personal abzubauen. Im Kern bedeute das: insgesamt weniger Programm mit weniger Mitarbeitern. Dass eine solche Strategie dem Personalrat nicht passe, sei klar.
+++ Über 40 deutsche Verlage haben sich bei der Bundeskartellbehörde über Google beschwert, berichtet Marc Bartl für "Kress". Sie werfen dem Unternehmen vor, seine marktbeherrschende Stellung auszunutzen, ihnen den Zugang zum Nachrichtenportal "Google News Showcase" zu erschweren und keine klaren Ansagen über die Zugangsvoraussetzungen zu machen. Google weist das zurück.
+++ Die serbische Nicht-Regierungsorganisation CRTA hat herausgefunden, dass viele serbische Medien durch Anzeigen von westlichen Firmen finanziert werden, auch von vielen deutschen. Das berichtet Pascal Siggelkow für den ARD-Faktenfinder. Problematisch ist das, weil die Medien pro-russische Botschaften verbreiten und gegen die Europäische Union agitieren. Das meiste Geld für die Anzeigen gab der Discounter Lidl aus. Aber auch der Pflegeprodukte-Hersteller Beiersdorf, die Drogeriekette dm oder der Pharmariese Bayer schalteten Anzeigen.
Das Altpapier am Freitag schreibt René Martens. | mdr.de | RTL Zwei hat seine Babysoap mit Michael Wendler abgesagt. Aber wie konnte es passieren, dass er sie plante? Kann man von einem privaten Unterhaltungssender verlangen, dass er gesellschaftliche Verantwortung übernimmt? | [] | 2023-03-16T13:18:04+01:00 | 2023-03-16T13:47:25+01:00 | https://www.mdr.de//altpapier/das-altpapier-3068.html |
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Folge 70: Unschuldiges Opfer | Ein Amokschütze schießt aus dem obersten Stockwerk eines Leipziger Mietshauses unmotiviert auf eine Menschenmenge. Zu den Opfern gehört die Mutter von Barrach, die sich unmittelbar vor der Schießerei mit ihrem Sohn getroffen hatte. Sie, der Amokschütze und andere Opfer werden schwer verletzt in die "Sachsenklinik eingeliefert.
Hier kommt es zwar noch einmal zu einer kurzen Begegnung zwischen Mutter und Sohn, aber da Barrach dringend zu einem anderen Patienten gerufen wird, nimmt man beiden die Möglichkeit, sich noch letzte Dinge zu sagen. Die Mutter stirbt.
Da Barrach als Herz-Spezialist der Einzige ist, der den Amokschützen operieren kann, wird er gezwungen, dem Mörder seiner Mutter das Leben zu retten. Er steht unter großem Druck, denn wenn der Mann unter Barrach´s Händen sterben sollte, würde der Verdacht der Selbstjustiz entstehen. Trotz des hohen psychischen Druckes gelingt Barrach die Operation. | mdr.de | Folge 70: Unschuldiges Opfer | [] | Folgen | 2002-05-02T15:35:06+02:00 | 2012-02-16T12:36:49+01:00 | https://www.mdr.de//in-aller-freundschaft/alle-folgen/artikel43508.html |
Kommentar zu rechtsextremer Terrorzelle: Wegsehen hilft nicht | Wir dürfen nicht wegsehen. Wenn Teenager und junge Erwachsene in Deutschland sich bewaffnen, politisch Andersdenkenden den Kampf ansagen, einen Anschlag auf ein Flüchtlingsheim verüben, weitere Anschläge planen und sich laut Bundesstaatsanwaltschaft in Chatgruppen zusammentun, um "den Zusammenbruch des demokratischen Systems in der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen", dann ist schon längst etwas ins Kippen geraten.
Die "letzte Verteidigungswelle", eine mutmaßlich rechtsterroristische Gruppe mit Jugendlichen in ihren Reihen, ist nur die Spitze des Eisbergs. Seit Jahren sprießen gewaltbereite rechtsextreme Jugendgruppen - gerade in Ostdeutschland - wie Pilze aus dem Boden. Ihr Nährboden ist eine Kultur des Wegschauens von Eltern, Lehrern, Polizei und politischen Verantwortlichen.
Für viele Kinder und Jugendliche sind Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus schlichtweg cool. Flüchtlingsheime anzünden und damit im Netz prahlen. Das ist für sie Rebellion gegen das etablierte System – unsere Demokratie. Wir dürfen dabei aber nicht nur von Jugendlichen reden, die einer mutmaßlichen Terrororganisation beitreten. Wir müssen über eine Generation von jungen Menschen reden, die in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt mehrheitlich die AfD wählt. In allen drei Ländern ist die Partei als gesichert rechtsextrem eingestuft.
Das ist eine Wahrheit, die ausgesprochen werden muss, um der Größe des Problems gerecht zu werden und das Problem zu bekämpfen. Um Jugendliche zu erreichen, braucht es mehr als zwei Stunden Geschichte in der Woche und einen Gedenkstättenbesuch.
Demokratische Bildung geht alle etwas an und braucht dringend einen größeren Stellenwert in der deutschen Politik. Nicht ohne Grund werden dort, wo die AfD kommunalpolitisch den Ton angibt, Jugendzentren die Mittel gekürzt. Dort würden Kinder "politisch indoktriniert", meint die AfD und verurteilt damit die Vermittlung von demokratischen Normen und Werten. Es ist wohl kaum ein Zufall, dass auch die "letzte Verteidigungswelle" mutmaßlich ein Kulturzentrum in Brandenburg angezündet hat.
Das zeigt klar: Wir brauchen mehr Kulturzentren, mehr Demokratieprojekte, mehr Debattenräume. Im Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot wird die Absicht erklärt, in die "Wehrhaftigkeit unserer Demokratie investieren" zu wollen. Die bisherigen Mittel werden nicht ausreichen.
Demokratieprojekte und Kulturzentren sind kein Allheilmittel gegen Rechtsextremismus in der Gesellschaft. Aber ein wichtiger Beitrag um Debattenräume offenzuhalten.
Wegsehen hilft nicht. | mdr.de | Die Vorwürfe, die nach Razzien in Thüringen und Sachsen im Raum stehen, sind erschütternd. Doch die Nachricht, dass es sich bei den Festgenommenen der Terrorgruppe um Jugendliche handelt, sollte noch mehr alarmieren. | [
"Rechtsextremismus",
"Jugendliche",
"Razzia",
"Terrorzelle"
] | Deutschland | 2025-05-22T08:22:49+02:00 | 2025-05-22T08:22:49+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/deutschland/politik/kommentar-rechte-jugendliche-radikalisierung-terror-100.html |
Der SC Magdeburg ist auf dem 2. Platz von der Bundes-Liga im Handball | Der Handball-Verein SC Magdeburg hat viele Handball-Spiele gewonnen.Zum Beispiel das letzte Spiel gegen den Handball-Verein SG BBM Bietigheim.Aber am Ende hat es nicht für den Sieg in der Bundes-Liga gereicht.Denn der Handball-Verein Füchse Berlinhat mehr Punkte bekommen.Damit haben die Füchse Berlin die Bundes-Liga gewonnen.Und der SC Magdeburg ist auf dem 2. Platz.
Aber der SC Magdeburg spielt noch in der Champions League.Am Samstag ist ein Spiel gegen den Handball-Verein FC Barcelona.Und danach gibt es vielleicht noch ein Spiel gegen die Füchse Berlin.Vielleicht kann der SC Magdeburg die Champions League gewinnen. | mdr.de | Der Handball-Verein Füchse Berlin hat die Bundes-Liga gewonnen. Denn er hat mehr Punkte bekommen, als der SC Magdeburg. | [] | 2025-06-10T15:34:15+02:00 | 2025-06-10T15:34:15+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten-leicht/leichte-sprache-sachsen-anhalt-handball-sc-magdeburg-verpasst-meisterschaft-100.html |
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Ökonomin: "Wirtschaft ist zu einem großen Teil auch Psychologie" | Die Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft, Monika Schnitzer, führt die aktuell ernüchternden Wirtschaftszahlen Deutschlands auf zwei zentrale Faktoren zurück. "Zum einen ist der Konsum nicht so angesprungen, wie wir uns das ursprünglich erwartet hatten." Zum anderen schwächelten die Exporte.
Zwar seien inzwischen die Realeinkommen wieder angezogen – die Inflation ging runter, die Löhne hoch. Jedoch geben die Menschen ihr Geld nicht aus, erklärt Schnitzer. "Wir sehen einfach nach wie vor eine höhere Sparquote als sonst." Das deutet der Ökonomin zufolge darauf hin, dass die Menschen verunsichert seien und möglicherweise Angst um ihren Arbeitsplatz haben, obwohl es ihnen eigentlich zurzeit wirtschaftlich ganz gut gehe, erklärt Schnitzer.
Die Bundesregierung rechnet für dieses Jahr mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent. Damit hat sie ihre Prognose zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts deutlich nach unten korrigiert, wie Wirtschaftsminister Robert Habeck sagte.
Eine weitere Ursache für den Rückgang der Wirtschaftsleistung ist Schnitzer zufolge der schwache Export. "Obwohl die Weltkonjunktur angezogen hat, profitieren wir davon nicht mehr so stark. "Früher wäre ganz klar gewesen der Export geht hoch, und das ist eben momentan nicht so stark der Fall."Das liege unter anderem auch an der Konkurrenz aus China, sagte Schnitzer. "Das heißt, in Märkten, wo wir bisher mit unseren Exportgütern gut unterwegs waren – wie Maschinenbau oder bei Autos – machen uns die Chinesen inzwischen sehr deutlich Konkurrenz."
Dem deutschen Mittelstand bescheinigt Schnitzer größtenteils Stabilität. "Wir haben immer noch einen Mittelstand, der sehr gut positioniert ist, der auch noch sehr erfolgreich auf dem Weltmarkt agiert." Das gelte jedoch nicht für alle mittelständischen Unternehmen.
"Wir haben natürlich auch Schwächere, die nicht so gut mit der Transformation zurechtkommen, mit der Digitalisierung einerseits und mit der Dekarbonisierung andererseits." Schnitzer zufolge werde es hier strukturelle Veränderungen geben müssen.
Zudem stellt die Ökonomin eine Diskrepanz in der Wahrnehmung der eigenen wirtschaftlichen Situation und der des Landes fest. So sagen Umfragen der Forschungsgruppe Wahlen zufolge mehr als die Hälfte der Menschen, es gehe ihnen gut. "Nur ganz wenige sagen, 'es geht mir nicht gut'", erklärt Schnitzer.
Viele machen sich sehr viel mehr Sorgen um das Land an sich.
Das ist bei der Beurteilung der Lage des Landes offenbar anders. "Viele machen sich sehr viel mehr Sorgen um das Land an sich", sagt die Wirtschaftsweise. Da gebe es einen Zwiespalt. "Und jetzt muss man sagen: Wirtschaft ist eben doch zu einem großen Teil auch Psychologie."
Wenn Menschen befürchteten, etwa ihren Arbeitsplatz zu verlieren, "dann halten sie ihr Geld zusammen und dann kommen auch keine Aufträge für die Industrie", sagt Schnitzer. "Und dann kann auch die Industrie nicht auf Zuwachs bauen und entsprechend wieder in ihre Anlagen investieren. Das hängt irgendwo alles miteinander zusammen."
Dennoch ist laut der Wirtschaftsexpertin eine Transformation notwendig: "Wir haben einfach großen Nachholbedarf", sagt Schnitzer und zählt Infrastruktur, Straßen, Brücken sowie Schulen und die Ausgaben für Verteidigung auf. "Das alles kostet viel Geld." Die Wirtschaftsweisen hatten deshalb vor einigen Monaten eine Modifikation der Schuldenbremse vorgeschlagen. "Das soll wohlgemerkt eine moderate Reform sein", sagt Schnitzer. Es solle ein bisschen Spielraum geben, um in die Zukunft zu investieren. | mdr.de | Die deutsche Wirtschaft schwächelt – doch nicht nur Konsum und Exporte sind die Ursachen. Der Ökonomin Monika Schnitzer zufolge spielt auch die Verunsicherung der Verbraucher eine große Rolle. | [
"Wirtschaft",
"Schuldenbremse",
"Wirtschaftszahlen",
"Energiepreise",
"Spielraum",
"Infrastruktur",
"Sparquote",
"Friseursalons",
"Menschen"
] | Deutschland | 2024-10-10T09:56:07+02:00 | 2024-10-10T15:29:45+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/deutschland/wirtschaft/wirtschaftsweise-konjunktur-deutschland-mittelstand-100.html |
Mörderische Liebe: Der "nette" Stalker von nebenan und seine Traumata | Stalking ist ein ernsthaftes Problem. Jedes Jahr werden in Deutschland 20.000 Fälle angezeigt und die Dunkelziffer ist mit Sicherheit noch viel höher, denn die Hälfte aller Stalker sind Ex-Partner oder Ex-Männer und da ist die Hemmschwelle für eine Anzeige natürlich nochmal deutlich höher. Von Stalking spricht man im Normalfall, wenn eine Person willentlich und wiederholt verfolgt oder belästigt wird und dadurch auch deren physische oder psychische Unversehrtheit bedroht oder geschädigt wird. Das können zum Beispiel Anrufe oder Nachrichten zu allen Tages- und Nachtzeiten sein, verfolgen und auflauern vor der Wohnung oder dem Arbeitsplatz bis hin zu Beleidigungen, Bedrohungen oder Nötigungen.
Dem Stalkenden geht es darum, ein Machtgefälle aufzubauen, indem er zeigt, ich weiß jederzeit, wo du bist und was du tust, und bei seinem Opfer das Gefühl von Angst hervorzurufen. Dass das funktioniert, zeigt eine repräsentative Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen. 88 Prozent der weiblichen Opfer gaben darin an, gestresst zu sein, 61 Prozent klagten über Angstgefühle, 30 Prozent lebten in der Furcht, dass der Stalker gewalttätig werden könnte.
Doch warum gehen Menschen diesen Weg? Die Ursachen liegen, wie so oft in der Psychologie, in der Kindheit, sagt Psychologin Mareike Thomas von der Universität Halle: "Es ist oft so, dass bei Stalkern eine unsicher-ambivalente Bindung vorliegt, das heißt, sie haben in der Kindheit, auch schon im Säuglingsalter, viele Trennungserfahrungen erlebt und auf ihre Bedürfnisse wurde von ihren Bezugspersonen nicht wirklich eingegangen. Das heißt, sie haben gelernt, ich muss mir Liebe ein Stück weit verdienen und können es dann meist auch nicht lange in vermeintlich sicheren Bindungen aushalten."
Die Forschungseinheit von Mareike Thomas hat sogar belegen können, dass traumatische Erfahrungen in der Kindheit und sei es auch "nur" durch emotionale Vernachlässigung, Strukturen im Gehirn verändern, die wiederum die Wahrscheinlichkeit psychisch zu erkranken deutlich erhöhen – zum Beispiel an einer Persönlichkeitsstörung. Und das deckt sich auch mit den Erkenntnissen zu Stalkern.
Was wir bei Stalkern häufig sehen, ist eine "nicht näher bezeichnete Persönlichkeitsstörung", die immer dann vergeben wird, wenn die Persönlichkeitsstörung nicht im Vollbild oder vermischt mit anderen vorliegt. Da gibt es schon einige Studien, dass das gar nicht so ungewöhnlich ist.
Auch in der erfolgreichen Netflix-Serie "YOU“ stalkt der Protagonist Frauen. Dabei ist Joe auf den ersten Blick gutaussehend und charmant. Doch ziemlich schnell wird klar: Manipulation, Stalking und Mord gehören ebenso zu ihm.
Für Mareike Thomas ist Joe kein klassischer Stalker, denn er tut alles dafür, dass seine Opfer von seiner Obsession nichts mitbekommen und versetzt sie damit auch nicht in Angst. Doch sein Störungsbild entspricht dem, was auch die Studien in der Realität zeigen: Bei ihm liegt eine Mischung aus narzisstischer und dissozialer Persönlichkeitsstörung vor.
Das heißt, er überhöht sich selbst und die Frauen, die er liebt. Er allein weiß alles über die große Liebe und will die Frauen zu ihrem Glück zwingen. Dafür ist er sogar bereit, alle sozialen Normen zu ignorieren und Morde zu begehen. Oft wirkt er dabei emotional abgeklärt und distanziert – wie ein richtiger Psychopath.
Einen Psychopathen zu erkennen, ist gar nicht so einfach – zumal Psychopathie keine eigenständige Diagnose ist, sondern die krasseste Form einer dissozialen Persönlichkeitsstörung. Es gibt eine Checklist des kanadischen Psychologen Robert Hare, der 20 Kategorien definiert hat, woran man einen Psychopathen erkennen kann. Je nachdem wie stark die Symptome auftreten, vergeben Therapeuten dann 0-2 Punkte. Joe kommt dabei auf 23 Punkte. Das sind tatsächlich viele, aber man spricht erst ab einem Wert von 30 von einem Psychopathen.
Wichtig ist auch: Nicht jeder, der psychisch krank ist, wird auch gefährlich für sich oder andere. Studien zeigen sogar, dass Betroffene eher zu Opfern werden, als zu Tätern. Deshalb bietet zum Beispiel der Weiße Ring nicht nur Hilfe für die Opfer, sondern auch für Stalkende selbst an.
Info: Wenn Sie noch mehr zur Diagnose von Joe Goldberg erfahren möchten oder sich schon immer gefragt haben, was passiert eigentlich bei Zaubertricks in unserem Gehirn – schauen Sie doch mal auf unserem YouTube-Kanal "Science vs. Fiction" vorbei. Dort finden Sie auch die aktuelle Folge "Was ist los mit Joe Goldberg" mit der Psychologin Mareike Thomas | mdr.de | Stalking ist ein ernsthaftes Problem. Jedes Jahr werden in Deutschland 20.000 Fälle angezeigt. Auch in der erfolgreichen Netflix-Serie "YOU" stalkt der Protagonist Frauen – warum tut er das? | [] | Startseite | 2021-10-18T08:54:30+02:00 | 2021-10-18T08:54:30+02:00 | https://www.mdr.de//wissen/moerderische_liebe-100.html |
AfD gewinnt Europawahl in Sachsen | Die AfD ist klarer Gewinner bei der Europawahl in Sachsen. Nach dem vorläufigen Ergebnis des Statistischem Landesamts kommt die Partei auf 31,8 Prozent der Stimmen. Dahinter rangiert die CDU mit 21,8 Prozent. Aus dem Stand heraus schafft das BSW demnach 12,6 Prozent. Jeweils auf nur unter zehn Prozent kommen SPD (6,9), die Grünen (5,9) und die Linke (4,9).
Am erfolgreichsten war die AfD mit 40,1 Prozent im Landkreis Görlitz. In allen 418 ausgezählten Gemeinden in Sachsen haben lediglich elf mehrheitlich für die CDU gestimmt. In allen anderen Gemeinden liegt die AfD vorn - darunter auch die Städte Leipzig, Dresden und Chemnitz.
Bei der Europawahl vor fünf Jahren hatte die AfD in Sachsen 25,3 Prozent der Stimmen bekommen, danach folgte die CDU mit 23,0 Prozent. Die AfD sieht nach ihren Zugewinnen bei der Europawahl Rückenwind für die anstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. AfD-Co-Chef Tino Chrupalla erklärte: "Mehr Rückenwind gibt's ja nicht." Die Ergebnisse im Osten bezeichnete er als sensationell.
Die sächsische CDU wollte sich am Wahlabend nicht zu den Wahlergebnissen äußern. Der Pressesprecher des CDU-Landesverbandes, Paul Schäfer, sagte auf Anfrage von MDR SACHSEN, dass seine Partei heute nicht die Ergebnisse der Europa- und Kommunalwahlen kommentieren wird. Er verwies auf eine Pressekonferenz am Montag.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sieht sich durch das Abschneiden bei der Europawahl in seinem Kurs bestätigt. Dass eine Partei aus dem Stand heraus im bundesweiten Durchschnitt gleich über fünf Prozent komme, sei einzigartig, sagte die sächsische BSW-Chefin Sabine Zimmermann.
Linke, Grüne und SPD äußerten sich enttäuscht. Die Chefin der sächsischen Linken, Susanne Schaper, gab sich selbstkritisch: Die Partei habe sich zu lange mit sich selbst beschäftigt. Man müsse besser zuhören, so Schaper. Die Grüne Europawahlkandidatin Anna Cavazzini resümiert: "Wir sind deutlich hinter unseren Möglichkeiten geblieben."
Bundesweit ergibt sich ein anderes Bild. Hier liegt die CDU klar vorn. Laut ARD-Hochrechnung kommt sie mit der CSU auf gut 30 Prozent, die AfD auf 15,9.
In Sachsen konnten am Sonntag etwa 3,3 Millionen Wahlberechtigte die deutschen Kandidaten für das Europäische Parlament wählen. Insgesamt 96 Abgeordnete aus Deutschland können wieder ins EU-Parlament einziehen. Damit stellt Deutschland die meisten Abgeordneten im Europäischen Parlament.
Bei der diesjährigen Wahl gab es zwei Neuerungen: Ab diesem Jahr dürfen insgesamt mehr Abgeordnete im Europäischen Parlament Platz nehmen - 720 Sitze statt bislang 705 werden künftig belegt.
Außerdem durften in Deutschland erstmals auch 16- und 17-Jährige ihre Stimme für eine der 35 Parteien und sonstigen politischen Vereinigungen abgeben. Das entspreche in Sachsen etwa einem Plus von 70.000 Wahlberechtigten, hieß es vom Landesamt.
Neben der Europawahl fanden am 9. Juni zudem Kommunalwahlen in Sachsen statt. Die vorläufigen Ergebnisse der Kommunalwahlen finden Sie in einem Überblick: Dort informieren wir Sie auch über vorläufigen Endergebnisse.
Aktuelle Entwicklungen am Wahltag, Reaktionen und Hintergründe können Sie außerdem in unserem Wahl-Ticker verfolgen:
Liebe Nutzerinnen und Nutzer, wir können nachvollziehen, dass es sich um ein Thema mit großem Diskussionsbedarf handelt. Um die Diskussion aber nicht in vielen Artikeln zu zerfasern und auch, um unsere Ressourcen optimal zu nutzen, bitten wir Sie, Ihre Kommentare in unserem Hauptartikel zur Europawahl zu schreiben. Bei allen anderen Artikeln zur Europawahl bleibt die Kommentarfunktion geschlossen. Wir danken Ihnen sehr für Ihr Verständnis und freuen uns auf eine rege, respektvolle Diskussion, Ihre MDR.DE_Redaktion
Quelle: MDR (tom/pri)/dpa | mdr.de | Das vorläufige Ergebnis der Europawahl ist eindeutig: Die AfD räumt in allen Landkreisen ab. Auf Platz 2 landet die CDU. BSW schafft aus dem Stand ein beachtliches Ergebnis. Die anderen Parteien landen weit abgeschlagen. | [
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"Stadtrat",
"Gemeinderat",
"Ortschaftsrat"
] | Sachsen | 2024-06-10T04:16:00+02:00 | 2024-06-10T21:41:19+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/sachsen/politik/europawahl-parteien-kandidaten-102.html |
Wenn sich Medien nicht für Details interessieren | Heute jährt sich zum ersten Mal die Flutkatastrophe von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, und die Person, die in den Jahrestags-Fernsehbeiträgen auf mich bisher den nachhaltigsten Eindruck hinterlassen hat, ist Hannah Cloke, Professorin für Hydrologie im britischen Reading. Sie hat das Europäische Hochwasserwarnsystem mit aufgebaut, eine Einrichtung, deren Gründung 2002 unter anderem eine Reaktion auf das damalige Hochwasser an der Elbe war.
Cloke war eine von denen, die rechtzeitig vor dem Ausmaß der Flut gewarnt haben. Sie kommt zum Beispiel in einer 90 Minuten langen Arte-Dokumentation zu Wort. In dem Arte-Film (siehe dazu auch einen Text von mir für Zeit Online) sagt sie:
"Es ist schlimm für mich, als eine, die Hochwasser vorhersagt, die Jahre ihres Lebens darauf verwendet hat, die Vorhersagen zu verbessern, Leben zu retten, die Menschen aus der Gefahrenzone zu bringen, zu sehen, dass wir all diese Technologie haben, und dass wir all diese Leben nicht retten konnten."
Die Hydrologin war auch zu sehen und zu hören in der vergangenen Woche beim ZDF in einem Beitrag in einer Spezialausgabe von "Frontal" - und auch gestern zur allerbesten Sendezeit in der ARD, nämlich gleich zu Beginn einer ab 20:15 Uhr gezeigten Doku, in der wieder einmal deutlich wurde, dass während der Flut niemand hätte sterben müssen, wenn die zuständigen Behörden vor Ort auf die Warnungen von Cloke und Co. reagiert hätten.
Später am Abend ließ Aline Abboud dann in den "Tagesthemen" all das, was wir heute über das "Versagen auf allen Ebenen" (Abboud) wissen, in ein Interview mit der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer einfließen. Doch diese zeigte sich nicht einmal ansatzweise in der Lage, den Fakten, die das Publikum aus mittlerweile schon sehr vielen Jahrestags-Anlass-Filmen kennt, Rechnung zu tragen, lenkte mehrmals mit dem Wort "Naturkatastrophe" ab, behauptete, "das Ausmaß dieser Katastrophe", habe "so niemand voraussehen" können. Und dass "Warnungen und Evakuierungsmaßnahmen funktioniert" hätten. Das sind zwar keine falschen Tatsachenbehauptungen im juristischen Sinne, aber von einer moralischen Bankrotterklärung muss man hier wohl schon reden.
Dass Dreyer auch nach entsprechenden Einwürfen der mittelhart nachhakenden Abboud nicht in der Lage war, mal für ein paar Sekunden aus ihrer Apparatschik-Rolle auszubrechen; dass die Ministerpräsidentin als reine Kritik-Zurückweisungs-Maschine und nicht einmal ansatzweise landesmütterlich agierte - das war durchaus bemerkenswert.
Das Thema Atomkraft drängt sich für eine Medienkolumne generell nicht unbedingt auf - am Mittwoch bot es sich allerdings in Form eines Hinweises auf einen herausragenden Dokumentarfilm an. Und vor rund drei Wochen aufgrund eines "sehr lehrreichen Interviews", in dem die Atomkraft eine Rolle spielte.
Ein Medienkolumnenthema ist die Atomkraft aber vor allem deshalb, weil die derzeitige Debatte um Atomkraft bzw. Kraftwerks-Laufzeitverlängerungen nur möglich geworden ist, weil Journalistinnen und Journalisten sich auf "Ablenkungsmanöver" einlassen. Das schreibt Petra Pinzler bei Zeit Online im Kontext einer "Fünf vor acht"-Kolumne über die Klima- und Verkehrspolitik der FDP:
"Es gibt, wenn man selbst nicht liefert, zwei Methoden: Erstens wegducken und hoffen, dass es nicht auffällt. Das macht Wissing. Zweitens ablenken. Das macht der Rest der FDP. Denn statt sich auf eine Debatte über die verkehrte Verkehrspolitik einzulassen, sprechen Liberale immer wieder ein anderes Thema an, und zwar mehr oder weniger so: Ach nee, jetzt nervt mich nicht mit eurem Klimakram – stellt einfach die AKWs wieder an. Dann hat sich der Film."
Und dabei würden "zu viele Medien mitspielen". Warum?
"Es gibt jede Menge Journalisten, die sich für die Klima- und Energiepolitik nicht besonders interessieren (zu viele Details) und sie übernehmen diese Forderung gern. Zudem sorgt die Diskussion über die Atomkraft auch noch beim Publikum für wunderbar erhitzte Pro und Contras (wahrscheinlich auch unter dieser Kolumne wieder) und lenkt so vom eigentlichen Problem ab. Das aber lautet – leider – so: Wer die Klimakrise erfolgreich bremsen will und zugleich Gas einsparen möchte, muss viele Dinge gleichzeitig tun. Gebäude dämmen, Heizungen neu einstellen, langsamer Auto fahren, zu schwere Autos stehen lassen, bei Neubauten Solardächer zur Pflicht machen, die Industrie auf Energieeffizienz trimmen und und und. Bei vielen dieser Maßnahmen steckt der Teufel im Detail und deswegen eignen sie sich wenig für große Aufmacher. Oder haben Sie schon einmal eine Schlagzeile in den Boulevardmedien über Wärmepumpen gelesen?"
Vor rund einem Jahr hat Stephan Schäfer - damals "Geschäftsführer Inhalte & Marken" bei RTL, heute Co-CEO von RTL Deutschland - bei einer internen Teams-Konferenz gesagt, er wolle nicht, dass RTL jemals wieder "mit dem Begriff Trash-TV in Verbindung gebracht" werde. Eine Voraussetzung dafür war mit der im März 2021 verkündeten Trennung von Dieter Bohlen geschaffen worden.
Doch Trash scheint nun wieder eine Option zu sein, jedenfalls lässt sich die Rückholung Dieter Bohlens durch RTL- er soll im kommenden Jahr wieder bei DSDS mittun - so interpretieren. Christian Buß lässt sich davon zu einem spöttischen "Spiegel"-(€)-Kommentar zur grundsätzlichen RTL-Lage inspirieren. "Powerhouse der Peinlichkeiten" lautet die Überschrift - eine Anspielung auf Bertelsmann-Chef Thomas Rabe, der eine Zukunft von RTL als "journalistisches Powerhouse" herbeivisioniert hatte. Buß schreibt:
"Die Re-Rekrutierung Bohlens ist der wohl drastischste Beleg dafür, dass RTL momentan mit seiner neuen, seit letztem Jahr verfolgten Strategie nicht auf Erfolgskurs kommt (…) Zwar ging man in den letzten Monaten auf große Einkaufstour und warb etliche prominente und preisgekrönte Journalistinnen und Journalisten bei Tageszeitungen und bei der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz ab; zuletzt stießen etwa Nico Fried, der Parlamentschefreporter der 'Süddeutschen Zeitung', und das renommierte Rechercheteam um Birte Meier vom ZDF zu RTL – eine Qualitätsoffensive auf breiter Ebene kann man bei all dem nun schon über einem Jahr anhaltenden Rekrutierungs-Aktionismus immer noch nicht erkennen."
Buß' Fazit:
"Im Moment bedarf es noch viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie man für die prestigeträchtigen Neuzugänge Formate und Sendeplätze schafft, die diese tatsächlich mit anspruchsvollen Inhalten füllen können. Denn trotz aller vollmundigen Versprechungen bleibt das RTL-Programm bislang über die großen Primetime-Ausspielflächen ziemlich rückwärtsgewandt."
+++ Dass bei welt.de am Wochenende eine "Netzwerkerin" der Querdenker-Szene als Co-Autorin zum Einsatz kam, nimmt Gunnar Hamann zum Anlass, in einem Gastbeitrag bei "Volksverpetzer" auf die generell starke Vernetzung des Springer-Mediums mit dem Schwurbler-Milieu hinzuweisen.
+++ Der RBB beschäftigt sich intern weiter mit mutmaßlichem "Filz" (Altpapier von vor einer Woche) bzw. "gewissen Network-Gemengelagen" (Altpapier von Montag). Wolf-Dieter Wolf, der im Reigen, der Vorwürfe eine zentrale Rolle spielende Chef des RBB-Verwaltungsrats, habe den "Wunsch vieler Mitglieder (…), seine Ämter bis zum Abschluss der Prüfung ruhen lassen", zurückgewiesen, berichtet der "Tagesspiegel". Dass der RBB mit seinem Dritten Programm schlechte Quoten erzielt (noch einmal "Tagesspiegel"), dürfte die Stimmung an der Senderspitze zusätzlich verfinstern.
+++ Das französische Nachrichtenmagazin "Le Point" hat eine Geschichte erfunden. Eine Politikerin und ein Politiker des linksgrünen Bündnisses NUPES hätten eine Hausangestellte illegal beschäftigt und wie eine Sklavin behandelt, schrieb das rechts-konservative Blatt. Annika Joeres berichtet für "Übermedien" (€) über den Fall. Zu den Hintergründen, warum andere Medien gern auf die erfundene Geschichte angesprungen sind, schreibt Joeres: "Frankreichs Medien gaben sich in diesen Tagen ohnehin einer Art Rote-Socken-Kampagne hin: Die NUPES, diese neu geschmiedete Koalition aus Linken, Grünen, Sozialisten und Kommunisten, war gerade zur größten Oppositionspartei von Emmanuel Macrons Regierung geworden, und ihr Programm inklusive Vermögenssteuer, höherem Mindestlohn und Atomausstieg verursachte offenbar in vielen Redaktionen Angstzustände."
Neues Altpapier gibt es wieder am Freitag. | mdr.de | Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin versagt in einem Interview. Journalistinnen und Journalisten fallen auf Ablenkungsmanöver der FDP herein. RTL geht ein bisschen back to the roots. | [] | 2022-07-14T10:26:02+02:00 | 2022-07-14T13:02:09+02:00 | https://www.mdr.de/altpapier/das-altpapier-2722.html |
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Die ehemalige SED-Siedlung Wandlitz steht unter Denkmalschutz | Der einstige Wohnsitz der SED-Führung bei Wandlitz nahe Berlin ist von nun an ein Denkmal. Brandenburgs Kulturministerin Martina Münch überreichte am 16. Mai die Denkmalschutz-Plakette an den Arealnutzer Karl-Josef Michels. Die Waldsiedlung sei aufgrund ihres singulären Charakters und ihrer besonderen Authentizität in besonderer Weise dafür geeignet, sich mit der Geschichte und insbesondere den Machtstrukturen auseinanderzusetzen, so Münch.
Bestandsschutz hat der gesamte ehemalige Wohnbereich der DDR-Partei- und Staatsführung. Zentrale Orte sind jedoch das ehemalige Wohnhaus von Staats- und Parteichef Walter Ulbricht mit Bibliothek, der Kursaal, das Gartenensemble und das gusseiserne Eingangstor.
Das Areal, das geografisch zur Stadt Bernau gehört, beherbergt seit 1990 eine Rehaklinik sowie Seniorenresidenzen. | mdr.de | Die Waldsiedlung bei Wandlitz nahe Berlin ist von nun an ein Denkmal. Von 1958 bis 1989 hatten dort abgeschirmt von der Umgebung Mitglieder der SED-Führung gewohnt. | [] | 2017-06-16T16:13:38+02:00 | 2017-06-16T16:13:38+02:00 | https://www.mdr.de//heute-im-osten/wandlitz-sed-denkmalschutz-100.html |
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Geheimsache Wismut | Männer, Frauen, Deutsche und Sowjets, Hauer und Rechtsanwälte, Köche und Wissenschaftler: 50 Menschen haben die Berliner Historikerin Astrid Mignon Kirchhof und ihr Team in den letzten zwei Jahren zur Wismut befragt. Einer von ihnen ist der Diplom-Bergingenieur Jürgen Ziller, der mehrfach betont, die Wismut habe nicht nur Halden und Klärteiche hinterlassen: "In den Kommunen wurden unterschiedliche Sportanlagen errichtet, Kulturhäuser gebaut, Polikliniken und Krankenhäuser eingerichtet. Auch am Wohnungsbau beteiligte sich die Wismut. Mit dem guten Verdienst der Bergleute kam auch eine enorme Kaufkraft ins Erzgebirge, wovon alle Händler und Kleinunternehmen profitierten."
In den 90er-Jahren stehen im Fokus von Geschichtsschreibung und Öffentlichkeit vor allem die strahlenden Hinterlassenschaften der Wismut wie die "Pyramiden von Ronneburg", gigantische Abraumhalden, die das Stadtbild prägen. Journalisten berichten über verschmutzte Bäche, zerstörte Landschaften, für Urananlagen abgerissene Dörfer und Städte. Historiker erforschen die Geschichte jenes einzigartiges Konstrukts einer "Sowjetisch-Deutschen Aktiengesellschaft". Gegründet wurde sie 1946 nach deutschem Aktienrecht mit dem Ziel, die Sowjetunion mit Uran zu versorgen. Von Atomwaffenmaterial ist nie die Rede. Offizielle Aufgabe der SDAG ist die Suche nach Buntmetallen wie Wismut. 30 Jahre später ist vom materiellen Erbe der "Wismut" im Erzgebirge und in Thüringen kaum noch etwas zu sehen. Doch die Erinnerungen an die "Wismut" sind noch da.
"Vor allem bei Männern ist die Identifizierung mit der Region stark", erklärt die Historikerin Astrid Mignon Kirchhof, "also mit dem Erzgebirge, dann mit dem Uranbergbau selber und mit der Wismut." Motivation für die Interviewpartner scheint die Haltung "ich will mir mein Lebenswerk nicht kaputtreden lassen" zu sein.
Ich will mir mein Lebenswerk nicht kaputtreden lassen!
Einige hunderttausend Männer und Frauen haben in den 45 Jahren für die Wismut gearbeitet. 50 wurden nun für das Zeitzeugenprojekt der Sächsischen Akademie der Wissenschaften interviewt. Die Bereitschaft, mehrere Stunden über ihr Leben zu erzählen, überrascht die Forscher zunächst. Im Rückblick ist klar, dass es einen biographisch sehr handfesten Grund dafür gibt. "Ich möchte, dass Wismut Geschichte und DDR-Geschichte ein bisschen anders dargestellt wird, als es bislang ist", fasst Astrid Mignon Kirchhof die Motive ihrer Gesprächspartner zusammen. "Ich finde mich in der Geschichtsschreibung oder wie über die DDR geredet wird, nicht wieder."
Dabei geht es zum Beispiel um den Umweltschutz. Die mediale Berichterstattung über die Wismut fokussierte sich lange Zeit auf die ökologischen Folgen und Hinterlassenschaften des Uranbergbaus. Im Zeitzeugeninterview erzählt Dr. Rudolf Daenecke von den Anfängen des Umweltschutzes in der Wismut Mitte der 80er-Jahre, als der technische Direktor der Gruben im thüringischen Schmirchau selbst erst mitbekam, wie massiv der Uranbergbau Flüsse, Luft und Boden beeinflusst. Publikation wie die "Pechblende" von Michael Beleites zwingen damals die Wismut "etwas konsequenter" in Umweltfragen zu agieren, erinnert sich Rudolf Daenecke, bis dahin waren "die Nachfolgen für den Bergbaubetrieb bedeutungslos."
Gegner oder zumindest Skeptiker des Uranabbaus finden sich unter den Interviewten nicht, auch niemand, der schwer erkrankt ist und die Schuld daran der Wismut gibt. Die Suche nach Interviewpartnern jedoch ging in alle Richtungen und auch kritische Berichte wären durchaus erwünscht gewesen. Das Narrativ der Kumpel sei nach der Interviewerfahrung jedoch ein anderes: "Ich habe gut gelebt und konnte meiner Familie ein gutes Leben bieten." Dass das Risiko von Strahlenschäden verdrängt wird, findet Umwelthistorikerin Kirchhof verständlich, schließlich möchte "kein Mensch sein Lebenswerk sich kaputt reden lassen oder kaputt reden. Das betrifft die Wismut und alle von uns."
Ich habe gut gelebt und konnte meiner Familie ein gutes Leben bieten.
Zwischen 30.000 und 150.000 Sowjets arbeiteten bei der Wismut. Allein diese extrem unterschiedlichen Zahlen zeigen, wie wenig man heute über die sowjetischen Ingenieure, Geologen, Laboranten weiß. Dabei bestimmten sie den Arbeitsalltag, saßen sie doch in den Führungspositionen der Wismut. Seit 2008 gibt es in Russland den Traditionsverein "Väter und Söhne der Wismut". Von ihm bekamen die Berliner Historikerinnen und Historiker 80 verschriftliche Erinnerungen an ihre Zeit bei der Wismut; insgesamt 600 Seiten, die noch übersetzt werden müssen.
Von den 50 Zeitzeugen-Interviews wurden vier auf Russisch geführt, sechs weitere sollen noch folgen. Auffällig ist schon jetzt eine Diskrepanz der Erinnerungen. Die sowjetischen Wismutarbeiter sprechen über vielfältige Kontakte, erzählen von Freundschaften, die auch über das Wismut-Ende 1991 hinaus reichten. Die deutschen Wismutangestellten betonen, dasses keine privaten Kontakte gab und diese auch nicht erwünscht gewesen seien. Schließlich unterlag die Urangewinnung strikter Geheimhaltung.
Das Interesse am Erzählen der eigenen - positiven - Wismut-Biographie hat die Historiker der Humboldt-Uni überrascht. Mit mehr Zeit und Geld hätten sie weit mehr als die 50 Interviews führen können. Schon die vorliegenden Videos und Texte erzählen von den Erinnerungen an ein einzigartiges Unternehmen. Sie sind damit ein wichtiger Teil der Erinnerungskultur, der ebenso erhalten werden muss, wie die Fördertürme, die begrünten Halden und die Schaubergwerke.
Die Sächsische Akademie der Wissenschaften will die Zeitzeugeninterviews auf einer Webseite sammeln, ergänzt um Links zu Archiven, Bildern, Sammlungen von Wismutkunst. Wer wissen will, was das Erbe der Wismut ist, findet dort Antworten. Und vielleicht findet der Interessierte sie in Post-Corona-Zeiten auch im Theater. Es gibt erste Ideen, die Zeitzeugenberichte auf die Bühne zu bringen. | mdr.de | 1991 endete die Geschichte der "Sowjetisch-Deutschen Aktiengesellschaft Wismut". Geblieben sind die Erinnerungen zehntausender Menschen, die in der "Wismut" gearbeitet haben. | [] | DDR | 2022-01-26T12:22:21+01:00 | 2022-06-02T15:44:46+02:00 | https://www.mdr.de/geschichte/ddr/wirtschaft/wismut/erbe-forschung-konferenz-uran-bergbau-100.html |
Gesperrte Brücke am Damaschkeplatz Magdeburg wird im Juni abgerissen | In Magdeburg ist das nach den Osterferien erwartete Verkehrschaos zunächst ausgeblieben. Es war wegen der kurzfristigen Sperrung der Brücke des Magdeburger Rings über den Damaschkeplatz befürchtet worden. Die Stadt hatte die Brücke am 15. April voll gesperrt, weil eine Überprüfung massive Schäden an dem Bauwerk gezeigt hatte, unter anderem Risse an den Spanngliedern.
Inzwischen ist klar, dass ein provisorischer Ersatzbau bis August 2025 entstehen soll. Zuvor wird die Brücke voraussichtlich im Juni abgerissen. Das 1972 errichtete Bauwerk ist Teil des Magdeburger Rings und besteht aus zwei parallel verlaufenden Bauwerken mit jeweils zwei Fahrspuren.
Der Magdeburger Ring ist eine Schnellstraße, die durch die Stadt führt. Sie wird auch Tangente genannt und ist kein Ring im eigentlichen Sinne, sondern eine Nord-Süd-Verbindung. Der Bau begann 1970, mitsamt Autobahnanschluss wurde die Trasse 1975 fertiggestellt. Nach dem Einsturz der Dresdner Carolabrücke war in Magdeburg veranlasst worden, dass das Material an drei Spannbetonbrücken des Rings geprüft wird. An den Brücken wurde laut Stadt sogenannter Hennigsdorfer Spannstahl verbaut, bei dem das Risiko einer sogenannten Spannungsrisskorrosion besteht. Dieser Spannstahl war auch an der Carolabrücke verbaut.
Bis der Ersatzbau steht, dürften Verkehrsteilnehmer sich in Magdeburg immer wieder auf Einschränkungen einstellen müssen. Die Stadtverwaltung empfiehlt für den Durchgangsverkehr eine weiträumige Umleitung über die Autobahn 14. Die letzte Ausfahrt des Magdeburger Rings in der nördlichen Fahrtrichtung ist die Ausfahrt Liebknechtstraße, in der Gegenrichtung der Anschluss an die Bundesstraße 1 / Albert-Vater-Straße.
Sven Haller, Staatssekretär im Infrastrukturministerium von Sachsen-Anhalt, nannte all das kurz nach der Sperrung eine "enorme Verkehrsbelastung" für die Magdeburgerinnen und Magdeburger. Er betonte, die Sicherheit gehe aber vor.
Weil die Sperrung am Damaschkeplatz zunächst mehrfach von Radfahrern und Fußgängern ignoriert worden war, gibt es inzwischen eine zusätzliche Querung über den Magdeburger Ring. Diese verläuft zwischen dem Adelheidring auf der Westseite und der – für den Kfz-Verkehr gesperrten – Ring-Ausfahrt "Zentrum" auf der Ostseite. Radfahrer und Fußgänger können laut Stadtverwaltung zusätzlich auch die Brücke in den Glacis-Anlagen oder die Albert-Vater-Straße nutzen.
Wer mit der Straßenbahn in Magdeburg unterwegs ist, muss sich ebenfalls auf Veränderungen einstellen: Mehrere Linien werden umgeleitet. Die neuen Fahrpläne sind laut Magdeburger Verkehrsbetrieben (MVB) online abrufbar.
– Die Straßenbahnlinie 1 ist zwischen Kannenstieg und Olvenstedter Platz über Leiterstraße, Hasselbachplatz, Südring, Westring und Damaschkeplatz unterwegs.– Die Straßenbahnlinie 3 ist zwischen Klinikum Olvenstedt und Diesdorf über Olvenstedter Platz, Damaschkeplatz und Westring im Einsatz. (ca. 20-Minuten-Takt) – Die Straßenbahnlinie 4 fährt zwischen Klinikum Olvenstedt und Cracau über Europaring, Westring, Südring, Hasselbachplatz, Verkehrsbetriebe und Hauptbahnhof/Willy-Brandt-Platz.– Die Straßenbahnlinie 5 ist zwischen Diesdorf und Messegelände über Westring, Südring, Raiffeisenstraße und S-Bahnhof-Buckau im Einsatz. (ca. 20-Minuten-Takt) – Die Straßenbahnlinie 6 fährt verkürzt nur zwischen Herrenkrug und Hauptbahnhof/Willy-Brandt-Platz.Die Haltestelle Hauptbahnhof/Kölner Platz wird demnach derzeit gar nicht bedient. Fahrgäste sollen die Haltestelle Hauptbahnhof/Willy-Brandt-Platz nutzen.
Die Stadtverwaltung hat in der Zwischenzeit auch ein Konzept für die Rettungskräfte entwickelt. Demnach wird ein zusätzlicher Rettungswagen im Westen der Stadt stationiert, damit Rettungskräfte in Stadtfeld, Diesdorf und den umliegenden Gebieten schneller zu den Einsätzen kommen können. Zudem würden die Freiwilligen Feuerwehren Olvenstedt und Diesdorf stärker eingebunden. Auch die Leitstelle soll aufgerüstet werden. Die Stadt Magdeburg bittet außerdem die Bevölkerung um Mithilfe: Bürger sollen darauf achten, frühzeitig Rettungsgassen zu bilden und Feuerwehr-Einfahrten nicht zuzuparken.
Wie es derweil mit den Brücken über die Halberstädter Straße und die Brenneckestraße weitergeht, ist nach wie vor offen. Auch an diesen Spannbetonbrücken entlang des Magdeburger Rings soll es nun weitergehende Untersuchungen geben. Stadtsprecher Michael Reif sagte MDR SACHSEN-ANHALT vor Ostern, es sei nicht auszuschließen, dass auch diese Brücken voll gesperrt werden müssten. Auf den beiden Brücken gilt derzeit Tempo 30 und nur eine Fahrspur kann genutzt werden.
dpa, MDR (Susanne Ahrens, Linus-Benedikt Zosel, Maximilian Fürstenberg, Kalina Bunk, Felix Fahnert) | Erstmals veröffentlicht am 14.04.2025 | mdr.de | In Magdeburg rollt nach den Osterferien der Verkehr wieder mit erhöhtem Aufkommen – nur über und unter dem Damaschkeplatz nicht. Denn die Ring-Brücke ist wegen massiver Schäden gesperrt. | [
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] | Sachsen-Anhalt | 2025-04-23T15:52:16+02:00 | 2025-06-03T16:36:29+02:00 | https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/magdeburg/magdeburg/bruecke-magdeburger-ring-damaschkeplatz-schaeden-gesperrt-verkehrschaos-104.html |
Warmer Herbst wirkt sich auf Tierwelt aus | Der milde Herbst kann nach Angaben von Fachleuten den Rhythmus von Tieren durcheinanderbringen – mit weitreichenden Folgen. Viele Vögel, vor allem Kurzstreckenzieher wie Stare, seien noch nicht auf dem Weg in den Mittelmeerraum, erklärte die Biologin Angelika Nelson vom Naturschutzverband LBV. Ein verändertes Zugverhalten beobachtet der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) auch bei Kranichen: Diese verweilten in diesem Jahr länger an den Rastplätzen in Nord- und Ostdeutschland und zogen erst verzögert in den Süden.
Der LBV fordert mehr Anstrengungen für den Klimaschutz. Die Veränderungen im Jahreslauf könnten weitreichende Folgen für Ökosysteme haben, erläuterte Nelson. "Über Jahre eingespielte Beziehungen zwischen verschiedenen Lebewesen geraten aus dem Takt." Für Igel könne es zum Beispiel noch zu warm für den Winterschlaf sein. Sie fänden aber schwerer Nahrung, weil sich Insekten, Spinnen und Würmer bereits an geschützten Orten versteckten. Fachleute wie Wolfgang Fiedler vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Radolfzell am Bodensee beobachten einen deutlichen Trend, dass die Kurzstreckenzieher ihre Abflugzeiten je nach Witterung verändern und zum Teil früher aus den Winterquartieren zurückkehren. Die Langstreckenzieher seien dagegen ausgeprägte Wanderer – und es sehe so aus, als seien sie nun im Nachteil, so Fiedler.
Klassische Überwinterer wie Blau- und Kohlmeise müssten sich dadurch das in der kalten Jahreszeit knappe Futter mit weiteren Arten teilen, sagte Nelson. Die Klimaerwärmung könne aber auch dazu führen, dass Singvögel wie Meisen und Amseln aus den skandinavischen Ländern nicht mehr als Wintergäste zu uns kommen, sondern im Norden bleiben, gab der Nabu-Experte Martin Rümmler zu bedenken. Dies ließen Beobachtungen bei Wasservögeln wie Enten und Blesshühnern vermuten, ergänzte Fiedler. "Es sieht so aus, als ob diese nicht mehr den weiten Weg aus dem Nordosten Europas zu den großen Seen im Alpenvorland machen."
dpa | mdr.de | Zu warm für Winterschlaf? Verspäten sich die Zugvögel? Der milde Herbst bringt die Tierwelt aus dem Takt. Manche Arten stehen dadurch womöglich vor Problemen. | [] | 2023-11-23T17:49:00+01:00 | 2023-11-23T17:49:00+01:00 | https://www.mdr.de//wissen/news/Warmer-Herbst-wirkt-sich-auf-Tierwelt-aus-100.html |
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Karl (CDU) gewinnt Landratswahl für Sömmerda - AfD-Kontrahent winkt Landtagsmandat | Nach Auszählung aller 104 Stimmbezirke im Kreis Sömmerda ist klar - der CDU-Politiker Christian Karl ist der neue Landrat. Er holte insgesamt 59,4 Prozent der abgegebenen Stimmen. Auf seinen Herausforderer Stefan Schröder von der AfD entfielen 40,6 Prozent der Stimmen.
Schröder steht nun jedoch vor einem Einzug in den Thüringer Landtag: Der AfD-Abgeordnete René Aust ist in das Europäische Parlament eingezogen; sein Mandat geht an den nächsten auf der AfD-Landesliste - und das ist Stefan Schröder. Die AfD geht davon aus, dass Schröder das Mandat annimmt, obwohl die Wahlperiode am 31. August endet.
Christian Karl wurde am 19. Dezember von seiner Partei als Kandidat für die Landratswahl nominiert. Er bekam laut CDU-Kreisverband 74 von 75 Stimmen und war der einzige Bewerber. Der 45-Jährige hat bisher als Geschäftsführer des Kreisverbandes Sömmerda des Arbeiter-Samariter-Bundes gearbeitet. Karl ist CDU-Ortsverbandsvorsitzender und führt die CDU-FDP-Fraktion im Kreistag an. Zudem ist er ehrenamtlich Erster Beigeordneter des Sömmerdaer Bürgermeisters.
Die AfD hatte ihren Fraktionsvorsitzenden im Kreistag Sömmerda, Stefan Schröder, als Landratskandidaten nominiert. Schröder wurde 1983 in Erfurt geboren und hat hier nach dem Abitur Geschichts- und Staatswissenschaft studiert. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und hat bisher als Büroleiter des AfD-Bundestagsabgeordneten Bernd Schattner gearbeitet.
CDU-Kandidat Karl holte im ersten Durchgang 46,3 Prozent und trat somit gegen den AfD-Kandidaten Stefan Schröder an (36,4 Prozent). Die beiden parteilosen Kandidaten Madeleine Temme und Peer Gröschner erzielten 13,7 Prozent beziehungsweise 3,6 Prozent. Amtsinhaber Harald Henning (CDU) durfte aus Altersgründen nicht nochmals antreten.
Der Landkreis Sömmerda liegt nördlich von Erfurt in Mittelthüringen. Dort leben Ende 2022 knapp 70.000 Einwohner. Der Kreis ist geprägt von Landwirtschaft. Es gibt bei Sömmerda bedeutende archäologische Funde. Der Landkreis ist außerdem Standort wichtiger Computer- und Elektroindustrie. Zu den größten Unternehmen im Kreis gehören der Automobilzulieferer Mubea in Weißensee mit mehr als 500 Mitarbeitern und das Motorenwerk MDC Power in Kölleda mit rund 1.300 Mitarbeitern. Im Dezember hatte der Etikettenhersteller "All4Labels" angekündigt, sein Werk mit 200 Mitarbeitern in Gebesee zu schließen. Bekannt ist im 800 Quadratkilometer großen Kreis auch die Pfefferminzbahn. Kreisstadt ist Sömmerda.
MDR (rom/nir) | mdr.de | Christian Karl ist neuer Landrat im Kreis Sömmerda. Der CDU-Kandidat gewann die Stichwahl gegen Stefan Schröder. Der AfD-Kontrahent hat jedoch Anspruch auf ein Landtagsmandat. | [
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] | Thüringen | 2024-06-10T16:28:01+02:00 | 2024-06-10T16:28:01+02:00 | https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/mitte-thueringen/soemmerda/landrat-stichwahl-karl-schroeder-104.html |
Frankreichs Präsident Macron betont Gemeinsamkeit Europas | Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat in seiner Rede auf dem Neumarkt vor der Dresdner Frauenkirche zur Stärkung der Demokratie aufgerufen. Europa könne sterben, "wenn wir die falschen Entscheidungen treffen", so der Präsident. Frieden, Wohlstand und Demokratie stünden auf dem Spiel. Alle europäischen Bürger könnten Verantwortung übernehmen, auch für die kommenden Generationen. Nur gemeinsam könne man die Herausforderungen meistern, so Macron.
Macron bekräftigte in seiner Rede, dass die Europäer die Ukraine so lange wie nötig unterstützen müssten. Was in der Ukraine auf dem Spiel stehe, sei die Sicherheit Europas. Auch Deutschland oder Frankreich seien nicht mehr sicher, wenn in der Ukraine das Recht des Stärkeren siegen sollte.
Was in der Ukraine auf dem Spiel steht, ist die Sicherheit Europas.
Es gehe in der Ukraine "um unseren Frieden und unsere Sicherheit", sagte Macron und ergänzte, man führe keinen Krieg gegen das russische Volk. Man könne aber nicht zulassen, dass ein autoritäres, revisionistisches Regime wie das in Moskau Europa bedrohe. Die Europäische Union erlebe derzeit einen entscheidenden Moment. Sie könne sterben, "wenn wir die falschen Entscheidungen treffen", sagte der Präsident.
Macron forderte eine gemeinsame Sicherheitsstruktur für die EU. Die Einigung Europas werde erst mit einer gemeinsamen Verteidigung vollzogen sein. Dafür sei neues Sicherheitskonzept nötig.
Der französische Präsident warnte in seiner Rede eindringlich vor der Gefahr von Extremen in Europa. Derzeit sei eine Faszination für autoritäre Regime zu beobachten. Errungenschaften in Europa wie Frieden, Wohlstand und Demokratie stünden auf dem Spiel. Macron forderte erneut eine eigenständige europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Wirtschaftlich müsse Europa souveräner und unabhängiger von China und den USA werden.
Macron hatte seine Europarede in Dresden auf Deutsch begonnen und damit tosenden Jubel ausgelöst. "Heute als erster französischer Präsident seit der Wiedervereinigung hier in Dresden vor Ihnen zu sprechen, ehrt mich ( ... ) ganz besonders. Es berührt mich sehr", sagte der Präsident. Macron betonte, es sei für ihn eine Ehre, in Dresden zu sprechen. Es sei eine Ehre für ihn als Franzose und Freund von Deutschland, aber auch als überzeugter Europäer.
Zuvor war Frankreichs Präsident am zweiten Tag seines Staatsbesuchs in Deutschland mit Verspätung in Sachsen eingetroffen. Ministerpräsident Michael Kretschmer begrüßte ihn und seine Frau Brigitte am frühen Nachmittag am Schloss Moritzburg bei Dresden. Dabei schenkte er dem französischen Staatschef für den Schlossgarten von Versailles einen Apfelbaum. Mit dabei waren auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und dessen Frau Elke Büdenbender. Zahlreiche Schaulustige hatten sich rund um das Schloss versammelt.
Macron und seine Frau Brigitte hatten den knapp dreitägigen Staatsbesuch am Sonntag in Berlin begonnen. Am Dienstag wollen der Präsident und seine Frau nach Münster weiterreisen. Dort erhält Macron den internationalen Preis des Westfälischen Friedens. Es ist der erste Staatsbesuch eines französischen Präsidenten in Deutschland seit 24 Jahren.
Quellen: dpa (isc) | mdr.de | Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat in seiner Rede vor der Dresdner Frauenkirche zur Stärkung der Demokratie aufgerufen. Europa könne sterben, "wenn wir die falschen Entscheidungen treffen", so der Präsident. | [
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] | Deutschland | 2024-05-28T08:48:10+02:00 | 2024-05-28T08:48:11+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/deutschland/politik/macron-deutschland-sachsen-rede-100.html |
Dr. Jazz mit Louis Armstrong auf Tour durch die DDR | Karlheinz Drechsel: Das war keine Initiative von Seiten der DDR. Armstrong plante eine Tournee durch die sozialistischen Länder. Und das Ganze organisierte eine Schweizer Agentur. Von dort kam eines Tages das Angebot an die Künstleragentur der DDR, dass Armstrong auch in die DDR kommen könnte. Und da die DDR das Konzert nicht bezahlen konnte, wurde mit der Schweizer Agentur ein Abkommen getroffen: Die Gage wurde in DDR-Mark an die Schweizer überwiesen. Diese zahlten Armstrongs Gage in Dollar aus und erhielten ihrerseits optische Geräte und Antiquitäten aus der DDR. Eine ziemlich komplizierte Angelegenheit …
Genau so war es gewesen. Einige sozialistische Länder bekamen Armstrong tatsächlich umsonst, quasi als ein Geschenk der Vereinigten Staaten. So hat etwa die ČSSR nichts für Armstrongs Konzerte bezahlt. Aber die DDR sagte stolz: Wir wollen nichts von den Amerikanern geschenkt bekommen, wir bezahlen das selbst.
Das war damals durchaus üblich, dass die USA ihre Jazzmusiker quasi als Kulturbotschafter auf Reisen schickten. So spielten etwa Benny Goodman und Oscar Peterson auf Kosten der amerikanischen Regierung in Moskau. Es gibt ja so eine markige Äußerung vom Nato-General Bernard Montgomery: "Wenn wir den Osten nicht mit Waffen kriegen, dann mit der Jazztrompete." Das war wohl so ungefähr das Kalkül, das dahintersteckte.
Armstrong hatte im Rahmen seiner Tour auch in Moskau auftreten sollen. Doch aus Protest gegen die Rassendiskriminierung in den USA hatte er es abgelehnt, als offizieller Repräsentant der Regierung der Vereinigten Staaten die UdSSR zu besuchen.
Es war die Hochzeit des Kalten Krieges, die Fronten zwischen den Systemen waren absolut verhärtet. Hinzu kam noch, dass der Jazz in der DDR in jenen Jahren absolut verpönt war, vor allem der Modern Jazz. "Affenkultur des Imperialismus", hieß es bei den Kulturfunktionären der SED. Und da hinein kam nun dieses Gastspiel … Armstrong in der DDR – das war für die Jazz-Fans des Landes eine wirkliche Sensation. Und er gab in der DDR auch die meisten seiner Konzerte auf der Osteuropa-Tournee: 17. In der ČSSR war er zehnmal aufgetreten, in Bulgarien, Rumänien und Ungarn nur einmal. In Budapest spielte er aber immerhin vor 90.000 Zuschauern – es war eines der größten Jazzkonzerte in der Geschichte überhaupt.
Ich hatte das mich völlig verblüffende Glück, dass die Künstleragentur der DDR mich fragte: Hätten Sie Interesse, Louis Armstrong zu begleiten? Ich dachte zunächst, das sei ein Witz. Aber es war ernst gemeint. Und ich antwortete, dass ich das natürlich sehr gern machen würde.
In Leipzig wurde ich ihm dann vorgestellt, und Armstrong wusste nun, dass ich sein Begleiter bin. Er hat aber sofort gespürt, dass ich keiner der offiziellen Begleiter aus dem SED-Apparat bin, sondern ein wirklicher Jazz-Liebhaber. Und das machte ihn sehr offen, und es entwickelte sich sehr schnell ein fast freundschaftliches Verhältnis zwischen uns beiden. Er hat mir dann bei den Reisen im Tourneebus auch viel erzählt – etwa von seiner Zeit bei Al Capone in den 20er-Jahren. Ganz spannende Geschichten …
Es gibt ein Lied, "Der Junge von New Orleans", und ich glaube, genau dieser Junge ist er sein Lebtag gewesen. Armstrong hat gar nicht gewusst, was für einen klangvollen Namen er besitzt in der Welt. Er wusste zwar, er ist irgendwie beliebt, aber die Größe seines Namens, seiner Person, die ist ihm nie so bewusst gewesen. Er war einfach, bescheiden, zurückhaltend und alles andere als ein Star. Er hatte keine Allüren.
Ich musste eines Nachts, während eines Konzertes in Erfurt, zurück nach Berlin. Und als ich aus dem Saal herausschlich, winkte ich ihm kurz zu. Da ist er von der Bühne heruntergekommen - die Band spielte unterdes weiter – und hat mich umarmt, mir zwei 50-Mark-Scheine in die Hand gedrückt und gesagt, die solle ich meinen Söhnen geben vom Onkel Satchmo.
Seine scheinbar unpolitische Haltung hatte einen einzigen Tenor: Ich bin für die Menschen da, unter welchen politischen Verhältnissen sie auch immer leben mögen. Und ich spiele und singe für sie. Und ich bin glücklich, wenn ich andere glücklich machen kann - egal, ob im Osten oder im Westen. Ich bin für alle Menschen da. Das war sein Credo. Aber er war keineswegs unpolitisch. Er hat sich nur nicht vereinnahmen lassen – weder vom Westen, noch vom Osten.
Alle Konzerte, bis auf das in Schwerin, waren bis auf den letzten Platz ausverkauft. Und in den Sälen war natürlich eine wahnsinnige Stimmung. Schon bevor Armstrong auf die Bühne kam, trampelte und tobte das Publikum ...
Armstrong hatte das Eis aufgetaut. An ihm wagte keiner herumzudeuteln, nicht einmal das ZK. Plötzlich schrieb sogar das SED-Zentralorgan "Neues Deutschland" positiv über Jazz. Es wurden Konzerte organisiert, ja ganze Jazz-Reihen, in Leipzig etwa oder in Dresden. Also Armstrong hatte, ohne es zu wissen, tatsächlich ganz neue Horizonte eröffnet. | mdr.de | Karlheinz Drechsel, der "Dr. Jazz" der DDR, begleitete Louis Armstrong 1965 auf dessen Konzert-Tournee durch die DDR. In einem Gespräch erinnert sich Drechsel an die Begegnung mit dem "King of Jazz". | [] | DDR | 2011-11-15T11:15:36+01:00 | 2022-07-29T11:23:59+02:00 | https://www.mdr.de/geschichte/ddr/politik-gesellschaft/kultur/karlheinz-drechsel-jazz-dresden-louis-armstrong-100.html |
Müssen Landwirte Imker vor einem Glyphosateinsatz informieren? | Der Einsatz von Pestiziden sei ein großes Problem für Bestäuber wie Bienen, sagt Felix Ekardt, Vorsitzender vom Bund für Umwelt- und Naturschutz Sachsen. Die Forschung zeige, dass die Artenvielfalt darunter leide. Der Vorschlag des Hörers geht Ekardt nicht weit genug: "Wenn man jetzt den Pestizideinsatz reduzieren will, ist es eine sehr milde Idee, das nur ankündigen zu lassen, weil das Grundproblem ist nicht so sehr die Ankündigung allein, sondern dass wir überhaupt diese Mengen an Pestiziden einsetzen."
Den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren, dafür wirbt auch Michael Hardt. Er ist Vorsitzender des Landesverbands sächsischer Imker. Landwirte zu verpflichten, den Einsatz von Glyphosat eine Woche im Voraus anzukündigen, hält er aber nicht für notwendig. Das sei vielerorts ohnehin schon gelebte Praxis: "Es ist durchaus üblich, wenn das Verhältnis nicht gestört ist, dass die Landwirte und die Imker miteinander reden. Also ich habe meine Bienen auch an einem Feld stehen und der Landwirt ruft mich normalerweise an, wenn er irgendwelche Spritzmaßnahmen macht."
Das gibt ihm die Möglichkeit, die Bienen mit entsprechenden Maßnahmen zu schützen. In der Regel würden die Tiere, während das Glyphosat gespritzt wird, nicht aus dem Bienenstock gelassen, erklärt Hardt. Damit das funktionieren kann, braucht es aber eben die Absprachen.
In Sachsen wurde bereits 2014 im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft eine entsprechende Partnerschaft zwischen Imkern und Landwirten geschlossen. Die hält auch Andreas Jahnel vom Sächsischen Landesbauernverband für ausreichend. Er betont, dass der Einsatz von Glyphosat ohnehin stark reglementiert sei und das Mittel von Landwirten im Freistaat nicht mehr so stark genutzt werde. Eine rechtlich verpflichtende Ankündigungsfrist für Landwirte lehnt er ab:
"Es gehört zur guten landwirtschaftlichen Praxis dazu und da sollte nicht noch ein zusätzlicher bürokratischer Aufwand kommen in Form einer Verordnung, wo es dann vielleicht irgendwelche Fristen gibt. Wenn die nicht eingehalten worden sind, gibt es wieder Probleme. Das bringt nichts und hilft niemandem."
Auch das sächsische Landwirtschaftsministerium spricht sich aus den genannten Gründen gegen den Vorschlag aus. Wie es auf Anfrage von MDR AKTUELL aus dem Ministerium heißt, würde nicht nur den Landwirten, sondern auch der Verwaltung ein erheblicher bürokratischer Mehraufwand entstehen, um die Einhaltung der Ankündigungsfrist zu überwachen. Zudem sei der Vorschlag auf Landesebene rechtlich gar nicht umsetzbar. Denn, so etwas anzuordnen, liegt dem Ministerium zufolge im Aufgabenbereich des Bundes. | mdr.de | Sollten Landwirte zum Schutz der Bienen Imker informieren müssen, bevor sie auf ihren Feldern Pestizide wie Glyphosat einsetzen? Das fragt ein MDR-Hörer. Bauern und Naturschützer sind skeptisch. | [
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] | Deutschland | 2025-05-23T07:18:59+02:00 | 2025-05-23T07:18:59+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/deutschland/wirtschaft/landwirte-glyphosat-imker-informationspflicht-100.html |
“Medien sind keine Relaisstation im Weltall“ | Die Zahlen zeigen seit Beginn der Corona-Pandemie ein relativ klares Bild: Die Maßnahmen zu ihrer Eindämmung, die die Politik ergriffen hat, sind im Land anerkannt. Es geht mal etwas rauf und mal etwas runter mit der Zustimmung, aber es gibt keine Anzeichen für einen grundlegenden Umschwung. Diejenigen, denen die Kontaktbeschränkungen zu weit gehen, waren in den zurückliegenden Monaten in einer deutlichen Minderheit. Derzeit, da die Maßnahmen außergewöhnlich weit reichen, gehen sie laut Deutschlandtrend der ARD vom 5. November 24 Prozent der Deutschen zu weit. Aber auch jetzt ist das Land nicht polarisiert, sondern ziemlich klar in seiner Zustimmung zur Coronabekämpfung.
Es ist seltsam. Sogenannten Coronaleugnern und Verschwörungsgläubigen wurden immer wieder Titelseiten und viele Fernsehminuten gewidmet, sobald sie sich zu einer Demonstration zusammentaten. Zuletzt im November in Leipzig. Dabei sind sie nur eine Minderheit der Minderheit. Es sind eher die vielen, auf die kein Scheinwerfer gerichtet wird.
Gibt es eine Art schweigende Mehrheit, die in medialen Zusammenhängen unterrepräsentiert ist? Die Wochenzeitung Die Zeit hat das im September behauptet. Es gebe in Deutschland während der Pandemie eine “krakeelende Minderheit. Und deren Rechnung geht auf: Je wüster sie krakeelt, desto größer sind die Schlagzeilen, die sie erwirtschaftet.“ Die Medien, insgesamt betrachtet, würden demnach aus einer kleinen Mücke einen laut trompetenden Elefanten machen.
Zugleich gibt es auch die gegenläufige Kritik: Die Medienberichterstattung in der Pandemie sei zu regierungsnah. Aus einem Elefanten werde also eher ein Mammut gemacht. Das haben in unterschiedlichen Nuancen einige Kommunikations- und Medienwissenschaftler vertreten, die alle keine Umstürzler sind. Zuletzt etwa Stephan Russ-Mohl in der Süddeutschen Zeitung. Zuvor auch etwa Otfried Jarren, emeritierter Professor der Universität Zürich: Das Fernsehen präsentiere sich “als eilfertiges, omnipräsentes öffentliches 'Systemmedium’“, notierte er Ende März im Fachdienst epd medien.
Und der Kommunikationswissenschaftler Uwe Krüger von der Universität Leipzig schrieb in einem Beitrag für die Frankfurter Hefte: “Zu beobachten war das klassische 'Rally ’Round the Flag‘-Phänomen: Wenn es um Leben und Tod geht, schart man sich um die Regierung.“ Auch er bezog sich, wie seine Kollegen, auf die Berichterstattung im Frühjahr.
Anruf bei Uwe Krüger. Wie sieht er das heute? Kann er mit dem Eindruck etwas anfangen, es gebe eher eine unterrepräsentierte Mehrheit, als eine medial unterrepräsentierte Minderheit?
Uwe Krüger schickt vorweg, er habe die Corona-Berichterstattung der jüngsten Monate “nicht systematisch wahrgenommen“ und wolle sich auf einen Eindruck beschränken: “Es gibt einen Mainstream in der Coronafrage, der davon ausgeht, dass es sich um ein gefährliches Virus handelt, und der die Regierungsmaßnahmen im Großen und Ganzen befürwortet.“ Für ihn als Anhänger der Indexing-Hypothese sei das auch “nicht überraschend“, sagt er. Die Indexing-Hypothese nimmt an, dass die großen Medien in der Regel die Debatte innerhalb der politischen Elite reflektieren. Er betont aber, in diesem Fall schließe sich keine Kritik von seiner Seite an. In diesem Fall sei er “nicht mainstreamkritisch“, sondern froh, dass die Pandemiebekämpfung ernstgenommen werde.
Die Frage ist, ob in der Medienlandschaft die gesellschaftliche Realität angemessen wiedergegeben wird. Zwischen einer “krakeelenden Minderheit“ und den Regierenden ist viel Platz. Uwe Krüger verweist auf die Forschung von Ray Funkhouser aus den siebziger Jahren, eine wichtige Arbeit in der Geschichte der Kommunikationswissenschaften. Funkhouser verglich die Berichterstattung über den Vietnamkrieg mit der Zahl der in Vietnam eingesetzten US-Soldaten. Es gab mehr Berichterstattung zu einem Zeitpunkt, als noch wenige Soldaten im Krieg waren, als später, als mehr Soldaten eingesetzt waren. Bedeutet das aber eine Verzerrung in der Berichterstattung? Das lässt sich daraus nicht ableiten.
Medien, sagt Uwe Krüger, seien “keine Relaisstation im Weltall“, in der die Realität nur gespiegelt werde. Sie seien nicht als Spiegel der Gesellschaft zu beschreiben, nicht im eigentlichen Sinn der Metapher. Vielmehr sind sie Teil der Gesellschaft. Sie konstruieren aus ihrer Verortung heraus Wirklichkeitsentwürfe. Ob diese Entwürfe angemessen sind, könne und solle dann im demokratischen Diskurs verhandelt werden.
Es habe durchaus Sinn, dass Politiker öfter in den Medien auftauchen würden als zum Beispiel Bauarbeiter – weil Politiker Entscheidungen treffen, die für alle relevant seien. “Da würde ich die Medienlogik verteidigen, dass nicht alle zu gleichen Teilen repräsentiert sein müssen“, sagt er.
Die Folge freilich ist: “Wir konstruieren ein Bild, eine Medienrealität.“ Inwieweit die Medienrealität mit der Realität übereinstimmt, sei schwer bis unmöglich zu bestimmen, weil es nirgendwo ein “unverzerrtes“ Bild der Realität zum Vergleichen gebe.
Die Frage, wie sich Medien und Realität zueinander verhalten, steht seit mehr als einem Jahrhundert im Zentrum der Massenkommunikationsforschung. Was lernen wir aus der Corona-Berichterstattung?
Haben die Medien an Vertrauen verloren, weil sie selbsternannten Fachleuten nicht dasselbe Forum bieten wie anerkannten Experten aus der Virologie und Epidemiologie? Ist es sinnvoll, Interviews nur um der Repräsentation von Positionen wegen zu führen – unabhängig von deren Substanz? Genau das ist es, was die schärfsten Kritiker – die “krakeelende Minderheit“, wie Die Zeit sie vielleicht nennen würde – verlangen: Sendeplätze, damit auch die Behauptung repräsentiert ist, eins plus eins sei fünf. Machen “die Medien“ – ohnehin ein ungenauer Oberbegriff, der von Bild bis ZDF alles einschließt, was keineswegs gleich berichtet – wirklich einen Fehler, wenn sie solche Positionen nicht gleichwertig und unkommentiert präsentieren?
Uwe Krüger sagt, er sei “gegen eine falsche Ausgewogenheit, wenn es um Fakten und nicht um Meinungen geht. Man hat kein Recht auf eigene Fakten.“ Er vertraue der Klimaforschung ebenso wie Epidemiologen und Virologinnen.
Gleichwohl: Sich in alternativen Medien zu informieren, hält Krüger auch in Corona-Zeiten für legitim. Leser sollten sich nur bewusst sein, dass alternative Medien “zuweilen aus rein ideologischen Gründen“ gegen den Mainstream seien: “Alternativmedien sollten genauso kritisch wie Mainstream-Medien konsumiert werden.“ Damit wäre in der Tat schon viel gewonnen. | mdr.de | Verschwörungsgläubige behaupten, die Medien würden in der Corona-Krise kritische Stimmen übergehen. Die breite Zustimmung zu den Maßnahmen der Politik sagt etwas anderes. | [] | Medienwissen | 2020-11-17T17:15:39+01:00 | 2020-11-20T18:30:59+01:00 | https://www.mdr.de//medien360g/medienwissen/medien-corona-verschwoerung-100.html |
Bauverzug bei Schwimmhalle in Weißenfels – Stadt will Planungsfehler gerichtlich prüfen | Bei der Sanierung der Schwimmhalle Weißenfels wird es weitere Verzögerungen geben. Wie Oberbürgermeister Robby Risch (parteilos) MDR SACHSEN-ANHALT sagte, könne das Projekt erst nach den Winterferien des kommenden Schuljahres abgeschlossen werden, also anderthalb Jahre später als geplant.
Wie der Politiker berichtete, seien zunächst die Corona-Pandemie und der Baustoffmangel als Gründe für die Verzögerungen vermutet worden. Inzwischen hätten sich jedoch schwerwiegende Planungsfehler auf Seiten des beauftragten Planungsbüros abgezeichnet. In einem Gutachten wolle die Stadt die Unterlagen jetzt prüfen lassen.
Sollte sich der Verdacht bestätigen, will die Kommune den Fall vor Gericht klären lassen. Denn die Kosten für die Verzögerungen hätten sich bereits auf einen mittleren sechsstelligen Betrag summiert, sagte der Oberbürgermeister. Das Geld wolle man gern wiederhaben.
Nach einer gerichtlichen Klärung gebe es dann zwei Möglichkeiten, so Risch. "Die eine ist, dass die Stadt hat die Mehrkosten zu tragen hat, weil es objektiv unvermeidbar war oder dass wir auf Schadenersatz drängen."
Problematisch findet das Stadtoberhaupt außerdem, dass die Pläne für das Schulschwimmen überarbeitet werden müssten. Es werde nun versucht, diesen Unterricht als Block in den Schwimmhallen in Naumburg und Leuna durchzuführen. Es sei allerdings noch unklar, ob es dort die entsprechenden Kapazitäten gibt. Auch müsse der Transport durch das Busunternehmen neu geplant werden, was weitere Kosten verursache.
MDR (Attila Dabrowski, Daniel Salpius) | mdr.de | Die Sanierung des Hallenbades in Weißenfels wird voraussichtlich anderthalb Jahre später abgeschlossen als geplant. Die Verzögerung bringt für die Stadt zusätzliche Kosten im sechstelligen Bereich. | [
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] | Sachsen-Anhalt | 2022-07-11T19:31:00+02:00 | 2024-11-09T11:35:12+01:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/sachsen-anhalt/halle/burgenland/bauverzug-schwimmhalle-weissenfels-sanierung-100.html |
Das Ende der Straßenbahn in Westberlin | Ein gelber Wagen, geschmückt mit grünen Zweigen, Beschriftung "Linie 55 - Sonderfahrt". So macht sich die Straßenbahn am 2. Oktober 1967 in Westberlin auf den Weg zu ihrer letzten Fahrt, samt Blaskapelle an Bord. Die Strecke ist gesäumt von applaudierenden Menschen. Kaum einer hier findet es schade, dass sich der Senat zehn Jahre zuvor gegen den Ausbau der Straßenbahn entschieden hat. Schließlich will man mit Paris und London Schritt halten. Und die – so ist der Trend – verlegen ihre Straßenbahnen unter die Erde, machen eine U-Bahn daraus. Oder sie setzen gleich auf Busse.
"Für mich unfassbar, ein Trauerspiel, dass eine Großstadt wie Berlin auf die Straßenbahn verzichtet, ganz und gar", erinnert sich der Straßenbahnfan Bruno Kutz in einem Beitrag des rbb. An diesem Tag im Oktober wollte er wenigstens noch einmal mitfahren. Auch wenn an der Strecke eher Volksfestcharakter herrschte. "Als ich den Fahrschein gekauft habe, das war eine traurige Angelegenheit für mich." Der Senat findet die Straßenbahn zu teuer und unpraktisch. Vor allem der neue Prototyp TED 52 löst bei den Politikern Skepsis aus. Unter anderem, weil er zu lang ist. Die Schaffner würden es gar nicht schaffen, die Fahrscheine aller Passagiere zu kontrollieren. Und so entscheidet man sich gegen die Straßenbahn und schafft lieber 120 Doppeldecker-Busse an.
In den folgenden Jahren müssen 400 Kilometer Schienen beseitigt werden, was die Bundesrepublik geschätzt 40 Millionen Mark kostet. Sie weichen breiten Alleen mit viel Platz für Autos und Busse. Die Stadtplaner finden, die Straßenbahn gehöre ins Museum, die Oberleitungen verschandelten das Stadtbild. Zudem soll der öffentliche Personennahverkehr flexibler und schneller werden, Umleitungen im Stadtverkehr sollen leichter zu planen sein. Was die Politik damals nicht bedenkt: Bald würde jeder ein Auto haben, die die Innenstädte verstopfen, und die Preise für Kraftstoff würden explodieren. Die Strategie im Ostteil der Stadt, sein Tram-Netz weiter auszubauen, stellt sich rückblickend als die klügere heraus.
Und so wachsen die folgenden Generationen in Westberlin ohne Straßenbahn auf. In einem Fernsehbeitrag wenige Jahre später heißt es daher: "Sieh mal, eine Straßenbahn, sagen die Mütter zu ihren Kindern. Und die Kinder fragen: Straßenbahn? Was ist denn das?" | mdr.de | Am 2. Oktober 1967 startet in Westberlin die Straßenbahn zu ihrer letzten Fahrt. Die Tram sei unmodern und zu teuer. Aus heutiger Sicht eine verfehlte Stadt- und Verkehrsplanung. | [] | Zeitgeschichte | 2017-10-02T13:58:32+02:00 | 2022-07-07T12:50:32+02:00 | https://www.mdr.de//geschichte/zeitgeschichte-gegenwart/wirtschaft/berlin-strassenbahn-tram-letzte-fahrt-100.html |
Ungarns Staatschefin Novak nach Begnadigung in Pädophilie-Fall zurückgetreten | Die wegen der Begnadigung eines Sexualstraftäters in die Kritik geratene ungarische Präsidentin Katalin Novak ist zurückgetreten. Sie erklärte in eine im Staatsfernsehen verbreiteten Erklärung, sie habe einen Fehler gemacht und verzichte deshalb auf ihren Posten.
Novak hatte einen Mann begnadigt, der wegen Beihilfe zu sexuellem Missbrauch von Minderjährigen verurteilt worden war. Der Mann war stellvertretender Leiter eines Kinderheims nahe Budapest. Dem Gerichtsurteil zufolge hatte er über Jahre gewusst, dass der Heimleiter Kinder sexuell missbrauchte. Er soll zudem die Missbrauchsopfer gezwungen haben, ihre Zeugenaussagen gegen den Heimleiter zu widerrufen, um seinen Chef zu entlasten.
Der Heimleiter war zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden. Sein begnadigter Stellvertreter hatte eine Haftstrafe von drei Jahren und vier Monaten erhalten. Novak hatte den Mann im April 2023 aus Anlass des damaligen Besuchs von Papst Franziskus in Budapest begnadigt.
Die Begnadigung war aber erst vor einer Woche durch Medienberichte bekanntgeworden. Die Veröffentlichung löste breite Empörung in Ungarn aus. Am Freitagabend verlangte erneut tausende Demonstranten in Budapest Novaks Rücktritt.
Auch der der rechtspopulistische Ministerpräsident Viktor Orban hatte sich zuletzt öffentlich von seiner früheren politischen Mitstreiterin Novak distanziert. Er brachte eilig den Vorschlag für eine Verfassungsänderung im Parlament ein, der zufolge Straftäter, deren Tatopfer Kinder sind, niemals begnadigt werden dürfen.
Orbans Regierung stellt sich gern als Beschützerin von Kindern vor sexualisierter Gewalt dar. 2021 setzte sie ein umstrittenes "Kinderschutzgesetz" durch. Es verbietet etwa eine Aufklärung von Kindern in Schulen über Homosexualität. Auch Vertreiber von Publikationen über Homosexualität sind verpflichtet, diese für Minderjährige unzugänglich zu machen. Kritiker bemängeln, dass der Geist dieses Gesetzes Homosexualität mit Pädophilie gleichsetzt.
Novak war seit 2022 im Amt und die erste Staatspräsidentin Ungarns. Die bis dahin führende Politikerin von Orbans Partei Fidesz war vom rechtsnationalen Regierungschefs vorgeschlagen worden. Dem dürfte nun ihr Rücktritt nicht ungelegen kommen.
Novak hatte in der letzten Zeit nicht immer die Regierungspolitik vertreten. Mehrmals äußerte sie sich deutlich kritisch zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Premier Orban pflegt dagegen gute Beziehungen zum Kremlchef Wladimir Putin pflegt. Novak sprach sich auch für eine zügige Ratifizierung von Schwedens Nato-Beitritt durch Ungarns Parlament aus, den Orbans regierende Fidesz-Partei hinauszögert.
dpa, AFP, Reuters (jks) | mdr.de | Mit der Begnadigung in einem Pädophilie-Fall hat Ungarns Staatspräsidentin Novak breite Empörung ausgelöst. Auch Regierungschef Orban ging zu ihr auf Distanz. Nun zog Novak Konsequenzen und trat zurück. | [
"Nachrichten"
] | Welt | 2024-02-10T20:42:32+01:00 | 2024-02-10T20:42:32+01:00 | https://www.mdr.de/nachrichten/welt/politik/ungarn-staatspraesidentin-katalin-novak-ruecktritt-begnadigung-straftaeter-kindesmissbrauch-100.html |
Die Scharfmacherin? Warum die neue CDU-Abgeordnete Schweinsburg AfD-Gesetzentwürfen zustimmen würde | Es gibt diese Anekdote über Martina Schweinsburg: In ihrem ehemaligen Landrätin-Büro in Greiz soll es eine Glocke gegeben haben - mit dem Schriftzug "Alles hört auf mich" darauf. 34 Jahre lang war Schweinsburg Landrätin in Ostthüringen, zuerst in Zeulenroda, ab 1994 dann in Greiz.
Aber das mit dem Chefin-Sein ist jetzt vorbei. Martina Schweinsburg zieht für die CDU als Direktkandidatin in den neuen Thüringer Landtag ein, der sich in der dieser Woche konstituieren soll. Neue und erstmalige Abgeordnete gibt es im Landesparlament ab diesem Herbst viele. Martina Schweinsburg aber ist ein spezieller Fall.
Ich war wirklich total blauäugig, was ein Landrat so zu tun hat.
Nach ihrem Studium wird sie 1986 Veterinäringenieurin. Heute erzählt sie, das sei ein Job gewesen, in dem sie fast dasselbe wie eine Tierärztin gemacht habe, aber nur den Bruchteil des Geldes bekommen habe. Als politische Vorbilder nennt sie im Interview sofort Willy Brandt und Helmut Schmidt. "Wir wollten die DDR reformieren und nach vorne bringen - alles war nach der Wende offen", sagt sie über die Wendezeit, die sie politisierte. Als sie dann Kohl im Fernsehen die Einheit beschwören hört, sei für sie die Sache klar gewesen: Schweinsburg wird 1990 CDU-Mitglied und ohne Gegenkandidaten Landrätin des damaligen Kreises Zeulenroda. "Ich war wirklich total blauäugig, was ein Landrat so zu tun hat."
Alle Entwicklungen nach der Landtagswahl in Thüringen im Newsblog.
Sie wäre gerne auch in diesem Jahr erneut als Landrätin angetreten, sagt Schweinsburg, doch mit 65 ist das laut Gesetz in Thüringen nicht mehr möglich. Als sie erfährt, dass Bodo Ramelow mit 67 noch einmal als Spitzenkandidat der Linke zur Landtagswahl antreten will, sagt Schweinsburg mit einem Zwinkern: "Da gehe ich halt auch in den Landtag." Es sei keine ganz rationale Entscheidung gewesen.
Das Ergebnis in ihrem Wahlkreis Greiz I ist bemerkenswert: Schweinsburg gewinnt vor dem AfD-Kandidaten Thomas Trommer mit 46,7 Prozent; alle anderen Bewerber rangieren unter "ferner liefen". Bei den Zweitstimmen jedoch holt die CDU im Kreis nur 26,7 Prozent und unterliegt deutlich der AfD mit 37,6 Prozent. Viele Leute im Wahlkreis dürften also direkt Schweinsburg gewählt haben - mit ihrer Zweitstimme aber die Partei des Rechtsextremisten Björn Höcke. Sie sei hier eben gut verwurzelt und auch stolz auf dieses Vertrauen ihrer Wähler, erklärt Schweinsburg das. Überrascht ist sie nicht: "Als Kommunalpolitikerin bin ich immer direkt vom Volk gewählt worden, mit 60 Prozent plus."
Als Kommunalpolitikerin - also als Landrätin und als Chefin der Verbandorganisation Thüringischer Landkreistag - nahm Schweinsburg in den vergangenen Jahren kein Blatt vor den Mund, auch wenn es gegen die eigene Partei ging. Die Brandmauer sei eingestürzt, kritisiert sie ihre Partei für den Umgang mit der AfD. Gegen die Grünen schießt sie, wirft ihnen "religiösen Fanatismus" im Kampf gegen den Klimawandel vor. Nicht zuletzt die Wochenzeitung "Junge Freiheit" huldigt ihr für ihren Stil - das Sprachrohr der "Neuen Rechten" betitelte die CDU-Frau dieser Tage als "Mutige Politikerin".
Auf die Frage, ob sie das Landtagsmandat als Krönung ihrer Karriere sieht, wiegelt Schweinsburg ab. "Ach, ich will im Landtag nichts mehr werden. Ich habe immer dort gedient, wo ich hingestellt wurde." Wohl aus dieser Freiheit heraus dauert es nach der Landtagswahl vom 1. September keine 24 Stunden, da schießt sie, die frischgebackene Abgeordnete, gleich wieder gegen die Linie ihrer Partei und ihres Fraktionschefs Mario Voigt. Und fordert Sondierungsgespräche mit Linke und AfD. "Über 30 Prozent der Thüringer haben AfD gewählt. Und das ist ein Respekt vor dem Wähler, mit denen, die sie gewählt haben, auch zu reden."
Es ist schon manch einer entzaubert worden, wenn er in Verantwortung war.
Auch einen halben Monat später beim Gespräch ein paar Tage vor der ersten Landtagssitzung sagt Martina Schweinsburg: "Solange die AfD diese Opferrolle hat und sich ein Teil der Bevölkerung damit identifiziert, solange wird auch nicht über Inhalte nachgedacht. Es ist schon manch einer entzaubert worden, wenn er in Verantwortung war."
Martina Schweinsburg würde die pragmatische Zusammenarbeit mit der AfD, die sie als Landrätin kennt, nun auch gerne auf die Landesebene übertragen. Immerhin kenne sie auch den ein oder anderen Vernünftigen in der AfD-Fraktion. Aber dass die CDU dann zwangsläufig auch mit dem Rechtsextremisten Höcke reden müsse? "Ja, Herrgottnochmal. Ich kann ihn ja nicht erschießen. Er sitzt dort, er ist reingewählt worden, und das muss man respektieren, ob es einem gefällt oder nicht."
Die politische Forschung hat sich in den vergangenen Jahren viel damit beschäftigt, wie andere Parteien mit der AfD umgehen und was das bedeutet. Umfragen zeigen, dass viele Menschen den erstarkenden Rechtsextremismus in der AfD immer öfter unproblematisch sehen - sich also eine Normalisierung eingestellt hat. Gleichzeitig, so schreibt zum Beispiel die Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach, zeigt sich eine starke Tendenz, dass ein Sich-Andienen anderer Parteien "an Sprache und Programm am Ende Rechtspopulisten nützt".
Martina Schweinsburg macht klar: Einen Maulkorb hänge ihr in der neuen CDU-Fraktion unter Chef Mario Voigt keiner vor. Und so sagt sie auf die Frage, was dieses "Mit-der-AfD" - sprich die AfD in Verantwortung zu lassen - denn genau für sie bedeutet: "Ich hätte auch kein Problem, einem guten Gesetzesvorhaben von der AfD zuzustimmen, wenn es gut, pragmatisch und vernünftig und vor allen Dingen ideologiefrei ist."
Außerdem sollte es möglich sein, dass die AfD Posten als Ausschussvorsitzende im Landtag besetzt. Und wie sieht es mit einer AfD-Landtagspräsidentin aus? "Da kommt es drauf an, wen die AfD aufstellt." Ob Wiebke Muhsal, die von der AfD vor wenigen Tagen für den Posten aufgestellt wurde, vorstellbar sei, lässt Schweinsburg offen. Sie kenne Muhsal, die 2017 wegen Betruges verurteilt worden war, noch nicht und wolle schauen, wie sie sich präsentiert.
Stand jetzt hat die AfD für die Wahl des Landtagspräsidenten am 26. September das exklusive Vorschlagsrecht zumindest für die ersten beiden Wahlrunden. Umstritten ist, was danach gilt. Zudem haben CDU und BSW angekündigt, die Geschäftsordnung des Landtags noch ändern zu wollen, damit schon in der ersten Runde andere Kandidaten antreten können.
Um Schweinsburgs Offenheit anderen Parteien gegenüber (insbesondere der AfD) zu verstehen, hilft auch ein genauerer Blick in ihre Heimatregion. Dorthin, wo man sich eben kennt.
Da ist zum einen das "Cafe-Haus Graf Zeppelin" in Gera, das von Dieter Laudenbach betrieben wird. Der Gastronom, der früher mit der Stasi zusammengearbeitet haben soll, sitzt seit 2019 für die AfD im Landtag. Einer, der Schweinsburg öfter im "Graf Zeppelin" gesehen haben will, berichtet anonym, wie sie früher bei "Trinkrunden" regelmäßig mit Laudenbach zusammensaß. Sie entgegnet, man kenne sich schon lange - lange vor Laudenbachs Eintritt in die AfD, und habe sich immer gut verstanden. Auch heute sei sie mit ihm noch kameradschaftlich verbunden, auch wenn man sich kaum mehr sehe.
Außerdem ist da noch die Sache mit dem Rotary Club. Dort ist Martina Schweinsburg viele Jahre lang engagiert gewesen. Listen zufolge, die dem MDR vorliegen, ebenso wie etwa dreißig andere Mitglieder, darunter der heutige Geraer CDU-Oberbürgermeister Kurt Dannenberg. Oder auch Harald Frank, Fraktionsvorsitzender der AfD im Geraer Stadtrat und Verleger des rechten Blatts "Neues Gera".
Das toleriert man.
Im Rotary Club sind laut eigenem Verständnis Menschen mit unterschiedlichsten Meinungen und politischen Einstellungen willkommen. Seit einiger Zeit wird jedoch auf Bundesebene diskutiert, wie mit AfD-Mitgliedern umgegangen werden soll. Schweinsburg, die laut eigener Aussage seit etwa drei Jahren kaum mehr bei Treffen gewesen ist, sagt mit Blick auf die Geraer Ortsgruppe und Harald Frank: "Das toleriert man. Und wenn man weiß, dass man politisch andere Ansichten hatte, spricht man das Thema nicht an." Sie, die wiederholt Präsidentin des Rotary Clubs Gera war, werde "in meiner kleinen Provinz nicht Freunde und Bekannte vor den Kopf stoßen, indem ich versuche, die Welt zu retten".
Spricht man andere Thüringer CDU-Politiker auf die neue Abgeordnete Schweinsburg an, erklingt am Telefon gerne erst einmal ein Lacher. "Schweinsburg ist Schweinsburg", heißt es dann. Ob ihre Positionen in der neuen Fraktion wirklich berücksichtig werden, zweifelt einer an. Sie sei auch keine Teamplayerin sagt ein anderer. Aber: "Heute sind alle glatt, politisch korrekt. Sie dagegen ist ein Typ. Auch wenn ich ihre Meinungen nicht teile."
Am Montag diskutiert Martina Schweinsburg in der Sendung Fakt ist! aus Erfurt mit. Das Thema um 22.10 Uhr im MDR-Fernsehen: "Christlich Demokratisch Unentschlossen - Wenn die Brandmauer das Regieren verhindert". Auch der Oberbürgermeister von Alternburg, André Neumann, wird dort zu Gast sein.
MDR (dst) | mdr.de | Mehr als drei Jahrzehnte war Martina Schweinsburg CDU-Landrätin in Ostthüringen. Jetzt zieht sie in den Thüringer Landtag ein und provoziert: Auch AfD-Gesetzesvorschläge würde sie unterstützen. Was steckt dahinter? | [
"Nachrichten",
"Schweinsburg",
"CDU",
"AfD"
] | Thüringen | 2024-09-22T11:21:00+02:00 | 2024-09-23T15:23:25+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/thueringen/ost-thueringen/greiz/schweinsburg-cdu-afd-zusammenarbeit-100.html |
125 Jahre Brockenbahn und Harzquerbahn in Wernigerode gefeiert | Die Harzer Schmalspurbahnen (HSB) haben groß gefeiert. Ihrer Einladung zum Bahnhofsfest anlässlich des 125. Geburtstages von Harzquerbahn und Brockenbahn in Wernigerode (Landkreis Harz) seien am Wochenende mehrere Tausend Gäste gefolgt, sagte Unternehmenssprecher Dirk Bahnsen. Allein die Abendveranstaltung am Samstag mit Musik, Lasershow und Feuerwerk zog geschätzt rund 3.000 Menschen an, wie es hieß. "Wir hatten zwei Tage beste Volksfeststimmung. Alles ist reibungslos abgelaufen und wir sind glücklich", erklärte Bahnsen.
Dem Sprecher zufolge waren auch viele Besucherinnen und Besucher aus anderen europäischen Ländern da – darunter viele sogenannte Bahnspotter, die aktiv nach bestimmten Zügen Ausschau halten und dafür extra an bestimmte Orte reisen. Sie kamen unter anderem, um die 125 Jahre alte Dampflok "Hoya" des Deutschen Eisenbahn-Vereins zu filmen und zu fotografieren, wie es hieß.
Die Lok habe ihren Namen von der Kleinbahn Hoya-Syke-Asendorf, an die sie 1899 geliefert wurde. Auch eine 1897 gebaute Dampflok aus den Anfangszeiten von Harzquer- und Brockenbahn habe begeistert, ebenso wie die Pendelfahrten mit dem "Schweineschnäuzchen", einem Triebwagen von 1932.
Auf dem Festgelände an der neuen Dampflokwerkstatt und der alten Fahrzeugwerkstatt in Wernigerode habe es unter anderem Technikschauen, Rundgänge, Mitfahrten und Unterhaltung für die ganze Familie gegeben. "An beiden Tagen haben wir mit einer Lok auf dem Gelände etwa 800 Führerstandsmitfahrten absolviert", sagte Bahnsen. Auch eine Kindereisenbahn mit Mini-Dampflok habe unentwegt ihre Runden gedreht.
Vor 125 Jahren, im Jahr 1899, fuhr der erste Zug auf den 1.141 Meter hohen Brocken. Zudem startete der schmalspurige Zugverkehr der gesamten Harzquerbahn, die die Städte Nordhausen (Thüringen) und Wernigerode (Sachsen-Anhalt) verbindet. Zuvor war die Harzquerbahn bereits auf Teilstrecken unterwegs gewesen. Die dritte HSB-Bahn ist die Selketalbahn.
Die HSB betreiben mit rund 140 Kilometern das längste zusammenhängende Schmalspurnetz Deutschlands. Die Spur ist einen Meter breit. Die Dampflokomotiven des Unternehmens sind eine der bekanntesten Touristenattraktionen im Harz.
dpa; MDR (Mario Köhne) | mdr.de | Die Harzer Schmalspurbahnen haben am Wochenende das Jubiläum von Brockenbahn und Harzquerbahn gefeiert. Tausende Besucher sahen sich historische Loks und Züge an. | [
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] | Sachsen-Anhalt | 2024-08-26T12:53:15+02:00 | 2024-08-26T12:53:15+02:00 | https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/magdeburg/harz/brockenbahn-schmalspurbahn-jubilaeum-hoya-lok100.html |
AfD-Politiker bei Neonazi-Treffen: Parlamentarisches Kontrollgremium hat getagt | Im Magdeburger Landtag kam am Mittwoch das Parlamentarische Kontrollgremium zu einer Sondersitzung zusammen. Thema war ein Treffen unter anderem von AfD-Politikern mit Neonazis im November in Potsdam. An dem Treffen hatte auch AfD-Co-Fraktionschef Ulrich Siegmund teilgenommen.
Die Sondersitzung wurde von der Linken beantragt. Fraktionschefin Eva von Angern sagte dem MDR, es gehe um die Frage, wie groß die Gefahr durch die AfD tatsächlich sei. AfD-Fraktionschef Siegmund kritisierte, das Parlamentarische Kontrollgremium werde missbraucht, um seine Partei zu diskreditieren. Es gebe nichts, was den Boden der Rechtsstaatlichkeit verlassen habe, so Siegmund.
Aufgabe des Kontrollgremiums ist es, die Landesregierung in Belangen des Verfassungsschutzes zu kontrollieren. Der Verfassungsschutz hatte die AfD in Sachsen-Anhalt als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Er darf also nachrichtendienstliche Mittel wie verdeckte Ermittler zur Beobachtung der Partei einsetzen. Neben Eva von Angern gehören Markus Kurze (CDU), Rüdiger Erben (SPD) und Guido Kosmehl (FDP) dem Gremium an.
Recherchen des Netzwerks Correctiv zufolge hatten sich AfD-Politiker, Neonazis und Unternehmer im November 2023 in einem Hotel nahe Potsdam getroffen, um mutmaßlich über Massendeportationen von Migranten zu sprechen. Auch Mitglieder der rechtskonservativen Werteunion nahmen daran teil.
In einer Stellungnahme der Werteunion hieß es, bei dem Treffen sei es "um die Rückführung von sich in Deutschland illegal aufhaltenden Migranten, Ausländern mit geduldetem Aufenthaltsstatus und Ausländern mit Bleiberecht, die durch schwere Straftaten aufgefallen sind", gegangen. Der Begriff "Deportation" sei nicht gefallen. Es seien ausschließlich Rückführungsstrategien erörtert worden, die im Einklang mit deutschem und EU-Recht stehen.
Auf Nachfrage hatte Siegmund erklärt, er sei als Privatperson und nicht in seiner Funktion als Abgeordneter für die AfD bei dem Treffen gewesen. Er wolle zudem weder deutsche Staatsbürger noch Menschen mit gültigen Aufenthaltsstatus ausweisen. Solche Forderungen habe er bei dem Treffen nicht vernommen oder unterstützt.
MDR (Doreen Jonas, Karin Roxer, Moritz Arand) | mdr.de | Das Parlamentarische Kontrollgremium in Sachsen-Anhalt beschäftigte sich in einer Sondersitzung mit einem Treffen von AfD-Politikern mit Neonazis. Auch AfD-Co-Fraktionschef Ulrich Siegmund hatte daran teilgenommen. | [] | Sachsen-Anhalt | 2024-01-18T05:09:44+01:00 | 2024-01-18T10:19:56+01:00 | https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/landespolitik/kontrollausschuss-landtag-afd-neonazi-treffen-100.html |
Linke-Chefin Schaper leitet fortan Landtagsfraktion | Im sächsischen Landtag hat sich die Fraktion der Linken konstituiert. Sechs Abgeordnete sind in den Landtag eingezogen. Sie wählten einstimmig Susanne Schaper zur Vorsitzenden und Stefan Hartmann zum Stellvertreter. Beide führen auch die Partei. Luise Neuhaus-Wartenberg bekam als Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion gleichfalls die volle Stimmenzahl.
Die Linken hatten bei der Landtagswahl am 1. September nur 4,5 Prozent der Stimmen erhalten. Sie konnten aber Direktmandate in zwei Leipziger Wahlkreisen erringen und sind deshalb im Parlament vertreten. Die sächsische Linksfraktion ist jedoch um mehr als die Hälfte geschrumpft. 2019 hatte die Partei noch 10,4 Prozent der Stimmen bei der damaligen Landtagswahl erhalten und 14 Abgeordnete in das Parlament entsandt.
Man wisse darum, mit zwei blauen Augen davongekommen zu sein, sagt Schaper. "Wir gehen jetzt mit einer gewissen Demut, aber auch Zuversicht in die nächsten fünf Jahre", sagte die Linken-Politikerin. Die Situation werde auch als Chance gesehen. Man werde die Linken im neuen Landtag als laute und soziale Opposition wahrnehmen, kündigte Schaper an. "Wir werden unserem Wertkompass selbstverständlich treu bleiben."
Laut Schaper will die Partei ihren Markenkern behalten und die "laute Stimme für die Leisen" sein. Als stabile Oppositionskraft werde man "im Sturm der Zeitenwende" bei Themen standhalten, die im Moment vielleicht gerade nicht mehrheitsfähig sind. Es gehe darum, die Demokratie zu verteidigen. Mit Blick auf das Ergebnis der Linken in Brandenburg beginne man die neue Legislatur nicht nur mit Freude. Dass erstmals eine Linke-Fraktion seit der Wende einen ostdeutschen Landtag verlassen müsse, gebe zu denken.
MDR (phb)/dpa | mdr.de | Die zusammengeschrumpfte Linken-Fraktion im Sächsischen Landtag hat Susanne Schaper zu ihrer Vorsitzenden gewählt. Im schlechten Abschneiden ihrer Partei sieht die Linken-Politikerin auch Chancen. | [
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] | Sachsen | 2024-09-24T18:45:30+02:00 | 2024-09-24T18:45:30+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/sachsen/dresden/dresden-radebeul/linke-fraktion-wahl-vorsitzende-schaper-susanne-100.html |
Dreizehnter Prozesstag: Besucher der Synagoge und Polizisten sprechen über Terroreinsatz | Die Verhandlungen zu dem rechtsextremen Anschlag vom 9. Oktober 2019 ist am Mittwoch mit dem dreizehnten Prozesstag in den Räumen des Landgerichts Magdeburg fortgesetzt worden. Sowohl Gäste der Jom-Kippur-Feier in der halleschen Synagoge als auch Polizisten, die über den Einsatz berichten, werden vor Gericht gehört.
Zu Beginn sprechen die Zeugen Jacqueline Lauren F. und Sabrina S. Beide treten in dem Prozess auch als Nebenklägerin auf, waren zur Tatzeit mit in der Synagoge. Und sie berichten, dass sich durch die Tat viel in ihrem Leben verändert habe.
So beschreibt die aus den USA stammende Jaquelin Lauren F. wie der 9/11-Anschlag im Jahr 2001 in New York ihren Vater verändert habe. Ihr Vater sei damals jeden Tag mit dem Zug nach Manhattan gefahren und habe dort im World Trade Center gearbeitet. Sie selbst lebe seit drei Jahren in Deutschland. "Und als im letzten Oktober im Rahmen des Terroranschlages ich mein eigenes Trauma widerfuhr, nicht auf Grund meiner amerikanischen Identität, sondern wegen meines jüdischen Glaubens, wusste ich, dass mich das für immer verändern würde", so F.
Sie selbst habe sechs Monate gebraucht, bis sie therapeutische Unterstützung gefunden hat. Sie liebe Deutschland, sehe aber ein Problem, wie die Polizei mit dem Trauma und mit Minderheiten umgegangen sei. So kritisiert sie, dass das Bundeskriminalamt die Theorie der Vernetzung innerhalb der White Supremacy-Bewegungen nicht "auf dem Schirm hat, dass keine Verbindung zwischen Christchurch und Halle gemacht wurde."
Für F. sei klar, "wenn wir den Täter als einsamen Wolf erachten, dann können wir die globale Dimension seiner Taten nicht einschätzen. Die Onlinewelt ist zu einem Hafen dieser Theorien geworden. Die Täter müssen sich nicht mehr treffen, um sich darüber auszutauschen.”
Daher bitte sie das Gericht, diese Online-Communities genauer zu untersuchten und zu verstehen, dass der Angriff von Halle eine Vorbereitung für weitere Angriffe sei.
Auch für die zweite Zeugin des Tages Sabrina S. geht der Anschlag von Halle über diese konkrete Tat hinaus. "Jeder von uns hätte ein Opfer sein können", betont sie in ihrer Aussage vor Gericht. Ihre Eltern seien in den neunziger Jahren von der Ukraine in die USA eingewandert. Ihre Mutter sei Jüdin, ihr Vater nicht. Aber jüdisch sein habe viele Bedeutungen. "Wir sind in erster Linie Menschen, die auch Jüdinnen und Juden sind", so S.
Aufgrund ihrer eigenen Lebenserfahrungen weiß sie: "Jeder hier im Gerichtssaal kann potenziell ein Opfer des Rechtsextremismus sein. Man muss sich nicht in einer Synagoge befinden. Jeder sieht hier aus wie Kevin, wie Jana, wie Ismet, wie ich. Es ist eine Gefahr für uns alle. Das Problem wird nicht damit enden und gelöst sein, dass der Angeklagte im Gefängnis sitzt."
Die Tat sei keine Überraschung für sie gewesen. Man radikalisiere sich auch nicht über Nacht, so S. Die Gesellschaft gehe einige Schritte und dann setze man, wie hier der Angeklagte, den Rest des Weges im Internet fort.
Nach einer Unterbrechung wird der Prozesstag mit der Anhörung der Polizisten fortgesetzt.
Als erstes wird in der Fortsetzung des Verhandlungstages der Polizeibeamte Dirk F. gehört. Er war am Tattag in Richtung Ludwig-Wucherer-Straße unterwegs und schildert, wie er den Funkspruch gehört, seine zwei Kollegen Sonderausrüstungen angelegt hätten und wie am Einsatzort nach dem Aussteigen direkt auf sie geschossen worden sei. Sie seien sofort hinter dem Funkwagen in Deckung gegangen, er habe den Täter durch die Scheiben sehen können.
Nach dem Einsatz habe er sich Hilfe gesucht und leide an den Folgen des Erlebten.
Ein weiterer Polizeibeamter wird in den Zeugenstand gebeten, Daniel L. Auch er berichtet, wie sie von dem Einsatz und dem Schusswechsel gehört haben, sich in der Folge Spezialausrüstung angezogen und die Maschinenpistole geladen hatten.
L. beschreibt, wie er am Einsatzort eine Person mit Helm und Schussweste sowie Langwaffe gesehen habe und eine Kugel ihr Auto traf. Er habe hinter dem Auto Schutz gesucht und die Schüsse erwidert. L. musste das Feuer jedoch einstellen, da sich ein Auto näherte und er Zivilpersonen am Weg wahrgenommen habe.
Als der Täter ins Auto stieg, seien sie ihm hinterher gefahren. Ein Passant habe ihnen gedeutet, dass das Auto abgebogen sei. Dort hätten sie das Auto nicht mehr gesehen.
Auch bei ihm hätten sich die Folgen des Tattages bemerkbar gemacht. Er sei krankgeschrieben gewesen und habe sich Hilfe gesucht. Problematisch am Einsatz sei gewesen, dass nicht genug Beamte zur Verfügung gestanden hätten und viele Passanten vor Ort gewesen seien.
Zwischendurch richtet er als Zeuge auch eine Frage an den Angeklagten, ob das emotionale Schildern der Aussage des Vaters von Kevin S. am zwölften Verhandlungstag etwas ausgelöst habe. Der Angeklagte antworte: "Man sieht die Folgen des eigenen Scheiterns." Auch dass der Vater sehr aufgelöst gewesen sei, habe ihn tief getroffen.
Auf die Kritik an der Polizei angesprochen – insbesondere am Verhalten der Beamten vor der Synagoge, erklärt er, er habe Kritik gehört, aber auch viel Lob. In solchen Lagen würden andere Regeln gelten. Die oberste Regel sei, den Tatort abzusperren und zu sichern. Wenn das getan sei, könne mit der medizinischen Versorgung begonnen werden. Auch sie hätten die Aufgabe, jeden Abend sicher nach Hause zu kommen.
Später im Verlauf der Zeugenaussagen wird Polizeikommissarin Sarah B. gehört. Auch bei ihr habe der Tag deutliche Spuren hinterlassen schildert sie. Zunächst erklärt sie detailliert, was sie auf der Ludwig-Wucherer-Straße gesehen und erlebt hat, die Passanten, das Fahrzeug, den Schützen und unter welchem situativen Entscheidungsdruck sie Entscheidungen treffen musste.
Angesprochen darauf, ob auch sie es so wahrgenommen habe, dass es um Leben und Tod gehe, so wie der Angeklagte es im Video sagte, sagt B.: "Absolut. In dem Moment, wo jemand mit der Langwaffe auf sie zielt, denken sie auch, es ist vorbei."
Halle sei zwar eine Stadt, wo man "Einsätze mit hohem Gewaltpotential erlebt", erklärt B. Aber nicht in diesem Maß. Die Einsatzstrategie liege auf Kommunikation und Deeskalation und nicht auf Schusswechsel. Trotzdem sei sie durch ihre Ausbildung auf eine solche Situation vorbereitet gewesen. "Das sind Situationen, die man durchspielt", führt Sarah B. aus.
Als letzter Zeuge wird ein 29-Jähriger Polizeibeamter befragt, der zur Tatzeit mit einem Kollegen in einem zivilen Fahrzeug unterwegs gewesen sein soll. Der Beamte schildert die Situation in der Ludwig-Wucherer-Straße und dass sie Schüsse wahrgenommen hätten. Sie seien dem flüchtenden Angeklagten mit dem Auto gefolgt und hätten nach Absprache mit dem Lagezentrum die Fahndung Richtung Riebeckplatz fortgesetzt. Später sei er auch über die A9 gefahren und mit Zeitverzug auf der B91 bei Zeitz angekommen, wo der Angeklagte schon festgenommen gewesen sei.
Seit Juli läuft vor dem Oberlandesgericht Naumburg der Prozess um den Anschlag auf die Synagoge von Halle. Aus Platzgründen wird der Prozess aber in den Räumen des Landgerichts in Magdeburg geführt. Dort steht der größte Gerichtssaal Sachsen-Anhalts zur Verfügung.Der 28-jährige Stephan B. hatte gestanden, am 9. Oktober 2019 schwer bewaffnet versucht zu haben, die Synagoge von Halle zu stürmen und ein Massaker anzurichten. Darin feierten gerade 52 Menschen den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur. Der Attentäter scheiterte jedoch an der Tür, erschoss daraufhin eine Passantin, die zufällig an der Synagoge vorbei kam, und später einen jungen Mann in einem Dönerimbiss.Stephan B. ist wegen zweifachen Mordes, versuchten Mordes in 68 Fällen, versuchter räuberische Erpressung mit Todesfolge, gefährlicher Körperverletzung, fahrlässiger Körperverletzung und Volksverhetzung ageklagt.
Quelle: MDR/mp | mdr.de | Im Prozess zum rechtsextremen Terroranschlag in Halle werden weitere Besucher der Synagoge als Zeugen gehört. Außerdem schildern Polizisten ihren Einsatz. Ein Protokoll des dreizehnten Verhandlungstages. | [
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] | Sachsen-Anhalt | 2020-09-16T16:18:14+02:00 | 2020-10-07T09:12:50+02:00 | https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/halle/halle/anschlag-halle-dreizehnter-prozesstag-polizisten-sagen-zum-terroreinsatz-vor-gericht-aus-100.html |
Was die Bauernproteste Anfang 2024 gebracht haben | Ausgelöst hat die bis in den März 2024 andauernden Bauernproteste eigentlich die Union: Mit ihrer erfolgreichen Klage gegen die Haushaltspläne von SPD, Grünen und FDP beim Bundesverfassungsgericht hatten CDU und CSU die Koalition derart unter Spardruck gesetzt, dass im Rückblick viele Beobachter darin auch den Anfang vom Ende der Ampel-Koalition sehen.
"Die Ampel muss weg" war dann auch einer der Schlachtrufe der protestierenden Landwirte, den viele unterstützten – von Union und Linken über das neu gegründete BSW bis zur AfD und rechten Gruppen. Denn durch das Urteil aus Karlsruhe war die glücklose Koalition per Ende 2023 zu Einsparungen gezwungen, mit denen sie vielen auf die Füße treten musste. Unter anderem gehörte dazu auch das vorzeitige Ende der E-Auto-Kaufprämie – wobei die dann beschlossenen Sparmaßnahmen auch im Agrarbereich schon länger in der Schublade gelegen haben sollen.
Konkret kündigte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir von den Grünen unter anderem die Streichung der Steuervorteile für Agrardiesel an und die Einführung der Kfz-Steuer auch für Landwirtschaftsfahrzeuge.
Mit dem Agrardiesel jedoch schien eine "heilige Kuh" geschlachtet. So gab es erste Blockaden von Bauern bereits im Dezember 2023 vor Weihnachten und bereits da auch erste Anzeigen, nach einer Aktion mit Traktoren in Freising in Bayern etwa. Auch in Sachsen wurde der Verkehr behindert.
Richtig Fahrt nahmen die Traktor-Konvois und Straßensperren dann mit Beginn des neuen Jahres auf. Und bereits Anfang Januar kam es zu einer ersten publik gewordenen Eskalation, als nicht nur wütende Bauern unter anderem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen und zugleich unbeteiligte Passagiere am Verlassen eine Fähre hinderten.
Bereits da hatten die Verbände der Bauern erkennbar Schwierigkeiten, die Proteste unter Kontrolle zu halten. Und schon da wurde erkennbar, dass sich "Nachahmer", wie der sächische Verbandspräsident Torsten Krawczyk sie im Rückblick nennt, an die Landwirte hängten, Lkw-Fahrer und Spediteure etwa, aber auch politische Akteure mit zum Teil ganz anderen Anliegen.
Bauern selbst und ihre Verbände organisierten ab Anfang Januar große Protestaktion, etwa in Dresden und in Sachsen-Anhalt eine ganze Woche lang. Mitte des Monats gab es einen Schwerpunkt in Mitteldeutschland. Zugleich steht auch Berlin im Zentrum. Eine Sternfahrt zum Brandenburger Tor bringt riesige Verkehrsproblem auch im Umland. Und vor dem Showdown im Bundesrat im März wird das wiederholt.
In Jena in Thüringen eskortieren derweil Polizisten schwangere Frauen an Protesten vorbei ins Klinikum, während die Blockaden und die Zurückhaltung der Polizei gegenüber den Landwirten zum Thema im Landtag werden. In Sachsen durchbrechen Autofahrer etwa zur selben Zeit die Sperren von Bauern an der Autobahn 72. Ende Januar sind auch in Sachsen-Anhalt die Autobahn-Auffahrten dicht, wie auch die Bundesstraße 181 bei Leuna.
Eine Blockade mit Nachspiel bis heute gab es an der Elbe-Brücke bei Tangermünde. Ärzte kamen nicht ins Krankenhaus und ihr Arbeitgeber erstatte Anzeige. Der Landkreis verhängte ein Versammlungsverbot an der Brücke, und in den nächsten Tagen gab es weitere Anzeigen.
Ein weiterer Tiefpunkt wird Anfang Februar erreicht, als in Magdeburg in der Nacht flüssige Gülle und Mist auf die Straße gekippt werden. Ähnliches hatte sich im Erzgebirge in Sachsen auch vor dem Haus einer Bürgermeisterin ereignet. Auch ein Bauernhof brannte dort. Doch im Februar flauten die Proteste dann zunächst erst einmal etwas ab.
Bis dahin hatten sich auch diverse rechtsextreme Trittbrettfahrer im Fahrwasser der Bauernproteste eingefunden. So riefen etwa die "Freien Sachsen" zu Kundgebungen auf. Bald wehrte sich der Verein "Land schafft Verbindung" (LsV), der die eigentlichen Proteste intensiv organisierte und dem Vernehmen nach auch durchaus mit dem zentralen Deutschen Bauernverband (DBV) in Kontakt war, gegen Vereinnahmungen, auch wenn dem Verein das – etwa in Niedersachsen – nicht immer gleich sauber gelungen ist.
Landauf, landab wurde derweil besorgt gefragt, warum die Bauern so vehement protestierten? Ihre Verbände und der LsV wurden darum nicht müde, zu erklären, dass sich die Lage der heimischen Landwirtschaft schon seit Jahren verschlechtere. Die Streichung des Agrardiesels war demnach nur der Auslöser für den Ausbruch von lang angestautem Frust.
In allen Parteien, auch in denen der Ampel, und aus der Bevölkerung wurde darum auch viel Verständnis für die Landwirte geäußert. Wobei die Sympathie für ihren Protest in krassem Gegensatz schien zu der verbreiteten Ablehnung der sich im Grunde ähnlich auswirkenden Straßenblockaden von Klimaschutz-Aktivisten der "Letzten Generation".
Die Bundesregierung will nach ihrem ersten Kompromiss-Angebot im Januar keine weiteren Zugeständnisse mehr machen. Mehr als die zumindest dann nur schrittweise Streichung der Agrardiesel-Subvention und den Erhalt der Kfz-Steuerbefreiung soll es nicht geben. Vor der finalen Abstimmung im Bundesrat gibt es zwar noch eine große Kundgebung in Berlin und nicht nur eine Resolution aus Sachsen. Doch am 22. März stimmten die meisten Länder für das "Wachstumschancengesetz" getaufte Sparpaket der Ampel – und damit gegen den Agrardiesel.
Folge der Proteste war aber auch ein "Agrarpaket" der Ampel, im September im Bundesrat gebilligt, mit Maßnahmen zur Entlastung der Landwirte. Unter anderem können sie nun ihre Einkünfte über drei Jahre besteuern lassen, um schwankende Gewinne in der vom Wetter abhängigen Branche auszugleichen. Zudem sollten Bürokratie abgebaut und die Position besonders kleinerer Betriebe gegenüber dem Handel mit Änderungen im Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz gestärkt werden.
Eine Folge dürfte im Sommer auch das Scheitern des in der Landwirtschaft unbeliebten Düngegesetzes der Ampel-Koalition zum Schutz des Grundwassers gewesen sein, das die Länder im Bundesrat ablehnten. Keine Folge mehr waren dann Änderungen an der sogenannten Höfeordnung – die letzte agrarpolitische Amtshandlung der Ampel-Koalition noch kurz nach ihrem Zerfall im November.
Den Anzeigen wegen der Traktorblockaden und anderen Aktionen ist anscheinend eher zurückhaltend nachgegangen worden. Nach der Blockade der Fähre mit Habeck an Bord gab es mindestens fünf. Der Fall wurde als eindeutig strafbar bewertet, zuletzt aber immer noch ermittelt, nachdem der Generalbundesanwalt die Übernahme abgelehnt hatte.
Der Deutsche Bauernverband und die von MDR AKTUELL befragten Bauernverbände in Mitteldeutschland versichern, dass Verfahren gegen sie oder Mitglieder nicht bekannt seien. Sie verweisen auf "Trittbrettfahrer". Auch von Steuerverfahren, weil etwa Bauern mit subventioniertem Agrardiesel zu Protesten für dessen Erhalt fuhren, war demnach nichts zu hören.
Das strafrechtliche Nachspiel der Blockade an der Elbe-Brücke in Tangermünde ist noch nicht beendet. Ende November teilte Kommissarin Lisa Stüfen von der Polizei in Stendal auf Nachfrage von MDR AKTUELL mit: "Nach Rücksprache mit der zuständigen Staatsanwaltschaft können wir aus ermittlungstaktischer Sicht keine Auskunft zu den angefragten Strafverfahren geben." Die Ermittlungen liefen demnach noch.
Strafverfahren gab es auch gegen wütende Autofahrer. Anfang Dezember etwa verurteilte das Landgericht Oldenburg einen 46 Jahre alten Mann wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu drei Jahren und sieben Monaten Haft. Er war in eine Blockade gefahren, hatte einen Landwirt mit seinem Auto erfasst und mehrere Meter mitgeschleift. Der Landwirt wurde leicht verletzt.
Sollte das Aus der Ampel ein Ziel der Proteste gewesen sein, wäre es erreicht. Das Ampel-"Agarpaket" bezeichnen die Bauernverbände durchweg nur als ein "Päckchen". Doch bevor in Berlin eine aktive Agrarpolitik wieder anlaufen kann, dürfte nun noch mindestens ein halbes Jahr vergehen.
Dann aber erwarten die Verbände den Agrardiesel zurück. "Das wird definitiv die erste Baustelle einer neuen Regierung sein", sagte etwa Sachsens Bauernpräsident Torsten Krawczyk. Sein Kollege Olaf Feuerborn in Sachsen-Anhalt, der dort auch Landtagsabgeordneter der CDU ist, spricht sogar von einem echten "Versprechen, das man uns gegeben hat von Seiten der Opposition, den Agrardiesel wieder auf das alte Niveau zurückzuführen, dass wir die alten Zahlungen wiederkriegen. Hier erwarten wir Einhaltung".
Eine baldige Wiederauflage der Proteste ist wohl nicht zu erwarten: "Aktuell setzen wir nicht auf Demos, sondern auf intensive politische Arbeit", teilte der Präsident des Deutschen Bauernverbands (DBV), Joachim Rukwied, auf Anfrage von MDR AKTUELL mit. Den Agrardiesel erwähnte er nicht.
Trotz einzelner Kundgebungen wie Anfang Dezember in Dresden dürfte das auch für Widerstand gegen das EU-Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten gelten. Denn auch von einer möglicherweise unionsgeführten Bundesregierung können die Bauern nicht erwarten, dass sie das von CDU-Politikerin und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach 25 Jahren fertig verhandelte Mercusor-Abkommen wieder kippt. Zu groß sind die erhofften Vorteile vor allem für die deutsche Industrie.
Die Landwirte dürften auch darum nun umso mehr auf dem Agrardiesel und Entlastungen bestehen. Marc Bernhardt, Milchvieh-Halter aus Freital und Sprecher des Vereins LsV, der die Proteste mitorganisiert hatte, sprach im Rückblick zwar von großem Rückhalt, aber: "Die politische Ausbeute ist mager bis eigentlich nicht vorhanden." Auch Feuerborn sagte: "Echte Entlastungen fehlen weiter und viele Maßnahmen müssen erst noch umgesetzt werden." Nach Ansicht des Thüringer Bauernverbands habe man "einiges in Bewegung gebracht". Sprecherin Katja Förster sagte aber auch: "Insgesamt sind wir mit dem Ergebnis nicht zufrieden."
DBV-Präsident Rukwied sagte dagegen: "In Summe gesehen waren unsere Proteste erfolgreich." Für ihn sei neben kleineren politischen Erfolgen das "positive Feedback" aus der Bevölkerung entscheidend: "Wir haben die Bedeutung der Landwirtschaft nicht nur in die Zeitungen und Talkshows, sondern auch an die Esstische gebracht."Auch Sachsens Bauernpräsident Krawczyk spricht nun von gewachsenem Rückhalt in der Bevölkerung und mehr Präsenz in der Politik: "Wir finden uns viel deutlicher wieder mit unseren Themen", sagte er dem MDR. So seien die Proteste "eigentlich ein Erfolg" gewesen, der "nur noch nicht in den Betrieben messbar" sei. Aber "mittelfristig wird sich einiges verbessern", war Krawczyk sich Ende November sicher: "Es wird einen Politikwechsel geben."
MDR AKTUELL, mit u.a. LTO, dpa, taz, Stern, Die Welt, Der Spiegel, agrarheute | mdr.de | Sie kamen in die Stadt, kippten Gülle auf Straße, blockierten Autobahnen und Brücken, über die auch Kliniken nicht mehr erreichbar waren. Was haben die Bauernproteste zu Jahresbeginn 2024 gebracht? | [
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] | Deutschland | 2024-12-18T14:20:24+01:00 | 2024-12-27T10:36:07+01:00 | https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/politik/bauernproteste-jahresrueckblick-102.html |
15 Jahre Vokalzauber im Nachtgesang | Wenn sich an diesem Freitagabend die Tore der Leipziger Peterskirche für den Nachtgesang des MDR-Rundfunkchors öffnen, erwartet die Besucherinnen und Besucher das nunmehr 50. Konzert der A-cappella-Reihe, die in Windeseile Kultstatus erlangte und seit 15 Jahren Menschen aller Couleur im nächtlichen Dunkel versammelt: Jung und Alt, Kulturschaffende und Laien, Menschen mit akademischem und bildungsfernem Hintergrund, dazwischen Freunde und Familien der Choristen, Ehemalige und gar der eine oder andere Obdachlose. Gemeinsam ist ihnen eines: Die Freude an der schlichten Schönheit des A-Cappella-Gesangs, an Konzerten auf Höchstniveau, kostenlos, ideenreich, offen für alle.
Was nach verklärt-romantischer Illusion klingen mag, wird in der stimmungsvollen Dunkelheit des „Nachtgesangs“ zum Prinzip, so Howard Arman, der die Geschicke des MDR-Rundfunkchors bis 2013 lenkte: „Die Nachtgesänge legen keinen Wert auf Äußerlichkeiten. Das gilt für die Kirche und genauso dafür, wie man angezogen ist oder wie man sich zu verhalten hat [...] In dieser Zauberwelt der Peterskirche gibt es keine Barrieren.“
Der emotionale Dialog, der Publikum und Chor über die Musik verbindet – seit jeher „Markenzeichen“ der Nachtgesänge –, schafft Raum für offenen Austausch und gemeinschaftliches Erleben, aber auch Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen. Der wohlwollende Vertrauensvorschuss der Besucherinnen und Besucher lässt die „Nachtgesänge“ zur experimentellen musikalischen Spielwiese werden, wie sie im Konzertalltag selten zu finden ist – dreizehn Uraufführungen im Rahmen der Reihe und ein Anteil von gut einem Drittel Neuer Musik sprechen für sich. Und wenn hier programmatisch Neues neben Altem steht, geht es nicht um eine möglichst wirkungsvolle Ausgestaltung von Kontrasten. Vielmehr entspinnen sich zwischen den Werken suggestiv-thematische Bögen, die die Universalität der Musik über alle zeitlichen Grenzen hinweg besingen.
„In welcher Epoche die Musik entstand, das spielte für meine Programme nie eine Rolle“, erklärt Howard Arman die flexible inhaltliche Ausrichtung seiner Programme. „Es geht doch bei Musik nicht ums Verstehen. Die Idee ‚Stockhausen verstehe ich nicht, aber Bach verstehe ich’, das ist Unsinn! Es sollte doch um emotionale und unvoreingenommene Teilnahme an Musik gehen.“ Und tatsächlich fügten sich in der Vergangenheit die Renaissance-Klänge der vierzigstimmigen Tallis-Motette „Spem in Alium“ ebenso organisch in die nächtliche Konzertatmosphäre der „Nachtgesänge“ ein wie die in Giles Swaynes „The Tiger“ geforderten Grunzlaute und Schreie oder die sinnlichen Bögen in Rachmaninows „Vesper“.
„Es ist so schön, dass das Publikum all das mit uns geteilt hat“, freut sich Howard Arman rückblickend. Und wie könnte er seine Verbundenheit mit Leipzig und dem MDR-Rundfunkchor besser zum Ausdruck bringen als mit einer Rückkehr zur Jubliläums-Auflage dieses Tradition gewordenen Konzertformats? | mdr.de | Der Nachtgesang, das Kultformat des MDR-Rundfunkchors, feiert am 15. November 2019 mit Howard Arman seine 50. Auflage. Wir blicken zurück auf Geschichte und Höhepunkte einer ganz besonderen Konzertreihe. | [] | 2019-11-18T17:17:18+01:00 | 2019-11-18T17:17:18+01:00 | https://www.mdr.de//klassik/die-naechsten-konzerte/nachtgesang-hintergrund-geschichte100.html |
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Spaß mit Flaggen | Es geht um Flaggen. Und wenn Sie jetzt sagen "was soll daran interessant sein?", dann haben Sie genau die richtige Frage gestellt. Denn an Flaggen ist alles interessant: die Farben, die Tiere, die Streifen, die geometrischen Figuren oder die Blätter, die es vielleicht in der Natur so gar nicht gibt.
All das erzählt spannende Geschichten über die Länder, die Orte, die Menschen, die sich das ausgedacht haben und die, die jetzt mit diesen Flaggen leben – also uns alle. Und Rätsel gibt es auch.
Es wirkt spielerisch und trotzdem fundiert. "Spaß mit Flaggen" ist im besten Sinne kurzweilig. Die handgestoppte Gesamtlesezeit betrug in meinem Fall rund drei Stunden (mit Kaffeepausen), wobei das Lesevergnügen viel länger anhält und man das Buch immer wieder zur Hand nimmt. Es lässt den Flaggen und Texten Platz. Es hält sein Versprechen (Spaß), auch wenn jeder vermutlich über andere Witze lacht. Und praktisch ist es auch noch. Denn hinterher kennt man die Regeln für gute Flaggen – falls man mal eine malen will (zum Beispiel mit dem beliebten Programm "Paint").
Benjamin Fredrich mit Jasemin Uysal und Jeremy Connor – und wenn Sie von Fredrich und seinem Verlag noch nichts gehört haben, dann ist das mindestens verwunderlich. Denn dieses unglaublich erfrischend freche Projekt ("Wieso Greifswald? Wieso nicht, du Arschloch!?"), das sein Team und er an den Start gebracht haben, hat das Zeug, die Verlagsbranche ordentlich durchzurütteln (An dieser Stelle beste Grüße an Hoffmann und Campe). Jasemin Uysal ist Redakteurin bei Katapult, Jeremy Connor Übersetzer und Redakteur, und Chefredakteur Benjamin Fredrich mag Eis und hat auch sonst eine lockere Zunge.
So, dass man ständig denkt: Das muss ich unbedingt mal meiner Freundin erzählen, den Jungs auf dem Schulhof, den Kumpels, den Mädels, oder den Eltern (die immer noch denken, dass ich von nix eine Ahnung habe). Die Texte haben nichts Besserwisserisches, aber es ist trotzdem besser, sie zu kennen. Man merkt den Autoren ihr Erstaunen immer wieder an, über die vielen spannenden Geschichten, die hinter den Flaggen stecken. Es ist ein wenig, als würde hinter jedem zweiten Satz ein Loriotsches "Ach was?" stehen.
So viel, dass man unweigerlich einiges davon wieder vergisst oder sich ständig fragt: "Was war das nochmal mit der Flagge von … ?" Beispiele gefällig? Gern!
Wie viele Landesflaggen gibt es in Europa ohne die Farbe rot? Es sind neun. Und wie viele Zacken hat das Ahornblatt auf der kanadischen Flagge? Elf. Dumm nur, dass es in der Natur so ein Ahornblatt gar nicht gibt. Macht nix, sieht trotzdem schön aus, sagen die Kanadier. Und schauen Sie sich mal die Flaggen von Miami und Indien an. Ganz schön ähnlich. Aber welche gibt es länger? Die von Miami.
Und welche deutschen Bundesländer haben einen Bären im Wappen? Genau, Berlin und Sachsen-Anhalt. Das Pferd gibt es übrigens auch zwei Mal (Niedersachsen und NRW), den Löwen sogar sechs Mal. Und dies noch, für die Trekkies unter Ihnen: Wussten Sie, dass die Flagge der 2019 gegründeten United States Space Force mehr als auffällige Ähnlichkeiten mit der Flagge des Starfleet Command aus der Serie "Star Trek" hat? Jetzt wissen Sie es.
Und natürlich die wichtigste Information von allen. Flaggenkunde ist eine ernsthafte Sache. Deshalb hat sie auch einen ernsthaften Namen: Vexillologie (Fans der Serie "The Big Bang Theory" wissen das natürlich längst. Ich hab es erst bei der Recherche zu diesem Text gelesen). | mdr.de | Sternenflaggen, Fahnen mit Bären, Pferden oder Löwen. Weiß, blau, grün, rot – was soll an Flaggen, Fahnen oder Wimpeln schon spannend sein? Und auch noch lustig? | [] | 2021-05-31T09:43:57+02:00 | 2021-05-31T09:43:57+02:00 | https://www.mdr.de//wissen/antworten/empfehlung-was-wir-lesen-spass-mit-flaggen100_box-402095807436907536_zc-c18bb677.html |
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Leipziger Autorin verärgert über Ausschluss von Literaturfestival | Schon länger stehen deutsche Kultureinrichtungen in der Kritik, bezüglich Israels Vorgehen in Gaza und Westjordanland nicht kritisch genug zu sein. Künslerinnen und Künstler weltweit haben sogar zu einem Boykott aufgerufen, darunter Literaturnobelpreistreägerin Annie Ernaux. Nun der vorläufige Höhepunkt am vergangenen Wochenende: Beim renommierten Karachi Literature Festival in Pakistan wurde die in Leipzig lebende Schriftstellerin Ronya Othmann ausgeladen – nachdem sie bereits angereist war. Die Lage vor Ort sei beängstigend gewesen, berichtet sie bei MDR KULTUR.
Bei dem pakistanischen Literatur-Festival wollte Othmann Texte aus ihrem Gedichtband "Die Verbrechen" sowie ihrem Romandebüt "Die Sommer" vorstellen. Darin widmet sie sich unter anderem dem Schicksal der Jesidinnen und Jesiden. Sie hat selbst kurdisch-jesidische Wurzeln.
Doch zu dem Auftritt kommt es am Ende nicht: Kurz vor der Eröffnung wird Othmann wieder ausgeladen. Die Autorin muss aus Sicherheitsgründen das Hotel wechseln und Karachi, die größte Stadt Pakistans, verlassen. Zuvor war ein offener Brief mit mehr als 400 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner in den sozialen Medien aufgetaucht. Darin werden Othmann "zionistische und islamophobe Positionen" vorgeworfen. Gegenstand der Kritik ist ihre Kolumne, die sie für das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung schreibt. Noch vor dem Brief hatte eine Moderatorin von der University of York, Claire Chambers, ihre Teilnahme am Festival abgesagt – weil sie nicht mit Othmann in Verbindung gebracht werden wollte.
Ursprünglich habe sie sich sehr auf das Festival gefreut, erzählt Ronya Othmann nun im Gespräch mit MDR KULTUR. Man komme schließlich nicht alle Tage nach Pakistan, um dort zu lesen und das Land kennenzulernen. Dann ging es jedoch Schlag auf Schlag. Von den englischsprachigen sozialen Medien sei der offene Brief irgendwann auch ins Urdu übersetzt worden. "Es ist sehr hochgekocht", sagt Othmann. Am Ende war sie keine 40 Stunden in Pakistan.
Es wurden laut der Autorin vor Ort auch falsche Informationen verbreitet. Das ärgere sie: "Es stehen in einem offenen Brief auch Sachen, die ich definitiv nicht so gesagt habe und nicht so sagen würde." So soll sie zum Beispiel alle Migranten in Deutschland als Islamisten und Terroristen bezeichnet haben. Dabei sei auch ihr Vater als Kurde aus Syrien nach Deutschland geflohen. "Das ist wirklich Unsinn", so Othmann.
Dass es überhaupt so weit kommen konnte wundert die Leipziger Schriftstellerin. Schließlich seien ihre Gedichte und Kolumnen nicht ins Urdu übersetzt worden oder in Pakistan erschienen. Sie schreibe stets auf Deutsch und auch hinter Bezahlschranken. Und bei der Beantragung des Visums habe sie auch keine Probleme gehabt. Othmann vermutet, dass jemand aus Europa oder Deutschland verantwortlich ist, Informationen durchgesteckt und auf sie aufmerksam gemacht hat. Dadurch habe man sie in Gefahr gebracht, sagt sie. Ottman vermutet, dass Menschen mit ihren Ansichten so zum Schweigen gebracht werden sollen.
Othmann sagt abschließend: "Ich finde das sehr, sehr traurig." Vor allem auch, dass ein Austausch oder eine Diskussion nicht mehr möglich sei. Ähnlich sieht es auch der PEN Berlin, der sofort mit einem offenen Brief reagiert und die Entscheidung des Festivals scharf kritisiert hat. "Literatur kennt keine Landesgrenzen und muss auch in Zeiten innenpolitischer oder internationaler Erschütterungen eine allen Menschen gemeinsame Währung bleiben", wird die Charta des internationalen PEN darin zitiert.
Was die Ausladung mit ihr als Schriftstellerin mache, kann Othmann noch gar nicht sagen. Sie sei noch dabei sich zu sortieren. Nur eines sei sicher: Sie möchte weiter schreiben.
Quelle: MDR KULTUR (Ellen Schweda)Redaktionelle Bearbeitung: as, bh | mdr.de | Die in Leipzig lebende Autorin Ronya Othmann ist beim Karachi Literature Festival in Pakistan ausgeladen worden. Nun hat sie bei MDR KULTUR verraten, was sie daraus schließt und was sie sich für die Zukunft wünscht. | [
"kulturnachrichten",
"Karachi Literature Festival",
"Ronya Othmann",
"Nahost-Konflikt",
"Pakistan",
"Israel"
] | Sachsen | 2024-02-19T19:31:30+01:00 | 2024-02-20T05:41:05+01:00 | https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/leipzig/ronya-othmann-karachi-ausgeladen-reaktion-kultur-news-100.html |
Kontakt zu "In aller Freundschaft" | Sie können mit uns über folgende Adresse Kontakt aufnehmen:
MITTELDEUTSCHER RUNDFUNKHaR Fernsehfilm, Serie u. KinderIn aller FreundschaftKantstraße 71-7304360 Leipzig
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Saxonia Media GmbHAutogrammwunsch In aller FreundschaftAltenburger Straße 704275 Leipzig
Bitte notieren Sie, wessen Autogramm Sie wünschen. Da nicht immer alle Autogramme vorrätig sind, kann es durchaus einige Wochen dauern, bis die gewünschten Autogramme eintreffen. Bitte beachten Sie, dass wir Ihnen nur Autogrammkarten von unseren aktuellen Hauptdarstellern zusenden können. Bitte legen Sie einen ausreichend frankierten Rückumschlag bei. | mdr.de | Fragen zur Serie "In aller Freundschaft"? Alle Wünsche, Anmerkungen hier direkt an die Redaktion. Infos zu Autogrammen. E-Mail an die Redaktion. | [] | Kontakt | 2011-06-18T17:18:23+02:00 | 2023-03-31T09:23:17+02:00 | https://www.mdr.de//in-aller-freundschaft/kontakt/index.html |
Kernkraft auf dem Mond: Nasa vergibt Konzept-Aufträge | Die Nasa will zurück zum Mond. Voraussichtlich im August könnte dazu die neue SLS-Rakete der Mission Artemis mit dem Orion-Raumschiff zu einem ersten unbemannten Flug aufbrechen. Bis zum Ende des Jahrzehnts will die Nasa eine dauerhafte Präsenz auf dem Mond errichten. Die Energie dafür soll auch aus Kernkraft stammen. Dafür hat die Raumfahrtbehörde jetzt den nächsten Schritt angekündigt. Das Idaho National Laboratory, das mit der Nasa an dem Projekt arbeitet, hat Aufträge an drei Unternehmen vergeben. Lockheed Martin aus Bethesda, Maryland, Westinghouse aus Cranberry Township, Pennsylvania und IX aus Houston, Texas sollen in den kommenden zwölf Monaten Entwürfe für die Energieversorgung mit Kernenergie entwickeln.
"Die Entwicklung dieser frühen Entwürfe wird uns dabei helfen, die Grundlagen für die Energieversorgung unserer langfristigen menschlichen Präsenz auf anderen Welten zu schaffen", sagte Jim Reuter, stellvertretender Administrator für das Space Technology Mission Direktorat der Nasa. Die drei Konzeptvorschläge für das System zur Oberflächenenergieerzeugung durch Kernspaltung sollen bis zum Ende des Jahrzehnts für eine Demonstration auf dem Mond einsatzbereit sein. Die Kleinstreaktoren sollen laut Nasa-Angaben 40 Kilowatt erzeugen und mindestens zehn Jahre lang funktionieren. Da Wind oder Wasser auf dem Mond nicht zur Verfügung stehen, und Solarenergie nur die Hälfte der Zeit (die Oberfläche ist jeweils für 14 Tage dunkel, an den Polen und in den Kratern variiert die Sonneneinstrahlung oder fehlt ganz), sieht die Nasa Kernkraft als die derzeit beste Option für eine sichere Energieversorgung.
Die Entwürfe sollen den Weg zu voll flugtauglichen Reaktorsystemen ebnen. Diese könnten dann nicht nur für die Energieerzeugung auf dem Mond oder dem Mars genutzt werden, sondern laut Nasa auch dabei helfen, nukleare Antriebssysteme für die Raumfahrt zu entwickeln. Neben den USA arbeitet auch China an nuklearer Energieversorgung für künftige Mondmissionen. Kernkraft auf dem Mond ist auch kein neues Konzept. Bereits die Crew der Apollo 12-Mission hatte einen Plutonium-Generator an Bord, der die Wärme, die beim Zerfall des radioaktiven Elementes entsteht, in bis zu 63 Watt Elektroenergie umwandelte.
Die Meldung der Nasa zum Artemis-Konzept für Kernenergie auf dem MondDer Bericht über die chinesischen Atomkraft-Pläne auf dem MondEin pdf der Atomenergiebörde IAEA erklärt den Apollo 11 Generator
gp | mdr.de | Für das neue Mondprogramm Artemis hat die Nasa jetzt einen weiteren Schritt zur Energieversorgung unternommen. Die Raumfahrbehörde hat Konzept-Aufträge für Atomreaktoren auf dem Mond vergeben. | [] | Naturwissenschaft | 2022-06-22T13:37:22+02:00 | 2022-06-22T13:37:22+02:00 | https://www.mdr.de/wissen/naturwissenschaften-technik/kernenergie-atomkraft-nasa-vergibt-auftraege-fuer-den-mond-100.html |
Die mediale Lust auf Bürgerkrieg | Die medienkritische Beschäftigung mit der Berichterstattung zu den Silvester-Krawallen (Altpapier von Mittwoch) wird langsam intensiver. Das ist auf jeden Fall eine gute Nachricht. Für den "Freitag" kommentiert Sebastian Friedrich:
"Haben denn die Silvester-Krawalle wirklich eine neue Qualität erreicht? Berichte vom Jahreswechsel 2018 etwa lesen sich jedenfalls ganz ähnlich wie die von 2022. Forderungen, der Staat müsse jetzt klare Kante zeigen, hat es wie Debatten über ein Böllerverbot auch in vergangenen Jahren gegeben. Ob 2022/23 tatsächlich aggressiver gegen Einsatzkräfte vorgegangen wurde, lässt sich unabhängig kaum überprüfen."
Bei "Übermedien" formuliert Andrej Reisin, der Friedrich zitiert, ähnliche Kritik, allerdings in einem wesentlich umfänglicheren Text. Reisin konstatiert unter anderem:
"Es ist und bleibt eine Sisyphos-Arbeit, trotzdem muss man immer wieder daran erinnern: Die schwere Gewaltkriminalität ist aller Unkenrufe zum Trotz in den letzten 20 Jahren stark zurückgegangen. Genau deshalb ist die Aufmerksamkeit für einzelne Taten oder Ereignisse, so groß – und nicht umgekehrt."
Der "Volksverpetzer" hatte bereits am Dienstag bei Mastodon konstatiert, dass laut der neuesten polizeilichen Kriminalstatistik des BKA
"2021 das fünfte Jahr in Folge (war), in der Deutschland so sicher war (wie) seit der Wiedervereinigung nicht und die Anzahl der Straftaten erneut, diesmal um 4,9% gesunken sind. Darunter auch wieder Gewaltkriminalität (Insgesamt: -6,8%; Mord, Tötung und Tötung auf Verlangen: -12,1%; Gefährliche und schwere Körperverletzung: -6,2%). Da wir über Rassismus reden: Nicht-Deutsche Tatverdächtige (nicht Täter) gingen um 3,6% zurück."
Reisin hat für seinen Artikel einen Blick auf die Polizei-Pressemeldungen aus zahlreichen Großstädten und Regionen geworfen, die sich vereinfacht mit der Formulierung "keine besonderen Vorkommnisse" zusammenfassen ließen - während sehr viele Medien einen ganz anderen Eindruck erweckten. Die Einschätzung des "Übermedien"-Autors:
"Ob die Ereignisse in Berlin (…) die Ausnahme oder die Regel darstellen, verschwimmt medial (…) komplett. So behauptet exemplarisch 'Die Zeit' am 2. Januar unter der Überschrift 'Lauter, härter, brutaler', es habe 'bundesweit' 'Angriffe auf Einsatzkräfte' gegeben und: 'Die Gewalt fiel extremer aus.' 'Was aber zum Jahresende 2022 in vielen deutschen Städten vorfiel, das beschreiben die Einsatzkräfte am Tag nach Neujahr als bisher nicht dagewesen', so die Hamburger Wochenzeitung. Neben einer ausführlichen Beschreibung der Berliner Vorfälle dienen als Belege unter anderem Vorfälle in Essen, Hamburg und Hannover, die in seltsamem Widerspruch zu den (…) vorläufigen Bilanzen der Polizei stehen."
Dafür gebe es, so Reisin (der, Spoiler!, im übrigen auch die Sendung "MDR um 11" verarztet), "zweierlei Erklärung":
"Entweder, die Pressemeldungen der Polizei zum Jahreswechsel sind mehr oder weniger wertlos – oder Medien inszenieren sich einen Gewaltexzess, der in dieser Form nicht stattgefunden hat. Dass man an Neujahr vielleicht noch nicht alle Details der Silvesternacht kennt, auch weil viele Strafanzeigen erst im Nachhinein gestellt werden, ist verständlich. Köln beispielsweise wartet daher nach den Erfahrungen von 2015/16 mit einer Bilanz bis zum 6. Januar. Aber dass man nach der Nacht nicht weiß oder nicht mitteilt, dass es zu Szenarien wie in Berlin gekommen ist, erscheint zumindest fragwürdig. Nicht nur die 'Zeit’ sollte sich, Polizei und Politik daher viel genauer fragen, was eigentlich die Faktenlage ist."
Apropos Köln 2015/16: In einem der vielen damaligen Altpapiere dazu haben wir auf ein Interview verwiesen, das der Soziologe Armin Nassehi seinerzeit NDR Kultur gegeben hat. Nassehi sagte:
"Man muss sich erst einmal ein Bild machen, das noch nicht ganz klar ist. Für mich als Soziologen ist interessant an dieser Situation, dass die Leute ihre Rollen spielen, wie man das erwartet: Politik wird Handlungsfähigkeit darstellen und simulieren; die Polizei wird bestimmte Strategien in den Vordergrund stellen; Anti-Rassisten warnen davor, Vorurteile zu schüren; diejenigen, die gerne Vorurteile schüren, tun das. Aus der Distanz betrachtet findet dort ein Spiel statt, für das es fast ein Skript im Hintergrund gibt. Alle reden, wie man es von ihnen erwartet, und am Ende kommt wahrscheinlich nicht viel dabei heraus."
Dass "jeder seine Rolle" spielt und zwar ziemlich genau in der von Nassehi vor sieben Jahren beschriebenen Weise - das lässt sich auch über die aktuelle Debatte sagen. Um bei Nassehis Profession zu bleiben: Bei Twitter stichelt der Soziologe Nils Kumkar angesichts der aktuellen Headline "Die neue Lust am Bürgerkrieg" ("Frankfurter Rundschau"):
"Die Lustgewinne scheinen eher bei Journalist:innen, Law-and-order Politiker:innen und Nazis einzutreten."
Im "Tagesspiegel" und in der WoZ formulieren die Iran-Expertinnen Isabel Schayani und Solmaz Khorsand Befürchtungen, dass die Berichterstattung über den Iran (siehe auch diesen Altpapier-Jahresrückblick) nachlassen wird. Schayani fragt:
"Was ist, wenn der Krisen-Akku voll ist und die nächste Krise kommt? Wie schnell wird man den Iran wieder vergessen? Bleibt das Interesse der Öffentlichkeit und in den Redaktionen so groß, dass die Entwicklungen in Iran angemessen abgebildet werden?"
Die Autorin Senta Krasser wiederum fragt Schayani:
"Würde sie auch aus Iran berichten? Als Journalistin, als Angehörige der religiösen Minderheit Bahai und 'als jemand, der das auch versucht zu artikulieren', sei die Lage im Moment zu gefährlich, glaubt Schayani, die 1967 in Essen geboren wurde. 2004 reiste sie zum letzten Mal in die Heimat ihres Vaters. Mit Blick auf die aktuelle Lage lebe sie 'im Handy, wie die meisten Iranerinnen und Iraner'".
Krasser erwähnt noch, dass das von Schayani verantwortete Format WDRforyou sich aktuell "zu einer wichtigen Anlaufstelle für hier lebende Iranerinnen und Iraner entwickelt" - und dass WDRforyou "im siebten Jahr der drittgrößte Facebook-Kanal in der ARD (ist), nach 'Tagesschau' und 'Extra 3'."
Solmaz Khorsands erwähnter WoZ-Text ist der erste Teil der neuen Rubrik "Notizen einer Revolution". Sie schreibt: "Iranerinnen im In- und Ausland" befürchteten, dass
"die Welt, die langsam müde wird von den ewig gleichen Nachrichten aus ihrer Heimat. Wo nach vier Monaten der Proteste, ausgelöst durch den gewaltsamen Tod von Mahsa 'Zhina' Amini am 16. September, die Islamische Republik immer noch steht. Was ist denn jetzt mit der feministischen Revolution? Wir wollen umschalten!"
Im Iran indes wisse man,
"dass Revolutionen nicht über Nacht passieren. Dass die Islamische Republik, deren Gründungsväter sich 43 Jahre an der Macht gehalten haben, nicht so schnell mit ein paar Protesten, Streiks und Kunstaktionen in die Knie gezwungen wird. Dass es den langen Atem braucht. Und dass dieser einer Weltöffentlichkeit fehlt, die rasch resigniert, wenn der nächste Plottwist zu lange auf sich warten lässt".
Khorsand konstatiert ein, zurückhaltend formuliert: Dilemma. Sie schreibt:
"Erst wenn sich genug tote Körper im Iran stapeln – und nicht nur dort –, ist das Ausland gewillt, etwas länger hinzuschauen oder gar zu handeln. Diese Regel der Aufmerksamkeitsökonomie hat sich bei Iraner:innen auf schmerzliche Weise eingebrannt (…) Ab einem gewissen Mass triggern Tote, Vergewaltigte, Inhaftierte und Exekutierte die internationale Empathie ausreichend, um Ignoranz und Desinteresse nicht mehr als Option erscheinen zu lassen. Vor einigen Wochen beging ein Iraner in Lyon Suizid und begründete dies in einem zuvor aufgenommenen Video ausdrücklich nicht mit psychischen Problemen, sondern mit der Intention, 'die Aufmerksamkeit der Europäer, der europäischen und westlichen Länder auf die Situation im Iran zu lenken'."
Diese "Verzweiflungstat" kritisiert Khormaz folgendermaßen:
"Welche Denkschule manifestiert sich denn hier? Die Tradition jener Männer, die einem Messiaskomplex anhängen und glauben, mit ihrem Tod die Welt aus den Angeln heben zu können? Auf diese Tradition lässt sich getrost verzichten."
Vielleicht ein bisschen off topic, aber dennoch zum Themenkomplex Iran und die Medien passend: Unter anderem die FAZ berichtet, dass die Ergebnisse eines "im Dezember ausgeschriebenen Wettbewerbs für Karikaturen des iranischen Revolutionsführers Ali Khamenei", den "Charlie Hebdo" ausgerufen hat, nun vorliegen. Die Karikaturen finden sich hier.
Im vergangenen Jahr ist Arte 30 Jahre alt geworden, und gerade hat der Sender die Bilanz eines "erfolgreichen" Jubiläumsjahrs veröffentlicht. Da in der Pressemitteilung auch von einem "breiten Musikangebot" die Rede ist, müssen wir allerdings ein bisschen Wasser in den Wein gießen. Denn: Zumindest musikjournalistisch ist Arte künftig nicht mehr breit aufgestellt. Die Geschichte des popkulturellen Magazins "Tracks" - das einzige Format im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, in dem, neben vielem anderen, regelmäßig Musikjournalismus stattfand - ist nämlich beendet. Das Magazin war im vergangenen Jahr zwar nicht 30, aber immerhin 25 Jahre alt geworden.
Im deutschsprachigen Raum gibt es meiner Wahrnehmung nach dazu bisher nur einen halböffentlichen Hinweis, und zwar im Newsletter des Konzertveranstalters Berthold Seliger. Er spricht von einem "weiteren Schritt zur Verflachung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens". Außerdem schrieb er kurz vor Weihnachten:
"Eine weitere Kultursendung von hoher Qualität wird eingestellt. Und dass der Sender versucht, dies ohne offizielle Ankündigung, ohne aktive Kommunikation, also quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit umzusetzen, ist ein zusätzlicher Skandal."
Der Sender selbst betont auf Anfrage, dass davon, dass "Tracks" eingestellt werde, nicht die Rede sein könne. Der Grund: Den Ableger "Tracks East", der nach dem russischen Angriff auf die Ukraine entwickelt wurde und für den "Dialog mit dem Osten" steht bzw. "osteuropäischen JournalistInnen und Kulturschaffenden das Wort überlässt" (Senderdarstellung), gibt es weiterhin. Diese "dringend empfehlenswerte Serie von Reportagen aus Osteuropa" ("Süddeutsche Zeitung" im September) habe für einen "erhebliche(n) Zuwachs an Relevanz" für die Marke "Tracks" gesorgt, sagt Wolfgang Bergmann, der für die Sendung(en) zuständige Arte-Koordinator, im ZDF auf Anfrage. Ausdruck dieser Relevanz dürfte auch eine Nominierung für den diesjährigen Deutschen Fernsehpreis gewesen sein. "Tracks East" hat viel Lob verdient, allerdings mit der "klassischen" Magazinsendung "Tracks" eher wenig gemein.
Mindestens "ein halbes Jahr" werde es "Tracks East" noch geben, sagt Bergmann, und auch danach will man auf ähnliche Weise kurzfristig mit ähnlichen Konzepten auf aktuelle weltpolitische Entwicklungen reagieren, die jetzt noch gar nicht absehbar sind.
In Frankreich ist kurz nach Weihnachten beim Medienkritikportal "Arrêt sur images" ein Artikel zu "Tracks" erschienen. In dem von Paul Aveline verfassten Text wird heftige Kritik am Sender laut, formuliert unter anderem von Gianni Collot, einem Regisseur, der zeitweise für die Sendung arbeitete:
"Es ist eine Fernsehsendung, es ist keine Shampooflasche (…) 'Tracks' ist nicht nur ein Name".
Es entstehe, so Collot weiter,
"ein großes Loch. Kulturell und kreativ (…) Die neuen Künstler von heute, wer wird darüber sprechen? (…) Der kleine Raum, den Kunst und Gegenkultur hatten, ist tot. Und natürlich bietet Arte nichts, um ihn zu ersetzen."
Wer zukünftig im Fernsehen noch etwa über HHY & The Kampala Unit, "eine afro-futuristische Band, die Dub und Techno mit traditionellen Perkussionsinstrumenten verbindet", berichtet, wie Arte es im November noch getan hat - das ist in der Tat die Frage.
+++ Ein bisschen Weiterbildung für Redaktionen (direkt angesprochen werden u.a. "Die Zeit" und die FAZ) liefert der Account @Cis_for_Trans in einem Thread. Dessen Aufruf: Es sollte, "dem Duden entsprechend", stets die Formulierung "trans Menschen" verwenden - und nicht "Transmenschen". Wer letzteres tue, betreibe "Othering", also "eine gesellschaftliche Praxis, die Individuen einer Kategorie zuordnet und diese dann stark zur 'Norm' kontrastiert." Weiter heißt es: "Im Fall von trans* funktioniert das, indem man Menschen mit unterschiedlichen Geschlechtsvariationen als 'Transmenschen' bezeichnet - wenn über sie gesprochen wird, sind sie nicht einfache Menschen, Eltern." Schließlich gibt das Duo folgenden Ratschlag: "Berichtigt freundlich andere und berichtigt euch selbst. Wir sind selbst trans/seit fast 10 Jahren mit einer trans Frau verheiratet und vertun uns immer noch." Auch das Altpapier hat sich hin und wieder "vertan". Wer generell tiefer einsteigen will in dass Thema Trans-Rechte und die Medien, dem sei Annika Schneiders Altpapier-Jahresrückblick empfohlen.
+++ Bernd Pickert bringt in der taz seine Begeisterung für die gerade zu Ende gegangene Dart-WM bzw. die Übertragungen bei Sport1 zum Ausdruck. Er schreibt: "Wer Darts im Fernsehen sieht, sollte die Lautstärke hochdrehen. Mentalsportarten, die eine hohe Hand-Auge- oder auch Kopf-Körper-Koordination erfordern, gibt es viele, vom Billard oder allen Schießsportarten bis zum Curling oder Petanque. Aber bei keiner dieser Sportarten versuchen 3.000 Betrunkene, so viel Lärm wie möglich zu veranstalten, während die Spieler*innen sich auf ihren Wurf konzentrieren." Warum funktioniert dieser Sport im Fernsehen? Pickert: "Das rot markierte Feld, das auf der Dartscheibe die dreifache 20 markiert, sieht auf dem Bildschirm, eingefangen von den hochauflösenden Kameras, die zuhauf auf der Bühne angebracht sind, einfach riesig aus. Dabei ist es wie alle anderen Tripple-Felder gerade einmal 8 Millimeter hoch und knapp 3 Zentimeter breit." Dart halte "sportliche Dramen bereit, die sich beim Eisschnelllauf nicht werden finden lassen (…) Kein Wunder, dass das Finale in Deutschland von 1,72 Millionen Menschen gesehen wurde – in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen war es mit 850.000 Zuschauern oder 16,6 Prozent das erfolgreichste Primetime-Format". Zu den "herausragenden" bzw. "unglaublichen" Quoten siehe auch meedia.de.
+++ Sehr viel Platz eingeräumt wird in den Medienressorts aktuell der heute startenden Netflix-/ORF-Krimiserie "Totenfrau" mit Anna-Maria Mühe als Bestatterin. David Steinitz (SZ) meint: "Nicht, dass gar keine Spannung aufkäme, es gibt ein paar hübsche Thriller-Momente. Aber zu großen Teilen wirkt diese Serie in ihrer Mediokrität wie ein weiteres Fließbandprodukt aus der gewaltigen Krimi-Mittelbaumaschine der klassischen TV-Sender. Klar, auch die machen manchmal tolle Sachen, und klar, auch bei Netflix ist nicht alles Gold, was glänzt. Aber die 'Totenfrau' ist ein Serie gewordener Beweis dafür, dass die großen Experimentierzeiten bei Netflix vorbei sind." Michael Hanfeld (FAZ) verbreitet ebenfalls keinen Enthusiasmus ("erkennbar glatt auf weltweite Vermarktung getrimmt"; "schwarzen Humor gibt es allenfalls in Spurenelementen, die Dialoge entsprechen der üblichen Handelsware"). Gunther Reinhardt ("Stuttgarter Zeitung") indes wirkt recht zufrieden mit der Serie.
Das Altpapier am Freitag schreibt Klaus Raab. | mdr.de | Inszenieren Journalisten einen Gewaltexzess, der "in dieser Form nicht stattgefunden hat"? Außerdem: Die Regeln der weltweiten Aufmerksamkeitsökonomie sind für den Iran fatal. Arte hat kein Herz für Musikjournalismus. | [] | 2023-01-05T11:46:36+01:00 | 2023-01-05T14:10:17+01:00 | https://www.mdr.de/altpapier/das-altpapier-2966.html |
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Aufnahme-Einrichtung | Das sind Häuser für Flüchtlinge.Dort können sie für eine bestimmte Zeit wohnen.Zum Beispiel: • Bis sie eine andere Wohnung gefunden haben. • Bis sie eine Arbeit gefunden haben. • Oder bis sie wissen: Wo sie leben wollen. | mdr.de | [] | Wörter-Buch | 2017-05-12T10:48:52+02:00 | 2017-05-12T10:48:53+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten-leicht/woerterbuch/glossar-310.html |
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MDR-Rundfunkrat unterstützt Kooperationen mit öffentlich-rechtlichen Medienhäusern in Mittel- und Osteuropa | Der MDR eröffnet am 2.11.2021 erstmals ein binationales Büro in Görlitz/Zgrolzelec und lädt am gleichen Tag zur Europakonferenz vor Ort. Damit baut der MDR sein Engagement für die Zusammenarbeit öffentlich-rechtlicher Anstalten in Mittel- und Osteuropa weiter aus.
Über den Stand informierte MDR-Intendantin Karola Wille am Montag, 13.9.2021, den Rundfunkrat. Parallel berichtete sie über die Berichterstattung über Tschechien, Polen und weitere osteuropäische Staaten sowie Programm-Zulieferungen für ARD-Gemeinschaftsangebote und ARTE. Zugleich richtete sich der Blick auf die Zusammenarbeit des MDR mit Hörfunk- und Fernsehanstalten sowie Journalistinnen und Journalisten in Mittel- und Osteuropa. Die Information erfolgt regelmäßig im zweijährigen Turnus.
MDR-Intendantin Karola Wille: "Als relevantestes Medienhaus in Mitteldeutschland verfügt der MDR über Alleinstellungsmerkmale, die in seiner Geschichte und geografischen Lage begründet liegen. Die Nähe zu Osteuropa und die gemeinsamen Transformationserfahrungen eröffnen die Chance, die Gemeinschaftsprogramme der ARD durch entsprechende MDR-Zulieferungen zu bereichern und dadurch die Sichtweisen des deutschen Publikums auf die Entwicklungen in unseren Nachbarländern zu vertiefen."
Ein besonderer Höhepunkt war in diesem Jahr die fünfteilige Grenzreise mit Danko Handrick "Grenzgeschichten – Vom Baltikum ans Schwarze Meer". Darüber hinaus eröffnen auch die "Heute im Osten"-Reportagen am Samstag einen sehr vielfältigen Blick nach Osteuropa. Auch das MDR Landesfunkhaus Sachsen legt einen besonderen Fokus auf die benachbarten Länder Tschechien und Polen. Bereits seit 2015 veranstaltet MDR SACHSEN – Das Sachsenradio mit "Mensch Nachbar" ein wöchentliches Hörfunkangebot, das grenzüberschreitend agiert und auch als Podcast verfügbar ist. Ebenfalls seit 2015 sendet der MDR SACHSENSPIEGEL sonntags den Nachrichtenblock "Unsere Nachbarn" in Kooperation mit den Fernsehstationen Česka televize (ČT) und Televizja Polska (TVP).
Auch über das ARD-Studio in Prag konnte der MDR die Perspektive auf Osteuropa in der ARD stärken. So gab es Zulieferungen für das Format "ARD-Story", Dokumentationen für Arte, die immer wieder renommierte Preise gewonnen haben. Der Online-Hintergrund bei MDR Aktuell berichtet fast täglich mit eigenen Inhalten aus Osteuropa. Insbesondere mit Blick auf eine schnelle Reaktionsfähigkeit bei osteuropäischen Themenlagen wird auch in Zukunft das erfolgreiche Ostblogger/innen-Netzwerk des MDR eine zentrale Rolle spielen und weiter ausgebaut.
Die Redaktion Geschichte & Dokumentationen in der Programmdirektion Halle hat im vergangenen Jahr drei Produktionen in die ARD bzw. auch ARTE eingebracht, die auch im MDR gesendet wurden. Hervorzuheben ist etwa die Dokumentation "Vertreibung: Odsun – Das Sudetenland", die sich im Herbst 2020 mit einem schwierigen Kapitel der gemeinsamen Geschichte befasste und in einer umfangreichen Koproduktion mit dem öffentlich-rechtlichen tschechischen Fernsehsender CT in Zusammenarbeit mit ARTE und ORF entstanden ist.
MDR-Rundfunkratsvorsitzende Prof. Dr. Gabriele Schade: "Der Rundfunkrat unterstützt weiterhin intensiv die Bemühungen des MDR um Kooperationen mit mittel- und osteuropäischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten – insbesondere in Polen und Tschechien."
Sandro Viroli, Landesfunkhausdirektor Sachsen: "Wir konnten die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in den zurückliegenden zwei Jahren verfestigen und ausbauen und insbesondere in der Corona-Pandemie auf ein gutes Miteinander bauen. Gegenseitige Hilfe und Materialaustausch funktionieren. Dies unterstreichen wir zusätzlich mit der Eröffnung unseres binationalen Büros in Görlitz. Hier arbeiten wir künftig Seite an Seite mit polnischen Kolleginnen und Kollegen und wollen die unterschiedlichen Perspektiven nutzen, um ein besseres Verständnis füreinander zu entwickeln sowie möglichst viele Facetten des Zusammenlebens abbilden zu können." | mdr.de | Der MDR hat die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit öffentlich-rechtlichen Medienhäusern in Mittel- und Osteuropa verfestigt und ausgebaut. Der MDR-Rundfunkrat unterstützt Kooperationen | [] | Presse | 2021-09-14T09:35:47+02:00 | 2021-09-14T09:35:47+02:00 | https://www.mdr.de//mdr-rundfunkrat/presse/pressemitteilung-rundfunkrat-unterstuetzung-kooperationen-mitteleuropa-osteuropa-100.html |
Eine der tragischen Ironien der Mediengeschichte | Ein Nachteil der Debatte um den RBB-Skandal - auf die wir auch heute natürlich noch ausführlich zu sprechen kommen werden - könnte möglicherweise sein, dass andere öffentlich-rechtliche Missstände nicht so ausführlich behandelt werden, wie es erforderlich wäre.
Der Ausgangspunkt ist im März ein SWR-Podcast unter dem Titel "Kurz vor Krieg? Der zerbrechliche Frieden in Bosnien-Herzegowina", veröffentlicht in der Reihe "Sack Reis", die Teil des Jugendprogramms Das Ding ist. Melina Borčak hat diese Ausgabe dann im Juli für das Medienmagazin "journalist" unter dem Titel "Strafbar schlechter Journalismus" auseinander genommen (siehe diesen Altpapierkorb). Wobei sich die Strafbarkeit auf die Leugnung des Genozids an Bosniaken bezieht, die Borčak dem Podcast vorwirft. Sowohl in der ARD-Audiothek als auch unter Borčaks finden sich mittlerweile aktualisierende Vor- bzw. Nachbemerkungen.
Ein Resultat von Borčaks Kritik war - um es jetzt mal sehr zu verkürzen - eine "Sack Reis"-Sonderausgabe mit ihr als Gast (die in einem weiteren Altpapierkorb Thema war). Zu dieser Sonderausgabe wiederum äußerte sich am Mittwoch in einem Offenen Brief an die zuständige SWR-Redakteurin Karin Feltes nun die Gesellschaft für bedrohte Völker:
"Melina Borčak gebührt großer Dank für ihre Recherchen (…) Anstatt Frau Borčaks Leistung anzuerkennen, zweifeln Sie ihre Erkenntnisse an, unterbrechen sie fortlaufend und bieten weder Richtigstellung noch Entschuldigung. Das ist sicher keine der Glanzstunden Ihres Podcasts und sie sollten es so nicht stehen lassen."
Ähnlich hatte es Matthias Daniel, der Chefredakteur des in die Debatte involvierten Magazins "journalist", Anfang der Woche bei Twitter formuliert:
"Diese Sonderfolge von 'Sack Reis' ist (…) verheerend. Statt ihrer Kritikerin einfach mal zuzuhören, findet sich Melina Borčak in einem Konfrontations-Raum wieder, in der sowohl die SWR-Redaktionsleiterin als auch die SWR-Moderatorin B. Je länger das Gespräch geht, um so unerträglicher wird diese schlimme Situation."
Die offizielle SWR-Interpretation dieser Gesprächssituation lautet übrigens:
"Die Moderatorin hat versucht, in ihrer Rolle auf eine Gesprächsführung zu achten, in denen einzelne Argumente für die Zuhörenden möglichst nachvollziehbar sind und daher Frau Borčak mehrfach gebeten, nicht zu viele Dinge zu schnell hintereinander zu sagen. Das ist zu unserem großen Bedauern nicht geglückt, sondern kam teilweise als respektlose Unterbrechung an."
Nachzulesen ist das u.a. bei diversen Ippen-Titeln (etwa der "Frankfurter Neue Presse"), die einen aktuellen Überblick für Späteinsteiger geben.
Die Hauptschuld schiebt der SWR hier also der vermeintlich medienunerfahrenen Borčak zu - was auch angesichts dessen, dass diese selbst für die ARD arbeitet (siehe etwa diesen funk-Beitrag) etwas durchsichtig wirkt.
Wie die Gesellschaft für bedrohte Völker spricht auch die bosnische Juristin und Journalistin Azra Berbic direkt den SWR an, wenn auch in weniger offiziösem Tonfall als die Organisation ("Hey @SWRpresse, here are few free advice from average Bosnian Muslim girl struggling to get integrated, who works with genocide/concentration camps/war crimes/war rape and sexual violence in conflict survivors for a decade now"). Einer von Berbics "Ratschläge" lautet:
"Journalists should never mock survivors and frame them as 'attention seekers' because they reacted to denialism and disinformation, as you have done to Melina Borčak."
Ein Streitpunkt ist nun: Sollte der SWR die üble Podcast-Folge aus dem März offline stellen, wie die Gesellschaft für bedrohte Völker "nachdrücklich" fordert? Oder sollte sie aus Gründen der "Transparenz" zugänglich bleiben, wie der Sender derzeit meint?
Zu den Journalistinnen und Journalisten, die das Thema länger verfolgen, gehört der Zeit-Online- und ZDF-Autor Henrik Merker. Seine Einschätzung: Es ist ein "Trauerspiel (und das ist ein viel zu harmloses Wort für das Verhalten der Leute vom SWR)".
Einen wesentlichen Beitrag für die weitere Fortsetzung der unendlichen Serie um den RBB sorgte gerade mal wieder der "Business Insider", und zwar mit der Aufdeckung eines "Zielprämien"-Systems für Wesire und Großwesire des Senders. Daraufhin ging dann die Senderspitze in die Teiloffensive (RBB in eigener Sache am Mittwochabend und FAZ heute Morgen).
Das für Aufdeckungen in eigener Sache zuständige Rechercheteam des RBB fasst zusammen: Seit 2018 habe der RBB zusätzlich zu den Gehältern "pro Jahr (…) mindestens rund 450.000 Euro (…) an Direktoren, Intendantin und Hauptabteilungsleiter ausgezahlt." Genauer: an "27 außertariflich bezahlte Top-Kräfte" ("Business Insider"). Zur Wortklauberei diverser Hierarchen ("Ich kriege keine Boni" - Chefredakteur David Biesinger) schreibt das RBB-Team:
"Für Arbeitsrechtler ist unerheblich, ob zusätzliche Gehaltsanteile als Prämie, Provision, Sonderzahlung, leistungsabhängige Vergütung oder als Bonus bezeichnet werden. All diese Begriffe bezeichnen grundsätzlich dasselbe: Zahlungen, zusätzlich zu einem Grundgehalt und gebunden an vereinbarte Bedingungen."
Am späten Abend gab es dann noch eine 50-minütige Talk-Sendung im RBB Fernsehen unter dem Titel "RBB-Krise - ist unser Rundfunk reformfähig?", bei der als Kritiker von außen Ulf Poschardt vertreten war, der seinen Auftritt dann unter anderem dazu nutzte, seinen Unmut darüber zum Ausdruck zu bringen, dass der Nachfolger von Frank Plasberg bei "hart aber fair" ein "gerne laut gendernder junger Kollege" ist - wobei Louis Klamroth, der hier gemeint ist, ja gar kein, wie es oft so schon blöd heißt, "Gewächs" der Öffentlich-Rechtlichen ist, sondern bekannt wurde durch eine Sendung fürs Privatfernsehen (n-tv) und noch bekannter durch eine andere für Pro 7 (siehe etwa "Süddeutsche"). Das "laute" Gendern hat er also womöglich bei den Privaten "gelernt", auch wenn Poschardt hier zwischen den Zeilen etwas anderes anklingen lässt.
Gut in Form war Annette Dittert, die aus London zugeschaltet war, um eine größere Einordnung zu liefern. In Großbritannien, fasste sie zusammen, wollten die Tories, die ja "nicht mit der CDU oder einer traditionellen konservativen Partei vergleichbar, sondern im rechtspopulistischen Lager gelandet sind", die BBC "komplett abschaffen", und die ständigen diesbezüglichen Drohungen hätten dazu geführt, dass die BBC nur noch "ängstlich und vorsichtig" über die Tories berichte. Auf eine der tragischen Ironien der europäischen Mediengeschichte wies Dittert auch hin: Großbritannien trug dazu bei, in der Bundesrepublik ein öffentlich-rechtliches System zu installieren, das gegen den direkten Zugriff von Regierungen geschützt ist, während es für die BBC einen entsprechenden Schutz nicht gibt, weshalb Boris Johnsons Leute nun direkten Zugriff auf den Sender haben.
Harry Nutt hat für die "Berliner Zeitung" eine Sendungskritik geschrieben:
"Wer in den vergangenen Tagen nicht jeden Tag begierig die neuesten Nachrichten über den Absturz einer Institution des deutschen Nachrichtenwesen aufgesogen hat", sei an mehreren Stellen der Sendung "verloren" gewesen. Und mittels Bildschirmteilung präsentierte "Tortendiagramme über so spannende Dinge wie die Verteilung der Gebühren auf die öffentlich-rechtlichen Sender" seien kontraproduktiv gewesen. Moderator Volker Wieprecht schließlich, so Nutt, "war derart rasant unterwegs, um locker und problemorientiert zugleich beim Zuschauer anzukommen, dass man sich selbst beim Zuschauen gedrängt sah, auf die Uhr zu schauen".
Zum Inhaltlichen:
"Das Apparathafte (…), das die öffentlich-rechtlichen Sender wie eine Monstranz mit sich herumschleppen, konnte auch diese Sendung im Dienste der Selbstaufklärung nicht abschütteln",
schreibt Nutt.
Das "Apparathafte" verkörperte in der Sendung auf geradezu paradigmatische Weise der derzeit amtierende Intendant Hagen Brandstäter, der in dieser kurzen Passage Auskunft über seinen "Brustton" gibt.
Da vom mutmaßlichen Nepotismus im Systems Schlesinger bekanntlich auch deren Gatte profitiert hat, liegt es natürlich nicht fern, dass Journalistinnen und Journalisten nach (vermeintlich) vergleichbaren Vorgängen in anderen Häusern fahnden. Die "Bild"-Zeitung berichtete nun zum Beispiel darüber, dass ein gewisser Dieter Petereit als "Berater" für das Radioprogramm NDR 1 Niedersachsen tätig ist. Petereit ist der Lebensgefährte von Sabine Rossbach, die nördlich von Niedersachsen an der Spitze eines NDR-Landfunkhauses steht.
meedia.de schreibt dazu:
"Gestern nahm der NDR Stellung zur 'Bild'-Veröffentlichung. Darin heißt es, der NDR-1-Niedersachsen-Musikchef Henry Gross habe Petereit aufgrund dessen Kompetenzen als Berater für die Modernisierung des Musikangebots 2018 ausgewählt. Der Einsatz von externen Berater:innen sei branchenüblich."
"Branchenüblich" mag das ja sein, aber man fragt sich natürlich, ob die "Modernisierung des Musikangebots" bei einem Regionalprogramm für die klassische Ü60-Zielgruppe eine derart diffizile Aufgabe ist, dass es der Musikchef dieses Programms und andere festangestellte Kollegen nicht ohne Hilfe von außen hinbekommen.
Inwieweit am neuen Musikprogramm der SWR-Jugendwelle Das Ding, von der in einem ganz anderem Kontext heute bereits oben die Rede war, externe "Berater" beteiligt waren, entzieht sich meiner Kenntnis, aber zu befürchten ist’s. Vor einer Woche ist bei dwdl.de ein Interview mit Programmchefin Mira Seidel zu dieser Reform erschienen, das ich aufgreifenswert finde (und auf das ich durch einen Tweet von Stefan Niggemeier aufmerksam geworden bin). Seidel sagt dort:
"Im Tagesprogramm müssen wir gefälliger werden, weil wir mit der musikalischen Vielfalt niemanden so richtig zufriedenstellen. Wir werden deshalb künftig tagsüber die Spitzen und Kanten aus der Musik herausnehmen. Hier wollen wir mehr Mainstream und dadurch eine höhere Durchhörbarkeit erreichen."
Falls jemand noch drei Sätze für ein Drehbuch für eine Komödie braucht, in der eine Knalltüte aus dem Radiomilieu eine Rolle spielen soll: Hier wären sie. Um mal wieder tierisch ernst zu werden: Wer ein Radioprogramm "durchhörbar" macht, will die Gehirn- und Sinnestätigkeit der Zuhörenden auf das niedrigstmögliche Level herabsetzen, und auch wenn das jetzt wie ein allzu großer Gedankensprung wirken mag: Eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die darauf verzichtet, "durchhörbare" Programme in den Zustand der Zumutbarkeit zu versetzen, ist keine.
Zu den Stärken des ZDF-Politikmagazins "Frontal" gehört die Berichterstattung über alternative Energien - bzw. dazu, was Politik und Behörden so alles tun, um die Energiewende zu behindern. Im vergangenen Jahr gab es etwa Beiträge über "Grünes Versagen in Baden-Württemberg" und vergleichbares Versagen in Bayern und in diesem Jahr die Reportage "Rotmilan gegen Windkraft - Das Märchen vom bedrohten Greifvogel".
In der aktuellen Sendung vom Dienstag lief unter dem Titel "Ausgebremste Energiewende - Viel Bürokratie, zu wenig Förderung" wieder ein empfehlenswerter Beitrag. Der hatte aber einen Schönheitsfehler: Man lernt hier Heidrun Petersen-Römer und ihren Ehemann kennen, die auf Anordnung einer Behörde ihre private Solaranlage abreißen sollen, erfährt aber nicht, dass Petersen-Römer für das ZDF tätig ist bzw. es zumindest 2020 noch war, und zwar als "Casting Director" für zwei Filme der Reihe "Katie Fforde".
Nun ist ja immer wieder, und meistens spöttisch, von der "Medienblase" die Rede, und das wird bestimmt nicht weniger werden, wenn Journalisten in ihren Beiträgen Leute aus der eigenen Branche als betroffene Bürger präsentieren (und dann noch, ohne es kenntlich zu machen). Petersen-Römer hat laaange vor ihrer Casting-Periode gelegentlich auch mal das NDR-Satiremagazin "extra 3" moderiert, für das die heutige "Frontal"-Moderatorin Ilka Brecht früher Beiträge gemacht hat, aber jetzt schweife ich zugegebenermaßen vielleicht ins allzu Periphere ab.
Der NDR übrigens hat im April in einem Text-Beitrag über denselben Fall transparent gemacht, dass Petersen-Römer für den NDR tätig war und für das ZDF tätig ist.
+++ Der Journalist und Manager Stephan Schäfer hat, wie die SZ es heute auf ihrer Medienseite formuliert, einen "steilen Karriereweg" hinter sich, amtierte bei Gruner + Jahr bei "zeitweilig fünf Lifestyle-Titeln gleichzeitig als Chefredakteur", bevor er, um’s mal zu verkürzen, ebendort CEO wurde und später, nach der von ihm vorangetrieben Einverleibung des Zeitschriftenverlags in die RTL-Gruppe, dann Co-Chef von RTL Deutschland. Doch nun stürzt Schäfer erstmals ab, weil er letzteren Posten nach einem Jahr schon wieder los ist. Im neuformierten vierköpfigen RTL-Vorstand, in dem an der Spitze als Nebenjobber Bertelsmann-Chef Thomas Rabe mittut, ist statt bisher zwei Vertretern mit G+J-Wurzeln nun nur noch einer dabei, und zwar der Zahlenmann Oliver Radtke (siehe etwa dpa/"Spiegel").
+++ "Einmal im Jahr wissen die Medien plötzlich, in welchem Bundesland die Kinder am besten lernen und in welchem nicht. Nämlich immer dann, wenn der 'Bildungsmonitor' erscheint", konstatiert Bent Freiwald bei "Übermedien". Dass diese Monitore der marktradikalen Organisation INSM (vgl. Altpapier) "eine Erzählung über Bildung, die sich eher an der Wirtschaft als am Kind orientiert" verstärkten, bleibe in der Berichterstattung aber unterberücksichtigt, kritisiert er.
+++ Die Frage, ob der sogenannte lösungsorientierte Journalismus immer die beste Lösung ist, wirft Sheila Mysorekar in ihrer ND-Kolumne auf. Es komme zum Beispiel darauf an, "ob lösungsorientierter Journalismus nur über individuelle Anstrengungen berichtet oder auch über kollektive Ansätze. Wenn Menschen zu arm sind, um ihre Wohnung zu heizen, ist es da zielführend, über innovative Wege zu berichten, die Wohnung zu isolieren und Wärme zu sparen?" Mit anderen Worten: Positiv über Eigeninitiativen zu berichten, kann auch kontraproduktiv sein. Denn: "Die Probleme sind nicht individueller Natur, also brauchen wir auch keine individuellen Lösungsansätze, sondern gemeinschaftliche und gesellschaftliche Änderungen. Darüber sollte man berichten, denn das stärkt Menschen, die in schwierigen Situationen sind."
+++ Überlegungen zur Berichterstattung über die Fußball-WM im November in Katar, die wir in den kommenden Monaten in ähnlichen Form wohl noch öfter lesen oder hören werden, ventiliert Philipp Köster bei 11freunde.de: "Ist jede Berichterstattung über sportliche Aspekte der WM am Ende kostenlose PR für die Veranstalter, weil sie die skandalösen Begleitumstände banalisiert? Und braucht es nicht dringend Menschen und Organisationen, die sich diesem bizarren Theater komplett verweigern? Ja, es braucht sie. Deshalb ist es gut, dass es Initiativen wie 'Boycott Qatar' gibt, dass Kneipen hierzulande die Spiele nicht zeigen wollen." Aber: Auch wenn man als Journalistin oder Journalist Boykottinitiativen gut findet, müsse der berufliche Umgang mit dem Turnier ein anderer sein, so Köster. Konkret: "Nicht hinzufahren, würde (…) bedeuten, den Büchsenspannern und Marketing-Strategen der FIFA das Feld zu überlassen, die schon heute täglich PR-Mitteilungen herausfeuern, welch großartiges Sportereignis auf uns alle im Winter wartet." Dass "das keine Haltung ohne inneren Widerhaken ist", erwähnt Köster dann auch noch: "Am Ende verdienen wir, wenn wir ein Sonderheft über die WM in Katar machen, Geld mit diesem Turnier, wie viele andere auch."
Neues Altpapier gibt es wieder am Freitag. | mdr.de | Für 27 Direktoren und Hauptabteilungsleiter und andere Spitzenkräfte war der RBB bisher ein Paradies und der SWR zeigt wenig Respekt vor einer Kritikerin. | [] | 2022-08-18T12:51:05+02:00 | 2022-08-18T15:51:01+02:00 | https://www.mdr.de//altpapier/das-altpapier-2772.html |
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Top-Torjägerin Fudalla verlässt RBL-Frauen | RB Leipzigs Toptorjägerin Vanessa Fudalla verabschiedet sich nach fünf Jahren aus Leipzig. Wie der Bundesliga-Siebte am Freitag (11. April 2025) bekannt gab, verlängert die 23-Jährige ihren zum Saisonende auslaufenden Vertrag nicht.
"Ich hatte eine großartige Zeit in Leipzig und bin hier zu der Spielerin geworden, die ich heute bin", wird die Offensivspielerin in der Mitteilung des Vereins zitiert. Fudalla bestritt bisher 103 Spiele für die RB-Frauen, erzielte dabei 68 Tore und bereitete 23 weitere vor. "Nach fünf Jahren fühlt es sich jetzt aber nach dem richtigen Zeitpunkt für eine neue Herausforderung an", so Fudalla weiter in der Mitteilung.
Die gebürtige Nürnbergerin ist in der aktuellen Saison mit neun Bundesliga-Toren zweitbeste RB-Torschützin nach Nationalspielerin Giovanna Hoffmann. Spezialität der 1,55 Meter großen Stürmerin waren vor allem Distanzschüsse, zumeist mit dem linken Fuß. Wo und für wen Fudalla künftig spielen wird, ist noch nicht bekannt.
dh/pm | mdr.de | In bisher 103 Spielen für RB Leipzig war Vanessa Fudalla an 91 Toren beteiligt. Doch nun endet die Zeit der besten RBL-Offensivspielerin in Leipzig. | [
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] | 2025-04-11T13:28:00+02:00 | 2025-04-11T15:13:03+02:00 | https://www.mdr.de//sport/fussball/fussball_blf/bundesliga-frauen-rb-leipzig-vanessa-fudalla-verlaesst-rbl-100.html |
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Was das Geld vom Bund für Flüchtlinge den Kommunen bringt | Eigentlich hat das Parlament nur formell umgesetzt, was längst beschlossen war: Für die Versorgung der Asylsuchenden gibt der Bund den Ländern seit Januar eine Pro-Kopf-Pauschale von jährlich 7.500 Euro dazu. Dafür musste der Bund das sogenannte Finanzausgleichsgesetz ändern. Heißt: Die Einnahmen aus der Umsatzsteuer neu verteilen.
Otto Fricke, haushaltspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, sagt dazu: "Bei den Kosten mit Flüchtlingsbezug geben wir eine weitere halbe Milliarde Umsatzsteueranteil vom Bund an die Länder." Das seien insgesamt für dieses Jahr 1,75 Milliarden Euro.
Ariane Berger ist Geschäftsführerin des Landkreistages Sachsen-Anhalt. Mit dem extra Geld habe man bereits kalkuliert, sagt sie. Denn es ist Teil der Migrationsreformen, die Bund und Länder im November beschlossen hatten. "Da findet ein Vollkostenausgleich bei den Kommunen statt. Also die Länder zahlen die Kosten der Unterbringung, Beratung und Betreuung der Asylsuchenden." Die 1,75 Milliarden Euro hätten daher für die Länder insoweit den Effekt, dass diese haushälterischen Spielraum bekämen.
Spielraum, um zum Beispiel Sprach- und Integrationskurse oder die Unterbringung der ukrainischen Geflüchteten zu bezahlen. Ukrainische Flüchtlinge haben in Deutschland einen anderen rechtlichen Status als Asylbewerber und bekommen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch.
Dass der Bund für die Wohnkosten dieser große Gruppe Geflüchteter kein extra Geld bereitstellt, findet Ariane Berger bedauerlich. "Hier hatte sich der Bund ursprünglich einmal beteiligt, an diesen Kosten der Unterkunft, das ist inzwischen nicht mehr der Fall. Die Kommunen sind hier nicht ausreichend finanziert. Das ist ein großer Kostenblock." Das sei ein politisches Ringen und da mahne man als kommunale Ebene stetig mehr finanzielle Unterstützung an.
Die Bundesmittel für die Asylsuchenden bekommen die Kommunen per vierteljährlichem Abschlag vom Land. Das funktioniere in Sachsen-Anhalt sehr zuverlässig, meint Ariane Berger. Am Ende werde spitz abgerechnet, wie viele Menschen tatsächlich untergebracht werden mussten.
Auch in Thüringen werde das Geld verlässlich weitergereicht, sagt Martin Rosenstengel, Sozialdezernent im Wartburgkreis. Das grundsätzliche Problem sei damit aber nicht gelöst: Man müsse schauen, dass tatsächlich Wohnraum für Flüchtlinge geschaffen werden könne.
Dabei helfe das Geld vom Bund Rosenstengel zufolge am Ende nicht. "Denn die Geflüchteten sitzen bei uns in den Gemeinschaftsunterkünften und wir finden einfach keinen Wohnraum in genossenschaftlichen Wohnungen oder privaten Wohnungen, wo die Flüchtlinge hinziehen können und dann mit ihrem Aufenthaltstitel langfristig bleiben können." Das sei aus seiner Sicht die größere Baustelle, die mit dem Geld aber nicht gekittet werde.
So ähnlich sieht es der Gemeinde- und Städtebund Thüringen: Die halbe Milliarde Euro werde die Unterbringung der Flüchtlinge kaum erleichtern. | mdr.de | Mit 7.500 Euro pro Asylsuchendem unterstützt der Bund in Zukunft die Kommunen – doch für ukrainische Geflüchtete gibt es kein Geld. Auch ein anderes Problem bleibt trotz Migrationsreform bestehen. | [
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] | Deutschland | 2024-07-08T12:02:48+02:00 | 2024-07-08T12:02:48+02:00 | https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/politik/geld-fluechtlinge-laender-kommunen-102.html |
Tischlerei nach Großbrand in Halle-Trotha vollständig abgebrannt | Nach dem Großbrand in einer Treppen-Baufirma in Halle soll ein Expertenteam ab Montag nach der Brandursache suchen. Das hat ein Polizeisprecher MDR SACHSEN-ANHALT bestätigt. Das Feuer war am späten Donnerstabend am Küttener Weg ausgebrochen. Über die Warn-Apps NINA und Katwarn waren Anwohnerinnen und Anwohner sogar im Saalekreis, aufgefordert worden, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Die Rauchwolken waren weit über die Stadtgrenzen von Halle hinaus zu sehen, sogar in Bitterfeld-Wolfen und dem Landkreis Mansfeld-Südharz.
Nach Angaben der Feuerwehr von Freitag war es den rund 100 Einsatzkräften vor Ort in der Nachr gelungen, den Brand unter Kontrolle zu bringen.
Die Gebäude des Unternehmens wurden den Angaben nach komplett zerstört. Nach ersten Schätzungen der Polizei liegt der Schaden im sechsstelligen Bereich. Neben dem Gebäude wurden auch Maschinen und ein Fahrzeug vom Feuer zerstört. Die Firma in Halle-Trotha stellt seit 1990 Spezial-Treppen unter anderem für historische Gebäude her.
MDR (Martin Nass, André Plaul, Cornelia Müller, Michel Holzberger, Luca Deutschländer) | Zuerst veröffentlicht am 26. Juli 2024 | mdr.de | Am Donnerstagabend gab es im Norden Halles einen Großbrand in einer Tischlerei. Ab Montag sollen Experten nun nach der Brandursache suchen. | [
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] | Sachsen-Anhalt | 2024-07-29T11:01:10+02:00 | 2024-07-29T11:01:10+02:00 | https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/halle/halle/trotha-grossbrand-tischlerei-ursache-ermittlung-100.html |
100.000 Liter: Brockenbahn transportiert Löschwasser in den Oberharz | Im Oberharz ist am Freitag das Löschwasserbecken am Bahnhof unterhalb des Brockens befüllt worden. Rund 100.000 Liter Wasser wurden dafür mit Kesselwagen der Harzer Schmalspurbahnen angeliefert und dann umgepumpt. Für die Einsatzkräfte der Feuerwehr war es gleichzeitig eine Übung für den Ernstfall.
Das Löschwasser war während der Frostperiode aus dem Becken abgelassen worden. Das Becken am Fuße des Brockens gibt es seit 2024.
Der Harzer Kreisbrandmeister Kai-Uwe Lohse erklärte, dass es im Falle eines Löscheinsatzes gerade in den ersten Minuten wichtig sei, dass man dort oben möglichst viel Wasser habe. "Jeder Liter Wasser braucht dann nicht durch Löschfahrzeuge herangeschafft werden."
Erst in dieser Woche hatte es in Schierke einen Brand gegeben. Dort stand laut Polizei eine Freifläche von mehreren hundert Quadratmetern in Flammen. Die Feuerwehr konnte den Brand schnell unter Kontrolle bringen. Sie hat demnach auch verhindert, dass sich das Feuer ausbreitet.
Das in Ballenstedt im Landkreis Harz stationierte Löschflugzeug ist derweil zu seinem ersten Einsatz in dieser Waldbrandsaison abgehoben.
In der Nähe von Bad Harzburg im Landkreis Goslar (Niedersachsen) brannte es unterhalb der Burgberg-Seilbahn an einem Steilhang. Der Flieger warf mehrfach Wasser ab. Der Brand konnte noch am gleichen Tag gelöscht werden.
Unterdessen ist die Waldbrandgefahr in Teilen von Sachsen-Anhalt gestiegen. So gilt im Landkreis Wittenberg mittlerweile die Gefahrenstufe 4.
MDR (Swen Wudtke, Felix Fahnert) | mdr.de | Nach der Frostperiode im Oberharz ist das Löschwasserreservoir am Brocken wieder befüllt worden – mit Kesselwagen der Harzer Schmalspurbahnen. | [
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] | Sachsen-Anhalt | 2025-04-11T18:05:49+02:00 | 2025-04-11T18:05:49+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/sachsen-anhalt/magdeburg/harz/loeschwasser-brockenbahn-oberharz-waldbrand-100.html |
Als eines der letzten Bundesländer: Thüringen stattet Polizei mit 400 Bodycams aus | Nach eingehenden Tests hat die Ausstattung der Thüringer Polizei mit sogenannten Bodycams begonnen. Innenminister Georg Maier (SPD) präsentierte am Mittwoch in Erfurt die ersten rund 40 dieser Körperkameras.
Insgesamt seien bislang mehr als 400 der digitalen Apparate bestellt, es gebe eine Option auf knapp 800 weitere. Sie seien beim Hersteller auf zwei Jahre für 700.000 Euro gemietet worden. Maier zufolge ist das vorteilhafter als der ursprünglich geplante Kauf von Bodycams.
Die Geräte werden den Angaben zufolge von speziell gekennzeichneten Beamten an der Uniform getragen und können sowohl Bild als auch Ton aufzeichnen. Laut Maier sollen die Körperkameras deeskalierend wirken, das Sicherheitsgefühl erhöhen und deren Aufnahmen gegebenenfalls als Beweismittel dienen. Die Bodycams werden zumeist von Hand aktiviert. Sie sollen sich aber auch automatisch einschalten, sobald Polizisten ihre Waffen ziehen.
Thüringen ist eines der letzten Bundesländer, die solche Kameras einführen. Grund dafür sind laut Innenministerium unter anderem die zuvor langen und kontroversen Debatten über das Thema in der Landespolitik. Dafür jedoch habe Thüringen die deutschlandweit modernste Variante solcher Bodycams.
Mitte Dezember war mit älteren Kameras in zwei Erfurter Inspektionsdiensten der Probebetrieb gestartet. In Thüringen werden Bodycams auch bei einigen Kontrollen für Busse und Bahnen eingesetzt, etwa in Gera. Auch die Bahn hat Kontrolleure an einigen Strecken damit ausgerüstet.
Die oppositionelle CDU kritisierte die Einführung der Bodycams als zu spät und zu halbherzig. Der CDU-Landtagsabgeordnete Raymond Walk sprach in einer Mitteilung von jahrelanger Verzögerung und Hinhaltetaktik der Landesregierung. Die Grünen-Abgeordnete Madeleine Henfling wiederum verlangte eine umfassende Debatte über die mit Bodycams verbundenen Risiken. Schutz und Abschreckung durch Bodycams seien nicht ausreichend bewiesen.
MDR (fp/rom) | mdr.de | Thüringen führt als eines der letzten Bundesländer Bodycams für Polizisten ein. Bislang sind mehr als 400 Geräte bestellt. Sie sollen deeskalieren und Sicherheitsgefühl erhöhen. | [
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] | Thüringen | 2024-08-07T19:44:00+02:00 | 2024-08-08T08:45:47+02:00 | https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/bodycam-polizei-start-102.html |
Ramelow zeichnet Bundeswehr-Bataillon mit Fahnenband aus | Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hat dem Informationstechnik-Bataillon 383 der Bundeswehr in Erfurt am Samstag das Fahnenband des Freistaats verliehen. Damit ehre das Land nicht nur die Leistung der Soldaten und Soldatinnen in der Ausübung ihres Berufes, sagte der Linke-Politiker bei einen Bataillonsappell in der Zitadelle auf dem Erfurter Petersberg.
Die Auszeichnung gelte vor allem auch für die Hilfe der Einheit bei der Corona-Pandemie in den vergangenen rund drei Jahren. Die Anwesenheit von Soldaten in Impfstellen, Krankenhäusern und Pflegeheimen sei eine "unglaubliche Leistung", so der Ministerpräsident.
Er habe von vielen Bürgern gehört, wie dankbar sie für die Hilfe der Bundeswehr seien. Es sei ihm daher "eine große Freude und Ehre", das Fahnenband zu überreichen.
Bataillonskommandeur Oberstleutnant Thomas Czada verwies in seiner Rede darauf, dass während der Corona-Pandemie allein in Thüringen 200 Soldaten und Soldatinnen der Einheit in Thüringen im Einsatz gewesen seien.
Das Bataillon habe in den 20 Jahren seines Bestehens auch Kräfte in alle Auslandseinsätze der Bundeswehr geschickt. Aktuell seien rund 40 Angehörige der Einheit bei der UN-geführten Friedensmission in Mali im Einsatz.
Das Fahnenband gilt als Zeichen besonderer Verbundenheit der Regierung und Bevölkerung eines Bundeslandes mit der Bundeswehr. Anlass für die Verleihung war der 67. Jahrestag der Gründung der Bundeswehr am 12. November.
Laut Thüringer Staatskanzlei soll mit der Auszeichnung zudem das 20-jährige Bestehen des Bataillons gewürdigt werden. Das IT-Bataillon 383 ist die vierte Bundeswehr-Einheit in Thüringen, der das Fahnenband verliehen wurde. Zuletzt hatte das Landeskommando Thüringen im Jahr 2013 die Auszeichnung erhalten. Die beiden zuvor damit geehrten Einheiten existieren heute nicht mehr.
Das Informationstechnik-Bataillon 383 hat seinen Sitz in der Henne-Kaserne in Erfurt. Es verfügt über rund 750 Soldaten und Soldatinnen. Seine Aufgabe ist es, im Einsatz die Kommunikation innerhalb der Truppe sowie nach außen sicherzustellen.
Dafür betreibt es unter anderem Internet-Server und Telefonnetze. Das Bataillon ist dem Kommando Informationstechnik der Bundeswehr in Bonn unterstellt. Dieses wiederum gehört zum Organisationsbereich Cyber- und Informationsraum (CIR).
MDR (gh) | mdr.de | Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hat dem Informationstechnik-Bataillon 383 der Bundeswehr in Erfurt am Samstag bei einem Appell in der Zitadelle auf dem Petersberg das Fahnenband des Freistaats verliehen. | [
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] | Thüringen | 2022-11-12T20:53:32+01:00 | 2025-03-14T14:44:56+01:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/thueringen/mitte-thueringen/erfurt/bundeswehr-ramelow-fahnenband-100.html |
IM-Registrierung zu AfD-Politiker Dieter Laudenbach | Die DDR-Staatssicherheit hat den heutigen Thüringer Landtagsabgeordneten Dieter Laudenbach (AfD) als Spitzel registriert. Das geht aus einer wenige Seiten starken Akte hervor, die MDR THÜRINGEN vorliegt. Den Unterlagen zufolge warb die Bezirksverwaltung Gera Ende 1986 Laudenbach unter dem Decknamen "Klaus" als Inoffiziellen Mitarbeiter an (Registriernummer X/218/85).
Genannt werden seine damalige Anstellung als gastronomischer Direktor des Interhotels Gera sowie die Gründe für eine Zusammenarbeit - eine "positive Gesamteinstellung der Quelle" und die "Einsicht in die Notwendigkeit". Eine Verpflichtungserklärung oder Treffberichte finden sich nicht in der Akte.
Auf MDR-Anfrage bestritt Laudenbach eine wissentliche Mitarbeit für die DDR-Staatssicherheit. Es sei jedoch möglich, dass er als "Führungskraft" eines Interhotels "nach allen Regeln der Spitzelkunst abgeschöpft wurde". Auch der Deckname "Klaus" sei ihm nicht bekannt.
Wenn ich beim MfS diesen Decknamen hatte, dann ohne mein Wissen.
Laudenbach sagte, er wisse allerdings, dass einige seiner damaligen Kollegen über ihn berichteten. Jedem Hotelmitarbeiter sei klar gewesen, dass die Stasi in dem Interhotel "allgegenwärtig" war.
Befragt zur in den Akten angeführten SED-Mitgliedschaft sagte Laudenbach, es sei damals aufgrund seiner gehobenen Position Druck auf ihn ausgeübt worden, so dass er Kandidat der SED geworden sei. Mitglied sei er nie gewesen.
Die AfD im Landtag sprach in einer ersten Reaktion von einem unmoralischen und traurigen Beispiel "Täter-Opfer-Umkehr" im Umgang mit DDR-Biografien.
Der entscheidende Fakt, dass es weder eine Verpflichtungserklärung noch Berichte von Laudenbach gibt, werde nur am Rande erwähnt, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Torben Braga. Vielmehr habe sich Laudenbach dem Druck, der SED beizutreten, widersetzt und auch nie für die Staatssicherheit gearbeitet.
Die CDU sieht in der Causa Laudenbach ein Indiz dafür, wie wichtig es ist, eine Überprüfung der Landtagsmitglieder auf etwaige Stasi-Tätigkeit langfristig im Abgeordnetengesetz festzuschreiben. Die AfD inszeniere sich gern als Anti-Stasi-Partei, sagte der medienpolitische Sprecher der Fraktion, Jörg Kellner. Es werde spannend zu beobachten, wie gründlich die AfD vor der eigenen Haustür kehre, sagte er mit Blick auf die anstehende Erneuerung des Abgeordnetengesetzes.
Astrid Rothe-Beinlich von Bündnis 90/Die Grünen sagte, der Fall Laudenbach zeige, wie wichtig Aufarbeitung auch 30 Jahre nach der friedlichen Revolution sei. Wenn es die AfD ernst meine mit Aufarbeitung und ihren bisherigen Äußerungen zu Stasispitzeln, müsste sie Laudenbach folgerichtig aus Fraktion und Partei ausschließen.
Auch die SPD zieht das Fazit, dass unter die Aufarbeitung der SED-Diktatur kein Schlussstrich gezogen werden dürfe. Fraktionssprecher Thomas Hartung sagte, noch kürzlich habe die AfD sich dafür ausgesprochen, Stasi-Spitzel als parlamentsunwürdig zu erklären und aus dem Landtag zu entfernen.
Dieter Laudenbach sitzt seit 2019 für die AfD im Thüringer Landtag. Im Jahr 2018 verfehlte er die Mehrheit in der Stichwahl zum Oberbürgermeister der Stadt Gera. In seinem veröffentlichten Lebenslauf gibt der selbständige Gastronom eine Fachschulausbildung in Leipzig sowie seine Tätigkeit im Interhotel Gera von 1972 bis 1989 an.
Quelle: MDR THÜRINGEN | mdr.de | Die DDR-Staatssicherheit hat den heutigen Thüringer Landtagsabgeordneten Dieter Laudenbach (AfD) als Spitzel registriert. Das geht aus einer Akte hervor, die MDR THÜRINGEN vorliegt. | [
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] | Thüringen | 2020-07-21T14:49:29+02:00 | 2023-10-29T17:57:49+01:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/thueringen/stasi-akte-im-laudenbach-100_box--1088467669092664022_zc-194f1a06.html |
Wird Narva die zweite Krim? | Es waren starke Worte, die Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in der Hauptstadt Estlands am 23. August sprach - dem 78. Jahrestag des Hitler-Stalin-Pakts und seiner Aufteilung des Baltikums und Polens unter der UdSSR, dem nationalsozialistischem Deutschland sowie – was hierzulande mitunter vergessen wird – dem 28. Jahrestag der noch zu Sowjetzeiten organisierten 600 Kilometer langen Menschenkette "Baltischer Weg" von Tallinn über Riga nach Vilnius: Dass sich die Russische Föderation zur "Schutzmacht" über Russischsprachige in welchem Ausland auch immer aufschwingt, nah oder fern, kann nicht hingenommen werden – weder in Deutschland (Stichwort "Fall Lisa") noch anderswo, sprich: Estland, aber auch Ukraine, Lettland, Moldova, Kasachstan und Litauen. Das hat man von diesem Redner in seiner früheren Funktion als Außenminister in dieser Klarheit nicht gehört. Der Kontext dieser Rede war natürlich die völkerrechtswidrige Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim, vom Redner genannt, und die russische Militärintervenion im ostukrainischen Donbass.
Aber ist das mit Blick auf das kleine und wehrlose Estland wirklich das eigentliche Problem beziehungsweise, um zahlreiche internationale Medien zu zitieren: "Is Narva next?" Ist also die drittgrößte Stadt des EU- und NATO-Mitgliedstaats, gelegen unmittelbar an der Grenze zur RussischenFöderation und mit einem Bevölkerungsanteil von über 90 Prozent Russischsprachigen, nach den beiden ukrainischen Territorien das nächste Interventions- und Annexionsziel Putinscher Expansionspolitik?
Wohl kaum. Denn anders als im Falle von Georgien und der Ukraine bekäme es Moskau erstmals unmittelbar mit der NATO zu tun, die im estnischen Ämari die nicht existente Luftwaffe des Landes ersetzt, darunter mit deutscher Beteiligung, und in Tapa britische Bodentruppen stationiert hat. Einen solchen Stolperdraht, und sei er auch noch so dünn, niederzutrampeln, würde zwangsläufig eine robuste militärische Antwort des transatlantischen Bündnisses provozieren. Narva und sein gleichfalls russischsprachiges Umland hat überdies keine strategische Bedeutung. Hinzu kommt, dass die Ausbeutung der dort befindlichen Ölschieferaufkommen und ihre Umwandlung in Energie eine hochgradig unökonomische Umweltkatastrophe ist, wie die russischsprachige Bevölkerungsmehrheit dort zu großen Teilen entweder alt oder arbeitslos oder als Arbeitsmigranten in der EU tätig ist. Mit anderen Worten Russland würde sich hier nach Krim und Ostukraine einen weiteren Klotz ans Bein binden.
Dennoch ist Narva keine sterbende Stadt, auch wenn die Zahl ihrer vormals 90.000, heute wohl nur noch 50.000 Einwohner auch weiterhin jährlich um 1.000 abnimmt. Dafür gibt es zwei Gründe: Der eine ist, dass das Ende der Sowjetdiktatur 1991 die intellektuelle Elite sowohl Narvaer Russischsprachiger (was neben Russen auch Ukrainer, Belarussen und andere einschließt) als auch Vertreter der mit rund vier Prozent winzigen estnischen Minderheit dort motiviert hat, die Chancen der neuen Zeit zu nutzen. Unterstützung dafür gab es seitens der neuen Zentralregierung in Tallinn zumindest indirekt, so durch die 1999 erfolgte Gründung des Narva College, einer Außenstelle der estnischen Traditionsuniversität Tartu. Das architektonisch avantgardistische Gebäude dieser Bildungseinrichtung steht in unmittelbarer Nachbarschaft des barocken Rathauses aus dem 17. Jahrhundert und zahlreicher "Chruschtschow-Blocks" sowie in Sichtweite der mittelalterlichen Hermannsfeste und eines hässlichen Hochhausbaus aus der Zeit der "goldenen Stagnation" unter Breschnew. Das College fungiert somit inmitten von Historie und postsowjetischer Tristesse als raumschiffartige Außenstelle des hyperdigitalisierten High Tech-Staates Estland.
Der andere Grund ist generationeller Art: In Narva haben viele Einwohner die Implosion des diktatorischen Sowjetregimes als veritable Befreiung empfunden. Diese über Parteigrenzen hinweg kooperierende generationelle Gruppe ist sich auf vielfältige Weise persönlich verbunden: Der amtierende Narvaer Bürgermeister Tarmo Tammiste von der konservativen Zentrumspartei ist gleich seiner liberalen Konkurrentin Katri Raik Este. Sie ist derzeit Rektorin der Sicherheitsakademie Estlands in Tallinn und wie er Absolvent der Universität Tartu. Sein Stellvertreter Wjatscheslaw Konowalow ist Russe und war zu Raiks Zeiten als Gründungsrektor des Narva Colleges Dozent für Englisch dort. Für den Tag nach der Bürgermeisterwahl am 15. Oktober haben sie sich unabhängig vom Ausgang zum Abendessen verabredet.
In der Tat: "Narva is next", wenn es um die Überbrückung des kulturellen Grabens zwischen den beiden großen Bevölkerungsgruppen des kleinen Landes geht. Das was hier bereits im Gelingen befindlich ist, wird auf das ganze Land ausstrahlen, nicht zuletzt auf die Hauptstadt, in der die urbanistische Grenze zwischen spätsowjetisch-russophonen "Mikrorayons" und anderen Stadtteilen wenn nicht sozial, so doch kulturell wie politisch durchlässig wird.
Der an der EU- und NATO-Ostgrenze gelegene Kleinstaat Estland, dessen Wohnbevölkerung neben der estnischen Staatsangehörigkeit und der Staatenlosigkeit auch die Staatsangehörigkeit der benachbarten Russländischen Föderation hat, ist ein Paradebeispiel dafür, wie Konfrontation globalen Maßstabs regional und lokal reduziert werden kann. | mdr.de | Tagelang hatten Russen und Weißrussen an der russischen Westgrenze Militärübungen abgehalten. Die estnische Stadt Narva grenzt direkt daran. Könnte Narva ein ähnliches Schicksal ereilen, wie 2014 die Halbinsel Krim? | [] | 2017-09-20T12:03:15+02:00 | 2017-09-25T11:21:11+02:00 | https://www.mdr.de//heute-im-osten/stadt-nava-estland-russland-nato-100.html |
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Birgit Breuel über die Treuhand: "Wir haben den Menschen wirklich sehr viel zugemutet" | Die Idee einer Treuhandgesellschaft brachte im Februar 1990 "Demokratie jetzt" am Runden Tisch ein. Am 1. März 1990 wird die "Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums" noch unter der Regierung Hans Modrow gegründet. Ziel: Mit so einer Treuhandgesellschaft sollte das bisherige Staatseigentum in Privateigentum umgewandelt werden und es sollten die Anteilsrechte der DDR-Bürger gewahrt werden.
Doch für Millionen Ostdeutsche führte dieser Prozess direkt in die Arbeitslosigkeit. Die Treuhand galt damals als die größte Holding der Welt und sollte 8000 ehemals volkseigene Betriebe und vier Millionen Angestellte in die Marktwirtschaft überführen. Birgit Breuel, Vorstandsvorsitzende und Präsidentin der Treuhand, ist zu diesem Zeitpunkt für 15 Niederlassungen zuständig.
Und dann ging es auf einmal los. Und man stand vor dem Nichts. Wirklich vor dem Nichts. Wir hatten keine Papiere, keine Unterlagen. Es gab viele Mitarbeiter die keiner kannte, die waren da irgendwie noch von Modrow eingestellt worden.
Es ist eine Zeit des Aufbruchs, der Chancen. Alles scheint möglich, Konzepte werden geschrieben, es gibt kaum Regeln. Doch die Stimmung kippt sehr schnell. Betriebe können die Löhne nicht mehr zahlen – sie brauchen dringend Kapital. Die Treuhand gewährt Hilfen in Milliardenhöhe. Doch es reicht nicht. In eineinhalb Jahren werden die Arbeitsplätze von 4 auf 1,2 Millionen abgebaut. Innerhalb der Anstalt wird gestritten: Treuhand-Chef Detlef Karsten Rohwedder gilt als Sanierer. Birgit Breuel setzt auf den Markt.
Und da haben wir uns gestritten wie die Kesselflicker. Das muss ich schon sagen. Weil ich natürlich wollte, dass die Privatisierung eine wichtige Rolle dabei spielte. Und nicht nur die Sanierung.
Nach der Ermordung Detlev Karsten Rohwedders am Ostermontag 1991 übernimmt die Marktwirtschaftlerin Birgit Breuel und wird zur neuen Präsidentin der Treuhand. Historiker Marcus Böick von der Ruhr-Universität Bochum hat die Arbeit der Treuhandanstalt umfassend untersucht. Er sagt: "Unter Birgit Breuel wird die Treuhandanstalt zu dem als was sie heute natürlich berühmt berüchtigt ist: zu einer Massenprivatisierungsagentur." Die Fallzahlen steigen auf bis zu 100 Privatisierungen pro Monat. Rückblickend sagt Birgit Breuel heute:
Wir haben den Menschen wirklich sehr viel zugemutet. Und sie mussten auch leiden darunter. Das ist gar kein Zweifel. Und wir hatten auch nicht die Zeit, uns mit den Lebensbiographien ausreichend zu beschäftigen, | mdr.de | Die Treuhand habe bei der Privatisierung der einstigen DDR-Betriebe Fehler gemacht. Das sagt Birgit Breuel, ehemalige Vorstandsvorsitzende und Präsidentin der Treuhand. Am 13. April 1991 wurde sie in das Amt gewählt. | [] | DDR | 2021-10-07T08:16:00+02:00 | 2024-06-05T08:41:07+02:00 | https://www.mdr.de//geschichte/ddr/deutsche-einheit/treuhand/praesidentin-birgit-breuel-anstalt-bilanz-fehler-100.html |
"Für ein gutes Ende braucht es einen runden Abschluss" | Dass Dinge irgendwann auch einmal zu Ende gehen, das kennen wir alle: Freundschaften gehen auseinander und Ehen zerbrechen, die Schulzeit endet, eine Karriere wird an den Nagel gehängt oder man geht in Rente. Kinder verlassen das Elternhaus und die Nachbarn von nebenan ziehen in eine andere Stadt. Fußballvereine steigen ab, Stars verabschieden sich von der Bühne und geliebte Menschen um uns herum sterben.
Abschiede gehören zum Leben einfach dazu. Das Abschiednehmen aber fällt uns meistens recht schwer. Und obwohl wir das Ende von Dingen oftmals schon erahnen oder sogar absehen können, ignorieren oder verdrängen wir es lieber, statt uns bewusst damit auseinanderzusetzen. Nicht unbedingt die beste Strategie, weiß Psychologie-Professorin Gabriele Oettingen von der New York University.
"Wenn man einfach hinein stolpert in ein Ende, das aber absehbar ist, dann bricht das einfach ab und man hat sich nicht vorbereitet darauf, was später ist. Darauf, auf Wiedersehen zu sagen und das so abzuschließen, dass man im Rückblick dann sagen kann: Okay, das war jetzt eine Phase. Und jetzt bin ich in der nächsten Phase."
Stattdessen sollten wir uns also fragen: Was will und was kann ich denn mit der verbleibenden Zeit noch machen, sodass ich dann ein gutes Ende habe. Denn Studien, wie die von Psychologin Gabriele Oettingen, zeigen: Ein runder Abschluss ist entscheidend dafür, dass auch das Danach gut werden kann. "Wenn Personen das Gefühl haben, sie haben etwas rund abgeschlossen, sie haben alles gemacht, damit es ein gutes Ende gibt, dann ist der Übergang in die nächste Phase viel positiver", so Oettingen. "Ich bin weniger grantig, weniger schlecht gestimmt und kann mich viel besser auf die anstehenden, neuen Aufgaben konzentrieren.
In dem Moment, wo man ins Jammertal geht, wird man nicht handeln.
Ein schlechter Abschluss sorgt also nicht nur für schlechte Stimmung, Stress und psychische Belastung, sondern kann auch unsere Konzentration und Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. In den Untersuchungen von Oettingen und ihrem Team wurde deutlich, dass Personen, die einen guten Abschluss finden konnten, auch besser bei schwierigen kognitiven Tests abschnitten. Aber wie gelingt uns ein gutes Ende, ein runder Abschluss?
Oettingen hat mit ihrem Team aus den Ergebnissen ihrer Untersuchungen eine mentale Strategie entwickelt, die Menschen dabei helfen soll, gesünder mit sich selbst umzugehen, ihr zwischenmenschliches Verhalten und ihre persönliche Leistung zu verbessern – oder eben auch, um mit dem Ende von Dingen besser klarzukommen.
"WOOP" heißt die Methode, wobei jeder Buchstabe für einen der vier Schritte steht. Im ersten Schritt "W, wie Wish – Wunsch" geht es darum, sich selbst zu fragen, was man sich eigentlich für das bevorstehende Ende wünscht: Was wäre mein Wunsch, wie ich diese Zeit abschließen kann?
Im zweiten Schritt "O, wie Outcome – Ergebnis" ist dann unsere Vorstellungskraft gefragt: Wie würde ich mich fühlen, wenn ich die Situation richtig gut abgeschlossen hätte? Wäre es ein Gefühl von Erleichterung, ein Glücksempfinden oder die innere Bereitschaft für die neuen, anstehenden Aufgaben? "Was immer da individuell für jede Person am besten passt, das stellen Sie sich dann ganz intensiv und lebendig vor", erklärt Oettingen.
Um sich dabei aber nicht in unrealistischen Vorstellungen und Tagträumereien zu verlieren, ist der dritte Schritt "O, wie Obstacle – Hindernis" entscheidend: Was steht denn meinen Wünschen für einen runden Abschluss im Weg? Welche Herausforderungen könnte es geben? "Und dann stellen Sie sich dieses Hindernis ganz lebendig vor", empfiehlt Oettingen. "Und meist wissen Sie dann schon ganz spontan, wie Sie dieses Hindernis überwinden können und machen einen Wenn-dann-Plan."
Daraus wird im vierten und letzten Schritt "P, wie Plan" eben ein solcher erstellt. Also: Die einzelnen Schritte festlegen und umsetzen. Und so, sagt Gabriele Oettingen, kann tatsächlich jeder und jedem von uns ein guter, runder Abschluss gelingen.
Auch Host Daniela Schmidt testet die WOOP-Strategie und geht sie Schritt für Schritt durch, um für sich selbst einen guten Abschluss mit dem Ende des Podcasts "Meine Challenge" zu finden. Ob und wie gut ihr das gelingt und warum das Bedürfnis nach runden Abschlüssen evolutionär in uns verankert ist, hören Sie in der letzten Folge "Besser mit Abschieden umgehen".
Schwörer, B., Krott, N. R., & Oettingen, G. (2020): Saying goodbye and saying it well: Consequences of a (not) well-rounded ending. Motivation Science. | mdr.de | Nach sechseinhalb Jahren "Meine Challenge" heißt es: Tschüss sagen! Host Daniela Schmidt will in der letzten Podcast-Folge herausfinden, wie wir alle besser mit einem Ende und dem Abschiednehmen klarkommen können. | [] | 2025-04-15T10:25:45+02:00 | 2025-04-15T10:25:45+02:00 | https://www.mdr.de//wissen/podcast/challenge/ende-abschluss-finden-abschied-nehmen-100.html |
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Warum die Tschechen in Polen und Deutschland einkaufen | In der Adventszeit gehört eine Shoppingtour ins Ausland für viele Tschechen zur Tradition. Dieses Phänomen gab es schon im "real existierenden Sozialismus", wegen der vielen Reisebeschränkungen waren für die Bürger allerdings die Möglichkeiten begrenzt. Insbesondere die damalige DDR war vor den Feiertagen das Ziel vieler Einkaufstouristen jenseits der Grenze. Von dort holte man sich etwa Kakao, Eierlikör, Räucherkerzen, Wurstwaren und den Dresdner Christstollen.
Mittlerweile kaufen die Tschechen bei ihren Nachbarn in einem deutlich größeren Umfang ein, und zwar unabhängig von der Jahreszeit. Insbesondere die Supermärkte in Polen werden von tschechischen Kunden regelrecht im Sturm genommen. Was vor einigen Jahren mit dem Kauf von preiswerten Lebensmitteln und Kleidung begann und sich dann auf billigeren Sprit ausweitete, nahm in letzter Zeit enorme Dimensionen an. Gegenwärtig werden auch Möbel oder sogar ganze Küchen in Polen gekauft.
Die Flucht der Verbraucher ins benachbarte Ausland ist eine Konsequenz der hohen Inflation in Tschechien. Laut Eurostat lag letztere im Oktober 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei 9,5 Prozent. Damit gehört das Land zu den Rekordhaltern innerhalb der Europäischen Union mit einer durchschnittlichen Inflation von 3,6 Prozent (in Deutschland lag die Teuerung bei 3 Prozent).
Nach einer Umfrage des Portals akcniceny.cz, das die Angebotsprospekte der wichtigsten Handelsketten veröffentlicht, kauft inzwischen jeder fünfte Tscheche in Polen ein. Auch bei den Banken macht sich der Trend bemerkbar: Die Anzahl von Kreditkartentransaktionen tschechischer Kunden in Polen ist in diesem Jahr um fast ein Drittel gestiegen. Die Preisunterschiede zwischen den beiden Ländern sind erheblich. Die Tageszeitung "Mladá fronta Dnes" hat im Oktober für einen Testeinkaufskorb in einer tschechischen Lidl-Filiale 700 Kronen ausgegeben, in einer polnischen Filiale der gleichen Kette waren nur 497 Kronen für dieselben Lebensmittel fällig, 29 Prozent weniger.
Wo Nachfrage besteht, gibt es auch ein entsprechendes Angebot. So bieten einige Reiseunternehmen spezielle Tagesfahrten mit Bussen zum Shoppen nach Polen an. Dazu gehört zum Beispiel die Firma Čebus aus Brünn – für 450 Kronen (umgerechnet 18,50 Euro) kann man eine Fahrt ins polnische Cieszyn buchen. Los geht es um 5 Uhr morgens, um 7:45 Uhr ist man nach einem Zwischenstopp in Olmütz am Ziel. Die Rückfahrt startet um 13:30 Uhr. Am meisten werden Güter eingekauft, die lange haltbar sind. Manche Kunden decken sich sogar für einen längeren Zeitraum, etwa einen Monat, ein. Wer im Grenzgebiet wohnt und es nicht zu weit hat, kauft dort auch vergängliche Ware wie Fleisch oder Wurstwaren.
"Für die Händler im Grenzgebiet wirkt sich dieser Einkaufstourismus in Richtung Polen negativ aus und führt zu Umsatzeinbußen. Sie können es sich nicht erlauben, die Waren zu vergleichbaren Konditionen wie die polnische Konkurrenz anzubieten. Sie haben wenig Spielraum, weil die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel in Tschechien bei 15 Prozent, in Polen jedoch derzeit bei 0 Prozent liegt. Schon dieser Unterschied stellt einen Wettbewerbsnachteil dar", beklagt sich der Präsident des tschechischen Handelsverbands, Tomáš Prouza, im Gespräch mit dem MDR.
Jan Bureš, Volkswirt beim Finanzunternehmen Patria, bestreitet aber, dass der grenzüberschreitende Einkaufstourismus allzu große Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft Tschechiens hat. "Ich glaube, dass das zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine große Belastung für die tschechische Wirtschaft darstellt. Vom grenzüberschreitenden Einkaufstourismus sind in erster Linie die Grenzregionen betroffen, wo es wegen der kurzen Anfahrt auch Sinn ergibt. Bei größeren Entfernungen muss man die Fahrtkosten noch einrechnen, so dass es dann möglicherweise keinen Sinn mehr ergibt, zum Einkaufen nach Polen oder Deutschland zu fahren", sagt er dem MDR.
Gewissensbisse, dass sie ihr Geld im Ausland lassen, müssen die Tschechen allerdings nicht haben, denn selbst der "Landesvater", Premierminister Petr Fiala, ging kürzlich im Ausland auf Einkaufstour und hielt dies als "Feldversuch" auf Video fest. Anlässlich eines Besuches in Cheb, unweit der Grenze zu Bayern und Sachsen, fuhr er ins bayrische Waldsassen und kaufte dort Lebensmittel ein: Butter, Brot, Milch, Ketchup, Nutella und Schokolade. Produkte derselben Marken kaufte er dann auch in einem tschechischen Geschäft und machte einen Vergleich. Das Ergebnis: In Tschechien hat er etwa 60 Kronen (umgerechnet 2,47 Euro) mehr als in Deutschland bezahlt. Die Handelsketten konfrontierte er dann mit der unangenehmen Frage, warum sie in Tschechien zu höheren Preisen als im benachbarten Deutschland verkaufen. Besonders kritisch äußerte sich der Regierungschef zum Butterpreis, der in seinem tschechischen Einkaufskorb fast um ein Drittel teurer war als in Deutschland.
Die Reaktionen auf Fialas Einkaufstour waren durchwachsen. In den sozialen Medien erntete er Hohn und Spott – nicht nur wegen der etwas ungelenken Art und Weise, wie er im Video auftrat, sondern auch weil er sich damit auf das gleiche Niveau begab wie schon vor Jahren sein populistischer Amtsvorgänger Andrej Babiš. Auch dieser unternahm "vergleichende Testeinkäufe" in Deutschland, um zum selben Schluss wie Fiala zu kommen: In Deutschland sind viele Lebensmittel günstiger.
Andere stellten sich wiederum die Frage, wo denn Fiala bislang gelebt habe, dass er vom höheren Preisniveau in Tschechien so überrascht sei? Und der Interessenverband der tschechischen Lebensmittelhersteller zeigte sich schockiert darüber, dass der Premierminister seine Landsleute mit einem Video indirekt auffordere, ihr Geld im Ausland auszugeben, und nutzte die Vorlage, um eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel in Tschechien von derzeit 15 Prozent auf mindestens 7 Prozent wie in Deutschland zu fordern.
Handelsverbandspräsident Prouza sieht das etwas differenzierter. Er glaubt, dass das Video des Premierministers nicht primär auf das Einkaufen im Ausland abzielte. Das eigentliche Ziel war laut Prouza zu zeigen, dass die großen multinationalen Konzerne die gleiche Ware den Kunden in Deutschland billiger und in besserer Qualität anbieten als tschechischen Kunden. "Ich denke, dass es richtig ist, dass der Premier mit seiner Aktion auf diese unfaire Einstellung hingewiesen hat", so Prouza.
Doch welche Möglichkeiten die Regierung tatsächlich hat, um die multinationalen Handelskonzerne dazu zu bewegen, die Preise zu senken, bleibt offen. Bisher hat sie sich dagegen gesträubt, direkt in den Markt einzugreifen und zum Beispiel die Preise für gewisse Produkte zu regulieren. Sie verspricht sich einiges von der geplanten Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel von 15 auf 12 Prozent. Nach den Berechnungen des Finanzministeriums sollte die monatliche Ersparnis bei jedem Bürger im Schnitt 88 Kronen (3,60 Euro) betragen – vorausgesetzt, dass die Handelsketten die niedrigere Steuer an die Kunden auch tatsächlich weitergeben.
Unterdessen deutet sich im "Einkaufsparadies" Polen eine Wende an. Kaum waren die Parlamentswahlen vom 15. Oktober entschieden, kletterten die Preise an den Zapfsäulen wieder hoch – der Wahlkampfrabatt des staatlichen Erdölkonzerns Orlen galt nicht mehr und die Preisunterschiede von umgerechnet etwa 33-40 Cent pro Liter zwischen Tschechien und Polen glichen sich aus.
Der Mehrwertsteuersatz von 0 Prozent auf Lebensmittel läuft zum Jahresende ebenfalls aus – ob die neue polnische Regierung ihn verlängert, ist fraglich. Aufgrund des Regierungswechsels und der zu erwartenden Freigabe der enormen Summen aus dem Wiederaufbaufonds der EU sagen Wirtschaftsexperten zudem voraus, dass die polnische Währung gegenüber der Krone kontinuierlich zulegen wird. All das könnte das Einkaufen in Polen schon bald weniger attraktiv machen – zumindest für diejenigen, die mit Bussen aus weiter entfernten Städten wie Brünn und Olmütz anreisen müssen. Und im Grenzgebiet soll es bereits vorkommen, dass polnische Autofahrer ihren Tank in Tschechien füllen. Die Tschechen reiben sich die Augen: verkehrte Welt! | mdr.de | Euro-Teuro? Das gilt für die Tschechen nicht mehr. Neuerdings ist das Einkaufen in Deutschland günstiger – und noch mehr kann man in Polen sparen. Die Tschechen stürmen die Supermärkte in den Nachbarländern. | [
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] | Welt | 2023-12-18T15:10:59+01:00 | 2023-12-18T15:10:59+01:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/welt/osteuropa/land-leute/tschechien-polen-inflation-lebensmittel-einkauf-grenze-petr-fiala-100.html |
Elefanten. Das Leben der Riesen zwischen Geburt, Familie und Tod | Die Abschlussarbeit war geschrieben. Sie erhielt eine Auszeichnung dafür. Eigentlich hätte Hannah Mumby sich nun einen Goldhamster zulegen und die Hände in den Schoß legen können. Das tat sie aber nicht. Sie tat etwas, was viel schwieriger ist. Sie begrub ihre Sicht auf die Welt und begann noch mal von vorn.
Ihre ursprüngliche Idee bestand darin, am Beispiel von Primaten aufzuzeigen, dass Organismen sich ihren Lebensphasen entsprechend verhalten, sich also Energie und Zeit im Verhältnis zu ihrem Alterungsprozess und ihrer Fortpflanzung einteilen. Elefanten, das schildert Hannah Mumby nun in ihrem ersten Sachbuch, widerlegen, obwohl selbst keine Primaten, diese Gesetzmäßigkeiten nicht. Sie zeigen aber auch zahlreiche Verhaltensmuster, die über den Überlebenskampf hinausgehen. Darum und um noch viel mehr der Grundlagen biologischer Betrachtungsweisen geht’s in "Elefanten".
Von einem neugierigen Blick auf die Welt bis zu einem Sachbuch, gespickt mit tiefgründigen Analysen, ist es ein weiter Weg. Er gelingt mithilfe fundierter Forschungserkenntnisse zum Thema. Wussten Sie zum Beispiel, dass Elefantengruppen, deren Muttertier einer älteren Generation angehört, ein besseres System aufweisen, um ihre Jungen zu schützen, als jene, deren Muttertier jünger ist? Erstere weisen in Situationen, in denen Fressfeinde zu einer Bedrohung werden können, des Öfteren eine Formation auf, in der junge Tiere von älteren Tieren abgeschirmt werden. (So ähnlich wie die Römer in den Asterix-Comics). "Matriarchinnen" werden sie von den Forschenden genannt. Kaum ist das gelernt, erfährt man schon das nächste überraschende Verhalten: Elefanten können riechen(!), in welchem von zwei Eimern mehr Sonnenblumenkerne sind.
Hannah Mumby, Jahrgang 1986, ist Verhaltensbiologin und Professorin in Hongkong. Sie studierte und forschte in Cambridge, Berlin und, mit dem Stipendienprogramm Fulbright Scholar, in Colorado, USA. Wer mehr über die Wissenschaftlerin als Person erfahren möchte, sollte sich der Lektüre dieses Buches verschreiben. Darin verarbeitet sie Rückschläge, prägende Erlebnisse und ihr Verständnis von Familie.
Das Buch ist ein Krimi für Biologiefans.
Offenherzig und mitunter schreiend komisch, beschreibt Hannah Mumby ihre Erfahrungen im afrikanischen Samburu-Nationalpark und im Norden Myanmars, wo sie asiatische Arbeitselefanten untersucht. Hannah Mumby beschreibt wissenschaftliche Erkenntnisse genauso detailreich wie ganz menschliche Erfahrungen in der Feldforschung. Mal hält man sich den Bauch vor Lachen, mal muss man mit den Tränen kämpfen.
Elefanten haben fast 2.000 Gene fürs Riechen. Es gibt eine Studie, die genau 1.948 von ihnen zählte. Beim Menschen sind es nicht mal 400. Sie sind wahre Meister im Riechen. Ihren Rüssel nutzen sie aber noch für andere Dinge. Zum Beispiel, um sich Sonnenblumenkerne in den Mund zu sprühen. Wie praktisch, dass sie vorher gerochen haben, in welchem Eimer mehr sind. | mdr.de | Die Menge von Sonnenblumenkernen erriechen? Elefanten können das. Und noch viel mehr, wie Klara Fröhlich zu berichten weiß. Sie empfiehlt eine Neuerscheinung aus der Verhaltensforschung zu den grauen Riesen. | [] | Startseite | 2021-07-11T21:40:08+02:00 | 2021-07-11T21:40:08+02:00 | https://www.mdr.de//wissen/buchempfehlung-elefanten100.html |
B84 im Wartburgkreis nach Lkw-Unfall zehn Stunden lang gesperrt | Ein verunglückter Lkw hat am Montag rund zehn Stunden die Bundesstraße 84 bei Buttlar im Wartburgkreis blockiert. Wie die Polizei mitteilte, war der Sattelzug am Morgen gegen 8:30 Uhr in einer Kurve auf glatter Straße ins Rutschen gekommen. Das Gespann durchbrach die Leitplanke und prallte gegen einen Baum.
Dabei löste sich der Auflieger und blieb auf der Straße liegen. Der 61-jährige Fahrer wurde im Führerhaus eingeklemmt und musste von der Feuerwehr befreit werden. Er kam leicht verletzt ins Krankenhaus. Um Auflieger und Zugmaschine zu bergen, war die Bundesstraße bis zum Abend gesperrt.
MDR (wh/jhi/jn) | mdr.de | Nach einem Lkw-Unfall ist die B84 im Wartburgkreis für mehrere Stunden gesperrt gewesen. Auflieger und Zugmaschine blockierten die Fahrbahn. Der Fahrer wurde im Führerhaus eingeklemmt. | [
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] | Thüringen | 2025-02-04T11:54:08+01:00 | 2025-02-04T11:54:08+01:00 | https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/west-thueringen/wartburgkreis/unfall-lkw-bundesstrasse-sperrung-polizei-100.html |
Niederländerin Brand siegt im Sprint von Mühlhausen | Brand vom Team Lidl-Trek schob sich im Zielsprint auf den letzten Metern an ihrer Landsfrau Karlijn Swinkels (UAE Team ADQ) vorbei und holte den ersten Etappensieg für ihr Team. Dritte wurde in Mischa Bredewold (Team SD Worx) ebenfalls eine Niederländerin. Das Gelbe Trikot der Führenden bleibt weiter in der Hand der Belgierin Margot Vanpachtenbeke.
30 Kilometer vor dem Ziel setzten sich mit der Polin Katarzyna Niewiadoma (Canyon/Sram Racing) und Mijntje Geurts zwei Ausreißerinnen ab, doch die Niederländerin konnte das Tempo nicht mehr halten. Bei Kilometer 20 machte sich eine große Verfolgergruppe auf die Jagd nach der Polin und stellte sie 4,8 Kilometer vor der Ziellinie. Aus diesem Feld erfolgte auch der Zielsprint.
Linda Riedmann vom Team Germany konnte auf der 111,4 Kilometer langen hügeligen Etappe dieses Mal nicht in der Spitzengruppe mitfahren. Am Ende landete die 21-Jährige auf Platz 18. "Es war ein harter Tag mit vielen Bergen", sagte Riedmann SPORT IM OSTEN. "Ich merke die letzten Tage in den Beinen, das Einzelzeitfahren morgen wird nicht einfacher."
Die 36. Auflage der Thüringen-Rundfahrt der Frauen ist zugleich die Olympia-Generalprobe. Das Highlight der Tour steht am Samstag mit dem Einzelzeitfahren über 30 km um Altenburg an. Die Strecke ist damit fast genauso lang wie in Paris. Auch das Höhenprofil wurde entsprechend angepasst.
"Wir werden dort einen Feinschliff von der absoluten Weltspitze sehen", versprach Renndirektorin Vera Hohlfeld. Am Sonntag steht zum Abschluss der Ladies Tour schließlich die 6. Etappe rund um Schmalkalden an.
SpiO/dpa | mdr.de | Lucinda Brand hat die vierte Etappe der LOTTO Thüringen Ladies Tour gewonnen. Die Niederländerin siegte rund um Mühlhausen nach einem spannenden Finale. | [
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] | 2024-06-28T18:39:18+02:00 | 2024-06-28T18:39:18+02:00 | https://www.mdr.de//sport/andere_sportarten/radsport-thueringen-ladies-tour-vierte-etappe-100.html |
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Gericht verurteilt Frau wegen Brandstiftung zu Haftstrafe | Das Landgericht Mühlhausen hat eine 32 Jahre alte Frau am Mittwoch wegen schwerer Brandstiftung zu einer Haftstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. Außerdem wurde die Unterbringung in einer Psychiatrie angeordnet.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die psychisch kranke Frau im Januar dieses Jahres auf dem Dachboden eines Mehrfamilienhauses in Nordhausen Batterien, Sägespäne und Müll angezündet hat. Der Fußboden und die Stützbalken des Daches wurden stark beschädigt. Der Schaden wurde auf 10.000 Euro geschätzt.
Mit dem Urteil blieben die Richter unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft Mühlhausen, die fünf Jahre Haft wegen schwerer Brandstiftung und versuchten Mordes in vier Fällen gefordert hatte. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
MDR (cg/dr) | mdr.de | Das Landgericht hat eine 32-jährige Frau zu einer mehrjährigen Haftstrafe wegen Brandstiftung verurteilt. Die Angeklagte hatte im Januar in einem Haus in Nordhausen Feuer gelegt. | [
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] | Thüringen | 2024-09-04T19:18:00+02:00 | 2024-09-05T16:47:57+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/thueringen/nord-thueringen/nordhausen/frau-brandstiftung-haftstrafe-urteil-landgericht-100.html |
Die Hündin Rosalba ist von Zuhause weg-gelaufen | Die Stadt Fulda ist in dem Bundes-Land Hessen.Dort ist gibt es eine besondere Hündin.Sie heißt: Rosalba.Rosalba ist von ihrem Zuhause weg-gelaufen.Das ist vor 7 Monaten passiert.
Die Hündin Rosalba kommt aus einem anderen Land.Sie kommt aus einem bestimmten Gebiet in dem Land Italien.Das Gebiet heißt: Sardinien.Sardinien ist eine große Insel.
Einige Tier-Schützer hatten Rosalba nach Deutschland gebracht.Das war im Juli von dem Jahr 2023.Sie ist in ein neues Zuhause in der Stadt Fulda gekommen.Aber Rosalba ist schon in der 1. Nacht weg-gelaufen.
Rosalba ist dann sehr viel gelaufen.Zum Beispiel:Vom Bundes-Land Hessen bis ins Bundes-Land Thüringen.Viele Menschen haben ihr Futter und Wasser gegeben.
Eine Tier-Expertin hat versucht Rosalba wieder ein-zufangen.Aber das hat die Tier-Expertin erst nach 7 Monaten geschafft.Dafür hatte sie eine Futter-Falle aufgebaut.Rosalba ist dann in die Futter-Falle gegangen.
Die Hündin soll jetzt in eine besondere Pflege-Stelle kommen.Sie ist im Norden von Deutschland.Dort kann Rosalba dann auch große Spaziergänge machen. | mdr.de | Eine Tier-Expertin hat eine Futter-Falle auf-gebaut. Damit hat sie die Hündin wieder ein-gefangen. | [] | 2024-02-29T13:18:46+01:00 | 2024-02-29T14:42:51+01:00 | https://www.mdr.de//nachrichten-leicht/leichte-sprache-thueringen-entlaufener-hund-wieder-eingefangen-100.html |
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Sind die Ergebnisse der Weltklimakonferenz ausreichend? | Liebe Abonnentinnen und Abonnenten,
wenn Sie die Weltklimakonferenz in den vergangenen Tagen verfolgt haben, dann werden Sie bereits wissen, dass heute ein äußerst wichtiger Tag ist. Die COP26 geht an diesem Freitag offiziell zu Ende und das bedeutet, dass die wichtigsten Entscheidungen, wie es mit den Klimazielen weitergehen soll, so gut wie getroffen sind. Die offizielle Erklärung soll am Abend folgen, sofern die Konferenz nicht doch in die Verlängerung geht.
Im heutigen Klima-Update wollen wir uns deshalb anschauen, was in den letzten Tagen der COP26 passiert ist und was das für die Zukunft bedeutet. Außerdem geht es um ein Dorf in Thüringen, das sich komplett selbst mit Strom und Wärme versorgt. Zunächst möchte ich Ihnen aber das unten stehende Video empfehlen, das sich mit einer Thematik beschäftigt, die für die Klimaneutralität Deutschlands essenziell ist: klimaneutrales Wohnen. Eine Mammutaufgabe, die bisher viel zu wenig im Fokus steht. Dabei ist sie eine echte Herausforderung – finanziell aber auch bautechnisch.
Seit dem 31. Oktober haben sich in Glasgow Experten und Politiker aus 197 Ländern versammelt, um über den Klimawandel und die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu beraten. Sicherlich hat der ein oder andere von Ihnen die Nachrichten zur UN-Klimakonferenz in unserem Ticker mitverfolgt. Auch mein Kollege Florian Zinner hat Ihnen vergangene Woche im Klima-Update bereits einen Zwischenstand geliefert, der schon angedeutet hat, wohin die Reise gehen wird.
Zu Erinnerung: Hundert Staaten haben sich verpflichtet, die Entwaldung bis 2030 zu stoppen. Auch einer Initiative der EU und der USA zur Minderung von Methan-Emissionen haben sich achtzig Staaten angeschlossen. Der Ausstoß soll damit bis Ende des Jahrzehnts um dreißig Prozent reduziert werden. China und Russland, die mit zu den größten Emittenten zählen, schlossen sich allerdings nicht an. Ebenfalls achtzig Staaten hatten zudem angekündigt, die Strominfrastruktur besser verknüpfen zu wollen, um grüne Energie wirksamer zu verteilen.
Am Mittwoch wurde ein erster Entwurf des Abschlussdokuments veröffentlicht. Im Ergebnis will sich die COP26 für schnellere und stärkere Klimaschutzmaßnahmen aussprechen. Die Mitgliedsstaaten seien aufgerufen, ihre Pläne für eine Abkehr von fossilen Energieträgern zu stärken, heißt es im Textentwurf. Dies soll bis 2022 geschehen – drei Jahre früher als ursprünglich geplant.
Der Entwurf ist ein Rahmendokument, in dem alle wichtigen Verhandlungsthemen der COP26 dargestellt werden. Der Plan sei weiterhin, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, heißt es darin. Neue Prognosen des Climate Action Trackers (CAT), die am Dienstag veröffentlicht wurden, bieten jedoch Anlass zur Sorge. Wenn die Zusagen aller Staaten bis 2030 umgesetzt würden, klettere die Erderwärmung laut den Forschern bis zum Ende des Jahrhunderts immer noch um etwa 2,4 Grad.
Im Überblick nun die wichtigsten Dinge, die auf der COP26 bereits entschieden wurden.
Sechs große Autohersteller wollen bis 2040 die Produktion von Autos mit Verbrennungsmotoren einstellen - darunter Mercedes-Benz, Volvo, Ford und General Motors. Zudem wollen sich mehr als 20 Staaten auf ein Enddatum für den Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotoren festlegen. Mit dabei sind unter anderem Großbritannien, Kanada, Mexiko und Indien. Außerdem beteiligen sich zahlreiche Unternehmen, die in die Autoindustrie investieren und eigene Wagenflotten besitzen - beispielsweise Eon, Unilever und Ikea.
Die beteiligten Regierungen wollen demnach darauf hinarbeiten, dass alle Verkäufe von neuen Autos und leichten Nutzfahrzeugen bis zum Jahr 2040 weltweit emissionsfrei sind. Deutschland hat nicht unterschrieben. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer erklärt, die Verbrennungstechnologie werde weiterhin gebraucht und betont: "Wir wollen sie mit synthetischen Kraftstoffen klimaneutral machen und die Vorteile der Technologie erhalten."
Der "Allianz für mehr Klimaschutz im Luftverkehr" hatte sich Deutschland am Mittwoch spontan doch noch angeschlossen, nachdem die Bundesregierung zunächst das Signal vermittelt hatte, der Erklärung nicht beitreten zu wollen. Weitere 14 Staaten hatten sich bereits dazu bekannt, ihre Emissionen in der Luftfahrt zu reduzieren, sodass bis 2050 Klimaneutralität erreicht werden kann.
Auch der Schiffsverkehr soll klimafreundlicher werden. Rund 20 Staaten inklusive Deutschland bekannten sich in der "Clydebank-Erklärung" dazu, bis Mitte der 2020er mindestens sechs Null-Emissions-Schiffsrouten zu etablieren. Bis 2030 sollen weitere folgen.
Oben habe ich bereits die Pläne für eine Abkehr von fossilen Energieträgern erwähnt. Deutschland hat sich einer Initiative für den Ausstieg aus der Finanzierung fossiler Energien im Ausland bis 2022 angeschlossen. Am vergangenen Donnerstag hatten bereits die USA und etwa 20 weitere Länder angekündigt, sich bis Ende kommenden Jahres aus der Finanzierung von Kohle-, Erdöl- und Erdgasprojekten im Ausland zurückzuziehen.
Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth erklärte in Glasgow, dass Deutschland länger benötigt habe, um zuvor weitere Einzelheiten zu klären. Konkret ging es um die Investition in die Gasinfrastruktur, die in Einzelfällen weiterhin möglich sein solle. Sinnvoll sei dies laut Flasbarth, für die Überbrückung nach dem Kohleausstieg und die Produktion von grünem Wasserstoff.
Die Finanzierung war einer der Knackpunkte der COP26 und bleibt auch ein wichtiger Punkt im Textentwurf zur Abschlusserklärung. Darin wird bemängelt, dass die wohlhabenden Staaten ihr Versprechen nicht einhalten konnten, die 100 Milliarden US-Dollar bereitzustellen, die es für die Finanzierung der ärmeren und direkt vom Klimawandel betroffenen Länder jährlich benötige.
Immerhin kamen während der 26. Weltklimakonferenz 413 Millionen Dollar an Spenden für den "Least Developed Countries Fund" zusammen, der diese Länder seit 2001 unterstützt. Sie stammen von zwölf Mitgliedsstaaten – darunter Deutschland, USA, Frankreich und Schweden.
Die Klimakrise lässt sich nur gemeinsam bewältigen. Deshalb war die internationale Zusammenarbeit auch eines der wichtigsten Ziele der COP26. Ganz in diesem Zeichen haben China und die USA am Mittwoch überraschend eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, in der sie sich auf einen grundlegenden Rahmen für eine Zusammenarbeit einigten. Um den Umbau zu einer klimaneutralen Weltwirtschaft zu erreichen, wolle man ehrgeizige Klimaschutzmaßnahmen ergreifen und eine gemeinsame Arbeitsgruppe einsetzen, heißt es im Statement dazu. Außerdem wollen die beiden Staaten in der ersten Hälfte des kommenden Jahres darüber beraten, wie sie den Methanausstoß reduzieren können.
Einige Experten hatten sich für den Entwurf stärkere Verpflichtungen für bestimmte Staaten gewünscht und sind der Meinung, dass die Konferenz in Glasgow noch weit von den notwendigen Klimazielen entfernt sei. Ein Problem ist beispielsweise, dass bis 2022 zwar Pläne für die Abkehr von fossilen Brennstoffen vorgelegt werden sollen, aber der Entwurf sieht kein genaues Datum vor, bis wann diese dann auch final umgesetzt werden müssen. Dabei war dies eines der Ziele von COP26 Präsident Alok Sharma gewesen.
Auch Greenpeace kritisiert den Entwurf. Er sei kein Plan, um die Klimakrise zu lösen, sagte Geschäftsführerin Jennifer Morgan in einem Statement. Stattdessen würden die Staaten wichtige Entscheidungen auf das nächste Jahr vertagen. "Das Abkommen ist das, was erreicht werden kann – aber es ist noch ein weiter Weg zu gehen. Am Ende hängt es von den Ländern ab", sagte Friedrich Bohn vom Leipziger Umweltforschungszentrum UFZ dem MDR. Sein Kollege Reimund Schwarz zeigt sich dagegen optimistisch: "Das läuft wesentlich besser, als es zu erwarten war. Wir kommen intern voran. Wenn ich aber sehe, was draußen passiert, da ist eine große Lücke dazwischen. Man sieht das hier als das große Blablabla."
Damit spielt er auf die Proteste an, die die COP26 medienwirksam begleitet haben. So hatte Greta Thunberg während einer Kundgebung in Glasgow den teilnehmenden Staaten Tatenlosigkeit vorgeworfen. Sie kritisierte die Konferenz als PR-Veranstaltung und sagte, es sei kein Geheimnis, dass die Weltklimakonferenz versagen werde. Auf der ganzen Welt waren in den letzten Tagen Klimaschützer und Aktivisten zusammengekommen, um für wirksamere Maßnahmen in Sachen Klimaschutz zu protestieren.
Dass die COP nur langsam vorankommt, mag vielleicht auch in der Natur einer Konferenz dieser Größenordnung liegen. Archie Young, Chef-Verhandler Großbritanniens, formulierte es diese Woche so: "Stell dir vor, du willst 197 Freunde zusammenbekommen und dich darauf einigen, wo man gemeinsam Mittagessen geht." Nur, dass es in Glasgow eben um mehr geht, als die Wahl zwischen Pizza oder Tapas.
Wie die genauen Ergebnisse der Weltklimakonferenz aussehen, werden wir frühestens heute Abend erfahren. Auch eine Verlängerung der Konferenz könnte möglich sein. Im Live-Blog von MDR Aktuell bleiben Sie weiterhin auf dem Laufenden.
SPD-Kanzlerkandidat Scholz will eine internationale Allianz für Klimaschutz gründen. Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth erzählt, dass die Gespräche dafür bereits begonnen hätten. Die Idee sei, sich mit Staaten zusammenzutun, die ähnliche Klimapolitik wie Deutschland betreiben. So könnten Regulierungen erarbeitet werden, bei denen keine Wettbewerbsnachteile entstehen. Bisher sind allerdings nur europäische Staaten sowie Nordamerika mit dabei.
Das reichste Prozent der Weltbevölkerung wird bis 2030 für 16 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine Oxfam-Studie. Klima-Referent Jan Kowalzig erklärt im Interview mit MDR Aktuell, dass der durchschnittliche Superreiche ein extrem hohes Konsumverhalten habe. Mega-Jachten, Luxusvillen, Privatjets und der Weltraumtourismus würden den CO2-Ausstoß in Zukunft noch weiter nach oben treiben.
Dass das, was unser Klima gerade durchmacht, weit über die Schwankungen hinausgeht, die es natürlicherweise gibt, wissen wir bereits. Neue Daten, die von der University of Arizona veröffentlicht wurden, verschärfen diese Aussage nochmal. Die Forscher haben Karten der globalen Temperaturänderung für jedes 200-Jahres-Intervall seit der letzten Eiszeit vor 24.000 Jahren erstellt. Aus den Ergebnissen der Untersuchung geht hervor, dass der Temperaturanstieg in den vergangenen 150 Jahren bei weitem alles übertrifft, was vorher da gewesen ist.
Seit Wochen stößt der Vulkan auf der kanarischen Insel La Palma Lava und Asche aus. Damit drängt sich ganz automatisch die Frage auf, ob dadurch nicht die bisherigen Klimaziele in Gefahr geraten. Doch Johannes Quaas vom Institut für Meteorologie der Universität Leipzig gibt Entwarnung. Der Vulkan habe lediglich Einfluss auf das Wetter, jedoch nicht auf das Klima. Zumindest nicht langfristig. Die Partikel, die der Vulkan ausspuckt, sinken schnell ab und sind innerhalb von Tagen oder Wochen wieder aus der Atmosphäre verschwunden. Ein wirklich großer Vulkanausbruch könnte den Klimawandel aber durchaus unterbrechen.
Was im Großen oft schwierig oder gar unmöglich ist, funktioniert im Kleinen manchmal ohne Probleme, so auch in Sachen Energiewende. Das Dorf Schlöben in Thüringen hat das geschafft, wovon andere Orte nur träumen können: Es versorgt sich komplett selbst mit Strom und Wärme. Meine Kollegin Daniela Schmidt von MDR WISSEN hat Schlöben im Rahmen der Doku-Reihe "Zukunftsland" besucht und sich selbst ein Bild davon gemacht. Seinen Anfang nahm alles im Kuhstall.
Mithilfe der Gülle wird in einer Biogasanlage Methangas gewonnen, aus dem in Blockheizkraftwerken dann Wärme erzeugt wird. Rund 500 Kühe versorgen im Moment etwa 7.800 Menschen mit Strom. Da Schlöben aber nicht mal 1.000 Einwohner hat, wird der Strom, den die Gemeinde selbst nicht braucht, verkauft. Die Gewinne werden direkt wieder im Dorf investiert.
Im großen Maßstab würde so ein Projekt allerdings nicht funktionieren, meint Umweltökonom Joachim Weimann von der Universität Magdeburg. Die Kosten stünden dabei nicht im Verhältnis zum Nutzen. Für ihn sei stattdessen der CO2-Emissionshandel der richtige Weg für die Energiewende.
Sie verfolgen das gleiche Ziel, doch mit ganz unterschiedlichen Methoden: In den neuen Folgen von "Miteinander Reden" treffen zwei Menschen aufeinander, die es sich zum Ziel gesetzt haben, Umwelt und Ressourcen zu schonen und dem Klimawandel entgegenzutreten. Dabei diskutieren sie Fragen wie Ernährung, Aktivismus und den persönlichen Verzicht.
Fee Brauwers und Bettina Eick setzen sich beide für den Klimaschutz ein. Beim Thema Ernährung vertreten sie jedoch ganz unterschiedliche Ansichten. "Die vegane Ernährung ist besser fürs Klima, weil pflanzliche Lebensmittel wesentlich weniger Treibhausemissionen ausstoßen und weil sie ressourcenschonender sind", erklärt Eick. Doch auch ethische Gründe spielen für sie eine Rolle. Brauwers setzt sich dagegen für die nachhaltige Nutzung von Wäldern ein, wozu auch das Thema Wildfleisch gehört: "Wild lebt frei in unseren Wäldern, wird vom Jäger oder der Jägerin erlegt und ist somit vollkommen klimaneutral."
Klimathemen brauchen mehr Aufmerksamkeit. Sind meinungsstarke Social Media Akteure da vielleicht sogar effektiver als Proteste auf der Straße? Umwelt-Bloggerin Louisa Dellert trifft auf Klimagerechtigkeits-Aktivist Max Hierhammer, um genau darüber zu sprechen. "Natürlich ist das eine Gefahr, wenn man seinen Körper direkt in die Schusslinie bringt, aber ich glaube, dass es notwendig ist, um die Drastik der Situation zum Ausdruck zu bringen", erzählt Hierhammer. Dellert hält dagegen: "Ihr würdet vor Ort aber nicht die Aufmerksamkeit bekommen, wenn ich im Internet nicht darüber berichten würde."
Sie haben es in den letzten Tagen vielleicht gemerkt: Es wird kälter und regnerischer draußen. Regenfeste Kleidung ist da ein absolutes Muss. Imprägnieren soll helfen, gleichzeitig aber der Umwelt schaden. Fragt sich also, wie viel ist nötig und gut und was sind die Alternativen? Die Antwort darauf bekommen sie im unten stehenden Audio.
Ich hoffe, Sie kommen jetzt gut und trocken ins Wochenende. Nächste Woche schreibt Ihnen dann mein Kollege Clemens Haug.
Beste Grüße
Sarah-Maria Köpf | mdr.de | Die 26. Weltklimakonferenz endet am heutigen Freitag. Wie sehen die Ergebnisse aus und was bedeuten sie für die Zukunft? Außerdem: Wie ein Dorf in Thüringen sich selbst mit Strom versorgt. | [] | 2021-11-12T11:00:00+01:00 | 2021-11-12T12:08:08+01:00 | https://www.mdr.de//wissen/klima/update-zwoelfter-november-weltklimakonferenz-ergebnisse100.html |
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Jugendkriminalität als Spätfolge der Corona-Pandemie? | Der letzte Vorfall in ihrer Klasse sei drei Wochen her, sagen Jonas und Martin. Eine Gruppe Jugendlicher habe einem Mitschüler Prügel angedroht und dann die Kopfhörer abgenommen. So sei es in der Klasse verbreitet worden, erzählen die 16-Jährigen, die an einer Haltestelle in Halle Neustadt stehen.
Jonas und Martin fänden es gut, wenn die Polizei in Halle-Neustadt noch mehr Präsenz zeigen würde. "Prinzipiell keine schlechte Idee", sagt der eine. Und der andere fügt hinzu: "Ja, finde ich auch […], auf jeden Fall. Man sollte, denke ich, dann auch aufpassen und vielleicht ein paar Sicherheitskräfte dort schon hinschicken und gucken, dass das funktioniert. Völlig okay."
Was die Täter antreibt, können sich Jonas und Martin nicht erklären. Sie zucken die Schultern und sagen: "Weil das hier, was weiß ich, langweilig ist oder sowas."
In Halle kommt es monatlich durchschnittlich zu 10 bis 15 Raubdelikten auf Schulwegen oder Schulhöfen. Zuletzt seien die Zahlen etwas gesunken, heißt es von der Polizei. Die Täter sind in Gruppen von mindestens drei Personen unterwegs, schubsen ihre Opfer, manchmal schlagen sie auch zu. Manche drohen mit Messern oder Pfefferspray. Sie wollen Kleidung, Handys oder Bargeld.
Die Täter seien größtenteils männlich, erklärt der Magdeburger Hirnforscher und Psychiater Prof. Bernhard Bogerts. Verantwortlich für das seit zwei Jahren hohe Niveau an Taten könnte auch die Corona-Pandemie sein: "Vielleicht hängt das mit Spätwirkungen zusammen. Da gab es ja auch bei Erwachsenen eine erhöhte Zahl von Angstdepressionen, auch von Partnerschaftsgewalt, weltweit auch bei uns. Dass das auf die Jugendlichen abgefärbt hat."
Bernhard Bogerts sieht jedoch viele Ursachen für Jugendgewalt. Oft seien es die Eltern oder Freunde, die zu wenig oder falsche ethische Werte vermittelten. Eine große Rolle könne auch die genetische Veranlagung spielen. Vor allem aber seien es fehlende soziale Strukturen.
Bogerts sagt: "Das sind fehlende Freizeitmöglichkeiten. Während der Pandemie waren sie ja nur eingeschränkt oder gar nicht vorhanden, Schulabbruchsquoten, Jugendarbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit, fehlende Räume, wo sich Jugendliche betätigen können, um sich irgendwie Selbstbestätigung zu holen, Sport, Veranstaltungen, Jugendclubs."
Laut Polizei gehören auch viele Migranten zu den Tätern. Psychiater Bernhard Bogerts warnt jedoch vor Vorurteilen. Diese seien eben nicht per se gewalttätiger, sondern lebten häufiger in von vornherein sozial benachteiligten Situationen.
Helfen könnten mehr soziale Angebote, sagt Bogerts: "Aber wenn ein Jugendlicher erstmal zum Intensivtäter wird, ist ja vorher schon einiges schief gelaufen. Die Präventionsmaßnahmen müssen also viele Jahre vorher einsetzen. Allerdings haben wir festgestellt, dass […] dass die in Sachsen-Anhalt unterrepräsentiert sind." Das sei dann eine Frage an die Zuständigen, ob solche Projekte ausreichend präsent seien.
Für Halle gibt es mittlerweile ein Präventionskonzept. Dabei gehen Polizisten unter anderem verstärkt in Schulen und sprechen mit Schülern, Opfern und Tätern. | mdr.de | In vielen Städten wie etwa in Halle, Leipzig und Dresden ist Jugendkriminalität ein Problem. Jugendgruppen überfallen Mitschüler. Die Polizei reagiert mit Sonderkommissionen. Doch was ist die Ursache für die Gewalt? | [] | Deutschland | 2023-12-25T10:11:50+01:00 | 2023-12-25T10:11:50+01:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/deutschland/gesellschaft/jugendbanden-ursachenforschung-praevention-polizeipraesenz-100.html |
Vorbild, Kämpfer und Erfolgsgarant – Thomas Wandschneider gewinnt die Henne Sport/Paralympics | Es war der Moment, der sein Leben veränderte. Nach einem Autounfall im Mai 2000 erhielt Thomas Wandschneider die Diagnose Querschnittlähmung und war fortan auf den Rollstuhl angewiesen. Über einen Bekannten aus der Klinik kam er zum Parabadminton. Es dauerte nicht lange und er feierte erste Erfolge. 2001 nahm er bereits im spanischen Córdoba an seiner ersten Badminton-Weltmeisterschaft für Behinderte teil.
Seine erste Medaille bei einer Badminton-Weltmeisterschaft für Behinderte, eine Bronzemedaille im Mixed, gewann Wandschneider 2003 in Cardiff. Es folgten mehr als 25 Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften in der Einzel- und Doppelwertung. Auch im Mixed-Wettbewerb konnte er einen Europameistertitel erspielen. Sein wohl sportlicher Höhepunkt waren zwei Goldmedaillen bei der Weltmeisterschaft 2005 im taiwanesischen Hsinchu. Seine letzten Medaillen Gold 2022 bei der WM in Tokio und 2023 bei der EM in Rotterdam. Über 20 Jahre ist er nun Teil der Weltspitze.
Eigentlich wollte Thomas Wandschneider seine sportliche Laufbahn schon vor mehreren Jahren beenden. Doch die Entscheidung, dass die Sportart Parabadminton bei den Sommer-Paralympics 2020 in Tokio erstmals im paralympischen Programm sein wird, veranlasste ihn zur Fortsetzung seiner Karriere. Bei den Spielen in der japanischen Hauptstadt belegte er den 7. Platz. Vier Jahre später konnte er sich den Traum vom Edelmetall bei den Paralympischen Spielen verwirklichen und gewann in Paris 2024 die Bronzemedaille.
Ich hoffe, dass ich euch alle in den Bann des Sports geholt habe. Man kann immer noch in einem gewissen Alter ein Ziel verfolgen. Immer wieder aufstehen, der nächste Tag gibt etwas besseres. Jeder kann ein Ziel haben und schaffen, was er sich vornimmt.
In Würdigung dieser jahrelangen Erfolge freuen wir uns, dass der frisch gebackene 61-Jährige die Goldene Henne in der Kategorie Sport/Paralympics erhält. Herzlichen Glückwunsch! | mdr.de | Thomas Wandschneider dominiert seit Jahren die Konkurrenz im Parabadminton auf (inter-)nationaler Ebene. Bei den Paralympics in Paris holte er die Bronzemedaille und nun die Goldenen Henne im Bereich Sport/Paralympics. | [] | 2024-11-15T23:37:43+01:00 | 2024-11-15T23:37:43+01:00 | https://www.mdr.de//goldene-henne/goldene-henne-sport-paralympics-thomas-wandschneider-100.html |
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Bodo Ramelow zum Thüringer Ministerpräsidenten gewählt | Einen Monat nach Beginn der Regierungskrise ist Bodo Ramelow (Linke) zum Thüringer Ministerpräsidenten gewählt worden. Bei der neuerlichen Wahl am Mittwoch erhielt Ramelow im dritten Wahldurchgang 42 von 90 Stimmen. Es gab 23 Gegenstimmen und 20 Enthaltungen. Im dritten Wahlgang reicht nach Thüringer Verfassung eine einfache Mehrheit aus.
In den ersten zwei Wahlgängen hatte Ramelow zwar ebenfalls 42 Stimmen erhalten - und damit genauso viele wie Rot-Rot-Grün Sitze im Landtag hat. Allerdings ist in den ersten beiden Durchgängen eine absolute Mehrheit nötig, die bei 46 Stimmen liegt.
Björn Höcke trat in den ersten beiden Wahlgängen für die AfD an und erhielt mit 22 genauso viele Stimmen wie seine Fraktion Sitze hat. Im dritten Wahlgang verzichtete er auf eine Kandidatur.
Der 64-jährige Ramelow will eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung anführen und setzt dabei auf die Kooperation der CDU. In seiner Rede sagte Ramelow, heute sei der erste Tag, um stabile Verhältnisse zu schaffen. Am Mittwochmorgen sei der Stabilitätsmechanismus unterschrieben worden, der festlegt, welche Projekte in den kommenden Monaten bis zu Neuwahlen im April 2021 umgesetzt werden sollen. Linke, SPD, Grüne und CDU hatten vereinbart, unter anderem einen Haushalt für das Jahr 2021 beschließen zu wollen.
Nach seiner Wahl ernannte Ramelow außerdem seine Minister. Im Vergleich zum ersten Kabinett Ramelow gibt es nur eine Veränderung: Dirk Adams, bisherige Fraktionschef der Grünen, übernimmt das Justizministerium von Dieter Lauinger.
Bei den obligatorischen Glückwünschen verzichtete Ramelow auf einen Handschlag mit AfD-Chef Björn Höcke. Zur Begründung führte der gewählte Ministerpräsident die Wahl Kemmerichs an. Die Aussage der AfD, man habe Kemmerich eine Falle gestellt, lasse jeden Respekt vor dem Amt des Ministerpräsidenten vermissen. Er verwies auf die Bedrohungen gegen Kemmerichs und gegen seine eigene Familie. Höcke habe die Demokratie mit Füßen getreten.
In Richtung AfD sagte Ramelow: "Sie sind die Brandstifter in diesem Saal." Er wolle sich nicht mehr treiben lassen von denen, die "Leimruten auslegen und Fallen legen", so Ramelow.Bei der Wahl stimmten nur 85 von 90 Abgeordneten ab. Die FDP-Fraktion hatte zuvor angekündigt, nicht teilnehmen zu wollen. Die FDP-Abgeordneten blieben bei der Wahl auf ihren Plätzen sitzen. Die FDP-Abgeordnete Ute Bergner war nicht im Landtag anwesend.
Im Vorfeld hatte Ramelow angekündigt, notfalls über drei Wahlgänge gehen zu wollen. Die CDU-Fraktion kündigte ihrerseits an, sich enthalten zu wollen, um die Regierungsfähigkeit des Landes zu sichern. In den ersten zwei Wahlgängen gab es 21 Enthaltungen und damit genauso viele wie die CDU Sitze hat. Im dritten Wahlgang wurden nur noch 20 Enthaltungen gezählt.
Landtagspräsidentin Birgit Keller (Linke) eröffnete die Sitzung am Mittwoch mit einer Gedenkminute für die Opfer des rechtsextremistischen Anschlags in Hanau vor zwei Wochen, bei dem neun Menschen getötet wurden. Keller sagte, "eine Blutspur des Hasses, die durch unser Land zieht, ist nicht weniger als eine Schande für unsere Gesellschaft". Sie bezeichnete den Rechtsextremismus als größte Gefahr für das Land.
Nach der Wahl Ramelows sagte sie, "das Vertrauen der Menschen in die Politik hat in den vergangenen Wochen gelitten. Höchste Priorität hat nun, dieses Vertrauen zurückzugewinnen". Das gelinge mit einem respektvollen und konstruktiven Miteinander, "wie die Menschen es vom Thüringer Landtag zu Recht erwarten".
Mit der Wahl Ramelows endet vorerst eine einen Monat andauernde Regierungskrise in Thüringen. Amtierender Ministerpräsident von Thüringen ist seit dem 5. Februar der FDP-Politiker Thomas Kemmerich. Er war mit den Stimmen von FDP, CDU und AfD im dritten Wahlgang gewählt worden.Am Samstag nach der Wahl trat Kemmerich bereits wieder vom Amt zurück, nachdem er sowohl von seiner eigenen Parteispitze als auch aus anderen politischen Lagern scharf kritisiert worden war - blieb aber geschäftsführend im Amt.
Quelle: MDR THÜRINGEN/sar | mdr.de | Es brauchte einen zweiten Anlauf: Bodo Ramelow ist am Mittwoch zum neuen Ministerpräsidenten des Freistaats Thüringen gewählt worden. Er wurde im dritten Wahlgang mit einfacher Mehrheit gewählt. | [
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] | Thüringen | 2020-03-04T18:14:56+01:00 | 2021-04-28T11:53:19+02:00 | https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/ministerpraesident-ramelow-wahl-landtag-100.html |
Frühchen-Treff: Fest mit glücklichen Kindern und Eltern | Das "Frühchentreffen" der Kinderklinik Chemnitz hat schon Tradition. Die Idee sei vor 16 Jahren den Krankenschwestern der Klinik gekommen, sagt ihr Chefarzt Axel Hübler.
"Sie wollten wissen, was aus ihren ehemaligen Patienten geworden ist. Nach Wochen oder Monaten einer Intensivtherapie, wo die Eltern täglich hier sind und um das Leben ihrer Kinder bangen, entsteht oft eine Bindung, die über den Beruf hinausgeht", sagt der Arzt.
Umso schöner sei immer das Wiedersehen, sagt Hübler. "Im Mittelpunkt stehen in diesem Jahr die jungen Patienten, die 2019 und 2020 hier als Frühchen einen schweren Start ins Leben hatten, und ihre Eltern."
Wenn ein Kind sehr zeitig als Frühgeborenes zur Welt kommt, dann sei es sehr wichtig, die Eltern kontinuierlich einzubeziehen. "Sie sind die wichtigsten Menschen im Leben ihrer Kinder und dürfen nicht an ihrer Seite fehlen."
Die Eltern sind die wichtigsten Menschen im Leben ihrer Kinder und dürfen nicht an ihrer Seite fehlen.
"Es sind sehr sehr gemischte Gefühle, weil es eine sehr sehr schwere Zeit war", sagt Christin Topp. "Das Fest lässt mich heute auch sehr emotional werden." Aber es sei auch schön, andere Eltern und Kinder wieder hier zu treffen und zu sehen, wie gesund sie sind.
"Trotzdem ist es rückblickend schwer gewesen. Meine Tochter war ein Zwillingskind. Das andere haben wir verloren", sagt sie. "Aber weil unsere Tochter so eine gute Entwicklung genommen hat, freut man sich jetzt auch einfach wieder." Und natürlich sei es schön, nach dem Fest einfach wieder nach Hause zu dürfen mit den gesunden Kindern.
Auch Michael Kröbler, der mit seinen beiden Söhnen zum Frühchenfest gekommen ist, hat gemischte Gefühle. "Aber mittlerweile können wir uns gut erinnern. Wir hatten am Anfang viel Angst. Aber mittlerweile schaue ich mir die beiden Jungs an und weiß, es ist alles super verlaufen."
Kröbler lobt das Team, das rund um die Uhr für Kinder und Eltern da gewesen ist. "Für die Eltern ist der Klinikaufenthalt eine sehr schwierige Zeit. Das gesamte Personal und auch der Oberarzt haben das hervorragend gemacht."
Jetzt schaue er entspannt zurück auf die schwere Zeit. "Dieses Jahr kommen sie in die Schule." Es sei alles gut gelaufen ohne Folgeschäden bei den Jungs. "Ich wünsche allen Eltern, die jetzt in der Situation sind, viel Kraft und dass sie die Hoffnung nie aufgeben."
Ich wünsche allen Eltern, die jetzt in der Situation sind, viel Kraft und dass sie die Hoffnung nie aufgeben.
MDR (tfr/shö) | mdr.de | Hüpfburg, Ponyreiten, Tanz - ein ganz normales Kinderfest in Chemnitz. Wenn nicht die Kinder, die hier unbeschwert toben, einen schweren Start gehabt hätten. Alle waren Frühchen und treffen sich nun wieder. | [
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] | Sachsen | 2024-05-12T08:00:01+02:00 | 2024-05-13T12:01:17+02:00 | https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/chemnitz/chemnitz-stollberg/fruehchen-treffen-kinderklinik-chemnitz-100.html |
Streit um IWH: Willingmann stärkt halleschem Wissenschaftler den Rücken | Sachsen-Anhalts Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD) hat die Unabhängigkeit der Forschungseinrichtungen im Land betont. Mit Blick auf den Streit zwischen dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) und Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte Willingmann MDR SACHSEN-ANHALT, Wissenschaftseinrichtugen dienten der wissenschaftlichen Erkenntnis.
Sie dienten nicht dazu, Politik zu bestätigen oder das Gegenteil zwangsläufig zu behaupten, sondern Anregungen zu geben. "Wir wollen dieses Art von Forschung. Wir wollen Unabhängigkeit und wir halten als Politik auch aus, dass Menschen in der Wissenschaft andere Auffassungen vertreten als wir." Förderung hänge nicht davon ab, ob man bestimmte politische Positionen und Prozesse unterstütze oder nicht. Niemand in der Politik wolle Wohlgefallen oder Opportunismus. "Wir brauchen die Unabhängigkeit der Wissenschaft."
Ministerpräsident Haseloff hatte sich im Landtag unzufrieden über die Forschungsleistung des Instituts geäußert. Zuvor hatte das IWH die Milliarden-Förderungen für die geplante Ansiedelung des US-Chipherstellers Intel bei Magdeburg kritisiert und geraten, das Geld lieber in Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu stecken.
Zu Haseloffs Kritik hatte IWH-Chef Reint Gropp gesagt, Haseloff wisse gar nichts über die Arbeit des Instituts. Er habe keine Argumente, sondern versuche nur, zu beleidigen. Auch zum 30. Jubiläum des Institutes im vergangenen September hatte sich Haseloff kritisch geäußert und darauf hingewiesen, dass sich die Landesregierung für den Erhalt des IWH eingesetzt habe, als es 2011 auf der Kippe gestanden habe. In den Jahren danach habe man die Relevanz für das Bundesland aber kaum wahrgenommen.
Transparenz-Hinweis: Reint Gropp war in den vergangenen beiden Jahren regelmäßig Gesprächspartner in einem MDR-Podcast über Wirtschaft.
MDR (Ronald Neuschulz, Julia Hohmann, Marcel Knop-Schieback, Hannes Leonard) | mdr.de | Der Ministerpräsident kritisiert die Forschung eines Instituts in Halle. Dessen Chef sagt: Das geht so nicht. Jetzt versucht der Wissenschaftsminister, zu beschwichtigen. | [
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] | Sachsen-Anhalt | 2023-03-03T05:00:06+01:00 | 2023-03-03T06:23:55+01:00 | https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/landespolitik/leibniz-institut-wirtschaftsforschung-iwh-streit-bedeutung-haseloff-willingmann-100.html |
SPD wählt Martin Kröber als Spitzenkandidat für Bundestagswahl 2025 | Die SPD in Sachsen-Anhalt zieht mit dem Magdeburger Bundestagsabgeordneten Martin Kröber als Spitzenkandidat in die kommende Bundestagswahl. Bei einem Landesparteitag in Köthen erhielt Kröber 81 von insgesamt 98 Stimmen, es gab elf Nein-Stimmen und sechs Enthaltungen. Der Gewerkschaftssekretär sitzt seit 2021 im Bundestag und setzt sich besonders für die Themen Wirtschafts- und Verkehrspolitik ein.
Auf Platz zwei der Landesliste wurde die Bundestagsabgeordnete Franziska Kersten aus dem Wahlkreis Börde-Salzlandkreis gewählt. Auf Platz drei wählten die Delegierten Eric Eigendorf aus dem Wahlkreis Halle. Er ist bisher als Vorsitzender der SPD-Fraktion im Stadtrat Halle kommunalpolitisch aktiv.
Nach einem gemeinsamen Vorschlag von Landesvorstand und Landesparteirat gibt es acht Kandidaten. Auf Platz vier ist Diana Bäse aus dem Wahlkreis Dessau-Wittenberg, ist Büroleiterin eines Bundestagsabgeordneten.
Auf Platz fünf ist Herbert Wollmann (Wahlkreis Altmark-Jerichower Land) gesetzt, Arzt und seit 2021 Mitglied des Bundestags, mit einem Fokus auf Gesundheits- und Pflegepolitik. Aick Pietschmann (Wahlkreis Mansfeld), ein Chemikant, folgt auf Platz sechs. Die Plätze sieben und acht belegen Florian Fahrtmann (Wahlkreis Harz), Landesgeschäftsführer der SPD, und Norman Steigleder (Wahlkreis Burgenland-Saalekreis), arbeitet im Mitteldeutschen Revier an Strukturwandel-Projekten mit.
Neben der Abstimmung über die Landesliste wollte der Parteitag auch bundespolitische Akzente setzen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat als Gastredner zu den Delegierten gesprochen. "Das ist kein einfacher Wahlkampf, das ist kein Selbstläufer", so Heil. Über den Kanzlerkandidaten der Union sagte er: "Es wäre nicht gut für die arbeitende Mitte in Deutschland, wenn Friedrich Merz Bundeskanzler wird." Klar sei: "Wer glaubt, dass Friedrich Merz was für Menschen mit unteren und mittleren Einkommen übrig hat, der glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten. Das ist nicht die Wahrheit."
Der Bundesminister betonte: "Es wird am 23. Februar zu Wahl stehen, ob das Rentenniveau stabil bleibt oder nicht, oder ob wir erleben, dass Friedrich Merz dafür sorgt, dass das gesetzliche Renteneintrittsalter steigt." Die SPD stehe für soziale Sicherheit für junge wie alte Menschen. Weitere Redebeiträge kamen von Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Armin Willingmann, Sozialministerin Petra Grimm-Benne und Susanne Wiedemeyer (Deutscher Gewerkschaftsbund, DGB).
Bei der Bundestagswahl 2021 hatte die SPD in Sachsen-Anhalt mit 25,4 Prozent der Zweitstimmen ihr bestes Ergebnis seit 2002 erzielt und vier der neun Direktmandate gewonnen.
MDR (Lars Frohmüller, Max Schörm, Hannes Leonard), dpa | mdr.de | Im Februar 2025 werden wieder Abgeordnete für den Bundestag gewählt. Die SPD in Sachsen-Anhalt hat ihr Spitzenpersonal für den Wahlkampf bestimmt. | [] | Sachsen-Anhalt | 2024-12-15T13:38:26+01:00 | 2024-12-15T13:38:26+01:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/sachsen-anhalt/dessau/anhalt/spd-parteitag-kandidaten-bundestagswahl-112.html |
Offshore-Wasserstoffproduktion könnte Deutschland Milliarden-Ersparnis bringen | Die Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE untersuchten auf zwei Offshore-Windenergie-Inseln. In einem Szenario wurde grüner Wasserstoff auf den beiden Inseln produziert, in einem anderen wurde die gesamte Energie an Land geleitet und ins Netz direkt eingespeist. Die Herstellung auf den Inseln würde der Studie nach 4,3 Milliarden Euro Einsparungen für das deutsche Energiesystem bringen.
Ursache für die verringerten Kosten sei eine höhere Effizienz durch weniger Energieverluste, sowie geminderte Kosten für die Investition in lange Transportwege für den Strom. Dazu würden Leitungen für Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ-Kabel) besser ausgelastet. Die Autoren empfehlen darüber hinaus eine Anbindung der Inseln an andere Energiesysteme wie Photovoltaik, um bei Windstille trotzdem weiter Wasserstoff produzieren zu können.
Die beiden untersuchten Inseln liegen etwa 150 Kilometer vor der Küste und haben einen begrenzten Anschluss an das Stromnetz. Diese begrenzte Anbindung speist nur dann Strom in das Netz ein, wenn freie Kapazitäten vorhanden sind. In einer Pressemitteilung heißt es: "Die Anbindung der Offshore-Wasserstoffproduktion an das Netz hat erhebliche positive Auswirkungen. Ermöglicht wird eine flexible Nutzung der von den Windparks erzeugten Energie, die entweder für die Produktion von grünem Wasserstoff auf See genutzt oder über HGÜ-Kabel zum Festland transportiert werden kann, was zu erheblichen Effizienzgewinnen für das Energiesystem führt."
German Offshore Energy Islands in the European Energy System - A case study analysis
pm/jar | mdr.de | Wasserstoff auf dem offenen Meer herzustellen ist effizienter als auf dem Land. Forscher meinen, dass so in Deutschland 4,3 Milliarden Euro bei der Produktion gespart werden können. | [] | Naturwissenschaft | 2024-10-01T10:45:40+02:00 | 2024-10-01T10:45:40+02:00 | https://www.mdr.de//wissen/naturwissenschaften-technik/offshore-wasserstoff-produktion-ersparnis-100.html |
Das Affenpockenvirus mutiert derzeit stark – aber zunächst kein Anlass zur Beunruhigung | Im Mai 2022 erreichten die Affenpocken erstmals Deutschland – und auch in unseren Nachbarländern breiteten sie sich aus. Bereits im Juni konstatierten Forschende, dass das Virus deutlich schneller mutiert als zunächst vermutet. Damals stellte eine Arbeitsgruppe um João Paulo Gomes vom portugiesischen nationalen Gesundheitsinstitut in einer Studie über die Genomdaten, die im Wissenschaftsmagazin "Nature" veröffentlicht worden ist, fest: Die Erreger dieses ersten großen Ausbruchs außerhalb von Afrika sind bereits eine klare Mutante.
"Der Virusstamm, der im Mai 2022 sequenziert wurde und mit dem aktuellen Ausbruch in Europa in Verbindung gebracht wird, ist ein klar abweichender Zweig von den Affenpockenviren des Ausbruchs 2018/19 in den Ländern Afrikas", heißt es in der Studie.
Nun bestätigt sich die Mutationsfähigkeit des Affenpocken-Virus in einer weiteren Untersuchung: Forschende des Minnesota Department of Health in St. Paul stellten in ihren Proben ebenfalls fest, dass ein großer Teil des Affenpocken-Genoms fehlte, ein anderer Teil war an eine völlig andere Stelle der Sequenz gezogen. Die Daten sammelten sie in einem Bericht, der jedoch noch nicht wissenschaftlich begutachtet wurde.
Grund zur Beunruhigung sei das noch nicht, versichern die Forschenden. Man beobachte die Entwicklung des Virus aber genau. Das Affenpockenvirus gehört als Pockenvirus zu den DNA-Viren. Diese Viren entwickeln sich deutlich langsamer als RNA-Viren, wie beispielsweise das Coronavirus. Dennoch müsse man auch davon ausgehen, dass sich eben auch Pockenviren mit der Zeit verändern können, betont Elliot Lefkowitz, Computervirologe an der Universität von Alabama in Birmingham. Je mehr das Affenpockenvirus zwischen Menschen übertragen werde, desto mehr werde es die Möglichkeit haben, sich zu entwickeln. Derzeit sei es aber noch zu früh, um zu sagen, ob die aktuell festgestellten Mutationen vorteilhaft, neutral oder schädlich für das Virus sind.
Menschen können sich durch den Kontakt mit infizierten Tieren oder deren Fleisch mit dem Affenpocken-Virus infizieren. Zwischen Menschen wird das Virus selten und lediglich bei engem Kontakt übertragen – beispielsweise durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten beim Sex. In der Frühphase kann die Krankheit möglicherweise auch Face-to-face durch ausgeschiedene Atemwegssekrete übertragen werden. Die Inkubationszeit für Affenpocken beträgt zwischen sieben und 21 Tagen. Erste Symptome der Viruserkrankung sind Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen sowie geschwollene Lymphknoten. Einige Tage später treten Pocken auf der Haut auf, die letztlich verkrusten und abfallen. Diese "Hauteffloreszenzen" beginnen häufig im Gesicht, aktuell wurden jedoch auch Fälle gemeldet, bei denen die Pocken zuerst im Genitalbereich auftraten.Im Gegensatz zu den seit 1980 ausgerotteten Menschenpocken ist der Verlauf bei Affenpocken in der Regel deutlich milder, die meisten Menschen erholen sich innerhalb weniger Wochen.
Für die Pockenviren-Expertin Eneida Hatcher, Virologin am National Center for Biotechnology Information in Bethesda, Maryland sind die starken Mutationen des Affenpockenvirus nicht überraschend. Sie zeigte 2015 als Co-Autorin einer Studie, dass derartige Mutationen bei Pockenviren häufig vorkommen und meist eher Gene betreffen, die sich in den Endregionen des Virus-Genoms befinden. Sie hoffe, dass die gestiegene Aufmerksamkeit für das Affenpocken-Virus dabei helfen könne, Pockenviren im Allgemeinen besser zu verstehen. Sie freue sich, dass der internationale Wissenschafts-Austausch über Genomsequenzen, den es bereits bei Covid-19 gegeben habe, nun fortgesetzt werde.
Bislang betreffen die Mutationen des Affenpockenvirus laut Einschätzung der Forschenden nicht den Teil des Virus-Genoms, der von dem antiviralen Medikament Tecovirimat angegriffen wird. Dieses Medikament wird derzeit für den Einsatz gegen Affenpocken getestet und wäre von der aktuellen Mutation nicht in seiner Wirkung beinträchtig. Tecovirimat ist ein antiviraler Wirkstoff, der in den USA im Hinblick auf mögliche Bio-Angriffe mit Pockenviren entwickelt wurde. Der Wirkstoff bindet an ein Protein des Virus und hemmt es.
João Paulo Gomes, National Institute of Health Doutor Ricardo Jorge (INSA), Lisbon, PortugalDOI: 10.1038/s41591-022-01907-y Genomic deletions and rearrangements in monkeypox virus from the 2022 outbreak, USA: Preprint-Studie auf dem bioRix-Server.
iz | mdr.de | [] | Startseite | 2022-10-06T19:00:00+02:00 | 2022-10-06T19:00:00+02:00 | https://www.mdr.de//wissen/affenpocken-mutation-100.html |
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Abenteuer Selbstversorgung: Warum Familie Graf aufs Dorf wollte | Ein gelb-schwarz-gestreifter Schwarm schwirrt um die Bienenstöcke, gönnt sich ein paar letzte Sonnenstrahlen. Es ist schon Ende Oktober. Eigentlich Zeit sich aufs Überwintern vorzubereiten. Robin Graf überprüft, ob das Volk genug Futter hat. Aus Honig und Puderzucker mischt er den Futterteig.
Immer mit dabei: Tochter Amelie. Die Dreijährige flitzt auch schonmal im Imkerinnen-Anzug über den Hof, lernt so, liebevoll mit den Tieren umzugehen und ganz nebenbei, dass der Honig nicht im Supermarkt gemacht wird. Für Christina und Robin Graf ist es das Größte, ihrer Tochter das Aufwachsen auf dem Land zu ermöglichen.
Das finde ich schon beeindruckend für eine Dreijährige, dass sie ganz genau weiß, was in diesem Kasten vonstatten geht. Das hat ungefähr eine Woche gedauert von: 'Hier ist dein Anzug.' bis: 'Ich möchte den nie wieder ausziehen.'
Obwohl sich Familie Graf mit dem Hofleben einen Traum erfüllt hat, macht nicht jede Aufgabe, die der Hof in Körnitz so mit sich bringt Spaß. Am unbeliebtesten bei allen: Laubharken. Muss aber trotzdem erledigt werden, sonst erstickt der Rasen. Immerhin einer hat Spaß:
Christina und Robin haben sich an der Uni in München kennen gelernt. Die beiden sind Offizier:innen bei der Bundeswehr. Christina (29) bei der Marine und Robin (31) beim Heer. Schon als sie noch in Bayern gewohnt haben, haben die beiden Gemüse angebaut. Damals noch in kleinerem Stil. Auch die Bienen haben sie aus Bayern mitgebracht. Dort wurden sie noch komisch angeguckt, weil sie Bienen im Garten haben und Tochter Amelie trotzdem draußen spielen lassen. Die Umgebung in Körnitz ist da entspannter.
Im Ort leben nur etwa 40 Leute, fast alle halten Tiere – es gibt sogar eine Körnitz-WhatsApp-Gruppe, um sich schnell auszutauschen. Hier trifft das "Jeder kennt jeden", wie man so sagt, wirklich zu: "Das hat sowohl Vor- als auch Nachteile", findet Robin, "wenn einmal was los ist, weiß auch gleich jeder Bescheid. Aber nichtsdestotrotz: Wenn jemand mal länger weg ist oder unterwegs, dann achtet auch wer aufs Haus." Christina kann sich nicht mehr vorstellen in einer trubeligen Stadt zu wohnen. Was sie an einer Stadt mag, ist, in ein paar Minuten im Supermarkt zu sein. Und das gibt Körnitz auch her. Denn einen Supermarkt braucht die junge Familie trotz Selbstversorgung.
Ich werd' jetzt keinen Gummibärchenbaum pflanzen. Solche Sachen muss man dazukaufen. Wir leben in einer Zeit, da muss keiner verzichten bei uns.
Tochter Amelie jedenfalls ist mit Elan bei allem auf dem Hof dabei: beim Imkern, beim Halloween-Kürbis schnitzen oder auch beim Eier sammeln im Hühnerstall. Und die Dreijährige ist auf Zack. Nur für die Kamera ein Ei wieder ins Nest zurückzulegen und dann wieder rauszunehmen für die bessere Perspektive, das findet sie komisch: "Aber wieso? Das habe ich doch schon eingesammelt." Um die 20 Eier bescheren die Hühner den Grafs jeden Tag. Ab und zu wird eins der Tiere geschlachtet und verspeist. Fürs nächste Jahr haben sich die Grafs vorgenommen, mit der Selbstversorgung noch ein Stückchen weiter zu gehen. Ihr nächstes Projekt ist die autarke Stromversorgung. So einen Hof zu unterhalten, braucht schließlich eine Menge Energie – angefangen beim Haltbarmachen der Ernte in Tiefkühltruhen. Deswegen wollen sie Photovoltaikanlagen auf den Dächern installieren und so die Energie, die sie brauchen, aus der Sonne ziehen. | mdr.de | Gemüsebeete, Obstbäume, Hühner und ein paar tausend Bienen. Im Herbst 2019 hat sich eine junge Familie ihren Traum erfüllt und lebt seitdem auf einem Vierseitenhof im sachsen-anhaltischen Körnitz. | [] | Startseite | 2021-07-29T13:42:07+02:00 | 2021-08-25T11:28:54+02:00 | https://www.mdr.de//religion/abenteuer-selbstversorgung-mit-kind-und-kegel-aufs-land-ziehen100.html |
Buchenwald-Überlebender Thomas Geve gestorben | Weimars Ehrenbürger und Buchenwald-Überlebender Thomas Geve ist tot. Wie seine Familie mitteilte, starb Geve bereits am 27. August in seiner Heimat Israel. Geve wurde 94 Jahre alt. Erst im vergangenen Dezember erhielt er zusammen mit 13 weiteren Buchenwald-Überlebenden die Ehrenbürgerschaft Weimars.
Thomas Geve wurde am 27. Oktober 1929 in Stettin, im Stadtteil Züllchow (heute Szczecin-Żelechowa), als Stefan Cohn geboren. Unmittelbar nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 verlor sein Vater, Erich Cohn, seine Arztpraxis. Die Familie zog zunächst nach Beuthen in Oberschlesien und siedelte 1939 nach Berlin um.
Während es seinem Vater gelang, 1939 nach Großbritannien zu emigrieren, blieben alle Versuche, die restliche Familie nachzuholen, erfolglos. Bis 1942 konnte Thomas Geve noch die jüdische Schule besuchen, doch ab diesem Jahr wurden alle jüdischen Schulen geschlossen. Daraufhin musste er Zwangsarbeit auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee leisten.
1943 wurde er zusammen mit seiner Mutter Bertha in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Bei der Ankunft wurden sie auf der Rampe voneinander getrennt; seine Mutter sollte er nie wiedersehen.
Angesichts des Heranrückens der Roten Armee räumte die SS im Januar 1945 das Lager Auschwitz. Thomas Geve wurde zunächst in das KZ Groß-Rosen und anschließend nach Buchenwald gebracht.
Noch während seiner Zeit in Buchenwald begann er, seine Erlebnisse zu zeichnen. Mit Buntstiftstummeln und auf ehemaligem SS-Formularpapier entstand eine Sammlung präziser Bilder des Alltags in den Konzentrationslagern.
Diese 79 kindlich-naiven Zeichnungen, ursprünglich als Bericht an seinen Vater gedacht, sind in ihrer Genauigkeit auch eine erschütternde Statistik des Grauens: Sie dokumentieren die Ankunft auf der Rampe, die Desinfektion, das Krematorium, die Zwangsarbeit, die Aufseher, die Appelle, Hunger, Krankheit und die Erinnerungen an die Befreiung.
Im Sommer 1945 wurde Thomas Geve in das Kinderheim Zugerberg des Schweizer Roten Kreuzes gebracht. Später fand er seinen Vater wieder, der in London lebte. Thomas Geve zog ebenfalls nach London, studierte Bauingenieurwesen und emigrierte 1950 nach Israel.
Seine Zeichnungen werden im Yad-Vashem-Museum in Jerusalem aufbewahrt. 1997 wurden sie von der Gedenkstätte Buchenwald unter dem Titel: "Es gibt hier keine Kinder. Zeichnungen eines kindlichen Historikers" in einer Wanderausstellung erstmals vollständig veröffentlicht.
MDR (gh) | mdr.de | Weimars Ehrenbürger und Buchenwald-Überlebender Thomas Geve ist gestorben. Geve wurde 94 Jahre alt. Im vergangenen Dezember erhielt er zusammen mit 13 weiteren Buchenwald-Überlebenden die Ehrenbürgerschaft Weimars. | [
"Nachrichten"
] | Thüringen | 2024-09-18T15:26:24+02:00 | 2024-09-19T06:45:58+02:00 | https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/mitte-thueringen/weimar/buchenwald-thomas-geve-gestorben-100.html |
Waffenrecht: Landesregierung will keine "willkürliche Belastung" für Bürger | In der Diskussion um eine mögliche Verschärfung des Waffenrechts hat Sachsen-Anhalts Landesregierung klargestellt, dass Sportschützen und Jäger weiter wie gewohnt ihrer Tätigkeit nachgehen können müssen. Innenministerin Tamara Zieschang sagte im Landtag, es dürfe "keine willkürliche Belastung gesetzestreuer Bürger" geben. Dafür werde sich die Landesregierung einsetzen. Bei einer Änderung des Waffenrechts müsse es um die Angemessenheit der Maßnahmen gehen. Die CDU-Politikerin erklärte aber auch, dass Verfassungsfeinden oder etwa psychisch Kranken der Zugang zu Waffen verwehrt gehöre.
Unabhängig von einer möglichen Gesetzesänderung müssten allerdings die Vorschriften zur Durchsetzung des bestehenden Rechts erneuert werden, sagte Zieschang weiter. Diese seien viele Jahre alt und bedürften einer "grundsätzlichen Überarbeitung". Konkret soll es dabei um die Entwaffnung von Gewalttätern und Extremisten gehen. Zieschang erklärte, sie habe das Thema auf die Tagesordnung der Innenministerkonferenz in zwei Wochen gesetzt.
Die Debatte im Landtag fand auf Antrag der AfD statt. Sie kritisierte eine mögliche Verschärfung des Waffenrechts. Der AfD-Abgeordnete Florian Schröder erklärte, derlei Maßnahmen seien "Blitzableiter" nach Ereignissen wie den Silvesterkrawallen in Berlin. Es dürfe keine Überreaktion von Behörden geben. Die meisten Straftaten würden mit illegalen Waffen verübt, sagte Schröder weiter.
SPD-Innenpolitiker Rüdiger Erben entgegnete, es gehe bei der Verschärfung unter anderem um ein Verbot halbautomatischer, kriegsähnlicher Waffen – etwa einer zivilen Variante des amerikanischen Sturmgewehrs M15. Es stelle sich die Frage, wozu man eine solche Waffe benötige. Erben zufolge besteht "dringender Nachholbedarf" beim Waffenrecht, aber auch bei den Verwaltungsvorschriften. Die Kontrollen durch die Waffenbehörden müssten in Sachsen-Anhalt dringend verstärkt werden. Das Risiko einer unangekündigten Kontrolle sei "nirgendwo so gering wie bei uns", sagte Erben.
Die FDP äußerte sich kritisch zu einer möglichen Verschärfung. Wenn etwa Schreckschusspistolen und Armbrüste unter den Kleinen Waffenschein fielen, sei der Aufwand für Kontrollen noch höher, sagte der Abgeordnete Guido Kosmehl. Bereits jetzt kämen die Behörden allerdings nicht hinterher.
Die Linken-Abgeordnete Henriette Quade erklärte, auch wenn Waffen Sportgeräte sein können, blieben es Waffen. Es gebe das berechtigte Bedürfnis der Allgemeinheit, nicht von ihnen bedroht zu werden, daher fordere man "deutlich weniger Waffen im Privatbesitz". Mit Blick auf den mutmaßlichen Femizid in Bad Lauchstädt verwies Quade auf ein "dramatisches Behördenversagen". In Sachsen-Anhalt müssten Waffenbesitzer statistisch nur alle 63 Jahre mit einer Kontrolle rechnen. Ähnlich äußerte sich der Grünen-Abgeordnete Sebastian Striegel. Verfassungsfeinde und Rechtsextreme müssten konsequent entwaffnet werden, forderte Striegel.
Für eine mögliche Verschärfung des Waffenrechts gibt es auf Bundesebene derzeit noch keinen Gesetzentwurf. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat allerdings Änderungen angekündigt. Unter anderem sollen Schreckschusspistolen und Armbrüste nur noch mit einem Kleinen Waffenschein erhältlich sein. Halbautomatische Waffen, die optisch Kriegswaffen ähneln, sollen verboten werden.
Der Antrag der AfD, nach dem einer Verschärfung des Waffenrechts entgegengewirkt werden soll, wurde schließlich mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP und AfD in den Innenausschuss des Landtags verwiesen. Linke und Grüne stimmten dagegen.
MDR (Felix Fahnert) | mdr.de | Eine mögliche Verschärfung des Waffenrechts soll sich in Sachsen-Anhalt nicht auf Menschen auswirken, die sich nichts zu Schulden kommen lassen. Das stellte die Landesregierung bei einer Debatte im Landtag klar. | [
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] | Sachsen-Anhalt | 2023-06-02T14:42:42+02:00 | 2023-06-02T14:42:42+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/sachsen-anhalt/landespolitik/waffenrecht-verschaerfung-femizid-landtag-100.html |
Risse in Felswand auf Kindergarten-Gelände: Kinder müssen vorübergehend umziehen | Der Waldkindergarten "Inselkinder" in Saalfeld ist vorübergehend geschlossen. Hintergrund sind Sicherungsarbeiten aufgrund von Rissen an einer Felswand auf dem Gelände. Der DRK-Kreisverband Saalfeld-Rudolstadt als Träger und die Stadt Saalfeld haben entschieden, die Kinder vorübergehend in anderen Einrichtungen des DRK zu betreuen.
Da nicht sicher auszuschließen sei, dass die Felsformation ins Rutschen gerät, habe Sicherheit oberste Priorität, hieß es. Die Eltern wurden am Montag über die neue Situation informiert. Nun wird das weitere Vorgehen beraten.
Erste Risse waren bereits im vorigen Jahr festgestellt worden, sie wurden seitdem beobachtet. Sogenannte Rissmonitore hätten nun angezeigt, dass sich der Fels weiter bewegt. Er muss nun gesichert werden.
Im Jahr 2018 war der Waldkindergarten nach einem Sturmschaden geschlossen worden. Abgebrochene Äste waren auf das Dach der Einrichtung gestürzt und hatten sich durch die Decke gebohrt. Ein Baum landete auf dem Kindergartengelände.
MDR (fno/KaBe) | mdr.de | Die Schützlinge des Waldkindergartens "Inselkinder" in Saalfeld werden vorübergehend in anderen Einrichtungen betreut. Hintergrund sind Sicherungsarbeiten an einer Felswand auf dem Gelände. | [
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] | Thüringen | 2025-02-04T15:31:28+01:00 | 2025-02-04T15:31:28+01:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/thueringen/ost-thueringen/saalfeld-rudolstadt/kindergarten-felswand-gefahr-100.html |
Polen: Gewalt bei Massendemonstration in Warschau | In der polnischen Hauptstadt Warschau haben am Freitagabend die größten Demonstrationen seit der Verschärfung des Abtreibungsverbots vor gut einer Woche stattgefunden. Nach Angaben der Stadt Warschau waren gegen 21:30 Uhr rund 100.000 Demonstranten auf den Straßen. Oberbürgermeister Rafal Trzaskowski, der sich selbst unter die Demonstrierenden mischte, berichtete auf seinem Facebook-Kanal von "unzählbaren Menschenmassen". Das Ausmaß der Proteste ist auf Drohnenaufnahmen gut sichtbar, die auf Twitter veröffentlicht wurden.
Insgesamt bewegten sich drei Protestzüge durch die Hauptverkehrsadern der Stadt. An mehreren Standorten kam es dabei zu gewalttätigen Übergriffen durch maskierte Täter. Die Angreifer warfen unter anderem Feuerwerkskörper in die Menschenmassen hinein. Nach Angaben der Polizei wurden mehr als 30 mutmaßliche Täter festgenommen. Dabei seien Schlagstöcke, Reizgas und größere Mengen pyrotechnisches Material sichergestellt worden.
Protestiert wurde auch in anderen Städten des Landes, sowohl Großstädten wie Krakau, Breslau oder Danzig, als auch unzähligen kleineren und mittleren Orten.
In den vergangenen Tagen waren bereits jeweils Zehntausende in mehreren Städten des Landes gegen das umstrittene Gerichtsurteil auf die Straße gegangen, das ein fast vollständiges Abtreibungsverbot zur Folge hat. Koordiniert werden die Proteste vom losen Zusammenschluss verschiedener Frauenrechtsorganisationen "Strajk Kobiet" (Frauenstreik). Anfang der Woche war es in Breslau und Bialystok bereits zu gewaltvollen Auseinandersetzungen von Protestierenden und rechten Fußballfans gekommen. Eine Gruppe schwarz vermummter Männer hatte den friedlichen Protest mit Feuerwerkskörpern und rechten Parolen angegriffen. Die Bilder verbreiteten sich durch soziale Medien.
Bei den bisherigen Demonstrationen wurde deutlicher Unmut über die nationalistisch-konservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) laut. Kritiker des Urteils machen die PiS und die in Polen mächtige katholische Kirche für die Entscheidung verantwortlich. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki forderte am Donnerstag ein Ende der Massenproteste: Sie drohten die Corona-Pandemie weiter zu befeuern und so die ältere Bevölkerung zu gefährden, erklärte er zur Begründung.
Der polnische Präsident Andrzej Duda will unterdessen einen Kompromiss zur Abtreibung vorlegen. Auf dem offiziellen Profil der Präsidentschaftskanzlei erschien heute eine Erklärung: "Nach Beratungen habe ich beschlossen, dem Sejm einen Entwurf zur Änderung des Gesetzes über 'Familienplanung, Schutz des menschlichen Fötus und Abtreibung' vorzulegen", heißt es auf der Internetseite.
Das polnische Verfassungsgericht hatte am Donnerstag vergangener Woche Schwangerschaftsabbrüche bei Fehlbildungen des Fötus verboten. Dies war bisher die häufigste Indikation für einen legalen Schwangerschaftsabbruch. Jetzt ist Abtreibung nur noch nach einer Vergewaltigung, bei Inzest oder wenn die Gesundheit der Schwangeren gefährdet ist, erlaubt.
(dpa/tvn24/adg/baz) | mdr.de | Im Streit um ein Abtreibungsverbot in Polen haben sich am Freitag Zehntausende Menschen an einem Protestmarsch in Warschau beteiligt. An mehreren Standorten wurden die Teilnehmer mit Feuerwerkskörpern angegriffen. | [
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] | Welt | 2020-10-30T23:20:00+01:00 | 2020-10-30T23:20:00+01:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/welt/osteuropa/politik/polen-grossdemo-abtreibungsgesetz-100.html |
Junge E-Zigaretten-Raucher haben höheres Asthma-Risiko | E-Zigaretten rauchen gilt als gesundheitsschonende Variante des konventionellen Qualmens. In einigen Ländern wie etwa Großbritannien werden sie als Möglichkeit des Ausstiegs aus dem klassischen Zigarettenrauchen unterstützt. Andererseits gibt es Studien, die keinen Beleg dafür finden, dass sie beim Aufhören mit dem Rauchen helfen. Weitere Untersuchungen zeigen, dass E-Zigaretten Infektionen im Mund fördern können und auch Dampf ohne Nikotin die Lungen schädigen kann. Die Nutzung von illegalen Liquids führte in den USA sogar zu schweren Lungenschäden und Todesfällen. Nun hat sich US-Medizinervereinigung American Thoracic Society (ATS) der Frage angenommen, wie sich die Vapen auf die Lungen von jungen Menschen auswirkt. Die Antwort in Form einer Studie aus Kanada: Das Risiko, Asthma zu entwickeln und dann auch Asthma-Attacken zu bekommen steigt um 19 Prozent.
Das Forscherteam nutzte für die Untersuchung die Daten der großen jährlichen Gesundheitsumfrage in Kanada (CCHS). Rund 17.000 der befragten Personen waren dabei über zwölf Jahre alt, wiederum drei Prozent davon gaben an, in den vergangenen 30 Tagen E-Zigaretten geraucht zu haben. Acht Prozent der Vaper hatten Asthma und 24 Prozent von ihnen litten unter Asthma-Attacken. Nachdem die Wissenschaftler weitere Variablen herausgerechnet hatten, kamen sie auf die Zahl von 19 Prozent als zusätzliches Asthma-Risiko für E-Zigaretten-Raucher. Für diejenigen, die konventionell qualmen, ist die Gefahr, Asthma zu entwickeln, um 20 Prozent erhöht und für ehemalige Raucher sogar um 33 Prozent.
"Um die negativen Effekte des Vapens auf die Gesundheit zu verringern, sollten wir das Bewusstsein für seine Gefahren erhöhen, besonders bei Jugendlichen", erklärt die an der Studie beteiligte Medizinerin Dr. Teresa To. Dazu sollte auch jungen Menschen verstärkt geholfen werden, die mit den Rauchen von E-Zigaretten aufhören wollen.
Die Forschenden entdeckten bei ihrer Untersuchung noch einen weiteren interessanten Fakt: Anscheinend neigen Menschen mit viel Stress oder mentalen Problemen eher zum Vapen. Die Zahl derjenigen, die angab, dass es ihnen seelisch schlecht oder nur mittelmäßig ging, war nämlich doppelt so hoch wie unter den Nicht-Vapern. Dazu haben E-Zigaretten-Raucher laut der Studie ein um 60 Prozent erhöhtes Risiko, unter großem Stress zu leiden."Das Vapen mag zwar nicht direkt Stress verursachen, aber das Verlangen danach scheint von Sorgen und Stress ausgelöst zu werden", erklärt Dr. To. "Das macht es E-Zigaretten-Rauchern besonders schwer, damit aufzuhören." In der aktuellen Corona-Pandemie könnte das Thema zusätzlich an Relevanz gewinnen, da viele Menschen deswegen unter Sorgen und Stress leiden.
cdi | mdr.de | Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen kann der Konsum von E-Zigaretten zu Asthma führen. Laut einer kanadischen Studie steigt die Gefahr beim Vapen um 19 Prozent, dazu ist es offenbar mit mentalen Problemen verknüpft. | [] | Medizin | 2021-05-14T16:35:03+02:00 | 2021-05-14T16:35:03+02:00 | https://www.mdr.de//wissen/medizin-gesundheit/e-zigarette-rauchen-risiko-asthma-100.html |
Aprilwetter verrät, ob ein Hitzesommer droht | Wenn die fahle Dezembersonne unser Gute-Laune-Barometer kaum mehr steigen lässt, erinnern wir uns gern an die heißen Tage der vergangenen Sommer. Und auch daran, dass wir angesichts der regelrechten Hitzewellen immer irgendwie überrascht waren: Wieso hat die keiner vorhergesehen, warum schauten wir am Ende doch so überrascht auf die tagesaktuellen Vorhersagen, und fassungslos auf die Prognosen, fürs Wetter, für die Natur, für die Obst-, Getreide- und Gemüseernte?
Hätten wir uns den April immer genauer anschaut, wären wir schlauer in die Sommer gegangen, sagt ein Forschungsteam des Alfred Wegener Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) und des Umweltforschungszentrums in Leipzig. Die Klimatologin und Expertin für Wettervorhersage Dr. Monica Ionita sagt es ganz deutlich: "Der Einfluss des Frühlings wurde unterschätzt." Für ihre Forschung haben sie und ihr Team die Wetter-Aufzeichnungen der vergangenen 140 Jahre untersucht, ob es Zusammenhänge zwischen den Werten im Frühjahr und denen im Sommer gibt. Dabei arbeiteten sie mit Methoden und Modellen, mit denen sie auch Flusswasserprognosen berechnen.
Und sie fanden heraus: In den vergangenen 14 Jahren haben sich die Temperatur- und Niederschlagstrends im April grundlegend verändert. Schaut man sich das für 2007 bis 2020 an, fällt erst mal nichts weiter auf. (Sie können sich die Jahrestemperaturen und -niederschläge oben auf unserer Klimakarte bis zum Jahr 1961 anschauen.) Vergleicht man die Temperatur- und Niederschlagstrends aus 1961 bis 2000, sieht man: Der April war früher durchschnittlich drei Grad kühler.
Das gleiche Bild zeigt sich bei den Niederschlägen – seit 2007 hat es in den meisten Regionen Mitteleuropas nur noch halb so viel geregnet. In extremen Jahren wie 2018 war es zum Beispiel im April schon so warm, dass der Schnee aus dem Winter verdunstete, bevor er als Schmelzwasser in den Boden fließen konnte. Zudem hat es seit 2007 in den meisten Regionen Mitteleuropas nur noch halb so viel geregnet wie im Referenzzeitraum, sagt Rohini Kumar, Hydrologin am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig und Mitautorin der Studie.
So kam es schon im Frühjahr in den Böden Mitteleuropas, vor allem in Deutschland, zu einem deutlichen Feuchtigkeitsmangel. Dieses Defizit konnte im Sommer in der Regel nicht mehr ausgeglichen werden. Mit anderen Worten: Die sommerliche Trockenheit in den Böden war bereits im April vorprogrammiert.
Nur - wie kam es überhaupt zu diesen warmen und trockenen Tagen im April?
Unsere Analyse zeigt, dass sich in diesem Zeitraum ein blockierendes Hochdrucksystem über der Nordsee und Teilen Norddeutschlands bildet. Das lenkt den Jetstream Richtung Norden ab und sorgte bis zu zwei Wochen lang für sonniges, Niederschlagarmes Wetter in Mitteleuropa.
So sind den Forscherinnen zufolge die Folgen dieser Frühjahrstrockenheit maßgeblich auf steigende Lufttemperaturen zurückzuführen. Aber warum war das dann früher nicht auch schon so, warum gab es danach keine Dürren wie heute? Die Aufzeichnungen zeigen: Von 1881 bis 1895 war der April auch sehr niederschlagsarm. Aber nicht so warm wie jetzt, sagen die Forscherinnen, dadurch verdunstete damals auch weniger Feuchtigkeit aus dem Boden und der Sommer startete also nicht schon mit einem Wasserdefizit in die heißen Tage.
Das Forschungsteam sagt: Halten wir das Klimaziel, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad bis zum Jahr 2100 zu begrenzen, würde sich dieses Hochdruckgebiet im April nicht zwingend bilden. Steigen die Temperaturen aber über dieses Ziel hinaus, stellen warme und trockene April-Monate weiter die Weichen für flächendeckenden Wassermangel und ausgedörrte Böden im Sommer.
Hätten wir also den April schon früher anders betrachtet, hätten wir seit Jahren wissen können, was uns im Sommer erwartet. Aber was bringt so eine Prognose von Ende April? Im Alltag bedeutet das bloß, dass der eine oder andere schon durch den Badesee geschwommen ist, wir statt Winterjacken in Sommershirts rumlaufen. Zum Urlaubumbuchen ist es dann meist auch schon zu spät – aber langfristig könnten wir unsere Sommerpläne anders stricken: Warum im Süden schwitzen, wenn man sich auch im Ostseesand die Füße verbrennen kann.
Und die Landwirtschaft, die Gärtnereien, die Förstereien, die Kleingärtner? Binnen weniger Monate kann zwar kein Bauer seine Anbaustrategie umstellen, oder Gärtner auf Sukkulenten umsteigen. Aber immerhin – Forschung, Land- und Forstwirtschaft tüfteln längst daran, um herauszufinden, welche Getreidearten, Futterpflanzen und Bäume auch in trockenen, heißen Sommern gedeihen. Und fernab der Wissenschaft testen Kleingartenmenschen inzwischen auch, ob Feigenbäume im Garten gedeihen – oder Melonen.
Die Studie wurde im Fachmagazin "npj Climate and Atmospheric Science” veröffentlicht. Sie lesen Sie hier.
(lfw) | mdr.de | Im Dezember, wenn die Sonne kaum wärmt, denken wir fast gern zurück an die heißen Sommertage. Dabei hat die Hitze gefährliche Nebenwirkungen. Und wir hätten sie vorhersehen können, so die Ergebnisse neuester Forschung. | [] | Startseite | 2020-12-07T16:25:03+01:00 | 2020-12-07T16:25:03+01:00 | https://www.mdr.de//wissen/april-sagt-duerresommer-vorher-100.html |
Das Wort zum Tag bei MDR SACHSEN | 24.02. - 02.03.2025 | Fühlen Sie sich heute ganz? Oder fehlt Ihnen etwas? Vermissen Sie jemanden oder etwas?
Wenn der Winter langsam dem Frühling weicht, erwacht nicht nur die Natur, sondern auch in uns regt sich etwas. Wir spüren eine leise Sehnsucht nach Neubeginn. Nach Wärme, nach Leichtigkeit - vielleicht auch nach dem Füllen einer Leere.Oft hören wir von Heiligkeit, doch was bedeutet "heilig" eigentlich? Heilig ist, was besonders ist, aus dem Alltag hervorsticht und nahe bei Gott ist. Das Wort "heilig" stammt von "heil" ab - also von Ganzheit, von Vollkommenheit.Mich als vollkommen zu betrachten, fällt mir schwer. Manchmal fällt es mir sogar leichter, andere als vollkommen zu sehen. Doch auch das scheint nicht so einfach zu sein. Denn wir können uns nicht aussuchen, wen wir lieben. Stellen Sie sich vor, wie leicht es wäre, wenn wir unsere Familie, unsere Freunde oder Kollegen immer bedingungslos lieben könnten - wenn uns nie etwas an ihnen stören würde. Aber so ist es nicht.Unsere Beziehungen sind oft kompliziert. Mit den Eltern gibt es Missverständnisse, Geschwister treiben uns manchmal in den Wahnsinn, Freundschaften verändern sich, manche zerbrechen. Und gelegentlich passiert das Unvermeidliche: Die, die wir lieben, lieben uns nicht immer zurück.Doch in all diesen Begegnungen steckt eine Wahrheit: Liebe ist nicht nur Gefühl, sondern auch Entscheidung. Das erzählen uns langjährige Ehepaare, alte Freunde, die trotz Veränderungen verbunden bleiben. Es gibt Tage, an denen man sich nah ist - und Tage, an denen man sich fragt, warum man diese Beziehung überhaupt aufrechterhält. Doch die bewusste Entscheidung, trotz aller Schwierigkeiten füreinander da zu sein, macht den Unterschied.
Der Frühling zeigt uns jedes Jahr, dass aus dem scheinbar Toten wieder Leben erwächst. Was verwelkt war, kann neu aufblühen. Vielleicht ist das eine Einladung: dazu, alte Konflikte hinter uns zu lassen, geduldiger zu sein, die Ecken und Kanten der anderen - und unsere eigenen - als Teil der Ganzheit zu akzeptieren. Denn genau darin, kann im Alltäglichen Heiligkeit erlebt werden. | mdr.de | Täglich hören Sie das Wort zum Tag. Montags bis freitags gegen 5:45 Uhr und 8:50 Uhr, am Sonnabend gegen 8:50 Uhr, sonntags 7:45 Uhr. Das Wort zum Tag sprechen in dieser Woche Lisa-Marie Eberharter und Christoph Till. | [] | 2025-03-04T14:26:58+01:00 | 2025-03-04T14:26:58+01:00 | https://www.mdr.de//sachsenradio/programm/wort-zum-tag-ende-februar-anfang-maerz-102_page-0_zc-6615e895.html |
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Das geschah am 28. April | Am 28. April 1957 wird der Deutsche Turn- und Sportbund (DTSB) in der DDR gegründet. Er löst den Deutschen Sportausschuss als Dachverband aller Sportgruppen ab und wird somit zur Massenorganisation des DDR-Sports. 1989 hat der DTSB rund 3,7 Millionen Mitglieder. Der DTSB zählt 34 Sportverbände und ist unter anderem in Betriebssportgemeinschaften und Sportclubs organisiert. Die Sportclubs sollen besonders den Leistungssport fördern, der außenpolitisch eine große Bedeutung für die DDR hat. Zur Aufgabe gehört außerdem, allen Bürgern der DDR die Möglichkeit zu geben, regelmäßig Sport zu treiben. Zu diesem Zweck organisiert der DTSB regelmäßig die landesweiten Turn- und Sportfeste für Sportbegeisterte aus dem ganzen Land. 1990 veranlassen die Mitglieder, den DTSB aufzulösen.
Am 28. April 1961 wird die erste Internationale Gartenbauaustellung (IGA) der sozialistischen Staaten in Erfurt eröffnet. Rund 3,5 Millionen Besucher kommen zur ersten IGA. Eigens für die Veranstaltung wird der Egapark in Erfurt unter der Leitung von Landschaftsarchitekt Reinhold Lingner ausgebaut. Der Egapark ist einer der größten Landschaftsgärten der DDR, seit 1992 steht er unter Denkmalschutz. Von April bis Oktober 2021 findet die Bundesgartenschau auf dem Egapark-Gelände in Erfurt statt.
Am 28. April 1990 beginnen die Berliner Grenztruppen mit dem Abriss der Mauer am Brandenburger Tor. Was die "Mauerspechte" bis dato nicht geschafft haben, wird nun mit schwerer Technik abgetragen. Geplant ist, dass innerhalb von drei Wochen die Mauer durch einen Metallzaun ersetzt wird. Die dafür notwendigen Abrissarbeiten sollen ausschließlich nachts stattfinden. Mit Hilfe der Firma Nobas aus Nordhausen werden rund 3.000 Tonnen Stahlbeton abgetragen.
Am 28. April 2001 hebt die Sojus-Kapsel T-32 ab, um sich auf den Weg zur Internationalen Raumstation ISS zu machen. Neben den Kosmonauten Talghat Mussabajew und Juri Baturin ist der US-Amerikaner Dennis Tito mit an Bord, der erste Weltraumtourist in der Geschichte der Raumfahrt. Nach zwei Tagen erreicht Tito mit den Kosmonauten die ISS, am 6. Mai landet Tito wieder auf der Erde. Tito zahlt für seinen sechstägigen Aufenthalt im All rund 13,6 Millionen Euro an die russiche Raumfahrtbehörde. Vor seinem Flug musste er eine sechsmonatige Grundausbildung als Kosmonaut absolvieren. Fünf Jahre später fliegt Anousheh Ansari als erste weibliche Weltraumtouristin in den Weltraum.
Am 28. April 2005 verabschiedet der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ein Wettverbot für Fußballspieler, Fußballfunktionäre und Fußballschiedsrichter. Diese Maßnahme ist Reaktion auf den von Schiedsrichter Robert Hoyzer ausgelösten Wettskandal. Ihm wurden unter anderem Korruption und Betrug vorgeworfen – mehrere Spiele seien systematisch manipuliert worden. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe legte Hoyzer zunächst sein Schiedsrichteramt nieder. Im Januar 2005 legte er Geständnis ab und wird in der Folge lebenslang gesperrt. Der Fußball-Wettskandal 2005 gilt als eine der größten Affären im deutschen Fußball.
Am 28. April 2021 beginnt der Bundesverfassungsschutz mit der Beobachtung der "Querdenken"-Bewegung, die vor allem im Zuge etwaiger Proteste gegen die Corona-Maßnahmen aktiv ist. Untersucht werden unter anderem Verbindungen zu "Reichsbürger-" und "Selbstverwalter"-Organisationen sowie zu Rechtsextremisten. Der Verfassungsschutz hatte zunächst mit der Bewertung gezögert, da der Großteil der Bewegung nicht als extremistisch einzustufen sei. Unter anderem wird der Bewegung die Erzählung von Verschwörungsmythen wie QAnon und anderen antisemitischen Ressentiments vorgeworfen. Eine zunehmende Radikalisierung von Teilen der Bewegung hat letztendlich zu der Beobachtung geführt - zu diesem Zweck wird der neue Phänomenbereich "Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates" eingerichtet. | mdr.de | 1957 wird der Deutsche Turn- und Sportbund in der DDR gegründet. 2021 beginnt der Verfassungsschutz mit der Beobachtung der "Querdenken"-Bewegung. Was geschah noch an diesem Tag? Der tägliche Blick zurück. | [] | Mitteldeutschland | 2022-04-28T09:58:57+02:00 | 2024-04-22T17:01:04+02:00 | https://www.mdr.de//geschichte/mitteldeutschland/jahrestage/kalenderblatt-dtsb-weltraumtourismus-mauerabbau-wettverbot-dfb-verfassungsschutz-querdenken100.html |
MDR-Rundfunkrat sucht gutachterliche Beratung für Drei-Stufen-Test | Der Rundfunkrat wird der staatsvertraglichen Vorgabe entsprechend auch gutachterliche Expertise einholen. Das Gutachten soll die Auswirkungen des Angebots „ARD Kultur“ auf alle relevanten Märkte analysieren und bewerten. Den marktlichen Auswirkungen ist der publizistische Wert des öffentlich-rechtlichen Angebots gegenüberzustellen.
Der MDR-Rundfunkrat leitet hierfür ein nicht-förmliches Interessenbekundungsverfahren ein.
Vom 11.10. bis 01.11.2022 haben Unternehmen, Institute oder Freischaffende, die Interesse an der Erstellung eines entsprechenden Gutachtens haben, Gelegenheit, dies dem Rundfunkrat mitzuteilen.
Pressekontakt:Dietrich Bauer, Vorsitzender des Rundfunkrates, Tel.: (0341) 3 00 62 21,E-Mail: [email protected] | mdr.de | Der MDR-Rundfunkrat sucht gutachterliche Beratung für das am 11. Oktober 2022 startende Genehmigungsverfahren (Drei-Stufen-Test) zum gemeinschaftlichen Telemedienangebot "ARD Kultur". | [] | Presse | 2022-10-11T15:06:58+02:00 | 2022-10-11T15:06:58+02:00 | https://www.mdr.de//mdr-rundfunkrat/presse/-beratung-drei-stufen-test-verfahren-100.html |
Turner Dauser beendet internationale Karriere | Turn-Weltmeister Lukas Dauser hat wenige Stunden nach seinem siebten Platz am Barren bei den Olympischen Spielen in Paris seine internationale Karriere für beendet erklärt. "In den letzten Wochen und Monaten habe ich die Entscheidung getroffen, dass es für mich mein letzter großer internationaler Wettkampf war", sagte der 31-Jährige im ZDF. Damit verzichtet der 31-Jährige auch auf die Heim-EM im kommenden Jahr in Leipzig.
44 Tage nach seinem Muskelbündelriss im rechten Bizeps turnte der 31-Jährige vom Stützpunkt Halle/Saale am Montag (5. August 2024) in einem hochklassigen Finale an seinem Paradegerät Barren nicht fehlerfrei zu 13,700 Punkten und belegte damit Rang sieben. Bei einer Drehung schlug er mit einem Bein auf den Holm. Trotzdem rang er sich ein Lächeln ab, als er das Wettkampfpodest verließ.
Unmittelbar nach seinem Auftritt in der Arena Bercy hatte Deutschlands Sportler des Jahres ein Karriereende noch offen gelassen und lediglich einen Start bei den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles ausgeschlossen. "Vier Jahre werde ich nicht mehr machen", hatte er gesagt. In der Bundesliga wolle er die Saison aber noch zu Ende turnen, erklärte Dauser bei Eurosport.
"Ich mag keine Geschichten ohne Happy End, aber ich muss die Pille schlucken. Ich bin dennoch stolz, dass ich überhaupt hier war", sagte Dauser nach dem Barren-Finale im ZDF. Er wolle es nicht auf die Verletzung schieben. "Der Bizeps war nicht der Grund, warum es schief gegangen ist", so Dauser: "Der Grund war eher, dass ich im Vorfeld nicht so viele Übungen turnen konnte, wie ich wollte. Da fehlte ein bisschen die Routine."
Olympiasieger wurde wie 2021 in Tokio der Chinese Jingyuan Zou mit 16,200 Punkten. Silber gewann Illia Kowtun aus der Ukraine mit 15,500 Zählern. Bronze holte sich Team- und Mehrkampf-Olympiasieger Shinnosuke Oka aus Japan mit 15,300 Punkten. Als siebter Starter betrat Dauser vor dem Endkampf die Halle, winkte ins Publikum und wirkte dabei aber voll fokussiert.
"Das sind die besten acht Turner auf dieser Welt", hatte er im Vorfeld gesagt: "Jeder kann seine Übung. Es kommt darauf an, wer sie dann am besten abrufen kann." In der Qualifikation für das Barren-Finale hatte er mit 15,116 Punkten Rang fünf belegt. Dauser hatte am Barren im vergangenen Jahr den Weltmeistertitel gewonnen, auf dem Weg nach Paris musste er Ende Juni aber einen empfindlichen Rückschlag hinnehmen, als er sich bei der nationalen Olympia-Quali am rechten Oberarm verletzte.
Lange war fraglich gewesen, ob der gebürtige Oberbayer, der in Tokio 2021 am Barren olympisches Silber bejubeln konnte, überhaupt an den Pariser Spielen würde teilnehmen können. Die ursprünglich geplante Aufstockung des Schwierigkeitsgrades hatte Dauser wegen seiner Verletzung nicht umsetzen können. Fest steht nun, dass die deutschen Kunstturner ohne Edelmetall aus der französischen Hauptstadt abreisen.
dpa/sid/SpiO | mdr.de | Kurz nach der deutlich verpassten Olympia-Medaille am Barren war sich Lukas Dauser noch unsicher, wenige Stunden später steht seine Entscheidung fest: Der Wahl-Hallenser beendet seine internationale Karriere. | [
"Lukas Dauser",
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"DOSB",
"Team D",
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"Sport"
] | 2024-08-05T17:39:18+02:00 | 2024-08-05T21:35:30+02:00 | https://www.mdr.de/sport/andere_sportarten/olympia-lukas-dauser-barren-100.html |
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Sanddorn, Schlehe, Felsenbirne - Wildobst wiederentdeckt | Wildobst ist ein Produkt der Natur. Es wächst sozusagen ohne Zutun von Menschen an Waldwegen oder auf Wiesen. Für Tiere sind die Früchte willkommene Nahrung. Ist Wildobst im Garten einmal angewachsen, muss es kaum noch gepflegt werden. Wichtig ist allerdings, den Pflanzen je nach Sorte ausreichend Platz zu geben.
Die ursprünglichen Wildobstarten tragen - im Gegensatz zu den Kultursorten - allerdings häufig weniger Früchte. Sie sind dafür robuster und nicht so anfällig für Krankheiten. Im Handel werden meist züchterisch bearbeitet Sorten unter dem Oberbegriff "Wildobst" angeboten.
Was in der Natur nicht funktioniert, wird aussortiert. So überleben nur die stärksten Pflanzen. Wer keine Zeit für den Garten hat, sollte deshalb auf Wildformen zurückgreifen. Gute Pflanzzeit für Wildobstgehölze ist der Herbst.
Wer Sanddorn im Garten ernten möchte, sollte auf kultivierte Sanddornsorten zurückgreifen, empfiehlt Heiko Schiecke. Sanddorn ist im Wildobstbereich eine Ausnahme denn die wilden Sorten tragen nur wenige Früchte. Sanddorn braucht einen trockenen, sandigen und vor allem sonnigen Standort, damit die Früchte reifen und gut schmecken. Auch auf Lehmböden entwickelt er sich gut, die Erde sollte aber locker und nicht zu dicht sein, damit die Pflanze ausreichend Nährstoffe aufnehmen kann.
Sanddorn kann gut auch als Hecke im Garten angepflanzt werden. Hierfür müssen die Pflanzen regelmäßig in Form geschnitten werden. Die Früchte sind Ende Oktober/ Anfang November reif. Sie sollten vor den ersten Frösten geerntet werden, da sie bei Frost matschig werden. Einziger Nachteil, die Pflanze hat lange spitze Dornen, die das Ernten erschweren. Wird Sanddorn nicht beschnitten, werden die Sträucher bis zu vier Meter hoch und sehr breit. Sanddorn bildet Ausläufer, die rechtzeitig entfernt werden sollten.
Ein wichtiger Hinweis für alle, die viel Wert auf die Früchte legen: Die meisten Sanddornsorten sind keine Selbstbefruchter. Weibliche Pflanzen brauchen also mindestens einen männlichen Partner. Dieser kann bis zu vier weibliche Pflanzen bestäuben. Eine neue, selbstfruchtende Zwitterpflanze, ist die Friesdorfer Orange.
Die Felsenbirne wächst in der Natur als Strauch. Viele Baumschulen bieten sie inzwischen aber auch als vorkultivierte Bäume an. Ob Baum oder Strauch - die Felsenbirne ist anspruchslos und bevorzugt trockene, sandige Böden. Auch lehmige Böden sind geeignet, allerdings darf es nicht zu Staunässe kommen. Felsenbirnen werden fünf bis sechs Meter hoch, wenn man sie nicht zurückschneidet.
Im April bildet die Felsenbirne sehr viele, kleine weiße Blüten. Im Juni, Juli sind die etwa einen Zentimeter großen Früchte reif, die man als Naschobst vom Baum essen kann. Mit der Ernte sollte man sich allerdings beeilen, da auch die Vögel auf die Felsenbirnen fliegen. Ihr Geschmack erinnert an Heidelbeeren. Im Herbst färben sich dann die Blätter gelb, orange oder rot - die Farbgebung variiert von Jahr zu Jahr. Heiko Schieke empfiehlt die kultivierte Sorte Ballerina. Sie wächst langsamer, bleibt kleiner und bildet größere Früchte aus.
Schlehen werden vom Mensch schon sehr lange als Nahrung und Heilpflanze genutzt. Die Schlehe ist anspruchslos und wächst auf allen Böden. Auch sie braucht einen sonnigen Platz im Garten, damit die Früchte reifen und schön süß werden. Wer keinen Wert auf die Früchte legt, kann die Schlehe auch im Schatten platzieren.
Die Sträucher wechseln ihr Bild mit den Jahreszeiten und sehen einfach sehr schön aus. Besonders attraktiv sind die kleinen, weißen Blüten, die sich schon im März zeigen. Im Herbst färbt sich das Laub der Pflanzen gelb. Schlehen sind selbstfruchtend. Sie wachsen zu großen dichten Sträuchern heran, wenn sie nicht in Form gebracht werden.
Die Früchte sind roh nicht genießbar und werden daher häufig zu Likör oder Konfitüre verarbeitet. Durch Frost legt sich der saure und bittere Geschmack der Schlehe, sie schmeckt dann sogar leicht süßlich. Wer nicht auf die ersten Nachtfröste warten will, kann die Schlehen auch ins Gefrierfach legen. Allerdings: Schlehen haben verhältnismäßig große Kerne und wenig Fruchtfleisch, deswegen ist die Verarbeitung mühsam. Eine Kultursorte - die Haferschlehe bildet besonders große schmackhafte Früchte aus.
Quelle: Heiko Schieke, Gärtnermeister aus Tonndorf, Thüringen | mdr.de | Krachsauer sind Sanddornfrüchte vom Strauch. Zu Marmelade oder Likör verarbeitet, sind die kleinen Beeren ein Genuss. Wir stellen Wildobstgehölze vor, die im Garten schön aussehen und Früchte liefern. | [] | Pflanzen | 2023-08-25T18:01:02+02:00 | 2023-08-25T18:01:02+02:00 | https://www.mdr.de//mdr-garten/pflanzen/hecken-straeucher-wildobst-sanddorn-schlehe-felsenbirne100.html |
Er hat gelacht | Komisches Wochenende. Alle reden durcheinander und streiten über das, was sie gesehen haben, ohne zu wissen, was genau sie eigentlich gesehen haben. Und so gab es wieder eine Mordsaufregung im Journalistennetzwerk Twitter, die manches von Substanz überlagert.
Am Sonntagabend waren die beiden meistgelesenen Texte auf spiegel.de ein Beitrag darüber, dass Armin Laschet sich für sein Verhalten während eines Pressestatements des Bundespräsidents im Hochwasserkatastrophengebiet Erftstadt entschuldigt habe. Und der zweite Artikel war der zwei Stunden zuvor erschienene über den Grund für die Entschuldigung. Frank-Walter Steinmeier hatte den Unwetteropfern sein Beileid ausgesprochen, Laschet, der Kanzlerkandidat der CDU/CSU, stand währenddessen im Hintergrund und lachte und feixte.
Auf den Seiten des Redaktionsnetzwerks Deutschland (rnd.de) stand prominent auf der Homepage unter der bei Twitter erstformulierten Dachmarke "#LaschetLacht" ein ganzer Beitragsriegel mit Texten über a) das Geschehen, b) kritische Reaktionen, c) Laschets Entschuldigung und d) einem Kommentar. Beim Kölner Stadt-Anzeiger, mit Madsacks RND kooperativ verbunden, stand der gleiche, aber anders redigierte Kommentar auf Homepage-Position zwei. Der britische Guardian zeigte den feixenden Laschet online zeitweise als Aufmacher. Und so weiter, und so fort.
Dem Geschehen in Erftstadt wird also eine gewisse Bedeutung zuerkannt; die mediale Berichterstattung und die Publikumsresonanz sind da ja doch recht eindeutig. Die Frage ist nur, was die Bilder bedeuten. Um das herauszufinden, müsste man wissen, worüber Laschte lachte. Wissen wir aber nicht. Man wüsste wissen, ob ihm bewusst war, dass eine Kamera auch auf ihn gerichtet ist. Was wir aber nicht wissen können, weil wir nicht in seinem Kopf wohnen.
Ich würde daher sagen: Die Bedeutung der Bilder des feixenden Kanzlerkandidaten besteht darin, dass ihnen Bedeutung unbedingt zugeschrieben werden soll – sicher auch als Reaktion auf die kleinteilige Kritik an der Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock. Sie werden instrumentalisiert. Vor allem dadurch wird das Hintergrund-Gefeixe von Erftstadt für den Wahlkampf relevant: nicht als Primärereignis, dessen Berichterstattungsrelevanz sich selbst erklärt, sondern als Medienereignis, das auf andere Medienereignisse reagiert. Da lacht jemand, der es besser wissen müsste, weil er wahrscheinlich nicht weiß, dass er gerade gefilmt wird. Peinlich, aber vor allem ziemlich aufgebauscht. Relevant ist seine Klimapolitik, nicht dieser konstruierte Boulevard-Charaktertest.
Kleiner Exkurs: Generell wird die Bedeutung solcher öffentlicher Wahlkampfbilder womöglich überschätzt. Kurt Kister schrieb in der Samstags-SZ über den Wahlkampf 2002, es sei nur eine Legende, dass Kanzler Gerhard Schröder die Wahl gewonnen habe, weil er nach dem Elbe-Hochwasser sofort vor Ort gewesen sei, sein Gegenkandidat Edmund Stoiber aber nicht:
"Die Auftritte der Spitzenpolitiker in den Hochwassergebieten hatten, wahltaktisch gesehen, in erster Linie die Folge, dass Wahrnehmungen bestärkt wurden, die ohnehin über Schröder und Stoiber bestanden. Schröder, der Basta-Kanzler, bemühte sich, wie der empathischere Nachfolger des einstigen Flutbezwingers Helmut Schmidt zu erscheinen. Stoiber wiederum, der sich ohnehin nicht für öffentliche Symbolik eignete, wirkte auch in Gummistiefeln so, als wolle er die Katastrophe mit Verwaltungsakten bekämpfen. Schröder gewann nicht wegen der Flut, Stoiber verlor nicht wegen ihr."
Womöglich wird die Bedeutung von Bildinszenierungen aber auch nicht überschätzt. Als Peer Steinbrück 2013 im Wahlkampf auf dem SZ-Magazin-Cover einen Mittelfinger zeigte, prägte das den weiteren Verlauf der medialen Berichterstattung stark. Die Bedeutung des Bildes bestand vor allem darin, dass anderes, womöglich Bedeutsameres, nicht mehr so bedeutend zu sein schien.
Georg Restle, der Leiter des Politmagazins "Monitor" twitterte: "Am Ende wird diese Bundestagswahl darüber entschieden, ob #Laschetlacht oder @ABaerbock in ihrem Buch nachlässig zitiert hat. Kann mich mit diesen politischen Realitäten nicht anfreunden. Schon gar nicht angesichts der realen Herausforderungen unserer Zeit." Ich habe die Empörung vieler Menschen wahrgenommen und will sie niemandem absprechen. Aber mir geht es ähnlich wie Restle. Die Fokussierung auf skandalisierbare Zweitrangigkeiten geht mir ziemlich auf den Wecker.
Die Frage ist: Was muss man verlangen von einem Mann, der Bundeskanzler werden will? Möglichkeit eins: Man fordert, dass er angesichts des Leids, das viele Menschen persönlich trifft, nie lacht, wenn er in einem Hochwassergebiet zugegen ist, weil er jederzeit im Fernsehen zu sehen sein könnte. Das würde aber bedeuten, einen Kanzlerkandidaten nicht an seiner Leistung, sondern an seiner Inszenierung als Krisenmanager zu messen. Statt diese Inszenierung zu demontieren, um so zur Substanz und den Inhalten seiner Krisenpolitik vorzudringen, wird sie nur demontiert, um zu zeigen, dass es sich um eine Inszenierung handelt. Dass er persönlich gar nicht so betroffen ist, wie er als Ministerpräsident und Kanzlerkandidat redet. Das aber wissen wir doch schon. Die Erkenntnis besteht also darin, dass seine Inszenierung eine Inszenierung ist. Ein Zirkelschluss: Wir wissen, dass der Ball rund ist, deswegen rollen wir ihn einen Berg hinunter und stellen dann fest, dass der Ball rund ist.
Möglichkeit zwei: Wir verlangen, dass er in einem Katastrophengebiet nicht lacht, weil er wirklich die ganze Zeit über berührt ist. Das würde aber verkennen, dass er nicht als persönlich Betroffener anreist, sondern als Politiker im Wahlkampf, der vor Ort wahlkämpft.
Möglichkeit drei: Man verlangt von ihm, wie Jens Schneider heute in der SZ (Blendle-Link), "dass er den Ernst der Lage verstanden hat". Das lasse ich mir eingehen, zumal der Gedanke, dass Angela Merkel im Hintergrund Witze machen würde, recht abwegig wirkt (was allerdings wiederum nicht unbedingt auch für ihre Vorgänger gilt). Es geht aber am Ende dann doch nur um eine Stilfrage.
Den Ernst der Lage ernstzunehmen, das gilt aber eigentlich auch für uns von den Medien: Es gibt keinen Zwang, sich ausführlicher als nötig mit Bildern zu beschäftigen, bevor der Kontext der Entstehung geklärt ist. Zu diesem Kontext gehört zum Beispiel auch Wissen über die Kameraeinstellung. Für Zuschauer sieht es aus, als sei für Laschet im Hintergrund erkennbar, dass er die Kulisse für ein Fernsehstatement des Bundespräsidenten bildet (der selbst auch beim Lachen gefilmt wurde). Von seiner Kulissenposition aus kann das völlig anders gewirkt haben.
Kurz bevor am Samstag das Video des feixenden CDU-Kanzlerkandidaten viral ging, kommentierte Stefan Kuzmany auf den Seiten des Spiegels, die Überschwemmungen im Westen Deutschlands könnten für den Wahlkampf ein Wendepunkt sein, weil wir endlich mal über Politik reden müssen:
"In diesem Wahlkampf kann es jetzt nicht mehr um geklaute Zitate und als Pflegekräfte kostümierte Plakatdarstellerinnen gehen – es geht um die Frage, ob die Folgen des Klimawandels kurzfristig sind, oder ob dieser Wandel grundsätzlich zu bekämpfen ist. Wahrscheinlich werden wir beides zugleich tun müssen. Und müssen uns daher fragen: Passt Annalena Baerbock auch in Gummistiefel, wäre sie eine gute Krisenmanagerin? Und was macht Armin Laschet, wenn er seine Gummistiefel wieder ausgezogen hat – hat er die Weitsicht, langfristige, auch unpopuläre Entscheidungen für das Klima zu treffen?"
An der Stelle würde es interessant. Und es wurde auch kurz mal interessant, als Laschet vor vier Tagen in einem konfrontativ geführten WDR-Interview zu seiner Klimapolitik befragt wurde und in die Defensive geriet. Dann aber sah man Laschet lachen, und wir waren wieder auf dem Weg zurück in die Bullshitschleife.
+++ Vergangene Woche stand der WDR in der Kritik, er habe in der Unwetternacht zum Donnerstag nicht umfassend genug berichtet (Altpapier). Radio Wuppertal dagegen hat durchgesendet. Die SZ hat die Umstände (Notstrom!) zusammengetragen: "Ab drei Uhr früh ist der Strom aus. Das Funkhaus ist nur noch über UKW zu empfangen. Sie schalten das Licht aus. Alles, was unnötig Strom zieht, ist ausgesteckt."
+++ Auch im "Medienmagazin" von Radioeins wurde die Diskussion über die Katastrophenberichterstattung noch einmal vertieft. Eine der aufgeworfenen Fragen: "Vielleicht ist es doch nicht so klug, an der Abschaffung von UKW zu arbeiten?"
+++ Mal wieder ein koordiniertes Rechercheprojekt mehrerer Medienhäuser: Es geht um das "Pegasus-Projekt" und die geheimdienstliche Überwachung auch von Journalisten, etwa in Ungarn. Die Süddeutsche gehört zu den Projektmedien. (Für die Transparenz: Die Zeit auch, also die Verwandte meines Arbeitgebers Zeit Online.)
+++ Der Großteil der Berichterstattung und Kommentierung über die Olympischen Spiele wird "nicht aus dem fernen Japan, sondern aus den heimischen Studios von ARD, ZDF und Eurosport erfolgen": Der Tagesspiegel schreibt über "ein Novum"
+++ Oliver Schenk, Chef der Staatskanzlei Sachsen, spricht im FAZ-Interview (Abo) über die Reformüberlegungen in der Rundfunkkommission der Länder. Nebenbei rückt er den "Eindruck" gerade, "wir wollten in der Vorgabe einer ‚sachlichen Berichterstattung‘ satirische Angebote verbieten oder gar die Programmhoheit beschneiden. Das ist natürlich nicht beabsichtigt."
+++ Die Fußballeuropameisterschaft hat sich Dietrich Leder für die Medienkorrespondenz angeschaut und ordnet die medialen Aspekte.
Neues Altpapier erscheint am Dienstag. | mdr.de | Der Kanzlerkandidat der CDU, Armin Laschet, reist ins Hochwassergebiet und lacht, wo er nicht lachen sollte. Seine Inszenierung als Krisenmanager wird als Inszenierung erkennbar. | [] | 2021-07-19T11:31:55+02:00 | 2021-07-19T11:39:17+02:00 | https://www.mdr.de//altpapier/das-altpapier-2230.html |
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Rhabarber vortreiben und früher ernten | Rhabarber ist äußerst unkompliziert und im Gegensatz zu vielen anderen Gemüsearten, die meist einjährig sind, eine Dauerkultur. Die winterharte Staude wird einmal gepflanzt und kann etwa acht Jahre am gleichen Standort bleiben. Geerntet wird normalerweise im Juni. Der Ertrag steigert sich im Normalfall von Jahr zu Jahr.
Sobald sich im Frühjahr die ersten zarten Triebe des Rhabarbers zeigen, können sie beim Austreiben unterstützt werden. Dazu die Pflanze mit einem Eimer, einem Weidenkorb oder einem großen Tontopf abdecken. Das Prinzip ist schnell erklärt: Die Frühjahrssonne erwärmt die Luft und den Boden unter der Abdeckung. Dadurch treibt der Rhabarber viel schneller aus. Das mangelnde Licht stört ihn dabei nicht. Die Dunkelheit sorgt sogar dafür, dass die Stängel ein besonders zartes Aroma bekommen. Mit dieser Methode ist der Rhabarber bereits vier Wochen nach der Abdeckung erntereif.
Rhabarber lässt sich nicht nur im Beet, sondern auch im Kübel anbauen. Hier geht das Vortreiben genauso leicht. Entweder der Kübel ist so groß, dass ein Eimer über die Pflanze gestülpt werden kann oder der Kübel wird an einen warmen Ort gestellt. Dafür eignet sich zum Beispiel ein Gewächshaus.
MDR Garten | mdr.de | Wer nicht bis zum Juni warten möchte, kann den Rhabarber beim Austreiben unterstützen. Das Vorgehen ist ganz leicht. Wir erklären, wie es funktioniert. | [] | Pflegen | 2024-06-04T14:01:04+02:00 | 2024-06-04T14:01:04+02:00 | https://www.mdr.de//mdr-garten/pflegen/rhabarber-vorziehen-treiben-frueher-ernten-102.html |
Rechte Terrorgruppe oder kriminelle Vereinigung? Prozess gegen "Knockout 51" | Beim Prozessauftakt gegen Mitglieder der rechtsextremistischen Kampfsporgruppe "Knockout51" ist am Montag vor dem Oberlandesgericht die Anklage verlesen worden. Am Dienstag soll die Beweisaufnahme forgeführt werden. Von den Angeklagten hat sich bislang keiner geäußert.
Laut Anklage sahen sich "Knockout 51" als elitäre Kampfgruppe. Die Regeln seien streng gewesen: Wer nicht regelmäßig zum Training im Flieder Volkshaus in Eisenach erschien, dem drohte angeblich der Rausschmiss. Neumitglieder hätten sich demnach als Anwärter mindestens ein halbes Jahr bewähren müssen, erst dann hätten sie das Logo von "Knockout 51" tragen dürfen.
Wie die Bundesanwaltschaft feststellte, wurde dabei nicht nur auf sportliche Leistung im Kampfsport großen Wert gelegt, sondern vor allem auch auf ein Leben nach nationalsozialistischem Muster. Für die Weltanschauung wurden angeblich eigene Schulungen organisiert.
Als ihr Revier betrachtete die Bande die Eisenacher Nordstadt - ihren "Nazi Kiez". Hier führten sie sich als Ordnungsmacht auf, hier regierte "KO 51". Regelmäßige Streifen und entsprechende Graffiti untermauerten diese Herrschaftsansprüche: vermeintliche Linke, Ausländer oder Drogenabhängige hatten hier nichts zu suchen und wurden attackiert - so die Bundesanwaltschaft.
So verfolgte die Gruppe laut Anklage kurz nach ihrer Gründung im März 2019 das Ziel, durch hartes, brutales Training im Flieder Volkshaus, dem Sitz der Thüringer Geschäftsstelle der rechtsextremen Partei "Die Heimat" (vormals NPD), im erwarteten Straßenkampf gegen Gegner und die Polizei bestehen zu können.
Außerdem war die Bande wohl für den Saalschutz des Volkshauses zuständig. Wie der Generalbundesanwalt schreibt, nahmen die Rechtsextremisten neben dem Kampfsporttraining als Gruppe an Demonstrationen von Coronaleugnern, Querdenkern und Reichsbürgern in der gesamten Bundesrepublik teil, um Gewalt auszuüben. Die Rädelsführer der Bande seien bestens in der rechtsextremen, militanten Szene vernetzt gewesen.
Das Bundeskriminalamt und die Bundesanwaltschaft sind überzeugt, dass sich spätestens im April 2021 die Gruppe von einer kriminellen zu einer terroristischen Vereinigung gewandelt habe. Nach linksextremen Angriffen auf Mitglieder von "Knockout 51", auf deren Szenekneipe "Bull's Eye" in Eisenach und auf weitere Objekte der rechtsextremen Szene hätten sich die militanten Kampfsportler radikalisiert.
So sollten - sagt die Bundesanwaltschaft - Auseinandersetzungen mit mutmaßlichen Linksextremisten gesucht oder provoziert werden. Dabei seien auch tödliche Verletzungen beim Gegner anvisiert worden. Viermal sollen Mitglieder sogar auf tschechischen Schießständen den Umgang mit scharfen Waffen trainiert haben.
Ein ganzes Waffenarsenal soll sich die Gruppe bereitgelegt haben: Bei der Razzia im Flieder Volkshaus stellte die Polizei im April 2022 eine Machete, eine Axt, einen Schlagstock und Eisenstangen mit angeschweißten Handgriffen sicher.
Im April 2022 wurden vier Mitglieder der Gruppe - darunter auch der Rädelsführer Leon R. - festgenommen. Davon unbeeindruckt machten die anderen Rechtsextremisten offenbar weiter. Die nun Angeklagten Kevin N. und Marvin W. sollen die Bande weiter gefestigt haben - vor allem um Szenetreffen und Rechtsrockkonzerte im Flieder Volkshaus zu schützen.
Der dritte Angeklagte, Patrick Wieschke, Kommunalpolitiker der "Heimat" soll der Gruppe das Neonazi-Haus zur Verfügung gestellt haben. Er streitet auf MDR-Anfrage die Vorwürfe ab. Kriminelle oder gar terroristische Pläne seien ihm nicht bekannt. Vielmehr wären nach der Anschlagsserie auf "rechte Objekte" im April 2021 Schutzmaßnahmen diskutiert worden, aber keine Angriffsszenarien - so Wieschke.
Erst Mitte Dezember 2023 wurden Kevin N., Marvin W. und Patrick Wieschke festgenommen. Während Wieschke im April 2024 entlassen wurde, sitzen die beiden mutmaßlichen Mitglieder von "Knockout 51" weiter in Untersuchungshaft.
Das Oberlandesgericht Jena muss vor allem auch zum Vorwurf der Bildung oder Mitgliedschaft einer terroristischen Vereinigung entscheiden. Schon im ersten Prozess gegen Mitglieder von "Knockout 51" hatte das OLG keine Terrorvereinigung erkannt.
Darum war der Generalbundesanwalt im vergangenen Sommer in Revision gegen das erlassene Urteil gegangen. Auch im Vorfeld des zweiten Prozesses erkannte das Oberlandesgericht Jena keinen Terrorverdacht und wollte den Prozess an das Landgericht Gera verweisen.
Der Bundesgerichtshof erkannte dagegen "hinreichende Hinweise" und folgte der Beschwerde der Bundesanwaltschaft. Zweimal pro Woche wird nun am Oberlandesgericht verhandelt - bis Ende des Jahres hat der Strafsenat die Termine bereits festgesetzt.
MDR (ahem/fno) | mdr.de | Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat vor dem Oberlandesgericht Jena der Prozess gegen drei Rechtsextremisten begonnen. Zwei von ihnen wird die Mitgliedschaft in der Kampfsportgruppe "Knockout 51" vorgeworfen. | [
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] | Thüringen | 2025-04-28T13:11:25+02:00 | 2025-04-28T20:39:40+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/thueringen/knockout-rechtsextrem-prozess-kampfsport-100.html |
Kleingarten-Kolonie | Das sind viele kleine Gärten.Die Menschen mieten sich dort einen Garten.Das bedeutet:Sie bezahlen Geld,damit sie den Garten benutzen dürfen.Zum Beispiel:Wenn sie bei ihrem Haus keinen Garten haben. | mdr.de | [] | Wörter-Buch | 2021-08-16T13:03:36+02:00 | 2021-08-16T13:03:36+02:00 | https://www.mdr.de/nachrichten-leicht/woerterbuch/glossar-Kleingarten-Kolonie100.html |
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Ist ein mediales Revival der Menschenrechte möglich? | Mit Glückwünschen geht’s hier in dieser Kolumne ja eher selten los. Da brechen wir doch gern mal mit den Gewohnheiten. Also, herzlichen Glückwunsch, liebe Neue deutschen Medienmacher*innen zum 15-jährigen Bestehen!
Anlässlich des Jubiläums hat Isabelle Klein für @mediasres ein Interview mit NdM-Geschäftsführerin Elena Kountidou geführt. Die Redaktion des Medienmagazins fasst das Gespräch unter anderem mit folgenden Worten zusammen:
"'Viel mehr Menschen mit Einwanderungsgeschichten sind vor den Kameras und auch an den Redaktionstischen', betont (…) Kountidou (…) Allerdings verflüchtige sich dieser Effekt je weiter es in der Hierarchie nach oben gehe: 'Bei den Chefredakteurinnen der großen Medienhäuser haben nur 6,4 Prozent Einwanderungsgeschichte.' Erschreckend wenig sei das in Relation zu den 25 Prozent in der Gesamtbevölkerung, meint Kountidou."
Die NdM selbst blicken in einer Pressemitteilung zurück und nach vorn. "Ausruhen" könne man sich auf dem bisher Erreichten jedenfalls nicht. Denn:
"Mediendiskurse werden aktuell verstärkt von Menschenfeindlichkeit bestimmt (…) Das Selbstverständnis als Migrationsgesellschaft und grundlegende Menschenrechte werden in Talkshows öffentlich in Frage gestellt. Wir müssen also weitermachen und formulieren zum Jubiläum fünf Geburtstagswünsche an die deutsche Medienlandschaft."
Einer davon:
"Wir brauchen klare menschenrechtsbasierte Haltungen in Redaktionen statt Slogans für Vielfalt. In Zeiten des Rechtsrucks muss sich Journalismus seiner demokratischen Verantwortung bewusst sein."
Der Appell ist mir sympathisch. Ich frage mich trotzdem, wie realistisch es ist, dass sich "menschenrechtsbasierte Haltungen in Redaktionen" durchsetzen. Zugespitzt gefragt: Sind menschenfeindliche Journalisten resozialisierbar? Generell natürlich ja, aber über das Wie bin ich mir nicht im Klaren. Es bräuchte unterschiedliche Strategien: Gegenüber überzeugten Gegnern einer menschenrechtsbasierten Flüchtlingspolitik muss man anders argumentieren als gegenüber opportunistischen Journalisten, die die Menschenfeindlichkeits-Karte spielen, weil sie auf der Seite jener sein wollen, die derzeit wie die Sieger aussehen, oder weil sie sich einer (gefühlten) Blatt- oder Senderlinie unterordnen.
Die Organisation Reporter ohne Grenzen setzt uns darüber in Kenntnis, dass Jan Heidtmann ("Süddeutsche Zeitung") und der RBB-Reporter Jörg Poppendieck am Dienstag Beschwerde gegen ein Urteil des Amtsgerichts München eingelegt haben (siehe auch (epd/"Rheinische Post"). Gespräche, die sie und andere Journalisten mit Vertreterinnen und Vertretern der Letzten Generation geführt hatten, waren abgehört worden, und das Amtsgericht hatte das für rechtmäßig erklärt.
Den betroffenen Poppendieck zitiert die Organisation so:
"Mittlerweile habe ich mir den Mitschnitt eines meiner Recherchetelefonate mit einem Vertreter der 'Letzten Generation' anhören können. Ich war einen Moment geschockt, weil ich das nicht für möglich gehalten hatte. Es ist so offensichtlich, dass die Generalstaatsanwaltschaft und das Amtsgericht die Pressefreiheit schlicht ignoriert haben."
Und Christian Mihr, der scheidende Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, sagt:
"Dass die Kommunikation von zahlreichen Medienschaffenden mit der Letzten Generation von den Ermittlungsbehörden überwacht wurde, ist schlimm genug. Dass das Gericht nach nochmaliger Prüfung weiter darauf beharrt, dass die Maßnahmen rechtmäßig waren, kann so nicht stehen gelassen werden. Wir unterstützen deshalb die betroffenen Journalisten bei ihrer Beschwerde – auch um ein Zeichen zu setzen, dass sich die massenhafte Überwachung von Journalistengesprächen sich nicht wiederholen darf."
Die mannigfaltigsten staatlichen Angriffe auf die Pressefreiheit hat in diesem Jahr der Sender Radio Dreyeckland (RDL) erlebt. Sie waren im Altpapier vielfach Thema. Johanna Treblin rekapituliert für die taz die Entwicklungen unter anderem anhand von Gesprächen mit zwei betroffenen Mitarbeitenden, Fabian Kienert und Andreas Reimann. Und so ging alles los:
"Um 6.40 Uhr, am 17. Januar 2023, klingelt und rüttelt es bei Kienert an der Wohnungstür: die Polizei mit einem Durchsuchungsbefehl. Zeitgleich stehen auch bei Geschäftsführer Reimann Polizist*innen vor der Tür."
Der rechtliche Zwischenstand:
"Die Ermittlungen gegen Reimann wurden eingestellt. Gegen Kienert allerdings übernahm das Oberlandesgericht die Ermittlungen. Vergangene Woche entschied es, die Durchsuchung von Kienerts Wohnung sei rechtens gewesen. Radio Dreyeckland erwägt nun weitere rechtliche Schritte (…) 'Als ich von den erneuten Ermittlungen gehört habe, habe ich prompt schlecht geschlafen', sagt Reimann. Die Bilder, wie die Polizei seine Wohnung durchsuchte, 'sind wieder hochgekommen' (…) Der Prozess fresse nun weitere Zeit und Geld. Dafür sammelt die Redaktion Spenden – was auch wieder Zeit in Anspruch nimmt".
Wo es in Deutschland bei der Medienförderung hakt - das ist im Altpapier oft Thema gewesen in der jüngeren Vergangenheit. Ausführlich zum Beispiel am vergangenen Freitag, etwas kürzer am gestrigen Dienstag. Mit Förderung sind in diesem Zusammenhang sowohl die Zurverfügungstellung von Geld gemeint als auch die Schaffung von Rahmenbedingungen, die Medien die Finanzierung erleichtern.
Um solche Rahmenbedingungen geht es in einem Aufruf des Forums gemeinnütziger Journalismus, in dem die Bundesregierung an eine Koalitionsvertrags-Passage erinnert wird ("Wir schaffen Rechtssicherheit für gemeinnützigen Journalismus"). Das Forum ruft
"dazu auf, den Koalitionsvertrag ernst zu nehmen und den gemeinnützigen Journalismus – wie versprochen – rechtssicher zu machen. Denn der gemeinnützige Journalismus ergänzt Angebote dort, wo mit profitorientiertem Journalismus kein Geld mehr verdient werden kann. Bürger:innen können mit ihren Spenden Projekte ermöglichen, die es sonst nicht geben würde (…) Berücksichtigt die Bundesregierung den gemeinnützigen Journalismus nicht, werden SPD, Grüne und FDP unmittelbar vor dem Superwahljahr 2024 einen neuen Konflikt aufreißen. Denn das Sterben der Lokal-Medien ist mitursächlich für die Krise der Demokratie, gerade im ländlichen Raum."
Da würde auch Ulrike Demmer mitgehen, die stellvertretende Sprecherin der Vorgänger-Bundesregierung. In einem Beitrag für den heutigen "Tagesspiegel" konstatiert die aktuelle RBB-Intendantin:
"Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Aussterben der Regionalmedien und zunehmender Radikalisierung – nicht nur in den USA."
Apropos Aussterben: Am morgigen Donnerstag erscheinen der "Dosse Kurier" in Wittstock und das "Kyritzer Tagblatt", zwei Lokalausgaben von Madsacks MAZ, zum letzten Mal gedruckt. Bekannt ist das bereits seit Ende September. Man muss hier natürlich betonen: Als E-Paper erscheinen die Zeitungen weiter, wie auch der Prignitz Kurier, bei dem die Umstellung schon Anfang Oktober erfolgt ist. Aber wenn der "journalist" in seiner November-Ausgabe schreibt, dass sich 63 Prozent der einstigen Print-Abonnenten des "Prignitz Kuriers" "für ein E-Paper-Abo entschieden" haben, fragt man sich natürlich, was die übrigen 37 Prozent jetzt lesen. Dass die Informationslücken im Landkreis Prignitz derzeit groß sind, darauf lässt sich anhand einer gestrigen Meldung von dort schließen:
"Die Prignitz hat aktuell die zweithöchste Corona-Inzidenz bundesweit. Sie beträgt 105,1 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen (…) Allein in diesem Monat gab es bislang jedoch fast 200 Neuinfektionen, die der Landkreis Prignitz registriert hat. Darunter waren im November zwei Todesfälle."
Noch ein Exkurs (zu einem hier zu Lande meiner Wahrnehmung nach bisher nicht aufgegriffenen kuriosen Aspekt): Während die Verlage in Deutschland sich von der Ampel zwar eine Zustellförderung wünschen, aber eine direkte Presseförderung ablehnen, finden die Big Player in Dänemark diese so toll, dass sie sich dagegen wehren, dass sie im Rahmen einer geplanten Umverteilung künftig weniger davon abbekommen sollen. mediawatch.dk schrieb darüber Anfang Oktober Folgendes (Übersetzung durch deepL):
"Das neue Medienförderungsgesetz, das unter anderem eine Umverteilung der Medienförderung von landesweiten zu lokalen und regionalen Nachrichtenmedien vorsieht, wird nun von einer Reihe von Medien angefochten, allen voran von den beiden großen Tageszeitungsgruppen JP/Politikens Hus und Berlingske Media."
Diese haben nun eine Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht, die zu "einer Spaltung unter den Mitgliedern des Branchenverbandes Danske Medier geführt" habe, heißt es weiter.
Um diese Zahlen geht’s:
"Die Regelung, die am 1. Januar 2024 eingeführt werden soll, sieht eine Umverteilung der Mittel von den großen, nationalen Nachrichtenmedien zu den lokalen und regionalen Nachrichtenmedien vor, indem die Titelobergrenze für die nationalen Tageszeitungen von 17,5 Millionen DKK auf 12,5 Millionen DKK gesenkt wird, während die Obergrenze für die lokalen Medien von 17,5 Millionen DKK auf 18,5 Millionen DKK angehoben wird. Darüber hinaus können die lokalen Medien die redaktionellen Kosten mit dem Faktor 1,3 als Berechnungsgrundlage multiplizieren (…) Der Hauptpunkt des 25-seitigen Schreibens (…), das von der amerikanischen multinationalen Anwaltskanzlei Covington & Burling LLP verfasst wurde, ist, dass die vorgeschlagene Mediensubventionsregelung den Wettbewerb verzerrt und mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist und somit gegen EU-Recht verstößt."
Die Hörfunkwelle, über die wir hier im Altpapier in diesem Jahr am meisten geschrieben haben, war Bayern 2 (siehe etwa diese Kolumne, die noch weitere Links zum Thema enthält). Anlass der Berichterstattung: eine von Künstlern heftig kritisierte geplante Reform des Kulturprogramms.
Nachdem der BR "es über lange Wochen versäumt (hat), die Hörerinnen und Hörer, die ihn mit dem Rundfunkbeitrag finanzieren - seine Stakeholder, wenn man so möchte -, und auch die Künstler, die nicht nur Gegenstand von Berichterstattung sind, sondern dieses Kulturprogramm in erheblichem Umfang mitgestalten, ausreichend einzubeziehen in die Überlegungen" ("Süddeutsche"), hat er das neue Sendeschema nun vorgestellt. Stefan Fischer, Autor des zitierten SZ-Artikels, meint:
"Wenn die Verantwortlichen es tatsächlich ernst meinen und nehmen, was sie nun ausgearbeitet und vorgestellt haben, dann wird es zum Schlimmsten, das die Kritiker der Reform befürchtet haben, nicht kommen."
Was - ich spekuliere jetzt - ein Beleg dafür sein könnte, dass der Protest aus dem Kulturbetrieb und die interne Kritik (jedenfalls unterhalb der Führungsebenen) zumindest ein bisschen was bewirkt haben.
"Warum die Kulturberichterstattung - das Kernmerkmal der Kulturwelle Bayern 2-, die bislang morgendlich gebündelt wird, fortan nun zerpflückt werden soll (…) bleibt weiterhin unklar",
kritisiert Fischer zwar. Aber er lobt auch:
"Das neue Sendeschema bietet erkennbar Raum für eine vielfältige Kulturberichterstattung und eine gründliche Befassung mit kulturellen Diskursen zu attraktiven Sendezeiten (…) Erhalten bleibt der Zündfunk um 19 Uhr und auch, entgegen bislang anderslautenden Aussagen aus dem BR, der Nachtmix um 23 Uhr - als überwiegend live moderierte Sendungen, in der Radio-DJs Independent-Musik spielen."
Das exzeptionelle "Nachtstudio" wiederum, um das es in diesem Altpapier ging, gehört zu den Sendungen, die es nicht mehr geben wird (siehe etwa dwdl.de). Ebenfalls ausführlich berichtet natürlich die Münchener "Abendzeitung".
"Obwohl so viel über Clans gesprochen wird wie wohl nie zuvor, lässt sich kein substanzieller Zuwachs an Wissen über diese Form sozialer Verwandtschaft wahrnehmen",
konstatiert der Historiker Felix Schürmann in einem am Wochenende bei "Geschichte der Gegenwart" unter der Überschrift "Zur Geschichte und Kritik des Clan-Begriffs" erschienenen Beitrag. Aufgreifenswert ist er, weil er über die immer mal wieder und auch im Altpapier anklingende Kritik des Begriffs "Clankriminalität" hinaus geht.
Die Verwendung des Begriffs zu kritisieren bzw. ihn als "latent rassistisch" zu bezeichnen, sei richtig, greife aber zu kurz, meint Schürmann. Diese kritische Reflexion einer "Rahmenerzählung", von der "sich inzwischen ein ganzer Zweig des Journalismus zu nähren scheint", bleibe "merkwürdig losgelöst von der wissenschaftlichen Diskussion, die mit dem Clan-Begriff andere Probleme verbindet als Stigmatisierung oder Populismus".
Was also gäbe es zu sagen aus Sicht eines Historikers?
"Diese Form menschlicher Gemeinschaftsbildung existiert seit frühgeschichtlichen Zeiten (…) Archaisch sind Clans deshalb aber nicht. Jedenfalls nicht mehr oder weniger, als es die Familie oder die Ehe ist. Denn wie diese Institutionen, haben sie sich im Laufe der Jahrhunderte an veränderte gesellschaftliche, politische und kulturelle Realitäten angepasst (…) Seit westliche Gesellschaften meinen, modern geworden zu sein, verbinden sie Clans vorwiegend mit nichtwestlichen Kulturen. Und weil sie nichtwestliche Kulturen häufig als zeitlich stagnierend missverstehen, gelten auch Clans vielen als etwas Rückständiges (…) (Das) verweist (…) auf ein Wahrnehmungsmuster, das in koloniale Denkweisen verstrickt ist: 'Wir' leben im Hier und Jetzt, 'die Anderen' im Dort und Damals. Einer bequemen Illusion kultureller Überlegenheit mag dieser Mythos zuträglich sein. Dem Verständnis der Realität ist er es nicht."
+++ "'Tagesspiegel’ schafft Gendersternchen ab", überschreibt die FAZ eine epd-Meldung. Schafft man’s als Lesende oder Lesender bis zum ersten Satz, erfährt man allerdings, dass das nur ein Teil der Wahrheit ist. Der lautet nämlich: "Der Berliner 'Tagesspiegel' gibt das Gender-Sternchen beziehungsweise den Gender-Doppelpunkt im gedruckten Blatt wieder auf." Konkreter: "Die Online-Berichterstattung ist den Angaben zufolge von diesem Schritt vorerst nicht betroffen." Das wirft natürlich Fragen auf: Eliminiert eine Software die pöhsen Sternchen und Doppelpunkte, bevor die bereits online veröffentlichten Texte in die Druckausgabe fließen? Oder muss da irgendein armer Hund händisch die Sonderzeichen rauspuhlen? kress.de berichtet ebenfalls über die Änderung der "Leitlinien" beim "Tagesspiegel".
+++ Etwas in Vergessenheit zu geraten schien zuletzt der in Moskau inhaftierte "Wall Street Journal"-Reporter Evan Gershkovic (Altpapier). Nun wurde bekannt: Russland hat die Untersuchungshaft bis Ende Januar verlängert. Seine eigene Zeitung berichtet, u.v.a. die "Washington Post" und das Redaktionsnetzwerk Deutschland tun es auch.
+++ "CDU will Rücktritt von Heike Raab", lautete eine Zwischenüberschrift in dieser Kolumne vor rund zwei Wochen. Es geht um einen Brief der rheinland-pfälzischen Medienpolitikerin Raab an den SWR, den man grenzüberschreitend finden kann. Was ist in den vergangenen zwei Wochen passiert? Raab ist nicht zurückgetreten, und die CDU fordert weiterhin, dass sie es tut. Über neue Entwicklungen im Detail berichtet die FAZ unter Verwendung des hinreißenden Wörtchens "Briefkopfaffäre".
Das Altpapier am Donnerstag schreibt Ralf Heimann. | mdr.de | Die Neuen deutschen Medienmacher*innen formulieren anlässlich ihres Jubiläums Wünsche an die deutsche Medienlandschaft. Ein SZ- und ein RBB-Redakteur wehren sich gegen Telefonüberwachung. | [] | 2023-11-29T12:13:33+01:00 | 2023-11-30T11:57:46+01:00 | https://www.mdr.de/altpapier/das-altpapier-3430.html |
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Bernd das Brot bekommt ersten eigenen Fanshop in Erfurt | Bernd das Brot bekommt einen eigenen Laden am Fischmarkt in Erfurt. Der Name des Souvenirgeschäftes "Brotladen" ist angelehnt an die Kika-Hauptfigur "Bernd das Brot". Das Geschäft wirbt mit Lizenzprodukten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens für den Kindermedienstandort Erfurt.
Neben Kika-Figuren in Plüsch gibt es T-Shirts mit den Fernsehlieblingen, Basecaps, Magnete, Zaubersocken, Stifte, Tassen und DDR-Kinderspiele.
Die Hauptrolle spiele aber Bernd das Brot, teilte die Firma Covermade GmbH mit. Sie ist Lizenznehmer und Shop-Betreiber. Der "Brotladen" ist nach Unternehmensangaben der deutschlandweit einzige Fanshop von "Bernd das Brot" . Die Figur hat im Februar ihren 25. Geburtstag gefeiert.
MDR (adi/cfr) | mdr.de | Bernd das Brot bekommt einen eigenen Laden am Fischmarkt in Erfurt. Die Kika-Figur feiert in diesem Jahr ihren 25. Geburtstag. | [
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] | Thüringen | 2025-06-05T18:02:57+02:00 | 2025-06-05T18:02:57+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/thueringen/mitte-thueringen/erfurt/bernd-das-brot-kika-fanshop-merch-100.html |
Sprachstörungen: Immer mehr Kinder sind betroffen | Die Ergebnisse der Studie spiegeln sich auch in der klinischen Praxis wieder, bestätigt Prof. Peter Kummer vom Universitätsklinikum Regensburg, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pädaudiologie und Phoniatrie (DGPP). Immer häufiger würden durch Fachärzte bei Kindern Sprachentwicklungsdefizite festgestellt, die nicht auf körperliche Faktoren wie Hörstörungen oder genetischen Veranlagungen zurückzuführen sind.
Die Ursachen sieht Prof. Kummer in diesen Fällen unter anderem in der Kommunikationskultur insgesamt und speziell in den Familien. "Gemeinsame Mahlzeiten oder andere Gelegenheiten zum Sprechen sind auf dem Rückzug, gleichzeitig nimmt die Mediennutzung auch bei Kindern einen immer größeren Raum ein. Das ist ein Problem, denn Kinder brauchen sprachliche Anregung, um ihre Fähigkeiten auf diesem Gebiet entwickeln zu können" so der Experte. Smartphone, Tablet und Co. können das nicht leisten, sind aber als "elektronische Nannys" im Einsatz, um Ruhe zu schaffen im turbulenten Familienalltag.
Das bestätigt auch die Logopädin Susanne Gundermann, die in ihrer Praxis gemeinsam mit ihren Kolleginnen seit vielen Jahren ähnliche Erfahrungen macht. Dabei sieht sie im Alltag viele Gelegenheiten, die Sprachentwicklung von Kindern anzuregen, sogar bereits vor der Geburt. Schon im Mutterleib hört das Ungeborene die Stimme der Mutter und der Menschen, die es umgeben. Das sei die erste Gelegenheit, miteinander zu kommunizieren. Ist das Kind auf der Welt, kommt der Blickkontakt als weitere wichtige Voraussetzung für den Spracherwerb hinzu. Denn er lenkt die Aufmerksamkeit, zum Beispiel auf den Mund des Erwachsenen.
"Liegt das Baby auf dem Wickeltisch, schaut man es ganz automatisch an. Das ist ein geeigneter Moment, einfache Laute wie ein "A" zu formen, die das Kind dann irgendwann nachahmen wird", empfiehlt Susanne Gundermann. Auch während eines Spazierganges mit dem Kinderwagen bietet sich das an. Voraussetzung dafür ist, dass der Wagenaufsatz so montiert ist, dass man einander mit dem Gesicht zugewandt ist. Später kann man gemeinsam Bücher anschauen und darüber sprechen, was auf den Bildern zu sehen ist, um die Kommunikation aktiv anzuregen.
Auch ganz alltägliche, sich wiederholende Handlungen kann man sprachlich begleiten, sagen, was man gerade tut oder sieht, so die Logopädin: "Jetzt ziehe ich dir den Pullover an und dann kämmen wir noch die Haare", zum Beispiel. Immerhin muss ein Kind einen Begriff etwa 46 Mal gehört haben, um ihn in seinen passiven Wortschatz aufnehmen zu können, ihn also erst einmal nur zu verstehen.
Auf den ersten Blick erscheinen Bewegung und Sprache wie zwei Paar verschiedene Schuhe. Aber beides hängt eng zusammen, denn Sprechen ist die koordinierte Bewegung von rund 100 Muskeln. Zunge, Kehlkopf, Lippen, Gaumen, Rachen, Kehldeckel, Zähne und Nasenraum sind daran beteiligt. Daher sind motorische Erfahrungen wie Gehen, Klettern und Greifen generelle Voraussetzung für den Spracherwerb und können ihn sogar unterstützen: Zum Beispiel, wenn man "winken" sagt und gemeinsam mit dem Kind die Hände dazu bewegt.
Susanne Gundermann beobachtet in ihrer Praxis auch, dass immer mehr Kinder mit Sprachstörungen zu ihr kommen, die anatomische Ursachen haben. Dazu gehören das Lispeln durch den sogenannten lutschoffenen Biss. Diese Fehlbildung des Kiefers entsteht durch zu langes Nuckeln. Auch die mangelhafte Entwicklung der Lippen- und Kaumuskulatur behindert richtiges Sprechen. Hier sieht die Logopädin ebenfalls viele Chancen, dem vorzubeugen: "Zunächst einmal ist das Stillen die beste Voraussetzung für eine gesunde Entwicklung der Mundmuskulatur. Spätestens mit dem Ende des ersten Lebensjahres sollte sich das Kind vom Nuckel verabschieden und auf keinen Fall sollte es ihn dauerhaft im Mund haben." Auch das beobachtet sie oft.
Sobald ausreichend Zähne da sind, empfiehlt sie das Kauen fester Speisen, vor allem mit geschlossenem Mund. All das trainiert die Muskeln, die am Sprechen beteiligt sind. Aus Gesprächen mit Eltern weiß Susanne Gundermann, dass sich all das im Alltag nicht immer leicht durchsetzen lässt. "Natürlich entstehen da Konflikte und kein Kind gibt gern den geliebten Nuckel her. Aber wer seinen Nachwuchs in seiner Entwicklung unterstützen will, muss da ganz klar handeln."
Dass auch die Pandemie dazu geführt hat, dass die Zahl der betroffenen Kinder und Jugendlichen gestiegen ist, darüber sind sich die Experten einig. Vor allem jüngeren Kindern hätten die Maskenpflicht und die Kontaktbeschränkungen den Spracherwerb erschwert, so Prof. Peter Kummer von der DGPP. Blieben die Sprachentwicklungsstörungen unerkannt und unbehandelt, könne sich das ein Leben lang negativ auf das Privatleben und den Beruf auswirken, so der Experte.
Neben den verpassten Chancen, Kinder im Hinblick auf ihre sprachliche Entwicklung anzuregen, gibt es einen weiteren Faktor, der das richtige Sprechen und die Kommunikation erschwert: unentdeckte zentrale Hörstörungen. "Hier gibt es eine wachsende Gruppe von Betroffenen, die mit dem peripheren Hörorgan, also dem Außen,- dem Mittel- und Innenohr zwar perfekt hören und im Hörtest mit Tönen keine Auffälligkeiten zeigen. Dafür haben sie aber Probleme, sich Gehörtes zu merken, Sprache im Störschall zu verstehen und die Richtung zu erkennen, aus der der Schall kommt – sowohl bei Gesprächspartnern als auch z.B. im Straßenverkehr", erläutert Prof. Michael Fuchs, Leiter der Sektion Phoniatrie und Audiologie am Universitätsklinikum Leipzig.
Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) heißt dieses Krankheitsbild, das erst seit etwa 15 bis 20 Jahren näher untersucht wird und bei dem Experten von einer hohen Dunkelziffer Betroffener bis ins Erwachsenenalter hinein ausgehen. In Leipzig gibt es dafür einen deutschlandweit einzigartigen Forschungsschwerpunkt, an dem das Universitätsklinikum, die Förderschule für Hörgeschädigte, das Berufsbildungswerk Leipzig Hören-Sprache-Kommunikation und das Institut für Biologie (Allgemeine Zoologie und Neurobiologie) der Universität Leipzig beteiligt sind. Ziel der Zusammenarbeit sei es, Betroffenen einen möglichst selbstbestimmten Alltag zu ermöglichen. Entsprechende Ergebnisse präsentiert Fuchs gemeinsam mit seinen Kollegen zur diesjährigen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pädaudiologie und Phoniatrie (DGPP), die vom 29. September bis zum 2. Oktober in Leipzig stattfindet. | mdr.de | Fast jedes 10. Kind fällt inzwischen durch Sprach- und Sprechstörungen auf. Die Zahl der Betroffenen steigt seit Jahren. Warum ist das so? Und was können wir dagegen tun? | [] | Startseite | 2022-10-01T10:00:00+02:00 | 2022-10-01T13:30:24+02:00 | https://www.mdr.de//wissen/zunehmend-sprachstoerungen-bei-kindern-100.html |
Sozial-Ministerin | Das ist ein Politiker oder eine Politikerin.Die Sozial-Ministerin hat verschiedene Aufgaben.Sie kümmert sich zum Beispiel darum: • Dass es für Flüchtlinge gute Beratungs-Stellen gibt. • Dass es für Menschen mit Behinderung in den Betrieben Arbeits-Plätze gibt. • Dass Frauen und Männer gleich gut bezahlt werden. Wenn sie die gleiche Arbeit machen. | mdr.de | [] | Wörter-Buch | 2017-05-18T12:28:36+02:00 | 2017-05-18T12:28:36+02:00 | https://www.mdr.de/nachrichten-leicht/woerterbuch/glossar-sozial-ministerin-100.html |
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Resilienz – das Geheimnis einer starken Psyche | Was verstehen Sie persönlich unter Resilienz?
Professor Katarina Stengler: Resilienz bedeutet für mich, die Fähigkeit zu haben, auch unter deutlichem Stress, Anspannung, Belastungen die eigene psychische Gesundheit aufrechtzuerhalten. Resilienz kann gestärkt und gefördert werden – durch jeden selbst und auch durch umgebende Bedingungen und unterstützende Faktoren. Wichtig ist, die Zusammenhänge zwischen eigener Belastungsfähigkeit, Grenzen und eben Bewältigungsmöglichkeiten zu erkennen und zu nutzen.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen mangelnder Widerstandsfähigkeit und Depressionen?
Das ist eine schwierig gestellte Frage, weil "Widerstandsfähigkeit" eine so komplexe Angelegenheit ist und zudem Depression als zuweilen schwere psychische Erkrankung auch multifaktoriell bedingt ist. Man kann in keiner Weise die "Willensfähigkeit" im Sinne des "aktiv Widerstand leisten können" des Einzelnen als ausschlaggebendes Moment definieren. Ich würde diese Frage so nicht stellen – oder eben sehr komplex betrachten.
Rossnatur oder Mimose: Warum überstehen einige Menschen Schicksalsschläge oder auch nur die Widrigkeiten des Alltags besser als andere?
Belastbarkeit, Stresstoleranz, Resilienzfähigkeit sind von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich – erforderliche Bewältigungsstrategien hat jeder im Laufe seiner Biographie unterschiedlich entwickeln können. Zudem sind auch biologische Voraussetzungen und Anpassungsmöglichkeiten sehr verschieden; der Gesamtkontext muss zwingend in jede persönliche Situation einbezogen werden. Menschen reagieren auf persönliche Schicksalsschläge, aber auch auf globale Krisen, wie wir sie aktuell haben, sehr verschieden mit körperlichen und/oder psychischen Symptomen – das können Herzrasen, Magenbeschwerden, Blutdruckkrisen und eben auch psychische Auffälligkeiten bis hin zu relevanten Erkrankungen wie etwa depressive Episoden, Angsterkrankungen oder Abhängigkeitsstörungen sein.
Worauf sollten Eltern achten? Wie macht man Kinder widerstandsfähig?
Kinder sind im Regelfall robust ausgestattet und sehr widerstandsfähig. Sie gehen offen und mit dem natürlichen Willen und der natürlichen Ausstattung "die Welt zu bewältigen“ in die Welt. Manchmal ist die Frage eher: Wodurch stören wir Erwachsene diese Entwicklung? Zum Beispiel durch mangelnde Fürsorge und Empathie, durch psychische und/oder körperliche Gewalt an Kindern, die damit nicht nur ihre seelische und körperliche Unversehrtheit verlieren, sondern vor allem ihr Urvertrauen in das Gute und Unterstützende ihren Mitmenschen – oft den Familienangehörigen – gegenüber. Aber natürlich gibt es auch bei Kindern individuelle Unterschiede, und der Anspruch, individuell zu fördern, heißt eben auch, ganz individuell die Ausgangslagen aufzunehmen – so wie bei den Großen.
Resilienzförderung bei Kindern bedeutet einerseits vor allem Förderung und Vorhaltung von entsprechenden Schutzfaktoren, die frühzeitig helfen, dass Kinder eine belastungsarme Entwicklung nehmen können. Andererseits sollen Kinder – ebenfalls frühzeitig – in die Lage versetzt werden, aufkommende Krisen, Stress, Herausforderungen in Schule, Familie, Umwelt auch zu erkennen und damit umgehen zu lernen. Hierfür sind verlässliche Beziehungen besonders relevant. Verbindlichkeit, Verlässlichkeit, Zuversicht an der Seite wichtiger Bezugspersonen (das meint vor allem die Eltern, aber nicht ausschließlich), machen Kinder stark und widerstandsfähig. Die Erfahrung, "ich bin gut und richtig, wie ich bin, und werde unterstützt, bei dem was ich brauche", ist eine sehr basale, wichtige Erfahrung für Kinder.
Kann man mangelnde Resilienz im Erwachsenenalter noch ausgleichen?
Man kann und muss immer in Entwicklung bleiben und seine persönlichen Ressourcen im Umgang mit Alltagsherausforderungen oder auch mit besonderen, vielleicht existentielleren Krisen analysieren und im besten Fall hilfreich anpassen. Viele bekannte und gut bewährte vor allem psychologische Strategien helfen. Man kann zum Beispiel Selbstmanagementstrategien inklusive Stress- und Zeitmanagement überprüfen und gegebenenfalls optimieren oder aber auch professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen.
Unter welchen Umständen hilft Ihrer Meinung nach nur eine Therapie?
Da ist die Antwort ganz klar: Wenn eine Erkrankung im engeren Sinne vorliegt, ist Therapie indiziert. "Krankheit" im engeren Sinne liegt dann vor, wenn alle eigenen Hilfestrategien nicht (mehr) greifen, wenn die soziale Realität im Sinne von Job, Familie, Freundeskreis etc. nicht mehr zu bewältigen ist. Wenn das eigene Unterstützungssystem droht zusammenzubrechen – spätestens dann ist therapeutische Hilfe abzuwägen.
Welche kleinen Tricks kann man in den Alltag einbauen, um ein wenig widerstandsfähiger zu werden?
Balance halten: An- und Entspannung auch in stressfreien Zeiten, faktisch als Lebenseinstellung. Sich selbst kontinuierlich im Blick behalten: Was habe ich an diesem Tag/in dieser Woche zu "leisten"? Was fordert mich, und was fördert mich, was tut mir gut an diesem Tag/in dieser Woche, oder was muss ich noch "Gutes einplanen"? Also in Summe: Gelernte, etablierte und kontinuierlich praktizierte Selbstfürsorge ist ein wichtiger Faktor für unsere psychische (und körperliche) Gesundheit.
MDR (cbr) Erstmals veröffentlicht am 09.11.2023. | mdr.de | Wie wir unser Leben meistern, das hängt nicht nur vom Zufall ab. Eine starke psychische Widerstandsfähigkeit hilft uns, Krisen zu bewältigen. Wie wir unsere Seele stärken können, erklärt Psychiaterin Katarina Stengler. | [] | Gesundheit | 2023-12-19T18:10:24+01:00 | 2023-12-19T18:10:24+01:00 | https://www.mdr.de//ratgeber/gesundheit/resilienz-seele-psyche-staerken-106.html |
Das Wort zum Tag bei MDR SACHSEN | 30.10. - 05.11.2023 | Meine Kinder und ich haben unterschiedliche Vorstellungen von Ordnung. Sobald ich das Kinderzimmer betrete, sehe ich meist Unordnung. Der gesamte Fußboden ist bedeckt von Bausteinen, Schneeflocken aus Papier, Kuscheltieren und einigen Bauwerken. Für meine Kinder ist hier das größte Kunstwerk der Welt entstanden. Veränderung durch mütterlich Aufräumaktionen ist ausgeschlossen. Mittendrin ist mit bunten Figuren und Wänden auch eine Kirche entstanden. Natürlich auch eingeschneit. Erst am dritten Tag bemerke ich aber ein sehr wichtiges Detail. Im Innenraum der Kirche wurde ein Plastiktelefon gleich neben der Sitzbank eingebaut.
Sehr praktisch, denke ich mir schmunzelnd. Aber warum ein Telefon in der Kirche? Telefonieren kann ich ja heute immer und überall mit jedem Handy, Smartphone, ja mittels einigen Uhren, den Smartwatches. Immer und überall kann ich auf Empfang sein. Betrete ich hingegen eine Kirche, dann stelle ich mein Handy wenigstens auf stumm. In der Stille des Raumes unter der Woche möchte ich von niemand anderem gestört werden. Wenn wir Gottesdienst feiern, soll mein Telefon nicht genau in der Predigt klingeln. Ich möchte auch mal nicht erreichbar sein. Einfach Dasein. Meine Kinder haben trotzdem Zuhause ein festes Telefon in der Kirche eingebaut. Der Hörer gleich in Reichweite zur Sitzbank. Die bunten Plastikfiguren können gleich anrufen. In meinem Kopf höre ich Stimmen von automatischen Warteschleifen "Einen Moment. Sie werden verbunden." Wie schön ist es, dann endlich dranzukommen und das "Guten Tag, wie kann ich Ihnen helfen" zu hören.
Da fällt mir ein, Beten ist eigentlich wie telefonieren. Nur, wenn ich bei Gott anrufe, gibt es keinen Anrufbeantworter. Immer und überall kann die Verbindung zustande kommen. Und immer hört mir gleich jemand zu. Ganz ohne Warteschleife. Mein Jammern, meinen Dank, meine Freude, meine Sorgen. Ich kann alles erzählen. Ich kann erzählen, was mich beschäftigt. Wie einem guten Freund. Ich könnte eigentlich mal wieder anrufen. In der Kirche - und zwar Gott. | mdr.de | Täglich hören Sie das Wort zum Tag. Montags bis freitags gegen 5:45 Uhr und 8:50 Uhr, am Sonnabend gegen 8:50 Uhr, sonntags 7:45 Uhr. Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche Elisabeth Schwope, am Sonntag Lüder Laskowski | [] | 2023-11-05T13:00:59+01:00 | 2023-11-05T13:00:59+01:00 | https://www.mdr.de//sachsenradio/programm/wort-zum-tag-ende-oktober-anfang-november-100_page-0_zc-6615e895.html |
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Lommatzscher Schüler suchen verzweifelt einen Physik-Lehrer | "Kein Physik, keine Lösung", "Coole Schüler suchen coolen Physik-Lehrer". Mit Plakaten wie diesen traten diese Woche 220 Lommatzscher Oberschüler vors Rathaus. Ihr Problem: Weil die reguläre Physiklehrerin länger krank ist, hatten einige noch nicht eine einzige Stunde Physikunterricht. "Ich gehe zwar nicht gerne zur Schule, aber wir brauchen dringend Lehrer", sagte ein Schüler. Ein anderer ergänzt: "Ich mache Krach, weil wir ohne Physik kein gutes Leben führen können."
Die Idee zu dieser Aktion kam von Schülern und Eltern. Mit dabei auch der ortsansässige Dachdecker, der vor lauter Verzweiflung selbst seine alten Physik-Lehrer mobilisieren wollte - ohne Erfolg. "Ich bin Bauingenieur und könnte mir ein Leben ohne Physik kaum vorstellen. Auch diese ganze Ausbildung nicht", sagte René Heinitz. Überall spiele Physik eine Rolle. Die Schüler kämen mit Mopeds zur Schule und wüssten gar nicht, wie viel Physik da drin sei. "Weil sie es nie hatten", sagte der Bauingenieur.
Wenn jemand dauerhaft krank ist, gibt es eine Unterrichtsversorgung. Die haben wir angezeigt. Normalerweise kommt dann jemand. "Aber weil alle das gleiche Problem haben, ist niemand da, der uns hilft.
Dabei tut auch Schulleiterin Silke Gerlach seit April nichts Anderes, als nach Ersatz für die erkrankte Physik-Lehrerin zu suchen. Das gut ausgestattete Fachkabinett aber bleibt verwaist. Das Fach Physik aus dem aktuellen Stundenplan gestrichen. "Wir sind den normalen Weg gegangen. Wenn jemand dauerhaft krank ist, gibt es eine Unterrichtsversorgung. Die haben wir angezeigt." Normalerweise komme dann jemand. "Aber weil alle das gleiche Problem haben, ist niemand da, der uns hilft", erklärt Gerlach den Stand der Dinge. Auch die Zahlen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft verdeutlichen die schwierige Lage. Demnach fehlen in Sachsen aktuell mindestens 3.000 Lehrer.
Für einige Wochen ist es Silke Gerlach zumindest gelungen, Studenten als Nachhilfe-Lehrer nach Lommatzsch zu locken. Den Unterricht ersetze das jedoch nicht, sagt die Schulleiterin, die immer häufiger die Sorgen ihrer Schüler auffangen muss. "Von den Kleinen in der sechsten oder siebenten Klasse kommen jetzt immer mehr Fragen: Was kann ich denn alles machen? Kann ich ins Abi gehen, kann ich einen praktischen Beruf erlernen?", berichtet die Schulleiterin.
Die Lommatzscher Schüler, Lehrer und Eltern haben jetzt zahlreiche bunte Ballons in den Himmel steigen lassen, auf denen ihr Sucherinserat für einen Physiklehrer bzw. eine Lehrerin steht. Sie hoffen, dass sie damit das schaffen, was den zuständigen Behörden bisher nicht gelingt, einen Physik-Lehrer für ihre Kleinstadt zu begeistern.
MDR (sth/Katrin Funke) | mdr.de | Schon seit Monaten gibt es an der Oberschule Lommatzsch keine Lehrkraft mehr für Physik. Weil die Suche bisher keinen Erfolg gebracht hat, nehmen Schüler und Eltern die Sache jetzt selbst in die Hand. | [
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] | Sachsen | 2023-10-28T16:55:07+02:00 | 2023-10-28T17:45:08+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/sachsen/dresden/meissen/oberschule-lommatzsch-suche-physik-lehrer-schueler-100.html |
Bahnstrecke zwischen Dresden und Hamburg: Verspätungen und Zugausfälle bis 3. Advent | Wegen größerer Bauarbeiten müssen sich Zugreisende zwischen Dresden, Berlin und Hamburg von heute Abend 22 Uhr an auf Verspätungen sowie Ersatzverkehr und Zugausfälle einstellen. Wie die Deutsche Bahn mitteilte, werden zwischen Hamburg und Berlin die Gleise und Stellwerke erneuert.
Das hat bis zum 14. Dezember 2024 Folgen für Reisende ab/nach Dresden und in Mitteldeutschland:
Auch die Strecke zwischen Dresden und Berlin soll jetzt saniert werden. Der Abschnitt ist Teil des sogenannten Transeuropäischen Verbindungsnetzes, das Berlin mit Dresden, Prag und Wien verbinden soll. Bis voraussichtlich Ende 2029 sollen laut Bahn 125 Kilometer für Geschwindigkeiten bis Tempo 200 ausgebaut werden. Damit würde die Fahrzeit zwischen Dresden und Berlin auf künftig rund 80 Minuten verkürzt.
MDR (ben) | mdr.de | Am Freitag beginnen großanlegete Bauarbeiten auf der Bahnstrecke zwischen Hamburg und Berlin. Das hat auch Folgen für den Fernverkehr in Sachsen, vor allem für Reisende von Prag und Dresden in Richtung Hamburg. | [
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] | Sachsen | 2024-08-16T09:13:46+02:00 | 2024-08-16T09:23:06+02:00 | https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/dresden/dresden-radebeul/bahnstrecke-baustelle-prag-berlin-zug-ausfaelle-100.html |
Links ins WWW | "Die Partei Mensch Umwelt Tierschutz (Tierschutzpartei) ist für eine Senkung der Hürde für Volksbegehren, lokale Bürgerentscheide und Volksabstimmungen. Diese sind ein Instrument der direkten Demokratie in Deutschland. Sie ermöglichen den Bürgern die Einbringung eines politischen Gegenstandes oder eines Gesetzesentwurfes in unser Landesparlament.
Dies könnte dazu beitragen, politische Teilhabe zu fördern, der Politikverdrossenheit und dem Eindruck, dass 'man sowieso nichts ausrichten kann mit seiner Stimme' entgegenzuwirken. Des Weiteren müssen politische Entscheidungen den Bürger klarer vermittelt werden. Die 5-Prozent-Hürde ist auf wenigstens 3 Prozent zu senken, damit kleine Parteien und Minderheiten auch eine Teilhabe an politischen Entscheidungen haben.
Wir lehnen jede Art von Fraktionszwang ab, denn als Abgeordneter sollte man nur seinem Gewissen und dem Wähler verpflichtet sein." | mdr.de | Sachsen-Anhalt wählt am 13. März – und zur Wahl steht auch die Partei Mensch Umwelt Tierschutz, auch Tierschutzpartei genannt. Sie setzt sich unter anderem gegen Rassendiskriminierung bei Hunden ein. | [
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] | Sachsen-Anhalt | 2016-02-02T08:42:14+01:00 | 2021-11-17T14:21:45+01:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/sachsen-anhalt/landtagswahl/tierschutzpartei-portraet-100_page-5_zc-6ed60dc1.html |
Pflaster für die Pressefreiheit | Was gibt das deutsche Finanzministerium auf die Pressefreiheit? Bunte Papierschnipsel und ein paar Floskeln. Das klingt jetzt vielleicht etwas zynisch, aber angesichts der teils desolaten Lage, in der sich verschiedene Medienhäuser hierzulande befinden, kann man schon mal in Zynismus verfallen, wenn das Finanzministerium darauf mit einem (Achtung, schönstes Behördendeutsch) Postsonderwertzeichen reagiert.
Gemeint ist eine Briefmarke im Wert von 95 Cent. Mit der will das Ministerium "Aufmerksamkeit auf dieses wichtige Gut unserer Demokratie lenken", das als "Sauerstoff für ein freiheitliches, demokratisches Gemeinschaftsgefüge" bezeichnet wird (Tagesspiegel). Das wirkt ein bisschen so, als wolle man eine Fleischwunde mit einem zwar farbenfrohen aber viel zu kleinen Dinosaurier-Heftpflaster verarzten.
Die Fleischwunde reißt übrigens gerade im Bereich Medienkonzentration nach dem Verkauf der Mitteldeutschen Zeitung wieder etwas weiter auf: Laut DJV NRW wird die Westdeutsche Zeitung künftig keinen eigenen Mantel mehr produzieren und auch die Lokalausgabe Düsseldorf soll wohl zum Geisterschiff und von externen Zulieferern bestückt werden.
Seit Jahren mahnen Expert:innen, dass eine immer weiter voranschreitende Medienkonzentration zu sinkendem Pluralismus in der Berichterstattung und damit auch zu verstärkten Abhängigkeiten und weniger Freiheit in der Berichtertattung führen kann.
Da kann nun das Finanzministerium natürlich nichts dafür. Um aber wirklich mehr als Papierschnipsel auf die Pressefreiheit zu geben, könnten Bund und Länder z.B.:
… beliebig weiter fortschreibbar…
Von gravierenden Problemen für Journalisten und eine freie Berichterstattung wird vor allem seit der Präsidentschaft von Jair Bolsonaro in Brasilien berichtet. Schon im August zeichnete sich ab, dass der Journalist Glenn Greenwald bei dem rechten Politiker nicht auf der Liste seiner best buddies steht, um es mal euphemistisch auszudrücken. Bolsonaro hatte darauf hin dem in Brasilien lebenden US-Journalist, der im Zuge der Enthüllungen des NSA-Whistleblowers Edward Snowden international bekannt wurde, mit Gefängnis gedroht (siehe Altpapier). Nun wird er von der Staatsanwaltschaft dort mit sechs weiteren Personen wegen angeblicher Cyberkriminalität angeklagt, berichten u.a. die FAZ, die SZ, die taz und netzpolitik.org.
Tomas Rudl erklärt bei Netzpolitik die Vorwürfe:
"Gemeinsam mit Komplizen soll er Handys von Angehörigen einer Anti-Korruptionsabteilung gehackt und dabei illegal Nachrichten kopiert haben. (…) Die Leaks bildeten die Grundlage für eine aufsehenerregende Serie an Artikeln. Darin zeigte die von Greenwald mitgegründete Aufdeckerplattform The Intercept auf, wie sich Ermittler und Richter in einem Verfahren gegen den brasilianischen Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva illegal abgesprochen haben."
Durch den Abgang Lulas wurde schließlich der Weg für Bolsonaro frei. Wer das alles nicht so genau im Kopf hat, dem hilft Friedhelm Greis bei golem.de auf die Sprünge. Er schreibt:
"Aus den Chatverläufen der gehackten Telefone soll unter anderem hervorgehen, dass sich der damalige Ermittlungsrichter Moro unzulässigerweise mit Ermittlern abgesprochen habe. Damit hätten sie unter anderem die Wahlchancen von Lulas Partei PT verringern wollen, indem sie beispielsweise ein Interview Lulas im Gefängnis verhinderten."
Menschenrechts- und Pressefreiheitsorganisationen melden sich nun zu Wort und verurteilen das Vorgehen der brasilianischen Staatsanwaltschaft scharf (siehe u.a. im erwähnten Netzpolitik-Bericht). Das ist auch gut so. In der allgemeinen Aufregung geht allerdings etwas unter, dass ein Gericht zunächst noch entscheiden muss, ob die Anklage überhaupt zulässig ist. Im erwähnten taz-Artikel wirft Simon Sales Prado einen Blick auf die Ereignisse im vergangenen Sommer und ordnet ein:
"Damit widerspricht die Bundesanwaltschaft der brasilianischen Bundespolizei, welche zuvor nach Ermittlungen zu dem Schluss gekommen war, dass Greenwald nicht in straferechtlich relevanten Taten involviert war. Mehr noch: Die Bundespolizei beurteilte Greenwalds Aussagen in besagter Audiodatei als besonders vorbildlichen Umgang mit anonymen Quellen. Das oberste Bundesgericht Brasiliens hatte im August auf einen Antrag der politischen Opposition den Behörden verboten, gegen Greenwald zu ermitteln. Die Behörden, so das Gericht damals, sollen den durch die brasilianische Verfassung garantierten Schutz journalistischer Quellen achten."
Gerade hat Lars Eidinger einen mit einer 500-Euro-Aldi-Style-Tasche vor einem Obdachlosenquartier hervorgerufen, True Fruits provoziert ihn immer wieder mit seiner Werbung und der letzte 2019 und gleichzeitig erste 2020 trug den Namen #omagate bzw. #umweltsau. Genau, es geht um den Shitstorm.
Maria Weisband schaut bei Deutschlandfunks "@mediasres" genauer auf die Mechanismen hinter dem Social-Media-Instrument, das deliberativ wirken kann oder eben einschränkend, weil einschüchternd:
"Es ist also eine gewisse Verschiebung von Macht, die da stattfindet. Menschen, die wenig zu sagen haben, können als Gruppe plötzlich andere angreifen, die vorher nicht zur Verantwortung gezogen werden konnten. (…) Mehr Macht für alle heißt aber auch mehr Verantwortung für alle. Und hier merkt man, dass längst noch nicht alle User mit dieser neu hinzugewonnenen Macht umgehen können."
Dabei steht wohl noch einige Stunden an kollektivem Lernprozess aus, wie schon die ersten Tage 2020 bescheinigten. Einerseits muss der unter Usern stattfinden, um erkennen zu können, ob sie eventuell auf bewusst initiierten Empörungswellen mitsurfen und die Welle damit noch größer machen. Andererseits aber auch unter Journalist:innen.
Dass solche Surfstunden auch in Redaktionen noch nicht verpflichtend sind, bedauert Nicole Diekmann in der neuen Ausgabe des Journalist bzw. Journalistin (dazu weiter unten mehr). Ihr einjähriges "Mein bisher größter Shitstorm"-Jubiläum stand bei der ZDF-Journalistin Anfang Januar an (Gedankenstütze zur "Nazis raus"-Erregung im Altpapier-Archiv). Im Magazin berichtet sie nun in einem lesenswerten Text von ihrer Einstellung zu Social-Media-Diskussionen bzw. Sea Lioning und der kolossalen Missachtung und Geringschätzung des Internets und sozialer Medien in öffentlich-rechtlichen Redaktionen und Chef:innen-Etagen:
"(W)ir Kommunikationsmenschen haben es auch immer noch nicht so richtig begriffen. Noch immer ist es nicht verpflichtend in allen Redaktionen, dass alle, wirklich alle zumindest wissen, wie Facebook, Twitter, Youtube und Instagram funktionieren. Und das ist verheerend. (…) Niemand muss offensiv mitmischen, niemand muss sich in die wildesten Schlachten stürzen. Sich diesen Medien komplett zu verweigern, ist jedoch kein betulich-altmodisches Gehabe mehr. Es ist schlichtweg die Verweigerung elementarer Recherche-Instrumente."
Weiter geht‘s mit einem Hardcut ohne schnörkeligen Übergang: Thomas Bellut springt in eine Lücke, wegen der er beim WDR und BR in den vergangenen Woche ordentlich Kritik gab. Bei Drohungen und Beleidigungen gegen Mitarbeitende fahre man eine "Null-Toleranz-Linie", sagte der ZDF-Intendant gestern bei einem Pressegespräch in Berlin (Migazin und Daniel Bouhs bei Twitter). Alle Betroffenen sollen demnach kompletten Rechtsschutz bekommen, dafür müssten sie sich lediglich beim Justiziariat melden. Das gelte auch für freie Mitarbeiter:innen sowie bei Angriffen wegen Äußerungen über Twitter.
Der BR stand in dem Zusammenhang wegen des Umgangs mit Richard Gutjahr in der Kritik (siehe Altpapier), der WDR wegen der Distanzierung von dem freien Mitarbeiter Danny Hollek im Zuge der Umweltsau-Aufregung. Bellut springt jetzt beherzt in weißer Rüstung in diesen Scheinwerfer-Spot. Das ist natürlich ein gutes Signal, sollte aber nicht über andere Baustellen hinwegtäuschen, wie z.B. ungenutzte Potentiale im Telemedien-Bereich (netzpolitik.org), oder über Dauerkritik etwa an zu starker Quoten- und Helenefixierung.
Thema war auch – und darum dreht sich natürlich ob seines Erregungs- und Klickpotentials das Gros der Berichterstattung – die künftige Höhe des Rundfunkbeitrags (siehe Tagesspiegel, Welt und "Zapp"). Etwas konkreter wird es dabei aber erst wieder am 20. Februar, wenn die KEF, die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, die Anmeldung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten geprüft hat und einen Vorschlag für die Erhöhung abgibt (aktuell steht die Summe von 18,36 Euro statt 17,50 Euro im Raum).
+++ Rund um den "Hack" bzw. das Absaugen von Daten aus dem Smartphone von Amazon-Gründer und Washington-Post-Besitzer Jeff Bezos wird gerade viel spekuliert. Unter anderem steht im Raum, ob der saudische Kronprinz Mohammed Bin Salman die Informationen von Bezos im Zusammenhang mit den Ereignissen um den WP-Kolumnisten Jamal Khashoggi an sich bringen wollte (Guardian). Khashoggi wurde einige Monate später im saudischen Konsulat in Istanbul ermordet. Der Prinz streitet eine Verbindung des Hacks zu seiner Person ab.
+++ Das Medienkonzentrationsrecht braucht ein deutliches Face-Lifting: In der FAZ (€) berichtet Helmut Hartung heute über Ansätze zur Veränderung des Medienkonzentrationsrechts. Eine der größten Fragen ist, ob und wie Intermediäre, soziale Netzwerke und andere nicht-publizistische Anbieter dabei berücksichtigt werden sollten.
+++ Wie geht‘s weiter mit der BBC, nachdem Intendant Tony Hall seinen Rücktritt angekündigt hat, fragt sich Sebastan Borger beim Standard.
+++ Das vom DJV herausgegebene Magazin Journalist heißt künftig zur Hälfte Journalistin. 50 Prozent der Auflage werden ab sofort unter dem Titel Journalistin ausgeliefert, die andere Hälfte bleibt bei der männlichen Form. Man wolle "ein Zeichen setzen und alle unsere Leser*innen umarmen", wird Chefred Matthias Daniel in einer PM dazu zitiert. Elisa Britzelmeier geht das in der SZ-Kolumne "Abspann" nicht weit genug: "Bleibt zu hoffen, dass das ein Trend wird – vom Managerinnen Magazin bis zu Die Aktionärin ist Großes zu erwarten. Weil man aber nun nicht nach dem Cover urteilen soll, sei nach einem Blick ins Heft verraten: In der Journalistin geht es nicht wahnsinnig viel weiblicher zu als bislang. Zwei große Interviews mit Männern, ein Gastbeitrag einer Frau. Dass auf dem Journalistin-Cover ausgerechnet der augenscheinlich nicht-weibliche Nicht-mehr-Journalist Kai Diekmann zu sehen ist, finden manche nun lustig bis empörend."
+++ In ihrer Übermedien-Kolumne klamüsert Samira El Ouassil detailliert rassistische, islamophobe, sexistische und verschwörungstheoretische Sujets im Tumult Magazin auseinander.
+++ In dem hörenswerten Radiofeature "Der Wahrheit verpflichtet" setzt sich Tom Schimmeck eine knappe Stunde lang mit der grundlegenden Veränderung des Systems Journalismus in den vergangenen Jahren auseinander, u.a. mit der "Erosion medialer Wahrheit in Zeiten grassierender Empörung, viral verbreiteter Verschwörungstheorien und massenhafter Fälschung".
+++ Die Zeit und das öffentlich-rechtliche junge Angebot funk haben gemeinsam das Politikformat "represent" gestartet. Die Videoreihe "soll zeigen, wie Themen, die jungen Menschen wichtig sind, im Bundestag diskutiert und umgesetzt werden. Wie stehen die Parteien zu den Fragen, die die Jungen bewegen? Wer repräsentiert ihre Interessen?", heißt es bei der Zeit. Man könnte das Angebot als Reaktion auf die Kritik lesen, dass die Öffentlich-Rechtlichen im Netz Nachholbedarf haben, was junge Video-Formate angeht, die sich mit aktuellen Nachrichten und Politik auseinandersetzen. Im ersten Video geht‘s um das löchrige LTE-Netz in Deutschland und dessen Hintergründe. Das Ganze soll erstmal drei Monate lang getestet werden.
+++ Babylon Berlin geht weiter. Der Kölner Stadt-Anzeiger bzw. die dpa hat die dritte Staffel schon gesehen.
Neues Altpapier gibt‘s wieder am Freitag. | mdr.de | Pressefreiheit kann man nicht mit Heftpflastern reparieren. Muss Glenn Greenwald in den Knast? Journalist:innen brauchen verpflichtende Social-Media-Surfstunden. Ist das ZDF ein weißer Ritter für seine Mitarbeitenden? | [] | 2020-01-23T12:50:00+01:00 | 2020-01-24T08:38:45+01:00 | https://www.mdr.de/altpapier/das-altpapier-1334.html |
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Sachsen-Anhalt: Hohe Versicherungsschäden durch Sturm, Hagel und Hochwasser | Sturm, Hagel und Überschwemmungen: Naturgefahren haben 2024 in Sachsen-Anhalt Millionenschäden verursacht. "Die gesamten versicherten Naturgefahrenschäden in der Sach- und Kfz-Versicherung summierten sich auf 72 Millionen Euro", berichtete der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Jörg Asmussen. 2023 seien es noch 118 Millionen Euro gewesen.
Den Angaben zufolge wurden in der Sachversicherung, die Gebäude und Hausrat sowie Gewerbe- und Industriebetriebe abdeckt, im vergangenen Jahr versicherte Schäden in Höhe von 60 Millionen Euro verzeichnet. 15 Millionen Euro davon entfielen auf Elementarschäden durch Starkregen oder Überschwemmungen und 45 Millionen Euro auf Sturm- und Hagelschäden. Die Kfz-Versicherer zahlten zwölf Millionen Euro für Naturgefahrenschäden an Fahrzeugen.
Deutschlandweit entstanden Schäden in Milliardenhöhe. Alleine die Fälle bei Sach- und Kfz-Versicherern summierten sich auf 5,7 Milliarden Euro, wie der GDV bilanziert. Das ist in etwa genauso viel wie 2023. Mehr als die Hälfte davon traf Bayern und Baden-Württemberg. Dort hatte es vor einem Jahr schwere Überschwemmungen gegeben. Die gesamten Schäden dürften deutlich höher liegen, da längst nicht alles versichert ist. Insgesamt sind die 5,7 Milliarden Euro Schäden bundesweit im langjährigen Vergleich eher hoch.
"Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Klimafolgenanpassung muss Priorität der neuen Bundesregierung sein", betonte GDV-Hauptgeschäftsführer Asmussen. "Eine Pflichtversicherung allein verhindert keine Schäden. Was wir brauchen, ist ein Naturgefahren-Gesamtkonzept, das neben einer Versicherungslösung auch vorsorgende Maßnahmen beinhaltet." Nur so sei es möglich, mit Blick auf den Klimawandel für langfristige Sicherheit für Menschen und kommunale Infrastruktur zu sorgen.
dpa, MDR (David Wünschel) | mdr.de | Stürme, Starkregen und Hagel haben 2024 in Sachsen-Anhalt versicherte Schäden in Höhe von 72 Millionen Euro verursacht. Die Versicherungen warnen vor zunehmenden Klimafolgen. | [
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] | Sachsen-Anhalt | 2025-05-31T10:50:55+02:00 | 2025-05-31T10:50:55+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/sachsen-anhalt/sturm-hagel-ueberschwemmung-versicherung-schaeden-100.html |
Ukraine lehnt Kretschmers Idee zu Waffenstillstand mit Russland ab | Die Ukraine hat eine Idee von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zu einem Waffenstillstand mit Russland unter eventuell vorübergehendem Gebietsverzicht abgelehnt. "Wenn die Ukraine sich mit dem zeitweisen Gebietsverlust abfindet, dann rücken die russischen Truppen näher an Deutschland und dabei Sachsen heran", schrieb der Sprecher des Außenministeriums in Kiew, Oleh Nikolenko bei Facebook. Russlands Präsident Wladimir Putin sei aus seiner Dienstzeit in Dresden auch gut mit Sachsen vertraut.
Nikolenko erinnerte daran, dass sowohl Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf Putin einzuwirken versucht hätten. "Zugeständnisse bei Gebieten führen unweigerlich zu einer größeren Aggression durch Russland, die fraglos über die Grenzen der Ukraine hinausgehen wird", betonte Nikolenko. Frieden in Europa sei nur über eine Niederlage Moskaus erreichbar. Die einzig mögliche "Kehrtwende" sei eine stärkere deutsche Unterstützung für die Ukraine. Dabei dankte Nikolenko gleichzeitig der Bundesregierung für die bisher gewährten Hilfen.
Kretschmer hatte in einem Interview für die "Funke Mediengruppe" der ukrainischen Regierung für einen Waffenstillstand im Krieg gegen die russischen Invasionstruppen einen vorübergehenden Gebietsverzicht nahegelegt. Eine endgültige Lösung werde Zeit brauchen. Zudem solle eine "Kehrtwende" in der deutschen Russland-Politik zukünftige Konflikte vermeiden helfen, sagte er. Kretschmer rief zudem die Bundesregierung erneut auf, diplomatische Initiativen für einen Waffenstillstand zu ergreifen.
Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) teilte auf X mit: "Der Krieg muss diplomatisch beendet werden. Darüber sind sich alle einig. Dazu braucht es aber auf russischer Seite endlich die Einsicht, dass man das Völkerrecht gebrochen und ein Land brutal angegriffen hat. Über das ukrainische Staatsgebiet entscheidet die Ukraine selbst." Die Ukraine wehrt seit mehr als 22 Monaten mit massiver westlicher Hilfe eine russische Invasion ab. Deutschland ist dabei nach den USA der zweitstärkste Einzelunterstützer.
MDR (dpa, sat) | mdr.de | Mit seiner außenpolitischen Haltung hält er nicht hinterm Berg. Das ist nicht neu. Nun hat Michael Kretschmers neuerliche Aufforderung eine scharfe Reaktion aus dem ukrainischen Außenministerium provoziert. | [
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] | Sachsen | 2023-12-27T20:18:00+01:00 | 2023-12-27T20:56:57+01:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/sachsen/michael-kretschmer-ukraine-verhandlungen-kritik-100.html |
Bleibt Arendsee ein Luftkurort? | Frische Luft, Erholung und Gesundheit – damit wirbt Arendsee (Altmarkkreis Salzwedel) seit 2004 als Luftkurort. Ob die Stadt diesen Titel weiter behalten darf, entscheidet sich in den kommenden Monaten. Seit vergangenem Jahr prüft der Deutsche Wetterdienst die Luftqualität. Die Ergebnisse werden Mitte des Jahres erwartet. Für Arendsee steht dabei nicht nur ein Name auf dem Spiel, sondern auch ein bedeutender wirtschaftlicher Aspekt.
Um Luftkurort zu werden, müssen einige Kriterien erfüllt werden. Das gilt auch, wenn ein Ort das Prädikat halten will. Alle fünf Jahre gibt es eine kleinere und jedes Jahrzehnt eine größere Überprüfung, erklärt Arendsees Bürgermeister Norman Klebe.
Neben sauberer Luft braucht es aber noch mehr: Eine intakte Natur, eine funktionierende touristische Infrastruktur mit Hotels und Gaststätten, Kurwege sowie Gesundheitsangebote wie etwa eine Mutter-Kind-Klinik. Aber auch eine aktive Tourist-Information darf nicht fehlen.
Die leitet in Arendsee Claudia Schulz. Und sie weiß um den Titel als Werbeargument: "Der Titel wirkt sich auf uns immer positiv aus, weil er für die Leute etwas verbindet. Er steht für frische, gesunde Luft und für Heilung." Zuletzt auf der Grünen Woche sei sie oft auf den Titel angesprochen worden, erzählt Schulz.
Die touristischen Zahlen sprechen für sich: Arendsee verzeichnet jährlich rund 140.000 Übernachtungen – damit ist die Stadt der übernachtungsstärkste Ort im Norden Sachsen-Anhalts. Zum Vergleich: Im gesamten Altmarkkreis Salzwedel wurden im Zeitraum Januar bis August 2023 rund 242.000 Übernachtungen gezählt, davon entfielen 57 Prozent auf Arendsee.
Ein wichtiger Standort in Arendsee ist das Integrationsdorf (IDA), die übernachtungsstärkste Einrichtung der Altmark. Dort kommen jährlich rund 30.000 Gäste unter – und für viele ist der Luftkurort-Status ein entscheidendes Kriterium, wie Leiterin Daianira Leja erklärt: "Das Thema saubere Luft ist grundsätzlich wahnsinnig wichtig, gerade auch nach der Corona-Zeit legen da sehr viele Menschen sehr viel wert drauf." Gesundheitsurlaube seien deutschlandweit ein großes Thema, ist Lejas Eindruck. Da sei so ein Siegel für Arendsee natürlich "unheimlich wichtig".
Laut Leja kommen gut 90 Prozent der Übernachtungsgäste des Urlaubsortes für Menschen mit und ohne Behinderung genau deshalb nach Arendsee: um die Gesundheit zu fördern. "Menschen mit Beeinträchtigung haben ja nicht nur die Behinderung an sich, sondern meist auch noch viele Nebenerkrankungen, die auch eine Rolle spielen." Da seien die Ruhe und die frische Luft "super wichtig für den Genesungsprozess", führt die IDA-Chefin weiter aus.
Der Titel Luftkurort ist für Arendsee mehr als nur ein Imagegewinn – er ist auch ein Wirtschaftsfaktor. Die Stadt nimmt eigenen Angaben zufolge jährlich 100.000 Euro allein durch die Kurtaxe ein. Geld, das wiederum in neue touristische Angebote fließt. Die Kosten für die regelmäßige Begutachtung liegen dagegen nur im niedrigen vierstelligen Bereich. Der Aufwand lohnt sich aus Sicht des Stadtoberhauptes. "Es gibt auch Überlegungen im Stadtrat, das noch über das jetzige Gebiet auszudehnen im Rahmen eines Gästebeitrages", sagt Bürgermeister Klebe.
Die Bedeutung von Gesundheit und Erholung hat in Arendsee eine lange Tradition. Seit Ende des 19. Jahrhunderts ist die Stadt Erholungsort, seit 2004 anerkannter Luftkurort. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts machte Gustav Nagel, ein Pionier der Naturheilkunde, den Ort bekannt. Mit seiner Gesundheitslehre, barfuß laufend und asketisch lebend, zog er zahlreiche Anhänger an. Auch wenn seine Methoden umstritten waren, war er doch ein früher Botschafter für das, wofür Arendsee heute noch steht: Erholung in gesunder Luft.
Bis zur finalen Entscheidung bleibt die Stadt optimistisch. Bürgermeister Klebe ist überzeugt, dass die Werte auch dieses Mal gut ausfallen werden. Ohne den Titel Luftkurort würde allerdings ein Alleinstellungsmerkmal wegfallen. Denn Arendsee ist der einzige Luftkurort im Norden Sachsen-Anhalts.
MDR (Lydia Zahn, Mario Köhne) | mdr.de | Arendsee nennt sich Luftkurort – das fördert laut Stadt auch den Tourismus. Aktuell wird überprüft, ob der Titel bleiben kann. | [
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] | Sachsen-Anhalt | 2025-01-31T13:51:14+01:00 | 2025-01-31T13:51:14+01:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/sachsen-anhalt/stendal/salzwedel/arendsee-tourismus-luftkurort-luft-100.html |
Waldbrand in Sächsischer Schweiz: Polizei ermittelt wegen fahrlässiger Brandstiftung | Nach dem Waldbrand in der Sächsischen Schweiz bei Hohnstein ermittelt die Polizei wegen fahrlässiger Brandstiftung. Ein Polizeisprecher sagte MDR SACHSEN, die Brandursachenermittler hätten ihre Arbeit vor Ort beendet. Ein Ergebnis liege aber noch nicht vor. Auch die Nationalparkverwaltung geht davon aus, dass das Feuer in einem Klettergebiet von Menschen verursacht wurde.
Noch heute seien einzelne Glutnester in dem Gebiet um die Ochel-Wände entdeckt worden, sagte Nationalparksprecher Hanspeter Mayr MDR SACHSEN. Ranger würden sie mit Löschrucksäcken ablöschen. Mayr zufolge wurden durch den Brand in der Kernzone des Nationalparks wertvolle Bereiche zerstört. "In Geld sind die Schäden nicht zu beziffern." Er sei fassungslos, "dass Leute nach dem verheerenden Brand 2022 immer noch so fahrlässig mit Feuer umgehen."
An abgelegenen Stellen im Nationalpark sollen nun noch mehr Schilder aufgestellt werden, um auf die geltenden Regeln hinzuweisen. Denn die meisten Brände im Nationalpark Sächsische Schweiz entstehen etwa durch Rauchen oder Lagerfeuer in dem geschützten Bereich. Dabei darf dort weder gezeltet noch Feuer gemacht werden. Sollte die Waldbrandgefahr wieder steigen, könnte auch wieder ein Polizeihubschrauber fliegen, um die Einhaltung der Regeln zu kontrollieren, sagte Mayr.
Die Kosten des Feuerwehreinsatzes bei dem Waldbrand schätzt Hohnsteins Bürgermeister Daniel Brade (SPD) auf 10.000 bis 20.000 Euro. Er sagte MDR SACHSEN, ohne die Unterstützung der Feuerwehren der umliegenden Gemeinden hätte der Brand nicht so schnell gelöscht werden können. "Wir hatten die Höhenrettung Heidenau im Einsatz. Wir hatten aber auch die Tanklöschfahrzeuge von Lohmen, Neustadt und Sebnitz im Einsatz, die unsere Zisterne wieder befüllt haben." Da werde man sehen müssen, ob das erstattet werde.
Am Dienstag hatte ein Hektar Wald in der Nähe des Hohnsteiner Ortsteils Waitzdorf im Elbsandsteingebirge gebrannt. Mehrere Feuerwehren mit 70 Einsatzkräften brachten die Flammen unter Kontrolle.
MDR (kbe) | mdr.de | Fahrlässigkeit ist Ursache der meisten Waldbrände in Sachsen. Auch beim jüngsten Feuer im Nationalpark Sächsische Schweiz gehen die Ermittler und der Park davon aus. Dabei darf dort weder geraucht noch gecampt werden. | [
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] | Sachsen | 2024-04-04T14:35:30+02:00 | 2024-04-04T14:35:30+02:00 | https://www.mdr.de//nachrichten/sachsen/dresden/freital-pirna/waldbrand-saechsische-schweiz-kosten-ursache-100.html |
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